Falko Eichen Messung und Steuerung der Markenbeziehungsqualität
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Falko Eichen Messung und Steuerung der Markenbeziehungsqualität
GABLER RESEARCH Basler Schriften zum Marketing Band 26 Herausgegeben von Prof. Dr. Manfred Bruhn
Falko Eichen
Messung und Steuerung der Markenbeziehungsqualität Eine branchenübergreifende Studie im Konsumgütermarkt Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Manfred Bruhn
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Basel, 2008
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Jutta Hinrichsen Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2066-9
Geleitwort des Herausgebers Während das Relationship Marketing im Dienstleistungs- und Industriegüterbereich seit Jahren in Wissenschaft und Praxis unverändert große Zustimmung erfährt, wurde dem Beziehungsgedanken im Konsumgütersektor lange Zeit geringe Aufmerksamkeit geschenkt. Bedingt durch die steigende Wettbewerbsintensität und sinkende Markenloyalität entwickelt sich jedoch auch auf Konsumgütermärkten der Wettbewerb um Kunden zunehmend zum „Wettbewerb um Beziehungen“. Die konstitutiven Merkmale von Konsumgütermärkten, wie z.B. mangelnde Nähe zum Kunden, erschweren allerdings den Aufbau von persönlichen Anbieter-Kunde-Beziehungen – aber öffnen nach jüngsten Forschungsergebnissen den Weg zum Aufbau von unpersönlichen Marken-Konsumenten-Beziehungen, in denen die Marke die Rolle des Beziehungspartners einnimmt und die sich in einer Beziehung ergebenden Aufgaben vollständig übernimmt. Derzeit mangelt es jedoch noch an Mess- und Steuerungsinstrumenten, mit denen die Qualität von Marken-Konsumenten-Beziehungen verlässlich erfasst und gezielt beeinflusst werden können. Darüber hinaus fehlt es an branchenübergreifenden empirischen Studien, die vergleichende und generalisierende Aussagen zum Stellenwert von Marken-Konsumenten-Beziehungen auf Konsumgütermärkten erlauben. Vor diesem Hintergrund hat sich der Verfasser der vorliegenden Arbeit der anspruchsvollen Aufgabe verschrieben, die aktuelle Diskussion zu Marken-Konsumenten-Beziehungen voranzutreiben. Dazu entwickelt er ein eigenes Messund Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität, das Aussagen über die Entstehung, Wahrnehmung und Auswirkungen der Markenbeziehungsqualität trifft. Das Mess- und Wirkungsmodell wird in acht verschiedenen Konsumgütermärkten empirisch überprüft. Ausgangspunkt der Arbeit bildet die theoretische Fundierung der Markenbeziehungsqualität. Hierzu greift der Verfasser neben der Animismustheorie auf die soziale Durchdringungstheorie zurück und erweitert damit die aktuelle Diskussion von Marken-Konsumenten-Beziehungen um eine relevante, bisher vernachlässigte Interaktionskomponente. Anschließend wird der Stand der empirischen Marketingforschung in Hinblick auf die Beantwortung der eigenen Forschungsfragen aufgezeigt und bewertet. Hierbei wird deutlich, dass ein wesentliches Defizit bisherige Messansätze zur Markenbeziehungsqualität in der mangelnden Berücksichtigung von wechselseitigen Interaktionen als Qualitätskomponente von Marken-Konsumenten-Beziehungen liegt und dass der Stand zur Wirkungsforschung der Markenbeziehungsqualität noch rudimentär ist.
VI
Geleitwort des Herausgebers
Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen und angereichert durch die Ergebnisse einer qualitativen Vorstudie mit Kunden und Experten wird die Markenbeziehungsqualität als formatives Konstrukt dritter Ordnung konzeptualisiert und operationalisiert. Dieses setzt sich auf Dimensionsebene aus der Qualität der Marke als Beziehungspartner und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform zusammen, die jeweils über drei reflektiv operationalisierte Faktoren gemessen werden. Der entwickelte Messansatz besticht dadurch, dass erstmalig eine interdisziplinäre Sichtweise bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität eingenommen wird, indem explizit beziehungsbezogene Zielgrößen der Markenpolitik (Qualitätsdimension der Marke als Beziehungspartner) sowie des Relationship Marketing (Qualitätsdimension der Marke als Interaktionsplattform) im Messmodell berücksichtigt werden. Neben dem Messmodell wird das Wirkungsmodell erarbeitet, mit der Markenbindung als zentrale Zielgröße der Markenbeziehungsqualität. Zur empirischen Überprüfung des Mess- und Wirkungsmodells wird ein kausalanalytischer Ansatz gewählt. Der empirische Teil der Arbeit stützt sich auf eine von der GfK Nürnberg e.V. finanziell unterstützte Studie mit 2.009 Datensätzen, die sich auf acht Konsumgüterbranchen und 82 Marken verteilen. Die Auswertung der Daten zeigt, dass das entwickelte Messmodell in der Mehrheit der untersuchten Branchen weit über 50 Prozent, in einigen Fällen sogar über 60 bzw. 70 Prozent der Markenbeziehungsqualität erklärt. Ferner wird der Einfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung in allen Konsumgütermärkten nachgewiesen. Auf Basis der theoretischen und empirischen Untersuchungsergebnisse entwickelt der Verfasser abschließend ein umfassendes Mess- und Steuerungskonzept der Markenbeziehungsqualität, das zahlreiche wertvolle Implikationen sowie praktische Ansatzpunkte zur Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle einer beziehungsorientierten Markenpolitik in der Praxis enthält. Mit der vorliegenden Arbeit liegt die bis dato umfassendste quantitative Untersuchung zur Messung, Wahrnehmung und Bedeutung der Markenbeziehungsqualität im deutschsprachigen Raum vor. Der Verfasser leistet damit einen wegweisenden Beitrag zur Erforschung von Marken-Konsumenten-Beziehungen auf Konsumgütermärkten. Angesichts der wachsenden Bedeutung von MarkenKonsumenten-Beziehungen zur Wettbewerbsprofilierung verbindet der Herausgeber mit der Veröffentlichung die Hoffnung, dass die vorliegende Arbeit aufgrund ihrer hervorragenden konzeptionellen und empirischen Qualität auf breites Interesse in Forschung und Praxis stößt. Basel, im Oktober 2009
Prof. Dr. Manfred Bruhn
Vorwort Marken-Konsumenten-Beziehungen sind ein interessantes und faszinierendes Forschungsgebiet. Sie haben mich auf dem Weg zum erfolgreichen Abschluss meiner Dissertation herausgefordert und angetrieben. Es waren jedoch nicht nur Marken-Konsumenten-Beziehungen, die mich auf dem Weg dorthin begleitet haben. Ohne die fachliche, organisatorische und psychologische Unterstützung zahlreicher Menschen aus meinem privaten und beruflichen Umfeld wäre die Arbeit nicht die, die sie ist. So möchte ich gerne die Gelegenheit wahrnehmen, ein paar persönliche Worte des Dankes an jene Menschen auszusprechen, die auf ganz unterschiedliche Weise zum Gelingen dieser Arbeit beitragen haben, die im September 2008 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel als Dissertation angenommen wurde Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Manfred Bruhn. Ich habe in ihm einen lehrreichen und engagierten Doktorvater gefunden, dem die Ausbildung seiner Doktoren am Herzen liegt und der den Erfolg seiner Doktoren auch als einen persönlichen Erfolg wertet. Doch mein Dank geht weit über die Unterstützung bei der Promotion hinaus. Sein entgegengebrachtes Vertrauen erlaubte mir, mich in vielseitigen und spannenden Projekten am Marketing-Lehrstuhl zu engagieren, wodurch meine Zeit am Lehrstuhl sehr wertvoll wurde. Des Weiteren danke ich Herrn Prof. Dr. Karsten Hadwich für die zügige Übernahme des Zweitgutachtens ganz herzlich. Neben Herrn Prof. Bruhn und Herrn Prof. Hadwich als Betreuer und Begutachter dieser Arbeit geht mein ganz besonderer Dank an Herrn Dr. Wildner, Geschäftsführer der GfK-Nürnberg e.V., für die bereitwillige Übernahme der Kosten der empirischen Studie sowie an die GfK AG für die professionelle Organisation und Durchführung der Datenerhebung. Darüber hinaus danke ich dem Förderverein des Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrums (WWZ) der Universität Basel für die Unterstützung meiner Arbeit mit Stipendien sowie dem Dissertationsfond der Universität Basel, der einen Teil der Kosten zur Veröffentlichung dieser Arbeit mitgetragen hat. Danken möchte ich auch Dr. Eva Pfefferkorn für ihre kompetente Diskussionsbereitschaft bei der Datenauswertung und ihre Durchhalteparolen und Claudio Grolimund sowie Ivan Giangreco für die zuverlässige Erstellung des druckreifen Manuskripts. Insgesamt habe ich in den vergangen Jahren sehr viele schöne, glückliche Momente mit meinen Kollegen am Lehrstuhl erlebt – sie haben im Wesentlichen
VIII
Vorwort
dazu beigetragen, dass meine Zeit am Lehrstuhl nicht nur einen hohen Ausbildungs-, sondern auch einen unvergesslichen Erlebniswert hatte. Ein spezieller Dank geht hierfür an Dr. Gunnar Markert, ohne den ich wohl nie meine Passion für die Berge und das Laufen entdeckt hätte und an Dr. Mareike Ahlers, in der ich nicht nur eine aufrichtige Freundin, sondern mittlerweile auch eine vertrauensvolle Geschäftspartnerin gefunden habe, die ich fachlich und persönlich sehr schätze. Darüber hinaus gebührt meinen langjährigen Freunden ein großer Dank, insbesondere Benjamin, Philip, Hanni, Manu, Oliver, Henning, Jörg, Matthias und Kerstin, die durch ihre aufmunterten Worte und die gemeinsamen erlebnisreichen Stunden außerhalb der Dissertation für die notwendige Zerstreuung gesorgt haben. Mein herzlichster Dank geht an meine Mutter Barbara Eichen, die mich in allen Lebensphasen in jeder erdenklichen Hinsicht unterstützt hat und meinen Bruder Frederik, der immer für mich da ist. Dafür bin ich ihnen unendlich dankbar. Darüber hinaus empfinde ich große Dankbarkeit für die Unterstützung durch meine Freundin Anne, die der beste und schönste Grund ist, warum ich immer mit einem lachenden Auge auf meine (Promotions-)Zeit in Basel schauen werde. Sie stand mir während des gesamten Dissertationsprozesses unermüdlich zur Seite und hat mir das theoretische Konstrukt der „(Marken-)Beziehungsqualität“ in der Anwendung gezeigt. Mein abschließender Dank gebührt meinem Vater, der meine Promotion leider nicht mehr erleben durfte. Er war einfach der beste Dad der Welt. Ihm widme ich diese Arbeit. Basel, im Oktober 2009
Falko Eichen
Inhaltsverzeichnis Geleitwort des Herausgebers .......................................................................
V
Vorwort.......................................................................................................... VII Schaubildverzeichnis .................................................................................... XV Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XXIII 1 Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis ........................................................................................................
1
1.1
Aktuelle Herausforderungen an die Markenpolitik .........................
1
1.2
Vom Transaktions- zum Beziehungsmarketing in Konsumgütermärkten ......................................................................
8
1.3
Begriffliche Grundlagen ................................................................. 1.3.1 Begriff der Güterkategorie der Konsumgüter ....................... 1.3.2 Markenbegriffsverständnis der Arbeit .................................. 1.3.3 Begriff und Einordnung der Marken-KonsumentenBeziehung .............................................................................
15 15 16 20
1.4
Markenbeziehungsqualität als Steuerungs- und Erfolgsgröße der beziehungsorientierten Markenpolitik .................
28
1.5
Ziele und Forschungsfragen der Arbeit...........................................
37
1.6
Gang der Untersuchung ..................................................................
39
2 Theoretische Fundierung und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität .....................................................................
45
2.1
2.2
Theoretischer Bezugsrahmen der Arbeit ......................................... 2.1.1 Anforderungen an Theorieansätze zu Marken-Konsumenten-Beziehungen .................................... 2.1.2 Animismustheorie ................................................................. 2.1.3 Theorie der sozialen Durchdringung.....................................
46 46 47 52
Empirische Befunde zur Markenbeziehungsqualität ....................... 2.2.1 Vorgehensweise .................................................................... 2.2.2 Begriffsverständnis der Markenbeziehungsqualität ..............
60 60 61
X
Inhaltsverzeichnis 2.2.3 Bestehende Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität .................................................... 2.2.4 Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität ..................
64 79
3 Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität ............................
89
3.1
Grundlagen zur Konzeptualisierung von Konstrukten ................... 3.1.1 Mögliche Konzeptualisierungen von Konstrukten ................ 3.1.2 Reflektive versus formative Konstruktkonzeptualisierung ................................................ 3.1.3 Einordnung der Konzeptualisierung im Rahmen der Untersuchung ........................................................................
90 90 93 97
3.2
Qualitative Studie............................................................................ 99 3.2.1 Ziele und Aufbau der qualitativen Studie ............................. 99 3.2.2 Ergebnisse der qualitativen Studie ........................................ 103
3.3
Konzeptualisierung der Dimensions- und Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität .............................................................. 3.3.1 Vorgehen bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität .................................................... 3.3.2 Konzeptualisierung der Dimensionsebene der Markenbeziehungsqualität .................................................... 3.3.3 Konzeptualisierung der Faktorebene der Markenbeziehungsqualität .................................................... 3.3.3.1 Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion ....................................... 3.3.3.1.1Ableitung der Faktorstruktur der Marke-Kunde-Interaktionsdimension ....... 3.3.3.1.2Modellierung der Markenzufriedenheit................................. 3.3.3.1.3Modellierung des Markenvertrauens ........ 3.3.3.1.4Modellierung der Emotionalen (Marken-)Nähe ......................................... 3.3.3.2 Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Stellvertreter-Interaktion ............................. 3.3.3.2.1Ableitung der Faktorstruktur der Stellvertreter-KundeInteraktionsdimension .............................. 3.3.3.2.2Modellierung der Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion.........................
106 106 108 113 113 113 116 120 124 128 128 136
Inhaltsverzeichnis
XI
3.3.3.2.3Modellierung der Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion ................. 140 3.3.3.2.4Modellierung der Stärke der SystemKunde-Interaktion .................................... 146 3.3.4 Zusammenfassung des Konzeptualisierungsmodells der Markenbeziehungsqualität .............................................. 149 3.4
Wirkungen der Markenbeziehungsqualität ..................................... 3.4.1 Markenbindung als Zielgröße ............................................... 3.4.2 Modellierung der Wirkungsbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung ................... 3.4.2.1 Betrachtungsebenen für die Modellierung der Wirkungszusammenhänge ...................................... 3.4.2.2 Wirkungszusammenhang auf Konstruktebene........ 3.4.2.3 Wirkungszusammenhänge auf Dimensionsebene .................................................... 3.4.3 Zusammenfassung des Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität ....................................................
151 152 155 155 156 160 164
4 Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität ........................... 167 4.1
Reflektive versus formative Konstruktoperationalisierung ............. 167
4.2
Vorgehen bei der Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität .............................................................. 169
4.3
Sammlung potenzieller Messindikatoren für die Faktoren der Markenbeziehungsqualität ........................................................ 4.3.1 Vorgehensweise .................................................................... 4.3.2 Sammlung von Indikatoren zur Messung der Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion ......... 4.3.3 Sammlung von Indikatoren zur Messung der Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-KundeInteraktion .............................................................................
176
4.4
Pretest.............................................................................................. 4.4.1 Vorgehensweise .................................................................... 4.4.2 Ergebnisse des qualitativen Pretests ..................................... 4.4.3 Ergebnisse des quantitativen Pretests ...................................
178 178 182 187
4.5
Operationalisierung der Markenbindung ........................................ 190
170 170 172
XII
Inhaltsverzeichnis
5 Empirische Studie zur Messung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität ..................................................................... 191 5.1
Konzeption der empirischen Untersuchung .................................... 191 5.1.1 Design der empirischen Hauptstudie .................................... 191 5.1.2 Datengrundlage und -bereinigung ......................................... 199
5.2
Auswahl eines geeigneten Analyseverfahrens ................................ 203
5.3
Gütebeurteilung von PLS-Pfadmodellen ........................................ 5.3.1 Beurteilung reflektiver Messmodelle .................................... 5.3.2 Beurteilung formativer Messmodelle.................................... 5.3.3 Beurteilung des Strukturmodells ...........................................
5.4
Empirische Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität .............................................................. 5.4.1 Methodik und Vorgehensweise............................................. 5.4.2 Branchenübergreifende Betrachtung..................................... 5.4.2.1 Ergebnisse der Analyse des Messmodells auf Faktorebene ............................................................ 5.4.2.2 Ergebnisse der Analyse des Mess- und Strukturmodells auf Gesamtmodellebene ............... 5.4.3 Branchenspezifische Betrachtung ......................................... 5.4.3.1 Ergebnisse der Analyse des Messmodells auf Faktorebene ............................................................ 5.4.3.2 Ergebnisse der Analyse des Mess- und Strukturmodells auf Gesamtmodellebene ............... 5.4.4 Interpretation der Ergebnisse ................................................
5.5
Empirische Überprüfung der Konstruktbeziehungen im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität............................. 5.5.1 Methodik und Vorgehensweise............................................. 5.5.2 Ergebnisse der Analysen ....................................................... 5.5.2.1 Messmodell der Markenbindung ............................ 5.5.2.2 Wirkungszusammenhang auf Konstruktebene........ 5.5.2.3 Wirkungszusammenhang auf Dimensionsebene .................................................... 5.5.3 Interpretation der Ergebnisse ................................................
208 209 213 218 221 221 226 226 229 237 237 241 247 272 272 274 274 275 276 279
Inhaltsverzeichnis
XIII
6 Implikationen für das Management und die Erforschung von Marken-Konsumenten-Beziehungen ..................................................... 285 6.1
6.2
Einsatz der Forschungsergebnisse im Rahmen eines Messund Steuerungskonzepts der beziehungsorientierten Markenpolitik.................................................................................. 6.1.1 Verständnis und Ausgestaltung einer beziehungsorientierten Markenpolitik .................................. 6.1.2 Analysephase der beziehungsorientierten Markenpolitik........................................................................ 6.1.2.1 Vorgehensweise zur Messung der Markenbeziehungsqualität ...................................... 6.1.2.2 Datenauswertung durch Indexbildung .................... 6.1.2.3 Ansatzpunkte zur Interpretation der Messergebnisse ....................................................... 6.1.2.3.1Überblick .................................................. 6.1.2.3.2Benchmarking .......................................... 6.1.2.3.3Portfolioanalysen ...................................... 6.1.3 Planungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik........................................................................ 6.1.3.1 Ableitung von beziehungsorientierten Markenzielen und -strategien................................. 6.1.3.2 Ableitung von beziehungsorientierten Markenmaßnahmen ................................................ 6.1.4 Umsetzungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik........................................................................ 6.1.5 Kontrollphase der beziehungsorientierten Markenpolitik........................................................................
285 285 289 289 295 297 297 300 307 319 320 325 338 345
Ableitung von zukünftigem Forschungsbedarf ............................... 348
Literaturverzeichnis ..................................................................................... 357 Anhang ........................................................................................................... 411
Schaubildverzeichnis Schaubild 1-1: Gegenüberstellung der Marketingkonzeptionen Relationship Marketing und Markenpolitik ........................ 11 Schaubild 1-2: Mögliche Rollen der Marke in Kundenbeziehungen .......... 11 Schaubild 1-3: Kategorien von Kundenbeziehungen .................................. 25 Schaubild 1-4: Ebenen zur Analyse von Marken-KonsumentenBeziehungen im Rahmen der beziehungsrelevanten Markenerfolgskette ............................................................. 29 Schaubild 1-5: Defizite der bestehenden Forschung zur Markenbeziehungsqualität .................................................. 34 Schaubild 1-6: Gang der Untersuchung ...................................................... 40 Schaubild 2-1: Beispiele für die Beeinflussung der Markenpersönlichkeit durch Marketingaktivitäten ............. 48 Schaubild 2-2: Aufbau der menschlichen Persönlichkeit nach der Sozialen Durchdringungstheorie ........................................ 53 Schaubild 2-3: Definitionen zum Konstrukt der Markenbeziehungsqualität .................................................. 62 Schaubild 2-4: Überblick über Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität .................................................. 66 Schaubild 2-5: (Grob-)Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität auf Basis der Erkenntnisse bestehender Studien ............................................................ 78 Schaubild 2-6: Überblick über empirisch nachgewiesene Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität ................ 80 Schaubild 3-1: Vorgehensweise zur Entwicklung eines Messinstruments für die Markenbeziehungsqualität........... 97 Schaubild 3-2: Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität ............ 106 Schaubild 3-3: Vorgehen bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität als Konstrukt dritter Ordnung .............................................................................. 107
XVI
Schaubildverzeichnis
Schaubild 3-4: Gegenüberstellung der Dimensionen der Markenbeziehungsqualität .................................................. 112 Schaubild 3-5: Systematisierung und Charakterisierung von Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern ........... 130 Schaubild 3-6: Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität als Konstrukt dritter Ordnung .................................................. 150 Schaubild 3-7: Hypothesensystem zur Konstruktkonzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität .................................................. 151 Schaubild 3-8: Untersuchungsmodelle zur Überprüfung des Einflusses von Markenbeziehungsqualität auf Markenbindung........... 165 Schaubild 3-9: Hypothesensystem zur Untersuchung der Wirkung der Markenbeziehungsqualität .................................................. 165 Schaubild 4-1: Datenerhebung und -verwendung im Rahmen der empirischen Untersuchung ................................................. 170 Schaubild 4-2: Vorgehensweise zur Identifikation potenzieller Messindikatoren auf Faktorebene ....................................... 171 Schaubild 4-3: Ausgangsmenge an Indikatoren zur Messung der Faktoren Markenzufriedenheit und Markenvertrauen ........ 173 Schaubild 4-4: Ausgangsmenge an Indikatoren zur Messung des Faktors Emotionale (Marken-)Nähe ................................... 174 Schaubild 4-5: Ausgangsmenge an Indikatoren zur Beschreibung der Faktoren der Qualitätsdimension der StellvertreterKunde-Interaktion ............................................................... 177 Schaubild 4-6: Indikatoren für den Faktor Markenzufriedenheit nach Expertenbefragung.............................................................. 183 Schaubild 4-7: Indikatoren für den Faktor Markenvertrauen nach Expertenbefragung.............................................................. 183 Schaubild 4-8: Indikatoren für den Faktor Emotionale (Marken-)Nähe nach Expertenbefragung ..................................................... 184 Schaubild 4-9: Markenbeziehungsqualität als zweidimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt mit formativen Korrespondenzbeziehungen auf Konstrukt- und Dimensionsebene und reflektiven Messmodellen auf Faktorebene ........................................................................ 189
Schaubildverzeichnis
XVII
Schaubild 4-10: Operationalisierung der Markenbindung ............................ 190 Schaubild 5-1: Kennzeichnung des Branchensamples der Untersuchung anhand unterschiedlicher Kontextfaktoren ......................... 193 Schaubild 5-2: Markensample der Untersuchung ....................................... 195 Schaubild 5-3: Marken- und Probandenverteilung der effektiven Stichprobe ........................................................................... 200 Schaubild 5-4: Formative und reflektive Messmodelle sowie Strukturmodell .................................................................... 204 Schaubild 5-5: Gütebeurteilung reflektiver Messmodelle ........................ 213 Schaubild 5-6: Gütebeurteilung formativer Messmodelle .......................... 218 Schaubild 5-7: Gütebeurteilung des Strukturmodells ................................. 221 Schaubild 5-8: Vorgehensweise und Gütekriterien zur Beurteilung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität in der Hauptstudie ......................................................................... 222 Schaubild 5-9: Nomologisches Netzwerk zur Abbildung der Markenbeziehungsqualität in PLS ...................................... 224 Schaubild 5-10: Ergebnisse der Analyse für das reflektive Messmodell der Markenbeziehungsqualität auf Faktorebene auf Basis des Gesamtdatensatzes ............................................. 227 Schaubild 5-11: Korrelationsmatrix (quadrierte Korrelationen) zur Prüfung der Diskriminanzvalidität (DEV-Werte in der Diagonale) .......................................................................... 229 Schaubild 5-12: Ergebnisse der Analyse für das formativen Messmodell der Markenbeziehungsqualität auf Dimensionsebene auf Basis des Gesamtdatensatzes .............................................. 230 Schaubild 5-13: Ergebnisse der Analyse für die Messmodelle der reflektiv operationalisierten Phantomvariablen .................. 234 Schaubild 5-14: Ergebnisse der Analyse für das Strukturmodell der Markenbeziehungsqualität (formatives Messmodell auf (Ziel-)Konstruktebene) auf Basis des Gesamtdatensatzes .. 235 Schaubild 5-15: Ergebnisse der Analyse für das reflektive Messmodell der Markenbeziehungsqualität ............................................ 236
XVIII
Schaubildverzeichnis
Schaubild 5-16: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen reflektiven Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Faktorebene hinsichtlich der Indikatorreliabilität ......... 238 Schaubild 5-17: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen reflektiven Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Faktorebene hinsichtlich der Konvergenz- und Diskriminanzvalidität ......................................................... 239 Schaubild 5-18: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen formativen Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Dimensionsebene hinsichtlich der Indikatorrelevanz ... 242 Schaubild 5-19: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen formativen Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Gesamtkonstruktebene hinsichtlich der Indikatorrelevanz und der externen Validität ..................... 245 Schaubild 5-20: Ergebnisse für die Regressionsparameter in den untersuchten Branchen ....................................................... 248 Schaubild 5-21: Höhe der Einflussstärke der beiden Qualitätsdimensionen auf die Markenbeziehungsqualität in den untersuchten Branchen ............................................. 249 Schaubild 5-22: Rangfolge der untersuchten Branchen auf Basis der Einflussstärke der beiden Qualitätsdimensionen auf die Markenbeziehungsqualität .................................................. 250 Schaubild 5-23: Branchenspezifische Rangfolge der (Einfluss-)Faktoren der Markenbeziehungsqualität auf Basis der Höhe ihrer indirekten Beeinflussungseffekte........................................ 252 Schaubild 5-24: Rangfolge der untersuchten Branchen auf Basis der Höhe der indirekten Beeinflussungseffekte der signifikanten (Einfluss-)Faktoren der Markenbeziehungsqualität .................................................. 253 Schaubild 5-25: Kategorisierung der untersuchten Konsumgüterbranchen anhand der produktmarktspezifischen Höhe der Einflussstärke beider Qualitätsdimensionen auf die Markenbeziehungsqualität .................................................. 257 Schaubild 5-26: Zentrale produktmarktbezogene Bestimmungskriterien der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform ............................................................................. 259
Schaubildverzeichnis
XIX
Schaubild 5-27: Zentrale produktmarktbezogene Bestimmungskriterien der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner..... 262 Schaubild 5-28: Klassifikation von Konsumgütermärkten anhand des durchschnittlichen Bedeutungsgewichts der Qualität der Marke als Beziehungspartner und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität ............................................ 265 Schaubild 5-29: Ergebnisse der Analyse für das reflektive Messmodell der Markenbindung auf Basis des Gesamtdatensatzes ....... 274 Schaubild 5-30: Ergebnis der empirischen Überprüfung der Wirkungsbeziehung zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung auf Basis des Gesamtdatensatzes ............. 275 Schaubild 5-31: Ergebnisse der Analyse zum branchenspezifischen Wirkungszusammenhang zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung ............................. 276 Schaubild 5-32: Ergebnis der empirischen Überprüfung des Wirkungszusammenhangs zwischen den beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität und Markenbindung auf Basis des Gesamtdatensatzes....... 277 Schaubild 5-33: Ergebnisse der Analyse zum branchenspezifischen Wirkungszusammenhang zwischen den Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität und Markenbindung ............................................................ 278 Schaubild 5-34: Ergebnisse der Analyse der Mediationseffekte im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität auf Basis des Gesamtdatensatzes .............................................. 281 Schaubild 6-1: Managementprozess einer beziehungsorientierten Markenpolitik ..................................................................... 288 Schaubild 6-2: Vorgehensweise zur Messung der Markenbeziehungsqualität .................................................. 290 Schaubild 6-3: Überblick über Analyseinstrumente zur Interpretation der Messergebnisse ............................................................ 298 Schaubild 6-4: Indexwerte (Skala von 0 bis 100) auf unterschiedlichen Ebenen der Markenbeziehungsqualität am Beispiel einer Mobilfunkmarke ................................................................. 300
XX
Schaubildverzeichnis
Schaubild 6-5: Relative Bedeutung der Faktoren der Markenbeziehungsqualität am Beispiel einer Mobilfunkmarke...... 302 Schaubild 6-6: Durchschnittliche Indexwerte für die Qualitätsfaktoren der Markenbeziehungsqualität in ausgewählten Branchen ............................................................................. 303 Schaubild 6-7: Durchschnittliche Indexwerte für die Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität und die Markenbeziehungsqualität als Gesamtparameter in ausgewählten Branchen .................................................. 305 Schaubild 6-8: Kategorisierung von Marken anhand der Beurteilung der Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität am Beispiel von Mobilfunkmarken ............................................................. 308 Schaubild 6-9: Kategorisierung von Marken anhand der Bedeutung der Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität am Beispiel von Mobilfunkmarken .......................................... 310 Schaubild 6-10: Faktorportfolio am Beispiel der durchschnittlichen Indexwerte und Bedeutungsgewichte für Automobilmarken ............................................................... 312 Schaubild 6-11: Faktorportfolio am Beispiel der durchschnittlichen Indexwerte und Bedeutungsgewichte für KfzVersicherungsmarken ......................................................... 313 Schaubild 6-12: Markenbindungsindex-Markenbeziehungsqualitätsindex-Portfolio auf Basis des Gesamtdatensatzes............... 315 Schaubild 6-13: Markenbindungsindex-Markenbeziehungsqualitätsindex-Portfolios für die untersuchten Branchen ................. 317 Schaubild 6-14: Kennzahlen zur Beschreibung von Kundensegmenten....... 318 Schaubild 6-15: Beispiel zur Ableitung von Zielwerten anhand des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität am Beispiel von Automobilmarken ....................... 321 Schaubild 6-16: Portfolio von Markenbeziehungsstrategien in Abhängigkeit der Bedeutung der Qualität der Marke als Beziehungspartner und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform .......................................................... 323
Schaubildverzeichnis
XXI
Schaubild 6-17: Ansatzpunkte für Maßnahmen zur Veränderungen der Ausprägungen der Faktoren der Markenbeziehungsqualität .................................................. 326 Schaubild 6-18: Beispiele für struktur-, system- und kulturbezogene Maßnahmen zur Umsetzung einer beziehungsorientierten Markenpolitik ................................ 339 Schaubild 6-19: Exemplarisches Modell eines Tracking-Systems für die beziehungsorientierte Markenpolitik in Form eines Markenbeziehungsqualitätsbarometers ............................... 347 Schaubild 6-20: Ansatzpunkte für zukünftigen Forschungsbedarf ............... 349
Abkürzungsverzeichnis AMOS
Analysis of Moment Structures
AVE
Average Variance Extracted
BRQ
Brand Relationship Quality
B2B
Business-to-Business
C/D
Confirmation/Disconfirmation
CIC
Customer Interaction Center
DEV
Durchschnittlich erfasste Varianz
ECR
Efficient Consumer Response
EN
Emotionale (Marken-)Nähe
EFA
Exploratorische Faktorenanalyse
EW
Eigenwert
FMCG
Fast Moving Consumer Goods
GfK
Gesellschaft für Konsumforschung
ICR
Interpersonal Commercial Relationships
IK
Interne Konsistenz
KKI
Kunde-Kunde-Interaktion
LISREL
Linear Structural Relationships
m
männlich
MAKI
Marke-Kunde-Interaktion
MB
Markenbindung
MBI
Markenbindungsindex
MBQ
Markenbeziehungsqualität
MBQI
Markenbeziehungsqualitätsindex
MIMIC
Multiple Indicator Multiple Cause
MKB
Marke(n)-Konsument(en)-Beziehung(en)
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
MKI
Mitarbeiter-Kunde-Interaktion
MV
Markenvertrauen
MZ
Markenzufriedenheit
n
Stichprobengröße
n.s.
nicht signifikant
PLS
Partial Least Squares
2
R
Bestimmtheitsmaß
SKI
System-Kunde-Interaktion
SPSS
Statistical Package for Social Sciences
STKI
Stellvertreter-Kunde-Interaktion
UCP
Unique Communication Proposition
VIF
Variance Inflation Factor
w
weiblich
1
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
1.1
Aktuelle Herausforderungen an die Markenpolitik
Bedingt durch das Wissen um die finanzwirtschaftliche Bedeutung von Marken1 als immaterielle Vermögensgegenstände2 sind Fragestellungen zur Führung von Marken seit langem ein zentrales Thema der marktorientierten Unternehmensführung.3 Der Stellenwert der Marke für den Markterfolg begründet sich primär in ihrer präferenzprägenden Funktion für den Nachfrager bzw. Kunden4. Marken stiften den Nachfragern einen zusätzlichen Nutzen gegenüber unmarkierten Waren, der es markenführenden Unternehmen vielfach ermöglicht, komparative Wettbewerbsvorteile zu realisieren und diese über die Abschöpfung von Preis-, Volumen- und/oder Cross-Selling-Effekten zu kapitalisieren. Marken stellen somit wichtige Stellhebel zur Wertschöpfung in Unternehmen dar.5
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Eine Definition des Markenbegriffs erfolgt in Abschnitt 1.3.2. Zur Erläuterung von Marken als immaterielle Vermögensgegenstände vgl. z.B. Kriegbaum 2001; Wagner/Mussler/Jahn 2005, S. 1411; Ludewig 2006, S. 91. Zum Verständnis von marktorientierter Unternehmensführung vgl. beispielsweise Bruhn 2007c, S. 14; Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2008, S. 12f. Unter dem Begriff Nachfrager, Konsument und Kunde werden in dieser Arbeit die Letztnachfrager auf Konsumgütermärkten verstanden. Die Begriffe werden synonym verwendet. Vgl. Esch 2006, S. 13; Esch/Brunner/Hartmann 2008, S. 146. Zahlreiche Studien belegen die markeninduzierte Wertschöpfung im Unternehmen. So zeigt beispielsweise eine Studie von PricewaterhouseCoopers et al. (2006), dass Marken – deutschen Managereinschätzungen zufolge – durchschnittlich 67 Prozent des gesamten Unternehmenswertes repräsentieren. Im Jahre 1999 kam dieselbe Studie zu dem Ergebnis, dass „nur“ 56 Prozent des Unternehmenswertes auf den Markenwert entfallen, d.h., der Wertbeitrag von Marken zum Unternehmenswert zeigt eine steigende Tendenz. Auch eine amerikanische Studie weist den Einfluss von Marken auf den Unternehmenswert eindrücklich nach. Die Studie belegt, dass Unternehmen mit starken Marken im Durchschnitt besser am Kapitalmarkt abschneiden, als Unternehmen mit schwachen Marken (vgl. Madden/Fehle/Fournier 2006, S. 228ff.). Eine weitere Studie zeigt, dass der operative Gewinn bei 80 Prozent der mit starkem Markenfokus geführten Unternehmen fast doppelt so hoch ist wie im Branchenvergleich (vgl. Booz Allen Hamilton/Wolff Olins 2005).
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Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Der allzu einfachen „Erfolgsformel Marke“ sind jedoch Grenzen gesetzt. Hersteller von Markenartikeln auf Konsumgütermärkten6 – insbesondere in den entwickelten Industrieländern – sehen sich mit veränderten Wettbewerbsbedingungen konfrontiert, die der markeninduzierten Wertschöpfung zunehmend entgegenstehen und die Gefahr einer Markenerosion im Sinne eines Rückgangs des Markenwertes7 in den letzten Jahren erhöht hat. Die erschwerten Wettbewerbsbedingungen lassen sich auf eine Veränderung der anbieter- und nachfragerseitigen Kontextfaktoren der Markenpolitik8 zurückführen. Auf Anbieterseite sind vor allem die zunehmende Angebots- bzw. Markenvielfalt, die steigende Produkthomogenität sowie das Erstarken von Handelsmarken für die Markenpolitik von Bedeutung.9 Als Ergebnis der allgemeinen Popularität von Marken, der zunehmenden Marktsegmentierung aufgrund der Forderung nach individualisierten Angeboten, sich verkürzenden Produktlebenszyklen sowie der steigenden Anzahl internationaler Marken im heimischen Markt hat sich in den letzen Jahren die Zahl der angebo-
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Wenn im Folgenden von Herstellern bzw. Anbietern von Markenartikeln gesprochen wird, dann sind damit Herstellermarken auf Konsumgütermärkten gemeint. Die Begriffe Marke und Markenartikel werden in dieser Arbeit als Synonym verwendet. Zur Austauschbarkeit der Begriffe Marke und Markenartikel vgl. Bruhn 2004a, S. 18. Zum Begriff der Markenerosion vgl. Kirchgeorg/Klante 2002, S. 34ff. So liegen z.B. die von Interbrand ausgewiesenen Markenwerte für das Jahr 2007 zwar im Durchschnitt über denen des Vorjahres, jedoch büßten viele der Top-100 Marken an Wert ein, wie z.B. Coca-Cola, Motorola, Ford und Dell, oder konnten nur ein geringes oder stagnierendes Wertwachstum verzeichnen, wie z.B. Marlboro und Budweiser (vgl. Interbrand 2007). Auch viele deutsche Marken haben in den vergangenen Jahren an Wert verloren. Einer Studie von Semion zufolge, haben traditionsreiche Unternehmen wie z.B. Siemens, Infineon und VW in den vergangenen fünf Jahren bis zu 21 Prozent ihres Markenwertes eingebüßt (vgl. Forster 2006). Unter Markenpolitik werden in der vorliegenden Arbeit sämtliche kurz- und langfristig orientierten Entscheidungen und Maßnahmen von markenführenden Unternehmen der Konsumgüterindustrie verstanden, die darauf abzielen, Leistungen als Marke aufzubauen und im Markt erfolgreich durchzusetzen, um damit spezifische markenpolitische Ziele zu erreichen (vgl. Bruhn 2004a, S. 26; Bruhn 2008c, S. 85). Für eine Diskussion weiterer Veränderungen unternehmensseitiger Kontextfaktoren vgl. z.B. Bruhn 2004a, S. 22f.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
3
tenen Marken über alle Branchen hinweg stark erhöht.10 Insbesondere im Konsumgütermarkt ist eine regelrechte „Markeninflationierung“11 zu beobachten.12 Neben der Flut von Markenprodukten ist eine zunehmende Qualitätsnivellierung im Leistungsangebot markenführender Unternehmen zu konstatieren.13 Vor allem Verbrauchsgüter werden in funktional-qualitativer Sicht von den Konsumenten als zunehmend austauschbar angesehen.14 Die sachliche Homogenisierung von Marken ist unter anderem auf die technologische Ausgereiftheit von Ge- und Verbrauchsgütern zurückzuführen, die auf gesättigten Märkten vorliegt.15 Erschwerend kommt für Hersteller von Markenartikeln auf Konsumgütermärkten hinzu, dass der Marktanteil von Handelsmarken16, insbesondere im Lebens-
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Im Jahre 2005 (2004) waren beim Deutschen Patent- und Markenamt in München 70.926 (65.918) Markenneuanmeldungen registriert (vgl. DPMA 2006, S. 8). Im Jahre 1990 waren hingegen nur 31.675 Marken angemeldet (vgl. DPMA 2001, S. 25). Für eine ausführliche Diskussion der Gründe für die steigende Anzahl von Marken vgl. Esch 2005, S. 13ff. Bruhn 1994, S. 15; Bruhn 2001a, S. 26; Esch/Hermann/Sattler 2006, S. 252. So verzeichnet allein der Bereich der schnell drehenden Konsumgüter (Fast Moving Consumer Goods) rund 30.000 neue Artikel pro Jahr; das entspricht etwa 600 neuen Artikeln pro Woche. Ein einzelner Haushalt kauft pro Jahr jedoch im Durchschnitt nur 438 verschiedene Artikel (vgl. Twardawa 2006, S. 3). Vgl. Esch 2007, S. 33ff. Die wahrgenommene Markengleichheit wird in einer Studie von BBDO aus dem Jahre 2004 belegt. In der repräsentativen Studie wurden 41 Produktkategorien auf ihre wahrgenommene Markenaustauschbarkeit getestet. Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass 62 Prozent der befragten Deutschen keinen großen Unterschied zwischen einer Marke und einer Konkurrenzmarke erkennen. Im Bereich Verbrauchsgüter liegt die wahrgenommene Markengleichheit sogar leicht über diesem Durchschnitt (66 Prozent). Gebrauchsgütern schneiden hingegen etwas besser ab (52 Prozent) (vgl. BBDO 2005, S. 6). Vgl. Bruhn 2004a, S. 22; Kullmann 2006, S. 5. Der Begriff der Handelsmarke wird uneinheitlich verwendet. Zur Abgrenzung einer Handelsmarke von einer Herstellermarke wird häufig auf die institutionelle Stellung des Markeninhabers zurückgegriffen. Als Handelsmarken werden in diesem Zusammenhang sämtliche Waren- oder Firmenkennzeichen definiert, mit denen eine Handelsorganisation ihre Waren markiert (vgl. Burmann/Meffert 2005a, S. 178). Für eine ausführliche Diskussion des Begriffs sowie der verschiedenen Erscheinungsformen von Handelsmarken vgl. z.B. Schenk 2004.
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Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
mittelmarkt, aufgrund einer zunehmenden Angleichung von Handels- und Herstellermarken hinsichtlich der funktionalen Produktqualität stetig steigt.17 Die zunehmende Inflationierung und Austauschbarkeit von Marken sowie das Erstarken von Handelsmarken führen für Hersteller von Markenartikeln auf Konsumgütermärkten zu erschwerten Bedingungen für die Differenzierung im Wettbewerb. Die Profilierung über funktionale Produktmerkmale gestaltet sich angesichts der skizzierten Entwicklungen zunehmend schwierig. Die Herausforderungen an das Management von Marken erfahren durch Veränderungen auf der Nachfragerseite eine weitere Steigerung. Die Anbieter von Markenartikeln stehen einem Konsumentenverhalten18 gegenüber, das sich insbesondere durch steigende Qualitäts- und Individualisierungsansprüche, zunehmende Preisorientierung, abnehmendes Markenbewusstsein sowie hohe Markenwechselbereitschaft auszeichnet. Die Konsumenten stellen zunehmend differenzierte Anforderungen an ein Markenprodukt.19 Bestand früher eine wesentliche Aufgabe von markierten Leistungen für den Konsumenten in der Reduktion des wahrgenommenen Kaufrisikos durch gleichbleibende Leistungsqualität und geringem Wertverlust, so tritt diese präferenzprägende Funktion von Marken aufgrund der skizzierten Qualitätsnivellierung vor allem in gesättigten Branchen in den Hintergrund. Zugleich ist eine wachsende Erlebnisorientierung im Konsumverhalten zu beobachten. Der zunehmende Wohlstand in entwickelten Gesellschaften sowie der Trend zur Individualisierung in der Informations- und Konsumkultur haben zur Folge, dass soziale und emotionale Bedürfnisse – wie z.B. die Selbstverwirklichung – an Bedeutung für die Kaufentscheidung gewinnen.20 In der Konsequenz zählt heute bei vielen Marken der emotionale und symbolische Nutzen, somit die Frage, was die Marke dem Individuum persönlich bringt, mehr als der rationale
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Der Marktanteil der Handelsmarken im deutschen Lebensmitteleinzelhandel belief sich im Jahre 2006 auf ungefähr 37 Prozent. 2003 lag der Marktanteil noch bei ca. 32 Prozent. Für eine Diskussion der zunehmenden Angleichung von Handels- und Herstellermarken vgl. z.B. Walsh 2002. Zum Begriff des Konsumentenverhaltens vgl. beispielsweise Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 3ff. Vgl. Bruhn 2001a, S. 26. Für eine ausführliche Diskussion der durch das gesellschaftliche Umfeld hervorgerufenen, zunehmenden Erlebnisorientierung der Konsumenten sowie die damit verbundenen Konsequenzen für das Marketing vgl. z.B. Meffert/Twardawa/Wildner 2001, S. 12f.; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 113ff., 124ff.; Kilian 2007.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
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Nutzen, d.h., was die Marke tatsächlich kann.21 Der faktische Gebrauchswert einer Marke weicht damit dem emotionalen Erlebniswert.22 Infolge dieser Entwicklung versuchen viele Anbieter von Markenartikeln durch emotionale Kommunikation Erlebnisprofile für Marken zu schaffen, um somit die kaufverhaltensbeeinflussende Funktion ihrer Marken aufrechtzuerhalten.23 Doch auch die Profilierung über Emotions- und Erlebniswerte wird aufgrund einer zunehmenden Angleichung der Botschaftsgestaltung („Me-too-Verhalten“) sowie einer stetigen Informationsüberlastung der Konsumenten immer schwieriger.24 Die in den letzen Jahren sich abzeichnende niedrige Preisbereitschaft bzw. hohe Preissensitivität der Konsumenten setzt die Markenpolitik weiter unter Druck.25 Praktiker sprechen in diesem Zusammenhang mittlerweile schon von einer regelrechten „Geiz“-Euphorie, die keine vorübergehende Erscheinung mehr darstellt, sondern zu einem festen Bestandteil des Konsumentenverhaltens vor allem in Deutschland geworden ist.26
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Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 116; Esch 2007, S. 42; GröppelKlein/Königstorfer/Terlutter 2008, S. 61f. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 116. Vgl. Esch 2007, S. 34f. In diesem Zusammenhang wird häufig von einer Verlagerung vom Produkt- zum Kommunikationswettbewerb gesprochen (vgl. Esch 2001, S. 2; Bruhn 2007a, S. 24). Für eine Darstellung von austauschbaren Kommunikationsinhalten vgl. Bruhn 2005b, S. 83. Schon Ende 1998 wurde in Deutschland eine Informationsüberlastung von 98 Prozent festgestellt, d.h., dass nur 2 Prozent des Informationsangebotes überhaupt eine Chance hat, von den Nachfragern beachtet zu werden (vgl. KroeberRiel/Esch 2004, S. 16f.). Angesichts der stetig steigenden Medienvielfalt bei kaum verändertem Medienkonsum ist davon auszugehen, dass die Informationsüberlastung weiter steigt. Für eine ausführliche Diskussion der steigenden Medienvielfalt vgl. Bruhn 2007a, S. 32. Vgl. Meffert/Twardawa/Wildner 2001, S. 8ff. Einer Studie von McKinsey & Company in Zusammenarbeit mit dem Markenverband zufolge ist der Anteil jener, die bereit sind für bessere Leistung auch mehr zu bezahlen, von 38 Prozent im Jahre 1999 auf 29 Prozent im Jahre 2004 gesunken (vgl. McKinsey & Company/Markenverband 2004, S. 12.). Gemäß einer Studie der Empirischen Gesellschaftsforschung in Zusammenarbeit mit dem Markenverband steigt jedoch das Qualitätsbewusstsein der deutschen Verbraucher seit dem Jahre 2005 wieder (vgl. Empirische Gesellschaftsforschung/Markenverband 2007). Vgl. McKinsey & Company/Markenverband 2004, S. 2; Eschweiler 2006, S. 4f.
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Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Eng mit der Preisorientierung verbunden ist die rückläufige bzw. stagnierende Tendenz im Markenbewusstsein27 deutscher Konsumenten.28 Beide Entwicklungen legen die Vermutung nahe, dass es Herstellern von Markenartikeln immer weniger gelingt, ihre Marken nach den individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen der einzelnen Verbraucher auszurichten, d.h., ihre Marken kundenorientiert zu positionieren.29 Die aufgezeigten Veränderungen im Konsumentenverhalten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den dargelegten anbieterseitigen Strukturveränderungen zu sehen sind, führen im Ergebnis zu erschwerten Bedingungen, Konsumenten dauerhaft an eine Marke zu binden.30 Eine stabile Käuferbindung und nachhaltige Kundentreue ist jedoch aufgrund des in vielen Konsumgüterbranchen bestehenden Verdrängungswettbewerbs und den damit einhergehenden hohen Kosten für die Kundenneuakquisition entscheidend für den langfristigen Markenerfolg.31 „Eine starke Marke braucht Käufer – und Wiederkäufer.“32 Loyale Kunden steigern im hohen Maße die Profitabilität eines Unternehmens, denn die Kosten der Neukundenakquisition betragen im Durchschnitt das Fünffache jener Kosten, die für die Pflege bestehender Kunden notwendig sind.33 Ferner garantieren loyale Kunden konstante Umsätze und erleichtern somit die Prognose zu27
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Unter Markenbewusstsein wird das Vertrauen eines Konsumenten in die Überlegenheit von bekannten gegenüber unbekannten Markenartikeln verstanden (vgl. Strebinger/Otter 2002, S. 5). Die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse bestätigt die Erosion im Markenbewusstsein deutscher Konsumenten. Bekundeten im Jahre 1997 noch 43,8 Prozent der Befragten eine positive Einstellung zum Markenartikel, gaben im Jahre 2005 nur noch 30,7 Prozent an, dass es sich lohnen würde, Markenartikel zu erwerben. Die Marke hat somit innerhalb von wenigen Jahren rund ein Viertel ihrer Anhängerschaft verloren. Aktuell zeichnet sich jedoch eine leichte Erholung ab. Nach zehn Jahren Niedergang ist 2006 erstmals ein Anstieg im Markenbewusstsein der Verbraucher zu erkennen (im Jahre 2006 sind 32 Prozent der Befragten Markenbefürworter) (vgl. Süßlin 2006). Das Markenbewusstsein ist jedoch je nach Produktmarkt sehr unterschiedlich ausgeprägt. Für eine Darstellung der unterschiedlichen Studien in verschiedenen Produktmärkten vgl. Esch 2007, S. 42ff. Vgl. zum Begriff der Kundenorientierung Bruhn 2002, S. 20f.; Bruhn 2007b, S. 13ff. Vgl. Bruhn 2004b, S. 445f.; Köhler 2004, S. 2775. Vgl. Weinberg/Diehl 2001, S. 23; Diller/Goerdt 2005, S. 1211. Eine Befragung unter 32 der im Dax oder MDax vertretenden Unternehmen hat ergeben, dass Markentreue und -loyalität – neben dem Markenimage – als wichtigste Treiber für den Markenwert gelten (vgl. Wirtz/Klein-Bölting 2007, S. 48). Riesenbeck/Perrey 2005, S. 29. Vgl. Müller/Riesenbeck 1991.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
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künftiger Einkommensströme durch geringere Volatilität der markeninduzierten Zahlungsströme. Darüber hinaus gehen in der Regel Umsatzzuwächse mit loyalen Kunden einher. Sie treten häufig als Markenbotschafter auf und üben durch positive Mund-zu-Mund-Kommunikation einen Einfluss auf die Markenbekanntheit und das Image einer Marke aus. Schließlich ist die Preissensibilität der mit einer Marke verbundenen Kunden in der Regel geringer.34 Aufgabe einer zielgerichteten Markenpolitik hat es daher zu sein, nach Wegen zu suchen, unter den gegebenen Wettbewerbsbedingungen auf Konsumgütermärkten ein hohes Maß an Markenloyalität35 sicherzustellen. Der Beitrag traditioneller Markenkonzeptionen36 ist in diesem Zusammenhang in Frage zu stellen: „In vielen Unternehmen herrschte die Ansicht, über „Markenpersönlichkeiten“ und „Markentreue“ eine langfristige Beziehung und Bindung zum Konsumenten aufgebaut zu haben. Tendenzen einer zunehmenden Markenerosion und einer steigenden Markenwechselbereitschaft von Kunden zeigen jedoch, dass der alleinige Einsatz der klassischen Markenpolitik heute vielfach nicht mehr ausreicht, um die Hersteller-/Kundenbindung zu halten.“37 Unternehmen haben daher einen Perspektivenwandel vorzunehmen und Markenloyalität aus Sicht der Kunden zu betrachten.38 Denn die Gründe, warum Kunden wiederholt Marken kaufen, sind vielfältig. Markentreues Verhalten ist nicht immer zwingend das Ergebnis einer emotionalen bzw. psychologischen Bindung zu einer Marke. Vielmehr kann Markentreue z.B. auch auf Gewohnheit, Trägheit oder preislichen Vorteilen beruhen.39 Vor diesem Hintergrund ist es zielführend, nach einem Orientierungsrahmen für die Markenführung zu suchen, der den Besonderheiten der Unternehmens- und Konsumentensituation gerecht wird und die
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Für eine ausführliche Diskussion sowie einen Überblick über empirische Studien zu den Umsatzwirkungen von markenloyalen Kunden vgl. z.B. Keller 2003, S. 104ff.; Kapferer 2004, S. 24ff. Markenloyalität liegt – im Verständnis dieser Arbeit – vor, wenn ein Konsument eine positive Einstellung gegenüber der Marke hat und sich dementsprechend verhält. Unter Markentreue wird hingegen der reine wiederholte Kauf einer Marke innerhalb einer Produktgruppe verstanden. Vgl. ausführlich Abschnitt 1.4. Eine Darstellung bestehender Markenkonzeptionen erfolgt hier nicht. Für eine detaillierte Analyse verschiedener Markenkonzeptionen sei auf die gängige Lehrbuchliteratur verwiesen. Vgl. beispielsweise Aaker/Joachimsthaler 2001; Bruhn 2003b; Meffert/Burmann/Koers 2005; Esch 2007; Sattler/Völckner 2007; Baumgarth 2008b. Meffert 2005, S. 148. Vgl. Barnes 2003, S. 178. Vgl. Amine 1998; Hess/Story 2005; Hippner/Rentzmann/Wilde 2006, S. 199; Baumgarth 2008b, S. 91.
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Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Bindung von Konsumenten an eine Marke aus Kundensicht zum Gegenstand hat.40 Einen solchen Orientierungsrahmen bietet das Forschungsgebiet des Relationship Marketing.41
1.2
Vom Transaktions- zum Beziehungsmarketing in Konsumgütermärkten
Im Zentrum des Relationship Markting42 steht der Aufbau, Ausbau und Erhalt von langfristigen Kundenbeziehungen.43 Damit stellt das Relationship Marketing einen Gegenentwurf zu dem klassischen Transaktionsmarketing dar, bei dem in einer kurzfristigen Perspektive die einzelnen Transaktionen mit dem Kunden im Fokus der Analyse stehen und der Schwerpunkt des Marketingdenkens in der Gestaltung der Vorkaufphase liegt.44 Im Gegensatz zum Transaktionsmarketing steht bei der beziehungsorientierten Ausrichtung der Marketingaktivitäten nicht der einzelne Kaufabschluss, sondern die kontinuierliche Erfüllung der Kundenerwartungen im Vordergrund mit dem Ziel, Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden.45 Die Erfüllung der Kundenerwartungen erfordert implizit eine erhöhte Kundenorientierung des Unternehmens, die sich in der Übernahme 40 41 42
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Eine zielgerichtete Steuerung von Marken hat sich immer nach den Besonderheiten der spezifischen Kontextsituation zu richten (vgl. Hieronimus 2004, S. 14f.). Die Begriffe Relationship Marketing und Beziehungsmarketing werden in dieser Arbeit synonym verwendet. Der Begriff Relationship Marketing wurde in den 1980er Jahren durch Berry (1983) in die Marketingliteratur eingeführt, jedoch erst seit den 1990er Jahren zum Gegenstand intensiver Diskussionen. Dieser Arbeit liegt das Begriffsverständnis des Relationship Marketing im engeren Sinne bzw. des Customer Relationship Marketing zugrunde. Somit steht lediglich das Management von Kundenbeziehungen und nicht die Beziehungen mit sämtlichen Anspruchsgruppen im Fokus des Interesses. Zum Begriff des Relationship Marketing im engeren Sinne vgl. Bruhn 2001d, S. 11; zum Begriff des Customer Relationship Marketing vgl. Hermanns/Thurm 2000, S. 470. Zum Konzept des Relationship Marketing vgl. z.B. Grönroos 1994; Diller 1995; Bruhn 2001d; Hennig-Thurau/Hansen 2001; Gummesson 2002. Vgl. Hansen/Jeschke 1992, S. 88; Kotler/Bliemel 2001, S. 12f. Vgl. Bruhn 2001d, S. 8ff. Relationship Marketing wird von einigen Fachvertretern als Paradigmawechsel im Marketing angesehen (vgl. z.B. Grönroos 1994, Sheth 2000). Andere hingegen können in dem Ansatz kein neuartiges Konzept der Unternehmensführung erkennen (vgl. z.B. Backhaus 1997). Für eine Diskussion der Unterschiede zwischen Relationship Marketing und Transaktionsmarketing im Allgemeinen vgl. z.B. Gundlach/Murphy 1993, S. 36ff.; Eggert 1999, S. 16; Kerner 2002, S. 26f.; Bruhn 2007c, S. 31f.; Donaldson/O'Toole 2007, S. 9.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
9
der Kundenperspektive als Verhaltensprinzip niederschlägt. Nur so können Unternehmen langfristig sicherstellen, die Erwartungen der Kunden frühzeitig zu antizipieren und die Interaktionen mit den Kunden zu ihrer Zufriedenheit auszurichten.46 Seinen Ursprung hat das Relationship-Marketing-Konzept im Dienstleistungsund Industriegüterbereich, die jeweils durch ein vergleichsweise hohes Maß an persönlicher Nähe zwischen Anbieter und Kunden gekennzeichnet sind und somit den Aufbau von unmittelbaren und persönlichen Anbieter-Nachfrager-Beziehungen ermöglichen.47 Während das Relationship Marketing im Dienstleistungs- und Industriegüterbereich als Erfolgsfaktor seit Jahren unverändert große Zustimmung erfährt, wurde dem Beziehungsgedanken im Konsumgütersektor lange Zeit verhältnismäßig geringe Aufmerksamkeit geschenkt. Anders als Dienstleistungs- und Industriegüterunternehmen orientieren Anbieter von Markenartikeln auf Konsumgütermärkten traditionell ihr Marketingkonzept nicht an längerfristigen Kundenbeziehungen, sondern an ihren Produkten bzw. Marken.48 Dennoch stellt implizit auch auf Konsumgütermärkten die Bindung der Konsumenten eine wichtige Zielgröße dar. Über den Aufbau von starken Marken wird versucht, Konsumenten langfristig für eine Marke zu gewinnen: „Usually the ultimate objective is to build a durable relationship between a specific brand and a particular customer group – to create a strong bond between brand and buyer!“49 Die Bindung der Konsumenten wird jedoch primär als Ergebnis des Aufbaus starker Marken verstanden, die sich ohne eine spezifische Anpassung des Unternehmenshandelns quasi „automatisch“ einstellt.50 Wie im vorigen Abschnitt jedoch gezeigt wurde, gelingt es Anbietern von Markenartikeln in der aktuellen Marktsituation zunehmend weniger Konsumenten an ihre Marken zu binden. Unternehmen haben daher einen Perspektivenwandel vorzunehmen: Das bei Konsumgüterunternehmen traditionell auf einzelne Kaufabschlüsse orientierte 46 47
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Vgl. Bruhn 2001d, S. 53ff. Für Beiträge zum Relationship Marketing im Dienstleistungsbereich vgl. z.B. Ryals/Payne 2001; Dibb/Meadows 2004; Gounans 2005; für Beiträge zum Relationship Marketing im Industriegüterbereich vgl. z.B. Anderson/Weitz 1992; Garbarino/Johnson 1999. Vgl. Sirgy/Lee 1994. Alreck/Settle 1999, S. 130. Vgl. Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 399. Vgl. auch Irmscher 1996, S.159: „[…] die Markenpolitik [zielt, Anm. d. Verfassers] auf den Aufbau langfristig profitabler Transaktionsbeziehungen ab und nicht auf kurzfristig schnelle Gewinne aus Einzeltransaktionen.“
10
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Marketing- bzw. Markenverständnis ist im Sinne des Relationship-MarketingGedankens durch eine beziehungsorientierte Markenkonzeption zu ersetzen, bei der die langfristige Beziehung zum Konsumenten und nicht die einzelne Transaktion im Vordergrund steht. Dabei geht es nicht um eine Abwägung zwischen der Vorteilhaftigkeit von Markenpolitik versus Relationship Marketing auf Konsumgütermärkten. Vielmehr geht es sowohl aus praktischer als auch wissenschaftlicher Sicht um die Frage einer sinnvollen Integration bzw. Verknüpfung beider Forschungs- bzw. Managementansätze.51 Wie Schaubild 1-1 verdeutlicht, sind Parallelen in der Ausrichtung von Markenpolitik und Relationship Marketing zu erkennen, die auf ein hohes Integrationspotenzial beider Marketingkonzeptionen hinweisen. Sowohl das Beziehungsmarketing als auch die Markenpolitik streben die langfristige mittelbare oder unmittelbare Bindung der Kunden an das Unternehmen an mit dem Ziel, den Wert des Unternehmens zu steigern.52 Beide Ansätze zeichnen sich zudem durch das Postulat der Langfristigkeit aus. Beim Relationship Marketing kommt der langfristige Charakter in der Anbahnung und Pflege langfristiger Kundenbeziehungen zum Ausdruck; in der Markenpolitik kommt die Langfristigkeit in der Forderung zum Tragen, Kontinuität in der strategischen Markenpolitik zu gewährleisten, da nur so langfristige Gedächtnisinhalte bei den Zielpersonen aufgebaut werden können.53 Der Fokus der Marketinginvestitionen liegt beim Relationship Marketing auf der Anbahnung und Pflege von Beziehungen zu den Kunden eines Unternehmens. Bei der Markenpolitik stellt das Objekt der Marketingaktivitäten zwar die Marke dar; wie im Folgenden jedoch gezeigt wird, kann die Marke direkt oder indirekt auf die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunde einwirken, womit sich die Fragestellung beantwortet lässt, wie eine Verknüpfung von Relationship Marketing und Markenpolitik erfolgen kann.
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53
Vgl. die ähnlichen Argumentationen bei Palmer 1996, S. 253ff.; Bruhn/HennigThurau/Hadwich 2004, S. 393; Esch/Möll 2006, S. 231ff. Vgl. Göttgens/Schotte 2004, S. 9. Der Kundenwert gibt jenen Wert an, der von einer Kundenbeziehung eines Unternehmens generiert wird und basiert auf einer Wertund Zeitdimension (vgl. Bruhn/Hadwich/Georgi 2008, S. 716ff.). Vgl. Esch/Möll/Rempel 2004, S. 137.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis Relationship Marketing
11
Markenpolitik
Dominantes Marketingziel
Kundenbindung
Markenbindung
Erfolgsgrößen
Kundenwert
Markenwert
Betrachtungsfristigkeit
Langfristigkeit
Langfristigkeit
Marketingobjekt
Beziehung
Marke
Schaubild 1-1: Gegenüberstellung der Marketingkonzeptionen Relationship Marketing und Markenpolitik
Im Rahmen von Kundenbeziehungen lassen sich – je nach Bezugsobjekt der Beziehung aus Kundensicht – zwei unterschiedliche Rollen der Marke in Kundenbeziehungen unterscheiden. Schaubild 1-2 stellt diese alternativen Markenausrichtungen im Bereich des Relationship Marketing grafisch dar.54 Marke als Moderator der Anbieter-Kunde-Beziehung Marke
Anbieter
Kunde
Mitarbeiter
Marke als Beziehungspartner
Anbieter
Marke
Kunde
Mitarbeiter
Schaubild 1-2: Mögliche Rollen der Marke in Kundenbeziehungen (Quelle: Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 394)
54
Vgl. Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 394.
12
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
In der Rolle des Moderators der Beziehung zwischen Anbieter bzw. Mitarbeiter und Kunde übernimmt die Marke bestimmte Funktionen, die die Beziehung zwischen Anbieter und Kunde vereinfachen (z.B. Kommunikationsfunktion für den Anbieter und Vertrauensfunktion für den Kunden).55 Bezugsobjekt der Beziehung ist der Anbieter bzw. Mittarbeiter. Die Marke ist lediglich unterstützender Begleiter der unmittelbaren Anbieter-Kunde-Beziehung. Diese Konstellation liegt vorwiegend auf Dienstleistungs- und Industriegütermärkten vor, in denen die Initiierung und Pflege einer direkten, persönlichen Kundenbeziehung aufgrund der Marktcharakteristika als strategische Option für ein Unternehmen besteht.56 Auf Konsumgütermärkten kann hingegen aufgrund mangelnder Nähe zum Konsumenten und geringen wechselseitigen Interaktionsmöglichkeiten in der Regel kaum eine unmittelbare persönliche Beziehung zwischen Kunde und Anbieter (Unternehmen, Mitarbeiter) aufgebaut werden.57 „In the consumer markets there are too many anonymous consumers making it unlikely that the company could develop personal relationships with each one.”58 Auf Konsumgütermärkten ist daher ein anderer Zugang zur Integration des Relationship-Marketing-Konzepts mit der Markenpolitik zu suchen. In diesem Zusammenhang sind in der Marketingwissenschaft seit jüngerem Forschungsbemühungen zu beobachten, die als Erkenntnisobjekt die Rolle der Marke als Beziehungspartner zum Gegenstand haben.59 „More recently researchers have noted that consumers differ not only in how they perceive brands but also in how they relate to brands. This line of research has suggested that people sometimes form relationships with brands in much the same way in which they form relationships with each other in a social context.”60 Hier ist es in den Augen vieler Wissenschaftler die Marke, die die sich in einer Beziehung ergebenden Aufgaben voll55
56
57 58 59 60
Zu den unterschiedlichen Funktionen einer Marke für den Hersteller bzw. Kunden vgl. Irmscher 1996, S. 28ff.; Bruhn 2004a, S. 28ff.; Burmann/Meffert/Koers 2005, S. 10ff. Die Bedeutung der Marke auf Dienstleistungs- und Industriegütermärkten als Moderator der Anbieter-Kunde-Beziehung wird in Wissenschaft und Forschung zunehmend erkannt. Für die Relevanz der Marke in Dienstleistungsbeziehungen vgl. z.B. Bauer/Huber/Heß 2007; Benkenstein/Uhrich 2008; Bruhn/Stauss 2008; Huber/ Vollhardt/Vogel 2008; für den Industriegüterbereich vgl. z.B. Baumgarth 2008a; Homburg/Jensen/Richter 2008. Vgl. Grönroos 1991, S. 9; Possekel/Olavarria-Berger/Jenner 1994, S. 223; O'Malley/Tynan 2000, S. 802. Delgado-Ballester/Munuera-Aleman 2005, S. 189. Vgl. z.B. Blackston 1993; Fournier 1994; Sheth/Parvatiyar 1995b; Aaker 1996; Fournier/Yao 1997; Fournier 1998; Hess 1998. Aggarwal 2004, S. 87.
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13
ständig übernimmt. Anbieter und Mitarbeiter treten in den Hintergrund und sind allenfalls als Teil der Marke zu betrachten. Infolgedessen werden Erklärungsansätze auf Marken übertragen, die ursprünglich dazu gedacht waren, soziale Beziehungen zwischen Menschen zu erklären. Aus Sicht dieser Wissenschaftler stellen Marken-Konsumenten-Beziehungen eine geeignete Perspektive dar, den diskutierten Herausforderungen gerecht zu werden und die aufgezeigten Erfolgspotenziale durch loyale Kunden auszuschöpfen. „Customer relationships with brand help insulate the brands from competitors, and sometimes from the companies’ own mistakes.”61 Als Konsequenz wird von einer Vielzahl der Vertreter dieser Forschungsarbeiten gefordert, dass markenführende Unternehmen durch den Einsatz ihrer Marketinginstrumente über die Marke eine Beziehung zum Kunden suchen, eingehen und pflegen, die für den Kunden eine solche Bedeutung erhält, dass er sich nicht nur an die Marke gebunden, sondern auch mit ihr verbunden fühlt.62 Die damit verbundene Forderung, Marken-Konsumenten-Beziehungen zum Leitbild für die Markenpolitik zu erheben, findet jedoch keine ungeteilte Unterstützung. Neben der Kritik an der Gleichsetzung von Marken-KonsumentenBeziehungen mit Beziehungen aus dem zwischenmenschlichen Bereich63 wird die uneingeschränkte Vorteilhaftigkeit von Marken-Konsumenten-Beziehungen gegenüber traditionellen Markenkonzeptionen für sämtliche Konsumgüterbranchen bezweifelt.64 Nach Meinung einiger Fachvertreter ist die transaktionsorientierte Abschöpfung des Marktpotenzials in vielen Konsumgüterbranchen die erfolgversprechendere Strategie. Dies gilt insbesondere für Produkte des täglichen Bedarfs, bei denen die Nachfrager nur geringe Beziehungsbereitschaften aufweisen und primär habitualisierte Kaufentscheidungen tätigen. Dowling pointiert diese Sichtweise wie folgt: „[…] customers who form a relationship with their brands, especially FMCG brands and the retailers that sell them, are the exception not the rule.“65 Die Kritik am „Patentrezept beziehungsorientierte Marken-
61 62
63 64 65
Martin 1998, S. 7. Das Gefühl der Verbundenheit ist freiwillig und beschreibt einen Bindungszustand, der auf positiven psychologischen Ursachen (z.B. Vertrauen) beruht. Gebundenheit bezeichnet hingegen einen Bindungszustand, der nicht unbedingt freiwilliger Art ist und auf ökonomische, vertragliche oder technisch-funktionale Aspekte zurückzuführen ist (vgl. Bliemel/Eggert 1998; Bruhn 2001d, S. 74f.; Weinberg/Terlutter 2005, S. 46f.). Vgl. Iacobucci/Hibbard 1999, S. 15; O'Malley/Tynan 1999; Bengtsson 2003; Patterson/O'Malley 2006, S. 13ff. Vgl. z.B. Dowling 2002, S. 90ff.; Hippner 2005, S. 123. Dowling 2002, S. 92.
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Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
führung“ erwächst vor allem durch die unzureichende empirische, quantitative Fundierung der Beziehungsforschung im Markenumfeld. Viele Beiträge zu Marken-Konsumenten-Beziehungen sind konzeptioneller Natur.66 Empirische Beiträge sind hingegen häufig qualitativ ausgerichtet, d.h., es wird anhand einzelner Fallstudien die Relevanz von Marken-Konsumenten-Beziehungen nachgewiesen.67 Andere quantitativ orientierte Beiträge untersuchen zumeist isoliert einzelne Konsumgüterindustrien.68 Eine fundierte Stellungnahme zum Stellenwert von Marken-Konsumenten-Beziehungen in der Konsumgüterbranche ist angesichts dieser empirischen Defizite derzeit daher kaum möglich. Darüber hinaus mangelt es an einer zu Steuerungs- und Ressourcenallokationszwecken geeigneten Operationalisierung der beziehungsorientierten Markenkonzeption. Den operativen Aspekten einer beziehungsorientierten Markenführung hat die Wissenschaft bisher nur wenig Augenmerk geschenkt: „But, while the idea of brand relationship may be acceptable, few attempts have been made to develop an operational definition or a system for identifying, measuring, and building brand relationships.“69 Die damit verbundene fehlende Steuerbarkeit von Marken-Konsumenten-Beziehungen kann demnach – neben den empirischen Defiziten – als entscheidender Grund dafür angesehen werden, warum die beziehungsorientierte Markenführung – im Vergleich zu traditionellen Markenkonzeptionen – eine bislang unzureichende Verankerung in der Markenpolitik von Unternehmen der Konsumgüterindustrie gefunden hat.70
66
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69 70
Vgl. z.B. Blackston 1993; Fajer/Schouten 1995; Söderlund 1999; Blackston 2000; Meffert 2002; Wichert 2006; Bruhn/Eichen 2007; Burmann/Wenske 2007. Veloutsou 2007, S. 13 bemerkt in diesem Zusammenhang: „Most of the publications discussing brand relationships are fully conceptual and do not present empirical findings.” Vgl. z.B. Fournier/Yao 1997; Fournier 1998; Olsen 1999; Morris/Martin 2000; Kates 2000; Ji 2002; Kilian 2004; Lindberg-Repo/Brookes 2004 ; Coupland 2005; Fournier 2005; Robinson/Kates 2005. Vgl. hierzu auch die Kritik bei Aggarwal 2004, S. 87: „Even though there is growing interest of both researchers and practitioners in consumer-brand-relationships, work in this area has been fairly limited.” Vgl. Hess 1998; Hayes/Capella/Alford 2000; Kressmann et al. 2003; Huber/ Vollhardt/Kopplin 2005; Swaminathan/Page/Gürhan-Canli 2007; Kressmann et al. 2006; Huber et al. 2007b; Weißgerber 2007. Blackston 2000, S. 102. Vgl. hierzu auch Esch et al. 2006, S. 100: „In the brand relationship literature, we do not find easily clearly defined and operationalized constructs, similar to brand awareness and image. Research on brand relationships is usually conducted using interpretive frameworks and qualitative methodologies that offer the depth of individual case study insight rather than standardized concepts and measurement scales.”
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Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die Markenbindung über die Gestaltung von Beziehungen von Konsumenten zu ihren Marken eine neue Sichtweise für die Markenpolitik darstellt. Uneinigkeit besteht jedoch darüber, ob das Konzept Relevanz für sämtliche Produktmärkte und Marken hat oder ob es sich um ein auf wenige Marken und Branchen fokussiertes Phänomen handelt. Darüber hinaus mangelt es an einer geeigneten Steuerungsgröße, mit der die Effektivität und Effizienz der beziehungsorientierten Markenführung messbar gemacht werden kann. Um hierzu einen Erkenntnisbeitrag zu leisten, ist zum einen die Entwicklung einer Messgröße notwendig, die Auskunft über den Zustand der Beziehung zwischen Kunden und Marke gibt. Zum anderen ist eine Untersuchung zu Marken-Konsumenten-Beziehungen über multiple Marken und Produktmärkte erforderlich, die differenzierten Aufschluss über die Stärke von Markenbeziehungen in der Konsumgüterbranche sowie deren Bedeutung für das Konsumentenverhalten gibt. Diesen Herausforderungen gerecht zu werden, ist das Hauptziel der vorliegenden Arbeit. Bevor eine Diskussion geführt wird, welche Erfolgsgrößen dem Anspruch an eine reliable und valide Messung von Marken-Konsumenten-Beziehung gerecht werden können, erfolgt zunächst eine terminologische und inhaltliche Auseinandersetzung mit den zentralen Begriffen dieser Arbeit, um für die nachfolgenden Erläuterungen ein einheitliches Begriffsverständnis zu sichern.
1.3
Begriffliche Grundlagen
1.3.1
Begriff der Güterkategorie der Konsumgüter
In der Literatur erfolgt eine Identifizierung und Systematisierung von Wirtschaftsgütern klassischerweise auf Basis der Dauerhaftigkeit ihrer Nutzung, ihrer materieller Beschaffenheit und der Kundengruppe, an die sich die Leistung richtet. Anhand dieser Merkmale können Konsumgüter wie folgt definiert werden:
16
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Unter Konsumgüter werden materielle Wirtschaftsgüter verstanden, die von privaten Einzelpersonen oder Haushalten, d.h. Endverbrauchern, nachgefragt werden und die entweder als Verbrauchsgüter zur einmaligen Verwendung gedacht sind oder als Gebrauchsgüter zum mehrmaligen, längerfristigen oder auch andauernden Gebrauch bestimmt sind.71 Im Sinne dieser Begriffsauffassung unterscheiden sich Konsumgüter von Dienstleistungen primär durch die Materialität der Leistung sowie von Produktionsund Investitionsgütern dadurch, dass sie unmittelbar zum Konsum bereitgestellt werden, d.h., nicht weiter als Inputgüter für einen weiteren nachgelagerten Produktionsprozess dienen.72 An dieser Stelle ist kritisch anzumerken, dass in vielen Fällen eine trennscharfe Abgrenzung von Konsumgütern und Dienstleistungen nicht möglich ist, da immer mehr Sachgüter einen erhöhten Dienstleistungsanteil aufweisen und vice versa.73
1.3.2
Markenbegriffsverständnis der Arbeit
Marken sind keine neuen Phänomene. Die Anfänge der Marke gehen bis in die Antike zurück.74 Jedoch hat sich das Verständnis vom Wesen einer Marke aufgrund veränderter Markt- und Umweltbedingungen im Zeitablauf grundlegend gewandelt.75 Das Begriffsverständnis der Marke ist situativ mit den vorherrschenden Markt- und Umweltbedingungen verknüpft, sodass keine allgemein gültige Definition der Marke existiert. Als Konsequenz bestehen viele heterogene Erklärungsansätze zur Wesensbestimmung der Marke, die letztlich auch daher rühren, dass die Marke Erfahrungsobjekt unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen, aber auch von Praxisvertretern mit eigenen Interessen, ist.76
71 72 73
74 75 76
In Anlehnung an Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 2002, S. 82; Bruhn/Homburg 2004, S. 404f. Für eine ausführliche Diskussion der Unterschiede Konsumgut versus Dienstleistung vgl. Seidel 2007, S. 20f. Vgl. Kleinaltenkamp 2001; Homburg/Krohmer 2003, S. 810f.; Meffert/Bruhn 2006, S. 4. Für eine Diskussion der zunehmenden Schnittmengen zwischen den Wirtschaftsgütern sowie die damit verbundenen Implikationen für das Marketing vgl. z.B. Meffert 2007; Weiber 2007. Vgl. Esch/Langner 2001, S. 439; Sattler/Völckner 2007, S. 25f. Vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 20. Vgl. Bruhn 2001a, S. 14; Bruhn 2004a, S. 5.
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Innerhalb der betriebswirtschaftlichen Forschung lassen sich insbesondere drei verschiedene Zugänge zur Abgrenzung von Marken gegenüber Nichtmarken unterscheiden: das merkmalsorientierte, absatzsystemorientierte und wirkungsbezogene Markenverständnis. Beim klassischen merkmalsorientierten Markenverständnis, das durch einen konsumgüterorientierten Warenfokus gekennzeichnet ist, wird der Markenstatus an vom Anbieter zu kontrollierenden konstitutiven Merkmalen festgemacht, wie beispielsweise Markierung im Sinne einer physischen Kennzeichnung, Ubiquität, konstante oder verbesserte Qualität sowie starke Verbraucherwerbung.77 Zeitlich nachgelagert entwickelte sich das absatzsystemorientierte Begriffsverständnis, das sich an Vertriebs- und Produktionsmethoden orientiert und Marken als „geschlossenes Absatzsystem“78 definiert. Die Fokussierung auf die Vermarktungsform als konstitutives Merkmal einer Marke führt dazu, dass Marken nicht länger als Merkmalsbündel verstanden werden, sondern die Erreichung markenpolitischer Zielsetzungen das zentrale Definitionskriterium darstellt.79 Im Gegensatz zu diesen eher angebotsbezogenen Sichtweisen des Markenbegriffs richtet die nachfrager- bzw. wirkungsbezogene Markeninterpretation den Fokus auf die Konsumenten und stellt die Wirkung bzw. Wahrnehmung einer Marke in der Psyche des Konsumenten in den Mittelpunkt der Betrachtung.80 Nach dieser Begriffsauffassung ist „[…] alles, was die Konsumenten als einen Markenartikel bezeichnen […], tatsächlich ein solcher […].“81 In diesem Sinne wechselt die nachfragerorientierte Markeninterpretation die Perspektive und löst sich damit bewusst von objektiv bestimmbaren Wareneigenschaften.82 Marken stellen diesem Begriffsverständnis zufolge primär sozialpsychologische Phänomene dar,
77
78 79 80 81 82
Das merkmalsorientierte Markenverständnis wurde von Mellerowicz geprägt, der in seiner Markendefinition acht Eigenschaften einer Marke benennt (vgl. Mellerowicz 1963, S. 39ff.). Dem Verständnis von Mellerowicz folgend, wurden verschiedene Merkmalskataloge definiert. Eine Übersicht der merkmalsorientierten Ansätze findet sich z.B. bei Hellmann 2003, S. 69ff. Für eine ausführliche Diskussion sowie kritische Würdigung des merkmalsorientierten Markenverständnisses vgl. z.B. Hellmann 2003, S. 69ff.; Esch 2005, S. 9; Meffert/Burmann 2005, S. 22f.; Freundt 2006, S. 17ff.; Baumgarth 2008b, S. 3. Hansen 1970, S. 64. Vgl. Bruhn 2004c, S. 13; Meffert/Burmann 2005, S. 24f.; Baumgarth 2008b, S. 4. Vgl. Hieronimus 2004, S. 38ff.; Esch 2005, S. 11; Meffert/Burmann 2005, S. 25f.; Baumgarth 2008b, S. 4f. Berekhoven 1978, S. 43. Vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 26.
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die als Vorstellungsbilder in der Psyche der Konsumenten existieren.83 Ein derartiges Vorstellungsbild repräsentiert dabei einerseits die affektiven (emotionalen) und andererseits die kognitiven (rationalen) sowie die konativen Einstellungskomponenten gegenüber einer Marke.84 Wenngleich das wirkungsbezogene Markenverständnis in Wissenschaft und Praxis weite Verbreitung gefunden hat, ist bis heute ungeklärt, welche Kombination von Attributen eine Leistung aus Sicht der Konsumenten zu erfüllen hat, um als Marke wahrgenommen zu werden und somit als Definitionskriterium zur Abgrenzung von Marken und Nichtmarken herangezogen werden kann.85 Als mögliche Prüfkriterien werden z.B. der Bekanntheitsgrad, die Hervorhebung aus der Masse, die wahrgenommene Qualität oder das Vertrauen diskutiert.86 Seit Anfang der 1990er Jahre erfolgt eine Weiterentwicklung der Markenwesensbestimmung durch integrierte Ansätze. Im Rahmen dieser Ansätze werden verschiedene bestehende Ansätze zur Markendefinition miteinander kombiniert und erweitert.87 Vertreter dieser Sichtweise argumentieren zum einen, dass nur eine integrierte Betrachtung der verschiedenen Markenbegriffsverständnisse in der Lage ist, sämtliche heute bestehenden Erscheinungsformen von Marken zu erfassen und voneinander abzugrenzen.88 Zum anderen vertreten sie den Standpunkt, dass die Entwicklung von tragfähigen Konzepten der Markenpolitik eine Berücksichtigung sämtlicher angebots- und nachfragerorientierte Aspekte der Markendefinition erfordert, da bei allen Entscheidungen die interdependenten Beziehungen zwischen den verschiedenen Sichtweisen zu berücksichtigen sind.89
83
84 85
86 87 88 89
Vgl. Berekhoven 1992, S. 43; Meffert/Twardawa/Wildner 2001, S. 2; Esch 2005, S. 11; Esch 2007, S. 22. Damit erfolgt de facto eine definitorische Loslösung der Marke vom eigentlichen Produkt (vgl. Köster 2006, S. 20). Vgl. Dörtelmann 1997, S. 15. Baetzgen (2007, S. 103) merkt kritisch an, dass Marken häufig als kognitive Schemata im Gedächtnis der Konsumenten verstanden werden. Er plädiert dafür, Marken eher als kognitive „Modelle bzw. kognitiv repräsentierte Wissenseinheiten“ zu verstehen, da der Begriff kognitive Schemata impliziert, dass Marken über typische Attribute verfügen, die für alle Marken gleich sind. Es ist jedoch bis heute ungeklärt, welche Kombination von Attributen für die Kategorie „Marke“ kennzeichnend ist. Vgl. Bruhn 2004c, S. 15. Vgl. Blümelhuber/Maier/Meyer 2004, S. 1367ff.; Bruhn 2004c, S. 15; Köster 2006, S. 20ff.; Welling 2006, S. 27ff.; Baumgarth 2008b, S. 5. Vgl. Bruhn 2004c, S. 5ff. Für eine kritische Würdigung dieses Begriffsverständnisses vgl. z.B. Welling 2006, S. 37ff.; Baumgarth 2008b, S. 5. Vgl. Welling 2006, S. 27.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
19
Dieser Auffassung wird auch in der vorliegenden Arbeit gefolgt und eine Marke in Anlehnung an Bruhn/GEM90 wie folgt definiert: Als Marke91 wird ein Absatzobjekt bezeichnet, das neben einer unterscheidungsfähigen Markierung durch ein systematisches Absatzkonzept im Markt ein Qualitätsversprechen gibt, das eine dauerhaft werthaltige, nutzenstiftende Wirkung erzielt und bei den relevanten Zielgruppen in der Erfüllung bzw. Übertreffung der Kundenerwartungen einen nachhaltigen Erfolg im Markt realisiert bzw. realisieren kann. Gemäß dieser Begriffsauffassung hat ein Absatzobjekt92 – neben einer individuellen und schutzfähigen Markierung – verschiedene angebots- und nachfragerbezogene Kriterien analog zu erfüllen, um als Marke bezeichnet werden zu können. Auf Nachfragerseite hat eine Marke ein dauerhaftes Nutzenversprechen zu erzielen. Dies stellt eine Voraussetzung dafür dar, dass ein Absatzobjekt seine Funktion als Marke aus Kundensicht erfüllen kann.93 Die Erfüllung der Kundenerwartungen resultiert in einer Wertschätzung des Kunden und schlägt sich letztendlich in ökonomischen Erfolgsgrößen nieder. Damit impliziert der Begriff Marke bereits den Erfolg am Markt.94 Die nachfragerbezogenen Anforderungskriterien stehen in einer direkten Verbindung zu den Anforderungen, die von Anbieterseite an eine Marke gestellt werden. Zur Erreichung der nachfragerbezogenen Wirkungen ist ein systematisches Absatzkonzept, d.h. der zielgerichtete, aufeinander abgestimmter Einsatz der Marketinginstrumente, notwendig. Dieses Absatzkonzept bildet somit die Voraussetzung dafür, dass ein Absatzobjekt überhaupt zu einer Marke aus Nachfragersicht werden kann. In diesem Sinne gilt es, sämtliche Faktoren im Absatzkonzept für eine Marke zu berücksichtigen, die 90 91
92
93
94
Vgl. Bruhn/GEM 2002, S. 18. Die Begriffe Marke und Markenartikel werden in dieser Arbeit als Synonym verwendet. Für eine Begründung dieser Gleichsetzung von Marke und Markenartikel vgl. Bruhn 1994, S. 9. Für eine kritische Würdigung dieser synonymen Verwendung vgl. Welling 2006, S. 41ff. Absatzobjekte stellen Leistungsbündel dar, die sich durch unterschiedliche Materialitäts- und Integrativitätsgrade auszeichnen (vgl. Engelhardt/Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398ff.). In der Literatur wird eine Vielzahl von Funktionen diskutiert, die eine Marke für den Nachfrager erfüllt (z.B. Orientierungs- und Informationsfunktion, Vertrauensfunktion, Identifikationsfunktion). Für einen vergleichenden Überblick der verschiedenen Markenfunktionskataloge aus Nachfragersicht vgl. z.B. Welling 2006, S. 57. Vgl. Adjouri/Stastny 2006, S. 44.
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einer Leistung in der Wahrnehmung der Zielgruppe Bedeutung geben. „Hierzu zählen nicht nur die Kennzeichnung einer Marke. Auch der Preis und Ort der Distribution, die Mitarbeiter und Kunden setzen Zeichen und sind damit im weitesten Sinne ein Teil der Marke.“95 Insbesondere vor den in Abschnitt 1.1 aufgezeigten Herausforderungen stellt dieses Markenverständnis einen geeigneten Rahmen für die weiterführenden Ausführungen dar. Die Definition veranschaulicht, dass sich eine erfolgreiche Markenpolitik im Sinne einer „Outside-in-Perspektive“ an den Bedürfnissen der Zielpersonen zu orientieren hat, um daraufhin das Absatzkonzept zielorientiert ausrichten zu können. Ein ungenügender Erfolg einer Marke am Markt ist folglich auf eine unzureichende Erfüllung der Anforderungskriterien auf Nachfrager- und/oder Anbieterseite zurückzuführen, d.h., es werden die falschen Kundenerwartungen an eine Marke erfüllt und/oder den Erwartungen der Kunden wird aufgrund eines unzureichenden Absatzkonzepts nicht adäquat entsprochen.
1.3.3
Begriff und Einordnung der Marken-KonsumentenBeziehung
Wenngleich sich inzwischen eine Vielzahl wissenschaftlicher Beiträge mit dem Konzept der Marken-Konsumenten-Beziehungen bzw. Markenbeziehungen auseinander setzt, wird der inhaltlichen und terminologischen Abgrenzung des Konstrukts der Marken-Konsumenten-Beziehung erstaunlicherweise wenig Beachtung geschenkt. Dies ist sicherlich zum einen darauf zurückzuführen, dass bis dato noch keine allgemein anerkannte übergreifende Beziehungspsychologie existiert, die nach gemeinsamen Prinzipien zwischen den verschiedenen Formen von zwischenmenschlichen Beziehungen sucht.96 Die vielfältigen und unterschiedlichen in der Realität existierenden Beziehungstypen lassen sich kaum alle verlässlich und differenziert mit einer Theorie erfassen und erschweren die Definition eines übergeordneten Beziehungsbegriffs, der als Basis zur Ableitung einer Definition für Marken-Konsumenten-Beziehungen dienen könnte. Zum ande95 96
Baetzgen 2007, S. 105. Vgl. Asendorf/Banse 2000, S. 1f. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Formen von zwischenmenschlichen Beziehungen befasst sich die Wissenschaft primär mit der Analyse einzelner Beziehungsformen, wie z.B. Ehe, Freundschaftsbeziehungen, Eltern-Kind-Beziehungen, Beziehungen im Berufsleben. Vgl. beispielhaft die Beiträge bzw. Sammelwerke von Hays 1988 für Freundschaftsbeziehungen, Mills/Grusec 1988 für Eltern-Kind-Beziehungen, Neuberger 1993 für Beziehungen im Berufsleben, Grau/Bierhoff 2003 für Partnerschaften und Caughlin/Huston 2006 für Ehen.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
21
ren hat sich der Begriff der Marken-Konsumenten-Beziehung mittlerweile als Modewort etabliert – mit der Folge, dass die inhaltliche Konkretisierung vernachlässigt wird.97 Eine fundierte inhaltliche Auseinandersetzung mit Markenbeziehungen erfordert jedoch eine definitorische Spezifizierung und Abgrenzung des Erkenntnisobjekts: „The researcher must be exacting in delineating what is included in the definition and what is excluded.“98 Im Folgenden wird daher das für diese Arbeit vorliegende Begriffsverständnis einer Marken-KonsumentenBeziehung erarbeitet und von anderen Erscheinungsformen von Kundenbeziehungen abgegrenzt. Hierzu wird insbesondere auf Erkenntnisse der Sozialpsychologie, Kommunikationswissenschaft und Relationship-Marketing-Forschung zurückgegriffen. Allgemein konstituiert sich eine Beziehung aus einer Reihe von Interaktionen zwischen mindestens zwei Austauschpartnern (z.B. Anbieter und Nachfrager) über einen längeren Zeitraum, die einem planmäßigen und nicht zufälligen Muster folgt.99 Der Begriff der Interaktion wird in der Wissenschaft nicht einheitlich verwendet.100 Im kommunikationswissenschaftlichen Begriffsverständnis wird unter Interaktion allgemein der wechselseitige Austausch von Informationen verstanden.101 In der Sozialpsychologie hingegen beschränkt sich der wechselseitige Austausch nicht nur auf Informationen, sondern beinhaltet auch den Austausch von Gefühlen, Diensten, Waren, Rechten und Geld.102 Kommunikative und soziale Interaktion sind jedoch eng miteinander verbunden, sodass die beiden Aspekte in der Regel synonym verwendet werden.103 Eine einzelne Interaktion alleine kann noch nicht als eine Beziehung klassifiziert werden; hierzu sind Folgetransaktionen notwendig.104 Zudem hat ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den früheren, aktuellen und zukünftigen Interaktionen zu bestehen, d.h., es existieren aus Sicht der Beziehungspartner Gründe, die eine
97 98 99 100 101 102 103 104
Vgl. hierzu auch Iacobucci/Hibbard 1999, S. 19: „It is currently en vogue to speak of a customer having a relationship with a brand.“ Churchill 1979, S. 67. Vgl. Hinde 1979, S. 14; Plinke 1989, S. 307; Gundlach/Murphy 1993, S. 36; Liljander/Strandvik 1995, S. 150f.; Asendorf 1999, S. 261; Plinke 2008, S. 79. Für eine ausführliche Diskussion der verschiedenen Begriffsverständnisse vgl. Mann 2004, S. 71ff. Vgl. Engels/Timaeus 1983, S. 346; Forgas 1999, S. 106; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 498; Seidel 2007, S. 66. Vgl. Engels/Timaeus 1983, S. 345f.; Fischer/Wiswede 2002, S. 387. Vgl. z.B. die Argumentation bei Maletzke 1998, S. 36ff.; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 498; Mann 2004, S. 79f. Vgl. Liljander/Strandvik 1995, S. 150; Wilson 1995; Lorbeer 2003, S. 51.
22
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
planmäßige Verknüpfung zwischen Interaktionen sinnvoll oder notwendig erscheinen lassen.105 In der Sozialpsychologie wird in diesem Zusammenhang auch von „stabilen Interaktionsmustern“106 gesprochen, die Beziehungen charakterisieren und zukünftiges Verhalten der Interaktionspartner erahnen lassen. In der Sozialpsychologie wird dem Aspekt der Interdependenz als konstitutives Merkmal einer Beziehung besondere Aufmerksamkeit gewidmet.107 „The term relationship refers to a pair of persons who are interdependent with each other, that is, each person affects and is affected by the behaviour of the other person over time.”108 Dieses „abgestimmte“, aufeinander bezogene Verhalten der Akteure steht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Wechselseitigkeit (Reziprozität) der Interaktionen zwischen den Beziehungspartnern. In wechselseitigen Interaktionen sind die Handlungen der Interaktionspartner interdependent, d.h., jede Interaktion ist durch eine Interaktion der Vergangenheit beeinflusst und hat Auswirkungen auf zukünftige Interaktionen.109 Liegt eine solche wechselseitige Interaktion vor, wird mit Blick auf die hierfür notwendige Kommunikation auch von einem Dialog zwischen den Interaktionspartner gesprochen, bei dem es zu einem fortlaufenden Wechsel der Sender- und Empfängersituation kommt.110 Im Gegensatz zu wechselseitigen Interaktionen ist bei einseitigen bzw. asymmetrischen Interaktionen das Handeln der Interaktionspartner nicht direkt aufeinander bezogen.111 Diese Form der Interaktion charakterisiert häufig das Verhalten auf anonymen Märkten, bei denen Anbieter über die Massenmedien (z.B. Mediawerbung) auf ihre Leistungen aufmerksam machen. Dies löst eine Reaktion beim Nachfrager aus (z.B. Kauf der Leistung), die jedoch keine unmittelbare Auswirkung auf die zukünftigen Handlungen des Anbieters hat.112 Entsprechend sind einseitige bzw. asymmetrische Interaktionen durch monologische Kommunika-
105
106 107 108 109 110 111 112
Vgl. Hildebrandt 1997, S. 31; Plinke 2008, S. 79. Sofern beispielsweise ein Autofahrer im Abstand von einem halben Jahr auf der Durchreise an einer Autobahntankstelle zweimal tankt, kann nicht zwingender Weise von einer Beziehung gesprochen werden. Sucht ein Kunde einen Arzt wiederholt auf, weil er zu ihm Vertrauen hat oder weil der Arzt seinen Krankheitsverlauf kennt, liegt es hingegen nahe, von einer Kundenbeziehung zu sprechen (vgl. Georgi 2000, S. 17). Asendorf/Banse 2000, S. 4. Vgl. z.B. Hinde 1976, S. 3ff.; Kelley 1979, S. 3f.; Iacobucci/Hibbard 1999, S. 14. Collins/Madsen 2006, S. 191. Vgl. Hildebrandt 1997, S. 31; Backhaus 2003, S. 140. Vgl. Lueken 1996, S. 62ff.; Szyszka 1996, S. 88; Zerfaß 1996, S. 26f.; Schleuning 1997, S. 48f.; Burkart 2002, S. 71; Lischka 2000, S. 37. Vgl. Burkart 2002, S. 70f.; Fischer/Wiswede 2002, S. 388. Vgl. Hildebrandt 1997, S. 31.
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23
tionsprozesse gekennzeichnet, bei denen kein expliziter Rollentausch (Sender/Empfänger) vorgenommen wird.113 Zusammenfassend lässt sich die Erkenntnis ableiten, dass Interdependenz als konstitutives Merkmal einer Beziehung wechselseitige Interaktionen bzw. Dialoge voraussetzt, die die reziproke Beeinflussung der Beziehungspartner und individuelle Ausformung der Beziehung durch Mitwirkung beider Beziehungspartner ermöglichen. Mit anderen Worten: Beziehungen können sich nur durch den Dialog zwischen zwei Kommunikationspartnern entwickeln.114 Wenngleich Interaktion und Interdependenz zwei zentrale Voraussetzungen für die Existenz bzw. Entwicklung einer Beziehung darstellen, ist davon auszugehen, dass in der Realität nicht jedes Individuum eine Folge von Interaktionen unbedingt als Beziehung wahrnimmt: „It is plausible that a certain interaction may be perceived by some people as a relationship, while others may perceive the same interaction to be merely an interaction […]. Therefore the concept of a relationship is highly subjective […].”115 Demzufolge zeichnet sich eine Beziehung durch Subjektivität und Individualität aus.116 Die Subjektivität und Individualität einer Beziehung steht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Nutzen einer Beziehung, der von einigen Autoren als konstitutives Element einer Beziehung herangezogen wird.117 Eine Beziehung zwischen Unternehmen und Kunde wird nur aufrechterhalten, wenn diese für 113 114
115
116 117
Vgl. Hildebrandt 1997, S. 32; Mann 2004, S. 74. Vgl. Hildebrandt 1997, S. 32; Bhattacharya/Bolton 2000, S. 330f.; Grönroos 2000a, S. 6ff.; Bruhn 2000, S.13ff.; Lischka 2000, S. 39f.; Kollmann 2007, S. 212; Bruhn 2008b, S. 488ff. Einige Autoren bemängeln, dass Unternehmen der Konsumgüterbranche häufig der Ansicht sind, über Kundenbindungsprogramme Beziehungen zu ihren Kunden aufgebaut zu haben, die jedoch bei näherer Betrachtung den Anspruch an Interdependenz nicht erfüllen (vgl. z.B. O'Malley/Tynan 2000, S. 801). Vgl. hierzu auch Szmigin/Canning/Reppel 2005, S. 483: „Companies may use information technology to operate customer relationship marketing programmes designed to encourage repeat purchase, yet if the customer is simply a recipient of a targeted “communication” campaign and has little opportunity to engage in dialogue then are such programmes really designed to encourage relationships between suppliers and customers?” Wong/Sohal 2002, S. 34. Einige Autoren merken in diesem Zusammenhang an, dass Unternehmen vielfach völlig außer Acht lassen, dass Nachfrager häufig gar keine Beziehung wünschen (vgl. z.B. Fournier/Dobscha/Mick 1998, S. 44; Dowling 2002, S. 89; Bengtsson 2003, S. 157). Vgl. Asendorf/Banse 2000, S. 5. Vgl. Bagozzi 1995, S. 273; Fournier 1998, S. 344; Hennig-Thurau/Gwinner/ Gremler 2000, S. 370ff.
24
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
beide Seiten einen Nutzen stiftet, der über den reinen Leistungsaustausch hinausgeht.118 Der Nutzen einer Beziehung kann aus Kundensicht nicht nur auf ökonomischen Überlegungen (z.B. finanzielle Anreize, reduzierte Beschaffungskosten und -zeit) und Individualisierungsaspekten (z.B. Ausrichtung des Leistungsangebotes auf Wünsche des Kunden), sondern vor allem auch auf psychologischen (z.B. Vertrauensverhältnis, Identifikation) und sozialen Nutzenaspekten (z.B. Anerkennung, Zugehörigkeitsgefühl) basieren.119 Bei den beiden ersten Nutzenkategorien handelt es sich um eher kognitive und objektive Dimensionen (produkt- bzw. servicebasiert) des Beziehungsnutzens, während der psychologische und soziale Beziehungsnutzen (marken- bzw. personenorientiert) eher die affektive Komponente einer Beziehung verkörpern und stark subjektiv geprägt sind. Häufig wird in diesem Zusammenhang auch von rationalen und emotionalen Bindungsmotiven gesprochen.120 Letztere sind insbesondere auf gesättigten Märkten von Bedeutung.121 Werden der Grad der Interaktivität bzw. Reziprozität auf der einen Seite sowie der Grad der Subjektivität auf der anderen Seite – beides konstitutive Elemente einer Beziehung – zur Charakterisierung einer Beziehung herangezogen, lässt sich ein zweidimensionaler Raum aufspannen, der es ermöglicht, die MarkenKonsumenten-Beziehung von den übrigen Erscheinungsformen einer Kundenbeziehung abzugrenzen (vgl. Schaubild 1-3). Die Kombination der jeweiligen Extremausprägungen führt zu vier Grundtypen von Kundenbeziehungen:
118 119 120 121
Vgl. Grönroos 2004, S. 99; Terlutter 2006, S. 282. Diese Unterteilung geht auf Gwinner/Gremler/Bitner (1998) zurück und wurde von anderen Autoren adaptiert (vgl. z.B. Patterson/Smith 2001). Für eine ausführliche Diskussion zum Stand der Forschung von emotionalen und rationalen Bindungsmotiven vgl. Bagusat 2005, S. 80ff. Vgl. Hennig-Thurau/Gwinner/Gremler 2000, S. 371.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Grad der Subjektivität der Beziehung
Sachgut
25
Dienstleistung
Immaterialität der Leistung
Kognitive/ logische Dimension
Beziehungen auf Produktebene
Beziehungen auf Prozessebene
Affektive Dimension
Beziehungen auf Markenebene
Beziehungen auf Anbieterebene
Geringe Interaktion und Reziprozität
Hohe Interaktion und Reziprozität
Individualisierungsgrad der Beziehung
Schaubild 1-3: Kategorien von Kundenbeziehungen (Quelle: Bruhn/Eichen 2007, S. 228)
1. Beziehungen auf Anbieterebene (Anbieter-Kunde-Beziehung) Bei Beziehungen auf Anbieterebene handelt es sich meistens um persönliche Beziehungen (z.B. Beziehungen zu einem Friseur oder zu einem persönlichen Kundenberater bei einer Bank). Diese Beziehungen sind durch einen hohen Interaktionsgrad und eher affektive Nutzendimensionen gekennzeichnet. 2. Beziehungen auf Prozessebene (Prozess-Kunde-Beziehung) Beziehungen auf Prozessebene zeichnen sich durch einen hohen Interaktionsgrad und kognitive Nutzendimensionen aus. Anders als bei Beziehungen auf Anbieterebene steht hier nicht die Beziehung zu einer Person, sondern der (Dienst-)Leistungsbezug im Vordergrund (z.B. wiederholtes Aufsuchen einer Internetseite mit personalisiertem Inhalt, eines Fitnesscenters, eines Handelsbetriebes o.Ä.). 3. Beziehungen auf Produktebene (Produkt-Kunde-Beziehung) Beziehungen auf Produktebene sind ebenfalls eher durch kognitive Nutzendimensionen geprägt. Im Gegensatz zu Beziehungen auf Prozess- und Anbieterebene sind die Interaktionsmöglichkeiten jedoch beschränkt. Beispiele hierfür sind der Verbrauch von Lebensmitteln, die Nutzung von Energien, die Inanspruchnahme von Transportleistungen o.Ä.
26
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
4. Beziehungen auf Markenebene (Marke-Kunde-Beziehung) Die Möglichkeiten zur (wechselseitigen) Interaktion sind auch bei Beziehungen auf Markenebene stark eingeschränkt.122 Während Produkte über eine objektive Existenz verfügen, entstehen Marken im Vorstellungsbild der Konsumenten (vgl. Abschnitt 1.3.2). Der Beziehungsnutzen auf Kundenseite ist – insbesondere vor den in Abschnitt 1.1 aufgezeigten derzeitigen Entwicklungen im Markt- und Unternehmensumfeld – eher in psychologischen und sozialen, d.h. in affektiven Dimensionen zu suchen.123 Es ist somit vor allem der emotionale und symbolische bzw. soziale Zusatznutzen einer Marke, der über den funktionalen bzw. rationalen Grundnutzen hinausgeht und die Basis für Marken-KonsumentenBeziehungen darstellt.124 Innerhalb der erläuterten Typologie ist eine Abgrenzung in Beziehungen auf Sachgutebene und Beziehungen auf Dienstleistungsebene möglich. Die konstitutiven Merkmale von Dienstleistungen, wie das direkte Angebot von Potenzialen in Form von Leistungsfähigkeiten, die Immaterialität des Dienstleistungsversorgungsobjektes und die Integration des externen Faktors, bedingen einen hohen Individualisierungsgrad und damit einhergehend vielfältige Interaktionsmöglichkeiten.125 Konsumgütermärkte hingegen – insbesondere mehrstufige – zeichnen sich durch mangelnde Nähe zum Konsumenten, einen hohen Standardisierungsgrad und größtenteils geringes Involvement der Konsumenten aus. Die Möglichkeiten zur (wechselseitigen) Interaktion zwischen Anbieter bzw. Mitarbeiter und Kunde sind – im Vergleich zu Dienstleistungen – begrenzt. Da Markenartikel überwiegend auf indirekten Vertriebswegen unter Einschluss des Handels angeboten werden, besteht in der Regel kein persönlicher Kontakt zwi122 123 124
125
Vgl. Possekel/Olavarria-Berger/Jenner 1994, S. 225; O'Malley/Tynan 1999, S. 589. Vgl. Hieronimus/Burmann 2005, S. 366; Freundt 2006, S. 10ff. Unter dem Nutzen einer Marke kann allgemein der persönliche Wert oder die Bedeutung verstanden werden, den ein Konsument einer Marke aufgrund ihrer Fähigkeit, ein bestimmtes persönliches Bedürfnis zu befriedigen, zuschreibt (vgl. Burmann/Meffert/Koers 2005, S. 10f.). Der emotionale Nutzen einer Marke ergibt sich aus den positiven Gefühlen, die eine Marke bei Konsumenten auf Basis von persönlichen Erfahrungen hervorruft (vgl. Aaker 1996, S. 96). Der symbolische Nutzen einer Marke ergibt sich aus den extrinsischen Vorteilen einer Marke und beruht hauptsächlich auf nicht-produktbezogenen, sozialen Eigenschaften der Marke. Der symbolische Nutzen einer Marke unterscheidet sich vom emotionalen Nutzen einer Marke vorwiegend in der Außenwirkung (vgl. Volkmer 2004, S. 67). So kann eine Marke z.B. ein Gefühl der Gruppenzugehörigkeit vermitteln oder als Mittel der Selbstverwirklichung dienen (vgl. Burmann/Meffert 2005b, S. 55f.). Für eine ausführliche Darstellung der konstitutiven Merkmale von Dienstleistungen vgl. z.B. Meffert/Bruhn 2006, S. 63ff.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
27
schen den Unternehmensmitarbeitern und dem Kunden. Zudem bringt der indirekte Vertrieb in Verbindung mit der großen Kundenzahl für Markenartikelanbieter das Problem mit sich, dass die Käufer traditionell anonym sind. Dies erschwert erheblich eine individuelle Ansprache.126 Es ist jedoch anzumerken, dass es sich bei den hier vorgestellten Erscheinungsformen einer Kundenbeziehung um Extremausprägungen eines Kontinuums und somit nur um tendenzielle Grundaussagen handelt. Im Ergebnis zeigt sich, dass Marken-Konsumenten-Beziehungen dem konstitutiven Merkmal der Subjektivität entsprechen. Ferner können Markenbeziehungen dem Konsumenten einen Nutzen stiften. Lediglich das Merkmal der Interaktion bzw. Interdependenz hat für Marken-Konsumenten-Beziehungen nur eingeschränkte Gültigkeit, da Marken im eigentlichen Sinne leblose Objekte darstellen und somit kein wechselseitiger Austausch stattfinden kann, der eine Beziehung begründet.127 Dem wird jedoch von einigen Autoren entgegnet, dass über das Konstrukt der Markenpersönlichkeit Marken wie lebendige Beziehungspartner behandelt und somit Erkenntnisse des Beziehungskonzepts der Markenpolitik zugänglich gemacht werden können.128 Darüber hinaus vertritt diese Arbeit die These, dass mit Hilfe von Interaktionsplattformen der wechselseitige Austausch stellvertretend für die Marke realisiert werden kann.129 Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie dem zunehmenden Dienstleistungsanteil bei Konsumgütern (vgl. Abschnitt 1.3.1) von strategischer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund liegt dieser Arbeit folgendes Begriffsverständnis einer Marken-Konsumenten-Beziehung zugrunde: Eine Marken-Konsumenten-Beziehung stellt eine affektive, psychologische Bindung eines Konsumenten an eine Marke dar und ist das Ergebnis einer Folge von nicht zufälligen und reziproken Interaktionen zwischen denselben über einen längeren Zeitraum. Die Initiierung und Pflege von Marken-Konsumenten-Beziehungen bedingen demnach die Existenz nicht zufälliger und mehrerer Interaktionen zwischen Marke und Konsument. Unter Konsumenten werden im weiteren Verlauf der Arbeit bestehende Kunden (Käufer bzw. Verwender) einer Marke verstanden, da 126 127 128 129
Vgl. Gruen/Gentry 1995, S. 450ff.; Christy/Oliver/Penn 1996; O'Malley/Tynan 1999; Bhattacharya/ Bolton 2000, S. 333f. Vgl. Iacobucci/Hibbard 1999; Szmigin/Canning/Reppel 2005, S. 483. Vgl. Abschnitt 2.1.2. Vgl. Abschnitt 2.1.3.
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Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
bei diesen – im Vergleich zu Nicht-Kunden – Interaktionen mit der Marke vorausgesetzt werden können. Marken-Konsumenten-Beziehungen sind daher mit Marken-Kunden-Beziehungen gleichzusetzen. Der Begriff der Marken-Konsumenten-Beziehung erscheint jedoch in Anbetracht des diskutierten Bereichs der Konsumgüter spezieller und demnach geeigneter als der Begriff der MarkenKunden-Beziehungen.130
1.4
Markenbeziehungsqualität als Steuerungsund Erfolgsgröße der beziehungsorientierten Markenpolitik
In der bestehenden Literatur wird eine Vielzahl von Erfolgsgrößen diskutiert, die als mögliche Ansatzpunkte zur Steuerung von Marken-Konsumenten-Beziehungen in Betracht kommen und der beziehungsrelevanten Markenerfolgskette zugeordnet werden können (vgl. Schaubild 1-4).131 Der Grundgedanke der beziehungsrelevanten Erfolgskette ist die Überlegung, dass sich die Initiierung bzw. Pflege von Marken-Konsumenten-Beziehungen in positiven Verhaltenswirkungen niederschlägt und darüber zu ökonomischem Erfolg führt. Für die beziehungsorientierte Markenführung von besonderer Bedeutung sind die verhaltenswissenschaftlichen Zielgrößen auf der Wissens-, Beziehungs- und Verhaltensebene, die den ökonomischen Erfolgsgrößen vorgelagert sind und Aufschluss
130
131
In der Regel wird unter dem Begriff Konsument traditionell ein Verbraucher bzw. Nutzer von Konsumgütern verstanden (vgl. z.B. Poth/Poth 1999, S. 198; Behrens 2001, S. 812), während der Terminus Kunde allgemein Nachfrager nach Angebotsleistungen eines bestimmten Anbieters bezeichnet (vgl. Poth/Poth 1999, S. 213). Allgemein ist das Ziel einer Erfolgskette die inhaltliche Verknüpfung von Variablen, die miteinander in Zusammenhang stehen, abzubilden und die UrsacheWirkungs-Zusammenhänge zwischen diesen darzustellen. Vgl. für derartige Erfolgsketten im Allgemeinen insbesondere Heskett/Sasser/Schlesinger 1997, S. 18ff.; Bruhn 1999, S. 194f.; Bruhn 2001b, S. 12f.; Bruhn 2001d, S. 57ff.; Kamakura et al. 2002, S. 296; Pritchard/Silvestro 2005; Bruhn/Georgi 2005, S. 16ff.; Bruhn 2006c, S. 10f. Für Erfolgsketten im markenspezifischen Kontext vgl. z.B. Bruhn 2005a; Schuster 2005, S. 221ff.; Bruhn/Eichen 2007, S. 235ff.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
29
über den Zustand von Marken-Konsumenten-Beziehungen aus Kundensicht geben können.132
Wissensebene
Beziehungsebene
Verhaltensebene
Markenbekanntheit
Markenzufriedenheit
Markenimage
Markenvertrauen
Marktanteil
Markenbindung
Profitabilität
Markentreue
Erfolgsebene Umsatz
Markenbeziehungsqualität
Schaubild 1-4: Ebenen zur Analyse von Marken-Konsumenten-Beziehungen im Rahmen der beziehungsrelevanten Markenerfolgskette
Auf der Wissensebene kommt der Markenbekanntheit und dem Markenimage in Wissenschaft und Praxis seit jeher eine zentrale Bedeutung zu.133 Die Markenbekanntheit reflektiert die Fähigkeit des Kunden, eine Marke unter verschiedenen Umständen zu identifizieren.134 Neben der Markenbekanntheit stellt das Markenimage ein in Wissenschaft und Praxis viel beachtetes Konstrukt auf der Wissensebene dar. In der Literatur existiert eine Vielzahl sehr heterogener Definitionen für den aus der Sozialpsychologie stammenden Imagebegriff.135 Im Zusammenhang mit Marken benutzen viele Autoren den Begriff Image vorwiegend 132
133
134
135
Die konsumentenbezogenen, vorökonomischen Zielgrößen der Markenpolitik determinieren den verhaltenswissenschaftlichen und letztendlich auch monetären Wert einer Marke für das Unternehmen (vgl. Esch/Geus/Langner 2002, S. 474f.; Esch 2007, S. 62ff.). Das bedeutet, der Aufbau von Markenbeziehungen führt modelltheoretisch zu positiven psychologischen Wirkungen und Verhaltenswirkungen auf der individuellen, mikroökonomischen Ebene und resultiert sukzessive in einer Steigerung von ökonomischen Größen auf der makroökonomischen Ebene. Diese Verkettung macht deutlich, dass das eigentliche nachhaltige Wertpotenzial von MarkenKonsumenten-Beziehungen durch die vorökonomischen Größen determiniert wird (vgl. Bruhn/Hadwich 2006, S. 47f. sowie Abschnitt 2.2.4). Auf der Basis der Schematheorie lässt sich das Markenwissen durch das Markenimage und die Markenbekanntheit operationalisieren (vgl. z.B. Esch 1993; Keller 1993; Geus 2005, S. 49ff.). Vgl. Aaker 1992, S. 83. Für eine ausführliche Darstellung und Diskussion der Markenbekanntheit als Zielgröße der Markenpolitik vgl. z.B. Keller 1993; Volkmer 2004, S. 42ff.; Geus 2005, S. 62f.; Esch 2007, S. 65ff.; Sattler/Völckner 2007, S. 68ff. Für eine Beschreibung der Ursprünge des Imageansatzes vgl. Adjouri 2001, S. 95f.
30
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
als Gesamtheit aller Vorstellungen bzw. Assoziationen, die im Bewusstsein des Konsumenten mit einer Marke verknüpft sind.136 Das Markenimage als Dimension des Markenwissens stellt ein mehrdimensionales Einstellungskonstrukt dar und zeigt, wie der Konsument die von einer Marke ausgehenden Impulse dekodiert. Das Markenimage ist somit bereits Resultat einer individuellen und subjektiven Reaktion des Konsumenten.137 Die Aussagekraft von Erfolgsgrößen auf Wissensebene für den Zustand einer Marken-Konsumenten-Beziehung ist jedoch beschränkt. Die Markenbekanntheit stellt eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für die Existenz von Marken-Konsumenten-Beziehungen dar. Sie ist eine Vorraussetzung dafür, dass Konsumenten überhaupt eine Marken-Konsumenten-Beziehung eingehen können.138 Eine hohe Markenbekanntheit ist jedoch in den meisten Fällen noch kein Garant für Markenloyalität im Sinne markentreuer Konsumenten. Nur in Produktmärkten, in denen die Mehrheit der Marken über kein ausgeprägtes Markenimage verfügt, ist eine dauerhafte Präferenzprägung der Konsumenten über eine hohe Markenbekanntheit möglich.139 Wie die regelmäßig durchgeführten Imageanalysen auf Konsumgütermärkten jedoch zeigen, existieren in der Regel sehr ausgeprägte Vorstellungsbilder für die Mehrheit der Konsumgütermarken. Wenngleich eine Vielzahl von empirischen Studien die Bedeutung des Markenimages für die Kaufentscheidung und somit letztendlich für den ökonomischen Erfolg einer Marke belegt140, ist auch das Markenimage nur bedingt geeignet, prognostische Aussagen über eine Marken-Konsumenten-Beziehung zu treffen: „Brand image studies have a notoriously limited ability to explain consumers’ historic behaviour – let alone provide any predictive power.”141 So zeigt eine Studie von Esch et al., dass das Markenimage eine direkte Determinante des ver136
137
138 139 140
141
Vgl. beispielhaft Keller 1993, S. 3; Meffert/Burmann 1996, S. 34; Bruhn/HennigThurau/Hadwich 2004, S. 404; Sattler/Völckner 2007, S. 73. Die Konsumentenperspektive stellt das zentrale Merkmal des Markenimages dar. Das Markenimage kann demnach auch als „Akzeptanzkonzept“ verstanden werden; im Gegensatz zum „Aussagekonzept“ der Markenidentität (vgl. Kapferer 1992, S. 44; Meffert/Burmann 1996, S. 34ff.). Vgl. Kapferer 1992, S. 44. Für einen Überblick über das Markenimage als Untersuchungsgegenstand wissenschaftlicher Forschung vgl. Geus 2005, S. 16f. sowie die dort aufgeführte Literatur. Vgl. Aaker 1992, S. 85. Vgl. Esch/Geus 2005, S. 1271. Für eine Übersicht und Diskussion bestehender Studien zum Einfluss des Markenimages auf nachgelagerte Zielgrößen der Markenpolitik, wie z.B. Kaufabsicht und Markentreue, vgl. Geus 2005, S. 107ff. Blackston 1993, S. 114.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
31
gangenen Kaufverhaltens darstellt, jedoch keinen direkten Einfluss auf zukünftige Kaufabsichten ausübt.142 Aufgrund der geringen selektiven Steuerungskraft und des nur bedingten Erklärungsgehalts der Konstrukte auf Wissensebene für Marken-KonsumentenBeziehungen werden in der Wissenschaft seit jüngerem theoretische Konstrukte auf der nachgelagerten Beziehungsebene als Ansatzpunkte für die beziehungsorientierte Markenführung diskutiert. Neben der Markenzufriedenheit finden – aufbauend auf Erkenntnissen der Sozialpsychologie – insbesondere das Markenvertrauen, die Markenbindung sowie die Markenbeziehungsqualität eine hohe Beachtung in der derzeitigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Die Markenzufriedenheit stellt das Ergebnis des psychischen Vergleichs der gewonnenen Markenerfahrungen (Ist-Leistung) mit den subjektiven Erwartungen (Soll-Leistung) dar.143 Eine Vielzahl von Studien konnte einen positiven Zusammenhang zwischen Markenzufriedenheit und markenloyalem Verhalten in der Vergangenheit bestätigen.144 In jüngster Zeit wird jedoch die Erklärungskraft der Markenzufriedenheit in Frage gestellt, wenn es darum geht, langfristige Kundenbeziehungen bzw. Marken-Konsumenten-Beziehungen umfassend zu erklären.145 So ist immer wieder zu beobachten, dass Kunden trotz hoher Zufriedenheit bei einem vielfältigen Angebot einen Markenwechsel vornehmen.146 Die alleinige Ausrichtung an der Markenzufriedenheit als Steuerungsgröße von erfolgreichen Marken-Konsumenten-Beziehungen ist somit in Frage zu stellen.
142 143 144
145 146
Vgl. Esch et al. 2006. Vgl. Homburg/Koschate 2005, S. 1396. Für eine Übersicht von Studien, die den positiven Zusammenhang zwischen Markenzufriedenheit und Verhaltensgrößen der Markenführung bestätigen vgl. Geus 2005, S. 113. Vgl. Oliver 1999; Schultz/Bailey 2000, S. 41; Hofmeyr 2002, S. 24; Hadwich 2003; Reichheld 2003; Story/Hess 2006, S. 406f. Vgl. Gierl 1993; Jones/Sasser 1995; Herrmann/Johnson 1999. Die sinkende Kundentreue bei gleichzeitig stabiler Kundenzufriedenheit wird auch durch das aktuelle Kundenbarometer der ServiceBarometer AG, das seit 1992 die Kundenorientierung deutscher Unternehmen misst, bestätigt (vgl. ServiceBarometer AG 2007).
32
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Neben der Markenzufriedenheit ist das Markenvertrauen Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen.147 Es besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass Vertrauen eine wesentliche Facette von Beziehungen, sowohl zwischen Individuen als auch Marken, darstellt. Zugleich ist jedoch festzustellen, dass bisher kein Konsens über die Inhalte erzielt wurde, die mit dem Konstrukt Markenvertrauen verbunden sind. Die aktuelle Diskussion ist vielmehr durch ein hohes Maß an begrifflicher Uneinheitlichkeit geprägt, mit negativen Folgen für die Vergleichbarkeit empirischer Studienergebnisse.148 Auch in der Marketingpraxis wird dem Markenvertrauen eine hohe Bedeutung als Zielgröße für die Markenpolitik eingeräumt.149 Trotz des hohen Stellenwerts des Markenvertrauens in Wissenschaft und Praxis ist jedoch anzuzweifeln, dass das Konstrukt des Markenvertrauens alleine – analog zum Konstrukt der Markenzufriedenheit – ein stabiler Indikator für die Güte einer Marken-Konsumenten-Beziehung darstellt. So zeigt beispielsweise eine Studie, dass Markenvertrauen zwar wichtig für Konsumenten ist, jedoch nur geringe Unterschiede in der Höhe des Markenvertrauens zwischen konkurrierenden Konsumgütermarken aus Kundensicht wahrgenommen werden.150
147
148 149
150
Vgl. z.B. Ambler 1997; Lau/Lee 1999; Delgado-Ballester/Munuera-Aleman 2001; Chaudhuri/ Holbrook 2001; Delgado-Ballester/Munuera-Aleman/Yague-Guillen 2003; Delgado-Ballester 2004; Müller/Wünschmann 2005; Delgado-Ballester/ Munuera-Aleman 2005; Esch et al. 2006; Huber/Regier/Vollhardt 2006; Sander/Weywara 2006; Wünschmann/Müller 2006. Für einen Überblick zum Stand der Forschung vgl. beispielsweise Geus 2005, S. 113f.; Bruhn/Eichen 2007, S. 237f. Vgl. Huber/Regier/Vollhardt 2006, S. 236f.; Sander/Weywara 2006, S. 251; Elliott/Percy 2007, S. 29. Gemäß einer Umfrage unter 344 Markenverantwortlichen in deutschen Unternehmen wird dem Markenvertrauen die größte Bedeutung für die Markenbewertung beigemessen (vgl. Schimansky 2004, S. 19). Vgl. Romaniuk/Bogomolova 2005. Dies legt die Vermutung nahe, dass Markenvertrauen auf vielen Produktmärkten lediglich einen Hygienefaktor darstellt. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch das Meinungs- und Marktforschungsunternehmen The Gallup Organization. Auf Basis ihrer langjährigen Erfahrung hinsichtlich Konsumentenverhalten wird die Meinung vertreten, dass das Vertrauen in eine Marke alleine noch kein stabiler Indikator für eine affektive Bindung eines Konsumenten an eine Marke darstellt (vgl. McEwen 2005).
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
33
Die gefühlsmäßige Bindung eines Konsumenten an eine Marke wird im Rahmen des Konstrukts Markenbindung151 untersucht.152 Markenbindung stellt eine Komponente der Markenloyalität dar, die sich – nach heutiger Begriffsauffassung – neben der Markenbindung als Einstellungsdimension aus einer Verhaltensdimension zusammensetzt.153 Obwohl Markenbindung bzw. -loyalität als eine Art der Beziehung verstanden werden kann, wird kritisiert, dass das Konstrukt der Markenbindung bzw. -loyalität nicht in der Lage ist, die verschiedenen in der Realität bestehenden Beziehungsformen zwischen Konsumenten und ihren Marken in ihrer Gesamtheit zu erfassen.154 Im Rahmen weiterer Forschungsarbeiten wird auf der Beziehungsebene in jüngster Zeit die Markenbeziehungsqualität als Determinante erfolgreicher MarkenKonsumenten-Beziehungen diskutiert.155 Im Industriegüter- sowie im Dienstleistungsmarketing hat sich die Beziehungsqualität als Steuerungsgröße von Anbieter-Kunde-Beziehungen mittlerweile fest etabliert. Auch auf Konsumgütermärkten wird der Markenbeziehungsqualität die Fähigkeit zugesprochen, langfristige Marken-Konsumenten-Beziehungen umfassend erklären zu können. Die Ansätze betonen eine vermutlich wichtige Differenzierung von Beziehungsqualitäten zwischen Konsument und Marke, die über die bloße Unterscheidung von mehr oder weniger zufriedenen, loyalen Kunden hinausgeht.156 Als Erfolgs- und Steuerungsgröße auf der Verhaltensebene von Marken-Konsumenten-Beziehungen kommt schließlich der Markentreue von Konsumenten besonderes Gewicht zu. Unter Markentreue wird der wiederholte Kauf einer Marke innerhalb einer Produktgruppe aus eigener Überzeugung verstanden.157 151
152 153 154
155
156 157
Insbesondere in der angloamerikanischen Literatur werden neben dem Begriff der Markenbindung auch die Begriffe Brand Attachment und Brand Commitment zur Beschreibung der emotionalen Verbundenheit eines Konsumenten zu einer Marke verwendet. Zwischen den Begriffen besteht jedoch inhaltlich kein Unterschied (vgl. Geus 2005, S. 90). Sie werden daher im Folgenden synonym verwendet. Vgl. Thomson/Johnson 2002; Esch/Langner/Brunner 2005, S. 1237; Geus 2005; Thomson/MacInnis/Park 2005; Esch 2007, S. 74. Vgl. z.B. Chaudhuri/Holbrook 2001; Knox/Walker 2001; Quester/Lim 2003. Vgl. Fournier 1998, S. 343. Für eine ausführliche Darstellung der Nachteile der Markenbindung bzw. -loyalität als Erfolgsgröße der Markenpolitik vgl. Fournier/Yao 1997. Unter der Markenbeziehungsqualität wird die Fähigkeit einer Marke verstanden, in der Vergangenheit und in der Zukunft die Beziehung entsprechend den Anforderungen des Kunden an die Marken-Konsumenten-Beziehung zu gestalten. In Abschnitt 2.2.2 erfolgt eine Begründung und Spezifizierung dieser Definition. Vgl. Fournier 1998, S. 343. Vgl. Tscheulin/Lindenmeier 2004, S. 471.
34
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Die Aussagekraft der Markentreue als Indikator für Existenz und Ausprägungsstärke einer Marken-Konsumenten-Beziehung ist jedoch – wie in Abschnitt 1.1 erläutert – stark eingeschränkt, da markentreues Verhalten auch ohne eine echte Markenpräferenz vorliegen kann und somit anfällig gegenüber situativen Einflussfaktoren ist. Wie die Diskussion zeigt, sind die Konstrukte auf der Beziehungsebene und hier insbesondere die Markenbeziehungsqualität am ehesten geeignet, die in der Realität bestehenden Marken-Konsumenten-Beziehungen umfassend zu erklären und als Steuerungsgrößen für die beziehungsorientierte Markenpolitik zu fungieren. Werden die skizzierten Forschungsfelder einer kritischen Würdigung in Hinblick auf eine umfassende Analyse der Qualität von Marken-Konsumenten-Beziehungen unterzogen, so können folgende Forschungsdefizite zur Markenbeziehungsqualität identifiziert werden (vgl. Schaubild 1-5): Theoretische Forschungsdefizite
Methodische Forschungsdefizite
Kein Konsens über Inhalte der Markenbeziehungsqualität
Isolierte qualitative oder quantitative Studien
Fehlen einer interdisziplinären Sichtweise bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Mangel einer integrierten Analyse von Konstrukten auf Beziehungsebene
Fehlende Kombination von theoretischer Konzeptualisierung und empirischer Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Empirische Forschungsdefizite
Wenige empirische Studien Mangelnde Analyse der Existenz, Ausprägungsstärke und Verhaltenswirkung der Markenbeziehungsqualität über multiple Marken und Produktmärkte hinweg
Vernachlässigung der Untersuchung von moderierenden Effekten
Schaubild 1-5: Defizite der bestehenden Forschung zur Markenbeziehungsqualität
1. Forschungsdefizite im Bezug zur Theorie In der Literatur besteht allgemein Einigkeit darüber, dass die Markenbeziehungsqualität ein zentrales Konstrukt zur Messung der Stabilität von MarkenKonsumenten-Beziehungen darstellt.158 Trotz der vielfältigen Forschung zu Marken-Konsumenten-Beziehungen existiert bis heute jedoch noch kein Konsens über die Inhalte der Markenbeziehungsqualität im Allgemeinen sowie
158
Vgl. beispielsweise Fournier 1998; Monga 2002; Thorbjornsen et al. 2002; Algesheimer 2004; Zeplin 2005; Huber et al. 2007b; Weißgerber 2007. Vgl. auch Abschnitt 2.2.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
35
über eine Messskala im Speziellen.159 So weisen Scarabis und Florack darauf hin, dass „[…] noch die Entwicklung von Instrumenten aussteht, mit denen die Beziehungsqualitäten verlässlich erfasst werden können.“160 Vor diesem Hintergrund scheint eine fundierte theoretische Auseinandersetzung mit der Markenbeziehungsqualität notwendig. Ein besonderes theoretisches Forschungsdefizit liegt in diesem Zusammenhang auf der einseitigen Sichtweise, aus der bis dato die Markenbeziehungsqualität betrachtet und konzeptualisiert wurde. Bestehende Ansätze sehen die Markenbeziehungsqualität vornehmlich als Ergebnis des Aufbaus starker Markenpersönlichkeiten.161 Der Beitrag, den Relationship-Marketing-Maßnahmen zur Initiierung und Pflege von Marken-Konsumenten-Beziehungen aus Sicht der Konsumenten leisten, wurde hingegen bislang nicht berücksichtigt. Wie jedoch erläutert wurde, streben sowohl die Markenpolitik als auch das Relationship Marketing langfristige (Marken-)Kundenbeziehungen an. So zeigen erste Ergebnisse aus der Community-Forschung, dass soziale Interaktionen im Markenumfeld die Bindung an eine Marke erhöhen.162 Insofern bedarf eine umfassende Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität einer interdisziplinären Sichtweise, indem das mögliche Zusammenspiel zwischen Markenpolitik und Relationship Marketing in die Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität einbezogen wird. Neben der fehlenden interdisziplinären Sichtweise bildet der Mangel einer integrierten Analyse von verschiedenen beziehungsorientierten Konstrukten ein weiteres theoretisches Defizit bestehender Forschungsarbeiten. Im Rahmen der beziehungsrelevanten Markenerfolgskette werden Markenzufriedenheit, Markenvertrauen, Markenbindung und Markenbeziehungsqualität alternativ als Bindeglied zwischen der Wissens- und Verhaltensebene diskutiert. Während das Markenvertrauen und die Markenbindung implizit als eine Dimension bzw. ein Indikator der Markenbeziehungsqualität interpretiert werden, wird die Marken159 160 161 162
Vgl. Henkel/Huber 2005, S. 45; Weißgerber 2007, S. 48. Scarabis/Florack 2005, S. 68. Vgl. z.B. Fournier 1998. Vgl. Algesheimer/Dholakia/Herrmann 2005; von Loewenfeld 2006, S. 236. McAlexander et al. (2002, S. 43) merken in diesem Zusammenhang an, dass „[…] sustained interpersonal interactions can lead to relationships that transcend mere common interest in a brand and its applications.” Ähnlich argumentieren Patterson/O’Malley (2006, S. 17): „[…] consumers are the ultimate arbiters of brand meaning. As such, managers need to pay close attention to how customers themselves define the various connections with the brand. […] If consumers […] view these connections in terms of communal interaction with other consumers, then managers need to identify how best to facilitate that interaction […].”
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Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
zufriedenheit in Arbeiten zu Marken-Konsumenten-Beziehungen nur peripher betrachtet. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Markenzufriedenheit – analog zum Markenvertrauen – eine nicht zu vernachlässigende Komponente der Markenbeziehungsqualität ist: Marken-Konsumenten-Beziehungen stellen in der Regel eine Mischform von Austausch- und Gemeinschaftsbeziehung dar.163 Da Markenzufriedenheit als ein wichtiges Resultat von Austauschbeziehungen angesehen wird164, gilt es die Markenzufriedenheit in eine umfassende Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität einzubeziehen. 2. Forschungsdefizite im Bezug zur Methodik In der bestehenden Literatur ist in methodischer Hinsicht eine fehlende Kombination von theoretischer Konzeptualisierung und empirischer Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität mit Hilfe von qualitativen und quantitativen Methoden – wie sie von verschiedenen Autoren empfohlen wird165 – festzustellen. Die Mehrheit der Arbeiten beschränkt sich auf eine theoretische Konzeptualisierung166, den Einsatz von rein qualitativen Untersuchungen anhand von Fallstudien167 oder auf quantitative Analysen.168 3. Forschungsdefizite im Bezug zur Empirie Wenngleich in der jüngsten Zeit vermehrt quantitative Studien zur Qualität von Marken-Konsumenten-Beziehungen auf Konsumgütermärkten vorgenommen werden, kann ein empirisches Forschungsdefizit – insbesondere im Vergleich zu Konstrukten auf der Wissens- und Verhaltensebene – konstatiert werden.169 Die Analyse der Markenbeziehungsqualität erfolgt in der Mehrheit der Beiträge isoliert für einzelne Konsumgüterindustrien und hier vor allem für High163
164 165 166 167 168
169
Vgl. Georgi 2000, S. 11f. Während Austauschbeziehungen eher rationaler Natur sind und auf dem Gerechtigkeitsprinzip basieren, sind Gemeinschaftsbeziehungen stark gefühlsverankert und durch Altruismus geprägt. Eine ausführliche Erläuterung hierzu erfolgt in Abschnitt 3.3.3.1.1. Vgl. Esch et al. 2006 Vgl. Churchill Jr. 1979; Homburg 2000. Vgl. Söderlund 1999; Burmann 2006. Vgl. Fournier 1998; Olsen 1999; Kates 2000; Ji 2002; Lindberg-Repo/Brookes 2004; Robinson/Kates 2005. Vgl. Hess 1998; Hayes/Capella/Alford 2000; Kressmann et al. 2003; Huber/ Vollhardt/Kopplin 2005; Kressmann et al. 2006; Huber et al. 2007b; Swaminathan/Page/Gürhan-Canli 2007; Weißgerber 2007. So bemerken Lindberg-Repo/Brookes (2004, S. 2): „[…] more empirical studies on brand relationships are required.“ Zum empirischen Forschungsdefizit vgl. auch Dowling 2002, S. 90f.; Thorbjornsen et al. 2002, S. 21; Elliott/Percy 2007, S. 65.
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
37
Involvement-Produkte, wie z.B. Automobile, Sonnenbrillen und Jeans.170 Lediglich Smit et al. haben bislang die Markenbeziehungsqualität über verschiedene amerikanische Produktmärkte (Auto-, Computer-, Shampoo- und Biermarken) hinweg betrachtet.171 Ihre Forschungsergebnisse zeigen, dass signifikante Unterschiede in den wahrgenommenen Beziehungsqualitäten in den untersuchten Konsumgütermärkten bestehen. Die Generalisierbarkeit ihrer Ergebnisse ist jedoch aufgrund mangelnder Varianz und Relevanz der Branchen- und Markenauswahl eingeschränkt.172 Der Mangel an branchenübergreifenden Studien erschwert eine fundierte Stellungnahme zur Bedeutung von Marken-KonsumentenBeziehungen auf verschiedenen Konsumgütermärkten.
1.5
Ziele und Forschungsfragen der Arbeit
Vor dem Hintergrund der diskutierten Forschungsdefizite besteht die generelle Zielsetzung der Arbeit darin, einen Beitrag zur aktuellen Diskussion zu MarkenKonsumenten-Beziehungen im Allgemeinen sowie zum Konstrukt der Markenbeziehungsqualität im Speziellen zu leisten. Im Mittelpunkt steht die theoretische und empirische Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität sowie – darauf aufbauend – die Durchführung einer repräsentativen Untersuchung zur Existenz, Ausprägungsstärke und Verhaltenswirkung von Markenbeziehungsqualitäten auf verschiedenen Produktmärkten der Konsumgüterbranche. Im weiteren Sinne wird damit ein Beitrag zur stärkeren Fundierung und Professionalisierung der beziehungsorientierten Ausrichtung der Markenpolitik geleistet, indem ein valider und reliabler Messansatz entwickelt wird und Erkenntnisse über die industriespezifische Relevanz von Marken-KonsumentenBeziehungen gewonnen werden.
170 171 172
Vgl. Hayes/Capella/Alford 2000; Kressmann et al. 2003; Huber/Vollhardt/Kopplin 2005; Kressmann et al. 2006; Huber et al. 2007b. Vgl. Smit/Bronner/Tolboom 2007. Smit et al. (2007) haben in ihrer Studie lediglich zwei Marken pro Branche untersucht. Um jedoch repräsentative branchenübergreifende sowie produktmarktspezifische Aussagen treffen zu können, ist es notwendig, dass die ausgewählten Marken und Branchen eine hinreichende Relevanz für Verbraucher und die Volkswirtschaft haben. Darüber hinaus ist zu gewährleisten, dass die Auswahl ein möglichst breites Spektrum an Industrien und Marken abdeckt, um die Vielfalt der Grundgesamtheit wiederzugeben (Varianz). Vgl. hierzu Hieronimus 2004, S. 119f.; Freundt 2006, S. 149f.
38
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, sind – in Anlehnung an die aufgezeigten Forschungsdefizite – verschiedene Teilziele auf theoretischer, methodischer und empirischer Ebene zu verfolgen. 1. Theoretische Teilziele Auf der theoretischen Ebene besteht eine erste Zielsetzung der Arbeit darin, einen Beitrag zur theoretischen Fundierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen zu leisten. Wie aufgezeigt wird, vermögen die bestehenden Theorien das Phänomen der Markenbeziehungsqualität nicht vollständig zu erklären. Mit der Sozialen Durchdringungstheorie wird ein neuer Ansatz in die Diskussion zur Theorie von Marken-Konsumenten-Beziehungen eingeführt, dem ein hohes Erklärungspotenzial in Bezug auf die theoretische Fundierung der Beziehungsqualität im Dienstleistungs- und Industriegütersektor zugeschrieben wird. 2. Methodische Teilziele Auf methodischer Ebene wird das Ziel verfolgt, durch eine Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden die Defizite bestehender Konzeptualisierungs- und Operationalisierungsansätze der Markenbeziehungsqualität zu überwinden und ein branchenübergreifendes Messmodell der Markenbeziehungsqualität zu entwickeln. Hierzu wird auf bewährte Vorgehensweisen zur Konzeptualisierung und Operationalisierung von Modellkonstrukten zurückgegriffen. 3. Empirische Teilziele Ein wesentliches Ziel der Arbeit besteht darin, einen Beitrag zur Schließung der aufgezeigten empirischen Forschungslücken zu leisten. Im Zentrum steht hierbei die Ermittlung der wahrgenommenen Beziehungsqualitäten über multiple Marken und Produktmärkte hinweg sowie deren Analyse hinsichtlich des Markenbindungsverhaltens. Aus den definierten Zielen sowie den aufgezeigten Forschungsdefiziten lässt sich schließlich die Ableitung der zentralen forschungsleitenden Fragestellungen vornehmen: 1.
Welches theoretische Fundament lässt sich zur Erklärung von MarkenKonsumenten-Beziehungen im Allgemeinen sowie der Markenbeziehungsqualität im Speziellen heranziehen?
2.
Wie ist der empirische Stand der Forschung zu bewerten?
3.
Welche Definition liegt der Markenbeziehungsqualität zugrunde?
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
39
4.
Aus welchen Dimensionen, Faktoren und Indikatoren setzt sich ein Messmodell der Markenbeziehungsqualität zusammen?
5.
Welche Verhaltenswirkungen gehen mit der Markenbeziehungsqualität einher?
6.
Welche produktmarktspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen bezüglich der Messung, Wahrnehmung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität?
7.
Welche Empfehlungen für die Praxis lassen sich für die beziehungsorientierte Markenpolitik vor dem Hintergrund der Forschungsergebnisse ableiten?
8.
Welcher zukünftige Forschungsbedarf besteht auf Basis der Untersuchungsergebnisse?
1.6
Gang der Untersuchung
Wie aufgezeigt wurde, besteht die Zielsetzung der Arbeit in der Verbesserung des Gesamtverständnisses zur Markenbeziehungsqualität und deren Rolle in Marken-Konsumenten-Beziehungen. Dazu wird ein eigenes Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität entwickelt, das Aussagen über die Entstehung, Wahrnehmung und Auswirkungen der Markenbeziehungsqualität trifft. Weiterhin gilt es, dieses Mess- und Wirkungsmodell über mehrere Konsumgütermärkte hinweg empirisch zu überprüfen und auf Basis der theoretischen und empirischen Ergebnisse Implikationen für eine beziehungsorientierte Markenpolitik in Form eines branchenübergreifend anwendbaren Mess- und Steuerungskonzepts der Markenbeziehungsqualität abzuleiten. In Hinblick auf das Ziel der Arbeit und die damit verbundenen Forschungsfragen gliedert sich die Struktur der Arbeit in drei Teilbereiche und sechs Kapitel (vgl. Schaubild 1-6).
40
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Kapitel 1: Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
Kapitel 2: Theoretische Fundierung und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität 2.1 Theoretischer Bezugsrahmen der Arbeit
2.2 Empirische Bef unde zur Markenbeziehungsqualität
2.1.1 Anf orderungen an Theorieansätze der Markenbeziehungsqualität
2.2.1 Vorgehensweise
2.1.2 Animismustheorie
2.2.2 Begrif f sverständnis der Markenbeziehungsqualität
2.1.3 Theorie der sozialen Durchdringung
2.2.3 Bestehende Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität
Herleitung des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität
2.2.4 Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität
Kapitel 3: Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität 3.1 Grundlagen zur Konzeptualisierung von Konstrukten 3.2 Qualitative Studie 3.3 Konzeptualisierung der Dimensions- und Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität 3.3.1 Vorgehensweise
3.4 Wirkungen der Markenbeziehungsqualität 3.4.1 Markenbindung als Zielgröße
3.3.2 Konzeptualisierung der Dimensionsebene
3.4.2 Modellierung der Wirkungsbeziehungen
3.3.3 Konzeptualisierung der Faktorebene
3.4.3 Zusammenf assung des Wirkungsmodells
3.3.4 Zusammenf assung des Konzeptualisierungsmodells
Kapitel 4: Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität 4.1 Ref lektive versus f ormative Konstruktoperationalisierung 4.2 Vorgehen bei der Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität 4.3 Sammlung von Messindikatoren der Markenbeziehungsqualität 4.4 Pretest 4.5 Operationalisierung der Markenbindung
Anwendung des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität
Überprüfung des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität
Kapitel 5: Empirische Studie zur Messung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität 5.1 Konzeption der empirischen Untersuchung 5.2 Auswahl eines geeigneten Analyseverf ahrens 5.3 Gütebeurteilung von PLS-Pf admodellen 5.4 Empirische Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
5.5 Empirische Überprüfung der Konstruktbeziehungen im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität
5.4.1 Methodik und Vorgehensweise
5.5.1 Methodik und Vorgehensweise
5.4.2 Branchenübergreifende Betrachtung
5.5.2 Ergebnisse der Analysen
5.4.3 Branchenspezif ische Betrachtung
5.5.3 Interpretation der Ergebnisse
5.4.4 Interpretation der Ergebnisse
Kapitel 6: Implikationen für das Management und die Erforschung von Marken-Konsumenten-Beziehungen 6.1 Einsatz der Forschungsergebnisse im Rahmen eines Mess- und Steuerungskonzepts der beziehungsorientierten Markenpolitik 6.2 Ableitung von zukünf tigem Forschungsbedarf
Kapitel 6: Implikationen für das Management und die Erforschung von Marken-Konsumenten-Beziehungen
Schaubild 1-6: Gang der Untersuchung
Der erste (theoretische) Teil (Kapitel 2 bis Kapitel 4) befasst sich mit der Herleitung des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität. Im zweiten
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
41
(empirischen) Teil (Kapitel 5) erfolgt die Überprüfung des entwickelten Modells in acht verschiedenen Konsumgütermärkten. Die in diesen beiden Teilbereichen gewonnenen Erkenntnisse werden im dritten (konzeptionellen) Teil genutzt, um Empfehlungen für die Anwendung des Mess- und Wirkungsmodells in Praxis und Forschung auszusprechen (Kapitel 6). Im Anschluss an dieses einleitende Kapitel, dient das zweite Kapitel der theoretischen und empirischen Fundierung der Markenbeziehungsqualität. Ziel der theoretischen Fundierung der Markenbeziehungsqualität ist es, Theorieansätze zu diskutieren, die einen allgemeinen theoretischen Bezugsrahmen für die vorliegende Problemstellung bilden und damit erste Ansatzpunkte für das zu entwickelnde Mess- und Wirkungsmodell liefern. Des Weiteren wird der Stand der empirischen Marketingforschung in Hinblick auf die Beantwortung der eigenen Forschungsfragen aufgezeigt und bewertet. Aufbauend auf den gewonnenen theoretischen und empirischen Erkenntnissen und angereichert durch die Ergebnisse einer qualitativen Vorstudie erfolgt im dritten Kapitel die Ableitung und Konzeptualisierung der Dimensions- und Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität sowie die Entwicklung eines Wirkungsmodells. Wie aufgezeigt werden wird, handelt es sich bei der Markenbeziehungsqualität im Verständnis dieser Arbeit um ein mehrfaktorielles, mehrdimensionales formatives Konstrukt dritter Ordnung, das sich auf Dimensionsebene aus den beiden latenten Konstrukten zweiter Ordnung Qualität der MarkeKunde-Interaktion (Qualität der Marke als Beziehungspartner) und Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion (Qualität der Marke als Interaktionsplattform) und auf Faktorebene aus sechs (Einfluss-)Faktoren zusammensetzt. Der Komplexität des Konstrukts entsprechend wird eine iterative, schrittweise Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität von der höchst gelegenen Ebene (Konstruktebene) bis hin zur niedrigsten konzeptionellen Abstraktionsebene (Faktorebene) vorgenommen. Die dabei entwickelten Konzeptualisierungshypothesen werden anschließend nochmals zusammenfassend dargestellt. Danach wird das Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität entwickelt. Zunächst wird die Markenbindung als zentrale Wirkungsgröße der Markenbeziehungsqualität theoretisch konzeptualisiert. Im Anschluss werden die Wirkungsbeziehungen modelliert. Mit dem Ziel, differenzierte und aussagekräftige Ergebnisse ableiten zu können, wird hierbei sowohl eine aggregierte als auch disaggregierte Sichtweise eingenommen. Bei der aggregierten Betrachtung (Konstruktmodell) wird der Wirkungszusammenhang zwischen der Markenbeziehungsqualität als Ganzes (Konstrukt dritter Ordnung) und der Markenbindung erklärt. Im Rahmen der disaggregierten Betrachtung (Dimensionsmodell) wird der differenzierte Einfluss der beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität auf die Marken-
42
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
bindung modelliert. Die Zusammenfassung der entwickelten Wirkungshypothesen bildet den Abschluss von Kapitel 3. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Operationalisierung der im vorigen Kapitel identifizierten Modellkonstrukte des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Identifizierung von geeigneten manifesten und reflektiven Indikatoren, die eine Erfassung der Kundenurteile in Bezug auf die einzelnen identifizierten latenten Faktoren der Markenbeziehungsqualität ermöglichen. Zur Generierung geeigneter Messmodelle auf Faktorebene werden zunächst potenzielle Messitems für die einzelnen Faktoren auf Basis von Sekundärforschung und qualitativer Marktforschung gesammelt. Die hierdurch generierten faktorspezifischen Messmodelle werden dann im Rahmen eines qualitativen und quantitativen Pretests einer ersten empirischen Überprüfung unterzogen, um sie in Hinblick auf die Hauptstudie zu optimieren. Abschließend erfolgt die Operationalisierung der Markenbindung, um im Rahmen der Hauptstudie die postulierten Wirkungsbeziehungen überprüfen zu können. Da es sich beim Konstrukt der Markenbindung um ein vielfach untersuchtes Konstrukt handelt, wird zur Operationalisierung der Markenbindung auf empirisch bewährte Messindikatoren zurückgegriffen. Gegenstand des fünften Kapitels ist die empirische Überprüfung des entwickelten Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität mit dem Verfahren der Kausalanalyse. Der dazu herangezogene Datensatz wurde in Kooperation mit der GfK-Nürnberg e.V. generiert. Zur Rekrutierung von Informanden wurde auf das GfK Global Online Panel Deutschland zurückgegriffen. Die empirische Erhebung fand innerhalb von zwei Wochen im Mai 2008 statt. Insgesamt wurden 2.009 verwertbare Datensätze generiert, die sich auf acht unterschiedliche Konsumgüterbranchen und 82 Marken verteilen. Vor dem Hintergrund der angestrebten Generalisierbarkeit der zu treffenden Aussagen erfolgte die Auswahl der Branchen und Marken, zu denen die Informanden Stellung nahmen, auf Basis von Varianz- (breites Spektrum an unterschiedlichen Konsumgütermärkten und Marken) und Relevanzüberlegungen (hinreichende Relevanz der Branchen und Marken für sowohl den Verbraucher als auch die Volkswirtschaft). Die Konzeption der empirischen Studie wird zu Beginn des fünften Kapitels ausführlich erläutert. Im Anschluss daran erfolgt eine Diskussion der Vorzugswürdigkeit des varianzbasierten PLS-Ansatzes als Analyseverfahren im Untersuchungskontext dieser Arbeit. Diesen einführenden Erläuterungen folgt die empirische Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität, d.h. die Validitäts- und Reliabilitätsüberprüfung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität mit den zugehörigen Indikatoren, Faktoren und Dimensionen mittels entsprechender Gütemaße. Zunächst werden die Ergebnisse der branchenübergreifenden Betrachtung präsentiert. Um differenzierte Aussagen für die Messung
Relevanz der Markenbeziehungsqualität in Wissenschaft und Praxis
43
der Markenbeziehungsqualität in unterschiedlichen Konsumgütermärkten zu treffen, erfolgt im Anschluss eine Präsentation branchenspezifischer Analyseergebnisse. Eine Interpretation der Untersuchungsergebnisse anhand der konkreten Ausprägungen der Regressionsparameter schließt sich an. Es werden Aussagen darüber getroffen, welche (Einfluss-)Faktoren für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität im Sinne eines Messmodells überhaupt eine wichtige Rolle spielen, über welche relative Bedeutung die einzelnen (Einfluss-)Faktoren verfügen und welche produktmarktspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen. Im Anschluss wird das entwickelte Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität anhand der empirischen Daten sowohl branchenübergreifend als auch produktmarktspezifisch geschätzt und beurteilt. Die Interpretation der Zusammenhänge im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität schließt die Untersuchungen hierzu ab. Auf Basis der theoretischen und empirischen Untersuchungsergebnisse und -erkenntnisse werden im abschließenden sechsten Kapitel Implikationen für die Praxis und Wissenschaft abgeleitet. Für die Unternehmenspraxis wird ein Messund Steuerungskonzept der Markenbeziehungsqualität vorgestellt, das zur Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle einer beziehungsorientierten Markenpolitik herangezogen werden kann. Den Abschluss der Arbeit bilden Implikationen für die zukünftige Erforschung von Marken-Konsumenten-Beziehungen.
2
Theoretische Fundierung und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
Eine für sich alleinstehende Theorie der Marken-Konsumenten-Beziehungen und somit eine theoretische Fundierung der Markenbeziehungsqualität existiert bisher nicht. Die wenigen bestehenden theoretischen Arbeiten zu Marken-Konsumenten-Beziehungen leisten zwar einzelne Beiträge zur theoretischen Fundierung der Markenbeziehungsqualität, diese sind jedoch im Vergleich zu Erklärungsbeiträgen, die aus aktuellen empirischen Studien zu Marken-KonsumentenBeziehungen im Allgemeinen sowie zur Markenbeziehungsqualität im Speziellen gewonnen werden, zu pauschal und unspezifisch. Hinsichtlich der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität folgt daraus, dass der Analyseschwerpunkt bei der Aufarbeitung bisheriger Forschungsbeiträge im Bereich der empirischen Marktforschung liegt. Ziel der theoretischen Fundierung der Markenbeziehungsqualität ist es daher, Theorieansätze zu diskutieren, die einen allgemeinen theoretischen Bezugsrahmen für die vorliegende Problemstellung bilden und damit erste Ansatzpunkte für die Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität liefern. Eine zielgerichtete Diskussion von Theorieansätzen erfordert zunächst die Ableitung von Anforderungen, anhand derer die Aussagekraft der Theorieansätze für die theoretische Fundierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen kritisch gewürdigt werden kann (Abschnitt 2.1.1). Die Mehrheit der Arbeiten zu MarkenKonsumenten-Beziehungen zieht die Animismustheorie zur theoretischen Fundierung von Markenbeziehungen heran (Abschnitt 2.1.2).1 Wie aufgezeigt werden wird, ist die Animismustheorie alleine jedoch nur bedingt geeignet, das Phänomen von Marken-Konsumenten-Beziehungen und Markenbeziehungsqualität vollständig zu erklären. Mit der Sozialen Durchdringungstheorie wird ein neuer Ansatz in die Diskussion zur Theorie von Marken-Konsumenten-Beziehungen eingeführt, dem ein hohes Erklärungspotenzial in Hinblick auf die theoretische Fundierung der Beziehungsqualität im Dienstleistungs- und Industriegütersektor zugeschrieben wird (Abschnitt 2.1.3).2 Eine weitere Vertiefung wird dann über bestehende empirische Befunde zur Markenbeziehungsqualität vorgenommen (vgl. Abschnitt 2.2). 1 2
Vgl. beispielsweise Blackston 2000, S. 102; Delgado-Ballester 2004; Fournier 2005, S. 212ff.; Wünschmann/Müller 2006, S. 224. Zur Bedeutung der Sozialen Durchdringungstheorie im Zusammenhang mit der Beziehungsqualität in Anbieter-Kunde-Beziehungen vgl. z.B. Georgi 2000, S. 29ff.; Hadwich 2003, S. 13ff.
46
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
2.1
Theoretischer Bezugsrahmen der Arbeit
2.1.1
Anforderungen an Theorieansätze zu MarkenKonsumenten-Beziehungen
Auf Basis der einführenden Überlegungen zu Marken-Konsumenten-Beziehungen (vgl. Kapitel 1) sind folgende Anforderungen an eine Theorie der Marken-Konsumenten-Beziehungen zu stellen.3 1. Zentraler Gegenstand einer beziehungsorientierten Markenführung sind Marken-Konsumenten-Beziehungen. Daher ist es zunächst notwendig, die Formen und Arten von Marken-Konsumenten-Beziehungen theoriegestützt erklären und differenzieren zu können. 2. Wie aus der Definition der Marken-Konsumenten-Beziehung hervorgeht, ist eine Marken-Konsumenten-Beziehung das Ergebnis einer Folge von interdependenten, wechselseitigen Interaktionen. Daher ist es erforderlich, dass der Theorieansatz auf die Entstehungsverläufe von MarkenKonsumenten-Beziehungen eingeht. 3. Da sich Kundenbeziehungen aus einer Vielzahl von Interaktionen zwischen Marke und Kunden zusammensetzen, erfordert das Denken in Kundenbeziehungen eine Abkehr von einer statischen (zeitpunktbezogenen) Perspektive und die Einnahme einer dynamischen (zeitraumbezogenen) Sichtweise. Hieraus ergibt sich die Anforderung an den Theorieansatz, dem dynamischen Charakter von Marken-Konsumenten-Beziehungen Rechnung zu tragen. 4. Wie herausgestellt wurde, wird eine Beziehung zwischen Marke und Kunde nur aufrechterhalten, wenn diese für den Konsumenten einen subjektiven Nutzen stiftet, der über den reinen Leistungsaustausch hinausgeht. Daher hat der Theorieansatz in der Lage zu sein, Größen für die Entstehung und Beibehaltung von Marken-Konsumenten-Beziehungen zu erklären. Nur wenn diese Anforderungen in ihrer Gesamtheit erfüllt sind, bildet eine Theorie einen umfassenden Rahmen für die Ableitung eines effektiven und zielorientierten beziehungsorientierten Markenführungsansatzes. Diese Anforderungen gilt es dementsprechend bei einer kritischen Würdigung der Animismustheorie sowie der Theorie der sozialen Durchdringung zu beachten.
3
In Anlehnung an Bruhn 2001d, S. 20.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
2.1.2
47
Animismustheorie
Die Überlegungen zur Marke als Beziehungspartner haben ihren Ausgangspunkt in der so genannten Animismustheorie (Theory of Animism), die besagt, dass Individuen dazu neigen, nicht-lebende Objekte – wie z.B. eine passive Marke – zu vermenschlichen, „[…] um Interaktionen mit der nicht-materiellen Welt zu vereinfachen.“4 Bereits im Jahre 1919 postulierte Gilmore im Rahmen seiner Ausführungen zur Animismustheorie, dass Menschen dazu tendieren, bestimmte Objekte durch Zuweisung menschlicher Persönlichkeitsmerkmale „mit Leben“ zu füllen.5 Der Vorgang, unbelebten Objekten menschliche Charakterzüge zu verleihen, ist praktisch in allen menschlichen Gesellschaften immer wieder unternommen worden.6 Dieses Phänomen lässt sich auch beim Umgang mit Marken beobachten. Wie eine Vielzahl von Studien zur Markenpersönlichkeit zeigt, können auch Marken im menschlichen Bewusstsein anthropomorphe Züge annehmen.7 Nach der Animismustheorie werden drei Arten der Vitalisierung einer Marke unterschieden.8 Zum einen erfolgt eine Vitalisierung der Marke durch den Einsatz von Führsprechern in der Markenkommunikation (z.B. mit Hilfe von Testimonial-Werbung9). Darüber hinaus können Marken durch eine Person im Lebensumfeld des Konsumenten repräsentiert werden, beispielsweise durch die Assoziierung der Marke mit Personen der Gegenwart oder Vergangenheit, die die Marke häufig verwenden bzw. verwendeten. Schließlich besteht die Möglichkeit, einer Marke einen eigenen Charakter zu verleihen (z.B. „Käpt’n Iglo“, „Meister Proper“, „Bärenmarke Bär“, „Charmin Bär“). Die Vitalisierung einer Marke reicht somit von der Übertragung einzelner Charaktereigenschaften auf die Marke bis zur vollständigen Vermenschlichung eines Markenobjekts, bei der menschliche Eigenschaften wie Emotionalität, Denken und Willensäußerungen mit der Marke in Verbindung gebracht werden.
4 5 6 7 8 9
Fournier 2005, S. 213. Vgl. Gilmore 1919. Vgl. Brown 1991. Vgl. z.B. Aaker 1997; Bauer/Mäder/Huber 2002; Hieronimus 2004. Vgl. Fournier 1994, S. 16ff.; Fournier 2005, S. 213f. Unter Testimonial-Werbung wird die Verwendung von Darstellern in der Mediawerbung verstanden, die in Konsumsituationen abgebildet werden. Neben „beispielhaften Verbrauchern“ kommen hierzu häufig Prominente zum Einsatz, die die Marke anpreisen (vgl. Diller 2001, S. 1664; Hieronimus/Burmann 2005, S. 311).
48
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
Das Vorliegen einer Markenpersönlichkeit alleine ist eine notwendige, jedoch noch keine hinreichende Bedingung für die Legitimation der Marke als Beziehungspartner: „Wenn die Marke als legitimer Beziehungspartner dienen soll, muss sie über die Personifizierung hinausgehen und sich tatsächlich wie ein aktiver und tatkräftiger Teil einer Beziehung verhalten.“10 Diese geforderte Markenaktivität wird nach Fournier durch die tägliche Umsetzung von Marketingmixentscheidungen gewährleistet. Demnach werden sämtliche Marketingaktionen als ein „Bündel von Verhaltensweisen“11 der Marke verstanden und als Handlungen der Marke vom Nachfrager interpretiert. Hierdurch werden von Seiten des Konsumenten Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Marke gezogen und die Markenpersönlichkeit wird aktualisiert (vgl. Schaubild 2-1).12 „Verhalten“ der Marke
„Persönlichkeitsmerkmale“ der Marke
Häufige Veränderung der Positionierung, der Produktgestaltung, der Werbung, usw.
flatterhalft, schizophren
Häufige Sonderpreisaktionen, Zugaben
wertlos, unkultiviert
Häufige umfangreiche Werbeaktionen
extravertiert, bekannt
Beständige Markenpersönlichkeit, Aufmachung
vertraut
Hoher Preis, exklusive Distribution, Werbung in Hochglanzmagazinen
weltgewannt, versnobt
Schaubild 2-1: Beispiele für die Beeinflussung der Markenpersönlichkeit durch Marketingaktivitäten (Quelle: In Anlehnung an Aaker 1996, S. 166)
Fournier postuliert, dass durch das „Verhalten der Marke“ bzw. das Verhalten ihrer Steuerungsmechanismen (wie z.B. Markenmanagement oder Werbeagentur) die Marke als ein lebendiger Partner in einer Beziehung fungieren kann und somit zur Initiierung, Pflege und Zerstörung einer Marken-Konsumenten-Beziehung beiträgt.13 Besteht beispielsweise eine innige, abhängige Beziehung zur Marke, so wird diese zerstört, wenn die Marke häufig nicht verfügbar ist; besteht 10 11 12
13
Fournier 2005, S. 214. Fournier 2005, S. 214. Vgl. Fournier 1994, S. 21ff.; Fournier 1998, S. 345; Fournier 2005, S. 214. Fournier greift zur Fundierung dieser These auf Erkenntnisse aus Forschungen über die Übertragung von wahrgenommenen Verhaltensweisen in eine Eigenschaftssprache zurück und beruft sich auf Studien, die zu erklären versuchen, wie Rückschlüsse auf die Markenpersönlichkeit aus dem Verhalten der Marke in der Werbung gezogen werden. Vgl. Fournier 2005, S. 241f.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
49
eine freundschaftliche Beziehung, so besteht die Gefahr, dass diese unter Umständen durch eine radikale Neupositionierung der Marke negativ beeinflusst wird.14 Die Aussagekraft bzw. das Potenzial der Animismustheorie zur theoretischen Fundierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen im Allgemeinen sowie der Markenbeziehungsqualität im Speziellen ist jedoch beschränkt. Eine kritische Würdigung anhand der in Abschnitt 2.1.1 definierten Anforderungskriterien zeigt, dass die Animismustheorie in der Summe nur bedingt geeignet ist, das Phänomen von Marken-Konsumenten-Beziehungen vollständig zu erklären. Eine Unterscheidung von verschiedenen Formen und Arten von MarkenKonsumenten-Beziehungen (Anforderung 1) ist anhand der Animismustheorie nicht möglich. Die Theorie unterscheidet nur verschiedene Arten der Vitalisierung einer Marke. Diese Unterscheidung lässt jedoch keinen direkten Rückschluss auf unterschiedliche Erscheinungsformen von Marken-KonsumentenBeziehungen zu. Es ist lediglich davon auszugehen, dass zu Marken, die eine vollkommene Vermenschlichung in den Augen der Konsumenten erfahren, eine intensivere Beziehung aufgebaut werden kann, als zu Marken, mit denen nur beschränkte menschliche Eigenschaften verbunden werden: „Belebte Markencharaktere befriedigen durch ihre Leistungen auch das Kriterium der Aktivität.“15 Ferner ist die Theorie nur bedingt imstande, Entstehungsverläufe von MarkenKonsumenten-Beziehungen zu erklären (Anforderung 2). Eine Anwendung der Animismustheorie im Markenumfeld besagt lediglich, dass sich die Beziehungen von Konsumenten zu Marken aus ihren Erfahrungen mit der Marke als aktiver Beziehungspartner konstituieren. Demnach werden sämtliche Marketingaktionen als ein „Bündel von Verhaltensweisen“ der Marke verstanden und vom Nachfrager als Handlungen der Marke interpretiert. Hierdurch werden von Seiten des Konsumenten Rückschlüsse auf die menschenähnlichen Eigenschaften der Marke und das Verhalten der Marke in der Beziehung gezogen. Das Markenverhalten trägt in der Folge zur Initiierung, Pflege und Zerstörung einer MarkenKonsumenten-Beziehung bei. Marken-Konsumenten-Beziehungen konstituieren sich im Begriffsverständnis dieser Arbeit jedoch als Folge von wechselseitigen, interdependenten Interaktionen zwischen Marke und Konsument (vgl. Abschnitt 1.3.3). Die Bedeutung von wechselseitigen Interaktionen für die Entstehung und Pflege von MarkenKonsumenten-Beziehungen kann mit der Animismustheorie jedoch nicht erklärt werden. Im Gegenteil: Die Animismustheorie postuliert, dass Marken-Konsu14 15
Vgl. Aaker 1996, S. 165. Fournier 2005, S. 212.
50
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
menten-Beziehungen auch ohne das Element der Interaktivität auskommen. Zwar betont auch Fournier die Bedeutung von interaktiven Medien für die Legitimation der Marke als aktiver Beziehungspartner, jedoch sind zwei- bzw. wechselseitige Kommunikationsprozesse aus ihrer Sicht keine notwendige Bedingung für die Initiierung und Pflege einer Marken-Konsumenten-Beziehung. „While segment-of-one marketing programs truly exemplify the brand as an integral part of the relationship, it is argued that the brand need not cultivate a specific one-toone relationship in order to qualify as an active relationship partner.“16 Wechselseitige Interaktionen stellen im Rahmen der Animismustheorie somit keine notwendige Bedingung für die Vitalisierung einer Marke dar. Diese Sichtweise hat sich jedoch Kritik zu erwähren. Die Vermenschlichung eines passiven Objekts alleine ist in den Augen vieler Wissenschaftler noch keine hinreichende Voraussetzung für die Entstehung einer Marken-KonsumentenBeziehung.17 „[…] the personification of brands does not necessarily imply that the brand can become an active partner with the consumer. A brand is an inanimate object and cannot think or feel; thus it is likely to respond to consumers in a highly standardized manner […] a brand cannot respond in an individual manner to a request from a consumer and therefore lacks an important attribute that characterizes human relationships.”18 Voraussetzung zur Interpretation einer Marken-Konsumenten-Beziehung im Sinne einer Anbieter-Kunde-Beziehung bzw. „zwischenmenschlichen Beziehung“ ist daher die Existenz und Nutzung von Interaktionsplattformen, die die wechselseitige Einflussnahme und den reziproken Dialog zwischen Marke und Konsument ermöglichen.19 Anhaltspunkte für die Relevanz von Interaktivität und Reziprozität als konstitutive Merkmale einer Marken-Konsumenten-Beziehung liefern qualitative Aussagen von Probanden in einigen empirischen Studien, die zeigen, dass Konsumenten gewisse Probleme haben, ihre Verbindung zu Marken als „Beziehung“ in Anlehnung an zwischenmenschliche Beziehungen zu bezeichnen.20 Bengtsson führt diese Schwierigkeit 16 17
18 19
20
Fournier 1994, S. 21. Vgl. Bengtsson 2003, S. 154; Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 397; Patterson/O'Malley 2006, S. 11; Bruhn/Eichen 2007, S. 232; Donaldson/O'Toole 2007, S. 152f. Bengtsson 2003, S. 154, 155. Vgl. hierzu auch Hess 1998, S. 20. Vgl. Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 397; Bruhn/Eichen 2007, S. 232. Ähnlich argumentieren Donaldson/O'Toole (2007, S. 152f.). Nach ihrer Auffassung kommt dem Aspekt der Einflussnahme auf die Beziehungsentwicklung seitens des Konsumenten durch Interaktionsmöglichkeiten ein zentraler Stellenwert für die Analogie einer Marken-Konsumenten-Beziehung mit einer zwischenmenschlichen Beziehung zu. Vgl. Bengtsson 2003, S. 155; Häusler/Rietiker 2005, S. 47; Veloutsou 2007, S. 15.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
51
vor allem auf die häufig nicht vorhandene Reziprozität in Marken-KonsumentenBeziehung zurück, die eine Barriere für den Aufbau einer „echten“ MarkenKonsumenten-Beziehung darstellt.21 Beziehungsformen, die zwar auf einer emotionalen Verbindung des Konsumenten zur Marke beruhen, jedoch ohne das Element der Reziprozität bzw. Interaktivität auskommen, sind eher als „Pseudorelationships“22 zu verstehen: „Consumers may become emotionally attached to a brand, but they do not enter into a dialogue with it, nor do many experience communication that results in shared understanding and meaning-making with the suppliers of those brands.”23 Ebenso wenig wie die Animismustheorie den Entstehungsverlauf von MarkenKonsumenten-Beziehungen explizit erklärt, wird der dynamische Charakter sowie die Langfristigkeit einer Markenbeziehung berücksichtigt (Anforderung 3). Die Theorie begründet lediglich wie eine Dynamisierung und ständige Aktualisierung der Markenpersönlichkeit durch Verhaltensweisen der Marke bzw. Marketingmixentscheidungen der Markenverantwortlichen erfolgt. Implikationen für das Entstehen und die Beibehaltung von Marken-KonsumentenBeziehungen im Sinne eines Prozessmodells können auf Basis der Animismustheorie jedoch nicht abgeleitet werden. Schließlich gibt die Animismustheorie keinen direkten Aufschluss über Größen bzw. Nutzenaspekte, die einen Beitrag zur Entstehung und Beibehaltung von Marken-Konsumenten-Beziehungen aus Sicht der Kunden leisten (Anforderung 4). Nach der Animismustheorie beeinflussen alle Komponenten des Marketingmix die Wahrnehmung der Marke als Beziehungspartner und spiegeln sich entsprechend in der Beurteilung der Qualität der Beziehung zur Marke durch die jeweiligen Konsumenten wider. Es erfolgt jedoch keine explizite und ausführliche Analyse unterschiedlicher Einflussfaktoren für die Entstehung und Beibehaltung von Marken-Konsumenten-Beziehungen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mit Hilfe der Animismustheorie erklärt wird, warum Marken im menschlichen Bewusstsein anthropomorphe Züge annehmen können und wie die täglichen Marketingmixentscheidungen die Betrachtung der Marke als lebendiges Wesen legitimieren. Das Potenzial der Animismustheorie zur Erklärung von Marken-Konsumenten-Beziehungen ist jedoch beschränkt. „The construction of a brand as a person is just a metaphor for having consumers think about brand in terms of human characteristics. But to think
21 22 23
Vgl. Bengtsson 2003, S. 155. Iacobucci/Hibbard 1999, S. 15. Szmigin/Canning/Reppel 2005, S. 483.
52
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
of brands in terms of personalities is something different from having humanlike relationships with them.”24 Einen Erkenntnisgewinn liefert in diesem Zusammenhang die Theorie der sozialen Durchdringung. Das Potenzial dieser Theorie ergibt sich zum einen durch die Möglichkeit der Beschreibung der Entstehung, Weiterentwicklung und Beendigung von Marken-Konsumenten-Beziehungen. Zum anderen bildet diese Theorie Anhaltspunkte für die Stellung der Markenbeziehungsqualität in Marken-Konsumenten-Beziehungen. Die aus der Theorie der sozialen Durchdringung abgeleiteten Erkenntnisse stehen dabei nicht in konkurrierender Beziehung zu den Aussagen der Animismustheorie. Vielmehr ergänzen sich die beiden Theorien bei der Beleuchtung des Phänomens von Marken-KonsumentenBeziehungen. Die Arbeit folgt somit dem theoretischen Pluralismus, der die gleichzeitige Entwicklung von verschiedenen Erklärungsansätzen fordert, da ein theoretischer Monismus schnell zum Dogmatismus führt, der wissenschaftlichen Fortschritt lähmen kann.25
2.1.3
Theorie der sozialen Durchdringung
Im zwischenmenschlichen Bereich sowie im Rahmen von Anbieter-KundeBeziehungen auf Industriegüter- und Dienstleistungsmärkten wird den sozialpsychologischen Ansätzen ein hohes Erklärungspotenzial in Bezug auf die theoretische Fundierung von zwischenmenschlichen Beziehungen bzw. Geschäftsbeziehungen zugesprochen.26 Für die Untersuchungsziele dieser Arbeit kann insbesondere die Theorie der sozialen Durchdringung (Social Penetration Theory)27 wichtige Anhaltspunkte zur theoretischen Fundierung der Markenbeziehungsqualität bieten.
24 25
26 27
Bengtsson 2003, S. 154. Vgl. Spinner 1974, S. 74f. Dowling (2002, S. 90f.) kritisiert in diesem Zusammenhang, dass sich bisherige Forschungsbemühungen zu Marken-KonsumentenBeziehungen zu stark an den Forschungsergebnissen von Fournier anlehnen: „What seems to have happened is that because Fournier’s research has been published in some respected journals and cited often its general applicability has been assumed by many readers and has been used to support the development of many brand relationship activities.” Dies kann auch indirekt als Kritik am fehlenden theoretischen Pluralismus interpretiert werden, da Fournier Marken-Konsumenten-Beziehungen ausschließlich auf Basis der Animismustheorie begründet. Vgl. Georgi 2000, S. 29ff.; Bruhn 2001d, S. 30ff.; Hadwich 2003, S. 13ff. Vgl. Altman/Taylor 1973.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
53
Die Theorie der sozialen Durchdringung setzt sich mit der Entstehung, Entwicklung und Auflösung von zwischenmenschlichen Beziehungen auseinander. Nach der Theorie entdecken Individuen im Laufe einer Beziehung stets weitere Facetten der Persönlichkeit des jeweiligen Beziehungspartners. Mit dem gegenseitigen, sukzessiven Vordringen in die Persönlichkeit des Beziehungspartners entwickeln sich Beziehungen von anfangs oberflächlichen zu immer tieferen, intimeren Formen.28 Die Persönlichkeit eines Individuums wird dabei anhand der beiden Dimensionen Persönlichkeitsbreite und -tiefe strukturiert, aus denen sich ein „Zwiebelmodell der Persönlichkeit“ konstituieren lässt (vgl. Schaubild 2-2). Persönlichkeitskategorie A
Persönlichkeitselemente innerhalb der Kategorien
Persönlichkeitsschichten Persönlichkeitskategorie B
Weg zum Kern der Persönlichkeit
Schaubild 2-2: Aufbau der menschlichen Persönlichkeit nach der Sozialen Durchdringungstheorie (Quelle: In Anlehnung an Altman/Taylor 1973, S. 16)
Die Persönlichkeitsbreite beschreibt die unterschiedlichen Bereiche bzw. Kategorien einer Persönlichkeit (z.B. Familien- oder Berufsleben), die dann wieder eine Anzahl von bestimmten Themen bzw. Elementen enthalten. Die Persönlichkeitstiefe hingegen erfasst das Maß an Vertraulichkeit der offen gelegten Persönlichkeitsbereiche und bezeichnet den Weg von der Oberfläche zum Kern der Persönlichkeit. Vergleichbar mit einer Zwiebel besteht die Struktur der Per28
Vgl. Taylor/Peplau/Sears 2002, S. 271f.; Wiswede 2004, S. 63.
54
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
sönlichkeit aus verschiedenen Schichten. Im Vergleich zu den äußeren Persönlichkeitsschichten beinhalten die inneren Schichten wenige, dafür aber intimere und vertraulichere Persönlichkeitscharakteristika (z.B. Aspekte des Selbstkonzepts), die die Ausprägungen der Elemente auf den äußeren, oberflächlicheren und vergleichbar besser sichtbaren Schichten (z.B. Modegeschmack) beeinflussen.29 Die verschiedenen Schichten der Persönlichkeitstiefe lassen sich grob in öffentlich-zugängliche, halbprivate und persönlich-private Persönlichkeitsmerkmale unterteilen.30 Anhand der in einer Beziehung tangierten Persönlichkeitsbreite und -tiefe lassen sich Aussagen über die Beziehungsintensität und Beziehungsart treffen. In Hinblick auf die Beziehungsbreite ist von Relevanz, wie viele der unterschiedlichen Kategorien, die insgesamt eine Persönlichkeit ausmachen, dem Beziehungspartner eröffnet und wie häufig die Persönlichkeitsbereiche in einer Beziehung thematisiert werden.31 Bezüglich der Persönlichkeitstiefe ist dagegen von Bedeutung, inwieweit eine Beziehung entweder lediglich an der Oberfläche verbleibt oder auch tiefer zu zentralen Persönlichkeitscharakteristika vordringt, deren Preisgabe für die Partner mit größerem Risiko behaftet ist.32 In der Sozialpsychologie wird in diesem Zusammenhang auch vom Prozess bzw. Grad der Selbstöffnung bzw. -enthüllung (Self-Disclosure) gesprochen. Selbstöffnung beschreibt den Prozess der gegenseitigen Offenbarung.33 Mit zunehmender Selbstöffnung der Beziehungspartner steigt die Nähe der Beziehung. Nahe Beziehungen zeichnen sich unter anderem durch Interdependenz im Sinne der gegenseitigen Beeinflussung und das Wissen um das Innerste des anderen aus.34 Der Sozialen Durchdringungstheorie liegt ein Prozessmodell zugrunde, das das Vordringen in die Persönlichkeit des Beziehungspartners erklärt und eine Beziehung als eine Aufeinanderfolge von einzelnen Interaktionen beschreibt.35 Mit Hilfe dieses Prozessmodells werden Aussagen darüber getroffen, wie Individuen Entscheidungen bezüglich der Fortsetzung von Interaktionen mit anderen Indivi29 30 31 32 33
34
35
Vgl. Altman/Taylor 1973, S. 15ff. Vgl. Altman/Taylor 1973, S. 136. Vgl. Altman/Taylor 1973, S. 27ff. Vgl. Altman/Taylor 1973, S. 29f. Vgl. Forgas 1999, S. 222f. Für eine ausführliche Diskussion des Begriffs der Selbstöffnung sowie deren Bedeutung in persönlichen Beziehungen vgl. z.B. Greene/Derlega/Mathews 2006. Es besteht in der Literatur keine Einigkeit darüber, was nahe Beziehungen charakterisiert. Für eine Diskussion der verschiedenen Ansichten bezüglich der Merkmale naher Beziehungen vgl. Grau 2003 sowie Abschnitt 3.3.3.1.4. Vgl. im Folgenden Altman/Taylor 1973, S. 34ff.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
55
duen treffen. Entsprechend dieses Prozessmodells beginnt eine Beziehung mit der ersten Interaktion zwischen den Beziehungspartnern. Diese erste Interaktion wird anhand eines Beurteilungsstandards bewertet, der an das Vergleichsniveau („Comparison Level“) aus der Austauschtheorie angelehnt ist.36 Zudem macht das Individuum nach der Interaktion eine Prognose zukünftiger Interaktionsergebnisse, die ihm durch Interaktionen mit dem (potenziellen) Beziehungspartner in der Zukunft entstehen.37 Auf Basis dieser Prognose kommt es zu einer Entscheidung, die Beziehung fortzusetzen oder zu beenden. Fällt die Entscheidung positiv aus, wird eine zweite Interaktion eingeleitet, die im Anschluss ebenfalls beurteilt wird. Ferner wird überprüft, ob die aufgestellte Prognose eingetreten ist. Auf Basis dieser Ergebnisse wird erneut eine Entscheidung getroffen. Ein zentraler Gedächtnisspeicher sorgt schließlich innerhalb des Prozessmodells dafür, dass ab der zweiten Interaktion die Entscheidung über eine FortFortsetzung bzw. Intensivierung der Beziehung nicht mehr ausschließlich auf Basis der Beurteilung einzelner Interaktionen, sondern der gesamten bisherigen Beziehung erfolgt. Die Theorie der sozialen Durchdringung liefert wichtige Erkenntnisbeiträge für die Analyse von Marken-Konsumenten-Beziehungen, die im Folgenden aufgezeigt werden. Wie aus der Theorie der sozialen Durchdringung hervorgeht, entdecken Individuen im Laufe einer Beziehung stets weitere Eigenschaften der Persönlichkeit des Beziehungspartners, d.h., der Beziehungsaufbau vollzieht sich durch das Vordringen in die Persönlichkeitsbreite und -tiefe des Beziehungspartners. Dies impliziert, dass die Marke über eine Persönlichkeit verfügt, die im Laufe einer Beziehung immer weiter vom Konsumenten durchdrungen wird. Das Vorliegen einer Markenpersönlichkeit wird – wie die vorigen Ausführungen gezeigt haben – durch die Animismustheorie erklärt. Die Breite und Tiefe der Kenntnisse des Konsumenten bezüglich der Markenpersönlichkeit stellen ein wichtiges Charakterisierungsmerkmal der Beziehungsintensität von Marken-Konsumenten-Beziehungen dar und dienen zur Unterscheidung von verschiedenen Formen von Marken-Konsumenten-Beziehungen (Anforderung 1). So ist z.B. das Wissen
36 37
Vgl. Kelley/Thibaut 1978, S. 8ff. Die Prognose erfolgt auch anhand eines Beurteilungsmaßstabes, der an das Vergleichsniveau von Alternativen („comparison level of alternatives“) in der Austauschtheorie angelehnt ist. Altman/Taylor (1973, S. 37) gehen davon aus, dass Individuen in ihrer Prognose zudem abwägen, welche Kosten und Nutzen in der Zukunft zu erwarten sind, wenn man auf der gleichen Beziehungsstufe verbleibt versus den Interaktionsergebnissen, wenn man eine intimere Form der Beziehung zulässt.
56
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
um soziodemographische Merkmale einer Marke, wie z.B. Alter und Herkunft, weniger „tief“ als Kenntnisse über die Einstellung der Marke zu politischen oder gesellschaftlichen Themen, wie beispielsweise Umweltschutz und Niedriglohn. Die Theorie der sozialen Durchdringung dient zudem der Erklärung des Zustandekommens von Marken-Konsumenten-Beziehungen (Anforderung 2). Wie in Abschnitt 1.3.3 dargelegt wurde, vollzieht sich ein Beziehungsaufbau durch wiederholte, wechselseitig aufeinander bezogene und thematisch aneinander anschließende Interaktionen, in denen es zu einem gegenseitigen und fortlaufenden Informationsaustausch kommt und die das gegenseitige Verständnis der Beziehungspartner fördern. Nur so ist eine Individualisierung der Beziehung möglich. Durch wiederholte, wechselseitige Interaktionen erfahren die Interaktionspartner – im Sinne einer gegenseitigen Persönlichkeitsdurchdringung – immer mehr übereinander. So steigt – auf Kunden bezogen – das Ausmaß der Kenntnisse des Konsumenten über die Marke; auf die Marke bezogen das Ausmaß der Kenntnisse über den Nachfrager. Im Relationship Marketing wird in diesem Zusammenhang auch von einer „Learning Relationship“38 gesprochen. Der wechselseitige Dialog ermöglicht es den Beziehungspartnern, auf die sich im Zeitablauf verändernden Bedürfnisse ihres Austauschpartners einzugehen und Einfluss aufeinander auszuüben. Durch zweiseitige Kommunikation wird somit dem Prinzip der Wechselseitigkeit einer Beziehung entsprochen. „The intent of this process is to build shared meanings and get insight into what the two parties can do together for each other through access to a common meaning or shared field of knowledge.”39 Dieses Verständnis liegt auch der Theorie der sozialen Durchdringung zugrunde. Durch wiederholte, reziproke Interaktionen und das gegenseitige Durchdringen der Persönlichkeit der Beziehungspartner kommt es zu einem Prozess der Annäherung, durch den zukünftige Verhaltensmuster erahnt werden können und der die Effizienz der Interaktionen erhöht. Diese Erkenntnisse weisen auf eine neue Sichtweise in der Markenführung hin. Das klassische Kommunikationsmodell des Transaktionsmarketing, das durch einseitige Kommunikationsprozesse gekennzeichnet ist, gilt es im Rahmen von Marken-Konsumenten-Beziehungen durch ein zweiseitiges Kommunikationsmodell zu ersetzen bzw. ergänzen, das eine individualisierte, wechselseitige, sich beeinflussende Kommunikation zwischen Konsument und Marke sowie damit einhergehend eine Individualisierung der Marken-Konsumenten-Beziehung ermöglicht.40 „In an on-going relationship context it is not only the firm which is 38 39 40
Grönroos 2000a, S. 11. Grönroos 2000a, S. 6f. Vgl. Duncan/Moriarty 1998; Reimerdes 2001, S. 248; Volkmer 2004, S. 81; Waller/Süss 2006, S. 17; Whelan/Wohlfeil 2006, S. 314; Baetzgen 2007, S. 123.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
57
supposed to talk to the customer and the customer who is supposed to listen. It is a two-way street, where both parties should communicate with each other.”41 Wesentliches Merkmal des zweiseitigen Kommunikationsmodells sind Rückkoppelungskanäle, die die Basis für den Dialog legen, indem sie den Kunden befähigen, selbst als Sender von Kommunikationsbotschaften aufzutreten.42 Hierdurch wird erst die Möglichkeit für die reziproke Durchdringung der Persönlichkeit der Marke bzw. des Kunden und damit für den Prozess der wechselseitigen Annäherung geschaffen. Aufgrund der Unmöglichkeit von (persönlichen) Interaktionen zwischen Marke und Konsument hat die Durchführung von Dialogen im Rahmen von MarkenKonsumenten-Beziehungen durch Manifestationen der Marke zu erfolgen, durch die es für Konsumenten möglich ist, in wechselseitigen Kontakt mit den abstrakten Marken zu treten.43 „Markenmanifestationen machen Marken be„greifbar“. Sie bestehen aus sozial relevanten Markenleistungen und Personen sowie deren Symbolen, aus Kommunikationsmitteln und Aktivitäten.“44 Markenmanifestationen stellen somit sämtliche Markenelemente dar, die einer Leistung in der Wahrnehmung der Konsumenten Bedeutung geben und diese erlebbar machen (vgl. auch Abschnitt 1.3.3). Im Rahmen von Marken-Konsumenten-Beziehungen sind insbesondere dialogfähige Markenmanifestationen bzw. Markenbeziehungsstellvertreter von Bedeutung, die eine wechselseitige Interaktion zwischen Marke und Kunde erlauben. Markenbeziehungsstellvertreter werden wie folgt definiert: Markenbeziehungsstellvertreter (Brand Relationship Substitutes) stellen dialogfähige Manifestationen der Marke dar, die den Beziehungsaufbau sowie die Pflege bestehender Marken-Konsumenten-Beziehungen fördern. In diesem Zusammenhang werden in der Literatur vor allem Mitarbeiter und Kunden als Markenbeziehungsstellvertreter diskutiert, die eine wechselseitige Interaktion zwischen Marke und Kunde ermöglichen und somit auch den Aufbau
41 42
43 44
Grönroos 2000a, S. 6. Vgl. Duncan/Moriarty 1998, S. 4; Lischka 2000, S. 37; Grönroos 2004, S. 105. Für eine ausführliche Diskussion von zweiseitigen im Vergleich zu einseitigen Kommunikationsmodellen vgl. z.B. Bruhn 1997, S. 5; Bruhn 2000, S. 13ff.; Bruhn 2003a; Bruhn 2008b. Vgl. Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 397; Bruhn/Eichen 2007, S. 232. Mühlbacher/Engl/Hemetsberger 2008, S. 317.
58
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
einer Beziehung im Sinne einer Anbieter-Kunde-Beziehung erlauben.45 Neben diesen sozialen Repräsentationen einer Marke sind jedoch auch dialogfähige, unpersönliche Informations- und Kommunikationstechnologien in der Lage, auf Aktivitäten des Konsumenten zu reagieren und so die Marke in wechselseitige Interaktionen mit dem Konsumenten treten zu lassen.46 Neben der Erklärung von verschiedenen Beziehungsformen zwischen Marke und Konsument sowie der Erläuterung des Entstehungsprozesses einer Markenbeziehung geht die Theorie der sozialen Durchdringung explizit auf den dynamischen Charakter einer Marken-Konsumenten-Beziehung ein (Anforderung 3). Das der Sozialen Durchdringungstheorie zugrunde liegende Prozessmodell zeigt anschaulich, dass Markenbeziehungen analog zu zwischenmenschlichen Beziehungen einem ständigen Interaktionsprozess unterliegen, auf Basis dessen fortlaufend Beurteilungen, Prognosen und Entscheidungen hinsichtlich der MarkenKonsumenten-Beziehung aus Kundensicht getroffen werden. Die Theorie beruht somit auf einer zeitraumbezogenen und nicht statischen Sichtweise und wird daher dem Anspruch an eine beziehungsorientierte Gestaltung von Marken-Konsumenten-Beziehung gerecht. Schließlich lassen sich mit Hilfe des Prozessmodells erste Rückschlüsse auf die Bedeutung und Stellung der Markenbeziehungsqualität für die Entstehung und Beibehaltung einer Marken-Konsumenten-Beziehung ziehen (Anforderung 4): Um von einer Beziehung sprechen zu können, hat ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den früheren, aktuellen und zukünftigen Interaktionen zu bestehen. Im Gegensatz zu einer losen Folge isolierter Interaktionen bestehen in einer Beziehung aus Sicht der Beziehungspartner Gründe, die eine planmäßige Verknüpfung zwischen Interaktionen sinnvoll oder notwendig erscheinen lassen (vgl. Abschnitt 1.3.3). In der Theorie der sozialen Durchdringung wird dieses konstitutive Merkmal einer Beziehung im Rahmen des Prozessmodells durch den zentralen Gedächtnisspeicher berücksichtigt. Auf Kundenbeziehungen bzw. Marken-Konsumenten-Beziehungen übertragen gehen in diesen Gedächtnisspeicher die Bewertungen aller bisherigen Einzeltransaktionen ein und bilden die Basis für zukünftige Kaufentscheidungen. Diese von einzelnen Interaktionen losge-
45
46
Für die Bedeutung von Mitarbeitern im Rahmen von Marken-KonsumentenBeziehungen vgl. Fajer/Schouten 1995, S. 666; Dowling 2002, S. 97; für die Relevanz von Kunde-Kunde-Interaktionen für Markenbeziehungen vgl. z.B. Muniz Jr./O'Guinn 2001; Szmigin/Canning/Reppel 2005; Patterson/O'Malley 2006. Eine ausführliche Diskussion der unterschiedlichen Markenbeziehungsstellvertreter erfolgt in Abschnitt 3.3.3.2. Vgl. Volkmer 2004, S. 134ff.; Bongartz/Burmann/Maloney 2005, S. 452f.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
59
löste Beurteilung der Gesamtbeziehung kann als Beziehungsqualität47 bzw. im Rahmen von Marken-Konsumenten-Beziehungen als Markenbeziehungsqualität bezeichnet und als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung von MarkenKonsumenten-Beziehungen herangezogen werden.48 Die Beurteilung unterliegt dabei gemäß der Sozialen Austauschtheorie den individuell gespeicherten Kosten-Nutzen-Abwägungen aller Interaktionen („Cost Reward Pool“). Darüber hinaus stellt die Prognose zukünftiger Interaktionen im Prozessmodell die Verhaltensabsicht des Kunden dar, die das für die Zukunft angenommene KostenNutzen-Verhältnis zum Ausdruck bringt. Diese intentionale Kundenbindung ist folglich eine Wirkung der Markenbeziehungsqualität.49 Wie die Diskussion gezeigt hat, stellt die Theorie der sozialen Durchdringung im Ergebnis einen geeigneten theoretischen Rahmen für die Untersuchung von Marken-Konsumenten-Beziehungen dar. Sie stellt insbesondere die Bedeutung von wiederholten, wechselseitig aufeinander bezogenen und thematisch aneinander anschließenden Interaktionen für die Beziehungsentwicklung heraus. Sie liefert somit das theoretische Fundament für Wissenschaftler, die die Ansicht vertreten, dass der Aufbau von „echten“ Marken-Konsumenten-Beziehungen im Sinne einer Anbieter-Kunde-Beziehung nur in einem Umfeld möglich ist, in dem Berührungspunkte mit Mitarbeitern, anderen Kunden und/oder computergesteuerten Systemen der Marke bestehen, die die wechselseitige Interaktion stellvertretend für die Marke übernehmen.50 Dies stellt jedoch keinen Widerspruch zu der Möglichkeit dar, dass Konsumenten Verbindungen zu Marken eingehen, die ohne das Element der Interaktivität und Reziprozität auskommen, wie es die Animismustheorie postuliert. Es handelt sich bei dieser Beziehungsform jedoch eher um „beziehungsähnliche“ Verbindungen, die nicht gleichzusetzen sind mit dem Verständnis von zwischenmenschlichen Beziehungen bzw. AnbieterKunde-Beziehungen.51 Da qualitative Studien jedoch belegen, dass Konsumenten auch ohne einen reziproken Austausch sich teilweise so verhalten, als ob sie eine Beziehung zur Marke hätten52, ist auch diese Beziehungskonstellation als 47 48
49 50 51 52
Vgl. Georgi 2000, S. 31; Hadwich 2003, S. 16. „As a repository of outcomes for all prior and current relationships, it permits comparison of any social relationship with any other and relates to the question “What is the worth or value of this relationship compared to others?” (Altman/Taylor 1973, S. 38). Für eine ähnliche Argumentation im Rahmen der Analyse der Beziehungsqualität in Anbieter-Kunden-Beziehungen vgl. Hadwich 2003, S. 17. Vgl. z.B. Dowling 2002, S. 97; Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 397; Patterson/O'Malley 2006, S. 13ff.; Bruhn/Eichen 2007; S. 230ff. Vgl. Bengtsson 2003, S. 154ff.; Donaldson/O'Toole 2007, S. 152f. Vgl. Fournier 1998.
60
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
Marken-Konsumenten-Beziehung zu betrachten und bei der Entwicklung eines empirisch gehaltvollen Erklärungsmodells der Markenbeziehungsqualität zu berücksichtigen. Die Animismustheorie sowie die Theorie der sozialen Durchdringung stellen somit den theoretischen Ordnungsrahmen dieser Arbeit dar. Als problematisch erweist sich jedoch der relativ hohe Allgemeinheitsgrad beider Theorien. Weder die Animismus- noch die Soziale Durchdringungstheorie ist in der Lage, differenzierten Aufschluss über die einzelnen Mess- sowie Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität zu geben. Zur Konzeptualisierung bzw. Konkretisierung der Markenbeziehungsqualität ist daher auf Ergebnisse der empirischen Marketingforschung zurückzugreifen, die im Folgenden diskutiert werden.
2.2
Empirische Befunde zur Markenbeziehungsqualität
2.2.1
Vorgehensweise
Die Entwicklung eines Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität erfordert neben einer theoretischen Grundlage die Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität sowie die Identifikation geeigneter Wirkungsgrößen. Nachfolgend wird zunächst ein Überblick über bereits bestehende Ansätze in Bezug auf die Markenbeziehungsqualität gegeben, die erste Aufschlüsse sowohl über mögliche Konstruktdimensionen als auch Wirkungsgrößen und -beziehungen liefern. Die Bestandsaufnahme der empirischen Marketingforschung zur Markenbeziehungsqualität erfolgt in Hinblick auf folgende Aspekte: 1.
Begriffsverständnis der Markenbeziehungsqualität (Abschnitt 2.2.2)
2.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität (Abschnitt 2.2.3)
3.
Wirkungen der Markenbeziehungsqualität (Abschnitt 2.2.4)
Aufbauend auf der Analyse und kritischen Würdigung der empirischen Beiträge wird in Kapitel 3 ein eigenes Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität entwickelt.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
2.2.2
61
Begriffsverständnis der Markenbeziehungsqualität
Eine Analyse der Arbeiten zu Marken-Konsumenten-Beziehungen zeigt, dass das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität häufig keine definitorische Konkretisierung erfährt.53 Dies lässt den Rückschluss zu, dass viele Autoren den Begriff der Markenbeziehungsqualität als quasi intuitiv verständlich ansehen. Dies überrascht umso mehr vor dem Hintergrund, dass MarkenKonsumenten-Beziehungen – wie die bisherigen Ausführungen veranschaulicht haben – ein komplexes Phänomen darstellen, das einen intuitiven Begriffszugang zur Markenbeziehungsqualität erschwert.54 Schaubild 2-3 gibt einen Überblick über gegenwärtige Definitionen der Markenbeziehungsqualität in der deutsch- und englischsprachigen Literatur.55 Aus der Abbildung ist zu entnehmen, dass einige Autoren eine Begriffsdefinition der Markenbeziehungsqualität vornehmen, indem sie auf die Dimensionen verweisen, die das Konstrukt abbilden, ohne eine eigenständige Definition der Markenbeziehungsqualität zu entwickeln.56 Derartige Begriffsdefinitionen sind jedoch mit Einschränkungen verbunden, da ein Konstrukt nicht von seinen Dimensionen bzw. Faktoren abhängig gemacht werden sollte, sondern die Faktoren erst auf Basis eines definierten Begriffsverständnisses abzuleiten sind, um eine inhaltlich valide Messung zu ermöglichen.57 Andere bieten eine sehr pragmatische Begriffsdefinition an, die lediglich das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität umschreibt (z.B. „Indikator für die Stärke und Tiefe einer Marken-Konsumenten-Beziehung“58 oder „Indikator zur Beschreibung der Stabilität der Beziehung“59), jedoch keine inhaltliche Konkretisierung des Begriffs liefert. Eine Konkretisierung des Qualitätsbegriffs nimmt Algesheimer vor, indem er die Markenbeziehungsqualität auf Basis der Austauschtheorie als einen KostenNutzen-Abgleich versteht.60 Jedoch unterstellt auch er mit den Dimensionen Be-
53 54
55 56 57 58 59 60
Vgl. z.B. die Beiträge von Chang/Chieng (2006) und Kressmann et al. (2006), in denen keine inhaltliche Definition der Markenbeziehungsqualität erfolgt. Die Komplexität von Marken-Konsumenten-Beziehungen wird auch von Aggarwal (2004, S. 100) betont: „[…] the relationship metaphor offers a great opportunity to explore the complex but fascinating world of consumer brand interactions.” Es wurden nur Arbeiten berücksichtigt, die sich explizit mit dem Konstrukt der Markenbeziehungsqualität auseinander setzen. Vgl. Thorbjornsen et al. 2002; Fournier 2005; Veloutsou 2007. Vgl. Hadwich 2003, S. 21. Fournier 1994, S. 124. Huber/Vollhardt/Vogel 2008, S. 61. Vgl. Algesheimer 2004, S. 123.
62
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
lohnungen und Bestrafungen eine inhaltliche Struktur der Markenbeziehungsqualität, die den Weg für eine deduktive Ableitung von Dimensionen auf Basis einer allgemeinen Begriffsdefinition erschwert. Es zeigt sich, dass die bestehenden Definitionen zur Markenbeziehungsqualität mit Mängeln behaftet sind, sodass in der vorliegenden Arbeit eine eigenständige Begriffsdefinition erfolgt. Quelle
Definition Markenbeziehungsqualität
Fournier (1994), S. 124
„Brand Relationship Quality (BRQ) is best thought of as a customerbased indicator of the strength and depth of the person-brand relationship. It reflects the intensity and viability of the enduring association between a consumer and a brand. In a sense, BRQ captures the positive magnetic force that keeps the person and brand together in the face of resistance and tension.“
Thorbjørnsen et al. (2002), S. 20
„The BRQ concept consists of six dimensions – each capturing unique aspects of the strength and richness of consumer-brand relationships.“
Algesheimer (2004), S. 123
„Aus austauschtheoretischer Sicht kann die Qualität einer Beziehung als das Verhältnis der, durch die Markenbeziehung erfahrenen, Belohnungen zu den empfundenen Bestrafungen gesehen werden.“
Fournier (2005), S. 229
„Der Facettenreichtum [der Markenbeziehungsqualität] zeigt, dass zur Aufrechterhaltung einer Beziehung mehr als nur positive Gefühle gehören: affektive und gefühlsbetonte Hinwendung (Liebe/Leidenschaft und Verknüpfung der Marke mit der eigenen Identität), Verhaltensbindungen (Interdependenz und Bindung) und unterstützende kognitive Glaubensvorstellungen (Intimität und Qualität der Marke als Partner) verbinden sich, um Stärke und Dauerhaftigkeit zu gewährleisten.“
Veloutsou (2007), S. 15
„[Brand Relationship Strength] could be described by two broad dimensions, the communication and the emotional content.“
Huber/Vollhardt/Vogel (2008), S. 61
„Für das Marketing von besonderer Bedeutung sind langfristige, starke Markenbeziehungen. Diese zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus, welche als Indikator zur Beschreibung der Stabilität der Beziehung dient.“
Schaubild 2-3: Definitionen zum Konstrukt der Markenbeziehungsqualität
Eine definitorische Konkretisierung der Markenbeziehungsqualität hat zu folgenden Gegenstandsbereichen inhaltlich Stellung zu beziehen: 1.
Bezugsobjekt der Beurteilung
2.
Zeitliche Orientierung der Beurteilung
3.
Transaktionsbezug
Die Markenbeziehungsqualität ist das Ergebnis der Beurteilung der Qualität einer Markenbeziehung. Das Bezugsobjekt der Beurteilung stellt somit die Markenbeziehung und nicht die Marke als solches dar.61 Wie im Rahmen der theore61
Die Markenbeziehungsqualität ist somit von der Markenqualität zu unterscheiden. Zum Begriff der Markenqualität vgl. beispielsweise Keller 2003, S. 88.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
63
tischen Fundierung der Markenbeziehungsqualität herausgearbeitet wurde, konstituiert sich eine Markenbeziehung aus einer Folge von interdependenten Interaktionen zwischen der Marke, deren Stellvertretern und dem Konsumenten. In Hinblick auf die zeitliche Orientierung der Beziehungsbeurteilung ist zwischen einer Vergangenheitsorientierung im Sinne einer Ex-post-Betrachtung und einer Integration zwischen Vergangenheits- und Zukunftsorientierung zu unterscheiden.62 So nimmt z.B. Algesheimer eine primär vergangenheitsorientierte Begriffsdefinition der Markenbeziehungsqualität vor, indem die Beurteilung der Markenbeziehungsqualität die Summe der erfahrenen Kosten im Vergleich zu den empfundenen Belohnungen widerspiegelt.63 Da die Analyse der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität jedoch auch Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Marken-Konsumenten-Beziehungen zu ermöglichen hat64, ist es erforderlich, eine Begriffsdefinition zu wählen, die neben der Vergangenheitsorientierung auch den Aspekt der Zukunft der Marken-KonsumentenBeziehung beinhaltet. Die Zukunftsorientierung betrifft hierbei die Abschätzung des zukünftigen Verlaufs der Beziehung aus Kundensicht (z.B. Kaufverhalten). Eng mit der zeitlichen Orientierung verbunden ist der Transaktionsbezug der Markenbeziehungsqualität. Wie die Ausführungen im Rahmen der Theorie der sozialen Durchdringung gezeigt haben, ist die Markenbeziehungsqualität – in Anlehnung an den zentralen Gedächtnisspeicher – als ein transaktionsübergreifendes Konstrukt zu verstehen, das die Beurteilung der Gesamtbeziehung zur Marke und weniger die singuläre Leistung der Marke aus Kundensicht widerspiegelt (vgl. Abschnitt 2.1.3). Die Markenbeziehungsqualität bildet im Verständnis dieser Arbeit ein von der Bewertung einzelner Transaktionen abgrenzbares Konstrukt, das auf Assoziationen beruht, die nicht redundant zu den leistungsbezogenen Transaktionen sind. Dieses Verständnis der Markenbeziehungsqualität wird auch von den bestehenden Begriffsauffassungen geteilt. So weist Fournier auf die Beständigkeit der Assoziationen zur Marke im Rahmen der Markenbeziehungsqualität hin.65 Arbeiten zur Beziehungsqualität in Anbieter-Kunden-Beziehungen nehmen häufig eine transaktionsaggregierende Interpretation der Beziehungsqualität vor, bei der die Beziehungsqualität als die vom Kunden wahrgenommene Summe der Qualitäten der einzelnen Transaktionen 62 63 64
65
Vgl. Georgi 2000, S. 44; Georgi 2008, S. 255. Vgl. Algesheimer 2004, S. 123. In Abschnitt 1.4 wurde aufgezeigt, dass ein wesentliches Defizit bestehender Erfolgsgrößen der Markenführung ihre beschränkte Fähigkeit ist, prognostische Aussagen über den zukünftigen Verlauf der Marken-Konsumenten-Beziehung zu treffen. Vgl. Fournier 1994, S. 124.
64
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
innerhalb einer Beziehung verstanden wird.66 Diese Begriffsauffassung wird jedoch nicht dem Umstand gerecht, dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den früheren, aktuellen und zukünftigen Interaktionen zu bestehen hat, um von einer Beziehung sprechen zu können (vgl. Abschnitt 1.3.3). Gemäß der Diskussion der verschiedenen Gegenstandsbereiche wird die Markenbeziehungsqualität in der vorliegenden Arbeit wie folgt definiert: Markenbeziehungsqualität (Brand Relationship Quality) ist ein latentes Konstrukt, das die transaktionsübergreifende Beurteilung der Fähigkeit der Marke aus Kundensicht betrifft, in der Vergangenheit und in der Zukunft die Beziehung entsprechend den Anforderungen des Kunden an eine MarkenKonsumenten-Beziehung zu gestalten.
2.2.3
Bestehende Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität
Nach der inhaltlichen Konkretisierung des Begriffs der Markenbeziehungsqualität ist es Ziel dieses Abschnitts, einen Überblick über bestehende Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität zu geben und diese kritisch zu würdigen.67 Aus den gewonnenen Erkenntnissen können Anhaltspunkte gezogen werden, welche Dimensionen bzw. Komponenten der Markenbeziehungsqualität bei der Entwicklung eines empirisch gehaltvollen Messmodells der Markenbeziehungsqualität zu berücksichtigen sind. Schaubild 2-4 gibt einen Überblick über alternative Konzeptualisierungsansätze der Markenbeziehungsqualität. Um eine möglichst hohe Vielfalt hinsichtlich der verschiedenen Facetten der Markenbeziehungsqualität zu erreichen,
66 67
Vgl. Georgi 2000, S. 44. Unter der Konzeptualisierung eines Konstrukts wird die Ermittlung der Dimensionen eines Konstrukts verstanden, wobei eine Dimension eine Gruppe von Merkmalen darstellt, die sich auf eine spezifische Eigenschaft des Konstrukts bezieht (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 5f.; Homburg/Bruhn 2004, S. 410). Ein Konstrukt ist ein theoretisches Gebilde, das das interessierende Phänomen beschreibt (vgl. Edwards/Bagozzi 2000, S. 156f.). Bei komplexen Marketingkonstrukten handelt es sich in der Regel um nicht direkt messbare Phänomene, sodass ein theoretisches Konstrukt häufig auch als latente Variable bezeichnet wird (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6). Vgl. hierzu auch ausführlich Abschnitt 3.1.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
65
wurden auch Studien berücksichtigt, die die Erhebung der Markenbeziehungsqualität in Dienstleistungsmärkten zum Gegenstand haben.68
68
Vgl. Thorbjornsen et al. 2002; Aaker/Fournier/Brasel 2004; Chang/Chieng 2006; Scarabis 2006; Huber/Vollhardt/Vogel 2008. Die Studie von Henkel/Huber 2005 nimmt eine Sonderstellung ein, da sie die Markenbeziehungsqualität für Fernsehstars, die als Marken verstanden werden, analysiert.
derivativ
derivativ
derivativ
derivativ
derivativ
derivativ
Monga (2002)
Thorbjørnsen et al. (2002)
Park/Kim/Kim (2002)
Kressmann et al. (2003)
Algesheimer (2004)
eigenständig
Art des Konstrukts
Hayes/Capella/ Alford (2000)
Fournier (1994)
Quelle
X
X
X
X
Lebensmittel (n=550) [Korea]
Automobil (n=600) [Deutschland] Automobil (n=525) [Deutschland]
X
Liebe/ Leidenschaft (1)
Fluglinie (n=123), Restaurantkette (n=123) [Norwegen]
Lieblingsmarke (n=71) [USA]
Sonnenbrillen (n=160) [USA]
Lieblingsmarke (n=270) [USA]
Branche (Stichprobe) [Land]
Schaubild 2-4: Überblick über Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität X
X
X
X
X
Verbindung zur eigenen Identität (2)
X
X
X
X
Interdependenz (3)
X
X
X
X
X
Bindung (4)
X
X
X
X
X
X
Intimität (5)
Unterstellte Faktorstruktur
X
X
X
X
X
X
X
Partnerqualität (6)
Empirische Faktorstruktur*
Nostalgische Verbindung zur Marke, Markenvertrauen
Markenattraktivität
Ein-Faktor-Lösung
Partnerqualität (6) und Interaktion (1,2,3,4,5)
Bindung (4) hat zu geringe Diskriminanzvalididtät
Markenverbindung zerbricht in nostalgische Verbindung und VerMarkenverbindung zur eigenen bindung Identität. Interdependenz (Brand und Leidenschaft fusioAttachment) nieren zu einem Faktor; Liebe stellt eigenen Faktor dar.
Weitere
66 Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
Art des Konstrukts
derivativ
derivativ
derivativ
derivativ
derivativ
Quelle
Aaker/Fournier/ Brasel (2004)
Henkel/Huber (2005)
Zeplin (2005)
Chang/Chieng (2006)
Schaubild 2-4: Überblick über Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität (Forts.)
Scarabis (2006)
X
X
X
X
Automobil (n=127), Finanzdienstleistung (n=640), Handel (n=298), Kosmetik (n=108), Mobilfunkprovider (n=180) [Deutschland]
Kaffeekette (n=1231) [China, Taiwan]
Internetauktionshaus (n=108), Bahn (n=108) [Deutschland]
X
X
X
Fernsehstars (212) [Deutschland]
Verbindung zur eigenen Identität (2)
X
Liebe/ Leidenschaft (1)
OnlineFotoservices (n=69) [USA]
Branche (Stichprobe) [Land]
X
Interdependenz (3)
X
X
X
X
Bindung (4)
X
X
X
Intimität (5)
Unterstellte Faktorstruktur
X
X
X
X
Partnerqualität (6)
Funktionale Verbindung zur Marke, Brand Attachment
Markenzufriedenheit
Markenzufriedenheit
Weitere
Partnerqualutät (6) und affektive Nähe (1,2,3,4,5)
Empirische Faktorstruktur*
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität 67
Schaubild 2-4: Überblick über Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität (Forts.)
derivativ
eigenständig
derivativ
Smit/ Bronner/ Toolboom (2007)
Veloutsou (2007)
Huber/ Vollhardt/ Vogel (2008)
(X)
Fast-FoodKette (n=635) [Deutschland]
k.A. (n=277) [Großbritannien]
X
X
Autos (n=164), Computer (n=223), Bier (n=303), Shampoo (n=248) [Niederlande]
(X)
X
(X)
X
Jeans (n=219) [Deutschland]
Verbindung zur eigenen Identität (2)
X
Liebe/ Leidenschaft (1)
Kaffee (n=415) [Deutschland]
Branche (Stichprobe) [Land]
X
X
Interdependenz (3)
(X)
X
X
X
Bindung (4)
X
X
X
X
Intimität (5)
Unterstellte Faktorstruktur
X
(X)
X
Partnerqualität (6)
Markenzufriedenheit
Emotionale Verbindung, zweiseitige Kommunikation
Nostalgische Verbindung zur Marke (7), Markenvertrauen (8)
Weitere
Partnerqualität (1,4,8) und Verbindung (2,3,5,7)
Empirische Faktorstruktur*
Sofern das Feld nicht ausgefüllt ist, wurde die angenommene Faktorstruktur bestätigt oder es fehlt an Angaben, anhand derer die Dimensionsstruktur evaluiert werden kann (z.B. Aussagen zur Diskriminanzvalidität). Die Dimensionen stellen bei diesen Studien eigenständige Konstrukte im Kausalmodell dar und werden daher nicht in die Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität einbezogen.
derivativ
Huber et al. (2007)
*
derivativ
Weißgerber (2007)
Quelle
Art des Konstrukts
68 Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
69
Bei näherer Betrachtung der Arbeiten fällt zunächst auf, dass zumeist keine eigenständige Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität von den Autoren vorgenommen wurde. Mit Ausnahme der Arbeit von Veloutsou69 lehnen sich alle Arbeiten bei ihrer Konzeptualisierung an den Forschungsergebnissen von Fournier70 an, deren Beitrag heute schon als „modern classic“71 bezeichnet wird. Als Grundlage zur Herleitung der Dimensionen der Markenbeziehungsqualität dienten der Konsumentenverhaltensforscherin phänomenologische Interviews mit drei Frauen in verschiedenen Lebenslagen.72 Gegenstand der Befragung waren zum einen die Nutzungsgeschichten sämtlicher der von den Probandinnen genutzten Marken. Zum anderen wurden Details zur „Lebenswelt“ der Testpersonen erhoben, die die Erfassung von Geschichten zur Entstehung, Entwicklung und Verwendung der Marken ermöglichten. Insgesamt wurden 112 Geschichten zu Marken-Konsumenten-Beziehungen erfasst, die Fournier auf Basis einer ideografischen und personenfallübergreifenden Analyse auswertete und zu einer Typologie, bestehend aus fünfzehn verschiedenen Typen von Markenbeziehungen, verdichtete.73 Diese Beziehungsmuster repräsentieren ein Spektrum von „bester Freundschaft“ zwischen Mensch und Marke bis hin zu einer einseitig dominierten Beziehungsform, die einer „Versklavung“ gleichkommt.74 Mit dem Ziel der Identifikation von Faktoren, die zur Stabilität und Dauer von Markenbeziehungen beitragen, wurden anschließend diejenigen 35 Marketinggeschichten, die auf eine starke Beziehung schließen, den übrigen Geschichten gegenübergestellt. Aufbauend auf dieser Analyse konzeptualisiert Fournier sechs Dimensionen der Markenbeziehungsqualität: Neben kognitiven Vorstellungen (Intimität, Qualität der Marke als Partner) und affektiver Hinwendung (Liebe/Leidenschaft, Verknüpfung der Marke mit der eigenen Identität)
69 70 71 72
73
74
Vgl. Veloutsou 2007. Vgl. Fournier 1994. Bengtsson 2003, S. 154. Die geringe Anzahl von Testpersonen begründet Fournier mit der gewünschten Tiefgründigkeit der geführten Interviews. Die Fokussierung auf das weibliche Geschlecht geschah bewusst, da diese entsprechend vorangegangener Untersuchungen emotionalere Markenbeziehungen aufweisen. Aufgeteilt in vier bis fünf Sitzungen wurde jede Testperson insgesamt 12 bis 15 Stunden zu Hause zu ihren Markenbeziehungen interviewt (vgl. Fournier 1998, S. 347; Fournier 2005, S. 218f.). Die verschiedenen Typen von Markenbeziehungen lassen sich nach Fournier anhand von sieben verschiedenen Kriterien differenzieren, wie z.B. freiwillige versus auferlegte Markenbeziehung oder positive versus negative Markenbeziehung (vgl. Fournier 2005, S. 224f.). Für einen Überblick der von Fournier identifizierten Beziehungsformen vgl. Fournier 1998, S. 362; Fournier 2005, S. 226f.
70
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
tragen konative Bindungen (Interdependenz, Bindung) zur Stabilität und Dauerhaftigkeit von Marken-Konsumenten-Beziehungen bei. Die von Fournier entwickelten Dimensionen wurden von einigen Autoren vollständig übernommen.75 Andere ziehen für ihre Studie nur ausgewählte Dimensionen heran76 – zum Teil ergänzt um weitere Dimensionen der Markenbeziehungsqualität.77 Während einige Autoren ihre Auswahl von Dimensionen begründen78, bleiben andere Autoren eine Erläuterung für die Nicht-Berücksichtigung gewisser Dimensionen schuldig.79 Die Dimension Liebe und Leidenschaft (Love/Passion), die eine affektive Komponente der Markenbeziehungsqualität darstellt, wird von der Mehrheit der Autoren bei ihrer Konzeptualisierung berücksichtigt.80 Mit dieser Dimension wird die intensive emotionale Verbindung zwischen Marke und Konsument erfasst, die sich dadurch ausdrückt, dass die Marke als unersetzlich und einzigartig wahrgenommen wird bis hin zu Trennungsängsten. Die Liebe zu einer Marke impliziert Empfindungen von „Wärme und Zuneigung“ bis hin zu „Abhängigkeit und eigennütziger und obsessiver Vernarrtheit“.81 Einige Autoren stehen der Markenliebe jedoch kritisch gegenüber. So schließt z.B. Weißgerber die Dimension Liebe und Leidenschaft bewusst bei ihrer Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität aus, da ihre qualitative Vorstudie ergeben hat, dass der Aspekt der Liebe und Leidenschaft im Markenzusammenhang teilweise als zu entfernt und abstrakt von den Probanden angesehen wurde.82 Ähnlich argumen75
76 77
78
79 80
81 82
Vgl. Kressmann et al. 2003; Scarabis 2006. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Dimensionsbezeichnungen bei einigen Autoren nicht direkt übereinstimmen mit den Begriffen von Fournier. Die Zuordnung in der Tabelle erfolgte bei diesen Autoren auf Basis inhaltlicher Überlegungen. Vgl. Monga 2002; Thorbjornsen et al. 2002; Algesheimer 2004; Zeplin 2005; Huber et al. 2007b; Weißgerber 2007. Vgl. Hayes/Capella/Alford 2000; Park/Kim/Kim 2002; Aaker/Fournier/Brasel 2004; Henkel/Huber 2005; Chang/Chieng 2006; Smit/Bronner/Tolboom 2007; Huber/ Vollhardt/Vogel 2008. Vgl. Hayes/Capella/Alford 2000; Park/Kim/Kim 2002; Thorbjornsen et al. 2002; Algesheimer 2004; Henkel/Huber 2005; Zeplin 2005; Huber et al. 2007b; Weißgerber 2007. Vgl. Monga 2002; Aaker/Fournier/Brasel 2004; Chang/Chieng 2006; Huber/ Vollhardt/Vogel 2008. Vgl. Park/Kim/Kim 2002; Thorbjornsen et al. 2002; Kressmann et al. 2003; Algesheimer 2004; Zeplin 2005; Chang/Chieng 2006; Scarabis 2006; Huber et al. 2007b; Smit/Bronner/Tolboom 2007; Huber/Vollhardt/Vogel 2008. Vgl. Fournier 1994, S. 130f.; Fournier 1998, S. 363f.; Fournier 2005, S. 230f. Vgl. Weißgerber 2007, S. 94.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
71
tiert Bengtsson, der eine Gleichsetzung von Markenliebe mit zwischenmenschlicher Liebe insbesondere vor dem Hintergrund der nicht vorhandenen Reziprozität in Marken-Konsumenten-Beziehungen kritisch sieht.83 Fournier selbst berücksichtigt die Dimension Liebe und Leidenschaft in einer späteren Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität nicht mehr. Eine Begründung für den Ausschluss erfolgt aber nicht.84 Dies steht jedoch im Widerspruch zu Forschungen, die sich ausschließlich dem Konstrukt der Markenliebe widmen. Schon in den 1980er Jahren befassten sich Shimp/Madden – aufbauend auf Sternberg’s Dreieckstheorie der Liebe aus dem interpersonellen Bereich – mit dem Aspekt der Liebe zu Objekten.85 Mittlerweile hat sich ein eigener Forschungszweig entwickelt, der sich mit dem Konstrukt der Markenliebe auseinander setzt.86 Die Ergebnisse dieser Forschungsbemühungen bestätigen, dass eine hohe wahrgenommene Liebe zu einer Marke einen wichtigen Aspekt einer engen Markenbeziehung darstellt.87 Ein Konsens in der Literatur in Hinblick auf die Dimensionen der Markenbeziehungsqualität ist für die Verknüpfung der Marke mit der eigenen Identität (Self-Connection) festzustellen.88 Diese affektive Facette der Markenbeziehungsqualität reflektiert den Grad, inwiefern die Marke vergangene, gegenwärtige oder ersehnte Aspekte des Selbstkonzepts widerspiegelt.89 Unter dem Selbstkonzept wird das Bild oder das Wissen verstanden, dass eine Person von bzw. über sich selbst hat.90 Diese Dimension bezieht sich somit auf die Übereinstimmung von Interessen, Meinungen und Aktivitäten zwischen Marke und Konsument und wird als „Markenpersönlichkeit-Selbstimage-Kongruenz“ verstanden.91 Die Übereinstimmung der Markenpersönlichkeit mit dem Selbstkonzept
83 84 85 86 87 88
89 90
91
Vgl. Bengtsson 2003, S. 155. Vgl. Aaker/Fournier/Brasel 2004. Vgl. Shimp/Madden 1988. Vgl. Jodl 2005; Carroll/Ahuvia 2006 sowie die dort aufgeführte Literatur. Vgl. Carroll/Ahuvia 2006. Ein Ausschluss dieser Dimension erfolgt immer nur, sofern die Dimension ein eigenständiges Konstrukt im Kausalmodell darstellt. Vgl. beispielsweise Huber et al. 2007b; Huber/Vollhardt/Vogel 2008. Vgl. Fournier 1994, S. 129f.; Fournier 1998, S. 364; Fournier 2005, S. 231. Vgl. Gollwitzer/Schmitt 2006, S. 232. Das Selbstkonzept eines Individuums hat eine Vielzahl von Ausprägungen. Während das tatsächliche Selbstkonzept die Wahrnehmung des „Ist“-Zustandes der eigenen Person markiert, repräsentiert das ideale Selbstkonzept das Wunschbild einer Person von sich selbst (vgl. Rosenberg 1979, S. 9ff.). Vgl. Weis/Huber 2000, S. 59.
72
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
eines Konsumenten führt zur Identifikation mit der Marke, die wiederum zur Aufrechterhaltung einer Beziehung beiträgt.92 Die Dimension der Interdependenz (Interdependence) ist dem konativen Bereich der Markenbeziehungsqualität zugeordnet und stellt die Beziehungskomponente dar, die von den wenigsten Autoren im Rahmen der Konzeptualisierung berücksichtigt wird. Die Interdependenz reflektiert – analog zum zwischenmenschlichen Bereich (vgl. Abschnitt 1.3.3) – das Maß der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen Konsument und Marke.93 Bengtsson merkt in diesem Zusammenhang kritisch an, dass Marken-Konsumenten-Beziehungen eher eine einseitige Abhängigkeit darstellen, da die Marke nicht auf den einzelnen Konsumenten per se angewiesen ist.94 Die Interdependenz zeigt sich gemäß Fournier im häufigen Gebrauch der Marke, einem steigenden Umfang und einer Erweiterung der markenbezogenen Aktivitäten (z.B. Cross Selling) sowie einer zunehmenden Intensität individueller Interaktionen (Konsumrituale).95 Auch sie betrachtet somit eher die Dependenz und nicht die Interdependenz einer Marken-KonsumentenBeziehung. Die Gründe, die zur Nicht-Berücksichtigung der Interdependenzkomponente führen, werden von den meisten Autoren nicht explizit erläutert. Einige verweisen auf die Bedeutungslosigkeit der Interdependenzdimension in ihrem Untersuchungskontext.96 Aus Sicht von Zeplin stellt die Interdependenz keine Dimension, sondern eher eine Determinante der Markenbeziehungsqualität dar.97 Dieser Einwand ist berechtigt, ist jedoch letztlich eine Frage der Entscheidung für ein formatives oder reflektives Messmodell.98 Weißgerber unterstellt hingegen der Interdependenz einen geringen Erklärungsbeitrag. Die Häufigkeit der Interaktion geht aus ihrer Sicht nicht automatisch mit der Bindungsintensität im Sinne einer emotionalen Verbindung einher.99 Wenngleich die Häufigkeit der 92 93 94
95 96 97 98
99
Vgl. Bauer/Mäder/Huber 2002, S. 704. Vgl. Fournier 2005, S. 231. Vgl. Bengtsson 2003, S. 156. Dem wird von einigen Autoren kritisch entgegnet, dass Kunden Einfluss auf die Marke nehmen können in dem Sinn, dass sie als Einzelwert zu meist aggregierten Größen, wie z.B. Verkaufszahlen oder Weiterempfehlungen, beitragen (vgl. z.B. Jodl 2005, S. 42). Vgl. Fournier 1994, S. 127ff.; Fournier 1998, S. 364f.; Fournier 2005, S. 231. Vgl. Hayes/Capella/Alford 2000, S. 8; Thorbjornsen et al. 2002, S. 26. Vgl. Zeplin 2005, S. 22. Bei einem reflektiven Messmodell spiegeln die Indikatoren die Ausprägung des Konstrukts wider, d.h., die Indikatoren werden vom Konstrukt verursacht. Bei einem formativen Messmodell ist der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang umgekehrt. Hier verursachen Veränderungen der Indikatoren eine Veränderung des zugrunde liegenden Konstrukts. Vgl. hierzu ausführlich Abschnitt 3.1.2 und 4.1. Vgl. Weißgerber 2007, S. 93.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
73
Interaktion keine hinreichende Voraussetzung für die Markenbeziehungsqualität ist, so ist jedoch davon auszugehen, dass mit zunehmender Nutzung einer Marke in verschiedenen Bereichen des alltäglichen Lebens die Bindung an die Marke steigt. Ein hohes Maß an Bindung (Commitment) ist kennzeichnend für alle Markenbeziehungen. Diese konative Komponente der Markenbeziehungsqualität spiegelt gemäß Fournier die Intention des Konsumenten wider, „[…] to behave in a manner supportive of relationship longevity.“100 Sie unterscheidet zwischen emotionalen und investitionsabhängigen Bindungsformen, die beide einen positiven Einfluss auf die Stabilität der Beziehung haben. Im Gegensatz zur emotionalen Verbindung führen investitionsabhängige Bindungen dazu, dass Konsumenten eine Beziehung auch dann aufrechterhalten, wenn die Konsequenzen ihrer Entscheidungen im Widerspruch zu ihren aktuellen persönlichen Interessen stehen.101 Erstere ist gleichzusetzen mit dem in der Literatur häufig diskutierten Konstrukt Markencommitment, worunter die gefühlsmäßige Bindung eines Konsumenten an eine Marke verstanden wird.102 Die Bindungskomponente der Markenbeziehungsqualität wird in der Mehrheit der Konzeptualisierungsbeiträge berücksichtigt. Jedoch ist kritisch in Frage zu stellen, ob es sich bei der Bindung um eine Dimension handelt, die eine Beurteilung der Beziehung durch den Kunden beschreibt. Schließlich drückt sich in dem Konstrukt eine Konsequenz der Beziehungsbeurteilung durch den Kunden in Form einer Verhaltensabsicht aus. Diese Sichtweise wird auch von anderen Autoren geteilt, die die Bindung bzw. das Commitment als Wirkung der Markenbeziehungsqualität verstehen.103 Die kognitive Dimension der Intimität (Intimacy) definiert als „[…] deep understanding about the relationship partners as created through information disclosure”104 spiegelt das Ausmaß an gegenseitigen Wissensstrukturen zwischen Konsument und Marke wider. Diese Dimension spricht somit explizit das Maß
100 101 102
103 104
Fournier 1998, S. 365. Vgl. Fournier 1998, S. 365. Als Beispiel führt Fournier das Festhalten einer Probandin an der Marke Coca-Cola trotz Gewichtsproblemen an. In der Literatur wird häufig zwischen affektivem und kognitivem Markencommitment unterschieden. Kognitives Markencommitment ist von Bedeutung, wenn die Entscheidung zwischen zwei Marken ein funktionales Risiko birgt und somit das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Marke (Brand Reliability) eine Schlüsselrolle spielt. Affektives Markencommitment hingegen steht im Vordergrund, wenn die Markenwahl mit emotionalen Risiken verbunden ist (vgl. Amine 1998; Hess/Story 2005; Jenner 2005). Vgl. Algesheimer 2004, S. 292; Zeplin 2005, S. 22. Aaker/Fournier/Brasel 2004, S. 7.
74
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
der gegenseitigen Durchdringung der Persönlichkeitsbreite und -tiefe nach Taylor und Altman an (vgl. Abschnitt 2.1.1). Die Studie von Fournier bestätigt, dass Konsumenten über ein ausgeprägtes, tiefgehendes Markenwissen über ihnen nahe liegenden Marken verfügen, das mit tieferen Ebenen der Intimität in zwischenmenschlichen Beziehungen vergleichbar ist und häufig mit dem Glauben an die Überlegenheit und Unersetzbarkeit der Marke einhergeht.105 Es scheint Einigkeit darüber zu bestehen, dass Intimität eine Dimension der Markenbeziehungsqualität darstellt. Lediglich Zeplin sieht in der Intimität eine Determinante und nicht eine Dimension der Markenbeziehungsqualität.106 Bengtsson übt hingegen generelle Kritik an der Gleichstellung von Intimität in Marken-Konsumenten-Beziehungen mit intimen zwischenmenschlichen Beziehungsformen. Zwar können Konsumenten ausgeprägte Wissensstrukturen gegenüber Marken aufbauen, jedoch ist die gegenseitige Persönlichkeitsdurchdringung in MarkenKonsumenten-Beziehungen eingeschränkt: „A consumer cannot share his/her life story with a brand since the brand is an inanimate object.“107 Weitgehende Einigkeit besteht hinsichtlich der Partnerqualität (Partner Quality) als kognitive Dimension der Markenbeziehungsqualität. Die Partnerqualität identifiziert, inwieweit die Marke ihre Rolle als Beziehungspartner aus Sicht des Konsumenten erfüllt.108 Beurteilungskriterien stellen dabei die Kundenorientierung der Marke, die Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit der Marke sowie das Ausmaß des Befolgens von (Vertrags-)Regeln dar.109 Darüber hinaus wird bewertet, inwieweit die Marke durch ihr demonstriertes Verantwortungsbewusstsein einen Beitrag zur Unsicherheitsreduktion leistet. Einige Autoren ersetzen die Partnerqualität in Marken-Konsumenten-Beziehungen durch die Dimension Markenvertrauen.110 Dieses Vorgehen erscheint aufgrund der starken inhaltlichen Nähe beider Konstrukte gerechtfertigt. Markenvertrauen kennzeichnet den Grad, in dem sich ein Konsument auf gegebene Versprechen einer Marke verlassen kann.111 Das Vertrauen in eine Marke beeinflusst wiederum die Bindungsbereitschaft eines Kunden, da ein hohes Markenvertrauen hilft, das wahrgenomme105 106 107 108 109
110 111
Vgl. Fournier 1994, S. 130; Fournier 1998, S. 365; Fournier 2005, S. 232. Vgl. Zeplin 2005, S. 22. Bengtsson 2003, S. 156f. Vgl. hierzu auch Abschnitt 2.1.2 Vgl. Fournier 1994, S. 132; Fournier 1998, S. 365; Fournier 2005, S. 232f. Häufig wird das Eingehen von Beziehungen mit dem Abschluss eines impliziten Beziehungsvertrags zwischen den Beziehungspartnern verglichen, der – je nach Art der Beziehung – unterschiedliche Regeln des zwischenmenschlichen Verhaltens in der Beziehung definiert (vgl. z.B. Sabatelli/Pearce 1986 für Ehen sowie Wiseman 1986 für Freundschaften). Vgl. Zeplin 2005, S. 22; Weißgerber 2007, S. 95. Vgl. Chaudhuri/Holbrook 2001, S. 82; Sirdeshmukh/Singh/Sabol 2002, S. 17.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
75
ne Kaufrisiko zu reduzieren und dabei die Kosten und Mühen, die mit dem Kauf verbunden sind, zu senken.112 Markenvertrauen stellt somit ein primär zukunftsorientiertes Konstrukt dar und spiegelt daher das Kundenurteil über die Marke hinsichtlich ihrer Fähigkeit wider, zukünftige Beziehungserwartungen zu erfüllen. Neben diesen (Kern-)Dimensionen ziehen einige Autoren weitere Konstrukte als Dimensionen der Markenbeziehungsqualität heran: Die nostalgische Verbindung zur Marke kennzeichnet den Grad, inwiefern die Marke mit dem vergangenen Selbstkonzept verbunden ist.113 Diese Facette der Markenbeziehungsqualität geht auch auf Fournier zurück: Ursprünglich unter dem Konstrukt Markenverbundenheit (Brand Attachment) zusammengefasst, ergibt die konfirmatorische Faktorenanalyse im Rahmen der empirischen Validierung ihres Messinstrumentariums eine Zwei-Faktoren-Struktur, bestehend aus „Verbindung zum Selbstkonzept“ und „nostalgische Verbindung“.114 Erstere beschreibt den Bezug der Marke zu vergangenen Aspekten des Selbst; letztere umfasst die Verbindung zum gegenwärtigen oder zukünftig (ersehnten) Selbstkonzept. Die Mehrheit der Arbeiten berücksichtigt bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität jedoch nicht den Aspekt der nostalgischen Verbindung. Dem Aspekt der Markenattraktivität wird nur in der Arbeit von Hayes et al. Beachtung geschenkt.115 Sie vergleichen die Markenattraktivität mit der wahrgenommenen Attraktivität des Beziehungspartners in zwischenmenschlichen Beziehungen, die das Ergebnis der Bewertung physischer (z.B. Aussehen) und/oder nicht-physischer (z.B. Intelligenz) (Marken-)Persönlichkeitsmerkmale darstellt.116 In dieser Arbeit wird jedoch die Ansicht vertreten, dass Markenattraktivität keine eigenständige Dimension der Markenbeziehungsqualität darstellt, da die Markenattraktivität in anderen Dimensionen implizit erfasst wird (z.B. Verbindung zum Selbstkonzept). Andere Autoren sehen im Markenvertrauen eine eigene Dimension der Markenbeziehungsqualität.117 Die verwendeten Messitems für Markenvertrauen sind jedoch nicht überschneidungsfrei mit den Indikatoren, die in anderen Studien der Dimension Partnerqualität zugeordnet werden. 112 113 114 115 116 117
Vgl. Bruhn/Hadwich 2006, S. 54. Vgl. Fournier 1994, S. 137. Vgl. Fournier 1994, S. 136f. Vgl. Hayes/Capella/Alford 2000. Vgl. Hayes/Capella/Alford 2000, S. 7f. Vgl. Park/Kim/Kim 2002; Smit/Bronner/Tolboom 2007.
76
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
Die Markenzufriedenheit wird in den Studien von Aaker et al., Henkel/Huber und Huber et al. als eigenständige Komponente der Markenbeziehungsqualität berücksichtigt.118 Die Mehrheit der Autoren sieht jedoch davon ab, Markenzufriedenheit als Dimension der Markenbeziehungsqualität zu berücksichtigen, da in ihren Augen die Markenzufriedenheit eine Determinante und nicht ein Bestandteil der Markenbeziehungsqualität darstellt.119 Dieser Einwand gilt jedoch – analog zur Interdependenzdimension – nur im Falle einer Entscheidung für ein reflektives Messmodell der Markenbeziehungsqualität. Sofern sich für ein formatives Messmodell entschieden wird, ist die Markenzufriedenheit im Umkehrschluss in die Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität einzubeziehen. Die Markenzufriedenheit steht in enger Verbindung zur funktionalen Verbindung zur Marke, die von Chang/Chieng als Bestandteil der Markenbeziehungsqualität angesehen wird.120 Die funktionale Verbindung zur Marke geht auf Hess zurück, der sich in seiner Dissertation mit emotionalen und funktionalen Aspekten von Marken-Konsumenten-Beziehungen beschäftigt.121 Funktionale Verbindungen zur Marke basieren insbesondere auf Markenzufriedenheit, während emotionale Verbindungen vor allem das Ergebnis von Markenvertrauen darstellen.122 Insofern kann die funktionale Verbindung zur Marke mit Markenzufriedenheit gleichgesetzt werden. Wie eingangs erwähnt, lehnen sich sämtliche Arbeiten zur Markenbeziehungsqualität an Fournier an.123 Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Veloutsou, die eine eigenständige Konstruktkonzeptualisierung und -operationalisierung der Markenbeziehungsqualität vornimmt.124 Aufbauend auf einem strukturierten Prozess der theoretischen Konzeptualisierung und empirischen Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität mit Hilfe von qualitativen und quantitativen Methoden leitet sie zwei Dimensionen der Markenbeziehungsqualität ab: emotionaler Austausch (Emotional Exchange) und zweiseitige Kommunikation (Two
118 119 120 121 122 123 124
Vgl. Aaker/Fournier/Brasel 2004; Henkel/Huber 2005; Huber/Vollhardt/Vogel 2008. Vgl. z.B. die Argumentation bei Weißgerber 2007, S. 94. Vgl. Chang/Chieng 2006. Vgl. Hess 1998. Vgl. Story/Hess 2006. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass einige Autoren ihre Konstruktoperationalisierung mit qualitativen (Vor-)Studien unterstützen. Vgl. Veloutsou 2007. Sie verwendet anstatt dem Begriff Markenbeziehungsqualität den Begriff Stärke der Markenbeziehung (Brand Relationship Strength).
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
77
Way Communication).125 Während die emotionale Komponente der Markenbeziehungsqualität Aspekte aufgreift, die bei Fournier und anderen Autoren insbesondere unter den Dimensionen Interdependenz, Bezug zum Selbstkonzept und Partnerqualität diskutiert werden, stellt die zweiseitige Kommunikation eine neue Dimension der Markenbeziehungsqualität dar: „This indicates that the communication between consumers and their brands is not necessarily a one-way process as some have suggested. […] Consumers seem to be willing not only to hear news about the brands of their choice, but also to provide feedback to the brand team if required.“126 Die Studienergebnisse stehen somit im Einklang mit den theoretischen Erkenntnissen, dass wechselseitige Interaktionen einen Einfluss auf die wahrgenommene Beziehungsqualität haben (vgl. Abschnitt 2.1). Der Überblick über die alternativen Konzeptualisierungen der Markenbeziehungsqualität macht deutlich, dass sich die Markenbeziehungsqualität in allen Arbeiten aus mehreren Dimensionen zusammensetzt. Markenbeziehungsqualität stellt somit ein „Higher-Order“-Konstrukt bzw. mehrfaktorielles Konstrukt dar. Uneinigkeit besteht hingegen hinsichtlich der Art und Anzahl der Dimensionen, die das Konstrukt beinhaltet.127 Auffallend ist insbesondere, dass sowohl Kressmann et al. als auch Scarabis nach faktorenanalytischer Auswertung eine Zwei-Faktoren-Struktur vorschlagen.128 In beiden deutschsprachigen Studien fallen dem ersten Faktor die Indikatoren für die Dimension Partnerqualität, dem zweiten Faktor alle übrigen zu.129 Während Scarabis den zweiten Faktor mit dem Begriff „emotionale Nähe“ umschreibt, fassen Kressmann et al. die Messitems unter dem Begriff „Interaktion“ zusammen. Eine abschliessende kritische Würdigung der in der Literatur verwendeten Konstruktkonzeptualisierungsansätze der Markenbeziehungsqualität kommt zu dem Schluss, dass bis dato kein einheitliches Verständnis über die Inhalte und Struktur der Markenbeziehungsqualität besteht. Der derzeitige Forschungstand zeichnet sich vielmehr durch eine Vielfalt unterschiedlicher Zugänge zum Konstrukt der Markenbeziehungsqualität aus. Ein wesentliches Defizit bestehender Konzeptualisierungen liegt in der mangelnden Berücksichtigung zweiseitiger Kommunikationsprozesse, die vom Konsumenten losgelöst von einzelnen 125 126 127 128 129
Die zweiseitige Kommunikation erklärt 56,5 Prozent, der emotionale Austausch hingegen nur 9,3 Prozent der Gesamtvarianz (vgl. Veloutsou 2007, S. 18f.). Veloutsou 2007, S. 18, 21. Vgl. hierzu Schaubild 2-4. Vgl. Kressmann et al. 2003; Scarabis 2006. Kressmann et al. 2003 und Scarabis 2006 berücksichtigen in ihren Studien Items für die Dimensionen Liebe/Leidenschaft, Verbindung zur Identität, Interdependenz, Bindung, Intimität und Partnerqualität.
78
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
(Kauf-)Transaktionen als transaktionsübergreifende Qualitätskomponenten der Marken-Konsumenten-Beziehung wahrgenommen und bewertet werden. Darüber hinaus ist kritisch zu sehen, dass sich bestehende Konzeptualisierungsansätze meist auf eine Auswahl von einzelnen Komponenten der Markenbeziehungsqualität beschränken. Wie die Diskussion gezeigt hat, liegt jedoch die Vermutung nahe, dass sämtliche Dimensionen der Markenbeziehungsqualität einen Erklärungsbeitrag zum Verständnis der Qualität von Marken-Konsumenten-Beziehungen liefern können und somit bei einer Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität zu berücksichtigen sind. Mit dem Ziel, die Defizite bisheriger Forschungsbemühungen zum Konstrukt der Markenbeziehungsqualität zu überwinden, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit angestrebt, eine eigene Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität unter Berücksichtigung der Ergebnisse zum Stand der Forschung sowie mit Hilfe von qualitativen und quantitativen Studien vorzunehmen. Die Faktoren, der in Schaubild 2-5 dargestellten Konzeptualisierung, stellen eine grobe Kategorisierung aufgrund der bisherigen Forschung und theoretischen Erkenntnisse (vgl. Abschnitt 2.1) dar. Sie bieten erste Anhaltspunkte für diejenigen Faktoren, die im Rahmen der weiteren Ausführung zu berücksichtigen sind.
Markenbeziehungsqualität
Liebe/ Leidenschaft
Verbindung zur Identität
Interdependenz
Intimität
Marke-KundeInteraktion
Partnerqualität
Zufriedenheit
Zweiseitige Kommunikation
Stellvertreter-Kunde Interaktion
Schaubild 2-5: (Grob-)Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität auf Basis der Erkenntnisse bestehender Studien
Die Faktoren „nostalgische Verbindung“, „Markenattraktivität“, „funktionale Verbindung zur Marke“ sowie „Bindung“ werden aufgrund der diskutierten Gründe nicht weiter bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
79
berücksichtigt.130 Die übrigen Faktoren können den beiden Kategorien „MarkeKunde-Interaktion“ und „Stellvertreter-Kunde-Interaktion“ zugeordnet werden. Erstere fasst Dimensionen der Markenbeziehungsqualität zusammen, deren Wahrnehmung gemäß der Erkenntnisse der Animismustheorie nicht notwendigerweise wechselseitiger, interaktiver Dialoge bedarf (vgl. Abschnitt 2.1.2). Letztere stellt hingegen eine Kategorie für Qualitätsdimensionen dar, die nur im wechselseitigen Austausch mit Markenbeziehungsstellvertretern realisiert werden können. Marke-Kunde-Interaktion und Stellvertreter-Kunde-Interaktion sind somit als grundlegende Struktur der Markenbeziehungsqualität zu begreifen, die es im Weiteren auszudifferenzieren bedarf.
2.2.4
Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität
Die dargestellten Dimensionen der Markenbeziehungsqualität bilden – nach dem derzeitigen Stand der Forschung – die Beziehung zwischen einer Marke und einem Konsumenten ab. Auf Basis der Markenbeziehungen bzw. deren Stärke bildet der Konsument ein Evoked Set, das eine begrenzte, klar profilierte Zahl von Alternativen für die Aufnahme und Intensivierung einer Geschäftsbeziehung enthält. Aus dem Evoked Set wird dann eine Alternative ausgewählt. Die Verhaltensabsicht beschreibt das Ergebnis dieses Entscheidungsprozesses und drückt sich in den verhaltensorientierten Response-Größen aus.131 Neben diesen Verhaltenswirkungen werden in einigen Arbeiten zu Marken-KonsumentenBeziehungen noch Wahrnehmungswirkungen der Markenbeziehungsqualität diskutiert, die den Verhaltenswirkungen vorgelagert sind (vgl. Schaubild 2-6). Wahrnehmungsbezogene Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität beinhalten Wirkungen der Markenbeziehungsqualität, die sich auf intern ablaufende psychische Prozesse als Resultat der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität beziehen. Es erfolgt im Weiteren eine Diskussion und kritische Würdigung der Erkenntnisse der empirischen Marketingforschung zu wahrnehmungs- und verhaltensbezogenen Wirkungen der Markenbeziehungsqualität.
130
131
Markenbindung (Commmitment) geht in dieser Arbeit als Zielgröße in das Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität ein. Vgl. hierzu Abschnitt 2.2.4. und 3.4. Vgl. Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 408.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
Park/Kim/Kim (2002) X X
X
Henkel/Huber (2005)
X
X
Zeplin (2005)
X
X
Weißgerber (2007)
X
Huber et al. (2007)
X
Smit/Bronner/ Toolboom (2007)
X
Huber/Vollhardt/ Vogel (2008)
Konsumentenverhalten in Markenkrisen
Dialogbereitschaft
X
Kressmann et al. (2003) Algesheimer (2004)
Weiterempfehlungsabsicht
(Wieder-) Kaufabsicht
Verhaltenswirkungen
Markenbindung/ Markenloyalität
Kaufrisiko
Kundenwert
Markenwissen
Wahrnehmungswirkungen
Markenerweiterungsakzeptanzabsicht
80
X
X
X
Schaubild 2-6: Überblick über empirisch nachgewiesene Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität
1. Wahrnehmungswirkungen der Markenbeziehungsqualität Algesheimer untersucht in seiner Studie unter anderem die Wirkung der Markenbeziehungsqualität auf das Markenwissen und weist nach, dass das Wissen über
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
81
die Marke umso intensiver ist, je hochwertiger die Beziehungsqualität zur Marke wahrgenommen wird.132 Markenwissen wird dabei als Beurteilungsprozess definiert, durch den Individuen versuchen, ihr Gedächtnis nach Signalen abzusuchen, die ihnen helfen, ihren Grad an Markenwissen zu evaluieren.133 Wie in Abschnitt 2.1.2 aufgezeigt wurde, wird die Markenbeziehungsqualität auf Basis der Theorie der sozialen Durchdringung als zentraler Gedächtnisspeicher aufgefasst, auf den innerhalb jeder Transaktion zurückgegriffen wird, um eine Evaluierung von Transaktionen vorzunehmen. Insofern wird die Markenbeziehungsqualität nicht nur durch das Markenwissen bestimmt, sondern determiniert auch umgekehrt das Wissen über eine Marke. Das Markenwissen findet bei bestehenden Arbeiten zur Markenbeziehungsqualität in der Intimitätsdimension der Markenbeziehungsqualität Berücksichtigung (vgl. Abschnitt 2.2.3). Markenwissen ist daher eher als Dimension und nicht als Wirkung der Markenbeziehungsqualität zu verstehen. Neben dem Markenwissen werden der Kundenwert und das Kaufrisiko als wahrnehmungsbezogene Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität diskutiert. Huber et al. weisen nach, dass sich eine hohe Markenbeziehungsqualität positiv auf den wahrgenommenen Kundenwert aus Kundensicht auswirkt.134 Begründet wird dies mit dem relationalen Nutzen, den Markenbeziehungen Kunden stiften. Der Kundenwert wird in ihrem Wirkungsmodell über Indikatoren gemessen, die eine enge Analogie zur Messung der Markenzufriedenheit aufweisen.135 Markenzufriedenheit stellt jedoch – wie im vorhergehenden Abschnitt diskutiert – eine Komponente der Markenbeziehungsqualität dar. Infolgedessen wird der Kundenwert, verstanden als Markenzufriedenheit, in dieser Arbeit nicht als Wirkung, sondern Dimension der Markenbeziehungsqualität verstanden. Das wahrgenommene Kaufrisiko steht hingegen in einem direkten Wirkungszusammenhang mit der Markenbeziehungsqualität. Die Studienergebnisse von Huber et al. belegen, dass eine hohe Markenbeziehungsqualität mit einer Reduzierung des wahrgenommenen Kaufrisikos für den Konsumenten einhergeht. Dieser Effekt ist als direktes Resultat des Markenvertrauens zu verstehen, das eine Dimension der Markenbeziehungsqualität darstellt (vgl. Abschnitt 2.2.3). Der Einfluss der Markenbeziehungsqualität auf das wahrgenommene Kaufrisiko wird in
132 133 134 135
Vgl. Algesheimer 2004. Vgl. Algesheimer 2004, S. 150. Vgl. Huber/Vollhardt/Vogel 2008. Der Kundenwert aus Kundensicht wird bei Huber/Vollhardt/Vogel (2008, S. 67) über die folgenden Items operationalisiert: (1) „Die Leistung von Restaurant x ist ihr Geld wert.“, (2) „Durch den Kauf der Leistung macht man ein gutes Geschäft.“, (3) „Der zu zahlende Preis für die Dienstleistung ist fair.“
82
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
der vorliegenden Arbeit jedoch nicht weiter berücksichtigt, da der postulierte Zusammenhang keinen nennenswerten Erkenntnisbeitrag liefert. Im Ergebnis kann zu den Wahrnehmungswirkungen der Markenbeziehungsqualität festgehalten werden, dass die Mehrheit der untersuchten Wahrnehmungswirkungen eher als Dimensionen der Markenbeziehungsqualität interpretiert werden können. 2. Verhaltenswirkungen der Markenbeziehungsqualität Um den Aufbau von Marken-Konsumenten-Beziehungen zu rechtfertigen, bedarf es der Kenntnis über Verhaltenswirkungen der Markenbeziehungsqualität, mit der Investitionen in den Beziehungsaufbau auf Basis von Rentabilitätsüberlegungen begründet werden können. Bei einer genaueren Analyse der empirischen Arbeiten zur Verhaltenswirkung der Markenbeziehungsqualität fällt zunächst auf, dass lediglich die intentionale, nicht jedoch die faktische Verhaltenswirkung Gegenstand derzeitiger Untersuchungen ist. Die Forschungsbemühungen konzentrieren sich auf Größen, die die Verhaltensabsicht des Konsumenten charakterisieren und messen. Das Heranziehen von Absichtserklärungen zur Prognose des tatsächlichen Verhaltens ist eine weit verbreitete Methode in der Wissenschaft.136 Dies ist unter anderem auf die Schwierigkeiten zurück zu führen, die mit der Erhebung des realen Verhaltens häufig verbunden sind.137 Die Prognosefähigkeit des intendierten Verhaltens ist dabei an gewisse Bedingungen geknüpft. So ist z.B. die Kaufwahrscheinlichkeit umso höher, je besser der Proband voraussehen kann, was ihn in der Kaufsituation erwartet.138 Insgesamt ist jedoch davon auszugehen, dass die Verhaltensabsicht das tatsächliche Verhalten hinreichend genau prognostiziert.139 Eine in der empirischen Marketingforschung untersuchte Verhaltenswirkung der Markenbeziehungsqualität stellt die Markenbindungabsicht140 dar. Unter der Markenbindung wird die emotionale Verbundenheit des Konsumenten mit einer
136 137
138 139 140
Vgl. z.B. Lau/Lee 1999; Homburg/Giering/Menon 1999; Georgi 2000; Frommeyer 2005; Richter 2005, S. 137; Bruhn 2007a, S. 536; Weißgerber 2007. So ist es z.B. schwierig, das tatsächliche Konsumentenverhalten als Reaktion auf eine Markenkrise zu erfassen, wenn der Untersuchung ein fiktives Krisenszenario zugrunde liegt (vgl. Weißgerber 2007, S. 103). Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 176; Conze 2007, S. 76. Vgl. Morrison 1979 sowie erläuternd dazu Georgi 2000, S. 49. Die Begriffe Markenbindung und Kundenbindung werden in dieser Arbeit synonym verwendet. Vgl. hierzu Abschnitt 3.4.1.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
83
Marke verstanden.141 Im Gegensatz zur Markentreue, unter der der reine wiederholte Kauf einer Marke innerhalb einer Produktgruppe verstanden wird, gibt die Markenbindung Aufschluss über die Einstellung zur Marke. Ein Konsument kann eine Marke wiederholt kaufen (Markentreue), ohne über eine echte Markenpräferenz für sie zu verfügen (Markenbindung). Dies mag z.B. an einem Mangel an Alternativen oder Trägheit liegen und beruht somit nicht auf einer Marken-Konsumenten-Beziehung. Durch Analyse der Einstellung zur Marke wird sichergestellt, dass es sich bei dem Wiederholungskauf nicht um einen dem Beziehungsanspruch nicht gerecht werdenden Kauf (Spurious Brand Loyalty), sondern um eine Marken-Konsumenten-Beziehung handelt (True Brand Loyalty). Die Einstellung zur Marke lässt sich als das Ergebnis der Einschätzung kognitiver (wissensbasierter) und affektiver (gefühlsbetonter) Aspekte einer Marke beschreiben, die sich in einer Verhaltensbereitschaft konkretisiert.142 Die Erfassung der kognitiven und affektiven Dimension der Markeneinstellung wird durch die Komponenten der Markenbeziehungsqualität wiedergegeben (z.B. Markenvertrauen, Markenzufriedenheit). Aus der positiven oder negativen Bewertung dieser einzelnen Facetten der Markenbeziehungsqualität folgt die Bereitschaft des Konsumenten, sich als Kunde in einer bestimmten Weise zu verhalten (z.B. Wiederkaufabsicht, Cross-Buying-Absicht, Preiserhöhungstoleranz, Weiterempfehlungsabsicht). Die Markenbindung im Sinne einer Verhaltensabsicht ist somit Ausdruck und Folge einer positiven Einschätzung der Markenbeziehungsqualität. Markenbindung kann daher als konative (handlungsbasierte) Komponente der Markenbeziehungsqualität interpretiert werden. Sowohl Algesheimer als auch Henkel/Huber konnten in ihren Studien den Wirkungszusammenhang zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung empirisch nachweisen.143 Neben der Analyse der Wirkung der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung insgesamt geben einige Studien differenzierten Aufschluss über einzelne Verhaltenswirkungen.
141 142
143
Vgl. Geus 2005, S. 90; Esch 2007, S. 74. Vgl. auch die Ausführungen zur Markenbindung in Abschnitt 1.4. Gemäß der Drei-Komponenten-Theorie der Einstellung umfassen Einstellungen neben kognitiven und affektiven Komponenten eine Verhaltenskomponente, die für das zukünftige Handeln des Konsumenten verantwortlich ist (vgl. Weinberg/Terlutter 2005; S. 48). In vielen Arbeiten wird die konative Komponente der Einstellung aus dem Konstrukt ausgegliedert und als eigenständiges Konstrukt behandelt, da schon allein die Verhaltensintention ein guter Indikator ist, um das tatsächliche Verhalten zu prognostizieren (vgl. z.B. die Argumentation bei Diller 1996, S. 83). Vgl. Algesheimer 2004; Henkel/Huber 2005.
84
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
Die Wirkung der Markenbeziehungsqualität auf die (Wieder-)Kaufabsicht wurde in mehreren Studien belegt.144 Die (Wieder-)Kaufabsicht bezeichnet das Vorhaben des Konsumenten, die Leistung eines Anbieters bei der nächsten Gelegenheit (erneut) in einem festgelegten Zeitraum in Anspruch zu nehmen.145 Der positive Effekt der Markenbeziehungsqualität auf die (Wieder-)Kaufabsicht kann aus der Theorie der sozialen Durchdringung abgeleitet werden, nach der die Beziehungspartner die Beziehung initiieren bzw. vertiefen, solange der angenommene Nutzen die angenommenen Kosten der Beziehung übersteigt.146 Ebenso wird die Markenerweiterungsakzeptanzabsicht als Wirkungsgröße der Markenbeziehungsqualität identifiziert und empirisch nachgewiesen. Bei einer Markenerweiterung wird eine etablierte Marke für den Eintritt in eine neue Produktkategorie genutzt, d.h., es werden unter der Marke zusätzliche Produkte angeboten, die mit dem Ausgangsprodukt nicht direkt verwandt sind, jedoch unter das Dach der Marke passen.147 Die Studienergebnisse von Park et al. weisen darauf hin, dass Konsumenten mit einer hohen Markenbeziehungsqualität zur Stammmarke die Übertragung der Marke auf bestimme Erweiterungsprodukte als subjektiv geeigneter wahrnehmen als Konsumenten mit einer niedrigeren Markenbeziehungsqualität.148 Der Erfolg einer Markenerweiterung hängt wesentlich davon ab, ob Konsumenten mit der Stammmarke positive Assoziationen und Einstellungen im Gedächtnis verbinden und ob diese Wissensrepräsentationen die Beurteilung entsprechender Markenerweiterungen positiv beeinflussen.149 Der Markenbeziehungsqualität kommt in diesem Zusammenhang eine Doppelfunktion zu. Zum einen erleichtert eine hohe Beziehungsqualität zu einer Marke den Rückgriff auf das Markenwissen. Zum anderen kann eine starke Markenbeziehung dazu führen, dass selbst Markenerweiterungen akzeptiert werden, die keine große Ähnlichkeit mit bestehenden Assoziationen zur Stammmarke aus Konsumentensicht aufweisen – sofern es sich um Markenerweiterungen in naheliegende Produktfelder handelt. Bei Markenerweiterung in weit entfernte Produktfelder ist dieser „Vertrauensvorschuss“ jedoch aufgebraucht. Nur wenn durch die Erweiterung Markenassoziationen beim Konsumenten hervorgerufen werden, die eine hohe Kongruenz mit bereits bestehenden Imagekomponenten 144 145 146 147
148 149
Vgl. Kressmann et al. 2003; Zeplin 2005; Huber et al. 2007b; Smit/Bronner/ Tolboom 2007. Vgl. Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 408. Vgl. Altman/Taylor 1973. Vgl. Aaker 1990. Für eine ausführliche Erläuterung der Markenerweiterungsstrategie sowie deren Abgrenzung von anderen Markendehnungsstrategien vgl. z.B. Esch 2007, S. 319ff. Vgl. Park/Kim/Kim 2002. Vgl. Esch et al. 2001, S. 770f.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
85
der Marke aufweisen, wird die Markenerweiterung sowohl bei Konsumenten mit einer hohen als auch mit einer niedrigen Markenbeziehungsqualität von Erfolg sein.150 Der Einfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenerweiterungsakzeptanz gewinnt insbesondere vor dem derzeitigen Stellenwert von Markenerweiterungen in der unternehmerischen Praxis an strategischer Relevanz: Mehr als 90 Prozent der Neuprodukte bei kurzlebigen Konsumgüter werden national und international mit Hilfe einer Markenerweiterungsstrategie eingeführt.151 Neben diesen Wirkungsgrößen, die das Kaufverhalten betreffen, ist das beabsichtigte Kommunikationsverhalten des Kunden von Relevanz. Mehrere Studien berücksichtigen die Weiterempfehlungsabsicht152 als Verhaltenskonsequenz der Markenbeziehungsqualität. Weiterempfehlung kann im Markenzusammenhang als persönliche, mündliche oder schriftliche Weitergabe der positiven Beurteilung einer Marke an eine Person oder Personengruppe verstanden werden.153 Gemäß einer Studie von McKinsey werden mittlerweile zwei Drittel der Kaufentscheidungen durch Empfehlungen anderer Konsumenten beeinflusst.154 Ein wesentlicher Grund hierfür ist in der Vertrauenswürdigkeit persönlicher Informationsquellen zu sehen. Konsumenten verlassen sich in Entscheidungsprozessen eher auf Informationen aus persönlichen, vertrauten Quellen als auf formale, vom Anbieter ausgesendete Informationen. So ergab eine Studie von Nielsen, die in 47 Ländern durchgeführt wurde, dass im Durchschnitt 78 Prozent der Befragten Empfehlungen anderer Verbraucher als die vertrauensvollste Informationsquelle für ihre Kaufentscheidung ansehen.155 Weiterempfehlungen rufen jedoch nicht nur Wirkungen bei den Empfängern der Weiterempfehlungen hervor. Auch beim Sender von Weiterempfehlungen haben ausgesprochene Weiterempfehlungen eine Verhaltensrelevanz. Die Abgabe von Weiterempfehlungen verstärkt die Kundenbindung des Empfehlenden.156 Damit tragen Weiterempfehlungen in entscheidendem Maße zum ökonomischen Erfolg einer Marke bei. Die Bedeutung 150 151 152
153 154
155 156
Vgl. Park/Kim/Kim 2002. Vgl. Sattler/Völckner 2007, S. 88. Als Synonym für Weiterempfehlung wird häufig der Begriff Mund-zu-MundKommunikation bzw. Word-of-Mouth-Communication im angloamerikanischen Raum verwendet. Vgl. Markert 2008, S. 14. Vgl. Taylor 2003. Dieses Ergebnis wird durch eine Studie von Posselt/Radiü (2005) bekräftigt. Eine Umfrage unter Bank- und Mobilfunkkunden ergab, dass 46 Prozent aller befragten Bankkunden und 39 Prozent aller befragten Mobilfunkkunden aufgrund von Weiterempfehlungen die entsprechende Dienstleistung nachgefragt haben. Vgl. Nielsen 2007, S. 1. Vgl. Eggert/Helm/Garnefeld 2007.
86
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
der Markenbeziehungsqualität als Determinante der Weiterempfehlungsabgabe wurde in den Studien von Algesheimer und Zeplin nachgewiesen.157 Der Aufbau von starken Marken-Konsumenten-Beziehungen stellt somit einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Steuerung positiver Mund-zu-Mund-Kommunikation dar. Während sich die Weiterempfehlung auf das Kommunikationsverhalten des Konsumenten gegenüber anderen (potenziellen) Kunden bezieht, wird mit der Dialogbereitschaft die Kommunikationsabsicht von Kunden gegenüber dem Anbieter erfasst. Smit et al. zeigen, dass die wahrgenommene Beziehungsqualität zu einer Marke in einem positiven Zusammenhang mit der Absicht des Konsumenten steht, in Kontakt mit der Marke zu treten, regelmäßige Informationen der Marke zu erhalten sowie persönliche Informationen mit dem Anbieter der Marke zu teilen.158 Es ist jedoch fraglich, ob die Dialogbereitschaft eine Wirkung der Markenbeziehungsqualität darstellt. In Geschäftsbeziehungen wird die Dialogbereitschaft als eine wesentliche Voraussetzung für Folgeinteraktionen und eine lange Geschäftsbeziehungen angesehen.159 Nach der Theorie der sozialen Durchdringung fördert der Austausch die wechselseitige Durchdringung der Persönlichkeit des Beziehungspartners sowie damit einhergehend das gegenseitige Verständnis (vgl. Abschnitt 2.1.1). Die Dialogbereitschaft ermöglicht somit erst die Individualisierung der Marken-Konsumenten-Beziehung. Infolgedessen ist davon auszugehen, dass die Dialogbereitschaft nicht nur eine Wirkung, sondern auch eine Determinante der Markenbeziehungsqualität darstellt. Die Richtung des Wirkungszusammenhangs ist somit nicht eindeutig. Die Verhaltensrelevanz der Markenbeziehungsqualität in Markenkrisen ist Gegenstand der Dissertation von Weißgerber.160 Unter einer Markenkrise versteht sie einen Zustand, der durch ein unvorhersehbares und plötzlich auftretendes negatives Ereignis induziert wurde und mit der Gefahr eines Imageverlusts für die Marke einhergeht.161 Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass die Markenbeziehungsqualität eine einflussgebende Variable auf ausgewählte Konstrukte des Konsumentenverhaltens in Krisenzeiten (Verleugnung negativer Informationen, Risikowahrnehmung, Einstellungsänderung sowie Intention zur Verhaltensänderung) darstellt. Konsumenten, die eine hohe Beziehungsqualität zu einer Marke wahrnehmen, lassen sich demnach weniger durch die Information einer 157 158 159 160 161
Vgl. Algesheimer 2004; Zeplin 2005. Vgl. Smit/Bronner/Tolboom 2007. Vgl. Grönroos 2000a. Vgl. Weißgerber 2007. Es handelt sich hierbei um eine verkürzte Fassung der Definition von Weißgerber. Für eine ausführliche Erläuterung des Markenkrisenbegriffs vgl. Weißgerber 2007, S. 57ff.
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
87
Krise beeinflussen; die Beziehung zur Marke macht sie resistenter gegenüber negativen Einflüssen. Zusammenfassend bleibt zum Stand der Forschung hinsichtlich der Verhaltenswirkungen der Markenbeziehungsqualität festzuhalten, dass sich bis heute nur wenige Arbeiten überhaupt mit dieser konkreten Fragestellung befasst haben. Weißgerber sieht im mangelnden Nachweis der Verhaltenswirkung der Markenbeziehungsqualität auch eine wesentliche Grundlage für Kritik an dem Konstrukt als solches.162 Die in der empirischen Marketingforschung identifizierten und untersuchten Verhaltensgrößen sind zudem nicht immer überschneidungsfrei. Einige Faktoren scheinen weniger eigenständige Konstrukte, als vielmehr Indikatoren der Markenbindung zu sein. So werden die Kaufabsicht, die Markenerweiterungs- wie auch die Weiterempfehlungsabsicht von vielen Autoren als Indikatoren für eine hohe Markenbindung gesehen.163 Dementsprechend bilden diese Faktoren keine eigenständigen Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität. Diese Faktoren werden daher im Rahmen des zu modellierenden Wirkungsmodells dieser Arbeit unter dem Konstrukt Markenbindung zusammengefasst. Die Bedeutung der Markenbeziehungsqualität für die Markenbindung wurde bislang nur unzureichend untersucht. Bis heute liegen nur Ergebnisse zur kundenbindungsregulierenden Wirkung der Markenbeziehungsqualität für die Automobilbranche vor.164 Mit der Untersuchung der Wirkung der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung in unterschiedlichen Konsumgüterbrachen stellt die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke dar. Die Dialogbereitschaft wird in dieser Arbeit implizit unter anderen Faktoren als Indikator der Markenbeziehungsqualität berücksichtigt.165 Das Konsumentenverhalten in Markenkrisen findet hingegen keine Berücksichtigung im zu modellierenden Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität. Abschließend ist zu bemerken, dass bislang keine Untersuchungen zu den ökonomischen Erfolgswirkungen der Markenbeziehungsqualität vorliegen, die den Verhaltenswirkungen nachgelagert sind. Ökonomische Erfolgsgrößen der Markenführung stellen die Erlöskomponente des Markenwertes aus Unternehmenssicht dar und bilden somit die Bezugsgröße für den ökonomischen Markenerfolg. Zur Bewertung der ökonomischen Erfolgswirkung von Markenentscheidungen werden in der Regel aggregierte Marktstellungsdaten (wie z.B. Marktanteil, das 162 163 164 165
Vgl. Weißgerber 2007, S. 109. Vgl. Aaker 1992, S. 57; Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 408f.; Homburg/Koschate 2005. Vgl. Algesheimer 2004. Henkel/Huber (2005) untersuchten die Wirkung der Beziehungsqualität zu Fernsehstars als Marken auf die Kundenbindung. Vgl. Abschnitt 3.3.3.2 und 4.3.3.
88
Theorie und Stand der Forschung zur Markenbeziehungsqualität
durchgesetzte Preispremium) sowie Unternehmensdaten (z.B. markenspezifischer Deckungsbeitrag) herangezogen.166 Jedoch gestaltet sich der Nachweis von beziehungsbedingten ökonomischen Wirkungen aufgrund sachlicher und zeitlicher Zurechnungsprobleme als schwierig: „Relationships are hard to measure and still harder to value financially.“167 Aufgrund dieses Zurechnungsproblems sind für die Bewertung von Marken-Konsumenten-Beziehungen wirkungsbezogene Markenbewertungsverfahren vorzuziehen, die auf Zielgrößen der Beziehungs- und Verhaltensebene beruhen.168 Der Aufbau von Markenbeziehungen führt modelltheoretisch zu einer hohen Markenbeziehungsqualität, die mit positiven Verhaltenswirkungen auf der individuellen, mikroökonomischen Ebene einhergehen. Diese positiven Verhaltenswirkungen resultieren sukzessive in einer Steigerung von ökonomischen Größen auf der makroökonomischen Ebene. Diese Verkettung macht deutlich, dass das eigentliche nachhaltige Wertpotenzial von Marken-Konsumenten-Beziehungen durch die vorökonomischen Größen determiniert wird. Somit liegt auch in dieser Arbeit der Fokus auf den Verhaltenswirkungen der Markenbeziehungsqualität, die modelltheoretisch ein Maß für den potenziellen ökonomischen Erfolg von Marken-Konsumenten-Beziehungen darstellen.
166 167 168
Vgl. Schuster 2005, S. 223. Ambler 1997, S. 283. Vgl. für eine ähnliche Argumentation Esch/Brunner/Hartmann 2008, S. 147; Trommsdorff 2008, S. 341.
3
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Wie in Abschnitt 2.2.3 dargestellt, existiert Uneinigkeit über die inhaltliche Spezifikation des Konstrukts der Markenbeziehungsqualität. Infolgedessen besteht ein wesentliches Forschungsziel der vorliegenden Arbeit darin, einen Konzeptualisierungsansatz zum Konstrukt der Markenbeziehungsqualität zu erarbeiten, der die Defizite bisheriger Ansätze zu überwinden vermag. Zielsetzung dieses Kapitels ist die Herausarbeitung der Dimensionen und Faktoren des Konstrukts der Markenbeziehungsqualität, die eine geeignete inhaltliche Struktur für die Entwicklung eines Messinstrumentariums, d.h. für die Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität in Kapitel 4, darstellen. In einem ersten Schritt werden die theoretischen und konzeptionellen Grundlagen der Konstruktkonzeptualisierung aufgezeigt und die Konzeptualisierung in den Untersuchungsablauf der Arbeit eingeordnet (Abschnitt 3.1). Aufbauend auf den Erkenntnissen aus Kapitel 2 und angereichert durch die Ergebnisse einer qualitativen Vorstudie, deren Aufbau und Ergebnisse in Abschnitt 3.2 erläutert werden, folgt in Abschnitt 3.3 die Ableitung und Konzeptualisierung der Dimensions- und Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität. Wie aufgezeigt werden wird, handelt es sich bei der Markenbeziehungsqualität im Verständnis dieser Arbeit um ein mehrfaktorielles, mehrdimensionales Konstrukt (Konstrukt dritter Ordnung). Die Modellierung eines solchen Konstrukts ist nur sinnvoll und berechtigt, wenn sie eingebettet in ein nomologisches Netzwerk erfolgt.1 Aus diesem Grund wird in Abschnitt 3.4 eine theoretische Modellierung der Wirkungszusammenhänge zwischen der Markenbeziehungsqualität und der Markenbindung als nachgelagerte Verhaltensgröße vorgenommen.
1
Vgl. Chin 1998a, S. 10; Huber et al. 2007a, S. 28.
90
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
3.1
Grundlagen zur Konzeptualisierung von Konstrukten
3.1.1
Mögliche Konzeptualisierungen von Konstrukten
Als theoretische Konstrukte bzw. latente Variablen werden in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in der Realität existierende Phänomene beschrieben, die nicht direkt messbar sind.2 Um derartige Konstrukte empirisch analysieren zu können und damit für die Marketingwissenschaft und -praxis anwendbar zu machen, bedarf es eines strukturierten Vorgehens, bei dem die aufeinander aufbauenden Phasen der Konzeptualisierung und Operationalisierung unterschieden werden. Die Konzeptualisierung hat die Ermittlung und Beschreibung der vermuteten semantischen Struktur eines Konstrukts zum Ziel. Durch die Identifizierung der dem Konstrukt zugrunde liegenden inhaltlichen Dimensions- bzw. Faktorstruktur wird versucht, ein umfassendes Verständnis des Zielkonstrukts zu generieren.3 Eine Dimension bzw. ein Faktor umfasst dabei eine Gruppe von Merkmalen, die sich auf eine spezifische Eigenschaft des Konstrukts bezieht.4 Jede dieser Dimensionen bzw. Faktoren ist im Rahmen der Konzeptualisierung inhaltlich herzuleiten und definitorisch zu konkretisieren. Die Operationalisierung bezeichnet die auf der Konzeptualisierung aufbauende Entwicklung eines Instruments zur Messung der den Dimensionen bzw. Faktoren entsprechenden Eigenschaften.5 Durch den Prozess der Operationalisierung werden Indikatorvariablen (auch Indikatoren, manifeste Variablen oder Items genannt) generiert, die den theoretischen Bedeutungsinhalt eines Konstrukts durch empirische, beobachtbare Variablen abbilden und somit den Zugang zur indirekten Messung der nicht direkt erfassbaren Größe ermöglichen.6 Die Entwicklung des Messmodells (Operationalisierung) beruht folglich auf den abgeleiteten inhaltlichen Dimensionen bzw. Faktoren der Konzeptualisierung und erfolgt in der vorliegenden Arbeit im Rahmen von Kapitel 4.
2 3 4 5 6
Vgl. Bagozzi/Fornell 1982, S. 24; Bagozzi/Phillips 1982, S. 465; Homburg/Giering 1996, S. 6; Christophersen/Grape 2007, S. 103. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 5; Homburg 1998, S. 4. Vgl. Bruhn/Homburg 2004, S. 410. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 5; Homburg 1998, S. 4. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 31.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
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Bei der Konzeptualisierung wird – je nach Komplexität des Konstrukts – zwischen ein- und mehrfaktoriellen Konstrukten unterschieden.7 Einfaktorielle Konstrukte weisen den geringsten Komplexitätsgrad auf. Hier entspricht das Konstrukt genau einem Faktor, der über beobachtbare Indikatoren abgebildet wird.8 Mehrfaktorielle Konstrukte bestehen hingegen aus mindestens zwei Faktoren. Die manifesten Indikatoren messen in diesem Fall das Konstrukt nur indirekt über die zwischengeschalteten Faktoren. Bei mehrfaktoriellen Konstrukten wird wiederum unterschieden, ob die einzelnen Faktoren alle zu einer theoretischen Einheit bzw. Dimension gehören (eindimensionales Konstrukt) oder ob sie wiederum mehreren Dimensionen zugeordnet werden können (mehrdimensionales Konstrukt). Im letzten Fall entsteht zwischen Konstrukt und Faktoren eine zusätzliche Betrachtungsebene, auf der die Faktoren, die zu einer Einheit gehören, jeweils zu einer Dimension zusammengefasst werden.9 In Hinblick auf mehrfaktorielle Konstrukte wird in der Wissenschaft häufig auch von Konstrukten höherer Ordnung gesprochen, da die Konzeptualisierung der latenten Variable eine hierarchische Struktur aufweist.10 Ein Konstrukt höherer Ordnung konstituiert sich aus einer Reihe von latenten Konstrukten, die auf der untergeordneten Dimensions- bzw. Faktorebene angesiedelt sind.11 Bei einem mehrfaktoriellen, eindimensionalen Konstrukt handelt es sich beispielsweise um ein Konstrukt zweiter Ordnung: Zunächst werden auf einer unteren Ebene die einzelnen Faktoren eines komplexen Konstrukts in Form von Komponenten, die in der Regel eigenständige latente Konstrukte (so genannte Konstrukte erster Ordnung) darstellen, einzeln über manifeste Indikatoren erfasst. Anschließend werden diese Konstrukte erster Ordnung auf einer zweiten Ebene zum Gesamtkonstrukt (Konstrukt zweiter Ordnung) verdichtet. Ein Konstrukt zweiter Ordnung setzt sich somit aus zwei Teilmessmodellen zusammen: einem vorgelagerten Messmodell auf Indikatorebene sowie einem nachgelagerten Messmodell auf Faktorebene.12 Im Falle von mehrfaktoriellen, mehrdimensionalen Konstrukten handelt es sich dementsprechend um Konstrukte dritter und höherer Ordnung, bei denen – neben der Faktorebene – zusätzliche Betrachtungsebenen in Form von Dimensionen modelliert werden. 7 8 9 10
11 12
Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6. Homburg 1998, S. 69 spricht in Anlehnung an die Faktorenanalyse von Faktoren, sofern diese direkt mit beobachtbaren Indikatoren verbunden sind. Vgl. Riemenschneider 2006, S. 189; von Loewenfeld 2006, S. 136. Vgl. z.B. Chin 1998a, S. 10; Jarvis et al. 2003, S. 204f.; Albers/Götz 2006, S. 670ff.; Giere/Wirtz/Schilke 2006, S. 679ff.; Riemenschneider 2006, S. 193; Huber et al. 2007a, S. 27f.; Petter/Straub/Rai 2007, S. 627f. Vgl. Homburg/Klarmann/Pflesser 2008, S. 296. Vgl. Jarvis et al. 2003; Christophersen/Grape 2007, S. 106f.
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Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Die Vorteilhaftigkeit von mehrfaktoriellen Konstrukten bzw. Konstrukten höherer Ordnung wird in der Wissenschaft bisweilen kontrovers diskutiert.13 Ein wesentliches Argument für die Entwicklung von mehrfaktoriellen Konstrukten ist der hohe theoretische Nutzen, der mit diesen Konstrukten einhergeht, da sie eine holistische Abbildung komplexer Phänomene darstellen und dadurch zu Fortschritten in der Theorieentwicklung führen.14 Ferner ermöglichen mehrfaktorielle Konstrukte die Erklärung von Kovarianzen zwischen den Konstrukten erster Ordnung und in der Folge die Erhöhung der durch das Modell erklärten Varianz in den Faktoren bzw. Dimensionen.15 Angesichts dieser Nutzenaspekte finden Konstrukte höherer Ordnung innerhalb der betriebswirtschaftlichen Forschung immer häufiger im Rahmen der Konzeptualisierung und Operationalisierung von theoretischen Phänomenen Verwendung.16 Die Entscheidung über eine ein- oder mehrfaktorielle Konzeptualisierung eines theoretischen Konstrukts ist letztlich davon abhängig, wie differenziert es ein empirisches Phänomen im Rahmen eines Forschungsvorhabens zu erfassen gilt.17 Die Wahl wird besonders davon beeinflusst, ob das betreffende Konstrukt im Fokus der Untersuchung steht oder nur einen Nebenaspekt bildet.18 Darüber hinaus spielt die Komplexität des zu modellierenden Sachverhalts eine Rolle. Sofern es einen hochkomplexen Sachverhalt zu analysieren gilt, empfiehlt sich die Modellierung eines mehrfaktoriellen Konstrukts.19 Auf Basis dieser Vorüberlegungen ist es Ziel dieser Arbeit, Markenbeziehungsqualität als mehrfaktorielles Konstrukt zu konzeptualisieren. Hierfür spricht zunächst, dass die Markenbeziehungsqualität im Fokus der vorliegenden Untersuchung steht und es daher dieses Konstrukt möglichst differenziert zu betrachten gilt. Darüber hinaus veranschaulichen die bisherigen Ausführungen, dass das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität ein komplexes Phänomen darstellt, das nur durch eine mehrfaktorielle Konzeptualisierung in seiner Tiefe und
13 14 15 16
17 18 19
Für eine ausführliche Diskussion sei an dieser Stelle auf Albers/Götz 2006 verwiesen. Vgl. z.B. Roznowski/Hanisch 1990, S. 361; Edwards 2001, S. 148. Vgl. Chin 1998a, S. 10; Edwards 2001, S. 145. Vgl. Law/Wong 1999, S. 145; Edwards 2001, S. 144. Beispiele für Anwendungen von Konstrukten höherer Ordnung in der betriebswirtschaftlichen Forschung sind z.B. der „Wert der Produktvielfalt“ von Riemenschneider (2006), die Konzeptualisierung der „Brand Community Qualität“ nach von Loewenfeld (2006) sowie das Konstrukt „Business Competence“ von Bassellier/Benbasat (2004). Vgl. Chin 1998a, S. 10; Jarvis et al. 2003, S. 204. Vgl. MacKenzie/Podsakoff/Jarvis 2005, S. 713f. Vgl. Jarvis et al. 2003, S. 204; Christophersen/Grape 2007, S. 106.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
93
Breite detailliert erfasst werden kann. Dies wird auch durch die bestehenden Konzeptualisierungsansätze bestätigt, die die Markenbeziehungsqualität mehrheitlich als mehrfaktorielles Konstrukt modellieren und empirisch bestätigen (vgl. Abschnitt 2.2.3).
3.1.2
Reflektive versus formative Konstruktkonzeptualisierung
Neben der Entscheidung für ein einfaktorielles bzw. mehrfaktorielles Konstrukt ist bei der Konzeptualisierung von mehrfaktoriellen Konstrukten, d.h. bei der Modellierung der Faktor- und Dimensionsstruktur, der Kausalzusammenhang zwischen den verschiedenen theoretischen Betrachtungsebenen zu spezifizieren.20 Dies ist insofern notwendig, da ein mehrfaktorielles Konstrukt nicht unabhängig von seinen Dimensionen bzw. Faktoren existiert.21 Im Folgenden werden die verschiedenen möglichen Arten von Korrespondenz- bzw. Kausalbeziehungen zwischen den Faktoren (Konstrukten erster Ordnung) und dem übergeordneten Konstrukt (Konstrukt zweiter Ordnung) erläutert.22 In Bezug auf die Korrespondenzbeziehungen zwischen übergeordneten und untergeordneten latenten Variablen lassen sich formative und reflektive Beziehungen unterscheiden.23 Eine analoge Differenzierung wird in der betriebswirtschaftlichen Forschung ebenfalls im Rahmen der Operationalisierung, d.h. bei der Spezifikation der Messmodelle, diskutiert.24 Zur Unterscheidung zwischen formativen und reflektiven Messmodellen wird häufig auf den Kriterienkatalog
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Vgl. Law/Wong/Mobley 1998, S. 741ff.; Law/Wong 1999, S. 143ff.; Edwards 2001, S. 145ff.; Giere/Wirtz/Schilke 2006, S. 680ff. Die Spezifikation der Kausalbeziehung zwischen Faktor- und Indikatorebene ist nicht Bestandteil der Konzeptualisierung, sondern erfolgt im Rahmen der Operationalisierung (vgl. Abschnitt 4.1). Die Kausalbeziehungen zwischen einem mehrfaktoriellen Konstrukt und seinen Dimensionen bzw. Faktoren sind nach Edwards (2001, S. 146) „[…] not causal forces linking seperate conceptual entities, but instead represent associations between a general concept and the dimensions [or factors, Anm. d. Verfassers] that represent or constitute the construct.“ Für die Beziehungen zwischen latenten Variablen der zweiten und höher gelegenen Betrachtungsebenen gelten die Ausführungen analog. Vgl. Jarvis et al. 2003, S. 200ff.; Albers/Götz 2006, S. 670ff.; Giere/Wirtz/Schilke 2006, S. 680ff. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6; Chin 1998a, S. 9; Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 269ff.; Jarvis et al. 2003, S. 200f.; Fassot/Eggert 2005, S. 34f.; Backhaus et al. 2006, S. 415f.; Christophersen/Grape 2007, S. 104ff. Vgl. auch Abschnitt 4.1.
94
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
von Jarvis et al.25 verwiesen. Dieser lässt sich auch zur Differenzierung von formativen und reflektiven Beziehungen zwischen konzeptionellen Abstraktionsebenen heranziehen.26 Demnach unterscheiden sich formative und reflektive Konstruktkonzeptualisierungen in Bezug auf (1) die Richtung der Kausalität zwischen dem Konstrukt und seinen Faktoren, (2) die Austauschbarkeit der Faktoren, (3) die Kovarianz unter den Faktoren und (4) die Einbindung der Faktoren in ein gemeinsames nomologisches Netz. 1. Richtung der Kausalität zwischen Konstrukt und Faktoren Für den Fall, dass sich ein mehrfaktorielles Konstrukt zweiter Ordnung in den Faktoren manifestiert und die Kausalitätsrichtung von dem übergeordneten Konstrukt zu den Faktoren verläuft, liegt ein reflektives, mehrfaktorielles Konstrukt (Superordinate Construct) vor.27 „[…] whereas reflective measures are observed variables, the dimensions of a superordinate construct are themselves constructs that function as specific manifestations of a more general construct.“28 Die Faktoren stellen in diesem Fall – analog zu reflektiven Indikatorvariablen – das Resultat bzw. die Ausprägung der übergeordneten latenten Variable dar. Eine Veränderung der Ausprägung des übergeordneten Konstrukts hat eine Änderung der Ausprägung bei sämtlichen untergeordneten Faktoren zur Folge. Umgekehrt ist der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang bei einem formativen, mehrfaktoriellen Konstrukt (Aggregate Construct). Hier wird davon ausgegangen, dass sich das Konstrukt zweiter Ordnung aus den Faktoren konstituiert, d.h., die Faktoren bilden in der Summe das übergeordnete Konstrukt.29 „[…] whereas formative measures are observed variables, the dimensions of an aggregate construct are themselves constructs conceived as specific components of the general construct they collectively constitute.“30 Die Faktoren umfassen in diesem Fall unterschiedliche inhaltliche Facetten des Konstrukts und eine Änderung in der 25 26
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Vgl. Jarvis et al. 2003, S. 203. Vgl. Edwards 2001, S. 145ff.; Jarvis et al. 2003, S. 204f.; Giere/Wirtz/Schilke 2006, S. 680ff. Für eine Anwendung des Kriterienkatalogs auf konzeptionelle Abstraktionsebenen vgl. z.B. Riemenschneider 2006, S. 226f.; von Loewenfeld 2006, S. 160ff. Vgl. Edwards 2001, S. 146; Jarvis et al. 2003, S. 201ff. Wenn im Folgenden von einem formativen oder reflektiven Konstrukt zweiter Ordnung gesprochen wird, dann bezieht sich diese Spezifikation nur auf die Beziehung zwischen dem übergeordneten Konstrukt und seinen Faktoren. Es sagt noch nichts über die Beziehung zwischen den Faktoren und den manifesten Variablen aus (vgl. hierzu Abschnitt 4.1). Edwards 2001, S. 146. Vgl. Edwards 2001, S. 147; Jarvis et al. 2003, S. 201ff. Edwards 2001, S. 147.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
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Ausprägung eines Faktors evoziert eine Veränderung in der Ausprägung des übergeordneten Konstrukts. 2. Austauschbarkeit der Faktoren Während bei einem reflektiven, mehrfaktoriellen Konstrukt die Faktoren austausch- bzw. ersetzbar sind, ist dies bei einem formativen, mehrfaktoriellen Konstrukt nicht der Fall, da jeder Faktor ein definierendes Element des übergeordneten Konstrukts darstellt.31 Der Ausschluss eines Faktors würde dementsprechend – anders als bei reflektiven Korrespondenzbeziehungen – den konzeptionellen Geltungsbereich des Konstrukts verändern, da im formativen Modell das Konstrukt nur als Gesamtheit seiner Faktoren existiert.32 3. Kovarianz unter den Faktoren Der Aspekt der Kovarianz hängt eng mit dem Punkt der Austauschbarkeit von Faktoren zusammen, da einem reflektiven, mehrfaktoriellen Konstrukt die Prämisse zugrunde liegt, dass alle Faktoren das übergeordnete Konstrukt gleichsam valide abbilden. Eine Änderung in der Ausprägung eines Faktors geht daher zwingender Weise mit der Veränderung aller übrigen Faktoren einher. Bei einem formativen, mehrfaktoriellen Konstrukt ist dies nicht unbedingt der Fall, weil die Faktoren hier inhaltlich-unabhängige Facetten des übergeordneten Konstrukts darstellen.33 4. Nomologisches Netz der Faktoren Auch dieser Aspekt hängt eng mit den übrigen Punkten zusammen. Aus der Nicht-Austauschbarkeit und geringen Kovariation der Faktoren bei einem formativen, mehrfaktoriellen Konstrukt folgt, dass die Faktoren einen unterschiedlichen Erklärungsbeitrag zum Konstrukt leisten. Somit ist auch das nomologische Netz der Faktoren, d.h. ihre Antezedenzien und Konsequenzen, im Regelfall unterschiedlich. Reflektive, mehrfaktorielle Konstrukte zeichnen sich hingegen durch ein gemeinsames nomologisches Netz der Faktoren aus. Eine Entscheidung über die Art der Spezifizierung eines mehrfaktoriellen Konstrukts auf seinen verschiedenen Abstraktionsstufen hat vor Ableitung der
31 32 33
Vgl. Albers/Götz 2006, S. 672f. Vgl. Giere/Wirtz/Schilke 2006, S. 681. Vgl. Riemenschneider 2006, S. 229; von Loewenfeld 2006, S. 162.
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Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Dimensions- und Faktorstruktur zu erfolgen34 und ist durch das Erkenntnisinteresse des Forschenden determiniert.35 Wenn es das Interesse des Forschenden ist, Treiber bzw. Einflussfaktoren für ein Konstrukt zu identifizieren, bietet sich eine formative Konstruktkonzeptualisierung an. Eine reflektive Konzeptualisierung ist hingegen angebracht, wenn es darum geht, ein hinter verschiedenen Faktoren bzw. Dimensionen stehendes Konstrukt zu erklären. Da sich im letzteren Fall keine gestalterischen Empfehlungen ableiten lassen und aus praxisorientierter Sicht insbesondere die Frage nach der Bedeutung einzelner Managementmaßnahmen für den Unternehmenserfolg im Zentrum steht, ist es Ziel der vorliegenden Arbeit, Markenbeziehungsqualität als mehrfaktorielles, formatives Konstrukt zu konzeptualisieren. Die Dimensionen bzw. Faktoren der Markenbeziehungsqualität sind somit als Einflussfaktoren der Markenbeziehungsqualität zu interpretieren.36 Damit wird der Forderung Rechnung getragen, dass „soweit betriebswirtschaftliche Modelle unmittelbar auf praktisch nützlichen Erkenntnisfortschritt zielen und nicht nur z.B. explorative […] Leistungen erbringen wollen, […] den Einflussfaktoren der behandelten Konstrukte erheblich größere Aufmerksamkeit gewidment werden [sollte, Anm. d. Verfassers] als den oft recht banalen Folgewirkungen i.S. reflektiver Indikatoren.“37 Zudem wird der Ansicht von Albers/Götz gefolgt, dass von Konstrukten höherer Ordnung nur gesprochen werden kann, wenn die Dimensionen bzw. Faktoren verschiedene inhaltlich-unabhängige Facetten darstellen und damit das übergeordnete Konstrukt höherer Ordnung formen.38 Sofern die untergeordneten Dimensionen bzw. Faktoren keine unterschiedlichen definierenden Elemente des übergeordneten Konstrukts darstellen, impliziert dies, dass diese austauschbar sind und somit eine einfaktorielle Konzeptualisierung des Zielkonstrukts möglich ist.
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Huber et al. (2007, S. 18) argumentieren, dass es wenig sinnvoll ist, eine Menge von möglichen Indikatoren zu erarbeiten, die alle gleichermaßen als potenziell formativ sowie reflektiv gelten, da nicht jedes reflektive Item gleichzeitig ein formatives sein kann und vice versa. Diese Überlegungen lassen sich auch auf höher gelegene Abstraktionsebenen übertragen. Vgl. Albers/Götz 2006, S. 673; Albers/Hildebrandt 2006, S. 10f.; Diller 2006, S. 613f.; Eberl 2006, S. 655; Giere/Wirtz/Schilke 2006, S. 681; Huber et al. 2007a, S. 17ff. Die Festlegung der Korrespondenzbeziehung (formativ versus reflektiv) zwischen den Faktoren und den manifesten Variablen steht noch aus und erfolgt im Rahmen der Operationalisierung in Kapitel 4. Diller 2006, S. 614. Vgl. Albers/Götz 2006, S. 673.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
3.1.3
97
Einordnung der Konzeptualisierung im Rahmen der Untersuchung
Die Entwicklung eines Messinstruments für die Markenbeziehungsqualität erfolgt in der vorliegenden Arbeit durch die Triangulation von Theorie, qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden in folgenden drei Schritten (vgl. Schaubild 3-1). 1 Konzeptualisierung (Kapitel 3)
2 Operationalisierung (Kapitel 4)
3 Empirische Überprüfung (Kapitel 5)
Ableitung und Konzeptualisierung der Dimensionen und Faktoren der Markenbeziehungsqualität Konzeptualisierung der Markenbindung Modellierung der Zusammenhänge zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung
Spezifizierung der Messmodellart auf Faktorebene (reflektiv vs. formativ) Sammlung und Selektion geeigneter Messindikatoren für die identifizierten Faktoren der Markenbeziehungsqualität Operationalisierung der Markenbindung
Empirische Überprüfung des vollständigen Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität Validitäts- und Reliabilitätsbeurteilung des Gesamtmodells mittels entsprechender Gütemaße
Grundlage
Dimensions- und Faktorstruktur: theoretischer Bezugsrahmen, Sekundärforschung, qualitative Marktforschung Ableitung der Wirkungszusammenhänge: theoretische Überlegungen, empirische Erkenntnisse
Sammlung geeigneter Messindikatoren: Sekundärforschung, qualitative Marktforschung Optimierung der Messmodelle: qualitativer und quantitativer Pretest
Quantitative Kundenbefragung
Ergebnis
Dimensions- und Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität Konzeptualisierungshypothesen für die Markenbeziehungsqualität Konzeptualisierung der Markenbindung Hypothesen über Wirkungszusammenhänge zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung
Messmodelle auf Faktorebene Messmodell für Markenbindung
Finales Messmodell der Markenbeziehungsqualität Validierung der Verhaltenswirkung der Markenbeziehungsqualität
Gegenstand
Schaubild 3-1: Vorgehensweise zur Entwicklung eines Messinstruments für die Markenbeziehungsqualität
Die Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität stellt den ersten Schritt zur Entwicklung des Messmodells dar. In der betriebswirtschaftlichen Forschung bestehen keine einheitlichen Empfehlungen hinsichtlich der Methodik zur Herleitung der Dimensions- und Faktorstruktur von komplexen Konstrukten. Zum
98
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
einen kann der Inhalt von Konstrukten theoretisch deduziert werden.39 Zum anderen besteht die Möglichkeit, die semantische Struktur von Konstrukten induktiv, d.h. auf empirischem Wege, abzuleiten.40 In der Regel erfolgt der parallele Einsatz verschiedener induktiver und deduktiver qualitativer Methoden, um die ganzheitliche und umfassende Abbildung des betrachteten Konstrukts zu gewährleisten.41 Dieses Vorgehen wird auch in der vorliegenden Arbeit verfolgt.42 Die Ermittlung der Faktoren bzw. Dimensionen der Markenbeziehungsqualität erfolgt auf Basis des in Kapitel 2 entwickelten theoretischen Bezugsrahmens sowie der in Abschnitt 2.2.3 diskutierten Erkenntnisse bestehender empirischer Untersuchungen, ergänzt durch die Ergebnisse einer qualitativen Voruntersuchung. Zunächst werden in Abschnitt 3.2 der Aufbau und die Ergebnisse der qualitativen Voruntersuchung dargelegt und die dem Konstrukt der Markenbeziehungsqualität zugrunde gelegte Faktorstruktur bzw. Dimensionalität kurz skizziert. Im weiteren Verlauf werden dann die Dimensions- und Faktorstruktur theoretisch hergeleitet und die einzelnen Dimensionen und Faktoren abschnittsweise modelliert (Abschnitt 3.3). Aus den zu Beginn dieses Kapitels genannten Gründen erfolgt in der Konzeptualisierungsphase ferner die theoretische Modellierung der Wirkungszusammenhänge zwischen der Markenbeziehungsqualität und der Markenbindung als zentrale nachgelagerte Verhaltensgröße (Abschnitt 3.4). Der Konzeptualisierung schließt sich die Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität sowie der Markenbindung als Wirkungsgröße in Kapitel 4 an.43 Ziel der Operationalisierung ist die Bestimmung von manifesten, beobachtbaren Indikatoren, die eine Erfassung der Kundenurteile in Bezug auf die im Rahmen der Konzeptualisierung abgeleiteten latenten Faktoren der Markenbeziehungs39
40
41 42
43
So identifiziert z.B. Riemenschneider (2006) die Dimensions- und Faktorstruktur des Konstrukts „Wert von Produktvielfalt“ auf Basis von Theorien und theoretischen Konzepten. Ein Beispiel bietet hierfür das Konstrukt Kundennähe, dessen unterstellte Dimensions- und Faktorstruktur von Homburg (1998) auf Basis qualitativer empirischer Untersuchungen hergeleitet wird. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 11. Die kombinierte Anwendung verschiedener qualitativer Methoden ist insbesondere vor dem Hintergrund der Zielsetzung, Markenbeziehungsqualität formativ zu konzeptualisieren, angebracht. Die Güte der formativen Konstruktkonzeptualisierung hängt entscheidend davon ab, inwieweit es gelingt, alle formativen Aspekte des Konstrukts zu erfassen, da das Konstrukt durch die Gesamtheit der Faktoren definiert wird. Die Nicht-Berücksichtigung einer inhaltlichen Facette führt zu einer unvollständigen inhaltlichen Abbildung des Konstrukts und damit verbunden zu einer unvaliden Messung (vgl. Abschnitt 3.1.2 und 5.3.2). Eine ausführliche Darstellung der Vorgehensweise zur Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität erfolgt in Kapitel 4.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
99
qualität ermöglichen. Darüber hinaus sind im Rahmen der Operationalisierung – analog zur Festlegung der Korrespondenzbeziehungen zwischen den theoretischen Betrachtungsebenen in der Konzeptualisierungsphase – die Art der Beziehungen (formativ oder reflektiv) zwischen den Faktoren und ihren manifesten Variablen zu spezifizieren. Zur Generierung geeigneter Messmodelle werden zunächst potenzielle Messitems für die einzelnen Faktoren auf Basis von Sekundärforschung und qualitativer Marktforschung gesammelt. Die hierdurch generierten faktorspezifischen Messmodelle werden dann im Rahmen eines qualitativen und quantitativen Pretests einer ersten Überprüfung unterzogen, um sie in Hinblick auf die Hauptstudie zu optimieren. Im dritten und letzten Schritt wird das vollständige Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität im Rahmen der Hauptuntersuchung einer großen empirischen Überprüfung über mehrere Konsumgütermärkte hinweg unterzogen.44 Hierbei wird sowohl die Faktor- als auch die Dimensionsebene der Markenbeziehungsqualität mittels geeigneter Verfahren und Gütekriterien auf Validität und Reliabilität überprüft. Ergebnis dieser letzten Phase ist das finale Messmodell der Markenbeziehungsqualität. Die Daten der Hauptstudie dienen darüber hinaus zur Überprüfung der postulierten Wirkungsbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung.
3.2
Qualitative Studie
3.2.1
Ziele und Aufbau der qualitativen Studie
Bislang besteht kein Konzeptualisierungsansatz, der im Einklang mit dem theoretischen Bezugsrahmen sowie dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Begriffsverständnis der Markenbeziehungsqualität steht. Die kritische Würdigung bestehender Konzeptualisierungsansätze der Markenbeziehungsqualität in Abschnitt 2.2.3 hat gezeigt, dass neben der Uneinigkeit über die Inhalte und Struktur der Markenbeziehungsqualität dem Aspekt von Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern bisher nur geringe Beachtung geschenkt wurde. Aufgrund dieser Defizite wird eine eigene Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität angestrebt. Die über die Sekundärforschung bereits gewonnene Basis an inhaltlichen Faktoren der Markenbeziehungsqualität wird hierbei als
44
Die Durchführung und Ergebnisse der Hauptstudie werden in Kapitel 5 beschrieben.
100
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Ausgangspunkt genommen, die es durch Primärforschung mittels qualitativer Kunden- und Expertenbefragungen zu ergänzen bzw. abzugleichen gilt. Hauptziel der qualitativen Kundenbefragung45 war die Identifikation der differenzierten Erwartungen bzw. Anforderungen an Markenbeziehungen aus Kundensicht, die es folglich bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität zu berücksichtigen gilt. Insgesamt wurden mit der Kundenbefragung drei Teilziele verfolgt: 1. Da das Ziel der Arbeit die Entwicklung eines branchenübergreifenden formativen Messinstruments für die Markenbeziehungsqualität auf Konsumgütermärkten ist, wurde angestrebt, die in vorigen Studien identifizierten Faktoren der Markenbeziehungsqualität auf ihre praktische Relevanz und Vollständigkeit zu untersuchen. 2. Die auf Basis von theoretischen Überlegungen deduzierte Bedeutung von zweiseitigen Kommunikationsprozessen mit Markenbeziehungsstellvertretern als eigenständige Qualitätskomponente der Markenbeziehungsqualität sollte in den qualitativen Kundenbefragungen eine erste Überprüfung erfahren. 3. Neben der Bestätigung bzw. Ablehnung bereits identifizierter Faktoren der Markenbeziehungsqualität verfolgte die qualitative Voruntersuchung das Ziel, eventuell noch nicht identifizierte Faktoren der Markenbeziehungsqualität explorativ aufzudecken. Für die Kundenbefragung wurde – da keinerlei repräsentative Ergebnisse für die qualitative Vorstudie angestrebt wurden – ein Convenience Sample, bestehend aus zehn Personen aus dem Bekanntenkreis des Autors, gewählt.46 Dieses Verfahren lässt sich für explorative Phasen einer Untersuchung rechtfertigen.47
45 46
47
Die befragten Personen werden im Weiteren als Kunden bzeichnet, bezogen auf die jeweilige Marke, auf die sie im Interview Bezug genommen haben. Beim Convenience Sample handelt es sich um eine willkürliche Auswahl von Probanden, die für den Forschenden bequem zu erreichen sind (vgl. Böhler 2004, S. 135; Tscheulin/Helmig 2004, S. 212). Vgl. Kaya/Himme 2007, S. 83. In zahlreichen, mit dem eigenen vorliegenden Forschungsvorhaben vergleichbaren wissenschaftlichen Forschungsprojekten wird ebenso im Rahmen qualitativer Vorstudien verfahren (vgl. z.B. Siems 2003, S. 101ff.; Conze 2007, S. 63ff.). Anzumerken ist, dass sich die zehn befragten Personen – zufällig – in ihren Antworten auf insgesamt fünf verschiedene Branchen bezogen: Kosmetikbranche, Automobilbranche (drei Befragte), Lebensmittelbranche (zwei Befragte), Bekleidungsbranche (drei Befragte) und Computerbranche. Von einer breiten Streuung, im Sinne der beabsichtigten branchenübergreifenden Identifikation von Qualitätskomponenten, kann folglich ausgegangen werden.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
101
Als Untersuchungsform wurden qualitative Tiefeninterviews gewählt.48 Diese offene Form der Kundenbefragung eignet sich zur explorativen Untersuchung von komplexen, unterbewussten und schwer erfassbaren Phänomenen49, wie es das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität darstellt. Die persönlichen Einzelinterviews dauerten zwischen dreißig und fünfzig Minuten. Um das Auskunftsvermögen der Befragten nicht zu überfordern, erschien es sinnvoll, das Gespräch mit Hilfe eines Interviewleitfadens zu strukturieren.50 Zu Beginn wurde der Interviewteilnehmende gebeten, aus all den ihm bekannten Marken diejenige auszuwählen, die er am meisten wertschätzt und die ihm am meisten bedeutet.51 Der erste Teil bestand aus einer offenen Befragung, warum die Marke dem Probanden „am Herzen liegt“ und welche Assoziationen der Proband mit der Marke verbindet. Im zweiten Teil des Interviews wurde der Interviewte gebeten, „seine“ Marke mit einer Marke geringerer Wertschätzung zu vergleichen, um so auf indirektem Wege Indizien dafür zu erhalten, was der Interviewpartner mit Markenbeziehungsqualität assoziiert. Im dritten Teil der Befragung wurde die Bedeutung von wechselseitigen Interaktionen für die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität untersucht – sofern diese noch nicht durch die vorigen Fragen explorativ aufgedeckt worden war. Zunächst wurde in Erfahrung gebracht, ob und mit welchen wechselseitigen Kommunikationsinstrumenten der Befragte schon Erfahrung gemacht hat. Sofern der Proband auf Erfahrungen zurückgreifen konnte, wurde er gebeten, positive und negative Schlüsselerfahrungen im Kontakt mit Markenbeziehungsstellvertretern zu schildern („Critical Incidents“) und überprüft, inwieweit diese seine emotionale Wertschätzung der Marke im Sinne einer Means-End-Ketten-Analyse erhöht bzw. gemindert haben. Nach der Logik einer Means-End-Kette ergeben sich für einen Konsumenten aus den einzelnen Attributen (Eigenschaften) einer Leistung bestimmte Nutzenaspekte, die letztlich zu einer bestimmten Werthaltung gegenüber 48
49 50 51
Zur allgemeinen Eignung von Tiefeninterviews im Rahmen der explorativen Marktforschung vgl. Homburg/Krohmer 2008, S. 25f.; Kepper 2008, S. 182ff. Einzelinterviews erschienen für die Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität wesentlich sinnvoller als Fokusgruppengespräche, da bei Gruppenbefragungen unter anderem das Risiko besteht, dass durch einzelne Gesprächsteilnehmer (Opinion Leaders) die gesamte Gruppe in eine Richtung gedrängt wird (vgl. Kepper 2008, S. 187) und so der angestrebte Facettenreichtum verloren geht. Vgl. Kepper 2008, S. 183. Der Interviewleitfaden für die qualitativen Kundengespräche findet sich in Anhang. Es wurde vermieden, den Probanden direkt nach einer Marke zu befragen, zu der er eine Beziehung hat, da andere Studien wiederholt darauf hinweisen, dass Konsumenten sich zum Teil schwer tun, ihre Verbindung zu einer Marke als „Beziehung“ zu bezeichnen (vgl. Abschnitt 2.1.3).
102
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
der Leistung führen.52 Wird das Konzept auf den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit übertragen, entsprechen Erfahrungen im Rahmen von wechselseitigen Interaktionen den Attributen. Die Markenbeziehungsqualität kann als Endwert der Kette verstanden werden, da Konsumenten mit Marken Beziehungen eingehen, um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. Abschnitt 1.3.1). Bei der Durchführung der Tiefeninterviews wurde als Befragungstechnik durchgängig auf Stilmittel der so genannten Laddering-Technik zurückgegriffen. Die Aussagen der Befragten wurden durch wiederholtes Stellen der Frage „Warum“ sukzessive immer tiefgehender hinterfragt mit dem Ziel, Werte und Einstellungen der Konsumenten aufzudecken, die hinter originären Antworten stehen.53 Der Einsatz der „Warum-Fragen“ erfolgte immer dann, wenn hinter der bisherigen Antwort des Befragten weiteres Potenzial vermutet wurde. Neben den Kunden- wurden auch Experteninterviews in die Vorstudie miteinbezogen. Das Gespräch mit Experten erfolgte aus zwei Gründen: Zum einen trägt die Betrachtung des Konstrukts der Markenbeziehungsqualität aus Expertenperspektive dazu bei, eine hohe Validität des Gesamtergebnisses aus den Vorstudien sicherzustellen.54 Zum anderen sind Experten heranzuziehen, um die Spezifikation der Korrespondenzbeziehungen abzusichern.55 Beide Zielsetzungen erfordern die Einbindung unterschiedlicher Expertengruppen. Zur Sicherstellung der Inhaltsvalidität ist auf Experten mit Fachwissen im Untersuchungsbereich zurückzugreifen. Hinsichtlich der Spezifikation der Korrespondenzbeziehungen empfiehlt es sich hingegen, auf Experten mit Methodenwissen zurückzugreifen.56 Auf Basis dieser Überlegungen wurden zwei Personengruppen als potenzielle Experten identifiziert:
(Werbe-)Agenturvertreter, die aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen über ein branchenübergreifendes Wissen hinsichtlich der Vermarktung von Konsumgütern verfügen und daher in der Lage sind, Auskunft über Qualitätsaspekte einer Markenbeziehung über verschiedene Konsumgütermärkte hinweg zu geben,
52
Für eine ausführliche Erläuterung der Methode der Means-End-Ketten-Analyse vgl. Herrmann 1998, S. 31ff. Vgl. Homburg/Krohmer 2003, S. 196; Bruhn/Homburg 2004, S. 445; Trommsdorff 2004, S. 114f. Zur Bedeutung des Einbezugs von Experten zur Sicherstellung der Inhaltsvalidität vgl. insbesondere Rossiter 2002. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 271; Rossiter 2002, S. 306ff. Vgl. Diamantopoulos 2005, S. 8.
53 54 55 56
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
103
Wissenschaftler, die über profunde Kenntnisse in Hinblick auf formative versus reflektive Spezifizierungen von (Mess-)Modellen verfügen.
Entsprechend wurden Gespräche mit fünf Vertretern verschiedener Agenturen in Deutschland und der Schweiz geführt.57 Die Spezifikation der Korrespondenzbeziehungen wurde hingegen durch drei Mitarbeiter des Lehrstuhls für Marketing und Unternehmensführung der Universität Basel begleitet. Die Interviews mit den Agenturvertretern dauerten zwischen dreißig und neunzig Minuten. Um ein möglichst breites Spektrum an Antworten zu erhalten, wurde beabsichtigt, das Gespräch mit den Experten weitestgehend unstandardisiert und ungestützt zu führen. Bei der Entwicklung des Gesprächsleitfadens wurde diesem Aspekt Rechnung getragen.58 Der erste Teil bestand aus einer offenen, unstrukturierten Befragung über das Verständnis der Experten in Bezug auf die Begriffe Markenbeziehung und Markenbeziehungsqualität. In einem zweiten Schritt wurde der Experte ohne weitere Hilfestellung gebeten, die aus seiner Sicht relevanten formativen Facetten der Markenbeziehungsqualität zu erläutern. Nach dieser explorativen Untersuchung folgte eine konfirmatorische Überprüfung eines bestehenden Konzeptualisierungsansatzes: Auf Basis der Erkenntnisse aus den Kundeninterviews sowie theoretischen Überlegungen wurde eine vermutliche formative Dimensions- und Faktorstruktur für die Markenbeziehungsqualität erarbeitet. Diese wurde dem Experten zum Ende des Gesprächs vorgelegt mit der Bitte, die vorgenommene Konzeptualisierung kritisch zu würdigen.
3.2.2
Ergebnisse der qualitativen Studie
Ein zentraler Erkenntnisgewinn der qualitativen Vorstudie ist, dass Markenbeziehungen sowohl aus Kunden- als auch aus Expertensicht unterschiedlich verstanden werden und daher einer differenzierten Betrachtung bedürfen. Während einige Interviewpartner mit dem Begriff der Markenbeziehung primär ihre affektive Bindung an eine bestimmte Marke assoziieren, die sich aus Erfahrungen mit der Marke als solches ergibt („Die Marke und Ich“), konstituiert sich für andere ihre Markenbeziehung insbesondere aus wechselseitigen Interaktionen mit Markenmitarbeitern, anderen Kunden oder computergestützten, dialogfähigen Systemen der Marke, die in einer affektiven Bindung an die Marke resultieren. Die 57 58
Eine Liste der Interviewpartner befindet sich in Anhang 2. Der Gesprächsleitfaden für die qualitativen Experteninterviews ist in Anhang 3 wiedergegeben.
104
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Marke stellt aus Sicht dieser Probanden eine Plattform dar, auf der substanzielle, reale Interaktionen mit dem Markenanbieter und/oder anderen Markennachfragern möglich sind („Die Marke, Ich und Andere“). Sofern das Beurteilungsobjekt – hier die Markenbeziehung – unterschiedlichen Interpretationen unterliegt, ist gemäß Rossiter diesem Aspekt bei der Konzeptualisierung eines Konstrukts Rechnung zu tragen.59 Rossiter unterscheidet zwei Grundarten von Beurteilungsobjekten: Falls alle Beurteiler das Objekt ähnlich beschreiben, handelt es sich um ein konkretes Einzelobjekt (Concrete Object). Werden mit dem Beurteilungsobjekt unterschiedliche Interpretationen bzw. Assoziationen verbunden, wie im Falle der Markenbeziehung, wird hingegen von einem abstrakten Objekt (Abstract Object) gesprochen. Die Klassifizierung eines Beurteilungsobjekts als konkret oder abstrakt hat Auswirkungen auf die Konzeptualisierung des Konstrukts. Sofern es z.B. das Ziel ist, die Vorliebe (Attribut) für Limonaden (abstraktes Objekt) zu erheben, ist für sämtliche Limonadenarten (Cola, Zitronenlimonade usw.) separat die Vorliebe zu konzeptualisieren (Vorliebe für Cola, Vorliebe für Zitronenlimonade usw.) und zu einem Gesamtindex im Rahmen der empirischen Erhebung zu verdichten. Diesem Aspekt wird bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität Rechnung getragen, indem die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion (Qualität der Marke als Beziehungspartner) sowie die Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion (Qualität der Marke als Interaktionsplattorm) als theoretische Dimensionen der Markenbeziehungsqualität modelliert werden.60 Diese Differenzierung wird auch dem in Abschnitt 2.1 aufgespannten theoretischen Bezugsrahmen gerecht, indem unterschieden wird zwischen Qualitätsaspekten, deren Wahrnehmung gemäß der Erkenntnisse der Animismustheorie nicht notwendigerweise wechselseitiger, interaktiver Dialoge bedürfen und Qualitätsaspekten, die nur im wechselseitigen Austausch mit Markenbeziehungsstellvertretern realisiert werden können (Soziale Durchdringungstheorie). Als Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion wurden Markenzufriedenheit, Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe ermittelt. Markenzufriedenheit und Markenvertrauen wurden bereits in anderen empirischen Studien als Faktoren der Markenbeziehungsqualität bestätigt (vgl. Abschnitt 2.2.3). Emotionale (Marken-)Nähe beschreibt eine intensive emotionale Annäherung zwischen Marke und Konsument, die Aspekte der Intimität, Liebe, Verbindung zum Selbstkonzept und Interdependenz umfasst.61 Die Vorstudie 59 60 61
Vgl. im Folgenden Rossiter 2002. Vgl. Abschnitt 3.3.2. Vgl. hierzu die Ausführungen in Abschnitt 3.3.3.1.4.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
105
bestätigte damit die bereits in anderen empirischen Studien vollzogene Zusammenfassung der Faktoren Liebe/Leidenschaft, Verbindung zur Identität, Interdependenz sowie Intimität aufgrund ihrer inhaltlichen Nähe zu einem Faktor: In den empirischen Studien von Kressmann et al. sowie Scarabis ergab die faktoranalytische Auswertung der Untersuchungsdaten eine Ein-Faktor-Lösung.62 Die Bedeutung von wechselseitigen Interaktionen als Qualitätskomponente einer Markenbeziehung wird durch die Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion erfasst. Auf Basis der qualitativen Vorstudie sowie Ergebnissen bestehender Forschungsarbeiten wurden Markennachfrager, Markenmitarbeiter und computergestützte, dialogfähige Systeme der Marke als Arten von Markenbeziehungsstellvertretern identifiziert.63 Während Markennachfrager und -mitarbeiter soziale, persönliche Formen von Markenbeziehungsstellvertretern darstellen, ist die Interaktion mit computergestützten Systemen eine unpersönliche Form der Interaktion zwischen Marke und Konsument. Die Intensität der wechselseitigen Interaktion mit diesen Markenbeziehungsstellvertretern zeigt, inwieweit die Marke ihrer Rolle als Interaktionsplattform aus Kundensicht gerecht wird. Insgesamt liegt als Resultat der qualitativen Vorstudie die in Schaubild 3-2 dargestellte Struktur zur Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität vor. Markenbeziehungsqualität stellt im Verständnis dieser Arbeit ein zweidimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt dritter Ordnung dar. Die einzelnen Dimensionen und Faktoren bilden in der Summe das übergeordnete Konstrukt Markenbeziehungsqualität, d.h., die Kausalitätsrichtung verläuft von den Faktoren und Dimensionen zum übergeordneten Konstrukt. Jede der Dimensionen und Faktoren stellt ein definierendes Element der Markenbeziehungsqualität dar und liefert einen unterschiedlichen Erklärungsbeitrag. Es liegen somit formative Korrespondenzbeziehungen zwischen den verschiedenen theoretischen Betrachtungsebenen vor. Die Erkenntnisse aus den Experteninterviews stützen die Entscheidung für ein formatives Modell der Markenbeziehungsqualität. Inwieweit diese angenommene Dimensions- und Faktorstruktur zutrifft, hat die quantitative Analyse in Kapitel 5 zu zeigen.
62 63
Vgl. Kressmann et al. 2003; Scarabis 2006. Vgl. Abschnitt 3.3.3.2.
106
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Markenbeziehungsqualität
Konstruktebene
Dimensionsebene
Faktorebene
Qualität der Marke-Kunde-Interaktion
Markenzuf riedenheit
Markenvertrauen
Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
Emotionale (Marken-) Nähe
Stärke der KundeKundeInteraktion
Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion
Stärke der SystemKundeInteraktion
Schaubild 3-2: Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Im weiteren Verlauf werden die Dimensions- und Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität theoretisch hergeleitet und die einzelnen Konstrukte abschnittsweise modelliert.
3.3
Konzeptualisierung der Dimensions- und Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität
3.3.1
Vorgehen bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Wie in Abschnitt 3.1.1 erläutert, ist es Ziel der Konzeptualisierung, die Inhalte und Struktur eines Konstrukts zu erarbeiten. Der Konzeptualisierungsprozess hat also im Ergebnis zu einer Strukturierung und inhaltlichen Konkretisierung des Konstrukts Markenbeziehungsqualität zu führen, die die Dimensionen und Faktoren vollständig und differenziert abbildet sowie eine Operationalisierung über Messvariablen im darauf folgenden Kapitel 4 ermöglicht. Markenbeziehungsqualität stellt im Verständnis dieser Arbeit ein zweidimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt dritter Ordnung dar. Der Komplexität des Konstrukts entsprechend wird in der vorliegenden Arbeit eine iterative, schrittweise Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität von der höchst gelegenen Ebene (Konstruktebene) bis hin zur niedrigsten konzeptionellen Abstraktionsebene (Faktorebene) vorgenommen (vgl. Schaubild 3-3).
Faktorenebene
Konstruktebene
Dimensionsebene
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
107
Markenbeziehungsqualität
Definitorische Bestimmung der Markenbeziehungsqualität (Abschnitt 2.2.2)
Qualität der MarkeKunde-Interaktion
Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion
Erarbeitung der Dimensionsstruktur der Markenbeziehungsqualität (Abschnitt 3.3.2)
Markenzufriedenheit
Markenvertrauen
Emotionale (Marken-) Nähe
Stärke der KundeKundeInteraktion
Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion
Stärke der SystemKundeInteraktion
Erarbeitung der Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität (Abschnitt 3.3.3)
Schaubild 3-3: Vorgehen bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität als Konstrukt dritter Ordnung
Auf (Ziel-)Konstruktebene – als höchst gelegene Abstraktionsebene – ist zunächst die Markenbeziehungsqualität als übergeordnetes Konstrukt dritter Ordnung inhaltlich zu konkretisieren. Dies erfolgte bereits in Abschnitt 2.2.2. Bei der definitorischen Bestimmung der Markenbeziehungsqualität wurde darauf geachtet, das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität in seiner ganzen konzeptionellen Breite zu spezifizieren, um alle formativen Aspekte der Markenbeziehungsqualität abzudecken. In diesem Sinne wurde die Qualität der Markenbeziehung definiert als die durch den Kunden wahrgenommene Fähigkeit der Marke, in der Vergangenheit und in der Zukunft die Beziehung entsprechend den Anforderungen des Kunden an eine Marken-Konsumenten-Beziehung zu gestalten. Auf Dimensionsebene ist in einem zweiten Schritt die Dimensionsstruktur der Markenbeziehungsqualität zu erarbeiten. Hierzu sind die einzelnen, die Markenbeziehungsqualität definierenden Dimensionen (Konstrukte zweiter Ordnung) zu deduzieren und inhaltlich zu konkretisieren. Die Dimensionen spiegeln unterschiedliche Kategorien von Anforderungen an eine Marken-Konsumenten-Beziehung aus Kundensicht wider, die in der Summe die Qualität der Marken-
108
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Konsumenten-Beziehung formen. Auf Basis der qualitativen Vorstudie und theoretischen Überlegungen werden die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion sowie die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion als formative Dimensionen der Markenbeziehungsqualität in Abschnitt 3.3.2 abgeleitet und definiert. Auf unterster Abstraktionsebene, d.h. der Faktorebene, gilt es in einem letzten Schritt, die relevanten Faktoren (Konstrukte erster Ordnung) der Markenbeziehungsqualität zu identifizieren, inhaltlich zu konkretisieren und semantisch zu strukturieren (Abschnitt 3.3.3). Die Faktoren stellen ihrerseits einzelne Qualitätsaspekte dar, die die Wahrnehmung der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion) bzw. die Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) definieren. Die Konzeptualisierung der Faktorebene der Markenbeziehungsqualität erfolgt dimensionsweise, d.h. getrennt für die Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion (Abschnitt 3.3.3.1) und die Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion (Abschnitt 3.3.3.2). In einem ersten Schritt wird die Faktorstruktur der jeweiligen Dimension hergeleitet. In einem zweiten Schritt werden die einer Dimension jeweils zugeordneten Faktoren abschnittsweise als formative Faktoren der Markenbeziehungsqualität modelliert. Hierzu wird zunächst die Relevanz des Faktors als definierendes Element der Markenbeziehungsqualität theoretisch hergeleitet. Im Anschluss wird auf empirische Befunde zum Faktor eingegangen. Danach folgt die inhaltliche Konkretisierung, d.h. definitorische Bestimmung des Faktors. Diese gibt den inhaltlichen Rahmen vor, innerhalb dessen geeignete Indikatorvariablen im Prozess der Operationalisierung (Kapitel 5) auszuwählen sind, über die letztlich eine Messbarmachung des Konstrukts der Markenbeziehungsqualität erfolgt.
3.3.2
Konzeptualisierung der Dimensionsebene der Markenbeziehungsqualität
Mit der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität als die durch den Kunden wahrgenommene Fähigkeit der Marke, in der Vergangenheit und in der Zukunft die Beziehung entsprechend den Anforderungen des Kunden an eine Marken-Konsumenten-Beziehung zu gestalten, ist das Zielkonstrukt auf Konstruktebene definitorisch bestimmt. Auf Dimensionsebene werden im Folgenden die unterschiedlichen Anforderungen bzw. Kundenerwartungen an eine Marken-Konsumenten-Beziehung konkretisiert, indem die Qualität der MarkeKunde-Interaktion und die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion als formative Facetten der Markenbeziehungsqualität theoretisch abgeleitet und definiert werden.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
109
Aus der Sozialen Durchdringungstheorie geht hervor, dass die Beurteilung der Markenbeziehungsqualität auf Basis der Summe der Interaktionen bzw. Erfahrungen mit der Marke erfolgt (vgl. Abschnitt 2.1.3). In Anlehnung an die Animismustheorie beziehen sich diese Erfahrungen insbesondere auf die Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner. Durch die regelmäßige Realisation von Marketingmixentscheidungen der Markenverantwortlichen kann die Marke eine Belebung erfahren, die die Marke aus Konsumentensicht als Beziehungspartner legitimiert. Das hierdurch wahrgenommene „Verhalten der Marke“ trägt in der Folge zur Initiierung, Pflege und Zerstörung einer Marken-Konsumenten-Beziehung bei (vgl. Abschnitt 2.1.2). Die transaktionsübergreifende Wahrnehmung der Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner spiegelt sich in der Beurteilung der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion wider, die wie folgt definiert wird: Die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion (Qualität der Marke als Beziehungspartner) ist die Fähigkeit der Marke, die Erwartungen des Kunden an die Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner zu erfüllen. Zweiseitige, dialogische Kommunikationsprozesse sind aus Sicht der Animismustheorie keine notwendige Bedingung für die Wahrnehmung der Marke als aktiver Beziehungspartner. Die Assoziationen zur Qualität der Marke als aktiver Beziehungspartner sind daher nicht unbedingt das Ergebnis von wechselseitigen, interaktiven Kommunikationserfahrungen, sondern können lediglich aus Konsumerfahrungen sowie einseitigen Interaktionsprozessen (z.B. Mediawerbung) hervorgehen (zur Unterscheidung zwischen einseitiger und wechselseitiger Interaktion vgl. Abschnitt 1.3.3). Die Individualisierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen im Sinne von Anbieter-Kunden-Beziehungen erfordert jedoch gemäß der Theorie der sozialen Durchdringung wiederholte, wechselseitig aufeinander bezogene und thematisch aneinander anschließende Interaktionen, in denen es zu einem wechselseitigen und fortlaufenden Informationsaustausch kommt und die das gegenseitige Verständnis sowie die wechselseitige Annäherung der Beziehungspartner fördern. Die Existenz und Nutzung von interaktiven, dialogischen Kommunikationsangeboten, die einen dauerhaften und wechselseitigen Austausch zwischen einer Marke und einem Konsumenten ermöglichen, stellt somit eine notwendige Voraussetzung zur Interpretation einer Marken-Konsumenten-Beziehung im Sinne einer „zwischenmenschlichen Beziehung“ dar (vgl. Abschnitt 2.1.3). In diesem Zusammenhang weist Grönroos darauf hin, dass alleine die Existenz von zweiseitigen Kommunikationskanälen als eigenständiges Qualitätsmerkmal einer Marken-Konsumenten-Beziehung wahrgenommen wird – ganz gleich, ob das
110
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Dialogangebot genutzt wird oder nicht: „Some consumers may want to activate the latent relationship and indeed get in contact. Others may recognise the invitation to give feedback and feel pleased with the fact they have been given an opportunity that they for some reasons do not choose to use. Still, in their minds the value of the particular brand has increased. In the latter case the consumers mentally and passively engage in a relationship, whereas in the first case the consumers actively do so.“64 Da die Marke ein lebloses Objekt darstellt, liegt es an Markenbeziehungsstellvertretern die wechselseitige Interaktion stellvertretend für eine Marke zu übernehmen. Markenbeziehungsstellvertreter wurden definiert als dialogfähige Manifestationen der Marke, die den Beziehungsaufbau sowie die Pflege bestehender Marken-Konsumenten-Beziehungen fördern (vgl. Abschnitt 2.1.3). Aus diesen Überlegungen folgt, dass die Fähigkeit einer Marke, über Markenbeziehungsstellvertreter wechselseitige Kontakte mit einer Marke zu ermöglichen bzw. zu pflegen, eine zweite Anforderung bzw. Qualitätsdimension einer Marken-Konsumenten-Beziehung aus Kundensicht darstellt. Die transaktionsübergreifende Wahrnehmung der Marke in ihrer Rolle als Interaktionsplattform, d.h. als Basis und geteilten Fokus für wechselseitige Kontakte mit Markenbeziehungsstellvertretern, wird in der vorliegenden Arbeit durch die Beurteilung der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion wiedergegeben: Die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion (Qualität der Marke als Interaktionsplattform) ist die Fähigkeit der Marke, die Erwartungen des Kunden an die Marke in ihrer Rolle als Interaktionsplattform für wechselseitige Kontakte mit Markenbeziehungsstellvertretern zu erfüllen. Im Ergebnis stellen die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion und die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion im Verständnis dieser Arbeit die beiden Dimensionen der Markenbeziehungsqualität dar, die in der Summe das übergeordnete Konstrukt der Markenbeziehungsqualität formen. Erstere stellt eine Kategorie für Qualitätsfaktoren dar, deren Wahrnehmung gemäß der Erkenntnisse der Animismustheorie nicht notwendigerweise wechselseitiger Interaktionen bzw. interaktiver Dialoge bedarf. Die Qualitätsdimension der StellvertreterKunde-Interaktion stellt hingegen eine latente Variable dar, die Faktoren zusammenfasst, die Auskunft über die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten im Markenumfeld aus Kundensicht geben. Die Bewertung vorhandener Möglichkeiten zur wechselseitigen Interaktion sowie die Intensität de64
Grönroos 1997, S. 408.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
111
ren Nutzung durch den Konsumenten zeigen, inwieweit die Marke ihrer Rolle als Interaktionsplattform aus Kundensicht gerecht wird. Die Dimensionen der Markenbeziehungsqualität tragen somit dem unterschiedlichen Verständnis einer Marken-Konsumenten-Beziehung sowohl aus Sicht der Theorie als auch aus Sicht der Ergebnisse der qualitativen Vorstudie Rechnung: Die Dimension der Marke-Kunde-Interaktion betrifft die Beurteilung der Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner, die im Ergebnis zu einer beziehungsähnlichen Verbindung zur Marke führt, die ohne das Element der Interaktivität und Reziprozität auskommt. Diese Dimension gibt somit Auskunft über die Stärke der beziehungsähnlichen Verbindung zur Marke aus Kundensicht. Die Dimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion unterliegt hingegen dem Verständnis einer Anbieter-Kunde-Beziehung im Relationship Marketing. In diesem Begriffsverständnis konstituiert sich eine Markenbeziehung aus wechselseitigen Interaktionen zwischen Kunde und Marke bzw. Markenbeziehungsstellvertretern. Die Bewertung dieser Dimension lässt Rückschlüsse auf die Stärke der Marke-Kunde-Beziehung im Sinne einer Anbieter-Kunde-Beziehung zu: „The closer the relationship, the more intense and two-way is the communication process.”65 Schaubild 3-4 fasst die zentralen Unterschiede zwischen den beiden Dimensionen der Markenbeziehungsqualität zusammen.
65
Donaldson/O'Toole 2007, S. 151.
112
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Qualität der Marke-Kunde-Interaktion
Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
Kunde
Kunde
Beurteilungskonstellation Stellvertreter
Marke
Stellvertreter
Marke
Bezugsobjekt der Interaktion
Marke
Markenbeziehungsstellvertreter
Beurteilungsgegenstand
Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner
Marke in ihrer Rolle als Plattform für wechselseitige Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern
Beurteilungsgrundlage
Konsumerfahrungen, ein-, eventuell zweiseitige Kommunikationserfahrungen
Zweiseitige Kommunikationserfahrungen
Theoretische Grundlage
Animismustheorie
Theorie der sozialen Durchdringung
Schaubild 3-4: Gegenüberstellung der Dimensionen der Markenbeziehungsqualität
Die Ausführungen haben gezeigt, dass die beiden Dimensionen formative Facetten der Markenbeziehungsqualität darstellen: Jede der Dimensionen bildet ein definierendes Element der Markenbeziehungsqualität und leistet einen unterschiedlichen Erklärungsbeitrag zur wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität. Die Kausalitätsrichtung führt von den Dimensionen zum Konstrukt. Erhöht sich beispielsweise die wahrgenommene Qualität der Marke-Kunde-Interaktion, so folgt daraus eine Stärkung der Markenbeziehungsqualität. Umgekehrt lässt sich aus einer Veränderung der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität nicht auf eine Veränderung beider Qualitätsdimensionen schließen, da die Ursachen hierfür ganz unterschiedlich sein können: Eine hohe wahrgenommene Markenbeziehungsqualität kann das Resultat einer positiven Beurteilung der Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion) oder in ihrer Rolle als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion) oder in beiden dieser Rollen sein. Der Ausschluss einer Dimension verändert somit den konzeptionellen Geltungsbereich der Markenbeziehungsqualität. Hieraus leitet sich folgende erste Konzeptualisierungshypothese ab:
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
H1:
113
Die Markenbeziehungsqualität ist ein mehrdimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt dritter Ordnung, das sich aus den beiden Konstrukten zweiter Ordnung „Qualität der Marke-Kunde-Interaktion“ und „Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion“ zusammensetzt.
Damit ist die Konzeptualisierung der Dimensionsebene abgeschlossen. In einem nächsten Schritt sind Faktoren zu identifizieren und modellieren, die die differenzierten Kundenerwartungen an die Marke als Beziehungspartner bzw. Interaktionsplattform definieren und in der Summe abbilden.
3.3.3
Konzeptualisierung der Faktorebene der Markenbeziehungsqualität
3.3.3.1 Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion 3.3.3.1.1
Ableitung der Faktorstruktur der Marke-KundeInteraktionsdimension
„Unterschiedliche Beziehungen sind mit unterschiedlichen Erwartungen und Normen verbunden.“66 In der Sozialpsychologie werden Austausch- und Gemeinschaftsbeziehungen als grundlegende Arten von Beziehungen unterschieden, denen unterschiedliche Normen zugrunde liegen.67 Austauschbeziehungen (Exchange Relationships) sind rationaler Art und basieren auf dem Gerechtigkeitsprinzip.68 Investitionen in eine Beziehung werden nur getätigt, wenn im Gegenzug vom Partner eine entsprechende Belohnung erfolgt. In solchen Beziehungen achten Personen sehr stark darauf, was sie für ihren Einsatz zurückbekommen.69 Der Nutzen aus der Beziehung für einen Beziehungspartner ergibt sich vereinfacht aus der Differenz seiner Belohnungen und Kosten, die mit der Beziehung in Zusammenhang stehen. Der Eigennutzen aus der Beziehung steht hier im Vordergrund.70 66 67
68 69 70
Scarabis/Florack 2005, S. 66. Vgl. im Folgenden Mills/Clark 1982; Clark/Mills/Powell 1986; Smith/Mackie 2000, S. 428f.; Taylor/Peplau/Sears 2002, S. 268f.; Aronson/Wilson/Akert 2004, S. 384f.; Gröppel-Klein/Königstorfer/Terlutter 2008, S. 56ff. Vgl. Aronson/Wilson/Akert 2004, S. 384. Vgl. Taylor/Peplau/Sears 2002, S. 269; Clark/Mills 2004, S. 246; Gröppel-Klein/ Königstorfer/Terlutter 2008, S. 56. Vgl. Clark/Mills 2004, S. 246.
114
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Anders verhält es sich in Gemeinschaftsbeziehungen (Communal Relationships), wie beispielsweise in Freundschafts- oder Familienbeziehungen.71 Solche sozial motivierten Beziehungen zeichnen sich durch eine altruistische Orientierung am Wohlergehen des anderen aus.72 In der Folge stehen nicht nur die persönlichen Gewinne bzw. der Eigennutzen im Vordergrund, sondern auch die persönlichen Bedürfnisse des Beziehungspartners.73 Belohnungen werden gemäß der Partnerbedürfnisse und zur Dokumentation des Wohlwollens gegenüber dem Beziehungspartner – und nicht aufgrund erwarteter Belohnungen wie bei Austauschbeziehungen – erteilt.74 Beide Beziehungsformen sind auch im Rahmen von Marken-KonsumentenBeziehungen möglich.75 Während in ökonomisch geprägten Marken-Konsumenten-Beziehungen das Gerechtigkeitsprinzip im Vordergrund steht, ist eine gemeinschaftliche, sozial motivierte Marken-Konsumenten-Beziehung hingegen durch die mit der Beziehung verbundenen Gefühle sowie Altruismus geprägt. Wenngleich in der Praxis davon auszugehen ist, dass die realen Beziehungen zu Marken Mischformen der beiden Grundtypen darstellen76, lassen sie sich dennoch einem der beiden Grundtypen eher zuordnen als dem anderen.77 So wird ein Konsument, der eine gemeinschaftliche Beziehung zur Marke aufgebaut hat, beispielsweise Produktfehler dem Unternehmen weniger anlasten, als jemand, der seine Beziehung zur Marke primär auf Basis ökonomischer Entscheidungen definiert.78 Werden Austausch- und Gemeinschaftsbeziehungen als Grundformen von Marken-Konsumenten-Beziehungen unterschieden, lassen sich unterschiedliche Zielgrößen ableiten, die Aufschluss über die Erfüllung der Kundenerwartungen an die Marke als Beziehungspartner geben. In Austauschbeziehungen bzw. ökonomisch motivierten Marken-KonsumentenBeziehungen stellt die Markenzufriedenheit die zentrale Zielgröße dar: „The 71 72 73 74 75 76 77 78
Vgl. Taylor/Peplau/Sears 2002, S. 269; Clark/Mills 2004, S. 246. Vgl. Aronson/Wilson/Akert 2004, S. 384; Gröppel-Klein/Königstorfer/Terlutter 2008, S. 56. Vgl. Aronson/Wilson/Akert 2004, S. 384; Clark/Mills 2004, S. 251; Gröppel-Klein/ Königstorfer/Terlutter 2008, S. 56. Vgl. Smith/Mackie 2000, S. 429; Taylor/Peplau/Sears 2002, S. 269; Harvey/Wenzel 2006, S. 39. Vgl. Aggarwal 2004; Esch et al. 2006, S. 100; Florack/Scarabis 2007, S. 181f.; Wänke/Florack 2007, S. 114; Gröppel-Klein/Königstorfer/Terlutter 2008, S. 57. Vgl. Hess 1998; Esch et al. 2006, S. 100. In Anlehnung an Herkner 1991, S. 440. Vgl. Wänke/Florack 2007, S. 114.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
115
primary positive outcome of an exchange relationship is satisfaction.“79 Da Austauschbeziehungen primär auf einem Kosten-Nutzen-Kalkül basieren, erwartet der Kunde, dass Leistungen und Gegenleistungen in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen. Sofern dies gegeben ist, empfindet der Kunde Zufriedenheit: „[…] parties to an exchange will feel equitably treated and thus satisfied if the ratio of their outcomes to inputs is in some sense fair.“80 Gemeinschafsbeziehungen bzw. primär sozial motivierte Marken-KonsumentenBeziehungen werden hingegen weniger vom Bedürfnis nach Gerechtigkeit, sondern durch die mit der Beziehung verbundenen Gefühle beherrscht.81 „In contrast, communal aspects of relationship involve feelings about other people; they transcend self-interest.“82 Als zentrale Erfolgsgröße sozial geprägter MarkenKonsumenten-Beziehungen wird das Markenvertrauen angesehen.83 Markenvertrauen ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Konsument auf die Marke verlässt.84 Der Konsument erwartet, dass die Marke das in sie gesetzte Vertrauen nicht verletzt. Sofern die Marke diese Erwartung erfüllt, kommt es zu einer Festigung der Vertrauens- bzw. Marken-Konsumenten-Beziehung.85 Markenvertrauen alleine ist jedoch nicht in der Lage, die Erwartungen in Gemeinschaftsbeziehungen in ihrer Gesamtheit abzubilden. Emotional bedeutsame Gemeinschaftsbeziehungen zeichnen sich neben dem Bedürfnis nach Vertrauen durch den Wunsch nach Emotionaler (Marken-)Nähe aus, die eine intensive emotionale Annäherung zwischen den Beziehungspartnern beschreibt.86 Die Bedeutung von Emotionaler (Marken-)Nähe für den Aufbau und Erhalt langfristiger Marken-Konsumenten-Beziehungen ergibt sich analog zu nahen zwischenmenschlichen Beziehungen aus dem psychischen Wohlbefinden, den intime, emotionale Markenbeziehungen dem Nachfrager stiften.87
79
80 81 82 83 84 85 86 87
Esch et al. 2006, S. 100. Zur Bedeutung von Zufriedenheit als zentrale Ergebnisgröße in Austauschbeziehungen vgl. auch Buunk 2002, S. 431; Fischer/Wiswede 2002, S. 421. Oliver/DeSarbo 1988, S. 496. Vgl. Fischer/Wiswede 2002, S. 421; Aronson/Wilson/Akert 2004, S. 384; Planalp/ Fitness/Fehr 2006, S. 371; Esch/Brunner/Hartmann 2008, S. 151. Esch et al. 2006, S. 100. Vgl. z.B. Hess 1998; Huber/Regier/Vollhardt 2006; Esch/Brunner/Hartmann 2008, S. 151. Vgl. Trommsdorff 2008, S. 344. Vgl. Esch/Rutenberg 2006, S. 201. Vgl. Berscheid 1994, S. 79ff.; Asendorf 1999, S. 267; Grau 2003; Nießing 2007, S. 73. In Anlehnung an Fournier 1998.
116
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Qualität der Marke als Beziehungspartner durch austausch- und gemeinschaftsbezogene Erwartungen determiniert wird. Die austauschbezogenen Erwartungen an die Marke als Beziehungspartner werden in der vorliegenden Arbeit von dem eher kognitiv dominierenden Konstrukt Markenzufriedenheit und die gemeinschaftsbezogenen Erwartungen von den eher affektiv geprägten Konstrukten Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe repräsentiert. Jede dieser Faktoren bildet ein Charakteristikum und konstituierendes, formatives Element der Qualität der MarkeKunde-Interaktion. Sie tragen auf unterschiedliche Weise dazu bei, die Kundenerwartungen an die Marke als Beziehungspartner zu erfüllen, d.h., eine hohe wahrgenommene Qualität der Marke-Kunde-Interaktion kann das Ergebnis von Markenzufriedenheit, Markenvertrauen und/oder Emotionaler (Marken-)Nähe sein. Änderungen eines Faktors gehen nicht notwendigerweise mit Änderungen bei den anderen Faktoren einher. So ist vorstellbar, dass eine hohe Qualität der Marke-Kunde-Interaktion primär das Ergebnis einer hohen wahrgenommenen Markenzufriedenheit ist, ohne dass der Konsument eine hohe Emotionale (Marken-)Nähe empfindet. Eine starke Kovariation zwischen den Faktoren ist daher nicht zwingend. Mit Bezug zu diesen Überlegungen wird die zweite Konzeptualisierungshypothese formuliert: H2:
Die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion ist ein eindimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt zweiter Ordnung, das sich aus den drei Konstrukten erster Ordnung „Markenzufriedenheit“, „Markenvertrauen“ und „Emotionale (Marken-)Nähe“ zusammensetzt.
Nachdem die Faktorstruktur für die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion abgeleitet ist, werden die Faktoren Markenzufriedenheit, Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe abschnittsweise als Faktoren der Markenbeziehungsqualität modelliert. Die Modellierung der Faktoren erfolgt jeweils in drei Schritten. Zunächst wird die Relevanz des Faktors als definierendes Element der Markenbeziehungsqualität theoretisch hergeleitet. Danach wird auf empirische Befunde zum Faktor eingegangen. Abschließend folgt die inhaltliche Konkretisierung, d.h. die definitorische Bestimmung des Faktors. 3.3.3.1.2
Modellierung der Markenzufriedenheit
Wie im vorhergehenden Abschnitt dargelegt wurde, stellt die Markenzufriedenheit eine zentrale Erfolgsgröße in ökonomisch geprägten Marken-KonsumentenBeziehungen dar, in denen das Gerechtigkeitsprinzip im Vordergrund steht. Eine theoretische Erklärungsperspektive für die Bedeutung der Markenzufrieden-
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
117
heit liefert die Equity-Theorie, die auch als Gleichheits-, Gleichgewichtstheorie oder Theorie der distributiven Gerechtigkeit bezeichnet wird.88 Die Equity-Theorie geht davon aus, dass Kunden ein Gefühl für die distributive Gerechtigkeit (Fairness) in Austauschprozessen haben und ihre Input-OutputRelation, d.h. das Verhältnis der erbrachten Leistungen (Input) und erhaltenen Gegenleistungen (Output), mit derjenigen des Anbieters sowie anderer Kunden vergleichen. Wenn Leistungen und Gegenleistungen in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen, empfindet der Kunde Zufriedenheit.89 Das Empfinden von Gerechtigkeit hat wiederum eine stabilisierende Wirkung auf die Marken-Konsumenten-Beziehung. Empfindet der Kunde hingegen die Verteilung als ungerecht, so kommt es zu inneren Spannungen, die Aktivitäten zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit, wie z.B. den Abbruch der Beziehung oder die Veränderung des Inputs, beim Kunden auslösen.90 Den theoretischen Überlegungen entsprechend ist die Kundenzufriedenheit bzw. Markenzufriedenheit Gegenstand zahlreicher empirischer Studien. In vielen Arbeiten zu Anbieter-Kunde-Beziehungen auf Dienstleistungs- und Industriegütermärkten wird die Zufriedenheit als wichtiger Faktor der Beziehungsqualität herausgearbeitet und empirisch bestätigt.91 Auch im Markenkontext wird der Markenzufriedenheit ein zentraler Stellenwert für erfolgreiche Marken-Konsumenten-Beziehungen eingeräumt. So bestätigen verschiedene empirische Studien Markenzufriedenheit als Faktor der Markenbeziehungsqualität.92 Trotz des intensiven wissenschaftlichen Diskurses besteht bis heute kein Konsens über das inhaltliche Verständnis der (Marken-)Zufriedenheit.93
88
89 90 91
92 93
Die Equity-Theorie geht auf Adams (1965) zurück und kann der Sozialpsychologie zugeordnet werden. Für eine ausführliche Darstellung der Theorie im Allgemeinen vgl. z.B. Fischer/Wiswede 2002, S. 439ff.; Gollwitzer/Schmitt 2006, S. 44ff. Für die Bedeutung der Equity-Theorie in Austauschbeziehungen vgl. Buunk 2002, S. 431; Fischer/Wiswede 2002, S. 421. Zur Diskussion der Bedeutung der Equity-Theorie im Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit vgl. Trommsdorff 2004, S. 143; Homburg/Stock-Homburg 2006, S. 36ff. Vgl. Oliver/DeSarbo 1988, S. 496; Pepels 2000, S. 54. Vgl. Homburg/Stock-Homburg 2006, S. 37f. Vgl. z.B. Dwyer/Schurr/Oh 1989; Evans/Crosby 1989; Lagace/Dahlstrom/Gassenheimer 1991; Leuthesser 1997; De Wulf/Odekerken-Schroder/Iacobucci 2001; Keller/Stolper 2006. Vgl. Aaker/Fournier/Brasel 2004; Henkel/Huber 2005; Huber/Vollhardt/Vogel 2008. Vgl. Stauss 2006b, S. 174. Für einen Überblick über die verschiedenen Ansätze vgl. Festge 2006, S. 9ff.
118
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
In der Mehrheit der Arbeiten wird zur inhaltlichen Konkretisierung des Konstrukts das so genannte Confirmation/Disconfirmation-Paradigma (C/D-Paradigma) herangezogen, auf das auch in dieser Arbeit zurückgegriffen wird.94 Demnach ist die Markenzufriedenheit das Resultat eines komplexen psychischen Vergleichsprozesses. Mit dem Kauf einer Marke verbinden Konsumenten bestimmte subjektive Erwartungen, die den Vergleichsmaßstab determinieren.95 Nach dem Kauf bzw. Gebrauch einer Marke werden diese subjektiven Markenerwartungen (Soll-Leistung) mit den tatsächlichen Erfahrungen mit der Marke (Ist-Leistung) verglichen. Markenzufriedenheit bzw. -unzufriedenheit stellt dann das Ergebnis der wahrgenommenen Diskrepanz zwischen den subjektiven Markenerwartungen und den wahrgenommenen Markenerfahrungen dar.96 Der Vergleich zwischen Anspruchsniveau und Wahrnehmung durch den Kunden kann zu einer Überfüllung (positive Diskonfirmation), Erfüllung (Konfirmation) oder Unterfüllung (negative Diskonfirmation) der Kundenerwartungen an eine Marke führen, die sich in einer Kundenbegeisterung, Kundenzufriedenheit oder Kundenunzufriedenheit bezüglich der Marke ausdrücken.97 Bezüglich der Inhalte des Vergleichsprozesses lassen sich rationale und affektive Zufriedenheitsaspekte unterscheiden. Ursprünglich wurde der Vergleichsprozess als rein kognitiver Prozess verstanden.98 Hierbei wird die Eignung der Marke beispielsweise hinsichtlich ihrer Langlebigkeit oder ihrer wahrgenommenen Qualität beurteilt. Allerdings legen neuere empirische Arbeiten die Vermutung nahe, dass affektive, emotionale Aspekte, wie z.B. das Markenimage oder das Gefallen einer Marke, einen zusätzlichen Einfluss auf die Entstehung und
94
95
96 97 98
Vgl. z.B. Yi 1989, S. 69; Oliver 1996, S. 98ff.; Bruhn 2001d, S. 71ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 102f.; Bagusat 2005, S. 97f.; Bruhn/Hadwich 2006, S. 88; Beysüngü 2006, S. 37f.; Festge 2006, S. 11ff.; Terlutter 2006, S. 273; Nerdinger/Neumann 2007, S. 128f.; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 106. In Bezug auf die Bildung und Art des Vergleichsmaßstabs, der allgemein als Erwartung bezeichnet wird, bestehen in der Literatur verschiedene Auffassungen. Prinzipiell können unterschiedliche Aspekte Einfluss auf das Anforderungsniveau der geforderten Soll-Leistung einer Marke haben. In diesem Zusammenhang spielen unter anderem die vergangenen Erfahrungen des Kunden mit der Marke, Erfahrungen mit ähnlichen Marken oder Idealvorstellungen des Kunden eine Rolle. Für eine ausführliche Diskussion der unterschiedlichen Vergleichsstandards zur Beschreibung der von einer Marke geforderten Soll-Leistung vgl. z.B. Geus 2005, S. 70ff. Vgl. Homburg/Koschate 2005, S. 1396. Vgl. Homburg/Giering/Hentschel 1999; Gierl/Bartikowski 2003, S. 14ff.; Homburg/Koschate 2005, S. 1396. Vgl. Westbrook/Oliver 1991, S. 84.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
119
Beurteilung von Markenzufriedenheit haben.99 In der Folge liegt neueren Arbeiten häufig ein breiteres Verständnis der (Marken-)Zufriedenheit zugrunde, das neben rationalen auch affektive Zufriedenheitsaspekte berücksichtigt.100 Diesem Begriffsverständnis wird auch in dieser Arbeit gefolgt, da Marken häufig insbesondere zur Befriedigung emotionaler Bedürfnisse konsumiert werden (vgl. Abschnitt 1.1). In Hinblick auf die zeitliche Orientierung der (Marken-)Zufriedenheit ist zwischen einer kurzfristigen, transaktionsspezifischen und einer weitgehend situationsunabhängigen, transaktionsübergreifenden Markenzufriedenheit – auch Beziehungszufriedenheit genannt – zu unterscheiden.101 Im Kontext von AnbieterKunde-Beziehungen sowie im Rahmen von Marken-Konsumenten-Beziehungen wird die (Marken-)Zufriedenheit zumeist als kumulative Größe aufgefasst, die sich auf die Evaluierung sämtlicher Erfahrungen mit einem Anbieter bzw. einer Marke bezieht.102 „Satisfaction can be defined as an affective condition that results from a global evaluation of all the aspects that make up the relationship. […] Therefore, satisfaction is not the result of a specific interaction but the global evaluation of the relationship history between the parties.”103 Dieses Begriffsverständnis versteht die Markenzufriedenheit als Einstellung, die auf wiederholten Markenerfahrungen basiert und sich somit beim Kunden stabilisiert hat.104 Insbesondere in Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Markenzufriedenheit und Markenbindung erscheint die längerfristige, transaktionsübergreifende Markenzufriedenheit einen stärkeren Einfluss auf den affektiv begründeten Bindungswunsch zu haben als die Zufriedenheit mit einzelnen Transaktionen.105 Dementsprechend wird die Markenzufriedenheit in dieser Arbeit als transaktionsübergreifende Größe aufgefasst. Schließlich ist bezüglich der Art des Konstrukts zu entscheiden, ob eine einoder mehrfaktorielle Konzeptualisierung der Markenzufriedenheit vorgenommen
99 100 101 102 103 104 105
Vgl. z.B. Oliver 1993; Haistead/Hartman/Schmidt 1994; Alford/Sherrell 1996; Richins 1997. Vgl. Geus 2005, S. 68; Homburg/Stock-Homburg 2006, S. 22; Nerdinger/Neumann 2007, S. 129; Benkenstein/Uhrich 2008, S. 43. Vgl. Weinberg/Terlutter 2005, S. 51; Stauss 2006b, S. 182; Homburg/Becker/ Hentschel 2008, S. 107f. Vgl. De Wulf/Odekerken-Schroder/Iacobucci 2001, S. 36; Benkenstein/Uhrich 2008, S. 43; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 107. Casalo/Flavian/Guinaliu 2008, S. 24. Vgl. Homburg/Stock-Homburg 2006, S. 22f.; Stauss 2006b, S. 182; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 107. Vgl. Benkenstein/Uhrich 2008, S. 43.
120
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
wird.106 Da in der vorliegenden Arbeit der relative Einfluss der Markenzufriedenheit auf die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion auf globaler Ebene und nicht auf Ebene einzelner Leistungskategorien im Vordergrund steht, wird eine einfaktorielle Konzeptualisierung der Markenzufriedenheit als Konstrukt erster Ordnung angestrebt. Auf diesen Überlegungen beruhend wird der Markenzufriedenheit folgende Definition zugrunde gelegt: Markenzufriedenheit stellt eine einfaktorielle, latente Variable dar und ist das Ergebnis eines kognitiven und emotionalen, transaktionsübergreifenden Vergleichsprozesses, in dem der Konsument die Gesamtheit der wahrgenommenen Markenerfahrungen mit den subjektiven Markenerwartungen abwägt. 3.3.3.1.3
Modellierung des Markenvertrauens
Die Bedeutung von Markenvertrauen als Schlüsselkonstrukt zur Erklärung von langfristigen Marken-Konsumenten-Beziehungen ergibt sich in erster Linie aus der Komplexitäts- und Unsicherheitsreduktion, die mit dem Vertrauen einhergehen und in der Folge die Interaktionseffizienz erhöhen.107 Vertrauen in die Marke hilft, das wahrgenommene Kaufrisiko108 sowie die Kosten und Mühen, die mit einem Kauf verbunden sind, zu reduzieren.109 Eine theoretische Begründung hierzu liefert die Risikotheorie. Aus Sicht der Risikotheorie sind Konsumenten bestrebt, das Risiko in Kaufsituationen zu minimieren, weshalb sie tendenziell zu Marken eine Beziehung entwickeln, zu denen sie auf Basis bisheriger Markenerfahrungen Vertrauen aufgebaut haben.110 Die Höhe des wahrgenommenen Kaufrisikos wird wiederum vom Ausmaß der Unsicherheit und der Erheblichkeit der Konsequenzen eines Fehlkaufs bestimmt. Voraussetzung für Markenvertrauen ist daher Verletzbarkeit, d.h., Vertrauen 106 107 108
109 110
Vgl. Homburg/Fürst 2008, S. 615. Vgl. Fischer/Wiswede 2002, S. 398f.; Ahlert 2005, S. 52; Hüllemann 2007; Casalo/Flavian/Guinaliu 2008, S. 23. Das wahrgenommene Kaufrisiko beschreibt die vom Konsumenten als nachteilig aufgefassten Folgen seines Verhaltens, die der Konsument nicht sicher vorhersehen kann (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 397). Vgl. Chaudhuri/Holbrook 2001, S. 82; Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 407. Vgl. Huber/Regier/Vollhardt 2006, S. 239; Benkenstein/Uhrich 2008, S. 45; Gröppel-Klein/Königstorfer/Terlutter 2008, S. 55.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
121
setzt einen Grad von Unsicherheit bzgl. einer Situation oder eines Objektes und zudem eine riskante Vorleistung des Konsumenten im Sinne eines Vertrauensvorschusses voraus.111 „[…] most disciplines agree that risk is a critical condition for trust to influence choice and behaviour.”112 In der Folge ist Markenvertrauen insbesondere für Leistungen mit einem hohen Anteil an Vertrauenseigenschaften relevant, die auch nach dem Kauf und Konsum nicht zweifelsfrei beurteilt werden können.113 Markenvertrauen hat demnach eine stabilisierende Wirkung auf eine Marken-Konsumenten-Beziehung. Die Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner hat dieser Kundenerwartung zu entsprechen, indem sie das in sie gesetzte Vertrauen nicht beschädigt.114 Empirische Studien bestätigen, dass Vertrauen nicht nur eine wesentliche Facette der Beziehungsqualität in Anbieter-Kunde-Beziehungen bildet115, sondern auch einen zentralen Faktor der vom Kunden wahrgenommenen Beziehungsqualität in Marken-Konsumenten-Beziehungen darstellt.116 Stellvertretend für viele Wissenschaftler beschreiben Delgado-Ballester et al. Markenvertrauen folglich als eine „[…] key variable in the development of an enduring desire to maintain a relationship in the long term, for example with a brand.”117 Problematisch ist allerdings, dass bisher kein Konsens über die Inhalte erzielt wurde, die mit dem Konstrukt Markenvertrauen verbunden sind.118 In der betriebswirtschaftlichen Vertrauensforschung wird gewöhnlich zwischen zwei in111 112 113 114 115
116
117 118
Vgl. Bruhn 2001d, S. 69; Chaudhuri/Holbrook 2001, S. 82; Kenning 2002, S. 84. Delgado-Ballester/Munuera-Aleman/Yague-Guillen 2003, S. 37. Vgl. Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 407; Bagusat 2005, S. 102f.; Wünschmann/Müller 2006, S. 230. Vgl. Esch/Rutenberg 2006, S. 201. Vgl. Evans/Crosby 1989; Lagace/Dahlstrom/Gassenheimer 1991; Leuthesser 1997; Klee 2000; De Wulf/Odekerken-Schroder/Iacobucci 2001; Keller/Stolper 2006; Georgi/Hadwich/Bruhn 2007. Wie in Abschnitt 2.2.3 herausgestellt wurde, wird in einigen Arbeiten Markenvertrauen als Qualität der Marke als Partner verstanden. Im Rahmen der qualitativen Voruntersuchungen wurde deutlich, dass Partnerqualität im weitesten Sinne durch das Konstrukt Markenvertrauen abgebildet wird und somit mit diesem inhaltlich gleichgesetzt werden kann. Da der Begriff Markenvertrauen eingängiger und selbsterklärender ist und Markenvertrauen mittlerweile ein häufig untersuchtes Konstrukt in der Markenforschung darstellt, wird anderen Arbeiten gefolgt (vgl. z.B. Zeplin 2005, S. 22; Weißgerber 2007, S. 95) und Partnerqualität in dieser Arbeit als Markenvertrauen verstanden. Delgado-Ballester/Munuera-Aleman 2001, S. 1240. Für einen Überblick der verschiedenen Definitionsansätze sowie inhaltlichen Schwerpunkte vgl. Müller/Wünschmann 2004, S. 9ff.
122
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
haltlichen Facetten des Vertrauens – dem kognitiven und affektiven – unterschieden, wobei die Bezeichnung dieser Formen variiert. Kognitives Vertrauen ist technisch, funktionaler Natur und bezieht sich auf die Wahrnehmung des Kunden, dass die Marke die Kapazitäten und Fähigkeiten hat, auf die Bedürfnisse des Konsumenten zum jetzigen Zeitpunkt und auch zukünftig adäquat zu reagieren.119 Diese Form des Vertrauens basiert auf dem Leistungsversprechen der Marke und drückt sich in dem Glauben aus, dass die Marke auch weiterhin ihre Leistung zur Zufriedenheit des Kunden erbringen wird.120 Als Konzepte zur Erfassung dieser Form des Markenvertrauens werden in der Literatur häufig Markenzuverlässigkeit121, Markenglaubwürdigkeit122 sowie Markenkompetenz123 genannt. Ein höheres Niveau erreicht das Markenvertrauen, wenn es mit interpersonalem Vertrauen gleichgesetzt wird. Hierunter verstehen Delgado-Ballester und Munuera-Aleman „[…] a feeling of security based on the belief hat his/her behaviour is guided and motivated by favourable and positive intentions towards the welfare and interest of his/her partner.”124 Affektives Vertrauen beruht somit insbesondere auf der Beurteilung der Absichten und Motive des Interaktionspartners. Im Markenkontext reflektiert diese affektive Form des Markenvertrauens ein emotionales, zukunftsgerichtetes, d.h. transaktionsübergreifendes, Sicherheitsgefühl, dass die Marke an dem Wohlergehen des Kunden interessiert ist, sich an Versprechungen hält und Schwächen des Kunden, wie z.B. Unwissenheit, nicht zum eigenen Vorteil ausnutzt. Affektives Markenvertrauen, das auch mit den Begriffen Markenintention125 und Markenintegrität bzw. Markenwohl-
119
120 121
122 123 124 125
Vgl. Delgado-Ballester/Munuera-Aleman 2001, S. 1242. Sie argumentieren, dass das kognitive Vertrauen insbesondere in Geschäftsbeziehungen relevant ist. Im Gegensatz zu anderen menschlichen Beziehungen liegt die Besonderheit geschäftlicher Beziehungen in einer gewissen Art von Abhängigkeit, die meistens darin besteht, eine versprochene Leistung zu liefern bzw. zu erhalten. Vgl. Deighton 1992, S. 362ff. Vgl. Delgado-Ballester/Munuera-Aleman 2001, S. 1242. Vgl. auch DelgadoBallester/Munuera-Aleman/Yague-Guillen 2003; Delgado-Ballester 2004; DelgadoBallester/Munuera-Aleman 2005. Vgl. Gurviez/Korchia 2003. Vgl. Sirdeshmukh/Singh/Sabol 2002. Delgado-Ballester/Munuera-Aleman 2001, S. 1242. Vgl. Delgado-Ballester/Munuera-Aleman 2001, S. 1242. Vgl. auch DelgadoBallester/Munuera-Aleman/Yague-Guillen 2003; Delgado-Ballester 2004; DelgadoBallester/Munuera-Aleman 2005.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
123
wollen126 belegt wird, impliziert somit, dass die Marke als Partner angesehen wird, auf den jederzeit Verlass ist. In Marken-Konsumenten-Beziehungen kommt beiden Vertrauensaspekten eine Bedeutung zu.127 Wenn Marken im Bewusstsein des Konsumenten menschliche Züge annehmen, dann können Kunden einer Marke nicht mehr nur objektbezogen (d.h. dem Symbol bzw. dem Produkt), sondern auch interpersonal im Sinne eines Beziehungspartners vertrauen.128 Daher werden in der vorliegenden Arbeit sowohl das kognitive, objektbezogene als auch das affektive, interpersonale Vertrauen bei der Modellierung des Markenvertrauens berücksichtigt. In Bezug auf die Art des Konstrukts ist zwischen einer ein- und mehrfaktoriellen Konzeptualisierung des Markenvertrauens zu unterscheiden. In der wissenschaftlichen Forschung sind beide Konzeptualisierungsarten vertreten.129 Wie auch schon bei der Konzeptualisierung der Markenzufriedenheit wird in der vorliegenden Arbeit Markenvertrauen als Gesamtkonstrukt und nicht in Form einzelner Komponenten erfasst, da der globale Einfluss des Markenvertrauens auf die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion im Vordergrund steht. Auf Basis dieser Überlegungen wird in der vorliegenden Arbeit folgender Definition des Markenvertrauens gefolgt130: Markenvertrauen stellt eine einfaktorielle, latente Variable dar und beschreibt ein transaktionsübergreifendes, zukunftsgerichtetes emotionales und rationales Sicherheitsgefühl basierend auf dem Glauben des Konsumenten, dass die Marke einen zuverlässigen und vertrauenswürdigen Partner darstellt, der sich langfristig im Interesse des Kunden verhält. Markenzufriedenheit und Markenvertrauen stellen somit konstituierende Elemente der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion dar. Während Markenzufriedenheit vor allem in ökonomisch geprägten Austauschbeziehungen eine besondere Bedeutung zugesprochen wird, steht Markenvertrauen dann im Vordergrund, wenn die Markenwahl ein Kaufrisiko birgt und somit das Vertrauen in die Marke als Partner eine Schlüsselrolle spielt. Wie in Abschnitt 3.3.3.1.1 dargestellt wurde, sind diese beiden Erfolgsgrößen alleine jedoch nicht in der Lage, 126 127 128 129 130
Vgl. Gurviez/Korchia 2003. Vgl. Delgado-Ballester 2004, S. 576. Vgl. Wünschmann/Müller 2006, S. 227; Wünschmann/Müller 2008, S. 386. Für mehrfaktorielle Konzeptualisierungen des Markenvertrauens vgl. z.B. Weißgerber 2007; für einfaktorielle Konzeptualisierungen vgl. z.B. Geus 2005; Zeplin 2005. In Anlehnung an Delgado-Ballester/Munuera-Aleman/Yague-Guillen 2003, S. 37.
124
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
die Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion umfassend zu erklären. Einen Erkenntnisgewinn liefert die Berücksichtigung der vom Kunden wahrgenommenen Emotionalen (Marken-)Nähe, die im nächsten Abschnitt inhaltlich konkretisiert wird. 3.3.3.1.4
Modellierung der Emotionalen (Marken-)Nähe
„Das Suchen von Nähe gilt als eines der grundlegenden menschlichen Motive.“131 Die Bedeutung von Nähe in zwischenmenschlichen Beziehungen ergibt sich aus dem psychischen Wohlbefinden, das mit nahen Beziehungen einhergeht: Nahe Beziehungen resultieren in positiven Emotionen wie „[…] feeling understood, validated, cared for, and closely connected with another person […]“132 und tragen zur Persönlichkeitsentwicklung sowie sozialer Integration bei. Dem Bedürfnis nach Nähe kommen insbesondere emotional bedeutsame Gemeinschaftsbeziehungen – wie z.B. Beziehungen zu den Eltern, Geschwistern, guten Freunden, Ehepartnern sowie den eigenen Kindern – nach.133 Mangelnde empfundene Nähe ist ein Hauptgrund, warum enge zwischenmenschliche Beziehungen scheitern.134 Die Bedeutung von Emotionaler (Marken-)Nähe für den Aufbau und Erhalt langfristiger Marken-Konsumenten-Beziehungen ergibt sich analog zu nahen zwischenmenschlichen Beziehungen aus dem psychischen Wohlbefinden, den intime, emotionale Markenbeziehungen dem Nachfrager stiften. Nahe Beziehungen geben den Beziehungspartnern unter anderem das Gefühl der emotionalen Sicherheit und Stabilität.135 Chaudhuri/Holbrook haben im Markenkontext analog nachgewiesen, dass affektive Aspekte bei der Kaufentscheidung im Vordergrund stehen, wenn die Markenwahl mit psychologischen und sozialen Risiken verbunden ist. Psychologisches Risiko liegt vor, wenn der Markenkauf mit Risiken für den persönlichen Status oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe verbunden ist. Soziales Risiko besteht hingegen, sofern der Markenkauf Auswirkungen auf die soziale Anerkennung, z.B. bei symbolträchtigen Produkten, hat.136 In diesen Fällen resultiert die Markenbindung vor
131 132 133 134 135 136
Grau 2003, S. 287. Reis/Shaver 1988, S. 386ff. Vgl. Berscheid 1994, S. 79ff.; Asendorf 1999, S. 267. Vgl. Grau/Bierhoff 2003, S. 287f. Vgl. Taylor/Peplau/Sears 2002, S. 234. Für eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Risikoarten des wahrgenommenen Kaufrisikos vgl. Mitchell 1999; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 399; Hassan et al. 2006, S. 140ff.; Foscht/Swoboda 2007, S. 84.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
125
allem aus der emotionalen Sicherheit, die die Nutzung der Marke dem Kunden bereitet. Hingegen stehen kognitive Aspekte im Mittelpunkt, wenn die Entscheidung zwischen zwei Marken ein finanzielles (z.B. finanzintensive Kaufentscheidungen), physisches (z.B. Gesundheit) oder funktionales Risiko (z.B. Leistung) birgt. Die Markenbindung basiert in solchen Fällen insbesondere auf dem Markenvertrauen bzw. der Markenzufriedenheit.137 Neben der emotionalen Sicherheit tragen nahe Beziehungen im zwischenmenschlichen Bereich zur Persönlichkeitsentwicklung bzw. -festigung bei, indem die eigene Persönlichkeit selektiv um die des Partners erweitert bzw. durch Mechanismen des Selbstwerts und der Selbstachtung verstärkt wird.138 Auch in Marken-Konsumenten-Beziehungen tragen Marken zur Selbsterweiterung bzw. Selbstverwirklichung des Konsumenten bei, indem eine Verknüpfung der Markenpersönlichkeit mit der eigenen Identität erfolgt.139 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Emotionale (Marken-)Nähe dem Wunsch nach sozialer Bezogenheit des Konsumenten nachkommt und somit eine Kundenerwartung vor allem in sozial geprägten Marken-Konsumenten-Beziehungen darstellt. Sofern eine Marke dieser Erwartung aus Kundensicht nachkommt, wirkt dies stabilisierend auf die Marken-Konsumenten-Beziehung. Die Bedeutung von Emotionaler (Marken-)Nähe als Faktor der Markenbeziehungsqualität wird durch empirische Studien von Kressmann et al. sowie Scarabis bestätigt.140 In beiden Studien ergab die faktoranalytische Auswertung der Untersuchungsdaten, dass die Faktoren Liebe/Leidenschaft, Verbindung zur Identität, Interdependenz sowie Intimität aufgrund ihrer inhaltlichen Nähe zu einem Faktor zusammengefasst werden können, den Scarabis explizit mit affektiver (Marken-)Nähe betitelt. Eine definitorische Bestimmung der Emotionalen (Marken-)Nähe ist bis jetzt noch in keiner Arbeit erfolgt. Zur Herleitung eines geeigneten konzeptionellen Verständnisses der Emotionalen (Marken-)Nähe wird in der vorliegenden Arbeit auf Erkenntnisse zum Konstrukt der Emotionalen Nähe in zwischenmenschlichen Beziehungen zurückgegriffen. Je nach Untersuchungsinteresse wird Emotionale Nähe unterschiedlich definiert, sodass keine übergreifende Definition von Nähe im zwischenmenschlichen Kon-
137 138 139 140
Vgl. Chaudhuri/Holbrook 2001; Chaudhuri/Holbrook 2002. Vgl. Aron/Paris/Aron 1995; Aron/Aron 1996a; Aron/Aron 1996b. Vgl. Jodl 2005, S. 54ff. Vgl. auch die Ausführungen zur Dimension „Verknüpfung der Marke mit der eigenen Identität“ in Abschnitt 2.2.3. Vgl. Kressmann et al. 2003; Scarabis 2006.
126
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
text existiert. Die verschiedenen Begriffsauffassungen und -zugänge unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich der eingenommenen Betrachtungsperspektive, der Fristigkeit der Betrachtung, der Bestandteile des Nähekonstrukts sowie der Art des Konstrukts.141 Hinsichtlich der Betrachtungsperspektive wird zwischen objektiver und subjektiver Nähe unterschieden, je nachdem ob Nähe am objektiven Verhalten (z.B. zusammen verbrachte Zeit, Ausmaß der gegenseitigen Beeinflussung) oder am subjektiven Erleben der Beziehungspartner festgemacht wird.142 Da Beziehungspartner häufig unterschiedliche Einschätzungen über den Grad ihrer Nähe haben, wird in der Mehrheit der Arbeiten der subjektiven Begriffsauffassung gefolgt.143 Auch im Markenkontext empfiehlt es sich, Emotionale (Marken-)Nähe aus Kundensicht zu betrachten, da das beobachtbare Verhalten bezüglich einer Marke (z.B. häufiger Kauf bzw. Verwendung einer Marke) nicht unbedingt Aufschluss über die emotionale Nähe eines Konsumenten zu einer Marke gibt. So kann der wiederholte Kauf einer Marke nicht unbedingt das Ergebnis einer positiv empfundenen Emotionalen (Marken-)Nähe sein, sondern beispielsweise auf Gewohnheit, Trägheit oder preislichen Vorteilen beruhen.144 Die Unterschiede in der Fristigkeit der Betrachtung ergeben sich je nachdem, ob Nähe als ein vorübergehender Zustand des Beisammenseins (Nähe als Interaktionsmerkmal) oder als stabiles, kognitiv repräsentiertes Beziehungsmerkmal angesehen wird (Nähe als Beziehungsmerkmal). Während im ersten Fall Nähe an konkrete Situationen gebunden wird (z.B. Umarmung), ist Nähe verstanden als Beziehungsmerkmal relativ stabil und unabhängig von der physischen Nähe.145 Nähe als Interaktionsmerkmal und Nähe als Beziehungsmerkmal sind jedoch nicht unabhängig voneinander zu sehen. Voraussetzung zur Entstehung von Emotionaler Nähe sind intime Interaktionen, die ein gegenseitiges, sukzessives Vordringen in die Persönlichkeitsbreite und -tiefe des Beziehungspartners und
141 142
143 144 145
Vgl. Grau/Bierhoff 2003, S. 288ff. Für das Verständnis der Nähe als objektiv beobachtbares Phänomen vgl. z.B. Berscheid/Snyder/Omoto 1989, S. 792ff.; als subjektives Erleben vgl. Reis/Shaver 1988, S. 375ff. Vgl. Grau 2003, S. 288f. Vgl. Amine 1998; Grönroos 2000b, S. 33; Hess/Story 2005; Hippner/Rentzmann/Wilde 2006, S. 199. Vgl. hierzu auch Abschnitt 1.1. Im Gegensatz zu Kleinkindern, bei denen die empfundene Emotionale Nähe unweigerlich mit der physischen Präsenz der Bezugsperson verbunden ist, wird davon ausgegangen, dass bei Erwachsenen die wahrgenommene Nähe zum Beziehungspartner losgelöst von einzelnen Interaktionen existiert und eine Einstellung repräsentiert (vgl. Grau 2003, S. 289f.).
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
127
somit einen Prozess der Annäherung durch beiderseitige Selbstöffnung ermöglichen (vgl. Abschnitt 2.1.3). Emotionale (Marken-)Nähe wird in dieser Arbeit als stabiles Beziehungsmerkmal verstanden, das das Ergebnis einer Folge von intimen Interaktionen mit einer Marke ist. Gemäß der Animismustheorie sind für diesen Prozess der emotionalen Annäherung jedoch keine zweiseitigen Kommunikationsprozesse nötig (vgl. Abschnitt 2.1.2). So ist vorstellbar, dass Konsumrituale oder Assoziierung der Marke mit Personen der Gegenwart oder Vergangenheit den Prozess der emotionalen Annäherung fördern. Ferner besteht die Möglichkeit, dass Marketingentscheidungen in Bezug auf die Marke als Bündel von Verhaltensweisen der Marke angesehen werden, die auf den Prozess der Annäherung aus Kundensicht Einfluss nehmen. „Wichtig [für den Prozess der Selbstöffnung, Anm. d. Verfassers] ist nicht, ob eine Person verstanden wird, sondern ob sie sich verstanden fühlt.“146 In Bezug auf die inhaltlichen Bestandteile des Nähekonstrukts im zwischenmenschlichen Bereich besteht unter den Forschern kein Konsens. „Die Liste der Merkmale, mit denen nahe Beziehungen von verschiedenen Autoren beschrieben werden, ist nahezu endlos.“147 Nach Ansicht von Grau enthält Emotionale Nähe kognitive, affektive sowie konative Anteile.148 Auch in Marken-KonsumentenBeziehungen findet die emotionale Annäherung sowohl auf kognitiver, affektiver und emotionaler Ebene statt. Der kognitive Aspekt der Emotionalen (Marken-) Nähe wird durch die empfundene Intimität der Marken-Konsumenten-Beziehung wiedergegeben, die – wie in Abschnitt 2.2.3 erläutert – das Wissen um das Innerste des Beziehungspartners wiedergibt. Der affektive Teil der Emotionalen (Marken-)Nähe wird durch Aspekte der Liebe zu einer Marke und der Verknüpfung der Marke mit der eigenen Identität ausgedrückt. Die Liebe zu einer Marke wird verstanden als Gefühl der Zusammengehörigkeit.149 Die Verbindung zum Selbstkonzept zeigt, dass die Marke einen wichtigen Teil der eigenen Persönlichkeit ausdrückt.150 Der konative Anteil der Emotionalen (Marken-)Nähe kommt schließlich durch die wahrgenommene Interdependenz zwischen Marke und Konsument zum Ausdruck. Bei einer intensiven emotionalen Annäherung ist davon auszugehen, dass die Beteiligten zunehmend voneinander abhängig werden und sich gegenseitig beeinflussen.151
146 147 148 149 150 151
Grau 2003, S. 295. Grau 2003, S. 296. Vgl. Grau 2003. Vgl. Fournier 1998, S. 363f.; Fournier 2005, S. 230f. Vgl. auch Abschnitt 2.2.3. Vgl. Fournier 1998, S. 364; Fournier 2005, S. 231. Vgl. auch Abschnitt 2.2.3. Vgl. Fournier 1998, S. 364f.; Fournier 2005, S. 231. Vgl. auch Abschnitt 2.2.3.
128
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Schließlich lassen sich hinsichtlich der Art des Konstrukts ein- und mehrfaktorielle Konzeptualisierungen des Nähekonstrukts im zwischenmenschlichen Bereich differenzieren.152 In dieser Arbeit wird eine einfaktorielle Konzeptualisierung der Emotionalen (Marken-)Nähe verfolgt. Mit Bezug zu diesen theoretischen Überlegungen wird Emotionale (Marken-) Nähe in der vorliegenden Arbeit wie folgt definiert: Emotionale (Marken-)Nähe stellt eine einfaktorielle, latente Variable dar und ist ein subjektiv erlebtes und kognitiv repräsentiertes Merkmal einer Marken-Konsumenten-Beziehung, das eine intensive kognitive, affektive und konative Annäherung zwischen Marke und Konsument beschreibt.
3.3.3.2 3.3.3.2.1
Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-StellvertreterInteraktion Ableitung der Faktorstruktur der Stellvertreter-KundeInteraktionsdimension
Die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion wurde definiert als die Fähigkeit einer Marke, die Kundenerwartungen an die Marke als Interaktionsplattform für wechselseitige Kontakte mit Markenbeziehungsstellvertretern zu erfüllen (vgl. Abschnitt 3.3.2). Auf Faktorebene sind diese Kundenerwartungen zu konkretisieren, indem die Faktoren abgeleitet und modelliert werden, die die Kundenerwartungen in ihrer Gesamtheit formen. Die Ableitung der Faktorstruktur der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion ist Gegenstand dieses Abschnitts, während die Modellierung der einzelnen identifizierten Faktoren in den darauf folgenden Abschnitten sukzessiv erfolgt. Die Kundenerwartungen an die Marke als Interaktionsplattform sind das Resultat des Zusatznutzens, den wechselseitige Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern für Konsumenten stiften können.153 Es lassen sich in diesem Zusammenhang instrumentelle und sozio-emotionale Beziehungsvorteile unterscheiden.154
152
153 154
Beispiele für einfaktorielle Konzeptualisierungen des Nähekonstrukts finden sich z.B. bei Miller/Lefcourt 1982; Grau 2003. Für eine mehrfaktorielle Konzeptualisierung des Nähekonstrukts vgl. z.B. Schaefer/Olson 1981. Vgl. Grönroos 1997, S. 408. Vgl. in Anlehnung an die Nutzenkategorien der Dialogkommunikation Lischka 2000, S. 123ff.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
129
Instrumentelle Beziehungsvorteile sind Nutzenaspekte, die unmittelbar aus den einzelnen Dialogprozessen zwischen Kunden und Markenbeziehungsstellvertretern resultieren. Wiederholte, wechselseitige Interaktionen fördern das Verständnis der Beziehungspartner und ermöglichen es diesen, auf die sich im Zeitablauf verändernden Bedürfnisse ihres Austauschpartners einzugehen und somit dem Prinzip der Wechselseitigkeit einer Beziehung zu entsprechen. Durch die personalisierte Reaktion der Markenbeziehungsstellvertreter auf die Artikulation individueller Bedürfnisse oder Probleme ist es möglich, die wahrgenommene Beratungs-, Betreuungs- und Problemlösungskompetenz einer Marke aus Kundensicht zu erhöhen.155 Wechselseitige Interaktionen im Markenumfeld sind jedoch nicht nur Mittel zur Realisierung von instrumentellen Beziehungsvorteilen; sie erfüllen auch sozioemotionale Nutzenaspekte aus Kundensicht. Zu den sozio-emotionalen Beziehungsvorteilen zählen beispielsweise Vertrauen, Anerkennung, Wertschätzung, Zugehörigkeitsgefühle oder soziale Erlebnisse in Interaktionen.156 Zur Realisierung von instrumentellen und sozio-emotionalen Beziehungsvorteilen bedarf es Markenbeziehungsstellvertretern, die in der Lage sind, auf Aktivitäten des Konsumenten stellvertretend für die Marke zu reagieren und es so ermöglichen, die Marke indirekt in Interaktionen mit dem Konsumenten treten zu lassen (vgl. Abschnitt 2.1.3). In Anbieter-Kunde-Beziehungen werden KundeKunde-Interaktionen, Unternehmen-Kunde-Interaktionen sowie MitarbeiterKunde-Interaktionen unterschieden: „In marketing, ICRs [Interpersonal Commercial Relationships, Anm. d. Verfassers] include the potpourri of consumer-toconsumer connections, service provider-to-consumer interactions, and salesperson-to-customer relations.“157 Die Kunde-Kunde-Interaktion wird als bewusste oder unbewusste soziale Interaktion zwischen Konsumenten und/oder Gruppen verstanden.158 Die Mitarbeiter-Kunde-Interaktion wird als soziale, persönliche Interaktion zwischen einem Mitarbeiter und einem Kunden und/oder Gruppen von Mitarbeitern und Kunden definiert.159 Die Unternehmen-Kunde-Interaktion bezieht sich hingegen auf unpersönliche Interaktionsprozesse zwischen Unternehmen und Kunde, die insbesondere durch dialogfähige, unpersönliche Informations- und Kommunikationssysteme abgewickelt werden.160 Wird dieser Gedanke auf Marken-Konsumenten-Beziehungen übertragen, lassen sich Kunden, 155 156 157 158 159 160
In Anlehnung an Schleuning 1999, S. 49; Lischka 2000, S. 124. Vgl. Bruhn 2008b, S. 489f. Iacobucci/Hibbard 1999, S. 14. Vgl. Algesheimer 2004, S. 7; Algesheimer/Herrmann 2005, S. 749. Vgl. Seidel 2007, S. 46. In Anlehnung an Iacobucci/Hibbard 1999.
130
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Mitarbeiter und dialogfähige Systeme als Markenbeziehungsstellvertreter ableiten, die in der Gesamtheit das Spektrum an Interaktionspartnern in MarkenKonsumenten-Beziehungen abbilden. Schaubild 3-5 gibt einen Überblick über die Unterschiede zwischen Kunde-Kunde-Interaktion, Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und System-Kunde-Interaktion im Markenumfeld. Kunde-KundeInteraktion
Mitarbeiter-KundeInteraktion
System-KundeInteraktion
Kunde (Einzelperson, Gruppe)
Mitarbeiter (Einzelperson, Gruppe)
Dialogfähige Informationsund Kommunikationssysteme
Persönlich
Persönlich
Unpersönlich
Art der Interaktion
Direkt und indirekt
Direkt und indirekt
Indirekt
Art der Beziehungsvorteile
Instrumentelle und sozio-emotionale Beziehungsvorteile
Instrumentelle und sozio-emotionale Beziehungsvorteile
Instrumentelle und sozio-emotionale Beziehungsvorteile
Events, Brand Communities, Kundenclubs
Beratungs- und Verkaufsgespräche, Telefon-Hotlines, Customer Interaction Centers, Events
Personalisierte E-Mails und Internetseiten, Avatare
Interaktionspartner
Persönlichkeitsgrad der Interaktion
Beispiele für Kommunikationsinstrumente und -mittel zur Umsetzung der Interaktionen
Schaubild 3-5: Systematisierung und Charakterisierung von Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern
Interaktionspartner in Konsumenteninteraktionen stellen andere Markennachfrager dar, während in Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen Mitarbeiter der Marke, wie z.B. Verkaufs- oder Servicepersonal, Bezugsobjekt der Interaktion sind. In System-Kunde-Interaktionen findet hingegen ein individueller Austausch mit dialogfähigen, unpersönlichen Informations- und Kommunikationssystemen der Marke statt. In Bezug auf den Persönlichkeitsgrad der Interaktion stellen Kunde-KundeInteraktionen sowie Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen persönliche Austauschprozesse dar. Hier tritt der Konsument in einen wechselseitigen Austausch mit sozialen, menschlichen Manifestationen der Marke. In System-Kunde-Interaktionen kommuniziert der Konsument hingegen mit technischen, anstatt menschlichen Vertretern der Marke. Es handelt sich dementsprechend um unpersönliche Interaktionsprozesse.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
131
Wird die Art der Interaktion als Abgrenzungskriterium herangezogen, lassen sich direkte und indirekte Interaktionsprozesse unterscheiden.161 Bei einer direkten Interaktion stehen die Kommunikationspartner in unmittelbarer Verbindung im Sinne eines Face-to-Face-Kontakts. Wenn demgegenüber eine Übermittlungsinstanz, wie z.B. Telefon, Post oder Computer, zwischen die direkt agierenden Interaktionspartner geschaltet wird, handelt es sich um eine indirekte Interaktion. Kunde-Kunde-Interaktionen sowie Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen können sowohl direkte (z.B. Austausch auf einem Event) als auch indirekte Kommunikationssequenzen beinhalten (z.B. Dialoge per E-Mail). System-Kunde-Interaktionen bedürfen hingegen immer der Einschaltung von Medien, über die der wechselseitige Austausch abgewickelt wird. Die Bedeutung von wechselseitigen Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern ergibt sich – wie eingangs erläutert – aus den Beziehungsvorteilen, die diese für die Nachfrager stiften. Wie im Rahmen der Modellierung der einzelnen Faktoren in den nachfolgenden Abschnitten noch erläutert wird, erfüllen Konsumenteninteraktionen, Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen und SystemKunde-Interaktionen sowohl instrumentelle als auch sozio-emotionale Nutzenaspekte für den Konsumenten. Instrumentelle Beziehungsvorteile ergeben sich in Konsumenteninteraktionen z.B. durch den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den Konsumenten und der damit einhergehenden Vertiefung von Markenwissen; in Mitarbeiter-Kunde- bzw. System-Kunde-Interaktionen z.B. durch die personalisierte Reaktion auf die Artikulation individueller Beratungs-, Betreuungs- und Problemlösungsbedürfnisse der Konsumenten durch Markenmitarbeiter oder computergestützte Systeme der Marke. Soziale und emotionale Vorzüge entstehen z.B. im Rahmen von Konsumenteninteraktionen durch den Aufbau von sozialen Kontakten bzw. in Mitarbeiter-Kunde- und System-KundeInteraktionen z.B. durch das Empfinden, als wichtiger Partner der Marke respektiert und individuell betreut zu werden. Die Umsetzung von Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern wird in der Praxis durch den Einsatz verschiedener dialogfähiger Kommunikationsinstrumente und -mittel unterstützt. Für die Kunde-Kunde-Interaktion bieten insbesondere Brand Communities (Markengemeinschaften) und Kundenclubs eine geeignete Plattform.162 Brand Communities stellen Markennetzwerke mit Konsumenten dar, die ein gemein-
161 162
Vgl. Bruhn 2007a, S. 352. Vgl. McWilliam 2000, S. 44; Bengtsson 2003, S. 156f.; Hellmann 2005, S. 39ff.; Szmigin/Canning/Reppel 2005, S. 481ff.; Patterson/O'Malley 2006, S. 14ff.; Donaldson/O'Toole 2007, S. 152ff.
132
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
sames Interesse an einer Marke haben und deshalb aktiv werden, indem sie miteinander online (z.B. über Chats, Email oder Blogs) und/oder offline (z.B. im Rahmen von Stammtischen, gemeinsamen Urlauben, Werksführungen, Events) agieren.163 Schätzungen zufolge sind heute mehr als 90 Millionen Menschen weltweit in Brand Communities vernetzt und tauschen sich regelmäßig über Marken aus.164 Im Gegensatz zu Brand Communities, die nicht unbedingt von markenführenden Unternehmen initiiert, geleitet und verwaltet werden, sind Kundenclubs von Unternehmen auf den Weg gebrachte und organisierte Vereinigungen von Menschen, die an einer Kommunikation mit dem Unternehmen bzw. der Marke interessiert sind.165 Derartige Kundenclubkonzepte bieten Kunden – analog zu Brand Communities – eine institutionalisierte Kommunikationsplattform für den Austausch mit anderen Kunden (z.B. durch Clubreisen, -events, -chats). Neben diesen institutionalisierten Formen von Kommunikationsbeziehungen zwischen Kunden ergeben sich weitere Möglichkeiten zum wechselseitigen Austausch mit Gleichgesinnten überall dort, wo es zu einem wechselseitigen,
163
164 165
Vgl. Baumgartner 2007, S. 19; von Loewenfeld/Perrey/Schröder 2007, S. 297f. Zu Brand Communties im Allgemeinen vgl. z.B. Muniz Jr./O'Guinn 2001; McAlexander/Schouten/Koenig 2002; Algesheimer 2004; Algesheimer/Herrmann 2005; Hellmann 2005; Tomczak/Schögel/Wentzel 2006; von Loewenfeld 2006; von Loewenfeld et al. 2008. In der Sozialpsychologie wird unter dem Begriff der Community bzw. Gemeinschaft ein soziales Netzwerk verstanden, in dem Individuen miteinander agieren, die sich wechselseitig beeinflussen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft entwickeln. Die Interaktion zwischen den Mitgliedern einer Community basiert dabei auf einem von allen Mitgliedern geteilten Fokus, wie z.B. einem gemeinsamen Ziel oder gleichen Interessen (vgl. Algesheimer/Herrmann 2005, S. 751). Bei einer Brand Community bildet die Marke die Basis für den geteilten Fokus und den sozialen Kontext für Konsumenteninteraktionen (vgl. Rösger/Herrmann/Heitmann 2007, S. 104; von Loewenfeld/Perrey/Schröder 2007, S. 297). Viele Communities haben ihren Ursprung in der Online-Welt (z.B. NutellaCommunity) und haben im Zuge ihrer Entwicklung Offline-Aktivitäten hinzugefügt. Andere Gruppen sind aus Offline-Verbindungen entstanden (z.B. Harley-Davidson Owner’s Group) und haben ihre Aktivitäten mittlerweile über das Internet ausgeweitet (vgl. Algesheimer/Herrmann/Dimpfel 2006, S. 953; von Loewenfeld et al. 2008, S. 115). Vgl. Baumgartner 2007, Vorwort. Vgl. Pepels 2000, S. 55; Hartmann/Kreutzer/Kuhfuß 2004, S. 4; Holland 2004, S. 265. Zur Abgrenzung zwischen Kundenclubs und Brand Communities vgl. Algesheimer 2004, S. 62ff. Beispiele für von Unternehmen initiierte und verwaltete Kundenclubs im Konsumgüterbereich stellen z.B. der Volkswagen-Club, der Krombacher-Club oder der Maggi-Kochstudio-Club dar. Für eine Darstellung des Volkswagen-Clubs vgl. Mast/Huck/Güller 2005, S. 325ff; des Krombacher-Clubs vgl. Gohr 2006, S. 42f.; des Maggi-Kochstudio-Clubs vgl. Spitzer 2008.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
133
fallweisen Kontakt zwischen Kunden der Marke kommt (z.B. auf markenbezogenen Events, in Kunden- oder Besuchercentern, auf Sponsoringveranstaltungen). Einen Beitrag zur Mitarbeiter-Kunde-Interaktion leisten sämtliche Maßnahmen der Persönlichen Kommunikation, die eine direkte Face-to-FaceKommunikation oder einen indirekten Austausch über Medien (z.B. Telefon, Post, Computer) zwischen Kunde und Markenmitarbeitern erlauben.166 Möglichkeiten für die direkte Face-to-Face-Kommunikation ergeben sich an allen direkten, zweiseitigen Kundenkontaktpunkten (Customer Touch Points) zwischen einem Kunden und einem Mitarbeiter der Marke; beispielsweise während eines persönlichen Beratungs- und Verkaufsgesprächs, auf einem Event, bei einer Sponsoringveranstaltung, in einem Kunden- oder Besuchercenter oder auf Messen und Ausstellungen.167 Ein indirekter, wechselseitiger Mitarbeiter-KundeAustausch ist hingegen an allen Kundenkontaktpunkten möglich, bei denen Kunden über Medien in Kontakt mit Mitarbeitern der Marke treten. Derartige medienvermittelte Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen finden vor allem über Call Center bzw. Customer Interaction Center (CIC) statt. Beim Customer Interaction Center handelt es sich um eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Call Centers. Neben einhergehenden Telefonanrufen werden im Rahmen dieser Zentren auch SMS via Handy, Faxe und E-Mails individuell bearbeitet.168 Die Umsetzung der System-Kunde-Interaktion findet bei Konsumgüterunternehmen überwiegend über interaktive Anwendungen auf der Markenwebsite im Internet statt.169 Zur Realisierung von computergestützten, wechselseitigen Austauschprozessen zwischen Konsument und Marke kommen unterschiedliche Gestaltungselemente in Frage, die als konstitutive Elemente eines Dialogs zunächst eine aktive Artikulation individueller Bedürfnisse durch den Nutzer und die anschließende, darauf Bezug nehmende Reaktion durch automatisierte Systeme der Marke ermöglichen. Ein so verstandener auf Informationstechnologie basierender dialogischer Austauschprozess zwischen Konsument und Marke im Sinne einer System-Kunde-Interaktion kann beispielsweise durch das Angebot von Personalisierungsoptionen und Dialogmöglichkeiten mit virtuellen (Verkaufs-) 166 167 168 169
Für eine Darstellung der Persönlichen Kommunikation als Kommunikationsinstrument im Kommunikationsmix von Unternehmen vgl. Bruhn 2005b, S. 892ff. Vgl. Bruhn/Ahlers 2007, S. 397f. Vgl. Böse/Flieger/Temme 1999, S. 5. Für eine Erläuterung von Customer Interaction Center vgl. Holland 2004, S. 175; Bruhn 2005b, S. 701ff.; Bruhn 2008c, S. 19. Das Internet stellt die Hauptform der Neuen Medien dar, die eine Interaktion zwischen Nutzer und Sender über Computerunterstützung ermöglichen (vgl. Baumgarth 2008b, S. 369).
134
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Beratern (auch Avatare oder Bots genannt) ausgelöst bzw. unterstützt werden. Personalisierungsoptionen eröffnen Kunden die Möglichkeit, Inhalte, Angebote und Funktionen von Markenwebsites durch aktive Artikulation der persönlichen Interessen gegenüber dem markenführenden Unternehmen auf ihre Bedürfnisse zuzuschneiden.170 Dies geschieht in der Regel durch eine selbständige Registrierung des Nutzers auf der Markenwebsite in Verbindung mit der Preisgabe von persönlichen Informationen. Auf Basis des so gewonnenen und gespeicherten Kundenprofils werden dem Kunden dann automatisch auf seine individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Inhalte bzw. Angebote zur Verfügung gestellt (z.B. Zusendung eines individuell konfigurierten E-Mail-Newsletters mit themen- oder personenspezifischen Inhalten oder nutzerspezifische Anpassung der Inhalte und Funktionen der Markenwebsite).171 Auch virtuelle (Verkaufs-)Berater ermöglichen den reziproken Dialog zwischen Konsument und Marke.172 Sie stellen figurative, meist menschenähnliche Charaktere dar, die in interaktiven Medien, darunter Markenwebsites, eingesetzt werden, um das Unternehmen bzw. die Marke in der Kundeninteraktion zu vertreten.173 In der Regel wird der Avatar in einem Internetauftritt als virtuelle Ansprechperson integriert und erlaubt dem Besucher,
170
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172 173
Neben der kundengetriebenen Personalisierung besteht die Möglichkeit, durch die Speicherung personenbezogener Nutzungsvorgänge in Verbindung mit der Nutzererkennung eine anbietergetriebene automatisierte Anpassung der markenbezogenen Inhalte und Angebote vorzunehmen. Im Gegensatz zur kundengetriebenen Personalisierung werden somit bei der anbietergetriebenen Personalisierung Präferenzen und Interessensgebiete des Kunden implizit durch sein Nutzerverhalten auf der Website erfasst (vgl. Bachem/Stein/Rieke 1999, S64f.; Frielitz/Hippner/Wilde 2002, S. 544ff.; Kollmann 2007, S. 42f.). Es handelt sich hierbei jedoch um keine „echte Personalisierung“, da die Personalisierung in diesem Fall nicht auf Basis von individuellen, sondern anonymen Daten erfolgt (vgl. Wirtz 2002, S. 208). Vgl. Holland/Baker 2001, S. 39f. Ein Beispiel für die Personalisierung von Inhalten ist der Rezept- und Newsletter-Service der Marke Iglo. Anhand der Eingabe von Zutaten und Menükategorien werden auf den Nutzer abgestimmte Gerichte vorgeschlagen (vgl. Schnake 2006, S. 53). Vgl. Schöneburg 2000; Esch et al. 2005a, S. 691f.; Holzwarth/Janiszewski/Neumann 2006; Bauer/Neumann/Mäder 2007. Vgl. Gronover/Senger/Riempp 2002, S. 29; Bauer/Neumann/Mäder 2005, S. 99. Je nach Grad der künstlichen Intelligenz unterscheiden sich Avatare in ihrer Lernfähigkeit und ihrer wissensbasierten Kompetenz. Höhere Entwicklungsstufen von Avataren verfügen über die Fähigkeit zu lernen und proaktiv zu agieren. So werden nicht nur isoliert einzelne Fragen abgearbeitet, sondern vielmehr der gesamte Gesprächsverlauf in Erinnerung behalten, sodass z.B. Verweise auf bereits angesprochene Themen möglich sind (vgl. Schöneburg 2000; Frielitz/Hippner/Wilde 2002, S. 556; Terlutter/Diehl 2002, S. 445ff.).
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
135
sich in seiner Sprache mit dem virtuellen Berater zu unterhalten, Fragen zu stellen, sich zu beschweren, Unterlagen anzufordern u.a.m.174 Die Bedeutung von wechselseitigen Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern als Qualitätsaspekt von Marken-Konsumenten-Beziehungen wird in der vorliegenden Arbeit durch die Stärke der Kunde-Kunde-, Mitarbeiter-Kundeund System-Kunde-Interaktion als Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion erfasst. Die Faktoren geben Aufschluss darüber, inwieweit die Marke ihrer Rolle als Interaktionsplattform für den Austausch mit anderen Markennachfragern, Markenmitarbeitern und/oder dialogfähigen Systemen der Marke aus Kundensicht gerecht wird. In der Summe definieren sie die Fähigkeit der Marke, die Kundenerwartungen an die Marke in ihrer Rolle als Interaktionsplattform zu erfüllen: Je ausreichender ein Konsument die vorhandenen Möglichkeiten zur Interaktion mit Markenbeziehungsstellvertretern bewertet und je stärker die Intensität deren Nutzung durch den Konsumenten ist, desto besser erfüllt die Marke die Kundenerwartungen als Plattform für substanzielle, wechselseitige Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern.175 Die Kausalitätsrichtung verläuft somit von den Faktoren zur übergeordneten Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion, d.h., es liegen formative Korrespondenzbeziehungen zwischen den Faktoren und der übergeordneten Qualitätsdimension vor. Jeder Faktor trägt auf unterschiedliche Weise dazu bei, dass die Marke die Kundenerwartungen in ihrer Rolle als Interaktionsplattform erfüllt. Eine hohe wahrgenommene Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion ist nicht unbedingt das Resultat einer Veränderung in der Ausprägungsstärke aller Faktoren. So ist denkbar, dass für einen Nachfrager die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion primär aus der Existenz und Nutzung von Interaktionsplattformen zum Austausch mit anderen Konsumenten und nicht mit Markenmitarbeitern oder Dialogsystemen resultiert. Da die Faktoren unterschiedliche inhaltliche Facetten der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion erfassen, würde eine Eliminierung einer Facette den konzeptionellen Rahmen des Konstrukts verändern. Im Ergebnis zeigt sich, dass auch auf Faktorebene die Wahl formativer Korrespondenzbeziehungen inhaltlich begründet ist. Somit lässt sich folgende dritte Konzeptualisierungshypothese formulieren: 174
175
Vgl. Schöneburg 2000, S. 48. So unterstützt die Marke Schweppes ihren Internetauftritt mit einem virtuellen Barkeeper namens „Leo“, der Anfragen der Konsumenten beantwortet, diese durch das Produktportfolio führt und Tipps zur Eignung der Produkte für bestimmte Drinks und Cocktails gibt (vgl. Esch et al. 2005a, S. 692). Ähnlich argumentiert Eggert (2002, S. 141), der im Ausmaß der Kontakte, über die ein Kunde zum Hersteller und zu anderen Kunden der Marke verfügt, einen Ausdruck der persönlichen Bindung an eine Firma oder Marke sieht.
136
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
H3:
Die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion ist ein eindimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt zweiter Ordnung, das sich aus den drei Konstrukten erster Ordnung „Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion“, „Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion“ und „Stärke der System-Kunde-Interaktion“ zusammensetzt.
Damit ist die Faktorstruktur für die Qualitätsdimension der Stellvertreter-KundeInteraktion abgeleitet. In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Faktoren modelliert. Entsprechend der Vorgehensweise bei der Modellierung der Faktoren der MarkeKunde-Interaktionsdimension, wird auch für die Modellierung der Faktoren der Stellvertreter-Kunde-Interaktionsdimension ein dreistufiges Vorgehen verfolgt. Zu Beginn jedes Abschnitts wird zunächst die Bedeutung des Faktors für erfolgreiche Marken-Konsumenten-Beziehungen theoretisch hergeleitet. Im Anschluss wird auf empirische Befunde zum Faktor eingegangen. Danach folgt die inhaltliche Konkretisierung, d.h. definitorische Bestimmung, des Faktors. 3.3.3.2.2
Modellierung der Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion
„Der Markenkonsument von morgen orientiert sich daran, ob er gemeinsame Sache mit einer Marke machen kann, ob sich seine Loyalität lohnt, ob ihm Vorteile entstehen oder ein Wissensaustausch und Dialog mit Gleichgesinnten stattfinden kann.“176 Immer mehr Autoren vertreten die Meinung, dass der eigentliche Nutzen einer Marke aufgrund der in Abschnitt 1.1 beschriebenen konsumentenbezogenen Veränderungen in vielen Produktbereichen zunehmend darin besteht, den Kunden eine Plattform zur wechselseitigen Interaktion mit anderen Individuen zu verschaffen.177 Die Vertreter dieser Sichtweise greifen damit Cova’s Postulat auf, dass „[…] the link is more important than the thing […].“178 Damit konsumiert ein Individuum in der heutigen Zeit viele Produkte primär zum Zwecke sozialer Bindungen, d.h., Menschen möchten ihr Konsum- und Markenerlebnis mit anderen Gleichgesinnten teilen. Mit anderen Worten: Der eigentliche konkrete oder abstrakte Nutzen einer Marke (Use Value) weicht zunehmend dem sozialen Wert einer Marke (Link Value), verstanden als die Fähigkeit einer Mar176 177
178
Schönfeld 2005, S. 36. Vgl. z.B. Algesheimer 2004; Verstraete 2004; Hellmann 2005; Algesheimer/ Dholakia/Herrmann 2005; Baumgartner 2007, S. 12ff.; Rösger/Herrmann/Heitmann 2007, S. 97ff.; Schögel/Tomczak/Wentzel 2007, S. 207; von Loewenfeld et al. 2008, S. 113ff. Cova 1997, S. 307.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
137
ke, soziale Interaktionen mit anderen Individuen zu ermöglichen.179 Diese Entwicklung wird durch eine Delphi-Befragung über neueste Marketingtrends bekräftigt. 90 Prozent der befragten Experten sind der Meinung, dass die von einer Marke gebotenen Möglichkeiten zum Austausch mit anderen Konsumenten zu einer unaufhaltsamen Steigerung der Anziehungskraft einer Marke führen.180 Der Grund für die Bedeutung von Konsumenteninteraktionen im Markenumfeld ist im sozio-emotionalen und instrumentellen Zusatznutzen zu sehen, den der Austausch mit anderen Markennachfragern stiftet.181 Der sozio-emotionale Zusatznutzen ergibt sich insbesondere durch eine Intensivierung des Markenerlebnisses, eine Steigerung des Identifikationspotenzials der Marke sowie durch das Entstehen von sozialen Beziehungen unter Markenanhängern. Die Intensivierung des Markenerlebnisses, verstanden als den durch die Marke vermittelten Beitrag zur Lebensqualität der Konsumenten182, erfolgt durch den Erlebniswert der sozialen Interaktion (z.B. Unterhaltung und Spaß im Rahmen von markenbezogenen Events oder lebhaften Online-Diskussionen).183 So ist der soziale Erlebniswert beispielsweise ein unmittelbarer Teil des Produktnutzens der Spielkonsolen Sony Playstation oder Microsoft Xbox, die es ihren Nutzern ermöglichen, per Internetanschluss virtuell mit Gleichgesinnten auf der ganzen Welt zu spielen.184 Der Austausch mit Gleichgesinnten trägt ferner zur Entstehung eines Gemeinschaftsgefühls und einer sozialen Identität bei, die sich in einem gemeinsamen „Wir“-Gefühl manifestiert.185 Ein Beispiel hierfür 179 180
181
182 183 184 185
Vgl. Rösger/Herrmann/Heitmann 2007, S. 103f.; von Loewenfeld et al. 2008, S. 113. Vgl. Herrmann/Bauer 2006. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine andere Delphi-Studie, die sich mit den Zukunftsperspektiven des Relationship Marketing befasst. Die Experten betonen die Bedeutung von Interaktionsplattformen für die Kundenbindung (vgl. Bonnemaizon/Cova/Louyot 2007). Für den psycho-sozialen Zusatznutzen vgl. insbesondere Muniz Jr./O'Guinn 2001, S. 426; Verstraete 2004, S. 8, 54; Rösger/Herrmann/Heitmann 2007, S. 97f.; für den instrumentellen Nutzen vgl. Muniz Jr./O'Guinn 2001, S. 426; Weiber/Meyer 2002, S. 356; Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 529. Eine generelle Diskussion des Zusatznutzens, den Konsumenteninteraktionen für Kunden stiften, findet sich bei Gruen/Osmonbekov/Czaplewski 2005. Vgl. Weinberg 1992, S. 3. Vgl. Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 528; Bauer/Große-Leege/Bryant 2007, S. 117ff.; von Loewenfeld/Perrey/Schröder 2007, S. 319. Vgl. Algesheimer 2004, S. 402; Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 529; Rösger/Herrmann/Heitmann 2007, S. 97. Vgl. Muniz Jr./O'Guinn 2001; Algesheimer 2004; Verstraete 2004; von Loewenfeld/Perrey/Schröder 2007, S. 298.
138
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
sind Harley-Davidson-Fahrer, die einen Großteil ihrer Beziehung zur Marke aus den sozialen Beziehungen, die sie untereinander haben, erfahren.186 Hierdurch kommt es zu einer Steigerung des Identifikationspotenzials einer Marke.187 Daneben können wiederholte Konsumenteninteraktionen im Markenumfeld das Entstehen von sozialen Beziehungen bzw. Freundschaften zwischen Markenanhängern fördern, deren Bedeutung weit über das ursprünglich verbindende Element der Marke hinausgeht.188 Neben diesen sozio-emotionalen Nutzenaspekten bieten wechselseitige Konsumenteninteraktionen auch die Möglichkeit, instrumentelle Beziehungsvorteile aus Kundensicht zu generieren. So unterstützen Kontakte unter Markennachfragern den Wissens- und Erfahrungsaustausch über die Marke, wodurch das Markenwissen vertieft wird.189 Beispielsweise ist es erklärtes Ziel der Mac User Groups, den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedern zu fördern.190 Die gegenseitige Unterstützung und Bestätigung zwischen den Markennachfragern hilft, Probleme mit der Marke zu lösen (z.B. durch das Teilen von Wissen zur Reparatur eines Markenprodukts) und das Aufkommen von Dissonanzen zu verhindern, wodurch ein stärkerer Anreiz gesetzt wird, die Marke auch in Zukunft zu kaufen.191 Konsumenteninteraktionen im Kontext einer Marke erfüllen somit aus Kundensicht verschiedene nutzenstiftende Funktionen, die den Wert einer Marke erhöhen und emotionale Wechselbarrieren darstellen: „Customers value the relationships available to them as a result of brand ownership.“192 Das Potenzial einer Marke, wechselseitige Konsumenteninteraktionen zu ermöglichen und zu fördern, ist demnach als Qualitätsaspekt einer Marken-Konsumenten-Beziehung zu verstehen. Die Bedeutung von Konsumenteninteraktionen zum Aufbau und Erhalt erfolgreicher Marken-Konsumenten-Beziehungen wurde sowohl in der Marketingtheorie als auch -praxis lange Zeit vernachlässigt.193 Der Schwerpunkt der Betrachtung lag auf der Dyade zwischen Marke und Konsument. Insbesondere die
186 187 188 189 190 191 192 193
Vgl. Muniz Jr./O'Guinn 2001. Vgl. von Loewenfeld 2006, S. 229. Vgl. Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 529. Vgl. Muniz Jr./O'Guinn 2001, S. 426; Weiber/Meyer 2002, S. 356; Gruen/ Osmonbekov/Czaplewski 2005, S. 34ff.; Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 529. Vgl. Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 529. Vgl. Verstraete 2004, S. 146; von Loewenfeld 2006, S. 229. Muniz Jr./O'Guinn 2001, S. 50. Vgl. Algesheimer 2004, S. 7; Algesheimer/Herrmann 2005, S. 749.
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Erkenntnisse aus der noch relativ jungen Brand-Community-Forschung legen jedoch den Schluss nahe, dass Beziehungen zu Marken häufig kein dyadisches Verhältnis darstellen (Konsument – Marke), sondern aus einer Triade bestehen (Konsument – Marke – anderer Konsument).194 Qualitative195 und quantitative196 Studien belegen in diesem Zusammenhang, dass die emotionale Bindung an eine Marke nicht alleine die Konsequenz einer positiv wahrgenommenen Beziehung zur Marke als solches darstellt; vielmehr ist sie auch das Ergebnis der sozialen Erlebnisse, die der Konsument im Umfeld der Marke mit Gleichgesinnten erfährt. Die Ergebnisse bekräftigen die Ansicht von Donaldson/O’Toole, dass „strong emotional commitment to a brand and active participation in thinking about the brand and in brand-related social communities can be an indicator of a close brand relationship which is fairly immutable to change.”197 Diesen theoretischen und empirischen Erkenntnissen folgend ist die Bedeutung von wechselseitigen Konsumenteninteraktionen als Qualitätsaspekt einer Marken-Konsumenten-Beziehung bei der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität zu berücksichtigen. In der vorliegenden Arbeit geschieht dies durch den Faktor Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion. Die Erkenntnisse der qualitativen Vorstudie haben gezeigt, dass die Stärke, mit der ein Kunde in Konsumenteninteraktionen im Markenumfeld verwickelt ist, ein guter Indikator dafür ist, inwieweit die Marke ihrer Rolle als Interaktionsplattform aus Kundensicht gerecht wird. In Bezug auf die inhaltliche Konkretisierung der Stärke der Kunde-KundeInteraktion wurde im Rahmen der qualitativen Vorstudie deutlich, dass der Faktor sowohl kognitive, affektive als auch konative Aspekte umfasst. Entscheidend für eine starke Kunde-Kunde-Interaktion ist zunächst, dass eine Marke Konsumenten ausreichend Möglichkeiten zur Interaktion mit anderen Markennachfragern bietet (kognitiver Aspekt). Möglichkeiten zur Interaktion mit anderen Markennachfragern ergeben sich dabei sowohl virtuell über das Internet (z.B. in Foren oder Chats) als auch offline über realweltliche Kontakte (z.B. in Rahmen von Kundenclubs oder Events).198 Zweitens ist von Relevanz, dass die Interakti-
194 195 196 197 198
Vgl. Bengtsson 2003, S. 156f.; Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 526. Vgl. Muniz Jr./O'Guinn 2001; Verstraete 2004; Andersen 2005; Cova/Pace 2006; Baumgartner 2007. Vgl. Bauer et al. 2001; Algesheimer/Dholakia/Herrmann 2005; Jang/Ko/Koh 2007; Casalo/Flavian/Guinaliu 2008. Donaldson/O'Toole 2007, S. 119. Vgl. hierzu Abschnitt 3.3.3.2.1.
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Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
on mit anderen Nachfragern der Marke an sich geschätzt wird (affektiver Aspekt). So zeigen Erkenntnisse aus der Community-Forschung, dass eine starke emotionale Anziehungskraft einer Marke eine Voraussetzung für Konsumenteninteraktionen darstellt.199 „Oft sind es Marken mit einem starken Image, einer langen Geschichte, mit teuren Produkten, mit einer geringen Kaufhäufigkeit und einem gewissen Erklärungsbedarf, um die sich Communities bilden.“200 Neben der generellen Möglichkeit und Wertschätzung von Interaktionsangeboten im Markenumfeld ist schließlich die Nutzung der dargebotenen Interaktionsmöglichkeiten für die Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion entscheidend (konativer Aspekt). Der Faktor wird in dieser Arbeit als einfaktorielle Variable verstanden, da die aktive Nutzung von Interaktionsangeboten zum einen voraussetzt, dass der Konsument diese überhaupt wahrnimmt, zum anderen, dass die Interaktion mit anderen Nachfragern auch für ihn wichtig ist. Basierend auf diesen Überlegungen wird folgende Definition der Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion abgeleitet: Die Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion ist eine einfaktorielle, latente Variable und beschreibt die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Interaktionsplattformen im Markenumfeld zum Austausch mit anderen Markennachfragern aus Kundensicht. 3.3.3.2.3
Modellierung der Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion
Im wissenschaftlichen Schrifttum zu Marken-Konsumenten-Beziehungen wird dem persönlichen Kontakt des Konsumenten mit Markenmitarbeitern, wie z.B. dem Verkäufer im Handel, dem Kundendienstmitarbeiter oder dem Markenvertreter auf Messen, Events oder Sponsoringveranstaltungen, eine bedeutende Stellung zum Aufbau und zur Pflege einer Marken-Konsumenten-Beziehung zugesprochen.201 „When producers and consumers directly deal with each other, there is a greater potential for emotional bonding that transcends economic exchange. They can understand and appreciate each others' needs and constraints better, are more inclined to cooperate with one another, and thus, become more
199 200 201
Vgl. Bonnemaizon/Cova/Louyot 2007, S. 56; Schneckenburger/Boysen/Reineke 2007, S. 218f.; von Loewenfeld/Perrey/Schröder 2007, S. 312. Algesheimer/Herrmann/Dimpfel 2006, S. 952. Vgl. Fajer/Schouten 1995, S. 666; Dowling 2002, S. 97; Verstraete 2004, S. 8.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
141
relationship oriented.“202 Die Mitarbeiter-Kunde-Interaktion wird in diesem Zusammenhang als soziale, persönliche Situation mit zwei oder mehr interagierenden Individuen definiert, die durch verbale oder nonverbale Aktionen gekennzeichnet ist, die sich in interdependenten Reaktionen niederschlagen.203 Durch persönliche Interaktionen zwischen Kunde und Markenmitarbeitern als soziale Repräsentanten der Marke wird somit dem Prinzip der Wechselseitigkeit in einer Marken-Konsumenten-Beziehung entsprochen, indem sie einen expliziten Wechsel der Sender- und Empfängerposition ermöglichen und somit die reziproke Beeinflussung und individuelle Ausformung der Beziehung im Sinne der Theorie der sozialen Durchdringung fördern (vgl. Abschnitt 2.1.3). Auf Basis dieses dialogischen Austauschprozesses zwischen Mitarbeitern und Kunde besteht – analog zu Konsumenteninteraktionen – die Möglichkeit, sozioemotionale und instrumentelle Beziehungsbedürfnisse von Konsumenten anzusprechen, die sie für eine Beziehung im Sinne einer Anbieter-KundeBeziehung aufnahmefähig machen. Erkenntnisse aus der Dienstleistungsforschung zeigen, dass Kontakte mit Dienstleistungspersonal eine bedeutende Basis für die Entstehung eines auf sozioemotionalen Beziehungsvorteilen beruhenden Bindungsgefühls darstellen.204 Durch die Interaktionen mit Mitarbeitern entstehen für den Nachfrager soziale und emotionale Vorzüge (z.B. Wertschätzung, Anerkennung, Vertrauen, Freundschaft oder soziale Erlebnisse, wie z.B. Spaß und Unterhaltung), die über den reinen Informationsaustausch hinausgehen und als Zusatznutzen aus Kundensicht fungieren.205 Eine empirische Untersuchung von Jones et al. belegt in diesem Zusammenhang, dass wiederholte, positive Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen eine emotionale Wechselbarriere darstellen können, die dazu führt, dass Kunden einem Dienstleister treu bleiben, selbst wenn die Kundenzufriedenheit mit der eigentlichen Leistung gering ist.206 Daneben verbessert sich durch den individuellen Dialog und gegenseitigen Informationsaustausch die Kundenkenntnis, die es markenführenden Unternehmen ermöglicht, dem Kunden individuelle Angebote und Betreuung zu unterbreiten.207 Derartige instrumentelle Beziehungsvorteile, die durch das Prinzip einer
202 203 204 205 206 207
Sheth/Parvatiyar 1995a, S. 395. Vgl. Seidel 2007, S. 46. Vgl. Peter 2001; Hennig-Thurau/Gwinner/Gremler 2002; Hadwich 2003; Frommeyer 2005. Vgl. Gwinner/Gremler/Bitner 1998. Vgl. Jones/Mothersbaugh/Beatty 2000. Vgl. Lischka 2000, S. 124.
142
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
„Learning Relationship“208 entstehen und sich erst durch wiederholte Interaktionen entfalten, sprechen die zunehmenden individuellen Beratungs-, Betreuungsund Problemlösungsbedürfnisse von Konsumenten an. Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen im Markenumfeld bieten somit die Chance, einen Beitrag zur Erfüllung von beziehungsbezogenen Kundenerwartungen zu leisten, indem auf die sozio-emotionalen und individuellen Beratungs-, Betreuungsund Problemlösungsbedürfnisse der Konsumenten eingegangen wird. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass hierdurch der persönliche Bezug zwischen Marke und Konsument intensiviert wird, wodurch die Verbundenheit mit der Marke steigt.209 Die empirische Konsumgüterforschung hat die Bedeutung von MitarbeiterKunde-Interaktionen als Qualitätstreiber von Marken-Konsumenten-Beziehungen bislang nicht explizit adressiert.210 Dennoch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit einer Marke, wechselseitige Interaktionen mit Markenmitarbeitern zu ermöglichen, einen beziehungsrelevanten Qualitätsaspekt aus Kundensicht darstellt. Eine von McAlexander et al. durchgeführte empirische qualitative und quantitative Studie zu Brand Communities im Konsumgütersektor untersuchte und bestätigte unter anderem die Bedeutung von Mitarbeiter-KundeBeziehungen für die Markenloyalität: „[…] our research emphasises the value of going beyond image-building endeavors to establishing real relationships between the company and customers. Customers crave audience with the people behind the brands. […] Employees can provide customers a human manifestation of the company at a time when many corporations are perceived impersonal.”211 Best-Practice-Beispiele aus der Praxis bekräftigen diese Ergebnisse. So ist z.B. nach Meinung von Raschke et al. der Erfolg der Marke Bosch im Elektrowerkzeugmarkt auch das Ergebnis der persönlichen Fachberatung. „Die Doppelbindung des Kunden über Marke und persönlichen Kontakt sind unüberwindbare Wechselhürden. Kundenbindung wird so zur unerschütterlichen Kundentreue.“212 208 209 210 211 212
Zum Begriff der „Learning Relationship“ bzw. „lernenden Kundenbeziehung“ vgl. Grönroos 2000a, S. 11; Kollmann 2007, S. 43f. Verstraete (2004, S. 8) geht davon aus, dass von den sozialen Beziehungen zu Markenmitarbeitern Spill-Over-Effekte auf die Beziehung zur Marke möglich sind. In Anlehnung an Baumgarth/Schmidt 2008, S. 252f. McAlexander/Schouten/Koenig 2002, S. 50. Raschke/Hubert/Link 2008, S. 911. Der persönlichen Kommunikation zwischen Kunden und Markenmitarbeitern wird auch bei der Werkzeugmarke Hilti eine hohe Bedeutung für die Markenbindung zugesprochen (vgl. Baumgarth/Schmidt 2008, S. 247).
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
143
Der Grund für die mangelnde empirische Fundierung von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen als Qualitätstreiber von Marken-Konsumenten-Beziehungen ist im geringen Interaktionsgrad von Konsumgütermärkten zu sehen (vgl. Abschnitt 1.3.3). Anders als im Dienstleistungssektor sowie im B2B-Bereich, die durch ein hohes Maß an persönlichen Kontakten geprägt sind, zeichnen sich Konsumgütermärkte in der Regel durch eine geringe Intensität und Häufigkeit der Mitarbeiter-Kunde-Kontakte aus.213 Die konstitutiven Merkmale von Konsumgütermärkten, wie die mangelnde Nähe zum Konsumenten, der hohe Standardisierungsgrad vieler Produkte sowie das niedrige Involvement der Konsumenten, resultieren aus Sicht vieler Forscher in einer geringeren Relevanz der persönlichen Kommunikation für den Erfolg von Konsumgütermarken im Vergleich zu Dienstleistungsmarken.214 Wenngleich dieser Rückschluss im direkten interindustriellen Vergleich seine Berechtigung hat, ist dieser Sachverhalt im intraindustriellen und markenspezifischen Vergleich zu relativieren.215 In Hinblick auf intraindustrielle Unterschiede ist zu beachten, dass einige Konsumgütermärkte, wie z.B. der Kfz- und Bekleidungsmarkt, aufgrund ihres marktspezifischen Geschäftsmodells durch eine hohe Intensität und Relevanz des Mitarbeiter-Kunde-Kontakts geprägt sind. Auf markenspezifischer Ebene hängt die Relevanz der persönlichen Kommunikation zwischen Kunde und Mitarbeitern für den Markenerfolg vom spezifischen Marketingkonzept des Markenanbieters ab (z.B. Budgetverteilung zwischen Massenkommunikation und Persönlicher Kommunikation oder Direktvertrieb anstelle von indirektem Vertrieb). In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass immer mehr Unternehmen der Konsumgüterindustrie im Markenaufbau verstärkt auf den persönlichen mittelbaren oder unmittelbaren Kontakt zwischen Kunde und Mitarbeitern setzen. So steigerten die führenden Konsumgüterunternehmen den Anteil von Direktkontakten zum Endkunden von 10 Prozent im Jahre 2004 auf 55 Prozent im Jahre 2006.216 Beispiele für die vermehrte direkte persönliche Erschließung von Wegen zum Endverbraucher ist der steigende Anteil von Events am Kommunikationsbudget
213 214 215 216
Vgl. Baumgarth/Schmidt 2008, S. 253f. Vgl. Bruhn 2005a, S. 1039; Esch et al. 2005b, S. 989f.; Schmidt/Weinland 2007, S. 56. In Anlehnung an Baumgarth/Schmidt 2008, S. 253. Vgl. OC&C Strategy Consultants 2007, S. 11.
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Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
von Unternehmen im Allgmeinen217 sowie von Konsumgüterunternehmen im Speziellen.218 Zudem wenden sich Markenartikler verstärkt mit eigenen Gastronomieangeboten, eigenständigen Einzelhandelsfilialen oder Shop-in-ShopKonzepten unter Umgehung traditioneller Distributionskanäle direkt an den Konsumenten.219 Beispiele hierfür sind die „Maggi Kochstudio Treffs“ in den Innenstädten von Frankfurt am Main, Hamburg und Leipzig, die Verbraucherberatung mit Kochkursen, Neuprodukt-Positionierung, Suppen-Bar und -Shop verbinden. Primäres Ziel der Marke Maggi, die sich als „Helfer, Freund und guter Geist in allen Fragen rund ums Essen“ versteht, ist es, durch die Kochstudios den verbraucherindividuellen Dialog zu stärken mit dem Ziel, eine intensivere Kundenbindung an die Marke Maggi zu realisieren.220 Ähnliche Konzepte verfolgen andere Markenartikler z.B. mit dem Nivea Haus, dem Frosta Bistro, der Chiquita Fruit Bar, dem Lego Brand Store, der Lindt Chocolate Boutique oder der Nutelleria.221 Daneben setzen eine Vielzahl von Markenartiklern Customer Interaction Center zum Aufbau und zur Pflege von individualisierten, persönlichen Kundenkontakten ein.222 Neben der Einrichtung von Kundenhotlines, Infotelefonen und Help-Desks nutzen viele Markenartikler Customer Interaction Center zunehmend für innovative Markenbindungsmaßnahmen. Die Marke Maggi bietet ihren Kunden beispielsweise die Möglichkeit, jeden Tag rund um die Uhr ausgebildete Öcotrophologinnen und Hauswirtschafterinnen per Post, Telefon oder E-Mail zu kontaktieren. Das Beratungsspektrum reicht von genereller Ernährungsberatung über konkrete Produktauskünfte bis hin zu „kulinarischen Notfällen“ in der Küche.223 Ähnliche Leistungen bietet die Marke Nestlé mit ihrer „Good to talk“Initiative. In 96 Ländern stehen dem Verbraucher mehr als 1.000 Mitarbeiter, darunter Ernährungswissenschaftler, zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung.224
217
218
219 220 221 222 223 224
Vgl. Zanger/Drengner 2003. Gemäß einer Befragung unter Marketingentscheidern in deutschsprachigen Ländern nehmen Events mittlerweile 25 Prozent des Marketingbudgets ein. 66 Prozent der befragten Unternehmen setzen Events primär zur Vertiefung persönlicher Kontakte ein (vgl. Marketingservices GmbH 2007). Eine branchenübergreifende Befragung unter Marketingentscheidern hat ergeben, dass der Budgetanteil für Events bei Unternehmen der Automobil-, Bekleidungsund Lebensmittelbranche stetig steigt (vgl. Kirchgeorg/Springer 2006, S. 19). Vgl. Edelmann 2004. Vgl. Spar 2000; Spitzer 2008. Vgl. Heinbockel 2006, S. 20; Kohlbrück 2006, S. 17; Gohr 2007, S. 66ff. Gemäß einer Studie der GfK aus dem Jahre 1998 sind mehr als 34 Prozent der Call Center in der Konsumgüterbranche tätig (vgl. Call-Center-Akademie NRW 1998). Vgl. Spitzer 2008. Vgl. OC&C Strategy Consultants 2007, S. 11.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
145
Vor dem Hintergrund dieser Kommunikations- und Vertriebsentwicklungen nimmt auch auf Konsumgütermärkten die Kontaktintensität zwischen Kunden und Mitarbeitern der Marke zu225 und damit einhergehend die Chance zur Schaffung von sozio-emotionalen und instrumentellen Beziehungsvorteilen durch Mitarbeiterkontakte. Auf Basis dieser Überlegungen sowie den Erkenntnissen der qualitativen Vorstudie wird die Bedeutung von wechselseitigen Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen als Qualitätsaspekt von Marken-Konsumenten-Beziehungen in der vorliegenden Arbeit durch die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion wiedergegeben. Analog zum Faktor Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion (vgl. Abschnitt 3.2.3.2.1) beschreibt die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion, inwieweit die Marke ihrer Rolle als Interaktionsplattform zum Austausch mit Markenmitarbeitern aus Kundensicht gerecht wird. Je stärker die Mitarbeiter-Kunde-Interaktion ist, desto besser erfüllt die Marke die Kundenerwartungen als Plattform für substanzielle, wechselseitige Interaktionen mit Markenmitarbeitern. Wie schon bei der Modellierung der Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion im vorhergehenden Abschnitt folgt auch die inhaltliche Konkretisierung der Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion dem Verständnis, dass der Faktor kognitive, affektive und konative Inhalte enthält. Der kognitive Anteil wird durch das Wissen um ausreichend Möglichkeiten zum Austausch mit Mitarbeitern der Marke wiedergegeben. Möglichkeiten zum Austausch ergeben sich dabei z.B. im Rahmen von persönlichen Beratungs- und Verkaufsgesprächen, Telefongesprächen oder auf Events und Messen (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.1). Der affektive Aspekt der Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion kommt in der generellen Wertschätzung von Interaktionsmöglichkeiten mit Mitarbeitern der Marke zum Ausdruck. Wenngleich bislang nicht empirisch untersucht, ist in Anlehnung an die Community-Forschung davon auszugehen, dass emotional aufgeladene Marken mit einer hohen Anziehungskraft eher den Austausch zwischen Konsumenten und Mitarbeitern fördern. Der konative Aspekt der Mitarbeiterinteraktionsstärke wird schließlich durch die Nutzung der dargebotenen Interaktionsmöglichkeiten wiedergegeben. Im Ergebnis wird die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion wie folgt definiert:
225
Vgl. Esch et al. 2005b, S. 990.
146
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion ist eine einfaktorielle, latente Variable und beschreibt die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Interaktionsplattformen im Markenumfeld zum Austausch mit Markenkontaktpersonal aus Kundensicht. 3.3.3.2.4
Modellierung der Stärke der System-Kunde-Interaktion
Wie aufgezeigt wurde, stellen Mitarbeiter und Kunden soziale, menschliche Repräsentanten einer Marke dar, die es Nachfragern erlauben, in einen wechselseitigen Kontakt mit einer Marke zu treten. Bedingt durch die Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologie sind jedoch auch dialogfähige, computergestützte Multimediasysteme in der Lage, auf Aktivitäten des Konsumenten zu reagieren und so die Marke in direkte, wechselseitige Interaktionen mit dem Konsumenten treten zu lassen.226 Wie im Folgenden aufgezeigt wird, münden System-Kunde-Interaktionen – analog zu Kunde-Kunde- sowie Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen – in eine verbesserte Stabilität der Marken-Nachfrager-Beziehung, wodurch sich die Qualitätsrelevanz von System-KundeInteraktionen ergibt. Die Umsetzung von System-Kunde- bzw. „Mensch-zu-Maschine“-Interaktionen finden bei Konsumgüterunternehmen überwiegend über interaktive Anwendungen im Internet statt.227 Die Bedeutung des Internet für die Markenprofilierung im Allgemeinen228 sowie zur Profilierung von Marken-KonsumentenBeziehungen im Speziellen229 ist zum einen auf den gestiegenen Stellenwert des Internets im Mediennutzungsverhalten der Verbraucher, zum anderen auf die besonderen System- und Anwendungsmerkmale dieses Mediums zurückzuführen. Mit Blick auf die Entwicklungen im Mediennutzungsverhalten der Verbraucher ist eine zunehmende Verbreitung und Nutzung des Internets zu konstatieren. So steigt die Anzahl der Internetnutzer kontinuierlich. Während im Jahre
226 227
228
229
Vgl. Bruhn 1997, S. 6ff.; Volkmer 2004, S. 134ff.; Bongartz/Burmann/Maloney 2005, S. 452f. Das Internet stellt die Hauptform der Neuen Medien dar, die eine Interaktion zwischen Nutzer und Sender über Computerunterstützung ermöglichen (vgl. Baumgarth 2008b, S. 369). Für die steigende Relevanz des Internets als komplementärer Profilierungsraum für bereits bestehende Marken vgl. z.B. Fantapié Altobelli/Sander 2001; Hermanns/ Riedmüller 2001; Specht 2001; Volkmer 2004; Esch et al. 2005a; Meffert/Bongartz 2005; Mezger/Sadrieh 2007. Vgl. Philport/Arbittier 1997, S. 75; Bongartz/Burmann/Maloney 2005, S. 453.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
147
2002 „nur“ 28,3 Millionen der Bundesdeutschen ab 14 Jahren online waren, zählt eine aktuelle Studie von ARD und ZDF mittlerweile 40,8 Millionen Internetnutzer; das entspricht 62,7 Prozent der deutschen Bevölkerung.230 Auch bei der Nutzungsintensität des Internetmediums ist ein signifikanter Anstieg zu verzeichnen. Der durchschnittliche europäische Internetnutzer war im Jahre 2006 pro Woche über elf Stunden online. Verglichen mit dem durchschnittlichen Wert von knapp über zehn Stunden in 2005 hat sich die Internetnutzungsdauer damit um 11 Prozent erhöht.231 Als Folge dieser Entwicklungen steigt die Erreichbarkeit der Markenzielgruppe im Internet und somit auch die Möglichkeit, diese kommunikativ über das Medium Internet zu beeinflussen. Neben den Kontaktmöglichkeiten, die durch die Nutzung des Internets erzielbar sind, belegen Studien die grundsätzliche Notwendigkeit einer Internetpräsenz etablierter Marken aus Konsumentensicht. So zeigt eine diesbezügliche Untersuchung, dass Verbraucher die Präsenz einer Marke im Internet als mehr oder weniger selbstverständlich ansehen. Insbesondere bei markenaffinen Käufern ist das Fehlen eines internetbasierten Markenauftritts mit einem erhöhten Risiko von Imageschäden verbunden.232 Neben diesen medienspezifischen Entwicklungen ist die Bedeutung des Internets für die Profilierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen ebenfalls auf die besonderen System- und Anwendungsmerkmale des Mediums zurückzuführen.233 Die Interaktivität und Hypermedialität – beides konstitutive Merkmale des Internet – eröffnen markenführenden Unternehmen die Möglichkeit, über eine dialogorientierte, websitebezogene Markengestaltung in einen zweiseitigen Informationsaustausch mit einzelnen Konsumenten zu treten und somit dem Anspruch der Wechselseitigkeit einer Marken-Konsumenten-Beziehung nachzukommen.234 Hierzu kommen Gestaltungselemente, wie z.B. Personalisierungsoptionen oder virtuelle (Verkaufs-)Berater, in Frage, die als konstitutive Elemente eines Dialogs zunächst eine aktive Artikulation individueller Bedürfnisse durch den Nutzer und die anschließende, darauf Bezug nehmende Reaktion durch automatisierte Systeme der Marke ermöglichen (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.1).
230 231 232 233
234
Vgl. Van Eimeren/Frees 2007. Vgl. European Interactive Advertising Association 2007. Vgl. Meffert/Bongartz 2001, S. 11ff. Für eine ausführliche Diskussion der konstitutiven Merkmale des Internets vgl. z.B. Hünerberg/Heise/Mann 1997, S. 16f.; Fantapié Altobelli/Sander 2001, S. 25f.; Hermanns/Matzdorf/Riedmüller 2001, S. 194f.; Volkmer 2004, S. 84ff.; Bruhn 2005b, S. 1121ff. Vgl. Duncan/Moriarty 1998, S. 4f.
148
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Ein so verstandener auf Informationstechnologie basierender dialogischer Austauschprozess zwischen Konsument und Marke im Sinne einer System-KundeInteraktion stiftet dem Markenverwender sozio-emotionale und instrumentelle Beziehungsvorteile, die in einer gesteigerten Wertschätzung der Beziehung zur Marke aus Kundensicht münden.235 Sozio-emotionale Beziehungsvorteile ergeben sich durch das Empfinden, als wichtiger Partner der Marke respektiert und individuell betreut zu werden.236 Der Kunde bekommt das Gefühl, Einfluss auf die Beziehung nehmen zu können und aktiver Teil der Markenbildung zu sein.237 Instrumentelle Beziehungsvorteile resultieren aus dem verbesserten Verständnis zwischen Marke und Konsument. Durch die Verwendung der im Rahmen der computergestützten Austauschprozesse generierten Kundeninformationen besteht die Möglichkeit, dem Kunden individuelle Angebote und Betreuung zu unterbreiten, die zu einer verbesserten wahrgenommenen Interaktions- und Leistungsqualität führen können.238 Beispiel hierfür ist z.B. die Erleichterung der Abwicklung von Transaktionen über die Markenwebsite oder die Unterbreitung individueller, bedarfsgerechter Produktangebote aufgrund von gespeicherten, personalisierten Kundeninformationen.239 Folglich scheinen auch Dialogmöglichkeiten über interaktive Anwendungen im Internet grundsätzlich dazu geeignet, den Prozess der reziproken Annäherung zwischen Marke und Konsument im Sinne der Sozialen Durchdringungstheorie zu unterstützen, indem sie einen indirekten, wiederholten wechselseitigen Austausch zwischen Marke und Konsument ermöglichen, der mit Beziehungsvorteilen aus Kundensicht einhergeht. Die Fähigkeit einer Marke, wechselseitige Konsumenteninteraktionen über interaktive Anwendungen im Internet zu realisieren, ist demnach als Qualitätsaspekt einer Marken-Konsumenten-Beziehung zu verstehen. Die Stärke der System-Kunde-Interaktion, verstanden als die Bewertung und Wertschätzung vorhandener Optionen zur Interaktion sowie die Intensität deren Nutzung, zeigt in diesem Zusammenhang auf, inwieweit die Marke ihrer Rolle als Interaktionsplattform für System-Kunde-Interaktionen aus Kundensicht gerecht wird. Empirische Befunde zur Relevanz von System-Kunde-Interaktionen für die Qualität einer Marken-Konsumenten-Beziehung bestehen bislang nicht. Anhalts235 236 237 238 239
Vgl. Hermanns/Matzdorf/Riedmüller 2001, S. 195; Kastenmüller 2001, S. 223f.; Bongartz/Burmann/Maloney 2005, S. 453. Vgl. Wiencke 1998, S. 68; Holland/Baker 2001, S. 39f.; Kastenmüller 2001, S. 223f.; Bongartz/Burmann/Maloney 2005, S. 453. Vgl. Kernstock 2001, S. 57. Vgl. Weinberg/Diehl 2001, S. 33; Kollmann 2007, S. 43f. Vgl. Bliemel/Fassot 2000, S. 14f.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
149
punkte für die postulierte Qualitätsrelevanz von System-Kunde-Interaktionen finden sich jedoch bei Bongartz, der in einer empirischen Studie den Einfluss der Dialogorientierung einer Markenwebsite auf die Markenbindung empirisch nachweist.240 Unter der Dialogorientierung einer Markenwebsite wird das „Ausmaß des Einsatzes verschiedener Optionen zur individuellen Artikulation von Bedürfnissen durch einzelne Nutzer gegenüber dem markenführenden Unternehmen sowie der dadurch ausgelösten Reaktion zur Befriedigung dieser Bedürfnisse durch das Unternehmen“241 verstanden. Unter Bezugnahme auf diese Ausführungen erfolgt die Modellierung der Stärke der System-Kunde-Interaktion – analog zur Stärke der Kunde-Kunde- und Mitarbeiter-Kunde-Interaktion – als einfaktorielle, latente Variable, die kognitive, affektive und konative Anteile enthält. Entscheidend für eine starke SystemKunde-Interaktion ist demnach, dass eine Marke Konsumenten ausreichend Möglichkeiten zur Interaktion mit computergestützten Dialogsystemen bietet (kognitiver Aspekt), diese aus Konsumentensicht geschätzt (affektiver Aspekt) und vom Konsumenten auch genutzt werden (konativer Aspekt). Definitorisch lässt sich dieses konzeptionelle Verständnis der Stärke der System-KundeInteraktion wie folgt darlegen: Die Stärke der System-Kunde-Interaktion ist eine einfaktorielle, latente Variable und beschreibt die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Interaktionsplattformen im Internet zum Austausch mit computergestützten, dialogfähigen Systemen der Marke aus Kundensicht. Damit ist die Identifikation und Konzeptualisierung der Dimensions- und Faktorstruktur der Markenbeziehungsqualität abgeschlossen. Eine zusammenfassende Darstellung der Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität und der dazugehörigen Konzeptualisierungshypothesen findet sich im nächsten Abschnitt.
3.3.4
Zusammenfassung des Konzeptualisierungsmodells der Markenbeziehungsqualität
Schaubild 3-6 zeigt das Konzeptualisierungsmodell der Markenbeziehungsqualität sowie die dazugehörigen Untersuchungshypothesen in grafischer Form. Schaubild 3-7 fasst die Untersuchungshypothesen in tabellarischer Form zusam-
240 241
Vgl. Bongartz 2002, S. 188ff. Bongartz 2002, S. 64.
150
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Konstruktebene (3. Ordnung)
men. Zu erkennen ist, dass Markenbeziehungsqualität als Konstrukt dritter Ordnung konzeptualisiert ist. Auf Dimensionsebene setzt sich das Konstrukt aus der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-KundeInteraktion) und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) formativ zusammen. Weiterhin ist ersichtlich, dass auf Faktorebene jeweils drei unabhängige Faktoren die beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität definieren. Dieses Konzeptualisierungsmodell gilt es im Rahmen der Hauptuntersuchung in Kapitel 5 empirisch zu überprüfen.
Markenbeziehungsqualität
Faktorebene (1. Ordnung)
Dimensionsebene (2. Ordnung)
H1
Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
Qualität der Marke-KundeInteraktion
H2
Markenzufriedenheit
H3
Markenvertrauen
Emotionale (Marken-) Nähe
Stärke der KundeKundeInteraktion
Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion
Stärke der SystemKundeInteraktion
Schaubild 3-6: Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität als Konstrukt dritter Ordnung
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
151
Konstruktkonzeptualisierungshypothesen zur Markenbeziehungsqualität H1
Die Markenbeziehungsqualität ist ein mehrdimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt dritter Ordnung, das sich aus den beiden Konstrukten zweiter Ordnung „Qualität der Marke-Kunde-Interaktion“ und „Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion“ zusammensetzt.
H2
Die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion ist ein eindimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt zweiter Ordnung, das sich aus den drei Konstrukten erster Ordnung „Markenzufriedenheit“, „Markenvertrauen“ und „Emotionale (Marken-)Nähe“ zusammensetzt.
H3
Die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion ist ein eindimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt zweiter Ordnung, das sich aus den drei Konstrukten erster Ordnung „Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion“, „Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion“ und „Stärke der System-Kunde-Interaktion“ zusammensetzt.
Schaubild 3-7: Hypothesensystem zur Konstruktkonzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Gegenstand des nächsten Abschnitts ist die theoretische Modellierung der Wirkungszusammenhänge zwischen der Markenbeziehungsqualität und der Markenbindung als zentrale nachgelagerte Verhaltensgröße.
3.4
Wirkungen der Markenbeziehungsqualität
Die Ausführungen in Abschnitt 1.1 haben gezeigt, dass die langfristige Bindung von Konsumenten an eine Marke aufgrund des bestehenden Verdrängungswettbewerbs und den damit einhergehenden hohen Kosten für die Kundenneuakquisition in den Mittelpunkt der Markenpolitik rückt. Loyale Kunden führen insbesondere zu umsatzbezogenen Vorteilen, die daraus resultieren, dass sie (zusätzliche) Leistungen der Marke wiederholt bei geringerer Preissensibilität beziehen und durch Weiterempfehlungen neue Kunden anwerben. Mit der beziehungsrelevanten Markenerfolgskette wurde in Abschnitt 1.4 die Markenbeziehungsqualität als zentrale Steuerungsgröße für die auf Markenbindung ausgerichtete Markenpolitik identifiziert. Die Markenbindung stellt somit die zentrale zu erklärende Zielgröße im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität dar. Die kritische Würdigung zum derzeitigen Forschungsstand hinsichtlich der Markenbeziehungsqualität als Determinante der Markenbindung in Abschnitt 2.2.4 hat gezeigt, dass dieser Wirkungszusammenhang bislang nur unzureichend untersucht wurde. Bis heute liegen nur Ergebnisse zur markenbindungsregulierenden Wirkung der Markenbeziehungsqualität für die Automobilbranche vor. Die Überprüfung des Wirkungszusammenhangs zwischen Marken-
152
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
beziehungsqualität und Markenbindung stellt daher ein weiteres erklärtes Untersuchungsziel dieser Arbeit dar. Dieser Fragestellung wird im Folgenden nachgegangen. Hierzu wird zunächst die Markenbindung als Zielgröße der Markenbeziehungsqualität konzeptualisiert (Abschnitt 3.4.1). Im Anschluss erfolgt die theoretische Modellierung der postulierten Wirkungsbeziehungen (Abschnitt 3.4.2), die dann in Kapitel 5 eine empirische Überprüfung erfahren.
3.4.1
Markenbindung als Zielgröße
Die Markenbindung – häufig auch als Markenloyalität bezeichnet – stellt ein vielfach untersuchtes Konstrukt in der Markenforschung dar. Obwohl das Konstrukt seit mehreren Jahrzehnten im Marketing etabliert ist242, bestehen noch immer unterschiedliche Auffassungen über den Begriff und die Inhalte der Markenbindung.243 Eine Kennzeichnung des Gegenstandsbereichs der Markenbindung lässt sich anhand der Merkmale (1) Grad des Verhaltensbezugs, (2) Grad der Verhaltenskonkretisierung, (3) Ursachen der Markenbindung und (4) Art des Konstrukts vornehmen.244 In Hinblick auf den Grad des Verhaltensbezugs lässt sich die Markenbindung im weiteren und engeren Sinne unterscheiden. Erstere ist mit der Markeneinstellung gleichzusetzen. Die Einstellung zur Marke lässt sich als das Ergebnis der Einschätzung kognitiver (wissensbasierter) und affektiver (gefühlsbetonter) Aspekte einer Marke beschreiben, das sich in einer Verhaltensbereitschaft konkretisiert (vgl. Abschnitt 2.2.4). Bei Zugrundelegung dieses Begriffsverständnisses wird die Markenbindung in der Regel als mehrdimensionales Konstrukt konzeptualisiert, das sich aus einer Einstellungs- und Verhaltensdimension zusammen242 243 244
Vgl. Copeland 1923. Vgl. Homburg/Koschate 2005, S. 1397; Bruhn/Eichen 2007, S. 246f. In Anlehnung an die Merkmale zur Kennzeichnung des Konstrukts der Kundenbindung (vgl. Georgi 2000, S. 41ff.) Als Bezugsobjekt der Kundenbindung unterscheidet Plinke (1989, S. 308) zwischen Sachen, Personen und Unternehmen. In MarkenKonsumenten-Beziehungen stellt die Marke das Objekt der Kundenbindung dar (vgl. Abschnitt 1.3.3), sodass in der vorliegenden Arbeit Kundenbindung mit Markenbindung gleichgesetzt wird. Es wird sich demnach nicht der Auffassung von Diller (1996, S. 82) angeschlossen, nach dem eine Gleichsetzung von Kundenbindung und Markenbindung unangebracht ist, da Bindungen an Marken im Gegensatz zu Bindungen an Personen oder Unternehmen keine interaktiven Geschäftsbeziehungen zugrunde liegen. Wie in Abschnitt 2.1.3 dargelegt wurde, wird in dieser Arbeit jedoch die These vertreten, dass Markenbeziehungsstellvertreter die Interaktion stellvertretend für die Marke übernehmen können.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
153
setzt.245 Die kognitiv-affektiven Einstellungskomponenten werden in der vorliegenden Arbeit in Form der Beziehungsqualität jedoch getrennt von der konativen Komponente untersucht. Durch die Isolierung der konativen Komponente bedeutet Markenbindung im engeren Sinne das Verhalten des Kunden in Bezug auf seine Beziehung zur Marke.246 Beim Grad der Verhaltenskonkretisierung ist zwischen intentionaler und faktischer Markenbindung zu unterscheiden.247 Die intentionale Markenbindung bezieht sich auf Verhaltensabsichten des Kunden, wie z.B. Wiederwahlabsicht oder Weiterempfehlungsabsicht. Die faktische Markenbindung beinhaltet dagegen das tatsächliche Verhalten des Kunden, wie z.B. das bisherige Kaufverhalten oder die tatsächliche Weiterempfehlung. Wie bereits in Abschnitt 2.2.4 dargelegt wurde, ist das Heranziehen von Absichtserklärungen zur Prognose des tatsächlichen Verhaltens eine weit verbreitete Methode in der (Marketing-)Wissenschaft. Aufgrund der hohen Korrelation zwischen Verhaltensabsicht und tatsächlichem Verhalten ist diese Einschränkung zu rechtfertigen.248 Dementsprechend wird in dieser Arbeit anderen Arbeiten gefolgt und die intentionale Markenbindung für die weitere Untersuchung zugrunde gelegt.249 Weiterhin lassen sich nach den Ursachen der Markenbindung die Markenbindung durch Verbundenheit und die Markenbindung durch Gebundenheit als Ausprägungen differenzieren.250 Verbundenheit beschreibt einen Bindungszustand, der auf positive psychologisch-emotionale Ursachen (z.B. Zufriedenheit, Vertrauen) zurückzuführen ist. Über Verbundenheit wird eine „freiwillige Markenbindung“ hervorgerufen, die aufgrund der wahrgenommenen Vorteilhaftigkeit der Beziehung zur Marke im Vergleich zur Nichtexistenz dieser Beziehung und/oder Beziehungen zu anderen Marken besteht. Gebundenheit bezeichnet hingegen einen Bindungszustand, der nicht unbedingt freiwilliger Art ist und auf ökonomischen (z.B. zu hoch empfundene Kosten beim Kauf einer anderen Automarke), vertraglichen (z.B. vertraglich bedingte Einschränkung eines Mobil-
245 246 247
248 249 250
Vgl. z.B. Chaudhuri/Holbrook 2001; Knox/Walker 2003; Quester/Lim 2003; Homburg/Koschate 2005. In Anlehnung an Henkel/Huber 2005, S. 82. Vgl. Algesheimer 2004, S. 116f.; Henkel/Huber 2005, S. 82. Eine gleiche Differenzierung wird auch für das Konstrukt der Kundenbindung vorgenommen (vgl. Bruhn 2001d, S. 74; Homburg/Bruhn 2008, S. 28; Homburg/Fürst 2008, S. 610f.). Vgl. Morrison 1979 sowie erläuternd dazu Georgi 2000, S. 49. Vgl. z.B. Georgi 2000, S. 49; Hadwich 2003, S. 117; Siems 2003, S. 206; Henkel/Huber 2005; S. 148; Richter 2005, S. 137; Beysüngü 2006, S. 86. Vgl. Bliemel/Eggert 1998, S. 39ff.; Bruhn 2001d, S. 74; Weinberg/Terlutter 2005, S. 46f.
154
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
funkproviders für kostenlosen Erwerb eines neuen Handys) und/oder technischfunktionalen Aspekten (z.B. zu hoch empfundene Wechselkosten bei der Umstellung auf ein anderes Computerbetriebssystem) beruht.251 Im Begriffsverständnis dieser Arbeit stellen Marken-Konsumenten-Beziehungen affektive auf psychologischen Ursachen beruhende Bindungen von Konsumenten an Marken dar. Dies bedeutet, dass das Vorhandensein von Verbundenheit eine Grundvoraussetzung für eine Marken-Konsumenten-Beziehung darstellt. Aus diesem Grund konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf die verbundenheitsorientierte Markenbindung. Schließlich ist hinsichtlich der Art des Konstrukts zwischen einfaktoriellen und mehrfaktoriellen Konzeptualisierungen zu unterscheiden.252 So wird bei Zugrundelegung der Markenbindung im weiteren Sinne die Verhaltens- und Einstellungskomponente der Markenbindung separat durch zwei Dimensionen erfasst. Da in der vorliegenden Arbeit nur die Markenbindung im engeren Sinne, d.h. die konative Dimension der Markenbindung, abgebildet wird, wird Markenbindung als einfaktorielles Konstrukt verstanden. Mit Bezug auf diese Ausführungen wird Markenbindung in der vorliegenden Arbeit wie folgt definiert: Markenbindung stellt eine einfaktorielle, latente Variable dar und beschreibt die Verhaltensabsicht eines Kunden, seine Beziehung zur Marke aufgrund seiner Verbundenheit zur Marke zu erhalten bzw. zu intensivieren. Nach der theoretischen Konzeptualisierung der Markenbindung werden im Weiteren die Wirkungszusammenhänge zwischen der Markenbeziehungsqualität und Markenbindung hypothetisiert.
251 252
Für eine ausführliche Erläuterung dieser Bindungsursachen vgl. Homburg/Bruhn 2008, S. 10f. Vgl. z.B. Algesheimer 2004, S. 111ff.; Lau/Lee 1999.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
3.4.2
155
Modellierung der Wirkungsbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung
3.4.2.1 Betrachtungsebenen für die Modellierung der Wirkungszusammenhänge Wie in den vorhergehenden Abschnitten dargelegt, wird Markenbeziehungsqualität im Verständnis dieser Arbeit als mehrfaktorielles Konstrukt dritter Ordnung verstanden, das sich aus den beiden formativen Dimensionen Qualität der Marke-Kunde-Interaktion und Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion und sechs formativen Faktoren zusammensetzt. Der Komplexität des Konstrukts entsprechend werden bei der Modellierung und empirischen Überprüfung der Wirkungsbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung eine aggregierte und disaggregierte Betrachtung vorgenommen.253 Bei der aggregierten Betrachtung wird der Wirkungszusammenhang zwischen der Markenbeziehungsqualität als Ganzes (Konstrukt dritter Ordnung) und der Markenbindung untersucht, d.h., es geht um die Analyse des Gesamteinflusses des Konstrukts der Markenbeziehungsqualität. Neben dieser aggregierten Betrachtung erscheint es zwecks Ressourcenallokation und Ableitung von Handlungsempfehlungen sinnvoll, die disaggregierte Wirkung der einzelnen Bestandteile der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung zu analysieren. Als Betrachtungsebenen kommen hierzu generell die Faktor- und Dimensionsebene in Frage, wobei sich in der vorliegenden Arbeit für die Untersuchungen des Einflusses der Dimensionen der Markenbeziehungsqualität (Dimensionsebene) auf die Markenbindung entschieden wird. Der Grund hierfür liegt zum einen in der Überlegung, dass die Analyse auf Faktorebene zu einer starken Fragmentierung der Ergebnisse und somit zum Verlust der Übersichtlichkeit führen würde. Zum anderen erscheint die Dimensionsebene als zusätzliche Analyseebene für die Wirkungen der Markenbeziehungsqualität auch insbesondere deswegen angemessen, weil die Qualität der Marke-KundeInteraktion und Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion jeweils eine Verdichtung von zwei ganz unterschiedlichen Qualitätsaspekten einer MarkenKonsumenten-Beziehung abbilden, die unterschiedliche Erklärungsbeiträge für die Markenbindung liefern: Die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion bildet eine Kategorie von Qualitätsfaktoren, die in der Summe die Wahrnehmung der Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner determinieren. Die Qualität der 253
Ähnlich verfahren auch andere Forscher, die in ihren Arbeiten eine aggregierte und disaggregierte Betrachtung von Wirkungsbeziehungen vornehmen (vgl. z.B. Frommeyer 2005, S. 115f.).
156
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Stellvertreter-Kunde-Interaktion fasst hingegen jene Faktoren zusammen, die die Qualität der Marke als Interaktionsplattform definieren. Während die Qualitätswahrnehmung der Marke als Beziehungspartner nicht unbedingt des wechselseitigen Dialogs zwischen Marke und Konsument bedarf, basiert die zweite Qualitätskategorie auf der Bewertung vorhandener Möglichkeiten zur wechselseitigen Interaktion mit Markenbeziehungsstellvertretern (vgl. Abschnitt 3.3.2). Bezug nehmend auf diese einführenden Erläuterungen wird im Folgenden der Wirkungszusammenhang zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung separat auf Konstrukt- und Dimensionsebene unter Rückgriff auf theoretische Erklärungsansätze und Erkenntnisse der empirischen Marketingforschung modelliert.
3.4.2.2 Wirkungszusammenhang auf Konstruktebene Auf Konstruktebene wird der Gesamteinfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung betrachtet. Markenbeziehungsqualität wird im Verständnis dieser Arbeit als aggregiertes Konstrukt verstanden, das sich aus der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion) und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion) zusammensetzt. Bislang besteht kein Konzeptualisierungsansatz, der Markenbeziehungsqualität als Aggregat dieser beiden Dimensionen versteht. Die bestehenden Konzeptualisierungsansätze berücksichtigen nur die Qualität der Marke als Beziehungspartner. In der Folge kann zur Modellierung der Wirkungsbeziehung zwischen Markenbeziehungsqualität – dem Konzeptualisierungsverständnis dieser Arbeit folgend – und Markenbindung auf Konstruktebene nicht auf bestehende Arbeiten zurückgegriffen werden, die den Einfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung empirisch nachweisen. Eine theoretische Erklärungsperspektive für die markenbindungsregulierende Wirkung der Markenbeziehungsqualität liefern verhaltenswissenschaftliche Theorieansätze, die vor allem psychologische Aspekte des Verbraucherverhaltens erforschen.254 Im Gegensatz zu transaktions-, interaktions- und sozialpsychologischen Erklärungsansätzen nehmen verhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze als einzige die Sichtweise der Konsumenten ein und betrachten damit das Phänomen der Markenbindung nicht aus einer übergeordneten Perspektive, son-
254
Unter Verhaltenswissenschaften werden alle Wissenschaften verstanden, die sich auf das menschliche Verhalten beziehen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 8).
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
157
dern aus Sicht der Konsumenten.255 Dem Verständnis psychischer intrapersonaler Vorgänge wird in der Literatur eine hohe Bedeutung zugemessen. Dies ist ein Grund dafür, warum verhaltenswissenschaftliche Theorien am häufigsten zur Erklärung von Kunden- bzw. Markenbindung herangezogen werden.256 Um zu erklären, warum Kunden sich an eine Marke langfristig binden, eignen sich insbesondere die Dissonanz-, Lern- sowie Risikotheorie, die das Konsumentenverhalten jeweils aus einer anderen Perspektive betrachten.257 Diese werden nachfolgend im Kontext der Markenbeziehungsqualität diskutiert. Nach der Theorie der kognitiven Dissonanz streben Individuen ein dauerhaftes Gleichgewicht ihres kognitiven Systems an.258 Ein kognitives System ergibt sich aus der Summe von Kognitionen (Wissen, Erfahrungen, Einstellungen, Meinungen) und ihren Beziehungen zueinander.259 Die Kognitionen können sich hierbei auf die Umwelt, die persönlichen Dispositionen und das eigene Verhalten beziehen.260 Geraten die Kognitionen eines Individuums in ein Ungleichgewicht und damit in eine so genannte kognitive Dissonanz, entstehen als unangenehm empfundene psychische Spannungen, die das Individuum aufzulösen versucht (z.B. durch einen Markenwechsel).261 Markenbeziehungsqualität kann in diesem Zusammenhang als ein vom Kunden positiv empfundener und erstrebenswerter psychologischer Gleichgewichtszustand interpretiert werden, den dieser aufrecht zu erhalten versucht, indem er sich an eine Marke bindet.262 Iloyale Verhaltens255
256 257 258
259 260 261
262
Vgl. Bagusat 2005, S. 79. Für eine Diskussion von transaktions-, interaktions- und sozialpsychologischen Ansätzen zur Erklärung von Kunden- bzw. Markenbindung vgl. z.B. Bruhn 2001d, S. 17ff.; Foscht 2002, S. 21ff.; Bagusat 2005, S. 66ff.; Conze 2007, S. 26ff. Vgl. Große-Bölting 2005, S. 36. Vgl. Foscht 2002, S. 21ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 104; Homburg/Bruhn 2008, S. 14ff.; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 112ff. Die Theorie geht auf Festinger (1957) zurück. Für eine Darstellung der Theorie und ihre Anwendung im Marketingkontext vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 184ff.; für eine spezielle Diskussion der Theorie im Kontext der Kundenbindung vgl. z.B. Bruhn 2001d, S. 29; Bagusat 2005, S. 75f.; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 112. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 184. Vgl. Festinger 1957, S. 3. Vgl. Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 112. Foscht/Swoboda (2007, S. 210) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „[…] jede Form von Inkonsistenz, also auch Inkonsistenz zwischen Einstellungen, Verhalten, Verhaltensentscheidungen und Commitment […]“ zu psychologischen Spannungen führt. Studien belegen, dass die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins kognitiver Dissonanzen nach mehrmaligen Käufen nur noch sehr gering ist (vgl. von Rosenstiel/Neumann 2002, S. 274ff.).
158
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
weisen, wie ein Markenwechsel oder negative Mund-zu-Mund-Kommunikation, würden hingegen bei einer als positiv empfundenen Markenbeziehungsqualität zu Dissonanzen führen, da das Verhalten nicht mit der Einstellung des Individuums im Einklang steht.263 Die Risikotheorie besagt, dass Individuen versuchen, das mit Kaufentscheidungen zusammenhängende subjektiv wahrgenommene Risiko zu minimieren.264 Unter dem subjektiv wahrgenommenen Risiko werden die vom Konsumenten nachteilig aufgefassten Folgen seines Verhaltens verstanden, die der Konsument aufgrund unvollständiger Informationen nicht sicher vorhersehen kann.265 Die Risiken können dabei finanzieller, funktioneller, psychischer, physischer oder sozialer Art sein.266 Um mit dem wahrgenommenen Risiko umzugehen, bietet sich neben der Beschaffung zusätzlicher Informationen oder der Orientierung an Meinungsführern insbesondere die Aufrecherhaltung der Beziehung zu einer Marke an.267 Bei der Risikoreduktion durch markenloyales Verhalten nehmen Konsumenten aufgrund positiver Erfahrungen aus der Vergangenheit an, dass die gewählte Marke auch in Zukunft die Befriedigung der Bedürfnisse in der gewohnten Qualität erfüllen kann.268 Somit lässt sich auch die Risikotheorie zur Erklärung der Markenbindungsrelevanz der Markenbeziehungsqualität heranziehen: Eine hohe wahrgenommene Markenbeziehungsqualität ist Ausdruck für die Fähigkeit einer Marke, in der Vergangenheit und in der Zukunft die Beziehung entsprechend den Anforderungen des Kunden an eine Marken-KonsumentenBeziehung zu gestalten (vgl. Abschnitt 2.2.3). Im Falle einer positiv empfunde263
264 265
266
267 268
Sheth/Parvatiyar (1995b, S. 259) betonen den Verhaltensaspekt im Harmoniebestreben explizit: „[…] consumers strive for harmonious relationships in their beliefs, feelings and behaviors.” Vgl. Bauer 1960; Taylor 1974, S. 54; Sheth/Parvatiyar 1995b, S. 258; Homburg/Krohmer 2003, S. 75. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 397. Das Ausmaß des wahrgenommenen Risikos wird dabei als Funktion der zu erwartenden negativen Handlungskonsequenzen und der bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich des Eintretens dieser Negativfolgen verstanden (vgl. Bruhn 1982, S. 130). Für eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Risikoarten des wahrgenommenen Kaufrisikos vgl. z.B. Mitchell 1999; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 399; Hassan et al. 2006, S. 140ff.; Foscht/Swoboda 2007, S. 84. Vgl. Hentschel 1991, S. 25; Bruhn 2001c, S. 951; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 400. Vgl. Sheth/Parvatiyar 1995b, S. 266; Gröppel-Klein/Königstorfer/Terlutter 2008, S. 55. Markenloyales Verhalten kann demnach auch als eine Art der Informationsbeschaffung und -verarbeitung im Sinne des Abrufens bereits bestehender Erfahrungen mit einer Marke verstanden werden (vgl. Dittrich 2000, S. 22). Dies zeigt, dass die verschiedenen Risikoreduktionsstrategien im Zusammenhang zu betrachten sind.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
159
nen Beziehungsqualität zu einer Marke wird der Konsument die Beziehung zur entsprechenden Marke demnach aufrechterhalten, um das von ihm wahrgenommene Risiko (z.B. mögliche Unzufriedenheit oder Verlust von sozialen Kontakten als Folge eines Markenwechsels) zu minimieren bzw. zu vermeiden.269 Die Erklärung des Wirkungszusammenhangs zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung auf Basis von Lerntheorien weist im Vergleich zur Dissonanz- und Risikotheorie einen stärkeren Vergangenheitsbezug auf. Vor dem Hintergrund der Komplexität und Vielschichtigkeit menschlichen Lernens ist eine Vielzahl an unterschiedlichen Lernansätzen entstanden, die sich mit dem Lernverhalten von Individuen auseinander setzen.270 Im Zentrum der Lerntheorien stehen Verhaltensweisen und Verhaltensänderungen, die auf Lernprozessen basieren.271 Einen Beitrag zur Erklärung der Wirkungsbeziehung zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung leistet insbesondere die Theorie des Lernens nach dem Verstärkungsprinzip (Lerntheorie der instrumentellen bzw. operanten Konditionierung).272 Hiernach bedingen und verstärken Konsequenzen aus vergangenem Verhalten das zukünftige Verhalten einer Person. Während positive Konsequenzen zur Beibehaltung bzw. Verstärkung bisheriger Verhaltensweisen führen, resultieren negativ empfundene Konsequenzen in einer Verhaltensänderung.273 Auf die Markenbindung bezogen bedeutet dies, dass Konsumenten eine Markenbeziehung dann fortführen, wenn sie in dieser einen klaren Nutzen wahrnehmen.274 Markenbeziehungsqualität lässt sich in diesem Zusammenhang als positiv empfundene Konsequenz des Verhaltens interpretieren, die dazu führt, dass der Konsument eine Marke wiederholt nachfragt und eine Bin-
269 270
271 272
273 274
In Anlehnung an Homburg/Krohmer 2003, S. 104; Meffert/Bruhn 2006, S. 102; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 114. Für eine Darstellung der unterschiedlichen Lerntheorien vgl. Bower/Hilgard 1981; Irle 1986; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 330ff.; Trommsdorff 2004, S. 262; Homburg/Stock-Homburg 2006, S. 39ff. Lernen wird nach Kroeber-Riel/Weinberg (2003, S. 322) als eine „[…] Veränderung des Verhaltens angesehen, die auf Erfahrung beruht.“ Für eine ausführliche Darstellung der instrumentellen Konditionierung vgl. Fischer/Wiswede 2002, S. 57ff.; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 335 und für ihre Anwendung im Kontext von Marken- bzw. Kundenbindung vgl. Sheth/Parvatiyar 1995b, S. 257; Bruhn 2001d, S. 28; Homburg/Bruhn 2008, S. 14. Neben dem Lernen durch instrumentelle Konditionierung stellen die klassische Konditionierung, das kognitive Lernen und das Modellernen weitere Arten von Lernprozessen dar, die jedoch im Rahmen der Markenbindung von nachgelagertem Interesse sind. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 337ff.; Trommsdorff 2004, S. 265f. Vgl. Bruhn 2001d, S. 28; Homburg/Stock-Homburg 2006, S. 42; Homburg/Bruhn 2008, S. 14.
160
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
dung zu dieser aufbaut: „Wird die Beziehungsqualität zur Marke als positiv und damit als Belohnungsanreiz empfunden, desto wahrscheinlicher wird die Person [gemäß der Lerntheorie nach dem Verstärkungsprinzip, Anm. d. Verfassers] solche Aktivitäten, in denen die positiv wahrgenommene Markenbeziehungsqualität begründet ist, wiederholt ausführen.“275 Mit Bezug zu diesen theoretischen Überlegungen wird hypothetisiert, dass eine positiv wahrgenommene Markenbeziehungsqualität eine markenbindungsregulierende Wirkung hat. Dieser Zusammenhang wird in folgender Wirkungshypothese festgehalten: H4:
Die Markenbindung wird positiv von der Markenbeziehungsqualität beeinflusst.
3.4.2.3 Wirkungszusammenhänge auf Dimensionsebene Betrachtungsgegenstand auf Dimensionsebene ist der differenzierte Einfluss der Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität, d.h. der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion) und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion), auf die Markenbindung. Wie in den vorhergehenden Ausführungen mehrfach dargelegt, besteht bislang kein Konzeptualisierungsansatz, der Markenbeziehungsqualität als Aggregat dieser beiden Dimensionen versteht. Die bestehenden Konzeptualisierungsansätze berücksichtigen lediglich die Qualität der Marke als Beziehungspartner, nicht jedoch die Qualität der Marke als Interaktionsplattform. Empirische Erkenntnisse über die Markenbindungsrelevanz der beiden Dimensionen der Markenbeziehungsqualität liegen dementsprechend bislang auch nur für die Qualität der Marke als Beziehungspartner (Markenbeziehungsqualität im engeren Sinne), nicht jedoch für die Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Markenbeziehungsqualität im weiteren Sinne) vor. Wie die kritische Würdigung des derzeitigen Forschungsstandes über die Markenbeziehungsqualität als Determinante der Markenbindung in Abschnitt 2.2.4 gezeigt hat, konnten sowohl Algesheimer als auch Henkel/Huber den positiven Wirkungszusammenhang zwischen der Qualität der Marke als Beziehungspartner und Markenbindung empirisch bestätigen.276 Weitere Studien belegen den Einfluss der Qualität der Marke als Bezie-
275 276
Algesheimer 2004, S. 151. Vgl. Algesheimer 2004; Henkel/Huber 2005.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
161
hungspartner auf ausgewählte loyale Verhaltensweisen, wie Wiederkauf-277, Markenerweiterungsakzeptanz-278 oder Weiterempfehlungsabsicht.279 Zur theoretischen Fundierung der Markenbindungsrelevanz der Qualität der Marke als Beziehungspartner und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform lässt sich die Nutzentheorie heranziehen, der sich viele Forscher implizit zur Erklärung der Kunden- bzw. Markenbindung bedienen.280 Grundaussage der Nutzentheorie ist, dass ein Kunde im Sinne der Nutzenmaximierung Leistungen eines Unternehmens umso mehr in Anspruch nimmt, je höher sein Nutzen aus dem Gebrauch dieser Leistungen ist.281 Unter Nutzen kann in diesem Zusammenhang generell der Grad der Bedürfnisbefriedigung verstanden werden.282 Auf Marken-Konsumenten-Beziehungen übertragen bedeutet dies, dass sich ein Konsument umso eher an eine Marke bindet, je eher diese Markenbindung Nutzen für ihn stiftet.283 Der Aufrechterhaltung bzw. Intensivierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen liegen demnach Bindungsmotive auf Seiten der Konsumenten zugrunde, die durch den Beziehungsnutzen befriedigt werden. Dieser ist „[…] eine spezifische Ausprägungsform des symbolischen Nutzens einer Marke und als solcher stark emotional geprägt.“284 Unter dem symbolischen Markennutzen werden sämtliche Nutzenaspekte einer Marke verstanden, die über den funktionalen (Grund-)Nutzen einer Marke hinausgehen.285 In Marken-Konsumenten-Beziehungen ergibt sich der symbolische Nutzen einer Marke – im Verständnis dieser Arbeit – aus dem Nutzen, den die Marke den Konsumenten zum einen als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion), zum anderen als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) stiftet. Während die positive Wahrnehmung der Marke als Beziehungspartner insbesondere mit psy277 278 279 280 281 282
283 284 285
Vgl. Kressmann et al. 2003; Zeplin 2005; Huber et al. 2007b; Smit/Bronner/ Tolboom 2007. Vgl. Park/Kim/Kim 2002. Vgl. Algesheimer 2004; Zeplin 2005. Vgl. Bruhn 2001d, S. 20f.; Pepels 2004, S. 41. Die Nutzentheorie basiert auf der mikroökonomischen Theorie der Volkswirtschaftlehre. Für eine ausführliche Diskussion der Nutzentheorie vgl. Balderjahn 1995, S. 186; Nießing 2007, S. 59ff. Vgl. Herrmann/Huber 2001, S. 1201. Für eine Diskussion des Nutzenbegriffs vgl. Kotler/Bliemel 2001, S. 15; Esch/Hermann/Sattler 2006, S. 224f.; Meffert/Burmann/ Kirchgeorg 2008, S. 16. Vgl. Bruhn 2001d, S. 20f.; Pepels 2004, S. 41. Bongartz/Burmann/Maloney 2005, S. 452f. Vgl. Burmann/Meffert 2005b, S. 55.
162
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
chologisch-emotionalen Beziehungsvorteilen einhergeht, deren Realisierung nicht unbedingt wechselseitiger Dialoge bedürfen (vgl. Abschnitt 3.3.3.1), resultiert der Nutzen der Marke als Interaktionsplattform vor allem aus sozioemotionalen und instrumentellen Beziehungsvorteilen, die sich nur durch wechselseitige, wiederholte Interaktionen entfalten (vgl. Abschnitt 3.3.3.2). Die Markenbindungsrelevanz der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion) ergibt sich auf Basis der Nutzentheorie folglich aus dem psychologisch-emotionalen Nutzen, den die Marke als Beziehungspartner dem Konsumenten stiftet.286 Dieser stellt eine emotionale Wechselbarriere für den Konsumenten dar, die durch die Markenzufriedenheit, das Markenvertrauen und/oder die Emotionale (Marken-)Nähe – als definierende Faktoren der Qualität der Marke als Beziehungspartner (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.1) – konstituiert wird. Die Zufriedenheit mit einer Marke führt zum Empfinden von Gerechtigkeit beim Kunden und hilft, einen kognitiven Gleichgewichtszustand zu bewahren, den er durch die Aufrechterhaltung der Beziehung beizubehalten bzw. zu verfestigen versucht.287 Markenunzufriedenheit führt im Umkehrschluss zur Destabilisierung der Markenbeziehung, da der Konsument das empfundene Ungleichgewicht durch markenilloyales Verhalten wiederherzustellen versucht. Durch das Vertrauen in die Marke wird das Risiko des Kunden in Hinblick auf zukünftige Transaktionen sowie die Komplexität der Entscheidungsfindung reduziert.288 Hierdurch kommt es zu einer Entlastung des Konsumenten, die in der Folge beziehungsstabilisierend wirkt, da durch die Bindung an die Marke das wahrgenommene Risiko und die Entscheidungskomplexität zusätzlich reduziert werden kann.289 Eine hohe Emotionale (Marken-)Nähe stiftet dem Kunden ein psychisches Wohlbefinden, das dem Bedürfnis nach sozialer Bezogenheit nachkommt. Das Aufbrechen dieses psychisch-sozialen Gefüges führt zum Verlust von positiven Emotionen, die mit intimen Markenbeziehungen verbunden sind. Daher stellt eine durch wiederholte intime Interaktionen empfundene hohe Emotionale (Marken-)Nähe – analog zur Markenzufriedenheit und zum Markenvertrauen – eine emotionale Wechselbarriere dar.290 286 287 288 289 290
Vgl. Kressmann et al. 2003, S. 406; Algesheimer 2004, S. 151. Vgl. Henkel/Huber 2005, S. 85; Geus 2005, S. 111. Vgl. Chaudhuri/Holbrook 2001, S. 82; Geus 2005, S. 114; Ahlert/Gutjahr 2007, S. 437. Vgl. Geus 2005, S. 114; Huber/Regier/Vollhardt 2006, S. 239f. Vgl. Scarabis 2006.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
163
Über die Dimension der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion erfolgt eine Zusammenführung dieser Determinanten der Markenbindung, sodass folgende Wirkungshypothese unterstellt wird: H5a:
Die Markenbindung wird positiv von der Qualität der Marke-KundeInteraktion beeinflusst.
Die aus wiederholten Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern resultierenden sozio-emotionalen und instrumentellen Beziehungsvorteile (vgl. Abschnitt 3.3.3.2) begründen gemäß der Nutzentheorie entsprechend die Markenbindungsrelevanz der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion). Die durch Kunde-Kunde-Interaktionen erfahrenen positiven Markenerlebnisse sowie aufgebauten sozialen Beziehungen und gemeinsam geteilten Identitäten im Sinne eines Wir-Gefühls (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.2) stellen eine sozio-emotionale Abwanderungsbarriere dar, da ein Markenwechsel mit dem Verlust der Berechtigung zur Partizipation am Leben der Community einhergeht.291 Auch der instrumentelle Nutzen, der unmittelbar aus einzelnen Dialogprozessen zwischen den Kunden der Marke resultiert, wie z.B. die gegenseitige Unterstützung bei Problemen mit der Marke, wirkt als Abwanderungsbarriere und verstärkt die Bindung an die Marke.292 Während die Bedeutung von Konsumenteninteraktionen für die Markenbindung durch erste empirische Forschungsergebnisse Bestätigung findet (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.2), wurde die markenbindungsregulierende Wirkung von MitarbeiterKunde-Interaktionen im Umfeld von Konsumgütermärkten bislang kaum untersucht. Wie die Ausführungen in Abschnitt 3.2.3.2.2 jedoch gezeigt haben, ermöglicht der individuelle Dialog mit Markenmitarbeitern – analog zu Konsumenteninteraktionen – die Schaffung von sozio-emotionalen sowie instrumentellen Beziehungsvorteilen, die als emotionale Wechselbarriere fungieren können. Folglich wird in dieser Arbeit hypothetisiert, dass die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Interaktionsplattformen mit Markenmitarbeitern potenziell die Bindung an eine Marke verstärken.
291
292
Vgl. Gainer 1995, S. 256; Söderlund 1999; McAlexander/Schouten/Koenig 2002, S. 50; Schmitt/Mangold 2005, S. 298; Gruen/Osmonbekov/Czaplewski 2006, S. 451; Tomczak/Wentzel/Schögel 2007, S. 215. Vgl. Weiber/Meyer 2002, S. 356; Verstraete 2004, S. 146; Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 529; von Loewenfeld 2006, S. 229f. Für eine ausführliche Diskussion des instrumentellen Nutzens von Kunde-Kunde-Interaktionen vgl. Abschnitt 3.3.3.2.2.
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Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
Vergleichbare Wirkungen zur Stärkung der Markenbindung lassen sich für Interaktionen mit computergestützten Systemen der Marke begründen. Durch wiederholte, wechselseitige System-Kunde-Interaktionen werden – wie in Abschnitt 3.3.3.1.4 erläutert – sozio-emotionale und instrumentelle Beziehungsvorteile für Konsumenten geschaffen, beispielsweise durch Erleichterungen und Verbesserungen bei der Abwicklung von Transaktionen (instrumentelle Beziehungsvorteile) oder durch Vermittlung des Gefühls, dass die persönlichen Beratungs-, Betreuungs- und Problemlösungsbedürfnisse durch das markenführende Unternehmen erkannt und berücksichtigt werden (sozio-emotionale Beziehungsvorteile).293 Diese durch die personalisierte, computergestützte Reaktion auf die Artikulation individueller Bedürfnisse bzw. Probleme geschaffenen Beziehungsvorteile eröffnen die Chance, einen persönlichen Bezug zwischen Marke und Konsument herzustellen und in der Folge die Verbundenheit mit der Marke zu steigern.294 Die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Interaktionsplattformen im Markenumfeld ermöglichen somit die Schaffung sozio-emotionaler und instrumenteller Vorteile, indem die Marke über dialogfähige Markenbeziehungsstellvertreter als aktiver Beziehungspartner auftritt und damit für den Nachfrager „quasisoziale Kompetenz“ erlangt. Derartige beziehungsbezogene Nutzenvorteile münden – wie aufgezeigt – in eine verbesserte Stabilität der Marken-KundenBeziehung und eine verstärkte Markenbindung. Dieser Diskussion folgend wird neben der markenbindungsregulierenden Wirkung der Qualität der MarkeKunde-Interaktion ein positiver Zusammenhang zwischen der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion und der Markenbindung unterstellt. H5b:
3.4.3
Die Markenbindung wird positiv von der Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion beeinflusst.
Zusammenfassung des Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität
Das Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität setzt sich in der vorliegenden Arbeit aus einem aggregierten Konstruktmodell und einem disaggregierten Dimensionsmodell zusammen (vgl. Schaubild 3-8). Bei der aggregierten Be293 294
Vgl. Bongartz/Burmann/Maloney 2005, S. 453. Vgl. Holland/Baker 2001, S. 39f.; Bongartz 2002, S. 173f.; Bongartz/Burmann/ Maloney 2005, S. 453.
Konzeptualisierung der Markenbeziehungsqualität
165
trachtung wird der Gesamteinfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung untersucht, während bei der disaggregierten Betrachtung auf Dimensionsebene der differenzierte Einfluss der beiden Qualitätsdimensionen als eigenständige exogene Variablen auf die Markenbindung analysiert wird. Schaubild 3-9 fasst die entsprechenden Wirkungshypothesen in tabellarischer Form zusammen. Aggregierte Betrachtung auf Gesamtkonstruktebene der Markenbeziehungsqualität
Markenbeziehungsqualität
H4
Markenbindung
Disaggregierte Betrachtung auf Dimensionsebene der Markenbeziehungsqualität
Qualität der Marke-KundeInteraktion
H5a Markenbindung
Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
H5b
Schaubild 3-8: Untersuchungsmodelle zur Überprüfung des Einflusses von Markenbeziehungsqualität auf Markenbindung Wirkungshypothesen H4
Die Markenbindung wird positiv von der Markenbeziehungsqualität beeinflusst.
H5a
Die Markenbindung wird positiv von der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion beeinflusst.
H5b
Die Markenbindung wird positiv von der Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion beeinflusst.
Schaubild 3-9: Hypothesensystem zur Untersuchung der Wirkung der Markenbeziehungsqualität
4
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Für die Entwicklung eines Messmodells der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität ist die Bestimmung von manifesten, beobachtbaren Indikatoren erforderlich, die eine Erfassung der Kundenurteile in Bezug auf die einzelnen identifizierten latenten Faktoren der Markenbeziehungsqualität ermöglichen. Der Entwicklungsprozess geeigneter Messinstrumentarien für die im Rahmen der Konzeptualisierung abgeleiteten Konstrukte bzw. Faktoren wird als Operationalisierung bezeichnet.1 Ziel dieses Kapitels ist die Sammlung und Selektion von Indikatoren zur Messung der Faktoren der Markenbeziehungsqualität, die eine indirekte Messung der Markenbeziehungsqualität über die zwischengeschalteten Faktoren erlauben. Ferner erfolgt die Operationalisierung der Markenbindung, um im Rahmen der Hauptstudie die postulierten Wirkungsbeziehungen überprüfen zu können.
4.1
Reflektive versus formative Konstruktoperationalisierung
Im Rahmen der Konzeptualisierung erfolgte eine formative Spezifizierung der Korrespondenzbeziehungen zwischen den Konstrukten erster Ordnung (Faktoren) und zweiter Ordnung (Dimensionen) sowie den Konstrukten zweiter Ordnung (Dimensionen) und dem Konstrukt dritter Ordnung (Markenbeziehungsqualität). Auch auf Messmodellebene, d.h. zwischen den latenten Faktoren und den manifesten Indikatoren, wird zwischen reflektiven und formativen Korrespondenzbeziehungen unterschieden.2 Die Spezifikation der Messmodellart (reflektiv versus formativ) ist – analog zur Konzeptualisierung – zu Beginn des Operationalisierungsprozesses festzulegen, da es wenig sinnvoll ist, „[…] bei der Indikatorensammlung eine Menge von möglichen Indikatoren zu erarbeiten, die alle gleichermaßen als potenziell formativ sowie reflektiv gelten.“3
1 2
3
Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 5; Homburg 2000, S. 13. Vgl. z.B. Homburg/Giering 1996, S. 6; Chin 1998a, S. 9; Edwards/Bagozzi 2000; Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 269ff.; Jarvis et al. 2003, S. 200f.; Fassot/ Eggert 2005, S. 34f.; Backhaus et al. 2006, S. 415f.; Christophersen/Grape 2007, S. 104ff.; Huber et al. 2007a, S. 22ff. Huber et al. 2007a, S. 18.
168
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Im Gegensatz zur formativen Struktur zwischen den theoretischen Betrachtungsebenen der Markenbeziehungsqualität wird auf Ebene der sechs (Einfluss-) Faktoren eine reflektive Struktur für jeden Faktor unterstellt, d.h., die Kausalität verläuft vom Faktor zu den manifesten Variablen. Die Entscheidung für eine reflektive Operationalisierung auf Faktorebene basiert auf zwei Überlegungen: Zum einen ist es Ziel der Arbeit, ein branchenübergreifendes Messinstrument der Markenbeziehungsqualität zu entwickeln, das universell anwendbar ist. Das bedeutet, dass eine formative Messung, die prinzipiell konkretere Hinweise auf einzelne Einflussfaktoren des Faktors gibt, nur eingeschränkt möglich ist. So ist beispielsweise davon auszugehen, dass die Beurteilung der Markenzufriedenheit je nach Branche durch eine Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren determiniert wird. Bei einem Auto setzt sich das Gesamturteil zur Markenzufriedenheit aus zum Teil anderen Einzelurteilen über verschiedene Leistungskategorien zusammen (z.B. Design, Komfort, Image), als dies bei Lebensmitteln der Fall ist (z.B. Geschmack, Verpackung, Sortiment). Somit wäre bei der Entscheidung für formative Messmodelle die Auswahl von produktmarktspezifischen Messindikatoren unvermeidlich, um keinen inhaltlichen Erklärungsbeitrag durch Ausschluss von Items zu verlieren. Die Entwicklung eines branchenübergreifenden Messinstruments bedarf daher der Erfassung der einzelnen Faktoren auf globaler, aggregierter Ebene durch reflektive Indikatoren, die das Gesamturteil in Bezug auf den entsprechenden Faktor widerspiegeln. Neben diesen forschungspragmatischen Überlegungen ist zum anderen davon auszugehen, dass die Beurteilung der Qualität einer Markenbeziehung kaum auf Basis einzelner konkreter Einzelmerkmale erfolgt, sondern vielmehr aus der transaktionsübergreifenden Gesamtbeurteilung der einzelnen Faktoren resultiert. So ist beispielsweise der Erklärungsgehalt der (Gesamt-)Markenzufriedenheit in Bezug auf die Markenbeziehungsqualität größer als der Erklärungsgehalt einzelner Merkmale (z.B. Preis, Image). Aufgrund dieser Überlegungen ist es das Ziel, die einzelnen Faktoren aggregiert durch reflektive Indikatoren zu operationalisieren. Dieser Zielsetzung entsprechend ist bei der Entwicklung der Messmodelle auf Faktorebene den Anforderungen an reflektive Messmodelle nachzukommen. Die von Jarvis et al. entwickelten, in Abschnitt 3.1.2 beschriebenen vier Kriterien zur Unterscheidung zwischen formativen und reflektiven Messmodellen können in diesem Zusammenhang als Anforderungskriterien an eine reflektive Operationalisierung herangezogen werden: (1) Die Kausalitätsrichtung hat von dem betreffenden Faktor zu den Items zu verlaufen, (2) die Indikatoren sind untereinander beliebig austauschbar, (3) Änderungen bei einem Indikator gehen automatisch mit Änderungen bei den anderen Indikatoren einher und (4) das nomologische Netz der Indikatoren ist identisch.
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
4.2
169
Vorgehen bei der Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Für die Operationalisierung von komplexen Konstrukten hat sich innerhalb der Marketingwissenschaft eine systematische Vorgehensweise bewährt, an der sich in dieser Arbeit angelehnt wird.4 Die Vorgehensweise zur Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität umfasst dabei die folgenden drei Schritte: 1. Identifikation potenzieller Messindikatoren für die Faktoren der Markenbeziehungsqualität In einem ersten Schritt ist eine geeignete Ausgangsmenge von Indikatoren zu generieren, die den theoretischen Bedeutungsinhalt der Faktoren durch empirische, beobachtbare Variablen potenziell abbildet (Abschnitt 4.3). Zur Generierung geeigneter Indikatoren für die sechs Faktoren der Markenbeziehungsqualität wird auf zwei unterschiedliche Quellen zurückgegriffen. Zum einen werden bereits existierende Studien dahingehend geprüft, inwiefern sie geeignete Indikatoren zur Operationalisierung der Faktoren enthalten (Sekundärforschung). Zum anderen werden im Rahmen der qualitativen Marktforschung Interviews mit Kunden und Experten (Studie 1) zur Ergänzung der Indikatorenliste durchgeführt. 2. Optimierung der Messmodelle auf Faktorebene Die generierte Ausgangsmenge an Indikatoren zur Messung der Faktoren wird in einem zweiten Schritt einem qualitativen und quantitativen Pretest unterzogen, um sie in Hinblick auf die in Kapitel 5 folgende Hauptuntersuchung zu optimieren (Abschnitt 4.4). Hierzu werden die Indikatorenlisten zunächst Experten zur qualitativen Evaluierung vorgelegt (Studie 2). Dieser Pretest mit Experten (sechs Marketingdoktoranden) hat die Aufgabe, die einzelnen Messinstrumente der Faktoren durch Reduktion der Indikatorvariablen zu verbessern, eine etwaige Anpassung der Formulierung vorzunehmen und alle Messinstrumente untereinander abzustimmen. Dem qualitativen Pretest schließt sich eine quantitative Vorstudie an (Studie 3), die die Grundlage für eine auf quantitativer Datenbasis beruhende Optimierung der Messmodelle bildet. 3. Überprüfung des Gesamtmodells der Markenbeziehungsqualität Die in Kapitel 5 folgende Hauptuntersuchung (Studie 4) in acht verschiedenen Konsumgütermärkten dient zum einen der Bestätigung bzw. Validierung der 4
Zu dieser Vorgehensweise vgl. insbesondere Churchill 1979; Homburg/Giering 1996; Hadwich 2003; Siems 2003; Frommeyer 2005; Steffen 2006.
170
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
vorgenommenen Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität.5 Hierbei wird sowohl die Faktor- als auch die Dimensionsebene der Markenbeziehungsqualität mittels geeigneter Verfahren und Gütekriterien auf Validität und Reliabilität überprüft. Ergebnis dieser letzten Phase ist das endgültige Messmodell der Markenbeziehungsqualität. Zum anderen werden die Daten der Hauptstudie zur Untersuchung der postulierten Wirkungsbeziehungen zwischen der Markenbeziehungsqualität und Markenbindung herangezogen. Schaubild 4-1 gibt einen Überblick über die empirische Datengrundlage der einzelnen Erhebungsschritte sowie deren Verwendungszwecke. Datenerhebung
Datenverwendung
April bis Oktober 2007
Studie 1
10 Kunden- und 5 Expertengespräche
(1) Sammlung der Messitems (2) Spezifikation der Art der Messmodelle
November 2007
Studie 2
6 Expertengespräche
(3) Qualitative Optimierung der Messmodelle
November 2007
Studie 3
Auswertung von 118 Fragebögen
(4) Quantitative Optimierung der Messmodelle
Studie 4
Auswertung von 2.009 Fragebögen
(5) Überprüfung der Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität in acht Konsumgütermärkten (6) Analyse der Wirkungen der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung in acht Konsumgütermärkten
Mai 2008
Schaubild 4-1: Datenerhebung und -verwendung im Rahmen der empirischen Untersuchung
4.3
Sammlung potenzieller Messindikatoren für die Faktoren der Markenbeziehungsqualität
4.3.1
Vorgehensweise
Zur Sammlung potenzieller Indikatoren zur Messung eines Konstrukts lassen sich verschiedene Quellen heranziehen.6 Zum einen besteht die Möglichkeit, auf bestehende Studien zurückzugreifen, um bereits verwendete Messindikatoren in Bezug auf deren Eignung für einen Einsatz im Rahmen der Untersuchung zu 5 6
Die Durchführung und Ergebnisse der Hauptstudie werden in Kapitel 5 beschrieben. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 11; Hadwich 2003, S. 110; Giere/Wirtz/Schilke 2006, S. 83.
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
171
prüfen (Sekundärforschung). Zum anderen ist der Einsatz von Ergebnissen von qualitativen Kunden- und Expertenbefragungen möglich (Primärforschung). Zur Identifikation geeigneter Indikatoren zur Messung der Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion wird auf Ergebnisse bestehender Forschungsarbeiten zurückgegriffen. Die Ermittlung von Messindikatoren für die Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion erfolgt hingegen auf Basis der Ergebnisse von mündlichen Befragungen (vgl. Schaubild 4-2). Als Basis dienen hierzu die qualitativen Interviews mit Kunden und Experten, die auch schon für die empirische Ableitung der Dimensions- und Faktorstruktur berücksichtigt wurden.7
Markenbeziehungsqualität
Qualität der Marke-KundeInteraktion
Markenzufriedenheit
Markenvertrauen
…
…
Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
Emotionale (Marken-)Nähe
…
Sammlung von Messindikatoren auf Basis von Sekundärforschung
Stärke der KundeKundeInteraktion
…
Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion
Stärke der SystemKundeInteraktion
…
…
Sammlung von Messindikatoren auf Basis von Primärforschung
Schaubild 4-2: Vorgehensweise zur Identifikation potenzieller Messindikatoren auf Faktorebene
Die Unterschiede in der Herangehensweise zur Ableitung der Messindikatoren ergeben sich aufgrund der Tatsache, dass der Stand der empirischen Marketingforschung für die Faktoren unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Wie in Abschnitt 2.2.3 aufgezeigt, berücksichtigen bestehende Konzeptualisierungsansätze der Markenbeziehungsqualität ausschließlich Faktoren, die die Qualität der Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner betreffen. Diese Qualitätstreiber werden im Verständnis dieser Arbeit durch die Faktoren Markenzufriedenheit, 7
Für eine Beschreibung der Designs der qualitativen Kunden- und Experteninterviews vgl. Abschnitt 3.2.
172
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe als formative Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion wiedergegeben. Die Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion haben hingegen bislang keine Beachtung im Rahmen von Studien zur Markenbeziehungsqualität gefunden. In der Folge bestehen in der Literatur keine Ansatzpunkte zur Formulierung von Indikatoren, die die Faktoren in der theoretisch spezifizierten Weise abbilden.
4.3.2
Sammlung von Indikatoren zur Messung der Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion
Basierend auf der inhaltlichen Bestimmung der Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion in Abschnitt 3.3.3.1 erfolgte eine Analyse der in der empirischen Marketingforschung zur Markenbeziehungsqualität ermittelten Merkmalskataloge zur Messung der Faktoren Markenzufriedenheit, Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe. Die Faktoren Markenzufriedenheit und Markenvertrauen finden Berücksichtigung in vielen empirischen Konzeptualisierungsansätzen zur Markenbeziehungsqualität (vgl. Abschnitt 2.2.3). Die Sekundärforschung ergab, dass keine Einigkeit über die Indikatoren zur Beschreibung dieser Faktoren besteht. Vielmehr existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Messskalen, die sich sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch in Bezug auf die Formulierungen der verwendeten Indikatoren unterscheiden. Schaubild 4-3 stellt eine Sammlung von manifesten Variablen dar, die zur Messung der beiden Faktoren in empirischen Studien herangezogen werden.8 Die aufgelisteten Messvariablen werden als Ausgangsmenge weiterer Betrachtungen innerhalb des in Abschnitt 4.4 folgenden Pretests angewandt.
8
Zur Sammlung der Indikatoren wurden sämtliche Operationalisierungsansätze, der in Abschnitt 2.2.3 diskutierten und in Schaubild 2-4 aufgeführten Autoren betrachtet, sofern die Merkmalskataloge für die Faktoren Markenzufriedenheit und Markenvertrauen in den Publikationen aufgelistet waren. Die Selektion erfolgte auf Basis der Häufigkeit, mit der die Indikatoren in unterschiedlichen Studien inhaltlich, wenn vielleicht auch mit leicht unterschiedlicher Formulierung, Beachtung fanden.
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität Faktor
Markenzufriedenheit
Markenvertrauen
Indikatorkürzel
173 Indikatorformulierung
ZF_1
Ich bin mit dieser Marke absolut zufrieden.
ZF_2
Die Marke hat sich besser entwickelt als ich erwartet habe.
ZF_3
Ich bin mit der Marke höchst zufrieden.
MV_1
Die Marke ist verlässlich.
MV_2
Die Marke ist glaubwürdig.
MV_3
Ich vertraue der Marke.
MV_4
Die Marke war immer gut zu mir.
MV_5
Die Marke sorgt für mich.
MV_6
Die Marke behandelt mich als einen wichtigen und wertvollen Partner.
MV_7
Die Marke war immer aufrichtig zu mir.
MV_8
Es würde mich überraschen, wenn die Marke mich enttäuscht.
Schaubild 4-3: Ausgangsmenge an Indikatoren zur Messung der Faktoren Markenzufriedenheit und Markenvertrauen
Der Faktor Emotionale (Marken-)Nähe wurde definiert als ein subjektiv erlebtes und kognitiv repräsentiertes Merkmal einer Marken-Konsumenten-Beziehung, das eine intensive kognitive, affektive und konative Annäherung zwischen Marke und Konsument beschreibt. Wenngleich Emotionale (Marken-)Nähe bislang noch in keinem Konzeptualisierungsansatz explizit als Faktor der Markenbeziehungsqualität aufgenommen wurde, findet dieses Beziehungsmerkmal implizit Berücksichtigung durch die Faktoren Intimität, Interdependenz, Liebe/Leidenschaft und Identitätsverknüpfung, die kognitive, affektive und konative Nähebestandteile repräsentieren. Schaubild 4-4 gibt einen Überblick über Indikatorvariablen, die zur Messung dieser vier Faktoren in anderen empirischen Studien angewendet werden.9 Diese Indikatorliste stellt die Ausgangsmenge an Indikatorvariablen zur Messung der Emotionalen (Marken-)Nähe dar. Mit Hilfe des qualitativen Pretests mit Experten in Abschnitt 4.4.2 gilt es diese Messbatterie dahin gehend zu prüfen, welche Indikatorvariablen am besten geeignet sind, die Emotionale (Marken-)Nähe in der theoretisch deduzierten Weise (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.4) abzubilden.
9
Die Sammlung der Indikatoren erfolgte in gleicher Weise wie bei den Faktoren Markenzufriedenheit und Markenvertrauen.
174
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität Faktor
Indikatorkürzel
Indikatorformulierung
INTI_1
Ich habe das Gefühl, dass ich die Marke schon seit langem kenne.
INTI_2
Ich habe das Gefühl, dass ich die Marke wirklich verstehe.
INTI_3
Ich habe großes Wissen hinsichtlich der Marke aufgebaut.
INTI_4
Ich traue mir zu, die Marke jemandem zu beschreiben, der sie nicht kennt.
INTI_5
Die Marke und ich sind enge Freunde.
INTI_6
Ich weiss viel über die Marke, was andere Menschen nicht wissen.
INTI_7
Ich bin der Meinung, dass sich die Marke um die Interessen und Wünsche ihrer Kunden kümmert.
INTI_8
Ich habe das Gefühl, dass mich die Marke versteht.
INT_1
Die Marke spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben.
INT_2
Mir würde etwas fehlen, wenn ich diese Marke eine Weile nicht nutzen würde.
INT_3
Mir würde etwas fehlen, wenn es diese Marke nicht mehr geben würde.
INT_4
Diese Marke bestimmt häufig mein Handeln.
Intimität
Interdependenz
Schaubild 4-4: Ausgangsmenge an Indikatoren zur Messung des Faktors Emotionale (Marken-)Nähe
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität Faktor
Indikatorkürzel
175 Indikatorformulierung
LIE_1
Die Marke ist unersetzlich für mich.
LIE_2
Keine andere Marke kann für mich den Stellenwert dieser Marke einnehmen.
LIE_3
Die Marke und ich sind wie füreinander geschaffen.
LIE_4
Ich mag diese Marke wirklich.
LIE_5
Ich liebe diese Marke.
LIE_6
Ich habe Verlustgefühle, wenn ich die Marke eine Weile nicht genutzt habe.
LIE_7
Es würde definitiv etwas in meinem Leben fehlen, wenn die Marke nicht mehr existieren würde.
LIE_8
Ich wäre sehr aufgebracht, wenn ich diese Marke suchen und nicht finden würde.
LIE_9
Von dieser Marke geht eine starke Anziehungskraft auf mich aus.
LIE_10
Ich verbinde zu dieser Marke Gefühle, wie zu keiner anderen Marke.
Liebe/Leidenschaft
Schaubild 4-4: Ausgangsmenge an Indikatoren zur Messung des Faktors Emotionale (Marken-)Nähe (Forts.)
176
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität Faktor
Verknüpfung der Marke mit der eigenen Identität
Indikatorkürzel
Indikatorformulierung
IDENT_1
Das Image dieser Marke und mein Bild von mir selbst sind in vielen Dingen sehr ähnlich.
IDENT_2
Die Marke sagt viel darüber aus, wer ich bin.
IDENT_3
Die Marke passt gut zu mir.
IDENT_4
Ich fühle mich mit dem Typ Menschen verbunden, der Kunde dieser Marke ist.
IDENT_5
Die Marke hilft mir das auszudrücken, was mir wichtig im Leben ist.
IDENT_6
Menschen, die mir ähnlich sind, tragen oder nutzen diese Marke.
IDENT_7
Ich zeige gern, dass ich mich für diese Marke entschieden habe.
IDENT_8
Die Marke erinnert mich daran, wer ich bin.
IDENT_9
Die Marke hat mit mir viel gemein.
Schaubild 4-4: Ausgangsmenge an Indikatoren zur Messung des Faktors Emotionale (Marken-)Nähe (Forts.)
4.3.3
Sammlung von Indikatoren zur Messung der Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
Die Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion, die Stärke der Mitarbeiter-KundeInteraktion und die Stärke der System-Kunde-Interaktion stellen Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion dar und beschreiben die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Interaktionsplattformen im Markenumfeld zum Austausch mit Markenbeziehungsstellvertretern (vgl. Abschnitt 3.3.3.2). Zur Sammlung von Indikatoren für die einzelnen Faktoren wurden mündliche Kunden- und Expertenbefragungen durchgeführt.
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
177
Infolge der Erkenntnisse der qualitativen Interviews wurde für jeden Faktor ein Set von drei manifesten Variablen generiert, das die Faktoren im Einklang mit der vorgenommenen Konzeptualisierung abbildet (vgl.Schaubild 4-5). Der erste Indikator erfasst jeweils das Wissen des Konsumenten um die Existenz von interaktiven Kommunikationsangeboten, die einen wechselseitigen Austausch zwischen dem Konsument und dem jeweiligen Markenbeziehungsstellvertreter ermöglichen (kognitiver Aspekt). Der zweite Indikator beschreibt die Wertschätzung, die der Konsument dem jeweiligen Interaktionsangebot einer Marke an sich entgegenbringt (affektiver Aspekt). Der dritte Indikator gibt schließlich darüber Auskunft, inwieweit der Konsument die ihm gebotenen Interaktionsmöglichkeiten nutzt bzw. nutzen würde (konativer Aspekt). Faktor
Stärke der Kunde-KundeInteraktion
Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion
Stärke der System-KundeInteraktion
Indikatorkürzel
Indikatorformulierung
KU_1
Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit anderen Kunden/Nutzern dieser Marke aufzunehmen.
KU_2
Erlebnisse oder Erfahrungen mit anderen Kunden/Nutzern dieser Marke zu teilen, finde ich interessant.
KU_3
Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit anderen Kunden/Nutzern über diese Marke auszutauschen.
MA_1
Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit Mitarbeitern bzw. sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke aufzunehmen.
MA_2
Ich finde es wichtig, mit Mitarbeitern bzw. sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke in Kontakt treten zu können.
MA_3
Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit Mitarbeitern bzw. sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke auszutauschen.
SY_1
Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet aufzunehmen.
SY_2
Ich finde es wichtig, mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet in Kontakt treten zu können.
SY_3
Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet auszutauschen.
Schaubild 4-5: Ausgangsmenge an Indikatoren zur Beschreibung der Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
178
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
4.4
Pretest
4.4.1
Vorgehensweise
Ziel des Pretests ist es, die zuvor erschlossene Menge an Indikatorvariablen der einzelnen Faktoren für die Hauptuntersuchung in Hinblick auf die Länge und Verständlichkeit des dort verwendeten Fragebogens zu optimieren. Eine Optimierung der Messmodelle erfolgt in diesem Zusammenhang durch Reduktion von Indikatoren, die überflüssig sind, nicht eindeutig einem Faktor zugeordnet werden können oder keinen wesentlichen Erklärungsbeitrag leisten. Ansatzpunkt und Betrachtungsebene für Optimierungsmaßnahmen ist hierbei die reflektiv operationalisierte Faktorebene des Gesamtkonstrukts.10 Eine Optimierung auf Dimensionsebene im Sinne einer Eliminierung von Faktoren ist hingegen nicht zulässig, da die Faktoren formativ spezifiziert wurden, weil sie die jeweils übergeordnete Dimension kausal verursachen. Die Faktoren sind folglich nicht untereinander austausch- oder ersetzbar, da jeder Faktor ein definierendes Element der beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität bildet. Der Ausschluss eines Faktors würde dementsprechend den konzeptionellen Geltungsbereich der jeweiligen Dimension verändern, da bei formativen Korrespondenzbeziehungen zwischen Dimension und Faktoren die Dimension nur als Gesamtheit ihrer Faktoren existiert (vgl. Abschnitt 3.1.2). Die Analysen des Pretests fokussieren sich deshalb auf die insgesamt sechs reflektiv operationalisierten Faktoren. Die Gütebeurteilung des fomativen Teils des Gesamtmodells ist Teil der Hauptuntersuchung in Kapitel 5. Der Pretest gliedert sich in zwei Teile; eine Expertenbefragung und eine quantitativen Vorstudie. In einem ersten Schritt wurden die Indikatorlisten Experten (sechs Marketingdoktoranden) zur Prüfung der Inhaltsvalidität und Verständlichkeit vorgelegt.11 Jeder der Experten wurde gebeten, das Messinstrument des jeweiligen Faktors hinsichtlich seiner Eignung zur Abbildung des Faktors zu bewerten. Die Messinstrumente wurden darüber hinaus auf Vollständigkeit, Komplexität und Eindeutigkeit geprüft. Hierzu erhielten die Experten eine Definition von jedem der sechs Faktoren mit der Bitte, die Items dahingehend zu bewerten, ob das Item repräsentativ, einigermaßen repräsentativ oder nicht repräsentativ für den Faktor 10 11
Vgl. hierzu auch Riemenschneider (2006, S. 230), der eine analoge Betrachtungsebene für die Pretests in seiner Studie wählt. Zu dieser Vorgehensweise vgl. Homburg/Giering 1996, S. 11f.
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
179
ist. Die Mindestanforderung zur Beibehaltung eines Items für die weitere Untersuchung war die Einstufung eines Items durch mindestens drei Personen als repräsentativ bzw. durch mindestens vier Personen als einigermaßen repräsentativ.12 Aus den durch den Expertentest als relevant herausgefilterten Indikatorvariablen wurde ein Fragebogen für eine quantitative Vorstudie zusammengestellt. Der Fragebogen wurde im Rahmen von zwei Vorlesungen im Marketingfachbereich im November 2007 an der Universität Basel an circa 130 Master- und Bachelorstudierende verteilt, von denen sich 123 an der schriftlichen Umfrage beteiligten.13 Fünf der Fragebögen wurden aufgrund zu vieler fehlender Werte verworfen, sodass die Stichprobengröße für die quantitative Vorstudie insgesamt bei 118 lag. Die Studierenden wurden zur Beantwortung der Fragen gebeten, zu ihrer Lieblings-Tafelschokoladen- oder Lieblings-Sportschuhmarke Stellung zu beziehen, indem sie für jede Aussage angaben, inwiefern diese für ihre Marke zutrifft.14 Es wurde für alle Aussagen eine sieben-stufige Rating-Skala verwendet, mit 1= „Stimme überhaupt nicht zu“ bis 7 = „Stimme voll und ganz zu“. Mit Hilfe der durch die quantitative Vorstudie gewonnenen Daten werden die Messmodelle auf Faktorebene einer ersten empirischen Überprüfung unterzogen. Zur Analyse der einzelnen reflektiven Messmodelle kommt die einfaktorielle exploratorische Faktorenanalyse zur Anwendung.15 Diese dient der Überprüfung, ob die einem Faktor zugewiesenen Indikatoren auch tatsächlich nur auf ei-
12 13
14 15
Eine ähnliche Methodik wird auch von Algesheimer (2004, S. 291ff.) und von Loewenfeld (2006, S. 186f.) im Rahmen ihrer Untersuchungen angewendet. Es handelt sich bei dem Studentensample um ein Convenience Sample, zu dem der Forschende relativ leichten Zugang durch seine Tätigkeit an der Universität Basel hat (vgl. Böhler 2004, S. 135; Tscheulin/Helmig 2004, S. 212). Studentensamples werden häufig für explorative Forschungszwecke als Stichprobe gewählt (vgl. z.B. Riemenschneider 2006, S. 239), wobei darauf zu achten ist, dass sie eine relevante Grundgesamtheit für die Fragestellung darstellen. Da Studierende Käufer von Marken sind, ist dies hier gegeben. Als Incentives wurden unter den Teilnehmenden der Befragung 2x2 Kinogutscheine verlost. Da die exploratorische Faktorenanalyse (EFA) in der empirischen Sozialforschung und insbesondere in der Marketingforschung weit verbreitet ist, wird auf eine allgemeine Darstellung der EFA an dieser Stelle verzichtet. Eine ausführliche Darstellung findet sich unter anderem bei Homburg/Giering 1996; Hüttner/Schwarting 2008.
180
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
nen Faktor laden.16 Nur falls sich bei dieser Analyse jeweils eine Ein-FaktorStruktur ergibt, ist das Kriterium der Konvergenzvalidität erfüllt, das eine zentrale Anforderung an reflektive Messmodelle darstellt.17 Die Konvergenzvalidität zeigt, inwiefern ein ausreichend großer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Indikatoren, die ein Konstrukt messen, besteht.18 Dies bedeutet, dass die verschiedenen Messindikatoren homogen sind und stark miteinander korrelieren.19 Beurteilen lässt sich dies anhand der ermittelten Eigenwerte der Korrelationsmatrix der manifesten Variablen.20 Dabei werden nach dem Kaiser-Kriterium alle Faktoren extrahiert, deren Eigenwert größer als eins ist.21 Konvergenzvalidität liegt vor, wenn nach dem Kaiser-Kriterium lediglich ein Faktor aus den Indikatoren gebildet wird. Zusätzlich wird gefordert, dass die jeweiligen Faktoren einen Varianzerklärungsanteil von mindestens 50 Prozent aufweisen.22 Außerdem sind Indikatoren mit Faktorladungen kleiner 0,4 aus dem Messinstrument zu entfernen.23 Als Faktorextraktionsverfahren kommt in diesem Zusammenhang die Hauptachsenanalyse zur Anwendung, da die Indikatoren in einem reflektiven Zusammenhang mit den Faktoren stehen und somit die Indikatoren zur Messung des Faktors, inklusive Messfehlern, betrachtet werden.24 Ferner wird zwecks verbesserter Interpretierbarkeit eine Rotation der Faktormatrix vorgenommen.25 Da davon auszugehen ist, dass im Falle einer Extraktion von mehr als einem Faktor je konzeptualisiertem Faktor diese nicht voneinander unabhängig sind und mitei-
16
17 18 19 20 21 22 23 24 25
Insofern hat die exploratorische Faktorenanalyse hier trotz ihres Einsatzes konfirmatorischen Charakter. Es werden zwar nicht die Anzahl der Faktoren oder die Bündelung bestimmter Items zu einem Faktor erzwungen. Durch die reflektive Messung sind die hinter den Items vermuteten Faktoren allerdings schon bekannt und im Rahmen der Analyse lediglich zu verifizieren. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 12; Siems 2003, S. 134. Vgl. Bagozzi/Phillips 1982, S. 468. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 7. Der Eigenwert ist ein Maß für den Beitrag, den ein Faktor zur Erklärung der Varianz bei den Beobachtungswerten liefert (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 295). Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 295. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 12. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 12. Bei der Faktorextraktionsmethode wird zwischen der Hauptachsen- und Hauptkomponentenanalyse unterschieden (vgl. Backhaus et al. 2006, S. 291f.). Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 254f.; Backhaus et al. 2006, S. 299ff.
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
181
nander korrelieren, kommt nicht die weit verbreitete rechtwinklige VarimaxRotation, sondern die schiefwinklige Oblimin-Rotation zum Einsatz.26 Neben der Konvergenzvalidität stellt die Reliabilität ein zentrales Gütekriterium für reflektive Messmodelle dar. Die Reliabilität bezieht sich auf die Zuverlässigkeit und Stabilität einer Messung durch ein entsprechendes Messmodell und wird verstanden als der Grad der formalen Messgenauigkeit eines Messinstruments.27 Das Kriterium der Reliabilität ist dann erfüllt, wenn bei wiederholter Messung unter konstanten Messbedingungen die Ergebnisse der Messung präzise und stabil, d.h. reproduzierbar, sind.28 Zur Überprüfung der Reliabilität der Messmodelle wird das Cronbachs Alpha herangezogen. Es stellt ein Maß für die Reliabilität eines Indikatorblocks dar und misst die Zuverlässigkeit des Messmodells über die interne Konsistenz der Indikatoren.29 Der Wertebereich des Alphas erstreckt sich dabei von null bis eins, wobei hohe Werte auf eine hohe Reliabilität hindeuten.30 Der Wert von Alpha hängt im Wesentlichen von der Stärke der Assoziationen zwischen den Indikatoren ab.31 In der Marketingforschung wird in der Regel ein Mindestwert von 0,7 gefordert.32 Bei unzureichender Reliabilität wird versucht, eine sukzessive Reliabilitätsverbesserung durch Eliminierung eines Indikators mit der geringsten Item-to-Total-Korrelation, die gleichzeitig mit der Verbesserung des Alpha-Werts einhergeht, herbeizuführen.33 26
27 28
29 30 31 32
33
Für die Oblimin-Rotation im Anwendungskontext vgl. Homburg 1998, S. 86; von Loewenfeld 2006, S. 178. Zur allgemeinen Erläuterung dieses Rotationsverfahrens vgl. Backhaus et al. 2006, S. 300; Hüttner/Schwarting 2008, S. 254f. Vgl. Tscheulin/Helmig 2004, S. 447; Backhaus et al. 2006, S. 377; Söhnchen 2007, S. 135; Herrmann/Homburg/Klarmann 2008, S. 11. Vgl. Berekhoven/Eckert/Ellenrieder 2004, S. 89. Unterschiede zwischen Messergebnissen zu verschiedenen Zeitpunkten können unterschiedliche Ursachen haben. In der Literatur wird zwischen fehlender Bedingungskonstanz (Schwankung der Umwelteinflüsse), fehlender Merkmalskonstanz (z.B. wiederholte Befragung eines Probanden ergibt unterschiedliche Werte) und fehlender instrumentaler Konstanz (mangelnde Präzision des Messinstruments) unterschieden (vgl. Berekhoven/Eckert/ Ellenrieder 2004, S. 89; Herrmann/Homburg/Klarmann 2008, S. 11). Vgl. Churchill 1979, S. 68f.; Peter 1979, S. 8f.; Gerbing/Anderson 1988, S. 190; Homburg/Giering 1996, S. 8; Schnell/Hill/Esser 1999, S. 146f. Vgl. Schnell/Hill/Esser 1999, S. 147. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 22. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 8; Hadwich 2003, S. 121; Riemenschneider 2006, S. 236; Steffen 2006, S. 153; von Loewenfeld 2006, S. 182. Der Alpha-Wert von 0,7 geht auf eine Empfehlung von Nunnally (1978, S. 245) zurück. Vgl. Churchill 1979, S. 68f.; Homburg 1998, S. 86; Mann 2004, S. 232. Die Itemto-Total-Korrelation misst die Korrelation zwischen einem Indikator und der Summe aller dem Faktor zugeordneten Indikatoren (vgl. Homburg/Giering 1996, S. 8).
182
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Im nächsten Abschnitt werden zunächst die Ergebnisse des qualitativen Pretests präsentiert, bevor im darauf folgenden Abschnitt eine Diskussion der Ergebnisse der quantitativen Datenauswertung erfolgt.
4.4.2
Ergebnisse des qualitativen Pretests
Ergebnis der Expertenbefragung ist eine starke Reduktion der Indikatormenge zur Beschreibung der Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-KundeInteraktion. Der Grund hierfür ist zum einen eine zu geringe Repräsentativität einzelner Messitems. Zum anderen werden einige Indikatoren teilweise als zu entfernt und abstrakt im Markenzusammenhang gesehen. Zusätzlich legen die Experten darauf Wert, pro Faktor maximal vier Items zuzulassen. Diese Forderung ergibt sich aus forschungspragmatischen Gründen, da das Untersuchungsdesign in der Hauptstudie vorsieht, dass ein Proband zu jeweils zwei Marken aus zwei unterschiedlichen Branchen Stellung bezieht.34 Die Ergebnisse der Expertenbefragung für die Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion zeigen sich im Einzelnen wie folgt. In Bezug auf die generierte Ausgangsmenge an Indikatorvariablen zur Messung des Faktors Markenzufriedenheit ergab die Expertenbefragung, dass die Repräsentativität der Messvariable ZF_2 („Die Marke hat sich besser entwickelt als ich erwartet habe.“) zu gering ist und die zwei verbleibenden Indikatoren ZF_1 („Ich bin mit dieser Marke absolut zufrieden.“) und ZF_3 („Ich bin mit dieser Marke höchst zufrieden.“) inhaltlich zu wenig diskriminant sind. Aus diesem Grund wird zur Messung der Markenzufriedenheit auf eine Skala mit drei Indikatoren zurückgegriffen, die sich in anderen Untersuchungen bereits als valide und reliable Messskala bewährt hat und die Markenzufriedenheit in der theoretisch deduzierten Weise aus Abschnitt 3.3.3.1.2 abbildet (vgl. Schaubild 4-6).35 Die Markenzufriedenheit wird dementsprechend über die Indikatoren Gesamtzufriedenheit (ZF_1), Erfüllungsgrad der Erwartungen (ZF_2) und Grad der Kongruenz mit einem Ideal (ZF_3) gemessen.
34 35
Eine ausführliche Erläuterung und Begründung des Untersuchungsdesigns der Hauptstudie erfolgt in Abschnitt 5.1. Vgl. z.B. Fornell 1992; Bruhn 1998a, S. 18f.; Bruhn/Grund 2000; Hadwich 2003, S. 117; Siems 2003, S. 204; Frommeyer 2005, S. 110.
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Faktor
Markenzufriedenheit
Indikatorkürzel
183
Indikatorformulierung
ZF_1
Ich bin mit dieser Marke zufrieden.
ZF_2
Meine Erwartungen, die ich an diese Marke habe, wurden bisher erfüllt.
ZF_3
Diese Marke kommt einer idealen Marke sehr nahe.
Schaubild 4-6: Indikatoren für den Faktor Markenzufriedenheit nach Expertenbefragung
Das Messmodell ist reflektiver Natur, da die Indikatoren zum Ausdruck bringen, wie sich die Markenzufriedenheit äußert und nicht wie sie durch unterschiedliche Aspekte hervorgerufen wird. Die Kausalitätsrichtung verläuft somit vom Faktor zu den Indikatoren. Damit einher geht auch, dass die Indikatoren untereinander austauschbar sind. Sie umfassen denselben inhaltlichen Bereich und die Eliminierung eines Indikators hat keine Auswirkungen auf den konzeptionellen Geltungsbereichs der Markenzufriedenheit. Daher ist auch eine hohe Korrelation zwischen den Indikatoren zu erwarten. Im Bezug zum Faktor Markenvertrauen erfolgt als Resultat der Expertenbefragung eine Reduktion der Messskala auf die vier Indikatoren MV_1, MV_2, MV_3 und MV_8 (vgl. Schaubild 4-7). Die übrigen Indikatoren werden aufgrund zu geringer Repräsentativität und schlechter Verständlichkeit aus der Messskala entfernt. MV_1 und MV_8 beschreiben den kognitiven Aspekt von Markenvertrauen und drücken den Glauben aus, dass die Marke auch weiterhin ihre Leistung zur Zufriedenheit des Kunden erbringen wird. MV_2 erfasst das affektive Markenvertrauen und beschreibt das Sicherheitsgefühl, dass die Marke am Wohlergehen und Interesse des Kunden interessiert ist. MV_3 gibt schließlich das Gesamtvertrauen in eine Marke wieder. Faktor
Markenvertrauen
Indikatorkürzel
Indikatorformulierung
MV_1
Die Marke ist verlässlich.
MV_2
Die Marke ist glaubwürdig.
MV_3
Ich vertraue dieser Marke.
MV_8
Es würde mich überraschen, wenn diese Marke mich enttäuscht.
Schaubild 4-7: Indikatoren für den Faktor Markenvertrauen nach Expertenbefragung
184
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Die Indikatoren stellen reflektive Messungen des Markenvertrauens dar, da sie Manifestationen des Konstrukts repräsentieren und die Kausalitätsrichtung von dem Konstrukt zu den Items verläuft. Ein erhöhtes Markenvertrauen evoziert eine Veränderung aller vier Indikatoren. Daher sind die Indikatoren auch untereinander austauschbar, da jeder der Indikatoren das Konstrukt gleichsam valide abbildet. Hieraus resultiert auch die Annahme, dass die Indikatoren stark miteinander korrelieren. Zur Messung des Faktors Emotionale (Marken-)Nähe werden auf Basis des qualitativen Pretests die Indikatoren INTI_2, LIE_3, IDENT_2 und INT_1 für die weitere Untersuchung ausgewählt (vgl. Schaubild 4-8). Faktor
Emotionale (Marken-)Nähe
Indikatorkürzel
Indikatorformulierung
INTI_2
Ich habe das Gefühl, dass ich diese Marke wirklich verstehe.
LIE_3
Diese Marke und ich sind wie füreinander geschaffen.
IDENT_2
Diese Marke sagt viel darüber aus, wer ich bin.
INT_1
Diese Marke spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben.
Schaubild 4-8: Indikatoren für den Faktor Emotionale (Marken-)Nähe nach Expertenbefragung
Die Fokussierung auf diese vier Messvariablen erfolgt aus forschungspragmatischen und inhaltlichen Gründen. Aus forschungspragmatischer Sicht gilt es, den Umfang des Messinstruments für den Faktor Emotionale (Marken-)Nähe – analog zu den Messmodellen für die übrigen Faktoren – adäquat für das empirische Design der Hauptstudie zu halten. Aber auch inhaltliche Überlegungen führen zur Nicht-Berücksichtigung der Mehrheit der gesammelten Variablen. So beschreibt der Indikator INTI_2 aus Sicht der Experten („Ich habe das Gefühl, dass ich die Marke wirklich verstehe.“) am ehesten den kognitiven Aspekt von Emotionaler (Marken-)Nähe, da er explizit auf den Aspekt des Vordringens in tiefer gelegene Schichten der Markenpersönlichkeit im Sinne des Wissens um das Innerste der Marke abstellt. Die übrigen Indikatoren zur Beschreibung der Intimität zu einer Marke geben hierüber nicht unbedingt Auskunft. Die alleinige Nutzung einer Marke über einen längeren Zeitraum (INTI_1) oder das globale Wissensspektrum über die Marke (INTI_3, INTI_4 und INTI_6) sowie das Gefühl, das die Marke im Interesse und Verständnis seiner Kunden handelt (INTI_7
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
185
und INTI_8) sagen noch nichts über das Vorliegen einer intimen Beziehung zur Marke aus. Der Indikator LIE_3 („Die Marke und ich sind wie füreinander geschaffen.“) beschreibt hingegen am ehesten und verständlichsten eine liebesähnliche Verbindung zu einer Marke. Die Indikatoren LIE_1, LIE_2, LIE_6, LIE_7 und LIE_8, die in unterschiedlicher Weise das Bedauern einer Person im Falle der Nichtexistenz einer Marke erfassen, adressieren die Einzigartigkeit der Markenassoziationen, die das Markenimage bilden. Die Einzigartigkeit bzw. NichtSubstituierbarkeit einer Marke ist jedoch nicht unbedingt gleichzusetzen mit einer liebesähnlichen Verbindung zu einer Marke. Während die Indikatoren LIE_4 und LIE_9 eine zu milde Form der Markenliebe darstellen, werden die manifesten Variablen LIE_5 und LIE_10 zwar als repräsentativ für den Faktor Liebe/Leidenschaft gesehen, jedoch als zu entfernt und abstrakt im Markenzusammenhang erachtet. Zur Beschreibung der affektiven Nähe stellt aus Sicht der Experten neben dem Indikator LIE_3 auch das Messitem IDENT_2 („Diese Marke sagt viel darüber aus, wer ich bin.“) einen repräsentativen Indikator dar. Wie erläutert, tragen intime (Marken-)Beziehungen zur Persönlichkeitsentwicklung bzw. -festigung bei, indem die eigene Persönlichkeit selektiv um die der (Marken-)Persönlichkeit des Partners erweitert bzw. durch Mechanismen des Selbstwerts und der Selbstachtung verstärkt wird (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.4). Dieser Aspekt von intimen Beziehungen wird gut durch das Item IDENT_2 wiedergeben. Zwar beschreiben auch die übrigen der in Schaubild 4-4 (vgl. Abschnitt 4.2.2) aufgeführten und in anderen Studien verwendeten Messitems die Identitätsverknüpfung mit einer Marke, jedoch bildet der Indikator IDENT_2 am ehesten sowohl die extrinsische als auch intrinsische Motivation eines Konsumenten ab, eine nahe Markenbeziehung einzugehen. So kann das Streben nach Selbstexpansion extrinsisch durch die soziale Signalfunktion einer Marke motiviert sein. Die Markenbeziehung ist dann Mittel zum Zweck.36 Es besteht jedoch auch die Möglichkeit einer intrinsisch motivierten Integration der Marke in das Selbst des Konsumenten. Beide (Teil-) Aspekte werden durch das Messitem IDENT_2 global erfasst. Der konative Aspekt von Emotionaler (Marken-)Nähe wird schließlich durch die Indikatorvariable INT_1 („Diese Marke spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben.“) am repräsentativsten wiedergegeben. Die Indikatorvariable wird als Maß der (gegenseitigen) Abhängigkeit verstanden, die sich in nahen Beziehungen mit zunehmender Durchdringung der Beziehungspartner einstellt. Die beiden
36
Für eine ausführliche Diskussion von extrinsisch und intrinsisch motivierter Integration der Marke in das Selbst des Konsumenten vgl. Jodl 2005, S. 58ff.
186
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
übrigen Interdependenzvariablen INT_2 und INT_3 stellen die Nicht-Substituierbarkeit der Marke in den Vordergrund, die eher eine liebesähnliche Verbindung zur Marke zum Ausdruck bringt. Dieser Aspekt der Emotionalen (Marken-)Nähe wird jedoch bereits mit dem Indikator LIE_3 („Die Marke und ich sind wie füreinander geschaffen.“) erfasst. Die Messvariable INT_4 wird hingegen als zu schwer verständlich erachtet. Die vier Indikatoren sind als reflektive Ausprägungen der Emotionalen (Marken-)Nähe zu verstehen. Eine hohe Emotionale (Marken-)Nähe geht einher mit dem Wissen um das Innerste des Beziehungspartners (Intimität), dem Gefühl der Zusammengehörigkeit (Liebe), der Übereinstimmung von Markenpersönlichkeit mit dem Selbstkonzept (Verbindung zum Selbstkonzept) sowie einer zunehmenden Abhängigkeit (Interdependenz). Die Indikatoren beschreiben alle den gleichen inhaltlichen Bereich – nämlich eine intensive emotionale Annäherung zwischen Marke und Konsument, die über die reine Zufriedenheit mit der Marke und das Sicherheitsgefühl, das durch eine Marke evoziert wird, hinausgeht. Der Ausschluss eines Indikators verändert somit nicht den inhaltlichen Geltungsbereich der Emotionalen (Marken-) Nähe. Im Gegensatz zu den Messmodellen für die Faktoren Markenzufriedenheit, Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe kam es auf Basis der Expertenbefragungen bei den Messmodellen für die Faktoren der Stellvertreter-Kunde-Interaktionsdimension zu keinen Änderungen. Die Operationalisierung der Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion, der Stärke Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und der Stärke System-Kunde-Interaktion erfolgt daher unverändert über die in Schaubild 4-5 (vgl. Abschnitt 4.2.3) dargestellten drei Messitems pro Faktor. Es handelt sich auch hier um reflektive Messmodelle, d.h., die jeweiligen Indikatoren stellen Manifestationen des übergeordneten Faktors dar. Erhöht sich beispielsweise die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion, so führt dies dazu, dass der Konsument ausreichend Möglichkeiten zur Interaktion mit Mitarbeitern wahrnimmt, diese für ihn wichtig sind und von ihm auch genutzt werden. Selbst wenn sich die Indikatoren auf den ersten Blick inhaltlich leicht unterscheiden und somit auf ein formatives Messmodell geschlossen werden könnte, so zeigt sich jedoch bei genauerer Betrachtung, dass ein reflektives Messmodell zu unterstellen ist: Die aktive Nutzung von Interaktionsangeboten setzt voraus, dass der Konsument diese zum einen überhaupt wahrnimmt, zum anderen dass die Interaktionsmöglichkeiten für ihn auch wichtig sind. Insofern würde die Eliminierung einer dieser drei Indikatoren den inhaltlichen Geltungsbereich des Faktors nicht ändern. Daher wird auch davon ausgegangen, dass die Indikatoren miteinander korrelieren. Im Anschluss an die Expertenbefragung folgte der quantitative Pretest, dessen Ergebnisse im nächsten Abschnitt dargelegt werden.
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
4.4.3
187
Ergebnisse des quantitativen Pretests
Die Analyseergebnisse des quantitativen Pretests werden im Folgenden separat für jeden Faktor beschrieben. Die exploratorische Faktorenanalyse führte beim Faktor Markenzufriedenheit zur Extraktion von nur einem Faktor mit einem Eigenwert von 2,05. Die Faktorladungen der drei manifesten Variablen überschreiten alle den Grenzwert von 0,4. Die erklärte Gesamtvarianz ist mit über 68 Prozent ausreichend. Die Reliabilitätsanalyse ergab ein Cronbachs Alpha von 0,76. Das Messmodell für den Faktor Markenzufriedenheit geht somit unverändert in die Hauptuntersuchung ein. Beim Faktor Markenvertrauen zeigte die exploratorische Faktorenanalyse, dass sich die vier manifesten Messvariablen in einem Faktor mit einem Eigenwert von 3,08 wiederfinden. Sowohl die einzelnen Faktorladungen als auch die erklärte Gesamtvarianz (77,1 Prozent) sind zufrieden stellend. Die Reliabilität des Messmodells lässt sich jedoch durch Eliminierung des Indikators MV_9 von 0,86 auf 0,91 verbessern, sodass in die Hauptstudie nur die drei Indikatoren MV_1, MV_2 und MV_3 zur Messung des Markenvertrauens eingehen. Die Analyse des Messmodells für den Faktor Emotionale (Marken-)Nähe bestätigte die unterstellte Ein-Faktor-Struktur (1. Eigenwert 2,37; 2. Eigenwert 0,71). Alle Faktorladungen überschreiten den Grenzwert von 0,7. Die Reliabilitätsanalyse ergab eine ausreichende Zuverlässigkeit des Messmodells. Zwar ließe sich durch Entfernen des Indikators INTI_2 aus dem Messmodell eine Reliabilitätsverbesserung realisieren, der Cronbachs-Alpha-Wert würde sich jedoch nur geringfügig von anfänglich 0,76 auf 0,77 steigern. Daher wird von der Eliminierung des Indikators abgesehen, sodass das Messmodell für den Faktor Emotionale (Marken-)Nähe unverändert in die Hauptstudie eingeht. Damit ist der quantiative Pretest für die Faktoren der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion abgeschlossen. Im Bezug zu den konzeptualisierten Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion hat der Pretest folgendes Ergebnis geliefert. Die exploratorische Faktorenanalyse der Indikatoren des Faktors Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion führte nach dem Kaiser-Kriterium mit einem ersten Eigenwert von 2,17 und einem zweiten von 0,54 zur Extraktion von nur einem Faktor. Die Faktorladungen der drei Items erfüllen alle den Mindestwert, genauso wie die erklärte Gesamtvarianz (72,5 Prozent). Das Messmodell weist mit einem Cronbachs-Alpha-Wert von 0,81 eine zufrieden stellende Reliabilität auf. Ähnlich gute Ergebnisse konnten für den Faktor Stärke der MitarbeiterKunde-Interaktion erzielt werden. Auch hier wurde die unterstellte Ein-Faktor-
188
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Struktur durch die exploratorische Faktorenanalyse bestätigt (1. Eigenwert 1,91; 2. Eigenwert 0,67). Sämtliche Faktorladungen sind auch hier über dem geforderten Mindestwert. Der Cronbachs-Alpha-Wert von 0,70 liegt hingegen nur knapp über der geforderten Mindestgrenze. In Bezug auf den Faktor Stärke der System-Kunde-Interaktion ergab die Analyse, dass alle drei Items auf einen Faktor laden (Eigenwert 1,53) und dass die Faktorladungen ausreichend sind. Die Analyse der Reliabilität des Indikatorblocks weist jedoch auf eine geringe Konsistenz der Indikatoren hin. Das Cronbachs Alpha ist mit einem Wert von 0,51 unter der in der gängigen Marketingliteratur geforderten Mindestgrenze von 0,7. In der Literatur finden sich jedoch auch Empfehlungen für geringere Mindestmaße, da die geforderte Mindesthöhe unter anderem auch vom Untersuchungsziel, der Neuartigkeit des Untersuchungsobjekts und der Anzahl der Indikatoren abhängt. Die Spanne reicht von 0,5 als Mindestwert bei sehr innovativen Untersuchungen bis 0,9 bei bekannten Konstrukten im Rahmen der Anwendungsforschung.37 Im Falle einer Operationalisierung über nur zwei bis drei Indikatoren wird auch schon ein Wert von 0,4 als akzeptabel erachtet.38 Da es sich bei den Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion um vollkommen neuartige Messmodelle handelt, die über nur drei Indikatoren gemessen werden, wird ein Cronbachs-AlphaWert von 0,51 als zufrieden stellend für die vorliegende Untersuchung erachtet. Im Ergebnis führte die Gütebeurteilung der Messmodelle auf Faktorebene zur Anpassung der Messbatterie beim Faktor Markenvertrauen. Die Überprüfung der Konvergenzvalidität und Reliabilität hat bei allen übrigen Messmodellen zu keiner Veränderung geführt. Die Messung der Faktoren erfolgt in der Hauptuntersuchung für den Faktor Emotionale (Marken-)Nähe mit vier, für alle übrigen Faktoren mit drei Indikatorvariablen. Schaubild 4-9 stellt die Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität, die es im Rahmen der Hauptstudie über alle Ebenen hinweg zu prüfen gilt, zusammenfassend dar.
37 38
Vgl. hierzu die Ergebnisse von Peterson 1994. Vgl. Peter 1997, S. 180. Das Cronbachs Alpha ist in der Regel umso höher, je höher die Anzahl der einbezogenen Indikatoren ist (vgl. Schnell/Hill/Esser 1999, S. 147).
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Dimensionsebene (formativ)
Faktorebene (reflektiv)
Stärke der SystemKundeInteraktion
Konstruktebene (formativ)
189
Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet auf zunehmen. Ich f inde es wichtig, mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet in Kontakt treten zu können.
Markenbeziehungsqualität
Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion Stärke der KundeKundeInteraktion
Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet auszutauschen. Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit Mitarbeitern oder sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke aufzunehmen. Ich f inde es wichtig, mit Mitarbeitern oder sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke in Kontakt treten zu können. Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit Mitarbeitern oder sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke auszutauschen. Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit anderen Kunden/Nutzern dieser Marke auf zunehmen. Erlebnisse oder Erf ahrungen mit anderen Kunden/Nutzern dieser Marke zu teilen, f inde ich interessant. Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit anderen Kunden/Nutzern über diese Marke auszutauschen.
Emotionale (Marken-) Nähe
Ich habe das Gef ühl, dass ich diese Marke wirklich verstehe.
Diese Marke sagt viel darüber aus, wer ich bin.
Diese Marke und ich sind wie f üreinander geschaf f en.
Diese Marke spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben.
Markenvertrauen
Qualität der Marke-KundeInteraktion
Ich vertraue dieser Marke.
Diese Marke ist glaubwürdig.
Diese Marke ist verlässlich.
Markenzuf riedenheit
Diese Marke kommt einer idealen Marke sehr nahe. Meine Erwartungen, die ich an diese Marke habe, wurden bisher erfüllt. Ich bin mit dieser Marke zuf rieden.
Schaubild 4-9: Markenbeziehungsqualität als zweidimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt mit formativen Korrespondenzbeziehungen auf Konstrukt- und Dimensionsebene und reflektiven Messmodellen auf Faktorebene
190
4.5
Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
Operationalisierung der Markenbindung
Das in Kapitel 3 hergeleitete Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität umfasst die zu analysierenden Beziehungen der Markenbeziehungsqualität zur Markenbindung. Zur Überprüfung der modellierten Wirkungsbeziehungen im Rahmen der Hauptuntersuchung bedarf es einer geeigneten Operationalisierung der Markenbindung. Markenbindung stellt ein vielfach untersuchtes und operationalisiertes Konstrukt in der Marketingwissenschaft dar. Daher erfolgt die Operationalisierung der Markenbindung nicht explorativ, sondern auf Basis der theoretischen Konzeptualisierung in Abschnitt 3.4.1 und empirisch bewährter Messindikatoren. Im Einklang mit weiten Teilen der Literatur werden als reflektive Indikatoren zur Messung der Markenbindung die Wiederwahlabsicht (MB_1) und die Weiterempfehlungsabsicht (MB_2) herangezogen. Diese Indikatoren haben sich in unterschiedlichen Bereichen zur Messung der intentionalen Marken- bzw. Kundenbindung bewährt.39 Schaubild 4-10 zeigt die entsprechenden Indikatorformulierungen. Inhaltlich stellen diese Größen Erfolgswirkungen der Markenbindung dar, die die potenziellen Vorteile loyaler Kunden aus Anbietersicht widerspiegeln.40 Faktor
Indikatorkürzel
Indikatorformulierung
MB_1
Ich werde mich auch in Zukunft für diese Marke entscheiden.
MB_2
Ich werde diese Marke an Freunde oder Familie weiterempfehlen.
Markenbindung
Schaubild 4-10: Operationalisierung der Markenbindung
Die empirische Überprüfung des Messmodells der Markenbindung findet im Rahmen der Hauptstudie im folgenden Kapitel 5 statt.
39
40
Vgl. z.B. Bruhn 1998a, S. 19; Krafft 2002, S. 25; Hadwich 2003, S. 118; Bruhn/Hennig-Thurau/Hadwich 2004, S. 408; Frommeyer 2005, S. 110f.; Henkel/Huber 2005, S. 148; Homburg/Koschate 2005, S. 1401; Richter 2005, S. 138; Bruhn/Hadwich 2006, S. 56. Vgl. Bruhn 1998b, S. 218ff.
5
Empirische Studie zur Messung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität
Ziel des vorliegenden Kapitels ist die empirische Untersuchung des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität. Das Kapitel gliedert sich in fünf Abschnitte. Einleitend werden die Grundlagen der Datenerhebung erläutert (Abschnitt 5.1). Im darauf folgenden Abschnitt 5.2 erfolgt eine Darstellung der verwendeten Methodik bei der Analyse der Daten. In Abschnitt 5.3 schließt sich eine Diskussion der Gütekriterien zur Beurteilung des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität an. Abschnitt 5.4 dient der empirischen Validitäts- und Reliabilitätsüberprüfung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität mit den zugehörigen Indikatoren, Faktoren und Dimensionen mittels entsprechender Gütemaße. Die Analyse des hypothetisierten Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität ist Gegenstand von Abschnitt 5.5.
5.1
Konzeption der empirischen Untersuchung
5.1.1
Design der empirischen Hauptstudie
Das Design der empirischen Untersuchung ist vor dem Hintergrund der Zielsetzungen der Studie festzulegen.1 Die Hauptuntersuchung hat primär das Ziel, das in den vorherigen Kapiteln konzeptualisierte und operationalisierte Konstrukt der Markenbeziehungsqualität einer breiten empirischen Überprüfung zu unterziehen. Da hierbei die Allgemeingültigkeit der Konzeptualisierung und Operationalisierung im Vordergrund steht, bedarf es einer sorgfältigen Planung der Datenerhebung. Im Folgenden wird das Erhebungsdesign der Studie dargestellt. Relevant hierbei sind (1) die Stichprobeneigenschaften des Untersuchungsobjekts, (2) der zu befragende Personenkreis (Untersuchungssubjekte) und (3) die Erhebungsmethodik.2 1. Stichprobeneigenschaften des Untersuchungsobjekts Das zentrale Anliegen der vorliegenden Arbeit liegt sowohl in der branchenübergreifenden als auch produktmarktspezifischen Messung und Wirkung der Mar1 2
Vgl. Homburg 1998, S. 78. Vgl. Hieronimus 2004, S. 119; Freundt 2006, S. 149.
192
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
kenbeziehungsqualität. Um eine hohe Repräsentativität der Stichprobeneigenschaften für das Untersuchungsobjekt Marke sicherzustellen, kommt der adäquaten Auswahl von Branchen sowie der jeweils zu berücksichtigenden Marken innerhalb der Branchen eine entscheidende Bedeutung zu. Auf jeder dieser beiden Selektionsebenen sind sowohl Relevanz als auch Varianz als Prämissen der angestrebten Generalisierung der Ergebnisse zu beachten.3 Relevanz als Stichprobeneigenschaft bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die ausgewählten Branchen und Marken eine hinreichende Bedeutung für die Verbraucher und Volkswirtschaft haben. Darüber hinaus ist in Bezug auf die Varianz der Stichprobe zu gewährleisten, dass die Auswahl ein möglichst breites Spektrum an Industrien und Marken abdeckt, um die Vielfalt der Grundgesamtheit wiederzugeben. Insbesondere letzterem Aspekt ist vor dem Hintergrund bisheriger Forschungsbemühungen Rechnung zu tragen: Wie in Abschnitt 1.2 und 1.4 dargelegt wurde, erfolgt der Nachweis der Vorteilhaftigkeit von MarkenKonsumenten-Beziehungen in der Mehrheit der Beiträge isoliert für einzelne Konsumgüterindustrien und hier vor allem für High-Involvement-Produkte, wie z.B. Automobile, Sonnenbrillen und Jeans. Die Fokussierung der Studien auf ausgewählte Konsumgüterindustrien versperrt bislang den Weg für eine Generalisierbarkeit der getroffenen Aussagen. Diesem Defizit entsprechend ist bei der Auswahl der Branchen für die vorliegende Untersuchung sicherzustellen, dass das gesamte Spektrum von Konsumgüterbranchen reflektiert wird. Aufbauend auf diesen Überlegungen wurde für die empirische Studie eine Auswahl von acht Konsumgüterbranchen getroffen, von der angenommen wird, dass sie das Spektrum an unterschiedlichen Konsumgütermärkten (Varianzkriterium) hinreichend gut repräsentiert sowie Branchen von Relevanz für die Volkswirtschaft und den Verbraucher beinhaltet (Relevanzkriterium). Schaubild 5-1 zeigt das Branchensample der Untersuchung sowie ausgewählte beschreibende Merkmale zur Kennzeichnung der unterschiedlichen Warengruppen.
3
Vgl. Hieronimus 2004, S. 119.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Branche
Gütertypus
Nutzenschwerpunkt
Budgetanteil
193 Involvement
Kauffrequenz
Auto
Langlebige Gbrauchsgüter
Symbolisch/ Funktional
Hoch
Hoch
Niedrig
Handy
Langlebige Gbrauchsgüter
Symbolisch/ Funktional
Medium
Hoch
Medium
Zahnpasta
Kurzlebige Vebrauchsgüter
Funktional
Niedrig
Medium
Hoch
Bier
Kurzlebige Vebrauchsgüter
Symbolisch/ Funktional
Niedrig
Medium
Hoch
Papiertaschentücher
Kurzlebige Vebrauchsgüter
Funktional
Niedrig
Niedrig
Medium
Gemüsekonserven
Kurzlebige Vebrauchsgüter
Funktional
Niedrig
Niedrig
Hoch
KfzVersicherungen
Kontraktgüter
Funktional
Medium
Hoch
Niedrig
Mobilfunkprovider
Kontraktgüter
Symbolisch/ Funktional
Medium
Medium
Niedrig
Schaubild 5-1: Kennzeichnung des Branchensamples der Untersuchung anhand unterschiedlicher Kontextfaktoren
Die vorliegende Auswahl von Branchen scheint grundsätzlich geeignet, das Kriterium der Relevanz zu erfüllen. So sind mit der Automobil- und Versicherungsbranche Industriezweige in der Studie vertreten, die einen wesentlichen Beitrag zur Bruttowertschöpfung in der Bundesrepublik Deutschland stiften.4 Darüber hinaus sind mit Bier und Zahnpasta zwei wesentliche Güter des regelmäßigen Bedarfs im Branchensample berücksichtigt. Die Beurteilung des Kriteriums der Varianz, d.h. die Widerspiegelung eines breiten Spektrums an unterschiedlichen Produktmärkten, lässt sich anhand von güterbezogenen und konsumentenorientierten Kriterien vornehmen.5 Als güter-
4 5
Vgl. hierzu die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes Deutschland unter www://destatis.de. Vgl. Hieronimus 2004, S. 120.
194
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
bezogenes Kriterium wird häufig der Gütertypus herangezogen.6 Wie aus Schaubild 5-1 erkennbar, sind im Branchensample sowohl langlebige als auch kurzlebige Gebrauchs- und Verbrauchsgüter repräsentiert. Auch sind mit KfzVersicherungen und Leistungen von Mobilfunkprovidern Kontraktgüter berücksichtigt, die in dieser Arbeit als Konsumgut im weiteren Sinne verstanden werden. Neben eines breiten Spektrums an unterschiedlichen Gütertypen erfüllt das Branchensample auch konsumentenorientierte Kriterien, wie die Beachtung von Gütern mit symbolischen und funktionalen Nutzenschwerpunkten7, die Berücksichtigung von Konsumgütern mit unterschiedlichen Budgetanteilen und Involvementgraden sowie die Einbindung von Produkten mit unterschiedlicher Kauffrequenz.8 Mit Bezug zu diesen Erläuterungen wird im Ergebnis davon ausgegangen, dass das gewählte Branchensample das Varianz- und Relevanzkriterium als wesentliche Stichprobeneigenschaften zufrieden stellend erfüllt. Ebenso wie auf Branchenebene erfolgte auch die Auswahl von Marken innerhalb der Branchen auf Basis von relevanz- und varianzspezifischen Überlegungen. Das Kriterium der Relevanz impliziert, dass die jeweils wichtigsten Marken der verschiedenen Branchen in der Untersuchung berücksichtigt werden. Als geeigneter Maßstab für die Wichtigkeit einer Marke erscheint dabei der Marktanteil einer Marke.9 Das Postulat der Varianz hingegen fordert auch die Einbeziehung von marktanteilsschwächeren Marken, um die Vielfalt an unterschiedlich starken Marken in der Grundgesamtheit abzudecken. Auf Basis dieser Überlegungen gibt Schaubild 5-2 einen Überblick über die in der Studie berücksichtigten Marken pro Produktkategorie. Für jeden Produktmarkt sind sowohl marktanteilsstarke als
6 7
8
9
Vgl. z.B. Fischer/Hieronimus/Kranz 2002, S. 21. Die Berücksichtigung von Gütern mit unterschiedlichen Nutzenschwerpunkten wird auch in anderen branchenübergreifenden Studien als Anforderung gestellt (vgl. z.B. Aaker 1997, S. 349; Hieronimus 2004, S. 120). Die Einstufung der Produkte erfolgte in Anlehnung an Ratchford 1987, S. 31. Ähnliche Anforderungen stellt auch Freundt 2006, S. 151 an das von ihr genutzte Branchensample. Die Einordnung der Produkte nach der Höhe des Involvement erfolgte in Anlehnung an Ratchford 1987, S. 31; die Klassifizierung der Branchen hinsichtlich Involvement und Kauffrequenz hingegen nach eigener Einschätzung des Autors. Vgl. Hieronimus 2004, S. 120; Freundt 2006, S. 152.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
195
auch marktanteilsschwächere Marken im Sample vertreten.10 Handelsmarken finden keine Berücksichtigung, da im Zentrum der Arbeit der Markenartikel im klassischen Sinne steht (vgl. Abschnitt 1.1). Autos
Audi BMW Citroen Fiat Ford Mazda Mercedes Opel Peugeot Renault Skoda Toyota VW
Gemüsekonserven Bonduelle D’Aucy Gartenkrone Happy Harvest Jonker Fris Kingscrown Noliko Seidel SonnenBassermann Stollenwerk
Handys
Apple LG Electronics Motorola Nokia Sagem Samsung Sony Ericsson
Papiertaschentücher
Blümia Kleenex Kokett Öko Purex Regina Solo Tempo Zewa
Zahnpasta
Ajona Aronal Blend-a-med Colgate Dentagard Elmex Eurodont Friscodent Odol-med3 Perlweiss Sensodyne Signal Theramed
Kfz-Versicherungen Aachener und Münchner Allianz AXA CosmosDirekt DEVK Gerling Gothaer HDI Privat HUK-Coburg LVM VHV Victoria Würtembergische Zürich
Bier
Beck’s Bitburger Hasseröder Jever König Pilsner Krombacher Radeberger Veltins Warsteiner
Mobilfunkprovider
Debitel E-Plus Mobilcom O2 Talkline T-Mobile Vodafone
Schaubild 5-2: Markensample der Untersuchung
10
Zur Einschätzung des Marktanteils von Automobil-, Handy-, Bier-, KfzVersicherungs- und Mobilfunkprovidermarken wurde auf verschiedene Internetquellen zurückgegriffen. Zur Identifizierung von marktanteilsstarken und -schwachen Zahnpasta-, Gemüsekonserven- und Papiertaschentüchermarken dienten Daten aus dem GfK Consumer Scan.
196
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Im Ergebnis erfüllt somit auch das Markensample die Anforderungen an Relevanz und Varianz. Die angestrebten branchenübergreifenden und produktmarktspezifischen Analysen sind somit grundsätzlich möglich. Für jeden definierten Produktbereich wurde ein eigener Fragebogen entwickelt. Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse für die Produktmärkte aus den unterschiedlichen Erhebungen sicherzustellen, erfolgte eine produktmarktspezifische Anpassung der Fragen jedoch nur dahingehend, dass an der Stelle der allgemeinen Formulierung „Marke“ innerhalb der zu beurteilenden Aussagen die jeweils spezifische Formulierung („Automarke“, „Handymarke“, „Zahnpastamarke“ usw.) eingesetzt wurde. Für alle Aussagen wurden sieben-stufige Rating-Skalen nach Likert verwendet, mit 1= „Stimme überhaupt nicht zu“ bis 7= „Stimme voll und ganz zu“. Die Formulierung und Verständlichkeit sämtlicher Aussagen wurde auf Basis von Pretests mit Experten und Probanden sichergestellt. Ein exemplarischer Fragebogen für das Produktfeld „Automarke“ ist in Anhang 4 zu finden. 2. Relevanter Personenkreis (Untersuchungssubjekte) Als nächstes wurde die Stichprobe im Sinne des zu befragenden Personenkreises (Untersuchungssubjekte) festgelegt. Vor dem Hintergrund der Themenstellung der Untersuchung galt es Personen zu befragen, die zum einen Verwender mindestens einer der jeweiligen Produktkategorien sind, zum anderen eine der zuvor festgelegten Marken konsumieren.11 Dies wurde durch eine entsprechende Filterführung sichergestellt. So wurde zu Beginn des Fragebogens durch eine entsprechende branchenspezifische Filterfrage festgestellt, ob der Konsument Verwender der definierten Produktkategorien ist. Für die Verbrauchsgüter Bier, Zahnpasta, Papiertaschentücher sowie Gemüsekonserven galt als Voraussetzung der regelmäßige Konsum, für die Gebrauchsgüter Auto und Handy hingegen die Anschaffung eines Gefährts bzw. Handys in den vergangenen fünf (Auto) respektive zwei Jahren (Handy) für den privaten Gebrauch. Bei den Kontraktgütern Kfz-Versicherung und Leistungen von Mobilfunkprovidern wurde nur vorausgesetzt, dass der Pro-
11
Die Vorgabe, dass es sich bei den befragten Personen um Kunden einer der definierten Marken handelt, ergibt sich vor dem Hintergrund, dass Marken-KonsumentenBeziehungen im Verständnis dieser Arbeit wiederholte Interaktionen mit der Marke voraussetzen (vgl. Abschnitt 1.3.3). Dies ist bei Nicht-Verwendern der Marke nicht zwingend gegeben.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
197
band Kunde einer Kfz-Versicherung bzw. eines Mobilfunkproviders ist.12 Neben der generellen Verwendung der Produktkategorie war die Verwendung einer der zuvor festgelegten Marken Voraussetzung. Hierzu wurde ein Markenfilter verwendet, mit dem sichergestellt wurde, dass der Proband zu einer der zuvor definierten Marken der jeweiligen Produktkategorie Stellung nehmen konnte. 3. Erhebungsmethodik Die Auswahl einer Datenerhebungsmethode hat vor dem Hintergrund der Zielsetzungen der Untersuchung zu erfolgen. Angesichts des Ziels, eine breite Nutzerschaft von Markenverwendern zu erreichen, stand die hohe Reichweite und Akzeptanz des Informationsgewinnungsverfahrens im Vordergrund. Als Kooperationspartner für die Erhebung der Daten konnte die GfK-Nürnberg e.V., eine Non-Profit-Organisation der GfK-Gruppe zur Förderung der Marketingforschung, gewonnen werden. Diese beauftragte die GfK Marktforschung mit der Datenerhebung. Als Erhebungsmethode wurde die Online-Befragung gewählt. Diese zeichnet sich vor allem durch die relative Kostengünstigkeit, die hohe Reichweite, die schnelle Erzielbarkeit großer Fallzahlen sowie die Möglichkeit einer effektiven Filterführung aus.13 Zur Rekrutierung von Informanden wurde auf das GfK Global Online Panel Deutschland zurückgegriffen. Dies umfasst 30.000 registrierte, online-erreichbare Personen und stellt hohe Anforderungen an die Qualitätssicherung der Rekrutierung, Teilnahme und Vergütung von Panelteilnehmenden.14 Für die Ziehung und Steuerung der Personenstichprobe wurde eine Kombination von zufälliger Auswahl und Quota-Verfahren angewendet. Die primäre Stichprobenziehung erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Aus den 30.000 registrierten Panelteilnehmenden wurde eine auf die deutsche Gesamtbevölkerung der Online-Nutzerschaft bezogene repräsentative Stichprobe von Probanden gezogen. Diese wurden eingeladen, an der internetbasierten Umfrage auf einer zugangsbeschränkten Website der GfK, auf der die Fragebögen hinterlegt waren, teilzunehmen. Neben einer repräsentativen Personenstichprobe war sicherzustellen, dass für jede Produktgruppe eine ausreichende Zahl von Fällen erzeugt wird. Pro Produktbereich wurde angestrebt, 250 Interviewfälle zu generieren. Daher erfolgten Vorgaben für Mindestgrößen der produktgruppenspezi-
12
13 14
Ähnliche Verwendungsfilter wurden auch in anderen vergleichbaren Studien im Markenumfeld herangezogen (vgl. z.B. Hieronimus 2004, S. 121; Freundt 2006, S. 150). Vgl. für einen Überblick der Vor- und Nachteile von Online-Befragungen Kaya 2007, S. 51ff.; Homburg/Krohmer 2008, S. 28f. Zur allgemeinen kritischen Würdigung von Online-Panels als Instrument der empirischen Marketingforschung vgl. Großkurth 2003, S. 205ff.
198
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
fischen Fallzahlen nach einem gesonderten Quota-Verfahren.15 Sofern die Quotenvorgabe von 250 Fällen pro Produktkategorie noch nicht erreicht war, wurde jeder Proband – vorausgesetzt der Proband passierte den Branchen- und Markenfilter – gebeten, zu zwei Marken unterschiedlicher Produktbereiche Stellung zu beziehen. Hinsichtlich der Repräsentativität der Studie ist Folgendes festzuhalten. Als Kennzeichen der Repräsentativität wird in der Literatur meist genannt, dass eine Verallgemeinerung von Auswertungsergebnissen, die lediglich auf einer Stichprobe beruhen, für die Grundgesamtheit zulässig ist.16 Wesentliche Voraussetzung hierfür ist, dass die Stichprobe in ihrer Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild der Grundgesamtheit widerspiegelt, d.h., dass die Anteile in der effektiven Stichprobe denen in der Grundgesamtheit entsprechen. Übertragen auf die vorliegende Untersuchung bedeutet dies, dass eine Repräsentativität der Stichprobe in Bezug auf die Grundgesamtheit besteht, wenn zum einen ein repräsentativer Querschnitt der Nutzer der jeweiligen Produktkategorie in die Erhebung einbezogen wird (Personenstichprobe), zum anderen wenn die effektive Aufteilung der für jeden Produktmarkt ausgewählten Marken (Markenstichprobe) proportional zu den Anteilen in der Grundgesamtheit ist. Beide Bedingungen sind im vorliegenden Fall nur zum Teil erfüllt. So ist zwar die Repräsentativität der Personenstichprobe in Hinblick auf die deutsche Gesamtbevölkerung der OnlineNutzerschaft gegeben, dies ist jedoch nicht unbedingt gleichzusetzen mit einem repräsentativen Querschnitt der Nutzer der jeweiligen Produktkategorie. Zum einen wurden nur Personen im Alter zwischen 18 und 59 Jahren berücksichtigt, zum anderen zeichnet sich die Online-Nutzerschaft durch zum Teil besondere Merkmale aus.17 Auch ist zu berücksichtigen, dass die Probanden nicht zu allen, sondern – wie bereits erwähnt – nur zu maximal zwei Produktmärkten Stellung bezogen haben. Die Zuteilung der Produktmärkte erfolgte aufgrund der Quotenvorgabe von 250 Fällen pro Produktkategorie nur zum Teil randomisiert. Was die Repräsentativität der Markenstichprobe betrifft, so wurde zwar durch die produktmarktspezifische Berücksichtigung von marktanteilsstarken und -schwächeren Marken versucht, den Postulaten der Relevanz und Varianz der produktmarktbezogenen Markenstichprobe zu genügen. Eine absolute Repräsentativität der effektiven Markenstichprobe kann jedoch nicht uneingeschränkt gewährleistet werden, da dies vorausgesetzt hätte, dass genaue Quotenvorgaben für jeden Produktmarkt hinsichtlich der Anteile der Marken an der effektiven Stichprobe
15 16 17
So wurden z.B. am Ende der Erhebung nur noch Informanden gesucht, die zu einer der definierten Biermarken Stellung beziehen. Vgl. Kaya/Himme 2007, S. 80; Homburg/Krohmer 2008, S. 39. Vgl. Großkurth 2003, S. 206.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
199
hätten vorgegeben werden müssen. Dies war aufgrund von finanziellen Restriktionen nicht möglich. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass der im Folgenden Verwendung findende Datensatz die Anforderungen der Repräsentativität zwar bestmöglich erfüllt; die uneingeschränkte Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse jedoch nicht gewährleistet werden kann. Die Ziele der Arbeit stellen jedoch auch nicht den Anspruch vollständig repräsentativer Ergebnisse, da die Arbeit eher explorativen Charakter hat. So steht nicht primär die Quantifizierung von (bekannten) Effekten in Bezug auf die Grundgesamtheit im Vordergrund. Eher wird eine Erkenntnis darüber angestrebt, welche (Einfluss-)Faktoren für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität im Sinne eines Messmodells überhaupt eine wichtige Rolle spielen. Ferner ist von Interesse, über welche relative Bedeutung die einzelnen (Einfluss-)Faktoren verfügen und welche produktmarktspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede bezüglich der Messung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität bestehen.
5.1.2
Datengrundlage und -bereinigung
Die empirische Erhebung fand innerhalb von zwei Wochen im Mai 2008 statt. Insgesamt wurden 2.241 registrierte Panelteilnehmende auf Basis der Stichprobenziehung nach dem Zufallsprinzip zur Beteiligung an der Umfrage eingeladen, von denen letztlich 1.121 Personen an der Untersuchung teilnahmen (Rücklaufquote von 50 Prozent). 888 Informanden nahmen zu zwei Marken unterschiedlicher Produktbereiche Stellung; 233 Personen beantworteten den Fragebogen aufgrund von vollen Quoten und/oder Nicht-Erfüllung der Filtervorgaben nur für eine Marke. In der Summe generierten die Befragten 2.009 Fälle, sodass sich eine effektive Stichprobe von n=2.009 ergibt. Schaubild 5-3 zeigt die Marken- und Probandenzusammensetzung der Stichprobe. Die gewünschte Fallzahl von 250 Interviewfällen wurde für alle Branchen erreicht; die Stichprobe verteilt sich gleichmäßig auf die unterschiedlichen Produktbereiche, sodass die angestrebten branchenübergreifenden Auswertungen grundsätzlich möglich sind.
200
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Relativ
Audi
19
7,6%
BMW
19
7,6%
Citroen
5
2,0%
Marke
Absolut
Probandenverteilung
Fiat
8
3,2%
Ford
31
12,4%
Mazda
10
4,0%
Mercedes
24
9,6%
Opel
48
19,2%
Peugeot
12
4,8%
Renault
10
4,0%
Skoda
8
3,2%
Toyota
12
4,8%
VW
44
17,6%
Apple
3
1,2%
LG Electronics
4
1,6%
Motorola
35
13,9%
Nokia
108
43,0%
Sagem
1
0,4%
Samsung
25
10,0%
Sony Ericsson
75
29,9%
Ajona
6
2,4%
Aronal
7
2,8%
Blend-a-med
50
19,8%
Colgate
29
11,5%
Dentagard
28
11,1%
Elmex
31
12,3%
Eurodont
16
6,3%
Friscodent
10
4,0%
Odol-med3
25
9,9%
Perlweiss
5
2,0%
Sensodyne
18
7,1%
Signal
17
6,7%
Theramed
11
4,3%
Beck’s
69
27,6%
Bitburger
32
12,8%
Hasseröder
16
6.4%
Jever
19
7,6%
König Pilsner
8
3,2%
Krombacher
42
16,8%
Radeberger
20
8,0%
Veltins
24
9,6%
Warsteiner
20
8,0%
Geschlecht (in Prozent)
Alter (in Prozent)
Summe
Bier
Zahnpasta
Handy
Auto
Produktkategorie
Markenverteilung
m
w
20
21-40
41-60
> 60
250
58,8
41,2
10,0
47,6
42,4
/
251
53,8
46,2
15,9
48,6
35,1
0,4
253
50,6
49,4
3,2
47,8
49,0
/
250
70,8
29,2
12,4
42,0
45,2
0,4
Schaubild 5-3: Marken- und Probandenverteilung der effektiven Stichprobe
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
201
Kfz-Versicherungen
Papiertaschentücher
Gemüsekonserven
Bonduelle
Mobilfunkprovider
152
Summe
Probandenverteilung Relativ
Absolut
Marke
Produktkategorie
Markenverteilung Geschlecht (in Prozent)
Alter (in Prozent)
m
w
20
21-40
41-60
> 60
252
52,8
47,2
1,2
52,4
46,4
/
252
54,8
45,2
2,4
52,4
44,8
0,4
250
63,2
36,8
7,2
44,0
48,8
/
251
53,0
47,0
1,6
51,0
47,4
/
60,3%
D’Aucy
5
2,0%
Gartenkrone
24
9,5%
Happy Harvest
6
2,4%
Jonker Fris
5
2,0%
Kingscrown
22
8,7%
Noliko
4
1,6%
Seidel
3
1,2%
SonnenBassermann
20
7,9%
Stollenwerk
11
4,4%
Blümia
2
0,8%
Kleenex
12
4,8%
Kokett
52
20,6%
Öko Purex
3
1,2%
Regina
1
0,4%
Solo
25
9,9%
Tempo
126
50,0%
Zewa
31
12,3%
Aach. und Münch.
8
3,2%
Allianz
35
14,0%
AXA
19
7,6%
CosmosDirekt
8
3,2%
DEVK
22
8,8%
Gerling
5
2,0%
Gothaer
8
3,2%
HDI Privat
16
6,4%
HUK-Coburg
75
30,0%
LVM
6
2,4%
R+V
11
4,4%
VHV
12
4,8%
Victoria
9
3,6%
Würtembergische
6
2,4%
Zürich
10
4,0%
Debitel
16
6,4%
E-Plus
42
16,7%
Mobilcom
5
2,0%
O2
48
19,1%
Talkline
5
2,0%
T-Mobile
69
27,5%
Vodafone
66
26,3%
Schaubild 5-3: Marken- und Probandenverteilung der effektiven Stichprobe (Forts.)
202
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Hinsichtlich der produktmarktspezifischen Markenverteilungen ist festzuhalten, dass marktanteilsstärkere im Vergleich zu marktanteilsschwächeren Marken in allen acht Branchen auch tendenziell mehr Interviewfälle auf sich vereinen. In der Automobilstichprobe fallen mehr als 74 Prozent der Fälle auf die Marken Audi, BMW, Ford, Mercedes, Opel und VW. Bei Handys nahmen 43 Prozent der Befragten zur empfundenen Markenbeziehungsqualität zum Marktführer Nokia Stellung. Die Stichprobe für Zahnpastamarken setzt sich zu über 54 Prozent aus den marktanteilsstarken Marken Blend-a-med, Colgate, Dentagard und Elmex zusammen. Bei Bier sind die Marken Beck’s, Bitburger und Krombacher mit mehr als 57 Prozent der Interviewfälle stark in der Stichprobe vertreten. In der Stichprobe für Gemüsekonserven bzw. Papiertaschentücher nahmen mehr als die Hälfte der Probanden zur Marke Bonduelle bzw. Tempo Stellung (60 bzw. 50 Prozent der Interviewfälle). In der Kfz-Versicherungsstichprobe sind hingegen die marktanteilsstarken Marken Allianz und vor allem HUK-Coburg überdurchschnittlich vertreten. Die Mobilfunkmarken T-Mobile und Vodafone machen schließlich den größten Teil der Stichprobe der Mobilfunkprovidermarken aus (53,8 Prozent). Gleichzeitig ist aber auch ersichtlich, dass die Verteilung der Markenstichprobe nicht absolut proportional zur Grundgesamtheit ist. So ist beispielsweise der Marktführer Krombacher in der Pilsbierstichprobe mit weniger Bewertungen vertreten als die Marke Beck’s, die in der Realität geringere Marktanteile auf sich vereint. Auch ist die Marke Bonduelle überdurchschnittlich stark in der Stichprobe vertreten. Wenngleich dies auf eine nicht uneingeschränkte Repräsentativität der Markenstichprobe hinweist, so ist doch in der Gesamtschau von einer zufrieden stellenden Replikation des Querschnitts der Markengrundgesamtheit auszugehen. Auch die produktmarktspezifische Probandenverteilung ist zufrieden stellend. Männliche und weibliche Probanden machen jeweils näherungsweise die Hälfte der Befragten in jedem Produktmarkt aus. Lediglich in der Stichprobe für Pilsbiermarken sind männliche Probanden überdurchschnittlich stark vertreten. Dies ist jedoch angesichts des divergierenden Konsumverhaltens von Männern und Frauen bei diesem Produktbereich plausibel. Hinsichtlich der Altersverteilung bleibt festzuhalten, dass sich die Stichprobe primär aus 21- bis 60-Jährigen zusammensetzt. Insgesamt ist die Datenbasis damit als gut einzustufen. Eine Datenbereinigung war nicht notwendig, da keine fehlenden Werte im Datensatz vorhanden waren. Somit geht der Datensatz in unveränderter Weise in die Datenauswertung ein.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
5.2
203
Auswahl eines geeigneten Analyseverfahrens
Neben der Festlegung des Untersuchungsdesigns stellt sich die Frage nach einem geeigneten Analyseverfahren für die vorliegende Untersuchung. Ziel der empirischen Untersuchung ist es zum einen, die Parameter des in den vorherigen Kapiteln konzeptualisierten und operationalisierten Konstrukts der Markenbeziehungsqualität zu schätzen. Zum anderen geht es um die empirische Analyse der hypothetisierten Zusammenhänge zwischen den Konstrukten im Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität. Als Analyseverfahren bietet sich in diesem Zusammenhang aus den nachfolgend erläuterten Gründen die Kausalbzw. Strukturgleichungsanalyse an. Die Kausalanalyse stellt ein multivariates Verfahren der zweiten Generation dar und erlaubt als bislang einzige Methode durch eine Kombination von regressions- und faktoranalytischen Ansätzen die gleichzeitige Analyse von komplexen Dependenzstrukturen zwischen Modellkonstrukten sowie die Messung komplexer Konstrukte.18 Ziel einer Kausalanalyse ist es, die Zusammenhänge zwischen latenten Variablen sowie zu ihren jeweiligen manifesten Indikatoren empirisch zu überprüfen bzw. bestmöglich zu schätzen und zudem mögliche Veränderungen in den Zielvariablen zu erklären.19 Statistisch basiert die Kausalanalyse auf der Schätzung von Abhängigkeitsbeziehungen zwischen latenten Variablen eines Erklärungsmodells auf Grundlage von empirisch gemessenen Varianzen und Kovarianzen zwischen den manifesten Indikatoren der latenten Variablen.20 Hinsichtlich der Frage nach der methodischen Eignung der Kausalanalyse ist Folgendes festzustellen. Das zu prüfende Modell der vorliegenden Untersuchung setzt sich aus Mess- und Wirkungsmodellen zusammen. Mit Hilfe der Kausalanalyse lässt sich die Reliabilität und Validität der verwendeten Messmodelle prüfen sowie zugleich die Stärke der Beziehung zwischen den Modellkonstrukten schätzen.21 Der Informationsverlust ist aufgrund der simultanen Schätzung von Mess- und Strukturmodellen im Vergleich zu Analyseverfahren der ersten 18 19
20 21
Vgl. Homburg/Klarmann 2006, S. 728. Der Begriff der Kausalität impliziert einen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Ereignissen. Die Kausalanalyse erlaubt jedoch nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf kausale Zusammenhänge zu ziehen, sodass die Bezeichnung „Strukturgleichungsanalyse mit latenten Variablen“ zutreffender ist (vgl. Scholderer/Balderjahn/ Paulssen 2006, S. 641f.; Homburg/Pflesser/Klarmann 2008, S. 549). Da sich der Begriff der Kausalanalyse jedoch im deutschsprachigen Raum durchgesetzt hat, wird die Bezeichnung im Folgenden beibehalten. Vgl. Homburg 1992; Homburg/Pflesser/Klarmann 2008, S. 549. Vgl. Churchill Jr./Bagozzi 1982, S. 403; Backhaus et al. 2006, S. 341.
204
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Generation geringer.22 Die Kausalanalyse erlaubt ferner die Analyse von Wirkungsketten und -strukturen mit mehreren abhängigen und mehreren unabhängigen Variablen, wie es im zu prüfenden Untersuchungsmodell der Fall ist. Aus den genannten Gründen bietet sich die Anwendung der Kausalanalyse an. Die Durchführung der Kausalanalyse setzt eine detaillierte Modellspezifikation in Form eines Strukturgleichungsmodells voraus.23 Ein Strukturgleichungsmodell setzt sich aus zwei Submodellen – Messmodelle der latenten Variablen und Strukturmodell – zusammen. Das Strukturmodell bzw. innere Modell beschreibt die aufgrund theoretischer und sachlogischer Überlegungen aufgestellten kausalen Wirkungsbeziehungen zwischen den hypothetischen Konstrukten. Dabei werden latente Variabeln, die andere Konstrukte erklären, als exogene Variablen und diejenigen, die erklärt werden, als endogene Variablen bezeichnet. Die latenten Konstrukte sind ihrerseits indirekt über manifeste (beobachtbare) Indikatoren zu messen. Die Beziehungen zwischen den manifesten und latenten Variablen bilden die „äußeren“ Messmodelle. Das zu schätzende Modell besteht damit aus zwei Gleichungssystemen, die das Strukturmodell und die Messmodelle beschreiben. In Schaubild 5-4 sind die jeweils relevanten Zusammenhänge der Teilmodelle in ihrem Grundaufbau anhand eines Pfaddiagramms dargestellt. Formatives Messmodell
x1 x2 x3
Strukturmodell ıȟ
ʌx1 ʌx2
ʌx3
Reflektives Messmodell
ȟ
Ȝy1
Ș
Ȝy2
Ȝy3
y1
ı1
y2
ı2
y3
ı3
Schaubild 5-4: Formative und reflektive Messmodelle sowie Strukturmodell (Quelle: In Anlehnung an Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 36f.)
22
23
Vgl. Hadwich 2003, S. 149. Generell wird der Kausalanalyse eine höhere Leistungsfähigkeit gegenüber den Methoden der Dependenzanalysen der ersten Generation zugesprochen. Für eine Diskussion der Vorteile der Kausalanalyse vgl. z.B. Homburg 1992, S. 499f. Vgl. hierzu und im Folgenden Ringle 2004c, S. 8f.; Backhaus et al. 2006, S. 340ff.; Huber et al. 2007a, S. 3f.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
205
Um die Parameter der definierten Gleichungssysteme eines Kausal- bzw. Strukturmodells zu schätzen, werden in der Wissenschaft zwei Ansätze von mathematischen Berechnungsverfahren diskutiert: die Kovarianzstrukturanalyse und der varianzbasierte Partial-Least-Squares(PLS-)Ansatz. Während die kovarianzbasierte Strukturanalyse nicht zuletzt wegen der Verfügbarkeit von Computerprogrammen wie LISREL oder AMOS eine weite Verbreitung in der Marketingforschung erfahren hat24, findet der varianzbasierte PLS-Ansatz erst seit kurzem breitere Aufmerksamkeit und Verwendung in der empirischen Forschung.25 Die Entscheidung, ob ein kovarianzbasiertes oder varianzbasiertes Verfahren in einer Untersuchung zur Anwendung kommt, ist abhängig vom Anwendungskontext.26 Vor dem Hintergrund des Untersuchungskontextes dieser Arbeit ist eine deutliche Vorzugswürdigkeit des PLS-Ansatzes gegeben. Diese Einschätzung fußt insbesondere auf (1) dem explorativen Untersuchungscharakter der vorliegenden Studie, (2) der Einbindung formativer Messmodelle sowie (3) der Stichprobengröße der Hauptuntersuchung. 1. Explorativer Untersuchungscharakter Die Kovarianzstrukturanalyse wird primär als konfirmatorisches Verfahren zur Überprüfung theoretisch abgeleiteter Hypothesen eingesetzt.27 Das Verfahrensprinzip geht davon aus, dass das spezifizierte Modell das richtige ist. Entsprechend werden die Parameter der Gleichungsmodelle so gewählt, dass die aus dem theoretischen Modell generierte Kovarianzmatrix zwischen den manifesten Variablen die empirische Kovarianzmatrix bestmöglich darstellt.28 Auf diese Weise wird statistisch überprüft, ob die empirische Kovarianzmatrix der modelltheoretischen Kovarianzmatrix entspricht (Nullhypothese). Hieraus lässt sich die
24 25 26
27 28
Vgl. Temme/Kreis 2005, S. 194f.; Panten/Boßow-Thies 2007, S. 311. Vgl. Ringle 2004a, S. 5; Fassot/Eggert 2005, S. 22f.; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 35; Huber et al. 2007a, S. 1. Vgl. Homburg/Klarmann 2006, S. 734; Huber et al. 2007a, S. 13. Für eine ausführliche Diskussion und Gegenüberstellung der unterschiedlichen Anwendungsvoraussetzungen von varianz- und kovarianzbasierten Verfahren vgl. z.B. Chin/Newsted 1999; Bliemel 2005, S. 10f.; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 38ff.; Homburg/Klarmann 2006, S. 734f. Vgl. Ringle 2004c, S. 17; Fassott 2005, S. 26. Vgl. Betzin/Henseler 2005, S. 50; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 37. Die Kovarianz zwischen zwei Variablen ist wie der Korrelationskoeffizient ein Maß für den Zusammenhang zwischen den Variablen. Die Kovarianz ist jedoch im Gegensatz zum Korrelationskoeffizienten nicht auf einen Wertebereich (-1 bis +1) normiert (vgl. Homburg/Krohmer 2003, S. 281).
206
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Gültigkeit des Strukturgleichungsmodells und der darin ausgedrückten Theorie ableiten.29 Eine solche globale Zielfunktion wie die Nullhypothese gibt es für Verfahren der Varianzstrukturanalyse nicht.30 Im Gegensatz zur Kovarianzstrukturanalyse zielt der PLS-Ansatz auf die bestmögliche Reproduktion der tatsächlichen Datenstruktur – also der Indikatorwerte – ab.31 Dabei werden in einem ersten Schritt konkrete Schätzwerte für die latenten Konstrukte auf Basis einer gewichteten Linearkombination ihrer Indikatoren iterativ berechnet. Demzufolge werden die latenten Variablen als gewichtete Summen ihrer jeweils zugeordneten Indikatoren verstanden. Die einzelnen Gewichte werden von dem PLS-Algorithmus dabei so bestimmt, dass die daraus resultierenden Werte der latenten exogenen (unabhängigen) Variablen den Anteil der erklärten Varianz der endogenen (abhängigen) Variablen maximieren. Mit den so generierten Schätzwerten werden in einem zweiten Schritt die Pfadkoeffzienten des inneren Modells (Strukturmodells) und anschließend die Regressionskoeffizienten im Messmodell (äußeres Modell) bestimmt.32 Die Varianzstrukturanalyse hat in diesem Sinne eher explorativen Charakter: Der induktive Schritt von den Daten auf das Modell wird betont, d.h., die Daten haben Vorrang vor den Modellannahmen. Bei der Kovarianzstrukturanalyse steht hingegen der Schluss vom Modell auf die zu erwartende Kovarianz der Indikatorvariablen im Vordergrund.33 Die Varianzstrukturanalyse ist damit prognoseorientiert und eignet sich eher für explorative als konfirmatorische Forschungszwecke, „wenn Theorien sowie etablierte Skalen für den vorliegenden Problembereich noch nicht hinreichend erforscht worden sind.“34
29 30 31 32
33 34
Vgl. Fassott 2005, S. 26. Vgl. Fassott 2005, S. 26. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 37. Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem PLS-Schätzalgorithmus vgl. z.B. Götz/Liehr-Gobbers 2004a; Ringle 2004c, S. 18ff.; Betzin/Henseler 2005; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 36ff.; Huber et al. 2007a, S. 6ff. Vgl. Ringle 2004c, S. 31f. Panten/Boßow-Thies 2007, S. 317. Dennoch stellt die Varianzstrukturanalyse, ebenso wie die Kovarianzstrukturanalyse, ein konfirmatorisches Verfahren zur Überprüfung von theoretisch abgeleiteten Überlegungen dar. Es basiert auf Hypothesen, die aus theoretischen Grundlagen oder Plausibilitätsüberlegungen entwickelt wurden. Dies beinhaltet unter anderem, dass die Wirkungsrichtungen, wie auch bei der Kovarianzstrukturanalyse, a priori zu definieren sind (vgl. Ringle 2004b; Ringle 2004c, S. 18).
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
207
Wenngleich die quantitative Untersuchung konfirmatorischen Charakter hat, steht bei der vorliegenden Untersuchung nicht das Testen einer substanziellen Theorie im Vordergrund, da die Fundierung der angewendeten Theorien bislang noch nicht hinreichend entwickelt ist. Vielmehr zielt die Arbeit auf die empirische Untersuchung der Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität sowie die Bestimmung des Einflusses der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung ab. Im Mittelpunkt des Interesses stehen daher das Erreichen einer hohen Erklärungskraft des aufgestellten Modells sowie die bestmögliche Vorhersage der latenten Variablen.35 Diesem Zweck dient der PLS-Ansatz mit seinem Schätzalgorithmus und seinen geringeren Theorieanforderungen. 2. Einbindung formativer Messmodelle Der statistische Algorithmus der Kovarianzstrukturanalyse basiert auf der Annahme, dass die Indikatoren einer latenten Variable miteinander korrelieren und durch das Konstrukt beeinflusst werden.36 Insofern implizieren kovarianzbasierte Strukturgleichungsmethoden die reflektive Operationalisierung der latenten Variablen, da formative Indikatoren im Normalfall weitgehend unabhängig voneinander sind (vgl. Abschnitt 3.1.2).37 Zwar besteht auch bei kovarianzbasierten Verfahren grundsätzlich die Möglichkeit, formative Indikatoren einzubinden, jedoch sind derartige Beziehungen in der Softwareapplikation LISREL nur umständlich abbildbar.38 Mit dem Verständnis der latenten Variablen als gewichtete Summe ihrer Indikatoren lässt das PLS-Verfahren die reflektive oder formative Spezifikation der Messmodelle hingegen grundsätzlich offen, sodass auch formativ operationalisierte Konstrukte problemlos Eingang in die Untersuchung finden können.39 Aufgrund der Tatsache, dass das vorliegende Modell sowohl formative als auch reflektive Messansätze berücksichtigt, fällt die Entscheidung zugunsten des PLSVerfahrens. So besteht das Messmodell der Markenbeziehungsqualität aus einem reflektiven Messmodell auf Faktorebene sowie einem formativen Messmodell auf Dimensions- und Konstruktebene (vgl. Abschnitt 3.3). Darüber hinaus wurde die Markenbindung reflektiv operationalisiert (vgl. Abschnitt 4.5). 35 36 37 38 39
Vgl. Chin/Newsted 1999, S. 312; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 45. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 43. Vgl. Fassott 2005, S. 25; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 43. Vgl. MacCallum/Browne 1993; Albers/Hildebrandt 2006; Christophersen/Grape 2007, S. 108. Vgl. Fornell/Bookstein 1982, S. 441f.; Ringle 2004c, S. 32; Fassott 2005, S. 24f.; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 43; Panten/Boßow-Thies 2007, S. 316.
208
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
3. Stichprobengröße der Hauptuntersuchung Ein weiterer Vorteil des PLS-Ansatzes im Vergleich zu kovarianzbasierten Verfahren liegt in den deutlich niedrigeren Anforderungen an die Stichprobengröße. Während kovarianzbasierte Verfahren einen relativ hohen Mindeststichprobenumfang zur Identifizierung des Modells benötigen40, hat PLS aufgrund der partiellen Schätzung einzelner Elemente des Kausalmodells auch bei relativ kleinen Stichproben keine Identifikationsprobleme.41 Mit dem Ziel die Wahrnehmung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität für acht verschiedene Branchen zu analysieren, ergibt sich eine vergleichsweise kleine Stichprobengröße für die einzelnen produktmarktspezifischen Kausalmodelle. Daher wird der PLS-Ansatz favorisiert. Im Rahmen der weiteren Analysen wird aufgrund der aufgezeigten Gründe der PLS-Ansatz verfolgt. Als Softwareprogramm kommt hierbei PLSGraph (Version 3.0) zur Anwendung. Mit der Entscheidung für den PLS-Ansatz als adäquates Schätzverfahren stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten zur Gütebeurteilung der Modellschätzung. Im Folgenden werden die Kriterien zur Gütebeurteilung von PLS-Pfadmodellen dargestellt, anhand derer eine Interpretation der mittels des PLS-Algorithmus generierten Modellparameter möglich ist.
5.3
Gütebeurteilung von PLS-Pfadmodellen
Im Rahmen der Gütebeurteilung von PLS-Pfadmodellen bedarf es der Nutzung von Kriterien, die Auskunft über die Reliabilität und Gültigkeit der Modellbeziehungen sowie des Gesamtgefüges geben. Aufgrund mangelnder Simultanität der Parameterschätzung sind in PLS keine globalen Gütemaße zur Beurteilung des 40
41
Die Mindestanforderung an die Fallzahl ist bei kovarianzbasierten Verfahren modellabhängig. Bei Verwendung des Maximum-Likelihood-Algorithmus wird eine Mindeststichprobe größer als 200 als Richtwert gefordert (vgl. Herrmann/Huber/ Kressmann 2006, S. 44). Vgl. Fornell/Bookstein 1982, S. 449; Chin/Newsted 1999, S. 313; Huber et al. 2007a, S. 10; Panten/Boßow-Thies 2007, S. 316f. Der Stichprobenumfang richtet sich bei PLS nach der umfangreichsten Regressionsgleichung. Zur Bestimmung der Mindestfallzahl wird folgende Heuristik vorgeschlagen: Zunächst wird die größte Anzahl an formativen Indikatoren eines latenten Konstrukts und die maximale Anzahl an Konstrukten, die auf ein endogenes Konstrukt laufen, ermittelt. Die Alternative mit der größeren Anzahl an zu schätzenden Parametern multipliziert mit fünf bis zehn ergibt die benötigte Mindeststichprobengröße (vgl. Chin/Newsted 1999, S. 326f.).
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
209
Gesamtmodells im Sinne eines „Goodness of Fit“ vorhanden. Die Kriterien der Güte beschränken sich bei Verwendung von PLS auf die Messmodell- bzw. Strukturmodellebene.42 Wegen der unterschiedlichen Wirkungsrichtung reflektiver und formativer Indikatoren erfordert die Modellbeurteilung auf Messmodellebene ein unterschiedliches Vorgehen für reflektive und formative Messmodelle.43 Gemäß der Aufteilung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität in einen reflektiven Teil auf Faktorebene (vgl. Abschnitt 4.1) und einen formativen Teil auf Dimensions- und Konstruktebene (vgl. Abschnitt 3.1.2) sowie der Entscheidung für ein reflektives Messmodell für das Konstrukt der Markenbindung ist diesem Umstand bei der Gütebeurteilung der Messmodelle Rechnung zu tragen. Im Folgenden werden Gütekriterien für reflektive und formative Messmodelle separat diskutiert (Abschnitt 5.3.1 und 5.3.2). Darüber hinaus werden Gütekriterien aufgezeigt, anhand derer die postulierten Wirkungsbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung (vgl. Abschnitt 3.4.2) empirisch überprüft werden können.
5.3.1
Beurteilung reflektiver Messmodelle
Der Evaluierung reflektiver Messmodelle geht die Überlegung voraus, dass jeder Indikator eine fehlerbehaftete Messung des zugrunde liegenden latenten Konstrukts darstellt.44 Dieser Messfehler setzt sich aus einem systematischen und einem zufälligen Anteil zusammen.45 Der zufällige bzw. unsystematische Messfehler umfasst alle Aspekte, die unregelmäßig ohne erkennbares Muster auftreten und die Ergebnisse der Konstruktmessung beeinflussen.46 Je stärker der zufällige Messfehler den Wert Null an42
43
44 45 46
Vgl. Hulland 1999, S. 202; Ringle 2004a, S. 17; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 58.; Ringle et al. 2006, S. 86. Da im Rahmen varianzbasierter Schätzungen kein globales Gütekriterium zur Beurteilung des Gesamtmodells existiert, ist es erforderlich, dass die einzelnen Gütekriterien der Struktur- und Messmodelle möglichst gut erfüllt werden. Falls einzelne partielle Gütemaße kritische Werte nicht erreichen und Messmodelle Defizite aufweisen, ist eine Modifikation des Modells in Betracht zu ziehen, um möglichst in sämtlichen Teilmodellen statistisch signifikante Ergebnisse zu erzielen (vgl. Ringle 2004a, S. 23). Vgl. Diamantopoulos 1999, S. 448; Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 271; Rossiter 2002, S. 307f.; Eberl 2004, S. 7; Fassot/Eggert 2005, S. 38f.; Krafft/Götz/ Liehr-Gobbers 2005, S. 76; Zinnbauer/Eberl 2005, S. 567. Vgl. Homburg/Giering 1996, S. 6; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 73. Vgl. Churchill 1987, S. 381f. Vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 73.
210
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
nimmt, desto zuverlässiger ist die Messung. Die Reliabilität bzw. Zuverlässigkeit eines Messinstruments ist demnach umso höher, je stärker die Messung frei von zufälligen Messfehlern ist.47 Der systematische Messfehler ist unabhängig von zufälligen Messfehlern und tritt bei jeder Messung in gleicher Höhe auf.48 Eine hohe Validität eines Messmodells liegt vor, wenn Unterschiede in den Messergebnissen auf tatsächlichen Unterschieden in der Realität des im Messmodell abgebildeten Sachverhalts beruhen, d.h., wenn das Messmodell zusätzlich frei von systematischen Fehlern ist. Reliabilität stellt somit eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für die Validität eines Messmodells dar.49 Ausgehend von dieser begrifflichen Abgrenzung finden sich in der Literatur zahlreiche Hinweise zur Gütebeurteilung reflektiver Konstrukte.50 Grundsätzlich können hierbei vier Arten von Gütebeurteilungen unterschieden werden.51 Die Inhaltsvalidität gibt an, ob das Messmodell inhaltlich das zu untersuchende Konstrukt widerspiegelt.52 Je besser bzw. umfassender die manifesten Indikatoren die Bedeutungsinhalte und Facetten des Konstrukts abbilden, desto höher ist der Grad der inhaltlichen Abdeckung des Konstrukts durch seine Indikatoren. Da keine objektiven Kriterien zur Beurteilung der Inhaltsvalidität existieren, erfolgt ihre Überprüfung in der Regel durch die Begutachtung von Experten (Expert Validity).53 Die Indikatorreliabilität als weiteres Gütekriterium reflektiver Messmodelle bezieht sich auf die Reliabilität reflektiver Indikatoren und gibt den Anteil der Varianz eines Indikators an, der durch das ihm zugrunde liegende Konstrukt erklärt wird.54 Für diese Prüfgröße wird in der Literatur zumeist gefordert, dass jeder Indikator eine Faktorladung von mindestens 0,707 aufweist, d.h., dass zumindest die Hälfte der Varianz des Indikators auf die latente Variable zurückzu-
47 48
49 50 51 52 53 54
Vgl. Backhaus et al. 2006, S. 377. Vgl. Churchill 1987, S. 381f. Systematische Fehler sind auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen. Sie können aufgrund eines Fehlers in der Erhebungsplanung, -durchführung, -auswertung oder Interpretation der Forschungsergebnisse entstehen (vgl. Tscheulin/Helmig 2004, S. 178). Vgl. Churchill 1979, S. 65; Peter 1979, S. 6; Berekhoven/Eckert/Ellenrieder 2004, S. 91. Vgl. z.B. Churchill 1979; Gerbing/Anderson 1988; Homburg/Giering 1996; Rossiter 2002. Vgl. Churchill 1979; Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 13ff. Vgl. Churchill 1979, S. 490. Vgl. Himme 2007, S. 382. Vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 73.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
211
führen ist.55 Damit ist die gemeinsame Varianz zwischen Konstrukt und Indikator höher als die Varianz des Messfehlers. Da gerade bei neu entwickelten Messskalen relativ häufig niedrigere Ladungen auftreten, werden auch Faktorladungen von 0,4 bzw. ein erklärter Varianzanteil von mindestens 0,14 für vertretbar angesehen.56 Neben der Höhe der Ladung zwischen latenter und manifester Variable interessiert vor allem die Signifikanz der Ladung.57 Die Signifikanz der Ladungen lässt sich mit Hilfe der t-Werte abschätzen.58 Diese können in PLS auf Basis von Hilfsprozeduren des Resampling wie Bootstrapping und Jackknifing ermittelt werden.59 Während die Indikatorreliabilität Aufschluss über die Modellgüte auf Ebene der Indikatoren gibt, bezieht sich die Konvergenzvalidität auf die Beurteilung eines Faktors zur Erklärung des zu ihm in Beziehung stehenden Blocks reflektiver Indikatoren.60 Die Gütebeurteilung erfolgt somit nicht auf Indikator- sondern Faktorebene. Die konvergente Validität der Konstrukte setzt voraus, dass ein ausreichend großer Zusammenhang zwischen den verschiedenen Indikatoren, die ein Konstrukt messen, besteht. 61 Zur Überprüfung der Konvergenzvalidität wird in der Literatur zumeist das Kriterium der internen Konsistenz nach Fornell/Larcker herangezogen, mit dem beurteilt werden kann, wie gut ein Faktor durch die ihm zugeordneten Indikatoren gemessen wird.62 Der Wertebereich für die interne Konsistenz liegt zwischen Null und Eins, wobei höhere Werte auf eine bessere Messung schließen lassen. Als Grenzwert wird ein Wert von 0,6 erachtet.63 Es finden sich aber auch Mindestwerte von 0,7 in der Literatur.64 55
56 57 58 59
60
61 62 63 64
Vgl. Fornell/Larcker 1981; Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 13; Huber et al. 2007a, S. 35; Panten/Boßow-Thies 2007, S. 321; Ringle/Spreen 2007, S. 212. Die Faktorladung von 0,707 entspricht der Wurzel aus 0,5. Vgl. Hulland 1999, S. 198. Vgl. Hulland 1999, S. 198. Vgl. Huber et al. 2007a, S. 35. Zu den beiden Resampling-Verfahren in PLS vgl. z.B. Ringle 2004a, S. 18 sowie die dort angegebene Literatur. Das Bootstrapping ist aufgrund eines geringen Standardfehlers dem Jackknifing vorzuziehen (vgl. Huber et al. 2007a, S. 35). Vgl. Ringle 2004a, S. 19. Weitere in der Literatur gebräuchliche Bezeichnungen für die Konvergenzvalidität sind Faktor- bzw. Konstruktreliabilität, Interne Konsistenz und Composite Reliability (vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 74). Vgl. Bagozzi/Phillips 1982, S. 468; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 74. Vgl. Fornell/Larcker 1981, S. 45; Ringle 2004a, S. 19; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 74; Ringle et al. 2006, S. 87; Huber et al. 2007a, S. 35. Vgl. Homburg/Baumgartner 1998, S. 361; Ringle/Spreen 2007, S. 212. Vgl. Nunnally 1978, S. 245; Panten/Boßow-Thies 2007, S. 321.
212
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Als weitere Prüfgröße für die Konvergenzvalidität wird in einigen wissenschaftlichen Arbeiten die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV bzw. im Englischen AVE) genannt.65 Sie misst dabei den „Varianzanteil der Indikatoren, der durch die latenten Variablen hervorgerufen wird, im Verhältnis zu dem Anteil der dem Messfehler zuzuordnen ist.“66 Als Mindestwert für das DEV-Maß wird ein Wert von 0,5 gefordert, da im Falle eines niedrigeren Wertes mehr als 50 Prozent der Varianz auf den Fehlerterm fallen, sodass ein solches Messmodell als unzureichend zu bewerten ist.67 Die aktuelle PLS-Version weist das DEVMaß standardmäßig aus. Da Konvergenzvalidität voraussetzt, dass die Korrelationen zwischen den manifesten Variablen ausschließlich durch das zugrunde liegende Konstrukt verursacht werden, schlagen einige Autoren zusätzlich eine Prüfung auf Unidimensionalität der Konstruktmessung vor.68 Zur Feststellung von Unidimensionalität werden in der Literatur unterschiedliche Gütemaße und Methoden diskutiert.69 Tenenhaus et al. gehen davon aus, dass Unidimensionalität vorliegt, wenn das Cronbachs Alpha des Konstrukts über 0,7 liegt.70 Zudem empfehlen sie zur Überprüfung der Unidimensionalität, die Eigenwerte der Korrelationsmatrix der manifesten Variablen zu untersuchen. Sofern die Indikatoren nur auf einen Faktor laden, d.h., der erste Eigenwert größer als Eins und der zweite kleiner als Eins ist, liegt Unidimensionalität vor.71 Zur Erreichung einer möglichst vollständigen Reliabilitäts- und Validitätsbeurteilung ist es zudem notwendig, reflektive Messmodelle auf Diskriminanzvalidität zu prüfen. Unter der Diskriminanzvalidität wird die Unterschiedlichkeit der Messungen verschiedener Konstrukte verstanden.72 Sie liegt vor, wenn zwei verschiedene Messinstrumente auch tatsächlich unterschiedliche Sachverhalte messen. Zur Überprüfung dieser Anforderung wird der Zusammenhang zwischen den Indikatoren verschiedener Konstrukte analysiert. Sofern die Indikatoren eines Konstrukts untereinander einen stärkeren Zusammenhang aufweisen als zu den Indikatoren eines anderen Konstrukts, liegt ein diskriminant valides Mess-
65 66 67 68 69 70 71 72
Vgl. Ringle 2004a, S. 19f.; Huber et al. 2007a, S. 35f.; Panten/Boßow-Thies 2007, S. 321. Panten/Boßow-Thies 2007, S. 321. Vgl. Fornell/Larcker 1981, S. 39ff.; Homburg/Baumgartner 1998, S. 361. Vgl. Riemenschneider 2006, S. 263f.; Huber et al. 2007a, S. 37. Für einen Überblick vgl. Segars 1997. Vgl. Tenenhaus et al. 2005, S. 164. Vgl. hierzu auch Riemenschneider 2006, S. 263. Vgl. Tenenhaus et al. 2005, S. 163. Vgl. hierzu auch Riemenschneider 2006, S. 263. Vgl. Bagozzi/Phillips 1982, S. 469.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
213
modell vor.73 Die Diskriminanzvalidität lässt sich mit Hilfe des FornellLarcker-Kriteriums beurteilen.74 Dieses besagt, dass diskriminante Validität vorliegt, wenn die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) einer latenten Variable größer ist als sämtliche quadrierten Korrelationen dieser Variable mit allen anderen Konstrukten im Modell.75 Schaubild 5-5 fasst die Gütekriterien zusammen, die in der vorliegenden Arbeit zur Bewertung von reflektiven Messmodellen herangezogen werden. Gütearten Inhaltsvalidität
Indikatorreliabilität
Konvergenzvalidität
Diskriminanzvalidität
Gütekriterien
Anforderung
Qualitative Überprüfung
Inhaltliche Spezifikation auf Basis theoretischer und empirischer Überlegungen
Ladung
> 0,7 (0,4)
t-Wert der Ladung
> 1,98
Interne Konsistenz (IK)
> 0,7 (0,6)
Durchschnittlich erfasste Varianz (DEV)
> 0,5
Cronbachs Alpha
> 0,7
1. Eigenwert (EW)
1. EW > 1
2. Eigenwert (EW)
2. EW < 1
Fornell-Larcker-Kriterium
DEVi > als jede quadrierte Korrelation der latenten Variable i mit allen anderen latenten Variablen
Schaubild 5-5: Gütebeurteilung reflektiver Messmodelle (Quelle: In Anlehnung an Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 61; Riemenschneider 2006, S. 266)
5.3.2
Beurteilung formativer Messmodelle
In einem formativen Messmodell stellt jeder Indikator eine Determinante – und nicht wie im reflektiven Messmodell eine Ausprägung – des übergeordneten Konstrukts dar (vgl. Abschnitt 3.1.2). Diese Umkehr der Kausalität sowie die 73 74 75
Vgl. Peter 1981, S. 137; Bagozzi/Phillips 1982, S. 469 Vgl. Ringle 2004a, S. 20; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 74; Panten/BoßowThies 2007, S. 322. Vgl. Fornell/Larcker 1981, S. 46.
214
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
damit verbundenen Eigenschaften formativer Messmodelle haben zur Folge, dass die Überprüfung von Validität und Reliabilität von formativen Messmodellen besonders problematisch ist und dass Gütekriterien, die für reflektive Messmodelle gelten, nicht gleichermaßen auf formative Messmodelle übertragen werden können.76 Im Vergleich zu den relativ etablierten Gütekriterien für reflektive Messmodelle existiert bisweilen kein geschlossenes System an Verfahren und Gütekriterien zur Beurteilung formativer Messmodelle.77 Nachfolgend werden die bestehenden Ansätze zur Gütebeurteilung formativ operationalisierter Konstrukte dargelegt.78 Die Sicherstellung der Inhaltsvalidität ist bei formativen Messmodellen von besonderer Bedeutung, da hier die latente Variable durch die Gesamtheit ihrer Indikatoren definiert wird. Die Nicht-Berücksichtigung einer inhaltlichen Facette bzw. eines Indikators ändert die Bedeutung des latenten Konstrukts. Basis zur Gewährleistung der Inhaltsvalidität ist die genaue Spezifikation und Definition des Konstruktinhalts. Nur wenn im Rahmen der Inhaltsspezifikation sämtliche relevanten Konstruktfacetten berücksichtigt werden, ist es möglich, die auf der Inhaltspezifikation basierenden Indikatoren des Konstrukts vollständig und valide abzubilden. Während bei reflektiven Messmodellen eine hohe Wahlfreiheit bei der Auswahl der Indikatoren besteht, ist bei formativen Messmodellen besonders darauf zu achten, dass jeder mögliche formative Indikator im Sinne einer „Vollerhebung des Indikatoruniversums“79 berücksichtigt wird, da die Missachtung eines Indikators zu einer unvollständigen inhaltlichen Abbildung des Konstrukts und damit verbunden zu einer unvaliden Messung des betrachteten Konstrukts führt.80 Um dies zu gewährleisten wird empfohlen, extensive Literaturrecherchen sowie Experteninterviews durchzuführen.81
76
77 78 79 80 81
Vgl. Bagozzi 1994, S. 333; Diamantopoulos 1999, S. 448; Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 271; Rossiter 2002, S. 307f.; Eberl 2004, S. 7; Fassot/Eggert 2005, S. 38f.; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 76; Zinnbauer/Eberl 2005, S. 567. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 50; Panten 2005, S. 236. Vgl. hierzu insbesondere Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 269ff.; Krafft/Götz/ Liehr-Gobbers 2005, S. 76ff. Eberl 2004, S. 9. Vgl. Bollen/Lennox 1991, S. 308; Christophersen/Grape 2007, S. 111. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001; Rossiter 2002. Die Überprüfung der Inhaltsvalidität anhand des psa-Indexes als Maß für die Eindeutigkeit der Zuordnungen von Indikatoren und des csv-Indexes als Maß für die inhaltliche Relevanz kommen in dieser Arbeit nicht zur Anwendung. Zum psa-Index vgl. Anderson/Gerbing 1991; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 76f.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
215
Ein weiteres Kriterium zur Gütebeurteilung formativer Messmodelle stellt die Indikatorrelevanz dar, bei der der Beitrag eines jeden formativen Indikators zur Konstruktbildung überprüft wird. Hierzu werden die mit dem PLS-Ansatz errechneten Gewichte der Indikatoren miteinander verglichen, um die Indikatoren zu bestimmen, die ein Konstrukt am stärksten formen.82 Auch wenn Gewichte nicht im Sinne von Faktorladungen interpretiert werden können und meist geringer als die Ladungen reflektiver Items ausfallen, deutet ein vergleichsweise hohes Gewicht auf einen hohen Erklärungsbeitrag des Indikators zum Konstrukt hin.83 Von einer voreiligen Eliminierung gering gewichtiger Indikatoren aus dem Messmodell – wie im reflektiven Fall – ist jedoch abzusehen, da die PLSMethode die Gewichte der einzelnen Indikatoren optimiert – mit dem Ziel, die erklärte Varianz der abhängigen Variablen im Modell zu maximieren.84 Als Grenzwert wird in der Regel ein Indikatorgewicht von 0,1 erachtet.85 Grundsätzlich sind der Indikatoreliminierung jedoch umfassende sachlogische Überlegungen voranzustellen, da bei formativen Messmodellen auch Indikatoren mit geringen Gewichten einen Erklärungsbeitrag leisten und die Eliminierung eines formativen Indikators die Gefahr birgt, eine kleine aber dennoch valide Komponente des Konstrukts zu verlieren.86 Neben der Höhe der Indikatorgewichte ist zur Beurteilung der formativen Indikatoren die Signifikanz der Gewichte von Bedeutung.87 Diese lässt sich mit Hilfe des t-Werts des Pfadkoeffizienten bestimmen, der Auskunft über die „Vorhersagevalidität eines Indikators hinsichtlich des Konstrukts“88 gibt. Zweiseitige Signifikanz ist ab einem t-Wert größer als 1,98 gegeben.89 Entgegen der zurückhaltenden Forderung formative Indikatoren mit geringen Gewichten zu eliminieren, wird die Eliminierung eines Indikators hingegen stark empfohlen, wenn ein hoher Grad an Multikollinearität, d.h. eine hohe lineare Abhängigkeit zwischen Indikatoren, vorliegt.90 Da formative Messmodelle auf 82 83 84 85 86 87 88 89
90
Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 51. Vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 77f. Vgl. Chin 1998b, S. 307. Vgl. Lohmöller 1989, S. 60; Steffen 2006, S. 175. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 273; Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 729; Huber et al. 2007a, S. 38. Vgl. Ringle et al. 2006, S. 87; Christophersen/Grape 2007, S. 112; Huber et al. 2007a, S. 38. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 57. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 61. Die t-Werte lassen sich in PLS – wie bereits erwähnt – mit Hilfe der Bootstrapping- oder Jackknifing-Prozedur bestimmen. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 78.
216
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
dem Prinzip einer multiplen Regressionsanalyse beruhen91, ist Multikollinearität zwischen den Indikatoren problematisch.92 Mit zunehmender Multikollinearität zwischen den formativen Indikatoren eines Konstrukts werden die Standardfehler der Indikatorkoeffizienten bzw. Gewichte größer und damit deren Schätzung unzuverlässiger.93 In der wissenschaftlichen Literatur werden verschiedene Zugänge zur Prüfung, ob eine kritische Multikollinearität vorliegt, diskutiert.94 Ein weit verbreitetes und anerkanntes Evaluierungskriterium stellt in diesem Zusammenhang der so genannte Variance Inflation Faktor (VIF) dar.95 Der VIF berechnet sich aus dem Kehrwert der Toleranz, wobei als Toleranz der Anteil der Varianz eines Indikators bezeichnet wird, der nicht durch die anderen Indikatoren erklärt wird.96 Bei einem VIF-Wert von Eins sind die betrachteten Indikatoren vollkommen unabhängig voneinander. In der Literatur werden VIF-Werte unter 10 gefordert.97 Neben der Prüfung der Multikollinearität ist das Messmodell schließlich in Bezug auf die externe Validität zu analysieren.98 Obwohl der PLS-Ansatz prinzipiell von einer fehlerfreien Messung der formativen Messmodelle ausgeht, ist 91
92
93 94 95 96 97 98
Mathematisch betrachtet ist das latente Konstrukt eine Linearkombination seiner formativen, manifesten Variablen plus Fehlerterm (vgl. Bollen/Lennox 1991, S. 306): ߟ ൌ ߣଵ ߯ଵ ߣଶ ߯ଶ ǥ ߣ ߯ ߜ Die Koeffizienten ሺߣଵ ǡ ǥ ǡ ߣ ) geben Aufschluss über die Einflussstärke der jeweiligen manifesten Variable auf die latente Variable und geben somit die Gewichtung der Indikatoren bei ihrer linearkombinatorischen Verrechnung zur latenten Variable (ߟ) an (vgl. Fassot/Eggert 2005, S. 38). Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 272; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 78; Christophersen/Grape 2007, S. 111; Panten/Boßow-Thies 2007, S. 320. Da reflektive Messmodelle auf Basis einfacher Regression bestimmt werden, stellt Multikollinearität bei reflektiven Operationalisierungen kein Problem dar (vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 272). Vgl. Huber et al. 2007a, S. 39. Für einen Überblick vgl. Panten 2005, S. 237f.; Schneider 2007. Vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 79; Riemenschneider 2006, S. 269; Huber et al. 2007a, S. 39; Schneider 2007, S. 187. Vgl. Schneider 2007, S. 187. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 272; Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 20; Huber et al. 2007a, S. 39. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 272f.; Reinartz/Krafft/Hoyer 2004, S. 298f.; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 81ff. Von externer Validität wird gesprochen, wenn die Ergebnisse generalisierbar sind, d.h., von der betrachteten Stichprobe auf die zugrunde liegende Grundgesamtheit übertragen werden können (Berekhoven/Eckert/Ellenrieder 2004, S. 90; Tscheulin/Helmig 2004, S. 519).
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217
eine vollständige Erfassung nicht immer möglich.99 Eine Möglichkeit zur Bestimmung dieses unbekannten Fehlerterms ist die Verwendung von so genannten MIMIC-Modellen (Multiple Indicators and Multiple Causes).100 Im MIMICModell wird eine einzelne latente Variable sowohl durch formative als auch durch reflektive Indikatoren gemessen.101 Da verschiedene Programme diesen Modelltyp nicht unterstützen, wie das in dieser Arbeit verwendete Programm PLSGraph 3.0, bieten sich Zwei-Konstrukt-Modelle als Alternative an. Hierbei wird eine Phantomvariable eingeführt, um eine reflektive Operationalisierung der betrachteten latenten Variable zu ermöglichen.102 Bestätigt sich der vermutete starke und signifikante Zusammenhang zwischen der latenten Variable und der Phantomvariable und kann ein erheblicher Teil der Varianz der Phantomvariable durch das jeweilige Konstrukt erklärt werden, liegt externe Validität vor.103 Es existiert nach Kenntnis des Autors noch kein etablierter Standard hinsichtlich der Höhe des Pfadkoeffizienten zwischen formativ operationalisiertem Konstrukt und Phantomvariable sowie in Bezug auf die Höhe der Varianzerklärung. Riemenschneider fordert in seiner Arbeit einen Mindestwert für den Pfadkoeffizienten von 0,5 und für die Varianzerklärung von 50 Prozent, ablesbar am Bestimmtheitsmaß (R2) der Phantomvariable.104 Diese Mindestanforderungen werden auch in dieser Arbeit gestellt. 99 100
101
102 103 104
Vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 719. Ein formativ operationalisiertes Konstrukt wird dementsprechend zusätzlich durch einen Fehlerterm erklärt. Zur Überprüfung der externen Validität stehen neben dem MIMIC-Modell noch weitere Vorgehensweisen zur Verfügung. Neben der Berechnung der Korrelation jedes einzelnen formativen Indikators mit einer externen Variable kann der Strukturzusammenhang zwischen dem formativen Konstrukt und einem weiteren latenten Konstrukt (z.B. Determinante oder Wirkungsgröße) untersucht werden (vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 272). Sofern sich geeignete reflektive Indikatoren für das betrachtete Konstrukt spezifizieren lassen, wird jedoch empfohlen, auf das MIMIC-Modell zur externen Validierung des formativen Messmodells zurückzugreifen (vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 50). Hierzu ist die Erfassung der jeweiligen latenten Größe mittels zwei reflektiven Indikatoren notwendig. Beim MIMIC-Modell wird das latente Konstrukt als isoliertes Modell betrachtet. Die formativen Indikatoren stellen die Ursachen, die reflektiven Indikatoren das Ergebnis des Konstrukts dar. Erweist sich das Modell als gut spezifiziert, kann das formative Messmodell als valide angenommen werden. Vgl. hierzu Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 272f.; Reinartz/Krafft/Hoyer 2004; Krafft/ Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 80f.; Temme 2006, S. 186; Huber et al. 2007a, S. 26. Vgl. Diamantopoulos/Winklhofer 2001, S. 273; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 80f. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 22; Riemenschneider 2006, S. 270; Christophersen/Grape 2007, S. 113f. Vgl. Riemenschneider 2006, S. 272.
218
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Schaubild 5-6 fasst die in dieser Arbeit zur Anwendung kommenden Gütekriterien für formative Messmodelle zusammen. Gütearten Inhaltsvalidität
Indikatorrelevanz
Gütekriterien Qualitative Überprüfung
Inhaltliche Spezifikation auf Basis inhaltlicher und empirischer Überlegungen
Regressionskoeffizient (Gewicht)
> 0,1
t-Wert des Regressionskoeffizienten
> 1,98
Variance Inflation Faktor (VIF)
< 10
2
Externe Validität
Anforderung
R (Phantomvariable)
> 0,5
Pfadkoeffizient (zur Phantomvariable)
> 0,5
t-Wert des Pfadkoeffizienten (zur Phantomvariable)
> 1,98
Schaubild 5-6: Gütebeurteilung formativer Messmodelle (Quelle: In Anlehnung an Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 82; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 61; Riemenschneider 2006, S. 271)
5.3.3
Beurteilung des Strukturmodells
Die Beurteilung des Strukturmodells bzw. der nomologischen Validität des postulierten Modells beinhaltet eine Untersuchung der einzelnen Wirkungsbeziehungen zwischen den Modellelementen, d.h. des Erklärungsbeitrags der einzelnen unabhängigen Variablen und der Güte der Erklärung der abhängigen Variablen. Hierzu wird (1) die Stärke und Signifikanz der Pfadkoeffizienten im PLS-Strukturmodell betrachtet, (2) das Bestimmtheitsmaß (R2) der endogenen Variablen analysiert, (3) die Einflussstärke der unabhängigen Variablen auf die abhängigen Variablen anhand des Gütekriteriums Effektstärke (f2) überprüft sowie (4) die Prognoserelevanz des Modells anhand des Stone-Geisser-TestKriteriums (Q2) beurteilt.105 Die Analyse der Stärke, Richtung und Signifikanz der einzelnen Pfadkoeffizienten im PLS-Strukturmodell (Strukturpfade) gibt Aufschluss über die Wirkungszusammenhänge zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen.106 Der
105 106
Vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 83ff. Vgl. Chin 1998b, S. 316ff.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
219
Pfadkoeffizient zwischen zwei Konstrukten entspricht hierbei dem Regressionskoeffizienten einer linearen Funktion und misst den marginalen Effekt einer unabhängigen Variable auf die abhängige Variable.107 Für die Beurteilung der Pfadkoeffizienten im Strukturmodell ist eine Pfadstärke von 0,1 als Mindestwert zu betrachten108, wobei auch Werte von 0,2 gefordert werden.109 In dieser Studie werden Werte größer 0,1 gefordert. Die Signifikanz der Pfadkoeffizienten wird hier – ebenso wie im Messmodell – anhand der t-Statistiken aus ResamplingMethoden wie dem Bootstrapping geprüft.110 Ein Mindestmaß in Bezug auf Signifikanzniveaus besteht explizit nicht. Im Generellen werden t-Werte, die eine weniger als 95-prozentige Sicherheit aufweisen, als nicht signifikant betrachtet.111 Neben den Pfadkoeffizienten stellt die Beurteilung des Bestimmtheitsmaßes (R2) der abhängigen Variable einen zentralen Aspekt der Gütebeurteilung des Strukturmodells dar. Dieses gibt die Höhe bzw. den Anteil der erklärten Varianz an der Gesamtvarianz eines Zielkonstrukts wieder und wird wie in der Regressionsanalyse interpretiert.112 Je höher der Anteil der erklärten Varianz an der Gesamtvarianz ist, desto mehr nähert sich das Bestimmtheitsmaß dem Wert 1 an. Hinsichtlich einer Mindestgröße für diesen Wert gibt es in der Literatur keine eindeutige Aussage. Als unteren Grenzwert fordern Herrmann et al. einen Wert von 0,3.113 Entsprechend der von Chin gekennzeichneten Richtwerte ist im Rahmen dieser Untersuchung ein Bestimmtheitsmaß von 0,67 als substanziell zu bezeichnen, während Ergebnisse von 0,33 als durchschnittlich und von 0,19 als schwach einzustufen sind.114 Als weiteres Gütekriterium kann über die Effektstärke (f2) eine Aussage über die Signifikanz des Einflusses einer unabhängigen (exogenen) Variable auf eine
107 108 109 110 111 112
113 114
Vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 83. Vgl. Lohmöller 1989, S. 60. Vgl. Chin 1998b, S. 324. Vgl. Christophersen/Grape 2007, S. 113; Huber et al. 2007a, S. 42; Panten/BoßowThies 2007, S. 323. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 61. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 23; Backhaus et al. 2006, S. 64; Panten/BoßowThies 2007, S. 322f. In einem Regressionsmodell zeigt das Bestimmtheitsmaß die Güte der Anpassung einer Regressionsfunktion an die empirisch gewonnenen Daten („Goodness of Fit“). Im Rahmen eines Strukturmodells verdeutlicht es dementsprechend den Grad, zu welchem kausal vorgelagerte latente Variablen die Varianz von nachgelagerten latenten Variablen erklären. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 61. Vgl. Chin 1998b, S. 323.
220
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
abhängige (endogene) Variable getroffen werden (Prognoserelevanz der exogenen Konstrukte).115 Hierzu wird untersucht, inwieweit sich das Bestimmtheitsmaß der abhängigen Variable bei Berücksichtigung bzw. Ausschluss einzelner unabhängiger latenter Variablen, die in Beziehung mit dem endogenen Konstrukt stehen, verändert. Je größer die Effektstärke ist, desto gewichtiger ist der Einfluss der unabhängigen Variable auf die nachgelagerte Variable. Der Wertebereich der Effektgröße liegt zwischen Null und Eins, wobei Werte von 0,02, 0,15 bzw. 0,35 auf einen geringen, mittleren bzw. großen Einfluss der exogenen auf die mit ihr in Beziehung stehende endogene Variable schließen lassen.116 Aufgrund der weniger strikten Verteilungsannahmen des PLS-Ansatzes im Vergleich zu kovarianzbasierten Verfahren können zur Überprüfung der Gesamtmodellgüte keine inferenzstatistischen Tests durchgeführt werden.117 Die Prognoserelevanz des Modells lässt sich dementsprechend nur separat für jedes (reflektive) Zielkonstrukt mit Hilfe des nicht-parametrischen Stone-GeisserTest-Kriteriums (Q2) beurteilen.118 Dieses gibt an, wie gut eine Rekonstruktion der empirischen Daten durch das Modell und die PLS-Parameter möglich ist.119 Der zugrunde liegende Rohdatensatz wird dabei unter Auslassung eines Teils der Daten immer wieder neu berechnet. Diese als Blindfolding bezeichnete Prozedur wird so lange wiederholt, bis jeder Teil des Rohdatensatzes einmal ausgelassen und anhand der verbliebenen Daten rekonstruiert wurde.120 Wenn das Gütekriterium Q2 einen Wert größer als Null aufweist, kann von einer hinreichenden Prognosefähigkeit des Modells ausgegangen werden.121 Schaubild 5-7 stellt die Gütekriterien zur Beurteilung des Strukturmodells sowie die geforderten Anspruchsniveaus zusammenfassend dar.
115 116 117 118 119 120 121
Vgl. Chin 1998b, S. 316f.; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 84; Panten/BoßowThies 2007, S. 323. Vgl. Chin 1998b, S. 316; Cohen 1998, S. 413. Vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 83. Vgl. Huber et al. 2007a, S. 43. Vgl. Fornell/Cha 1994, S. 72; Götz/Liehr-Gobbers 2004a, S. 731; Krafft/Götz/ Liehr-Gobbers 2005, S. 84f. Für eine ausführliche Darstellung der Blindfolding-Prozedur vgl. Fornell/Cha 1994, S. 71ff. Vgl. Chin 1998b, S. 318; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 58.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität Gütearten
Gütekriterien
221 Anforderung
Ausmaß und Signifikanz der Pfadkoeffizienten
Pfadkoeffizient
> 0,1
t-Wert Pfadkoeffizient
> 1,98
Anteil der erklärten Varianz des endogenen Konstrukts
Bestimmtheitsmaß (R2)
> 0,3
Stärke des Erklärungsbeitrags der exogenen auf die endogene Variable
Effektstärke (f2)
> 0,02
Prognoserelevanz
Stone-Geisser-TestKriterium (Q2)
>0
Schaubild 5-7: Gütebeurteilung des Strukturmodells (Quelle: In Anlehnung an Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 85; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 61)
5.4
Empirische Konzeptualisierung und Operationalisierung der Markenbeziehungsqualität
5.4.1
Methodik und Vorgehensweise
Die Hauptuntersuchung hat primär das Ziel, das in den vorherigen Kapiteln konzeptualisierte und operationalisierte Konstrukt der Markenbeziehungsqualität einer empirischen Überprüfung zu unterziehen. Hierzu wird ein zweistufiges Vorgehen angewandt, das sich an der von von Loewenfeld entwickelten Vorgehensweise zur Validierung von Konstrukten dritter Ordnung mit reflektiven (Operationalisierung) und formativen Teilmodellen (Konzeptualisierung) orientiert (vgl. Schaubild 5-8).122
122
Vgl. von Loewenfeld 2006, S. 176ff. Von Loewenfeld testet mittels LISREL und PLS das Konstrukt der „Brand-Community-Qualität“. Dieses setzt sich aus neun reflektiv operationalisierten Faktoren und drei formativ operationalisierten Dimensionen zusammen.
222
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Schaubild 5-8: Vorgehensweise und Gütekriterien zur Beurteilung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität in der Hauptstudie
Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die Analyse des reflektiven Messmodells auf Faktorebene (Stufe 1). Zur Beurteilung der Güte der reflektiv operationalisierten Faktoren der Markenbeziehungsqualität werden die in Abschnitt 5.3.1 beschriebenen Gütekriterien zur Überprüfung der Inhaltsvalidität, Indikatorreliabilität, Konvergenzvalidität und Diskriminanzvalidität herangezogen.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
223
Während die Analyse der Inhalts- und Indikatorreliabilität vor allem auf Indikatorebene erfolgt, werden die anderen Validitätsarten auf Konstrukt-, d.h. Faktorebene, betrachtet. In einem zweiten Schritt erfolgt die Analyse des Mess- und Strukturmodells auf Gesamtmodellebene (Stufe 2). PLS bietet keine Möglichkeit, latente Konstrukte dritter Ordnung direkt abzubilden. Um dennoch Konstrukte dritter Ordnung in PLS schätzen und beurteilen zu können, schlägt von Loewenfeld vor, diese als nomologisches Netzwerk in PLS abzubilden und auf Mess- und Strukturmodellebene zu analysieren.123 Diese Methodik wird auch in der vorliegenden Untersuchung angewendet. Hierzu wird zunächst für jeden der sechs (Einfluss-)Faktoren ein Faktorwert berechnet, der dann als direkter formativer Indikator der entsprechenden Dimension (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion bzw. Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion) dient. Die Faktorwerte ergeben sich dabei durch die gleichgewichtete Mittelwertbildung der Ausprägungen aller einem Faktor zugeordneten manifesten Variablen (Summated Scales).124 Eine unterschiedliche Gewichtung der Indikatoren bei der Faktorwertberechnung würde dem Gedanken widersprechen, dass in einem reflektiven Messmodell die Indikatoren das Konstrukt gleichsam valide abbilden und somit untereinander austauschbar sind.125 Neben der Berechnung der Faktorwerte und Operationalisierung der Dimensionen anhand dieser Faktorwerte bedarf es zur Schätzung des Modells in PLS der Spezifizierung eines reflektiven Messmodells auf Ziel(Gesamt-)konstruktebene. Dazu wird das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität über zwei reflektive Indikatoren direkt abgebildet. Die beiden manifesten Variablen MBQ_1 („Ich habe eine enge Verbindung zu dieser Marke.“) und MBQ_2 („Ich habe eine gute Beziehung zu der Marke.“) erfassen die Markenbeziehungsqualität auf globaler Ebene. Auf Basis der formativen Operationalisierung der Dimensionen der Markenbeziehungsqualität anhand der Faktorwerte sowie der beiden reflektiven Indikatoren für die Markenbeziehungsqualität auf globaler Ebene lässt sich das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität in der theoretisch spezifizierten Form als nomologisches Netzwerk in PLS abbilden und berechnen (vgl. Schaubild 5-9).
123 124 125
Vgl. von Loewenfeld 2006, S. 182ff. Vgl. Ulaga/Eggert 2006, S. 129f.; von Loewenfeld 2006, S. 183. Vgl. von Loewenfeld et al. 2008, S. 183. Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Abschnitt 3.1.2.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Reflektives Messmodell auf Konstruktebene
224
MBQ_1
MBQ_2
Strukturmodell
MBQ
Formatives Messmodell auf Dimensionsebene
Qualität MAKI
MZ*
MV*
Qualität STKI
EN*
Stärke KKI*
Stärke MKI*
Stärke SKI*
Legende: MBQ: Markenbeziehungsqualität Qualität MAKI: Qualität der Marke-Kunde-Interaktion Qualität STKI: Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
MZ: Markenzuf riedenheit MV: Markenvertrauen EN: Emotionale (Marken-)Nähe
Stärke KKI: Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion Stärke MKI: Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion Stärke SKI: Stärke der System-Kunde-Interaktion
*Faktorwerte
Schaubild 5-9: Nomologisches Netzwerk zur Abbildung der Markenbeziehungsqualität in PLS
Nach Schätzung des Modells in PLS erfolgt die Analyse des Gesamtmodells der Markenbeziehungsqualität, wobei dies gleichzusetzen ist zum einen mit der Analyse des Messmodells auf Dimensionsebene, zum anderen mit der Analyse des Strukturmodells, das in dieser Untersuchung als formatives Messmodell auf Konstruktebene dient. Zunächst wird eine Analyse des formativen Messmodells auf Dimensionsebene hinsichtlich Inhaltsvalidität, Indikatorrelevanz und externer Validität vorgenommen.126 Hierzu kommt der Kriterienkatalog aus Abschnitt 5.3.2 zum Einsatz. Zur Analyse der externen Validität wird auf das in Abschnitt 5.3.2 bereits beschriebene Zwei-Konstrukt-Modell mit einer Phantomvariable zurückgegriffen. Dazu werden die Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion sowie die Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion durch je eine Phantomvariable mit reflektiven Indikatoren abgebildet und mit der jeweiligen Dimension in Beziehung gesetzt. Bestätigt sich der vermutete starke und signifikante Zusammenhang zwischen der latenten Variable und der Phantomvariable und kann
126
Vgl. Giere/Wirtz/Schilke 2006, S. 287f.; von Loewenfeld 2006, S. 186f.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
225
ein erheblicher Teil der Varianz der Phantomvariable durch das jeweilige Dimensionskonstrukt erklärt werden, liegt externe Validität vor.127 Zur Analyse des formativen Messmodells auf Konstruktebene kommen die gleichen Gütekriterien wie für das formative Messmodell auf Dimensionsebene zur Anwendung, indem die Dimensionen bzw. deren durch PLS berechneten Werte als Indikatoren bzw. Indikatorwerte interpretiert werden. Analog können die Beziehungen zwischen dem übergeordneten Konstrukt der Markenbeziehungsqualität und den Dimensionen als Beziehungen zwischen Indikatoren und Konstrukt aufgefasst werden.128 Zur Prüfung auf Multikollinearität zwischen den Dimensionen bedarf es der Ermittlung von Dimensionswerten für die beiden Dimensionen. Diese ergeben sich als Summe der mit den Regressionsparametern (Weights) gewichteten Indikatoren einer Dimension geteilt durch die Summe der Gewichte, da jeder Indikator eine formative Facette der Dimension abbildet und unterschiedlich stark auf diese einwirkt.129 Dabei entsprechen die Indikatorwerte den bereits zuvor errechneten Faktorwerten für die sechs (Einfluss-)Faktoren. Die Prüfung der externen Validität erfolgt durch Analyse des reflektiven Messmodells auf Konstruktebene. Albers/Götz verweisen auf diese Möglichkeit: „Wird nämlich die Varianz des Konstrukts auf der zweiten Ebene durch die der ersten Ebene unzureichend erklärt, so ist dies ein Indiz für die unvollständige Berücksichtigung der Facetten des Konstrukts.“130 Als Mindestwert für die Varianzerklärung, ablesbar am Bestimmtheitsmaß R2, wird in Anlehnung an von Loewenfeld ein Wert größer 0,4 gefordert.131 Damit ist die Beschreibung der Vorgehensweise für die Datenanalyse abgeschlossen. In den folgenden Abschnitten werden die Analyseergebnisse vorgestellt. Zunächst werden die Ergebnisse der branchenübergreifenden Betrachtung präsentiert (Abschnitt 5.4.2). Hierzu wurde der Datensatz über sämtliche erhobene Branchen gesamthaft ausgewertet. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung dieser Arbeit, differenzierte Aussagen für die Messung der Markenbeziehungsqualität in unterschiedlichen Konsumgütermärkten zu treffen, erfolgt in Abschnitt 5.4.3 eine Präsentation branchenspezifischer Analyseergebnisse. Die Interpretation der Analyseergebnisse ist Gegenstand von Abschnitt 5.4.4.
127 128 129 130 131
Vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 22; Riemenschneider 2006, S. 270; Christophersen/Grape 2007, S. 113f. Vgl. von Loewenfeld 2006, S. 187. Vgl. von Loewenfeld 2006, S. 187. Albers/Götz 2006, S. 674. Vgl. von Loewenfeld 2006, S. 188.
226
5.4.2
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Branchenübergreifende Betrachtung
5.4.2.1 Ergebnisse der Analyse des Messmodells auf Faktorebene Zur Beurteilung der reflektiven Messmodelle für die sechs Faktoren der Markenbeziehungsqualität werden die in Abschnitt 5.3.1 beschriebenen Gütekriterien zur Überprüfung der Inhaltsvalidität, Indikatorreliabilität, Konvergenzvalidität und Diskriminanzvalidität herangezogen. Die Inhaltsvalidität verlangt, dass die Indikatoren eines Konstrukts mit dessen theoretischen Rahmen konsistent sind und alle Facetten und Bedeutungsinhalte abbilden. Im Kontext dieser Untersuchung bedeutet dies, dass alle relevanten Aspekte, die die Markenzufriedenheit, das Markenvertrauen, die Emotionale (Marken-)Nähe, die Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion, die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion sowie die Stärke der System-Kunde-Interaktion aus Kundensicht abbilden, durch die reflektiven Messmodelle erfasst sind. Zur Sicherstellung der Inhaltsvalidität der reflektiven Messmodelle dienten die im Vorfeld der quantitativen Erhebung durchgeführten Experten- und Kundengespräche, sodass von inhaltsvaliden Messmodellen auf Faktorebene ausgegangen wird. Schaubild 5-10 stellt die verwendeten Gütemaße sowie Analyseergebnisse zur Beurteilung der Indikatorreliabilität und Konvergenzvalidität dar.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
227
Indikatorebene Indikator
Ladung
t-Wert
DEV
IK
Kriterium
> 0,70
> 1,98
> 0,50
> 0,60
ZF_1
Gesamtzufriedenheit
0,951
314,358
ZF_2
Erwartungsvergleich
0,957
315,602
0,889
0,960
ZF_3
Abgleich mit Ideal
0,920
188,896
MV_1
Verlässlichkeit
0,932
172,482
MV_2
Glaubwürdigkeit
0,955
301,094
0,893
0,962
MV_3
Gesamtvertrauen
0,948
260,084
INTI_2
Intimität
0,828
115,072
INT_1
Interdependenz
0,913
170,269
0,774
0,932
LIE_3
Liebe
0,934
260,435
0,793
0,920
0,797
0,922
0,795
0,921
Faktor Markenzufriedenheit Markenvertrauen Emotionale (Marken-)Nähe Stärke der Kunde-KundeInteraktion Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion Stärke der System-KundeInteraktion
Faktorebene
IDENT_2
Identitätsverknüpfung
0,838
88,697
KU_1
Existenz
0,841
109,881
KU_2
Wertschätzung
0,930
239,927
KU_3
Nutzung
0,899
155,824
MA_1
Existenz
0,855
120,889
MA_2
Wertschätzung
0,932
255,123
MA_3
Nutzung
0,889
152,051
SY_1
Existenz
0,844
110,650
SY_2
Wertschätzung
0,936
257,293
SY_3
Nutzung
0,892
161,370
Eigenwerte 1. EW>1 2. EW<1
2,667 0,234
2,680 0,192
3,108 0,500
2,386 0,482
2,396 0,454
2,391 0,484
Cronbachs Alpha > 0,70
0,936
0,940
0,904
0,870
0,874
0,872
Schaubild 5-10: Ergebnisse der Analyse für das reflektive Messmodell der Markenbeziehungsqualität auf Faktorebene auf Basis des Gesamtdatensatzes
Die Indikatorreliabilität erfordert, dass jeder Indikator eine Faktorladung von mindestens 0,707 aufweist und dass diese signifikant ist (vgl. Abschnitt 5.3.1). Wie aus Schaubild 5-10 zu entnehmen ist, erfüllen alle Ladungen dieses Anforderungsniveau. Dies bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Varianz jedes Indikators auf den entsprechenden Faktor zurückzuführen ist und damit der Messfehler unter 50 Prozent liegt. Außerdem belegen die auf Basis des BootstrappingVerfahrens ermittelten t-Werte die deutliche Signifikanz aller Faktorladungen.
228
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Insgesamt erfüllen somit alle reflektiven Indikatoren die Gütekriterien hinsichtlich der Indikatorreliabilität. Die Konvergenzvalidität der Messmodelle ist ebenfalls sichergestellt. Das Kriterium der internen Konsistenz (IK) ist für alle Faktoren erfüllt. Die Werte liegen durchgängig über 0,9 und überschreiten damit deutlich das geforderte Mindestmaß von 0,6. Diese Werte implizieren, dass die einzelnen Faktoren die ihnen zugeordneten manifesten Variablen in hohem Umfang erklären. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Werte für die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV). Auch hier liegen alle Werte zwischen 0,77 und 0,89 und erfüllen somit die Mindestanforderung an eine durchschnittliche Varianzerklärung durch den entsprechenden Faktor von 0,5. Da Konvergenzvalidität voraussetzt, dass die Korrelationen zwischen den manifesten Variablen ausschließlich durch das zugrunde liegende Konstrukt verursacht werden, erfolgt ferner eine Prüfung auf Unidimensionalität der Konstruktmessung für jeden Faktor. Hierzu werden die CronbachsAlpha-Werte sowie das Kaiser-Kriterium herangezogen, das besagt, dass von Unidimensionalität ausgegangen werden kann, wenn der erste Eigenwert größer Eins und der zweite Eigenwert kleiner Eins ist (vgl. Abschnitt 5.3.1). Die ersten Eigenwerte der Korrelationsmatrix der manifesten Variablen aller Faktoren liegen zwischen 2,386 und 3,108; der maximale zweite Eigenwert beträgt 0,50. Somit ist das Kaiser-Kriterium für alle Faktoren erfüllt. Ebenso weisen alle Faktoren einen Cronbachs-Alpha-Wert über dem geforderten Mindestmaß von 0,7 aus. Von Unidimensionalität der Messmodelle ist daher auszugehen. Zur Überprüfung der Diskriminanzvalidität wird das Fornell-Larcker-Kriterium herangezogen. Dieses besagt, dass diskriminante Validität vorliegt, wenn die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) eines Faktors größer ist als sämtliche quadrierten Korrelationen dieses Faktors mit allen anderen Faktoren im Modell. Die Ergebnisse in Schaubild 5-11 zeigen, dass diese Anforderung für alle Faktoren erfüllt ist.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Markenzufriedenheit (MZ) Markenvertrauen (MV) Emotionale (Marken-)Nähe (EN) Stärke der KundeKunde-Interaktion (KKI) Stärke der MitarbeiterKunde-Interaktion (MKI)
229
MZ
MV
EN
KKI
MKI
SKI
0,889
0,581
0,206
0,021
0,013
0,023
0,893
0,368
0,084
0,082
0,095
0,774
0,300
0,183
0,189
0,793
0,523
0,496
0,797
0,697
Stärke der SystemKunde-Interaktion (SKI)
0,795
Schaubild 5-11: Korrelationsmatrix (quadrierte Korrelationen) zur Prüfung der Diskriminanzvalidität (DEV-Werte in der Diagonale)
Im Ergebnis zeigt sich, dass die geforderten Gütekriterien hinsichtlich Reliabilität und Validität für alle Faktoren erfüllt sind. Somit ist keine Veränderung der Messmodelle auf Faktorebene notwendig. In einem nächsten Schritt erfolgt die Betrachtung der Analyseergebnisse des Mess- und Strukturmodells auf Gesamtmodellebene.
5.4.2.2 Ergebnisse der Analyse des Mess- und Strukturmodells auf Gesamtmodellebene Zur Analyse des Mess- und Strukturmodells auf Gesamtmodellebene bedarf es in einem ersten Schritt der Berechnung von Faktorwerten für die sechs identifizierten (Einfluss-)Faktoren, die dann als direkte formative Indikatoren der entsprechenden Dimension fungieren. Dies erfolgt – wie in Abschnitt 5.4.1 dargestellt – durch eine einfache ungewichtete Mittelwertbildung über alle Indikatoren eines Faktors hinweg. Erst nach Ermittlung der Faktorwerte und Spezifizierung der Dimensionen anhand dieser Faktorwerte kann mit Hilfe von PLS das Gesamtmodell der Markenbeziehungsqualität geschätzt und anhand der in Abschnitt 5.4.1 dargestellten Kriterien analysiert werden. Zunächst werden die Ergebnisse der Analyse für das formative Messmodell auf Dimensionsebene präsentiert. Im Anschluss daran wird das Strukturmodell analysiert, das als formatives Messmodell auf Gesamtkonstruktebene fungiert. Die Analyse des formativen Messmodells auf Dimensionsebene erfolgt in Bezug auf Inhaltsvalidität, Indikatorrelevanz und externe Validität anhand der in Abschnitt 5.3.2 vorgestellten Gütekriterien. Wie oben erläutert, stellen im formativen Messmodell auf Dimensionsebene die sechs Faktoren bzw. Faktorwerte die
230
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
manifesten Indikatoren für die zwei Dimensionen der Markenbeziehungsqualität dar. Im Folgenden wird der Begriff Faktor beibehalten, wenngleich in der hier verwendeten Modellstruktur mit Faktoren nicht die latenten Faktoren, sondern die berechneten Faktorwerte (bzw. manifesten Indikatoren) gemeint sind. Die Sicherstellung der Inhaltsvalidität ist bei formativen Messmodellen von entscheidender Bedeutung, da die Nicht-Berücksichtigung einer inhaltlichen Facette bzw. eines Indikators die Bedeutung des latenten Konstrukts (hier: Dimension) ändert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit dienten die geführten Experten- und Kundengespräche sowie die theoretischen und konzeptionellen Vorüberlegungen zur Sicherstellung der Inhaltsvalidität des formativen Messmodells auf Dimensionsebene. Die Kombination verschiedener qualitativer Methoden trägt dazu bei, die Facetten der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion) und Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) möglichst umfassend und aus verschiedenen Blickwinkeln durch die Faktoren abzubilden. Die Inhaltsvalidität wird daher in der vorliegenden Studie als gegeben betrachtet. Aus Schaubild 5-12 sind die Analyseergebnisse für die Indikatorrelevanz zu entnehmen. Die Beziehung zur Phantomvariable, die zur Überprüfung der externen Validität dient, ist ebenfalls dargestellt.
Dimension
Faktorebene
Faktor (Indikator)
Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
Qualität der Marke-KundeInteraktion
Kriterium
Gewichte
Dimensionsebene Beziehung zur Phantomvariable t-Wert
VIF
> 0,10
> 1,98
< 10
Markenzufriedenheit
0,035
0,876
2,386
Markenvertrauen
0,444
10,680
2,958
Emotionale (Marken-)Nähe
0,649
22,865
1,520
Stärke der Kunde-KundeInteraktion
0,468
9,278
2,267
Stärke der MitarbeiterKunde-Interaktion
0,169
2,872
3,762
Stärke der System-KundeInteraktion
0,455
7,895
3,568
R2
Pfadkoeffizient
t-Wert
> 0,5
> 0,50
> 1,98
0,761
0,872
101,450
0,618
0,787
76,658
Schaubild 5-12: Ergebnisse der Analyse für das formativen Messmodell der Markenbeziehungsqualität auf Dimensionsebene auf Basis des Gesamtdatensatzes
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
231
Zur Überprüfung der Indikatorrelevanz dienen bei formativ operationalisierten Konstrukten in erster Linie die multiplen Regressionskoeffizienten (Gewichte) zwischen dem Konstrukt und den Indikatoren sowie deren Signifikanz. Alle Regressionsparameter für die als Indikatoren fungierenden Faktoren – mit Ausnahme vom Faktor Markenzufriedenheit – erfüllen sowohl die Mindestanforderung an ein Indikatorgewicht von über 0,1 sowie an die Signifikanz der Gewichte von 1,98. Wenngleich die Nicht-Erfüllung der Gütekriterien für den Faktor Markenzufriedenheit auf einen geringen Erklärungsgehalt des Faktors für die Qualität der Marke als Beziehungspartner hindeutet, wird von einer Eliminierung der Markenzufriedenheit aus dem Messmodell abgesehen. Wie in Abschnitt 5.3.2 erläutert, birgt die Eliminierung eines formativen Indikators – im Vergleich zur NichtBerücksichtigung eines reflektiven Indikators – die Gefahr, eine kleine aber dennoch valide Komponente des Konstrukts zu verlieren und somit den konzeptionellen Geltungsbereich des Konstrukts zu verändern.132 „Thus, dropping a causal indicator may omit a unique part of the composite latent construct and change the meaning of the variable.”133 Aus diesem Grund wird im wissenschaftlichen Schrifttum vorwiegend die Meinung vertreten, von einer Eliminierung eines formativen Indikators rein auf Basis von statistischen Aspekten abzusehen.134 Vielmehr sind auch gering gewichtete bzw. nicht-signifikante formative Indikatoren beizubehalten, sofern inhaltliche Überlegungen den Verbleib des Indikators (hier: Faktor) rechtfertigen.135 Der Faktor Markenzufriedenheit wurde auf Basis ausführlicher theoretisch-konzeptioneller Vorüberlegungen sowie einer Vielzahl von Experten- und Kundengesprächen als Faktor der Qualität der Marke-KundeInteraktion identifiziert. Markenzufriedenheit stellt eine austauschbezogene Erwartung an die Marke als Beziehungspartner dar, während Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe Zielgrößen in gemeinschaftlich geprägten MarkenKonsumenten-Beziehungen repräsentieren (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.1). Alle drei Faktoren stellen daher definierende Elemente der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktionsdimension) dar. Der Ausschluss der Markenzufriedenheit würde somit den substanziellen Inhalt der Dimension verändern, da Marken-Konsumenten-Beziehungen dann lediglich als Gemeinschaftsbeziehungen betrachtet würden. In der Realität ist jedoch davon
132 133 134
135
Vgl. Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 78. Jarvis et al. 2003, S. 202. Vgl. Chin 1998b, S. 307; Jarvis et al. 2003, S. 202; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 78; Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 51f.; Christophersen/Grape 2007, S. 112. Vgl. Rossiter 2002; Krafft/Götz/Liehr-Gobbers 2005, S. 78.
232
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
auszugehen, dass Marken-Konsumenten-Beziehungen Mischformen aus Gemeinschafts- und Austauschbeziehungen darstellen136 und somit Markenzufriedenheit – neben den eher affektiv geprägten Faktoren Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe – eine (Basis-)Anforderung in langfristigen MarkenKonsumenten-Beziehungen darstellt. Neben diesen inhaltlich-konzeptionellen Überlegungen unterstützen auch empirische Erkenntnisse den Verbleib des Faktors Markenzufriedenheit im Messmodell. So identifizieren zahlreiche Studien (Marken-)Zufriedenheit als Erfolgsgröße langfristiger Kundenbeziehungen bzw. als psychologische Ursache für eine Verbundenheit des Kunden.137 Auch wenn aktuelle Forschungsergebnisse aufzeigen, dass dieser Wirkungszusammenhang relativ klein sein kann bzw. verschiedene moderierende Variablen die Wirkungsgröße bestimmen138, besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass Zufriedenheit zwar kein Garant, jedoch in den meisten Fällen eine zentrale Voraussetzung für langfristig erfolgreiche Kundenbeziehungen ist.139 Darüber hinaus wird im Rahmen der branchenspezifischen Betrachtung in Abschnitt 5.4.3 gezeigt, dass in einigen der im Rahmen dieser Studie untersuchten Konsumgütermärkten Markenzufriedenheit als formativer Indikator mit signifikanten Gewichten über 0,1 bestätigt wird. Aus den erläuterten Gründen verbleibt der Faktor Markenzufriedenheit im Messmodell der Markenbeziehungsqualität. Entgegen der zurückhaltenden Forderung, formative Indikatoren mit geringen Gewichten zu eliminieren, wird die Eliminierung eines Indikators hingegen stark empfohlen, wenn ein hoher Grad an Multikollinearität vorliegt (vgl. Abschnitt 5.3.2). Wie die Ergebnisse für das Prüfkriterium des Variance Inflation Faktor (VIF) in Schaubild 5-12 zeigen, ist dies jedoch im formativen Messmodell auf Dimensionsebene nicht der Fall. Mit Werten zwischen 1,520 und 3,762 liegt der VIF für alle Faktoren deutlich unter der Obergrenze von 10. Dies deutet darauf hin, dass die einer Dimension zugeordneten Faktoren nicht linear voneinander abhängig sind. Die Multikollinearität der Faktoren kann somit ausgeschlossen werden. Die Überprüfung der externen Validität erfolgt mit Hilfe zweier MIMICModelle mit reflektiv operationalisierten Phantomvariablen für die beiden Quali-
136 137 138 139
Vgl. Hess 1998; Esch et al. 2006, S. 100. Für einen Überblick vgl. Homburg/Becker/Hentschel 2008. Vgl. z.B. Herrmann/Johnson 1999; Lee/Lee/Feick 2001; Homburg/Becker/ Hentschel 2008. Vgl. Burmann 1991, S. 249; Jones/Sasser 1995, S. 89; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 105.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
233
tätsdimensionen.140 Für die Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion wurde die Phantomvariable durch die beiden Indikatoren MAKI_1 („Meine Gefühle zu dieser Marke sind positiv.“) und MAKI_2 („Ich schätze diese Marke.“) reflektiv operationalisiert. Diese erfassen auf globaler Ebene – gemäß der Differenzierung zwischen gemeinschafts- und austauschbezogenen Erwartungen an die Qualität der Marke als Beziehungspartner (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.1) – zum einen affektive, zum anderen kognitive Anforderungsaspekte. Die Phantomvariable der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion wurde durch drei reflektive Indikatoren operationalisiert. Die Items STKI_1 („Ich bin mit den Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme bei dieser Marke zufrieden.“), STKI_2 („Ich finde es gut, wenn Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme bei dieser Marke bestehen.“) und STKI_3 („Diese Marke fördert den Kontakt zwischen und mit ihren Kunden.“) messen auf globaler Ebene das Wissen um und die Wertschätzung sowie Nutzung von Interaktionsangeboten im Markenumfeld. Wie aus Schaubild 5-12 zu entnehmen ist, erklärt die latente Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion insgesamt 76,1 Prozent der Varianz ihrer Phantomvariable (R2=0,761). Auch ist der Pfadkoeffizient zwischen den beiden Variablen mit einem Wert von 0,872 sehr hoch und signifikant. Dies lässt auf externe Validität des Messmodells der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion schliessen.141 Zudem ist die hohe Varianzerklärung ein Indiz für die Inhaltsvalidität des Messmodells, d.h., dass die wesentlichen Facetten der Qualität der Marke als Beziehungspartner im Messmodell berücksichtigt sind.142 Ähnlich gute Ergebnisse werden durch das MIMIC-Modell für die Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion erzielt. Auch hier erklärt die Dimension einen überwiegenden Teil der Gesamtvarianz der Phantomvariable (R2=0,618) und steht mit dieser in engem Zusammenhang (Pfadkoeffizient von 0,787; t-Wert von 76,658). Somit ist auch beim Messmodell für die Qualität der Marke als Interaktionsplattform von externer Validität und Inhaltsvalidität auszugehen. Um die Parameterschätzungen hinsichtlich der Phantomvariablen abschließend beurteilen zu können, ist sicherzustellen, dass die Messmodelle der Phantomvariablen dem Anspruch an Reliabilität und Validität genügen. Wie Schaubild 5-13 zeigt, erfüllen die reflektiv operationalisierten Phantomvariablen sämtliche
140 141 142
Die Vorgehensweise zur Modellierung von MIMIC-Modellen wurde in Abschnitt 5.3.2 beschrieben. Vgl. Götz/Liehr-Gobbers 2004b, S. 22. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 51.
234
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Gütekriterien, die zur Prüfung von reflektiven Messmodellen in Abschnitt 5.3.1 definiert und erläutert wurden.
Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
Qualität der Marke-KundeInteraktion
Bezugsdimension der Phantomvariable
Indikatorebene
Konstruktebene
Indikator
Ladung
t-Wert
DEV
IK
Kriterium
> 0,70
> 1,98
> 0,50
> 0,60
0,969
357,421 0,941
0,969
0,766
0,908
MAKI_1
Positive Emotionen
MAKI_2
Markenwertschätzung
0,970
389,232
STKI_1
Kontaktmöglichkeiten
0,834
70,646
STKI_2
Wertschätzung
0,900
167,323
STKI_3
Kontaktförderung
0,890
195,481
Eigenwerte 1. EW>1 2. EW<1
1,881 0,119
2,303 0,394
Cronbachs Alpha > 0,70
0,937
0,848
Schaubild 5-13: Ergebnisse der Analyse für die Messmodelle der reflektiv operationalisierten Phantomvariablen
Zusammenfassend erfüllt das Messmodell auf Dimensionsebene alle vorgegebenen Gütemaße und Kriterien und kann deshalb als reliabel und valide angesehen werden. Somit werden die Konzeptualisierungshypothesen H2 und H3 hinsichtlich der beiden Dimensionen der Markenbeziehungsqualität auf Basis des Gesamtdatensatzes bestätigt: Die Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion ist ein eindimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt zweiter Ordnung, das sich aus den Konstrukten erster Ordnung Markenzufriedenheit, Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe zusammensetzt (H2). Auch die Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion wird als eindimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt zweiter Ordnung bestätigt, das durch die Faktoren erster Ordnung Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion, Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und Stärke der System-Kunde-Interaktion definiert wird (H3). Wie in Abschnitt 5.4.1 erläutert wurde, ist die Analyse des formativen Messmodells auf Konstruktebene gleichzusetzen mit der Analyse des Strukturmodells. Im Strukturmodell dienen die Dimensionen als formative Indikatoren des Gesamtkonstrukts der Markenbeziehungsqualität, wobei deren Werte nicht manifest, sondern durch PLS auf Basis der manifesten Variablen der entsprechenden Dimension berechnet werden (vgl. Abschnitt 5.4.1). Sofern im Folgenden von Indikatoren gesprochen wird, sind aufgrund der hier verwendeten Modellstruktur die Dimensionen gemeint.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
235
Ausgangspunkt der Gütebeurteilung ist die Bewertung der Inhaltsvalidität. Diese wird als gegeben betrachtet, da die beiden Dimensionen Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion) und Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) aus den in Abschnitt 2.1 dargestellten Theorien als verschiedene Facetten der Markenbeziehungsqualität abgeleitet wurden. Bekräftigt wird diese Annahme durch die geführten Kunden- und Expertengespräche, die gezeigt haben, dass Konsumenten ihre Beziehung zur Marke unterschiedlich interpretieren. Während einige Interviewpartner mit dem Begriff der Markenbeziehung primär ihre affektive Bindung an eine bestimmte Marke assoziieren, die sich aus Erfahrungen mit der Marke als solches ergibt (Qualität der Marke als Beziehungspartner), konstituiert sich für andere ihre Markenbeziehung insbesondere aus wechselseitigen Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern (Qualität der Marke als Interaktionsplattform). Aufgrund des theoretischen Bezugsrahmens sowie der qualitativen Vorstudie kann daher davon ausgegangen werden, dass die Qualität der Marke als Beziehungspartner und die Qualität der Marke als Interaktionsplattform für die Beziehungsqualitätsmessung geeignete und inhaltlich umfassende Kategorien für Qualitätsaspekte einer Marken-Konsumenten-Beziehung widerspiegeln. Schaubild 5-14 stellt die verwendeten Gütemaße und Analyseergebnisse zur Beurteilung der Indikatorrelevanz sowie externen Validität für das formative Messmodell auf Konstruktebene dar. (Gesamt-) Konstruktebene
Dimensionsebene Dimension (Indikator)
Pfadkoeffizient
t-Wert
VIF
R2
Kriterium
> 0,10
> 1,98
< 10
> 0,40
Qualität der Marke-Kunde-Interaktion
0,564
27,928
1,331
Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
0,282
14,661
1,331
0,555
Schaubild 5-14: Ergebnisse der Analyse für das Strukturmodell der Markenbeziehungsqualität (formatives Messmodell auf (Ziel-)Konstruktebene) auf Basis des Gesamtdatensatzes
Ausgangspunkt zur Interpretation der Indikatorrelevanz sind die Pfadkoeffizienten zwischen den zwei Qualitätsdimensionen und dem Gesamtkonstrukt der Markenbeziehungsqualität. Zu erkennen ist, dass die Pfadkoeffizienten der beiden Dimensionen Qualität der Marke-Kunde-Interaktion und Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion mit Werten von 0,564 und 0,282 deutlich über der Grenze von 0,1 liegen. Die auf Basis des Bootstrapping-Verfahrens ermittelten t-Werte zeigen zudem, dass die Pfadkoeffizienten signifikant sind. Gleichzeitig
236
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
wird Multikollinearität zwischen den beiden Dimensionen ausgeschlossen, da der Variance Inflation Faktor (VIF) deutlich unter der Mindestgrenze von 10 liegt.143 Zur Prüfung der externen Validität wird die Höhe der Varianzerklärung der beiden Dimensionen auf das Gesamtkonstrukt der Markenbeziehungsqualität betrachtet. Hierzu wurde das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität – wie in Abschnitt 5.4.1 beschrieben – anhand zweier globaler Indikatoren reflektiv operationalisiert. Aus Schaubild 5-15 geht hervor, dass die Güte des reflektiven Messmodells für die Markenbeziehungsqualität auf globaler Ebene sichergestellt ist, sodass in einem nächsten Schritt die Höhe der Varianzerklärung des Gesamtmodells betrachtet wird. Indikatorebene
MBQ_1 MBQ_2
Konstruktebene
Indikator
Ladung
t-Wert
DEV
IK
Kriterium
> 0,70
> 1,98
> 0,50
> 0,60
0,950
339,843 0,896
0,945
Enge Verbindung Beziehung
0,943
272,104
Eigenwerte 1. EW>1 2. EW<1
1,792 0,208
Cronbachs Alpha > 0,70
0,882
Schaubild 5-15: Ergebnisse der Analyse für das reflektive Messmodell der Markenbeziehungsqualität
Wie anhand des R2-Kriteriums in Schaubild 5-14 erkennbar, erklären die beiden Dimensionen über 55 Prozent der Varianz der Markenbeziehungsqualität. Daher wird die externe Validität des formativen Messmodells auf Gesamtkonstruktebene als gegeben betrachtet. Zusammenfassend wird aufgrund der dargestellten Untersuchungsergebnisse die Konzeptualisierungshypothese H1 auf Basis des Gesamtdatensatzes bestätigt: Die Markenbeziehungsqualität ist ein mehrdimensionales, mehrfaktorielles Konstrukt dritter Ordnung, das sich aus den beiden Konstrukten zweiter Ordnung Qualität der Marke-Kunde-Interaktion und Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion zusammensetzt. Da die Faktoren als formative Indikatoren der beiden Dimensionen dienen und die durch PLS berechneten Werte der beiden Dimensionen somit auf Basis der manifesten Faktorwerte erfolgt, ist insgesamt von einer 143
Der Variance Inflation Faktor (VIF) für die beiden Dimensionen wurde auf Basis der Dimensionswerte, deren Ermittlung in Abschnitt 4.4.1 beschrieben wurde, berechnet.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
237
guten Erklärungskraft des Gesamtmodells der Markenbeziehungsqualität (55 Prozent Erklärung der Gesamtvarianz der Markenbeziehungsqualität) auszugehen. Eine wesentliche (Teil-)Zielsetzung der Arbeit ist somit erfüllt: mit Hilfe der sechs identifizierten (Einfluss-)Faktoren und zwei Qualitätsdimensionen einen möglichst großen Anteil der Varianz der Zielvariable, d.h. des Konstrukts der Markenbeziehungsqualität, zu erklären.
5.4.3
Branchenspezifische Betrachtung
Nachfolgend werden die Ergebnisse der branchenspezifischen Betrachtung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität präsentiert. Hierzu werden die Datensätze separat für jede untersuchte Branche ausgewertet und hinsichtlich der Erfüllung der in Abschnitt 5.4.1 definierten Gütekriterien analysiert. Die Vorgehensweise bei der Analyse der Daten erfolgt in gleicher Weise zur Auswertung des Gesamtdatensatzes, d.h., in einem ersten Schritt werden die Messmodelle auf Faktorebene (Abschnitt 5.4.3.1) und in einem zweiten Schritt die Mess- und Strukturmodelle auf Gesamtmodellebene (Abschnitt 5.4.3.2) überprüft. Der Schwerpunkt bei der Präsentation der Ergebnisse liegt auf der Herausarbeitung von branchenübergreifenden Gemeinsamkeiten und branchenspezifischen Unterschieden.
5.4.3.1 Ergebnisse der Analyse des Messmodells auf Faktorebene Auf Faktorebene werden zunächst die branchenspezifischen reflektiven Messmodelle für die sechs Faktoren der Markenbeziehungsqualität hinsichtlich Validität und Reliabilität überprüft. Die Inhaltsvalidität wird aufgrund der in Abschnitt 5.4.2.1 erläuterten Gründe auch für die branchenspezifischen Messmodelle als gegeben betrachtet. Schaubild 5-16 zeigt die Analyseergebnisse hinsichtlich der Indikatorreliabilität der branchenspezifischen Messmodelle auf Faktorebene. Indikatorreliabilität liegt vor, wenn mehr als 50 Prozent der Varianz eines jeden manifesten Indikators durch den entsprechenden der sechs Faktoren verursacht wird. Dies impliziert eine Faktorladung von mindestens 0,7. Diese Anforderung ist für alle Indikatoren erfüllt. Sämtliche Ladungen sind zudem hochsignifikant und weisen t-Werte zwischen 19,30 und 315,60 auf.
238
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Stärke der System-KundeInteraktion
Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion
Stärke der Kunde-KundeInteraktion
Emotionale (Marken-)Nähe
Markenvertrauen
Markenzufriedenheit
Faktor
Branche
Gesamt
Auto
Handy
Zahnpasta
Bier
Taschentücher
Gemüsekonserven
KfzVersicherung
Mobilfunkprovider
Ladung Indikator Kriterium: > 0,70 MZ_1
0,951
0,947
0,948
0,958
0,945
0,934
0,957
0,953
0,940
MZ_2
0,957
0,936
0,962
0,964
0,950
0,934
0,963
0,967
0,949
MZ_3
0,920
0,907
0,935
0,898
0,888
0,908
0,924
0,942
0,919
MV_1
0,932
0,941
0,921
0,953
0,904
0,932
0,917
0,956
0,936
MV_2
0,955
0,961
0,946
0,955
0,950
0,938
0,953
0,964
0,966
MV_3
0,948
0,967
0,960
0,943
0,913
0,922
0,942
0,957
0,961
INTI_2
0,828
0,835
0,830
0,841
0,840
0,815
0,797
0,827
0,836
INT_1
0,913
0,893
0,900
0,913
0,920
0,930
0,930
0,909
0,906
LIE_3
0,934
0,929
0,939
0,934
0,918
0,935
0,939
0,938
0,936
IDENT_2
0,838
0,830
0,865
0,780
0,860
0,843
0,856
0,817
0,815
KU_1
0,841
0,841
0,795
0,866
0,857
0,837
0,866
0,864
0,791
KU_2
0,930
0,908
0,904
0,936
0,931
0,932
0,942
0,902
0,898
KU_3
0,899
0,861
0,868
0,879
0,901
0,930
0,950
0,853
0,834
MA_1
0,855
0,853
0,796
0,846
0,801
0,827
0,869
0,893
0,803
MA_2
0,932
0,923
0,888
0,934
0,921
0,934
0,945
0,922
0,866
MA_3
0,889
0,867
0,846
0,866
0,876
0,914
0,919
0,818
0,830
SY_1
0,844
0,813
0,834
0,832
0,844
0,822
0,850
0,869
0,810
SY_2
0,936
0,920
0,928
0,931
0,931
0,942
0,939
0,915
0,897
SY_3
0,892
0,858
0,869
0,854
0,859
0,913
0,926
0,852
0,860
t-Werte der Ladungen (Wertebereich)
Min
88,70
36,92
27,96
19,30
27,50
31,52
29,82
20,773
27,91
Max
315,60
153,37
179,85
151,88
97,16
120,54
138,65
129,54
183,64
Schaubild 5-16: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen reflektiven Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Faktorebene hinsichtlich der Indikatorreliabilität
Auch die Konvergenzvalidität der Messmodelle ist für sämtliche Branchen erfüllt (vgl. Schaubild 5-17). Auf Faktorebene liegt die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) mit Werten zwischen 0,695 und 0,949 deutlich über dem Grenzwert von 0,5. Gleiches gilt für die interne Konsistenz (IK), die bei allen Messmodellen die Mindestanforderung von 0,60 überschreitet. Auch die Unidimensionalität der Faktoren wird bestätigt. Der erste Eigenwert eines jeden Faktors ist
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
239
größer Eins; der zweite hingegen kleiner Eins. Sämtliche Faktoren weisen zudem ein Cronbachs Alpha von über 0,7 auf (Werte zwischen 0,787 und 0,956). Dies unterstreicht zum einen die Unidimensionalität der Faktoren und zum anderen die Reliabilität der Messung. Das Fornell-Larcker-Kriterium, das zur Überprüfung der Diskriminanzvalidität der Messung auf Faktorebene herangezogen wird, ist bei allen Faktoren erfüllt. Die durchschnittlich erfasste Varianz eines jeden Faktors ist jeweils größer als jede quadrierte Korrelation dieses Faktors mit sämtlichen anderen Faktoren. Branche
Gesamt
Auto
Handy
Zahnpasta
Bier
Taschentücher
Gemüsekonserven
KfzVersicherung
Mobilfunkprovider
Markenzufriedenheit
Faktor
Gütekriterien und Anforderungsniveaus
Kriterium
Fornell-Larcker DEV
DEVi > als jede quadrierte Korrelation von Konstrukt i mit allen anderen Konstrukten
DEV
> 0,50
IK
> 0,60
Eigenwerte
1. EW > 1; 2. EW < 1
Cronbachs Alpha
> 0,70
9
9
9
9
9
9
9
9
9
0,889
0,866
0,899
0,884
0,949
0,857
0,899
0,910
0,876
IK
0,960
0,951
0,964
0,958
0,862
0,947
0,964
0,968
0,955
Eigenwerte
2,667 0,234
2,597
2,698
2,653
2,586
2,574
2,699
2,728
2,629
0,264
0,201
0,287
0,325
0,298
0,230
0,178
0,242
Cronbachs Alpha
0,936
0,919
0,943
0,932
0,913
0,908
0,944
0,950
0,928
Fornell-Larcker Markenvertrauen
Fornell-Larcker-Kriterium
DEV IK Eigenwerte Cronbachs Alpha
9
9
9
9
9
9
9
9
9
0,893
0,915
0,889
0,903
0,851
0,866
0,878
0,920
0,911
0,962
0,970
0,960
0,965
0,945
0,951
0,956
0,972
0,968
2,680
2,744
2,666
2,709
2,554
2,598
2,635
2,760
2,733
0,192
0,168
0,215
0,174
0,305
0,236
0,229
0,137
0,177
0,940
0,953
0,937
0,946
0,913
0,923
0,930
0,956
0,951
Schaubild 5-17: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen reflektiven Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Faktorebene hinsichtlich der Konvergenz- und Diskriminanzvalidität
240
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Branche
Gesamt
Auto
Handy
Zahnpasta
Bier
Taschentücher
Gemüsekonserven
KfzVersicherung
Mobilfunkprovider
Faktor
Gütekriterien und Anforderungsniveaus
Kriterium
Fornell-Larcker-Kriterium
DEVi > als jede quadrierte Korrelation von Konstrukt i mit allen anderen Konstrukten
DEV
> 0,50
IK
> 0,60
Eigenwerte
1. EW > 1; 2. EW < 1
Cronbachs Alpha
Emotionale (Marken-)Nähe
Fornell-Larcker DEV IK Eigenwerte
Stärke der MitarbeiterKunde-Interaktion
Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion
Cronbachs Alpha Fornell-Larcker DEV IK Eigenwerte Cronbachs Alpha Fornell-Larcker DEV IK Eigenwerte Cronbachs Alpha
Stärke der SystemKunde-Interaktion
Fornell-Larcker DEV IK Eigenwerte Cronbachs Alpha
> 0,70
9
9
9
9
9
9
9
9
9
0,774
0,762
0,782
0,756
0,783
0,778
0,778
0,764
0,765
0,932
0,927
0,935
0,925
0,935
0,933
0,933
0,928
0,928
3,108
3,059
3,143
3,062
3,137
3,120
3,132
3,078
3,075
0,500
0,493
0,510
0,552
0,438
0,486
0,553
0,529
0,506
0,904
0,896
0,908
0,897
0,908
0,906
0,907
0,899
0,899
9
9
9
9
9
9
9
9
9
0,793
0,758
0,734
0,800
0,804
0,811
0,847
0,762
0,709
0,920
0,903
0,892
0,923
0,925
0,928
0,943
0,906
0,879
2,386
2,299
2,219
2,402
2,416
2,436
2,543
2,334
2,152
0,482
0,561
0,621
0,427
0,428
0,462
0,388
0,543
0,669
0,870
0,846
0,823
0,872
0,878
0,879
0,908
0,852
0,801
9
9
9
9
9
9
9
9
9
0,797
0,777
0,712
0,780
0,752
0,797
0,830
0,772
0,695
0,922
0,913
0,881
0,914
0,901
0,921
0,936
0,910
0,872
2,396
2,338
2,165
2,350
2,267
2,395
2,495
2,319
2,106
0,454
0,478
0,658
0,510
0,585
0,499
0,399
0,455
0,638
0,874
0,857
0,805
0,857
0,836
0,869
0,898
0,850
0,787
9
9
9
9
9
9
9
9
9
0,795
0,748
0,771
0,762
0,773
0,798
0,820
0,773
0,773
0,921
0,899
0,910
0,906
0,911
0,922
0,932
0,911
0,892
2,391
2,265
2,324
2,229
2,324
2,398
2,465
2,349
2,214
0,484
0,609
0,535
0,547
0,509
0,500
0,438
0,513
0,590
0,872
0,835
0,854
0,840
0,853
0,871
0,891
0,861
0,821
Schaubild 5-17: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen reflektiven Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Faktorebene hinsichtlich der Konvergenz- und Diskriminanzvalidität (Forts.)
Die Überprüfung der geforderten Gütemaße auf Ebene der reflektiv operationalisierten Faktoren zeigt, dass das reflektive Messmodell der Markenbeziehungs-
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
241
qualität auf Faktorebene nicht nur auf Basis des Gesamtdatensatzes eine hohe Reliabilität und Validität aufweist, sondern auch in den einzelnen Branchen bestätigt wird.
5.4.3.2 Ergebnisse der Analyse des Mess- und Strukturmodells auf Gesamtmodellebene Die branchenspezifische Analyse der formativen Messmodelle auf Dimensionsebene erfolgt – analog zur Auswertung des Gesamtdatensatzes – in Bezug auf Inhaltsvalidität und Indikatorrelevanz anhand der in Abschnitt 5.3.2 vorgestellten Gütekriterien. Auf eine Darstellung der Analyseergebnisse hinsichtlich der externen Validität der branchenspezifischen Messmodelle auf Dimensionsebene wird an dieser Stelle aus pragmatischen Gründen verzichtet. Die externe Validität ist jedoch für sämtliche branchenspezifischen Messmodelle gegeben. Die Inhaltsvalidität der branchenspezifischen formativen Messmodelle auf Dimensionsebene wird als sichergestellt betrachtet. Im Rahmen der qualitativen Vorstudie wurden Expertengespräche mit Agenturvertretern geführt, die aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen über ein branchenübergreifendes Wissen hinsichtlich der Vermarktung von Konsumgütern verfügen und daher in der Lage sind, Auskunft über Qualitätsaspekte einer Markenbeziehung über verschiedene Konsumgütermärkte hinweg zu geben (vgl. Abschnitt 3.2.2). Darüber hinaus dienten die geführten Kundengespräche zur Sensibilisierung für branchenspezifische Besonderheiten, da sich die zehn befragten Kunden in ihren Antworten auf insgesamt fünf verschiedene Branchen bezogen (vgl. Abschnitt 3.2.2). Schließlich basieren die Messmodelle auf Dimensionsebene auf umfassenden konzeptionellen Überlegungen. Die sechs Faktoren, die im formativen Messmodell als formative Indikatoren der beiden Qualitätsdimensionen fungieren, wurden auf Basis umfassender Literaturrecherchen sowie sachlogischer Überlegungen als definierende Elemente der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion) sowie der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) identifiziert (vgl. Abschnitt 3.3.3). Die Prüfung der Indikatorrelevanz erfolgt anhand der in Schaubild 5-18 zusammengefassten und für die acht Branchen dargestellten Gütekriterien. Werden zunächst die Regressionskoeffizienten (Gewichte) sowie deren Signifikanz für die als Indikatoren fungierenden Faktoren betrachtet, so ist festzustellen, dass die Mehrheit der Indikatoren Pfadkoeffizienten von über 0,1 aufweist sowie die auf Basis des Bootstrapping-Verfahrens ermittelten dazugehörigen t-Werte signifikant sind. Dennoch lassen sich einige Faktoren in einzelnen Branchen identifi-
242
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
zieren, die den Mindestwert für Pfadkoeffizienten von 0,1 unterschreiten und/ oder nicht signifikant sind. Branche
Gesamt
Auto
Handy
Zahnpasta
Bier
Taschentücher
Gemüsekonserven
KfzVersicherung
Mobilfunkprovider
Stärke der System-KundeInteraktion
Stärke der MitarbeiterKundeInteraktion
Stärke der Emotionale Kunde-Kunde(Marken-)Nähe Interaktion
Markenvertrauen
Markenzufriedenheit
Faktor (Indikator)
Gütekriterien und Anforderungsniveaus Gewicht
> 0,10
t-Wert
> 1,98
VIF
< 10
Kriterium
Gewicht
0,035
0,183
-0,018
0,017
0,076
0,088
0,005
-0,039
0,186
t-Wert
0,904
2,678
0,143
0,132
0,642
0,930
0,040
0,273
2,148
VIF
2,386
3,450
2,676
2,184
1,509
1,599
2,235
3,714
3,257
Gewicht
0,444
0,344
0,446
0,371
0,196
0,397
0,467
0,599
0,544
t-Wert
12,187
4,214
4,028
3,070
1,468
3,760
4,383
4,638
5,603
VIF
2,958
3,920
3,267
2,837
2,164
2,039
2,733
4,007
3,742
Gewicht
0,649
0,599
0,655
0,726
0,828
0,693
0,683
0,572
0,395
t-Wert
24,294
7,899
8,642
11,232
8,845
8,929
11,056
5,530
5,247
VIF
1,520
1,659
1,860
1,524
1,663
1,358
1,338
1,420
1,614
Gewicht
0,468
0,386
0,389
0,265
0,723
0,556
0,396
0,243
0,548
t-Wert
9,749
3,789
3,247
0,885
4,788
3,517
2,353
2,823
6,472
VIF
2,267
1,841
2,390
3,054
2,321
2,957
4,166
1,463
1,742
Gewicht
0,169
0,323
0,276
0,160
0,282
-0,046
0,261
0,501
0,038
t-Wert
2,761
2,284
2,028
0,397
1,426
0,175
1,552
4,640
0,402
VIF
3,762
2,853
3,808
6,725
4,454
7,467
6,434
1,743
2,172
Gewicht
0,455
0,412
0,427
0,634
0,060
0,565
0,395
0,438
0,545
t-Wert
7,621
2,612
3,517
2,299
0,312
2,567
2,240
4,350
5,776
VIF
3,568
3,171
3,281
4,979
3,923
5,350
4,946
1,696
2,025
Schaubild 5-18: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen formativen Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Dimensionsebene hinsichtlich der Indikatorrelevanz (Nicht-Erfüllung von Mindestanforderungen gefettet)
Der Faktor Markenzufriedenheit weist in insgesamt sechs der acht betrachteten Industrien ein Gewicht kleiner als Eins auf. Auch ist der Einfluss der Markenzufriedenheit auf die Dimension der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion in die-
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
243
sen sechs Industrien (Handy, Zahnpasta, Bier, Taschentücher, Gemüsekonserven und Kfz-Versicherung) nicht signifikant (t-Werte < 1,98). Nur in der Automobilsowie Mobilfunkbranche kommt der Markenzufriedenheit ein vergleichsweise hohes Gewicht für die Qualität der Marke als Beziehungspartner zu. Die Tatsache, dass der Faktor Markenzufriedenheit in vielen Branchen ein geringes und nicht signifikantes Gewicht aufweist, entkräftet zwar die in der Konzeptualisierung unterstellten Zusammenhänge zwischen Markenzufriedenheit als definierendes Element der Markenbeziehungsqualität. Von einer Eliminierung des Faktors Markenzufriedenheit aus den branchenspezifischen Messmodellen wird jedoch aufgrund der in Abschnitt 5.4.2.1 erläuterten Gründe abgesehen. Neben dem Faktor Markenzufriedenheit sind auch die Regressionsparameter für den Faktor Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion in fünf der acht untersuchten Branchen nicht signifikant und/oder in der Höhe zu gering. Während für Automobil-, Handy- und Kfz-Versicherungsmarken vergleichsweise hohe Regressionsgewichte erzielt wurden, ist bei Zahnpasta-, Bier-, Taschentücher-, Gemüsekonserven- und Mobilfunkprovidermarken der Einfluss der MitarbeiterKunde-Interaktion auf die Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) geringfügig und/oder nicht signifikant (alle t-Werte liegen unter 1,98). Dieses Ergebnis ist jedoch nicht absonderlich, da die Automobil-, Handy- und Kfz-Versicherungsbranche im Gegensatz zu den anderen untersuchten Branchen aufgrund ihres marktspezifischen Geschäfts- und Vertriebsmodells durch eine vergleichsweise hohe Intensität des Mitarbeiter-Kunde-Kontakts geprägt sind (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.3). Die Ergebnisse bekräftigen daher vielmehr die Validität der Messergebnisse. Wenngleich der Einfluss der Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion in den übrigen untersuchten Branchen auf die Qualität der Marke als Interaktionsplattform gering bzw. nicht signifikant ist, wird von einer Eliminierung des Faktors aus den betreffenden branchenspezifischen Messmodellen aufgrund empirischer und konzeptioneller Überlegungen abgesehen. Zum einen liegt die Höhe des Pfadkoeffizienten für die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion in einigen Branchen deutlich über dem Mindestwert von 0,1 (Zahnpasta, Bier, Gemüsekonserven) – auch wenn die Signifikanz des Einflusses nicht gegeben ist. Es ist nicht auszuschließen, dass für einzelne Marken die Stärke der Mitarbeiter-KundeInteraktion einen gewichtigeren Einfluss hat. Bei einer markenspezifischen Auswertung des Datensatzes beispielsweise für die Pilsbiermarke Beck’s zeigt sich, dass die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion ein Gewicht von 0,813 (t-Wert von 2,012) aufweist. Ein weiter auf empirischen Gesichtpunkten beruhender Grund für die Beibehaltung des Faktors ist die nicht substanzielle Multikollinearität zwischen der Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und den übrigen der Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion zugeordneten Faktoren. Der VIF-Wert für die Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion liegt in
244
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
allen Branchen mit Werten zwischen 1,743 und 7,467 unter der geforderten Höchstgrenze von 10. In konzeptioneller Hinsicht würde zudem mit der Eliminierung des Faktors der inhaltliche Geltungsbereich der Qualität der Marke als Interaktionspartner verändert, da Markenmitarbeiter soziale Repräsentationen der Marke darstellen, die die Interaktion stellvertretend für die Marke übernehmen können (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.1). Ähnlich argumentieren lässt sich die Nicht-Eliminierung der Faktoren Markenvertrauen und Stärke der System-Kunde-Interaktion aus dem Messmodell für Biermarken sowie des Faktors Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion aus dem Messmodell für Zahnpastamarken. Auch wenn der Einfluss dieser Faktoren auf die Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion in den entsprechenden Messmodellen nicht signifikant ist, ergeben sich aus inhaltlicher Sicht keine Anhaltspunkte für deren Eliminierung – zumal die Multikollinearität dieser Faktoren mit den übrigen Faktoren im Messmodell relativ gering ist. Unter Würdigung aller untersuchten Gütekriterien bleibt als Zwischenfazit auf Dimensionsebene festzuhalten, dass für alle branchenspezifischen formativen Messmodelle auf Dimensionsebene eine zufrieden stellende Reliabilität und Validität festgestellt werden kann. Unter den einer Dimension zugeordneten Faktoren liegt keine substanzielle Multikollinearität vor; die Mehrheit der VIF-Werte liegt zwischen zwei und drei. Die Gewichte der einzelnen Faktoren liegen zudem mehrheitlich weit über dem Mindestmaß von 0,1 und sind signifikant. Lediglich einige wenige Messmodelle verfehlen die geforderten Mindestniveaus hinsichtlich der Höhe und Signifikanz der Gewichte bei einzelnen Faktoren. Die Unterschreitungen sind jedoch eher marginal und größtenteils plausibel, sodass eine Eliminierung der gering gewichtigen bzw. nicht signifikanten Faktoren aus den entsprechenden Messmodellen nicht erfolgt. In Bezug auf die Konzeptualisierungshypothesen H2 und H3, die die Zusammensetzung der beiden Dimensionen Qualität der Marke-Kunde-Interaktion und Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion betreffen, kann somit konstatiert werden, dass diese nicht in allen Branchen vollständig, jedoch größtenteils bestätigt werden. Nach Prüfung der formativen Dimensionsmessmodelle in den acht untersuchten Branchen werden in einem letzten Schritt die branchenspezifischen Strukturmodelle, die im Verständnis dieser Arbeit als formative Messmodelle auf Gesamtkonstruktebene interpretiert werden, hinsichtlich Inhaltsvalidität, Indikatorrelevanz und externer Validität untersucht. Die Inhaltsvalidität verlangt, dass die als formative Indikatoren der Markenbeziehungsqualität fungierenden Dimensionen alle Facetten und Bedeutungsinhalte der Markenbeziehungsqualität abbilden. Dies wird durch den entwickelten theoretischen Bezugsrahmen sowie die durchgeführten Kunden- und Expertenge-
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
245
spräche gewährleistet. Die Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion) und die Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) stellen zwei generell unterschiedliche Kategorien von Anforderungen an eine MarkenKonsumenten-Beziehung aus Kundensicht dar, die in der Summe die Qualität der Marken-Konsumenten-Beziehung in sämtlichen Konsumgütermärkten formen bzw. definieren. Zwar ist von einer unterschiedlichen Gewichtung der beiden Qualitätsdimensionen in unterschiedlichen Konsumgüterbranchen auszugehen, eine Nicht-Berücksichtigung einer der beiden Qualitätsfacetten würde jedoch die Inhaltsvalidität der branchenspezifischen Gesamtkonstruktmessung beeinträchtigen. Die Ergebnisse der Prüfung der branchenspezifischen Indikatorrelevanz, d.h. der Analyse des Beitrags der beiden Dimensionen zur Gesamtkonstruktbildung, finden sich in Schaubild 5-19. Die Höhe der branchenspezifischen Varianzerklärung der beiden Dimensionen auf das Gesamtkonstrukt der Markenbeziehungsqualität anhand des R2-Kriteriums, das der Überprüfung der externen Validität und Inhaltsvalidität dient, ist ebenfalls dargestellt. Branche
Gesamt
Auto
Handy
Zahnpasta
Bier
Taschentücher
Gemüsekonserven
KfzVersicherung
Mobilfunkprovider
0,447
0,567
Dimension (Indikator)
Gütekriterien und Anforderungsniveaus
Kriterium
Pfadkoeffizient
> 0,1
t-Wert
> 1,98
VIF
< 10
2
< 0,5
Qualität der Marke-KundeInteraktion
0,653
0,548
0,599
0,544
0,619
0,436
t-Wert
31,264
14,199
7,887
13,965
8,830
13,052
6,101
6,796
11,531
VIF
1,331
1,471
1,447
1,170
1,413
1,479
1,477
1,520
1,567
Pfadkoeffizient
0,282
0,273
0,322
0,165
0,224
0,194
0,389
0,399
0,319
t-Wert
15,578
5,766
4,439
3,952
3,948
3,830
5,686
7,108
5,343
VIF
1,331
1,471
1,447
1,170
1,413
1,479
1,477
1,520
1,567
R2
0,555
0,700
0,600
0,461
0,484
0,553
0,530
0,555
0,634
(Gesamt-) Konstrukt
0,564
Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion
R Pfadkoeffizient
Schaubild 5-19: Ergebnisse der Analyse für die branchenspezifischen formativen Messmodelle der Markenbeziehungsqualität auf Gesamtkonstruktebene hinsichtlich der Indikatorrelevanz und der externen Validität
246
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Die Indikatorrelevanz wird durch die Höhe und Signifikanz der Pfadkoeffizienten zwischen den beiden Qualitätsdimensionen und dem Gesamtkonstrukt der Markenbeziehungsqualität bestimmt. In sämtlichen untersuchten Branchen überschreiten die Pfadkoeffizienten beider Dimensionen mit Werten zwischen 0,436 und 0,653 für die Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion und zwischen 0,165 und 0,399 für die Qualitätsdimension der Stellvertreter-KundeInteraktion deutlich die Mindestgrenze von 0,1. Durch die ermittelten t-Werte wird ersichtlich, dass diese Einflüsse signifikant sind. Auch kann Multikollinearität zwischen den beiden Dimensionen ausgeschlossen werden, da die VIFWerte in allen acht Branchen mit Werten zwischen 1,170 und 1,567 deutlich unter der Höchstgrenze von 10 liegen.144 Die externe Validität ist in allen Fällen gegeben, da mit Hilfe der beiden als formative Indikatoren fungierende Dimensionen in sämtlichen Branchen mehr als 40 Prozent der Varianz der Markenbeziehungsqualität auf Gesamtkonstruktebene erklärt werden.145 In den meisten Branchen ist die Höhe der Varianzerklärung sogar weit über 50 Prozent (Handy, Taschentücher, Gemüsekonserven, KfzVersicherung); in einigen Fällen sogar über 60 Prozent bzw. 70 Prozent (Mobilfunkprovider bzw. Auto). Dies lässt zugleich auf eine gute bis sehr hohe Erklärungskraft des Gesamtmodells der Markenbeziehungsqualität in allen Branchen schließen. Mit den identifizierten zwei Dimensionen und sechs Faktoren wird die Markenbeziehungsqualität über alle untersuchten Konsumgütermärkte hinweg ausreichend erklärt. Damit sind alle Gütekriterien für das formative Messmodell auf Dimensionsebene erfüllt. Die Konzeptualisierungshypothese H1, die die Zusammensetzung der Markenbeziehungsqualität aus den beiden Dimensionen Qualität der MarkeKunde-Interaktion und Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion postuliert, wird somit nicht nur bei der branchenübergreifenden Betrachtung, sondern auch durch die branchenspezifische Auswertung der Daten bestätigt. Eine abschließende kritische Würdigung der branchenspezifischen Auswertung und erzielten Analyseergebnisse kommt zu dem Schluss, dass für alle Branchen die Messmodelle der Markenbeziehungsqualität eine zufrieden stellende Reliabilität und Validität aufweisen. Auf Faktorebene werden sämtliche Gütekriterien 144
145
Der Variance Inflation Faktor (VIF) für die beiden Dimensionen wurde auf Basis der Dimensionswerte, deren Ermittlung in Abschnitt 4.4.1 beschrieben wurde, berechnet. Wie in Abschnitt 5.4.1 erläutert, wurde zur Überprüfung der Inhaltsvalidität sowie externen Validität das Konstrukt der Markenbeziehungsqualität anhand zweier reflektiver Indikatoren, die die Markenbeziehungsqualität auf globaler Ebene abbilden, gemessen.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
247
vollständig erfüllt. Auf Dimensionsebene zeigt die Auswertung, dass die Anforderungsniveaus der Gütekriterien, die an formative Messmodelle gestellt werden, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erfüllt sind. Die Unterschreitungen der Mindestwerte für die Höhe und Signifikanz der Pfadkoeffizienten beim Faktor Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion in einigen Branchen ist plausibel und unterstreicht vielmehr die Validität der Messergebnisse. Der gering gewichtige bzw. nicht signifikante Einfluss der Markenzufriedenheit auf die Wahrnehmung der Qualität der Marke als Beziehungspartner in sechs der acht untersuchten Branchen wurde auf Basis inhaltlicher und empirischer Überlegungen nicht zum Anlass genommen, den Faktor aus den branchenspezifischen Messmodellen zu eliminieren. Die Betrachtung der formativen Messmodelle auf Gesamtkonstruktebene hat gezeigt, dass in allen acht Branchen die Gütekriterien gut erfüllt werden. Im Ergebnis kann somit in allen Branchen von einer hohen Schätzgüte für die Messmodelle auf Faktor-, Dimensions- und Gesamtkonstruktebene der Markenbeziehungsqualität ausgegangen werden. Die Messmodelle wurden bisher nur auf Validität und Reliabilität überprüft. Eine Interpretation der konkreten Ausprägungen der Regressionsparameter ist bislang nicht erfolgt. Dies ist Gegenstand des nachfolgenden Abschnitts.
5.4.4
Interpretation der Ergebnisse
Zur Interpretation der Ergebnisse wird die Höhe der durch PLS berechneten Regressionsparameter für die einzelnen Faktoren und Dimensionen im Gesamtmodell der Markenbeziehungsqualität betrachtet und miteinander verglichen. Schaubild 5-20 zeigt die Ergebnisse für die Regressionsparameter in allen acht untersuchten Branchen in grafischer Form.
Strukturmodell
n.s. 0,183 n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. n.s. 0,186
MZ*
(Gesamt) (Auto) (Handy) (Zahnpasta) (Bier) (Taschentücher) (Gemüsekonserven) (Kfz-Versicherung) (Mobilf unkprovider)
0,444 0,344 0,446 0,317 n.s. 0,397 0,467 0,599 0,544
MV“
MBQ
EN*
0,468 0,386 0,389 n.s. 0,723 0,556 0,396 0,243 0,548
Stärke KKI*
0,169 0,323 0,276 n.s. n.s. n.s. n.s. 0,501 n.s.
(Gesamt) (Auto) (Handy) (Zahnpasta) (Bier) (Taschentücher) (Gemüsekonserven) (Kfz-Versicherung) (Mobilf unkprovider)
(Gesamt) (Auto) (Handy) (Zahnpasta) (Bier) (Taschentücher) (Gemüsekonserven) (Kf z-Versicherung) (Mobilf unkprovider)
0,282 0,273 0,322 0,165 0,224 0,194 0,389 0,399 0,319
Stärke MKI*
(Gesamt) (Auto) (Handy) (Zahnpasta) (Bier) (Taschentücher) (Gemüsekonserven) (Kfz-Versicherung) (Mobilf unkprovider)
Qualität STKI
*Faktorwerte
n.s.: nicht signif ikant
Stärke KKI: Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion Stärke MKI: Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion Stärke SKI: Stärke der System-Kunde-Interaktion
(Gesamt) (Auto) (Handy) (Zahnpasta) (Bier) (Taschentücher) (Gemüsekonserven) (Kf z-Versicherung) (Mobilf unkprovider)
MZ: Markenzuf riedenheit MV: Markenvertrauen EN: Emotionale (Marken-)Nähe
0,649 0,599 0,655 0,726 0,828 0,693 0,683 0,572 0,395
(Gesamt) (Auto) (Handy) (Zahnpasta) (Bier) (Taschentücher) (Gemüsekonserven) (Kf z-Versicherung) (Mobilfunkprovider)
(Gesamt) (Auto) (Handy) (Zahnpasta) (Bier) (Taschentücher) (Gemüsekonserven) (Kfz-Versicherung) (Mobilf unkprovider)
Qualität MAKI
0,564 0,653 0,548 0,599 0,544 0,619 0,436 0,447 0,567
MBQ: Markenbeziehungsqualität Qualität MAKI: Qualität der Marke-Kunde-Interaktion Qualität STKI: Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
Legende:
Formatives Messmodell auf Dimensionsebene
0,455 0,412 0,427 0,634 n.s. 0,565 0,395 0,438 0,545
Stärke SKI*
(Gesamt) (Auto) (Handy) (Zahnpasta) (Bier) (Taschentücher) (Gemüsekonserven) (Kf z-Versicherung) (Mobilf unkprovider)
248 Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Schaubild 5-20: Ergebnisse für die Regressionsparameter in den untersuchten Branchen
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
249
Die Höhe der Pfadkoeffizienten zwischen den beiden Qualitätsdimensionen und dem Konstrukt der Markenbeziehungsqualität gibt die direkte Einflussstärke der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion und der Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion auf die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität wieder.146 Schaubild 5-21 zeigt die branchenspezifische Höhe der direkten Einflussstärke beider Qualitätsdimensionen auf die Markenbeziehungsqualität in tabellarischer Form. Zur besseren Vergleichbarkeit sind neben den absoluten auch die relativen Werte dargestellt. Qualität der MarkeKunde-Interaktion
Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion
Branche Einfussstärke absolut
Einfussstärke in Prozent
Einfussstärke absolut
Einfussstärke in Prozent
Auto
0,653
71%
0,273
29%
Handy
0,548
63%
0,322
37%
Zahnpasta
0,599
78%
0,165
22%
Bier
0,544
71%
0,224
29%
Taschentücher
0,619
76%
0,194
24%
Gemüsekonserven
0,436
53%
0,389
47%
Kfz-Versicherung
0,447
53%
0,399
47%
Mobilfunkprovider
0,567
64%
0,319
36%
Gesamt
0,564
67%
0,282
33%
Schaubild 5-21: Höhe der Einflussstärke der beiden Qualitätsdimensionen auf die Markenbeziehungsqualität in den untersuchten Branchen
Werden die direkten Beeinflussungseffekte in den unterschiedlichen Branchen miteinander verglichen, lässt sich eine dimensionsbezogene Rangfolge der untersuchten Branchen auf Basis der Höhe der Einflussstärke beider Qualitätsdimensionen erstellen. Schaubild 5-22 zeigt das entsprechende Ergebnis.
146
Vgl. Huber et al. 2007a, S. 116.
250
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Qualität der Marke-KundeInteraktion
Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
Rang Branche
Einflussstärke
Branche
Einflussstärke
1
Auto
0,653
Versicherung
0,399
2
Taschentücher
0,619
Gemüsekonserven
0,389
3
Zahnpasta
0,599
Handy
0,322
4
Mobilfunkprovider
0,567
Mobilfunkprovider
0,319
Durchschnitt
Gesamtdatensatz
0,564
Gesamtdatensatz
0,282
5
Handy
0,548
Auto
0,273
6
Bier
0,544
Bier
0,224
7
Versicherung
0,447
Taschentücher
0,194
8
Gemüsekonserven
0,436
Zahnpasta
0,165
Schaubild 5-22: Rangfolge der untersuchten Branchen auf Basis der Einflussstärke der beiden Qualitätsdimensionen auf die Markenbeziehungsqualität
Die Untersuchungsergebnisse belegen einen vergleichsweise hohen Beeinflussungseffekt der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion) auf die Markenbeziehungsqualität in allen untersuchten Branchen (relatives Bedeutungsgewicht von 53 bis 78 Prozent). Insbesondere bei Automobil-, Taschentücher-, Zahnpasta- und Mobilfunkmarken ist der direkte Beeinflussungseffekt im Vergleich zu den übrigen Branchen überdurchschnittlich stark ausgeprägt (Einflussstärke über 0,564). Aber auch in allen anderen Branchen dominiert der Einfluss der Qualität der Marke als Beziehungspartner – wenn auch zum Teil nur leicht – über dem Einfluss, den die Qualität der Marke als Interaktionspartner auf die Markenbeziehungsqualität ausübt. Die transaktionsübergreifende Wahrnehmung der Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner ist damit nach den Ergebnissen der Untersuchung zufolge das zentrale Beurteilungskriterium für die Qualität einer Marken-KonsumentenBeziehung aus Kundensicht. Wenngleich die Untersuchungsergebnisse den zentralen Einfluss der Qualität der Marke als Beziehungspartner auf die Markenbeziehungsqualität nachweisen,
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
251
zeigt sich dennoch die empirische Relevanz der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion). In allen untersuchten Konsumgütermärkten liegt die prozentuale Gewichtung der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion über 22 Prozent; in der Mehrheit der Branchen sogar weit über 30 bzw. 40 Prozent. Werden diese Ergebnisse vor dem Hintergrund betrachtet, dass Konsumgütermärkte im Vergleich zu Dienstleistungs- und Industriegütermärkten durch einen geringen Interaktionsgrad geprägt sind, ist der relative Einfluss der Qualität der Marke als Interaktionsplattform auf die Markenbeziehungsqualität noch eindrücklicher. Diese Ergebnisse bekräftigen damit die in dieser Arbeit vertretene Ansicht, dass eine hohe wahrgenommene Qualität einer Marken-Konsumenten-Beziehung nicht ausschließlich auf der Qualität der Marke als Beziehungspartner, sondern zudem auf der Qualität der Marke als Interaktionsplattform beruht. Die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von interaktiven, dialogischen Kommunikationsangeboten im Markenumfeld, die einen dauerhaften und wechselseitigen Austausch zwischen einer Marke und einem Konsumenten über Markenbeziehungsstellvertreter ermöglichen, werden demnach als eigenständiges Qualitätsmerkmal einer Marken-Konsumenten-Beziehung aus Kundensicht wahrgenommen. Für die Faktoren lassen sich analog indirekte Einflussstärken bestimmen, da von jedem der sechs (Einfluss-)Faktoren über die Dimensionsebene ein Pfad zum direkt gemessenen Konstrukt der Markenbeziehungsqualität führt.147 Zur Berechnung der Stärke des indirekten Effekts eines jeden Faktors auf die Markenbeziehungsqualität werden die Gewichte der einzelnen Faktoren mit dem Strukturparameter der dazugehörigen Dimension multipliziert. Sofern ein Faktor kein signifikantes Gewicht besitzt, ist der Effekt gleich Null.148 Gemäß den Empfehlungen von Herrmann et al. kann eine Rangfolge dieser indirekten Einflussstärken über alle (Einfluss-)Faktoren hinweg erstellt werden, die Aufschluss über die relative Wichtigkeit einzelner Faktoren der Markenbeziehungsqualität gibt.149 Diese Erkenntnisse können dann zur Priorisierung von Allokationsentscheidungen genutzt werden.150 Schaubild 5-23 stellt die Rangfolge der Wichtigkeit der (Einfluss-)Faktoren auf Basis ihrer indirekten Beeinflussungseffekte für jede der acht untersuchten Branchen dar. Neben den absoluten Einflussstärken pro Faktor ist zudem die prozentuale Gewichtung der einzelnen Faktoreinflussstärken je Branche aufgeführt. 147 148 149 150
Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006, S. 52. Vgl. Huber et al. 2007a, S. 117. Vgl. Herrmann/Huber/Kressmann 2006; Huber et al. 2007a, S. 115. Vgl. Huber/Herrmann/Sibylle 2003, S. 355ff.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Zahnpasta
Taschentücher
Gemüsekonserven
KfzVersicherung
Mobilfunkprovider
Rang
252
Gesamt
EN
EN
EN
EN
EN
EN
EN
MV
MV
1
(0,366)
(0,391)
(0,359)
(0,435)
(0,450)
(0,429)
(0,298)
(0,268)
(0,308)
[39,5%]
[37,5%]
[37,6%]
[57,1%]
[73,6%]
[48,1%]
[36,8%]
[26,9%]
[31,3%]
MV
MV
MV
MV
Stärke KKI
MV
MV
EN
EN
2
3
4
5
Auto
Handy
Bier
(0,250)
(0,225)
(0,244)
(0,222)
(0,162)
(0,246)
(0,204)
(0,256)
(0,224)
[27,1%]
[21,6%]
[25,6%]
[29,2%]
[26,4%]
[27,5%]
[25,2%]
[25,7%]
[22,7%]
Stärke KKI
MZ
Stärke SKI
Stärke SKI
MZ,
Stärke SKI
Stärke KKI
Stärke MKI
Stärke KKI
(0,132)
(0,119)
(0,137)
(0,105)
[14,3%]
[11,5%]
[14,4%]
[13,7%]
Stärke SKI
Stärke SKI
Stärke KKI
MZ,
(0,128)
(0,112)
(0,125)
[13,9%]
[10,8%]
[13,1%]
Stärke MKI
Stärke KKI
Stärke MKI
(0,048)
(0,105)
(0,089)
[5,2%]
[10,1%]
[9,3%]
MZ
Stärke MKI
6 (n.s.)
(0,088) [8,5%]
Stärke KKI,
MV, Stärke SKI, Stärke MKI (n.s)
Stärke MKI (n.s)
(0,110)
(0,154)
(0,200)
(0,175)
[12,3%]
[19,0%]
[20,1%]
[17,7%]
Stärke KKI
Stärke SKI
Stärke SKI
Stärke SKI
(0,108)
(0,154)
(0,175)
(0,174)
[12,1%]
[19,0%]
[17,6%]
[17,6%]
Stärke KKI
MZ
MZ,
MZ,
Stärke MKI
Stärke MKI
(n.s)
(n.s)
(0,097)
(0,105)
[9,7%]
[10,7%]
MZ
MZ
Stärke MKI
(n.s.)
(n.s.)
(n.s)
Legende: MZ:
Markenzufriedenheit
Stärke KKI:
Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion
MV:
Markenvertrauen
Stärke MKI:
Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion
EN:
Emotionale (Marken-)Nähe
Stärke SKI:
Stärke der System-Kunde-Interaktion
n.s.
nicht signifikanter Einfluss
Schaubild 5-23: Branchenspezifische Rangfolge der (Einfluss-)Faktoren der Markenbeziehungsqualität auf Basis der Höhe ihrer indirekten Beeinflussungseffekte (absolute [relative] indirekte Einflussstärke in runden [eckigen] Klammern)
Analog zur dimensionsbezogenen Rangfolge in Schaubild 5-23 lässt sich – bei einer Betrachtung über alle untersuchten Konsumgüterbranchen hinweg – eine faktorbezogene Rangfolge der untersuchten Branchen erstellen (vgl. Schau-
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
253
Rang
bild 5-24). Diese gibt Aufschluss über die relative Bedeutung eines Faktors in einer Branche im Vergleich zu den anderen untersuchten Branchen. MZ
MV
EN
Stärke KKI
Stärke MKI
Stärke SKI
Auto
Mobilfunkprovider
Bier
Mobilfunkprovider
KfzVersicherung
Kfz-Versicherung
(0,119)
(0,308)
(0,450)
(0,175)
(0,200)
(0,175)
Mobilfunkprovider
Kfz-Versicherung
Zahnpasta
Bier
Handy
Mobilfunkprovider
(0,105)
(0,268)
(0,435)
(0,162)
(0,089)
(0,174)
Handy,
Gesamt
Papiertaschentücher
Gemüsekonserven
Auto
Gemüsekonserven
1
2
3
Zahnpasta, (0,250)
(0,429)
(0,154)
(0,088)
(0,154)
Papiertaschentücher
Auto
Gesamt
Gesamt
Handy
4
Papiertaschentücher, Gemüsekonserven,
(0,246)
(0,391)
(0,132)
(0,048)
(0,137)
Handy
Gesamt
Handy
Zahnpasta,
Gesamt
(0,244)
(0,366)
(0,125)
Auto
Handy
Papiertaschentücher
Papiertaschentücher,
(0,225)
(0,359)
(0,108)
Zahnpasta
Gemüsekonserven
Auto
(0,222)
(0,298)
(0,105)
(0,110)
Gemüsekonserven
KfzVersicherung
KfzVersicherung
Zahnpasta
Bier,
5
KfzVersicherung (n.s.)
Bier,
6
7
8
Gemüsekonserven, Mobilfunkprovider (n.s)
(0,128) Auto (0,112) Papiertaschentücher
(0,204)
(0,256)
(0,097)
(0,105)
Bier
Mobilfunkprovider
Zahnpasta
Bier
(n.s.)
(0,224)
(n.s.)
(n.s.)
9
Legende: MZ:
Markenzufriedenheit
Stärke KKI:
Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion
MV:
Markenvertrauen
Stärke MKI:
Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion
EN:
Emotionale (Marken-)Nähe
Stärke SKI:
Stärke der System-Kunde-Interaktion
n.s:
nicht signifikanter Einfluss
Schaubild 5-24: Rangfolge der untersuchten Branchen auf Basis der Höhe der indirekten Beeinflussungseffekte der signifikanten (Einfluss-)Faktoren der Markenbeziehungsqualität
254
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Die Untersuchungsergebnisse identifizieren die Faktoren Emotionale (Marken-) Nähe und Markenvertrauen als wichtigste branchenübergreifende Einflussfaktoren der Markenbeziehungsqualität. Diese beiden Faktoren bestimmen in allen acht untersuchten Branchen am stärksten die Beziehungsqualität und somit die Befriedigung, die aus Marken-Konsumenten-Beziehungen gezogen wird (vgl. Schaubild 5-23). Im Gesamtdurchschnitt beträgt der Beeinflussungseffekt der Emotionalen (Marken-)Nähe 0,366; beim Faktor Markenvertrauen 0,250. Eine besonders gewichtige Bedeutung kommt der Emotionalen (Marken-)Nähe bei Bier-, Zahnpasta-, Papiertaschentücher- und Automobil- und Handymarken zu. Hier liegt die Einflussstärke mit Werten zwischen 0,359 und 0,450 weit über bzw. nur leicht unter dem Durchschnitt (vgl. Schaubild 5-24). Bei Gemüsekonserven, Kfz-Versicherungen und Mobilfunkprovidern ist der Effekt verhältnismäßig weniger stark ausgeprägt (Werte zwischen 0,224 und 0,298). Dies ist angesichts der geringeren Emotionalisierungskraft dieser Güterklassen auch nicht verwunderlich. Dafür ist bei Kfz-Versicherungen und Mobilfunkprovidern die Effektstärke des Faktors Markenvertrauen auf die Markenbeziehungsqualität überdurchschnittlich stark; mit Werten von 0,268 für Kfz-Versicherungen und 0,308 für Mobilfunkprovider wird der Gesamtdurchschnitt von 0,250 deutlich überschritten. Der Beeinflussungseffekt des Markenvertrauens übertrifft hier den der Emotionalen (Marken-)Nähe. Angesichts des hohen Anteils an Vertrauenseigenschaften bei Kfz-Versicherungen und Leistungen von Mobilfunkprovidern sind die Ergebnisse plausibel. Da es sich bei diesen Leistungen um Kontraktgüter handelt, die auf vertraglichen Bindungen mit relativ hohen Wechselbarrieren basieren, ist das Risiko, sich an einen „falschen“ Anbieter zu binden und der damit verbundene Grad der Verletzbarkeit, verhältnismäßig hoch. Die Untersuchungsergebnisse unterstreichen damit den in Abschnitt 3.3.3.1.3 erläuterten und durch andere empirische Studien bereits bestätigten positiven Zusammenhang zwischen Kaufrisiko und Bedeutung des Markenvertrauens (vgl. Abschnitt 3.3.3). Insgesamt lässt sich aus diesen empirischen Ergebnissen ableiten, dass die Emotionale (Marken-)Nähe sowie das Markenvertrauen die wichtigsten kundenseitigen Erwartungen an eine Marken-Konsumenten-Beziehung darstellen. Die Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion sowie die Stärke der SystemKunde-Interaktion sind den Untersuchungsergebnissen zufolge von geringerer, aber dennoch nicht zu vernachlässigender empirischer Relevanz für die Markenbeziehungsqualität. Wie Schaubild 5-23 zeigt, ist der indirekte Beeinflussungseffekt der Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion mit Werten zwischen 0,097 (KfzVersicherungen) und 0,175 (Mobilfunkprovider) zum Teil nicht unerheblich (durchschnittliche Einflussstärke von 0,132). Bei Biermarken bestimmt die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten zum Austausch mit anderen Kunden sogar über 26 Prozent der durch das Modell erklärten Varianz der Markenbeziehungsqualität. Dies ist angesichts der sozialen Bedeutung des Kon-
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
255
sums von Bier nicht verwunderlich. Nur bei Zahnpastamarken ist der Einfluss von Konsumenteninteraktionen auf die Markenbeziehungsqualität nicht signifikant. Ähnliche Beeinflussungseffekte sind für den Faktor Stärke der SystemKunde-Interaktion zu beobachten. Mit einer durchschnittlichen Einflussstärke von 0,128 liegt dieser zwar leicht hinter dem Beeinflussungseffekt von Konsumenteninteraktionen; in allen untersuchten Märkten – mit Ausnahme von Bier – trägt dieser Faktor jedoch auch maßgeblich zu der durch das Modell erklärten Varianz der Markenbeziehungsqualität bei (vgl. Schaubild 5-23). Am höchsten ist der Einfluss bei Kfz-Versicherungen (0,175) bzw. Mobilfunkprovidern (0,174). Diese Studienergebnisse belegen, dass die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten im Markenumfeld einen wichtigen Beitrag zur Markenbeziehungsqualität bzw. Profilierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen leisten. Das Potenzial einer Marke, über andere Markennachfrager oder dialogfähige Systeme der Marke wechselseitige Kontakte mit der Marke zu ermöglichen bzw. zu pflegen, stellt somit ein zentrales Anforderungskriterium an eine Marken-Konsumenten-Beziehung aus Kundensicht dar. In Hinblick auf die theoretisch postulierte Relevanz von Mitarbeiter-KundeInteraktionen für die Markenbeziehungsqualität zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass ein vergleichsweise hoher Beitrag von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen auf die Markenbeziehungsqualität in Konsumgütermärkten mit hohem Interaktionsgrad vorliegt. Wie bereits in Abschnitt 5.4.3.2 hingewiesen wurde, ist der Einfluss von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen auf die Markenbeziehungsqualität in fünf der acht untersuchten Branchen nicht signifikant, d.h., die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit Markenmitarbeitern geht in diesen Märkten aus Kundensicht mit keiner erhöhten Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität einher. Für Automobil-, Handy- und Kfz-Versicherungsmarken lässt sich hingegen ein Beeinflussungseffekt empirisch nachweisen. Bei Kfz-Versicherungen ist dieser mit einem Wert von 0,200 sehr stark; bei Automobilen und Handys mit 0,088 respektive 0,089 eher gering. Der Anteil des Faktors Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion an der durch das Modell erklärten Varianz der Markenbeziehungsqualität ist in beiden Produktbereichen mit 8,5 Prozent (Autos) bzw. 9,3 Prozent (Handys) dennoch nicht unerheblich, wenngleich Kunde-Kunde-Interaktionen sowie System-KundeInteraktionen ein vergleichsweise höheres Gewicht zukommt (vgl. Schaubild 5-23). Die nicht vorhandene Qualitätsrelevanz von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen für die Markenbeziehungsqualität in der Mehrheit der untersuchten Konsumgütermärkte ist angesichts des geringen Interaktionsgrades dieser Märkte nicht verwunderlich. Im Gegensatz zu Zahnpasta, Bier, Taschentücher und Gemüsekonserven ist das marktspezifische Geschäfts- und Vertriebsmodell von Au-
256
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
tomobilen, Kfz-Versicherungen und Handys durch einen vergleichsweise hohen Interaktionsgrad geprägt.151 Diese Untersuchungsergebnisse implizieren, dass die Relevanz von Mitarbeiter-Kunde-Kontakten für die Markenbeziehungsqualität tendenziell mit steigender Häufigkeit und Intensität des persönlichen Kontakts zwischen Kunde und Markenmitarbeitern steigt. In einer abschließenden Betrachtung werden die untersuchten Konsumgütermärkte hinsichtlich der relativen branchenspezifischen Einflussstärken der Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität analysiert – mit dem Ziel, eine Kategorisierung der untersuchten Konsumgüterbranchen vorzunehmen. Hierzu werden die ermittelten Einflussstärken für die Qualität der Marke als Beziehungspartner und die Qualität der Marke als Interaktionsplattform auf Basis des Gesamtdatensatzes als Richtwert und Trennlinie herangezogen. Wie Schaubild 5-25 zeigt, lassen sich hierdurch drei Gruppen von Konsumgütermärkten unterscheiden: (1) Produktmärkte mit einer verhältnismäßig hohen Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Beziehungspartner, (2) Produktmärkte mit einer relativ hohen Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Interaktionsplattform und (3) Produktmärkte mit einer in Relation zu anderen Branchen sowohl hohen Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Beziehungspartner sowie der Marke als Interaktionsplattform.
151
Der empirisch nicht nachweisbare Effekt von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen für die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität bei Mobilfunkprovidern ist verwunderlich, da das Absatzkonzept von Mobilfunkprovidern Kontakte mit Markenmitarbeitern ermöglicht bzw. fördert. Offensichtlich nehmen die Konsumenten jedoch diese wechselseitigen Mitarbeiterkontakte nicht als Qualitätsaspekt ihrer Markenbeziehung wahr. Vielmehr erfahren Kunden von Mobilfunkprovidern durch interaktive Anwendungen im Internet und im Dialog mit anderen Kunden der Marke eine Wertsteigerung ihrer Markenbeziehung (vgl. Schaubild 5-23).
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
257
Einfluss der Qualität der Marke als Beziehungspartner auf die Markenbeziehungsqualität
0.7 Auto Überdurchschnittlich Taschentücher 0.6 Mobilfunkprovider
Zahnpasta
Handy
Bier 0.5 Unterdurchschnittlich
Kfz-Versicherung Gemüsekonserven 0.4 0.1
0.2 Unterdurchschnittlich
0.3
0.4 Überdurchschnittlich
Einfluss der Qualität der Marke als Interaktionsplattform auf die Markenbeziehungsqualität
Schaubild 5-25: Kategorisierung der untersuchten Konsumgüterbranchen anhand der produktmarktspezifischen Höhe der Einflussstärke beider Qualitätsdimensionen auf die Markenbeziehungsqualität (Ergebnisse für Gesamtdatensatz als Trennlinie)
1.
Die relativ hohe Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Beziehungspartner ist insbesondere bei Papiertaschentücher-, Zahnpasta- und Biermarken ersichtlich. Bei diesen Produktmärkten liegt die Einflussstärke deutlich über (Papiertaschentücher: 0,619; Zahnpasta: 0,599) bzw. nur geringfügig unter (Bier: 0,544) dem Durchschnitt des Gesamtdatensatzes (0,564). Der Einfluss der Qualität der Marke als Interaktionsplattform auf die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität ist hingegen in diesen Produktmärkten mit Werten zwischen 0,165 und 0,224 verhältnismäßig gering (Durchschnitt des Gesamtdatensatzes: 0,282). Wie aus Schaubild 5-23 entnommen werden kann, wird die Markenbeziehungsqualität in diesen Branchen primär durch die empfundene Emotionale (Marken-)Nähe bzw. bei Papiertaschentücher- und Zahnpastamarken zusätzlich durch das Markenvertrauen determiniert. Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern spielen eine untergeordnete Rolle, wenngleich bei Biermarken die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Interaktionsangeboten mit anderen Kon-
258
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität sumenten eine nicht zu unterschätzende Qualitätsrelevanz hat. Dies ist angesichts der sozialen Bedeutung des Konsums von Bier nicht verwunderlich; in der Summe überwiegt jedoch auch bei Biermarken die Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner.
2.
Eine verhältnismäßig hohe Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Interaktionsplattform ist bei Kfz-Versicherungs- und Gemüsekonservenmarken zu beobachten. Mit Werten von 0,399 für Kfz-Versicherungen und 0,389 für Gemüsekonserven liegt hier die Einflussstärke der Qualität der Marke als Interaktionsplattform deutlich über dem Durchschnitt von 0,282. In beiden Produktbereichen begründet die Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion 47 Prozent der erklärten Varianz der Markenbeziehungsqualität (vgl. Schaubild 5-21). Dies liegt bei Kfz-Versicherungen insbesondere am (Einfluss-)Faktor Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und Stärke der System-Kunde-Interaktion; bei Gemüsekonserven an den Faktoren Kunde-Kunde- und System-Kunde-Interaktion (vgl. Schaubild 5-23). Die Qualitätsrelevanz der Stellvertreter-Kunde-Interaktion ist hingegen in beiden Branchen mit Werten von 0,447 (Kfz-Versicherung) und 0,436 (Gemüsekonserven) relativ gering.
3.
Eine vergleichsweise hohe Bedeutungsrelevanz beider Qualitätsfacetten lässt sich für Automobil-, Mobilfunkprovider- und Handymarken erkennen. In allen drei Branchen liegt das absolute Bedeutungsgewicht sowohl für die Qualität der Marke als Beziehungspartner (Werte zwischen 0,548 und 0,567) als auch für die Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Werte zwischen 0,273 und 0,322) deutlich über bzw. nur leicht unter dem Durchschnitt des Gesamtdatensatzes (0,564 für Qualität der Marke als Beziehungspartner; 0,282 für Qualität der Marke als Interaktionsplattform). Die Gewichte der einzelnen (Einfluss-)Faktoren sind entsprechend in der Mehrheit der Fälle über- bzw. nur leicht unterdurchschnittlich (vgl. Schaubild 5-24).
Diese Untersuchungsergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Beziehungspartner sowie als Interaktionsplattform für den Aufbau langfristiger Marken-Konsumenten-Beziehungen von produktmarktspezifischen Kontextfaktoren bestimmt wird.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
259
Als produktmarktspezifische Kontextfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform lassen sich in Anlehnung an Meffert und Esch/ Möll die in Schaubild 5-26 aufgeführten Merkmale herleiten.152 Wirkungsrichtung
Kriterium
Steigerung der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Senkung der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Involvement
Hoch
Benutzerfreundlichkeit
Gering
Servicebedürftigkeit
Hoch
Gering
Konsumbedeutung
Hoch
Gering
Gering
Hoch
Schaubild 5-26: Zentrale produktmarktbezogene Bestimmungskriterien der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform (Quelle: In Anlehnung an Esch/Möll 2006, S. 235; Meffert 2008, S. 166)
Das (produktgruppenspezifische) Involvement, verstanden als den Aktivierungsgrad, den ein Produkt beim Kunden hervorruft153, hat Einfluss auf das Engagement, mit dem sich Kunden mit Angeboten und Informationen auseinander setzen.154 Mit zunehmendem produktmarktspezifischen Involvement ist davon auszugehen, dass die Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform steigt. So sehen Schneckenburger et al. im Involvement beispielsweise eine zentrale Voraussetzung zur Etablierung von Konsumenteninteraktionen.155 Gleiches gilt für die Benutzerfreundlichkeit. Sie dient als Maßstab für die Komplexität und Erklärungsbedürftigkeit eines Produkts.156 Je geringer die Benutzerfreundlichkeit eines Produktes ist, desto höher ist die Bedeutung von 152
153 154 155 156
Vgl. Esch/Möll 2006, S. 234ff.; Meffert 2008, S. 164ff. Nach Meffert geben diese Merkmale Aufschluss über die Kundenbindungsrelevanz von Produkten. Da im Zentrum der Kundenbindung im Verständnis des Relationship Marketing die Interaktion mit dem Konsumenten steht, lassen sich diese Kriterien auch heranziehen, um die Bedeutung von wechselseitigen Interaktionen für den Aufbau langfristiger Marken-Konsumenten-Beziehungen zu beurteilen. Vgl. Baumgarth 2008b, S. 38. Vgl. Kroeber-Riel/Esch 2004, S. 144f. Vgl. Schneckenburger/Boysen/Reineke 2007, S. 218. Vgl. Meffert 2000, S. 254.
260
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
wechselseitigen Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern einzuschätzen.157 Im Falle einer hohen Erklärungsbedürftigkeit eines Produktes ermöglicht erst die wechselseitige Interaktion die Klärung vielfältiger Fragen, die sich z.B. auf die Eignung der Leistung für die persönlichen Zwecke des Kunden beziehen. Die Massenkommunikation stellt hingegen bei hoher Erklärungsbedürftigkeit der Produkte in der Regel keine ausreichende Grundlage dar, dem Informationsbedarf eines Kunden gerecht zu werden.158 Auch von der Servicebedürftigkeit eines Produkts sind Wirkungen auf die Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform zu erwarten. Güter, die sich durch einen hohen Dienstleistungsanteil sowie damit einhergehend einen hohen Individualisierungsgrad auszeichnen, fördern den individuellen Kontakt zwischen Markenbeziehungsstellvertretern und Konsumenten, der in der Folge die Bindung an eine Marke verstärken kann. Schließlich kommt der Konsumbedeutung eines Produkts eine entscheidende Rolle zu. Sie erfasst die subjektiv wahrgenommene Wichtigkeit eines Produkts.159 Mit steigender Konsumbedeutung ist davon auszugehen, dass die Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Interaktionsplattform steigt. So sieht Meffert in der Konsumbedeutung eine zentrale Bestimmungsgröße für die Nachfrage von produktbegleitenden Serviceleistungen, die wiederum die Grundlage zur Etablierung langfristiger Kundenbeziehungen darstellen.160 Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass bei der Mehrheit der Produkte, die sich durch eine verhältnismäßig hohe Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform auszeichnen, die erläuterten produktmarktspezifischen Kontextfaktoren erfüllt sind. Mit Ausnahme von Gemüsekonserven zeichnen sich Autos, Mobilfunkprovider, Handys und Kfz-Versicherungen durch vergleichsweise hohes Involvement, geringe Benutzerfreundlichkeit, hohe Servicebedürftigkeit sowie hohe Konsumbedeutung aus. Die gewichtige Rolle der Qualität der Marke als Interaktionsplattform bei Gemüsekonserven lässt keine eindeutige plausible Interpretation zu; Gemüsekonserven erfüllen keinen der identifizierten Kontextfaktoren. Es ist jedoch zu beachten, dass es sich bei den postulierten Wirkungszusammenhängen zwischen produktmarktbezogenen Kontextfaktoren und Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform nur um Tendenzaus-
157
158 159 160
Vgl. Krummenerl 2005, S. 114f. Algesheimer/Herrmann/Dimpfel (2006, S. 952) sehen z.B. in der Erklärungsbedürftigkeit eines Produkts ein Merkmal von erfolgreichen Brand Communities. Vgl. Frommeyer 2005, S. 11f. Vgl. Meffert 2008, S. 164. Vgl. Meffert 2008, S. 164.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
261
sagen auf Produktebene handelt. Dies schließt nicht aus, dass auf Märkten, die sich aufgrund ihrer Charakteristika auf den ersten Blick weniger für den Beziehungsaufbau über wechselseitige Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertreter eignen, dennoch einzelne Marken existieren, die gerade durch den Aufbau von Interaktionsplattformen Wettbewerbsvorteile generieren. Wie unter Abschnitt 3.3.3.2.3 beschrieben, zeigen Erfolgsbeispiele wie die „Maggi Kochstudio Treffs“, dass auch bei „klassischen“ Markenartikeln der Aufbau von Interaktions- und Erlebnisplattformen im Markenumfeld einen Beitrag zur Intensivierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen leisten kann. Auffallend ist, dass sich die Stichprobe der Gemüsekonserven zu über 60 Prozent aus regelmäßigen Käufern der Marke Bonduelle zusammensetzt (vgl. Abschnitt 5.1.2). Die Marke Bonduelle bietet interessierten Kunden auf ihrer Website vielfältige Möglichkeiten, mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten (z.B. Newsletter, Kontaktformular, Rezeptanfragen, Verbraucherhotline). Dies vermag ein Anhaltspunkt für das relativ hohe Gewicht des Faktors Stärke der System-Kunde-Interaktion bei Gemüsekonserven zu sein (vgl. Schaubild 5-23). Die hohe Bedeutung von Konsumenteninteraktionen für die Markenbeziehungsqualität (Faktor Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion) lässt sich unter anderem damit erklären, dass der Austausch von Rezeptideen, Erfahrungen usw. bei Gemüsekonserven die Verbundenheit mit der Marke steigert. Analog zu den produktbezogenen Bestimmungsfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform lassen sich produktmarktspezifische Kontextfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner identifizieren, die zur Einschätzung der Bedeutung der Qualitätsdimension der MarkeKunde-Interaktion auf unterschiedlichen Konsumgütermärkten herangezogen werden können (vgl. Schaubild 5-27). 161
161
Die aufgeführten produktmarktspezifischen Kontextfaktoren gehen auf Fischer/Hieronimus/Kranz (2002) zurück, die diese Merkmale zur Einschätzung der Markenrelevanz auf Konsumgütermärkten identifizieren. Unter der Markenrelevanz wird der Grad des Einflusses des Kriteriums Marke auf die Kauf- und Konsumentscheidungen in einer Produktkategorie verstanden (vgl. zum Begriff der Markenrelevanz Fischer/Meffert/Perrey 2004, S. 336; Bauer/Donnevert/Hammerschmidt 2008, S. 22). Neben diesen produktmarktspezifischen Kontextfaktoren nennen sie weitere kaufprozess-, käufer- und marktbezogene Kontextfaktoren der Markenrelevanz, die hier jedoch nicht weiter berücksichtigt werden.
262
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Wirkungsrichtung
Kriterium
Steigerung der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Senkung der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Leistungstransparenz
Niedrig
Produkthomogenität
Hoch
Gering
Wahrnehmbarkeit der Marke
Hoch
Gering
Soziale Bedeutung des Konsums
Hoch
Gering
Budgetklasse
Hoch
Gering
Hoch
Schaubild 5-27: Zentrale produktmarktbezogene Bestimmungskriterien der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner (Quelle: In Anlehnung an Fischer/Hieronimus/Kranz 2002, S. 21ff.)
Die Leistungstransparenz wird durch den Anteil der Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften eines Produkts bestimmt.162 Je höher der Anteil der Vertrauenseigenschaften bei einem Gut ist, desto größer ist aus Sicht der Risikotheorie das Bedürfnis der Nachfrager nach Risikoreduktion. Die Bedeutung der Marke als Beziehungspartner steigt daher mit abnehmender Leistungstransparenz, da die im Laufe der Markennutzung entstandene Markenbeziehung die Basis für das Markenvertrauen bildet, das wiederum zu einer Verringerung des vom Kunden wahrgenommene Kaufrisikos führt (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.3). Der Grad der Produkthomogenität betrifft die Höhe der Qualitätsnivellierung des Leistungsangebots. Mit steigender Produkthomogenität sind Marken aus Kundensicht zunehmend austauschbar. Dies hat zur Folge, dass die Befriedigung von emotionalen Bedürfnissen für die Kauf- und Bindungsentscheidung an Bedeutung gewinnt (vgl. Abschnitt 1.1). Marken, die als Beziehungspartner wahrgenommen werden, stiften in einem solchen Umfeld einen emotionalen Zusatznutzen, indem sie dem Wunsch nach Emotionaler (Marken-)Nähe nachkommen und außerdem die Orientierung im homogenen Produktumfeld erleichtern. Auch von der Wahrnehmbarkeit der Marke durch Elemente der Markierung (z.B. Logo, Verpackung, Farben) sind Wirkungen auf die Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner zu erwarten. Je auffälliger Produkte mit Markierungselementen versehen sind, desto stärker sind Marken durch Dritte wahr162
Vgl. Fischer/Hieronimus/Kranz 2002, S. 22.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
263
nehmbar. Insbesondere bei öffentlich gut sichtbaren Produkten führt dies zu einem steigenden Stellenwert der Qualität der Marke als Beziehungspartner, indem die Marke das Gefühl der emotionalen Sicherheit gibt und als Mittel zur Selbstverwirklichung bzw. -darstellung fungiert (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.4).163 Ähnlich lässt sich die erhöhte Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner bei zunehmender sozialer Bedeutung des Konsums herleiten. „Die soziale Bedeutung des Konsums ist untrennbar mit der Öffentlichkeit des Konsums verbunden.“164 Sofern der Besitz von Produkten für die erfolgreiche Wahrnehmung einer sozialen Rolle hilfreich bzw. nützlich ist und zur Erfüllung von Selbstdarstellungs- bzw. Selbstverwirklichungswünschen dient, desto stärker ist die Bedeutung der Qualität der Marke als Beziehungspartner einzuschätzen, indem eine Verknüpfung der Markenpersönlichkeit mit der eigenen Identität erfolgt (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.4). Schließlich sind Wirkungen von der Budgetklasse auf die Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner zu erwarten. Mit zunehmender finanzieller Mittelbindung steigt das wahrgenommene Kaufrisiko, das wiederum vom Ausmaß der Unsicherheit und der Erheblichkeit der Konsequenzen eines Fehlkaufs bestimmt wird (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.3). Die Wahrnehmung der Marke als Beziehungspartner reduziert durch das in die Marke gesetzte Vertrauen das wahrgenommene Risiko.165 Mit steigendem Preisniveau wird demnach auch die Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner zunehmen. Werden die Untersuchungsergebnisse mit diesem Katalog an produktmarktspezifischen Bestimmungsfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner abgeglichen, ist zu erkennen, dass viele der Kontextfaktoren in den identifizierten Produktmärkte erfüllt werden. Bei Automobil-, Handy- und Mobilfunkprovidermarken treffen sämtliche Kontextfaktoren mehr oder weniger zu.166 Bier- und Zahnpastamarken sind zwar durch ein vergleichsweise geringes Preisniveau gekennzeichnet, jedoch treffen dafür andere Kontextfaktoren besonders stark zu. So ist bei Bier- und Zahnpastamarken die Produkthomogenität, die Wahrnehmbarkeit der Marke sowie die soziale Bedeutung des Konsums als überdurchschnittlich hoch einzuschätzen. Dies zeigt sich auch in der hohen indirekten Einflussstärke des Faktors Emotionale (Marken-)Nähe auf die Markenbe163 164 165 166
Vgl. Meffert/Schröder/Perrey 2002, S. 33; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 407. Fischer/Hieronimus/Kranz 2002, S. 22. Vgl. Esch/Brunner/Hartmann 2008, S. 151f. Diese Einschätzung wird durch eine empirische Studie von Fischer/Hieronimus/ Kranz (2002) bekräftigt. Sie untersuchten die Markenrelevanz in 45 verschiedenen Produktmärkten. Für Autos, Handys und Mobilfunkprovider wurde eine überdurchschnittlich hohe Markenrelevanz festgestellt.
264
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
ziehungsqualität in beiden Produktfeldern (vgl. Schaubild 5-23). Über alle untersuchten Branchen hinweg ist diese bei Biermarken mit einer Einflussstärke von 0,450 deutlich am stärksten; Zahnpastamarken liegen mit einem Wert von 0,435 nur knapp an zweiter Stelle im Gesamtranking (vgl. Schaubild 5-24). Bei Zahnpastamarken kommt zusätzlich dem Faktor Markenvertrauen ein zentrales Bedeutungsgewicht zu (vgl. Schaubild 5-23). Dies ist angesichts des hohen Anteils an Vertrauenseigenschaften (niedrige Leistungstransparenz) nachvollziehbar. Einzig die hohe Bedeutung der Qualität der Marke als Beziehungspartner bei Papiertaschentüchermarken ist auf Basis der identifizierten Kontextfaktoren nicht eindeutig interpretierbar; für Papiertaschentüchermarken wäre zu erwarten, dass ein ähnlich niedriger Einfluss der Qualität der Marke als Beziehungspartner wie bei Gemüsekonservenmarken vorliegt. Der hohe Beeinflussungseffekt geht auf die hohen Parameter für die Faktoren Emotionale (Marken-)Nähe sowie Markenvertrauen zurück (vgl. Schaubild 5-23). Anhaltspunkte für eine mögliche Erklärung liefert der hohe Anteil der Marke Tempo in der Stichprobe (50 Prozent). Die Markenkommunikation der Marke Tempo ist stark emotional ausgerichtet und akzentuiert die Beziehung zwischen Kunde und Marke („Tempo. Mit Dir fühl ich mich stark.“). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich auf Basis der empirischen Untersuchungsergebnisse drei Gruppen von Konsumgütermärkten unterscheiden lassen: Konsumgütermärkte, in denen entweder die Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner oder die der Marke als Interaktionsplattform überdurchschnittlich hoch ist und Konsumgütermärkte, in denen beide Qualitätsfacetten eine vergleichsweise hohe Bedeutung für die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität haben. Wenngleich die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass in allen acht untersuchten Branchen die eine oder andere Qualitätsfacette eine im Vergleich zum Durchschnitt gewichtige Rolle für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität spielt, ist es denkbar, dass eine vierte Gruppe von Konsumgütermärkten existiert: Produktfelder, in denen weder der Qualität der Marke als Beziehungspartner noch der Qualität der Marke als Interaktionsplattform eine verhältnismäßig starke Rolle für die langfristige Bindung eines Konsumenten zukommt (z.B. Commodities wie Strom, Salz, Zucker). Anhaltspunkte zur Einschätzung des durchschnittlichen Bedeutungsgewichts der Qualität der Marke als Beziehungspartner bzw. der Qualität der Marke als Interaktionsplattform für die Beziehungsentwicklung zwischen Marke und Konsument liefern die erläuterten produktmarktbezogenen Kontextfaktoren, die in Schaubild 5-28 zusammenfassend dargestellt sind.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
265
Kontextfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Über Durchschnitt
Marken-affine Konsumgütermärkte
Marken- und Dialogaffine Konsumgütermärkte
Transaktions-affine Konsumgütmärkte
Dialog-affine Konsumgütermärkte
Unter Durchschnitt Gering Hoch
Über Durchschnitt
Involvement Benutzerfreundlichkeit
Hoch Gering
Gering
Servicebedürftigkeit
Hoch
Gering
Konsumbedeutung
Hoch
Senkung der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Kontextfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Unter Durchschnitt
Gering
Hoch Budgetklasse
Gering
Hoch Soziale Bedeutung des Konsums
Hoch Wahrnehmbarkeit der Marke Gering
Hoch Produkthomogenität Gering
Gering Leistungstransparenz Hoch
Senkung der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Steigerung der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Steigerung der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Schaubild 5-28: Klassifikation von Konsumgütermärkten anhand des durchschnittlichen Bedeutungsgewichts der Qualität der Marke als Beziehungspartner und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität
In Abhängigkeit und Ausprägung dieser Merkmale variiert tendenziell das in einem Gut inhärente Qualitätspotenzial von Marke-Kunde-Interaktionen bzw. Stellvertreter-Kunde-Interaktionen. Die Bedeutung der Marke als Interaktionsplattform wird bei Dialog-affinen Gütern von überdurchschnittlicher Relevanz sein, die sich durch ein vergleichsweise hohes Involvement, geringe Benutzerfreundlichkeit, hohe Servicebedürftigkeit sowie eine hohe Konsumbedeutung auszeichnen. Zwar ist auch hier die Bedeutung der Qualität der Marke als Beziehungspartner von Relevanz, da diese die subjektive Wahrnehmung des Angebots beeinflusst. Allerdings ist davon auszugehen, dass Dialogangebote im Markenumfeld je nach Ausprägung der Merkmale zunehmend wichtiger für die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität werden. Bei Marken-affinen Kon-
266
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
sumgütern werden Konsumenten der Qualität der Marke als Beziehungspartner ein überdurchschnittlich höheres Gewicht beimessen als bei Gütern, die durch vergleichsweise hohe Leistungstransparenz, geringe Produkthomogenität, geringe Wahrnehmbarkeit der Marke, geringe soziale Bedeutung des Konsums sowie niedriges Preisniveau gekennzeichnet sind. Die stärkste Bedeutung von MarkenKonsumenten-Beziehungen ist in Märkten zu erwarten, in denen Konsumenten aufgrund der produktmarktbezogenen Kontextfaktoren sowohl ein überdurchschnittlich hohes Dialogbedürfnis haben als auch den Wunsch nach Emotionaler (Marken-)Nähe und Markenvetrauen verstärkt verspüren. Bei diesen Dialogund Marken-affinen Gütern wird die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität sowohl durch die Qualität der Marke als Beziehungspartner als auch durch die Qualität der Marke als Interaktionsplattform überdurchschnittlich stark determiniert. Bei Transaktions-affinen Gütern (z.B. Strom, Salz, Zucker) ist schließlich davon auszugehen, dass die Markenbeziehungsqualität in der Regel weder von der Qualität der Marke als Beziehungspartner noch von der Qualität der Marke als Interaktionsplattform stark beeinflusst wird. Die Käufer werden sich bei ihrer Konsumentscheidung stärker an anderen produktmarktrelevanten Kriterien, wie z.B. Preis oder Erhältlichkeit der Ware, orientieren. Als Ergebniszusammenfassung der empirischen Studie lassen sich sechs zentrale Punkte festhalten: 1. Vergleichsweise hoher Einfluss der Qualität der Marke als Beziehungspartner auf die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität in allen untersuchten Konsumgüterbranchen Die empirische Untersuchung zeigt einen dominanten Einfluss der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion) auf die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität im Vergleich zur Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion). Die transaktionsübergreifende Wahrnehmung der Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner ist damit das zentrale Beurteilungskriterium für die Qualität einer Marken-Konsumenten-Beziehung aus Kundensicht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Konsumenten zu Marken, die ihnen das Gefühl geben, die geforderte Rolle als Beziehungspartner zu entsprechen, eine starke und langfristige Beziehung aufbauen. Dieses Ergebnis zeigt, dass der Aufbau von MarkenKonsumenten-Beziehungen – im Vergleich zu Anbieter-Kunde-Beziehungen auf Dienstleistungs- und Industriegütermärkten – nicht primär das Resultat wiederholter dialogischer Kommunikationsprozesse ist, in denen es zu einem gegenseitigen und fortlaufenden Informationsaustausch kommt und die das gegenseitige Verständnis sowie die wechselseitige Annäherung zwischen Marke und Konsu-
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
267
ment fördern. Vielmehr bedingt die Verbundenheit zwischen Marke und Kunde, dass sich die Marke im Sinne eines Beziehungspartners verhält und die austausch- und gemeinschaftsbezogenen Erwartungen, die an Marken-Konsumenten-Beziehungen gestellt werden (Markenzufriedenheit, Markenvertrauen, Emotionale (Marken-)Nähe), durch die Marke erfüllt werden. Für Markenartikler folgt aus diesen Ergebnissen, dass die tägliche Realisation von Marketingmixentscheidungen im Einklang mit den Assoziationen der Konsumenten zur Qualität der Marke als Beziehungspartner zu sein hat. Entscheidungen, die die Markenzufriedenheit beinträchtigen (z.B. bevorzugte Angebote für Neukunden anstelle von Stammkunden bei Mobilfunkverträgen), das in die Marke gesetzte Vertrauen verletzen (z.B. Nicht-Einhaltung versprochener Leistungen) oder die empfundene Emotionale (Marken-)Nähe stören (z.B. Verlust der wahrgenommenen emotionalen Sicherheit durch radikale Neupositionierung der Marke) gefährden in starkem Maße die Beziehungsstabilität. 2. Geringere, aber dennoch zentrale Rolle der Qualität der Marke als Interaktionsplattform für die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität in allen untersuchten Konsumgüterbranchen Wenngleich die Untersuchungsergebnisse den zentralen Einfluss der Qualität der Marke als Beziehungspartner auf die Markenbeziehungsqualität belegen, zeigt sich auch, dass die Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) einen nicht unerheblichen Anteil der durch das Modell erklärten Varianz der Markenbeziehungsqualität bestimmt. Hieraus folgt, dass die Markenbeziehungsqualität nicht ausschließlich auf der Qualität der Marke als Beziehungspartner, sondern zudem auf der Qualität der Marke als Interaktionsplattform beruht. Die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von interaktiven, dialogischen Kommunikationsangeboten im Markenumfeld werden demnach als eigenständiges Qualitätsmerkmal einer Marken-Konsumenten-Beziehung aus Kundensicht wahrgenommen. Dies bedeutet, dass die wahrgenommene Fähigkeit einer Marke, über Markenbeziehungsstellvertreter wechselseitige Kontakte mit einer Marke zu ermöglichen bzw. zu pflegen, die Verbundenheit zwischen Marke und Konsument fördert. Wechselseitige Interaktionsprozesse sind damit nicht nur in Anbieter-Kunde-Beziehungen zur Initiierung und Pflege von langfristigen Kundenbeziehungen von Belang; auch auf Konsumgütermärkten beeinflussen sie die Befriedigung, die aus der Nutzung einer Marke gezogen wird. Für Markenartikler auf Konsumgütermärkten weisen diese Erkenntnisse auf eine neue Sichtweise der Markenführung hin. Das klassische Kommunikationsmodell des Transaktionsmarketing, das durch einseitige Kommunikationsprozesse gekennzeichnet ist, gilt es im Rahmen von Marken-Konsumenten-Beziehungen
268
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
durch ein zweiseitiges Kommunikationsmodell zu ersetzen bzw. zu ergänzen (vgl. Abschnitt 2.1.3). Wesentliches Merkmal des zweiseitigen Kommunikationsmodells sind Rückkoppelungskanäle, die die Basis für den Dialog legen, indem sie den Kunden befähigen, selbst als Sender von Kommunikationsbotschaften aufzutreten. Da die Marke ein lebloses Objekt darstellt, liegt es an Markenbeziehungsstellvertretern, die wechselseitige Interaktion stellvertretend für eine Marke zu übernehmen. Neben Markenmitarbeitern und anderen Kunden der Marke sind computergesteuerte Systeme der Marke in der Lage, auf Aktivitäten des Konsumenten zu reagieren, und so die Marke in indirekte, wechselseitige Interaktionen mit dem Konsumenten treten zu lassen. 3. Unterschiedlicher Stellenwert der Qualität der Marke als Beziehungspartner und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform in Abhängigkeit der Branche Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Beziehungspartner bzw. der Qualität der Marke als Interaktionsplattform für den Aufbau langfristiger Marken-Konsumenten-Beziehungen je nach Branche variiert. Dies legt die Vermutung nahe, dass produktmarktspezifische Bestimmungsfaktoren existieren, in Abhängigkeit derer das in einem Gut inhärente Qualitätspotenzial von Marke-Kunde-Interaktionen bzw. StellvertreterKunde-Interaktionen tendenziell variiert. Als produktmarktspezifische Bestimmungsfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform wurden auf Basis von qualitativen Überlegungen Involvement, Benutzerfreundlichkeit, Servicebedürftigkeit sowie Konsumbedeutung identifiziert. Die Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner wird hingegen tendenziell durch die Leistungstransparenz, die Wahrnehmbarkeit der Marke, die soziale Bedeutung des Konsums sowie die Budgetklasse bestimmt. In Abhängigkeit und Ausprägung dieser Merkmale lassen sich vier Arten von Konsumgütern bzw. Branchen unterscheiden:
Marken-affine Güter, bei denen die Qualität der Marke als Beziehungspartner tendenziell überdurchschnittlich wichtig für die Markenbeziehungsqualität ist.
Dialog-affine Güter, die sich durch eine vergleichsweise überdurchschnittlich hohe Bedeutung der Qualität der Marke als Interaktionsplattform auszeichnen.
Dialog- und Marken-affine Güter, bei denen in der Tendenz sowohl die Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner als auch der Marke als Interaktionsplattform über dem Durchschnitt liegt.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
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Transaktions-affine Güter, bei denen beide Qualitätsfacetten nur eine unterdurchschnittliche Rolle für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität einnehmen.
Für Anbieter von Markenartikeln folgt aus diesen Ergebnissen, dass die produktmarktspezifische Bedeutungsrelevanz der beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität und somit die Effektivität der Stellhebel für den Aufbau und das Management von Marken-Konsumenten-Beziehungen variieren. Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei dieser Klassifikation von Konsumgütermärkten um Extremausprägungen eines Kontinuums und somit lediglich um tendenzielle Grundaussagen handelt. Wie erläutert, zeigen die empirischen Studienergebnisse, dass auf Märkten, die aufgrund ihrer Charakteristika eine geringe Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner bzw. der Marke als Interaktionsplattform vermuten lassen, dennoch diesen Qualitätsaspekten einer Marken-Konsumenten-Beziehung eine wichtige Bedeutung zukommen kann (siehe Gemüsekonserven und Papiertaschentücher). Daher ist auf Markenebene eine individuelle Betrachtung hinsichtlich des Qualitätspotenzials von MarkeKunde-Interaktionen bzw. Stellvertreter-Kunde-Interaktionen für die Marke vorzunehmen. 4. Emotionale (Marken-)Nähe und Markenvertrauen wichtigste branchenübergreifende Einflussfaktoren der Markenbeziehungsqualität Werden die indirekten Einflussstärken auf Faktorebene betrachtet, zeigt sich, dass die Faktoren Emotionale (Marken-)Nähe sowie Markenvertrauen in allen acht untersuchten Branchen am stärksten die Markenbeziehungsqualität beeinflussen. Aus diesen Untersuchungsergebnissen geht hervor, dass es sich bei MarkenKonsumenten-Beziehungen über alle untersuchten Konsumgütermärkte hinweg vor allem um emotional bedeutsame Gemeinschaftsbeziehungen handelt, die das Ergebnis einer intensiven emotionalen Annäherung sowie eines Vertrauensverhältnisses zwischen Marke und Konsumenten sind (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.1). Ähnlich wie im zwischenmenschlichen Bereich bestimmen die empfundene emotionale Nähe und das Vertrauen zwischen den Beziehungspartnern die Beziehungsstabilität und -entwicklung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Marken, die dem grundlegenden Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Bezogenheit und emotionaler Sicherheit durch Aufbau eines Vertrauensverhältnisses und Schaffung von emotionalen Identifikationsflächen nachkommen, eine Wertschätzung aus Kundensicht erfahren, die letztlich zu einer starken Verbundenheit mit der Marke führt.
270
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Wenngleich diese Untersuchungsergebnisse die Emotionalisierung der Kundenansprache zwecks Evozierung eines Verbundenheitsgefühls mit der Marke nahelegen, ist die „Erfolgsformel Emotionalisierung“ kein Patentrezept. Zwar belegen auch die empirischen Studienergebnisse von Freundt die allgemeine Bedeutung emotionaler Markenimages für den Aufbau langfristiger MarkenKonsumenten-Beziehungen; die Studie zeigt jedoch zugleich, dass in vielen Produktmärkten Konsumenten ihre Bindungsentscheidung nicht ausschließlich auf Basis emotionaler sondern auch rationaler Nutzenaspekte treffen. Insbesondere bei Kontraktgütern wird der Verbleib bzw. die Intensivierung des Vertragsverhältnisses sowohl durch emotionale als auch besonders rationale Aspekte geprägt. Bei langlebigen sowie kurzlebigen Konsumgütern determiniert hingegen vorwiegend das emotionale Markenimage die Beziehungsstabilität.167 Daher gilt es im Einzelfall abzuwägen, inwieweit eine (rein) emotionsgetriebene Kundenansprache zielführend ist. Zudem ist bei der emotionsorientierten Auslegung des Kommunikationsinhaltes zu beachten, dass mit Kommunikationsinhalten, wie z.B. „A brand like a friend“ von Henkel oder „Immer da, immer nah“ von Provinzial Westfalen, gewisse Erwartungen bei den Kunden erzeugt werden, die es im Kundenkontakt umzusetzen gilt.168 Botschaftsgestaltung ist somit auch immer Erwartungsmanagement. 5. Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion und Stärke der System-KundeInteraktion als relevante Einflussfaktoren der Markenbeziehungsqualität in der Mehrheit der untersuchten Konsumgütermärkte Die theoretisch postulierte Bedeutung von wechselseitigen Interaktionen mit „gleichgesinnten“ Markenanhängern sowie computergestützten Systemen der Marke für die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität wird durch die empirische Studie in der Mehrheit der untersuchten Branchen bestätigt. Die Studienergebnisse belegen, dass die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten im Markenumfeld einen wichtigen Beitrag zur wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität bzw. Profilierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen leistet. Das Potenzial einer Marke, über andere Markennachfrager oder dialogfähige Systeme der Marke wechselseitige Kontakte mit einer Marke zu ermöglichen bzw. zu pflegen, stellt somit ein zentrales Anforderungskriterium an eine Marken-Konsumenten-Beziehung aus Kundensicht dar. Die Kundenerwartungen an die Marke als Plattform zum Austausch mit anderen Markennachfragern und Dialogsystemen der Marke sind dabei das Resultat des Zusatznutzens, den diese wechselseitigen Interaktionen für Konsumenten
167 168
Vgl. Freundt 2006, S. 266ff. Vgl. Scarabis/Florack 2005, S. 66.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
271
stiften (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.1). Den Ergebnissen der Studie zufolge ist es vor allem der Austausch mit anderen Konsumenten, der den Wert der Beziehung zur Marke erhöht. Sofern sich eine Marke somit zu einer Plattform entwickelt, auf der substanzielle Interaktionen mit anderen Kunden möglich sind, verstärkt dies die Anziehungs- und Bindungskraft der Marke. Ähnliche Wirkungen sind mit der Förderung von wechselseitigen Austauschprozessen über eine dialogorientierte, markenbezogene Websitegestaltung verbunden. Konsumenten schätzen es, wenn sie über interaktive Anwendungen im Internet mit dem Hersteller bzw. Anbieter der Marke in Kontakt treten und austauschen können. Insbesondere bei Kontraktgütern (Kfz-Versicherung, Mobilfunkprovider), die durch einen hohen Grad an Service- und Erklärungsbedürftigkeit gekennzeichnet sind, steigert die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten im Internet die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität maßgeblich. Für Unternehmen folgt aus diesen Ergebnissen, dass das Management von Marken-Konsumenten-Beziehungen einer holistischen Sichtweise bedarf. Konsumenten definieren ihre Beziehung zu einer Marke nicht nur über ihre Assoziationen zur Qualität der Marke als Beziehungspartner, die aus Konsum- und Kommunikationserfahrungen hervorgehen. Die emotionale Verbundenheit mit einer Marke wird auch durch die Fähigkeit der Marke bestimmt, wechselseitige Interaktionen mit anderen Kunden und Dialogsystemen der Marke zu ermöglichen. Diesen Kundenerwartungen gilt es bei der beziehungsorientierten Ausrichtung von Marketingaktivitäten Rechnung zu tragen, indem sämtliche Faktoren im Absatzkonzept für eine Marke berücksichtigt werden, die in der Wahrnehmung der Zielgruppe die Beziehung zu einer Marke begründen. Das bedeutet, dass die Markenführung nicht nur Gestaltungselemente zu berücksichtigen hat, die die Wahrnehmung der Marke als Beziehungspartner unterstützen, sondern zudem die Einschätzung der Marke als Interaktionsplattform determinieren. 6. Vergleichsweise hoher Beitrag von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen auf die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität in Konsumgütermärkten mit hohem Interaktionsgrad Die Untersuchungsergebnisse bestätigen die empirische Relevanz von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen für die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität für Konsumgütermärkte, die durch einen vergleichweise hohen Interaktionsgrad gekennzeichnet sind. Hieraus lässt sich schließen, dass die Relevanz von Mitarbeiter-Kunde-Kontakten für die Markenbeziehungsqualität tendenziell mit steigender Häufigkeit und Intensität des persönlichen Kontakts zwischen Kunde und Markenmitarbeitern steigt. Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen im Markenumfeld bieten hier die Chance, einen Beitrag zur Erfüllung von beziehungsbezogenen Kundenerwar-
272
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
tungen zu leisten, indem auf die sozio-emotionalen und individuellen Beratungs-, Betreuungs- und Problemlösungsbedürfnisse der Konsumenten eingegangen wird, wodurch der persönliche Bezug zwischen Marke und Konsument intensiviert wird (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.3). Für markenführende Unternehmen folgt aus diesen Ergebnissen, dass persönliche Mitarbeiterkontakte einen Beitrag zur Erhöhung der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität leisten können, wenn sie aus Kundensicht einen wichtigen Bestandteil ihrer Beziehung zur Marke darstellen – wie z.B. bei Kfz-Versicherungen, Autos und Handys. In diesem Fall beeinflusst die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit Markenmitarbeitern die Markenbeziehungsqualität nachhaltig. Gesamthaft betrachtet liefern die Untersuchungsergebnisse wichtige Anhaltspunkte für die Ressourcenallokation zum Aufbau und zur Gestaltung von Marken-Konsumenten-Beziehungen. Bevor jedoch auf konkrete Handlungsempfehlungen für die beziehungsorientierte Markenpolitik in Kapitel 6 weiter eingegangen wird, ist zunächst sicherzustellen, dass die Markenbeziehungsqualität die Markenbindung nachhaltig beeinflusst. Erst wenn ein positiver Wirkungszusammenhang zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung nachgewiesen wird, können Investitionen in den Aufbau und das Management von Marken-Konsumenten-Beziehungen auf Basis von Rentabilitätsüberlegungen begründet werden.
5.5
Empirische Überprüfung der Konstruktbeziehungen im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität
5.5.1
Methodik und Vorgehensweise
Die Markenbindung wurde in Abschnitt 3.4 als zentrale Zielgröße im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität herausgearbeitet. Sie beschreibt die Verhaltensabsicht eines Kunden, seine Beziehung zur Marke aufgrund seiner Verbundenheit zur Marke zu erhalten bzw. zu intensivieren. Zur empirischen Überprüfung und Analyse der in Abschnitt 3.4.2 theoretisch postulierten Wirkungsbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität (unabhängige Variable) und Markenbindung (abhängige Variable) mittels PLS wird eine vierstufige Vorgehensweise angewendet:
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
273
1.
Zunächst wird das in Abschnitt 4.5 entwickelte reflektive Messmodell der Markenbindung auf Reliabiliät und Validität überprüft (Abschnitt 5.5.2.1). Dies erfolgt mittels der in Abschnitt 5.3.1 beschriebenen Gütekriterien, die bereits zur Überprüfung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität auf Faktorebene verwendet wurden.
2.
Bei der theoretischen Modellierung der Wirkungsbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung in Abschnitt 3.4.2 wurde eine aggregierte und disaggregierte Betrachtung vorgenommen, bei der der Einfluss der Markenbeziehungsqualität zum einen auf Konstruktebene, zum anderen auf Dimensionsebene herausgearbeitet wurde. Entsprechend dieser Zweiteilung erfolgt in einem zweiten Schritt zunächst die aggregierte Analyse des Wirkungszusammenhangs zwischen der Markenbeziehungsqualität als Ganzes (Konstrukt dritter Ordnung) und der Markenbindung, d.h., es geht um die Überprüfung des Gesamteinflusses des Konstrukts der Markenbeziehungsqualität (Abschnitt 5.5.2.2). Die Indexstruktur der Markenbeziehungsqualität, die in den vorigen Abschnitten untersucht wurde, wird somit in die Analyse wieder miteinbezogen. Zur Überprüfung der Strukturbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität als exogene und Markenbindung als endogene Variable werden die in Abschnitt 5.3.3 erläuterten Gütekriterien herangezogen.
3.
Nach der aggregierten Betrachtung folgt die disaggregierte Analyse des Wirkungszusammenhangs auf Dimensionsebene der Markenbeziehungsqualität, bei der der differenzierte Einfluss der Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung untersucht wird (Abschnitt 5.5.2.3). Die beiden Qualitätsdimensionen stellen demnach die exogenen Variablen, die Markenbindung die endogene Variable im Strukturmodell dar. Als Messmodelle für die beiden Qualitätsdimensionen kommen die bei der empirischen Überprüfung der Markenbeziehungsqualität bereits untersuchten Messmodelle auf Dimensionsebene zum Einsatz. Dies bedeutet, dass die sechs Faktoren bzw. Faktorwerte als manifeste formative Indikatoren der jeweiligen Dimension fungieren. Die Überprüfung des Strukturmodells erfolgt – analog zu Schritt zwei – anhand der Gütekriterien aus Abschnitt 5.3.3.
4.
Im letzten Schritt wird sich der Interpretation der Ergebnisse (Abschnitt 5.5.3) gewidmet. Diese erfolgt für die aufrechterhaltenen Hypothesen im Wesentlichen anhand der Höhe der Pfadkoeffizienten sowie der Höhe der erklärten Varianz der Markenbindung.
274
5.5.2
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Ergebnisse der Analysen
5.5.2.1 Messmodell der Markenbindung Zur Überprüfung der Güte des reflektiven Messmodells der Markenbindung werden die bereits auf der Faktorebene der Markenbeziehungsqualität angewendeten Gütemaße herangezogen. Deren Werte sind in Schaubild 5-29 dargestellt. Indikatorebene
Konstruktebene
Indikator
Ladung
t-Wert
DEV
IK
Kriterium
> 0,70
> 1,98
> 0,50
> 0,60
0,934
179,636 0,889
0,941
MB_1
Wiederkaufabsicht
MB_2
Weiterempfelungsabsicht
0,952
318,893
Eigenwerte 1. EW>1 2. EW<1
1,779 0,221
Cronbachs Alpha > 0,70
0,874
Schaubild 5-29: Ergebnisse der Analyse für das reflektive Messmodell der Markenbindung auf Basis des Gesamtdatensatzes
Da die Operationalisierung der Markenbindung in Abschnitt 4.5 auf Basis bewährter Messindikatoren erfolgte, wird die Inhaltsvalidität des Messmodells als gegeben betrachtet. Die Indikatorreliabilität ist ebenfalls sichergestellt. Die Faktorladungen der beiden Messitems MB_1 und MB_2 liegen über dem Wert von 0,7 und sind aufgrund der hohen t-Werte als hochsignifikant zu bewerten. Das Kriterium der Konvergenzvalidität ist ebenfalls erfüllt. Mit einem Wert von 0,941 liegt die interne Konsistenz ebenso über dem Grenzwert wie die durchschnittlich erfasste Varianz, die einen Wert von 0,889 hat. Die Unidimensionalität des Konstrukts wird durch Werte von 1,779 und 0,221 für den ersten bzw. zweiten Eigenwert und das Cronbachs Alpha von 0,874 bestätigt. Das Messmodell der Markenbindung ist aufgrund dieser Ergebnisse insgesamt als „gut“ einzustufen. Nachdem auch das Messmodell zur Operationalisierung der Markenbindung überprüft und bestätigt wurde, kann nun die Analyse der Strukturmodelle, d.h. die Überprüfung der hypothetischen Beziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung sowie zwischen den beiden Qualitätsdimensionen und Markenbindung, erfolgen.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
275
5.5.2.2 Wirkungszusammenhang auf Konstruktebene Auf Konstruktebene wird der Gesamteinfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung untersucht. In Abschnitt 3.4.2.2 wurde ein positiver Wirkungszusammenhang zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung hypothetisiert (H4). Um diese Wirkungshypothese zu testen, wird das in Schaubild 5-30 dargestellte PLS-Strukturmodell auf Basis des Gesamtdatensatzes verwendet.
0,65*** Markenbeziehungsqualität
Markenbindung
R2 = 0,42 *** signifikant mit p < 0,01
Schaubild 5-30: Ergebnis der empirischen Überprüfung der Wirkungsbeziehung zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung auf Basis des Gesamtdatensatzes (n=2.009)
Die PLS-Parameterschätzungen zeigen für die empirischen Daten einen signifikanten, positiven Zusammenhang zwischen der Markenbeziehungsqualität und Markenbindung. Das Ergebnis unterstützt somit Hypothese H4, nach der die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität einen positiven Einfluss auf die Markenbindung ausübt. Dies bedeutet, dass die Markenbindung umso höher ist, je besser die Markenbeziehungsqualität aus Kundensicht wahrgenommen wird. Insgesamt erklärt die Markenbeziehungsqualität 42 Prozent (R2=0,42) der Varianz der Markenbindung. Damit wird der geforderte Mindestwert von 30 Prozent überschritten. Entsprechend der von Chin vorgeschlagenen Richtwerte für das Bestimmtheitsmaß (R2) ist diese Höhe der Varianzerklärung der Zielvariable als „gut“ zu bezeichnen.169 Auch bei der branchenspezifischen Betrachtung zeigt sich, dass der theoretisch postulierte positive Wirkungszusammenhang zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung in allen acht untersuchten Branchen bestätigt wird.
169
Vgl. Chin 1998b, S. 323.
276
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Schaubild 5-31 stellt die entsprechenden branchenspezifischen Ergebnisse in tabellarischer Form dar. Pfadkoeffizient
t-Wert
R2
> 0,10
> 1,98
> 0,30
>0
0,65
43,17
0,42
0,27
9
0,78
29,67
0,60
0,21
MB
9
0,75
21,12
0,56
0,34
MB
9
0,61
15,35
0,38
0,26
Branche
Exogenes Konstrukt
Endogenes Konstrukt
Hypothese
Gesamt
MBQ
MB
9
Auto
MBQ
MB
Handy
MBQ
Zahnpasta
MBQ
Q2
Bier
MBQ
MB
9
0,56
9,85
0,31
0,19
Taschentücher
MBQ
MB
9
0,63
15,62
0,39
0,25
Gemüsekonserven
MBQ
MB
9
0,51
10,39
0,26
0,26
Kfz-Versicherungen
MBQ
MB
9
0,73
16,35
0,53
0,30
Mobilfunkprovider
MBQ
MB
9
0,73
19,08
0,53
0,38
Schaubild 5-31: Ergebnisse der Analyse zum branchenspezifischen Wirkungszusammenhang zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung
In allen acht Branchen liegen die Pfadkoeffizienten mit Werten zwische 0,51 und 0,78 deutlich über dem Grenzwert von 0,1. Die mittels des BootstrappingVerfahrens gewonnenen t-Werte weisen auf eine hohe Signifikanz der Ergebnisse hin. Die Varianzerklärung der Markenbindung durch die Markenbeziehungsqualität liegt in allen Branchen – mit Ausnahme von Gemüsekonserven – zwischen 31 und 60 Prozent und ist daher als „mittelmäßig“ bis „gut“, bei Gemüsekonserven (26 Prozent) hingegen eher als „schwach“ zu bewerten. Das StoneGeisser-Test-Kriterium (Q2) weist dabei auf eine gute Vorhersagequalität des Strukturmodells in allen Branchen hin; der Q2-Wert für die Markenbindung ist immer über Null. Im Ergebnis zeigt sich somit, dass der positive Einfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung in allen acht Branchen signifikant ist und dementsprechend Hypothese H4 nicht nur auf Gesamtmodellebene, sondern auch auf Ebene der einzelnen Branchen anzunehmen ist.
5.5.2.3 Wirkungszusammenhang auf Dimensionsebene Betrachtungsgegenstand auf Dimensionsebene ist der differenzierte Einfluss der Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität, d.h. der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion) und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-Kunde-
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
277
Interaktion), auf die Markenbindung. Das Ergebnis der PLS-Parameterschätzungen für das Gesamtmodell ist in Schaubild 5-32 dargestellt. Qualität der Marke-KundeInteraktion
0,68*** Markenbindung
Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
0,10***
R2 = 0,52
*** signifikant mit p < 0,01
Schaubild 5-32: Ergebnis der empirischen Überprüfung des Wirkungszusammenhangs zwischen den beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität und Markenbindung auf Basis des Gesamtdatensatzes (n=2.009)
Aus dem PLS-Pfadmodell geht hervor, dass der Einfluss beider Qualitätsdimensionen auf die Markenbindung positiv und signifikant ist. Hypothese H5a, wonach die Markenbindung positiv durch die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion beeinflusst wird, und Hypothese H5b, die einen positiven Wirkungszusammenhang zwischen der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion und Markenbindung unterstellt, werden somit durch die empirischen Daten gestützt. Im direkten Vergleich ist der Beeinflussungseffekt der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion mit einem Wert von 0,68 jedoch deutlich höher als der Effekt, den die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion auf die Markenbindung ausübt (0,10). Dies gilt es im Rahmen der Interpretation der Ergebnisse in Abschnitt 5.5.3 noch näher zu beleuchten. Die Varianzerklärung der Markenbindung durch die beiden exogenen Variablen ist mit 52 Prozent als „gut“ zu bewerten. Analog zur Überprüfung des Wirkungszusammenhangs auf Konstruktebene stellt Schaubild 5-33 die Ergebnisse der branchenspezifischen Analyse zum Wirkungszusammenhang auf Dimensionsebene dar.
278
Branche
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Exogenes Konstrukt
Endogenes Konstrukt
Qualität MAKI Gesamt Qualität MAKI Auto Qualität MAKI Handy
R2
Q2
> 0,10
> 1,98
> 0,02
> 0,30
>0
9
0,68
30,91
0,45 0,52
0,40
9
0,10
5,62
0,02
9
0,77
27,44
0,60 0,72
0,42
9
0,14
4,16
0,05
9
0,69
12,07
0,48 0,59
0,39
9
0,15
2,49
0,04
9
0,60
9,16
0,34 0,42
0,34
9
0,13
2,94
0,02
9
0,51
6,10
0,22 0,30
0,29
8
0,09
1,66
0,01
9
0,50
8,02
0,25 0,36
0,30
9
0,20
3,73
0,05
9
0,60
9,60
0,34 0,42
0,32
9
0,13
2,81
0,02
9
0,59
7,18
0,35 0,53
0,45
9
0,22
2,89
0,07
9
0,73
15,92
0,55 0,68
0,43
9
0,17
3,37
0,06
MB Qualität STKI Qualität MAKI
Zahnpasta
MB Qualität STKI Qualität MAKI
Bier
MB Qualität STKI Qualität MAKI
Taschentücher
MB Qualität STKI
Mobilfunkprovider
f2
MB Qualität STKI
KfzVersicherungen
t-Wert
MB Qualität STKI
Gemüsekonserven
Pfadkoeffizent
Hypothese
Qualität MAKI MB Qualität STKI Qualität MAKI MB Qualität STKI Qualität MAKI MB Qualität STKI
Schaubild 5-33: Ergebnisse der Analyse zum branchenspezifischen Wirkungszusammenhang zwischen den Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität und Markenbindung
Wie anhand der Höhe der Pfadkoeffizienten sowie deren t-Werte ersichtlich, zeigen die empirischen Daten in allen acht Branchen einen positiven und signifikanten Zusammenhang zwischen der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der MAKI) und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der STKI). Nur für Biermarken wird der hypothetisierte Wirkungszusammenhang zwischen Qualität der Marke als Interaktionsplattform und Markenbindung nicht gestützt; der t-Wert liegt mit 1,66 zwar nur gering, aber dennoch unter der geforderten Mindesthöhe von 1,98. Anhaltspunkte für eine mögliche Erklärung liefern die empirischen Daten hierfür nicht – insbesondere vor dem Hintergrund, dass in allen anderen untersuchten Branchen der Einflusseffekt beider Qualitätsdimensionen bestätigt wird. Die Höhe der Varianzerklärung der
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
279
Markenbindung durch die beiden Qualitätsdimensionen, ablesbar am R2, ist hingegen in allen acht Branchen mit Werten zwischen 0,30 und 0,72 „zufrieden stellend“ bis „sehr gut“. Ebenfalls ist die Prognoserelevanz für die Markenbindung in allen Wirkungsmodellen gegeben, da das Stone-Geisser-Test-Kriterium (Q2) durchweg über Null liegt. In der Gesamtschau ist somit Hypothese H5a, wonach die Qualität der MarkeKunde-Interaktion die Markenbindung positiv beeinflusst, auf Basis der empirischen Daten uneingeschränkt anzunehmen. Der hypothetisierte positive Einfluss der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion auf die Markenbindung (Hypothese H5b) ist lediglich für Biermarken abzulehnen; in allen anderen untersuchten Branchen wird die Hypothese hingegen empirisch gestützt, d.h., eine höhere wahrgenommene Qualität der Marke als Interaktionsplattform verstärkt die Markenbindung.
5.5.3
Interpretation der Ergebnisse
Bislang sind nur die hypothetisierten Wirkungsbeziehungen zwischen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung auf Gesamtkonstrukt- und Dimensionsebene anhand der empirischen Daten überprüft worden. Die Interpretation der Schätzergebnisse erfolgt anhand der Höhe der Pfadkoeffzienten, der Höhe der erklärten Varianz der Markenbindung sowie der Effektstärken (f2) der einzelnen Dimensionen. Im Ergebnis lassen sich zwei zentrale Schlussfolgerungen ableiten: 1. Hoher Einfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung in allen untersuchten Branchen Wie Schaubild 5-31 darstellt, erklärt die Markenbeziehungsqualität in der Mehrheit der untersuchten Branchen einen hohen Anteil der Gesamtvarianz der Markenbindung. Bei Automobil-, Handy-, Kfz-Versicherungs- und Mobilfunkprovidermarken liefert die Markenbeziehungsqualität einen Erklärungsbeitrag zwischen 50 und 60 Prozent; bei Zahnpasta-, Bier-, Taschentücher- und Gemüsekonservenmarken ist der Erklärungsbeitrag geringer, aber mit einem Varianzerklärungsanteil zwischen 26 und 39 Prozent immer noch als „zufrieden stellend“ einzustufen. Offensichtlich wird jedoch die Markenbindung bei Nahrungsund Genussmitteln (Bier, Gemüsekonserven) sowie kurzlebigen Verbrauchsgütern (Zahnpasta, Taschentücher) im Vergleich zu langlebigen Gebrauchsgütern (Autos, Handys) und Kontraktgütern (Kfz-Versicherungen, Mobilfunkleistungen) zu einem großen Anteil durch andere Faktoren als die Markenbeziehungsqualität bestimmt. Die Käufer orientieren sich bei ihrer Markenbindungsent-
280
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
scheidung in diesen Branchen anscheinend nicht überwiegend an emotionalen Verbundenheitsgefühlen, sondern stärker an anderen kaufverhaltensrelevanten Kriterien, wie z.B. Preis oder Erhältlichkeit der Ware. Bei langlebigen Gebrauchsgütern sowie Kontraktgütern wird hingegen die Markenbindung zu mehr als die Hälfte durch die empfundene Markenbeziehungsqualität bestimmt, d.h., die emotionale Verbundenheit zur Marke determiniert hier zum überwiegenden Teil loyale Verhaltensweisen, wie das Wiederkauf- oder Weiterempfehlungsverhalten. Angesichts des höheren Anteils finanzieller, funktionaler, psychischer, physischer und sozialer Risiken, die mit einem Markenwechsel bei langlebigen Gebrauchsgütern und Kontraktgütern einhergehen (z.B. Gefahr einer minderwertigen Leistung, Risiko eines schlechteren Ansprechpartners, Verlust von sozialer Anerkennung und sozialen Kontakten), ist dieses Ergebnis aus Sicht der Risikotheorie plausibel (vgl. Abschnitt 3.4.2.2). Für markenführende Unternehmen folgt aus diesen Ergebnissen, dass die Markenbeziehungsqualität aufgrund ihrer markenbindungsregulierenden Wirkung eine zentrale Steuerungsgröße für die beziehungsorientierte Markenführung darstellt. Angesichts der Tatsache, dass der Markenbeziehungsqualität als Steuerungsgröße in der Marketingpraxis bislang verhältnismäßig wenig Beachtung geschenkt wird und der Fokus vielmehr auf der Markenbekanntheit, dem Markenimage und der Markenzufriedenheit liegt (vgl. Abschnitt 1.4), sind Unternehmen dazu aufgefordert, die Markenbeziehungsqualität als Erfolgs- und Steuerungsgröße verstärkt in ihre Markenkontrollsysteme zu integrieren. 2. Verhältnismäßig hoher direkter Einfluss der Qualität der Marke als Beziehungspartner auf die Markenbindung im Vergleich zum direkten Beeinflussungseffekt der Qualität der Marke als Interaktionsplattform Bei einer Betrachtung der Höhe der direkten Einflussstärken beider Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung, ablesbar an der Höhe der Pfadkoeffizienten, zeigt sich, dass die Qualität der Marke als Interaktionsplattform im Vergleich zur Qualität der Marke als Beziehungspartner einen geringeren direkten Beeinflussungseffekt auf die Markenbindung ausübt. Während Erstere im Gesamtdurchschnitt einen direkten Beeinflussungseffekt in Höhe von 0,10 aufweist, beträgt der Beeinflussungseffekt der Qualität der Marke als Beziehungspartner 0,68 (vgl. Schaubild 5-32). Dieser Beeinflussungsunterschied wird ebenfalls für die branchenspezifischen Wirkungsmodelle nachgewiesen (vgl. Schaubild 5-33); die Höhe des Einflusses der Qualität der MarkeKunde-Interaktion ist in allen Branchen mit Werten zwischen 0,50 und 0,77 um ein Vielfaches stärker als der Beeinflussungseffekt der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion (Wertebereich zwischen 0,13 und 0,22). Bekräftigt werden diese Ergebnisse durch die Werte für die Effektstärken (f2) beider Qualitätsdimensionen (vgl. Schaubild 5-33), die Aufschluss darüber geben, wie substanziell
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
281
der Einfluss dieser unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable, d.h. die Markenbindung, ist (vgl. Abschnitt 5.3.3). Die Effektstärke auf Basis des Gesamtdatensatzes beträgt für die Qualitätsdimension der Marke-Kunde-Interaktion 0,45; für die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion lediglich 0,02. Dies deutet auf einen vergleichsweise geringen direkten Erklärungsbeitrag der Qualität der Marke als Interaktionsplattform für die Markenbindung hin. Die wahrgenommene Qualität der Marke als Beziehungspartner übt hingegen einen verhältnismäßig großen Einfluss auf die Markenbindung aus. Auf Ebene der untersuchten Branchen zeigen die berechneten f2-Werte ebenfalls den Bedeutungsunterschied beider Qualitätsdimensionen, wenngleich in einigen Branchen (Auto, Handy, Kfz-Versicherung, Mobilfunkprovider) die Substanz des Einflusses der Qualität der Marke als Interaktionsplattform geringfügig höher ist (f2-Werte zwischen 0,05 und 0,07). Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass der Einfluss der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion auf die Markenbindung zu einem großen Anteil durch die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität vermittelt bzw. mediiert wird. In einer mediierten Wirkungsbeziehung wird der Effekt zwischen zwei Konstrukten teilweise oder vollständig durch einen Mediator, hier der Markenbeziehungsqualität, vermittelt. Die mediierenden Effekte im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität werden anhand des in Schaubild 5-34 dargestellten Strukturmodells in PLS getestet. Qualität der Marke-KundeInteraktion
0,478***
0,544***
Markenbeziehungsqualität
0,370***
Markenbindung
0,328*** Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion
-0,086***
*** signifikant mit p < 0,01
Schaubild 5-34: Ergebnisse der Analyse der Mediationseffekte im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität auf Basis des Gesamtdatensatzes (n=2.009)
282
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
Eine mediierende Wirkungsbeziehung liegt vor, wenn (1) die exogene Variable einen signifikanten Einfluss auf die mediierende Variable hat, (2) die mediierende Variable einen signifikanten Einfluss auf die exogene Variable hat und (3) der direkte Einfluss der exogenen Variable auf die endogene Variable kleiner ist als in einem Alternativmodell ohne Mediatorvariable.170 Alle drei Bedingungen sind sowohl für die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion als auch für die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion erfüllt. Beide exogenen Variablen üben einen signifikanten Einfluss auf die mediierende Variable der Markenbeziehungsqualität aus (Bedingung 1). Diese wiederum beeinflusst die Markenbindung signifikant (Bedingung 2). Schließlich ist der Einfluss sowohl der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion als auch der Qualität der Stellvertreter-KundeInteraktion in Schaubild 5-34 (Mediationsmodell) kleiner als im Alternativmodell (vgl. Schaubild 5-32). Während der Einfluss der Qualität der Marke-KundeInteraktion auf die Markenbindung ohne Einbindung der Markenbeziehungsqualität 0,68 beträgt, beläuft er sich im Mediationsmodell auf 0,48. Die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion übt ohne die Berücksichtigung der Markenbeziehungsqualität einen Einfluss auf die Markenbindung in Höhe von 0,1 aus; bei Einbindung der Markenbeziehungsqualität hingegen beträgt der Einfluss -0,09. Da beide direkten Pfade zwischen den Qualitätsdimensionen und der Markenbindung im Mediationsmodell signifikant von Null verschieden sind, liegt eine partielle und keine vollständige positive Mediation durch die Markenbeziehungsqualität für beide Qualitätsdimensionen vor.171 Bei Vorliegen einer partiellen Mediation besteht die Möglichkeit, dass aufgrund von Suppressoreffekten der direkte Effekt der exogenen Variable ein anderes Vorzeichen als der indirekte Effekt über die Mediatorvariable aufweist.172 Dies ist hier bei der Qualität der Marke als Interaktionsplattform der Fall. Da der Pfadkoeffizient jedoch nahe bei Null (-0,086) liegt, ist das Vorzeichen irrelevant.173 Das Vorliegen des mediierenden Effekts der Markenbeziehungsqualität wird auch durch den z-Test für beide Qualitätsdimensionen bestätigt, mittels dem sich die Nullhypothese, dass kein indirekter Effekt vorliegt, überprüfen lässt. Hierzu wird gemäß untenstehender Formel die Testgröße z berechnet.
170 171 172 173
Vgl. Eggert/Fassot 2005, S. 105; Huber et al. 2007a, S. 70. Vgl. Eggert/Fassot 2005, S. 105; Huber et al. 2007a, S. 70. Vgl. Eggert/Fassot 2005, S. 105; Huber et al. 2007a, S. 71. Vgl. Huber et al. 2007a, S. 71.
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
ݖൌ
mit:
283
ܽ ȉ ܾ ξܾ ଶ ݏଶ ܽଶ ȉ ݏଶ
a: Pfadkoeffizient zwischen exogener und mediierender Variable b: Pfadkoeffizient zwischen mediierender und exogener Variable s: Standardabweichung der Pfadkoeffizienten a und b
Für den mediierenden Effekt der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion durch die Markenbeziehungsqualität ergibt sich ein z-Wert von 12,46; für den Mediationseffekt der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion durch die Markenbeziehungsqualität ein z-Wert von 10,34. Damit ist die Nullhypothese abzulehnen.174 Das Ausmaß des mediierenden Effekts durch die Markenbeziehungsqualität lässt sich durch die Berechnung des VAF-Wertes bestimmen, der „den indirekten Einfluss der exogenen Variable auf die endogene Variable zu ihrem Gesamteinfluss ins Verhältnis setzt.“175
ܸ ܨܣൌ mit:
a: b: c:
ܽȉܾ ܽȉܾܿ
Pfadkoeffizient zwischen exogener und mediierender Variable Pfadkoeffizient zwischen mediierender und exogener Variable Pfadkoeffizient zwischen exogener und endogener Variable
Für die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion ergibt sich ein VAF-Wert von 0,30. Dies bedeutet, dass 30 Prozent der Gesamtwirkung der Qualität der Marke als Beziehungspartner auf die Markenbindung über die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität erzielt werden. Demnach beeinflusst die Qualität der Marke als Beziehungspartner die Markenbindung nicht nur indirekt über die Markenbeziehungsqualität, sondern zu einem großen Teil auch direkt durch den Nutzen, den die Marke als Beziehungspartner stiftet (vgl. Abschnitt 3.4.2.3). Aufgrund der statistischen Suppressoreffekts ergibt die Berechnung des VAFWertes für die Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion einen Wert von größer Eins. Da der direkte Effekt zwischen der Qualität der Marke als Interakti-
174 175
Huber et al. (2007, S. 72) merken an, dass der z-Test nur bei ausreichend großen Stichproben unverzerrte Ergebnisse liefert. Dies ist hier gewährleistet (n=2.009). Eggert/Fassot 2005, S. 106. Vgl. dieselben für die Formel zur Berechnung des VAF-Wertes.
284
Empirische Studie zur Markenbeziehungsqualität
onsplattform und der Markenbindung nahe Null liegt, ist jedoch davon auszugehen, dass nahezu der gesamte markenbindungsregulierende Effekt der Qualität der Marke als Interaktionsplattform auf die Markenbeziehungsqualität zurückzuführen ist. Mit anderen Worten: Die Qualität der Marke als Interaktionsplattform wirkt nicht primär direkt, sondern vor allem indirekt über die Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung. Eine Steigerung der Markenbindung über eine Verbesserung der wahrgenommenen Qualität der Marke als Interaktionsplattform ist vor allem möglich, sofern die Markenbeziehungsqualität dadurch positiver wahrgenommen wird. Insbesondere unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass Interaktionen im Markenumfeld Konsumenten sozio-emotionale und instrumentelle Beziehungsvorteile stiften, die in eine erhöhte Markenbindung münden. Dies bedeutet, dass die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten im Markenumfeld alleine die Markenbindung nicht stark beeinflussen. Nur wenn dadurch die Markenbeziehungsqualität positiver wahrgenommen wird, schaffen Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern eine emotionale Wechselbarriere. Die Markenbeziehungsqualität kanalisiert demnach den Markenbindungseffekt der Qualität der Marke als Interaktionsplattform. Als Implikationen für markenführende Unternehmen folgt aus diesen Ergebnissen, dass eine Erhöhung der Qualität der Marke als Beziehungspartner durch eine auf Markenzufriedenheit, Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe ausgerichtete Markenpolitik die Markenbindung nicht nur über den Umweg einer erhöhten wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität, sondern auch direkt nachhaltig beeinflusst. Investitionen zur Erhöhung der Qualität der Marke als Interaktionsplattform durch den Aufbau und die Pflege von Dialogangeboten im Markenumfeld sind hingegen insbesondere dann zielführend, je stärker sie die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität beeinflussen. Wie die Ausführungen in Abschnitt 5.4.4 gezeigt haben, wird die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität in allen untersuchten Konsumgütermärkten durch die wahrgenommene Qualität der Marke als Interaktionsplattform beeinflusst. Es existieren jedoch Branchen, in denen die Qualität der Marke als Interaktionsplattform eine vergleichsweise höhere Bedeutungsrelevanz für die Verbundenheit mit einer Marke hat (z.B. Auto, Mobilunkprovider, Handy, Kfz-Versicherung). Insbesondere in diesen Märkten erfüllen somit Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern aus Kundensicht verschiedene beziehungsbezogene sozio-emotionale und instrumentelle Funktionen, die den Wert einer Marke erhöhen und emotionale Wechselbarrieren darstellen.176 176
Für eine Erläuterung der sozio-emotionalen und instrumentellen Beziehungsvorteile, die Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern stiften, vgl. Abschnitt 3.3.3.2.
6
Implikationen für das Management und die Erforschung von Marken-KonsumentenBeziehungen
Auf der Grundlage der Ergebnisse der empirischen Untersuchung werden in diesem Kapitel praxis- und wissenschaftsbezogene Implikationen abgeleitet. Abschnitt 6.1 zeigt Ansatzpunkte für eine beziehungsorientierte Ausgestaltung der Markenpolitik auf. Implikationen für die zukünftige Erforschung von MarkenKonsumenten-Beziehungen sind Gegenstand von Abschnitt 6.2.
6.1
Einsatz der Forschungsergebnisse im Rahmen eines Mess- und Steuerungskonzepts der beziehungsorientierten Markenpolitik
6.1.1
Verständnis und Ausgestaltung einer beziehungsorientierten Markenpolitik
Die Ausführungen in Abschnitt 1.1 haben gezeigt, dass die langfristige Bindung von Konsumenten an eine Marke aufgrund des bestehenden Verdrängungswettbewerbs und den damit einhergehenden hohen Kosten für die Neukundenakquisition zunehmend in den Mittelpunkt der Markenpolitik von Konsumgütern rückt. Loyale Kunden führen insbesondere zu umsatzbezogenen Vorteilen, die daraus resultieren, dass sie (zusätzliche) Leistungen der Marke wiederholt bei geringerer Preissensibilität beziehen und durch Weiterempfehlungen neue Kunden anwerben. Gleichzeitig wurde herausgestellt, dass der Beitrag der „traditionellen“ Markenpolitik zur Kundenbindung, in der die Bindung von Kunden an eine Marke in der Zielgröße der Markentreue seinen Ausdruck gefunden hat, aufgrund Tendenzen einer zunehmenden Markenerosion und steigenden Markenwechselbereitschaft in Frage zu stellen ist. „Die lange Zeit vorherrschende Ansicht vieler Unternehmen, über „Markenpersönlichkeiten“ und „Markentreue“ eine langfristige Beziehung und Bindung zum Konsumenten aufzubauen, erweist sich in dieser Form nicht mehr als zielführend.“1
1
Meffert 2008, S. 160.
286
Implikationen für Praxis und Forschung
Unternehmen haben daher einen Perspektivenwandel vorzunehmen und Markenloyalität aus Sicht der Kunden zu betrachten. Dies bedeutet, dass sich eine erfolgreiche Markenpolitik im Sinne einer „Outside-in-Perspektive“ an den Bedürfnissen der Zielpersonen zu orientieren hat, um daraufhin das Absatzkonzept zielorientiert ausrichten zu können. Ein ungenügender Erfolg einer Marke am Markt ist folglich auf eine unzureichende Erfüllung der Anforderungskriterien auf Nachfrager- und/oder Anbieterseite zurückzuführen, d.h., es werden die falschen Kundenerwartungen an eine Marke erfüllt und/oder den Erwartungen des Kunden wird aufgrund eines unzureichenden Absatzkonzepts nicht adäquat entsprochen. In diesem Zusammenhang zeigen die Ergebnisse der Untersuchung, dass eine hohe kundenseitig wahrgenommene Markenbeziehungsqualität, verstanden als die Fähigkeit einer Marke, die Beziehung entsprechend den Anforderungen des Kunden an eine Marken-Konsumenten-Beziehung zu gestalten, eine zentrale Voraussetzung für erfolgreiche Markenbeziehungen darstellt. In allen untersuchten Konsumgütermärkten wurde der starke Einfluss der Markenbeziehungsqualität auf die Markenbindung empirisch nachgewiesen. Für markenführende Unternehmen folgt aus diesen Ergebnissen, dass die Markenbeziehungsqualität aufgrund ihrer markenbindungsregulierenden Wirkung eine zentrale Mess- und Steuerungsgröße für die Markenpolitik darstellt. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im Folgenden genutzt, um Implikationen für eine beziehungsorientierte Markenpolitik in Form eines branchenübergreifend anwendbaren Mess- und Steuerungskonzepts der Markenbeziehungsqualität abzuleiten. Zentrales Ziel einer beziehungsorientierten Markenpolitik ist die Erfüllung der kundenseitigen markenspezifischen Beziehungserwartungen. Ausgehend von diesem Verständnis wird im Weiteren folgende Definition der beziehungsorientierten Markenpolitik zugrunde gelegt: Beziehungsorientierte Markenpolitik umfasst sämtliche Maßnahmen der Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle eines markenführenden Unternehmens, die darauf abzielen, die Erwartungen der Kunden an eine MarkenKonsumenten-Beziehung zu erfüllen, um damit beziehungsbezogene markenpolitische Ziele zu erreichen. Bei der beziehungsorientierten Markenpolitik stehen als markenpolitische Ziele auf Seiten der Nachfrager insbesondere eine hohe wahrgenommene Markenbeziehungsqualität sowie damit einhergehende markenloyale Verhaltensweisen im Vordergrund. Aufgrund des engen Zusammenhangs dieser (vorökonomischen)
Implikationen für Praxis und Forschung
287
Größen mit dem Unternehmenserfolg2 erfüllt die beziehungsorientierte Markenpolitik aus Sicht des markenführenden Unternehmens zugleich erfolgsbezogene Ziele (z.B. Markenwert, Marktanteil, Profitabilität). Zur Strukturierung der mit der beziehungsorientierten Markenpolitik verbundenen Aufgaben wird der entscheidungsorientierte Managementprozess zugrunde gelegt, der den Ablauf von Entscheidungsprozessen in die Phasen der Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle gliedert (vgl. Schaubild 6-1).3
2 3
Vgl. hierzu die Ausführungen zur Erfolgskette in Abschnitt 1.4 sowie 2.2.4. Vgl. zum entscheidungsorientierten Ansatz z.B. Belch/Belch 2001, S. 24ff.; Bruhn 2001d, S. 78ff.; Caspar/Metzler 2002, S. 1ff.; Homburg/Krohmer 2003; Bruhn 2007a, S. 49ff.; Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2008.
288
Implikationen für Praxis und Forschung
Analysephase der beziehungsorientierten Markenpolitik Messung der Markenbeziehungsqualität Festlegung des Modells
Operationalisierung der Modellgrößen
Durchf ührung der Messung
Modellschätzung
Datenauswertung durch Indexbildung Indexwerte auf Faktorebene
Indexwerte auf Dimensionsebene
Indexwert auf Gesamtkonstruktebene
Dateninterpretation Internes Benchmarking
Externes Benchmarking
Markenportf olioanalysen
Faktorportf olioanalysen
Kundenportfolioanalysen
Planungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik Ableitung von beziehungsorientierten Markenzielen Ableitung von beziehungsorientierten Markenstrategien Sachliche Transaktionsmarkenstrategie
Emotionale Transaktionsmarkenstrategie
Sachliche Dialogmarkenstrategie
Emotionale Dialogmarkenstrategie
Ableitung von beziehungsorientierten Markenmaßnahmen Beziehungsorientierte Produktpolitik
Beziehungsorientierte Kommunikationspolitik
Beziehungsorientierte Preispolitik
Beziehungsorientierte Distributionspolitik
Umsetzungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik Gestaltung der Implementierung Beziehungsorientierte Strukturen
Beziehungsorientierte Systeme
Beziehungsorientierte Kultur
Kontrollphase der beziehungsorientierten Markenpolitik Erf olgskontrolle der beziehungsorientierten Markenpolitik
Schaubild 6-1: Managementprozess einer beziehungsorientierten Markenpolitik
Ausgangspunkt der beziehungsorientierten Markenpolitik ist die Schaffung einer ausreichenden informatorischen Grundlage, um darauf aufbauend das Absatzkonzept der Marke zielorientiert an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten zu können (Abschnitt 6.1.2). In dieser Analysephase kommt somit vor allem der Messung der Markenbeziehungsqualität und der Datenauswertung sowie -interpretation eine entscheidende Bedeutung zu mit dem Ziel, den konkreten Handlungsbedarf für das effektive Management von Marken-Konsumenten-Beziehungen zu bestimmen. Die aus den verschiedenen Analysen gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Planungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik.
Implikationen für Praxis und Forschung
289
Gegenstand dieser Phase ist zum einen das Festlegen von beziehungsbezogenen Zielen und Strategien; zum anderen die auf der Ziel- und Strategieentwicklung basierende Planung von beziehungsbezogenen Markenmaßnahmen der Produkt-, Kommunikations-, Preis- und Distributionspolitik. Der Planungsphase schließt sich die Umsetzungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik an. Hier sind die internen Voraussetzungen zu schaffen, die ein wirksames Management von Marken-Konsumenten-Beziehungen sicherstellen. Dabei bilden beziehungsorientierte Strukturen, Systeme und Kultur wichtige Voraussetzungen für den Umsetzungserfolg. Schließlich ist in der Kontrollphase der Erfolg der ergriffenen beziehungsorientierten Markenmaßnahmen zu evaluieren.
6.1.2
Analysephase der beziehungsorientierten Markenpolitik
Die Analyse der Markenbeziehungsqualität stellt die Ausgangsbasis für die beziehungsorientierte Markenpolitik dar. Ziel dieser Phase ist es, auf Basis von empirischen Daten die aktuelle Ausprägung der Markenbeziehungsqualität zu messen und konkrete Ansatzpunkte für die Steuerung von Marken-Konsumenten-Beziehungen aufzudecken. Im Folgenden werden auf Basis der theoretischen und empirischen Erkenntnisse der Untersuchung Empfehlungen für die Erarbeitung eines Messkonzepts der Markenbeziehungsqualität abgeleitet und Ansatzpunkte zur Interpretation der Daten aufgezeigt.
6.1.2.1 Vorgehensweise zur Messung der Markenbeziehungsqualität Die Messung der Markenbeziehungsqualität und deren Wirkungsgrößen orientiert sich an der Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit und umfasst die in Schaubild 6-2 dargestellten vier Schritte.
290
Implikationen für Praxis und Forschung
(1) Festlegung des Markenbeziehungsqualitätsmodells Modellkonstrukte Modellstruktur
(2) Operationalisierung der Modellgrößen Nutzung bewährter Messmodelle Qualitative Voruntersuchung
(3) Durchführung der Messung Fragebogenentwicklung Erhebungsmethode Messf requenz
(4) Modellschätzung Empirische Überprüf ung der Modellkonstrukte Empirische Überprüf ung der Modellstruktur
Schaubild 6-2: Vorgehensweise zur Messung der Markenbeziehungsqualität (Quelle: In Anlehnung an Hadwich 2003, S. 194)
1. Festlegung des Markenbeziehungsqualitätsmodells Das in dieser Arbeit entwickelte Modell der Markenbeziehungsqualität setzt sich aus einem Mess- und einem Wirkungsmodell zusammen. Im Rahmen der Festlegung des Modells der Markenbeziehungsqualität ist eine Entscheidung über die einzubeziehenden Modellkonstrukte im Mess- und Wirkungsmodell sowie über die Modellstruktur, d.h. die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Modellkonstrukten, zu treffen. Für die Messung der Markenbeziehungsqualität wird das in Kapitel 3 konzeptualisierte und in Kapitel 5 empirisch bestätigte Modell vorgeschlagen. Dieses besteht aus neun Modellkonstrukten auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen, die durch formative Ursache-Wirkungs-Beziehungen miteinander verbunden sind und in der Gesamtheit die Markenbeziehungsqualität aus Kundensicht abbilden. Die Markenbeziehungsqualität als Zielmodellkonstrukt auf höchster Abstraktionsebene setzt sich aus den beiden formativen Modellkonstrukten Qualität der Marke als Beziehungspartner und Qualität der Marke als Interaktionsplattform
Implikationen für Praxis und Forschung
291
zusammen. Die Dimensionen spiegeln unterschiedliche Kategorien von Anforderungen an eine Marken-Konsumenten-Beziehung aus Kundensicht wider, die in der Summe die Qualität der Marken-Konsumenten-Beziehung formen. Auf unterster Messmodell- bzw. Abstraktionsebene stehen die sechs (Einfluss-)Faktoren der Markenbeziehungsqualität, die ihrerseits die Qualität der Marke als Beziehungspartner bzw. die Qualität der Marke als Interaktionsplattform in der Summe definieren. Als (Einfluss-)Faktoren der Qualität der Marke als Beziehungspartner wurden die Markenzufriedenheit, das Markenvertrauen und die Emotionale (Marken-)Nähe identifiziert. Die Qualität der Marke als Interaktionsplattform wird hingegen durch die (Einfluss-)Faktoren Stärke der Kunde-Kunde-, Mitarbeiter-Kunde- und System-Kunde-Interaktion determiniert. Die Faktoren geben Aufschluss darüber, inwieweit die Marke ihrer Rolle als Interaktionsplattform mit anderen Markennachfragern, Markenmitarbeitern und/oder dialogfähigen Systemen der Marke aus Kundensicht gerecht wird. Die empirische Relevanz der beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität wurde in allen acht untersuchten Konsumgütermärkten nachgewiesen. Auch die sechs (Einfluss-)Faktoren wurden als Qualitätsfaktoren der Markenbeziehungsqualität in der Mehrheit der Konsumgütermärkte bestätigt. Das Messmodell der Markenbeziehungsqualität ist damit weitestgehend branchenunabhängig. Eine Modifikation des Messmodells der Markenbeziehungsqualität durch Ausschluss einer der beiden Dimensionen bzw. einzelner (Einfluss-)Faktoren wird nicht empfohlen, da dies den konzeptionellen Geltungsbereich der Markenbeziehungsqualität verändern würde. Auch von der Eliminierung des Faktors Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion, der in fünf der acht untersuchten Konsumgütermärkte nicht signifikant war, wird aus den in Abschnitt 5.4.3.2 erläuterten Gründen abgeraten. Das Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität setzt sich in dieser Arbeit aus der Markenbeziehungsqualität als exogene und der Markenbindung als zu erklärende endogene Größe zusammen. Die Markenbindung wurde in Abschnitt 3.4 als zentrale Zielgröße der Markenbeziehungsqualität herausgearbeitet. Sie beschreibt die Verhaltensabsicht eines Kunden, seine Beziehung zur Marke aufgrund seiner Verbundenheit zur Marke zu erhalten bzw. zu intensivieren. Die empirische Überprüfung der Wirkungsbeziehungen hat einen starken UrsacheWirkungs-Zusammenhang zwischen den beiden Modellkonstrukten in allen untersuchten Branchen nachgewiesen, sodass das Wirkungsmodell branchenübergreifende Relevanz hat. Eine Modifikation des Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität kann durch Einbindung weiterer Wirkungsgrößen der Markenbeziehungsqualität erfolgen. Neben der in dieser Arbeit erhobenen intentionalen Markenbindung ist es grundsätzlich möglich, auch die faktische Markenbindung (z.B. tatsächliches
292
Implikationen für Praxis und Forschung
Kauf- und Weiterempfehlungsverhalten) als zu erklärende Modellgröße einzubinden. Darüber hinaus ist über die Einbindung von moderierenden Faktoren in das Modell der Markenbeziehungsqualität zu entscheiden. Ziel der Analyse von moderierenden Faktoren ist es, Aussagen treffen zu können, wann ein kausaler Zusammenhang von geringer oder großer Bedeutung ist. So legen die Untersuchungsergebnisse dieser Arbeit die Vermutung nahe, dass die Zusammenhänge im Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität durch produktmarktspezifische Kontextfaktoren moderiert werden. Um differenzierte Aussagen auf Markenebene treffen zu können, empfiehlt es sich daher, neben produktmarktspezifischen Kontextfaktoren (z.B. Produktinvolvement und Servicebedürftigkeit) auch demograpfische (z.B. Alter, Geschlecht), sozioökonomische (z.B. Einkommen), psychologische (z.B. Persönlichkeitsmerkmale) und verhaltensbezogene Merkmale (z.B. Dialogbereitschaft, Markenbewusstsein, Bindungsbereitschaft) als moderierende Variablen in das Markenbeziehungsqualitätsmodell zu integrieren und deren Einfluss auf die Wirkungszusammenhänge zu analysieren. 2. Operationalisierung der Modellgrößen Im Anschluss an die Modellfestlegung sind geeignete Messmodelle für die Konstrukte zu entwickeln. Bei der Operationalisierung der Modellgrößen wurde in dieser Arbeit – wie in Abschnitt 4.1 erläutert – darauf geachtet, branchenübergreifend anwendbare Messmodelle zu entwickeln. Die empirische Überprüfung der Messmodelle bestätigte die zufrieden stellende Validität und Reliabilität der Messbatterien in allen untersuchten Konsumgütermärkten. Eine unternehmensspezifische Anpassung der Messmodelle ist somit grundsätzlich nicht nötig. Denkbar ist jedoch, anstatt der in dieser Arbeit verwendeten reflektiven Messmodelle formative Messmodelle auf Faktorebene der Markenbeziehungsqualität zu verwenden, die prinzipiell konkretere Hinweise auf einzelne Determinanten der Faktoren geben und somit eine bessere Ableitung konkreter gestalterischer Empfehlungen ermöglichen.4 Für den Faktor Markenzufriedenheit ist es beispielsweise möglich, anstelle der Erfassung auf globaler, aggregierter Ebene durch reflektive Indikatoren, die das Gesamturteil in Bezug auf die Markenzufriedenheit widerspiegeln, formative Indikatoren als Messmodell zu verwenden. Hierzu ist es notwendig, die aus Kundensicht markenspezifischen Zufriedenheitstreiber durch qualitative Vorstudien zu identifizieren. Bei einem Auto setzt sich das Gesamturteil zur Markenzufriedenheit beispielsweise aus zum Teil an4
Zum Unterschied zwischen formativen und reflektiven Operationalisierungsansätzen vgl. Abschnitt 3.1.2 und 4.1.
Implikationen für Praxis und Forschung
293
deren Einzelurteilen über verschiedene Leistungskategorien zusammen (z.B. Design, Komfort, Image), als dies bei Lebensmitteln der Fall ist (z.B. Geschmack, Verpackung, Sortiment). Ähnliche Überlegungen lassen sich auch für die übrigen Qualitätsfaktoren der Markenbeziehungsqualität anstellen. Sofern sich für eine formative Operationalisierung der Faktorebene der Markenbeziehungsqualität entschieden wird, ist zu beachten, dass dies mit Konsequenzen für die empirische Modellschätzung und Auswertung der Daten verbunden ist. Die in dieser Arbeit angewendete Vorgehensweise zur Gütebeurteilung der reflektiven Messmodelle auf Faktorebene ist entsprechend zu modifizieren. Auch sind die Faktorwerte nicht auf Basis einer gleichgewichteten, sondern gewichteten Mittelwertbildung über alle einem Faktor zugeordneten manifesten Variablen zu berechnen, da bei einer formativen Operationalisierung jeder Indikator unterschiedlich stark auf den Faktor einwirkt. Falls neben den in dieser Arbeit untersuchten Modellkonstrukten noch weitere Größen in das Modell eingebunden werden, ist zudem zu beachten, dass eine qualitative Voruntersuchung für die entsprechenden Messmodelle zu erfolgen hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn keine eigenen Erfahrungswerte mit ihrer Messung im Unternehmen vorliegen und ein Rückgriff auf bewährte Messmodelle nicht möglich oder unternehmensspezifisch nicht sinnvoll ist. 3. Durchführung der Messung Die Operationalisierung der Modellgrößen bildet die Basis für die Erstellung des Fragebogens. Sofern es zu Modellanpassungen gekommen ist, bedarf es der Durchführung eines Pretests in Hinblick auf die Verständlichkeit der formulierten Fragen. Im Vorfeld der Durchführung der Messung ist über die Erhebungsmethode, die Erhebungseinheiten sowie die Messfrequenz zu entscheiden. Als Erhebungsmethode kommen generell sämtliche Verfahren der mündlichen und schriftlichen Befragung in Frage, wobei die Entscheidung für eine Methode auf Basis von Effizienz- und Effektivitätsüberlegungen zu erfolgen hat.5 Daneben sind die Erhebungseinheiten im Sinne des zu befragenden Personenkreises festzulegen. Eine Vollerhebung ist für Unternehmen der Konsumgüterindustrie aufgrund des zumeist großen Kundenstamms aus ökonomischen Gesichtspunkten nicht zielführend. Hier bietet sich die Teilerhebung durch eine repräsentative Stichprobe an. Wesentliche Voraussetzung für die Verallgemeinerung der Ergebnisse ist, dass die Stichprobe in ihrer Zusammensetzung ein verkleinertes Abbild der Grundge5
Für einen Überblick über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Erhebungsmethoden vgl. z.B. Fantapié Altobelli 2007, S. 35ff.; Kaya 2007, S. 49ff.; Homburg/Krohmer 2008, S. 25ff.
294
Implikationen für Praxis und Forschung
samtheit widerspiegelt, d.h., dass die Anteile in der effektiven Stichprobe denen in der Grundgesamtheit in weiten Teilen entsprechen. Grundsätzlich gilt, dass die Repräsentativität der Marktforschungsergebnisse mit zunehmender Anzahl der Probanden steigt. Eine pauschale Mindestgröße für die effektive Stichprobe lässt sich nur schwer beziffern; im wissenschaftlichen Schrifttum werden jedoch Stichproben mit weniger als 50 Objekten als wenig aussagekräftig erachtet.6 Bezüglich der Messfrequenz empfiehlt sich mindestens eine jährliche Messung, wobei auch kürzere Messintervalle zu überlegen sind, um den Erfolg von getroffenen Maßnahmen zeitnah zu überprüfen. Grundsätzlich ist allerdings davon auszugehen, dass Veränderungen der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität nur über einen längeren Zeitraum möglich sind, sodass sich die jährlich rollierende Messung anbietet. 4. Modellschätzung Für die Modellschätzung, d.h. die empirische Überprüfung der Modellkonstrukte und -strukturbeziehungen, wird aus den in Abschnitt 5.2 erläuterten Gründen die Kausalanalyse auf Basis des varianzbasierten Partial-Least-Squares(PLS-)Ansatzes vorgeschlagen. Zur empirischen Überprüfung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität wird die in Abschnitt 5.4.1 erläuterte Methodik und Vorgehensweise herangezogen. Auf Basis des Datenmaterials folgt in einem ersten Schritt die Prüfung und gegebenenfalls Modifikation der einzelnen Messmodelle auf Faktorebene. Nach Berechnung der Faktorwerte und Operationalisierung der Dimensionen anhand dieser Faktorwerte wird das Modell mit Hilfe von PLS geschätzt. Auf Basis der PLS-Parameterschätzungen erfolgt die Analyse des Gesamtmodells der Markenbeziehungsqualität, wobei dies gleichzusetzen ist zum einen mit der Analyse des Messmodells auf Dimensionsebene, zum anderen mit der Analyse des Strukturmodells, das als formatives Messmodell auf Gesamtkonstruktebene dient. Die Überprüfung des Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität erfolgt entsprechend der in Abschnitt 5.5.1 dargestellten Weise. Die Ergebnisse der Schätzung für das Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität bilden die Grundlage für die im Folgenden aufgezeigten Möglichkeiten, die aktuellen Ausprägungen der Modellgrößen zu quantifizieren und Ansatzpunkte für deren Steuerung abzuleiten.
6
Vgl. Homburg/Krohmer 2008, S. 39.
Implikationen für Praxis und Forschung
295
6.1.2.2 Datenauswertung durch Indexbildung Die Ausprägungen der Modellgrößen lassen sich über die in den Messmodellen verwendeten manifesten Indikatoren und die im Kausalmodell geschätzten Bedeutungsgewichte derselben berechnen, indem eine Indexbildung je Modellgröße vorgenommen wird.7 Der Indexwert ist demnach ein aggregierter Messwert, d.h., die Messwerte auf Ebene der manifesten Indikatoren werden zu einem einzelnen Messwert auf Ebene der latenten Variable zusammengefasst. Bei der Aggregation werden die Mittelwerte der Merkmale, die für den Kunden wichtiger sind, durch Einbindung der Bedeutungsgewichte stärker berücksichtigt. Die berechneten Indexwerte liegen durch eine Skalentransformation in einem Intervall von 0 und 100. Die allgemeine Formel für die Berechnung von Indexwerten lautet wie folgt: ݔ݁݀݊ܫൌ
mit:
wi: ഥ: h: g: n:
σୀଵ ݓ ȉ ݔഥప െ σୀଵ ݓ ȉ ͳͲͲ ݄ െ ݃ σ୧ୀଵ ݓ
Gewichtung des Indikators i Mittelwert des Indikators i Höchster Skalenwert im Fragebogen Niedrigster Skalenwert im Fragebogen Anzahl der Indikatoren
Die Berechnung der Indexwerte kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Neben einem Indexwert für das Gesamtkonstrukt Markenbeziehungsqualität lassen sich auf Basis der Untersuchungsergebnisse Indexwerte auf Dimensionsebene für die Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-KundeInteraktion) und die Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion) sowie auf Faktorebene für Markenzufriedenheit, Markenvertrauen, Emotionale (Marken-)Nähe, Stärke der Kunde-KundeInteraktion, Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und Stärke der SystemKunde-Interaktion berechnen. Um die Indexwerte auf Faktorebene zu berechnen, sind die Mittelwerte für die manifesten Indikatoren sowie die Ladungen derselben kausalanalytisch zu ermitteln, die dann als Gewichtungskoeffizienten fungieren. Durch Einsetzen der
7
Indexberechnungen wurden erstmals bei der Erhebung Nationaler Kundenbarometer eingesetzt (vgl. Bruhn 1998a; Bruhn/Murmann 1998). Mittlerweile werden Indexberechnungen auch zur unternehmensbezogenen Messung von Modellgrößen verwendet (vgl. z.B. Höck/Ringle 2007, S. 187ff.; Homburg/Fürst 2008, S. 625ff.).
296
Implikationen für Praxis und Forschung
Werte in oben genannte Formel lassen sich dann die Indexwerte für die einzelnen Faktoren berechnen. Zur Ermittlung der Indexwerte auf Dimensionsebene bedarf es in einem ersten Schritt der Berechnung von Faktorwerten für die sechs identifizierten (Einfluss-) Faktoren, die dann als direkte formative Indikatoren der entsprechenden Dimension fungieren. Dies erfolgt – wie in Abschnitt 5.4.1 dargestellt – durch eine einfache ungewichtete Mittelwertbildung über alle Indikatoren eines Faktors hinweg. Erst nach Ermittlung der Faktorwerte und Spezifizierung der Dimensionen anhand dieser Faktorwerte kann mit Hilfe von PLS das Gesamtmodell der Markenbeziehungsqualität geschätzt und die Gewichtungskoeffizienten der formativen Indikatoren ermittelt werden. Die Indexwerte der Dimensionen ergeben sich dann aus den gewichteten Mittelwerten der als formative Indikatoren dienenden Faktoren. Der Indexwert auf (Gesamt-)Konstruktebene berechnet sich analog, indem in einem ersten Schritt die Mittelwerte der Dimensionswerte ermittelt werden. Die Dimensionswerte ergeben sich als Summe der mit den Regressionsparametern (Weights) gewichteten Indikatoren einer Dimension geteilt durch die Summe der Gewichte (vgl. Abschnitt 5.4.1). Dabei entsprechen die Indikatorwerte den bereits zuvor errechneten Faktorwerten für die sechs (Einfluss-)Faktoren. Die Mittelwerte der Dimensionswerte werden dann mit den durch PLS geschätzten Pfadkoeffizienten gewichtet. Neben den Indexwerten, die die Ausprägungen der Modellgrößen wiedergeben, ergeben sich auf Basis der Modellschätzung auch Wirkungskoeffizienten für das Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität. Diese lassen sich als Bedeutungsgewichte interpretieren, die Aussagen über die Relevanz von Modellgrößen geben. Die Wirkungskoeffizienten wurden bereits in Abschnitt 5.4.4 genutzt, um Aussagen über die relative Bedeutung der sechs (Einfluss-)Faktoren und zwei Qualitätsdimensionen für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität abzuleiten. Auch bei der Diskussion der Modellzusammenhänge im Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität in Abschnitt 5.5.3 wurden die kausalanalytisch bestimmten Wirkungskoeffizienten zur Interpretation der Ergebnisse herangezogen. Im Weiteren werden Ansatzpunkte aufgezeigt, wie die ermittelten Indizes und Wirkungskoeffizienten zur Ableitung von Handlungsempfehlungen im Rahmen der beziehungsorientierten Markenpolitik eingesetzt werden können.
Implikationen für Praxis und Forschung
297
6.1.2.3 Ansatzpunkte zur Interpretation der Messergebnisse 6.1.2.3.1
Überblick
Die Ableitung von konkreten Ansatzpunkten zur Planung und Steuerung der beziehungsorientierten Markenpolitik erfolgt anhand der Analyse der Beurteilung und Bedeutung einzelner Modellgrößen. Die Untersuchung der kundenseitigen Beurteilung von Modellgrößen mittels der berechneten Indexwerte erlaubt die Identifikation von Ansatzpunkten für die Verbesserung einzelner Beurteilungskomponenten. Durch die Analyse der Bedeutung einzelner Modellgrößen anhand der Höhe der Wirkungskoeffizienten sind Rückschlüsse auf die Wirkungsgrade von zukünftigen Steuerungsmaßnahmen möglich. Je höher der Wirkungskoeffizient einer Modellgröße ist, desto stärker ist deren Einfluss auf nachgelagerte Modellgrößen. So zeigte sich z.B. bei der Analyse des Messmodells der Markenbeziehungsqualität, dass die Faktoren Emotionale (Marken-)Nähe und Markenvertrauen in fast allen untersuchten Konsumgütermärkten den stärksten Einfluss auf die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität ausüben. Zur Interpretation von Indexwerten und Wirkungskoeffizienten stehen verschiedene Analysemethoden zur Verfügung, die jeweils einen anderen Blickwinkel haben (vgl. Schaubild 6-3). Grundsätzlich lassen sich Benchmarking und Portfolioanalysen als Analyseinstrumente unterscheiden.
298
Implikationen für Praxis und Forschung
Analysemethode
Internes Benchmarking Benchmarking Externes Benchmarking Analyseinstrumente zur Interpretation der Messergebnisse Markenportfolioanalysen Portfolioanalysen
Faktorportfolioanalyse Kundenportfolioanalysen
Gegenstandsbereich
Verwendung
Interner Vergleich der Beurteilung von Modellgrößen
Identifikation von Stärken und Schwächen in Bezug auf die Markenbeziehungsqualität
Interner Vergleich der Bedeutungsgewichte von Modellgrößen
Externer Vergleich der Beurteilung von Modellgrößen
Identifikation zentraler Stellhebel zur Verbesserung der Markenbeziehungsqualität Identifikation von Chancen und Risiken in Bezug auf die Markenbeziehungsqualität
Externer Vergleich der Bedeutungsgewichte von Modellgrößen
Identifikation von Ansatzpunkten zur Markenprofilierung gegenüber dem Wettbewerb
Kategorisierung von Marken nach Bedeutung zweier Modellgrößen
Ableitung der beziehungsbezogenen strategischen Stossrichtung
Kategorisierung von Marken nach Bewertung zweier Modellgrößen
Identifikation der beziehungsbezogenen Markenpositionierung
Kategorisierung von Qualitätsfaktoren nach Bedeutung und Bewertung
Priorisierung und Ableitung des beziehungsbezogenen Handlungsbedarfs
Kategorisierung von Kunden Identifikation unterschiedlicher anhand der Bewertung zweier beziehungsbezogener Modellgrößen Kundensegmente
Schaubild 6-3: Überblick über Analyseinstrumente zur Interpretation der Messergebnisse
Das Benchmarking stellt einen Ansatz zur Erfassung der relativen Stärken und Schwächen bzw. Chancen und Risiken einer Marke dar.8 Hierzu werden die Indexwerte und Wirkungskoeffizienten der Modellgrößen miteinander verglichen. Je nach Art des Vergleichsobjekts lassen sich Methoden des internen und externen Benchmarking unterscheiden. Beim internen Benchmarking dienen als Vergleichsobjekte die Indexwerte und/oder Bedeutungsgewichte einzelner Modellgrößen innerhalb des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität. Hierdurch lassen sich Modellgrößen identifizieren, die im Vergleich zu anderen Modellgrößen überdurchschnittlich positiv oder negativ bewertet werden bzw. einen überdurchschnittlich starken bzw. schwachen Beeinflussungseffekt auf nachgelagerte Modellgrößen ausüben. Sofern die Markenbeziehungsqualität für mehrere Marken eines Unternehmens erhoben wird, besteht zudem die Möglichkeit, die Indizes und Bedeutungsgewichte zwischen den Marken zu vergleichen. Beim externen Benchmarking stellen vergleichbare Werte der Branche oder – soweit bekannt – einzelner Konkurrenzmarken Referenzobjekte dar. Ziel ist die Identifikation von im Vergleich zum Branchendurchschnitt bzw. Konkurrenten über- bzw. unterdurchschnittlich bedeutungsvollen und ausprä8
Zum generellen Einsatz des Benchmarking im Marketing vgl. z.B. Simon/von der Gathen 2002, S. 203ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 398f.; Bruhn/Homburg 2004, S. 78f.
Implikationen für Praxis und Forschung
299
gungstarken Modellgrößen, die im besonderen Maße bzw. weniger zur Wettbewerbsprofilierung beitragen. Sofern einzelne Modellgrößen im externen Vergleich schlecht abschneiden, können die „Best Practice“-Werte zudem als Richtwerte für die Zielplanung eingesetzt werden. Neben dem Benchmarking stellt die Portfolioanalyse ein weiteres hilfreiches Instrument für die Identifikation von Ansatzpunkten zur Planung und Steuerung der beziehungsorientierten Markenpolitik dar. Der Grundgedanke der Portfolioanalyse besteht darin, einen zweidimensionalen Raum anhand von zwei Charakterisierungsmerkmalen bzw. Bestimmungsfaktoren aufzuspannen und Beurteilungsgegenstände bzw. -objekte in diesen einzuordnen. Die Einordnung bzw. Kategorisierung der Beurteilungsobjekte erlaubt dann in einem zweiten Schritt die Ableitung von kategoriespezifischen Handlungsimplikationen.9 Als Charakterisierungsmerkmale bzw. Kategorisierungsdimensionen lassen sich hier die Ausprägungen zweier Modellgrößen in Form der Indexwerte, die Höhe der Bedeutungsgewichte zweier Modellgrößen in Form der Wirkungskoeffizienten oder eine Kombination von Indexwerten und Bedeutungsgewichten heranziehen. Als Beurteilungs- bzw. Kategorisierungsobjekte kommen Marken, Faktoren sowie Kunden in Frage. Im Rahmen der Markenportfolioanalyse werden Marken anhand der Beurteilung oder Bedeutung zweier Modellgrößen kategorisiert. Auf strategischer Ebene bietet es sich an, einzelne Marken in Hinblick auf die Bedeutung der Qualität der Marke-Kunde-Interaktion sowie der Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion für die Markenbeziehungsqualität zu bewerten. Hierdurch lassen sich Aussagen darüber ableiten, wie vergleichsweise stark die Beziehungsqualität einer Marke im Vergleich zu anderen durch die Qualität der Marke als Beziehungspartner und die Qualität der Marke als Interaktionsplattform geprägt wird. Diese Erkenntnisse sind insbesondere für die Ableitung der generellen markenstrategischen Stoßrichtung von Relevanz. Auch kann eine Kategorisierung von Marken anhand der Bewertung zweier Modellgrößen erfolgen. Hierdurch werden Erkenntnisse über den Status Quo der beziehungsbezogenen Positionierung einer Marke im Wahrnehmungsraum der Kunden generiert. Die Faktorportfolioanalyse dient zur Priorisierung von beziehungsbezogenen Markenmaßnahmen durch die Gegenüberstellung der Beurteilung und Bedeutung von Modellgrößen auf Faktorebene. Hierdurch lässt sich visualisieren, welcher Faktor überdurchschnittlich gut bzw. schlecht beurteilt wird und ob dieses Merkmal gleichzeitig überdurchschnittlich wichtig bzw. unwichtig aus Sicht der Kunden ist. Auf Basis dieser Erkenntnisse lassen sich dann Empfehlungen für
9
Zum generellen Einsatz von Portfolios im Marketing vgl. z.B. Simon/von der Gathen 2002, S. 33ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 1013ff.; Bruhn 2007c, S. 69ff.; Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2008, S. 265ff.
300
Implikationen für Praxis und Forschung
die Umsetzungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik aussprechen. Die Kundenportfolioanalyse ist ähnlich aufgebaut. Generell lassen sich zur Identifizierung von intern homogenen und extern heterogenen Kundensegmenten sämtliche Modellgrößen heranziehen. Interessant erscheint vor allem die Segmentierung der Kunden anhand der Höhe der Markenbindung im Verbund mit der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität. Hierdurch lassen sich verschiedene Typen von Marken-Konsumenten-Beziehungen identifizieren. Im Weiteren werden die verschiedenen Analysemethoden näher erläutert. Hierbei dienen die Daten der vorliegenden empirischen Studie als Grundlage. 6.1.2.3.2
Benchmarking
Das Benchmarking lässt sich zur Interpretation der Daten sowohl durch einen internen Vergleich (internes Benchmarking) als auch durch einen externen Vergleich (externes Benchmarking) der Beurteilung und Bedeutung von Modellgrößen nutzen. 1. Internes Benchmarking Hinsichtlich der Interpretation der Daten mittels internen Benchmarking sind zwei Varianten zu unterscheiden.
Faktorebene
Dimensionsebene
Konstruktebene
Zum einen ist ein interner Vergleich der Beurteilung von Modellgrößen im Messmodell der Markenbeziehungsqualität anhand der ermittelten Indexwerte möglich. Schaubild 6-4 zeigt exemplarisch die ermittelten Indexwerte für eine Mobilfunkmarke auf unterschiedlichen Ebenen der Markenbeziehungsqualität.
Markenbeziehungsqualität 52,6 Indexpunkte
Qualität der Marke-Kunde-Interaktion
Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
54,4 Indexpunkte
49,5 Indexpunkte
Markenzufriedenheit
Markenvertrauen
Emotionale (Marken-)Nähe
Stärke der Kunde-KundeInteraktion
Stärke der Mitarbeiter-KundeInteraktion
Stärke der System-KundeInteraktion
69,4 Indexpunkte
62,0 Indexpunkte
37,0 Indexpunkte
41,6 Indexpunkte
60,3 Indexpunkte
56,4 Indexpunkte
Schaubild 6-4: Indexwerte (Skala von 0 bis 100) auf unterschiedlichen Ebenen der Markenbeziehungsqualität am Beispiel einer Mobilfunkmarke (n=66)
Implikationen für Praxis und Forschung
301
Zu erkennen ist, dass die Markenzufriedenheit mit einem Indexwert von 69,4 von allen Qualitätsfaktoren der Markenbeziehungsqualität am besten aus Kundensicht beurteilt wird. Die Emotionale (Marken-)Nähe schneidet hingegen am schlechtesten ab. Die Qualität der Marke-Kunde-Interaktion wird im Vergleich zur Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion geringfügig besser wahrgenommen. Durch den internen Vergleich der Indexwerte lassen sich verbesserungswürdige Qualitätsmerkmale identifizieren. Der Indexwert für die Markenzufriedenheit setzt den Mindest-Benchmark für alle übrigen Qualitätsfaktoren. Neben der Analyse der Indexwerte bietet sich zudem der interne Vergleich der Bedeutung von Modellgrößen anhand der Höhe ihrer Wirkungskoeffizienten an. Schaubild 6-5 zeigt am Beispiel der Mobilfunkmarke die relative Bedeutung der Faktoren und Dimensionen der Markenbeziehungsqualität. Die vergleichende Analyse offenbart in diesem Fall, dass der Qualität der Marke als Beziehungspartner ein im Vergleich zur Qualität der Marke als Interaktionsplattform viel stärkeres Gewicht zur Einschätzung der Markenbeziehungsqualität aus Kundensicht zukommt. Auf Faktorebene ist das Markenvertrauen der wichtigste Einflussfaktor, gefolgt von Emotionaler (Marken-)Nähe und Markenzufriedenheit. Die Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern sind hingegen bei der Mobilfunkmarke von geringerer Relevanz. Ein derartiger interner Vergleich der Bedeutungsgewichte lässt Rückschlüsse auf die Wirksamkeit von Steuerungsmaßnahmen im Rahmen der beziehungsorientierten Markenpolitik zu. Im vorliegenden Fall sind insbesondere Maßnahmen zur Erhöhung der Qualität der Marke als Beziehungspartner zielführend. Vor dem Hintergrund, dass die kundenseitige Bewertung der Emotionalen (Marken-)Nähe im internen Vergleich der Faktoren verhältnismäßig schlecht ist (vgl. Schaubild 6-4), diese jedoch einen entscheidenden Einfluss auf die Markenbeziehungsqualität hat, sind insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Wahrnehmung der Emotionalen (Marken-)Nähe für die Mobilfunkmarke empfehlenswert.
302
Implikationen für Praxis und Forschung
Markenzufriedenheit
19,6%
Markenvertrauen
34,7%
Anteil der Qualität der Marke als Beziehungspartner 82,6%
Emotionale (Marken-)Nähe
28,3%
Stärke der KundeKunde-Interaktion
13,1%
Stärke der MitarbeiterKunde-Interaktion
Nicht signifikant
Stärke der SystemKunde-Interaktion
4,3%
Anteil der Qualität der Marke als Interaktionsplattform 17,4%
Schaubild 6-5: Relative Bedeutung der Faktoren der Markenbeziehungsqualität am Beispiel einer Mobilfunkmarke (n=66)
2. Externes Benchmarking Im Gegensatz zum internen Benchmarking fungieren beim externen Benchmarking als Vergleichsobjekte nicht die einzelnen Indexwerte und Bedeutungsgewichte der Faktoren und Dimensionen untereinander sondern vergleichbare Werte der Branche oder – soweit bekannt – einzelner Konkurrenzmarken. Das externe Benchmarking erlaubt damit im Vergleich zum internen Benchmarking die Identifikation wettbewerbsprofilierender bzw. -hemmender Faktoren und Dimensionen der Markenbeziehungsqualität, indem beziehungsbezogene Stärken und Schwächen der Marke im Vergleich zur Konkurrenz sichtbar werden. Analog zum internen Benchmarking ist auch beim externen Benchmarking zwischen einem Vergleich auf Ebene der Indexwerte und auf Ebene der Bedeutungsgewichte von Modellgrößen zu differenzieren. Als Vergleichsgrößen und Richtwerte (Benchmarks) beim externen Vergleich der Beurteilung von Modellgrößen können die auf Basis der Untersuchung ermittelten Indexdurchschnittswerte der betrachteten Branchen herangezogen werden. Schaubild 6-6 zeigt die durchschnittlichen Indexwerte für die Faktoren der Markenbeziehungsqualität in den acht untersuchten Branchen. Zudem ist der ermittelte branchenübergreifende Indexwert auf Basis des Gesamtdatensatz pro Faktor aufgeführt.
Implikationen für Praxis und Forschung
303
Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion
Markenzufriedenheit Taschentücher
86.5
Auto
Bier
85.6
Handy
48.6 45.5
Zahnpasta
81.9
Mobilfunkprovider
43.8
Gemüsekonserven
81.4
Bier
43.2
Gesamt
Kfz-Versicherung
79.3
Auto Kfz-Versicherung Handy
77.7
Gesamt
77.0
Gemüsekonserven
20
40
60
28.4
Zahnpasta
70.6 0
32.5
Taschentücher
73.9
Mobilfunkprovider
41.8 38.4
80
24.2 0
100
Taschentücher
75.9
Kfz-Versicherung
Auto
75.2
Auto
Bier
74.2
Mobilfunkprovider
Gemüsekonserven
73.7
Handy
73.0
Gesamt
Kfz-Versicherung Zahnpasta Gesamt Handy
71.6
Bier
71.5
Gemüsekonserven
Mobilfunkprovider 60
80
100
26.1 20
40
60
57.8
Auto
Handy
44.7
Mobilfunkprovider
44.7
Handy
Gemüsekonserven
44.1
Gesamt
Kfz-Versicherung
43.9
Bier
Zahnpasta
43.1
Gemüsekonserven
Taschentücher
42.7
Taschentücher
55.5 55.4 48.9 44.8 43.8 36.4 32.3
Zahnpasta
38.3 40
80
34.0 29.8
Kfz-Versicherung
Gesamt
20
100
43.9 37.4
Stärke der System-Kunde-Interaktion
52.6
0
80
57.2
0
100
48.2
Mobilfunkprovider
100
46.1
Emotionale (Marken-)Nähe
Bier
80
63.4
Zahnpasta
64.1 40
Auto
60
57.3
Taschentücher
64.4
20
40
Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion
Markenvertrauen
0
20
60
80
100
28.6 0
20
40
60
Schaubild 6-6: Durchschnittliche Indexwerte für die Qualitätsfaktoren der Markenbeziehungsqualität in ausgewählten Branchen
Der faktorbezogene Vergleich zeigt, dass die Markenzufriedenheit mit einem durchschnittlichen Indexwert von 79,3 von allen untersuchten Faktoren am besten beurteilt wird. Nach Homburg et al. sind Kundenzufriedenheits- und Kundenbindungswerte von kleiner als 70 als mangelhaft, zwischen 70 und 75 als unterdurchschnittlich, zwischen 75 und 80 als durchschnittlich, zwischen 80 und 85 als überdurchschnittlich und über 85 als hervorragend zu werten.10 Das Markenvertrauen ist mit 71,5 durchschnittlichen Indexpunkten zwar vergleichsweise gut bewertet, jedoch sind die Unterschiede deutlich erkennbar. Auffallend und zugleich erkenntnisreich ist die Tatsache, dass der Faktor Emotionale (Marken-) 10
Vgl. Homburg/Fassnacht/Werner 2000, S. 520f.
304
Implikationen für Praxis und Forschung
Nähe, der als „der“ zentrale Einflussfaktor der Markenbeziehungsqualität in der Mehrheit der untersuchten Branchen in Abschnitt 5.4.4 identifiziert wurde, eher schlecht abschneidet. Mit anderen Worten: Die empfundene Emotionale (Marken-)Nähe ist mit der gewichtigste Grund für ein emotionales Verbundenheitsgefühl zu einer Marke; diese ist jedoch in der Praxis nicht stark ausgeprägt. Marken, zu denen eine überdurchschnittlich hohe Emotionale Nähe empfunden wird, haben damit einen komparativen Wettbewerbsvorteil. Bei der Betrachtung der Indexwerte für die (Einfluss-)Faktoren der Qualität der Marke als Interaktionsplattform zeigt sich, dass die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit Markenbeziehungsstellvertretern, dargestellt durch die Faktoren Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion, Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und Stärke der System-Kunde-Interaktion, aus Kundensicht eher gering ist. Vor dem Hintergrund, dass das Potenzial einer Marke, über andere Markennachfrager oder dialogfähige Systeme der Marke wechselseitige Kontakte mit einer Marke zu ermöglichen bzw. zu pflegen, in vielen untersuchten Branchen einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Markenbeziehungsqualität hat (vgl. Abschnitt 5.4.4), sind diese Ergebnisse aufschlussreich. Eine Wettbewerbsdifferenzierung durch Profilierung über diese Qualitätsfaktoren der Markenbeziehungsqualität scheint somit naheliegend, sofern sich das Bedeutungsgewicht dieser Faktoren bei der unternehmensindividuellen Markenbetrachtung bestätigt. Auch der branchenbezogene Vergleich zeigt interessante Ergebnisse. Güter des regelmäßigen Verbrauchs, wie Papiertaschentücher, Bier, Zahnpasta und Gemüsekonserven, schneiden insbesondere hinsichtlich der Markenzufriedenheit überdurchschnittlich gut ab. Auch das Vertrauen in Marken dieser Güterkategorien ist vergleichsweise hoch. Die empfundene Emotionale (Marken-)Nähe ist mit Ausnahme von Biermarken jedoch eher unterdurchschnittlich. Langlebige Gebrauchsgüter wie Autos und Handys zeigen bei diesem Faktor bessere Werte, wenngleich auch hier die Emotionale (Marken-)Nähe mit 52,6 bzw. 44,7 Indexpunkten (Automarken bzw. Handymarken) eher gering ist. Schlusslicht in punkto Markenzufriedenheit, Markenvertrauen und Emotionale (Marken-)Nähe stellen Mobilfunkprovidermarken dar. Kfz-Versicherungsmarken, die wie Mobilfunkprovider auch Kontraktgütermarken darstellen, schneiden hingegen besser bei diesen Qualitätsfaktoren ab. Offensichtlich erfüllen Kfz-Versicherungsmarken die Anforderungen, die an die Qualität der Marke als Beziehungspartner gestellt werden, besser als Mobilfunkprovidermarken. Werden die Faktoren der Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion betrachtet, so zeigt sich, dass diese vor allem in Branchen, die sich durch einen vergleichsweise hohen Interaktionsgrad auszeichnen, besser bewertet werden. Dialogangebote zur Interaktion mit Markenmitarbeitern, anderen Kunden und Dialogsystemen der Marke werden insbesondere bei Kfz-Versicherungs-, Automobil-, Mobilfunkprovider- und
Implikationen für Praxis und Forschung
305
Handymarken wahrgenommen, geschätzt und genutzt. Kurzlebige Verbrauchsgüter schneiden hier eher schlechter ab. Als Benchmark auf Dimensions- und Gesamtkonstruktebene lassen sich die in Schaubild 6-7 dargestellten durchschnittlichen Indexwerte heranziehen. Qualität der Marke-Kunde-Interaktion Auto
63.6
Kfz-Versicherung
58.2
Taschentücher
57.3
Gemüsekonserven
56.5
Gesamt
56.4
Mobilfunkprovider
56.1
Bier
55.5
Zahnpasta
Markenbeziehungsqualität Auto
53.0
Handy
52.5 0
20
40
60
60.7
Kfz-Versicherung
57.5
Mobilfunkprovider 80
100
Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
53.9
Gesamt
51.6
Bier
51.5
Taschentücher
50.9
Handy Kfz-Versicherung
56.7
Auto
50.5
Zahnpasta
47.5
53.6
Gemüsekonserven Mobilfunkprovider
46.1
50.0
Handy
0
47.1
Gesamt
20
40
60
80
100
42.1
Bier
41.9
Gemüsekonserven
34.5
Taschentücher
30.7
Zahnpasta
27.2 0
20
40
60
80
100
Schaubild 6-7: Durchschnittliche Indexwerte für die Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität und die Markenbeziehungsqualität als Gesamtparameter in ausgewählten Branchen
Die Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-KundeInteraktion) wird in allen untersuchten Konsumgütermärkten vergleichsweise ähnlich gut bewertet, wenngleich die Beurteilung dieser Qualitätsdimension mit Indexwerten zwischen 52,5 (Handy) und 63,6 (Auto) in sämtlichen Branchen nicht allzu hoch ausfällt. Deutliche branchenbezogene Unterschiede zeigen sich bei der Bewertung der Qualität der Marke als Interaktionsplattform (Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion). Auch wenn diese bei Kontraktgütermarken und langlebigen Gebrauchsgütermarken mit Werten zwischen 47,1 und 56,7 absolut betrachtet gering bewertet wird, wird sie jedoch im Vergleich zu kurzlebigen Verbrauchsgütermarken relativ gut eingeschätzt. Die Bewertung der Markenbeziehungsqualität insgesamt ist in sämtlichen Branchen eher schwach. In allen untersuchten Branchen liegen die Indexwerte unter 61 Punkten. Werden die von Homburg et al. vorgeschlagenen und oben genannten Richtwerte für die
306
Implikationen für Praxis und Forschung
Kundenbindung als Referenzmaßstab genommen, so sind diese Werte für die Markenbeziehungsqualität als mangelhaft einzustufen.11 Offensichtlich nehmen Konsumenten in allen Branchen nur eine geringe Markenbeziehungsqualität wahr. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass den kundenseitigen Anforderungen an Marken-Konsumenten-Beziehungen nur unzureichend auf Anbieterseite entsprochen wird. Dies konkretisiert sich in der nur mäßigen, zum Teil sogar mangelhaften Beurteilung der Qualitätsfaktoren und -dimensionen der Markenbeziehungsqualität. Angesichts der durch die vorliegende Arbeit nachgewiesenen hohen Bedeutung der Markenbeziehungsqualität für Markenbindungsentscheidungen sind markenführende Unternehmen umso mehr dazu aufgefordert, den Beziehungsbedürfnissen der Konsumenten zu entsprechen, um sie für MarkenKonsumenten-Beziehungen aufnahmefähig zu machen. Mit den ermittelten Indexwerten liegen entsprechende Benchmarks vor, anhand derer die Beziehungsqualität einer Marke analysiert und beobachtet werden kann. Während die ausgewiesenen Indexwerte für die einzelnen Branchen nur globale Richtwerte darstellen, erlaubt ein Vergleich der für eine spezifische Marke ermittelten Indexwerte mit denen einzelner Konkurrenzmarken wesentlich detailliertere und aufschlussreichere Interpretationen. Hierzu ist es notwendig, (potenzielle) Kunden auch hinsichtlich der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität von Konkurrenzmarken zu befragen. Das bedeutet, dass die Messung der Markenbeziehungsqualität nicht nur für die eigene, sondern zugleich für ausgewählte Marken der Konkurrenz erfolgt. Die dadurch entstehenden Mehrkosten sind jedoch gegenüber dem Nutzen der Befragung abzuwägen. Eine Entscheidung hierüber bedarf der markenindividuellen Betrachtung. Der externe Vergleich von Modellgrößen ist jedoch nicht nur auf die Indexwerte beschränkt. Analog zum internen Benchmarking lässt sich ein externer Vergleich der Bedeutung von Modellgrößen vornehmen. Hierzu bietet es sich an, die für eine spezifische Marke ermittelten Wirkungskoeffizienten mit den in dieser Arbeit kausalanalytisch bestimmten durchschnittlichen Bedeutungsgewichten einer Branche zu vergleichen. Die entsprechenden durchschnittlichen Wirkungskoeffizienten je untersuchter Branche sind aus Schaubild 5-20 in Abschnitt 5.5.3 zu entnehmen.
11
Für die Referenzwerte vgl. Homburg/Fassnacht/Werner 2000, S. 520f.
Implikationen für Praxis und Forschung 6.1.2.3.3
307
Portfolioanalysen
Der Grundgedanke von Portfolioanalysen wurde bereits im einführenden Abschnitt dargelegt. Zur Interpretation der Messergebnisse kommen Marken-, Faktor- und Kundenportfolios zum Einsatz. 1. Markenportfolioanalysen Auf Markenebene lässt sich die Portfolioanalyse einsetzen, um eine Kategorisierung von Marken anhand der Beurteilung oder Bedeutung zweier Modellgrößen vorzunehmen. Generell lassen sich sämtliche Modellgrößen als Kategorisierungsmerkmale heranziehen. Aus strategischer Sicht sind jedoch insbesondere die beiden identifizierten Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität von Relevanz. Die Qualität der Marke als Beziehungspartner und die Qualität der Marke als Interaktionsplattform bilden jeweils eine Verdichtung von zwei ganz unterschiedlichen Qualitätsaspekten einer Marken-Konsumenten-Beziehung ab, die unterschiedliche Erklärungsbeiträge für die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität sowie die Markenbindung liefern (vgl. Abschnitt 3.3.2). Die Kategorisierung von Marken anhand der Bewertung der beiden Qualitätsdimensionen gibt Aufschluss über den Status Quo der beziehungsbezogenen Positionierung einer Marke im Wahrnehmungsraum der Kunden. Schaubild 6-8 zeigt beispielhaft die Kategorisierung von ausgewählten Mobilfunkmarken auf Basis der Indexwerte für die Dimensionen der Markenbeziehungsqualität.12 Als Trennlinien fungieren die ermittelten durchschnittlichen Indexwerte für Mobilfunkmarken (vgl. Schaubild 6-7). Kunden der Mobilfunkmarke A bewerten die Qualität der Marke als Beziehungspartner sowie die Qualität der Marke als Interaktionsplattform überdurchschnittlich gut, d.h., beide Qualitätsanforderungen an eine Marken-Konsumenten-Beziehung werden gut erfüllt (beziehungsqualitätsstarke Marke). Die Mobilfunkmarke B wird vor allem als beziehungspartnerstarke Marke eingeschätzt. Die Mobilfunkmarken C und D werden hingegen hinsichtlich beider Qualitätsdimensionen vergleichsweise schwach bewertet; die Markenbeziehungsqualität ist demnach niedrig (beziehungsqualitätsschwache Marken). Auch wenn die Werte der Konkurrenzmarken nicht bekannt sind, lässt sich dennoch mit Hilfe der ermittelten durchschnittlichen Branchenindizes eine VierFelder-Matrix erstellen, die es markenführenden Unternehmen erlaubt, ihre Marke im Wahrnehmungsraum der Konsumenten einzuordnen. Aus der Bewertung 12
Zu jeder Marke sind jeweils die auf Basis des Datensatzes ermittelten Indexwerte für die Qualität der Marke als Beziehungspartner (MAKI) und die Qualität der Marke als Interaktionsplattform (STKI) angegeben.
308
Implikationen für Praxis und Forschung
Beurteilung der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion)
der beiden Dimensionen kann dann eine grundlegende Aussage darüber abgeleitet werden, ob die Marke vergleichsweise stark als Beziehungspartner, Interaktionsplattform oder Symbiose beider Aspekte wahrgenommen wird. Hieraus lassen sich dann Ansatzpunkte zur Verbesserung einzelner Positionierungsparameter ableiten.
Beziehungspartnerstarke Marken
+
56
Beziehungsqualitätsstarke Marken
Marke A (MAKI 58,4) (STKI 54,1)
Marke B (MAKI 58,0) (STKI 48,5)
Marke C (MAKI 55,7) (STKI 48,5)
Marke D (MAKI 54,4) (STKI 49,5)
– Interaktionsplattformstarke Marken
Beziehungsqualitätsschwache Marken
–
50
+
Beurteilung der Qualität der Marke als Interaktionsplattf orm (Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion)
Schaubild 6-8: Kategorisierung von Marken anhand der Beurteilung der Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität am Beispiel von Mobilfunkmarken (Marke A: n=42; Marke B: n=69; Marke C: n=48; Marke D: n=66)
Die Kategorisierung von Marken anhand der Bedeutung der beiden Qualitätsdimensionen für die kundenseitige Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität ermöglicht eine Differenzierung von Marken nach der Wichtigkeit einzelner kundenseitiger Beziehungserwartungen. Dies ist in Schaubild 6-9 anhand der Mobilfunkmarken aus vorigem Beispiel veranschaulicht. Als Trennlinien werden
Implikationen für Praxis und Forschung
309
die in Abschnitt 5.4.4 ermittelten durchschnittlichen Bedeutungsgewichte für Mobilfunkmarken herangezogen. Zu erkennen ist, dass bei den Mobilfunkmarken C und D vor allem die Qualität der Marke als Beziehungspartner von überdurchschnittlicher Relevanz für die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität ist. Die Qualität der Marke als Interaktionsplattform übt hingegen einen nur unterdurchschnittlichen Einfluss aus. Kunden dieser Marken haben demnach hohe Erwartungen an die Marke als Beziehungspartner. Dies mag ein Grund dafür sein, warum bei den beiden Mobilfunkmarken C und D die Indexwerte für die Qualität der Marke als Beziehungspartner nur unter dem Durchschnitt liegen (vgl. Schaubild 6-8), da die Erwartungshaltung hoch ist und dies zu einer besonders kritischen Bewertung führt. Grundsätzlich lassen sich Marken wie die Mobilfunkmarke C und D als emotionale Transaktionsmarken klassifizieren. Der Dialog mit der Marke prägt nur wenig die Markenbeziehungsqualität. Vielmehr steht die Qualität der Marke als Beziehungspartner im Vordergrund, deren Wahrnehmung nicht unbedingt des wechselseitigen Dialogs zwischen Marke und Konsument bedarf (vgl. Abschnitt 3.3.2). Die Mobilfunkmarken A und B stellen hingegen Beispiele für sachliche Dialogmarken dar. Für die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität ist die Qualität der Marke als Interaktionsplattform von hoher Relevanz; bei der Mobilfunkmarke A dominiert sie sogar. Kunden dieser Marken schätzen folglich Dialogangebote im Markenumfeld überdurchschnittlich; die stark emotional geprägte Qualität der Marke als Beziehungspartner hat indessen nur einen unterdurchschnittlichen Beeinflussungseffekt auf die Markenbeziehungsqualität. Keine der dargestellten Mobilfunkmarken ist als emotionale Dialogmarke bzw. sachliche Transaktionsmarke einzuordnen. Dies würde voraussetzen, dass sowohl die Qualität der Marke als Beziehungspartner als auch der Marke als Interaktionsplattform von über- bzw. unterdurchschnittlicher Relevanz für die Kunden sind.
Bedeutung der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Qualität der Marke-Kunde-Interaktion)
310
Implikationen für Praxis und Forschung
Emotionale Transaktionsmarken
+
Emotionale Dialogmarken
Marke D (MAKI 0,721) (STKI 0.203)
Marke C (MAKI 0,704) (STKI 0,168)
0,567 Sachliche Transaktionsmarken
Marke B (MAKI 0,530) (STKI 0,350)
Sachliche Dialogmarken
– Marke A (MAKI 0,293) (STKI 0,642)
–
0,219
+
Bedeutung der Qualität der Marke als Interaktionsplattf orm (Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion)
Schaubild 6-9: Kategorisierung von Marken anhand der Bedeutung der Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität am Beispiel von Mobilfunkmarken (Marke A: n=42; Marke B: n=69; Marke C: n=48; Marke D: n=66)
Die Kategorisierung von Marken anhand der Bedeutung der Qualitätsdimensionen zeigt somit insbesondere Ansatzpunkte für die Ableitung von markenstrategischen Stoßrichtungen auf. Zum einen wird deutlich, wie Konsumenten ihre Beziehung generell zur Marke definieren, d.h., welche Rollen Konsumenten der Marke in einer Beziehung zusprechen und wie diese zueinander im Verhältnis stehen. Zum anderen lassen sich durch das Benchmarking der Bedeutungsgewichte mit dem Branchendurchschnitt Profilierungspotenziale aufdecken. 2. Faktorportfolioanalysen Während die markenbezogenen Portfolioanalysen vor allem der Ableitung von markenstrategischen Stoßrichtungen dienen, lassen sich durch Faktorportfolio-
Implikationen für Praxis und Forschung
311
analysen operative Ansatzpunkte für die beziehungsorientierte Ausgestaltung der Markenpolitik identifizieren. Hierzu werden in einer zweidimensionalen Darstellung die ermittelten Indexwerte der (Einfluss-)Faktoren der Markenbeziehungsqualität den zugehörigen Bedeutungsgewichten in einer so genannten „Priority Map“ oder „Importance-Performance-Matrix“ gegenübergestellt. Anhand des hierdurch resultierenden Faktorportfolios lässt sich visualisieren, welcher Faktor überdurchschnittlich gut bzw. schlecht beurteilt wird und ob dieser Qualitätsaspekt gleichzeitig aus Sicht der Kunden überdurchschnittlich wichtig bzw. unwichtig für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität ist. Durch diese Darstellungsform kann der konkrete Handlungsbedarf in Bezug auf die einzelnen Faktoren priorisiert und abgeleitet werden.13 Schaubild 6-10 zeigt ein solches Faktorportfolio am Beispiel der durchschnittlich ermittelten Bedeutungsgewichte und Beurteilungswerte für die (Einfluss-) Faktoren der Markenbeziehungsqualität bei Automobilmarken. Die Trennlinien sind jeweils durch den entsprechenden Mittelwert festgelegt. Das Ergebnis zeigt, dass der Faktor Emotionale (Marken-)Nähe die stärkste Bedeutung für Kunden von Automobilmarken hat, gleichzeitig aber unterdurchschnittlich bewertet wird, sodass hier ein entsprechender Handlungsbedarf vorliegt. Auch das Vertrauen in Automobilmarken ist für die Einschätzung der Markenbeziehungsqualität aus Kundensicht von hoher Relevanz. Aufgrund der verhältnismäßig guten Beurteilung dieses Qualitätsaspekts besteht jedoch kein unmittelbarer Handlungsbedarf; vielmehr ist dieses Niveau zukünftig zu halten. Der Faktor Markenzufriedenheit ist weniger bedeutend, wird von den Kunden aber relativ gut bewertet, sodass keine direkten Maßnahmen zur Verbesserung der Markenzufriedenheit zu ergreifen sind. Die Entwicklung dieser Größe ist jedoch weiterhin zu beobachten. Die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit Markenbeziehungsstellvertretern, dargestellt durch die Faktoren Stärke der Kunde-KundeInteraktion, Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und Stärke der SystemKunde-Interaktion haben bei Automobilmarken eher geringe Bedeutung aus Kundensicht und werden eher unterdurchschnittlich bewertet. Hier wird eine Selektion von Maßnahmen empfohlen, d.h., es gilt zu prüfen, welche Maßnahmen kostengünstig zur Verbesserung der Wahrnehmung dieser Faktoren ergriffen werden können. Bei Automobilmarken zeigt sich demnach im Ergebnis, dass Verbesserungsmaßnahmen hinsichtlich der wahrgenommenen Emotionalen (Marken-)Nähe höchste Priorität haben.
13
Zur Anwendung von Qualitätsportfolios im Marketingkontext vgl. z.B. Höck/Ringle 2007, S. 187ff.; Homburg/Fürst 2008, S. 632ff.
312
Implikationen für Praxis und Forschung
Emotionale (Marken-)Nähe
Wichtigkeit des Faktors
+
Markenvertrauen
0,173 Stärke der Kunde-KundeInteraktion
Markenzuf riedenheit
Stärke der System-Kunde Interaktion
– Stärke der Mitarbeiter-Kunde Interaktion
–
Indexwert
Indirekte Einf lussstärke auf MBQ
Markenzuf riedenheit
77,7
0,119
Markenvertrauen
75,2
0,225
Emotionale (Marken-)Nähe
52,6
0,391
Stärke der KundeKunde-Interaktion
48,6
0,105
Stärke der Mitarbeiter-KundeInteraktion
57,3
0,088
Stärke der System-KundeInteraktion
55,5
0,112
Faktor
61
+
Beurteilung des Faktors
Schaubild 6-10: Faktorportfolio am Beispiel der durchschnittlichen Indexwerte und Bedeutungsgewichte für Automobilmarken
Ein leicht anderes Bild zeigt sich, wenn das Faktorportfolio für Kfz-Versicherungsmarken betrachtet wird (vgl. Schaubild 6-11). Insgesamt kommt hier den (Einfluss-)Faktoren der Qualität der Marke als Interaktionsplattform eine höhere Bedeutung für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität zu. Handlungsbedarf besteht analog zu Automobilmarken insbesondere bei Emotionaler (Marken-)Nähe. Auch bei Kfz-Versicherungsmarken ist sie aus Kundensicht von entscheidender Bedeutung; die Bewertung dieses Qualitätsfaktors fällt jedoch im Durchschnitt schlecht aus. Das Vertrauen in Kfz-Versicherungsmarken ist hoch und zugleich bedeutungsvoll. Der Standard ist entsprechend zu halten. Die Existenz, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit Markenmitarbeitern ist verhältnismäßig hoch; die Bedeutung, die ihnen für die Markenbeziehungsqualität zukommt, ist ebenfalls gewichtig. Analog zum Faktor Markenvertrauen sind hier Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu ergreifen, um den Standard mindestens zu halten. Interaktionen mit Dialogsystemen der Marke werden als weniger wichtig für die Markenbeziehungsqualität erachtet. Maßnahmen zur Verbesserung der System-Kunde-Interaktionen sind damit von geringerer Priorität. Interaktionen zwischen den Kunden einer Kfz-Versicherungsmarke üben keinen starken Einfluss auf die Markenbeziehungsqualität aus und werden weniger stark gewertschätzt und genutzt. Hier ist der Standard mit geringster Priorität zu halten.
Implikationen für Praxis und Forschung
Wichtigkeit des Faktors
+
313
Markenvertrauen
Emotionale (Marken-)Nähe
Stärke der MitarbeiterKunde-Interaktion
0,199
Stärke der System-Kunde Interaktion
– Stärke der Kunde-KundeInteraktion
–
56,0
Indexwert
Indirekte Einf lussstärke auf MBQ
Markenzuf riedenheit
77,0
nicht signif ikant
Markenvertrauen
73,0
0,268
Emotionale (Marken-)Nähe
43,9
0,256
Stärke der KundeKunde-Interaktion
41,8
0,097
Stärke der Mitarbeiter-KundeInteraktion
63,4
0,200
Stärke der System-KundeInteraktion
57,8
0,175
Faktor
+
Beurteilung des Faktors
Schaubild 6-11: Faktorportfolio am Beispiel der durchschnittlichen Indexwerte und Bedeutungsgewichte für Kfz-Versicherungsmarken
Die Beispiele zeigen, wie auf Basis der Ergebnisse von Faktorportfolios Empfehlungen bzw. Zielvorgaben für die Umsetzungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik abgeleitet werden können. Noch konkretere Hinweise lassen sich deduzieren, wenn anstelle der Faktoren die zur Messung der Faktoren herangezogenen Indikatoren analysiert werden. Entsprechend zum Faktorportfolio lassen sich Qualitätsportfolios auf Merkmalsebene erstellen, bei der die Mittelwerte der Indikatoren als Beurteilungsmaßstab und die geschätzten Indikatorgewichte als Bedeutungsmaßstab herangezogen werden. Die Interpretation der Ergebnisse erfolgt dann analog zum Faktorportfolio. 3. Kundenportfolioanalysen Zur Gewährleistung einer kundenspezifischen Ausrichtung der beziehungsorientierten Markenpolitik bedarf es einer systematischen Kundensegmentierung, die ein segmentspezifisches Management von Marken-KonsumentenBeziehungen ermöglicht. Zur Identifizierung von intern homogenen und extern heterogenen Kundensegmenten sind geeignete Segmentierungskriterien auszuwählen. Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang zwischen endogenen und exogenen Kriterien.14
14
Vgl. Bruhn 2001d, S. 97f.
314
Implikationen für Praxis und Forschung
Endogene Segmentierungskriterien sind durch den Anbieter steuerbar und betreffen die Ziele der beziehungsorientierten Markenpolitik. Als endogene Segmentierungskriterien fungieren dementsprechend die Größen des Modells der Markenbeziehungsqualität (z.B. Markenbeziehungsqualität als Gesamtkonstrukt und Markenbindung). Im Gegensatz zu diesen modellbezogenen endogenen Kriterien stellen exogene Segmentierungsmerkmale solche Größen dar, die durch das Unternehmen nur schwer bzw. begrenzt steuerbar sind, aber dennoch eine (Kauf-)Verhaltensrelevanz haben. Hierzu zählen sämtliche demographischen, sozioökonomischen, psychologischen und verhaltensbezogenen Kundenmerkmale. Ausgehend von dieser Differenzierung lassen sich generell zwei Vorgehensweisen bei der Kundensegmentierung unterscheiden. Eine erste Möglichkeit besteht darin, die endogenen Kriterien zur Segmentbildung einzusetzen und die exogenen Kriterien dann zur Beschreibung der identifizierten Segmente einzusetzen. Umgekehrt ist auch denkbar, die Identifikation von Kundensegmenten auf Basis von exogenen Modellgrößen vorzunehmen und diese dann mit Hilfe von endogenen Merkmalen zu beschreiben.15 Letztere Alternative bietet sich an, wenn die Absicht besteht, bereits existierende Kundensegmente in Bezug auf die Beurteilung von Modellgrößen zu untersuchen. Wenn beispielsweise zwischen „jungen“ und „alten“ Kunden unterschieden wird, könnten diese in Hinblick auf die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität analysiert werden. Allerdings weist die endogene Segmentierung den Vorteil auf, dass durch sie eine zielorientierte Kundensegmentierung ermöglicht wird, anhand derer sich Kundensegmente identifizieren lassen, die bezüglich des Beurteilungsniveaus der Zielgrößen intern homogen und untereinander heterogen sind. Somit lassen sich auf Basis der endogenen Segmentierung konkretere Ansatzpunkte für die zielbezogene Markenpolitik ableiten. Im Folgenden werden daher Möglichkeiten zur endogenen Segmentbildung aufgezeigt. Grundsätzlich dienen sämtliche Modellgrößen als Ansatzpunkte zur endogenen Kundensegmentierung. Eine Segmentierung von Kundengruppen kann anhand einzelner oder einer Kombination von Größen des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität erfolgen. Aus managementorientierter Sicht erscheint vor allem die Kombination von Modellgrößen in Form von kundenbezogenen Portfolioanalysen sinnvoll. Bei der Kundenportfolioanalyse werden Kunden anhand von zwei Modellgrößen segmentiert, wodurch vier unterschiedliche Kundensegmente erkennbar gemacht werden.16 Im Kontext des Mess- und Wirkungsmodells der vorliegenden 15 16
Vgl. Bruhn 2001d, S. 98. Zum generellen Einsatz von Kundenportfolios im Marketing vgl. z.B. Bruhn 2001d, S. 100ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 1014f.; Bruhn 2006a, S. 43ff.
Implikationen für Praxis und Forschung
315
Untersuchung erscheint insbesondere die Segmentierung von Kunden anhand der Höhe der Markenbindung im Verbund mit der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität in einem Markenbindungsindex-Markenbeziehungsqualitätsindex-Portfolio (MBI-MBQI-Portfolio) zielführend. Hierdurch lassen sich unterschiedliche Typen von Marken-Konsumenten-Beziehungen im Kundenstamm identifizieren und als bedingte Häufigkeiten ausweisen. Als Unterteilungskriterium zur Dichotomisierung der Kunden wird in Anlehnung an KundenbindungsKundenzufriedenheits-Portfolios im Relationship Marketing ein Indexwert von mindestens 75 Punkten für beide Modellgrößen vorgeschlagen.17 Schaubild 6-12 zeigt ein entsprechendes Portfolio auf Basis des Gesamtdatensatzes.
Markenbindungsindex (MBI)
+
„Unechte“ Marken-KonsumentenBeziehungen
„Echte“ Marken-KonsumentenBeziehungen
31%
14%
„Keine“ Marken-KonsumentenBeziehungen
„Potenzielle“ Marken-KonsumentenBeziehungen
54 %
1%
75
–
–
75
+
Markenbeziehungsqualitätsindex (MBQI)
Schaubild 6-12: Markenbindungsindex-Markenbeziehungsqualitätsindex-Portfolio auf Basis des Gesamtdatensatzes (n=2.009)
17
Für eine Darstellung von Kundenzufriedenheitsindex-KundenbindungsindexPortfolios im Relationship Marketing vgl. z.B. Siems 2003, S. 267f.; Homburg/Fürst 2008, S. 628.
316
Implikationen für Praxis und Forschung
Die branchenübergreifende Betrachtung offenbart, dass die Mehrzahl der Konsumenten (54 Prozent) eine verhältnismäßig geringe Markenbeziehungsqualität wahrnimmt und auch nur gering an Marken gebunden ist. In der Mehrheit der Fälle liegt somit „keine“ Marken-Konsumenten-Beziehung vor. Auch ist der Anteil von „unechten“ Marken-Konsumenten-Beziehungen hoch (31 Prozent). Die Kunden sind zwar stark an die Marke gebunden, jedoch ist die Markenbeziehungsqualität gering. Im Relationship Marketing wird in diesem Zusammenhang auch von „Cold Loyalty“ gesprochen.18 Die Konsumenten sind an die Marke gebunden, aber mit ihr nicht stark emotional verbunden. Das Festhalten an der Marke beruht somit nicht primär auf psychologisch-emotionalen Gründen im Sinne einer „freiwilligen Markenbindung“, sondern ist auf vertragliche, ökonomische oder technologische Wechselbarrieren zurückzuführen. Entfallen die Gründe für derartige Wechselbarrieren (z.B. Preisanstieg einer Marke), so werden diese Kunden eher dazu geneigt sein, sich von der Marke abzuwenden. Im Durchschnitt der untersuchten Branchen sind lediglich 14 Prozent der Kunden mit einer Marke stark emotional verbunden und zeigen zugleich markenloyale Verhaltensweisen. Der geringe Anteil dieser „echten“ Marken-KonsumentenBeziehungen ist auf den geringen Erfüllungsgrad der Beziehungserwartungen bei der Mehrheit der Kunden zurückzuführen. Wie dargestellt wurde, sind die durchschnittlichen Indexwerte für die Faktoren und Dimensionen der Markenbeziehungsqualität in allen untersuchten Konsumgütermärkten eher als unbefriedigend einzustufen. Der Anteil von „potenziellen“ Marken-Konsumenten-Beziehungen ist vernachlässigbar gering (1 Prozent). Eine hohe wahrgenommene Markenbeziehungsqualität geht somit in der Regel mit einer starken Markenbindung einher. Auch die branchenspezifische Auswertung der Kategorisierung der Kunden im MBI-MBQI-Portfolio, dargestellt in Schaubild 6-13, zeigt ähnliche Ergebnisse. In allen untersuchten Konsumgütermärkten empfindet die Mehrheit der Kunden keine hohe Markenbeziehungsqualität und ist auch nur gering an die Marke gebunden (zwischen 50 und 66 Prozent). Der Anteil „echter“ Marken-Konsumenten-Beziehung liegt überall – mit Ausnahme von Automobilmarken – unter 20 Prozent. Auffallend viele Kunden verhalten sich trotz geringer Markenbeziehungsqualität markenloyal („unechte“ Marken-Konsumenten-Beziehungen).
18
Vgl. Bruhn 2002, S. 191.
Implikationen für Praxis und Forschung
„Unechte“ Markenbeziehung – gebunden, aber keine hohe wahrgenommene Beziehungsqualität „Keine“ Markenbeziehung – nicht gebunden und keine hohe wahrgenommene Beziehungsqualität „Potenzielle“ Markenbeziehung – nicht gebunden, aber hohe wahrgenommene Beziehungsqualität „Echte“ Markenbeziehung – gebunden und hohe wahrgenommene Beziehungsqualität
317
100% 90% 80%
31
24
26
33
38
36
37
55
44
50
51
2
1
29
20
70% 60% 52
50% 40% 30% 20% 10% 0%
60
54
53
66
1 1 14
1 23
13
2 2 10
16
12
11
2 16
1 13
Schaubild 6-13: Markenbindungsindex-Markenbeziehungsqualitätsindex-Portfolios für die untersuchten Branchen
Wenngleich diese Ergebnisse bei einer markenspezifischen Untersuchung divergieren können, so veranschaulichen sie doch, wie das MBI-MBQI-Portfolio generell für das kundensegmentspezifische Management von Marken-Konsumenten-Beziehungen genutzt werden kann. Für Kunden, bei denen „keine“ Marken-Konsumenten-Beziehungen vorliegen (geringe Markenbeziehungsqualität und Markenbindung), empfiehlt es sich, diese entweder zu vernachlässigen oder durch ein aktives Kundenbindungsmanagement und die damit verbundene Steigerung der Markenbeziehungsqualität zum Festhalten an der Marke zu bewegen. Kunden, die sich durch eine hohe Markenbindung jedoch eine geringe Markenbeziehungsqualität auszeichnen („unechte“ Marken-Konsumenten-Beziehungen), stellen „Wackelkandidaten“ dar. Diese Kunden sind zu beobachten, im besten Fall durch markenbeziehungsqualitätssteigernde Maßnahmen in emotionale Anhänger der Marke umzuwandeln. Bei Kunden, die eine „echte“ MarkenKonsumenten-Beziehung verspüren, liegt eine sichere Markenbindung vor. Die Gefahr von markenilloyalen Verhaltensweisen besteht nicht unmittelbar. Dennoch sind diese Kunden bei der beziehungsorientierten Markenpolitik zu berücksichtigen, um den Status Quo auch zukünftig halten bzw. durch eine Intensivierung der Marken-Konsumenten-Beziehungen das Potenzial der Beziehung weiter ausschöpfen (z.B. verstärktes Cross Buying) zu können.
318
Implikationen für Praxis und Forschung
Eine genauere Beschreibung der identifizierten Kundensegmente kann anhand von weiteren Modellgrößen und exogenen Kriterien (z.B. Alter, Geschlecht, Einkommen) erfolgen, die umfassend Auskunft über die einzelnen Typen geben und eine konkrete Ansprache und Maßnahmenableitung ermöglichen. Schaubild 6-14 zeigt am Beispiel des Gesamtdatensatzes die Beschreibung der verschiedenen Kundensegmente anhand von ausgewählten Modellgrößen und soziodemographischen Merkmalen. „Keine“ MKB (54%)
„Unechte“ MKB (31%)
„Echte“ MKB (14%)
„Potenz.“ MKB (1%)
Markenzufriedenheit
69,6
88,6
95,9
90,4
Markenvertrauen
59,6
81,0
95,4
91,2
Emotionale (Marken-)Nähe
32,4
45,7
86,6
87,5
Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion
30,1
34,7
77,5
60,9
Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion
36,2
42,2
75,9
64,3
Stärke der System-Kunde-Interaktion
36,7
43,1
77,9
67,7
Qualität der Marke-Kunde-Interaktion
44,3
61,0
90,3
89,0
Qualität der Stellvertreter-Kunde-Interaktion
33,9
39,6
77,5
64,3
Markenbeziehungsqualität
40,9
53,9
86,0
80,8
Markenbindung
49,5
89,5
94,5
59,6
weiblich
40,5
44,7
46,9
50,0
männlich
59,5
55,3
53,1
50,0
bis 20 Jahre
6,2
5,2
11,9
11,5
21-40 Jahre
48,3
49,7
44,4
53,8
41-60 Jahre
45,6
45,2
43,7
34,6
Alter (in %)
Geschlecht (in %)
Modellgrößen (durchschnittliche Indexwerte auf einer Skala von 0 bis 100)
Beschreibende endogene und exogene Merkmale
Schaubild 6-14: Kennzahlen zur Beschreibung von Kundensegmenten
Implikationen für Praxis und Forschung
319
Kunden, bei denen keine Marken-Konsumenten-Beziehung vorliegt, bewerten sämtliche Modellgrößen am schlechtesten. Werden die beiden Kundensegmente mit einer hohen Markenbindung betrachtet, d.h. „echte“ und „unechte“ MarkenKonsumenten-Beziehungstypen, so zeigt sich, dass wesentliche Unterschiede zwischen diesen beiden Segmenten vor allem in Bezug zur empfundenen Emotionalen (Marken-)Nähe sowie zur Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion, Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion und Stärke der System-Kunde-Interaktion bestehen: Während sich die Markenzufriedenheit und das Markenvertrauen bei Konsumenten mit einer niedrigen Markenbeziehungsqualität, aber hohen Markenbindung im Vergleich zu Konsumenten mit einer hohen Markenbeziehungsqualität und Markenbindung nur um 7,3 bzw. 14,4 Indexpunkte unterscheiden, ist die Differenz hinsichtlich der anderen Qualitätsfaktoren um ein vielfaches höher. So besteht bei der wahrgenommenen Emotionalen (Marken-)Nähe eine Differenz von 40,9 Indexpunkten, bei der Stärke der Kunde-Kunde-Interaktion von 42,8 Indexpunkten, bei der Stärke der Mitarbeiter-Kunde-Interaktion von 33,7 Indexpunkten und bei der Stärke der System-Kunde-Interaktion von 34,8 Indexpunkten. Offenbar sind diese Qualitätsfaktoren wesentliche Differenzierungskriterien, deren Erfüllung zu einer überproportional positiven Markenbeziehungsqualität führt, während Markenzufriedenheit und Markenvertrauen eher Basisanforderungen an eine Marken-Konsumenten-Beziehung darstellen, deren Erfüllung nicht zu einer überdurchschnittlich hohen Markenbeziehungsqualität führt. Ähnliche Unterschiede bestehen zwischen „echten“ und „potenziellen“ Marken-Konsumenten-Beziehungen. Auch hier unterscheiden sich die Kundensegmente vor allem hinsichtlich der Stärke der Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern, während sich die Markenzufriedenheit, die Emotionale (Marken-)Nähe sowie das Markenvertrauen nur geringfügig unterscheiden. Demnach sind es vor allem die Interaktionen mit Markenbeziehungsstellvertretern, die Ansatzpunkte zur Bindung potenzieller Markenbeziehungskunden darstellen. Die Ausführungen verdeutlichen, wie die Kundenportfolioanalyse zur strukturierten und zielorientierten Analyse des Kundenstamms einer Marke eingesetzt werden kann und welche Implikationen sich hieraus für die Bearbeitung von verschiedenen Kundensegmenten ergeben.
6.1.3
Planungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik
Die aus den verschiedenen Analysen gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Planungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik. Gegenstand dieser Phase ist zum einen das Festlegen von beziehungsbezogenen Zielen und Strategien (Abschnitt 6.1.3.1) und zum anderen die auf der Ziel- und
320
Implikationen für Praxis und Forschung
Strategieentwicklung basierende Planung von beziehungsbezogenen Markenmaßnahmen (Abschnitt 6.1.3.2).
6.1.3.1 Ableitung von beziehungsorientierten Markenzielen und -strategien Die Definition von beziehungsbezogenen Markenzielen baut auf der Analysephase auf und stellt einen wesentlichen Aufgabenbereich eines strategisch verankerten Markenbeziehungsmanagements dar. Der Sinn der Festlegung von beziehungsbezogenen Markenzielen liegt in der Aufstellung von Vorgaben, anhand derer zum einen die Markenstrategien und -maßnahmen auf die gewünschten Konsequenzen hin ausgerichtet werden können und die zum anderen einen Bewertungsmaßstab darstellen, mit dessen Hilfe der spätere Erfolg konkreter Maßnahmen evaluiert werden kann. Zur systematischen Ableitung von beziehungsbezogenen Markenzielen empfiehlt sich eine Strukturierung der Ziele anhand der Modellgrößen im Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität. Basis für die Ableitung von beziehungsbezogenen Markenzielen stellen die im Rahmen der Analysephase ermittelten markenspezifischen Indizes und Wirkungskoeffizienten der einzelnen Konstrukte im Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität dar. Die Beurteilungswerte sowie Bedeutungsgewichte dieses Modells bilden ein markenbeziehungsbezogenes Zielsystem, das die verschiedenen Zielgrößen durch Ursache-Wirkungs-Beziehungen miteinander verknüpft und so die Berechnung von Zielwertänderungen ermöglicht. Schaubild 6-15 veranschaulicht am Beispiel des Datensatzes für Automobilmarken, wie das hierarchisch geordnete Zielsystem zur Spezifizierung konkreter Zielwerte für jedes Modellkonstrukt genutzt werden kann. Im vorliegenden Beispiel wird eine Steigerung der Markenbindung um 10 Indexpunkte über eine Verbesserung der Emotionalen (Marken-)Nähe angestrebt. Ausgehend von diesem Zielwert für die Markenbindung lässt sich auf Basis der kausalanalytisch ermittelten Wirkungskoeffizienten der Zielwert für die Emotionale (Marken-)Nähe errechnen. Eine Steigerung der Markenbindung um 10 Indexpunkte bedarf demnach in diesem Beispiel – unter Voraussetzung eines linearen Wirkungszusammenhangs – einer Erhöhung der Emotionalen (Marken-)Nähe um 32,8 Indexpunkte, d.h. von derzeit 52,6 auf 85,4 Indexpunkte. Die Bestimmung der Zielwerte für die übrigen Modellgrößen kann analog erfolgen.
Implikationen für Praxis und Forschung
321
Markenbindung 60,5 (70,5)
0,78 Markenbeziehungsqualität 60,7 (73,5) 0,65
0,27
Qualität der MarkeKunde-Interaktion 63,6 (83,3)
0,18 Markenzufriedenheit 77,7
0,34 Markenvertrauen 75,2
Qualität der StellvertreterKunde-Interaktion 53,6
0,39
0,60 Emotionale (Marken-)Nähe 52,6 (85,4)
Stärke der KundeKunde-Interaktion 48,6
0,32
0,41
Stärke der Mitarbeiter- Stärke der SystemKunde-Interaktion Kunde-Interaktion 57,3 55,5
Schaubild 6-15: Beispiel zur Ableitung von Zielwerten anhand des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität am Beispiel von Automobilmarken (durchschnittliche Wirkungskoeffizienten und Indexwerte; Zielwerte in Klammern)
Um eine konkrete kundensegmentspezifische Steuerung zu ermöglichen, ist es erforderlich, für jede der im Rahmen der Analysephase identifizierten Kundengruppe segmentspezifische Beziehungsziele zu definieren. Zu beachten ist hierbei, dass zur Entwicklung von kundensegmentspezifischen hierarchischen Zielsystemen für jedes Kundensegment eine eigene kausalanalytische Modellschätzung vorzunehmen ist, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Wirkungsbeziehungen und somit die Wirkungskoeffizienten für alle Kundensegmente in gleicher Weise gültig sind. Zur Erreichung der definierten Markenziele erfolgt im Weiteren die Ableitung von beziehungsbezogenen Markenstrategien. Eine beziehungsbezogene Markenstrategie stellt im Verständnis dieser Arbeit die schwerpunktmäßige strategische Stoßrichtung einer Marke zur Erreichung von strategischen Markenbeziehungszielen in Form eines verbindlichen, mehrere Planungsperioden umfassenden Verhaltensplans dar. Als Ansatzpunkt zur Differenzierung unterschiedlicher beziehungsbezogener Markenstrategien dienen – den empirischen Untersuchungsergebnissen zufolge – insbesondere die beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität. Die Dimension der Marke-Kunde-Interaktion betrifft die Beurteilung der Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner, die im Ergebnis zu einer beziehungsähnlichen Verbindung zur Marke führt, die gemäß der Erkenntnisse der Animismustheorie ohne das Element der Interaktivität und Reziprozität aus-
322
Implikationen für Praxis und Forschung
kommt. Die Dimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion unterliegt hingegen dem Verständnis einer Anbieter-Kunde-Beziehung im Relationship Marketing. In diesem Begriffsverständnis konstituiert sich eine Markenbeziehung aus wechselseitigen Interaktionen zwischen Kunde und Marke bzw. Markenbeziehungsstellvertretern. Die Qualitätsdimension der Stellvertreter-Kunde-Interaktion betrifft folglich die Bewertung der Fähigkeit der Marke, die Erwartungen des Kunden an die Marke in ihrer Rolle als Interaktionsplattform für wechselseitige Kontakte mit Markenbeziehungsstellvertretern zu erfüllen (vgl. Abschnitt 3.3.2). Die empirische Relevanz beider Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität wurde in allen acht untersuchten Konsumgütermärkten nachgewiesen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen aber auch, dass der Stellenwert der Qualität der Marke als Beziehungspartner bzw. der Qualität der Marke als Interaktionsplattform und somit die Effektivität der Stellhebel für den Aufbau und das Management von Marken-Konsumenten-Beziehungen in Abhängigkeit der Branche variiert. Anhaltspunkte zur Einschätzung des durchschnittlichen Bedeutungsgewichts der Qualität der Marke als Beziehungspartner bzw. der Qualität der Marke als Interaktionsplattform für die Beziehungsentwicklung zwischen Marke und Konsument liefern die in Abschnitt 5.4.4 erläuterten produktmarktbezogenen Kontextfaktoren. Demnach steigt die Bedeutungsrelevanz der Qualität der Marke als Beziehungspartner tendenziell mit zunehmender Leistungsintransparenz, Produkthomogenität, Wahrnehmbarkeit der Marke, sozialer Bedeutung des Konsums sowie Budgetklasse. Die Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform ist hingegen tendenziell umso höher, je höher das Involvement, die Konsumbedeutung, die Servicebedürftigkeit und die Erklärungsbedürftigkeit (Benutzerfreundlichkeit) bzw. Komplexität einer Marke ist. Auf Basis dieser Überlegungen lassen sich durch die Gegenüberstellung der beiden Qualitätsdimensionen vier grundlegende Markenbeziehungsstrategien differenzieren (vgl. Schaubild 6-16).
Implikationen für Praxis und Forschung
323
Kontextfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Über Durchschnitt
Emotionale Transaktionsmarkenstrategie
Emotionale Dialogmarkenstrategie
Sachliche Transaktionsmarkenstrategie
Sachliche Dialogmarkenstrategie
Unter Durchschnitt Gering Hoch
Über Durchschnitt
Involvement Benutzerfreundlichkeit
Hoch Gering
Gering
Servicebedürftigkeit
Hoch
Gering
Konsumbedeutung
Hoch
Senkung der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Kontextfaktoren der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Unter Durchschnitt
Gering
Hoch Budgetklasse
Gering
Hoch Soziale Bedeutung des Konsums
Hoch Wahrnehmbarkeit der Marke Gering
Hoch Produkthomogenität Gering
Gering Leistungstransparenz Hoch
Senkung der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Steigerung der Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner
Steigerung der Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform
Schaubild 6-16: Portfolio von Markenbeziehungsstrategien in Abhängigkeit der Bedeutung der Qualität der Marke als Beziehungspartner und der Qualität der Marke als Interaktionsplattform
Sachliche Transaktionsmarkenstrategie: Diese Strategie bietet sich für Marken an, für die die markenspezifische Modellschätzung zeigt, dass weder die Qualität der Marke als Beziehungspartner noch die Qualität der Marke als Interaktionsplattform eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung für das Kauf- und Bindungsverhalten der Kunden haben. Die Käufer werden sich bei ihrer Konsumentscheidung in diesem Fall stärker an sachlichen, produkt- und leistungsorientierten Kriterien, wie z.B. Preis oder Erhältlichkeit der Ware, orientieren. Dementsprechend konzentriert sich die sachliche Transaktionsmarkenstrategie auf die Abschöpfung des Marktpotenzials durch eine Profilierung gegenüber dem Wettbewerb über sachliche
324
Implikationen für Praxis und Forschung Leistungsmerkmale (z.B. preisgünstige Leistungsangebote) und eine transaktionsorientierte, d.h. einseitig-gerichtete Kommunikation (z.B. Mediawerbung), die vornehmlich der Information, Beeinflussung, Bestätigung und Überzeugung des Kunden dient.
Emotionale Transaktionsmarkenstrategie: Diese Markenstrategie empfiehlt sich, sofern die Ergebnisse der markenspezifischen Modellschätzung eine hohe Qualitätsrelevanz der Marke als Beziehungspartner jedoch eine verhältnismäßig niedrige Qualitätsrelevanz der Marke als Interaktionsplattform zeigen. Die Markenbindungsentscheidung der Kunden ist in diesem Fall stark emotional geprägt und ist vor allem das Ergebnis einer intensiven emotionalen Annäherung sowie eines Vertrauensverhältnisses zwischen Marke und Kunde. Das Potenzial der Marke, über Markenbeziehungsstellvertreter wechselseitige Kontakte mit der Marke zu ermöglichen bzw. zu pflegen, stellt keine zentrale Beziehungserwartung der Kunden dar. Das markenspezifische Dialog- und Interaktionsbedürfnis der Kunden ist dementsprechend gering, d.h., die Kunden sind primär an einem transaktionalen Kontakt mit der Marke interessiert. Die emotionale Transaktionsmarkenstrategie richtet den Fokus daher auf die einseitig-ausgerichtete emotionale Ansprache der Kunden – mit dem Ziel der Schaffung von Vertrauen und emotionalen Identifikationsflächen, die zu einer Steigerung der Markenwertschätzung führen.
Sachliche Dialogmarkenstrategie: Im Gegensatz zur emotionalen Transaktionsmarkenstrategie steht bei dieser Strategie nicht die Bindung der Konsumenten über eine Emotionalisierung der Kundenansprache im Zentrum. Vielmehr zielt diese Markenstrategie primär auf die Schaffung von Mehrwerten durch die Etablierung und Pflege von Dialogangeboten im Markenumfeld, die eine personalisierte Reaktion der Markenbeziehungsstellvertreter auf die Artikulation individueller Bedürfnisse der Kunden ermöglichen und dadurch die wahrgenommene Beratungs-, Betreuungs- und Problemlösungskompetenz einer Marke aus Kundensicht erhöhen. Hierdurch wird den starken individuellen Dialog- und Informationsbedürfnissen der Kunden entsprochen, da die Qualität der Marke als Interaktionsplattform die wahrgenommene Markenbeziehungsqualität überdurchschnittlich stark beeinflusst.
Emotionale Dialogmarkenstrategie: Bei dieser Strategie werden sowohl die Erwartungen der Kunden an die Marke in ihrer Rolle als Beziehungspartner als auch in ihrer Rolle als Interaktionsplattform berücksichtigt. Beide Qualitätsfacetten bestimmen aus Kundensicht in überdurchschnittlich hohem Maß die kundenseitige Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität. Im Mittelpunkt steht daher die Ausrichtung des Absatzkonzepts an den
Implikationen für Praxis und Forschung
325
individuellen Kommunikations- und emotionalen Beziehungsbedürfnissen der Kunden. Durch kombinierte zweiseitige Kommunikations- und Beziehungsangebote (z.B. Kundenclub mit regelmäßiger Unterbreitung individueller, bedarfsgerechter Produktangebote und wiederholten exklusiven Markenevents zur Steigerung der Markenidentifikation) erhält der Kunde das Gefühl, als reziproker Beziehungspartner der Marke respektiert zu werden und die Möglichkeit, sein Bedürfnis nach sozialer Bezogenheit, emotionaler Nähe und Vertrauen verstärkt zu befriedigen.
6.1.3.2 Ableitung von beziehungsorientierten Markenmaßnahmen Die festgelegte Strategie ist durch die Ableitung von konkreten, operativen beziehungsbezogenen Markenmaßnahmen zu konkretisieren. Als Ansatzpunkt hierfür dienen die Ergebnisse der Faktorportfolio- bzw. Merkmalsportfolioanalysen, die Aufschluss über die Stärken und Schwächen einzelner Faktoren bzw. Merkmale der Markenbeziehungsqualität sowie deren Bedeutung geben. Ein allgemein gültiger Maßnahmenkatalog zur Veränderung der Ausprägung der einzelnen Faktoren lässt sich zweifellos nicht erstellen, da die Beurteilung der einzelnen Faktoren je nach Branche und Marke durch eine Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren determiniert wird. Zur Konkretisierung der faktorspezifischen Markenmaßnahmen sind daher Mitarbeiter- und Kundengespräche notwendig, in denen die identifizierten Schwächen und mögliche Verbesserungsmaßnahmen diskutiert werden. Auch empfehlen sich Markt- und Wettbewerbsanalysen, um die statistisch gewonnenen Erkenntnisse greifbar zu interpretieren und zu ergänzen. Schaubild 6-17 zeigt beispielhaft mögliche konkrete produkt-, kommunikations-, preis- und distributionspolitische Ansatzpunkte zur Beeinflussung der Wahrnehmung der einzelnen Faktoren der Markenbeziehungsqualität, die im Folgenden faktorweise kurz skizziert werden.
Schaubild 6-17: Ansatzpunkte für Maßnahmen zur Veränderungen der Ausprägungen der Faktoren der Markenbeziehungsqualität
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Produktpolitik
Ziel
Faktor
Verständliche, gleichbleibende Markierung, Gleichbleibende Produktqualität,
Kundenorientierte Gestaltung der Leistung,
Kontinuierliche Produktverbesserungen und -aktualisierungen,
Gleichbleibende Distribution und Ansprechpartner u.a.m.
Angemessene und gleichbleibende Distributionsdichte,
Efficient Consumer Response u.a.m.
Angemessene Distributionsdichte,
Verlässliche und transparente Preispolitik u.a.m.
Geld-ZurückGarantien,
Preisfairness,
Vermeidung von Preiswerbung u.a.m.
Hochwertiges, vertrauensvolles Markenimage,
Kontinuität und Konsistenz der Markenkommunikation,
Gratisproben u.a.m.
Markenadäquate Vertriebsformen,
Preisfairness u.a.m.
Angemessenes PreisLeistungs-Verhältnis,
Markenadäquate Botschaftsgestaltung u.a.m.
Aufbau von Markenreputation und -image,
Beschwerdemanagement,
Kontinutität im Produktprogramm,
Sicherung bzw. Steigerung der wahrgenommenen Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit der Marke
Sicherung bzw. Steigerung der wahrgenommenen Zufriedenheit mit der Marke
Produktadäquanz der Verpackung u.a.m.
Markenvertrauen
Markenzufriedenheit
Messe- und Verkaufspartyveranstaltungen, Markenerlebniswelten u.a.m. Multisensuale Gestaltung von Filialen u.a.m.
Mehr-Personen- und personelle Preisdifferenzierung u.a.m.
Monetäre Anreize für Weiterempfehlungen,
Einbindung von Kunden in die Mediawerbung u.a.m.
Filialsuchfunktionen u.a.m. Shop-in-shop-Systeme u.a.m.
E-Commerce, Eigenständige Markenstores & Outlets,
Gewinnspiele im Internet u.a.m.
Computergestützte, individuelle Preisgestaltung,
Kontaktformulare u.a.m.
Individuelle Newsletter,
Virtuelle Kundenberater,
Personalisierte Markenwebsite,
Markenerlebniswelten,
Preispolitische Entscheidungskompetenzen von Vertriebsmitarbeitern u.a.m.
Verkaufsförderungsaktionen,
Customer Interaction Center u.a.m.
Kundenclubs,
Messeauftritte,
Markenevents,
Kundenservicecenter,
Hotlines,
Markenevents,
Tag der offenen Tür,
Kundenclubs,
Produktpräsentationen und -degustationen u.a.m.
Produktkonfiguratoren,
Kundenintegration in den Markenentwicklungsprozess,
Computergestützte Produktindividualisierung u.a.m.
Sicherung bzw. Steigerung der Wahrnehmung, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit computergestützten Systemen der Marke
Stärke der System-KundeInteraktion
Sicherung bzw. Steigerung der Wahrnehmung, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit Markenmitarbeitern
Stärke der Mitarbeiter-KundeInteraktion
Brand Communities,
Multimediale, interaktive Produktkomponenten u.a.m.
Kundenintegration in den Markenentwicklungsprozess,
Auffällige Markierung,
Sicherung bzw. Steigerung der Wahrnehmung, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit anderen Markennachfragern
Stärke der Kunde-KundeInteraktion
Markenpersönlichkeitsgerechte Distributionspolitik,
Markenpersönlichkeitskonsistente Preispolitik u.a.m.
Aufbau einer Unique Communication Proposition (UCP) u.a.m.
Testimonial-Werbung,
Emotionale Markenkommunikation,
Einzigartige Markenpersönlichkeit,
Auffällige Markierungselemente u.a.m.
Gleichbleibende Produktmerkmale,
Breites und tiefes Produktprogramm,
Sicherung bzw. Steigerung der empfundenen Intimität, Interdependenz, Liebe und Identifikation zu bzw. mit der Marke
Emotionale (Marken-)Nähe
326 Implikationen für Praxis und Forschung
Implikationen für Praxis und Forschung
327
Markenzufriedenheitsbezogene Maßnahmen zielen darauf ab durch eine wiederholte (Über-)Erfüllung der von den Konsumenten mit der Inanspruchnahme der Marke verknüpften Erwartungen, positive Gefühle auszulösen, die zu einer emotionalen Verbundenheit mit der Marke beitragen (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.2). Im Rahmen der Produktpolitik erfordert dies, eine an den Kundenerwartungen ausgerichtete Gestaltung der Leistung.19 Die Sicherung des Qualitätsstandards des Markenartikels steht hierbei im Vordergrund.20 Zahlreiche empirische Studien bestätigen die zentrale Bedeutung der Produktqualität als Einflussgröße der Kundenzufriedenheit.21 Wesentliche Facetten der Produktqualität stellen Produktleistung, Produktzuverlässigkeit, Nutzbarkeitsdauer, Bedienungsfreundlichkeit und Design dar.22 Um die Markenzufriedenheit dauerhaft zu gewährleisten, ist es zudem erforderlich, den Markenartikel den technischen Entwicklungen am Markt und den sich permanent ändernden Produktanforderungen der Konsumenten durch entsprechende Produktverbesserungen laufend anzupassen.23 Beispielhaft sei an dieser Stelle das gestiegene ökologische Bewusstsein der Konsumenten genannt. Verpackungspolitische Maßnahmen sind ebenfalls mit Blick auf die Markenzufriedenheit auszurichten, d.h., Material, Form, Farbe, Größe, grafische Gestaltung und Verschluss- und Sicherheitstechnik haben den Kundenerwartungen zu entsprechen. Hierbei ist jedoch das Prinzip der Produktadäquanz zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass Aufmachung und Text der Verpackung nicht mehr versprechen als der Packungsinhalt zu halten vermag.24 In der Kommunikationspolitik kommt dem Beschwerdemanagement eine zentrale Bedeutung für die Markenzufriedenheit zu.25 Das Beschwerdemanagement umfasst einen aktiven Prozess, mit dem „[…] Unzufriedenheitsartikulationen von Kunden angeregt, entgegengenommen, bearbeitet, beantwortet und in Hinblick auf Verbesserungspotenziale ausgewertet werden.“26 Im Zentrum des Beschwerdemanagements steht das Ziel, durch eine Reaktion auf artikulierte Unzufriedenheiten so zu reagieren, dass die Markenzufriedenheit nach Abschluss des Beschwerdemanagementprozesses wiederhergestellt ist.27 Wie empirische Studienergebnisse belegen, erhöht eine überzeugende Beschwerdereaktion die Markenzufriedenheit 19 20 21 22 23 24 25 26 27
Vgl. Homburg/Bucerius 2006, S. 77. Vgl. Bruhn 2001a, S. 44. Vgl. z.B. Hadwich 2003; Huber/Herrmann/Braunstein 2006. Vgl. Homburg/Bucerius 2006, S. 77. Vgl. Bruhn 2001a, S. 45. Vgl. Dichtl 1992, S. 17. Vgl. Huber/Regier/Vollhardt 2006, S. 243. Stauss 2006a, S. 317. Vgl. auch allgemein zum Beschwerdemanagement Stauss 2008. Vgl. Bruhn 2001d, S. 173.
328
Implikationen für Praxis und Forschung
sogar deutlich.28 Auch der Aufbau von Markenreputation und -image trägt zur Markenzufriedenheit bei. Bei der Gestaltung des Botschaftsinhalts ist jedoch zu beachten, dass Botschaftsgestaltung auch immer Erwartungsmanagement ist. Vor dem Hintergrund, dass Kundenerwartungen die zentrale Bezugsgröße für das Erleben von Markenzufriedenheit sind, ist diesem Aspekt in der Kommunikationspolitik besonders Rechnung zu tragen.29 Die Markenzufriedenheit ist zudem durch eine auf Preiszufriedenheit ausgerichtete Preispolitik zu unterstützten. Wenngleich die Preiszufriedenheit bislang in der empirischen Zufriedenheitsforschung vernachlässigt worden ist, besteht Einigkeit darüber, dass die Preiszufriedenheit eine hohe Bedeutung für die Gesamtzufriedenheit der Kunden hat.30 In diesem Zusammenhang kommt der empfundenen Preisfairness ein zentraler Stellenwert für das Zufriedenheitsempfinden der Kunden zu.31 Diese bezieht sich zum einen auf das ökonomische Preis-Leistungs-Verhältnis, zum anderen auf den Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen und dem sozial akzeptierten Preis. Nutzt ein Unternehmen seine Marktmacht bzw. die Abhängigkeit der Nachfrager bei der Preispolitik aus, so wird damit gegen soziale Normen verstoßen, was zu Unzufriedenheit führt. Infolgedessen ist nicht nur auf ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern zudem auf eine transparente Preisbildung, eine Gleichbehandlung aller Kunden (z.B. keine preislichen Vorteile für Neukunden) und eine von der Dringlichkeit der Nachfrage unabhängige Preispolitik (z.B. keine Preiserhöhung von Winterschaufeln nach Wintereinbruch) zu achten.32 Auch die Distributionspolitik nimmt Einfluss auf die Markenzufriedenheit. Generell hat die Distributionspolitik das angestrebte Erscheinungsbild von Markenartikeln bei den Konsumenten durch die Wahl entsprechender Absatzkanäle zu unterstützten. Insbesondere für klassische Markenartikel ist eine möglichst hohe und gleichbleibende Distributionsdichte sicherzustellen.33 Die Markenzufriedenheit kann zudem durch das Konzept der Efficient Consumer Response (ECR) vorangetrieben werden. Hierunter wird die kundenorientierte und ganzheitliche Betrachtungsweise der Wertschöpfungskette vom Hersteller über den Handel bis zum Endverbraucher verstanden mit dem Ziel, die Wünsche und den Bedarf des Endverbrauchers schnell und präzise zu ermitteln sowie nachfragergerecht zu decken.34
28 29 30 31 32 33 34
Vgl. z.B. Bruhn 1998a; Hadwich 2003. Vgl. Bruhn 2008b, S. 505. Vgl. Diller 2000; Homburg/Bucerius 2006, S. 78. Vgl. Herrmann/Huber/Wricke 2006. Vgl. Herrmann/Huber/Wricke 2006. Vgl. Bruhn 2001a, S. 48. Vgl. Bruhn/Hadwich 2006, S. 347.
Implikationen für Praxis und Forschung
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Das Management von Markenvertrauen hat die Sicherung bzw. Steigerung der wahrgenommenen Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit der Marke zum Ziel (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.3). Der Produktpolitik kommt hierbei eine zentrale Bedeutung zu. Markenartikel haben aus Sicht der Konsumenten vor allem eine Qualitätssicherungsfunktion, denn sie bürgen für eine bestimme Produkt- und Leistungsqualität.35 Damit die Qualitätsgarantie zum Tragen kommt, sind Marken durch eine verständliche und gleichbleibende Markierung identifizierbar zu machen. „Nur eine für jedermann verständliche Markierung des Angebots verleiht der Qualitätsgarantie jenes Maß an Verbindlichkeit, das Glaubwürdigkeit sowie Vertrauen begründet.“36 Erst durch einen einprägsamen Namen und ein prägnantes Markenlogo sowie Verpackungsdesign kann der Konsument wiederholte Erfahrungen mit der Marke machen. Empirische Studienergebnisse belegen in diesem Zusammenhang, dass Konsumenten einer Marke umso mehr vertrauen, je vertrauter sie mit ihr sind, d.h., je besser sie die Marke kennen und identifizieren können.37 Darüber hinaus ist eine gleichbleibende Produktqualität durch ein systematisches Qualitätsmanagement sicherzustellen.38 Auch ist über den Einsatz von Qualitätsgarantien nachzudenken, mit denen der Markenanbieter dem Kunden verspricht, dass er seine Erwartungen in jedem Fall zu erfüllen versucht bzw. im Falle der Nichterfüllung ihn entsprechend entschädigt.39 Zudem sind häufige Produkt- und Programmänderungen zu vermeiden, da der Verbraucher dann die Marke als inkonsistent wahrnimmt, wodurch die Marke für ihn weniger einschätzbar wird.40 Auch ist über Gratisproben oder Produktzugaben nachzudenken, die dem (potenziellen) Kunden die Möglichkeit bieten, die Marke ohne Kaufrisiko besser kennen zu lernen.41 Neben diesen vertrauensschaffenden Maßnahmen der Produktpolitik bietet insbesondere die Kommunikationspolitik wertvolle Ansätze zur Förderung des Markenvertrauens. Hierbei kommt der Kontinuität und Konsistenz des Kommunikationsauftritts der Marke eine zentrale Bedeutung zu.42 Zum einen fördert eine einheitliche Markenkommunikation über alle Kommunikationskanäle hinweg die Wiedererkennbarkeit der Marke, zum anderen trägt ein langfristig ausgerichteter Kommunikationsauftritt zur Markenvorhersagbarkeit und Vertrautheit des Konsumenten mit der Marke bei. Zur strategischen Verankerung der Kontinuität und Konsistenz der Markenkommunika35 36 37 38 39 40 41 42
Vgl. Bruhn 2004a, S. 33. Wünschmann/Müller 2006, S. 226. Vgl. Wünschmann/Müller 2008, S. 388. Vgl. Sander/Weywara 2006, S. 258. Vgl. Bruhn 2001d, S. 147. Vgl. Huber/Regier/Vollhardt 2006, S. 244. Vgl. Huber/Regier/Vollhardt 2006, S. 244. Vgl. Huber/Regier/Vollhardt 2006, S. 244.
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Implikationen für Praxis und Forschung
tion im Unternehmen dient das Konzept der Integrierten Kommunikation, das darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Markenkommunikation eine Einheit herzustellen, um den Zielgruppen ein langfristig konsistentes Erscheinungsbild der Marke zu vermitteln.43 „Nur auf der Grundlage von Kontinuität entsteht die Berechenbarkeit, die für die Vertrauensheuristik erforderlich ist.“44 Zum Aufbau eines vertrauensvollen, hochwertigen Markenimages sind Begriffe wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit durch die Markenkommunikation zu transportieren. Hierzu eignet sich z.B. die Testimonial-Werbung, in welcher vertrauenswürdige Personen (z.B. Prominente) die Marke bewerben und dem Verbraucher Kompetenz und Vertrauen vermitteln (z.B. Einsatz von Zahnärzten als Testimonials für Zahnpastamarken).45 Auch ist die Werbung mit Testberichten unabhängiger Institutionen (z.B. Stiftung Warentest) zielführend. Auf Preiswerbung ist hingegen zu verzichten.46 In Hinblick auf die Preispolitik der Marke ist – analog zur Markenzufriedenheit – auf Preisfairness zu achten.47 Ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis wirkt vertrauensfördernd, d.h., Konsumenten erwarten von einer ehrlichen, vertrauensvollen Marke eine ehrliche Qualität für das geleistete Entgelt. Starke Preissprünge sind zu vermeiden und ein transparentes Preissystem einzurichten. Die Beteiligung an aggressiven Rabattschlachten führt letztlich zu einem Vertrauensbruch.48 Schließlich bieten sich unter Umständen Geld-Zurück-Garantien an, die Vertrauen beim Nachfrager erwecken. Auch durch die Distributionspolitik können vertrauensschaffende Akzente gesetzt werden. So fördern eine gleichbleibende Distribution und die Kontinuität von kompetenten Ansprechpartnern den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen Konsument und Marke. Insbesondere bei erklärungsbedürftigen Produkten schafft eine kompetente Beratung Vertrauen.49 Auf eine entsprechende Schulung von Händlern und Ansprechpersonen ist dementsprechend zu achten. Um Out-of-Stock-Erlebnisse zu vermeiden und eine Verlässlichkeit der Distribution sicherzustellen, bieten sich eine enge Zusammenarbeit zwischen Händlern und Markenanbieter und das Einrichten eines Category Managements an.50
43 44 45 46 47 48 49 50
Für eine ausführliche Darstellung des Konzepts der Integrierten Kommunikation vgl. Bruhn 2006b; Bruhn 2007a, S. 85. Sander/Weywara 2006, S. 254. Vgl. Sander/Weywara 2006, S. 257. Vgl. Wünschmann/Müller 2005, S. 14. Vgl. Wünschmann/Müller 2008, S. 388. Vgl. Sander/Weywara 2006, S. 258. Vgl. Sander/Weywara 2006, S. 259. Vgl. Wünschmann/Müller 2008, S. 389.
Implikationen für Praxis und Forschung
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Maßnahmen zur Schaffung von Emotionaler (Marken-)Nähe zielen darauf ab, das Gefühl der Zusammengehörigkeit (Liebe), der gegenseitigen Abhängigkeit (Interdependenz), der Markenidentifikation (Bezug zum Selbstkonzept) sowie des Wissens um das Innerste der Marke (Intimität) zu erzeugen bzw. zu intensivieren (vgl. Abschnitt 3.3.3.1.4). Die Produktpolitik kann hierzu beispielsweise beitragen, indem durch ein breites und tiefes Produktsortiment sichergestellt wird, dass der Kunde seine eigene individuelle Bedürfnisbefriedigung im unpersönlichen Angebot eines Konsumgüterherstellers findet (z.B. durch das Angebot verschiedener Geschmacksrichtungen einer Schokolade). Hierdurch wird dem Konsumenten das Gefühl vermittelt, dass die Marke seine individuellen Bedürfnisse kennt und ihn als Individuum respektiert. „Taken to the extreme, wide assortments of brand models, styles, options, colors and so on, can create an infinite number of customized choices that give customers a sense of differentiation within the product line.”51 Fortwährende Entwicklungen im Produktbereich, beispielsweise durch Produktdifferenzierungen oder Line Extensions, eröffnen zudem die Möglichkeit, den Umfang und die Verschiedenartigkeit von markenbezogenen Aktivitäten bei Kunden der Marke (z.B. durch Cross Selling) zu steigern und dadurch die Abhängigkeit von der Marke und das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu erhöhen.52 Ähnliche Wirkungen sind durch ein am Kundenbedarfslebenszyklus ausgerichtetes Produktsortiment zu erwarten. Kunden haben in verschiedenen Lebensphasen unterschiedliche Bedürfnisse. Sofern es einer Marke gelingt, Kunden zu jeder Lebensphase entsprechend zu bedienen, wird dies in einer langfristigen Emotionalen (Marken-)Nähe resultieren. Beispielhaft sei die Marke Nivea genannt, die ihren Kunden für jede Lebensphase unterschiedliche Produktlösungen bietet (z.B. Gesichtspflege für junge Haut, Haut mittleren Alters und reife Haut). Sofern die Markenidentifikation stark extrinsisch durch die soziale Signalfunktion der Marke motiviert ist, unterstützen zudem auffällige Markierungselemente die emotionale Verbundenheit mit der Marke. Zur Realisierung bzw. Intensivierung der Emotionalen (Marken-)Nähe eignet sich insbesondere die Kommunikationspolitik. Als Schlüssel zur Emotionalen (Marken-)Nähe dient vor allem eine einzigartige, kundengerechte Markenpersönlichkeit. „Liebesempfindungen, Trennungsängste, Ausdruck eigener Identität, gegenseitige Abhängigkeiten und intime Verhältnisse sind primär bei der Interaktion mit einer Person bzw. mit der Persönlichkeit einer Marke vorzufinden.“53 Die Emotionale (Marken-)Nähe unterliegt somit primär einer positiven Beeinflussung von starken Markenpersönlichkeiten, d.h., sie stellt eine wesentliche Bedingung für eine intensive kognitive, affektive und konative 51 52 53
Martin 1998, S. 15. Vgl. Fournier 2005, S. 231. Meffert 2002, S. 15.
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Implikationen für Praxis und Forschung
Annäherung zwischen Marke und Konsument dar. Zur Messung und Steuerung der Markenpersönlichkeit stehen im wissenschaftlichen Schrifttum verschiedene Ansätze bereit.54 Das zentrale Instrument zur Schaffung und Pflege der Markenpersönlichkeit insbesondere für Marken, die sich an ein breites Publikum richten, stellt die Mediawerbung aufgrund ihrer hohen Reichweite, ihrer zielgerichteten Steuerbarkeit und ihres multisensualen Botschaftstransports dar.55 Durch eine emotionale Auslegung des Botschaftsinhalts (z.B. „A brand like a friend“ von Henkel oder „Aus Liebe zum Automobil“ von VW) und dem Einsatz von Testimonials in der Werbung kann eine Marke emotional aufgeladen werden und menschliche Persönlichkeitseigenschaften annehmen. Um im Kommunikationswettbewerb bestehen zu können, ist hierbei eine Unique Communication Proposition (UCP), d.h. eine Unverwechselbarkeit im kommunikativen Auftritt der Marke, zu erarbeiten. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass die Markenpersönlichkeit durch sämtliche direkten und indirekten Kontakte mit einer Marke determiniert wird. Ebenso beeinflussen die Persönlichkeitseigenschaften der typischen Markennutzer, Markenanhänger und Markenmitarbeiter die Markenpersönlichkeit.56 Für das Management der Markenpersönlichkeit bedarf es demnach eines umfassenden und integrierten Planungsansatzes, der sämtliche Berührungspunkt mit der Marke berücksichtigt, um die Kontinuität, Konsistenz und Stilkonstanz der Markenpersönlichkeit zu gewährleisten.57 Bei der Preispolitik ist zu beachten, dass auch sie die wahrgenommene Markenpersönlichkeit beeinflusst. Hochpreisige Marken werden beispielsweise als mondän und arrogant angesehen.58 Durch ihre soziale Signalfunktion bieten sie ihren Kunden die Möglichkeit, Exklusivität und Einzigartigkeit in ihrer sozialen Umwelt zu demonstrieren, wodurch die Emotionale (Marken-)Nähe steigt. Preispolitische Maßnahmen, die im Widerspruch zur Markenpersönlichkeit stehen (z.B. unerklärliche, drastische Preiserhöhung bei einer bislang bodenständigen Marke), können zu einem Bruch der Emotionalen (Marken-)Nähe führen. Auch die Distributionspolitik wirkt auf die Wahrnehmung der Markenpersönlichkeit und somit auch auf die empfundene emotionale Nähe zu einer Marke. So kann durch die Wahl des Vertriebskanals die Markenpersönlichkeit unterstützt werden (z.B. Exklusivvertrieb für exklusive Marken). Ebenfalls ist nach Wegen der multisensualen Ansprache durch eine entsprechende Gestaltung von Filialen und Vertretun54 55 56 57 58
Vgl. z.B. Aaker 1996; Hieronimus 2004; Aaker 2005; Hieronimus/Burmann 2005; Mäder 2005; Mäder et al. 2008. Vgl. Hieronimus/Burmann 2005, S. 378; Esch 2008, S. 278f. Vgl. Aaker 2005, S. 168ff.; Hieronimus/Burmann 2005, S. 376ff.; Schweiger/Dabic 2008, S. 331. Vgl. Hieronimus 2004, S. 215f. Vgl. Aaker 1996.
Implikationen für Praxis und Forschung
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gen zu suchen, da multisensuale Erlebnisse die Interaktion anregen und zu einer verstärkten emotionalen Beeinflussung von Kunden beitragen.59 Marketingpolitische Maßnahmen zur Steigerung von Kunde-Kunde-Interaktionen setzen an einer Verbesserung der Wahrnehmung, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten der Marke zum Austausch zwischen Kunden bzw. Nutzern der Marke an (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.2). Die Produktpolitik kann hierzu einen Beitrag leisten, indem beispielsweise das Produkt mit auffälligen und sichtbaren Markierungselementen versehen wird, die es Kunden der Marke erlauben, andere Nutzer der Marke zu identifizieren und mit ihnen in wechselseitigen Kontakt zu treten. Auch ist über eine Integration von Kunden in den Innovationsprozess von Marken nachzudenken. Hierdurch bekommen Konsumenten das Gefühl, Teil der Markenentwicklung zu sein und als Partner der Marke respektiert und gewertschätzt zu werden. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis zeigen, wie durch Kooperationen mit Markenanhängern erfolgreiche Neuproduktentwicklungen entstehen.60 Insbesondere Brand Communities (Markengemeinschaften) stellen für markenführende Unternehmen eine einzigartige Wissensund Innovationsquelle für neue Produktideen und -verbesserungen dar. Es lassen sich je nach Kontinuität (einmalig vs. kontinuierlich) und Aktivitätsgrad (aktiv vs. passiv) der Zusammenarbeit verschiedene Möglichkeiten zum Aufbau des Dialogs mit Brand Communties im Rahmen der Markenentwicklung unterscheiden.61 Neben der einmaligen aktiven oder passiven Einbindung von CommunityMitgliedern bietet sich insbesondere der Aufbau einer „Innovation Community“ an, die als permanente Plattform für die aktive Einbindung interessierter Konsumenten dient. Beispielsweise beschäftigt der Motorradhersteller Ducati 19 Mitarbeiter, die für die registrierten Mitglieder Events zum Austausch planen und die durch die Community generierten Ideen in Datenbanken für die Produktentwicklung speichern und verwalten.62 Auch die Marke Maggi sucht in regelmäßigen Abständen den Austausch mit Mitgliedern des Maggi-Clubs, um Produktideen oder -verbesserungen zu diskutieren.63 Des Weiteren können durch multimediale, interaktive Produktbestandteile Konsumenteninteraktionen gefördert werden. So ermöglichen die neuesten Versionen der Sony Playstation und Microsoft Xbox per Internetanschluss virtuell mit Gleichgesinnten auf der ganzen
59 60 61 62 63
Vgl. Lindstrom 2005. Vgl. Füller/Jawecki/Bartl 2006. Zu den verschiedenen Kooperationsformen vgl. Füller/Jawecki/Bartl 2006. Vgl. Füller/Jawecki/Bartl 2006, S. 451. Vgl. Esch 2008, S. 350.
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Implikationen für Praxis und Forschung
Welt zu spielen.64 Im Rahmen der Kommunikationspolitik sind Dialogangebote zum Austausch zwischen Kunden und Nutzern aufzubauen und verstärkt zu kommunizieren. Für die Förderungen von Konsumenteninteraktionen bieten insbesondere Brand Communities und Kundenclubs eine geeignete Plattform, über die eine Institutionalisierung der Dialogbeziehungen zwischen den Kunden realisiert werden kann. Die Anziehungskraft einer Brand Community hängt von ihrer wahrgenommenen Qualität ab. Für diese sind unterschiedliche Faktoren ausschlaggebend. In der Literatur werden unter anderem eine hohe Mitgliederzahl, die Schaffung von relevanten und exklusiven Mehrwerten (z.B. besondere Produktangebote, exklusive Events), vielfältige Möglichkeiten zur Kommunikation zwischen den Kunden (z.B. Chatrooms, Stammtische, Workshops, Events, Reisen) sowie der regelmäßige Kontakt zwischen Markenunternehmen und Mitgliedern (z.B. individueller Newsletter, regelmäßiges Clubmagazin) genannt.65 Aber auch klassische Werbeformen wie die Mediawerbung bieten Ansatzpunkte für die Stimulierung von Konsumenteninteraktionen. Die Pilsbiermarke Veltins lancierte beispielsweise eine Mediawerbekampagne, bei der Konsumenten der Marke in TV-Spots, Internet und auf dem Flaschenetikett mit Bild und Kurzportrait vorgestellt wurden. Interessierten Kunden wurde dann über das Internet die Möglichkeit geboten, diese Kunden zu kontaktieren und kennen zu lernen. Dadurch wurde die Marke erlebbar gemacht und der Dialog unter den Konsumenten verstärkt.66 Die Preispolitik kann ebenfalls einen Beitrag zur Wahrnehmung, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit anderen Markennachfragern leisten. Beispielsweise stimulieren monetäre Anreize für Weiterempfehlungen nachweislich Konsumenteninteraktionen.67 Auch sind spezielle Preisdifferenzierungen in der Lage, gemeinsame soziale Erlebnisse zwischen Kunden im Umfeld der Marke zu fördern. Insbesondere die Mehr-Personen-Preisbildung sowie die personelle Preisdifferenzierung erscheinen zielführend. Bei der MehrPersonen-Preisbildung ist der Preis abhängig von der Anzahl der Personen, die die Leistung der Marke in Anspruch nimmt.68 Personelle Preisdifferenzierungen bestehen hingegen immer dann, wenn ein Anbieter verschiedenen Nachfragern eine identische Leistung zu unterschiedlichen Preisen anbietet.69 Denkbar ist in 64 65
66 67 68 69
Vgl. Algesheimer 2004, S. 402; Tomczak/Schögel/Wentzel 2006, S. 529; Rösger/Herrmann/Heitmann 2007, S. 97. Für eine ausführliche Diskussion der Erfolgsfaktoren von Brand Communities vgl. von Loewenfeld 2006; Schögel/Tomczak/Wentzel 2007; von Loewenfeld/Perrey/ Schröder 2007. Vgl. Hermes 2005, S. 24. Vgl. Markert 2008. Vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2008, S. 517. Vgl. Bruhn 2007c, S. 173.
Implikationen für Praxis und Forschung
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diesem Zusammenhang beispielsweise eine Preisdifferenzierung nach der Mitgliedschaft in Kundenclubs. In Hinblick auf die Distributionspolitik ist ebenfalls nach Wegen zu suchen, wie durch vertriebspolitische Maßnahmen Konsumenteninteraktionen stimuliert werden können. Bei der Gestaltung von Vertriebssystemen bietet z.B. der direkte Absatz über Messe- und Verkaufspartyveranstaltungen (z.B. „Tupperwarenparty“) hierfür Ansatzpunkte. Ebenso eröffnen Markenerlebniswelten (Brand Lands)70, wie das Nivea-Haus, die SwarowskiKristallwelt, das Legoland, die Maggi-Kochstudio-Treffs, die VW-Autostadt oder die BMW-Welt, innovative Möglichkeiten soziale, markenbezogene Erlebnisse zwischen Konsumenten zu fördern. Zur Etablierung von Markenbeziehungen über Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen sind Maßnahmen erforderlich, die die Wahrnehmung, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten mit Markenmitarbeitern fördern (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.3). Im Rahmen der Produktpolitik bietet sich auch hier die Integration von Kunden in den Innovationsprozess von Marken an. Hierdurch werden nicht nur Interaktionen zwischen Markenanhängern gefördert, sondern zugleich der Austausch zwischen Kunden und Markenmitarbeitern stimuliert. Produktpräsentationen bzw. -degustationen, z.B. am Point of Sale oder auf Messen und Ausstellungen, bieten ebenfalls eine Plattform, um mit Mitarbeitern der Marke in einen persönlichen Dialog zu treten. Neben diesen beispielhaften produktpolitischen Maßnahmen ist im Rahmen der Kommunikationspolitik auf einen verstärkten Einsatz der persönlichen Kommunikation zu setzen, sei es durch direkte Formen der persönlichen Kommunikation (z.B. Tag der offenen Tür, Markenevents, Sponsoringveranstaltungen, Messeauftritte) oder durch Formen des indirekten, medienvermittelten persönlichen Austauschs (z.B. Hotlines, Customer Interaction Center).71 Entscheidend für den Kommunikationserfolg von persönlichen Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen im Rahmen von Marken-KonsumentenBeziehungen ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Mitarbeiter konform zur Markenpositionierung im Kundenkontakt im Sinne eines Mitarbeiter-Marken-Fits verhalten. Nur wenn die Mitarbeiter das offiziell kommunizierte Markenversprechen in der Interaktion mit dem Kunden leben, werden die Mitarbeiterkontakte einen Beitrag zur Stärkung der Markenbeziehung im Allgemeinen sowie der Markenbeziehungsqualität im Speziellen leisten.72 Zur Sicherstellung 70
71 72
Unter Markenerlebniswelten werden von Unternehmen geschaffene, reale und begehbare Erlebniswelten verstanden, wie z.B. Freizeitparks, Showrooms und Dauerausstellungen, die den Besucher in einem emotionalen Kontext multidimensional ansprechen (vgl. Deptuch/Auer 2006). Für eine Darstellung der unterschiedlichen Formen von Markenerlebniswelten vgl. Kilian 2007, S. 385ff. Vgl. hierzu auch Abschnitt 3.3.2.1. Vgl. Bruhn 2005a; Esch et al. 2005b; Tomczak/Morhart/Jenewein 2008.
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Implikationen für Praxis und Forschung
eines markenkongruenten Verhaltens der Mitarbeiter kommt der internen Markenführung (auch unter dem Begriff „Behavioral Branding“ diskutiert) eine entscheidende Rolle zu. Unter der internen Markenführung sind alle Maßnahmen zu verstehen, die dazu geeignet sind, den Aufbau und die Pflege von Marken durch zielgerichtetes Verhalten und persönliche Kommunikation der Mitarbeiter zu unterstützen.73 Auf die konkrete Ausgestaltung der internen Markenführung wird im nächsten Abschnitt noch vertiefend eingegangen. Im Rahmen der Preispolitik ist unter Umständen über eine Erweiterung der preispolitischen Entscheidungsspielräume von Aussendienstmitarbeitern nachzudenken, da dies sicherlich die Wertschätzung von Mitarbeiter-Kunde-Kontakten aus Kundensicht erhöht (z.B. Automobilhändler). Jedoch sind aus Sicht der strategischen Markenführung etwaige mitarbeiterorientierte Preiszugeständniskompetenzen mit äußerster Vorsicht zu behandeln, um den Markenwert nicht durch eine ungezügelte Rabattvergabe langfristig zu gefährden.74 Konsumentengerichtete Verkaufsförderungsaktionen, an denen Markenmitarbeiter beteiligt sind, können ebenfalls zur Steigerung von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen eingesetzt werden. Eng mit diesen kommunikations- und preispolitischen Entscheidungen verbunden sind Maßnahmen der Distributionspolitik. Sämtliche Formen des direkten Vertriebs (z.B. eigenständige Einzelhandelsfilialen, Marken-Outlets, Shop-in-Shop-Systeme, Flagship Stores) eröffnen markenführenden Unternehmen die Möglichkeit, Mitarbeiter in direkten Kontakt mit Kunden der Marke treten zu lassen und bieten daher Ansatzpunkte zur Steigerung der Wahrnehmung, Wertschätzung und Nutzung von Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen. Maßnahmen zur Etablierung bzw. Steigerung von System-Kunde-Interaktionen setzen – analog zu Maßnahmen der Kunde-Kunde- und Mitarbeiter-KundeInteraktion – an der Wahrnehmung, Wertschätzung und Nutzung von Dialogangeboten im Umfeld der Marke an. Für die Umsetzung von System-KundeInteraktionen eignen sich bei Konsumgüterunternehmen aufgrund der besonderen System- und Anwendungsmerkmale des Internets vor allem interaktive Anwendungen auf der Markenwebsite des Unternehmens (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.4). Zur Realisierung von computergestützten, wechselseitigen Austauschprozessen zwischen Konsument und Marke kommen unterschiedliche websitebezogene Gestaltungselemente in Frage, die als konstitutive Elemente eines Dialogs zunächst eine aktive Artikulation individueller Bedürfnisse durch den Nutzer und die anschließende, darauf Bezug nehmende Reaktion durch automatisierte Systeme der Marke ermöglichen. Ein so verstandener auf Informationstechnologie
73 74
Vgl. Tomczak et al. 2005. Für einen ausführlichen Überblick zum Stand der Forschung zum Behavioral Branding vgl. das Sammelband von Tomczak et al. 2007. Vgl. Simon/Janssen 2005, S. 1390.
Implikationen für Praxis und Forschung
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basierender dialogischer Austauschprozess zwischen Konsument und Marke im Sinne einer System-Kunde-Interaktion kann beispielsweise im Rahmen der Produktpolitik durch das Angebot von Produktkonfiguratoren ausgelöst bzw. unterstützt werden. Diese erlauben es Kunden, eine computergestützte Produktindividualisierung vorzunehmen. So bieten beispielsweise Sportartikelmarken wie Adidas, Puma und Nike die Möglichkeit an, auf der Markenwebsite Sportschuhe nach den individuellen Präferenzen zu gestalten (z.B. Farbe, Design, Art der Dämpfung) und mit einer persönlichen Signatur zu versehen. Auch Automobilhersteller setzen Produktkonfiguratoren ein (z.B. BMW Car Configurator), mit deren Hilfe interessierte Besucher der Website ihr favorisiertes Auto auswählen, ausstatten und anschließend begutachten können. Hierdurch entsteht für den Kunden ein zusätzlicher Nutzen (z.B. besser passende Schuhe, Spaß an einem individuellen Schuh, Selbstverwirklichung durch einen individuellen Schuh), der über den Nutzen des herkömmlichen Markenprodukts hinausgeht.75 Ähnliche Wirkungen können durch das Angebot von personalisierten Markenwebsites, virtuellen Kundenberater oder individuellen Newsletter im Rahmen der Kommunikationspolitik erzielt werden, indem sie den Kunden befähigen, selbst als Sender von Kommunikationsbotschaften aufzutreten. Die hierdurch generierten Kundeninformationen können dann in Folgetransaktionen eingesetzt werden (z.B. Unterbreitung individueller, bedarfsgerechter Produktangebote), wodurch der persönliche Bezug zwischen Konsument und Marke im Verlauf steigt. Maßnahmen der Preispolitik betreffen in diesem Zusammenhang beispielsweise die Einrichtung und Kommunikation von Möglichkeiten zur computergestützen, individuellen Preisgestaltung über das Internet. So bietet z.B. Lufthansa seinen Kunden die Option, über die Plattform Lufthansa InfoFlyway eine individuelle Preisgestaltung vorzunehmen.76 Ähnliche Angebote sind auch für Anbieter von Konsumgütermarken denkbar (z.B. individuelle Finanzierungsangebote für Autos über interaktive Internetapplikationen). Auch sind Gewinnspiele im Internet möglich, bei denen Konsumenten z.B. Gutscheine, Rabatte oder kostenlose Produktproben gewinnen können. Schließlich sind im Rahmen der Distributionspolitik Maßnahmen möglich, die dialogische Austauschprozesse zwischen Konsument und Marke unterstützen. So kann die Markenwebsite z.B. als zusätzlicher Distributionskanal (E-Commerce) oder durch Servicefunktionen (z.B. Filialsuche) distributionspolitisch und interaktiv genutzt werden. Bei der Gestaltung derartiger computergestützter Austauschprozesse zwischen Konsument und Marke ist zum einen darauf zu achten, dass die Anwendung der Internetapplikationen die interessierten Nutzer nicht überfordert, zum anderen, dass die hierdurch generierten Kundeninformationen in Folgetransaktionen mit dem entsprechenden 75 76
Vgl. Esch 2008, S. 341f. Vgl. Meffert 2002, S. 27.
338
Implikationen für Praxis und Forschung
Kunden auch wirklich eingebunden werden. Nur dann münden System-KundeInteraktionen in eine lernende Kundenbeziehung, die die wechselseitige Annäherung zwischen Konsument und Marke unterstützt. Wenngleich es sich bei den skizzierten Maßnahmen nur um einen beispielhaften Katalog zur Beeinflussung der Ausprägung der einzelnen Faktoren handelt, veranschaulichen die Ausführungen doch, wo Suchfelder für die konkrete Ausgestaltung der operativen beziehungsorientierten Markenpolitik bestehen. Nachdem ein geeigneter Maßnahmenkatalog entwickelt worden ist, gilt es diesen im nächsten Schritt umzusetzen sowie den Erfolg der Maßnahmen zu kontrollieren.
6.1.4
Umsetzungsphase der beziehungsorientierten Markenpolitik
Beziehungsorientierte Strategien und Maßnahmen der Markenpolitik können nur dann erfolgreich sein, wenn im Rahmen der Umsetzungsphase Überlegungen zur Durchsetzung und Implementierung des Konzepts der beziehungsorientierten Markenpolitik im Unternehmen erfolgen. Im Einzelnen ist es hierbei sinnvoll, die Unternehmensstrukturen, -systeme und -kultur beziehungsorientiert auszurichten, um damit die unternehmensinternen Voraussetzungen zu schaffen, den Anforderungen an eine beziehungsorientierte Ausrichtung der Markenaktivitäten gerecht zu werden.77 Schaubild 6-18 zeigt beispielhaft Ansatzpunkte auf, die ein markenführendes Unternehmen bei der Umsetzung einer beziehungsorientierten Markenpolitik zu berücksichtigen hat.
77
Die Anpassung von Unternehmensstrukturen, -systemen und -kultur an die Ausrichtung der Unternehmensstrategie wird in der wissenschaftlichen Literatur als ein wesentlicher Erfolgsfaktor von Managementkonzeptionen erachtet (vgl. z.B. Bruhn/ Hadwich 2006, S. 328ff.; Meffert/Bruhn 2006, S. 691ff.).
Implikationen für Praxis und Forschung
Beziehungsorientierte Strukturen
Verankerung der beziehungsorientierten Markenpolitik auf Vorstands- bzw. Managementebene Erschließung von direkten Wegen zum Endverbraucher Realisierung einer verstärkten Prozessorientierung Förderung der funktionsübergreifenden Zusammenarbeit
Beziehungsorientierte Systeme
Einrichtung und Pflege von Kundeninformationssystemen Aufbau von Planungssystemen für integrierte Kommunikationsmaßnahmen Entwicklung von beziehungsorientierten Personalmanagementsystemen
Beziehungsorientierte Kultur
Gewährleistung von markenkonformen, beziehungsorientierten Verhalten der Mitarbeiter durch interne Markenführung Erweiterung der Entscheidungskompetenzen von Markenkontaktpersonal
339
Schaffung der internen Voraussetzungen zur Umsetzung der beziehungsorientierten Markenpolitik
Schaubild 6-18: Beispiele für struktur-, system- und kulturbezogene Maßnahmen zur Umsetzung einer beziehungsorientierten Markenpolitik
Eine Steigerung der Beziehungsorientierung der Markenpolitik ist insbesondere durch eine Anpassung der Unternehmensstrukturen zu unterstützen. Hierbei ist vor allem die Verankerung der beziehungsorientierten Markenpolitik auf Vorstands- bzw. Managementebene, die vermehrte Erschließung von direkten Wegen zum Endverbraucher, die verstärkte Prozessorientierung sowie die Förderung der funktionsübergreifenden Zusammenarbeit von Bedeutung. Die Notwendigkeit der Verankerung der beziehungsorientierten Markenpolitik auf Vorstands- bzw. Managementebene ergibt sich daraus, dass eine beziehungsorientierte Markenpolitik eine Orientierung an langfristigen Marken-Konsumenten-Beziehungen voraussetzt. Die in vielen Konsumgüterunternehmen vorherrschende Ausrichtung der Markenpolitik an einzelnen, kurzfristigen Kaufabschlüssen ist demnach durch ein langfristiges Denken in Marken-Konsumenten-Beziehungen zu ersetzen (vgl. Abschnitt 1.2). Dies erfordert jedoch das Commitment der Unternehmensleitung. Nur wenn von Seiten des Managements die Beziehungsausrichtung der Markenpolitik forciert und unterstützt wird, werden die Marken- bzw. Produktverantwortlichen den langfristigen Erfolg von Marken-Konsumenten-Beziehungen über den kurzfristigen Erfolg einzelner Kaufabschlüsse stellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kurzfristorientierung (Kaufabschluss) vollkommen durch die Langfristorientierung (MarkenKonsumenten-Beziehung) zu ersetzen ist, da das Gewinnen neuer Kunden eine zentrale Wachstumsquelle für Unternehmen darstellt.78 Daher hat das Management nach einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Neukundengewin-
78
Vgl. McKinsey & Company 2005, S. 63.
340
Implikationen für Praxis und Forschung
nung und Kundenbindung zu streben und dies auch bei den Produkt- und Markenverantwortlichen zu kommunizieren. Im Rahmen der Vertriebsorganisation ist zudem nach Möglichkeiten der vermehrten Erschließung von direkten Wegen zum Endverbraucher zu suchen, um hierdurch mehr Möglichkeiten für den Aufbau einer unmittelbaren Beziehung zum Kunden im Sinne einer Anbieter-Kunde-Beziehung durch verstärkte Kundennähe und Interaktion zu schaffen. Erfolgreiche Beispiele der Konsumgüterbranche zeigen, dass durch direkte Vertriebswege die persönliche Beziehung von Kunden zur Marke intensiviert werden kann (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.3). Neben diesen aufbauorganisatorischen Überlegungen bedarf eine erfolgreiche Umsetzung der beziehungsorientierten Markenpolitik darüber hinaus einer verstärkten Prozessorientierung.79 Für eine beziehungsorientierte Ausrichtung der Markenaktivitäten ist ein durchgängiger Informationsfluss über die gesamte Wertschöpfungskette unentbehrlich, damit erforderliche Informationen über den Kunden jederzeit dort verfügbar sind, wo sie benötigt werden. Dies erfordert die bestmögliche unternehmensinterne und unternehmensübergreifende Zusammenarbeit der einzelnen Teilnehmer der Wertschöpfungskette. Sofern die Marke über den Handel vertrieben wird, ist auf eine weitreichende Zusammenarbeit mit dem Handel zu setzen. Das Konzept der Efficient Consumer Response (ECR), das schon im Rahmen der Maßnahmenplanung erläutert wurde, ist hier ein erfolgversprechender Ansatz für eine verstärkte Realisation der Prozessorientierung. Neben der Steigerung der Markenzufriedenheit über die Beseitigung von Ineffizienzen und Erhöhung des Servicegrades entlang der Wertschöpfungskette bietet eine enge Kooperation mit dem Handel die Möglichkeit, Kundendaten (inklusive ökonomischer Daten) am Point of Sale zu generieren, die für die beziehungsorientierte Ausgestaltung der Markenpolitik von zentraler Bedeutung sind (z.B. Identifikation von besonders umsatzstarken Kundensegmenten). Die Prozessorientierung ist jedoch nicht nur auf die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit beschränkt; auch innerhalb des Unternehmens ist durch eine verstärkte Prozessorientierung sicherzustellen, dass sämtliche Informationen, die über den Kunden an den verschiedenen Markenkontaktpunkten generiert werden, in der Wertschöpfungskette berücksichtigt werden, um z.B. auf veränderte Kundenbedürfnisse rechtzeitig durch eine Anpassung des Absatzkonzepts zu reagieren. So sind sämtliche durch die Marktforschungsabteilung generierten Kundeninformationen an die Marken- und Produktverantwortlichen weiterzuleiten. Um Kunden – ohne die Festlegung eines einzigen Ansprechpartners – ganzheitlich betreuen zu können, sind zudem die Informationen, die eine Abteilung im Kundenkontakt 79
Zur allgemeinen Bedeutung der prozessorientierten Organisationsgestaltung für die Kundenorientierung vgl. z.B. Bruhn 2002; Bruhn 2006d, S. 529.
Implikationen für Praxis und Forschung
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aufnimmt (z.B. Registrierung eines Kunden auf der Markenwebsite) an die übrigen Abteilungen im Kundenkontakt (z.B. Call Center) weiterzuleiten. Auch ist das Markenkontaktpersonal über Veränderungen im Absatzkonzept durch geeignete Informationssysteme zu informieren, damit es zu keinem inkonsistenten Verhalten der Mitarbeiter im Kundenkontakt kommt (z.B. Information der Mitarbeiter der Customer Interaction Center über Produktneueinführungen, Werbeaktionen, Umfragen). Eng mit der Prozessorientierung verbunden ist die Forderung nach einer verstärkten funktions- und abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit. Um beispielsweise ein einheitliches Erscheinungsbild der Marke an allen Markenkontaktpunkten sicherzustellen, was insbesondere für den Aufbau von Markenvertrauen, Markenzufriedenheit und Emotionaler (Marken-)Nähe von Bedeutung ist (vgl. Abschnitt 6.1.3.2), bedarf es der Zusammenarbeit der verschiedenen Kommunikationsfachabteilungen. Eventuell existierende Bereichsegoismen und Schnittstellenkonflikte sind demnach abzubauen. Analog zu den Unternehmensstrukturen sind auch die Unternehmenssysteme auf die beziehungsorientierte Markenpolitik auszurichten. In diesem Zusammenhang kommen insbesondere der Einrichtung und Pflege von Kundeninformationssystemen, der Entwicklung von Planungssystemen für integrierte Kommunikationsmaßnahmen sowie dem Aufbau von beziehungsorientierten Personalmanagementsystemen eine wichtige Bedeutung zu. Die Einrichtung und Pflege von Kundeninformationssystemen stellt eine zentrale Voraussetzung für das zielgerichtete Management von Marken-Konsumenten-Beziehungen dar. Die im Rahmen von Marke-Kunde-Interaktionen sowie Stellvertreter-Kunde-Interaktionen generierten Kundeninformationen sind in Kundendatenbanken kontinuierlich zu erfassen und zu verwalten sowie in Folgetransaktionen mit den Kunden einzubinden, um dem Prinzip einer lernenden Kundenbeziehung gerecht zu werden. Für Konsumgüterunternehmen, deren Produkte und Marken sich vor allem an ein breites Massenpublikum richten, besteht zumeist das Problem, dass die Generierung von Daten auf Einzelkundenebene – im Vergleich zu Dienstleistungsunternehmen – schwierig ist. Sofern Kunden nur in einseitigen, transaktionalen Kontakt mit der Marke treten, d.h., Dialogangebote mit Markenbeziehungsstellvertretern nicht wahrnehmen, bestehen kaum Möglichkeiten, differenzierte Daten auf Einzelkundenebene zu generieren. In diesem Fall sind kundenbezogene Informationen, die für die Steuerung von MarkenKonsumenten-Beziehung von Bedeutung sind (z.B. Markenzufriedenheit, Markenvertrauen), zumindest auf Kundensegmentebene zu erheben und in die Planung von beziehungsbezogenen kundensegmentspezifischen Markenaktivitäten einzubeziehen. Werden Dialogangebote im Markenumfeld von Kunden genutzt (z.B. Registrierung auf der Markenwebsite, Anfragen an Customer Interaction
342
Implikationen für Praxis und Forschung
Center, Mitgliedschaft im Kundenclub, Teilnahme an Events), wird die Anonymität der Kunden aufgehoben mit der Konsequenz, dass auch bei Konsumgüterunternehmen kundenindividuelle Daten erfasst und in Folgetransaktionen zum Zweck der Individualisierung der Marken-Konsumenten-Beziehung eingebunden werden können (z.B. personalisierte Angebote und Beratung). Hierbei ist sicherzustellen, dass die an sämtlichen wechselseitigen Markenkontaktpunkten generierten kundenindividuellen Informationen (z.B. Name, Anrede, letzter persönlicher Kontakt) erfasst, in einem Data Warehouse zusammengeführt und relevante Informationen von Kundenkontaktpersonal (z.B. Call-Center-Mitarbeiter, Verkaufspersonal) beim Kundenkontakt abgerufen werden können (z.B. über webbasierte Kundendatenbanksysteme). Um ein konsistentes, einheitliches Erscheinungsbild der Marke an allen Markenkontaktpunkten sicherzustellen, bedarf es eines Planungssystems für die Integrierte Kommunikation in Form eines Konzeptpapiers der Integrierten Kommunikation. Dieses legt einheitliche Kommunikationsregeln für alle an der Kommunikationsarbeit Beteiligten fest.80 Ausgehend von der übergeordneten Formulierung der strategischen Positionierung, kommunikativen Leitidee und Leitinstrumente (Strategie der Integrierten Kommunikation) werden konkrete Richtlinien für die tägliche Kommunikationsarbeit der Kommunikationsfachabteilungen erarbeitet. Diese Kommunikationsregeln enthalten genaue Aussagen über die Kommunikationsziele (Positionierungspapier), die zentralen Kommunikationsbotschaften (Kommunikationsplattform) sowie Vorgaben für den Einsatz verschiedener Kommunikationsinstrumente und –mittel (Regeln zum Instrumenteeinsatz), wie z.B. Richtlinien für die formale und inhaltliche Gestaltung der Kommunikationsmittel. Diese Vorgaben gilt es für alle Beteiligten bei der Planung und Umsetzung von beziehungsorientierten Kommunikationsmaßnahmen zu berücksichtigen (z.B. Planung von Markenevents, Kundenclubs, Tag der offenen Tür). Beispielsweise wird ein Markenevent, das die strategische Markenpositionierung nicht unterstützt, eher der Marken-Konsumenten-Beziehung schaden als nutzen.81 Dem Aufbau von beziehungsorientierten Personalmanagementsystemen ist ebenfalls Beachtung zu schenken. Insbesondere beim Management von Kundenkontaktpersonal sind die Aspekte einer kundenorientierten Personalgewinnung (z.B. Mitarbeiter-Marken-Fit, Servicefreudigkeit), -entwicklung (z.B. Schulungen zur Beschwerdeannahme, Vermittlung der Markenwerte) und -vergütung (z.B. variabler Anteil, gekoppelt an die Entwicklung von beziehungsorientierten
80 81
Vgl. Bruhn 2007b, S. 108ff. Vgl. Esch/Möll 2006, S. 239f.
Implikationen für Praxis und Forschung
343
Markenkennzahlen, wie z.B. Markenvertrauen oder Markenbeziehungsqualität) zu berücksichtigen.82 Für die erfolgreiche Umsetzung der beziehungsorientierten Markenpolitik ist auch die Unternehmenskultur von Bedeutung. Hier ist es erforderlich, Anpassungen in Richtung einer stärker kunden- und beziehungsorientierten Unternehmenskultur einzuleiten, d.h. die Werte- und Normvorstellungen sowie Denk- und Verhaltensmuster, die die Entscheidungen, Handlungen und Aktivitäten der Organisationsmitglieder prägen, auf eine stärkere Beziehungsorientierung zu lenken.83 Nur wenn sämtliche Führungskräfte und Mitarbeiter eine hohe Markenbeziehungsqualität als selbstverständliche Aufgabe in ihrer täglichen Arbeit ansehen, kann im Unternehmen eine übergreifende beziehungsorientierte Markenkultur entstehen. Um dieses Ziel zu realisieren kommt der internen Markenführung sowie der Erweiterung von Entscheidungskompetenzen eine zentrale Bedeutung zu. Durch die interne Markenführung dokumentiert der Anbieter sein Leistungsangebot bzw. -versprechen an die Mitarbeiter. Die interne Markenführung kann als „innengerichteter Managementprozess zur Verankerung einer angestrebten Markenidentität im Mitarbeiterverhalten“84 verstanden werden – mit dem Ziel eine konsistente Umsetzung der Markenidentität an allen Marke-Kunde-Kontaktpunkten zu gewährleisten und damit die Marke zu stärken.85 Wenn das beziehungsorientierte Markenversprechen, das durch die Werbung kommuniziert wird (z.B. „Immer da, immer nah“ von Provinzial Westfalen oder „A brand like a friend“ von Henkel), nicht über alle Markenkontaktpunkte hinweg konsistent erfüllt wird, leidet die Glaubwürdigkeit der Marke und damit letztlich auch die
82 83 84 85
Vgl. Bruhn 2001d. Zum Begriff der Unternehmenskultur vgl. z.B. Pflesser 1999, S. 12ff.; Zeplin 2005, S. 34; Meffert/Bruhn 2006, S. 704; Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2008, S. 765. Wittke-Kothe 2001, S. 7. Vgl. Bruhn 2005a, S. 1039ff.; Esch et al. 2005b, S. 987ff.; Burmann/Maloney 2008, S. 200. Die interne Markenführung, auch unter den Begriffen innengerichtetes Markenmanagement und Behavioral Branding diskutiert, erfährt in jüngster Zeit eine verstärkte Beachtung in Forschung und Praxis. Für einen Überblick vgl. z.B. Burmann/Zeplin 2005; Zeplin 2005; Tomczak et al. 2007; Bruhn 2008a.
344
Implikationen für Praxis und Forschung
Markenbeziehungsqualität.86 Zur Umsetzung der internen Markenführung kommt eine Vielzahl von Instrumenten in Betracht, die dazu geeignet sind, den Aufbau und die Pflege von Marken durch zielgerichtetes, markenkonformes Verhalten der Mitarbeiter zu unterstützen.87 Empirisch belegt ist die zentrale Bedeutung des markenorientierten Personalmanagements, der innengerichteten Markenkommunikation sowie der markenorientierten Führung.88 Markenorientiertes Personalmanagement bedeutet, dass Mitarbeiter einen hohen PersonenMarkenidentitäts-Fit aufweisen. Dementsprechend ist auf eine verstärkte markenidentitätsorientierte Mitarbeiterselektion, -beurteilung und -beförderung zu setzen.89 Im Rahmen der innengerichteten Markenkommunikation ist ein Bewusstsein und Verständnis für die Relevanz der Marke im Generellen sowie für die beziehungsorientierte Ausrichtung der Markenpolitik im Speziellen zu schaffen.90 Erst wenn jeder Mitarbeiter erkennt, dass und wie er einen Einfluss auf die Markenwahrnehmung und kundenseitig empfundene Markenbeziehungsqualität hat, wird sich eine stärkere Beziehungsorientierung auch beim Kunden in der Wahrnehmung durchsetzen. Daher sind Mitarbeiter durch den Einsatz interner Kommunikationsinstrumente der Massen- und Individualkommunikation (z.B. Workshops, E-Mail, Mitarbeiterzeitschrift, Intranet, Brand Handbook) oder durch den mitarbeiterorientierten Einsatz externer Kommunikationsinstrumente (z.B. markengerichtete Anzeigen mit Mitarbeitermotiven) zu Markenbotschaftern zu machen.91 Die Auswahl der konkreten Einzelmaßnahmen sollte vor dem Hintergrund des Involvement des Empfängers erfolgen.92 Schließlich ist durch eine markenbeziehungsorientierte Führung auf Ebene der Geschäftsführung und Ebene der einzelnen Führungskräfte das markenkonsistente, beziehungsorientierte Verhalten der Mitarbeiter zu unterstützen.93 Markenmitarbeiter werden die 86
87 88 89 90 91 92 93
Vgl. Bruhn 2005a, S. 1039; Burmann/Zeplin 2005, S. 116; Henkel/Tomczak/Wentzel 2007, S. 13. In diesem Zusammenhang untersuchte Zeplin (2005) in einer empirischen Studie unter anderem den Zusammenhang zwischen Brand Citizen Behavior, worunter sie das zur Marke konsistente Mitarbeiterverhalten versteht, und der wahrgenommenen Markenbeziehungsqualität. Die von ihr durchgeführte Regressionsanalyse unterstützt grundsätzlich den vermuteten Zusammenhang. Eine abschließende Beurteilung ist jedoch aufgrund einer zu kleinen Stichprobe nicht möglich. Für Instrumente und Maßnahmen der internen Markenführung vgl. z.B. WittkeKothe 2001; Burmann/Zeplin 2005, S. 124ff.; Burmann/Maloney 2008, S. 202ff. Vgl. Zeplin 2005; Burmann/Maloney 2008. Vgl. Burmann/Zeplin 2005, S. 124f. Vgl. Burmann/Zeplin 2005, S. 125f. Vgl. Bruhn 2005a, S. 1047. Zu einer Vielzahl möglicher Einzelmaßnahmen im Rahmen der internen Kommunikation vgl. Bruhn 2005b, S. 1245ff. Vgl. Esch/Fischer/Kristina 2007, S. 110f. Vgl. Zeplin 2005, S. 123ff.; Burmann/Maloney 2008, S. 204f.
Implikationen für Praxis und Forschung
345
innengerichteten Markenmaßnahmen nur dann verinnerlichen und ernst nehmen, wenn sie durch Worte und Taten des Führungspersonals unterstützt werden. Schließlich bedarf die beziehungsorientierte Markenpolitik der Erweiterung der Entscheidungskompetenzen im Sinne des Empowerment von Kundenkontaktmitarbeitern. Mitarbeiter im direkten Kundenkontakt (z.B. Verkaufs- und Beratungspersonal, Kontaktpersonal in Customer Interaction Centern oder Kundenund Vertriebscentern) sind mit geeigneten Freiheitsgraden im situativen Umgang mit Kunden auszustatten (z.B. gewisser Betrag, über den Kundenkontaktmitarbeiter selber verfügen können, um auf Kundenbeschwerden zu reagieren), um Flexibilität in der Kundenbetreuung zu gewährleisten.94 So gewährt beispielsweise die Marke Maggi ihrem Kundenkontaktpersonal in den Maggi-Kochstudios vielfältige Gestaltungsfreiräume, damit die Markenbotschaft des „Helfens und Dienens“ mit möglichst großer Kundennähe am Point of Sale umgesetzt werden kann.95
6.1.5
Kontrollphase der beziehungsorientierten Markenpolitik
Eine beziehungsorientierte Markenpolitik kann nur dann mittelfristig erfolgreich sein, wenn eine kontinuierliche Kontrolle (Tracking) der ergriffenen Markenaktivitäten und ihrer Wirkungen vorgenommen wird. Hierzu bietet es sich an, ein Tracking-System in Form eines Markenbeziehungsqualitätsbarometers einzurichten, das zur regelmäßigen Kontrolle der Veränderungen der Beurteilung der Modellgrößen des Markenbeziehungsqualitätsmodells sowie der Modellzusammenhänge dient. Ein Barometer stellt ein multidimensionales Kontrollsystem dar, bei dem mehrere Zielgrößen und deren Interdependenzen mittels wiederholten, periodischen Erhebungen in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.96 Die Methodik von Barometern stammt aus dem Forschungsbereich der Nationalen Kundenbarometer, in deren Rahmen eine branchen- und unternehmensübergreifende wiederholte Messung verschiedener kundenbezogener Erfolgsfaktoren von Unternehmen durch eine unabhängige Institution vorgenommen wird mit dem Ziel, Schwankungen hinsichtlich des nationalen „Klimas“ im Zeitverlauf zu erkennen.97
94 95 96 97
Vgl. Hünerberg/Mann 2003, S. 119; Meffert/Bruhn 2006, S. 697; Henkel et al. 2007, S. 231. Vgl. Peters/Duvaud 2007, S. 455f. Vgl. Bruhn 2001d, S. 229f. Vgl. allgemein zu Nationalen Kundenbarometern Bruhn/Murmann 1998.
346
Implikationen für Praxis und Forschung
Diese Vorgehensweise lässt sich auf ein unternehmensindividuelles Markenbeziehungsqualitätsbarometer übertragen, das die Entwicklung der Erfolgsfaktoren der Markenbeziehungsqualität sowie deren Interdependenzen in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Eine einmalige Messung der Größen gibt dem Management zwar grundlegende Informationen über Stärken und Schwächen hinsichtlich der Markenbeziehungsqualität; die Wirkungen der daraufhin ergriffenen Maßnahmen können jedoch nur über eine weitere Messung überprüft werden. Demzufolge ist eine regelmäßige Erhebung notwendig. In Hinblick auf die Messfrequenz empfiehlt sich mindestens eine jährliche Messung, wobei auch kürzere Messintervalle zu überlegen sind, um den Erfolg von getroffenen Maßnahmen zeitnah zu überprüfen. Die regelmäßige Überprüfung der Modellgrößen erfolgt anhand der Indexwerte und kausalanalytisch ermittelten Bedeutungsgewichte. Im Rahmen des Markenbeziehungsqualitätsbarometers kann die Veränderung und Zielerreichung für verschiedene Zielgrößen kontrolliert werden: Veränderung und Erreichung der festgelegten Ziele hinsichtlich der einzelnen (Einfluss-)Faktoren der Markenbeziehungsqualität, Veränderung und Erreichung der festgelegten Ziele hinsichtlich der beiden Qualitätsdimensionen der Markenbeziehungsqualität, Veränderung und Erreichung der festgelegten Ziele hinsichtlich der Markenbeziehungsqualität als Gesamtkonstrukt, Veränderung und Erreichung der festgelegten Ziele hinsichtlich der Markenbindung. Schaubild 6-19 zeigt ein exemplarisches Modell für ein Tracking-System in Form eines Markenbeziehungsqualitätsbarometers. Darin werden alle Konstrukte und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität berücksichtigt. Die „Beurteilung“ und „Bedeutung“ der Modellgrößen dienen als Kennzahlen zur Beschreibung der Zielgrößen. Der Soll-Ist-Vergleich der Beurteilung der Modellgrößen gibt Aufschluss über den Grad der Zielerreichung. Hierdurch lässt sich die Effektivität der beziehungsbezogenen Markenmaßnahmen kontrollieren und gegebenenfalls Anhaltspunkte für weitere zukünftige Maßnahmen ableiten. Durch die Bedeutung der Zielgrößen wird der Beitrag der einzelnen Modellgrößen zur Markenbeziehungsqualität bzw. Markenbindung angegeben. Gegebenenfalls kann das Modell um ökonomische Erfolgsgrößen (z.B. Umsatz) erweitert werden, um zu ermitteln, welchen ökonomischen Beitrag die Markenbeziehungsqualität bzw. Markenbindung im Zeitverlauf leistet.
Bedeutung
Markenvertrauensindex Beurteilung
Ist
Bedeutung
Soll
Beurteilung
Markenzufriedenheitsindex
Soll
Ist Emotionale (Marken)Nähe -index
Soll
Ist
Stärkeindex der Kunde-KundeInteraktion
Soll
Ist
Beurteilung Bedeutung
Beurteilung Bedeutung
Bedeutung
Stärkeindex der System-KundeInteraktion
Beurteilung
Ist
Ist
Bedeutung
Soll
Soll
Beurteilung
Stärkeindex der MitarbeiterKunde-Interaktion
Bedeutung
Qualitätsindex der StellvertreterKunde-Interaktion Beurteilung
Ist
Ist
Ist
Bedeutung
Soll
Soll
Soll
Beurteilung
Qualitätsindex der Marke-KundeInteraktion
Bedeutung
Beurteilung
Markenbeziehungsqualitätsindex
Beurteilung
Markenbindungsindex
Soll
Ist
Implikationen für Praxis und Forschung 347
Schaubild 6-19: Exemplarisches Modell eines Tracking-Systems für die beziehungsorientierte Markenpolitik in Form eines Markenbeziehungsqualitätsbarometers
348
Implikationen für Praxis und Forschung
Hinsichtlich des Aggregationsniveaus der Kennzahlen im Markenbeziehungsqualitätsbarometer kann eine Betrachtung auf Ebene der Gesamtkunden oder auf Ebene von mehreren Kundensegmenten unterschieden werden. Wie die Erläuterungen im Rahmen der Kundenportfolioanalyse in Abschnitt 6.1.2.3.3 gezeigt haben, lassen sich unterschiedliche Typen von Marken-KonsumentenBeziehungen im Kundenstamm von Unternehmen identifizieren, bei denen die einzelnen Modellgrößen unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Um eine segmentspezifische Steuerung und Kontrolle zu ermöglichen, ist eine Betrachtung auf Ebene der einzelnen identifizierten Kundensegmente sinnvoll. Diese erlaubt beispielsweise festzustellen, inwiefern es gelungen ist, den relativen Anteil von „echten“ Marken-Konsumenten-Beziehungen durch Verbesserungsmaßnahmen zu steigern. Zusammenfassend zeigt sich, dass das in dieser Arbeit entwickelte Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität für die Unternehmenspraxis vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für die Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle einer beziehungsorientierten Markenpolitik bietet.
6.2
Ableitung von zukünftigem Forschungsbedarf
Vor dem Hintergrund der diskutierten Forschungsdefizite bestand die generelle Zielsetzung der Arbeit darin, einen Beitrag zur aktuellen Diskussion zu MarkenKonsumenten-Beziehungen im Allgemeinen sowie zum Konstrukt der Markenbeziehungsqualität im Speziellen zu leisten. Die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Befunde bilden die Grundlage für Ansatzpunkte eines weiteren theoretischen und empirischen Forschungsbedarfs (vgl. Schaubild 6-20).
Implikationen für Praxis und Forschung Fokus
Theorie
Empirie
Forschungsfeld
349 Forschungsbedarf
Marken-KonsumentenBeziehungen
(1)
Theoretische Fundierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen
Markenbeziehungsstellvertreter
(2)
Theoretische Fundierung von Markenbeziehungsstellvertretern
Moderatoren
(3)
Analyse von moderierenden Effekten
Messmodelle
(4)
Einsatz formativer Messmodelle zur Ausdifferenzierung der Faktoren der Markenbeziehungsqualität
Dynamische Betrachtung
(5)
Durchführung von Langzeitanalysen zu Marken-Konsumenten-Beziehungen
Einzelmarkenanalysen
(6)
Prüfung der Ergebnisse auf Einzelmarken-ebene
Branchenanalysen
(7)
Prüfung der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Industriesektoren
Kosten-NutzenAnalysen
(8)
Analyse der Kosten- und Nutzenaspekte von Marken-Konsumenten-Beziehungen
Schaubild 6-20: Ansatzpunkte für zukünftigen Forschungsbedarf
1. Theoretische Fundierung von Marken-Konsumenten-Beziehung Eine für sich alleinstehende Theorie der Marken-Konsumenten-Beziehungen und somit eine theoretische Fundierung der Markenbeziehungsqualität existiert bisher nicht. Die Mehrheit der Arbeiten zu Marken-Konsumenten-Beziehungen zieht die Animismustheorie zur theoretischen Fundierung von Markenbeziehungen heran. Wie aufgezeigt wurde, ist die Animismustheorie alleine jedoch nur bedingt geeignet, das Phänomen von Marken-Konsumenten-Beziehungen im Generellen sowie der Markenbeziehungsqualität im Speziellen vollständig zu erklären. Neue Einsichten wurden in dieser Arbeit durch die Einbindung sozialpsychologischer Beziehungstheorien gewonnen. Für die theoretische Fundierung des Messmodells der Markenbeziehungsqualität wurde neben der Animismustheorie die Theorie der sozialen Durchdringung herangezogen. Auf Basis dieser beiden Theorien konnten die für das Messmodell der Markenbeziehungsqualität wichtigen Modellgrößen abgeleitet und deren Zusammenhänge begründet werden. Die auf diesen beiden Theorien gestützte Argumentation wurde empirisch bestätigt. Hierin sind Ansatzpunkte für zukünftige Forschungsarbeiten zu sehen. So bietet die Theorie der sozialen Durchdringung im Verbund mit der Animismustheorie beispielsweise Möglichkeiten, unterschiedliche Formen und Arten von Marken-Konsumenten-Beziehungen zu differenzieren, indem die Breite und Tiefe der Kenntnisse der Konsumenten bezüglich der Markenpersönlichkeit als
350
Implikationen für Praxis und Forschung
Charakterisierungsmerkmale herangezogen werden (vgl. Abschnitt 2.1.3). Weiterhin lassen sich anhand der Dimensionen des Durchdringungsprozesses unterschiedliche Phasen einer Marken-Konsumenten-Beziehung und somit deren Verlauf erklären.98 Insgesamt ist davon auszugehen, dass in sozialpsychologischen Theorien sowie in angrenzenden Forschungsbereichen weitere Potenziale für die theoretische Fundierung von Marken-Konsumenten-Beziehungen zu finden sind. Eine Fokussierung auf die Animismustheorie alleine wird der Komplexität von Marken-Konsumenten-Beziehungen nicht gerecht. Daher ist zukünftig auf einen verstärkten theoretischen Pluralismus anstatt Monoismus bei der Erforschung von Marken-Konsumente-Beziehungen zu setzen. 2. Theoretische Fundierung von Markenbeziehungsstellvertretern Die Ergebnisse der Studie belegen, dass Konsumenten ihre Beziehung zur Marke nicht nur über die Beziehung zur Marke als solche, sondern auch über die Interaktionen mit Markenmitarbeitern, anderen Kunden und Dialogsystemen der Marke definieren. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung im Forschungsbereich der Marken-Konsumenten-Beziehungen konzentriert sich bislang ausschließlich auf die Marke als solche, d.h., es findet eine starke Vereinfachung des Beziehungsgefüges statt. Die Realität sieht hingegen komplexer aus, da in der Praxis in der Regel ein netzwerkartiges Beziehungsgeflecht im Rahmen von Marken-Konsumenten-Beziehungen vorliegt. Es ist daher wünschenswert, dass zukünftige Forschungsarbeiten den Fokus auf Markenbeziehungsstellvertreter erweitern und theoretisch erforschen. Interessante Ansatzpunkte für die theoretische Fundierung von Markenbeziehungsstellvertretern könnten beispielsweise die Systemtheorie99 oder andere Netzwerktheorien (z.B. Prinzipal-AgentenTheorie) darstellen. 3. Analyse von moderierenden Effekten Ein weiteres Untersuchungsfeld für die Marketingforschung ist in der Identifizierung und empirischen Überprüfung von moderierenden Faktoren zu sehen. Ziel der Analyse von moderierenden Faktoren ist es, Aussagen treffen zu können, wann ein kausaler Zusammenhang von geringer oder großer Bedeutung ist. Eine Analyse der Auswirkungen von moderierenden Variablen auf die Zusammenhänge zwischen den Modellkonstrukten im Mess- und Wirkungsmodell der Mar98 99
Zu den unterschiedlichen Dimensionen des Durchdringungsprozesses vgl. Altman/Taylor 1973, S. 129ff. Die Systemtheorie befasst sich mit der Struktur, den Verknüpfungen und dem Verhalten komplexer Systeme (vgl. Schwaninger 1998, S. 3). Da die konstituierenden Bestandteile von Systemen und deren Elementen immer Beziehungen sind, ist Systemtheorie auch immer eine Theorie der Beziehungen (vgl. Jantsch 1992, S. 331f.).
Implikationen für Praxis und Forschung
351
kenbeziehungsqualität ist in dieser Arbeit nicht erfolgt. Die Untersuchungsergebnisse der Arbeit legen jedoch die Vermutung nahe, dass die Zusammenhänge im Modell der Markenbeziehungsqualität durch produktmarkt- und konsumentenspezifische Kontextfaktoren moderiert werden. So zeigt beispielsweise die produktmarktspezifische Auswertung der Daten, dass die Bedeutung der Qualität der Marke als Beziehungspartner und als Interaktionsplattform für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität in Abhängigkeit der Branche variiert (vgl. 5.4.4). Auch lassen sich unterschiedliche Typen von Marken-KonsumentenBeziehungen identifizieren, bei denen die Bewertung der Modellgrößen stark voneinander abweichen (vgl. Abschnitt 6.1.2.3.3). Um differenzierte Aussagen im Mess- und Wirkungsmodell der Markenbeziehungsqualität treffen zu können, wäre es wünschenswert, dass sich zukünftige Forschungsarbeiten verstärkt mit moderierenden Effekten im entwickelten Modell auseinandersetzen. Mit dem in dieser Arbeit explorativ entwickelten Katalog an produktmarktspezifischen Kontextfaktoren steht hierfür ein erster Ansatz bereit. Als konsumentenspezifische moderierende Variablen erscheinen insbesondere Geschlecht, Alter und Involvement interessant. So zeigen verschiedene empirische Studien, dass Geschlecht und Alter Einfluss auf Marken-Konsumenten-Beziehungen nehmen.100 Zudem wird unter High-Involvement-Bedingungen in aller Regel eine stärkere Beziehung zur Marke aufgebaut als unter Low-Involvement-Bedingungen.101 Generell ist der Forschungsstand zu moderierenden Variablen im Rahmen von MarkenKonsumenten-Beziehungen noch nicht weit entwickelt.102 Zukünftig ist daher dem Aspekt von moderierenden Effekten sowohl in der theoretischen als auch empirischen Marketingforschung mehr Gewicht zu verleihen, um die Effektivität der beziehungsorientierten Markenpolitik zu steigern (z.B. bei welchen Personengruppen sind in welchen Situationen welche Maßnahmen zum Aufbau von Markenbeziehungsqualität zielführend?). 4. Einsatz formativer Messmodelle zur Ausdifferenzierung der Faktoren der Markenbeziehungsqualität Vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Arbeit, ein branchenübergreifendes Messinstrument der Markenbeziehungsqualität zu entwickeln, wurden für die (Einfluss-)Faktoren der Markenbeziehungsqualität reflektive Messmodelle favorisiert (vgl. Abschnitt 4.1). Wie bereits im Rahmen der Implikationen für die Praxis ausgeführt wurde (vgl. Abschnitt 6.1.2.1), ist es für eine individuelle, zielgenaue Ableitung von Implikationen jedoch sinnvoll, formative Messmodelle einzusetzen. Einer möglicherweise weniger hohen Varianzerklärung innerhalb 100 101 102
Vgl. Ji 2002; Monga 2002; Kilian 2004; Robinson/Kates 2005. Vgl. Knox/Walker 2001; Quester/Lim 2003. Für einen Überblick zum Stand der Forschung vgl. Bruhn/Eichen 2007, S. 248f.
352
Implikationen für Praxis und Forschung
der Konstrukte steht dabei der Vorteil eines hohen Detaillierungsgrades gegenüber. Um Treiber der einzelnen Faktoren zu identifizieren, sind zukünftige Forschungsarbeiten dazu aufgefordert, die einzelnen (Einfluss-)Faktoren durch die Entwicklung und empirische Überprüfung von formativen Messmodellen weiter auszudifferenzieren. Hierdurch lassen sich weitere, konkretere Erkenntnisse für die Ausgestaltung der beziehungsorientierten Markenpolitik ableiten. So ist insbesondere aus Sicht der Praxis beispielsweise in Erfahrung zu bringen, welche Bedeutung einzelnen Markenmaßnahmen zum Aufbau von Emotionaler (Marken-)Nähe oder zur Steigerung von Kunde-Kunde-Interaktionen zukommt. 5. Durchführung von Langzeitanalysen zu Marken-KonsumentenBeziehungen Der Schwerpunkt der empirischen Untersuchung lag auf der statischen Betrachtung von Marken-Konsumenten-Beziehungen. Wie zu Beginn der Arbeit aufgezeigt wurde, erfordert ein Denken in Marken-Konsumenten-Beziehungen jedoch eine Abkehr von einer statischen (zeitpunktbezogenen) Perspektive und die Einnahme einer dynamischen (phasenbezogenen) Sichtweise. Dem ganzheitlichen Verlauf von Marken-Konsumenten-Beziehungen im Sinne einer Längsschnittsbetrachtung von der Beziehungsentstehung bis zur -auflösung wurde in der Wissenschaft bis dato wenig Aufmerksamkeit geschenkt. So kommen Fournier/ Brasel zu dem Schluss, dass „most research has adopted a static perspective on what is a developmental and complex phenomenon […].”103 Zukünftige Forschungsarbeiten können an den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit ansetzen und im Rahmen von Langzeitanalysen, typische Verläufe von Marken-Konsumenten-Beziehungen und deren Änderungsmechanismen untersuchen (z.B. welche Faktoren der Markenbeziehungsqualität sind in der Entstehungs-, Intensivierungs- und Auflösungsphase von Marken-Konsumenten-Beziehung von besonderer Bedeutung?). 6. Prüfung der Ergebnisse auf Einzelmarkenebene In der vorliegenden Arbeit wurden sämtliche Branchen aus einer holistischen Perspektive betrachtet. Auf eine Analyse des Mess- und Wirkungsmodells auf Ebene einzelner Marken wurde verzichtet, da primär eine Erkenntnis darüber angestrebt wurde, welche (Einfluss-)Faktoren für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität im Sinne eines Messmodells überhaupt eine wichtige Rolle spielen. Ferner war von Interesse, über welche relative Bedeutung die einzelnen (Einfluss-)Faktoren verfügen und welche produktmarktspezifischen Gemein103
Fournier/Brasel 2002, S. 102. Für einen Überblick zum Stand der Forschung der dynamischen Betrachtung von Marken-Konsumenten-Beziehungen vgl. Bruhn/ Eichen 2007, S. 234f.
Implikationen für Praxis und Forschung
353
samkeiten und Unterschiede bezüglich der Messung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität bestehen. Wie im Rahmen der Darstellung der Praxisimplikationen beispielhaft an einigen Marken veranschaulicht wurde, unterscheiden sich die Bedeutungsgewichte und Ausprägungen der Modellgrößen auf Markenebene zum Teil erheblich. Zukünftiger Forschungsbedarf besteht demnach in der Überprüfung des Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität auf Einzelmarkenebene. Ein größtmöglicher Erkenntnisfortschritt würde erzielt, wenn es gelingt, wenige markenspezifische Kontextfaktoren zu identifizieren, anhand derer Aussagen getroffen werden können, bei welcher „Art“ von Marken welche Faktoren und Dimensionen der Markenbeziehungsqualität von besonderer Bedeutung sind. So legen beispielsweise die qualitativen Forschungsergebnisse von Aaker et al. die Vermutung nahe, dass die Erwartungen in einer Markenbeziehung auch von der wahrgenommenen Markenpersönlichkeit abhängen.104 Die Forschergruppe beobachtete, dass Konsumenten offensichtlich ein geringeres Maß an Zuverlässigkeit erwarten, wenn eine Marke als jugendliche, aufregende Persönlichkeit positioniert ist, als wenn die Marke als ehrliche und bodenständige Persönlichkeit wahrgenommen wird. Das Markenvertrauen scheint demnach bei jugendlichen, aufregenden Marken von geringerer Relevanz zu sein. Die Brand-Community-Forschung geht beispielsweise davon aus, dass Interaktionen zwischen Kunden und Nutzern einer Marke insbesondere dann von Relevanz sind, wenn ein hohes Markeninvolvement und ein starkes Markenimage vorliegen (vgl. Abschnitt 3.3.3.2.2). Diese Ausführungen zeigen, dass es Relevanzmoderierende markenspezifische Variablen zu geben scheint, die einen Effekt auf die Bedeutung einzelner Modellgrößen haben. Die Forschung ist dazu aufgerufen, diesen Aspekt zukünftig verstärkt zu untersuchen. 7. Prüfung der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Industriesektoren Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die empirische Überprüfung der Konzeptualisierung, Operationalisierung und markenbindungsregulierenden Wirkung der Markenbeziehungsqualität für unterschiedliche Konsumgüterbranchen vorgenommen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch in Dienstleistungsund Industriegütermärkten die Bedeutung der Markenführung zunehmend erkannt wird105, bietet es sich an, auch in diesen Märkten die Messung, Ausprägung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität zu untersuchen. Grundsätzlich ist von Interesse, inwieweit das abgeleitete Mess- und Wirkungsmodell für 104 105
Vgl. Aaker/Fournier/Brasel 2004. Für die steigende Beachtung der Rolle der Marke für den Erfolg von Dienstleistungen vgl. Bauer et al. 2008; Bruhn/Stauss 2008; für den Erfolg von Industriegütern vgl. z.B. Baumgarth 2008a; Homburg/Jensen/Richter 2008.
354
Implikationen für Praxis und Forschung
Dienstleistungs- und Industriegütermarken generalisierbar ist bzw. wo sich zentrale Unterschiede ergeben. Hinsichtlich des Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität wird aufgrund des hohen Allgemeinheitsgrades angenommen, dass dieses auch bei Dienstleistungs- und Industriegütermarken Anwendung findet. Hinsichtlich des Messmodells der Markenbeziehungsqualität erscheinen die beiden abgeleiteten Qualitätsdimensionen aufgrund des übergreifenden Charakters dieser Qualitätsaspekte ebenfalls grundsätzlich geeignet. Modifikationen sind jedoch eventuell auf Faktorebene vorzunehmen. Im Bezug zu den Faktoren der Qualität der Marke als Beziehungspartner (Markenzufriedenheit, Markenvertrauen, Emotionale (Marken-)Nähe) ist anzunehmen, dass die Bedeutungsrelevanz der Emotionalen (Marken-)Nähe für B2B-Marken eher gering ist, da es sich hier um vergleichsweise stark ökonomisch geprägte Geschäftsbeziehungen handelt. Für Dienstleistungsmarken erscheinen die drei Faktoren hingegen grundsätzlich anwendbar. Eine Modifikation der identifizierten Faktoren der Qualitätsdimension der Marke als Interaktionsplattform ist nicht nötig, da Interaktionssequenzen mit Mitarbeitern der Marke, anderen Kunden der Marke und Dialogsystemen der Marke sowohl bei Dienstleistungs- als auch B2B-Marken zumeist integrativer Bestandteil der Leistungserstellung sind. 8. Analyse der Kosten- und Nutzenaspekte von Marken-KonsumentenBeziehungen Wie im Rahmen dieser Arbeit gezeigt wurde, führt der Aufbau von MarkenKonsumenten-Beziehungen zu umsatzbezogenen Vorteilen, die daraus resultieren, dass der Kunde durch seine emotionale Verbundenheit mit der Marke loyale Verhaltensweisen zeigt (z.B. Wiederkaufabsicht, Weiterempfehlungsbereitschaft). Jedoch sind auch die Kostenaspekte von Marken-Konsumenten-Beziehungen zu berücksichtigen. Im Gegensatz zum Aufbau von Anbieter-KundeBeziehungen auf Dienstleistungsmärkten stehen einer Umsetzung der Beziehungsorientierung auf Konsumgütermärkten insbesondere die mangelnde Nähe zum Konsumenten sowie die geringen Interaktionsmöglichkeiten im Wege. Damit einhergehend bedarf der Aufbau von Marken-Konsumenten-Beziehungen vielfältige, zum Teil kostenintensive Anstrengungen, wie z.B. der Aufbau der Marke als Interaktionsplattform oder die Beschaffung von Kundeninformationen über Primärforschung. Aus ökonomischen Gesichtspunkten stellt sich damit die Frage nach der Vorteilhaftigkeit von Marken-Konsumenten-Beziehungen gegenüber der reinen transaktionsorientierten Abschöpfung des Marktpotenzials. Die uneingeschränkte Vorteilhaftigkeit der beziehungsorientierten gegenüber der transaktionsorientierten Markenpolitik für sämtliche Konsumgütermärkte ist zu bezweifeln und hängt vor allem vom Bedarfspotenzial bei einem einzelnen Kun-
Implikationen für Praxis und Forschung
355
den sowie vom Deckungsbeitrag eines einzelnen Produkts ab.106 In diesem Zusammenhang ist eine intensivere Auseinandersetzung mit relevanten Kosten- und Nutzendimensionen erforderlich, wobei vor allem die Kostenaspekte, die mit der Entwicklung und Umsetzung einer beziehungsorientierten Markenpolitik verbunden sind, bisher keinerlei Beachtung in der Wissenschaft fanden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Frage nachzugehen, welche kurzfristigen und langfristigen Kosten- und Nutzenaspekte mit dem Aufbau der Marke als Beziehungspartner im Vergleich zum Aufbau der Marke als Interaktionsplattform verbunden sind, um dadurch konkrete Implikationen für Allokationsentscheidungen geben zu können. Mit der vorliegenden Arbeit liegt erstmals eine branchenübergreifende Studie im deutschsprachigen Raum vor, die Aufschluss über die Messung, Wahrnehmung und Bedeutung der Markenbeziehungsqualität in mehreren Konsumgütermärkten gibt. Die Arbeit liefert damit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Gesamtverständnisses von Marken-Konsumenten-Beziehungen. Es wurde nicht nur gezeigt, dass die Markenbeziehungsqualität eine starke markenbindungsregulierende Wirkung auf sämtlichen Konsumgütermärkten hat, sondern auch welche (Einfluss-)Faktoren und Qualitätsdimensionen für die Wahrnehmung der Markenbeziehungsqualität im Sinne eines Messmodells eine wichtige Rolle spielen, über welche relative Bedeutung die einzelnen (Einfluss-)Faktoren und Qualitätsdimensionen verfügen und welche produktmarktspezifischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede bezüglich der Messung, Wahrnehmung und Wirkung der Markenbeziehungsqualität bestehen. Für die Forschung bieten die Untersuchungsergebnisse ein breites Fundament für eine theoretische, konzeptionelle und empirische Weiterentwicklung des noch jungen Forschungsgebiets der Marken-Konsumenten-Beziehungen. Für die Praxis folgt aus den Untersuchungsergebnissen, dass die Markenbeziehungsqualität aufgrund ihrer markenbindungsregulierenden Wirkung eine zentrale Steuerungsgröße für die Markenpolitik darstellt. Zugleich zeigen die Ergebnisse jedoch auch, dass die Konsumenten derzeit nur eine geringe Markenbeziehungsqualität auf der Mehrheit der Konsumgütermärkte wahrnehmen. Unternehmen der Konsumgüterindustrie sind daher dazu aufgefordert, eine verstärkte Beziehungsorientierung in der Markenpolitik umzusetzen, um das Potenzial, das in Marken-Konsumenten-Beziehungen „schlummert“, vollends zum Leben zu erwecken. 106
In diesem Zusammenhang bemerkt Grönroos (1997, S. 409) treffend: „For marketing strategy the important thing here is not whether relationship marketing is possible in a given situation or not, rather it is a question of whether the company finds it profitable and suitable to base its strategy on a relational intent or not. In principle, a relational strategy is always possible, because there are always latent relationships. However, it is not always the best choice to activate these latent relationships by developing a marketing strategy based on a relational intent.”
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Anhang Anhang 1:
Gesprächsleitfaden Kundeninterviews............................. 412
Anhang 2:
Liste der befragten Experten ............................................ 414
Anhang 3:
Gesprächsleitfaden Experteninterviews ........................... 415
Anhang 4:
Exemplarischer Fragebogen für das Produktfeld „Automarke“ (Hauptstudie) ............................................. 417
412
Anhang
Anhang 1: Gesprächsleitfaden Kundeninterviews Phase
Interviewer
1
Guten Tag. Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, uns bei der Untersuchung zu unterstützen.
Begrüssung
2
Mit diesem Gespräch sollen die Erwartungen ermittelt werden, die Sie an Marken haben, zu denen Sie eine enge Verbindung haben und die Ihnen viel bedeuten. Ihre Antworten werden natürlich vertraulich behandelt.
Darlegung der generellen Zielsetzung
Zunächst bitte ich Sie, mir die Marke zu nennen, die Ihnen am wichtigsten ist, Ihnen am meisten bedeutet und für Sie am wertvollsten ist. 3
Nachfragen sofern keine Antwort möglich: Welche Marke ist Ihre Lieblingsmarke? Im Folgenden würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen zu der von Ihnen genannten Marke stellen. Seit wann nutzen Sie die Marke schon?
4
Wie häufig kaufen Sie die Marke? Wann haben Sie die Marke das letzte Mal gekauft? Überdenken Sie Ihre Kaufentscheidung jedes Mal neu?
Zielsetzung
Identifikation der Marke, zu der der Proband am ehesten eine Beziehung hat
Auseinandersetzung des Probanden mit der Marke, um gedanklich auf nachfolgende Fragen vorbereitet zu sein
Warum schätzen Sie die Marke so sehr? Was zeichnet diese Marke aus? Warum kaufen Sie wiederholt die Marke? 5
Warum fühlen Sie sich mit der Marke verbunden? Welche Gefühle haben Sie gegenüber der Marke?
Direkte Identifikation der (Einfluss-) Faktoren der Markenbeziehungsqualität
Welche positiven und negativen Erlebnisse verbinden Sie mit der Marke? Was bietet Ihnen die Marke, was andere Marken nicht bieten?
6
Warum schätzen Sie die Marke im Vergleich zu anderen Marken mehr? Welche Gefühle haben Sie gegenüber der Marke, die Sie im Vergleich zu anderen Marken nicht haben? Welche Erlebnisse haben Sie mit der Marke, die Sie mit anderen Marken nicht haben?
Indirekte Identifikation von (Einfluss-) Faktoren der Markenbeziehungsqualität durch Vergleich mit Marken geringerer Wertschätzung
Anhang
413
Phase
Interviewer
Zielsetzung
Sofern Bedeutung von wechselseitigen Kommunikationsprozessen für Markenbeziehungsqualität nicht durch vorige Fragen explorativ aufgedeckt worden ist: Fragen zu Kunde-Kunde-Interaktionen: Teilen Sie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse häufig mit anderen Kunden/Nutzern der Marke? Sofern Antwort positiv: Wo, wie und wie häufig tauschen Sie sich mit anderen Kunden/Nutzern aus? Wie wichtig sind Ihnen diese Kontakte und warum? Welchen Einfluss haben diese Kontakte auf Ihre Beziehung zur Marke? Welche positiven/negativen Erfahrungen haben Sie mit der Marke bei diesen Interaktionen gemacht? Fragen zu Mitarbeiter-Kunde-Interaktionen: Haben Sie häufig Kontakt mit Mitarbeitern der Marke? Sofern Antwort positiv: 6
Wo, wie und wie häufig haben Sie Kontakt mit Mitarbeitern der Marke? Wie wichtig sind Ihnen diese Kontakte und warum?
Evaluierung der Bedeutung von zweiseitigen Kommunikationsprozessen für die Markenbeziehungsqualität
Welchen Einfluss haben diese Kontakte auf Ihre Beziehung zur Marke? Welche positiven/negativen Erfahrungen haben Sie mit der Marke bei diesen Interaktionen gemacht? Fragen zu System-Kunde-Interaktionen: Treten Sie häufig über interaktive Anwendungen im Internet in Kontakt mit dem Hersteller der Marke? Sofern Antwort positiv: Welche interaktiven Anwendungen nutzen Sie wie häufig? Wie wichtig sind Ihnen diese Kontakte und warum? Welchen Einfluss haben diese Kontakte auf Ihre Beziehung zur Marke? Welche positiven/negativen Erfahrungen haben Sie mit der Marke bei diesen Interaktionen gemacht? 7
Vielen Dank für das Gespräch!
Dank
414
Anhang
Anhang 2: Liste der befragten Experten Teilnehmer
Unternehmen
Funktion
Tag des Interviews
Ort
Michael Broglin
Exxtra Kommunikation, Zürich
Account Director
04.10.2007
Zürich
priv. doz. Dr. Arnd Florack
Abteilung für Sozialund Wirtschaftspsychologie der Universität Basel
Mitarbeiter
27.09.2007
Basel
Marc Huber
Jung von Matt/Limmat AG, Zürich
Projektleiter Planning
04.10.2007
Zürich
Bernd Michael
Deutscher Marketingverband
Präsident
17.10.2007
telefonisch
Nik Stucky
Interbrand Zintzmeyer & Lux AG, Zürich
Chief Brand Evaluation Officer
18.10.2007
Zürich
Dr. Simon Walter
TBWA, Berlin
Strategic Planning Director
27.09.2007
Zürich
Anhang
415
Anhang 3: Gesprächsleitfaden Experteninterviews Phase
Interviewer
Zielsetzung
1
Guten Tag. Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, uns bei der Untersuchung zu unterstützen.
Begrüssung
2
Ich möchte Sie zunächst über die Hintergründe dieser Befragung informieren: Zielsetzung ist es, im Rahmen meiner Dissertation die Markenbeziehungsqualität von Konsumenten auf Konsumgütermärkten zu untersuchen. Generelle Zielsetzung der Arbeit ist die Entwicklung eines branchenübergreifenden Mess- und Wirkungsmodells der Markenbeziehungsqualität.
Darlegung der generellen Zielsetzung
3
Mir geht es in diesem Interview, dass ich mit Ihnen als Experte führe, vor allem darum, Ihr Verständnis von MarkenKonsumenten-Beziehungen im Allgemeinen sowie der Markenbeziehungsqualität im Speziellen einzuholen. Insbesondere möchte ich in Erfahrung bringen, welche Faktoren bzw. Einflussfaktoren aus Ihrer Sicht die wahrgenommen Markenbeziehungsqualität bestimmen. Hierzu würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.
Darlegung der Rolle des Experten
Was verstehen Sie unter dem Begriff der Marke? 4
Auf was beziehen sich die Assoziationen zu einer „Marke“? Was sind die Quellen eines Vorstellungsbildes einer „Marke“?
Begriffsverständnis der Marke
Wann sprechen Sie von einer Marken-KonsumentenBeziehung? Welche Arten von Marken-Konsumenten-Beziehungen können unterschieden werden? Was kann alles in die Beurteilung einer Markenbeziehung aus Kundensicht einfließen? Was sind Bezugsobjekte einer Markenbeziehung? Wie bauen Konsumenten Markenbeziehungen auf? 5
Was verstehen Sie unter dem Begriff der Markenbeziehungsqualität? Woran beurteilt ein Konsument die Markenbeziehungsqualität? Was wird bewertet? Worin unterscheidet sich eine hohe von einer niedrigen Markenbeziehungsqualität? Was sind Stellhebel bzw. Maßnahmen zur Erhöhung der Markenbeziehungsqualität? Wie wichtig sind Interaktionen für den Aufbau einer Markenbeziehung?
Explorative Untersuchung zum Begriff und zu den (Einfluss-) Faktoren der Markenbeziehungsqualität
416
Anhang
Phase
Interviewer
Zielsetzung
6
Ich würde Ihnen gerne zum Schluss ein Messmodell für die Markenbeziehungsqualität vorstellen mit der Bitte, dass Sie dieses kritisch würdigen.
Konfirmatorische Überprüfung eines Konzeptualisierungs- und Operationalisierungsansatzes für die Markenbeziehungsqualität
7
Vielen Dank für das Gespräch!
Dank
Anhang
417
Anhang 4: Exemplarischer Fragebogen für das Produktfeld „Automarke“ (Hauptstudie) Guten Tag, die GfK führt in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Marketing und Unternehmensführung der Universität Basel eine Studie zu Markenbeziehungen durch. Ziel dieses wissenschaftlichen Projekts ist es, die unterschiedlichen Bindungen, die Konsumenten mit Marken eingehen, zu untersuchen. Im Folgenden bitten wir Sie, Stellung zu verschiedenen Fragen zu zwei unterschiedliche Produktbereichen zu nehmen. Bei allen Fragen geht es ausschließlich um Ihre persönliche Einschätzung, daher gibt es keine „falschen“ Antworten. Bitte planen Sie ca. 20 Minuten zur Beantwortung der Fragen ein. Die Auswertung der Daten dient ausschließlich Forschungszwecken und erfolgt selbstverständlich anonym. Fragenblock 1/11 Zunächst bitten wir Sie durch ankreuzen anzugeben, ob die folgenden Aussagen auf Sie zutreffen. Ja 1.
Ich trinke Pilsbier regelmäßig.
2.
Ich verwende Zahnpasta regelmäßig.
3.
Ich verwende Papiertaschentücher regelmäßig.
4.
Ich esse Gemüsekonserven regelmäßig.
5.
Ich habe in den vergangenen fünf Jahren ein Auto gekauft bzw. bekommen.
6.
Ich habe mir in den letzten 2 Jahren ein Handy für den privaten Gebrauch gekauft bzw. ausgesucht.
7.
Ich bin Kunde einer KFZ-Versicherung.
8.
Ich bin Kunde bei einem Mobilfunkanbieter.
Nein
418
Anhang
Fragenblock 2/11 Bitte geben Sie nun durch ankreuzen an, welche Automarke Sie im Moment besitzen. Wenn Sie mehrere Automarken besitzen, wählen Sie bitte die Automarke aus, mit der Sie am meisten Kilometer pro Jahr fahren (bitte nur eine Marke ankreuzen!). Audi BMW Citroen Fiat Ford Mazda Mercedes Opel Peugeot Renault Skoda Toyota VW Keine der aufgeführten Marken
Im Folgenden bitten wir Sie, einige Fragen zu Ihrer Automarke zu beantworten. Geben Sie bitte für jede Aussage an, inwiefern diese für Ihre Automarke aus Ihrer Sicht zutrifft. Benutzen Sie dabei die angegebene Skala von 1 bis 7, wobei der Wert 1 = „Stimme überhaupt nicht zu“ und der Wert 7 = „Stimme voll und ganz zu“ bedeutet. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihr Urteil abstufen. Bitte nehmen Sie zu allen Fragen Stellung.
Anhang
419
Fragenblock 3/11 Bei den folgenden Fragen geht es um Ihren Eindruck, den Sie von Ihrer Automarke haben. Wie stark stimmen Sie folgenden Aussagen zu?
Stimme überhaupt nicht zu 1
9.
Ich kenne diese Marke schon sehr lange.
10.
Ich bin mit dieser Marke zufrieden.
11.
Meine Erwartungen, die ich an diese Marke habe, wurden bisher erfüllt.
12.
Diese Marke kommt einer idealen Automarke sehr nahe.
13.
Ich habe das Gefühl, dass ich diese Marke wirklich verstehe.
14.
Diese Marke spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben.
15.
Diese Marke und ich sind wie füreinander geschaffen.
16.
Diese Marke sagt viel darüber aus, wer ich bin.
17.
Diese Marke ist verlässlich.
18.
Diese Marke ist glaubwürdig.
19.
Ich vertraue dieser Marke.
20.
Meine Gefühle zu dieser Marke sind positiv.
21.
Ich schätze diese Marke.
2
3
4
Stimme voll und ganz zu 5
6
7
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Anhang
Fragenblock 4/11 Bei den folgenden Fragen geht es um Ihre Beurteilung von Kontakten mit anderen Kunden bzw. Nutzern Ihrer Automarke (z.B. auf Veranstaltungen, in Communities im Internet, in Kundenclubs, durch persönliche Gespräche). Wie stark stimmen Sie folgenden Aussagen zu?
Stimme überhaupt nicht zu 1
22.
Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit anderen Kunden/Nutzern dieser Marke aufzunehmen.
23.
Erlebnisse oder Erfahrungen mit anderen Kunden/Nutzern dieser Marke zu teilen, finde ich interessant.
24.
Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit anderen Kunden/Nutzern über diese Marke auszutauschen.
2
3
4
Stimme voll und ganz zu 5
6
7
Fragenblock 5/11 Bei den folgenden Fragen geht es um Ihre Beurteilung von Kontakten mit Mitarbeitern bzw. sonstigem Personal des Herstellers Ihrer Automarke (z.B. im Rahmen von Beratungs- und Verkaufsgesprächen, im Rahmen von Telefongesprächen, bei Beschwerden, auf Veranstaltungen, auf Messen und Ausstellungen). Wie stark stimmen Sie folgenden Aussagen zu?
Stimme überhaupt nicht zu 1
25.
Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit Mitarbeitern bzw. sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke aufzunehmen.
26.
Ich finde es wichtig, mit Mitarbeitern bzw. sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke in Kontakt treten zu können.
27.
Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit Mitarbeitern bzw. sonstigem Personal des Herstellers dieser Marke auszutauschen.
2
3
4
Stimme voll und ganz zu 5
6
7
Anhang
421
Fragenblock 6/11 Bei den folgenden Fragen geht es um Ihre Beurteilung von Kontakten mit dem Hersteller Ihrer Automarke über interaktive Anwendungen im Internet (z.B. über Kontaktformulare, personalisierte E-Mails, personalisierte Internetseite, virtuelle (Verkaufs-)Berater usw.). Wie stark stimmen Sie folgenden Aussagen zu?
Stimme überhaupt nicht zu 1
28.
Ich denke, dass diese Marke ausreichend Möglichkeiten bietet, Kontakt mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet aufzunehmen.
29.
Ich finde es wichtig, mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet in Kontakt treten zu können.
30.
Ich nutze bzw. würde gerne die Möglichkeit nutzen, mich mit dem Hersteller dieser Marke über interaktive Anwendungen im Internet auszutauschen.
2
3
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Stimme voll und ganz zu 5
6
7
Fragenblock 7/11 Wie beurteilen Sie insgesamt die Kontakte rund um Ihre Automarke? Wie stark stimmen Sie folgenden Aussagen zu?
Stimme überhaupt nicht zu 1
31.
Ich bin mit den Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme bei dieser Marke zufrieden.
32.
Ich finde es gut, wenn Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme bei dieser Marke bestehen.
33.
Diese Marke fördert den Kontakt mit und zwischen ihren Kunden.
2
3
4
Stimme voll und ganz zu 5
6
7
422
Anhang
Fragenblock 8/11 Wie beurteilen Sie insgesamt Ihr Verhältnis zur Ihrer Auto- Stimme übermarke? haupt nicht zu 1 34.
Ich habe eine enge Verbindung zu dieser Marke.
35.
Ich habe eine gute Beziehung zu dieser Marke.
2
3
Stimme voll und ganz zu
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7
Fragenblock 9/11 Wie werden Sie sich bezüglich Ihrer Automarke zukünftig Stimme über- Stimme voll verhalten? haupt nicht zu und ganz zu 1 36.
Ich werde mich auch in Zukunft für diese Marke entscheiden.
37.
Ich werde diese Marke an Freunde oder Familie weiterempfehlen.
38.
Ich überlege die Marke zu wechseln.
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Fragenblock 10/11 Bei diesen letzten Fragen geht es um ein paar allgemeine Stimme über- Stimme voll persönliche Einstellungen. haupt nicht zu und ganz zu 1 39.
Ich achte bewusst auf Markennamen, wenn ich Produkte kaufe.
40.
Es ist mir wichtig, welche Automarke ich kaufe.
41.
In der Regel bin ich jemand, der gerne ein und dieselbe Marke kauft.
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Fragenblock 11/11 Zum Schluss bitten wir Sie noch einige Angaben zu Ihrer Person zu machen. Geschlecht:
Weiblich
Alter:
bis 20 Jahre
Männlich 21 -40 Jahre
41-60 Jahre
über 61 Jahre