Sebastian van Baal Das Preissuchverhalten der Konsumenten
GABLER RESEARCH Forschungsgruppe Konsum und Verhalten Herausgegeben von Professorin Dr. Sigrid Bekmeier-Feuerhahn, Universität Lüneburg, Professorin Dr. Sandra Diehl, Universität Klagenfurt, Professor Dr. Franz-Rudolf Esch, EBS Business School, Oestrich-Winkel, Professorin Dr. Andrea Gröppel-Klein, Universität des Saarlandes, Saarbrücken, Professor Dr. Lutz Hildebrandt, Humboldt-Universität zu Berlin, Professor Dr. Tobias Langner, Universität Wuppertal, Professor Dr. Bruno Neibecker, Universität Karlsruhe (TH), Professor Dr. Thorsten Posselt, Universität Leipzig, Professor Dr. Christian Schade, Humboldt-Universität zu Berlin, Professorin Dr. Martina Steul-Fischer, Universität Erlangen-Nürnberg, Professor Dr. Ralf Terlutter, Universität Klagenfurt, Professor Dr. Volker Trommsdorff, Technische Universität Berlin
Die Forschungsgruppe „Konsum und Verhalten“, die von Professor Dr. Werner Kroeber-Riel begründet wurde, veröffentlicht ausgewählte Ergebnisse ihrer Arbeiten seit 1997 in dieser Reihe. Im Mittelpunkt steht das Entscheidungsverhalten von Abnehmern materieller und immaterieller Güter bzw. Dienstleistungen. Ziel dieser Schriftenreihe ist es, Entwicklungen in Theorie und Praxis aufzuzeigen und im internationalen Wettbewerb zur Diskussion zu stellen. Das Marketing wird damit zu einer Schnittstelle interdisziplinärer Forschung.
Sebastian van Baal
Das Preissuchverhalten der Konsumenten Ein verhaltensökonomisches Erklärungsmodell auf der Basis der Theorie des Anspruchsniveaus Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Lothar Müller-Hagedorn
RESEARCH
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Dissertation Universität Köln, 2011
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Marta Grabowski | Nicole Schweitzer Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-3278-5
Geleitwort Dr. Sebastian van Baal legt eine beachtenswerte Arbeit vor. Sein Modell erkl¨art zun¨achst einmal, von welchen Bestimmungsfaktoren es abh¨ angt, bei wie vielen Anbietern sich Konsumenten u ur ein bestimmtes Gut verlangten Preis informieren. Das ist trotz der ¨ber den f¨ Verf¨ ugbarkeit von Preissuchmaschinen eine f¨ ur das Funktionieren der Marktwirtschaft wie auch die einzelwirtschaftliche Marketingpolitik wichtige Fragestellung mit einem weit ausgreifenden wissenschaftlichen Fundament. Einzelwirtschaftlich gesehen steht eine solche verhaltenswissenschaftliche Fragestellung in enger Verbindung zu zentralen Verhaltensweisen des Handels, man denke nur an die Strategie der Dauerniedrigpreispolitik oder an die vielf¨altigen Formen der Sonderangebote. In dem auf der Anspruchstheorie aufbauenden Modell von S. van Baal spielen zwei Gr¨ oßen eine zentrale Rolle, • die Preisbereitschaft“ und ” • das subjektive Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse“. ” F¨ ur beide Gr¨oßen werden in dem entwickelten Modell weitere Bestimmungsfaktoren abgeleitet. Das Modell wird in aufwendiger Weise experimentell u uft und zeigt ¨berpr¨ hierbei bemerkenswerte Ergebnisse. Van Baal legt ein v¨ollig neues Modell zum Preissuchverhalten von Konsumenten vor, dessen Elemente sich aus der Mikro¨okonomie, den Sozialwissenschaften und der verhaltenswissenschaftlich ausgerichteten Marketingtheorie ableiten. Die Arbeit verdient aber auch Aufmerksamkeit, weil nachgewiesen wird, wie sich die Preisbereitschaft“ der Konsumenten in der Informationsphase ¨andert. Das erscheint ” deswegen von besonderer Bedeutung, weil die bislang diskutierten und in der Praxis angewendeten Verfahren zur Ermittlung der Preisbereitschaft von diesem Umstand bislang abstrahiert haben und somit der Gefahr einer fehlerhaften Ermittlung der Zahlungsbereitschaft ausgesetzt sind. Es freut mich, dass die Herausgeber der Reihe Konsum und Verhalten“ die vorliegende ” Arbeit in ihr Programm aufgenommen haben. Mit den ehemaligen und jetzigen Herausgebern f¨ uhlt sich der Verfasser seit langem verbunden.
Univ.-Prof. (em.) Dr. L. M¨ uller-Hagedorn
Vorwort Wenn Konsumenten mit der Planung eines Kaufs beginnen, sind sie oftmals h¨ochstens unvollst¨andig u aufig ist es daher erforderlich, nach Preisinforma¨ber Preise informiert. H¨ tionen zu suchen. Wie gehen Konsumenten dabei vor – bei wie vielen Anbietern suchen sie nach Preisen, bevor sie sich zum Kauf entschließen? In der vorliegenden Untersuchung wird ein Modell entwickelt und experimentell u uft, das zur Beantwortung ¨berpr¨ dieser Frage dient. Davon k¨ onnen sowohl die Marketingwissenschaft als auch die Mikro¨okonomik profitieren, denn das Verhalten der Konsumenten bei der Suche nach Preisen kann sich auf die Absatzpolitik von Unternehmen und (deswegen) auf die Funktionsweise von M¨arkten auswirken. Das Modell ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass es keine Nutzenmaximierung unterstellt. Es wird also nicht davon ausgegangen, dass Konsumenten sich so verhalten, dass sie ein optimales Suchergebnis erzielen. Stattdessen wird das Suchverhalten hier auf einer verhaltenswissenschaftlichen Grundlage erkl¨ art: Das Modell basiert auf der Theorie des Anspruchsniveaus, die aus der Psychologie stammt. Dadurch wird ein Verhalten modelliert, das auf ein zufriedenstellendes Suchergebnis ausgerichtet ist. Die Arbeit wurde als Dissertation an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakult¨at der Universit¨at zu K¨ oln angefertigt. Meinem Doktorvater, Prof. Dr. Lothar M¨ ullerHagedorn, gilt mein besonderer Dank – insbesondere f¨ ur seine Bereitschaft, eine Arbeit zu betreuen, die disziplin¨ are Grenzen u ur Prof. Dr. Herbert ¨berschreitet. Dies gilt analog f¨ Baum, den Korreferenten, und Prof. Dr. Werner Reinartz, den Vorsitzenden bei der Disputation. Prof. Dr. Andrea Gr¨ oppel-Klein und Prof. Dr. Volker Trommsdorff sowie dem Gabler-Verlag danke ich f¨ ur die Aufnahme in die Schriftenreihe der Forschungsgruppe Konsum und Verhalten“. W¨ ahrend meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am ” Institut f¨ ur Handelsforschung an der Universit¨ at zu K¨ oln haben mich viele Kollegen unterst¨ utzt, wobei ich stellvertretend Dr. Kai Hudetz danke. Aus meinem pers¨onlichen Umfeld danke ich insbesondere Dr. Nadine Fischer f¨ ur zahlreiche Diskussionen. Ein wesentliches Anliegen der Untersuchung ist es, einen Beitrag zur Verkn¨ upfung marketingwissenschaftlicher, mikro¨ okonomischer und psychologischer Konzepte zu leisten. Ich hoffe, dadurch einen Impuls f¨ ur weitere Arbeiten zu setzen.
Sebastian van Baal
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abk¨ urzungs- und Variablenverzeichnis 1 Der 1.1 1.2 1.3
xiii xv xvii
Gegenstand und der Gang der Untersuchung Die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Vorliegende Modelle zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten 2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Fixed-Sample-Size-Modelle (Modelle der ersten Generation) . . . 2.1.1.1 Die Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.2 Komparativ-statische Analysen und Hypothesen . . . . ¨ 2.1.1.3 Empirische Uberpr¨ ufungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.4 Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Modelle mit einem sequenziellen Suchverfahren und einer bekannten Preisverteilung (Modelle der zweiten Generation) . . . . . . . 2.1.2.1 Die Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2.2 Komparativ-statische Analysen und Hypothesen . . . . ¨ 2.1.2.3 Empirische Uberpr¨ ufungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2.4 Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Modelle mit einem sequenziellen Suchverfahren und einer unbekannten Preisverteilung (Modelle der dritten Generation) . . . . 2.1.3.1 Die Grundstruktur (unter besonderer Ber¨ ucksichtigung der Modelle von Axell und Rothschild) . . . . . . . . . 2.1.3.2 Komparativ-statische Analysen und Hypothesen . . . . ¨ 2.1.3.3 Empirische Uberpr¨ ufungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.4 Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Marketingwissenschaftliche Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Grundlegende Ans¨ atze (unter besonderer Ber¨ ucksichtigung der Theorie des wahrgenommenen Risikos) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Das Modell von Punj und Staelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Das Modell von Beatty und Smith . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Das Modell von Srinivasan und Ratchford . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Das heuristisch-systematische Modell von Darke, Freedman und Chaiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 Das Modell von Schmidt und Spreng . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.7 Das Modell von Urbany, Dickson und Kalapurakal . . . . . . . . 2.3 Weitere Modelle (unter besonderer Ber¨ ucksichtigung mikro¨okonomischer Nichtnutzenmaximierungsmodelle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Die Bounce-Regeln von Hey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 4 4
7 8 12 13 16 20 20 24 26 29 35 43 44 45 51 54 54 59 60 67 68 69 70 70 71 73 74
x
Inhaltsverzeichnis
2.4
2.3.2 Das Aspiration-Satisficing-Modell von Butler und Loomes . . . . Zwischenfazit: Identifikation einer Forschungsl¨ ucke und zusammenfassende Kritik der vorliegenden Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 76
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus 87 3.1 Die psychologischen Grundlagen der Theorie (dargestellt anhand der Untersuchung von Hoppe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3.1.1 Das Anspruchsniveau als Einflussfaktor der Beurteilung einer Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.1.2 Das Anspruchsniveau zu Beginn einer Handlung . . . . . . . . . 90 3.1.3 Die Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus w¨ahrend einer Handlung 91 3.1.4 Das Anspruchsniveau als Einflussfaktor der Fortf¨ uhrung oder des Abbruchs einer Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 ¨ 3.1.5 Die Hypothesen im Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3.2 Das Attainment-Discrepancy-Modell von Lewin et al. zur Erkl¨arung der Ver¨anderung des Anspruchsniveaus w¨ ahrend einer Handlung . . . . . . . 93 ¨ 3.3 Das Satisficing-Modell von Simon und die Ubertragung der Theorie des Anspruchsniveaus auf das Suchverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3.4 Zur Beziehung zwischen der Theorie des Anspruchsniveaus und anderen Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3.5 Zwischenfazit: Die zentralen Elemente der Theorie des Anspruchsniveaus und ihre grunds¨ atzliche Eignung zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens 106 4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten 111 4.1 Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Einflussfaktoren der Intensit¨ at der Preissuche . . . . . . . 111 4.1.1 Die Preisbeurteilung als Ausgangspunkt der Herleitung der Modellkonstrukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4.1.2 Die Preisbereitschaft als Einflussfaktor der Intensit¨at der Preissuche 113 4.1.3 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Einflussfaktor der Intensit¨ at der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . 115 4.1.4 Die Kombination aus Preisbereitschaft und Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Einflussfaktor der Intensit¨at der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.2 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4.2.1 Die Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche . . . . . . . . . . 120 4.2.2 Die Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Preissuche . 124 4.2.3 Die Hypothesen zum Zustandekommen der Preisbereitschaft im ¨ Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4.3 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨angige Gr¨oße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4.3.1 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 anderung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preis4.3.2 Die Ver¨ kenntnisse w¨ ahrend der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 4.3.3 Die Hypothesen zum Zustandekommen des Anspruchsniveaus an ¨ den Umfang der Preiskenntnisse im Uberblick . . . . . . . . . . . 137 ¨ 4.4 Zwischenfazit: Das Modell im Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Inhaltsverzeichnis
xi
5 Der Aufbau des Experiments 139 5.1 Zur Wahl der Untersuchungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 ¨ 5.1.1 Schw¨ achen einer Uberpr¨ ufung des Modells anhand von Sekund¨ardaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.1.2 M¨oglichkeiten zur Erhebung von Prim¨ ardaten . . . . . . . . . . . 141 5.2 Der Ablauf des Experiments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 5.2.1 Die Einladung und Instruktion der Probanden . . . . . . . . . . 143 5.2.2 Die Zielfunktion und Entlohnung der Probanden . . . . . . . . . 147 5.2.3 Die Gestaltung der simulierten Kaufsituationen . . . . . . . . . . 150 5.2.4 Probel¨ aufe zur Reduktion von Unklarheiten . . . . . . . . . . . . 152 5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen . . . . . . . 153 5.3.1 Die Operationalisierung der Intensit¨ at der Preissuche . . . . . . . 154 5.3.2 Die Operationalisierung der intervenierenden Gr¨oßen . . . . . . . 155 5.3.2.1 Die Operationalisierung der Preisbereitschaft . . . . . . 155 5.3.2.2 Die Operationalisierung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 5.3.3 Die Operationalisierung der unabh¨ angigen Gr¨oßen . . . . . . . . 165 ¨ 5.3.4 Die Operationalisierungen im Uberblick . . . . . . . . . . . . . . 167 5.4 Die experimentellen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5.4.1 Die experimentellen Bedingungen zu Beginn der Preissuche . . . 169 5.4.2 Die experimentellen Bedingungen w¨ ahrend der Preissuche . . . . 173 ¨ 5.4.3 Die experimentellen Bedingungen im Uberblick . . . . . . . . . . 175 ¨ 5.5 Zwischenfazit: Der Aufbau des Experiments im Uberblick . . . . . . . . 175 6 Die Ergebnisse des Experiments 6.1 Merkmale der Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Die Datenbereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Die Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Die Datenbereinigung bei der Preisbereitschaft . . . . . . . . . . 6.2.3 Die Datenbereinigung beim Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Die G¨ ute der experimentellen Manipulationen und der Messinstrumente 6.3.1 Das Vorexperiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Die G¨ ute der experimentellen Manipulationen . . . . . . . . . . . 6.3.2.1 Die Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2.2 Die G¨ ute der Manipulationen im Vorexperiment . . . . 6.3.2.3 Die G¨ ute der Manipulationen im Hauptexperiment . . . ute der Messinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3 Die G¨ utekriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3.1 Die G¨ 6.3.3.2 Die G¨ ute der Messinstrumente im Vorexperiment . . . 6.3.3.3 Die G¨ ute der Messinstrumente im Hauptexperiment . . ¨ 6.3.3.4 Die G¨ ute der Messinstrumente im Uberblick . . . . . . 6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Die ¨okonometrische Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2 Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Einflussfaktoren der Intensit¨at der Preissuche 6.4.3 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße . . . . . . . . . . . . . 6.4.3.1 Die Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche . . . . . 6.4.3.2 Die Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
177 177 181 182 183 188 190 190 191 193 193 195 197 198 199 202 205 206 206 209 215 215 219
xii
Inhaltsverzeichnis 6.4.4
6.5
6.6
Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨angige Gr¨ oße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.4.1 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.4.2 Die Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Preissuche . . . . . . . Zur Bedeutung nicht ber¨ ucksichtigter Einflussfaktoren des Preissuchverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.1 Zur Bedeutung von u ¨ber dem niedrigsten bekannten Preis liegenden Preisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.2 Zur Bedeutung der Preisstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Zwischenfazit: Die Ergebnisse des Experiments im Uberblick und ihre Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse 7.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie . . . . . . . . . 7.2.1 Implikationen f¨ ur die Absatzpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1.1 Implikationen f¨ ur die Preispolitik . . . . . . . . . . . . 7.2.1.2 Implikationen f¨ ur die Standortpolitik . . . . . . . . . 7.2.1.3 Weitere absatzpolitische Implikationen . . . . . . . . 7.2.2 Implikationen f¨ ur die mikro¨ okonomische Theorie . . . . . . . . 7.2.2.1 Implikationen f¨ ur die Formulierung von Suchmodellen 7.2.2.2 Implikationen f¨ ur die Preisbildung . . . . . . . . . . . 7.2.2.3 Weitere mikro¨ okonomische Implikationen . . . . . . . 7.2.3 Implikationen f¨ ur die empirische Forschung . . . . . . . . . . . 7.3 Ans¨atze f¨ ur weitere Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang: Der Ablauf einer simulierten Kaufsituation Literaturverzeichnis
. . . . . . . . . . . . .
222 223 226 229 230 230 231 235 235 236 236 237 242 243 245 246 247 249 250 251 254 257 263
Abbildungsverzeichnis 1.1
Die Vorgehensweise der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1
Die Bestimmung der optimalen Suchintensit¨ at in FSS-Modellen des Preissuchverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bestimmung der optimalen Preisbereitschaft und der erwarteten Suchintensit¨at in sequenziellen Modellen des Preissuchverhaltens . . . . . . . . . Ein Beispiel der Aktualisierung von Wahrscheinlichkeitsurteilen nach dem Theorem von Bayes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Informationssuche von Punj und Staelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der H¨ andlersuche von Beatty und Smith . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Informationssuche von Srinivasan und Ratchford . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Informationssuche von Schmidt und Spreng . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at von Preisvergleichen von Urbany, Dickson und Kalapurakal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
Das Anspruchsniveau als unabh¨ angige Gr¨ oße . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Anspruchsniveau als unabh¨ angige und abh¨ angige Gr¨oße . . . . . . . . Das Attainment-Discrepancy-Modell von Lewin et al. . . . . . . . . . . . . Alternative Bewertungsfunktionen zur Erkl¨ arung des Wahlverhaltens . . . Die Bedeutung von Anspruchsniveaus bei multiattributiven Handlungsergebnissen nach Simon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
16 30 47 67 68 69 71 72 89 93 95 97 100
4.1
Ein Beispiel des vermuteten Zusammenhangs zwischen der Preisbeurteilung und der Preisakzeptanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als unabh¨ angige Gr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Beurteilung von Transaktionsm¨ oglichkeiten anhand der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse . . . . . . . 4.4 Die Ver¨anderung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche . . . . . . . . . 4.5 Ein Beispiel zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche . . 4.6 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Die Ver¨anderung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ahrend der Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Ein Beispiel zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Suche . . . . . . . . . 4.9 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨angige Gr¨oße ¨ 4.10 Das Modell im Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
135 137 138
5.1 5.2
141 144
M¨oglichkeiten zur Erhebung von Prim¨ ardaten . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Der Ablauf des Experiments im Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . .
114 119 121 126 128 130 133
xiv
Abbildungsverzeichnis
5.3 5.4 5.5
¨ Ein Beispiel der Ubersichtsseite zu Beginn einer Kaufsituation . . . . . . . Ein Beispiel einer Anbieterseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Ein Beispiel der Ubersichtsseite nach Aufdeckung eines Platzhalters . . . .
6.1
Histogramm und Kern-Dichtesch¨ atzer der Preisbereitschaft vor der Datenbereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Histogramm des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse vor der Datenbereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 ¨ Die Ergebnisse der Hypothesenpr¨ ufung im Uberblick . . . . . . . . . . . . 232
6.2 6.3 A.1 A.2 A.3 A.4 A.5 A.6 A.7 A.8 A.9 A.10 A.11 A.12 A.13 A.14 A.15 A.16 A.17
Die Information der Probanden vor Beginn einer Kaufsituation . . . . . . ¨ Die Ubersichtsseite zu Beginn einer Kaufsituation . . . . . . . . . . . . . . Die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Messung der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche . . . . . . . . . . . Die Meldung nach der Messung der Preisbereitschaft . . . . . . . . . . . . Die erste Anbieterseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ahrend der Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Messung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche . . . . . . . . . . . . Die Meldung nach der Messung der Preisbereitschaft . . . . . . . . . . . . ¨ Die Ubersichtsseite nach Aufdeckung eines Platzhalters . . . . . . . . . . . Die zweite Anbieterseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ahrend der Suche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Messung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche . . . . . . . . . . . . Die Meldung nach der Messung der Preisbereitschaft . . . . . . . . . . . . ¨ Die Ubersichtsseite nach Aufdeckung von zwei Platzhaltern . . . . . . . . . Die erste Anbieterseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Information der Probanden u ¨ber das Ergebnis einer Kaufsituation . .
150 151 152
257 257 258 258 258 259 259 259 260 260 260 261 261 261 262 262 262
Tabellenverzeichnis 2.1
Die haupts¨achlichen Arten vorliegender Modelle zur Erkl¨arung der Intensit¨at der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die grundlegenden Annahmen und Generationen mikro¨okonomischer Modelle zur Erkl¨arung der Intensit¨ at der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Ausgew¨ahlte Arbeiten zu Modellen der ersten Generation . . . . . . . . . . 2.4 Ausgew¨ahlte empirische Untersuchungen zu Modellen der ersten Generation 2.5 Ausgew¨ahlte Arbeiten zu Modellen der zweiten Generation . . . . . . . . . 2.6 Ausgew¨ahlte empirische Untersuchungen zu Modellen der zweiten Generation 2.7 Ausgew¨ahlte Arbeiten zu Modellen der dritten Generation . . . . . . . . . 2.8 Ausgew¨ahlte empirische Untersuchungen zu Modellen der dritten Generation 2.9 Grundlegende marketingwissenschaftliche Ans¨ atze zur Erkl¨arung des Informationsverhaltens der Konsumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.10 Die grundlegenden Merkmale vorliegender Modelle zur Erkl¨arung der Intensit¨at der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.11 Die grundlegenden Vor- und Nachteile vorliegender Modelle zur Erkl¨arung der Intensit¨at der Preissuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 3.2 4.1 4.2
5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 6.1 6.2 6.3 6.4
Ausgew¨ahlte Arbeiten zur Anwendung der Theorie des Anspruchsniveaus auf ¨okonomische Untersuchungsgegenst¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Wirkungen von Erfolg und Misserfolg nach Hoppe . . . . . . . . . . . Ein Beispiel zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche . . Ein Beispiel zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Suche . . . . . . . . . Grundlegende Merkmale von Instrumenten zur Messung der Preisbereitschaft ¨ Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen im Uberblick . Die Auspr¨agungen der manipulierten unabh¨ angigen Gr¨oßen zu Beginn der Preissuche bei den simulierten Kaufsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . Die Reihenfolgen der simulierten Kaufsituationen als lateinisches Quadrat Die modifizierten Reihenfolgen der simulierten Kaufsituationen . . . . . . . Die bei den simulierten Kaufsituationen verwendeten Preise . . . . . . . . ¨ Die experimentellen Bedingungen im Uberblick . . . . . . . . . . . . . . .
8 12 13 21 25 37 45 55 61 78 84
88 91 128 135 161 168 169 170 172 174 175
Soziodemografische und -¨ okonomische Merkmale der Stichprobe und der Grundgesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Absolute H¨aufigkeiten von Arten der Beendigung der Kaufsituationen nach deren Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 ufungsreleAbsolute H¨aufigkeiten von Arten der Beendigung hypothesenpr¨ vanter Kaufsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Absolute H¨aufigkeiten fehlerfreier und fehlerhafter Angaben zur Preisbereitschaft bei hypothesenpr¨ ufungsrelevanten Kaufsituationen . . . . . . . . . . 187
xvi 6.5
6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 6.12 6.13 6.14 6.15 6.16 6.17 6.18 6.19 6.20 6.21 6.22 6.23 6.24 6.25 6.26 6.27 6.28
Tabellenverzeichnis Absolute H¨aufigkeiten fehlerfreier und fehlerhafter Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bei hypothesenpr¨ ufungsrelevanten Kaufsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Reihenfolge der simulierten Kaufsituationen im Vorexperiment . . . . Die zur Manipulationspr¨ ufung verwendeten Aussagen . . . . . . . . . . . . Die G¨ ute der experimentellen Manipulationen im Vorexperiment . . . . . . Die Zustimmung zu den Aussagen hinsichtlich der experimentellen Manipulationen im Hauptexperiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die G¨ ute von drei experimentellen Manipulationen im Hauptexperiment . ¨ Die G¨ ute der Messinstrumente im Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beziehung zwischen den Modell- und Regressionsparametern zu den Hypothesen 1 bis 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deskriptive Merkmale der Variablen zu den Hypothesen 1 bis 3 . . . . . . Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu den Hypothesen 1 bis 3 Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu den Hypothesen 1 bis 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deskriptive Merkmale der Variablen zu den Hypothesen 4 bis 6 . . . . . . Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu den Hypothesen 4 bis 6 Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu den Hypothesen 4 bis 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deskriptive Merkmale der Variablen zu Hypothese 7 . . . . . . . . . . . . . Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu Hypothese 7 . . . . . . Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu Hypothese 7 . . . Deskriptive Merkmale der Variablen zu den Hypothesen 8 bis 10 . . . . . . Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu den Hypothesen 8 bis 10 Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu den Hypothesen 8 bis 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deskriptive Merkmale der Variablen zu Hypothese 11 . . . . . . . . . . . . Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu Hypothese 11 . . . . . Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu Hypothese 11 . . ¨ Die Ergebnisse der Hypothesenpr¨ ufung im Uberblick . . . . . . . . . . . .
190 191 193 194 196 196 205 211 212 212 213 217 218 219 220 221 221 224 225 225 227 228 228 232
Abku ¨ rzungs- und Variablenverzeichnis In diesem Verzeichnis werden Abk¨ urzungen und Variablen definiert, die in mehreren Abschnitten verwendet werden. Im Text werden sie im Allgemeinen bei ihrer ersten Verwendung in jedem Kapitel erl¨ autert. Zur Vereinfachung der Notation werden Variablen im Text nur dann Indizes (beispielsweise f¨ ur Personen) zugeordnet, wenn es der Klarheit wegen erforderlich ist. a ................ ˚ ................ A AN U P K . . . . . . . . . UP K . . . . . . . . . AN−1 AN0U P K . . . . . . . . . AN x . . . . . . . . . . . . . AR . . . . . . . . . . . . . . ARMAX(p, q) . . . .
Ax . . . . . . . . . . . . . . b ................ β ................ c ................ cl . . . . . . . . . . . . . . . . χ2 . . . . . . . . . . . . . . . d ................ e ................ EAN U P K . . . . . . . EP B . . . . . . . . . . . . E(x) . . . . . . . . . . . . . ................ f (x) . . . . . . . . . . . . . F (x) . . . . . . . . . . . . . G ................ G(x) . . . . . . . . . . . . . Hx . . . . . . . . . . . . . . i ................. j ................ k ................ kauf . . . . . . . . . . . . .
Modellparameter bzw. Handlungsm¨ oglichkeit Menge der bekannten Handlungsm¨ oglichkeiten Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse Beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts gebildetes Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche Anspruchsniveau an die Gr¨ oße x Autoregressiver Prozess Spezifikation eines Regressionsmodells, bei der die St¨orgr¨oßen einem autoregressiven Prozess der Ordnung p und einem Prozess gleitender Mittelwerte der Ordnung q folgen Annahme x Modellparameter Regressionsparameter Modellparameter bzw. Grenzsuchkosten Anzahl der Probanden bzw. Cluster, auf der die Berechnung von Standardfehlern basiert Teststatistik Modellparameter Modellparameter bzw. Restst¨ orgr¨ oße bei Regressionsmodellen bzw. Kennzeichnung eines erwarteten Werts Bin¨ are Variable, die den Wert 1 annimmt, wenn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist Bin¨ are Variable, die den Wert 1 annimmt, wenn ein Preis identifiziert wurde, der der Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist Erwartungswert der Variable x Preiselastizit¨ at der Nachfrage Dichte- bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion der stetigen bzw. diskreten Variable x Verteilungsfunktion der Variable x bzw. logistische Verteilungsfunktion Guthaben Verteilungsfunktion der Variable x Hypothese x Index der Probanden, soweit nicht anders definiert Index der simulierten Kaufsituationen, soweit nicht anders definiert Grenzkosten der Produktion Bin¨ are Variable, die den Wert 1 annimmt, wenn die Preissuche mit einem Kauf beendet wird
xviii
Abk¨ urzungs- und Variablenverzeichnis
λ . . . . . . . . . . . . . . . . Anteil der Konsumenten, die Preise vergleichen, soweit nicht anders definiert MA . . . . . . . . . . . . . . Prozess gleitender Mittelwerte MPS . . . . . . . . . . . . . Mean-Preserving Spread ( mittelwerterhaltende Spreizung“) einer ” Verteilung n . . . . . . . . . . . . . . . . Stichprobengr¨ oße, soweit nicht anders definiert ˜ . . . . . . . . . . . . . . . Anzahl der Anbieter N n. s. . . . . . . . . . . . . . Nicht signifikant p . . . . . . . . . . . . . . . . Preis bzw. Signifikanz bzw. Ordnung eines autoregressiven Prozesses p∗ . . . . . . . . . . . . . . . Optimaler Preis p˜ . . . . . . . . . . . . . . . . Wert¨ aquivalent pmin . . . . . . . . . . . . . Niedrigster Preis bzw. niedrigster bekannter Preis ochster Preis pmax . . . . . . . . . . . . . H¨ P B . . . . . . . . . . . . . . Preisbereitschaft ahnlichen Produkts gebildete PreisP B−1 . . . . . . . . . . . . Beim vorhergehenden Kauf eines ¨ bereitschaft P B0 . . . . . . . . . . . . . Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche pr(x) . . . . . . . . . . . . Wahrscheinlichkeit des Ereignisses x prtT . . . . . . . . . . . . . . Wahrscheinlichkeit, dass die Preissuche in Suchschritt t mit einem Kauf beendet wird q . . . . . . . . . . . . . . . . Ordnung eines Prozesses gleitender Mittelwerte bzw. Entscheidungsproblem r . . . . . . . . . . . . . . . . Bravais-Pearson-Korrelationskoeffizient R2 . . . . . . . . . . . . . . . Bestimmtheitsmaß (Anteil der erkl¨arten Varianz einer abh¨angigen Variable) 2 . . . . . . . . . . . Intraindividuelles Bestimmtheitsmaß Rwithin rs . . . . . . . . . . . . . . . Spearman-Rangkorrelationskoeffizient ρ . . . . . . . . . . . . . . . . Parameter eines autoregressiven Prozesses, soweit nicht anders definiert s . . . . . . . . . . . . . . . . Handlungsergebnis sd . . . . . . . . . . . . . . . Standardabweichung t . . . . . . . . . . . . . . . . . Index der Suchschritte bzw. Zeitindex T . . . . . . . . . . . . . . . . Anzahl der Anbieter bzw. der Suchschritte, die vor Beendigung der Preissuche aufgesucht bzw. durchgef¨ uhrt werden T˜ . . . . . . . . . . . . . . . . Exogene Suchgrenze τ . . . . . . . . . . . . . . . . Index der m¨ oglichen Suchschritte bei exogener Suchgrenze θ . . . . . . . . . . . . . . . . Parameter eines Prozesses gleitender Mittelwerte u . . . . . . . . . . . . . . . . St¨ orgr¨ oße bei Regressionsmodellen u(·) . . . . . . . . . . . . . . Bewertungsfunktion V (·) . . . . . . . . . . . . . Nutzen eines Suchschritts w . . . . . . . . . . . . . . . . Bin¨ are Variable, die den Wert 1 annimmt, wenn sich das Wert¨aquivalent bei einer simulierten Kaufsituation vom Wert¨aquivalent bei der vorhergehenden Kaufsituation unterscheidet W (·) . . . . . . . . . . . . . Minimale erwartete Gesamtkosten x ¯ . . . . . . . . . . . . . . . . Arithmetischer Mittelwert x(0,5) . . . . . . . . . . . . Median z . . . . . . . . . . . . . . . . Teststatistik
1 Der Gegenstand und der Gang der Untersuchung Bei vielen K¨aufen suchen Konsumenten mehrere Anbieter auf, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Suche nach Preisinformationen zu, denn oftmals vergleichen Konsumenten die Preise mehrerer Anbieter. Kaufentscheidungen werden h¨ aufig aber auch getroffen, ohne dass Preise verglichen werden. In solchen F¨allen sehen Konsumenten es als ausreichend an, einen einzigen Anbieter aufzusuchen. Die Frage, bei wie vielen Anbietern Konsumenten nach Preisen suchen, bevor sie sich zum Kauf entschließen, ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Im ersten Kapitel werden zun¨ achst in Abschnitt 1.1 die Problemstellung und die Forschungsfragen dargestellt. Daran schließt sich die Vorgehensweise der Untersuchung an, die in Abschnitt 1.2 veranschaulicht wird. Die Einleitung abschließend werden in Abschnitt 1.3 die Annahmen erl¨ autert, die der Untersuchung zugrunde liegen.
1.1 Die Problemstellung Oftmals sind Konsumenten h¨ ochstens unvollst¨ andig dar¨ uber informiert, welche Preise die Anbieter eines Produkts fordern, solange sie die Anbieter nicht kontaktiert haben. In solchen F¨allen m¨ ussen Preisinformationen erst erlangt werden, wenn sie in eine Kaufentscheidung eingehen sollen. Dazu ist es h¨ aufig erforderlich, nach Preisinformationen zu suchen. Das damit einhergehende Verhalten – also das kaufvorbereitende Verhalten bei der Suche nach Preisinformationen – kann als Preissuchverhalten“ der Konsumen” ¨ ten bezeichnet werden. Wiewohl es Uberschneidungen gibt, ist das Preissuchverhalten vom Verhalten bei der Suche nach anderen Informationen, insbesondere zur Qualit¨at von Produkten, abzugrenzen. Das Preissuchverhalten der Konsumenten kann f¨ ur die Absatzpolitik von Unternehmen und daher f¨ ur die Funktionsweise von M¨ arkten von Bedeutung sein. Insbesondere kann sich das Preissuchverhalten auf die Preisbildung auswirken: Je weniger die Konsumenten suchen, desto unvollst¨ andiger sind – unter ansonsten identischen Umst¨anden – ihr Informationsstand und die Preistransparenz und desto gr¨oßer sind die Spielr¨aume f¨ ur die Preispolitik der Anbieter.1 Das Preissuchverhalten ist daher f¨ ur die betriebs- und volkswirtschaftliche Forschung von Interesse. Das Preissuchverhalten kann anhand verschiedener Merkmale charakterisiert werden. Insbesondere kann ermittelt werden, welche Anbieter Konsumenten aufsuchen, in welcher Reihenfolge sie Anbieter aufsuchen und wie viele Anbieter sie aufsuchen.2 Das Explanandum der vorliegenden Untersuchung ist das letztgenannte Merkmal, das auch als 1
2
Vgl. bspw. Stigler, George J. (1961): The Economics of Information, in: Journal of Political Economy, Vol. 69 No. 3, S. 213–225, hier: S. 213f., 219f.; Rothschild, Michael (1973): Models of Market Organization with Imperfect Information: A Survey, in: Journal of Political Economy, Vol. 81 No. 6, S. 1283–1308, hier: S. 1289; Salop, Steven C./Stiglitz, Joseph E. (1977): Bargains and Ripoffs: A Model of Monopolistically Competitive Price Dispersion, in: Review of Economic Studies, Vol. 44 No. 138, S. 493–510, hier: S. 493. Vgl. Bettman, James R. (1979): An Information Processing Theory of Consumer Choice, Reading, S. 111; Blackwell, Roger D./Miniard, Paul W./Engel, James F. (2006): Consumer Behavior, 10th Edition, Mason, S. 111.
S. van Baal, Das Preissuchverhalten der Konsumenten, DOI 10.1007/978-3-8349-7041-1_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2
1 Der Gegenstand und der Gang der Untersuchung
Suchintensit¨at“ bezeichnet wird.3 Die Untersuchung dient mithin dazu, die folgende ” Frage zu beantworten: Bei wie vielen Anbietern suchen Konsumenten nach Preisen f¨ ur ein bestimmtes Produkt, bevor sie sich zum Kauf entschließen? Dabei verfolgt die Untersuchung nicht das Ziel, die Suchintensit¨at zu beschreiben, sondern sie zu erkl¨aren, indem die Vorg¨ ange im Insystem der Konsumenten modelliert werden. Eine solche positivistische Erkl¨ arung kann bei der Prognose und Beeinflussung von Marktentwicklungen und -ergebnissen hilfreich sein, da sie Ursache-Wirkungszusammenh¨ange offenlegt.4 Das Preissuchverhalten der Konsumenten war schon bislang Gegenstand wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchungen, wobei sich unterschiedliche theoretische Ans¨atze herausgebildet haben. So wird das Preissuchverhalten sowohl in der mikro¨okonomischen als auch in der marketingwissenschaftlichen Forschung behandelt.5 In der vorliegenden Untersuchung wird ein neues Modell entwickelt, das auf den bestehenden Erkl¨arungsans¨atzen aufbaut. Damit soll unter anderem ein Beitrag zur Integration mikro¨okonomischer und marketingwissenschaftlicher Erkenntnisse geleistet werden. Im Mittelpunkt des zu entwickelnden Modells steht die Preisbereitschaft“ der Konsu” menten. Bei der Preisbereitschaft handelt es sich um den maximalen Geldbetrag, den ein Konsument f¨ ur eine Verkaufseinheit eines bestimmten Produkts an einen Anbieter zu entrichten bereit ist. Sie entspricht also dem h¨ ochsten Preis, den ein Konsument als akzeptabel ansieht. Die Preisbereitschaft wird im Modell als zentraler Einflussfaktor der Suchintensit¨at angesehen, denn unter ansonsten identischen Umst¨anden d¨ urften Konsumenten umso mehr Anbieter aufsuchen, je niedriger ihre Preisbereitschaft ist. Die Preisbereitschaft geht in das Modell als unabh¨ angige und abh¨angige Gr¨oße ein. Es wird also sowohl auf die Bedeutung der Preisbereitschaft f¨ ur die Suchintensit¨at als auch auf das Zustandekommen der Preisbereitschaft abgestellt. Daraus ergeben sich drei zentrale Ansatzpunkte der Untersuchung: • Erstens wird nicht unterstellt, dass Konsumenten nutzenmaximierend handeln. Die H¨ohe der Preisbereitschaft wird daher nicht als Ergebnis einer rationalen Abw¨agung modelliert. Um die H¨ ohe der Preisbereitschaft zu erkl¨aren, wird stattdessen verhaltenswissenschaftlich vorgegangen, indem die psychologische Theorie des Anspruchsniveaus herangezogen und die Preisbereitschaft als Anspruchsniveau an den Preis“ ” aufgefasst wird.6 Dadurch wird ein Suchverhalten modelliert, das nicht auf das optimale Ergebnis ausgerichtet ist, sondern auf ein zufriedenstellendes Ergebnis. Im Gegensatz dazu werden in den meisten bislang vorgeschlagenen Modellen zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens nutzenmaximierende Konsumenten unterstellt.7 3 4 5 6
7
Vgl. bspw. Rothschild (1973), S. 1287. Vgl. bspw. Kroeber-Riel, Werner/Weinberg, Peter/Gr¨ oppel-Klein, Andrea (2009): Konsumentenverhalten, 9., u unchen, S. 16f. ¨berarb., aktualisierte und erg. Aufl., M¨ Vgl. bspw. Stigler (1961) bzw. Urbany, Joel E./Dickson, Peter R./Kalapurakal, Rosemary (1996): Price Search in the Retail Grocery Market, in: Journal of Marketing, Vol. 60 No. 2, S. 91–104. Die Theorie des Anspruchsniveaus geht auf Sch¨ uler Lewins zur¨ uck und wurde von Simon in die ¨ okonomische Forschung eingebracht. Vgl. Lewin, Kurt/Dembo, Tamara/Festinger, Leon/Snedden Sears, Pauline (1944): Level of Aspiration, in: Hunt, Joseph McVicker (Hrsg.) (1944): Personality and the Behavior Disorders, New York, S. 333–378 bzw. Simon, Herbert A. (1955): A Behavioral Model of Rational Choice, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 69 No. 1, S. 99–118. Vgl. auch Zwick, Rami/Rapoport, Amnon/Lo, Alison King Chung/Muthukrishnan, A. V. (2003): Consumer Sequential Search: Not Enough or Too Much? in: Marketing Science, Vol. 22 No. 4, S. 503–519, hier: S. 503; Homburg, Christian/Koschate, Nicole (2005): Behavioral Pricing-Forschung ¨ im Uberblick, Teil 1: Grundlagen, Preisinformationsaufnahme und Preisinformationsbeurteilung, in:
1.1 Die Problemstellung
3
• Zweitens wird die Preisbereitschaft nicht als statische, sondern als dynamische Gr¨oße behandelt: Die Preisbereitschaft kann sich w¨ ahrend der Suche ver¨andern. Um die Ver¨anderung zu erkl¨ aren, wird die Theorie des Anspruchsniveaus herangezogen. Auf der Basis dieser Theorie kann beispielsweise vermutet werden, dass sich die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche an die identifizierten Preise anpasst, da diese Preise signalisieren, inwieweit die Preisbereitschaft realistisch ist. Im Modell wird also ber¨ ucksichtigt, dass Konsumenten Preise erst w¨ ahrend der Suche kennenlernen und dass sie sich von diesen Preisen m¨ oglicherweise beeinflussen lassen.8 • Drittens wird nicht unterstellt, dass ausschließlich die Preisbereitschaft dar¨ uber bestimmt, wann die Suche beendet wird. Stattdessen wird die Sicherheit der Konsumenten bei der Beurteilung von Preisen ber¨ ucksichtigt, indem das Anspruchsniveau ” an den Umfang der Preiskenntnisse“ als zus¨ atzlicher Einflussfaktor der Suchintensit¨at in das Modell aufgenommen wird.9 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bringt zum Ausdruck, dass Konsumenten ihre Suche m¨oglicherweise erst dann beenden, wenn sie eine ausreichende Anzahl von Vergleichspreisen kennen; eine ausreichende“ Anzahl ist gegeben, wenn das Anspruchsniveau an den Umfang ” der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist. Falls diese Vermutung zutrifft, werden Konsumenten ihre Suche unter Umst¨ anden selbst dann fortsetzen, wenn sie einen Preis identifiziert haben, der unter ihrer Preisbereitschaft liegt. Aus diesen drei Ansatzpunkten leiten sich die Ziele der Untersuchung ab. Die eingangs formulierte Hauptfrage nach der Erkl¨ arung der Suchintensit¨at wird durch die folgenden spezifischen Fragen erg¨ anzt: • Kann die H¨ohe der Preisbereitschaft der Konsumenten auf der Basis der Theorie des Anspruchsniveaus erkl¨ art werden? • Ver¨andert sich die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Preissuche? Kann auch die Ver¨anderung gegebenenfalls anspruchsniveautheoretisch erkl¨art werden? • Streben die Konsumenten bei der Preissuche danach, eine subjektiv ausreichende Kenntnis der im Markt geforderten Preise zu erlangen, bevor sie sich zum Kauf entschließen? Kann auch dieser Verhaltensaspekt gegebenenfalls anspruchsniveautheoretisch erkl¨art werden? Um diese – miteinander verkn¨ upften – Fragen zu beantworten, wird das zu entwickelnde Modell empirisch u uft; es wird also nicht nur das Ziel verfolgt, Hypothesen de¨berpr¨ duktiv herzuleiten, sondern sie auch zu testen. Falls die Fragen dabei bejaht werden, ist die explanative und prognostische G¨ ute von Modellen zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens, die nutzenmaximierende Konsumenten unterstellen, kritisch zu beurteilen. Antonides merkt in diesem Sinne an: [L]earning behavior, emotions and changing aspi” ration levels frequently produce instable preferences, thus yielding irrational behavior from the economic point of view.“10 Ein u ¨bergreifendes Anliegen der Untersuchung
8
9
10
Zeitschrift f¨ ur Betriebswirtschaft, Jg. 75 Nr. 4, S. 383–423, hier: S. 387. Die Vermutung, dass Pr¨ aferenzen und somit die Preisbereitschaft von den Rahmenbedingungen abh¨ angen, entspricht der konstruktivistischen Sichtweise, die viele Verhaltensforscher vertreten. Vgl. bspw. den Sammelband Kahneman, Daniel/Tversky, Amos (Hrsg.) (2000): Choices, Values, and Frames, Cambridge – New York. Vgl. zur Beurteilung von Preisen und zu Preiskenntnissen bspw. M¨ uller-Hagedorn, Lothar (1983b): Wahrnehmung und Verarbeitung von Preisen durch Verbraucher – Ein theoretischer Rahmen, in: Zeitschrift f¨ ur betriebswirtschaftliche Forschung, Jg. 35 Nr. 11/12, S. 939–951, hier: insb. S. 947f. Antonides, Gerrit (1996): Psychology in Economics and Business: An Introduction to Economic Psychology, 2nd, revised Edition, Dordrecht – Boston – London, S. 246, Hervorhebung hinzugef¨ ugt, vgl. auch S. 144f.
4
1 Der Gegenstand und der Gang der Untersuchung
ist es insofern, eine verhaltens¨ okonomische Alternativerkl¨arung f¨ ur einen Erkenntnisgegenstand zu entwickeln und zu u ufen, der in der neoklassischen Mikro¨okonomik ¨berpr¨ intensiv untersucht wurde. Dabei ist mit verhaltens¨ okonomisch“ gemeint, dass ein wirt” schaftswissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand unter Einbeziehung psychologischer okonomisches Modell zur Erkl¨arung des Erkenntnisse behandelt wird.11 Ein verhaltens¨ Preissuchverhaltens kann insbesondere in der Form zu neuen Erkenntnissen f¨ uhren, dass es zwar – wie noch gezeigt wird – weniger mathematisch stringent ist als Nutzenmaximierungsmodelle, daf¨ ur jedoch den Entscheidungsprozessen der Konsumenten aufgrund seiner psychologischen Fundierung n¨ aher kommen kann.
1.2 Die Vorgehensweise Die untersuchungsleitenden Fragen werden in vier Schritten beantwortet: 1. Da ein Anliegen der Arbeit darin besteht, mikro¨ okonomische und marketingwissenschaftliche Ans¨atze zu integrieren, werden in Kapitel 2 vorliegende Modelle zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens aus beiden Disziplinen dargestellt. Dabei wird er¨ortert, wie die Frage nach den Einflussfaktoren der Suchintensit¨at bislang beantwortet wird. 2. Das in der Arbeit zu entwickelnde Modell basiert auf der Theorie des Anspruchsniveaus; diese wird in Kapitel 3 dargestellt. Da die Theorie des Anspruchsniveaus ansonsten eher selten in Erkl¨ arungen des Konsumentenverhaltens einbezogen wird, wird dabei haupts¨ achlich auf grundlegende Arbeiten eingegangen, die eine Basis f¨ ur die Herleitung von Hypothesen bereitstellen. 3. In Kapitel 4 werden die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse in der Form zusammengef¨ uhrt, dass ein Modell entwickelt wird, das auf den vorliegenden Ans¨atzen aufbaut und auf der Theorie des Anspruchsniveaus basiert. 4. In Kapitel 5 wird der Aufbau und in Kapitel 6 werden die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung dargestellt, mit der das Modell aus Kapitel 4 u uft wird. ¨berpr¨ Die Untersuchung besteht aus einem Laborexperiment, bei dem Probanden simulierte Kaufsituationen durchlaufen. In Abbildung 1.1 werden diese Schritte veranschaulicht. Im abschließenden Kapitel 7 werden die Erkenntnisse zusammengefasst, Implikationen f¨ ur die Absatzpolitik von Unternehmen und die ¨okonomische Forschung dargestellt sowie Ans¨atze f¨ ur weitere Untersuchungen er¨ortert.
1.3 Die Annahmen Um die Komplexit¨at des Untersuchungsgegenstands zu reduzieren, wird im Folgenden nicht jeder denkbare Fall erfasst. Stattdessen liegen der Untersuchung die folgenden Annahmen zugrunde: A1: Sowohl das Produkt, f¨ ur das Preise gesucht werden, als auch die Anbieter des Produkts sind homogen. Die Suche bezieht sich also erstens auf Preise f¨ ur ein modellexogen eindeutig bestimmtes Produkt mit feststehenden Eigenschaften, f¨ ur das sich die Konsumenten vor Beginn der Suche entschieden haben.12 Zweitens unterscheiden sich 11
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Vgl. allgemein zur verhaltens¨ okonomischen Forschung bspw. Thaler, Richard H. (1991): Quasi Rational Economics, New York; Kahneman/Tversky (2000); Camerer, Colin F./Loewenstein, George/ Rabin, Matthew (Hrsg.) (2004): Advances in Behavioral Economics, Princeton. In der Marketingforschung zum Suchverhalten wird hingegen u ¨berwiegend die Produktentscheidung
1.3 Die Annahmen
5
Abbildung 1.1: Die Vorgehensweise der Untersuchung
die Anbieter des Produkts nicht voneinander; lediglich ihre Preisforderungen k¨onnen verschieden sein. Der so eingegrenzte Untersuchungsgegenstand wird im Folgenden als reine“ Preissuche bezeichnet. ” A2: Die Konsumenten verf¨ ugen zu Beginn der Suche nicht u ¨ber Vorwissen hinsichtlich der Zuordnung von Preisen zu Anbietern. Somit spielt die Reputation von Anbietern, die beispielsweise durch Werbung und fr¨ uhere K¨ aufe entstehen kann, keine Rolle: [E]x ante all shops look equally attractive“13 . Diese Annahme stellt eine bedeuten” de Einschr¨ankung des Untersuchungsgegenstands dar, zumal Konsumenten in realen Entscheidungssituationen vermutlich h¨ aufig beispielsweise anhand von Preisimages entscheiden, welche Anbieter sie aufsuchen oder in welcher Reihenfolge sie dies tun.14 Diesen Aspekt deckt die vorliegende Untersuchung nicht ab, denn die dargestellten Suchmodelle betreffen Situationen, in denen Anbieter in zuf¨alliger Reihenfolge aufgesucht werden. A3: Die Konsumenten planen, eine Verkaufseinheit des Produkts zu erwerben. Die Untersuchung betrifft somit insbesondere die Suche nach Preisen von Gebrauchsg¨ utern, weniger die nach Preisen von Verbrauchsg¨ utern.15 Die Beschr¨ankung auf Gebrauchsg¨ uter l¨asst sich auch damit begr¨ unden, dass es bei diesen wahrscheinlicher ist als bei Verbrauchsg¨ utern, dass Konsumenten auf Preise achten, dass sie hinsichtlich der im Markt geforderten Preise unsicher sind und dass sie sich entsprechend A2 nicht von
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bzw. Markenwahl behandelt. Vgl. bspw. Lilien, Gary L./Kotler, Philip/Moorthy, K. Sridhar (1992): Marketing Models, Englewood Cliffs, S. 64-74. Hey, John D. (1981a): Are Optimal Search Rules Reasonable? And Vice Versa? (And Does It Matter Anyway?), in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 2 No. 1, S. 47–70, hier: S. 49, Hervorhebung im Original. Vgl. zur davon abweichenden systematischen“ Suche bspw. Weitzman, ” Martin L. (1979): Optimal Search for the Best Alternative, in: Econometrica, Vol. 47 No. 3, S. 641– 654. Vgl. bspw. Nystr¨ om, Harry (1970): Retail Pricing: An Integrated Economic and Psychological Approach (Diss. Handelshochschule Stockholm), Stockholm, S. 16-18, 103-136; M¨ uller-Hagedorn, Lothar (2005): Handelsmarketing, 4., u ¨berarb. Aufl., Stuttgart, S. 279; Pechtl, Hans (2005): Preispolitik, Stuttgart, S. 36; Diller, Hermann (2008): Preispolitik, 4., vollst. neu bearb. und erw. Aufl., Stuttgart, S. 136; Simon, Hermann/Fassnacht, Martin (2009): Preismanagement: Strategie – Analyse – Entscheidung – Umsetzung, 3., vollst. u ¨berarb. und erw. Aufl., Wiesbaden, S. 475f. Vgl. auch a. a. O., S. 92.
6
1 Der Gegenstand und der Gang der Untersuchung such¨ ubergreifenden Anbieterpr¨ aferenzen leiten lassen.16
A4: Die Konsumenten streben danach, einen niedrigen Preis f¨ ur das gesuchte Produkt zu zahlen (dies muss allerdings nicht ihr einziges Ziel sein). Mindestpreise, bei deren Unterschreiten beispielsweise Zweifel an der Qualit¨at des Produkts geweckt werden oder das Produkt einem Snob- oder Veblen-Effekt entsprechend aus sozialen Gr¨ unden als weniger nutzenstiftend beurteilt wird,17 sind daher aus der Untersuchung ausgeschlossen. Dies steht in Einklang mit A1, nach der die Eigenschaften des Produkts nicht infrage gestellt werden. A5: Die Anbieter sind bereit und imstande, das Produkt an jeden Konsumenten, der den geforderten Preis zu zahlen bereit und imstande ist, zu ver¨außern. Insbesondere Outof-Stock-Situationen und Kapazit¨ atsgrenzen werden somit ausgeschlossen. A6: Zwischen Anbietern und Konsumenten finden keine Verhandlungen oder Auktionen statt; die Preisforderungen der Anbieter sind feste Werte. A5 und A6 werden im Folgenden als Charakterisierung eines idealtypischen“ Einzelhandelsmarkts bezeich” net.18 A7: Die Suche findet in einem kurzen Zeitraum statt, wobei sich kurz“ auf zwei Merkma” le bezieht: Erstens nehmen die Konsumenten keine Diskontierung zuk¨ unftiger Werte vor; zweitens sind die im Markt geforderten Preise w¨ahrend der Suche konstant. Zusammenfassend schr¨ anken diese Annahmen die Untersuchung auf die reine“ und kur” ” ze“ Preissuche in idealtypischen“ Einzelhandelsm¨ arkten f¨ ur Gebrauchsg¨ uter ein. Die ” Annahmen liegen der gesamten Untersuchung zugrunde; bei der Darstellung einzelner Modelle in den folgenden Kapiteln wird jeweils auf spezifischere, gelockerte und weitere Annahmen hingewiesen.
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Vgl. auch bspw. M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 940; Stiglitz, Joseph E. (1989): Imperfect Information in the Product Market, in: Schmalensee, Richard/Willig, Robert D. (Hrsg.) (1989): Handbook of Industrial Organization, Vol. 1, Amsterdam, S. 769–847, hier: S. 777f. Vgl. bspw. Lilien/Kotler/Moorthy (1992), S. 202f.; Monroe, Kent B. (2003): Pricing: Making Profitable Decisions, 3rd Edition, New York, S. 104f.; Pechtl (2005), S. 38-41; Diller (2008), S. 110; Simon/ Fassnacht (2009), S. 170. Vgl. auch Butters, Gerard R. (1977): Equilibrium Distributions of Sales and Advertising Prices, in: Review of Economic Studies, Vol. 44 No. 3, S. 465–491, hier: S. 465; Smith, Vernon L. (1982): Microeconomic Systems as an Experimental Science, in: American Economic Review, Vol. 72 No. 5, S. 923–955, hier: S. 950.
2 Vorliegende Modelle zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten Im Folgenden werden Modelle zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens dargestellt, mit denen der Versuch unternommen wird, die Vorg¨ ange im Insystem der Konsumenten zu rekonstruieren. Nicht behandelt werden Stimulus-Response-Modelle, die sich darauf beschr¨anken, Zusammenh¨ ange zwischen der Suchintensit¨at und anderen Gr¨oßen herzustellen, ohne diese Zusammenh¨ ange in eine verhaltenstheoretisch begr¨ undete Struktur einzubetten.19 Die vorliegenden Modelle lassen sich anhand mehrerer Kriterien klassifizieren: • Suchmodelle mit wirtschaftswissenschaftlichem Bezug sind sowohl in der marketingorientierten als auch in der mikro¨ okonomischen Forschung zum Konsumentenverhalten entwickelt worden. Marketingwissenschaftliche Modelle dienen dazu, auf der Basis der Erkl¨arung individuellen Entscheidungsverhaltens und der Suchintensit¨at Empfehlungen f¨ ur die Absatzpolitik von Unternehmen abzuleiten, w¨ahrend mit mikro¨okonomischen Modellen das Ziel verfolgt wird, aus den Einflussfaktoren der Suchintensit¨at Erkenntnisse zu Marktgleichgewichten abzuleiten, insbesondere in Bezug auf die Preisbildung. Obwohl die Ziele der Modellierung insofern verschieden sind, wird in beiden Disziplinen der gleiche Gegenstand untersucht.20 • Anhand der verhaltenstheoretischen Fundierung sind Modelle, die nutzenmaximierende Konsumenten unterstellen, und Modelle, die auf verhaltenswissenschaftlichen (insbesondere psychologischen) Theorien basieren, zu unterscheiden. Dabei handelt es ¨ sich um eine Vereinfachung, denn es gibt Uberschneidungen zwischen den Modellarten in der Form, dass verhaltenswissenschaftliche Konzepte in die Nutzenmaximierung einbezogen werden oder dass Nutzengr¨ oßen in verhaltenswissenschaftlich fundierte Ans¨atze eingehen; dies wird bei der Darstellung der Modelle ber¨ ucksichtigt. Weiterhin wird die Nutzenmaximierung hier als Theorie und nicht als Annahme behandelt. 19
20
Vgl. zur Abgrenzung der Modellarten bspw. Topritzhofer, Edgar (1974): Absatzwirtschaftiche Modelle des Kaufentscheidungsprozesses – Unter besonderer Ber¨ ucksichtigung des Markenwahlaspektes, Wien, S. 15f. Als eher deskriptive Untersuchungen sind bspw. zu nennen: Katona, George/Mueller, Eva (1954): A Study of Purchase Decisions, in: Clark, Lincoln H. (Hrsg.) (1954): Consumer Behavior: The Dynamics of Consumer Reaction, New York, S. 30–87, hier: S. 54-78; Udell, Jon G. (1966): Prepurchase Behavior of Buyers of Small Electrical Appliances, in: Journal of Marketing, Vol. 30 No. 4, S. 50–52, hier: S. 52; Newman, Joseph W./Staelin, Richard (1972): Prepurchase Information Seeking for New Cars and Major Household Appliances, in: Journal of Marketing Research, Vol. 9 No. 3, S. 249–257; Newman, Joseph W./Staelin, Richard (1973): Information Sources of Durable Goods, in: Journal of Advertising Research, Vol. 13 No. 2, S. 19–29; Kiel, Geoffrey C./Layton, Roger A. (1981): Dimensions of Consumer Information Seeking Behavior, in: Journal of Marketing Research, Vol. 18 ¨ No. 2, S. 233–239. Vgl. auch die Ubersichten bei Kuhlmann, Eberhard (1970): Das Informationsverhalten der Konsumenten (Diss. Universit¨ at Bochum 1968), Freiburg, S. 118-139; Beatty, Sharon E./ Smith, Scott M. (1987): External Search Effort: An Investigation Across Several Product Categories, in: Journal of Consumer Research, Vol. 14 No. 1, S. 83–95, hier: S. 86f.; Kuß, Alfred (1987): Information und Kaufentscheidung: Methoden und Ergebnisse empirischer Konsumentenforschung, Berlin – New York, S. 123-149. Vgl. auch Wilde, Louis L. (1980b): The Economics of Consumer Information Acquisition, in: Journal of Business, Vol. 53 No. 3, Part 2, S. 143–165, hier: S. 143; Kaas, Klaus Peter (1990): Marketing als Bew¨ altigung von Informations- und Unsicherheitsproblemen im Markt, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 50 Nr. 4, S. 539–548, hier: S. 542.
S. van Baal, Das Preissuchverhalten der Konsumenten, DOI 10.1007/978-3-8349-7041-1_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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2 Vorliegende Modelle Sie wird daher als Grundlage f¨ ur Hypothesen zum Preissuchverhalten angesehen, die empirisch falsifiziert werden k¨ onnen.
• W¨ahrend suchschrittbezogene“ Modelle den Prozess der (vor oder w¨ahrend der Su” che getroffenen) Entscheidung u uhrung jedes einzelnen Suchschritts ¨ber die Durchf¨ offenlegen, dienen suchergebnisbezogene“ Ans¨ atze dazu, Zusammenh¨ange zwischen ” erkl¨arenden Variablen und der Suchintensit¨ at unmittelbar zu erfassen. Beide Modellarten lassen sich ineinander u uhren; allerdings ist der Detaillierungsgrad der ¨berf¨ suchschrittbezogenen Ans¨ atze h¨ oher. In Tabelle 2.1 werden diese Kriterien zusammengefasst. Grunds¨atzlich lassen sich die drei genannten Klassifikationskriterien beliebig miteinander kombinieren; die Kombinationen sind in der Literatur jedoch nicht gleichverteilt. So sind mikro¨okonomische Modelle gr¨oßtenteils durch die Hypothese nutzenmaximierender Konsumenten und ein suchschrittbezogenes Vorgehen gekennzeichnet, w¨ ahrend es sich bei marketingwissenschaftlichen Modellen umgekehrt verh¨ alt. In den folgenden Abschnitten 2.1 und 2.2 wird daher zwischen mikro¨okonomischen und marketingwissenschaftlichen Modellen unterschieden, die durch die in Tabelle 2.1 in der jeweiligen Spalte genannten Kriterien gekennzeichnet sind. Tabelle 2.1: Die haupts¨ achlichen Arten vorliegender Modelle zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Preissuche
Klassifikationskriterium
Modellarten
¨ Okonomische Disziplin
Mikro¨okonomische Modelle
Marketingwissenschaftliche Modelle
Zugrunde liegende Verhaltenstheorie
Modelle, die auf der Theorie der Nutzenmaximierung basieren
Modelle, die auf verhaltenswissenschaftlichen Theorien basieren
Detaillierungsgrad der Modellierung
Suchschrittbezogene Modelle
Suchergebnisbezogene Modelle
2.1
2.2
Darstellung in Abschnitt
Es gibt Ausnahmen von der Klassifikation, die in Tabelle 2.1 vorgenommen wird. Auf diese wird in Abschnitt 2.3 eingegangen. Die Darstellung der Modelle in den Abschnitten 2.1 bis 2.3 dient dazu, die vorliegenden Erkenntnisse zu systematisieren und den Stand der Forschung zu veranschaulichen. In Abschnitt 2.4 folgt eine zusammenfassende Kritik der vorliegenden Modelle. Auf der Basis dieser Kritik wird in Kapitel 4 ein Modell entwickelt, das die vorherrschenden Kombinationen der Kriterien in Tabelle 2.1 um einen Erkl¨arungsansatz erg¨anzt, der auf einer verhaltenswissenschaftlichen Theorie basiert und gleichzeitig suchschrittbezogen ist.
2.1 Mikro¨ okonomische Nutzenmaximierungsmodelle In der mikro¨okonomischen Theorie wurde bis in die 1960er-Jahre weitgehend unterstellt, dass die ¨okonomischen Akteure vollst¨ andig u ¨ber die im Markt geforderten Preise informiert sind. Beispielsweise wird im neoklassischen Arrow-Debreu-Modell des allgemeinen Gleichgewichts zwar die M¨ oglichkeit der Unsicherheit u ¨ber das Eintreten von Umweltzust¨anden thematisiert, aber nicht die M¨ oglichkeit der Marktunsicherheit, also
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
9
insbesondere der unvollst¨ andigen Information u ¨ber Preise.21 Die Annahme der vollst¨andigen Information geht mit vollst¨ andiger Preistransparenz einher und f¨ uhrt dazu, dass sich f¨ ur ein homogenes Gut nur ein Preis ergeben kann. Es kann also keine Preisstreuung bestehen und Preisverteilungen degenerieren auf einen Punkt. Dies wiederum f¨ uhrt dazu, dass es f¨ ur Konsumenten unn¨ otig ist, nach Preisen zu suchen.22 Aufgrund der Beobachtung, dass diese Gleichgewichtsprognose der Realit¨at nicht gerecht wird, da nichtdegenerierte Preisverteilungen h¨ aufig zu beobachten sind, wurde die Annahme der vollst¨andigen Preistransparenz durch Stigler gelockert.23 In seiner Folge wurden verschiedene mikro¨ okonomische Suchmodelle, die keine vollst¨andige Information annehmen und daher die Marktunsicherheit der Konsumenten betonen, entwickelt. Die Grundstrukturen dieser Modelle werden im Folgenden dargestellt. Zur relevanten Literatur ist anzumerken, dass mit mikro¨okonomischen Suchmodellen neben dem Preissuchverhalten von Konsumenten auch das Lohnsuchverhalten“ von Ar” beitnehmern erkl¨art wird.24 Die Modelle zum Lohnsuchverhalten ¨ahneln den Modellen zum Preissuchverhalten, teilweise weichen die Ans¨ atze aufgrund von Unterschieden in der Struktur des Suchproblems jedoch voneinander ab. Ein Unterschied besteht beispielsweise darin, dass die Lohnsuche der Arbeitnehmer ein Maximierungs-, die Preissuche der Konsumenten hingegen ein Minimierungsproblem ist. Weiterhin wird in vielen Arbeiten zum Lohnsuchverhalten der Fall modelliert, dass der akzeptierte Lohn nach dem Ende der Suche dauerhaft anf¨ allt, w¨ ahrend bei Arbeiten zum Preissuchverhalten zumeist davon ausgegangen wird, dass der akzeptierte Preis nur einmal gezahlt wird.25 Im Folgenden werden Erkenntnisse der Arbeitsmarkt¨ okonomik nur am Rande und nur bei Anwendbar¨ keit auf das Preissuchverhalten in die Uberlegungen einbezogen. Gegebenenfalls werden Aussagen zum Lohnsuchverhalten in die Nomenklatur und Logik des Preissuchverhaltens der Konsumenten u ur Modelle, die Verkaufssituationen bzw. ¨bertragen. Das Gleiche gilt f¨ die Preissuche von Anbietern, die ebenso wie die Lohnsuche ein Maximierungsproblem ist, betreffen. In mikro¨okonomischen Preissuchmodellen wird die Vorgehensweise der neoklassischen Analyse auf das Suchverhalten u uter aufge¨bertragen, indem Preisinformationen als G¨ 21
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Vgl. Arrow, Kenneth J./Debreu, Gerard (1954): Existence of an Equilibrium for a Competitive Economy, in: Econometrica, Vol. 22 No. 3, S. 265–290; Debreu, Gerard (1959): Theory of Value: An Axiomatic Analysis of Economic Equilibrium, New York – London. Vgl. bspw. Rothschild (1973), S. 1289; Salop/Stiglitz (1977), S. 494; MacMinn, Richard D. (1980): Search and Market Equilibrium, in: Journal of Political Economy, Vol. 88 No. 2, S. 308–327, hier: S. 309. Vgl. Stigler (1961); Stigler, George J. (1962): Information in the Labor Market, in: Journal of Political ¨ Economy, Vol. 70 No. 5, Part 2: Investment in Human Beings, S. 94–105. Eine Ubersicht u ¨ber empirische Untersuchungen zu Preisstreuungen findet sich bei Baye, Michael R./Morgan, John/Scholten, Patrick (2006): Information, Search, and Price Dispersion, in: Hendershott, Terrence (Hrsg.) (2006): Economics and Information Systems, Amsterdam – Oxford, S. 323–375, hier: S. 325-330, 363-370. Vgl. Stigler (1961) in Verbindung mit Stigler (1962). Vgl. auch bspw. Kohn, Meir G./Shavell, Steven (1974): The Theory of Search, in: Journal of Economic Theory, Vol. 9 No. 2, S. 93–123, hier: S. 93; Lippman, Steven A./McCall, John J. (1976): The Economics of Job Search: A Survey, in: Economic Inquiry, Vol. 14 No. 3, S. 347–68; Karni, Edi/Schwartz, Aba (1977): Search Theory: The Case of Search with Uncertain Recall, in: Journal of Economic Theory, Vol. 16 No. 1, S. 38–52, hier: S. 38; Deaton, Angus/Muellbauer, John (1980): Economics and Consumer Behavior, Cambridge, S. 410; Hey, John D. (1981b): Economics in Disequilibrium, Oxford, S. 56, 113; McKenna, Chris J. (1987b): Theories of Individual Search Behaviour, in: Hey, John D./Lambert, Peter J. (Hrsg.) (1987): Surveys in the Economics of Uncertainty, Oxford – New York, S. 91–109, hier: S. 91, 96; Fershtman, Chaim/ Fishman, Arthur (1994): The Perverse“ Effects of Wage and Price Controls in Search Markets, in: ” European Economic Review, Vol. 38 No. 5, S. 1099–1112. Dies ist allerdings keine zwingende Annahme. Vgl. bspw. Stigler (1961), S. 218; Monroe (2003), S. 73. Bei der vorliegenden Untersuchung ist sie durch A2, A3 und A7 impliziert; siehe Abschnitt 1.3.
10
2 Vorliegende Modelle
fasst werden, deren Erwerb sich analog zu anderen G¨ utern mit der Theorie der Nutzenmaximierung erkl¨ aren l¨ asst.26 Die Modelle weisen daher die folgende grundlegende Argumentation auf: • Das Einholen einer Preisinformation verursacht Kosten, denn es wird weitgehend mit dem Aufsuchen eines Anbieters gleichgesetzt: Consumers must visit a store to learn ” about that store’s actual price.“27 Die H¨ ohe dieser Grenzsuchkosten ist den Konsumenten bekannt und wird in den meisten Modellen als konstant angenommen.28 Es handelt sich um pagatorische Kosten (insbesondere Transportkosten), Opportunit¨atskosten und psychische Kosten“. Die H¨ ohe der Grenzsuchkosten h¨angt insbesondere ” von den folgenden Faktoren ab: – Nachfrageseitig von der Suchmethode“ (beispielsweise bringt die Nutzung des ” Internets andere Kosten mit sich als das Aufsuchen des station¨aren Handels)29 und der Bewertung von nicht mit der Preissuche verbrachter Zeit (und somit beispielsweise vom Einkommen)30 sowie – angebotsseitig von der Distanz zwischen Anbietern, die ihrerseits von den Standorten und der Anzahl der Anbieter im f¨ ur die Konsumenten relevanten Einkaufsgebiet abh¨angt31 . • Je mehr Anbieter aufgesucht werden, desto gr¨ oßer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein niedriger Preis identifiziert wird bzw. desto niedriger ist der erwartete zu zahlende Preis. Der Grenznutzen der Suche besteht daher in der erwarteten Preisreduktion, 26
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Vgl. bspw. Stigler (1962), S. 103; Axell, Bo (1974): Price Dispersion and Information – An Adaptive Sequential Search Model, in: Swedish Journal of Economics, Vol. 76 No. 1, S. 77–98, hier: S. 77; Ratchford, Brian T. (1982): Cost-Benefit Models for Explaining Consumer Choice and Information Seeking Behavior, in: Management Science, Vol. 28 No. 2, S. 197–212, hier: S. 199, 202; Hey, John D. (1993): Testing Search Theory, in: Manchester School of Economic and Social Studies, Vol. 61 No. 1, S. 82–94, hier: S. 82. Stahl, Dale O. (1996): Oligopolistic Pricing with Heterogeneous Consumer Search, in: International Journal of Industrial Organization, Vol. 14 No. 2, S. 243–268, hier: S. 247. Lockerungen dieser Annahme finden sich bspw. bei Butters (1977); Robert, Jacques/Stahl, Dale O. (1993): Informative Price Advertising in a Sequential Search Model, in: Econometrica, Vol. 61 No. 3, S. 657–686. Lockerungen dieser Annahme finden sich bspw. bei Karni/Schwartz (1977); Stiglitz, Joseph E. (1987): Competition and the Number of Firms in a Market: Are Duopolies More Competitive than Atomistic Markets? in: Journal of Political Economy, Vol. 95 No. 5, S. 1041–1061; Stiglitz (1989). Vgl. bspw. Wu, Dazhong/Ray, Gautam/Geng, Xianjun/Whinston, Andrew (2004): Implications of Reduced Search Cost and Free Ridung in E-Commerce, in: Marketing Science, Vol. 23 No. 2, S. 255– 262, hier: S. 255-257; Baye/Morgan/Scholten (2006), S. 324; Zhang, Jie Jennifer/Fang, Xiao/Sheng, Olivia R. Liu (2007): Online Consumer Search Depth: Theories and New Findings, in: Journal of Management Information Systems, Vol. 23 No. 3, S. 71–95, hier: S. 72f. Vgl. bspw. Stigler (1961), S. 216; Axell (1974), S. 78; Marvel, Howard P. (1976): The Economics of Information and Retail Gasoline Price Behavior: An Empirical Analysis, in: Journal of Political Economy, Vol. 84 No. 5, S. 1033–1060, hier: S. 1035f.; Axell, Bo (1977): Search Market Equilibrium, in: Scandinavian Journal of Economics, Vol. 79 No. 1, S. 20–40, hier: S. 38; Goldman, Arieh/ Johansson, Johny K. (1978): Determinants of Search for Lower Prices: An Empirical Assessment of the Economics of Information Theory, in: Journal of Consumer Research, Vol. 5 No. 3, S. 176– 186, hier: S. 178; Johansson, Johny K./Goldman, Arieh (1979): Income, Search, and the Economics of Information Theory: An Empirical Analysis, in: Applied Economics, Vol. 11 No. 4, S. 435–449; Ratchford (1982), S. 202f.; Zimmermann, Linda K./Geistfeld, Loren V. (1984): Economic Factors Which Influence Consumer Search for Price Information, in: Journal of Consumer Affairs, Vol. 18 No. 1, S. 119–130, hier: S. 121; Wilde, Louis L. (1987): Consumer Behavior under Imperfect Information: A Review of Psychological and Marketing Research as It Relates to Economic Theory, in: Green, Leonard/Kagel, John H. (Hrsg.) (1987): Advances in Behavioral Economics, Vol. 1, Norwood, S. 219–248, hier: S. 225. Vgl. auch Stigler (1961), S. 219; Bucklin, Louis P. (1966): Testing Propensities to Shop, in: Journal of Marketing, Vol. 30 No. 1, S. 22–27, hier: S. 24.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
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die ein Suchschritt mit sich bringt; der Grenznutzen nimmt mit fortdauernder Suche ab.32 Dabei wird nicht darauf abgestellt, welche Preise w¨ahrend der Suche tats¨achlich identifiziert werden, sondern darauf, welche Preise im Vorhinein f¨ ur die einzelnen Suchschritte erwartet werden. Bei der Bestimmung der erwarteten Preise kommt der Reihenfolge, in der sie identifiziert werden, eine Bedeutung zu. In den meisten Modellen wird angenommen, dass diese Reihenfolge zuf¨ allig zustande kommt.33 Diese Annahme erlaubt es, den Grenznutzen der Suche auf der Basis grundlegender statistischer Methoden zu bestimmen. Sie geht damit einher, dass Aspekte des Vorwissens der Konsumenten, beispielsweise in Form von Preisimages, keine Rolle spielen (dies steht in Einklang mit A2, siehe Seite 5). Die Annahme, dass Preise in zuf¨ alliger Reihenfolge identifiziert werden, ist somit umso gerechtfertigter, je geringer die Kenntnisse der Konsumenten hinsichtlich der Zuordnung von Preisen zu Anbietern sind. Wenn Konsumenten hingegen dazu tendieren, Anbieter systematisch in einer mit der H¨ ohe der Preise zusammenh¨angenden Reihenfolge aufzusuchen, handelt es sich nicht um einen reinen Zufallsprozess und die im Folgenden dargestellten Modelle sind nur eingeschr¨ankt anwendbar. Daher wird die Suche, auf die sich die Modelle beziehen, zur Abgrenzung im Folgenden auch als stochastische Suche bezeichnet. • Da die Kosten und der Nutzen der Suche gegenl¨ aufig sind, ergibt sich die Anzahl der aufzusuchenden Anbieter durch die Anwendung des Marginalprinzips, also durch den Ausgleich von Grenzsuchkosten und -nutzen. Diese Argumentation zeigt, dass die Suche der Konsumenten in mikro¨okonomischen Modellen ausschließlich von dem Ziel gelenkt wird, einen im Vergleich zu allen im Markt geforderten Preisen niedrigen erwarteten Preis zu erreichen, bei gleichzeitig m¨oglichst geringen Suchkosten. Dieses Ziel steht in Einklang mit der u ¨bergreifenden Annahme der vorliegenden Untersuchung, dass die Produktentscheidung und somit die Entscheidung u ¨ber die Marktteilnahme exogen sind (A1, siehe Seite 4). In mikro¨okonomischen Modellen geht dies damit einher, dass alle im Markt geforderten Preise f¨ ur die Konsumenten grunds¨atzlich akzeptabel sind, denn da der oben dargestellte Kalk¨ ul der Konsumenten auf die erwartete Preisreduktion abstellt, ist m¨ oglich, dass alle tats¨ achlich identifizierten Preise am oberen Ende der Preisverteilung liegen. Die mikro¨okonomischen Modelle postulieren, dass das Produkt auch in diesem Fall erworben wird bzw. dass es nicht zu einer Beendigung der Suche ohne Kauf kommt: [T]he searcher must buy the product in ” the process of search“34 . 32
33
34
Vgl. bspw. Stigler (1961), S. 215; Kuhlmann (1970), S. 101; McCall, John J. (1970): Economics of Information and Job Search, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 84 No. 1, S. 113–126, hier: S. 117; Rothschild (1973), S. 1287; MacMinn (1980), S. 311, 320; Carlson, John A./Gieseke, Robert J. (1983): Price Search in a Product Market, in: Journal of Consumer Research, Vol. 9 No. 4, S. 357–365, hier: S. 360. Vgl. bspw. Diamond, Peter A. (1971): A Model of Price Adjustment, in: Journal of Economic Theory, Vol. 3 No. 2, S. 156–168, hier: S. 159; Axell (1977), S. 21; MacMinn (1980), S. 312, 321; Burdett, Kenneth/Judd, Kenneth L. (1983): Equilibrium Price Dispersion, in: Econometrica, Vol. 51 No. 4, S. 955–969, hier: S. 956; Bester, Helmut (1994): Price Commitment in Search Markets, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 25 No. 1, S. 109–120, hier: S. 112. Landsberger, Michael/Peled, Dan (1977): Duration of Offers, Price Structure, and the Gain from Search, in: Journal of Economic Theory, Vol. 16 No. 1, S. 17–37, hier: S. 20, vgl. auch S. 24-28. Vgl. auch bspw. Hey, John D. (1979a): A Note on Consumer Search and Consumer Surplus, in: Bulletin of Economic Research, Vol. 31 No. 1, S. 61–66, hier: S. 62; Reinganum, Jennifer F. (1979): A Simple Model of Equilibrium Price Dispersion, in: Journal of Political Economy, Vol. 87 No. 4, S. 851–58, hier: S. 853; MacMinn (1980), S. 312; Manning, Richard/Morgan, Peter (1982): Search and Consumer Theory, in: Review of Economic Studies, Vol. 49 No. 156, S. 203–216, hier: S. 205-
12
2 Vorliegende Modelle
Auf der Grundlage der dargestellten Argumentation wurden verschiedene Arten von Suchmodellen entwickelt, die sich anhand von drei Merkmalen klassifizieren lassen: • Zu unterscheiden sind Modelle, bei denen die Anzahl aufzusuchender Anbieter vor Beginn der Suche geplant wird, und Modelle mit einem sequenziellen Suchverfahren, bei denen die Suchintensit¨ at nicht im Voraus festgelegt wird. • Die sequenziellen Modelle k¨ onnen anhand des Informationsstands der Konsumenten in Ans¨atze, die auf der Annahme einer vor Beginn der Suche bekannten Preisverteilung basieren, und Ans¨ atze mit der Annahme einer unbekannten Preisverteilung eingeteilt werden. Dabei k¨ onnen die Konsumenten auch bei einer bekannten Preisverteilung keine Zuordnung von Preisen zu Anbietern vornehmen, denn sonst w¨are die Suche unn¨otig.35 • Bei sequenziellen Modellen steht die Preisbereitschaft der Konsumenten im Mittelpunkt der Erkl¨arung des Suchverhaltens; diese Ans¨atze k¨onnen anhand der Flexibilit¨at der Preisbereitschaft (statisch vs. dynamisch) unterteilt werden. Die Kombination dieser Merkmale f¨ uhrt zu den in Tabelle 2.2 aufgef¨ uhrten drei Gene” rationen“ von mikro¨okonomischen Suchmodellen.36 Diese Modellgenerationen werden im Folgenden dargestellt. Tabelle 2.2: Die grundlegenden Annahmen und Generationen mikro¨ okonomischer Modelle zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Preissuche
Generation
Suchverfahren
Preisverteilung (Informationsstand der Konsumenten)
Preisbereitschaft
Darstellung in Abschnitt
1.
Planung der Suchintensit¨at
Bekannt
Nicht modelliert
2.1.1
2.
Sequenziell
Bekannt
Statisch oder dynamisch
2.1.2
3.
Sequenziell
Unbekannt
Dynamisch
2.1.3
2.1.1 Fixed-Sample-Size-Modelle (Modelle der ersten Generation) Modelle mit fester Stichprobengr¨ oße oder Fixed-Sample-Size“- bzw. FSS“-Modelle ba” ” sieren auf dem Ansatz von Stigler.37 Ihnen liegt die Hypothese zugrunde, dass die Konsumenten zur Optimierung der oben dargestellten gegenl¨ aufigen Effekte (steigende Kosten
35 36
37
207; Stahl, Dale O. (1989): Oligopolistic Pricing with Sequential Consumer Search, in: American Economic Review, Vol. 79 No. 4, S. 700–712, hier: S. 701. Vgl. allgemein zu dieser Art von statistischen Problemen DeGroot, Morris H. (1970): Optimal Statistical Decisions, Nachdruck 2004, Hoboken, S. 269-273. Einige Autoren weichen von der Grundstruktur ab, sodass es nur zu einem Kauf kommt, wenn ein Preis nicht u aren Bewertung des Produktnutzens liegt. Dies wird unten ¨ber der monet¨ aufgegriffen. Vgl. bspw. Salop/Stiglitz (1977), S. 495; Deaton/Muellbauer (1980), S. 410. Die Bezeichnung Generationen“ ist aus Franz, Wolfgang (2009): Arbeitsmarkt¨ okonomik, 7., vollst. ” u ¨berarb. Aufl., Berlin – Heidelberg, S. 210f. entlehnt. Allerdings bezeichnet Franz Modelle, die die Theorie impliziter Vertr¨ age einbeziehen, als dritte Generation. Da Modelle, die eine unbekannte Preisverteilung unterstellen, eine wesentliche Weiterentwicklung darstellen, wird der Begriff hier anders verwendet. Vgl. Stigler (1961). Vgl. zur Bezeichnung bspw. Rothschild, Michael (1974): Searching for the Lowest Price when the Distribution of Prices is Unknown, in: Journal of Political Economy, Vol. 82, S. 689– 711, hier: S. 691; Stigler, George J. (1987): The Theory of Price, 4th Edition, New York, S. 237.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
13
der Suche und sinkender erwarteter Preis) die Anzahl aufzusuchender Anbieter direkt festlegen, indem sie die Gr¨ oße der zu ziehenden Stichprobe von Preisinformationen unter Anwendung des Marginalprinzips bestimmen. In Tabelle 2.3 werden ausgew¨ahlte Arbeiten zu dieser Art von Modellen aufgef¨ uhrt. Tabelle 2.3: Ausgew¨ ahlte Arbeiten zu Modellen der ersten Generation
Grundlegende Arbeiten Stigler (1961); Stigler (1962). Arbeiten zu Auswirkungen des Preissuchverhaltens (insb. zu Marktgleichgewichten) Fisher (1970); Fisher (1972); Hey (1974); Marvel (1976); Salop/Stiglitz (1977) (vgl. auch Stiglitz (1989), S. 790-794); Stiglitz (1979); Wilde/Schwartz (1979); Braverman (1980); MacMinn (1980), S. 310-319; Varian (1980); Burdett/Judd (1983), S. 961-964; Carlson/ Gieseke (1983); Hamilton (1990); Fershtman/Fishman (1994); Posey/Tennyson (1998), S. 101f.; Janssen/Moraga-Gonz´alez (2004); Hong/Shum (2006), S. 260-262; Moraga-Gonz´ alez/ Wildenbeest (2008); Waldeck (2008), S. 349-352.38 Weiterentwicklungen (die nicht zu einer anderen Modellgeneration im Sinne von Tabelle 2.2 f¨ uhren) • Ratchford (1980), S. 16f.: Einbeziehung in multiattributive Entscheidungssituationen; • Manning/Morgan (1982): Integration in die generelle Nutzenmaximierung unter Einbeziehung insb. des Einkommens und der Nachfragefunktion von Konsumenten.
Im folgenden Abschnitt 2.1.1.1 wird die Grundstruktur der FSS-Modelle dargestellt, bevor in Abschnitt 2.1.1.2 auf Hypothesen eingegangen wird, die aus diesen Modellen abgeleitet werden k¨onnen und in Abschnitt 2.1.1.3 die Ergebnisse empirischer Untersuchungen berichtet werden. In Abschnitt 2.1.1.4 folgt eine Kritik der Modelle. 2.1.1.1 Die Grundstruktur Aus der konstitutiven Hypothese der FSS-Modelle, nach der die Konsumenten die Suchintensit¨at direkt festlegen, folgt, dass dies vor Beginn der Suche geschieht.39 Die Konsumenten entscheiden diesen Modellen zufolge also vorab, wie viele Anbieter sie aufsuchen, denn sonst w¨ urden sie keine Stichprobe mit fester Gr¨ oße ziehen. Demnach herrscht mit dem Beginn der Suche Sicherheit hinsichtlich der Suchintensit¨at und daher hinsichtlich der Suchkosten, w¨ahrend der zu zahlende Preis unsicher ist, da nur sein Erwartungswert angegeben werden kann. Die Suchintensit¨ at wird also nicht von den Preisen beeinflusst, die w¨ahrend der Suche identifiziert werden. 38
39
Die meisten Autoren modellieren mehr oder minder stark vereinfachte Suchverfahren. Weiterhin enthalten die meisten Modelle eine Annahme, die als Element der zweiten Generation aufgefasst werden k¨ onnte, da Konsumenten nur kaufen, wenn ein Preis nicht u ¨ber einem Maximalwert liegt. Bei diesem handelt es sich jedoch nicht um die (endogene) Preisbereitschaft, sondern um die (exogene) monet¨ are Bewertung des Produktnutzens. Vgl. Nelson, Phillip (1970): Information and Consumer Behavior, in: Journal of Political Economy, Vol. 78 No. 2, S. 311–329, hier: S. 313; Hirshleifer, Jack (1973): Where are We in the Theory of Information? in: American Economic Review, Vol. 63 No. 2, S. 31–39, hier: S. 36; Gastwirth, Joseph L. (1976): On Probabilistic Models of Consumer Search for Information, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 90 No. 1, S. 38–50, hier: S. 38; Feinberg, Robert M./Johnson, William R. (1977): The Superiority of Sequential Search: A Calculation, in: Southern Economic Journal, Vol. 43 No. 4, S. 1594–1598, hier: S. 1595; Hey (1979a), S. 61; Deaton/Muellbauer (1980), S. 411; Wilde (1980b), S. 145; Manning/Morgan (1982), S. 203f.; Burdett/Judd (1983), S. 956, 961; Sargent, Thomas J. (1987): Dynamic Macroeconomic Theory, Cambridge – London, S. 59; Stigler (1987), S. 237; Wilde (1987), S. 222; Miller, Harvey J. (1993): Consumer Search and Retail Analysis, in: Journal of Retailing, Vol. 69 No. 2, S. 160–192, hier: S. 164.
14
2 Vorliegende Modelle
Die optimale Anzahl aufzusuchender Anbieter entspricht derjenigen, bei der die Summe aus den Suchkosten und dem erwarteten zu zahlenden Preis minimal ist. Der zu zahlende Preis ist der niedrigste Preis in der Stichprobe und somit ergibt sich Formel 2.1 als Zielfunktion der Konsumenten.40 E(p(1) | N ) + cN → min!
(2.1)
N
mit: N : Anzahl der aufgesuchten Anbieter bzw. Gr¨ oße der Preisstichprobe; p(1) := min{p1 , p2 , . . . , pN }; E(p(1) | N ): Erwarteter niedrigster Wert in einer Stichprobe von N Preisen; c: Grenzsuchkosten. Die L¨osung dieses Optimierungsproblems erfordert die Kenntnis der Verteilung und der Dichte der ersten Ordnungsstatistik“, das heißt des niedrigsten Werts in einer Stichprobe ” von N Preisen (Gleichung 2.2).41 F (p(1) | N ) = 1 − pr(p(1) > p | N ) = 1 − [1 − F (p)]N ⇒ f (p(1) | N ) =
∂F (p(1) | N ) = N f (p)[1 − F (p)]N −1 ∂p
(2.2)
mit: F (p(1) | N ): Verteilungsfunktion des niedrigsten Werts in einer Stichprobe von N Preisen; F (p): Verteilungsfunktion der Preise; f (p(1) | N ): Dichtefunktion des niedrigsten Werts in einer Stichprobe von N Preisen; f (p): Dichtefunktion der Preise. Auf dieser Basis l¨asst sich der erwartete zu zahlende Preis nach Gleichung 2.3 berechnen.42 pmax pmax E(p(1) | N ) = p dF (p(1) | N ) = N pf (p)[1 − F (p)]N −1 dp pmin
pmax = p 1 − [1 − F (p)]N min − = pmax −
p
pmax pmin
pmax pmin
pmin
1 − [1 − F (p)]N dp
1 − [1 − F (p)]N dp = pmin +
pmax pmin
[1 − F (p)]N dp
(2.3)
mit: pmin : Niedrigster Preis in f (p); pmax : H¨ochster Preis in f (p). 40
41
42
In Formel 2.1 und im Folgenden wird, soweit nicht auf das Gegenteil hingewiesen wird, unterstellt, dass Konsumenten lineare Nutzenabw¨ agungen vornehmen, dass sie mit anderen Worten weder risikofreudig noch risikoavers sind. Vgl. bspw. Hey (1979a), S. 61. Vgl. zur Verteilungs- und Dichtefunktion des niedrigsten Werts in einer Stichprobe bspw. Arnold, Barry C./Balakrishnan, Narayanaswamy/Nagaraja, Haikady N. (1992): A First Course in Order Statistics, New York, S. 12; David, Herbert A./Nagaraja, Haikady N. (2003): Order Statistics, 3rd Edition, Hoboken, S. 9. Vgl. zum erwarteten niedrigsten Wert in einer Stichprobe bspw. a. a. O., S. 33.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
15
Die Zwischenschritte der Herleitung von Gleichung 2.3 und ihre alternativen Formulierungen erlauben verschiedene o ¨konomische Interpretationen des FSS-Suchverfahrens: Wird nur ein Angebot eingeholt, entspricht der erwartete niedrigste Preis dem Erwartungswert der Preise. Dies kann an der Verteilungsfunktion im ersten Teil von Gleichung 2.2 erkannt werden, denn es gilt F (p(1) | 1) = F (p). Der Erwartungswert der Preise l¨asst sich laut Gleichung 2.3 alternativ als Aufschlag auf den niedrigsten im Markt geforderten Preis oder als Abschlag auf den h¨ ochsten im Markt geforderten Preis verstehen. Mit einer zunehmenden Anzahl aufgesuchter Anbieter nimmt der Aufschlag auf den niedrigsten Preis ab bzw. der Abschlag auf den h¨ ochsten Preis zu. Bei einer unendlichen Anzahl aufgesuchter Anbieter entspricht der erwartete niedrigste Preis in der Stichprobe dem niedrigsten Preis im Markt. Mithilfe von Gleichung 2.3 wird die Preisverteilung zu einem Wert in Bezug gesetzt, der einen direkten Vergleich mit den Grenzsuchkosten erlaubt: Das in Formel 2.1 anhand absoluter Werte dargestellte Optimierungsproblem der Konsumenten f¨ uhrt in marginaler Form zu der Forderung, dass die Anzahl der Anbieter so zu w¨ahlen ist, dass der Grenznutzen der Suche, der der Verringerung des erwarteten niedrigsten Preises in der Stichprobe entspricht, (gerade noch) nicht kleiner ist als die Grenzkosten der Suche. In Verbindung mit Gleichung 2.3 ergibt sich somit die in Formel 2.4 dargestellte Abw¨agung.43 V (N ∗ ) = E(p(1) | N ∗ − 1) − E(p(1) | N ∗ ) pmax ∗ = pmin + [1 − F (p)]N −1 dp − pmin +
pmax
= pmin
pmin
F (p)[1 − F (p)]N
∗ −1
pmax pmin
∗
[1 − F (p)]N dp
dp ≥ c > V (N ∗ + 1)
(2.4)
mit: V (N ): Grenznutzen einer Preisstichprobe der Gr¨ oße N ; N ∗ : Optimale Anzahl aufzusuchender Anbieter. Die mit den Formeln 2.1 und 2.4 definierte Abw¨ agung der Konsumenten wird in Abbildung 2.1 veranschaulicht.44 Die Abbildung zeigt im oberen Teil, dass die optimale Anzahl aufzusuchender Anbieter an dem Punkt liegt, an dem der Betrag der Steigung der Funktionen E(p(1) | N ) und cN identisch ist; hier hat die Funktion E(p(1) | N ) + cN ihr Minimum. Im unteren Teil der Abbildung ist zu erkennen, dass die erwartete Preisreduktion an diesem Punkt den Grenzsuchkosten entspricht. Die anhand kontinuierlicher 43
44
Formel 2.4 stellt die notwendige Bedingung zur Minimierung der Zielfunktion 2.1 dar. Die hinreichende Bedingung ist erf¨ ullt, da der Grenzsuchnutzen abnimmt. Vgl. Stigler (1961), S. 215; Rothschild (1973), S. 1287; MacMinn (1980), S. 311; Stigler (1987), S. 238. Vgl. zu ¨ ahnlichen Darstellungen der FSS-Modelle und der Herleitung der Gleichungen Stigler (1961), S. 214-216, 219; Rothschild (1973), S. 1287; Rothschild (1974), S. 690; Gastwirth (1976), S. 39; Hey, John D. (1979b): Uncertainty in Microeconomics, Oxford, S. 83-86; Deaton/Muellbauer (1980), S. 410f.; MacMinn (1980), S. 310f.; Burdett/Judd (1983), S. 961; Sargent (1987), S. 59. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 267-269. In diesen Arbeiten finden sich mehrere Varianten, die trotz formaler Unterschiede im Wesentlichen zu identischen Aussagen f¨ uhren. Zu den mathematischen Voraussetzungen ist anzumerken, dass hier und im Folgenden, soweit nicht auf das Gegenteil hingewiesen wird, unterstellt wird, dass die Preisverteilung stetig ist und als Integral einer Dichtefunktion f (p) dargestellt werden kann. Weiterhin wird hier und im Folgenden angenommen, dass f (p) ein finites erstes und zweites Moment aufweist. Wenn dies nicht der Fall ist, ist die Existenz eines optimalen Entscheidungsverfahrens nicht gew¨ ahrleistet. Vgl. McMillan, John/Rothschild, Michael (1994): Search, in: Aumann, Robert J./Hart, Sergiu (Hrsg.) (1994): Handbook of Game Theory with Economic Applications, Vol. 2, Amsterdam, S. 905–927, hier: S. 908.
16
2 Vorliegende Modelle
Variablen abgebildete Optimierung muss allerdings nicht zu einer ganzzahligen Anzahl aufzusuchender Anbieter f¨ uhren; diese Anzahl befindet sich in unmittelbarer N¨ahe der oglich, dass sich keine eindeutige ganzzahlige L¨osung ergibt, L¨osung.45 Weiterhin ist m¨ sondern dass zwei optimale Suchintensit¨ aten existieren.46 Abbildung 2.1: Die Bestimmung der optimalen Suchintensit¨ at in FSS-Modellen des Preissuchverhaltens
cN, E(p(1)N)
E(p(1)N) + cN
pmax
cN
E(p(1)N) pmin N
N* c, V(N)
c V(N)= E(p(1)N-1) - E(p(1)N)
N*
N
2.1.1.2 Komparativ-statische Analysen und Hypothesen FSS-Modelle eignen sich grunds¨ atzlich dazu, die Anzahl der aufgesuchten Anbieter exakt zu erkl¨aren und zu prognostizieren; f¨ ur die vorliegende Untersuchung ist eher von Bedeutung, dass sie es erlauben, Einflussfaktoren der Suchintensit¨at und ihre qualitativen Auswirkungen zu identifizieren. Im Folgenden werden die wesentlichen Einflussfaktoren und die zugeh¨origen komparativ-statischen Verhaltensprognosen er¨ortert, wobei auf f¨ unf Gr¨oßen eingegangen wird. 1.: Die Grenzsuchkosten: Je h¨ oher die Kosten pro Suchschritt sind, desto geringer ist die Anzahl aufgesuchter Anbieter.47 45 46 47
Vgl. Hey (1979b), S. 85f.; Manning/Morgan (1982), S. 206. Vgl. Burdett/Judd (1983), S. 961. Vgl. bspw. Stigler (1961), S. 216, 219; Rothschild (1974), S. 691; Hey (1979b), S. 86; Manning/
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
17
2.: Der Mittelwert der Preise: Unter ansonsten identischen Umst¨anden hat eine Vera¨nderung des Mittelwerts der Preise keine Auswirkung auf die Suchintensit¨at, da diese von marginalen Werten (Grenznutzen und -kosten der Suche) und demzufolge von der mit einem Suchschritt erzielbaren Preisreduktion und nicht vom zu zahlenden Preis uckt bestimmt nicht die Lage, sondern die Steigung der selbst abh¨angt.48 Anders ausgedr¨ Dichtefunktion der Preise die Suchintensit¨ at. Die Suchintensit¨at h¨angt also nicht vom Mittelwert der Preise ab. 3.: Die Streuung der Preise: Je st¨ arker die Preise streuen, desto gr¨oßer ist die Suchintensit¨at, denn mit einer gr¨ oßeren Streuung kann nach dem ersten Suchschritt eine gr¨oßere Reduktion des niedrigsten Preises in der gezogenen Stichprobe erwartet werden.49 Intuitiv ist dies daran zu erkennen, dass es sich f¨ ur Konsumenten nicht lohnt, mehrere Anbieter aufzusuchen, wenn die Preise nicht streuen. Als Streuungsmaße kommen beispielsweise die Steigung der Dichtefunktion sowie die Varianz bzw. Standardabweichung oder die Spannweite der Preise in Betracht. Allgemeiner k¨onnen zwei Preisverteilungen hinsichtlich ihrer Streuung verglichen werden, indem gepr¨ uft wird, ob sie durch einen Mean-Preserving Spread“ ( MPS“), also eine mittelwert” ” ” erhaltende Spreizung“, gekennzeichnet sind. Dieses Streuungs- bzw. Risikomaß wird in der mikro¨okonomischen Literatur zu Suchmodellen h¨ aufig herangezogen und daher auch im Folgenden an einigen Stellen genutzt. Ein MPS ist durch die Bedingungsgruppe 2.5 definiert.50 x [G(p) − F (p)] dp ≥ 0 ∀ x ∈ [pmin , pmax ); (2.5a) pmin x [G(p) − F (p)] dp > 0; (2.5b) ∃ x ∈ [pmin , pmax ) :
pmax pmin
pmin
[G(p) − F (p)] dp = 0.
(2.5c)
Bedingungen 2.5a und 2.5b besagen, dass die Verteilungsfunktion G(p) eine gr¨oßere 48
49
50
Morgan (1982), S. 210. Vgl. bspw. Gastwirth (1976), S. 39f.; Salop/Stiglitz (1977), S. 493; Manning/Morgan (1982), S. 210, 212; Wilde (1987), S. 228f. Obwohl die Suchintensit¨ at nicht direkt vom mittleren Preis abh¨ angt, kann eine indirekte Beziehung bestehen, wenn ein h¨ oherer mittlerer Preis mit einer gr¨ oßeren Preisstreuung einhergeht. Vgl. zu entsprechenden empirischen Ergebnissen Pratt, John W./Wise, David A./ Zeckhauser, Richard (1979): Price Differences in Almost Competitive Markets, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 93 No. 2, S. 189–211, hier: S. 205; Grewal, Dhruv/Marmorstein, Howard (1994): Market Price Variation, Perceived Price Variation, and Consumers’ Price Search Decisions for Durable Goods, in: Journal of Consumer Research, Vol. 21 No. 3, S. 453–460, hier: S. 457f. Weiterhin ist anzumerken, dass die Suchintensit¨ at umso gr¨ oßer ist, je mehr Einheiten des Produkts die Konsumenten zu erwerben planen. Vgl. bspw. Stigler (1961), S. 215; MacMinn (1980), S. 319; Baye/Morgan/ Scholten (2006), S. 334, 363f. Die mit einem Suchschritt erzielbare Preisreduktion kann in diesem Fall mit der vorgesehenen Anzahl der Einheiten multipliziert werden. Dieser Einflussfaktor ist nicht mit dem mittleren Preis identisch und in der vorliegenden Untersuchung nach A3 nicht relevant; siehe S. 5. Vgl. bspw. Stigler (1961), S. 215; Rothschild (1974), S. 691f., wobei Rothschild darauf hinweist, dass dieser Zusammenhang nicht f¨ ur alle Arten der Erh¨ ohung der Streuung gilt; Hey (1979b), S. 86; Whitmore, George A. (1980): Stochastic Dominance Contributions to the Economic Theory of Search Behavior, in: Research in Finance, Vol. 2, S. 139–162, hier: S. 143, 152; Sargent (1987), S. 59; Baye/ Morgan/Scholten (2006), S. 336. Vgl. Rothschild, Michael/Stiglitz, Joseph E. (1970): Increasing Risk: I. A Definition, in: Journal of Economic Theory, Vol. 2, S. 225–243, hier: S. 225-231. Vgl. dar¨ uber hinaus bspw. McCall, John J. (1971): Probabilistic Microeconomics, in: Bell Journal of Economics, Vol. 2 No. 2, S. 403– 433, hier: S. 410-412; Hey (1979b), S. 52f., 89f.; Hey (1981b), S. 27-33; Sargent (1987), S. 63-65.
18
2 Vorliegende Modelle
Streuung bzw. ein gr¨ oßeres Risiko aufweist als F (p) in dem Sinne, dass die Dichtefunktion g(p) in einer Region (beispielsweise im Zentrum) weniger und links und rechts von dieser Region (beispielsweise in den Fl¨ ugeln“) mehr Wahrscheinlichkeitsmasse aufweist als ” f (p). Mit Bedingung 2.5c werden identische Mittelwerte sichergestellt. 4.: Die Risikoeinstellung: Bei der Darstellung der Grundstruktur der FSS-Modelle wurde die Nutzenfunktion der Konsumenten nicht explizit einbezogen. Somit wurde implizit unterstellt, dass die Nutzenfunktion linear ist, dass die Konsumenten also risikoneutral entscheiden. Aussagen zu den Auswirkungen der Risikoeinstellung der Konsumenten erfordern weitergehende Annahmen u ¨ber ihre Nutzenfunktion: Risikoaversion l¨asst sich als Bevorzugung von sicheren gegen¨ uber erwarteten Werten bzw. allgemeiner als negative Bewertung von Streuung auffassen; formal ist dies an der Konkavit¨at der Nutzenfunktion von risikoaversen Konsumenten zu erkennen.51 Bei Risikofreudigkeit sind die Zusammenh¨ange umgekehrt und die Nutzenfunktion ist konvex. Auf dieser Grundlage lassen sich die folgenden Prognosen ableiten, wobei exemplarisch und aufgrund seiner meist angenommenen großen Bedeutung52 auf den Fall der Risikoaversion eingegangen wird: • Risikoaversion l¨asst sich einerseits als negative Bewertung der Streuung des erwarteten niedrigsten Werts in der gezogenen Stichprobe von Preisen auffassen. Da diese Streuung umso geringer ist, je gr¨ oßer die Stichprobe ist,53 ist die Suchintensit¨at umso gr¨oßer, je st¨arker die Ablehnung der Streuung ist. Mit anderen Worten erh¨oht die erwartete Reduktion der Streuung den Wert jedes einzelnen Suchschritts und es dauert umso l¨anger, bis der Punkt erreicht ist, an dem der Wert eines weiteren Suchschritts nicht gr¨oßer ist als die Grenzsuchkosten, je gr¨ oßer die Ablehnung der Streuung ist. Je gr¨oßer die Risikoaversion ist, desto gr¨ oßer ist also die Suchintensit¨at. • Risikoaversion f¨ uhrt andererseits zu einer ungleichen Bewertung des Nutzens und der Kosten eines Suchschritts, da die Reduktion des niedrigsten Preises nur erwartet wird, w¨ahrend das Anfallen einer Suchkosteneinheit sicher ist. Mit anderen Worten ist die Streuung der Preisreduktion gr¨ oßer als die Streuung der Suchkosten, da Letztere den Konsumenten annahmegem¨ aß bekannt sind und somit aus einer degenerierten Verteilung stammen. Formal nimmt die Bedeutung der Preisreduktion, die sich mit einem Suchschritt erzielen l¨ asst, aufgrund der Konkavit¨ at der Nutzenfunktion mit der H¨ohe der Preisreduktion nur unterproportional zu. Demzufolge ist der Nutzen eines Suchschritts geringer als bei einer linearen Nutzenfunktion und der Punkt, an dem sich die Durchf¨ uhrung eines weiteren Schritts in Anbetracht der sicheren Grenzsuchkosten nicht lohnt, wird schneller erreicht. Je st¨ arker die Pr¨aferenz f¨ ur sichere gegen¨ uber erwarteten Werten bzw. je gr¨ oßer die Risikoaversion ist, desto geringer ist also die Suchintensit¨at.54 Diese m¨oglichen Auffassungen von Risikoaversion f¨ uhren dazu, dass aus FSS-Modellen keine generelle Verhaltensprognose abgeleitet werden kann: In the case of a predeter” mined sample size [. . . ], risk-averse individuals may engage in more or in less search 51
52 53
54
Vgl. bspw. Hirshleifer, Jack/Riley, John G. (1979): The Analytics of Uncertainty and Information – An Expository Survey, in: Journal of Economic Literature, Vol. 17 No. 4, S. 1375–1421, hier: S. 1381f.; Hey (1981b), S. 21f. Vgl. bspw. McCall (1971), S. 408; Hirshleifer/Riley (1979), S. 1382f. Vgl. Stigler (1961), S. 219; Rosenthal, Robert W. (1980): A Model in Which an Increase in the Number of Sellers Leads to a Higher Price, in: Econometrica, Vol. 48 No. 6, S. 1575–1579, hier: S. 1578. Dies gilt, wenn die Preisverteilung ein unteres Limit aufweist, wenn also pmin > −∞ gilt. In diesem Fall nimmt die Streuung des erwarteten niedrigsten Preises mit steigendem N ab, da er n¨ aher an sein unteres Limit gedr¨ uckt“ wird. Vgl. Whitmore (1980), S. 147f. ” Dies gilt dann, wenn die Preisverteilung ein oberes Limit aufweist, wenn also pmax < ∞ gilt. Vgl. a. a. O., S. 147.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
19
than those decision-makers with linear utility functions.“55 Eine eindeutige Hypothese zur Wirkung der Risikoeinstellung auf die Suchintensit¨ at l¨asst sich somit nur ableiten, wenn die Nutzenfunktion bekannt ist. 5.: Die Anzahl der Anbieter: In der Grundstruktur der FSS-Modelle wird unterstellt, dass die Preisverteilung stetig ist; auf dieser Annahme basiert Gleichung 2.2 (siehe Seite 14). Formal wird daher von einer unendlich großen Anzahl von Preisen bzw. Anbietern ausgegangen und im ¨okonomischen Sinne von einem Polypol-Markt. Eine Hypothese zur Auswirkung der Anzahl der Anbieter auf die Suchintensit¨ at kann somit aus den grundlegenden FSS-Modellen nicht abgeleitet werden – denn sie unterstellen, dass diese Anzahl unendlich groß ist. Die Modellierung eines Oligopol-Markts mit einer endlichen Anzahl von Anbietern erfordert es, die FSS-Modelle f¨ ur diskrete Preisverteilungen umzuformulieren. Der Entscheidungskalk¨ ul entspricht dabei grunds¨ atzlich dem f¨ ur den stetigen Fall, formuliert f¨ ur eine endliche Anzahl von Preisen (Formel 2.6).56 V (N ∗ ) =
max p
F (p)[1 − F (p)]N
∗ −1
≥ c > V (N ∗ + 1).
(2.6)
p=pmin
Problematisch bei dieser Formulierung des Entscheidungskalk¨ uls ist allerdings, dass die ihm zugrunde liegenden Ordnungsstatistiken auf einem Ziehen mit Zur¨ ucklegen“ basie” ren und somit auf der Annahme unabh¨ angiger und identisch verteilter Preise. Bei einer endlichen Anzahl von Anbietern ist jedoch davon auszugehen, dass die Suche ein Ziehen ” ohne Zur¨ ucklegen“ darstellt (dies gilt insbesondere bei einer kurzen“ Suche im Sinne der ” vorliegenden Untersuchung; siehe Seite 6). Die Preise, die in die Stichprobe gelangen, sind daher nicht unabh¨angig voneinander. Die f¨ ur die Konsumenten relevante Preisverteilung a¨ndert sich somit w¨ahrend der Suche, was in Formel 2.6 nicht ber¨ ucksichtigt ist. Die Formulierung eines Kalk¨ uls f¨ ur eine Stichprobenziehung ohne Zur¨ ucklegen wird dadurch erschwert, dass Ordnungsstatistiken in diesem Fall komplexer sind.57 Stattdessen wird in der Literatur vorgeschlagen, die im Markt vorherrschende Preisverteilung als Aggregat einzelner Preisverteilungen bei den Anbietern zu interpretieren:58 Anstatt davon auszugehen, dass jeder Anbieter einen festen Preis fordert und dass die Verteilung F (p) durch unterschiedliche Preise zustande kommt, wird angenommen, dass jeder einzelne Anbieter seinen Preis gem¨ aß der Dichtefunktion f (p) w¨ ahlt – wodurch sich im Markt eine Preisverteilung einstellt, die F (p) ¨ ahnelt, wenn die Anzahl der Anbieter ausreichend groß ist. Stahl bezeichnet die erste Variante als Stackelberg-Paradigma“, da sich die ” Anbieter vor Beginn der Suche der Konsumenten auf bestimmte Preise festlegen, und die zweite Variante als Nash-Paradigma“.59 Das statistische Problem, dass die in die ” Stichprobe gelangenden Preise voneinander abh¨ angen, wird also umgangen, indem diese Preise auf das Ergebnis von Preisstrategien der Anbieter zur¨ uckgef¨ uhrt werden, die aus Sicht der Konsumenten zu voneinander unabh¨ angigen Preisen f¨ uhren. Somit l¨asst sich 55 56 57 58
59
Whitmore (1980), S. 147. Vgl. zur Herleitung Arnold/Balakrishnan/Nagaraja (1992), S. 43; David/Nagaraja (2003), S. 42f. Vgl. bspw. Arnold/Balakrishnan/Nagaraja (1992), S. 53-56. Vgl. Hey (1981a), S. 49; Hey (1981b), S. 113, 247; Manning/Morgan (1982), S. 204; Carlson, John A./ McAfee, R. Preston (1983): Discrete Equilibrium Price Dispersion, in: Journal of Political Economy, Vol. 91 No. 3, S. 480–493, hier: S. 483; Stiglitz (1987), S. 1046, 1050; Stahl (1989), S. 700-703; Miller (1993), S. 162f., 167; Robert/Stahl (1993), S. 660; Stahl (1996), S. 244-246. Vgl. a. a. O., S. 244f. Bei einer unendlichen Anzahl von Anbietern k¨ onnen beide Paradigmen zur Interpretation herangezogen werden, ohne dass sich ein Unterschied hinsichtlich F (p) ergibt.
20
2 Vorliegende Modelle
die Suche als Ziehen mit Zur¨ ucklegen auffassen und der Entscheidungskalk¨ ul entspricht dem f¨ ur den stetigen Fall (Formel 2.4, siehe Seite 15). ¨ Diese Uberlegungen verdeutlichen, dass FSS-Modelle auch f¨ ur eine endliche Anzahl von Anbietern formuliert werden k¨ onnen, wodurch ihre Realit¨atsn¨ahe und ihr Anwendungsbereich vergr¨oßert werden. Es zeigt sich allerdings auch, dass die Anzahl der Anbieter in FSS-Modellen keine direkte Auswirkung auf die Suchintensit¨at hat, da sie nicht in den Entscheidungskalk¨ ul der Konsumenten eingeht.60 ¨ 2.1.1.3 Empirische Uberpr¨ ufungen Die Eignung der FSS-Modelle zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten wurde in empirischen Untersuchungen u uft; die zentralen Ergebnisse werden in ¨berpr¨ Tabelle 2.4 aufgef¨ uhrt. Dabei wird auf zwei Arten von empirischen Fragestellungen eingegangen: Komparative“ oder indirekte“ Tests betreffen die aus den Modellen abgeleiteten ” ” komparativ-statischen Verhaltensprognosen und demzufolge die Frage, ob Konsumenten auf Parameter¨anderungen so reagieren, wie es die Modelle prognostizieren; absolute“ ” oder direkte“ Tests u ufen, ob die Modelle an sich zur Erkl¨arung des beobachteten ¨berpr¨ ” 61 Verhaltens geeignet sind. 2.1.1.4 Kritik Die in Tabelle 2.4 aufgef¨ uhrten Ergebnisse zeigen, dass FSS-Modelle zwar zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens beitragen, jedoch in eher geringem Maße. Dies gilt insbesondere ¨ f¨ ur die absoluten Tests, denen eine besondere Bedeutung f¨ ur die Uberpr¨ ufung der Modelle zukommt, zumal die Best¨ atigung komparativer Tests lediglich eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung f¨ ur die vorl¨ aufige G¨ ultigkeit einer Theorie darstellt.62 ¨ Uber dieses empirische Argument hinaus ist FSS-Modellen eine theoretische Kritik entgegenzuhalten: Da w¨ ahrend der Suche gewonnene Informationen keinen Einfluss auf die Suchintensit¨at haben bzw. da die optimale Anzahl der aufzusuchenden Anbieter nicht von den Preisen abh¨ angt, die w¨ ahrend der Suche identifiziert werden, • m¨ ussten die Konsumenten auch dann mindestens ein weiteres Angebot einholen, wenn sie den (laut Annahme bekannten) minimalen Preis bereits gefunden haben, bevor sie die optimale Anzahl von Anbietern aufgesucht haben und • m¨ ussten die Konsumenten selbst dann mindestens ein weiteres Angebot einholen, wenn sie vor Erreichen der optimalen Anzahl von Anbietern einen Preis identifiziert 60
61
62
Es k¨ onnen allerdings indirekte Zusammenh¨ ange bestehen, denn die Preisstreuung und die Grenzsuchkosten k¨ onnen von der Anzahl der Anbieter abh¨ angen. Weiterhin begrenzt die Anzahl der Anbieter die maximal m¨ ogliche Suchintensit¨ at. Das Gleiche gilt, wenn eine exogene Suchgrenze“ durch eine ” Budgetrestriktion zustande kommt und die Suchkosten aus dem Budget finanziert werden m¨ ussen. Vgl. Hey, John D. (1982): Search for Rules for Search, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 3 No. 1, S. 65–81, hier: S. 66; Hey, John D. (1991): Experiments in Economics, Oxford – Cambridge, S. 104f.; Hey (1993), S. 82-89. Vgl. auch bspw. a. a. O., S. 94; Ariely, Dan/Loewenstein, George/Prelec, Drazen (2003): Coherent ” Arbitrariness“: Stable Demand Curves without Stable Preferences, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 118 No. 1, S. 73–105, hier: S. 74; Ariely, Dan/Loewenstein, George/Prelec, Drazen (2006): Tom Sawyer and the Construction of Value, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 60 No. 1, S. 1–10, hier: S. 8. Die Kritik an den in der vorliegenden Untersuchung dargestellten Modellen setzt auf verschiedenen Ebenen an: Erstens bezieht sie sich auf einzelne Modelle, zweitens auf Modellfamilien (bzw. -generationen) und drittens auf die zugrunde liegende Verhaltenstheorie. Diese Ebenen der Kritik werden jeweils formuliert, nachdem der kritisierte Gegenstand dargestellt wurde.
Zentrale absolute Ergebnisse
Je gr¨oßer die wahrgenommene Preisstreuung ist, desto gr¨oßer ist die Suchintensit¨at, jedoch nicht signifikant [0].
Goldman/Johansson (1978) (vgl. auch Johansson/Goldman (1979)): Protokollierung von K¨aufen und Befragung, n = 424 Familien. Die Autoren ber¨ ucksichtigen nicht nur erkl¨arende Variablen, die sich aus FSS-Modellen ergeben, sondern bspw. auch Ziele der Konsumenten, die u ¨ber die Zahlung eines niedrigen Preises hinausgehen; sie lockern somit die Homogenit¨atsannahme. Fortsetzung auf der folgenden Seite
Je h¨oher die Suchkosten sind, desto geringer ist die Suchintensit¨at [+]. Je h¨ oher der durchschnittliche Preis des Produkts ist, desto gr¨oßer ist die Suchintensit¨at [0] (Bucklin bewertet dieses Ergebnis als theoriebest¨ atigend, obwohl die Suchintensit¨at nicht direkt vom Mittelwert der Preise abh¨angen sollte).
Bucklin (1966): Befragung, n = 506 Konsu¨ menten. Uber die zitierten Ergebnisse hinaus untersucht Bucklin den Einfluss des Vorwissens zu Anbietern und zu Produkteigenschaften. Beide Einflussfaktoren beziehen sich nicht direkt auf FSS-Modelle, da in diesen von der stochastischen Suche nach Preisen f¨ ur ein homogenes Produkt ausgegangen wird.
Der Beitrag zur Erkl¨ arung der Varianz der Suchintensit¨ at ist gering (R2 = 0,14 auch bei Einbeziehung weiterer erkl¨arender Variablen) [−]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [−].
Gesamtbeurteilung durch den Autor: [0].
¨ Ubereinstimmung mit den Modellprognosen bzw. den Modellen: [+]: Ja; [0]: Unentschieden oder keine Aussage m¨ oglich; [−]: Nein
Zentrale komparative Ergebnisse
Tabelle 2.4: Ausgew¨ ahlte empirische Untersuchungen zu Modellen der ersten Generation
Quelle, Methode und Anmerkungen
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle 21
Je h¨oher die Suchkosten sind, desto geringer ist die Suchintensit¨at, allerdings nur teilweise signifikant [+]. Je gr¨oßer die Preisstreuung ist, desto gr¨oßer ist die Suchintensit¨ at, wenn die Suchkosten hoch sind [+]; bei niedrigen Suchkosten ergibt sich kein signifikanter Zusammenhang [−]. Je h¨oher die Suchkosten sind, desto geringer ist die Suchintensit¨at [+]. Je gr¨oßer der wahrgenommene Nutzen der Suche ist, desto gr¨ oßer ist die Suchintensit¨at [+].
Je h¨oher die Suchkosten sind, desto geringer ist die Suchintensit¨at [+]. Je gr¨oßer der Nutzen der Suche ist, desto gr¨oßer ist die Suchintensit¨at [+].
Urbany (1986): Laborexperiment, n = 191 ¨ Studenten. Uber die zitierten Ergebnisse hinaus simuliert Urbany Situationen mit Vorwissen u ¨ber die Zuordnung von Preisen zu Anbietern. Diese Situationen sind f¨ ur Modelle der stochastischen Suche nicht maßgeblich.
Avery (1996): Befragung, n = 373 Konsu¨ menten. Uber die zitierten Ergebnisse hinaus untersucht Avery die Suche innerhalb von Einkaufsst¨atten und den Einfluss des Involvements der Konsumenten; Letzteres wirkt sich nicht auf die Suchintensit¨at aus.
Urbany/Dickson/Kalapurakal (1996), S. 96f.: Befragung, n = 343 Konsumenten. Diese Untersuchung wird auch bei den marketingwissenschaftlichen Modellen in Abschnitt 2.2.7 aufgegriffen.
Fortsetzung von Tabelle 2.4
Anhand von Suchkosten und -nutzen l¨asst sich ein Teil der Varianz der Intensit¨at von Preisvergleichen erkl¨ aren (R2 = 0,25) [0]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [0].
Der Beitrag zur Erkl¨ arung der Varianz der Suchintensit¨ at ist gering (R2 ≤ 0,17 auch bei Einbeziehung weiterer erkl¨arender Variablen) [−]. Gesamtbeurteilung durch die Autorin: [0].
Die Suchintensit¨ at ist geringer als prognostiziert, wenn die Preisstreuung groß ist [0]; bei einer geringen Preisstreuung ergibt sich kein deutlicher Unterschied zwischen der beobachteten und der optimalen Suchintensit¨at [+]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [0].
22 2 Vorliegende Modelle
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
23
haben, der geringer ist als die Grenzsuchkosten.63 Diese Implikationen der FSS-Modelle sind kritisch, da die Modelle zwar optimales Suchverhalten modellieren, die zwei genannten M¨ oglichkeiten jedoch zu suboptimalem Verhalten f¨ uhren, wenn Suchschritte nacheinander durchgef¨ uhrt werden (und die Grenzsuchkosten positiv sind): Anhand der Formeln 2.7 ist zu erkennen, dass die Suchschritte, die nach dem Eintreten einer der M¨ oglichkeiten durchgef¨ uhrt werden m¨ ussen, um die optimale Anzahl von Anbietern aufzusuchen, zu einer Nutzenreduktion f¨ uhren. Formel 2.7a bezieht sich auf die erste M¨ oglichkeit und verdeutlicht, dass die f¨ ur den n¨achsten Suchschritt erwartete Preisreduktion geringer ist als die Grenzsuchkosten; Formel 2.7b verdeutlicht dies f¨ ur die zweite M¨ oglichkeit. pn = pmin ⇒ V (n + 1) = E(p(1) | n) − E(p(1) | n + 1) = pmin − pmin = 0 < c;
(2.7a)
pn < c ⇒ V (n + 1) = pn − E(p(1) | n + 1) < c
(2.7b)
mit: pn : In Suchschritt n identifizierter Preis; n: Index der Suchschritte vor Erreichen der optimalen Stichprobengr¨oße N ∗ (n = 1, 2, . . . , N ∗ − 1); V (n + 1): Nutzen des n¨ achsten Suchschritts; E(p(1) | n): Erwarteter niedrigster Wert in einer Stichprobe von n Preisen. FSS-Modelle k¨onnen somit nur auf F¨ alle angewendet werden, in denen Konsumenten vor Beginn der Suche entscheiden m¨ ussen, wie viele Anbieter sie aufsuchen. Solche FSS” Suchsituationen“ liegen in der Realit¨ at nur selten vor. Als m¨ogliches Beispiel ist zwar die Suche mithilfe von Preisvergleichsdiensten zu nennen, allerdings sind die Annahmen der FSS-Modelle auch dabei nur selten erf¨ ullt, da Konsumenten die Stichprobengr¨oße im Allgemeinen nicht im Voraus w¨ ahlen k¨ onnen oder m¨ ussen.64 Aufgrund des eingeschr¨ ankten Anwendungsbereichs der FSS-Modelle wurden Ans¨atze entwickelt, die ein sequenzielles Suchverfahren unterstellen, also ein Verfahren, bei dem Konsumenten w¨ahrend der Suche entscheiden, ob sie einen weiteren Anbieter aufsuchen oder nicht. Aus den Formeln 2.7 ist ersichtlich, dass ein solches Verfahren dem FSSVerfahren vom Grundsatz her u ¨berlegen ist.65 Ein FSS-Verfahren kann allerdings optimal sein, beispielsweise wenn die Aufnahme der Suche Fixkosten mit sich bringt und demzufolge Skaleneffekte bestehen oder wenn die Zeit, die zwischen dem Einholen von Preisinformationen vergeht, ausreichend lang ist bzw. wenn die Gegenwartspr¨aferenz der Konsumenten ausreichend groß ist.66 Ob das Suchverhalten eher anhand von FSS-Modellen oder anhand von sequenziellen Modellen erkl¨ art werden kann, ist insofern vom Standpunkt der Optimalit¨ at aus nicht abschließend zu kl¨ aren, wenn nicht weitere Eigen-
63 64 65 66
Vgl. Rothschild (1974), S. 691; Gastwirth (1976), S. 42; Hey (1979b), S. 87; MacMinn (1980), S. 319; Sargent (1987), S. 60; Stigler (1987), S. 241. Vgl. Stahl (1989), S. 700. ¨ Eine numerische Uberpr¨ ufung dieses Arguments findet sich bei Feinberg/Johnson (1977). Vgl. Hey (1979a), S. 61; Reinganum (1979), S. 853; Whitmore (1980), S. 149; Hey (1981b), S. 57; Manning/Morgan (1982), S. 203-206; Burdett/Judd (1983), S. 956-961; Morgan, Peter/Manning, Richard (1985): Optimal Search, in: Econometrica, Vol. 53 No. 4, S. 923–944, hier: S. 923-925, 941; Stigler (1987), S. 237. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 267-271.
24
2 Vorliegende Modelle
urfte die Preissuche der schaften der Suchsituation spezifiziert werden.67 Im Normalfall d¨ Konsumenten jedoch sequenziell ablaufen in dem Sinne, dass sie in jedem Suchschritt eine Preisinformation einholen und dann entscheiden, ob sie ihre Suche fortsetzen; somit werden sequenzielle Modelle dem Preissuchverhalten vermutlich eher gerecht. Da Stigler mit seinem Beitrag nicht das Ziel verfolgte, ein Modell nur f¨ ur die seltenen FSS-Situationen vorzulegen68 und da FSS-Modelle auch ansonsten nicht nur auf solche Situationen angewendet werden, sind sequenzielle Modelle nicht nur als Ans¨atze mit einem anderen Anwendungsbereich, sondern als Weiterentwicklung oder als zweite Generation von Suchmodellen zu bezeichnen. Diese Modellgeneration wird im Folgenden dargestellt. 2.1.2 Modelle mit einem sequenziellen Suchverfahren und einer bekannten Preisverteilung (Modelle der zweiten Generation) Die Suboptimalit¨at der FSS-Modelle kommt dadurch zustande, dass sie auf der Minimierung der Summe aus dem erwarteten Preis und den – mit Beginn der Suche feststehenden – gesamten Suchkosten basieren (siehe Formel 2.1 auf Seite 14). Ein geringf¨ ugig anders formulierter, jedoch ¨ okonomisch sinnvollerer Kalk¨ ul stellt auf die Minimierung der erwarteten Summe aus dem Preis und den gesamten Suchkosten ab (Formel 2.8).69 E(p + cT ) → min!
(2.8)
mit: T : Anzahl der Anbieter bzw. der Suchschritte, die vor Beendigung der Preissuche aufgesucht bzw. durchgef¨ uhrt werden. Da die Anzahl der Suchschritte bei diesem Kalk¨ ul nicht im Voraus festgelegt werden kann, f¨ uhrt er zu einem sequenziellen Suchverfahren. In Modellen, denen ein solches Verfahren zugrunde liegt, wird die Suche beendet, sobald ein Preis identifiziert wird, der nicht u ¨ber einem kritischen Wert liegt. Bei diesem kritischen Wert handelt es sich um den maximalen Preis, den die Konsumenten zu entrichten bereit sind, also in der Nomenklatur der vorliegenden Untersuchung um die Preisbereitschaft.70 Anders als bei Modellen der ersten Generation wird bei Modellen der zweiten Generation mithin nicht die Anzahl aufzusuchender Anbieter vor Beginn der Suche festgelegt, sondern die Preisbereitschaft. Ausgew¨ahlte Arbeiten zu Modellen der zweiten Generation werden in Tabelle 2.5 aufgef¨ uhrt. 67
68 69
70
¨ Die Modelle lassen sich im Ubrigen als Spezialf¨ alle eines allgemeineren Modells auffassen, in dem Konsumenten in jedem sequenziellen Suchschritt mehrere Preisinformationen einholen bzw. mehrere FSS-Suchen nacheinander durchf¨ uhren k¨ onnen. Vgl. Morgan, Peter (1983): Search and Optimal Sample Sizes, in: Review of Economic Studies, Vol. 50 No. 4, S. 659–675; Morgan/Manning (1985). Vgl. Stigler (1961), S. 213f., 223f. Vgl. bspw. Landsberger/Peled (1977), S. 20; Hey (1981a), S. 49. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 270, 334, 336. Wie zuvor wird hier und im Folgenden, soweit nicht auf das Gegenteil hingewiesen wird, unterstellt, dass die Nutzenfunktion der Konsumenten linear ist. Anders als bei FSS-Modellen wird die Anzahl der Suchschritte hier und im Folgenden nicht mit N , sondern mit T bezeichnet, um den Unterschied zwischen sequenziellen Verfahren und FSS-Verfahren, bei denen Angebote formal gleichzeitig eingeholt werden, zu verdeutlichen. Alternative Bezeichnungen sind Abbruchpreis, Cut-Off Price, H¨ ochstenspreis, Maximalpreis, Maximum Acceptable Price, Preisgrenze, Reservationspreis, Stopp-Preis und Switchpoint. Vgl. bspw. Diamond (1971), S. 158; Telser, Lester G. (1973): Searching for the Lowest Price, in: American Economic Review, Vol. 63 No. 2, S. 40–49, hier: S. 42; Kohn/Shavell (1974); Butters (1977), S. 473; Landsberger/ Peled (1977), S. 23; Pratt/Wise/Zeckhauser (1979), S. 191; Schumacher, Anja (1994): Unvollkommene Information in der neoklassischen Informations¨ okonomik und im evolutions¨ okonomischen Ansatz (Diss. Universit¨ at-Gesamthochschule Siegen), Frankfurt am Main, S. 17.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
25
Tabelle 2.5: Ausgew¨ ahlte Arbeiten zu Modellen der zweiten Generation
Grundlegende Arbeiten McCall (1965); McCall (1970); Nelson (1970), S. 312-318, wobei Nelson sich allerdings in erster Linie auf andere Produkteigenschaften als den Preis bezieht; Telser (1973), S. 42-44, 47f.; Kohn/Shavell (1974); Gastwirth (1976), S. 45-49; Feinberg/Johnson (1977). Arbeiten zu Auswirkungen des Preissuchverhaltens (insb. zu Marktgleichgewichten) Ioannides (1975); Axell (1977); Reinganum (1979); Stiglitz (1979); MacMinn (1980), S. 319-326; Von zur Muehlen (1980); Salop/Stiglitz (1982); Burdett/Judd (1983), S. 964966; Carlson/McAfee (1983); Peterson/Black (1984); Rob (1985); Diamond (1987); Stiglitz (1987); Stahl (1989); Ratchford/Srinivasan (1993); Bester (1994); Stahl (1996); Posey/ Tennyson (1998), S. 99-101; Wu et al. (2004); Hong/Shum (2006), S. 262-266; Waldeck (2008), S. 352-356. Weiterentwicklungen (die nicht zu einer anderen Modellgeneration im Sinne von Tabelle 2.2 (S. 12) f¨ uhren) • Butters (1977): Einbeziehung einer Signaling-M¨oglicheit der Anbieter in Form von Preiswerbung, wobei Butters ein vereinfachtes Suchverfahren unterstellt; • Landsberger/Peled (1977): Einbeziehung der Wahrscheinlichkeit, dass nicht angenommene Angebote in sp¨ateren Suchschritten noch verf¨ ugbar sind ( unsicherer Recall“); ” • Cigno (1979): Einbeziehung einer preis- und einkommenselastischen Nachfrage; • Hey (1979a) (vgl. auch Hey (1981b), S. 115f.): Einbeziehung einer preiselastischen Nachfrage; • Weitzman (1979): Einbeziehung der M¨oglichkeit, dass Informationsquellen systematisch (vs. zuf¨allig) aufgesucht werden; • Wilde (1980a); Hey/McKenna (1981): Einbeziehung der Unterscheidung von Such- und Erfahrungseigenschaften von Produkten; • Aharon/Veendorp (1983) (vgl. auch Veendorp (1984)): Einbeziehung einer Budgetrestriktion; • Burdett/Judd (1983), S. 964f.: Einbeziehung der M¨oglichkeit, dass in jedem Suchschritt mehrere Preise identifiziert werden; • Morgan (1983); Morgan/Manning (1985) (vgl. auch Gal/Landsberger/Levykson (1981); Benhabib/Bull (1983); Harrison/Morgan (1990)): Darstellung eines verallgemeinerten Suchverfahrens, das FSS-Modelle und sequenzielle Modelle als Spezialf¨alle enth¨alt; • Peterson/Black (1984), S. 528f.: Einbeziehung der M¨oglichkeit, dass Preise in Abh¨angigkeit von Konsumentenmerkmalen differenziert werden; • Anglin (1990): Modellierung der Suche nach Preisen f¨ ur zwei G¨ uter; • Vishwanath (1992): Einbeziehung der M¨oglichkeit, dass in jedem Suchschritt mehrere Informationsquellen aufgesucht und diese systematisch ausgew¨ahlt werden; • Robert/Stahl (1993): Einbeziehung einer Signaling-M¨oglicheit der Anbieter in Form von Preiswerbung; • Anderson/Renault (1999), S. 721-723: Erweiterung f¨ ur heterogene G¨ uter; • Adam (2001): Einbeziehung der M¨oglichkeit, dass Informationsquellen systematisch aufgesucht werden und Entwicklung eines Modells, das dies und Modelle der dritten Generation als Spezialf¨alle enth¨alt; • Ratchford (2001), S. 408f.: Einbeziehung der Bildung von Humankapital in Form verringerter Suchkosten; • Janssen/Moraga-Gonz´alez/Wildenbeest (2005): Modellierung einer nicht kostenfreien Aufnahme der Suche (ohne diese Modifikation f¨ uhren Konsumenten in Arbeiten zu Marktgleichgewichten wenigstens einen Suchschritt durch); • Zhang/Fang/Sheng (2007): Einbeziehung eines Qualit¨atsparameters.
26
2 Vorliegende Modelle
Die folgenden Ausf¨ uhrungen zu den Modellen der zweiten Generation sind ebenso wie die zu den FSS-Modellen aufgebaut: Zun¨ achst wird die Grundstruktur der Modelle dargestellt (Abschnitt 2.1.2.1), dann aus den Modellen abzuleitende Hypothesen (2.1.2.2) und Ergebnisse empirischer Untersuchungen (2.1.2.3). Abschließend erfolgt eine Kritik der Modelle (2.1.2.4). 2.1.2.1 Die Grundstruktur W¨ ahrend die Suchintensit¨ at in FSS-Modellen direkt festgelegt wird, wird sie in sequenziellen Modellen indirekt u ¨ber die Preisbereitschaft bestimmt. Anhand dieses Parameters werden die Preise, die die Konsumenten w¨ ahrend der Suche identifizieren, in zwei Klassen eingeteilt: Preise, die u ¨ber der Preisbereitschaft liegen, werden nicht akzeptiert und die Suche wird fortgef¨ uhrt. Preise, die nicht u ¨ber der Preisbereitschaft liegen, werden akzeptiert und die Suche wird beendet (Formel 2.9).71 > P B → Durchf¨ uhrung eines weiteren Suchschritts; pt (2.9) ≤ P B → Kauf des Produkts zum Preis pt = pT mit: P B: Preisbereitschaft; t: Index der Suchschritte (t = 1, 2, . . . , T ). Da sequenzielle Suchmodelle darauf basieren, dass Preisinformationen nach und nach eingeholt werden, wird der Kauf zum ersten akzeptablen Preis durchgef¨ uhrt, der identifiziert wird. Die Suchintensit¨ at ergibt sich demnach aus der Kombination der Preisbereitschaft mit der Reihenfolge, in der Preise identifiziert werden. Da die Reihenfolge zuf¨allig und somit exogen ist (siehe Seite 11), steht die Frage, wie die Preisbereitschaft zustande kommt, im Mittelpunkt der sequenziellen Modelle. Die Antwort auf diese Frage leitet sich aus der zugrunde liegenden Verhaltenstheorie ab: Da die mikro¨okonomischen Modelle auf der Annahme eines nutzenmaximierenden Konsumenten basieren, liegt der Bestimmung der Preisbereitschaft eine myopische Optimierung zugrunde, die f¨ ur jeden Suchschritt die positiven und die negativen Auswirkungen eines weiteren Schritts ber¨ ucksichtigt: The problem is whether to stop on trial t or to search once more.“72 Die ” Konsumenten w¨agen demzufolge analog zu den FSS-Modellen zwischen den Kosten und dem erwarteten Nutzen eines Suchschritts ab; sie legen die Preisbereitschaft vor Beginn der Suche so fest, dass diese Gr¨ oßen einander entsprechen. Die Preisbereitschaft ist also endogen.73 71
72 73
Eine Herleitung dieser Entscheidungsregel findet sich bei McCall, John J. (1965): The Economics of Information and Optimal Stopping Rules, in: Journal of Business, Vol. 38 No. 3, S. 300–317, hier: S. 310-312. Vgl. auch McCall (1971), S. 427f.; Kohn/Shavell (1974), S. 96-101. Im Folgenden wird gezeigt, dass Konsumenten im Gleichgewicht bei pt = P B indifferent zwischen der Fortf¨ uhrung und der Beendigung der Suche sind. Dass sie sich wie in Formel 2.9 unterstellt in diesem Fall f¨ ur die Beendigung entscheiden, stellt eine vereinfachende Annahme dar, die der Definition der Preisbereitschaft entspricht und die auch in anderen Arbeiten getroffen wird. Vgl. Diamond (1971), S. 158; Axell (1977), S. 22; Karni/Schwartz (1977), S. 39; Landsberger/Peled (1977), S. 21; Whitmore (1980), S. 150; Stiglitz (1987), S. 1044; Stahl (1989), S. 702; Stahl (1996), S. 248. Telser (1973), S. 42. Vgl. auch bspw. McCall (1971), S. 427; Lippman/McCall (1976), S. 160; Pratt/ Wise/Zeckhauser (1979), S. 191; Hey (1981b), S. 58, 246; McMillan/Rothschild (1994), S. 910. Einige Autoren nehmen in ihr Modell zus¨ atzlich zur endogenen Preisbereitschaft die exogene Bewertung des Produktnutzens auf. Vgl. Ioannides, Yannis M. (1975): Market Allocation through Search: Equilibrium Adjustment and Price Dispersion, in: Journal of Economic Theory, Vol. 11 No. 2, S. 247– 262, hier: S. 253; Salop, Steven C./Stiglitz, Joseph E. (1982): The Theory of Sales: A Simple Model of
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
27
Dieser Kalk¨ ul f¨ uhrt zu einer rekursiven Optimierung, denn der erwartete Nutzen eines Suchschritts h¨angt von der Preisbereitschaft ab und gleichzeitig wird die Preisbereitschaft auf der Basis des erwarteten Nutzens bestimmt. Dies l¨asst sich anhand der ¨aquivalenten Indifferenzbedingungen 2.10 und 2.11 verdeutlichen. E(P B − p) = c
(2.10)
⇔ P B = E(p) + c ⇔ P B = E(p | p > P B) + E(p | p ≤ P B) + c
PB pmin p dF (p) + c. ⇔ P B = [1 − F (P B)]P B + F (P B) F (P B)
(2.11)
Bedingung 2.11 ist folgendermaßen zu interpretieren: Angenommen, ein Konsument hat einen Preis in H¨ohe seiner Preisbereitschaft P B identifiziert. Wenn er keinen weiteren Suchschritt durchf¨ uhrt, erwirbt er das Produkt zum Preis P B. Die linke Seite von Gleichung 2.11 gibt also die Kosten bei Beendigung der Suche an (wobei bisherige Suchkosten nicht ber¨ ucksichtigt werden, da sie f¨ ur nutzenmaximierende Konsumenten entscheidungsirrelevant sind). Wenn er einen weiteren Suchschritt durchf¨ uhrt, identifiziert er mit einer Wahrscheinlichkeit von [1 − F (P B)] einen Preis, der h¨oher ist als P B; in diesem Fall greift er auf den Preis P B zur¨ uck. Mit einer Wahrscheinlichkeit von F (P B) ist der identifizierte Preis nicht h¨ o her als P B; der erwartete Preis entspricht in diesem
PB Fall [ pmin p dF (p)]/F (P B). Unter Ber¨ ucksichtigung der Grenzsuchkosten entspricht die rechte Seite von Gleichung 2.11 also den erwarteten Kosten bei Durchf¨ uhrung eines Suchschritts. Indifferenz zwischen Beendigung und Fortf¨ uhrung der Suche herrscht, wenn das Gleichheitszeichen in Bedingung 2.11 (und folglich in Bedingung 2.10) gilt. Die Preisbereitschaft hat die optimale H¨ ohe, wenn sie so festgelegt wird, dass dies der Fall ist. Die optimale Preisbereitschaft teilt die Preise mithin so in zwei Klassen auf, dass die Gleichheit von Grenznutzen und Grenzkosten der Suche hergestellt wird; dadurch wird die Zielfunktion 2.8 (siehe Seite 24) minimiert. Gleichung 2.11 f¨ uhrt nach Umformung zu Gleichung 2.12, die im letzten Schritt besagt, dass die Preisbereitschaft so zu w¨ ahlen ist, dass das Integral der Preisverteilungsfunktion zwischen dem niedrigsten im Markt geforderten Preis und der Preisbereitschaft den Kosten eines Suchschritts entspricht.74
74
Equilibrium Price Dispersion with Identical Agents, in: American Economic Review, Vol. 72 No. 5, S. 1121–1130, hier: S. 1122; Burdett/Judd (1983), S. 965; Robert/Stahl (1993), S. 659, 662; Janssen, Maarten C. W./Moraga-Gonz´ alez, Jos´e Luis/Wildenbeest, Matthijs R. (2005): Truly Costly Sequential Search and Oligopolistic Pricing, in: International Journal of Industrial Organization, Vol. 23 No. 5/6, S. 451–466, hier: S. 453; Waldeck, Roger (2008): Search and Price Competition, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 66 No. 2, S. 347–357, hier: S. 352. Vgl. zu ¨ ahnlichen Darstellungen der Modelle der zweiten Generation und der Herleitung des Optimierungskalk¨ uls McCall (1965), S. 310-312; Rapoport, Amnon/Tversky, Amos (1966): Cost and Accessibility of Offers as Determinants of Optional Stopping, in: Psychonomic Science, Vol. 4, S. 145– 146, hier: S. 145; McCall (1970), S. 115-117; McCall (1971), S. 426-428; Rothschild (1973), S. 1287; Rothschild (1974), S. 692; Gastwirth (1976), S. 45; Axell (1977), S. 22f.; Feinberg/Johnson (1977), S. 1595; Landsberger/Peled (1977), S. 18-23; Hey (1979a), S. 63; Hey (1979b), S. 88f.; Deaton/ Muellbauer (1980), S. 411; MacMinn (1980), S. 320; Hey (1981b), S. 57-60, 113-115; Hey (1981a), S. 49f.; Rosenfield, Donald B./Shapiro, Roy D. (1981): Optimal Adaptive Price Search, in: Journal of Economic Theory, Vol. 25 No. 1, S. 1–20, hier: S. 2f.; Sargent (1987), S. 61f.; Stahl (1989), S. 702; McMillan/Rothschild (1994), S. 908-910; Stahl (1996), S. 248. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 270-272, 331-335.
28
2 Vorliegende Modelle
V (P B ∗ ) = F (P B ∗ )P B ∗ −
P B∗
=
pmin P B∗
P B∗
p dF (p) = P B ∗
pmin
P B∗
dF (p) −
pmin P B∗
P B ∗ (P B ∗ − p) dF (p) = (P B ∗ − p)F (p) min + p
p dF (p) pmin
F (p) dp pmin
F (p) dp = c
=
P B∗
(2.12)
pmin
mit: V (P B): Nutzen eines Suchschritts bei Preisbereitschaft P B; P B ∗ : Optimale Preisbereitschaft. Die erwartete Suchintensit¨ at h¨ angt negativ von der mithilfe von Gleichung 2.12 ermittelten Preisbereitschaft ab und folgt einer geometrischen Verteilung.75 Bei dieser Verteilung gilt allgemein E(x) = 1/ρ, wobei x der Anzahl der Versuche entspricht, die bis zum Eintritt eines Ereignisses erfolgen, und ρ die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses angibt. Da das die Suchintensit¨ at bestimmende Ereignis bei der sequenziellen Preissuche darin besteht, dass ein Preis identifiziert wird, der aufgrund der Preisbereitschaft akzeptabel ist, gilt ρ = pr(p ≤ P B ∗ ) = F (P B ∗ ). Somit ergibt sich die erwartete Suchintensit¨at nach Gleichung 2.13. E(T ) =
1 . F (P B ∗ )
(2.13)
Die erwartete Suchintensit¨ at ist somit umso geringer, je h¨oher die Preisbereitschaft ist: ∂E(T )/∂P B ∗ = −[f (P B ∗ )/F (P B ∗ )2 ] < 0. ¨ Auf der Basis der obigen Uberlegungen zum erwarteten Preis und zur erwarteten Suchintensit¨at lassen sich zwei wesentliche Eigenschaften der Modelle der zweiten Generation festhalten: • Erstens verifizieren die folgenden Gleichungen 2.14 und 2.15, dass die Zielfunktion 2.8 minimiert wird, wenn die Preisbereitschaft anhand von Gleichung 2.12 bestimmt wird.76
PB c pmin p dF (p) + → min! (2.14) E(p + cT ) = E(p | p ≤ P B) + E(cT ) = PB F (P B) F (P B)
PB f (P B) F (P B)P B − pmin p dF (p) − c ! ∂E(p + cT ) ⇒ =0 (2.15) = ∂P B F (P B)2 P B∗ (P B ∗ − p) dF (p) = c. ⇒ pmin
• Zweitens ist anhand von Gleichung 2.14 in Verbindung mit Gleichung 2.11 zu erkennen, dass die erwarteten im Gleichgewicht der Preisbereitschaft
PGesamtkosten B∗ entsprechen: E(p + cT ) = [ pmin p dF (p) + c]/F (P B ∗ ) = P B ∗ .77 Dies muss der Fall 75 76
77
Vgl. McCall (1970), S. 117, 119; Telser (1973), S. 42, 47; Kohn/Shavell (1974), S. 110; Gastwirth (1976), S. 45f.; Lippman/McCall (1976), S. 161. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 270, 274. Gleichung 2.15 stellt die notwendige Bedingung zur Minimierung der Zielfunktion dar. Die hinreichende Bedingung ist erf¨ ullt, da der Grenzsuchnutzen abnimmt. Vgl. McCall (1970), S. 117; MacMinn (1980), S. 320. Vgl. Rothschild (1974), S. 692; Feinberg/Johnson (1977), S. 1595; Hey (1979b), S. 89; Hey (1981b),
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
29
sein, denn die optimale Preisbereitschaft wird so bestimmt, dass Indifferenz zwischen Fortf¨ uhrung und Beendigung der Suche besteht – diese Indifferenz herrscht, wenn die Summe aus dem erwarteten Preis und den erwarteten gesamten Suchkosten der Preisbereitschaft entspricht, denn sonst w¨ urde eine Ver¨anderung der Preisbereitschaft die erwarteten Gesamtkosten senken und die Preisbereitschaft k¨onnte nicht optimal sein. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die erwartete Suchintensit¨at in sequenziellen Modellen von der Preisbereitschaft abh¨ angt, die ihrerseits von den Grenzsuchkosten und der Verteilung der Preise beeinflusst wird. Um die Bedeutung dieser Faktoren zu veranschaulichen, werden die Gleichungen 2.10, 2.12 und 2.13 in Abbildung 2.2 zueinander in Bezug gesetzt. 2.1.2.2 Komparativ-statische Analysen und Hypothesen Im Folgenden werden die wesentlichen Einflussfaktoren des Suchverhaltens und die zugeh¨origen komparativ-statischen Verhaltensprognosen er¨ ortert, die aus den Gleichungen 2.12 und 2.13 – und somit aus den Modellen der zweiten Generation – abgeleitet werden k¨onnen. 1.: Die Grenzsuchkosten: Die Preisbereitschaft ist umso h¨oher und im stochastischen Sinne werden umso weniger Suchschritte durchgef¨ uhrt, je h¨oher die Kosten eines Suchschritts sind (Gleichungsgruppe 2.16).78 ∂P B ∗ 1 = ≥ 1; ∂c F (P B ∗ ) ∂E(T ) ∂E(T ) ∂P B ∗ f (P B ∗ ) = =− < 0. ∂c ∂P B ∗ ∂c F (P B ∗ )3
(2.16a) (2.16b)
¨ 2.: Der Mittelwert der Preise: Eine Anderung des Mittelwerts der Preise f¨ uhrt ceteris ¨ paribus zu einer identischen Anderung der Preisbereitschaft. Da sich diese Effekte ausgleichen, h¨angt die Suchintensit¨ at nicht vom Mittelwert der Preise ab; eine Erh¨ohung des Mittelwerts beispielsweise f¨ uhrt dazu, dass die Menge der akzeptablen Preise kleiner wird, die gleichzeitige Erh¨ ohung der Preisbereitschaft weitet diese Menge jedoch wieder aus.79 Formal l¨asst sich dies daran erkennen, dass eine Verschiebung von F (p) bei gleichbleibenden h¨oheren Momenten zu einer ebensolchen Verschiebung der Preisbereitschaft ache unter F (p) nicht ¨ andert (Gleichung 2.17). f¨ uhrt,80 da sich die Fl¨ P B ∗ +x P B∗ F (p) dp = G(p) dp (2.17) c= pmin
pmin +x
∂P B ∗ 1 1 ⇒ = 1 und = = E(T ) ∂x F (P B ∗ ) G(P B ∗ + x) mit:
78 79
80
S. 115; Conlisk, John (2003): A Note on Convergence of Adaptive Satisficing to Optimal Stopping, in: Journal of Political Economy, Vol. 111 No. 6, S. 1353–1360, hier: S. 1355. Vgl. bspw. Rapoport/Tversky (1966), S. 145; McCall (1970), S. 118; Telser (1973), S. 42, 47; Rothschild (1974), S. 692; Hey (1979a), S. 62; Stahl (1989), S. 706; McMillan/Rothschild (1994), S. 910. Vgl. Hey (1979b), S. 89; Hey (1981b), S. 114; Wilde (1987), S. 228f. Der Mittelwert der Preise ist nicht mit der geplanten Nachfragemenge identisch. Wie bei FSS-Modellen erh¨ oht diese auch in sequenziellen Modellen die Suchintensit¨ at. Vgl. Telser (1973), S. 43, 47f.; Hey (1979a), S. 65; Hey (1981b), S. 116; MacMinn (1980), S. 326. Vgl. Telser (1973), S. 48; Hey (1981b), S. 38f., 61.
30
2 Vorliegende Modelle
Abbildung 2.2: Die Bestimmung der optimalen Preisbereitschaft und der erwarteten Suchintensit¨ at in sequenziellen Modellen des Preissuchverhaltens81
c, E(PB-p) E(PB-p)
c
PB
PB* F(p) 1
c
pmin
PB*
pmax
p
E(T | PB) 1/F(PB)
E(T | PB*) 1 PB*
81
pmax PB
Die Abbildung basiert zum Teil auf Darstellungen bei McCall (1970), S. 118; Hey (1979a), S. 65; Hey (1981b), S. 63, 114; Sargent (1987), S. 62.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
31
G(p) := F (p + x); x: Verschiebungsparameter. 3.: Die Streuung der Preise: Die Preisbereitschaft ist umso niedriger, je st¨arker die Preise streuen.82 Dies l¨asst sich anhand eines Mean-Preserving Spreads verdeutlichen, der von einer Verteilungsfunktion F (p) zu einer st¨ a rker streuenden Verteilungsfunktion G(p) x f¨ uhrt. Bei einem MPS gilt: ∃ x ∈ [pmin , pmax ) : pmin [G(p)−F (p)] dp > 0 (siehe Seite 17). Da das Integral aus Gleichung 2.12 sowohl bei G(p) als auch bei F (p) den Grenzsuchkosten entsprechen soll, muss P B ∗ bei G(p) niedriger sein als bei F (p), damit die durch den MPS verursachte Fl¨ achenerh¨ ohung ausgeglichen wird. Aus der Ver¨anderung der Preisbereitschaft l¨ asst sich allerdings nicht zweifelsfrei ableiten, wie sich die Suchintensit¨ at ver¨ andert: Wenn die Streuung der Preise steigt, sinkt zwar die Preisbereitschaft und erh¨ oht sich die erwartete Suchintensit¨at. Gleichzeitig steigt jedoch f¨ ur jeden Suchschritt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Preis identifiziert wird, der nicht u ¨ber der Preisbereitschaft liegt, wodurch die erwartete Suchintensit¨at sinkt. Eine eindeutige Aussage ist insofern nicht m¨ oglich. Allerdings zeigt Balvers, dass sich die Ambivalenz der Verhaltensprognose aufheben l¨ asst, indem eine Restriktion eingef¨ uhrt wird: Bei einem proportionalen“ MPS f¨ uhrt eine Erh¨ ohung der Streuung zu einer Verl¨angerung der ” Suche.83 4.: Die Risikoeinstellung: Die aus Modellen der zweiten Generation abzuleitende Auswirkung einer (steigenden) Risikoaversion ist eindeutiger als bei FSS-Modellen, denn die Streuung des erwarteten niedrigsten Preises spielt in sequenziellen Modellen keine Rolle, da keine Preisstichprobe mit festgelegtem Umfang gezogen und somit auch nicht auf den erwarteten niedrigsten Preis abgestellt wird. Risikoaversion l¨asst sich daher als Bevorzugung von sicheren gegen¨ uber erwarteten Werten auffassen (bei Durchf¨ uhrung eines Suchschritts ist das Anfallen von Suchkosten sicher und die Reduktion des Preises wird nur erwartet) oder als abnehmender Grenznutzen der mit einem Suchschritt erzielbaren Preisreduktion. Die Preisbereitschaft risikoaverser Konsumenten ist daher nie niedriger, aber im Allgemeinen h¨ oher als die Preisbereitschaft risikoneutraler Konsumenten. Demnach gilt der folgende Zusammenhang: No [risk-averse] decision-maker ” [. . . ] will proceed to the next alternative if a risk-neutral decision-maker won’t.“84 Die Suchintensit¨at nimmt also mit zunehmender Risikoaversion tendenziell ab. 5.: Das Vorliegen einer exogenen Suchgrenze: Aus Modellen der zweiten Generation lassen sich weitere Hypothesen ableiten, wenn die Annahme aufgegeben wird, dass der Anzahl der Suchschritte keine exogene Grenze gesetzt ist; die oben dargestellten Kalk¨ ule basieren auf dieser Annahme. Eine Suchgrenze kann insbesondere aus zwei Gr¨ unden vorliegen: Erstens ist die Anzahl der Anbieter in realen M¨arkten nicht unendlich groß und zweitens ist die Zeit, die f¨ ur die Suche zur Verf¨ ugung steht, in der Realit¨at begrenzt 82 83 84
Vgl. bspw. Rothschild (1974), S. 692; Hey (1979a), S. 62, 64; Hey (1979b), S. 89f.; Hey (1981b), S. 61f., 114; Sargent (1987), S. 65; McMillan/Rothschild (1994), S. 910f. Vgl. Balvers, Ronald J. (1990): Variability and the Duration of Search, in: International Economic Review, Vol. 31 No. 3, S. 747–751. Whitmore (1980), S. 150. Vgl. auch Lippman/McCall (1976), S. 171f.; Cox, James C./Oaxaca, Ronald L. (1989): Laboratory Experiments with a Finite-Horizon Job-Search Model, in: Journal of Risk and Uncertainty, Vol. 2 No. 3, S. 301–329, hier: S. 308f., 314; Schunk, Daniel (2009): Behavioral Heterogeneity in Dynamic Search Situations: Theory and Experimental Evidence, in: Journal of Economic Dynamics and Control, Vol. 33 No. 9, S. 1719–1738, hier: S. 1721f.; Schunk, Daniel/Winter, Joachim (2009): The Relationship between Risk Attitudes and Heuristics in Search Tasks: A Laboratory Experiment, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 71 No. 2, S. 347–360, hier: S. 352.
32
2 Vorliegende Modelle
(bei den FSS-Modellen wurde auf einen begrenzten Zeithorizont nicht eingegangen, da die Preise in diesen Modellen formal gleichzeitig eingeholt werden). Aufgrund der Einschr¨ankung der vorliegenden Untersuchung auf die kurze“ Suche (siehe Seite 6) bietet ” es sich an, die Auswirkungen einer Begrenzung der Suchintensit¨at zu pr¨ ufen, da diese Einschr¨ankung mit begrenzten bzw. finiten“ Modellen eher vertr¨aglich ist als mit den ” oben dargestellten unbegrenzten bzw. infiniten“ Modellen. Die Lockerung der Annah” me, dass eine unbegrenzte Suche m¨ oglich ist, ist jedoch nicht nur wegen der Erh¨ohung der N¨ahe der dargestellten Modelle zur Realit¨ at und zu den Annahmen der vorliegenden Untersuchung relevant, sondern auch aus dem Grund, dass die Preisbereitschaft in finiten Modellen im Unterschied zu infiniten Modellen nicht unter allen Umst¨anden statisch ist, sondern dynamisch sein kann. Da eine der untersuchungsleitenden Fragen die Entwicklung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche betrifft, ist diese M¨oglichkeit essenziell. Im Folgenden wird daher dargestellt, welche Schl¨ usse aus finiten Modellen gezogen werden k¨onnen. Die oben dargestellte Grundstruktur der Modelle der zweiten Generation entspricht aufgrund der unterstellten stetigen Preisverteilung einem Polypol-Markt (siehe beispielsweise Gleichung 2.12). Im Oligopol-Fall ergibt sich mit Gleichung 2.18 ein ¨ahnlicher Entscheidungskalk¨ ul f¨ ur eine diskrete Preisverteilung bzw. eine endliche Anzahl von Anbietern.85 ⎧ ⎫ PB ⎨ ⎬ P B ∗ = max P B ∈ {pmin , . . . , pmax } | V (P B) = (P B − p)f (p) ≤ c . ⎩ ⎭ min p=p
(2.18) Wie bei den FSS-Modellen wird bei den Oligopol-Modellen der zweiten Generation das Problem des Ziehens ohne Zur¨ ucklegen, das in Gleichung 2.18 nicht ber¨ ucksichtigt ist, mithilfe des Nash-Paradigmas entkr¨ aftet, indem f (p) als Preisstrategie der Anbieter aufgefasst wird. Bei dieser Interpretation sind die Preise unabh¨angig und identisch verteilt; die Suche kann somit als Ziehen mit Zur¨ ucklegen aufgefasst werden und der Entscheidungskalk¨ ul unterscheidet sich nicht vom stetigen Fall (Gleichung 2.12). Ein wesentlicher Unterschied zwischen finiten und infiniten Modellen besteht allerdings hinsichtlich der Bedeutung der M¨ oglichkeit, zu fr¨ uher aufgesuchten Anbietern zur¨ uckzukehren; diese wird auch als M¨ oglichkeit zum Recall“ bezeichnet. Bei der Darstellung der ” infiniten Modelle wurde auf die M¨ oglichkeit zum Recall nicht eingegangen, denn sie beeinflusst das Suchverhalten in diesen Modellen nicht: Da der erste Preis akzeptiert wird, der nicht u ubung eines Recalls unm¨oglich, zu¨ber der Preisbereitschaft liegt, ist die Aus¨ mal sich die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche nicht ver¨andert; ein Preis, der einmal zur¨ uckgewiesen wurde, kann bei keinem folgenden Suchschritt akzeptabel werden.86 In FSS-Modellen spielt die M¨ oglichkeit zum Recall ebenfalls keine Rolle, denn in diesen Modellen wird das g¨ unstigste Angebot aus der gezogenen Preisstichprobe angenommen. 85
86
Vgl. Pratt/Wise/Zeckhauser (1979), S. 191; Carlson/McAfee (1983), S. 483; Kogut, Carl A. (1990): Consumer Search Behavior and Sunk Costs, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 14 No. 3, S. 381–392, hier: S. 386; Kogut, Carl A. (1992): Recall in Consumer Search, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 17 No. 1, S. 141–151, hier: S. 142. Vgl. Rapoport/Tversky (1966), S. 145; McCall (1971), S. 427; Telser (1973), S. 43; Kohn/ Shavell (1974), S. 106; Rothschild (1974), S. 694; Landsberger/Peled (1977), S. 23; Karni/ Schwartz (1977), S. 42f. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 335. Obwohl die M¨ oglichkeit zum Recall in infiniten Modellen irrelevant ist, wirkt sie sich auf die Herleitung des Entscheidungskalk¨ uls aus. In Abschnitt 2.1.2.1 wurde angenommen, dass ein Recall m¨ oglich ist.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
33
Wenn ein Recall m¨oglich ist, ergibt sich in finiten Modellen eine grunds¨atzlich konstante Preisbereitschaft, deren Wert dem in infiniten Modellen entspricht, da sich die Suchsituation w¨ahrend der Suche nicht ¨ andert.87 Dieser Grundsatz gilt allerdings in finiten Modellen nicht f¨ ur den Fall, dass w¨ ahrend der Suche kein Preis identifiziert wird, der aufgrund der Preisbereitschaft akzeptabel ist (im Rahmen des Nash-Paradigmas ist m¨oglich, dass alle identifizierten Preise u ¨ber der Preisbereitschaft liegen, selbst wenn alle Anbieter aufgesucht wurden). Da den mikro¨ okonomischen Modellen die Annahme zugrunde liegt, dass die Konsumenten das Produkt auch in diesem Fall erwerben (siehe Seite 11), muss sich die Preisbereitschaft ver¨ andern: Sie steigt nach dem Erreichen der exogenen Suchgrenze auf den niedrigsten identifizierten Preis; zu diesem Preis wird das Produkt durch die Aus¨ ubung eines Recalls erworben.88 Das Erreichen der Suchgrenze stellt jedoch einen Spezialfall dar. Die erwartete Suchintensit¨at bei einer finiten Suchgrenze und der M¨ oglichkeit zum Recall berechnet sich nach Gleichung 2.19.89 Sie ist dieser Gleichung zufolge geringer als bei infiniten Modellen. E(T | T˜) = T˜ −
˜−1 T
(T˜ − i)[1 − F (P B ∗ )]i−1 F (P B ∗ ) =
i=1
˜
1 − [1 − F (P B ∗ )]T F (P B ∗ )
(2.19)
1 = E(T ) F (P B ∗ ) mit: T˜: Exogene Suchgrenze (T˜ < ∞).
<
Die Ber¨ ucksichtigung einer Suchgrenze ohne M¨ oglichkeit zum Recall erfordert, dass die Preisbereitschaft mithilfe einer R¨ uckw¨ artsinduktion ausgehend vom letzten Suchschritt anhand von Gleichung 2.20a bestimmt wird.90 Die Suchschrittindizes in rekursiven Ausdr¨ ucken wie Gleichung 2.20a werden hier und im Folgenden so definiert, dass sie mit fortschreitender Suche steigen. Dies entspricht zwar nicht der Logik der R¨ uckw¨artsinduktion, es vereinfacht jedoch die Darstellung und steht in Einklang mit den restlichen dargestellten Modellen. 87
88 89 90
Vgl. Rapoport, Amnon/Tversky, Amos (1970): Choice Behavior in an Optional Stopping Task, in: Organizational Behavior and Human Performance, Vol. 5 No. 2, S. 105–120, hier: S. 116; Landsberger/ Peled (1977), S. 21-35; Rosenfield/Shapiro (1981), S. 2f.; Stahl (1989), S. 702; Robert/Stahl (1993), S. 662; Stahl (1996), S. 248. In einem Modell von Aharon und Veendorp steigt die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche schwach monoton. Vgl. Aharon, Rony/Veendorp, E. C. H. (1983): Sequential Search with a Budget Constraint, in: Economics Letters, Vol. 11 No. 1-2, S. 81–85; vgl. auch Veendorp, E. C. H. (1984): Sequential Search without Reservation Price, in: Economics Letters, Vol. 16 No. 1-2, S. 53–57. Dies gilt, wenn die Konsumenten danach streben, die Anzahl der Einheiten des Produkts, die sie erwerben k¨ onnen, zu maximieren und einer Budgetrestriktion unterliegen, wobei aus dem Budget auch die Suchkosten finanziert werden m¨ ussen. Die Kombination dieser zwei Merkmale f¨ uhrt dazu, dass sich die Suchsituation und die optimale Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche ver¨ andern. Die modellierte Zielfunktion ist f¨ ur die vorliegende Untersuchung nicht maßgeblich (A3, siehe S. 5) und ohne diese kommt es nicht zu einer Steigerung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche. Vgl. Landsberger/Peled (1977), S. 23f., 32; Rosenfield/Shapiro (1981), S. 3; Stahl (1989), S. 702; Stahl (1996), S. 248; Waldeck (2008), S. 352f. Vgl. Gastwirth (1976), S. 42; Landsberger/Peled (1977), S. 28f. Vgl. Hey (1979b), S. 109; Rosenfield/Shapiro (1981), S. 3. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 277-280. Analoge rekursive Ausdr¨ ucke lassen sich f¨ ur Modelle mit der M¨ oglichkeit zum Recall und die infiniten Modelle formulieren. Vgl. bspw. Hey (1981a), S. 49f. Bei diesen kommt der R¨ uckw¨ artsinduktion eine weniger essenzielle Bedeutung f¨ ur die Ableitung der optimalen Suchstrategie zu. F¨ ur die M¨ oglichkeit des unsicheren Recalls“, bei dem fr¨ uher identifizierte Preise bei sp¨ ateren Suchschritten nur mit einer ” bestimmten Wahrscheinlichkeit noch verf¨ ugbar sind, ergeben sich qualitativ ¨ ahnliche Schl¨ usse wie f¨ ur die Suche ohne Recall-M¨ oglichkeit. Vgl. Landsberger/Peled (1977), S. 21, 35.
34
2 Vorliegende Modelle Wτ (p) = min p,
pmax pmin
Wτ +1 (x) dF (x) + c
(2.20a)
mit: Wτ (p): Minimale erwartete Gesamtkosten in Suchschritt τ , wenn Preis p identifiziert wurde; τ : Index der m¨oglichen Suchschritte (τ = 1, 2, . . . , T˜). Die optimale Preisbereitschaft teilt die Preisverteilung so auf, dass Indifferenz zwischen der Durchf¨ uhrung eines Suchschritts und der Beendigung der Suche besteht. Sie ergibt sich somit aus der Gleichsetzung der Ausdr¨ ucke in der geschweiften Klammer in Gleichung 2.20a und somit nach Gleichung 2.20b. pmax Wτ +1 (p) dF (p) + c (2.20b) P Bτ∗ = pmin
mit: P Bτ∗ : Optimale Preisbereitschaft in Suchschritt τ . Aufgrund der Annahme, dass die Konsumenten das Produkt erwerben m¨ ussen, gilt als zus¨atzliche Bedingung: WT˜+1 (p) ≡ ∞. Gelingt es den Konsumenten nicht, vor dem letzten Suchschritt einen Preis zu identifizieren, der nicht u ¨ber ihrer Preisbereitschaft liegt, akzeptieren sie den letzten Preis somit unabh¨ angig von seiner Auspr¨agung. Entscheidend bei diesem Modell ist, dass sich die Preisbereitschaft auch bereits vor dem letzten Suchschritt ver¨ andern kann: Wenn kein Recall m¨oglich ist, wirkt die Suchgrenze als Restriktion; mit n¨ aherkommender Suchgrenze wird es unwahrscheinlicher, dass ein attraktiver Preis identifiziert werden kann (wenn ein Recall m¨oglich ist, sind die Konsumenten gegen dieses Ereignis abgesichert). Der optimale dynamische Plan“ der ” Konsumenten, der vor Beginn der Suche mittels R¨ uckw¨artsinduktion bestimmt wird, bringt daher eine schwach monoton steigende Preisbereitschaft mit sich: Je n¨aher die Suchgrenze r¨ uckt, desto h¨ oher ist tendenziell die Preisbereitschaft und desto weniger w¨ahlerisch“ sind die Konsumenten.91 Die niedrigste Preisbereitschaft und die h¨ochste ” erwartete Suchintensit¨ at ergeben sich somit, wenn die exogene Suchgrenze unendlich weit entfernt ist. Die Preisbereitschaft ist daher bei finiten Modellen ohne Recall-M¨oglichkeit ab dem ersten Suchschritt h¨ oher (und die erwartete Suchintensit¨at ist geringer) als bei infiniten Modellen und finiten Modellen mit Recall-M¨ oglichkeit. Die Steigerung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche ohne Recall-M¨oglichkeit basiert nicht darauf, dass die Anzahl der durchgef¨ uhrten Suchschritte steigt, wie vermutet werden k¨onnte. Dies ließe sich nicht mit der Annahme eines optimierenden Konsumenten vereinen, denn die Entscheidung u uhrung eines Suchschritts h¨angt vom ¨ber die Durchf¨ erwarteten Nutzen ab und nicht von vorangegangenen Entscheidungen und der Anzahl der bereits durchgef¨ uhrten Suchschritte, die versunkenen und daher entscheidungsirrelevanten Kosten entsprechen.92 Die Steigerung der Preisbereitschaft basiert hingegen auf der oben dargestellten R¨ uckw¨ artsinduktion, die von einem m¨oglicherweise sehr unat” traktiven“ letzten Suchschritt ausgeht. ¨ Die Uberlegungen zu finiten Modellen zusammenfassend lassen sich die folgenden Hypothesen zur Entwicklung der Preisbereitschaft festhalten: 91 92
Vgl. Rapoport/Tversky (1970), S. 111; Ioannides (1975), S. 255; Landsberger/Peled (1977), S. 21, 32, 35; Hey (1979b), S. 109f. Vgl. Karni/Schwartz (1977), S. 42; Hey (1979b), S. 87f. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 271, 280.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
35
• Wenn eine endliche Suchgrenze und keine M¨ oglichkeit zum Recall gegeben sind, steigt die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche schwach monoton. Sie steigt umso schneller, je enger die Suchgrenze ist. • F¨ ur idealtypische“ Einzelhandelsm¨ arkte und die kurze“ Suche, auf die sich die vorlie” ” gende Untersuchung bezieht (siehe Abschnitt 1.3), ist jedoch der Fall mit M¨oglichkeit zum Recall maßgeblich.93 F¨ ur diesen Fall prognostizieren finite Modelle eine bis zum letzten Suchschritt statische Preisbereitschaft, die der Preisbereitschaft in infiniten Modellen entspricht. Die Preisbereitschaft steigt also nicht w¨ahrend der Suche, sondern erst im letzten m¨ oglichen Suchschritt, falls dieser erreicht wird. Diese Steigerung tritt von Natur aus umso fr¨ uher ein, je enger die Suchgrenze ist. Somit gelten die folgenden Relationen hinsichtlich der erwarteten Suchintensit¨at: Sie ist am gr¨oßten, wenn keine exogene Suchgrenze vorgegeben ist (unabh¨angig davon, ob ein Recall m¨oglich ist); sie ist geringer, wenn eine endliche Suchgrenze besteht und ein Recall m¨oglich ist; sie ist noch geringer, wenn eine endliche Suchgrenze und keine M¨oglichkeit zum Recall gegeben sind. In den letzten beiden F¨ allen ist die erwartete Suchintensit¨at umso geringer, je enger die exogene Suchgrenze ist. ¨ 2.1.2.3 Empirische Uberpr¨ ufungen Es liegen einige empirische Untersuchungen vor, die sich heranziehen lassen, um die Eignung von Modellen der zweiten Generation zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten zu beurteilen. Dabei sind hinsichtlich des von den Autoren intendierten und des tats¨achlichen Modellbezugs drei Kategorien zu unterscheiden: 1. Erstens gibt es Untersuchungen, die sich zwar auf Modelle der ersten Generation beziehen, die jedoch ebenfalls mit Modellen der zweiten Generation in Einklang stehen; in diese Kategorie fallen auch Untersuchungen, die sich auf keine Modellgeneration berufen und zu beiden Generationen passen. Dabei handelt es sich um Untersuchungen, die nur auf Variablenauspr¨ agungen nach Beendigung der Suche und somit auf Suchergebnisse abstellen, also insbesondere auf die Suchintensit¨at, ohne die Vorg¨ange im Insystem der Konsumenten und den Prozess der Suche zu u ufen. Ein großer ¨berpr¨ Teil der Verhaltensprognosen der Modelle der ersten und der Modelle der zweiten ¨ Generation stimmt jedoch u ufungen dieser Prognosen diskriminieren ¨berein; Uberpr¨ nicht zwischen den Generationen und lassen sich daher auf beide beziehen.94 Alle in Tabelle 2.4 (siehe Seite 21) genannten empirischen Untersuchungen zu Modellen der ersten Generation fallen in diese Kategorie; insofern k¨onnen die dort berichteten, ambivalenten Ergebnisse auch auf Modelle der zweiten Generation u ¨bertragen werden. 2. Umgekehrt existieren Untersuchungen zur zweiten Modellgeneration, die nur auf Suchergebnisse wie insbesondere die Suchintensit¨ at abstellen, und die auch zu Modellen der ersten Generation passen.95 3. Drittens liegen Untersuchungen zu Modellen der zweiten Generation vor, bei denen 93 94
95
Vgl. auch Kohn/Shavell (1974), S. 95; Karni/Schwartz (1977), S. 38; Schunk/Winter (2009), S. 349. Vgl. auch Wilde (1980b), S. 145; Schotter, Andrew/Braunstein, Yale M (1981): Economic Search: An Experimental Study, in: Economic Inquiry, Vol. 19 No. 1, S. 1–25, hier: S. 24; Urbany, Joel E. (1986): An Experimental Examination of the Economics of Information, in: Journal of Consumer Research, Vol. 13 No. 2, S. 257–271, hier: S. 257. Bei den im Folgenden zitierten Untersuchungen trifft dies auf Peterson, Richard L./Black, Dan A. (1984): Consumer Credit Search, in: Journal of Money, Credit and Banking, Vol. 16 No. 4, S. 527–535 zu.
36
2 Vorliegende Modelle das Suchverhalten nicht ex post, sondern w¨ ahrend des Suchprozesses erfasst wird und die mithin ein sequenzielles Suchverhalten in Form der Bildung einer Preisbereitschaft oder eines ¨ahnliches Konstrukts ber¨ ucksichtigen. Nur diese Untersuchungen beziehen sich speziell auf Modelle der zweiten Generation.
Ein weiteres Kriterium zur Einteilung der Untersuchungsergebnisse besteht darin, ob sie komparative oder absolute Tests der Modelle betreffen (siehe Seite 20 zu diesen Bezeichnungen). Absolute Tests im Rahmen von Untersuchungen der ersten zwei oben genannten Kategorien beziehen sich dabei auf die Frage, ob die mikro¨okonomischen Modelle insgesamt zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens geeignet sind, da sie nicht zwischen den Modellgenerationen diskriminieren. Absolute Tests, die sich speziell auf Modelle der ersten Generation beziehen, liegen somit nicht vor.96 Absolute Tests im Rahmen von Untersuchungen der dritten Kategorie beziehen sich hingegen speziell auf Modelle der zweiten Generation, da sie die Preisbereitschaft oder ein ¨ahnliches Konstrukt ber¨ ucksichtigen.97 In Tabelle 2.6 werden Untersuchungen der zweiten und dritten Kategorie dargestellt. Untersuchungen der ersten Kategorie wurden den Intentionen der Autoren oder dem impliziten Bezug entsprechend bei Modellen der ersten Generation in Tabelle 2.4 dargestellt. Zu Tabelle 2.6 ist anzumerken, dass einige der Untersuchungen hinsichtlich eines wesentlichen Aspekts kritisiert werden k¨ onnen. Sie zielen darauf ab, die infiniten Modelle der zweiten Generation zu u ufen und ziehen mithin diese Modelle als Vergleichsgrund¨berpr¨ lage heran, w¨ahrend in der Realit¨ at allerdings immer eine exogene Suchgrenze besteht und demzufolge finite Modelle als Vergleichsgrundlage dienen sollten: Selbst wenn in der Untersuchungsanordnung keine Suchgrenze vorgegeben ist, stellt die Zeit, die den Konsumenten bzw. Probanden f¨ ur die Suche bzw. ein Experiment zur Verf¨ ugung steht, immer eine solche (unkontrollierte) Suchgrenze dar.98 Diese Divergenz zwischen dem u uften und dem tats¨ achlich maßgeblichen Modell ist insbesondere problematisch, ¨berpr¨ wenn die Recall-M¨oglichkeit einbezogen wird, da sich diese wie oben ausgef¨ uhrt in finiten Modellen auf das Suchverhalten auswirkt, aber nicht in infiniten Modellen. Beispielsweise widerlegen Rapoport und Tversky die Hypothese, dass die Recall-M¨oglichkeit keinen Einfluss auf die Suchintensit¨ at hat, indem sie zeigen, dass mit Recall-M¨oglichkeit mehr Anbieter aufgesucht werden als ohne Recall-M¨ oglichkeit.99 Die Hypothese, dass die Recall-M¨oglichkeit keinen Einfluss auf die Suchintensit¨ at hat, gilt jedoch nur in Modellen ¨ ohne Suchgrenze. In Tabelle 2.6 wird diese Uberlegung ber¨ ucksichtigt, indem empirische Ergebnisse auch dann als mit den Modellen u ¨bereinstimmend angesehen werden, wenn dies die Einbeziehung einer impliziten Suchgrenze erfordert.
96
97 98
99
M. a. W. existieren zu FSS-Modellen nur suchergebnisbezogene Untersuchungen, obwohl diese ebenso wie die sequenziellen Modelle suchschrittbezogen sind; siehe S. 8. Dies ist vermutlich darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass die konstitutive Hypothese der FSS-Modelle, dass die Suchintensit¨ at im Voraus geplant wird, als derart starke Vereinfachung aufgefasst wird, dass sie (und somit der Prozess der FSS-Suche) nicht empirisch u uft werden muss. ¨berpr¨ Vgl. auch Cox, James C./Oaxaca, Ronald L. (1992): Direct Tests of the Reservation Wage Property, in: Economic Journal, Vol. 102 No. 415, S. 1423–1432. Vgl. Cox/Oaxaca (1989), S. 304f.; Harrison, Glenn W./Morgan, Peter (1990): Search Intensity in Experiments, in: Economic Journal, Vol. 100 No. 401, S. 478–486, hier: S. 478; Kogut (1990), S. 389; Kogut (1992), S. 143; Hey (1993), S. 88f. Vgl. Rapoport/Tversky (1966).
Rapoport/Tversky (1970): Laborexperiment, n = 7 Studenten, Preissuche (Maximierungsproblem).
Rapoport/Tversky (1966): Laborexperiment, n = 30 Studenten, Preissuche (als Maximierungsproblem; siehe S. 9 zur Anwendbar¨ keit und Ubertragung auf das minimierende Preissuchverhalten der Konsumenten).
Zentrale absolute Ergebnisse
Fortsetzung auf der folgenden Seite
Je h¨oher die Suchkosten sind, desto geringer ist die Suchintensit¨at [+]. Mit RecallM¨oglichkeit ist die Suchintensit¨at gr¨ oßer als ohne Recall-M¨oglichkeit [+]; der Unterschied nimmt mit zunehmenden Suchkosten ab [+].
Die Suchintensit¨ at ist geringer als prognostiziert [−]; die Diskrepanz ist mit RecallM¨ oglichkeit geringer als ohne Recall-M¨oglichkeit [0]. Der Anteil der Probanden, die der optimalen Suchstrategie folgen, betr¨agt circa zwei Drittel [0]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [+].
Die Suchintensit¨ at ist geringer als prognostiziert, wenn die Suchkosten gering sind [−]; je h¨ oher die Suchkosten sind, desto eher entspricht die Suchintensit¨ at der optimalen [0]. Ohne Recall-M¨ oglichkeit wird einer der optimalen verwandten Suchstrategie eher gefolgt als mit Recall-M¨ oglichkeit [0]; die Diskrepanz ist umso geringer, je h¨ oher die Suchkosten sind [0]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [0].
¨ Ubereinstimmung mit den Modellprognosen bzw. den Modellen: [+]: Ja; [0]: Unentschieden oder keine Aussage m¨ oglich; [−]: Nein
Zentrale komparative Ergebnisse
Tabelle 2.6: Ausgew¨ ahlte empirische Untersuchungen zu Modellen der zweiten Generation
Quelle, Methode und Anmerkungen
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle 37
Je h¨oher die Suchkosten sind, desto geringer ist die Suchintensit¨at [+]. Ein MPS f¨ uhrt zu einer Erh¨ohung der Suchintensit¨at [+].
Peterson/Black (1984): Sekund¨arauswertung einer Befragung, n = 1.519 Kreditnehmer, Zinssuche (Minimierungsproblem). Die Autoren ber¨ ucksichtigen nicht nur erkl¨arende Variablen, die sich aus Modellen der zweiten Generation ergeben, sondern bspw. auch das Vorwissen und die Kreditw¨ urdigkeit der Konsumenten. Diese Variablen sind f¨ ur die hier dargestellten Modelle der stochastischen Suche nach Preisen f¨ ur ein homogenes Produkt nicht maßgeblich. Fortsetzung auf der folgenden Seite
Je h¨oher die Suchkosten sind, desto h¨ oher ist die Preisbereitschaft und desto geringer ist die Suchintensit¨at [+]. Ein MPS f¨ uhrt zu einer Reduktion der Preisbereitschaft und zu einer Erh¨ohung der Suchintensit¨at [+]. Je gr¨oßer die Risikoaversion ist, desto h¨ oher ist die Preisbereitschaft und desto geringer ist die Suchintensit¨at [+]. Bei Vorliegen einer exogenen Suchgrenze ist die Preisbereitschaft h¨oher und die Suchintensit¨at geringer als ohne Suchgrenze [+]. Mit Recall-M¨oglichkeit ist die Preisbereitschaft niedriger als ohne Recall-M¨oglichkeit [+].
Schotter/Braunstein (1981): Laborexperiment, n = 56 Studenten, Lohnsuche (Maximierungsproblem). Diese Untersuchung wird auch bei Modellen der dritten Generation in Tabelle 2.8 aufgegriffen.
Fortsetzung von Tabelle 2.6
Der Beitrag der Modelle zur Erkl¨arung der Varianz der Suchintensit¨at ist sehr gering (R2 = 0,06 auch bei Einbeziehung weiterer erkl¨ arender Variablen) [−]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [+].
Die Probanden folgen der optimalen Suchstrategie, indem sie eine Preisbereitschaft bilden, die nicht signifikant von der optimalen abweicht [+]. Ein Recall wird auch ohne explizite Suchgrenze bei einem Viertel der Suchen ausge¨ ubt, was auf eine implizite Suchgrenze (siehe S. 36) zur¨ uckzuf¨ uhren sein kann [0]. Die Preisbereitschaft steigt w¨ahrend der Suche, auch wenn ein Recall m¨oglich ist [−]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [+].
38 2 Vorliegende Modelle
Je h¨oher die erwartete Preisreduktion ist, desto eher wird die Suche fortgesetzt [+].
Kogut (1990): Laborexperiment, n = 41 Studenten, Preissuche (Minimierungsproblem).
Fortsetzung auf der folgenden Seite
Mit Recall-M¨oglichkeit ist die Suchintensit¨ at gr¨oßer als ohne Recall-M¨oglichkeit [+].
Hey (1987) (vgl. auch Hey (1991), S. 100104): Laborexperiment, n = 32 Studenten, Preissuche (Maximierungsproblem). Diese Untersuchung wird auch bei Modellen der dritten Generation in Tabelle 2.8 aufgegriffen.
Fortsetzung von Tabelle 2.6
Die Suchintensit¨ at ist geringer als prognostiziert, m¨ oglicherweise aufgrund von Risikoaversion [0]. Die Suchintensit¨at ist umso geringer, je niedriger der erreichte Gesamtnutzen der Suche ist [−] (Kogut interpretiert dies als Sunk-Cost-Effekt; siehe S. 81 zu diesem Effekt). Ein Recall wird auch ohne explizite Suchgrenze bei circa einem Drittel der Suchen ausge¨ ubt, m¨ oglicherweise wegen einer impliziten Suchgrenze [0] (laut Kogut ein Sunk-Cost-Effekt). Bei Suchkosten von null wird ein Recall seltener ausge¨ ubt als bei positiven Suchkosten [−] (laut Kogut ein SunkCost-Effekt). Werden mehrere Suchen durchgef¨ uhrt, ist die Suchintensit¨at umso geringer, je erfolgreicher die vorhergehenden Suchen waren [−]; die Suchintensit¨at ist umso gr¨oßer, je mehr Suchen durchgef¨ uhrt wurden [−]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [−].
Je h¨ oher die Suchkosten sind, desto eher wird der optimalen Suchstrategie gefolgt [0]; das Gleiche gilt f¨ ur eine verwandte Strategie [0]. Ohne Recall-M¨ oglichkeit wird der optimalen Suchstrategie eher gefolgt als mit Recall-M¨ oglichkeit [0]; das Gleiche gilt f¨ ur eine verwandte Strategie [0]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [0].
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle 39
Fortsetzung auf der folgenden Seite
In einigen F¨ allen kommt es zum Abbruch der Suche ohne Kauf [−]. In einigen F¨allen wird zu einem Preis gekauft, der u ¨ber dem Wert des Produkts liegt [−]. Bei Suchkosten von null wird fast immer nach dem Minimalpreis gesucht [+]. In einigen F¨allen wird die Suche fortgesetzt, wenn der Minimalpreis identifiziert wurde [−]. Ein Recall wird bei circa 30 Prozent der Suchen ausge¨ ubt [+]. Bei einem Recall wird eher auf niedrige als auf hohe Preise zur¨ uckgegriffen [+]. Bei hohen Suchkosten wird ein Recall seltener ausge¨ ubt als bei niedrigen [+]. Zu einem Recall kommt es nicht durch unattraktive Preise, sondern aufgrund einer Tendenz, nach der Identifikation eines akzeptablen Preises durchschnittlich circa 1,5 weitere Suchschritte durchzuf¨ uhren [−]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [+].
Kogut (1992): Laborexperiment, n = 52 Studenten, Preissuche (Minimierungsproblem).
Je h¨oher die erwartete Preisreduktion bzw. der zuletzt identifizierte Preis ist, desto eher wird die Suche fortgesetzt [+]. Je niedriger die Suchkosten sind, desto gr¨oßer ist die Suchintensit¨at [+].
Der optimalen Suchstrategie wird in 56 Prozent der F¨ alle gefolgt [0]; einer verwandten Strategie in 80 Prozent der F¨alle [0]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [−].
Moon/Martin (1990): Laborexperiment, n = 24 Studenten, Preissuche (Minimierungsproblem).
Fortsetzung von Tabelle 2.6
40 2 Vorliegende Modelle
Sonnemans (1998) (vgl. auch Sonnemans (2000)): Zwei Laborexperimente, n = 36 bzw. 19 Studenten, Preissuche (Maximierungsproblem).
Hey (1993) (vgl. auch Hey (1991), S. 104110): Laborexperiment, n = 200 Universit¨atsmitglieder, Preissuche (Maximierungsproblem). Diese Untersuchung wird auch bei Modellen der dritten Generation in Tabelle 2.8 aufgegriffen.
Fortsetzung auf der folgenden Seite
Je h¨oher der zuletzt identifizierte Preis ist, desto eher wird die Suche fortgesetzt [+]. Je niedriger die Suchkosten sind, desto eher wird die Suche fortgesetzt [+]. Je h¨oher der Mittelwert der Preise ist, desto eher wird die Suche fortgesetzt [−] (Hey bewertet dieses Ergebnis als theoriebest¨atigend, obwohl die Suchintensit¨at nicht direkt vom Mittelwert der Preise abh¨angen sollte). Je geringer die Preisstreuung ist, desto eher wird die Suche fortgesetzt, jedoch nicht signifikant [−].
Fortsetzung von Tabelle 2.6
In 60 Prozent der F¨ alle entspricht die beobachtete der optimalen Suchintensit¨at; ansonsten ist die Preisbereitschaft tendenziell zu hoch und die Suchintensit¨at tendenziell zu gering [0]. Circa 70 Prozent der Probanden folgen einer der optimalen verwandten Suchstrategie, indem sie auf den letzten oder den niedrigsten identifizierten Preis abstellen [0]. 22 Prozent der Probanden formulieren bei Nachfrage eine der optimalen verwandte Suchstrategie f¨ ur nachfolgende Suchaufgaben [−]. Bei circa 15 Prozent der Suchen wird ein Recall ausge¨ ubt [0]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [−].
Ohne Recall-M¨ oglichkeit wird der optimalen Suchstrategie eher gefolgt als mit Recall-M¨ oglichkeit [0]; das Gleiche gilt f¨ ur eine verwandte Strategie [0]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [−].
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle 41
Das Suchverhalten der Probanden wird eher durch ein verhaltens¨ okonomisch fundiertes Modell erkl¨ art als durch ein Nutzenmaximierungsmodell [−]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [−].
Schunk (2009) (vgl. auch Schunk/ Winter (2009)): Zwei Laborexperimente, n = 106 bzw. 40 Studenten, Preissuche (Minimierungsproblem). Diese Untersuchung wird auch in Abschnitt 2.3 aufgegriffen.
Zwischen der Risikoeinstellung der Probanden und der Suchintensit¨at besteht kein signifikanter Zusammenhang [−].
Das Suchverhalten l¨ asst sich eher mit heuristischen Entscheidungsregeln erkl¨aren als mit einem Nutzenmaximierungsmodell, das auf der Annahme rationaler Erwartungen basiert [−]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [0].
Houser/Winter (2004): Laborexperiment, n = 68 Studenten, Preissuche (Minimierungsproblem).
Fortsetzung von Tabelle 2.6
42 2 Vorliegende Modelle
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
43
2.1.2.4 Kritik Die in Tabelle 2.6 zitierten Untersuchungen lassen keinen eindeutigen Schluss hinsichtlich der Eignung der Modelle der zweiten Generation zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens zu. Einerseits liegen einige best¨ atigende Ergebnisse vor, insbesondere komparativer Art; andererseits weicht das beobachtete Verhalten h¨ aufig von den Modellen ab, insbesondere im absoluten Sinne. Allerdings ist auf der Basis der zitierten Ergebnisse und aufgrund der Aufhebung der Annahme, dass die Konsumenten die Suchintensit¨ at im Voraus festlegen, zu vermuten, dass Modelle der zweiten Generation eine realit¨ atsn¨ ahere Erkl¨arung des Preissuchverhaltens darstellen als FSS-Modelle. Dennoch sind auch Modelle der zweiten Generation aus zwei Gr¨ unden problembehaftet: • Erstens ist es in infiniten Modelle m¨ oglich, dass die Suche unendlich lange fortgesetzt wird, da die Konsumenten das Produkt laut Annahme kaufen m¨ ussen (siehe Seite 11). Sie m¨ ussen demnach so lange suchen, bis sie einen Preis identifiziert haben, der nicht u ¨ber ihrer Preisbereitschaft liegt. Da die Menge der identifizierten Preise zuf¨allig zustande kommt, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass dies unendlich lange dauert, nicht bei null.100 Zwar ist die erwartete Suchintensit¨at in Modellen der zweiten Generation endlich (und kleiner als die optimale Suchintensit¨at in FSS-Modellen), damit wird eine unendlich große Suchintensit¨ at jedoch nicht ausgeschlossen. Aus dem theoretischen Grenzfall der unendlich langen Suche l¨asst sich ableiten, dass die Suchintensit¨at unvertretbar groß“ werden kann, wodurch eine problematische ” modellimmanente Verhaltensm¨ oglichkeit gegeben ist. Diese Verhaltensm¨ oglichkeit l¨ asst sich beispielsweise umgehen, indem steigende Kosten pro Suchschritt angenommen werden oder indem sequenzielle Modelle und FSSModelle kombiniert werden, sodass die Suche beendet wird, wenn ein aufgrund der Preisbereitschaft akzeptabler Preis identifiziert oder die optimale Anzahl von Suchschritten durchgef¨ uhrt wurde.101 Ein solches Modell entspricht den finiten Modellen der zweiten Generation, wenn die Suchgrenze so gedeutet wird, dass sie nicht exogen ist, sondern anhand des FSS-Kalk¨ uls bestimmt wird. Somit l¨asst sich die problematische M¨oglichkeit der unendlich langen Suche zwar vermeiden; bei einer isolierten Verwendung von infiniten Modellen der zweiten Generation ist sie jedoch gegeben und somit sind diese Modelle vermutlich nur eingeschr¨ankt zur Abbildung realen Verhaltens geeignet. • Zweitens unterstellen die bisher dargestellten Erkl¨ arungsans¨atze, also sowohl die Modelle der ersten als auch die der zweiten Generation, dass die Konsumenten die Preisverteilung kennen.102 Diese Annahme ist in den meisten Situationen realit¨atsfern, 100
101
102
Vgl. bspw. Bikhchandani, Sushil/Sharma, Sunil (1996): Optimal Search with Learning, in: Journal of Economic Dynamics and Control, Vol. 20 No. 1-3, S. 333–359, hier: S. 346. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 270-275. Vgl. bspw. Karni/Schwartz (1977), S. 43; MacLeod, W. Bentley/Pingle, Mark (2005): Aspiration Uncertainty: Its Impact on Decision Performance and Process, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 56 No. 4, S. 617–629, hier: S. 622 bzw. Gastwirth (1976), S. 41f.; Hey (1979b), S. 90; Schotter/Braunstein (1981), S. 24; Wilde (1987), S. 232f. Hier wird nur auf Entscheidungskalk¨ ule der Konsumenten abgestellt. Dar¨ uber hinaus stellt die Preispolitik der Anbieter eine m¨ ogliche Begr¨ undung daf¨ ur dar, dass die Suchintensit¨ at nicht unendlich groß werden kann, wenn sie sich am Suchverhalten der Konsumenten orientiert. Vgl. bspw. Diamond (1971), S. 158; Wilde, Louis L./ Schwartz, Alan (1979): Equilibrium Comparison Shopping, in: Review of Economic Studies, Vol. 46 No. 3, S. 543–53, hier: S. 548. Vgl. bspw. Stigler (1961), S. 219; Rothschild (1974), S. 692; Hey (1979b), S. 84; Deaton/ Muellbauer (1980), S. 411; Hey (1981b), S. 78, 80; Manning/Morgan (1982), S. 204; Burdett/
44
2 Vorliegende Modelle insbesondere wenn sie mit der unumg¨ anglichen weiteren Annahme einhergeht, dass die Konsumenten ex ante keine Zuordnung von Preisen zu Anbietern vornehmen k¨onnen (sonst w¨are die Suche unn¨ otig).103 Die Annahme der bekannten Preisverteilung ist u ¨berdies nicht trivial, denn bei unterschiedlichen Verteilungen ergeben sich unterschiedliche optimale Suchintensit¨ aten. Demzufolge kann eine Abweichung zwischen der wahren und der von den Konsumenten unterstellten Preisverteilung dazu f¨ uhren, dass Modellprognosen und tats¨ achliches Verhalten voneinander abweichen, selbst wenn das Suchverhalten ansonsten mithilfe der Modelle erkl¨art werden kann.104 Somit w¨are es nicht sinnvoll, die Annahme der bekannten Preisverteilung so umzudeuten, dass die Konsumenten ihr Suchverhalten an irgendeiner“ subjektiven Preisverteilung ” ausrichten. Da die Annahme der bekannten Preisverteilung sowohl den Modellen der ersten als auch denen der zweiten Generation zugrunde liegt, besteht trotz der Unterschiede zwischen beiden Generationen eine deutliche Analogie: W¨ahrend die Annahme bei FSS-Modellen dazu f¨ uhrt, dass vor Beginn der Suche die optimale Anzahl aufzusuchender Anbieter festgelegt wird, f¨ uhrt sie bei sequenziellen Modellen der zweiten Generation dazu, dass vor Beginn der Suche die optimale Preisbereitschaft festge¨ legt wird – die Ahnlichkeit der Verhaltensprognosen beider Generationen begr¨ undet sich insbesondere in dieser Analogie, die einer Vorbestimmtheit des Suchverhaltens gleichkommt.
In Modellen der dritten Generation, die im Folgenden dargestellt werden, wird die Annahme der bekannten Preisverteilung gelockert. Auch das Problem der m¨oglicherweise unendlich langen Suche tritt in diesen Modellen nicht auf. 2.1.3 Modelle mit einem sequenziellen Suchverfahren und einer unbekannten Preisverteilung (Modelle der dritten Generation) Der Entscheidungskalk¨ ul in Modellen der dritten Generation entspricht grunds¨atzlich dem in Modellen der zweiten Generation, es wird jedoch nicht angenommen, dass den Konsumenten die Verteilung der Preise bekannt ist.105 Stattdessen lernen die Konsumenten die Preisverteilung w¨ ahrend der Suche kennen, indem sie aus den identifizierten Preisen auf die Verteilung schließen. Da somit mit jedem Suchschritt neue Informationen u ¨ber die Preisverteilung eingeholt werden, ist die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche nicht grunds¨atzlich konstant wie in Modellen der zweiten Generation, bei denen sie sich nur in speziellen F¨ allen und nur aufgrund exogener Gegebenheiten ver¨andern kann, beispielsweise wegen der fehlenden M¨ oglichkeit zum Recall in finiten Modellen. In Modellen der dritten Generation hingegen stellt die Preisbereitschaft eine auch in Bezug auf den Suchprozess endogene Variable dar: Sie kann sich nach jedem Suchschritt aufgrund
103
104
105
Judd (1983), S. 955-957; Sargent (1987), S. 59; Stigler (1987), S. 241; Stahl (1989), S. 700; Miller (1993), S. 163-165; Dana, James D. Jr. (1994): Learning in an Equilibrium Search Model, in: International Economic Review, Vol. 35 No. 3, S. 745–771, hier: S. 745; Rauh, Michael T. (1997): A Model of Temporary Search Market Equilibrium, in: Journal of Economic Theory, Vol. 77 No. 1, S. 128–153, hier: S. 129; Monroe (2003), S. 64. Die Annahmenkonstellation ist problematisch, obwohl sie sich mit rationalen Erwartungen begr¨ unden l¨ asst. Vgl. bspw. Ioannides (1975), S. 248; Salop/Stiglitz (1982), S. 1128; Burdett/Judd (1983), S. 955; Bester (1994), S. 111; Waldeck (2008), S. 352. Dies gilt insb. bei sequenziellen Suchverfahren. Vgl. Gastwirth (1976), S. 39. Vgl. auch Butters (1977), S. 466; Schotter/Braunstein (1981), S. 21-23; Chou, Chien-fu/Talmain, Gabriel (1993): Nonparametric Search, in: Journal of Economic Dynamics and Control, Vol. 17 No. 5-6, S. 771–784, hier: S. 772. Vgl. bspw. Telser (1973), S. 48; Axell (1974), S. 81; Lippman/McCall (1976), S. 174; Hey (1981a), S. 51.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
45
der neu eingeholten Preisinformation ver¨ andern.106 Das Suchverhalten und die Preisbereitschaft bei unbekannter Preisverteilung werden aus diesem Grund auch als adaptiv bezeichnet.107 Ausgew¨ ahlte Arbeiten zur dritten Modellgeneration werden in Tabelle 2.7 aufgef¨ uhrt. Tabelle 2.7: Ausgew¨ ahlte Arbeiten zu Modellen der dritten Generation
Grundlegende Arbeiten McCall (1970), S. 125f.; Telser (1973), S. 44f., 48f.; Axell (1974); Kohn/Shavell (1974); Rothschild (1974); Rosenfield/Shapiro (1981); Talmain (1992); Chou/Talmain (1993); Bikhchandani/Sharma (1996); Adam (2001). Arbeiten zu Auswirkungen des Preissuchverhaltens (insb. zu Marktgleichgewichten) Diamond (1971); Daughety (1992); B´enabou/Gertner (1993); Dana (1994); Rauh (1997).108 Weiterentwicklungen • Karni/Schwartz (1977): Einbeziehung der Wahrscheinlichkeit, dass nicht angenommene Angebote in sp¨ateren Suchschritten noch verf¨ ugbar sind ( unsicherer Recall“); ” • Harstad/Postlewaite (1981): Integration der Suche in die generelle Nutzenmaximierung unter Einbeziehung insb. des Einkommens und der Nachfragefunktion der Konsumenten.
Im folgenden Abschnitt 2.1.3.1 wird die Grundstruktur der Modelle der dritten Generation veranschaulicht. Danach werden aus den Modellen abzuleitende Hypothesen (2.1.3.2) und empirische Erkenntnisse (2.1.3.3) behandelt. Eine Kritik der Modelle folgt in Abschnitt 2.1.3.4. 2.1.3.1 Die Grundstruktur (unter besonderer Ber¨ ucksichtigung der Modelle von Axell und Rothschild) Der zentrale Unterschied zwischen den Generationen sequenzieller Modelle besteht darin, dass die Berechnung der optimalen Preisbereitschaft in Modellen der dritten Generation bei jedem Suchschritt auf der Basis der angenommenen Preisverteilung erfolgt, nicht vor Beginn der Suche auf der Basis der tats¨ achlichen Preisverteilung. Mit anderen Worten ist das Suchproblem der Konsumenten im Fall der unbekannten Preisverteilung nicht station¨ar, wodurch auch die Vorbestimmtheit und die Konstanz der Preisbereitschaft nicht gegeben sind. Dieser Zusammenhang l¨ asst sich aus dem Entscheidungskalk¨ ul in Modellen der zweiten Generation ableiten, wenn die Preisbereitschaft und die Preisverteilung nicht als Konstanten betrachtet werden (siehe Gleichung 2.12 auf Seite 28). Auf die M¨oglichkeit des Lernens u ¨ber die Preisverteilung wies auch Stigler hin, ohne sie in sein Modell einzubeziehen: If a buyer enters a wholly new market, he will have no ” idea of prices and hence no idea of the rational amount of search he should make. In such 106
107 108
Allerdings besteht die optimale Suchstrategie bei unbekannter Preisverteilung nicht in jedem Fall darin, eine Preisbereitschaft zu bestimmen und sich an dieser zu orientieren – in vielen F¨ allen gilt dies jedoch. Vgl. Kohn/Shavell (1974), S. 101f.; Rothschild (1974), S. 701f.; Lippman/ McCall (1976), S. 173f.; Karni/Schwartz (1977), S. 45-48; Harstad, Ronald M./Postlewaite, Andrew (1981): Expected-Utility-Maximizing Price Search with Learning, in: Management Science, Vol. 27 No. 1, S. 75–80, hier: S. 79f.; McKenna (1987b), S. 104; B´enabou, Roland/Gertner, Robert (1993): Search with Learning from Prices: Does Increased Inflationary Uncertainty Lead to Higher Markups? in: Review of Economic Studies, Vol. 60 No. 1, S. 69–93, hier: S. 74; Bikhchandani/Sharma (1996), S. 337, 343. Vgl. bspw. Axell (1974), S. 79f.; Kohn/Shavell (1974), S. 102; Lippman/McCall (1976), S. 173; Hey (1979b), S. 91; McKenna (1987b), S. 104. Die Autoren modellieren mehr oder minder stark vereinfachte Suchverfahren. Weiterhin stellen sie teilweise auf die lange“ Suche ab, w¨ ahrend hier die kurze“ Suche behandelt wird; siehe S. 6. ” ”
46
2 Vorliegende Modelle
cases the dispersion will presumably be estimated by some sort of sequential process, and this approach would open up a set of problems I must leave for others to explore.“109 Zur L¨osung dieser Probleme“ wird in den meisten in der Folge entwickelten Modellen ” ein Prozess des rationalen und somit nutzenmaximierenden Lernens von Wahrscheinlichkeiten analog zum Theorem von Bayes unterstellt.110 Diesem Ansatz zufolge vollzieht sich das Lernen u ¨ber die Preisverteilung wie folgt:111 1. Die Konsumenten beginnen ihre Suche mit dem Wissen u ¨ber die Verteilungsfamilie, der die Preisverteilung entstammt. Sie wissen jedoch nicht, welche Auspr¨agung die Parameter der Verteilung, beispielsweise der Mittelwert und die Streuung, haben. Diese Parameter werden mithilfe der im Lauf der Suche identifizierten Preise gesch¨atzt. 2. Die Konsumenten weisen den m¨ oglichen Parameterwerten Wahrscheinlichkeiten zu und legen somit eine Priori-Verteilung“ fest. Dabei kann es sich zu Beginn der Su” che beispielsweise um eine Gleichverteilung handeln ( nichtinformative Priori-Vertei” lung“). 3. Der in einem Suchschritt identifizierte Preis wird als Signal in Bezug auf die wahren Parameterwerte aufgefasst; die Likelihood-Funktion“ gibt an, wie wahrscheinlich es ” ist, den identifizierten Preis bei den m¨ oglichen Parameterwerten zu beobachten. 4. Die Priori-Verteilung und die Likelihood-Funktion werden dem Theorem von Bayes zu bedingten Wahrscheinlichkeiten entsprechend zu einer Posteriori-Verteilung“ kombi” niert, sodass die Posteriori-Verteilung proportional zu der Kombination ist. Dies wird in Formel 2.21 und Abbildung 2.3 veranschaulicht. Auf der Basis der aktualisierten Verteilung wird anhand der mit ihr assoziierten Preisbereitschaft entschieden, ob ein weiterer Suchschritt durchgef¨ uhrt oder die Suche beendet wird.112 f (ρ | p) ∝ f (ρ) × l(p | ρ) Posteriori-Verteilung Priori-Verteilung Likelihood-Funktion
(2.21)
mit: ρ: Parameter der Preisverteilung; p: Identifizierter Preis. 5. Die Posteriori-Verteilung dient als Priori-Verteilung f¨ ur den n¨achsten Suchschritt, falls er durchgef¨ uhrt wird. Der Prozess des bayesianischen Lernens l¨ asst sich wie folgt zusammenfassen: Ausgehend von einer bekannten Preisverteilungsfamilie und einer Hypothese zu den Parametern der Verteilung ziehen die Konsumenten eine Preisstichprobe, die auf der Basis der Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten zu einer neuen Hypothese zu den Parametern 109 110
111
112
Stigler (1961), S. 219. Vgl. die meisten in Tabelle 2.7 genannten Arbeiten und dar¨ uber hinaus Hirshleifer (1973), S. 36; Lippman/McCall (1976), S. 173; Pratt/Wise/Zeckhauser (1979), S. 197; Wilde/Schwartz (1979), S. 544; Hey (1981a), S. 50; Hey (1981b), S. 80. Modelle, die nicht auf bayesianischem Lernen basieren, sondern auf dem Prinzip der maximalen Entropie bzw. auf Ad-hoc-Regeln, finden sich bei Chou/ Talmain (1993) bzw. Bikhchandani/Sharma (1996), S. 336-340. Vgl. Kuhlmann (1970), S. 68-71; Telser (1973), S. 44; Axell (1974), S. 80f.; Rothschild (1974), S. 694f.; Hey (1981a), S. 51; Chou/Talmain (1993), S. 771f., 779; Rauh (1997), S. 129. Vgl. allgemein bspw. DeGroot (1970); Hey (1979b), S. 56-60; Hirshleifer/Riley (1979), S. 1394; Hey (1981b), S. 81-87. Es ist ebenfalls m¨ oglich, anzunehmen, dass die Entscheidung u uhrung eines Such¨ber die Durchf¨ schritts vor der Aktualisierung getroffen wird. In diesem Fall ist nicht gew¨ ahrleistet, dass eine optimale Preisbereitschaft existiert. Vgl. die in Fußnote 106 auf S. 45 genannten Quellen.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
47
Abbildung 2.3: Ein Beispiel der Aktualisierung von Wahrscheinlichkeitsurteilen nach dem Theorem von Bayes113
f¨ uhrt. Da die Preisbereitschaft wie in den Modellen der zweiten Generation von den (angenommenen) Parametern der Preisverteilung abh¨ angt, kann sie sich in jedem Suchschritt ver¨andern. Zwei der bekanntesten und grundlegendsten Modelle der dritten Generation sind die von Axell und Rothschild;114 die Grundstruktur dieser Ans¨atze wird im Folgenden dargestellt. Im Unterschied zu den Modellen der zweiten Generation werden dabei die von den Autoren unterstellten Preisverteilungsfamilien einbezogen, da diese bei Modellen der dritten Generation wie erw¨ ahnt von konstitutiver Bedeutung sind. Das Modell von Axell Das Modell von Axell115 unterstellt eine Normalverteilung der Preise: p ∼ N (¯ p, σ 2 ). Die Konsumenten m¨ ussen demzufolge den Mittelwert und die Streuung als Parameter der Preisverteilung sch¨atzen. Axell nimmt an, dass die Konsumenten u u¨ber Vorwissen hinsichtlich der Streuung verf¨ gen und dass sie dieses mit der Streuung in der gezogenen Preisstichprobe verbinden, um die wahre Streuung zu sch¨ atzen. Das Vorwissen kommt durch Erfahrungen auf ¨ahnlichen M¨arkten oder dem Markt f¨ ur das zu erwerbende Produkt zustande.116 Ein Gewichtungs113 114 115
116
In Anlehnung an Hirshleifer/Riley (1979), S. 1394. Vgl. Axell (1974) bzw. Rothschild (1974). Vgl. Axell (1974), S. 80-83. Das Modell wird hier mit vereinfachter Notation dargestellt. Es ist f¨ ur Situationen mit M¨ oglichkeit zum Recall formuliert. Bei infiniten Modellen der zweiten Generation ist diese Eigenschaft irrelevant, da sich die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche nicht ¨ andert; siehe S. 32. Bei Modellen der dritten Generation gilt diese Irrelevanz nicht, da die Preisbereitschaft keine Konstante ist und zur¨ uckgewiesene Preise bei sp¨ ateren Suchschritten akzeptabel werden k¨ onnen. Vgl. bspw. Telser (1973), S. 49; Kohn/Shavell (1974), S. 106. Vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 335. Somit unterstellt Axell implizit einen zweistufigen Prozess: In der ersten Stufe werden Informationen aus ¨ ahnlichen M¨ arkten u ¨bertragen oder Informationen u ¨ber den Markt gesammelt. Erst in der zweiten Stufe werden Preise mit der Intention des Kaufs gesucht. Einen solchen zweistufigen Prozess nimmt ¨ auch Telser (1973), S. 40f. in seine Uberlegungen auf. Das Modell von Axell deckt nur den zweiten Schritt ab und es ist fraglich, ob sich Konsumenten auf diesen Schritt so vorbereiten, wie es das Modell voraussetzt. Die Annahme des Vorwissens ist erforderlich, da die Suche immer nach dem ersten Suchschritt enden w¨ urde, wenn die Streuungssch¨ atzung nur auf der Stichprobenstreuung basieren w¨ urde, zumal diese nach dem ersten Schritt immer null betr¨ agt. Dieser Zusammenhang ergibt sich ¨ aus den Uberlegungen bei Axell (1974), S. 82.
48
2 Vorliegende Modelle
faktor ( Coefficient of Inadaptability“) bringt zum Ausdruck, wie stark sich das Vorwis” sen im Vergleich zur Stichprobenstreuung auswirkt. Dieser Gewichtungsfaktor entspricht der Anzahl der Preise, auf denen das Vorwissen hinsichtlich der Streuung basiert. Somit ergibt sich Gleichung 2.22. σt2 =
kσ02 + ts2 (p1 , p2 , . . . , pt ) k+t−1
(2.22)
mit: σt2 : Gesch¨atzte Preisstreuung nach t Suchschritten; k: Gewichtungsfaktor; σ02 : Angenommene Preisstreuung zu Beginn der Suche;
s2 (p1 , p2 , . . . , pt ): Streuung in der gezogenen Preisstichprobe. Die Sch¨atzung des Mittelwerts der Preise basiert hingegen nicht auf einer Kombination mit Vorwissen, sondern unmittelbar auf dem Stichprobenmittelwert (Gleichung 2.23). t pi (2.23) p¯t = i=1 t mit: p¯t : Gesch¨atzter Preismittelwert nach t Suchschritten. F¨ ugt man diese Elemente einschließlich der Dichtefunktion der Normalverteilung in den Entscheidungskalk¨ ul der Modelle der zweiten Generation (siehe Gleichung 2.12 auf Seite 28) ein, ergibt sich Gleichung 2.24 als Kern von Axells Modell.117 P Bt∗ V (P Bt∗ ) = (P Bt∗ − p)ft (p) dp 1 =√ 2πσt mit:
pmin P Bt∗
exp
pmin
−(p − p¯t )2 2σt2
(P Bt∗ − p) dp = c
(2.24)
V (P Bt ): Nutzen eines Suchschritts bei Preisbereitschaft P Bt ; P Bt∗ : Optimale Preisbereitschaft in Suchschritt t; ft (p): Gesch¨atzte Dichtefunktion der Preise nach t Suchschritten. Dieser Ansatz verdeutlicht, wie eng die Verwandtschaft zwischen der zweiten und der dritten Generation mikro¨ okonomischer Modelle ist: Axell f¨ ugt der zweiten Modellgeneration f¨ ur den Spezialfall normalverteilter Preise zwei Annahmen hinsichtlich der Sch¨atzung von Mittelwert und Streuung hinzu. Wie das Vorwissen hinsichtlich der Streuung zustande kommt und aus welchem Grund die Konsumenten zwar teilweise u ¨ber diesen Parameter, aber nicht u ¨ber den Mittelwert im Vorhinein informiert sind, wird allerdings nur rudiment¨ar thematisiert.118
117 118
Axell formuliert das Modell allerdings nicht explizit unter Einbeziehung der optimalen Preisbereitschaft. Vgl. Axell (1974), S. 82. Die Annahme des Vorwissens u ¨ber die Streuung ist nicht inhaltlich motiviert, sondern wird aus formalen Gr¨ unden aufgenommen; siehe Fußnote 116. Eine entsprechende Annahme hinsichtlich des Mittelwerts ist nicht formal erforderlich und vermutlich aus diesem Grund nicht im Modell enthalten.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
49
Das Modell von Rothschild Das Modell von Rothschild119 basiert auf einer multinomialen Preisverteilung. Um diese Verteilung kennenzulernen, suchen die Konsumenten mit einer Dirichlet-Priori-Verteilung.120 Dem Charakter dieser Verteilung entsprechend weisen die Konsumenten einer finiten Anzahl von Preisen p1 , p2 , . . . , pn (mit pi < pi+1 ) Wahrscheinlichkeiten zu. Diese Wahrscheinlichkeiten sind die n Parameter der Verteilung, die zu sch¨atzen sind. Die Sichtweise der Konsumenten ist somit: p ∼ D(α1 , α2 , . . . , αn ), wobei αi := pr(p = pi ). Als Basis f¨ ur die Sch¨atzung der αi fungieren die relativen H¨aufigkeiten, mit denen Preise beobachtet wurden; mit anderen Worten nutzen Konsumenten die beobachtete Verteilung, um die wahre Verteilung zu sch¨ atzen. Die Informationsgrundlage der Konsumenten l¨asst sich somit in der Gr¨ oße N = (N1 , N2 , . . . , Nn ) zusammenfassen, wobei Ni der H¨aufigkeit entspricht, mit der pi beobachtet wurde. Die gesch¨atzte Wahrscheinlichkeit jedes Preises ergibt sich nach Gleichung 2.25.121 Ni ν i = n
(2.25)
j=1 Nj
mit: atzer f¨ ur αi ); νi : Gesch¨atzte Wahrscheinlichkeit von Preis i (Sch¨ Ni : H¨aufigkeit mit der Preis i beobachtet wurde. Auf dieses Grundlage k¨ onnen zwei Variablen definiert werden, die den Informationsstand der Konsumenten charakterisieren: In der Gr¨ o ße ν sind alle νi enthalten und somit der Inhalt“ der Informationen. Die Gr¨ oße ρ = 1/ ni=1 Ni bemisst die Pr¨azision“ der Infor” ” mationen. Je gr¨oßer ρ ist, desto geringer ist die Pr¨ azision; bei ρ = 0 herrscht Sicherheit. Der Informationsstand der Konsumenten kann als (ν, ρ) zusammengefasst werden. Somit l¨asst sich ein λi (ν, ρ) berechnen, das jedem pi eine pr¨ azisionsgewichtete Wahrscheinlich” keit“122 zuordnet. Es gilt lim λi (ν, ρ) = νi . ρ→0
Wenn ein Suchschritt durchgef¨ uhrt und Preis i identifiziert wurde, ¨andert sich der Informationsstand der Konsumenten nach Aktualisierungsregel 2.26. ν1 νi + ρ νn ρ hi (ν, ρ) = ,..., ,..., , . (2.26) ρ+1 ρ+1 ρ+1 ρ+1 119
120
121
122
Vgl. Rothschild (1974). Das Modell wird hier vereinfacht dargestellt. Es ist f¨ ur Situationen ohne M¨ oglichkeit zum Recall formuliert. Weiterentwicklungen und Varianten finden sich bei Karni/ Schwartz (1977); Harstad/Postlewaite (1981); Rosenfield/Shapiro (1981); Talmain, Gabriel (1992): Search from an Unknown Distribution: An Explicit Solution, in: Journal of Economic Theory, Vol. 57 No. 1, S. 141–157; Bikhchandani/Sharma (1996); Adam, Klaus (2001): Learning While Searching for the Best Alternative, in: Journal of Economic Theory, Vol. 101 No. 1, S. 252–280; H¨ aubl, Gerald/Dellaert, Benedict G. C./Donkers, Bas (2010): Tunnel Vision: Local Behavioral Influences on Consumer Decisions in Product Search, in: Marketing Science, Vol. 29 No. 3, S. 438–455. Die Dirichlet-Verteilung dient in der bayesianischen Statistik als Priori-Verteilung zur multinomialen Verteilung. Sie ordnet einer finiten Anzahl von Ereignissen Wahrscheinlichkeiten zu, die voneinander unabh¨ angig sind, abgesehen davon, dass ihre Summe eins betragen muss. Vgl. bspw. DeGroot (1970), S. 48-51. Vgl. allgemein bspw. a. a. O., S. 51. Zu Beginn der Suche k¨ onnen die Parameter so gew¨ ahlt werden, dass sie nichtinformativ sind, indem sie bspw. als Ni = 1 ∀ i einer Gleichverteilung der Preise entsprechen. Dies ist eine vereinfachte Bezeichnung. Rothschild (1974), S. 696 erl¨ autert die Gr¨ oße wie folgt: The ” term [λ(ν, ρ)] is a probability distribution which represents the searcher’s expected beliefs in that he would take a small bet on the proposition that the next price observed would be pi at the odds [λi (ν, ρ)] to [1 − λi (ν, ρ)].“
50
2 Vorliegende Modelle
Demzufolge erh¨ohen sich in der Posteriori-Verteilung die Pr¨azision sowie die Wahrscheinlichkeit des beobachteten Preises, w¨ ahrend die Wahrscheinlichkeiten aller anderen Preise um einen identischen Wert reduziert werden. Diese Elemente k¨onnen in den Entscheidungskalk¨ ul der infiniten und finiten Modelle der zweiten Generation eingef¨ ugt werden. Gleichung 2.27a stellt den entsprechenden rekursiven Ausdruck bei Nichtvorliegen eines endlichen Zeithorizonts dar. Hier und im Folgenden werden die Suchschrittindizes in rekursiven Ausdr¨ ucken so definiert, dass sie mit fortschreitender Suche steigen. W (ν, ρ) =
n
λi (ν, ρ) min {pi , W [hi (ν, ρ)] + c}
(2.27a)
i=1
mit: W (ν, ρ): Minimale erwartete Gesamtkosten bei Informationsstand (ν, ρ). Indifferenz zwischen Fortf¨ uhrung und Beendigung der Suche herrscht, wenn die Terme in der geschweiften Klammer in Gleichung 2.27a identisch sind. Die optimale Preisbereitschaft ergibt sich daher nach Gleichung 2.27b. P Bi∗ (ν, ρ) = W [hi (ν, ρ)] + c
(2.27b)
mit: P Bi∗ (ν, ρ): Optimale Preisbereitschaft bei Informationsstand (ν, ρ), nachdem Preis i identifiziert wurde. Gleichung 2.27b zeigt, dass die optimale Preisbereitschaft vom zuletzt identifizierten Preis abh¨angt; die Informationen, die in fr¨ uheren Suchschritten erlangt wurden, sind in (ν, ρ) enthalten. Diese zwei Abh¨ angigkeiten verdeutlichen die informationsbedingte ” Suchschrittbezogenheit“ der Preisbereitschaft.123 Die entsprechenden finiten Ausdr¨ ucke werden in den Gleichungen 2.28 dargestellt. Wτ (ν, ρ) =
n
λi (ν, ρ) min {pi , Wτ +1 [hi (ν, ρ)] + c}
(2.28a)
i=1
∗ ⇒ P Bi,τ (ν, ρ) = Wτ +1 [hi (ν, ρ)] + c
(2.28b)
mit: Wτ (ν, ρ): Minimale erwartete Gesamtkosten in Suchschritt τ bei Informationsstand (ν, ρ), mit WT˜+1 (ν, ρ) ≡ ∞;
∗ (ν, ρ): Optimale Preisbereitschaft in Suchschritt τ bei P Bi,τ Informationsstand (ν, ρ), nachdem Preis i identifiziert wurde; τ : Index der m¨oglichen Suchschritte (τ = 1, 2, . . . , T˜).
Im Fall eines endlichen Zeithorizonts h¨ angt die Preisbereitschaft den Gleichungen 2.28 zufolge nicht nur von den vorliegenden Informationen ab, sondern auch von der Anzahl der verbleibenden Suchschritte: Wie bei den finiten Modellen der zweiten Generation ohne M¨oglichkeit zum Recall (siehe Seite 34) steigt die optimale Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche schwach monoton.124 Kritisch bei diesem Modell ist der lokale“ Charakter der Aktualisierungsregel 2.26, wie ” 123 124
Vgl. auch Rothschild (1974), S. 694. Vgl. a. a. O., S. 698.
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
51
auch Rothschild anmerkt:125 Wenn ein Preis beobachtet wurde, sinken die Wahrscheinlichkeiten aller anderen Preise, und zwar in identischem Ausmaß. Dies ist auf die Dirichlet-Verteilung zur¨ uckzuf¨ uhren, bei der alle Paarkorrelationen zwischen den Parametern negativ sind.126 Die N¨ ahe der im letzten Suchschritt nicht beobachteten Preise zu dem zuletzt identifizierten Preis wirkt sich somit nicht darauf aus, welcher Anteil an Wahrscheinlichkeitsmasse ihnen entzogen wird. Treffender w¨are vermutlich eine Aktualisierungsregel, die die Wahrscheinlichkeiten der Preise, die weit vom identifizierten Preis entfernt sind, st¨arker reduziert als die Wahrscheinlichkeiten von n¨aheren Preisen. 2.1.3.2 Komparativ-statische Analysen und Hypothesen Die zwei beispielhaft dargestellten Modelle verdeutlichen, dass die mikro¨okonomische Theorie zum Suchverhalten bei unbekannter Preisverteilung weniger geschlossen ist als die zum Suchverhalten bei bekannter Preisverteilung. Dies ist insbesondere darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass Modelle der dritten Generation spezifische Verteilungen unterstellen, um das Suchverhalten charakterisieren zu k¨ onnen. Aus der damit einhergehenden Verschiedenheit der Modelle der dritten Generation folgt, dass komparativ-statische Aussagen st¨arker modellspezifisch sind als bei Modellen der anderen Generationen. Eine weitere Schwierigkeit bei der Ableitung komparativ-statischer Prognosen aus Modellen der dritten Generation ergibt sich aus der Dynamik und der Unbestimmtheit der von den Konsumenten w¨ ahrend der Suche unterstellten Preisverteilung. Da die Parameter der Verteilung im Lauf der Suche auf der Basis der identifizierten Preise kennengelernt bzw. gesch¨atzt werden und da die Menge der identifizierten Preise stochastisch zustande kommt, muss das optimale bzw. prognostizierte Suchverhalten relativ zum Wissensstand der Konsumenten bestimmt werden. Da dieser Wissensstand jedoch ex ante nicht bekannt ist und da er verschieden sein kann, sind komparativ-statische Prognosen unsicher; sie gelten zum Teil nur bei akkuraten Vorstellungen der Konsumenten u ¨ber die Preisverteilung.127 Trotz dieser Einschr¨ankungen lassen sich aus den Modellen der dritten Generation die folgenden Einflussfaktoren des Suchverhaltens und komparativ-statischen Verhaltensprognosen ableiten. 1.: Die Grenzsuchkosten: Die Preisbereitschaft ist umso h¨oher und im stochastischen Sinne werden umso weniger Suchschritte durchgef¨ uhrt, je h¨oher die Kosten eines Suchschritts sind.128 2.: Der Mittelwert der Preise: Die Preisbereitschaft ist umso h¨oher, je h¨oher der Mittelwert der Preise ist.129 Da sich bei diesem Einflussfaktor auch die Verteilung ¨andert, ist aus diesem Zusammenhang allerdings nicht zweifelsfrei abzuleiten, wie die erwartete Suchintensit¨at vom Mittelwert der Preise abh¨ angt. In Einklang mit Modellen der ersten 125 126 127
128 129
Vgl. Rothschild (1974), S. 708f. Vgl. auch Talmain (1992), S. 156. Ohne diese Eigenschaft der Dirichlet-Verteilung w¨ are nicht gew¨ ahrleistet, dass eine optimale Preisbereitschaft existiert. Vgl. Rothschild (1974), S. 702, 709; Harstad/Postlewaite (1981), S. 75f. Das Suchverhalten kann deutlich vom optimalen Verhalten abweichen, wenn ihm nicht die korrek¨ ten Parameterwerte zugrunde liegen; siehe S. 44. Dies ist hinsichtlich der Uberpr¨ ufung der Modelle problematisch, da die meisten Verhaltensweisen als rational erkl¨ art werden k¨ onnen, wenn eine zum Verhalten passende subjektive Preisverteilung unterstellt wird. Nicht zuletzt aus diesem Grund wird in empirischen Untersuchungen zur dritten Generation oftmals der Fall der bekannten Verteilung als Vergleichsgrundlage herangezogen; siehe Abschnitt 2.1.3.3. Diese Untersuchungen basieren mithin auf der Annahme, dass die Probanden zu korrekten Parametersch¨ atzungen gelangen. Vgl. Kohn/Shavell (1974), S. 112; Rothschild (1974), S. 700f. Vgl. Kohn/Shavell (1974), S. 113f.
52
2 Vorliegende Modelle
und zweiten Generation (siehe Seite 17 bzw. 29) ist jedoch zu vermuten, dass der Mittelwert der Preise die Suchintensit¨ at nicht beeinflusst, da rationale Suchentscheidungen nicht auf die Lage, sondern auf die Steigung der Dichtefunktion der Preise abstellen. 3.: Die Streuung der Preise: Je gr¨ oßer die wahrgenommene Streuung der Preise ist, desto niedriger ist die Preisbereitschaft und desto gr¨ oßer ist die Suchintensit¨at; dies gilt f¨ ur einen MPS der wahrgenommenen Preisverteilung.130 Bei akkuraten Vorstellungen der Konsumenten u ¨ber die Preisverteilung gilt somit, dass die Preisbereitschaft umso niedriger und die Suchintensit¨ at umso gr¨ oßer ist, je gr¨ oßer die Streuung der Preise ist. 4.: Die Risikoeinstellung: Die Preisbereitschaft eines risikoaversen Konsumenten ist im Allgemeinen h¨oher als die Preisbereitschaft eines risikoneutralen Konsumenten; die Suchintensit¨at nimmt daher mit zunehmender Risikoaversion tendenziell ab.131 5.: Das Vorliegen einer exogenen Suchgrenze: Falls keine M¨oglichkeit zum Recall besteht, steigt die Preisbereitschaft mit zunehmender Suche bzw. n¨aherkommender Suchgrenze schwach monoton.132 Diese komparativ-statischen Prognosen entsprechen weitgehend denjenigen, die aus Modellen der zweiten Generation abgeleitet werden k¨ onnen (siehe Abschnitt 2.1.2.2). Grunds¨atzlich ließe sich somit zwar vermuten, dass die Annahme der bekannten Preisverteilung unkritisch ist, zumal wesentliche Zusammenh¨ ange auch ohne diese Annahme gelten.133 ¨ Uber die angef¨ uhrten Hypothesen hinaus lassen sich jedoch die folgenden weiteren Prognosen aus den Modellen der dritten Generation ableiten. 6.: Die Unsicherheit hinsichtlich der Preisverteilung: Ein wesentlicher Unterschied zu Modellen der fr¨ uheren Generationen besteht darin, dass identifizierte Preise in Modellen der dritten Generation eine doppelte Rolle erf¨ ullen: [T]hey are both of potential direct ” value in themselves and of indirect value in providing information about the distribution 134 from which they come.“ Somit wird – in Anlehnung an die Terminologie von Knight135 – in Modellen der ersten und zweiten Generation darauf abgestellt, dass das Risiko, einen relativ zur Gesamtheit der Preise hohen Preis zu zahlen, soweit ¨okonomisch sinnvoll reduziert wird, w¨ ahrend in Modellen der dritten Generation zus¨atzlich die optimale Reduktion der Unsicherheit hinsichtlich der Preisverteilung ber¨ ucksichtigt wird. Aufgrund des damit verbundenen h¨ oheren Grenznutzens der Suche ist die Preisbereitschaft umso niedriger, je gr¨ oßer die Unsicherheit ist. Demzufolge ist die Preisbereitschaft bei unbekannter Preisverteilung (mithin bei Modellen der dritten Generation) im Allgemeinen niedriger und die Suchintensit¨ at tendenziell gr¨ oßer als bei bekannter Preisverteilung (Modelle der zweiten Generation). ¨ Diese generelle Uberlegung gilt in den einzelnen Modellen der dritten Generation allerdings nur eingeschr¨ ankt. Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass der Informationsnutzen“ ” der Preise nur in geringem Ausmaß ber¨ ucksichtigt wird, da die Existenz einer Preisbe136 reitschaft ansonsten nicht gew¨ ahrleistet ist: Wenn der Informationsnutzen in einem 130 131 132 133 134
135 136
Vgl. Kohn/Shavell (1974), S. 114f.; Rothschild (1974), S. 705-707. Vgl. Axell (1974), S. 83f.; Kohn/Shavell (1974), S. 112f.; Karni/Schwartz (1977), S. 51. Vgl. Rothschild (1974), S. 698. Vgl. auch a. a. O., S. 708; McKenna (1987b), S. 104. Hey (1981b), S. 93. Vgl. auch Kohn/Shavell (1974), S. 93, 104-106; Lippman/McCall (1976), S. 173; Hey (1981a), S. 50; Rosenfield/Shapiro (1981), S. 1; McKenna (1987b), S. 104; Hey (1993), S. 82; Butler, David/Loomes, Graham (1997): Quasi-Rational Search under Incomplete Information: Some Evidence from Experiments, in: Manchester School of Economic and Social Studies, Vol. 65 No. 2, S. 127–144, hier: S. 137f. Vgl. Knight, Frank H. (1921): Risk, Uncertainty and Profit, Nachdruck 2002, Washington, S. 233. Vgl. Rothschild (1974), S. 701f.; Harstad/Postlewaite (1981), S. 78; McKenna (1987b), S. 104; B´enabou/Gertner (1993), S. 74; Chou/Talmain (1993), S. 779f.; Cox, James C./Oaxaca, Ronald L. (2000):
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
53
solchen Ausmaß einbezogen wird, dass er f¨ ur die Entscheidung u uhrung ¨ber die Durchf¨ eines Suchschritts wesentlich ist, m¨ ussen die Konsumenten einen akzeptablen Preis zur¨ uckweisen, wenn sie sich von einem weiteren Suchschritt nutzenstiftende Informationen u oglichkeit kollidiert mit dem rein an ¨ber die Verteilung versprechen. Diese Verhaltensm¨ der Preisbereitschaft ausgerichteten Suchverfahren, das die sequenziellen mikro¨okonomischen Modelle unterstellen. Im Modell von Bikhchandani und Sharma beispielsweise ist die erwartete Suchintensit¨ at bei einer unbekannten Preisverteilung geringer als bei einer bekannten Preisverteilung, da die Preisbereitschaft im ersten Fall h¨oher ist als im ¨ zum Inforzweiten Fall.137 Kohn und Shavell weisen darauf hin, dass die Uberlegung mationsnutzen der Preise in ihrem Modell nur gilt, wenn die M¨oglichkeit zum Recall besteht.138 In Axells Modell wird der Informationsnutzen der Preise nicht thematisiert und in Rothschilds Modell kommt die eingeschr¨ ankte Einbeziehung des Informationsnutzens dem lokalen Charakter der Aktualisierungsregel gleich (siehe Seite 50). Aus den Modellen der dritten Generation lassen sich somit keine u ¨bergreifenden Hypothesen zur Bedeutung der Unsicherheit u ur die Preisbereitschaft und die ¨ber die Preisverteilung f¨ Suchintensit¨at ableiten. 7.: Die Anzahl der durchgef¨ uhrten Suchschritte: Aus der eingeschr¨ankten Ber¨ ucksichtigung des Informationsnutzens der Preise folgt eine wesentliche Eigenschaft der meisten Modelle der dritten Generation: Die Preisbereitschaft kann aufgrund neuer Vorstellungen u ¨ber die Preisverteilung zwar steigen, sie kann jedoch nur in Ausnahmef¨allen sinken.139 Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass die Suche beendet wird, wenn ein Preis identifiziert wird, der nicht u ¨ber der Preisbereitschaft liegt – nur ein solcher relativ niedriger Preis k¨onnte jedoch dazu f¨ uhren, dass die Vorstellungen u ¨ber die Preisverteilung optimisti” scher“ werden und dass die Preisbereitschaft sinkt. Da die Suche somit nur fortgesetzt wird, wenn relativ hohe Preise identifiziert werden, werden die Vorstellungen u ¨ber die Preisverteilung zunehmend pessimistisch“ und daher steigt die Preisbereitschaft ten” denziell mit fortdauernder Suche.140 Daher wird die Tendenz zur Beendigung der Suche mit der Anzahl der Suchschritte st¨ arker. Wenn die Suche lange genug fortgesetzt wird, steigt die Preisbereitschaft bis auf den h¨ochsten im Markt geforderten Preis; daraus folgt, dass die Suche nicht unendlich lange dauern kann.141 Die problematische Verhaltensm¨ oglichkeit der unendlich langen Suche, die sich in Modellen der zweiten Generation ergibt (siehe Seite 43), besteht in Modellen der dritten Generation also nicht. 8.: Die Anzahl der bekannten Preise: Da Konsumenten ihre Suche mit unterschiedlich stark fundiertem Vorwissen beginnen k¨ onnen, kommt der Anzahl der ihnen bekannten Preise eine Bedeutung zu, die u uhrten Suchschritte hinaus¨ber die Anzahl der durchgef¨ geht: Je mehr Preise den Konsumenten bekannt sind, desto weniger ¨andern sich ihre
137 138 139
140
141
Good News and Bad News: Search from Unknown Wage Offer Distributions, in: Experimental Economics, Vol. 2 No. 3, S. 197–225, hier: S. 198-224; Adam (2001), S. 264f. Vgl. Bikhchandani/Sharma (1996), S. 345f. Dies gilt, wenn die Konsumenten eine akkurate PrioriVerteilung haben. Vgl. Kohn/Shavell (1974), S. 104-106. Vgl. Rosenfield/Shapiro (1981), S. 8; Talmain (1992), S. 149; Chou/Talmain (1993), S. 776, 778f.; Bikhchandani/Sharma (1996), S. 343, 345; Adam (2001), S. 262-265; Dubra, Juan (2004): Optimism and Overconfidence in Search, in: Review of Economic Dynamics, Vol. 7 No. 1, S. 198–218, hier: S. 205, 211. Vgl. Bikhchandani/Sharma (1996), S. 337, 345; Dubra (2004), S. 199, 206. Diese informationsbe” dingte“ Steigerung der Preisbereitschaft geht u ¨ber die knappheitsbedingte“ Steigerung hinaus, die ” sich in finiten Modellen ohne M¨ oglichkeit zum Recall ergibt. Vgl. Rothschild (1974), S. 699f., 704; Rosenfield/Shapiro (1981), S. 8; Bikhchandani/Sharma (1996), S. 346f.
54
2 Vorliegende Modelle
Vorstellungen hinsichtlich der Preisverteilung und ihre Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche.142 Mit anderen Worten ist die Anpassung der Posteriori-Verteilung an die Likelihood-Funktion umso schw¨ acher, je mehr Beobachtungen der Priori-Verteilung zugrunde liegen.143 Die Preisbereitschaft ver¨ andert sich somit unter ansonsten identischen Umst¨anden umso weniger, je gr¨oßer die Informationsbasis zu Beginn der Suche war und je weiter die Suche vorangeschritten ist. Gleichzeitig steigt die Preisbereitschaft wie oben erw¨ahnt tendenziell w¨ahrend der Suche. Aus der Kombination dieser Aussagen folgt, dass die Preisbereitschaft umso weniger steigt, je mehr Preise die Konsumenten kennen. Somit l¨asst sich eine Hypothese zur Bedeutung der Anzahl der bekannten Preise f¨ ur die Suchintensit¨at ableiten: The more ,confident‘ a searcher, the longer he searches.“144 Mit ” anderen Worten suchen Konsumenten unter ansonsten identischen Umst¨anden umso l¨anger, je mehr Preise ihnen bekannt sind, da die Preisbereitschaft umso weniger steigt, je mehr Preise ihnen bekannt sind. Dieses komparativ-statische Ergebnis ist auf den folgenden Zusammenhang zur¨ uckzuf¨ uhren: Bei einer unbekannten Preisverteilung – und eingeschr¨ankter Ber¨ ucksichtigung des Informationsnutzens der Preise145 – steigt die Preisbereitschaft aufgrund des erw¨ahnten zunehmendem Pessimismus“ mit fortdauernder Suche. Preise, die bei einer bekannten ” Preisverteilung inakzeptabel w¨ aren, k¨ onnen daher bei einer unbekannten Preisverteilung akzeptabel werden. Dies ist jedoch umso unwahrscheinlicher, je mehr Beobachtungen der Priori-Verteilung zugrunde liegen: Je st¨ arker der Glaube“ an die Parameter ist, desto ” eher verhalten sich die Konsumenten wie bei einer bekannten Preisverteilung, indem sie inakzeptable Preise nicht aufgrund von pessimistischen Vorstellungen u ¨ber die Preis¨ zufolge ist die Preisbereitschaft tendenziell verteilung akzeptieren.146 Dieser Uberlegung umso niedriger und die Suchintensit¨ at umso gr¨ oßer, je mehr Preise den Konsumenten bekannt sind. Mit anderen Worten sind die Konsumenten umso w¨ahlerischer“, je genauer ” sie die Preisverteilung beurteilen k¨ onnen.147 ¨ 2.1.3.3 Empirische Uberpr¨ ufungen Die Modelle der dritten Generation wurden in einigen empirischen Untersuchungen u ¨berpr¨ uft. Die zentralen Ergebnisse werden in Tabelle 2.8 dargestellt. 2.1.3.4 Kritik Der Befund, den die empirischen Untersuchungen vermitteln, ¨ahnelt dem zu Modellen der ersten und zweiten Generation: Zwar liegen einige best¨atigende Ergebnisse vor, insbesondere komparativer Art. Insgesamt lassen die Untersuchungen jedoch vermuten, dass das Suchverhalten nicht mithilfe von Modellen der dritten Generation erkl¨art werden kann. 142 143 144 145
146 147
Vgl. Rothschild (1974), S. 697. Vgl. allgemein bspw. Hey (1979b), S. 59; Hirshleifer/Riley (1979), S. 1394; Hey (1981b), S. 86. Talmain (1992), S. 154. Wird dieser Nutzen ber¨ ucksichtigt, gilt der folgende Zusammenhang: ”[G]reater confidence implies attaching lesser value to acquiring evidence.“ (Hirshleifer/Riley (1979), S. 1395, vgl. auch S. 1396f.; vgl. allgemein DeGroot (1970), S. 298-300.) Somit ist die Suchintensit¨ at umso geringer, je mehr Preise den Konsumenten bekannt sind. Vgl. Talmain (1992), S. 143, 154. Vgl. Rothschild (1974), S. 707, wobei Rothschild diesen Zusammenhang nur vermutet; Talmain (1992), S. 153f.
Hey (1982) (vgl. auch Hey (1991), S. 98100): Laborexperiment, n = 31 Probanden ¨ (gr¨oßtenteils Okonomen), Preissuche (Minimierungsproblem). Diese Untersuchung wird auch in Abschnitt 2.3.1 aufgegriffen. Hey untersucht das bayesianische Lernen explizit nicht. Somit vergleicht er das beobachtete Verhalten mit dem optimalen Verhalten bei akkurater Priori-Verteilung bzw. bekannter Preisverteilung.
Schotter/Braunstein (1981): Laborexperiment, n = 56 Studenten, Lohnsuche (Maximierungsproblem). Diese Untersuchung wird auch bei Modellen der zweiten Generation in Tabelle 2.6 aufgegriffen.
Zentrale absolute Ergebnisse
Fortsetzung auf der folgenden Seite
Die Preisbereitschaft ist bei unbekannter Preisverteilung niedriger als bei bekannter Verteilung, jedoch nicht signifikant [0]. Die Suchintensit¨at ist bei unbekannter Preisverteilung gr¨oßer als bei bekannter Verteilung, jedoch nicht signifikant [0]. Der optimalen Suchstrategie wird in 25 Prozent der F¨ alle gefolgt [−], in 41 Prozent der F¨ alle einer verwandten Strategie [0]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [−].
¨ Ubereinstimmung mit den Modellprognosen bzw. den Modellen: [+]: Ja; [0]: Unentschieden oder keine Aussage m¨ oglich; [−]: Nein
Zentrale komparative Ergebnisse
Tabelle 2.8: Ausgew¨ ahlte empirische Untersuchungen zu Modellen der dritten Generation
Quelle, Methode und Anmerkungen
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle 55
Mit Recall-M¨oglichkeit ist die Suchintensit¨ at gr¨oßer als ohne Recall-M¨oglichkeit [+]. Bei unbekannter Preisverteilung ist die Suchintensit¨at gr¨oßer als bei bekannter Verteilung [0].
Je h¨oher der zuletzt identifizierte Preis ist, desto eher wird die Suche fortgesetzt [+]. Je niedriger die Suchkosten sind, desto eher wird die Suche fortgesetzt [+]. Je h¨oher der Mittelwert der Preise ist, desto eher wird die Suche fortgesetzt [0] (Hey bewertet dieses Ergebnis als theoriebest¨atigend). Je geringer die Preisstreuung ist, desto eher wird die Suche fortgesetzt [−] (siehe hierzu auch S. 135). Je niedriger die Suchkosten sind, desto gr¨ oßer ist die Suchintensit¨at [+]. Je geringer die Preisstreuung ist, desto gr¨oßer ist die Suchintensit¨at, jedoch nur schwach signifikant [−]. Je gr¨oßer die Unsicherheit hinsichtlich der Preisverteilung ist, desto gr¨oßer ist die Suchintensit¨at [+].
Hey (1987) (vgl. auch Hey (1991), S. 100104): Laborexperiment, n = 32 Studenten, Preissuche (Maximierungsproblem). Diese Untersuchung wird auch bei Modellen der zweiten Generation in Tabelle 2.6 aufgegriffen. Hinsichtlich der Vernachl¨assigung des bayesianischen Lernens entspricht sie Hey (1982) (siehe oben).
Hey (1993) (vgl. auch Hey (1991), S. 104110): Laborexperiment, n = 200 Universit¨atsmitglieder, Preissuche (Maximierungsproblem). Diese Untersuchung wird auch bei Modellen der zweiten Generation in Tabelle 2.6 aufgegriffen. Hinsichtlich der Vernachl¨assigung des bayesianischen Lernens entspricht sie Hey (1982) (siehe oben).
Brannon/Gorman (2002): Laborexperiment, n = 392 von Studenten get¨atigte simulierte K¨aufe (die Anzahl der Probanden wird nicht angegeben), Preissuche (Minimierungsproblem).
Fortsetzung von Tabelle 2.8
Bei Einbeziehung weiterer Variablen wird ein mittlerer Anteil der Varianz der Suchintensit¨ at erkl¨ art (R2 = 0,45) [0]. Gesamtbeurteilung durch die Autoren: [0].
Ohne Recall-M¨ oglichkeit wird der optimalen Suchstrategie eher gefolgt als mit RecallM¨ oglichkeit [0]; das Gleiche gilt f¨ ur eine verwandte Strategie [0]. Bei bekannter Preisverteilung wird der optimalen Suchstrategie eher gefolgt als bei unbekannter Verteilung [0]; das Gleiche gilt f¨ ur eine verwandte Strategie [0]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [−].
Je h¨ oher die Suchkosten sind, desto eher wird der optimalen Suchstrategie gefolgt [0]; das Gleiche gilt f¨ ur eine verwandte Strategie [0]. Ohne Recall-M¨ oglichkeit wird der optimalen Suchstrategie eher gefolgt als mit RecallM¨ oglichkeit [0]; das Gleiche gilt f¨ ur eine verwandte Strategie [0]. Bei bekannter Preisverteilung wird der optimalen Suchstrategie eher gefolgt als bei unbekannter Verteilung [0]; das Gleiche gilt f¨ ur eine verwandte Strategie [0]. Gesamtbeurteilung durch den Autor: [0].
56 2 Vorliegende Modelle
2.1 Mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle
57
¨ Trotz der empirischen Ergebnisse und der Ahnlichkeit der meisten Verhaltensprognosen weisen Modelle der dritten Generation gegen¨ uber den vorhergehenden Generationen einige Vorteile auf: • Sie entsprechen den realen Bedingungen des Preissuchverhaltens der Konsumenten vermutlich eher: – Die Annahme der unbekannten Preisverteilung d¨ urfte in den meisten F¨allen zutreffender sein als die Annahme der bekannten Preisverteilung. Somit k¨onnen Modelle der dritten Generation auf eine gr¨ oßere Anzahl von Suchsituationen angewendet werden als Modelle der anderen Generationen. – Die Annahme der unbekannten Preisverteilung erlaubt es, bei der Erkl¨arung des Suchverhaltens zwischen dem Einfluss von Gegebenheiten (insbesondere der H¨ohe der Grenzsuchkosten) und dem Einfluss von Vermutungen der Konsumenten u ¨ber die Preisverteilung zu unterscheiden. Somit erlauben die Modelle der dritten Generation es auch, den Einfluss von in der Realit¨at nicht auszuschließenden Irrt¨ umern u ¨ber die Verteilungsfunktion“148 zu erfassen. ” – Die Flexibilit¨at der Preisbereitschaft bringt mit sich, dass die Suchintensit¨at nicht wie in infiniten Modellen der zweiten Generation unendlich groß werden kann. Die problematische Verhaltensm¨ oglichkeit der unendlich langen Suche wird also vermieden. • Sie erh¨ohen den Detaillierungsgrad der Modellierung des Insystems der Konsumenten und erm¨oglichen somit die Ableitung von falsifizierbaren Hypothesen, die u ¨ber andere Generationen hinausgehen: – Die Modelle der dritten Generation lenken die Aufmerksamkeit auf die Anzahl der Preise, die den Konsumenten bekannt sind. Allerdings kann nicht eindeutig abgeleitet werden, wie sich diese Anzahl auf die Suchintensit¨at auswirkt (siehe Seite 54). – Da die Preisbereitschaft als suchschrittbezogene Gr¨oße modelliert wird, kann ihre m¨ogliche Steigerung w¨ ahrend der Suche erfasst werden. Dabei bringen die Modelle eine naheliegende (und mathematisch begr¨ undete) Hypothese mit sich: [T]hose ” who fail to find low prices in their initial searches despair of ever finding them and become willing to accept high prices.“149 Die m¨ogliche Steigerung der Preisbereitschaft l¨asst sich auch als Erkl¨ arung heranziehen, wenn Konsumenten Preise, die bei einem fr¨ uheren Suchschritt inakzeptabel waren, bei einem sp¨ateren Suchschritt akzeptieren, bevor sie eine exogene Suchgrenze erreichen. In Modellen der zweiten Generation u ¨ben Konsumenten einen Recall hingegen nur aus, wenn sie eine Suchgrenze erreichen (siehe Seite 32). – In gleicher Weise kann bei Unterstellung einer unbekannten Preisverteilung eine Senkung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche erkl¨art werden (zumindest grunds¨atzlich, siehe Seite 53).150 In Modellen der zweiten Generation kann die Preisbereitschaft hingegen nicht sinken, sie kann nur bei Vorliegen einer Suchgrenze und fehlender M¨ oglichkeit zum Recall steigen (siehe Seite 34). Trotz dieser Vorteile sind die Modelle der dritten Generation hinsichtlich einiger Punkte kritikw¨ urdig:151 148 149 150 151
Franz (2009), S. 214. Rothschild (1974), S. 700. Vgl. Hey (1979b), S. 110f. Diese Punkte gehen u ¨ber die Kritik an den Modellen von Axell und Rothschild (siehe S. 48 bzw. S. 50) hinaus.
58
2 Vorliegende Modelle
• Modelle der dritten Generation stellen zwar geringere Anforderungen an den Informationsstand der Konsumenten als Modelle der ersten und zweiten Generation, denn die Preisverteilung muss nicht vor Beginn der Suche bekannt sein. Dennoch bilden auch Modelle der dritten Generation den Fall der Unwissenheit nicht ab, da den Konsumenten die Verteilungsfamilie bekannt sein muss – zumal sie im Lauf der Suche anhand der identifizierten Preise nur die Parameter der Verteilung bestimmen, aber nicht die Art der Verteilung.152 Teilweise gehen die Anforderungen an den Informationsstand der Konsumenten noch weiter: In Axells Modell m¨ ussen sie u ¨ber Vorwissen hinsichtlich der Preisstreuung verf¨ ugen (siehe Seite 47); in Rothschilds Modell m¨ ussen sie vorab die Menge der grunds¨ atzlich denkbaren Preise spezifizieren (siehe Seite 49). Der Fall, dass die Konsumenten zu Beginn der Suche keine Informationen u ¨ber die im Markt geforderten Preise haben, wird mit den Modellen der dritten Generation somit nicht abgedeckt. Grunds¨atzlich l¨asst sich die Annahme, dass Konsumenten hinsichtlich der Preisverteilung nicht vollkommen unwissend sind, damit begr¨ unden, dass sich die Suche auf ein eindeutig spezifiziertes Produkt bezieht. Es ist zu vermuten, dass die Entscheidung f¨ ur ein Produkt erst getroffen wird, wenn wenigstens einige Preiskenntnisse vorliegen. Dennoch ist fraglich, ob diese Kenntnisse so weit gehen und ob Konsumenten sie so strukturieren, wie Modelle der dritten Generation es voraussetzen. Dies gilt insbesondere aus dem Grund, dass die Konsumenten die Verteilungsfamilie mit Sicherheit ¨ kennen m¨ ussen, da die Modelle keine Anderung der unterstellten Verteilungsfamilie w¨ahrend der Suche zulassen.153 • Modelle der dritten Generation stellen hohe Anforderungen an die Rechenkapazit¨at der Konsumenten.154 Der Prozess des bayesianischen Kennenlernens der Preisverteilung wirkt nicht nur intuitiv als zu komplex, um dem Konsumentenverhalten entsprechen zu k¨onnen; es liegen auch empirisch beobachtete Urteilsverzerrungen vor, die vermuten lassen, dass die meisten Menschen von der Anwendung selbst simpler Varianten der Regel von Bayes absehen (beispielsweise der Base-Rate-Neglect“).155 ” Diese Kritikpunkte sowie die eher verwerfenden empirischen Ergebnisse sprechen dagegen, dass das Preissuchverhalten der Konsumenten mit Modellen der dritten Generation erkl¨art werden kann. Dementsprechend ist auch die Eignung der Theorie der Nutzenmaximierung, die diesen Modellen zugrunde liegt, kritisch zu beurteilen. Somit stellt sich die Frage, ob andere Ans¨ atze eher geeignet sind, um das Preissuchverhalten zu erkl¨aren. Im Folgenden werden in diesem Sinne Erkl¨ arungsans¨ atze gepr¨ uft, die in der marketingwissenschaftlichen Forschung entwickelt wurden.
152
153 154
155
Vgl. auch Miller (1993), S. 162f.; Rauh (1997), S. 129. Dies gilt nicht f¨ ur das Modell von Chou/ Talmain (1993), das nicht auf bayesianischem Lernen basiert. Auch in diesem Modell m¨ ussen die Konsumenten jedoch vorab den minimalen und den maximalen denkbaren Preis festlegen. Vgl. Hey (1981a), S. 55f. Da zwischen den Informations- und Rechenanforderungen ein Trade-off besteht, wiegt die Kritik an den Informationsanforderungen bei Modellen der ersten und zweiten Generation st¨ arker als bei Modellen der dritten Generation, w¨ ahrend es sich bei den Rechenanforderungen umgekehrt verh¨ alt. Vgl. auch Conlisk (2003), S. 1353f. Vgl. Kahneman, Daniel/Tversky, Amos (1973): On the Psychology of Prediction, in: Psychological Review, Vol. 80 No. 4, S. 237–251, hier: S. 237-243. Diese Kritik wird in Abschnitt 2.4 genauer ausgef¨ uhrt.
2.2 Marketingwissenschaftliche Modelle
59
2.2 Marketingwissenschaftliche Modelle Aus der marketingorientierten Forschung zum Informationsverhalten der Konsumenten lassen sich auf zwei Ebenen Aussagen zum Preissuchverhalten ableiten: • Erstens liegen grundlegende Ans¨ atze vor, die sich nicht ausschließlich auf das Suchverhalten als Explanandum beziehen, die jedoch als Quellen f¨ ur diesbez¨ ugliche Hypothesen genutzt werden k¨ onnen (beispielsweise die Theorie des wahrgenommenen Risikos) und • zweitens wurden spezifische Modelle zur Erkl¨ arung des Suchverhaltens der Konsumenten vorgeschlagen (wobei in diese Modelle auch grundlegende Ans¨atze eingehen). In Abschnitt 2.2.1 wird auf grundlegende Erkl¨ arungsans¨atze eingegangen und in den Abschnitten 2.2.2 bis 2.2.7 wird jeweils ein spezifisches Modell dargestellt. Die Ausf¨ uhrungen decken einen großen Teil der Literatur ab, es wird jedoch kein Anspruch auf Vollst¨andigkeit erhoben. Vorab ist anzumerken, dass die in Abschnitt 1.3 genannten Annahmen der vorliegenden Untersuchung bei den marketingwissenschaftlichen Modellen nicht unterstellt werden. Insbesondere beziehen sich diese Modelle nicht speziell auf die Suche nach Preisen f¨ ur ein homogenes Gut. Stattdessen wird mit den Modellen auch die Produktentscheidung abgebildet, was darauf zur¨ uckzuf¨ uhren ist, dass diese in der Realit¨at vermutlich h¨aufig mit der Suche nach Preisen verkn¨ upft ist und dass die reine“ Preissuche somit in ” empirischen Untersuchungen realer Kaufvorg¨ ange nur schwierig zu isolieren ist. Insofern trifft die u ankung der Arbeit auf die Suche nach Preisen f¨ ur ein ¨bergreifende Einschr¨ feststehendes Produkt (A1) auf die marketingwissenschaftlichen Ans¨atze nicht zu. Diese Ans¨atze k¨onnen dennoch zumindest tendenziell auch auf die reine Preissuche bezogen werden, denn sie kann als Spezialfall aufgefasst werden. Der Aussage, dass die marketingwissenschaftlichen Ans¨atze nicht die reine Preissuche betreffen, k¨onnen zwei Ausnahmen entgegengehalten werden: Erstens liegen Untersuchungen vor, die einzelne Einflussfaktoren der Suche nach Preisen f¨ ur ein homogenes Produkt behandeln;156 in diesen Arbeiten wird allerdings kein Modell zur Erkl¨arung des Suchverhaltens entwickelt. Zweitens ist der Ansatz von Darke, Freedman und Chaiken zu nennen.157 Mit diesem Ansatz wird zwar die Suche nach Preisen f¨ ur ein homogenes Produkt thematisiert, er setzt jedoch auf einer anderen Abstraktionsebene an als Modelle, die dazu dienen, die Suchintensit¨ at zu erkl¨ aren. Dies wird in Abschnitt 2.2.5 n¨aher ausgef¨ uhrt. Weiterhin wird mit den meisten marketingwissenschaftlichen Modellen nicht oder nicht nur auf die Anzahl der aufgesuchten Anbieter als zu erkl¨ arende Gr¨oße abgestellt, sondern 156
157
Vgl. bspw. Urbany, Joel E./Bearden, William O./Weilbaker, Dan C. (1988): The Effect of Plausible and Exaggerated Reference Prices on Consumer Perceptions and Price Search, in: Journal of Consumer Research, Vol. 15 No. 1, S. 95–110; Grewal/Marmorstein (1994); Grewal, Dhruv/Monroe, Kent B./Krishnan, R. (1998): The Effects of Price-Comparison Advertising on Buyers’ Perceptions of Acquisition Value, Transaction Value, and Behavioral Intentions, in: Journal of Marketing, Vol. 62 No. 4, S. 46–59; Srivastava, Joydeep/Lurie, Nicholas (2001): A Consumer Perspective on PriceMatching Refund Policies: Effect on Price Perceptions and Search Behavior, in: Journal of Consumer Research, Vol. 28 No. 2, S. 296–307; Saini, Ritesh/Rao, Raghunath Singh/Monga, Ashwani (2010): Is That Deal Worth my Time? The Interactive Effect of Relative and Referent Thinking on Willingness to Seek a Bargain, in: Journal of Marketing, Vol. 74 No. 1, S. 34–48. Vgl. Darke, Peter R./Freedman, Jonathan L./Chaiken, Shelly (1995): Percentage Discounts, Initial Price, and Bargain Hunting: A Heuristic-Systematic Approach to Price Search Behavior, in: Journal of Applied Psychology, Vol. 80 No. 5, S. 580–586. Diese Arbeit wurde zwar in der psychologischen Literatur publiziert, sie weist jedoch einen marketingwissenschaftlichen Bezug auf.
60
2 Vorliegende Modelle
auf andere oder umfassendere Definitionen der Suchintensit¨at. So werden beispielsweise auch andere Informationsquellen oder die Zeit, die mit der Suche verbracht wird, einbezogen. Dem liegt das Ziel zugrunde, die Informationssuche der Konsumenten im generellen Sinne zu charakterisieren. Im Gegensatz dazu wird mit der vorliegenden Untersuchung (und den mikro¨okonomischen Modellen) das Ziel verfolgt, die Anzahl der aufgesuchten Anbieter als Teilaspekt der Informationssuche zu erkl¨ aren.158 Wegen dieser Abweichungen zwischen marketingwissenschaftlichen Modellen und dem Gegenstand der vorliegenden Untersuchung werden die Modelle im Folgenden eher auszugsweise dargestellt: Soweit m¨ oglich wird nur auf den Teil der Aussagen abgestellt, der die Preissuche und die Anzahl der aufgesuchten Anbieter betrifft. 2.2.1 Grundlegende Ans¨ atze (unter besonderer Ber¨ ucksichtigung der Theorie des wahrgenommenen Risikos) In der marketingorientierten Forschung wurde eine Vielzahl von Einflussfaktoren des Informationsverhaltens der Konsumenten identifiziert. Viele Untersuchungen sind allerdings nicht explanativ, sondern eher deskriptiv ausgerichtet und thematisieren daher beispielsweise die Bedeutung soziodemografischer und -¨okonomischer Merkmale f¨ ur das Informationsverhalten.159 Es liegen allerdings auch zahlreiche explanative Ans¨atze vor, wobei insbesondere die in Tabelle 2.9 aufgef¨ uhrten – teilweise miteinander zusammenh¨angenden – hypothetischen Konstrukte zu nennen sind. Obwohl die in Tabelle 2.9 genannten Hypothesen erkennen lassen, dass einige der Konstrukte eher die (passive) Informationsaufnahme betreffen als die (aktive) Informationssuche,160 verdeutlicht die Auflistung, dass ein umfangreicher marketingwissenschaftlicher Grundstock f¨ ur die Formulierung von Hypothesen zum Informationsverhalten im Allgemeinen und zum Preissuchverhalten im Speziellen vorliegt. Auf dieser Basis vorgeschlagene Modelle werden in den folgenden Abschnitten 2.2.2 bis 2.2.7 dargestellt. Zuvor wird die Theorie des wahrgenommenen Risikos herausgegriffen, da sie f¨ ur eine Erkl¨arung der Intensit¨at der Preissuche besonders geeignet scheint, denn das wahrgenommene Risiko wird h¨aufig herangezogen, um die Intensit¨ at der Informationssuche zu erkl¨aren.161 Die Theorie des wahrgenommenen Risikos als Ansatz zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Preissuche Der Ausgangspunkt des risikotheoretischen Ansatzes zur Erkl¨arung des Konsumentenverhaltens besteht darin, dass Kaufentscheidungen m¨ ogliche nachteilige Folgen mit sich 158 159 160 161
Vgl. auch Urbany/Dickson/Kalapurakal (1996), S. 92. Siehe zu Quellenangaben Fußnote 19 auf S. 7. Vgl. zu dieser Unterscheidung bspw. Kuhlmann (1970), S. 23. Vgl. bspw. Cunningham, Scott M. (1967): The Major Dimensions of Perceived Risk, in: Cox, Donald F. (Hrsg.) (1967b): Risk Taking and Information Handling in Consumer Behavior, Boston, S. 82–108, hier: S. 106; Diller, Hermann (1978): Verbesserungsm¨ oglichkeiten der Verbraucherinformation durch Ber¨ ucksichtigung verhaltenstheoretischer Erkenntnisse, in: Zeitschrift f¨ ur Verbraucherpolitik (Journal of Consumer Policy), Jg. 2 Nr. 1, S. 24–41, hier: S. 28; Silberer, G¨ unter (1981): Das Informationsverhalten des Konsumenten beim Kaufentscheid – Ein analytisch-theoretischer Bezugsrahmen, in: Raff´ee, Hans/Silberer, G¨ unter (Hrsg.) (1981): Informationsverhalten des Konsumenten: Ergebnisse empirischer Studien, Wiesbaden, S. 27–61, hier: S. 33f.; Gem¨ unden, Hans Georg (1985): Perceived Risk and Information Search: A Systematic Meta-Analysis of the Empirical Evidence, in: International Journal of Research in Marketing, Vol. 2 No. 2, S. 79–100, hier: S. 79f.; M¨ ullerHagedorn, Lothar (1986): Das Konsumentenverhalten: Grundlagen f¨ ur die Marktforschung, Wiesbaden, S. 107; Beatty/Smith (1987), S. 84; Blackwell/Miniard/Engel (2006), S. 123; Kroeber-Riel/ Weinberg/Gr¨ oppel-Klein (2009), S. 304f.; Trommsdorff, Volker (2009): Konsumentenverhalten, 7., vollst. u ¨berarb. und erw. Aufl., Stuttgart, S. 237.
2.2 Marketingwissenschaftliche Modelle
61
Tabelle 2.9: Grundlegende marketingwissenschaftliche Ans¨ atze zur Erkl¨ arung des Informationsverhaltens der Konsumenten162
Konstrukt
M¨ ogliche Hypothese
Das wahrgenommene Risiko
Je gr¨ oßer dieses ist, desto st¨arker ist die Motivation, Informationen zu suchen.
Die Kosten und der Nutzen der Informationssuche (wobei diese weiter definiert werden als in mikro¨okonomischen Modellen163 )
Je geringer die Kosten sind und je gr¨oßer der Nutzen ist, desto mehr Informationen werden gesucht.
Die subjektive Kategorisierung des Produkts
Bei Shopping Goods“ werden mehr Informatio” nen gesucht als bei Convenience Goods“. Die ” Kategorisierung eignet sich allerdings nur eingeschr¨ ankt zur Erkl¨ arung der Suchintensit¨at, da die Kategorien teilweise anhand dieser Intensit¨at definiert sind.164
Die Gr¨oße des Awareness Sets“ ” (Menge bekannter Kaufm¨ oglichkeiten), des Evoked Sets“ (Men” ge in Betracht kommender Kaufm¨oglichkeiten) und verwandter Mengenkonstrukte
Je gr¨ oßer diese Mengen sind, desto mehr oder weniger Informationen werden gesucht.165 Die Mengen eignen sich allerdings nur eingeschr¨ankt zur Erkl¨ arung der Suchintensit¨at, da sie unter anderem durch Suchaktivit¨aten zustande kommen.166
Die wahrgenommene Komplexit¨at der Entscheidungssituation
Wenn diese den F¨ ahigkeiten entspricht oder auf einem mittleren Niveau liegt, werden besonders viele Informationen aufgenommen.
Das Vorwissen
Je gr¨ oßer dieses ist, desto mehr oder weniger Informationen werden gesucht.167 Fortsetzung auf der folgenden Seite
162
163 164 165
166
167
Vgl. zur Bedeutung der Konstrukte und zu weiteren Originalquellenangaben bspw. Diller, Hermann (1978): Verbesserungsm¨ oglichkeiten der Verbraucherinformation durch Ber¨ ucksichtigung verhaltenstheoretischer Erkenntnisse, in: Zeitschrift f¨ ur Verbraucherpolitik (Journal of Consumer Policy), Jg. 2 Nr. 1, S. 24–41, hier: S. 27-39; Silberer, G¨ unter (1981): Das Informationsverhalten des Konsumenten beim Kaufentscheid – Ein analytisch-theoretischer Bezugsrahmen, in: Raff´ee, Hans/ Silberer, G¨ unter (Hrsg.) (1981): Informationsverhalten des Konsumenten: Ergebnisse empirischer Studien, Wiesbaden, S. 27–61, hier: S. 33-37; Gem¨ unden, Hans Georg (1985): Perceived Risk and Information Search: A Systematic Meta-Analysis of the Empirical Evidence, in: International Journal of Research in Marketing, Vol. 2 No. 2, S. 79–100, hier: S. 88-95; M¨ uller-Hagedorn, Lothar (1986): Das Konsumentenverhalten: Grundlagen f¨ ur die Marktforschung, Wiesbaden, S. 142-146; Beatty/ Smith (1987), S. 85-89; Kuß (1987), S. 17-27; Blackwell/Miniard/Engel (2006), S. 123-125; Diller (2008), S. 108-117; Kroeber-Riel/Weinberg/Gr¨ oppel-Klein (2009), S. 302-306; Trommsdorff, Volker (2009): Konsumentenverhalten, 7., vollst. u ¨berarb. und erw. Aufl., Stuttgart, S. 237f. Vgl. bspw. Diller (1978), S. 32; Bettman (1979), S. 124; Wilde (1987), S. 227. Vgl. Copeland, Melvin T. (1923): Relation of Consumer’ Buying Habits to Marketing Methods, in: Harvard Business Review, Vol. 1 No. 3, S. 282–289; Lilien/Kotler/Moorthy (1992), S. 220. Vgl. Schmidt, Jeffrey B./Spreng, Richard A. (1996): A Proposed Model of External Consumer Information Search, in: Journal of the Academy of Marketing Science, Vol. 24 No. 3, S. 246–256, hier: S. 252f. Vgl. Shocker, Allan D./Ben-Akiva, Moshe/Boccara, Bruno/Nedungadi, Prakash (1991): Consideration Set Influences on Consumer Decision-Making and Choice: Issues, Models, and Suggestions, in: Marketing Letters, Vol. 2 No. 3, S. 181–197, hier: S. 182f. Vgl. bspw. Punj, Girish N./Staelin, Richard (1983): A Model of Consumer Information Search Behavior for New Automobiles, in: Journal of Consumer Research, Vol. 9 No. 4, S. 366–380, hier: S. 367f.,
62
2 Vorliegende Modelle
Fortsetzung von Tabelle 2.9
Die Vermutungen zu marktwirtschaftlichen Zusammenh¨ angen
Je eher Konsumenten vermuten, dass Wettbewerb zu degenerierten Preisverteilungen f¨ uhrt, desto weniger Informationen suchen sie.168
Das Motiv des Variety Seeking“ ” als Streben nach neuen Reizen
Je st¨ arker dieses ist, desto mehr Alternativen werden gesucht.
Das Ziel, als Market Maven“ ” u ¨ber Kaufm¨oglichkeiten informiert zu sein
Je st¨ arker dieses ist, desto mehr Informationen werden gesucht.169
Das Preisinteresse170
Je gr¨ oßer dieses ist, desto mehr Preisinformationen werden gesucht und aufgenommen.
Die Einstellung zum Einkaufen171
Je positiver diese ist, desto mehr Informationen werden gesucht und aufgenommen.
Das Streben nach einem psychischen Gleichgewicht
Informationen werden gezielt gesucht und aufgenommen, um kognitive Dissonanzen zu vermeiden oder post-dezisional zu beseitigen.
Die psychische Aktivierung
Wenn diese auf einem mittleren Niveau liegt, werden besonders viele Informationen aufgenommen.
Das Involvement
Je st¨ arker dieses ist, desto mehr Informationen werden gesucht und aufgenommen.
Das Ausmaß der kognitiven Kontrolle der Kaufentscheidung
Je gr¨ oßer diese ist, desto mehr Informationen werden gesucht und aufgenommen. Dabei wird meist nicht auf metrische Zusammenh¨ange, sondern auf Typologien von Kaufentscheidungen abgestellt, insb. die Unterscheidung in extensive, vereinfachte, habitualisierte und impulsive Entscheidungen.172
168 169 170
171 172
378; Brucks, Merrie (1985): The Effects of Product Class Knowledge on Information Search Behavior, in: Journals of Consumer Research, Vol. 12 No. 1, S. 1–16; Urbany/Dickson/Kalapurakal (1996), S. 100; Moorthy, Sridhar/Ratchford, Brian T./Talukdar, Debabrata (1997): Consumer Information Search Revisited: Theory and Empirical Analysis, in: Journal of Consumer Research, Vol. 23 No. 4, S. 263–277, hier: S. 268f., 274-276; Putrevu/Ratchford (1997), S. 470, 478; Bern´e, Carmen/M´ ugica, Jose M./Pedraja, Marta/Rivera, Pilar (2001): Factors Involved in Price Information-Seeking Behaviour, in: Journal of Retailing and Consumer Services, Vol. 8 No. 2, S. 71–84, hier: S. 74; Ratchford, Brian T. (2001): The Economics of Consumer Knowledge, in: Journal of Consumer Research, Vol. 27 No. 4, S. 397–411, hier: S. 409. Vgl. Duncan, Calvin P./Olshavsky, Richard W. (1982): External Search: The Role of Consumer Beliefs, in: Journal of Marketing Research, Vol. 19 No. 1, S. 32–43, hier: S. 33f. Vgl. Feick, Lawrence F./Price, Linda L. (1987): The Market Maven: A Diffuser of Marketplace Information, in: Journal of Marketing, Vol. 51 No. 1, S. 83–97, hier: S. 85f., 91f. Vgl. Diller, Hermann (1982): Das Preisinteresse von Konsumenten, in: Zeitschrift f¨ ur betriebswirtschaftliche Forschung, Jg. 34 Nr. 4, S. 315–334; M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 944; M¨ ullerHagedorn (1986), S. 215f. Vgl. bspw. Katona/Mueller (1954), S. 62-64. Vgl. bspw. Weinberg, Peter (1981): Das Entscheidungsverhalten der Konsumenten, Paderborn.
2.2 Marketingwissenschaftliche Modelle
63
bringen.173 Der Ansatz postuliert, dass das Verhalten der Konsumenten davon abh¨angt, welche Risiken sie mit einer Kaufentscheidung verbinden und wie sie diese Risiken bewerten. Die Argumentation erfolgt daher auf zwei Ebenen: Einerseits werden die m¨oglichen Folgen von Kaufentscheidungen kategorisiert, indem das Risiko in seine inhaltlichen Komponenten zerlegt wird. Auf dieser Ebene der Argumentation werden insbesondere finanzielle, funktionelle, physische, psychische, soziale und zeitliche Risiken unterschieoglichen Folgen quantifiziert, indem das Risiko als den.174 Andererseits werden die m¨ Erwartungswert modelliert wird. Dem liegt die Hypothese zugrunde, dass Konsumenten die (kategorisierten) Folgen einer Kaufentscheidung bewerten und mit ihren vermuteten Eintrittswahrscheinlichkeiten multiplizieren.175 Mithilfe des risikotheoretischen Ansatzes k¨ onnen vielf¨ altige Verhaltensweisen erkl¨art weruckf¨ uhren den.176 Ein Verhaltensaspekt, der sich auf das Ziel der Risikoreduktion zur¨ l¨asst, ist die Suche nach Informationen. Der risikotheoretische Ansatz postuliert einen positiven Zusammenhang: Je gr¨ oßer das wahrgenommene Risiko einer Kaufentscheidung ist, desto eher sind Konsumenten dazu motiviert, vor der Entscheidung Informationen zu suchen.177 Darauf basierend k¨ onnen die folgenden Hypothesen zur Preissuche formuliert werden: Die Anzahl der aufgesuchten Anbieter ist umso gr¨oßer, • je h¨oher der mittlere Preis des Produkts ist,178 • je gr¨oßer die Streuung der Preise ist,179 • je gr¨oßer die Risikoaversion ist180 und • je gr¨oßer die Anzahl der Anbieter ist181 . Die Modellierung des Risikos als Erwartungswert und die Hypothesen deuten an, dass zwischen der Theorie des wahrgenommenen Risikos und mikro¨okonomischen Suchmo¨ dellen eine argumentative Ahnlichkeit besteht. Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass die 173
174
175
176 177
178
179 180 181
Vgl. Bauer, Raymond A. (1960): Consumer Behavior as Risk Taking, in: Hancock, Robert S. (Hrsg.) (1960): Dynamic Marketing for a Changing World – Proceedings of the 43rd National Conference of the American Marketing Association, Chicago, S. 389–398; Cox (1967b). Vgl. zu verschiedenen Unterscheidungen bspw. Cox, Donald F. (1967a): Introduction, in: Cox (1967b), S. 1–19, hier: S. 7; Cunningham (1967), S. 83, 91-97; Roselius, Ted (1971): Consumer Rankings of Risk Reduction Methods, in: Journal of Marketing, Vol. 35 No. 1, S. 56–61, hier: S. 58; Jacoby, Jacob/Kaplan, Leon B. (1972): The Components of Perceived Risk, in: Venkatesan, M. (Hrsg.) (1972): Proceedings of the Third Annual Conference of the Association for Consumer Research, Chicago, S. 382–393; Kuhlmann, Eberhard (1978): Effizienz und Risiko der Konsumentenentscheidung (Habil. Universit¨ at Bochum), Stuttgart, S. 102-123; Kuhlmann, Eberhard (2006): Kaufrisiko, in: Bauer, Hans H./Neumann, Marcus M./Sch¨ ule, Anja (Hrsg.) (2006): Konsumentenvertrauen: Konzepte und Anwendungen f¨ ur ein nachhaltiges Kundenbindungsmanagement, M¨ unchen, S. 167–179, hier: S. 170. Der Begriff Risiko“ wird in dieser Theorie nicht – wie bei Knight (1921), S. 233 – nur zur Kennzeich” nung von Situationen mit bekannten Wahrscheinlichkeiten verwendet, sondern umfasst auch (und eher) Situationen mit unbekannten Wahrscheinlichkeiten. Vgl. Cunningham (1967), S. 83. Vgl. zu Risikoreduktionsmaßnahmen der Konsumenten bspw. Roselius (1971); Kuhlmann (1978), S. 137-146; Silberer (1981), S. 33. Obwohl diese Hypothese intuitiv nachvollziehbar ist, liegen einige verwerfende Ergebnisse vor. Vgl. Cox, Donald F. (1967c): Risk Taking and Information Handling in Consumer Behavior, in: Cox (1967b), S. 604–639, hier: S. 613; Gem¨ unden (1985), S. 86f. Vgl. bspw. Wilde (1987), S. 227f.; Blackwell/Miniard/Engel (2006), S. 125. Der Preis kann dabei sowohl als absolute Gr¨ oße als auch relativ zum Einkommen betrachtet werden. Vgl. Kiel/Layton (1981), S. 237f.; Zimmermann/Geistfeld (1984), S. 121f.; Bern´e, Carmen/M´ ugica, Jose M./Pedraja, Marta/ Rivera, Pilar (1999): The Use of Consumer’s Price Information Search Behaviour for Pricing Differentiation in Retailing, in: International Review of Retail, Distribution and Consumer Research, Vol. 9 No. 2, S. 127–146, hier: S. 131. Vgl. bspw. Wilde (1987), S. 227; Kaas (1990), S. 541. Vgl. bspw. Weinberg (1981), S. 18. Vgl. bspw. Kaas (1990), S. 541.
64
2 Vorliegende Modelle
¨ k¨onnte aus Reduktion des Risikos im Nutzen eines Suchschritts enthalten ist.182 Uberdies den Hypothesen geschlossen werden, dass der Beitrag der Theorie des wahrgenommenen Risikos zur Erkl¨arung der Intensit¨ at der Preissuche u ¨ber die mikro¨okonomischen Modelle hinausgeht, da sie teilweise andere Zusammenh¨ ange postuliert. Dieser Schluss gilt jedoch nicht bei einem stringenten Vergleich beider Erkl¨arungsans¨atze, wie die folgenden Ausf¨ uhrungen zeigen. 1.: Zum Mittelwert der Preise: Die Hypothesen zur Bedeutung des mittleren Preises f¨ ur die Suchintensit¨at unterscheiden sich zwar, denn mikro¨okonomischen Modellen zufolge ist er irrelevant (siehe Seite 17 und 29). Der Unterschied wird jedoch durch die folgenden Zusammenh¨ange aufgel¨ ost: • Der Mittelwert der Preise erh¨ oht das Risiko, da es umso schwerwiegender ist, wenn das Produkt nach dem Kauf nicht die erhoffte Qualit¨at aufweist, je h¨oher der gezahlte Preis war; dabei bezieht sich Qualit¨ at“ auf alle Risikokomponenten außer dem finan” ziellen Risiko. Dieser Zusammenhang gilt allerdings nur bei Qualit¨atsunsicherheit – diese ist jedoch kein konstitutiver Gegenstand der Preissuche und wird in mikro¨okonomischen Modellen (und der vorliegenden Untersuchung) ausgeschlossen, was zwar eine Vereinfachung darstellt, aber einer stringenten Anwendung der Ceteris-ParibusVorgehensweise entspricht. • Zum finanziellen Risiko k¨ onnte vermutet werden, dass mit dem Mittelwert der Preise das Risiko, sich f¨ ur einen Anbieter mit einem relativ hohen Preis zu entscheiden, steigt. Dieser m¨ ogliche Zusammenhang ist jedoch nicht auf eine direkte Bedeutung des mittleren Preises zur¨ uckzuf¨ uhren, sondern auf die Bedeutung der Preisstreuung: Wenn die Preise nicht streuen, besteht kein finanzielles Risiko durch die Auswahl eines Anbieters mit einem relativ hohen Preis, gleich, wie hoch der mittlere Preis ist. Zwar kann mit dem Mittelwert der Preise ihre Streuung steigen. Dieser indirekte Zusammenhang gilt jedoch auch in mikro¨ okonomischen Modellen. ¨ Aus diesen Uberlegungen folgt, dass der Mittelwert der Preise sowohl in mikro¨okonomischen Modellen als auch dem risikotheoretischen Ansatz zufolge irrelevant ist, wenn identische Annahmen zugrunde gelegt werden. Dem k¨ onnte entgegen gehalten werden, dass empirische Untersuchungen zeigen, dass die dem risikotheoretischen Ansatz zugeschriebene Hypothese eines positiven Zusammenhangs zwischen dem Preis und der Suchintensit¨at tendenziell zutrifft.183 Allerdings ist aus diesen Untersuchungen nicht ersichtlich, ob der Zusammenhang auf die erw¨ ahnten indirekten Effekte und somit auf Drittvariablenkorrelationen zur¨ uckzuf¨ uhren ist. So ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidungen von Konsumenten in nichtexperimentellen Situationen von Qualit¨atsunsicherheit beeinflusst werden oder dass Konsumenten bei einem h¨ oheren mittleren Preis eine gr¨oßere 182
183
Vgl. Kuhlmann (1970), S. 89; Heinemann, Michael (1974): Einkaufsst¨ attenwahl und Firmentreue des Konsumenten: Verhaltenswissenschaftliche Erkl¨ arungsmodelle und ihr Aussagewert f¨ ur das Handelsmarketing (Diss. Universit¨ at M¨ unster), M¨ unster, S. 142; Silberer (1981), S. 36; Weinberg (1981), S. 32; Duncan/Olshavsky (1982), S. 37; Srinivasan, Narasimhan/Ratchford, Brian T. (1991): An Empirical Test of a Model of External Search for Automobiles, in: Journal of Consumer Research, Vol. 18 No. 2, S. 233–242, hier: S. 235; Miller (1993), S. 170; Schmidt/Spreng (1996), S. 251f.; Blackwell/Miniard/ Engel (2006), S. 123; Kuhlmann (2006), S. 173; Kroeber-Riel/Weinberg/Gr¨ oppel-Klein (2009), S. 305. Vgl. bspw. Katona/Mueller (1954), S. 34, 46, 66-68; Bucklin (1966), S. 26; Udell (1966), S. 52; Jacoby/Kaplan (1972), S. 384; Newman, Joseph W. (1977): Consumer External Search: Amount and Determinants, in: Woodside, Arch G./Sheth, Jagdish N./Bennett, Peter D. (Hrsg.) (1977): Consumer and Industrial Buying Behavior, New York – Amsterdam, S. 79–94, hier: S. 86; Beatty/Smith (1987), S. 84, 90f.; Darke/Freedman/Chaiken (1995), S. 582; Srivastava/Lurie (2001), S. 299. Kontr¨ are Ergebnisse finden sich bspw. bei Newman/Staelin (1972), S. 255; Bettman, James R. (1973): Perceived Risk and Its Components: A Model and Empirical Test, in: Journal of Marketing Research, Vol. 10 No. 2, S. 184–190, hier: S. 188; Kiel/Layton (1981), S. 237f.; Darke/Freedman/Chaiken (1995), S. 583.
2.2 Marketingwissenschaftliche Modelle
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ur stellen Ergebnisse von Tversky und KahnePreisstreuung vermuten.184 Ein Indiz daf¨ man dar, denen zufolge die Bereitschaft zum Aufsuchen eines weiteren Anbieters sogar schw¨acher wird, je h¨oher der Preis beim aktuell aufgesuchten Anbieter ist, wenn die Preisstreuung und die Suchkosten konstant gehalten werden.185 2.: Zur Streuung der Preise: Hinsichtlich der Preisstreuung entsprechen sich die Hypothesen, die aus der Theorie des wahrgenommenen Risikos und den mikro¨okonomischen Modellen abzuleiten sind. 3.: Zur Risikoeinstellung: Bez¨ uglich dieses Einflussfaktors unterscheiden sich die Hypothesen, zumal die Suchintensit¨ at den mikro¨ okonomischen Modellen zufolge mit zunehmender Risikoaversion abnimmt (dies gilt in sequenziellen Modellen) bzw. ab- oder zunimmt (in FSS-Modellen). Der Unterschied ist jedoch auf verschieden genaue Spezifikationen des Suchproblems zur¨ uckzuf¨ uhren: • Die Motivation zur Durchf¨ uhrung risikoreduzierender Maßnahmen und somit zur Informationssuche wird mit der Risikoaversion st¨ arker, denn mit ihr steigt die Bedeutung einer mangelnden Qualit¨ at des Produkts, wobei darunter wie oben alle Risikokomponenten außer dem finanziellen Risiko fallen. Dieser Zusammenhang gilt nur bei Qualit¨atsunsicherheit. • Zum finanziellen Risiko: Die Argumentation zur Bedeutung von Risikoaversion in sequenziellen mikro¨ okonomischen Modellen basiert auf dem Unterschied zwischen den Kosten und dem Nutzen eines Suchschritts, denn das Anfallen von Grenzsuchkosten ist sicher, w¨ahrend die Reduktion des zu zahlenden Preises nur erwartet wird. Mit steigender Risikoaversion wird die Bedeutung des Risikos, eine Suchkosteneinheit zu ” verschwenden“, relativ zur Bedeutung der m¨ oglichen Preisreduktion gr¨oßer. Daraus folgt, dass die Suchintensit¨ at umso geringer ist, je gr¨ oßer die Risikoaversion ist. Dass die Theorie des wahrgenommenen Risikos zu einer gegenteiligen Hypothese f¨ uhrt, liegt daran, dass bei ihr Suchkosten nicht thematisiert bzw. nicht als monet¨are Gr¨oße einbezogen werden. Es wird mithin nicht er¨ ortert, zu welcher (sicheren) Gr¨oße die risikoreiche Seite der Preissuche in Bezug gesetzt wird. Aus den FSS-Modellen kann keine klare Hypothese zur Bedeutung der Risikoaversion abgeleitet werden, da bei diesen Modellen zus¨ atzlich zu dem oben erl¨auterten Unterschied zwischen Suchkosten und Preisreduktion die Streuung des niedrigsten Preises in der gezogenen Preisstichprobe eine Rolle spielt. W¨ ahrend Risikoaversion die Suchintensit¨at aufgrund des ersten Einflussfaktors senkt, erh¨oht sie sie aufgrund des zweiten Einflussfaktors. Dieser zweite Einflussfaktor k¨onnte als Begr¨ undung f¨ ur die aus der Theorie des wahrgenommenen Risikos abgeleitete Hypothese eines positiven Zusammenhangs zwischen Risikoaversion und Suchintensit¨at herangezogen werden. Er hat jedoch nur dann eine Bedeutung, wenn Konsumenten entsprechend den FSSModellen suchen, wenn sie mit anderen Worten eine Preisstichprobe festgelegten Umahlen. unstigste Angebot ausw¨ fangs ziehen und dann das g¨ Wie sich die Risikoeinstellung auf die Suchintensit¨ at auswirkt, h¨angt demnach davon ab, wie das Risiko definiert und der Suchprozess der Konsumenten spezifiziert wird. Dies f¨ uhrt letztlich zur Auswahl und somit zu den Verhaltensprognosen eines mikro¨okonomischen Suchmodells. 4.: Zur Anzahl der Anbieter: Das Risiko bei der Preissuche besteht f¨ ur Konsumenten darin, dass sie das Produkt kaufen, obwohl es bei einem anderen Anbieter g¨ unstiger 184 185
Vgl. Srivastava/Lurie (2001), S. 298f. Vgl. Tversky, Amos/Kahneman, Daniel (1981): The Framing of Decisions and the Psychology of Choice, in: Science, Vol. 211 No. 4481, S. 453–458, hier: S. 457. Siehe auch S. 80.
66
2 Vorliegende Modelle
erh¨altlich ist. Daraus folgt, dass die Intensit¨ at der Preissuche von der Heterogenit¨at der Preise abh¨angt – Preisstreuung induziert Suchaktivit¨aten, wie oben ausgef¨ uhrt. Der Anzahl der Anbieter kommt jedoch keine direkte Bedeutung zu, da sie an sich das Risiko nicht erh¨oht, sondern nur als Indikator f¨ ur die Preisstreuung und somit als indirekter Einflussfaktor dienen kann. Dies gilt auch in mikro¨ okonomischen Modellen. ¨ Zusammenfassend verdeutlichen diese Uberlegungen, dass dem risikotheoretischen Ansatz f¨ ur eine Erkl¨arung der Intensit¨ at der Preissuche nur eine geringe u ¨ber die mikro¨okonomischen Modelle hinausgehende Bedeutung zukommt, wenn er stringent interpretiert wird. Stattdessen handelt es sich beim risikotheoretischen Ansatz um eine (ungef¨ahr zeitgleich entwickelte) Parallelerkl¨ arung, die die mathematische Fundierung der mikro¨okonomischen Modelle durch eine eher verbale und verhaltenswissenschaftliche Basis ersetzt. Anders ausgedr¨ uckt lassen sich die mikro¨ okonomischen Modelle als Formalisierung des risikotheoretischen Ansatzes auffassen.186 Die Aussage, dass die Theorie des wahrgenommenen Risikos in Bezug auf die Intensit¨at der Preissuche einerseits den mikro¨ okonomischen Modellen gleichkommt und andererseits eine st¨arker verhaltenswissenschaftliche Basis aufweist, l¨asst sich an einer zentralen Frage des risikotheoretischen Ansatzes genauer verdeutlichen: Wie weit wird das wahrgenommene Risiko reduziert, bevor eine Kaufentscheidung getroffen wird? Zwei Antworten sind naheliegend: • Bei einer formalisierten Interpretation des risikotheoretischen Ansatzes wird das Risiko, einen Anbieter mit einem relativ hohen Preis auszuw¨ahlen, soweit reduziert, bis sich eine weitere Reduktion in Anbetracht der Grenzsuchkosten nicht lohnt.187 Die H¨ohe des akzeptablen Risikos kann somit analog zu den mikro¨okonomischen Modellen anhand eines Nutzenmaximierungskalk¨ uls bestimmt werden. • Verhaltenswissenschaftlich orientierten Interpretationen zufolge wird das Risiko so weit reduziert, bis ein individueller Schwellenwert erreicht ist.188 Wie dieser Schwellenwert bestimmt wird, ist allerdings unklar.189 Die zweite Antwort verdeutlicht, dass auf der Basis des risikotheoretischen Ansatzes Hypothesen formuliert werden k¨ onnen, die auch bei identischen Annahmen zur Suchsituation u okonomischen Modelle hinausgehen (dies wird in Abschnitt 4.1.3 ¨ber die mikro¨ aufgegriffen). Abgesehen davon ist abschließend dennoch festzuhalten, dass der Beitrag der Theorie des wahrgenommenen Risikos zur Erkl¨ arung der Intensit¨at der Preissuche nicht deutlich u okonomischen Modelle hinausgeht, wenn die gleichen ¨ber den der mikro¨ Annahmen zugrunde gelegt werden. Die Bedeutung grundlegender marketingwissenschaftlicher Ans¨atze besteht in erster Linie darin, dass sie als Basis f¨ ur Modelle dienen k¨ onnen, bei denen das Explanandum und 186
187 188
189
Diese Ausf¨ uhrungen beziehen sich auf die Intensit¨ at der Suche nach Preisen f¨ ur ein homogenes Produkt unter Ausschluss von Vorwissen. Bei anderen Erkenntnisobjekten kann der risikotheoretische Ansatz u okonomische Modelle hinausgehen. Vgl. bspw. Cox (1967b). ¨ber mikro¨ Vgl. sinngem¨ aß Cox, Donald F. (1967d): The Audience as Communicators, in: Cox (1967b), S. 172– 187, hier: S. 177; Diller (1978), S. 32. Vgl. Cox (1967a), S. 4, 8f.; Cox (1967c), S. 629f.; Weinberg (1981), S. 18f.; Gem¨ unden (1985), S. 79, 88, 92-96; Kuhlmann (2006), S. 168, 171; Kroeber-Riel/Weinberg/Gr¨ oppel-Klein (2009), S. 437. Bettman (1973) f¨ uhrt ein ¨ ahnliches Konstrukt an (ohne es auf seine Schwellenwertfunktion zu pr¨ ufen), das er als Handled Risk“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um das Restrisiko, das nach Durchf¨ uhrung ” risikoreduzierender Maßnahmen akzeptiert wird. Das davon abzugrenzende Grundrisiko bezeichnet er als Inherent Risk“. ” Als Einflussfaktoren werden bspw. die Risikoeinstellung, die G¨ uterkategorie, das Involvement und die Komplexit¨ at der Entscheidungssituation genannt. Vgl. Weinberg (1981), S. 18f.; Gem¨ unden (1985), S. 88f., 92f.; Kroeber-Riel/Weinberg/Gr¨ oppel-Klein (2009), S. 437.
2.2 Marketingwissenschaftliche Modelle
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¨ nicht das Explanans den Ausgangspunkt der Uberlegungen darstellt. Der spezifische Beitrag der Marketingforschung zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Preissuche besteht in der ¨ Formulierung und Uberpr¨ ufung solcher Modelle. In den folgenden Abschnitten werden sechs entsprechende Untersuchungen dargestellt. 2.2.2 Das Modell von Punj und Staelin Punj und Staelin f¨ uhren die Intensit¨ at der Informationssuche, die die Anzahl der H¨andlerbesuche enth¨alt, auf f¨ unf Faktoren zur¨ uck.190 Drei Faktoren wirken sich positiv aus: • Die Anzahl der in Betracht kommenden Kaufm¨ oglichkeiten ( Size of Feasible Set“), ” • als Form von Variety Seeking“ das generelle Ziel, Informationen zu erlangen, und ” • das allgemeine Vorwissen u ¨ber die Produktkategorie ( Prior Memory Structure“). ” Zwei Faktoren wirken sich negativ aus: • Die Suchkosten (operationalisiert anhand des Einkommens und der Dringlichkeit des Bedarfs) und • das spezifische Vorwissen u oglichkeiten ( Usable Prior Knowledge“). ¨ber Kaufm¨ ” Das Modell und die empirischen Ergebnisse von Punj und Staelin werden in Abbil¨ dung 2.4 dargestellt. Abgebildet sind die gesch¨ atzten Werte der Parameter, die Ubereinstimmung mit den Hypothesen und der Anteil der erkl¨ arten Varianz der Suchintensit¨at. Angedeutet sind weitere Zusammenh¨ ange, in die die Suchintensit¨at als unabh¨angige Variable eingeht. Die Ergebnisse basieren auf der Sch¨ atzung eines Strukturgleichungsmodells; die Daten stammen aus einer Befragung von 1.056 Autok¨aufern. Abbildung 2.4: Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Informationssuche von Punj und Staelin191
Cost of External Search
-0,06* [+] Size of Feasible Set
Effectiveness of Search 0,11* [+]
Desire to Seek Information
0,09* [+]
Amount of External Information Search
Cost Savings
R2=0,07 [-]
0,13n.s. [0] Prior Memory Structure
Satisfaction -0,55*** [+]
Usable Prior Knowledge
¨ Signifikanz: ***: p ≤ 0,01; *: p ≤ 0,1; n. s.: p > 0,1; Ubereinstimmung mit der Hypothese bzw. dem Gesamtmodell: [+]: Ja; [0]: Unentschieden; [−]: Nein.
190 191
Vgl. Punj/Staelin (1983), S. 367-373. In Anlehnung an a. a. O., S. 367, 376-378.
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2 Vorliegende Modelle
Die folgenden Ergebnisse sind hervorzuheben: • Vier der f¨ unf Einflussfaktoren wirken sich signifikant und in der vermuteten Richtung auf die Suchintensit¨ at aus. Insbesondere dem Vorwissen u ¨ber Kaufm¨oglichkeiten kommt eine große (suchreduzierende) Bedeutung zu. • Das Modell erkl¨art dennoch nur einen sehr geringen Anteil der Varianz der Suchintensit¨at. Somit ist zu vermuten, dass wesentliche Faktoren nicht ber¨ ucksichtigt sind.192 2.2.3 Das Modell von Beatty und Smith Beatty und Smith betonen die Bedeutung des Involvements f¨ ur die Informationssuche.193 Auf dieser Basis leiten sie f¨ unf Einflussfaktoren der Intensit¨at der H¨andlersuche ab: • Als individuenspezifische Faktoren – das pers¨onliche Involvement und – das Vorwissen u ¨ber die Produktkategorie, • die f¨ ur die Suche verf¨ ugbare Zeit als aufgabenspezifischer“ Faktor, sowie ” • als Faktoren, die aus der Kombination von Individuum und Aufgabe entstehen, – die Einstellung zum Einkaufen und – das kaufbezogene Involvement. Die Autoren sch¨atzen ihr Modell, basierend auf einer Befragung von 351 K¨aufern von Unterhaltungselektronik, mittels Hauptkomponenten- und anschließender Regressionsanalyse. Die Ergebnisse werden in Abbildung 2.5 dargestellt. Abbildung 2.5: Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der H¨ andlersuche von Beatty und Smith194
Ego Involvement Individual
n. s. [-] Product Class Knowledge -0,12** [+]
Task
Time Availability
0,36*** [+]
Retailer Search R2=0,29 [0]
Attitude toward Shopping
0,39*** [+]
Individual Task Purchase Involvement
¨ Signifikanz: ***: p ≤ 0,01; **: p ≤ 0,05; n. s.: p > 0,05; Ubereinstimmung mit der Hypothese bzw. dem Gesamtmodell: [+]: Ja; [0]: Unentschieden; [−]: Nein. 192 193 194
Dies merken auch die Autoren an. Vgl. Punj/Staelin (1983), S. 376. Vgl. Beatty/Smith (1987), S. 85-89. Vgl. a. a. O., S. 85-92.
2.2 Marketingwissenschaftliche Modelle
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Die folgenden Ergebnisse sind hervorzuheben: • Die Einstellung zum Einkaufen und das kaufbezogene Involvement bilden eine Hauptkomponente. Drei der vier verbleibenden Hypothesen werden nicht verworfen. Nur das pers¨onliche Involvement wirkt sich nicht auf die Intensit¨at der H¨andlersuche aus.195 • Das Modell erkl¨art mit 29 Prozent einen Teil der Varianz der Suchintensit¨at. 2.2.4 Das Modell von Srinivasan und Ratchford Das Modell von Srinivasan und Ratchford unterscheidet sich von den zwei obigen Modellen insbesondere dadurch, dass Variableninteraktionen ber¨ ucksichtigt werden.196 Daru ¨ber hinaus wird das Vorwissen der Konsumenten anhand der folgenden drei Gr¨oßen charakterisiert und somit differenzierter modelliert: • Das generelle Vorwissen u ¨ber die Produktkategorie ( Product Knowledge“), ” • die Kauferfahrung in der Produktkategorie ( Amount of Experience“) und ” • die Zufriedenheit mit dem zuletzt gekauften Produkt ( Positive Experience“). ” Die Autoren u ufen ihren Erkl¨ arungsansatz anhand eines Strukturgleichungsmodells ¨berpr¨ mit Daten aus einer Befragung von 1.401 Autok¨ aufern. Das Modell und die Sch¨atzergebnisse werden in Abbildung 2.6 dargestellt. Abbildung 2.6: Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Informationssuche von Srinivasan und Ratchford197
Amount of Experience
Cost of Search -0,01n.s. [-]
-0,04* [+]
0,04* [-]
-0,06** [+]
R2=0,04 [-] Perceived Risk
-0,12** [+]
0,14** [+]
0,11** [+] R2=0,24 [0] 0,60*** [+]
Positive Experience
Perceived Benefits
Amount of Search Effort
0,01n.s. [-] -0,25*** [+]
R2=0,87 [+]
0,23*** [+] 0,47*** [+] Size of Evoked Set R2=0,09 [-]
-0,10** [+]
0,17*** [+]
0,09** [+]
Product Knowledge
0,20** [+]
0,03* [+]
Interest in Product Class
¨ Signifikanz: ***: p ≤ 0,01; **: p ≤ 0,05; *: p ≤ 0,1; n. s.: p > 0,1; Ubereinstimmung mit der Hypothese bzw. dem Gesamtmodell: [+]: Ja; [0]: Unentschieden; [−]: Nein.
Die folgenden Ergebnisse sind hervorzuheben: 195 196 197
Es wirkt sich allerdings auf die Nutzung neutraler Informationsquellen aus. Vgl. Beatty/Smith (1987), S. 91f. Vgl. Srinivasan/Ratchford (1991), S. 234-236. In Anlehnung an a. a. O., S. 234-239.
70
2 Vorliegende Modelle
• Zahlreiche Parameter sind signifikant und weisen das erwartete Vorzeichen auf. Insbesondere der wahrgenommene Nutzen der Informationssuche und die Gr¨oße des Evoked Sets wirken sich positiv auf die Suchintensit¨at aus. • Das Modell erkl¨art fast 90 Prozent der Varianz der Suchintensit¨at. Allerdings kommt die große Erkl¨arungsg¨ ute haupts¨ achlich durch die Bedeutung des Suchnutzens und der Gr¨oße des Evoked Sets zustande. Dies ist problematisch: Erstens ist die G¨ ute der Erkl¨arung dieser Konstrukte deutlich geringer; zweitens kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Gr¨ oße des Evoked Sets und die Suchintensit¨at u ¨berschneiden (siehe Seite 61).198 2.2.5 Das heuristisch-systematische Modell von Darke, Freedman und Chaiken Das Modell von Darke, Freedman und Chaiken setzt auf einer abstrakteren Ebene an als alle bislang dargestellten Erkl¨ arungsans¨ atze.199 Es besagt, dass Konsumenten ihr Suchverhalten danach differenzieren, wie hoch der (mittlere oder u ¨bliche) Preis des Produkts ist: • Bei einem niedrigen Preis ist das Entscheidungsverhalten heuristisch und Konsumenten orientieren sich an einfachen Daumenregeln und Indikatoren, um die Preisg¨ unstigkeit eines Angebots zu beurteilen. • Bei einem hohen Preis ist das Entscheidungsverhalten systematisch,200 sodass umfangreiche Informationen gesammelt bzw. zahlreiche Anbieter aufgesucht und Indikatoren der Preisg¨ unstigkeit weniger beachtet werden. In diesem Sinne zeigen die Autoren im Rahmen eines Laborexperiments mit 180 Studenten, dass die (beabsichtigte) Suchintensit¨ at bei einem niedrigen Preis signifikant davon abh¨angt, inwieweit es sich um einen reduzierten Preis handelt; die prozentuale H¨ohe der Preisreduktion wird dabei als Indikator der Preisg¨ unstigkeit angesehen. Bei einem hohen Preis besteht hingegen kein signifikanter Zusammenhang zwischen Preisreduktion und Suchintensit¨at.201 Der Ansatz von Darke, Freedman und Chaiken steckt nur einen Rahmen ab, zumal einige Fragen offenbleiben. Insbesondere ist unklar, welches Modell heranzuziehen ist, um das systematische Verhalten zu erkl¨ aren. Dies verdeutlicht, dass der heuristischsystematische Ansatz nicht als Alternative zu den weiteren hier dargestellten Modellen anzusehen ist, sondern als Zusatz. 2.2.6 Das Modell von Schmidt und Spreng Schmidt und Spreng schlagen ein Modell vor, das ¨ ahnlich aufgebaut ist wie die meisten anderen hier dargestellten marketingwissenschaftlichen Modelle, sich von diesen allerdings durch eine st¨ arker theoretisch fundierte Strukturierung der Einflussfaktoren der Suchintensit¨at unterscheidet.202 Die endogenen Konstrukte und die Grundstruktur des Modells werden in Abbildung 2.7 dargestellt. Als exogene Konstrukte sind beispielsweise 198 199 200 201 202
Auch die Autoren merken an, dass die Erkl¨ arungsg¨ ute nicht u ¨berraschend ist. Vgl. Srinivasan/ Ratchford (1991), S. 239. Vgl. Darke/Freedman/Chaiken (1995). Mit dieser Bezeichnung wird der Gegensatz zum heuristischen Verhalten zum Ausdruck gebracht, nicht der in der Mikro¨ okonomik gemeinte Gegensatz zur zuf¨ alligen Suche; siehe S. 25. Vgl. a. a. O., S. 581-583. Vgl. Schmidt/Spreng (1996), S. 246-254.
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das Vorwissen (als Einflussfaktor der F¨ ahigkeit zur Suche), das wahrgenommene Risiko und das situationsbezogene Involvement (Suchnutzen), die Gr¨oße des Evoked Sets (Suchnutzen und -kosten) sowie das u ¨bergreifende Involvement (Motivation zur Suche) zu nennen. Abbildung 2.7: Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Informationssuche von Schmidt und Spreng203
Dieses Modell stellt einen Versuch dar, der mehr oder minder ad hoc zustande kommenden Hypothesenstruktur anderer marketingwissenschaftlicher Modelle durch die mehrstufige Argumentation und die damit einhergehende Konzentration auf vier erkl¨arende Konstrukte einen st¨arker strukturierten Ansatz gegen¨ uberzustellen, der gleichzeitig die Einbeziehung einer Vielzahl sekund¨ arer und terti¨ arer Einflussfaktoren erlaubt (die Autoren beziehen 18 exogene Variablen ein). Dies f¨ uhrt allerdings zu einem Modell, dessen ¨ empirische Uberpr¨ ufung u andig w¨ are; Schmidt und Spreng f¨ uhren keine sol¨beraus aufw¨ ¨ che Uberpr¨ ufung durch. 2.2.7 Das Modell von Urbany, Dickson und Kalapurakal Urbany, Dickson und Kalapurakal fokussieren in ihrem Modell zwei Kategorien von Einflussfaktoren der Intensit¨ at von Preisvergleichen: • Das Humankapital, mit dem insbesondere das Vorwissen zu Anbietern und deren relativen Preisniveaus erfasst wird, und • den psychisch-sozialen Nutzen von Suchaktivit¨ aten, der insbesondere durch das Ziel, als Market Maven“ anderen Konsumenten Preisinformationen zur Verf¨ ugung stellen ” zu k¨onnen, zustande kommt.204 Dar¨ uber hinaus ber¨ ucksichtigen die Autoren mit dem monet¨aren Suchnutzen und den Suchkosten zwei Einflussfaktoren, die sich aus mikro¨ okonomischen Modellen des Preissuchverhaltens ergeben. Im Unterschied zu den oben dargestellten Arbeiten interessieren sich die Autoren in erster Linie f¨ ur die relativen Erkl¨ arungsbeitr¨ age von Teilmengen ihrer unabh¨angigen Variablen, w¨ahrend sie Zusammenhangshypothesen nur rudiment¨ ar u ufen. In Abbildung 2.8, ¨berpr¨ 203 204
In Anlehnung an Schmidt/Spreng (1996), S. 248. ¨ Vgl. Urbany/Dickson/Kalapurakal (1996), S. 91f. Uber die Intensit¨ at von Preisvergleichen hinaus untersuchen die Autoren die Intensit¨ at der Suche nach Sonderangeboten, bspw. anhand von Werbezetteln. Weiterhin bezieht sich das Modell auf Lebensmittel, die als Verbrauchsg¨ uter in der vorliegenden Untersuchung nicht im Fokus stehen (A3, siehe S. 5). Die Erkenntnisse d¨ urften dennoch zumindest teilweise auch auf Gebrauchsg¨ uter zutreffen. Vgl. zu weiteren Anwendungen des Modells Bern´e et al. (1999); Bern´e et al. (2001).
72
2 Vorliegende Modelle
in der die Grundstruktur des Modells und die zentralen empirischen Ergebnisse dargestellt sind, werden daher nicht wie oben Parametersch¨atzwerte angegeben, sondern semipartielle R2 -Werte ( sR2“).205 Die Ergebnisse basieren auf einer Befragung von 343 ” Konsumenten zu ihrem Lebensmittelkaufverhalten. Abbildung 2.8: Das Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at von Preisvergleichen von Urbany, Dickson und Kalapurakal206
Economic Returns
sR2=0,03*** Search Costs sR2=0,01n.s.
Direct Measures
sR2=0,14*** sR2=0,01**
Human Capital
Price-Comparison Effort R2=0,45 [0]
Surrogates sR2=0,00n.s.
Psychosocial Returns
¨ Signifikanz: ***: p < 0,01; **: p < 0,05; n. s.: p ≥ 0,1; Ubereinstimmung mit dem Gesamtmodell: [0]: Unentschieden.
Die folgenden Ergebnisse sind hervorzuheben: • Am st¨arksten wirken sich direkte Indikatoren des Humankapitals und somit das Vorwissen der Konsumenten auf die Intensit¨ at von Preisvergleichen aus. Der Zusammenhang ist positiv, was die Autoren auf eine dauerhafte Tendenz zu Preisvergleichen und eine gr¨oßere Sucheffizienz“, verbunden mit schnell veraltenden Preisinformationen, ” zur¨ uckf¨ uhren.207 • In Abbildung 2.8 wird auf den Erkl¨ arungsbeitrag von f¨ unf Teilmengen der insgesamt 20 (teilweise nicht signifikanten) Indikatoren, die die Autoren verwenden, abgestellt. Auf der Basis aller Indikatoren erkl¨ art das Modell mit 45 Prozent einen mittleren Anteil der Varianz der Intensit¨ at von Preisvergleichen.
205
206 207
Bei dieser Statistik handelt es sich um den Beitrag einer Teilmenge der unabh¨ angigen Variablen zur Erkl¨ arung der Varianz der abh¨ angigen Variable. Vgl. bspw. Cohen, Jacob/Cohen, Patricia/West, Stephen G./Aiken, Leona S. (2003): Applied Multiple Regression/Correlation Analysis for the Behavioral Sciences, 3rd Edition, Mahwah, S. 167f.; Bortz, J¨ urgen (2005): Statistik f¨ ur Human- und Sozialwissenschaftler, 6., vollst. u ¨berarb. und aktualisierte Aufl., Heidelberg, S. 455. In Anlehnung an Urbany/Dickson/Kalapurakal (1996), S. 92-100. Vgl. a. a. O., S. 97-101. Vgl. auch Putrevu/Ratchford (1997), S. 464, 468, 477. Die Surrogates“ des ” Humankapitals, die keinen deutlichen Erkl¨ arungsbeitrag leisten, sind soziodemografische Merkmale.
2.3 Weitere Modelle
73
2.3 Weitere Modelle (unter besonderer Ber¨ ucksichtigung mikro¨ okonomischer Nichtnutzenmaximierungsmodelle) Zu Beginn des Kapitels wurde darauf hingewiesen, dass einzelne Ans¨atze zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens vorliegen, die sich nicht eindeutig in die dort vorgenommene Klassifikation der Modelle (siehe Seite 8) einordnen lassen. In den folgenden zwei Abschnitten wird auf solche Ausnahmen eingegangen; dabei handelt es sich um die Bounce” Regeln“ von Hey und das Aspiration-Satisficing-Modell“ von Butler und Loomes.208 Die” se mikro¨okonomischen Modelle unterstellen wie die Modelle der dritten Generation ein sequenzielles Suchverfahren bei unbekannter Preisverteilung, sie basieren jedoch nicht auf der Theorie der Nutzenmaximierung. Als weitere Ausnahmen, die nicht n¨ aher behandelt werden, sind insbesondere die folgenden Arbeiten zu nennen:209 • Conlisk stellt zwei mikro¨ okonomische Erkl¨ arungsans¨ atze vor, die wie das Hauptmodell der vorliegenden Untersuchung, das in Kapitel 4 entwickelt wird, anspruchsni¨ Conlisks greifen die Theorie des veautheoretisch fundiert sind.210 Die Uberlegungen Anspruchsniveaus allerdings nur ansatzweise auf und dienen nicht dazu, eine verhaltenswissenschaftlich basierte Erkl¨ arung des Suchverhaltens zu entwickeln und zu u ufen, sondern dazu, zu zeigen, dass sich Satisficing-Verhalten“ approximativ ¨berpr¨ ” als Nutzenmaximierung auffassen l¨ asst. Dies wird in Abschnitt 3.3 aufgegriffen. • Schunk entwickelt drei Modifikationen der mikro¨ okonomischen Modelle der zweiten Generation, indem er die Annahme des nutzenmaximierenden Verhaltens zugunsten verhaltens¨okonomischer Hypothesen lockert.211 Die erste Modifikation besteht darin, dass eine Form des Sunk-Cost-Effekts (siehe Seite 81) ber¨ ucksichtigt wird. Dieser Effekt f¨ uhrt dazu, dass die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche sinkt. Mit der zweiten Modifikation wird die aus der Prospect-Theorie (siehe Seite 101) bekannte Verlustaversion aufgenommen, indem Schunk ein Referenzpunktmodell“ zur Erkl¨arung des ” Preissuchverhaltens formuliert. Die Verlustaversion f¨ uhrt im Vergleich zu optimalem Verhalten zu einer Verk¨ urzung der Suche. Die dritte Modifikation kombiniert die ersten zwei, indem der Sunk-Cost-Effekt in das Referenzpunktmodell aufgenommen wird. Die Untersuchung Schunks dient allerdings nicht dazu, diese Modellvarianten im Detail zu entwickeln und zu u ufen, sondern dazu, zu testen, ob sich die Ver¨berpr¨ lustaversion auf das Suchverhalten auswirkt; diese Hypothese wird nicht verworfen. • Als m¨ogliche Ausnahmen aus der Marketingwissenschaft sind mehrere Untersuchungen anzuf¨ uhren, an denen Ratchford beteiligt ist.212 Diesen Arbeiten dienen mikro¨okonomische Nutzenmaximierungsmodelle als Grundlage, der Suchprozess an sich wird allerdings nicht untersucht. • Weiterhin sind als marketingwissenschaftliche Modelle das von Meyer, das von Zwick et al. sowie das von H¨ aubl, Dellaert und Donkers zu nennen.213 Diese Modelle sind 208 209
210 211 212
213
Vgl. Hey (1982) bzw. Butler/Loomes (1997). ¨ Hier wird nur auf mikro¨ okonomische und marketingwissenschaftliche Arbeiten eingegangen. Uber diese hinaus ist bspw. auf geografische Untersuchungen hinzuweisen; Zusammenfassungen finden sich bei Miller (1993), S. 175-180. Vgl. Conlisk (2003). Vgl. Schunk (2009). Vgl. auch Schunk/Winter (2009). Siehe auch S. 42. Vgl. Ratchford, Brian T. (1980): The Value of Information for Selected Appliances, in: Journal of Marketing Research, Vol. 17 No. 1, S. 14–25; Ratchford, Brian T./Srinivasan, Narasimhan (1993): An Empirical Investigation of Returns to Search, in: Marketing Science, Vol. 12 No. 1, S. 73–87; Moorthy/Ratchford/Talukdar (1997); Putrevu/Ratchford (1997). Vgl. Meyer, Robert J. (1982): A Descriptive Model of Consumer Information Search Behavior,
74
2 Vorliegende Modelle suchschrittbezogen und k¨ onnten somit ebenfalls als Ausnahmen aufgefasst werden. Sie beziehen sich allerdings auf die Suche nach heterogenen Produkten und thematisieren die Preissuche nur am Rande. Beispielsweise besteht eine zentrale Frage in Meyers Modells darin, wie sich die subjektive Wichtigkeit von Produktattributen w¨ahrend der Informationssuche ver¨ andert.
2.3.1 Die Bounce-Regeln von Hey Hey stellt einen Ansatz zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der sequenziellen Preissuche vor, den er auf induktivem Weg entwickelt hat: Auf der Basis von Beobachtungen des Suchverhaltens in einem Laborexperiment und von Protokollanalysen der Aussagen der Probanden ¨ (n = 31, gr¨oßtenteils Okonomen) zum Zustandekommen ihrer Suchentscheidungen hat er eine Reihe von Regeln identifiziert, die einen großen Teil des Suchverhaltens erkl¨aren.214 Die Regeln lauten wie folgt: • Die Preisbereitschaftsregel“: Stop searching if a price quote is received that is ,suf” ” ficiently‘ low“215 (diese Regel stimmt mit 41 Prozent des von Hey beobachteten Verhaltens u allen mehrere der Regeln in Betracht kommen). ¨berein, wobei in vielen F¨ • Die optimale Preisbereitschaftsregel“ als Unterfall der ersten Regel: Stop searching ” ” if a price quote is received that is less than the optimal (with respect to the true distribution) reservation value“ (25 Prozent). • Die One-Bounce-Regel“: Have at least 2 searches; stop if a price quote is received ” ” larger than the previous price“ (25 Prozent). • Die Two-Bounce-Regel“: Have at least 3 searches; stop if both the last quote and ” ” the next to the last are larger than the second to the last“ (18 Prozent). • Die modifizierte One-Bounce-Regel“: Have at least 2 searches; stop if a price quote ” ” is received larger than the previous quote less the search cost“ (30 Prozent). • Die modifizierte Two-Bounce-Regel“: Have at least 3 searches; stop if both the last ” ” quote exceeds the second to last less twice the search cost and the next to last exceeds the second to last less the search cost“ (20 Prozent). Dieser Ansatz stellt aufgrund seiner induktiven Herleitung eine realit¨atsnahe Abbildung des Suchverhaltens dar. Problematisch ist jedoch, dass er nicht auf einer theoretischen Grundlage basiert und daher aus Post-hoc-Erkl¨ arungen besteht. Somit bringt diese Vorgehensweise mit sich, dass eine große Anzahl von Regeln hergeleitet werden kann, um das Suchverhalten zu erkl¨ aren.216 Die Formulierung von Ursache-Wirkungszusammen-
214
215 216
in: Marketing Science, Vol. 1 No. 1, S. 93–121; Zwick et al. (2003), S. 515-517; H¨ aubl/Dellaert/ Donkers (2010). Vgl. Hey (1982). Vgl. auch Hey (1981a), S. 61-67; Hey, John D. (1987): Still Searching, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 8 No. 1, S. 137–144; Hey (1991), S. 98-104. Es liegen auch Ergebnisse vor, denen zufolge den Regeln nur eine geringe Erkl¨ arungsg¨ ute zukommt. Vgl. Butler/ Loomes (1997), S. 130-132; Houser, Daniel/Winter, Joachim (2004): How do Behavioral Assumptions Affect Structural Inference? Evidence from a Laboratory Experiment, in: Journal of Business and Economic Statistics, Vol. 22 No. 1, S. 64–79, hier: S. 74; Schunk/Winter (2009), S. 356. Dieses und die folgenden Zitate stammen aus Hey (1982), S. 72-74. Die Hervorhebungen beim letzten Zitat sind im Original enthalten. Weitere Regeln f¨ ur unterschiedliche Spezifikationen des Suchproblems finden sich bei Moon, Philip/Martin, Andrew (1990): Better Heuristics for Economic Search – Experimental and Simulation Evidence, in: Journal of Behavioral Decision Making, Vol. 3 No. 3, S. 175–193, hier: S. 179184; Martin, Andrew/Moon, Philip (1992): Purchasing Decisons, Partial Knowledge, and Economic Search, in: Journal of Behavioral Decision Making, Vol. 5 No. 4, S. 253–266, hier: S. 257-260; Houser/Winter (2004), S. 71f.; Schunk/Winter (2009), S. 352f. Vgl. auch Moon, Philip/Martin, An-
2.3 Weitere Modelle
75
h¨angen wird dadurch erschwert. Weiterhin ist unklar, wie die Preisbereitschaft bei der ersten Regel, die Hey zufolge am bedeutendsten ist, zustande kommt; dies gilt auch f¨ ur die zweite Regel, zumal die wahre Preisverteilung den Konsumenten nicht bekannt ist.217 Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Bounce-Regeln die M¨oglichkeit einer dynamischen Preisbereitschaft nicht einschließen, wiewohl Hey anf¨ uhrt, dass Indizien f¨ ur eine Steigerung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche vorliegen.218 2.3.2 Das Aspiration-Satisficing-Modell von Butler und Loomes Butler und Loomes verfolgen mit ihrem Beitrag ein Ziel, das dem der vorliegenden Untersuchung ¨ahnelt: Sie entwickeln ein Modell zur Erkl¨ arung der Intensit¨at der sequenziellen Preissuche, das auf der Theorie des Anspruchsniveaus basiert.219 Das Hauptkonstrukt des Modells ist das Anspruchsniveau an den Preis“, das mit der Preisbereitschaft ver” wandt ist und sich w¨ ahrend der Suche ver¨ andern kann. Die Autoren formulieren verschiedene Varianten zur Erkl¨ arung der Dynamik dieses Anspruchsniveaus, insbesondere Gleichung 2.29.220 p p ANtp = ANt−1 + γ pt − ANt−1
(2.29)
mit: ANtp : Anspruchsniveau an den Preis in Suchschritt t; 0 ≤ γ ≤ 1. Weitere zentrale Gr¨oßen sind die Grenzsuchkosten und der Geldbetrag, der den Konsumenten zur Verf¨ ugung steht (das Anfangsguthaben“; daraus m¨ ussen der Preis und die ” Suchkosten gezahlt werden). Diese Gr¨ oßen ber¨ ucksichtigen die Autoren in ihrem Modell, indem sie ein eigenst¨ andiges Anspruchsniveau an die Auszahlung“ ( Aspiration Level ” ” of Reward“) einbeziehen, das durch Gleichung 2.30 definiert ist. ANtrew := G0 − (t + 1)c − ANtp
(2.30)
mit: ANtrew : Anspruchsniveau an die Auszahlung in Suchschritt t; G0 : Anfangsguthaben. Die Preissuche wird dem Modell zufolge beendet, sobald Ungleichung 2.31 erf¨ ullt ist. ≥ ANtrew G0 − tc − pmin t
⇒ ANtp + c ≥ pmin t
(2.31)
mit: : Niedrigster in Suchschritt t bekannter Preis. pmin t Aus dieser Abbruchregel“ folgt, dass die Preisbereitschaft bei Butler und Loomes dem ” Anspruchsniveau an den Preis zuz¨ uglich den Grenzsuchkosten entspricht. Weiterhin folgt
217 218 219 220
drew (1996): The Search for Consistency in Economic Search, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 29 No. 2, S. 311–321. Vgl. auch Hey (1982), S. 75; Moon/Martin (1990), S. 177. Vgl. Hey (1982), S. 72. Vgl. auch Martin/Moon (1992), S. 259f. Vgl. Butler/Loomes (1997). Vgl. a. a. O., S. 134, 139 zu dieser Gleichung (mit leichter Umformung) und Varianten.
76
2 Vorliegende Modelle
aus der Abbruchregel, dass das Anfangsguthaben irrelevant ist, zumal es nach Umformung aus der Ungleichung entf¨ allt. Die Autoren vermuten allerdings, dass das Anfangsguthaben einen Einfluss auf das Anspruchsniveau an den Preis zu Beginn der Suche hat; weiterhin erw¨ahnen sie indirekte Quellen und Erfahrungen, die bei K¨aufen ¨ahnlicher Produkte gemacht wurden, als Einflussfaktoren des ersten Anspruchsniveaus.221 Auf der Basis experimentell erhobener Daten (n = 180 Universit¨atsangeh¨orige) kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass ihr Modell grunds¨atzlich zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens geeignet ist; sie nehmen jedoch keine gezielte Pr¨ ufung vor.222
2.4 Zwischenfazit: Identifikation einer Forschungsl¨ ucke und zusammenfassende Kritik der vorliegenden Modelle In Abschnitt 1.1 wurde die Hauptfrage der Untersuchung wie folgt formuliert: Bei wie vielen Anbietern suchen Konsumenten nach Preisen f¨ ur ein bestimmtes Produkt, bevor sie sich zum Kauf entschließen? Dieser Frage entsprechend besteht das Ziel der dargestellten Modelle darin, die Einflussfaktoren der Intensit¨ at der Preissuche zu bestimmen. Inwie¨ weit sie dieses Ziel erreichen, l¨ asst sich letztlich nur anhand ihrer Ubereinstimmung mit dem empirisch beobachteten Verhalten beurteilen. In dieser Hinsicht zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass Konsumenten bei der Kaufvorbereitung h¨aufig nur relativ wenige Informationen einholen (wobei sich relativ“ entweder auf die optimale Anzahl oder auf ” intuitive Vergleichsmaßst¨ abe bezieht), dass die Varianz der Suchintensit¨at jedoch groß 223 ist. Diese Varianz wird durch die vorliegenden Modelle nur teilweise erkl¨art, wie die empirischen Untersuchungen, deren Ergebnisse in den Abschnitten 2.1 bis 2.3 berichtet wurden, zeigen. Daf¨ ur, dass die Suchintensit¨ at durch die vorliegenden Modelle nur teilweise erkl¨art wird, kommen insbesondere die folgenden Ursachen in Betracht: • Denkbar ist, dass h¨ ohere erkl¨ arte Varianzanteile nicht erreicht werden k¨onnen, da das Preissuchverhalten der Konsumenten m¨ oglicherweise zum großen Teil zuf¨allig zustande kommt oder von Faktoren beeinflusst wird, die einer strukturellen theoretischen Behandlung nicht zug¨ anglich sind. So ist m¨ oglich, dass dem Kauf (und somit der Beendigung der Preissuche) oftmals kein Entscheidungsprozess vorangeht oder dass derart viele (und m¨ oglicherweise variierende) Faktoren auf das Preissuchverhalten einwirken, dass diese nicht in einem Strukturmodell erfasst werden k¨onnen.224 Demzufolge w¨aren zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens eher (voll-)stochastische Modelle, bei denen nicht versucht wird, die Vorg¨ ange im Insystem der Konsumenten zu rekonstruieren, anzuwenden als Strukturmodelle.225 221 222 223
224 225
Vgl. Butler/Loomes (1997), S. 133, 136. Vgl. a. a. O., S. 134-137. Vgl. Katona/Mueller (1954), S. 34, 45-48; Udell (1966), S. 52; Newman/Staelin (1972), S. 250, 256; Newman/Staelin (1973), S. 21; Newman (1977), S. 80; Olshavsky, Richard W./Granbois, Donald H. (1979): Consumer Decision Making – Fact or Fiction? in: Journal of Consumer Research, Vol. 6 No. 2, S. 93–100; Kiel/Layton (1981), S. 235; Duncan/Olshavsky (1982), S. 39; Kuß (1987), S. 28-30; Miller (1993), S. 173f.; Camerer, Colin F. (1995): Individual Decision Making, in: Kagel, John H./ Roth, Alvin E. (Hrsg.) (1995): The Handbook of Experimental Economics, Princeton, S. 587–703, hier: S. 670-672; Sonnemans, Joep (1998): Strategies of Search, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 35 No. 3, S. 309–332, hier: S. 310, 315, 318; Houser/Winter (2004), S. 65, 74; Schunk (2009), S. 1731; Schunk/Winter (2009), S. 355, 357; H¨ aubl/Dellaert/Donkers (2010), S. 450. Vgl. allgemein bspw. Olshavsky/Granbois (1979). Vgl. zu diesen Modellarten bspw. Topritzhofer (1974), S. 38-44; Lilien/Kotler/Moorthy (1992), S. 3156.
2.4 Zwischenfazit
77
• M¨oglich ist auch, dass der Aufbau vorliegender Modelle zwar grunds¨atzlich korrekt ist, dass in ihnen jedoch (jeweils) nicht ausreichend viele Einflussfaktoren des Suchverhaltens ber¨ ucksichtigt werden. Demzufolge w¨ aren zwar Strukturmodelle heranzuziehen, um das Preissuchverhalten zu erkl¨ aren; die Anzahl der erkl¨arenden Gr¨oßen w¨are jedoch zu erh¨ ohen. • Schließlich ist nicht auszuschließen, dass der Aufbau vorliegender Modelle dem Preissuchverhalten nicht entspricht. Demgem¨ aß w¨ aren eine andere grundlegende Theorie und Modellstruktur erforderlich, um dieses Verhalten zu erkl¨aren.226 Die Kernhypothese der vorliegenden Untersuchung besteht darin, dass die letztgenannte Ursache f¨ ur die Unvollst¨ andigkeit bisheriger Erkl¨ arungen verantwortlich ist. Somit wird im Folgenden nicht vom Versuch, eine strukturelle Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens zu finden, Abstand genommen; es wird jedoch auch nicht versucht, u ¨ber eine Erh¨ohung der Anzahl erkl¨arender Gr¨ oßen zu einer Steigerung der Erkl¨arungsg¨ ute zu gelangen. Stattdessen wird eine theoretische L¨ ucke identifiziert, die von vorliegenden Modellen nicht geschlossen wird. Identifikation einer Forschungsl¨ ucke In Tabelle 2.10 werden die haupts¨ achlich vorgeschlagenen Modelle hinsichtlich grundlegender Merkmale charakterisiert. Diese Tabelle fasst die Tabellen 2.1 und 2.2 vom Beginn des Kapitels zu den Arten vorliegender Modelle sowie die er¨orterten Erkenntnisse zusammen. Tabelle 2.10 zeigt beispielsweise, dass mikro¨ okonomische Modelle der ersten Generation zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens auf die Entscheidung der Konsumenten u ¨ber die ¨ Durchf¨ uhrung jedes einzelnen Suchschritts abstellen; dass empirische Uberpr¨ ufungen dieser Modelle jedoch lediglich das Suchergebnis betreffen (die Anzahl aufgesuchter Anbieter wird ex post analysiert); dass ihnen die Annahme zugrunde liegt, dass Konsumenten vor Beginn der Suche planen, wie viele Anbieter sie aufsuchen; dass diese Planung auf einer bekannten Preisverteilung basiert; dass diese Modelle die Preisbereitschaft nicht in die Erkl¨arung einbeziehen; und dass den Modellen die Theorie der Nutzenmaximierung zugrunde liegt. Die Kombinationen in Tabelle 2.10 verdeutlichen, dass unter die bislang haupts¨achlich vorgeschlagenen Modelle kein Ansatz f¨ allt, der die Preisbereitschaft einbezieht und der (demzufolge) sequenziell aufgebaut und suchschrittbezogen ist, der jedoch nicht auf der Theorie der Nutzenmaximierung, sondern auf einer verhaltenswissenschaftlichen Theorie basiert.227 Die in Abschnitt 2.3 behandelten Ausnahmen stellen Versuche dar, diese L¨ ucke zu f¨ ullen; sie wurden jedoch nur im Ansatz formuliert und nur rudiment¨ar u ¨berpr¨ uft. Die tiefergehende Pr¨ ufung eines Modells zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens, das die genannten Merkmale kombiniert, ist aufgrund der im Folgenden er¨orterten Vorund Nachteile der vorliegenden Kombinationen vielversprechend. Zusammenfassende Kritik der vorliegenden Modelle Die vorliegenden verhaltenswissenschaftlich fundierten Modelle, die aus der Marketingforschung stammen, sind suchergebnisbezogen und vernachl¨assigen daher den Einfluss von Informationen, die Konsumenten w¨ ahrend der Suche identifizieren. Dies ist proble226
227
In diesem Sinne ist auch das heuristisch-systematische Meta-Modell“ von Darke, Freedman und ” Chaiken zu deuten (siehe Abschnitt 2.2.5), da diesem Modell zufolge Ans¨ atze, die einen systematischen Prozess modellieren, nur unter bestimmten Umst¨ anden zur Erkl¨ arung geeignet sind, w¨ ahrend unter anderen Umst¨ anden Ans¨ atze, die einen heuristischen Prozess modellieren, erforderlich sind. Vgl. auch Zwick et al. (2003), S. 503; Homburg/Koschate (2005), S. 387.
Suchschritt
3.
Suchergebnis
Suchschritt
2.
Marketingwissenschaft
Suchschritt
1.
Mikro¨okonomik
Detaillierungsgrad der Modellierung
Ggf. Modellgeneration
¨ Okonomische Disziplin
Suchergebnis
Suchschritt
Suchschritt
Suchergebnis
Detaillierungsgrad empirischer Untersuchungen
Nicht modelliert
Sequenziell
Sequenziell
Nichtsequenziell
Suchverfahren
Nicht modelliert
Unbekannt
Bekannt
Bekannt
Preisverteilung (Informationsstand der Konsumenten)
Nicht modelliert
Dynamisch
Statisch oder dynamisch
Nicht modelliert
Preisbereitschaft
Tabelle 2.10: Die grundlegenden Merkmale vorliegender Modelle zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Preissuche
Verhaltenswissenschaftlich
Nutzenmaximierung
Nutzenmaximierung
Nutzenmaximierung
Zugrunde liegende Verhaltenstheorie
78 2 Vorliegende Modelle
2.4 Zwischenfazit
79
matisch, denn es ist zu vermuten, dass die meisten Konsumenten w¨ahrend der Suche entscheiden, ob sie einen weiteren Anbieter aufsuchen.228 Anders als die FSS-Modelle basieren die marketingwissenschaftlichen Modelle zwar nicht auf der Annahme, dass Konsumenten die Suchintensit¨ at vor Beginn der Suche festlegen. Da sie auf das Suchergebnis bezogen sind, spezifizieren diese Modelle den Suchprozess jedoch auch nicht auf andere Weise, da mit ihnen nicht thematisiert wird, welche Verhaltensregeln die Suche steuern (in dieser Hinsicht entsprechen sie empirischen Untersuchungen der FSS-Modelle). Dies leisten sequenzielle Modelle, die es somit auch erlauben, die Bedeutung von w¨ahrend der Suche identifizierten Informationen (bzw. Preisen) zu erfassen und die dem Preissuchverhalten in realen Einzelhandelsm¨ arkten vermutlich eher gerecht werden.229 ¨ Diese Uberlegungen verdeutlichen, dass sequenzielle Modelle zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens besonders geeignet sind. Da die meisten Konsumenten die Preisverteilung vermutlich nicht kennen, sind hierbei die mikro¨ okonomischen Modelle der dritten Generation als Stand der Forschung zu charakterisieren, wobei f¨ ur idealtypische“ Einzel” handelsm¨arkte und die kurze“ Suche (im Sinne von Abschnitt 1.3) Modelle mit Recall” 230 M¨oglichkeit maßgeblich sind. Die berichteten empirischen Ergebnisse zu den mikroatzen zeigen jedoch, dass das Suchverhalten der Konsumen¨okonomischen Erkl¨arungsans¨ ten bei dieser realistischen Konstellation dem optimalen Verhalten und somit der Theorie der Nutzenmaximierung besonders selten entspricht: Sufficient evidence has now been ” accumulated by ourselves and others to indicate that the [subjective expected utility theory]-based model of optimal search ist not a particularly good description of absolute behaviour, and that behaviour worsens when information lessens and when the facility of recall is introduced.“231 In Einklang mit dieser Beobachtung basieren die mikro¨ okonomischen Modelle auf einer Theorie, deren Eignung zur Erkl¨ arung des Konsumentenverhaltens h¨aufig infrage gestellt wird. Dies ist auf die große Kapazit¨ at zur Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen zur¨ uckzuf¨ uhren, die nutzenmaximierendes Verhalten erfordert; die mikro¨okonomischen Suchmodelle erfordern eine (mit der Generation ansteigende) Denkund Rechenleistung, die in der Realit¨ at kaum zu erbringen ist.232 Dar¨ uber hinaus lassen 228 229
230 231 232
Vgl. auch bspw. Ratchford/Srinivasan (1993), S. 74, 76. Vgl. auch B¨ uy¨ ukkurt, B. Kemal (1986): Integration of Serially Sampled Price Information: Modeling and Some Findings, in: Journal of Consumer Research, Vol. 13 No. 3, S. 357–373, hier: S. 363; Monroe (2003), S. 68, 71. Vgl. auch Kohn/Shavell (1974), S. 95; Karni/Schwartz (1977), S. 38; H¨ aubl/Dellaert/Donkers (2010), S. 439. Hey (1991), S. 110. Vgl. zur Basierung dieser Aussage die auch auf S. 56 zusammengefassten Ergebnisse bei Hey (1987) und Hey (1993). Vgl. bspw. Wilde (1980b), S. 151; Hey (1981a), S. 47f.; Hey (1981b), S. 95, 97; Hey (1982), S. 65; Hey (1991), S. 97; Miller (1993), S. 163, 170; Bikhchandani/Sharma (1996), S. 336; Moon/ Martin (1996), S. 312; Butler/Loomes (1997), S. 133, 137f.; Schunk/Winter (2009), S. 347, 352. Vgl. allgemein bspw. Sauermann, Heinz/Selten, Reinhard (1962): Anspruchsanpassungstheorie der Unternehmung, in: Zeitschrift f¨ ur die gesamte Staatswissenschaft, Jg. 118 Nr. 4, S. 577–597, hier: S. 578f.; Nystr¨ om (1970), S. 114-117; Kahneman, Daniel/Tversky, Amos (1979): Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk, in: Econometrica, Vol. 47 No. 2, S. 263–291, hier: S. 263-273; Simon, Herbert A. (1979): Rational Decision Making in Business Organizations, in: American Economic Review, Vol. 69 No. 4, S. 493–513, hier: S. 496-506; Thaler, Richard H. (1980): Toward a Positive Theory of Consumer Choice, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 1 No. 1, S. 39–60; Selten, Reinhard (1990): Bounded Rationality, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics (Zeitschrift f¨ ur die gesamte Staatswissenschaft), Vol. 146 No. 4, S. 649–658; Simon, Herbert A. (1997b): Models of Bounded Rationality, Volume 3: Empirically Grounded Economic Reason, Cambridge – London, S. 285-288; Gigerenzer, Gerd/Selten, Reinhard (Hrsg.) (2001): Bounded Rationality: The Adaptive Toolbox, Cambridge – London; G¨ uth, Werner (2010): Satisficing and (Un)bounded Rationality – A Formal Definition and its Experimental Validity, in: Journal of Economic Behavior and
80
2 Vorliegende Modelle
die folgenden empirisch fundierten Beobachtungen zu systematischen Abweichungen des menschlichen Urteils-, Bewertungs- und Entscheidungsverhaltens von normativen Maßst¨aben ( Biases“) Zweifel an der Hypothese aufkommen, dass sich das Preissuchverhalten ” als Nutzenmaximierung auffassen und somit anhand der sequenziellen mikro¨okonomischen Modellen erkl¨ aren l¨ asst:233 • Die Orientierung an relativen statt absoluten Werten: Entgegen der aus mikro¨okonomischen Modellen folgenden Hypothese, dass die Suchintensit¨at anhand des Vergleichs zwischen der absoluten H¨ ohe der Grenzsuchkosten und der absoluten H¨ohe der erwarteten Preisreduktion bestimmt wird (wobei dies in sequenziellen Modellen indirekt u ¨ber die Festlegung der Preisbereitschaft geschieht), orientiert sich das reale Preissuchverhalten oftmals an relativen Werten: Mehrere Untersuchungen zeigen, dass die Bereitschaft zum Aufsuchen eines weiteren Anbieters, bei dem ein gesuchtes Produkt (vermutlich oder mit Sicherheit) zu einem niedrigeren Preis erh¨altlich ist als beim aktuell aufgesuchten Anbieter, bei einem Produkt mit einem h¨oheren mittleren Preis schw¨ acher ausgepr¨ agt ist als bei einem Produkt mit einem niedrigeren mittleren Preis – bei identischer Preisdifferenz und identischen Suchkosten.234 Die Autoren der Untersuchungen vermuten, dass dies auf eine Tendenz der Konsumenten zur F¨ uhrung von mentalen Konten ( Mental Accounting“235 ) und eine konkave ” Bewertung von referenzpunktbezogenen Gewinnen bzw. konvexe Bewertung von Verlusten (in Einklang mit der Prospect-Theorie236 ) zur¨ uckzuf¨ uhren ist, also nicht auf eine Variante von nutzenmaximierendem Verhalten. • Die st¨ arkere Gewichtung von Verlusten als von Gewinnen ( Verlustaversion“): Die ” Prospect-Theorie weckt weitere Zweifel an der Eignung der Theorie der Nutzenmaximierung zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens, da ihr zufolge Gewinne und Verluste identischen Betrags nicht mit identischen Werten in Entscheidungen eingehen.237 So ist denkbar, dass die aufgrund von Suchaktivit¨ aten erwarteten Preisreduktionen als entgangene Gewinne, Suchkosten hingegen als vermeidbare Verluste aufgefasst werden. Der Wertfunktion der Prospect-Theorie zufolge w¨ urden erwartete Preisreduktionen bei dieser mentalen Kodierung weniger stark in die Entscheidung u ¨ber die Durchf¨ uhrung eines Suchschritts eingehen als Suchkosten; die Konsumenten w¨ urden weniger suchen als optimal. Ebenso ist denkbar, dass Suchkosten als entgangene Gewinne aufgefasst werden (zumal es sich zum großen Teil um Opportunit¨atskosten handelt) und erwartete Preisreduktionen als vermeidbare Verluste;238 bei dieser Kodierung w¨ urden die Konsumenten mehr suchen als optimal. Obwohl somit nicht klar ist, in welche Richtung die Abweichung vom nutzenmaximierenden Verhalten wirkt, lassen die zahlreichen empirischen Untersuchungen zur Prospect-Theorie239 vermu-
233 234
235 236 237 238 239
Organization, Vol. 73 No. 3, S. 308–316, hier: S. 308f. Vgl. zu diesen und weiteren Effekten auch bspw. Thaler (1991); Camerer (1995); Kahneman/ Tversky (2000); Camerer/Loewenstein/Rabin (2004). Vgl. Thaler (1980), S. 50f.; Tversky/Kahneman (1981), S. 457; Kahneman, Daniel/Tversky, Amos (1984): Choices, Values, and Frames, in: American Psychologist, Vol. 39 No. 4, S. 341–350, hier: S. 347f.; Grewal/Marmorstein (1994), S. 454-456; Thaler, Richard H. (1999): Mental Accounting Matters, in: Journal of Behavioral Decision Making, Vol. 12 No. 3, S. 183–206, hier: S. 186. Weitergehende Erkenntnisse finden sich bei Saini/Rao/Monga (2010). Vgl. Thaler, Richard H. (1985): Mental Accounting and Consumer Choice, in: Marketing Science, Vol. 4 No. 3, S. 199–214; Thaler (1999). Vgl. Kahneman/Tversky (1979); Tversky/Kahneman (1981). Auf diese Theorie wird auf S. 101 n¨ aher eingegangen. Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 277-280. Vgl. auch Thaler (1980), S. 44. Vgl. bspw. den Sammelband Kahneman/Tversky (2000).
2.4 Zwischenfazit
81
ten, dass es eine Abweichung gibt. • Die Beeinflussung durch versunkene Kosten ( Sunk-Cost-Effekt“): Die grundlegende ” Hypothese der sequenziellen Modelle besteht darin, dass die Suchintensit¨at (indirekt) anhand einer Abw¨ agung zwischen den Kosten und dem Nutzen eines Suchschritts bestimmt wird, dass das Preissuchverhalten mithin nur von marginalen Gr¨oßen beeinflusst wird. Im Unterschied dazu legen empirische Beobachtungen den Schluss nahe, dass Entscheidungen auch von unwiederbringlichen und somit versunkenen Kosten beeinflusst werden, obwohl diese Kosten f¨ ur einen nutzenmaximierenden Akteur entscheidungsirrelevant sind.240 Dieser Effekt kann zu einer u ¨ber der optimalen liegenden Suchintensit¨at f¨ uhren, wenn Konsumenten ihre Preisbereitschaft im Lauf der Suche senken, beispielsweise um die versunkenen Kosten bisheriger Suchschritte durch einen niedrigeren Preis auszugleichen.241 Er kann zu einer unter der optimalen liegenden Suchintensit¨at f¨ uhren, wenn Konsumenten ihre Preisbereitschaft steigern, beispielsweise um ein Ansteigen der Summe der Suchkosten zu vermeiden.242 ¨ • Die Vernachl¨ assigung oder Uberbetonung von Basisraten bei der Einsch¨ atzung von bedingten Wahrscheinlichkeiten: Die mikro¨ okonomischen Modelle der dritten Generation erfordern, dass Konsumenten Priori-Wahrscheinlichkeiten (bzw. Basisraten“) ” und Likelihoods so integrieren, wie es das Theorem von Bayes zu bedingten Wahrscheinlichkeiten vorschreibt. In Bezug auf die Preissuche ist es somit erforderlich, Informationen aus fr¨ uheren Suchschritten sowie sonstige Kenntnisse der Preisverteilung und den im Rahmen eines Suchschritts identifizierten Preis statistisch korrekt miteinander zu verbinden. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass Basisraten h¨aufig vernachl¨assigt und neue Informationen in vielen F¨allen zu stark ber¨ ucksichtigt werden ( Base-Rate-Neglect“).243 In anderen F¨ allen werden neue Information nur ” unzureichend ber¨ ucksichtigt und passen sich Wahrscheinlichkeitsurteile nur langsam an neue Informationen an ( Conservatism“).244 Das reale Verhalten entspricht den ” Empfehlungen des Theorems von Bayes somit oftmals nicht und es ist zu vermuten, dass dies auch f¨ ur das Preissuchverhalten gilt. • Die Ausrichtung der Preisbereitschaft an Ankern: Aus der Theorie der Nutzenmaximierung folgt, dass die Preisbereitschaft das Resultat einer Optimierung ist, bei der alternative Verwendungsm¨ oglichkeiten der Ressourcen der Konsumenten auf rationale Art gegeneinander abgewogen werden. Im Gegensatz dazu lassen empirische Untersuchungen vermuten, dass die Preisbereitschaft von Gr¨oßen beeinflusst wird, 240
241 242 243
244
Vgl. Thaler (1980), S. 47-50; Arkes, Hal R./Blumer, Catherine (1985): The Psychology of Sunk Cost, in: Organizational Behavior and Human Decision Processes, Vol. 35 No. 1, S. 124–140; Thaler (1999), S. 190f. Vgl. Schunk (2009), S. 1721f. Den auf S. 39 skizzierten Ergebnissen von Kogut (1990) zufolge kommt es eher zu einer Verk¨ urzung der Suche. Vgl. bspw. Kahneman/Tversky (1973), S. 237-243; Tversky, Amos/Kahneman, Daniel (1974): Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases, in: Science, Vol. 185 No. 4157, S. 1124–1131, hier: S. 1124f.; Bar-Hillel, Maya (1980): The Base-Rate Fallacy in Probability Judgments, in: Acta Psychologica, Vol. 44 No. 3, S. 211–233; Gigerenzer, Gerd/Hell, Wolfgang/Blank, Hartmut (1988): Presentation and Content: The Use of Base Rates as a Continuous Variable, in: Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, Vol. 14 No. 3, S. 513–525; Gigerenzer, Gerd/Hoffrage, Ulrich (1995): How to Improve Bayesian Reasoning without Instruction: Frequency Formats, in: Psychological Review, Vol. 102 No. 4, S. 684–704, wobei die Arbeiten, an denen Gigerenzer beteiligt ist, auch Zweifel an der Vernachl¨ assigung von Basisraten wecken. Vgl. bspw. Phillips, Lawrence D./Edwards, Ward (1966): Conservatism in a Simple Probability Inference Task, in: Journal of Experimental Psychology, Vol. 72 No. 3, S. 346–354; Edwards, Ward (1968): Conservatism in Human Information Processing, in: Kleinmuntz, Benjamin (Hrsg.) (1968): Formal Representation of Human Judgment, New York, S. 17–52; Tversky/Kahneman (1974), S. 1125.
82
2 Vorliegende Modelle die f¨ ur einen rationalen Konsumenten irrelevant sind. In diesem Sinne zeigen Ariely, Loewenstein und Prelec, dass die Preisbereitschaft von willk¨ urlich gesetzten Ankern abh¨angt, auch wenn das der Ankersetzung nachfolgende Abw¨agungsverhalten mit der Theorie der Nutzenmaximierung u ¨bereinstimmt.245 Diese Coherent Arbitrariness“ ” (die auf der Anchoring-and-Adjustment-Heuristik“246 basiert) stellt eine Erkl¨arung ” daf¨ ur dar, dass komparative Tests von Modellen, die auf der Theorie der Nutzenmaximierung basieren, h¨ aufig zutreffen, auch wenn das Verhalten im absoluten Sinne nicht mit dieser Theorie u ¨bereinstimmt.
Diese Beobachtungen betreffen die Suchkosten, den Suchnutzen, Wahrscheinlichkeitsurteile und die Preisbereitschaft – sie stellen somit alle wesentlichen Elemente der mikroogliche Begr¨ undungen f¨ ur die empirische ¨okonomischen Suchmodelle infrage und sind m¨ Beobachtung, dass das Preissuchverhalten nur ansatzweise anhand der Theorie der Nutzenmaximierung erkl¨ art werden kann. Einw¨anden gegen die Verwendung der Theorie der Nutzenmaximierung zur Erkl¨arung des Konsumentenverhaltens wie den oben genannten wird eine Reihe von Argumenten entgegengehalten, wobei haupts¨ achlich die folgenden zu nennen sind:247 • Dem Als-ob-Argument“ zufolge nehmen Konsumenten die n¨otigen Rechenoperatio” nen zwar nicht vor, ihr Verhalten l¨ asst sich jedoch so erkl¨aren, als ob sie dies tun w¨ urden; die Theorie der Nutzenmaximierung ist demnach eine Approximation, die nicht dazu dient, die Vorg¨ ange im Insystem offenzulegen, sondern dazu, das Ergebnis dieser Vorg¨ange widerzuspiegeln.248 Dieses Argument betont, dass der Erkenntniswert der Theorie der Nutzenmaximierung darin besteht, Verhalten prognostizieren zu k¨onnen, obwohl auf ihr basierende Erkl¨ arungen als Metapher aufzufassen sind. Das Argument befreit die Theorie jedoch nicht vom Erfordernis der Falsifizierbarkeit.249 Die berichteten empirischen Untersuchungen legen nahe, dass sich das Preissuchverhalten auch dann nicht als Nutzenmaximierung auffassen l¨ asst, wenn dieser lediglich der Status einer Als-ob-Erkl¨ arung zuerkannt wird.250 ¨ • Das Uberlebensargument“ besagt, dass sich aufgrund der nat¨ urlichen (wirtschaftli” chen) Auslese langfristig das Verhalten durchsetzt, das optimal ist.251 Nutzenmaximierendes Verhalten stellt demnach den Gleichgewichtszustand dar, w¨ahrend anderes 245
246 247
248
249 250
251
Vgl. Ariely/Loewenstein/Prelec (2003). Vgl. auch Nunes, Joseph C./Boatwright, Peter (2004): Incidental Prices and Their Effect on Willingness to Pay, in: Journal of Marketing Research, Vol. 41 No. 4, S. 457–466; Ariely/Loewenstein/Prelec (2006). Vgl. Tversky/Kahneman (1974), S. 1128f. Vgl. zu diesen und weiteren Argumenten sowie zu weiteren Originalquellenangaben auch M¨ ullerHagedorn, Lothar (1983a): Marketing ohne verhaltenswissenschaftliche Fundierung? in: Marketing – Zeitschrift f¨ ur Forschung und Praxis, Jg. 5 Nr. 3, S. 205–211; Simon, Herbert A. (1984): On the Behavioral and Rational Foundations of Economic Dynamics, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 5 No. 1, S. 35–55, hier: S. 52; Conlisk, John (1996): Why Bounded Rationality? in: Journal of Economic Literature, Vol. 34 No. 2, S. 669–700. Vgl. Friedman, Milton/Savage, Leonard J. (1948): The Utility Analysis of Choices Involving Risk, in: Journal of Political Economy, Vol. 56 No. 4, S. 279–304, hier: S. 297f.; Friedman, Milton (1953): Essays in Positive Economics, Chicago, S. 16-23. Vgl. auch Friedman/Savage (1948), S. 298; Friedman (1953), S. 22f.; Hey (1981a), S. 61. Dies gilt, obwohl einige aus dieser Theorie abgeleitete Hypothesen nicht verworfen wurden; siehe Abschnitt 2.1.1.3, 2.1.2.3 und 2.1.3.3. Vgl. zum Als-ob-Argument auch bspw. Starbuck, William H. (1963a): Level of Aspiration, in: Psychological Review, Vol. 70 No. 1, S. 51–60, hier: S. 53; Simon (1979), S. 494f., 507; Thaler (1980), S. 57-59; Gilboa, Itzhak/Schmeidler, David (1995): CaseBased Decision Theory, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 110 No. 3, S. 605–639, hier: S. 626f.; Conlisk (1996), S. 683; Simon (1997b), S. 293, 329-331; Rubinstein, Ariel (1998): Modeling Bounded Rationality, Cambridge – London, S. 2, 10-12. Vgl. Friedman (1953), S. 22.
2.4 Zwischenfazit
83
Verhalten als vor¨ ubergehende Abweichung anzusehen ist. Die Theorie der Nutzenmaximierung sollte somit zur Erkl¨ arung des Verhaltens herangezogen werden, denn nur diese verspricht dauerhafte Erkenntnisse. Dem ist entgegenzuhalten, dass Ausleseund Lernprozesse nicht zu nutzenmaximierenden, sondern h¨ochstens zu nutzensteigernden Verhaltensweisen veranlassen: All we can conclude from natural selection is ” that the fitter will survive in competition with the less fit. There is no theorem that proves that the process will converge, in historical time, to limit survival to the absolutely fittest – those who have found the objective optimum.“252 Dementsprechend lassen auch die empirischen Untersuchungen zum Preissuchverhalten nicht vermuten, dass dieses Verhalten zunehmend nutzenmaximierend wird.253 • Das Entscheidungskostenargument“ besagt, dass empirisch beobachtete Abweichun” gen zwischen rationalem und tats¨ achlichem Verhalten darauf zur¨ uckzuf¨ uhren sind, dass Optimierungen (insbesondere kognitive) Kosten mit sich bringen – w¨ urde man diese in Form einer Meta-Optimierung ber¨ ucksichtigen, ließe sich das Verhalten als rational erkl¨aren. Dieser Vermutung steht das theoretische Problem des infiniten Re” gresses“ entgegen, zumal eine Meta-Optimierung auch eine Meta-Meta-Optimierung erfordern w¨ urde etc., wodurch letztlich eine unendlich lange Entscheidungszeit erforderlich w¨are. Es ist unwahrscheinlich, dass das Entscheidungsverhalten als L¨osung dieses Problems aufgefasst werden kann.254 • Dem Disziplinierungsargument“ zufolge stellt die Theorie der Nutzenmaximierung ” ¨ die wissenschaftliche Grundlage der Okonomik dar – ohne diese stringente Theorie k¨onnte jedes Verhalten mit Ad-hoc-Hypothesen erkl¨ art werden, da sie nicht zwingend aus logisch-mathematischen Erw¨ agungen folgen m¨ ussten. Dieses Argument betont, dass Hypothesen aus systematischen Verhaltenstheorien hergeleitet werden sollten; dabei muss es sich jedoch nicht um die Theorie der Nutzenmaximierung handeln.255 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass zu den genannten Argumenten theoretische und empirische Gegenargumente vorliegen. Sie lassen sich daher nicht heranziehen, um Alternativen zur Theorie der Nutzenmaximierung per se auszuschließen. ¨ In Tabelle 2.11 werden die Uberlegungen zu den Vor- und Nachteilen vorliegender Modelle zusammengefasst. Die Kombinationen lassen es w¨ unschenswert erscheinen, ein Modell zu entwickeln, das die Preisbereitschaft einbezieht (und somit sequenziell aufgebaut ist) und gleichzeitig verhaltenswissenschaftlich fundiert ist.
252
253
254
255
Simon, Herbert A. (1978): On How to Decide What to do, in: Bell Journal of Economics, Vol. 9 No. 2, S. 494–507, hier: S. 504f. Vgl. auch Selten (1990), S. 650f.; Conlisk (1996), S. 683f.; Simon (1997b), S. 333; Selten, Reinhard (2001): What is Bounded Rationality? in: Gigerenzer/Selten (2001), S. 13–36, hier: S. 16. Slonim zeigt zwar experimentell, dass der Anteil optimaler Suchentscheidungen mit der Erfahrung der Probanden zunimmt; dennoch verwirft er die Hypothese, dass sich das Suchverhalten insgesamt als Optimierung erkl¨ aren l¨ asst. Vgl. Slonim, Robert (1994): Learning in a Search-for-the-BestAlternative Experiment, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 25 No. 2, S. 141– 165, hier: S. 154-158. Vgl. auch Lant, Theresa K. (1992): Aspiration Level Adaptation: An Empirical Exploration, in: Management Science, Vol. 38 No. 5, S. 623–644, hier: S. 642; Eriksson, Kimmo/ Strimling, Pontus (2010): The Devil is in the Details: Incorrect Intuitions in Optimal Search, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 75 No. 2, S. 338–347, hier: S. 346f. Vgl. Radner, Roy (1975): Satisficing, in: Journal of Mathematical Economics, Vol. 2 No. 2, S. 253– 262, hier: S. 254; Simon (1978), S. 506; Selten (1990), S. 650; Conlisk (1996), S. 682, 686-688; Rubinstein (1998), S. 22f.; Gigerenzer, Gerd/Selten, Reinhard (2001): Rethinking Rationality, in: Gigerenzer/Selten (2001), S. 1–12, hier: S. 5; Klein, Gary (2001): The Fiction of Optimization, in: Gigerenzer/ Selten (2001), S. 103–121, hier: S. 107, 111f., 118; Selten (2001), S. 15, 17. Vgl. Conlisk (1996), S. 685.
84
2 Vorliegende Modelle
Tabelle 2.11: Die grundlegenden Vor- und Nachteile vorliegender Modelle zur Erkl¨ arung der Intensit¨ at der Preissuche
Mikro¨okonomische Modelle der zweiten und dritten Generation
Marketingwissenschaftliche Modelle
Einbeziehung der Preisbereitschaft und Modellierung sequenziellen Entscheidungsverhaltens
+
−
Ber¨ ucksichtigung nichtnutzenmaximierenden Verhaltens
−
+
M¨ oglichkeiten zur Entwicklung eines sequenziellen und nicht auf der Theorie der Nutzenmaximierung basierenden Modells Das Ziel, nichtnutzenmaximierendes Verhalten in einem ¨okonomischen Suchmodell zu ber¨ ucksichtigen, l¨asst sich auf drei Arten erreichen: • Erstens ist es m¨oglich, optimales Verhalten als Ausgangspunkt der Erkl¨arung zu verwenden, jedoch systematische Abweichungen im Modell zu erfassen. So k¨onnen Biases wie beispielsweise die Verlustaversion, der Sunk-Cost-Effekt und der BaseRate-Neglect in die mikro¨ okonomischen Suchmodelle einbezogen werden, indem entsprechende Nutzenfunktionen formuliert werden.256 Diese M¨oglichkeit, die als neoklassische Reparatur“ bezeichnet werden kann257 und ” auf eine deskriptiv korrigierte Nutzenmaximierung“ hinausl¨auft, stellt eine wesent” liche Vorgehensweise der verhaltens¨ okonomischen Forschung dar.258 Obwohl sie zu einer Ann¨aherung an die Realit¨ at f¨ uhrt, ist sie auch problembehaftet: – Viele der beobachteten Abweichungen vom normativen Maßstab k¨onnen in mehreren Richtungen wirken; so kann bei den meisten oben genannten Biases keine eindeutige Aussage dazu getroffen werden, ob sie die Suchintensit¨at reduzieren oder erh¨ohen. Die meisten Biases beinhalten somit keinen Hinweis darauf, welche Richtungshypothese aus ihnen abzuleiten ist. In gleicher Weise ist ex ante unklar, welche Biases in den Situationen, die ein Modell erkl¨aren soll, relevant sind.259 Die Hypothesenbildung muss somit zum großen Teil nach der Erhebung empirischer Daten erfolgen bzw. durch eine explorative Vorgehensweise ersetzt werden. Im Nachhinein l¨asst sich jedoch jede beobachtete Abweichung vom nutzenmaximierenden Verhalten durch einen passend formulierten Bias erkl¨aren.260 Dem oben genannten Disziplinierungsargument entsprechend fehlt es somit an einer Theoriegrundlage, die verhindert, dass ein systematischer Forschungsprozess, bei dem die Hypothesenbildung vor der Datenerhebung erfolgt, durch Post-hoc-Erkl¨arungen ersetzt wird. – Die Biases lassen vermuten, dass das Verhalten ¨okonomischer Akteure in vielen 256 257 258 259 260
Vgl. bspw. Schunk (2009), S. 1721-1725; H¨ aubl/Dellaert/Donkers (2010), S. 439-443. Siehe zu diesen Untersuchungen auch Abschnitt 2.3. Vgl. G¨ uth (2010), S. 309. Vgl. bspw. Thaler (1991); Kahneman/Tversky (2000); Camerer/Loewenstein/Rabin (2004). Vgl. auch Simon (1984), S. 52. Vgl. auch Gigerenzer, Gerd (2000): Adaptive Thinking: Rationality in the Real World, Oxford – New York, S. 260f.; G¨ uth (2010), S. 309.
2.4 Zwischenfazit
85
F¨allen nicht nutzenmaximierend ist. Die Korrektur der Nutzenmaximierung durch Biases l¨asst ihre Grundlage jedoch unangetastet – letztlich liegt auch dieser Vorgehensweise das Bild des optimierenden Akteurs und somit ein normativer Maßstab zugrunde, wiewohl zugelassen wird, dass die Akteure systematische Fehler“ be” urde ein um Biases korrigiertes Modell auf der gehen.261 Mit anderen Worten w¨ Theorie der Nutzenmaximierung basieren, w¨ ahrend die Biases gleichzeitig gegen diese Theorie sprechen. Ein korrigiertes Modell w¨ are daher eher ein Explanandum als ein Explanans.262 • Zweitens kann versucht werden, ohne R¨ uckgriff auf eine theoretische Grundlage Regeln zu formulieren, die das beobachtete Verhalten erkl¨aren und die Konsumenten tats¨achlich anwenden, um Entscheidungen zu treffen.263 Diese Vorgehensweise erlaubt eine große N¨ahe zum realen Entscheidungsverhalten, da bei ihr keine grundlegende und abstrakte Theorie als Quelle der Hypothesenbildung dient. Somit gilt jedoch auch in diesem Fall der mit dem Disziplinierungsargument kongruente Einwand, dass es zu unsystematischen Post-hoc-Erkl¨ arungen kommen kann, die keine strukturellen Aussagen zu Ursache-Wirkungszusammenh¨ angen zulassen. • W¨ahrend die erste Vorgehensweise darin besteht, die Theorie der Nutzenmaximierung als Grundlage zu verwenden und zu korrigieren, basiert die zweite Vorgehensweise darauf, auf eine theoretische Grundlage zu verzichten. Die dritte M¨oglichkeit zur Ber¨ ucksichtigung nichtnutzenmaximierenden Verhaltens liegt zwischen diesen beiden Wegen, indem bei der Modellformulierung eine andere Grundlage als die Theorie der Nutzenmaximierung verwendet wird. Dabei kommen insbesondere psychologische Theorien in Betracht.264 Jeder der drei Vorgehensweisen weist Vorz¨ uge auf. Da die erste M¨oglichkeit teilweise und die zweite vollst¨andig induktiv ist, k¨ onnen diese Vorgehensweisen insbesondere bei der Theoriegenerierung zum Einsatz kommen. Das in der vorliegenden Untersuchung verfolgte Ziel, die Theorie der Nutzenmaximierung als Modellgrundlage durch eine verhaltenswissenschaftliche Theorie zu ersetzen, erfordert jedoch die (deduktive) dritte Vorgehensweise. An eine verhaltenswissenschaftliche Theorie, die als Basis f¨ ur ein die Preisbereitschaft einbeziehendes Suchmodell dienen soll, sind eine Muss-, eine Soll- und eine Kann-Anforderung zu stellen: • Sie muss auf sequenzielles Suchverhalten anwendbar und somit suchprozess- und nicht nur suchergebnisbezogen sein. Sie muss demnach eine Konstruktstruktur aufweisen, die es erlaubt, die Preisbereitschaft einzubeziehen. • Sie soll Erkl¨arungen f¨ ur vorliegende empirische Beobachtungen zum Preissuchverhalten bereitstellen. Dabei ist insbesondere die oftmals geringe bzw. unter der optimalen liegende Suchintensit¨ at zu ber¨ ucksichtigen und somit sind beispielsweise die folgenden, den Tabellen 2.6 und 2.8 entnommenen (sich u ¨berschneidenden) Beobachtungen zu nennen: – Die Preisbereitschaft weist h¨ aufig nicht die optimale H¨ohe auf. – Die Preisbereitschaft kann w¨ ahrend der Suche steigen, auch wenn ein Recall m¨og261 262 263 264
Vgl. Gigerenzer (2000), S. 166f., 259-261; Gigerenzer/Selten (2001), S. 5f.; Klein (2001), S. 114f. Vgl. G¨ uth (2010), S. 309. Vgl. bspw. Hey (1981a), S. 61-67 sowie die auch in Abschnitt 2.3.1 behandelte Untersuchung Hey (1982). Vgl. bspw. die auch in Abschnitt 2.3.2 behandelte Untersuchung Butler/Loomes (1997) sowie die in Abschnitt 2.2 dargestellten marketingwissenschaftlichen Arbeiten.
86
2 Vorliegende Modelle lich ist. – Die Nichtvernachl¨ assigung versunkener Suchkosten kann zu einer Verk¨ urzung der Suche f¨ uhren.
• Weiterhin ist es von Vorteil, wenn die Theorie mit empirisch beobachteten Biases, von denen vermutet werden kann, dass sie auf das Suchverhalten zutreffen, in Einklang steht. Dabei sollte die Theorie jedoch aus den oben genannten Gr¨ unden nicht aus Biases bestehen. Diese Anforderungen erf¨ ullt die Theorie des Anspruchsniveaus, die im folgenden Kapitel 3 dargestellt und auf deren Basis in Kapitel 4 ein sequenzielles Suchmodell entwickelt wird.
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus Die Theorie des Anspruchsniveaus dient in erster Linie zur Erkl¨arung des individuellen Leistungsverhaltens. Sie postuliert, dass die subjektive Beurteilung einer Leistung davon abh¨angt, in welchem Verh¨ altnis die Leistung zum Anspruchsniveau an die Leistung steht. Das Anspruchsniveau ist demnach ein Referenzpunkt, anhand dessen eine Leistung beurteilt wird. Die Beurteilung einer Leistung wiederum ist ein Einflussfaktor der Entscheidung, eine Handlung fortzuf¨ uhren oder abzubrechen.265 Der Theorie des Anspruchsniveaus und Ans¨ atzen, die auf ihr aufbauen, kommt insbesondere in der psychologischen Motivationsforschung Bedeutung zu.266 Sauermann und Selten merken jedoch an, dass sie u ¨berall Verwendung finden kann, wo ein auf Leistung ” gerichtetes Verhalten untersucht wird, also insbesondere auch in der ¨okonomischen Theorie.“267 Passend zu dieser Aussage liegen Untersuchungen vor, mit denen gepr¨ uft wird, welchen Beitrag die Theorie des Anspruchsniveaus zur Erkl¨arung wirtschaftlichen Verhaltens leistet. Diese Untersuchungen beziehen sich gr¨ oßtenteils auf das Verhalten in und von Organisationen im Allgemeinen und Unternehmen im Speziellen, w¨ahrend Aspekte des Konsumentenverhaltens eher selten und ansatzweise auf der Basis der Theorie ¨ des Anspruchsniveaus erkl¨ art werden (Tabelle 3.1 gibt eine Ubersicht u ¨ber ausgew¨ahlte Arbeiten). Daraus ist allerdings nicht zu folgern, dass die Theorie eher zur Erkl¨arung des Verhaltens in administrativen Umgebungen geeignet ist als zur Erkl¨arung des Verhaltens als Konsument – vermutlich gilt eher das Gegenteil.268 Nicht zuletzt aufgrund dieser Diskrepanz zwischen ihrer potenziellen Eignung und ihrem bisherigen Anwendungsschwerpunkt ist es vielversprechend, den Beitrag der Theorie des Anspruchsniveaus zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens als Teil des Konsumentenverhaltens zu pr¨ ufen. Aufgrund der bisherigen u ¨berwiegenden Fokussierung auf die Organisationsforschung ist unklar, welche Elemente der Theorie des Anspruchsniveaus f¨ ur das Konsumentenverhalten im Allgemeinen und das Preissuchverhalten im Speziellen relevant sind. Daher werden im folgenden Abschnitt 3.1 die Grundlagen der Theorie er¨ortert, wobei haupts¨achlich auf die psychologischen Arbeiten eingegangen wird, in denen die Theorie entwickelt wurde. In Abschnitt 3.2 wird das auf diesen Arbeiten aufbauende (und ebenfalls psychologische) Attainment-Discrepancy-Modell“ von Lewin et al.269 dargestellt. Mit diesem ” ¨ Modell formalisieren Lewin et al. vorhergehende Uberlegungen auf eine Art, die in Kapitel 4 auf das Preissuchverhalten u ¨bertragen wird. In Abschnitt 3.3 wird das Satisficing¨” Modell“ von Simon270 , das den fr¨ uhesten und pominentesten Versuch einer Ubertragung der Theorie des Anspruchsniveaus auf ¨ okonomische Themen darstellt, behandelt. Dabei 265
266 267 268 269 270
Grundlegende Quellen zur Theorie des Anspruchsniveaus sind insb. Hoppe, Ferdinand (1930): Erfolg und Misserfolg (Diss. Friedrich-Wilhelms-Universit¨ at zu Berlin), Berlin; Dembo, Tamara (1931): ¨ Der Arger als dynamisches Problem (Diss. Friedrich-Wilhelms-Universit¨ at zu Berlin), Berlin; Jucknat, Margarete (1937): Leistung, Anspruchsniveau und Selbstbewusstsein (Diss. Friedrich-WilhelmsUniversit¨ at zu Berlin), Berlin; Lewin et al. (1944). Vgl. bspw. Heckhausen, Jutta/Heckhausen, Heinz (2006): Motivation und Handeln, 3. Aufl., Heidelberg, S. 128f., 164-168, 408-428. Sauermann/Selten (1962), S. 577. Vgl. a. a. O., S. 578; Gilboa, Itzhak/Schmeidler, David (2001): Reaction to Price Changes and Aspiration Level Adjustments, in: Review of Economic Design, Vol. 6 No. 2, S. 215–223, hier: S. 222. Vgl. Lewin et al. (1944). Vgl. Simon (1955).
S. van Baal, Das Preissuchverhalten der Konsumenten, DOI 10.1007/978-3-8349-7041-1_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
Tabelle 3.1: Ausgew¨ ahlte Arbeiten zur Anwendung der Theorie des Anspruchsniveaus auf okonomische Untersuchungsgegenst¨ ande ¨
Arbeiten zum Verhalten in und von Organisationen bzw. Unternehmen (bei einigen Arbeiten ergibt sich der haupts¨ achliche Anwendungsbezug aus angef¨ uhrten Beispielen) Simon (1955); Sauermann/Selten (1962); Starbuck (1963b), S. 129-135; Bruggemann (1974); Radner (1975); Heinen (1976), S. 82-85, 239-249; Payne/Laughhunn/Crum (1980); Payne/ Laughhunn/Crum (1981); Puto (1987), wobei Puto wie einige andere Autoren zum großen Teil mit der Prospect-Theorie argumentiert – siehe hierzu Abschnitt 3.4; Mezias (1988); Glynn/ Lant/Mezias (1991); Cyert/March (1992), S. 30-50, 162f.; Lant (1992); March/Simon (1993), S. 158-163, 226f.; Simon (1997a), S. 118-120; Greve (1998); Selten (1998); Murphy/Mezias/ Chen (2001); Mezias/Chen/Murphy (2002); Greve (2003); MacLeod/Pingle (2005); Diecidue/ Van de Ven (2008); Greve (2008); G¨ uth (2010). Arbeiten zum Konsumentenverhalten Becker (1967), S. 162-171; Kuhlmann (1970), S. 157-165; Schm¨olders/Biervert (1972); ¨ Olander (1975); Kuhlmann (1978), S. 32-47; Kapteyn/Wansbeek/Buyze (1979); West/ Broniarczyk (1998); Gilboa/Schmeidler (2001) (vgl. auch Gilboa/Schmeidler (1995)); Schwartz et al. (2002), S. 1185-1187; Novemsky/Dhar (2005); Chowdhury/Ratneshwar/ Mohanty (2009). Arbeiten zu weiteren Themen • Siegel/Fouraker (1960), S. 61-98; Tietz/Weber (1972); Weber (1976); Tietz (1978); Tietz (1983); Tietz (1997), S. 354-361: Verhalten bei Verhandlungen; • Holt (1970), S. 56-74; Iyengar/Wells/Schwartz (2006): Lohnsuchverhalten; • Tietz (1972); Tietz (1997), S. 351-354: Makro¨okonomische Prozesse; • Easterlin (2001); Frey/Stutzer (2002), S. 78-81; Schwartz et al. (2002); Stutzer (2004); McBride (2010): Einbeziehung in die Gl¨ ucksforschung“; ” • G¨ uth (2007); Fellner/G¨ uth/Maciejovsky (2009); G¨ uth/Levati/Ploner (2009): Investitionsbzw. Sparverhalten.
wird darauf eingegangen, inwieweit Anpassungen oder Weiterentwicklungen der psychologischen Grundlagen der Theorie des Anspruchsniveaus sinnvoll oder vonn¨oten sind, um sie auf ¨okonomische Fragen anzuwenden. Der Fokus liegt dabei auf Aspekten, die das Preissuchverhalten betreffen k¨ onnen. In Abschnitt 3.4 wird die Theorie des Anspruchsniveaus von anderen Theorien abgegrenzt, um ihren spezifischen Anwendungsbereich zu bestimmen; dabei wird beispielsweise auf die oben bereits erw¨ahnte Prospect-Theorie eingegangen. Schließlich werden in Abschnitt 3.5 die zentralen Elemente der Theorie des Anspruchsniveaus, die als Basis f¨ ur das in Kapitel 4 entwickelte Modell zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten dienen, zusammenfassend dargestellt.
3.1 Die psychologischen Grundlagen der Theorie (dargestellt anhand der Untersuchung von Hoppe) Die fr¨ uheste Untersuchung zur Theorie des Anspruchsniveaus ist eine Arbeit von Hoppe.271 Der Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die Frage, unter welchen Bedingungen eine Gesamthandlung“, die sich aus mehreren Einzelhandlungen“ zusammensetzt, abgebro” ” chen oder fortgesetzt wird.272 Um diese Frage zu beantworten, geht Hoppe prozessbezogen vor: Er betrachtet die Entscheidung der handelnden Person nach jeder Einzelhand271
272
Vgl. Hoppe (1930). Obwohl Hoppes Arbeit die erste eingehende Untersuchung des Anspruchsniveaus darstellt und fr¨ uher publiziert wurde, geht das Konzept urspr¨ unglich auf Dembo zur¨ uck. Vgl. Dembo (1931), S. 50-56; Lewin et al. (1944), S. 333. Vgl. Hoppe (1930), S. 8-9.
3.1 Die psychologischen Grundlagen der Theorie
89
lung und f¨ uhrt diese Entscheidung auf den vorangegangenen Verlauf der Gesamthandlung zur¨ uck. Dabei stellt Hoppe fest, dass die Entscheidung u ¨ber den Abbruch oder die Fortf¨ uhrung einer Gesamthandlung davon abh¨ angt, welche Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse sich bei den vorigen Einzelhandlungen ergeben haben. Aufgrund dieser Beobachtung verfolgt Hoppe die Frage, wie Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse zustande kommen. Er stellt auf der Basis mehrerer Experimente (die insbesondere aus Geschicklichkeits- und Denkaufgaben bestehen) fest, dass die Beurteilung der eigenen Leistung bei einer Einzelhandlung als Erfolg oder Misserfolg nicht von der objektiven G¨ ute“273 der Leistung, sondern ” von der Relation der Leistung zu einer Vergleichsgr¨ oße abh¨angt. Diese Vergleichsgr¨oße bezeichnet Hoppe als Anspruchsniveau: Die Vp. [Versuchsperson] geht in den hier unter” suchten F¨allen immer mit gewissen Anspr¨ uchen und Erwartungen an die Arbeit, die sich im Verlaufe der Handlung ¨ andern k¨ onnen. Die Gesamtheit dieser mit jeder Leistung sich verschiebenden, bald unbestimmteren, bald pr¨ aziseren Erwartungen, Zielsetzungen oder Anspr¨ uche an die zuk¨ unftige eigene Leistung wollen wir das Anspruchsniveau der Vp. nennen.“274 Auf der Basis dieser Begriffsbestimmung untersucht Hoppe die Wirkungen des Anspruchsniveaus und sein Zustandekommen. Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse dieser Untersuchung und verwandter Arbeiten er¨ortert. 3.1.1 Das Anspruchsniveau als Einflussfaktor der Beurteilung einer Leistung Das Anspruchsniveau ist eine psychische Vergleichsgr¨ oße, anhand derer die G¨ ute einer eigenen Leistung beurteilt wird: Wird das Anspruchsniveau erreicht oder u ¨bertroffen, wird die Leistung als Erfolg beurteilt; wird es nicht erreicht, als Misserfolg.275 Erfolgsund Misserfolgserlebnisse sind maßgeblich f¨ ur die Entscheidung zur Fortf¨ uhrung oder zum Abbruch einer Gesamthandlung, die insofern indirekt auf das Anspruchsniveau zur¨ uckzuf¨ uhren ist.276 In Abbildung 3.1 werden diese Zusammenh¨ange als Elemente der Theorie des Anspruchsniveaus veranschaulicht (hier und im Folgenden werden in Abbildungen zu hypothetischen Zusammenh¨ angen beobachtbare Gr¨oßen als Rechtecke mit spitzen Ecken dargestellt und nichtbeobachtbare Gr¨ oßen als Rechtecke mit abgerundeten Ecken). W¨ahrend sich die dargestellten Zusammenh¨ange auf die Bedeutung des Anspruchsniveaus beziehen, wird im Folgenden er¨ ortert, wie es zustande kommt. Abbildung 3.1: Das Anspruchsniveau als unabh¨ angige Gr¨ oße
Leistung Erfolg/Misserfolg
Fortführung oder Abbruch der Gesamthandlung
Anspruchsniveau
273 274 275 276
Hoppe (1930), S. 11. A. a. O., S. 10, Hervorhebungen im Original. Vgl. a. a. O., S. 11, 30, 60f. Vgl. a. a. O., S. 20-31. Dies wird in Abschnitt 3.1.4 genauer ausgef¨ uhrt.
90
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
3.1.2 Das Anspruchsniveau zu Beginn einer Handlung Bei der ersten Ausf¨ uhrung einer Handlung ist das Anspruchsniveau noch relativ un” bestimmt“, da keine eigenen Erfahrungen zur Schwierigkeit der Aufgabe“ vorliegen.277 ” Dennoch kann das Anspruchsniveau zu Beginn einer Gesamthandlung von einigen Ankergr¨oßen beeinflusst werden, insbesondere von den folgenden: • Die Extremwerte der m¨ oglichen Leistung: Hoppe f¨ uhrt ein Konstrukt an, das er als Idealziel“ bezeichnet.278 Gemeint ist ein u ¨bergreifendes Ziel, das die Person neben ” dem Anspruchsniveau verfolgt. Das Idealziel entspricht im Allgemeinen der h¨ochsten Leistung, die m¨oglich ist: Es ist zumeist das nat¨ urliche Maximum“ der Leistung.279 ” Demnach ist das Anspruchsniveau zu Beginn einer Gesamthandlung umso h¨oher, je h¨oher die h¨ochste prinzipiell erreichbare Leistung ist. In ¨ahnlicher Weise wirkt sich die niedrigste m¨ogliche Leistung aus: Das Anspruchsniveau zu Beginn einer Gesamthandlung ist umso h¨ oher, je h¨ oher das nat¨ urliche Minimum“ der Leistung ist.280 ” • Das Anspruchsniveau am Ende der vorhergehenden Gesamthandlung: Dar¨ uber hinaus kann das Anspruchsniveau zu Beginn einer Gesamthandlung von den Erfahrungen bei vorhergehenden ¨ahnlichen Gesamthandlungen beeinflusst werden, insbesondere vom Anspruchsniveau am Ende der letzten ¨ ahnlichen Gesamthandlung (Letzteres wird im Folgenden auch als vorhergehendes Anspruchsniveau“ bezeichnet).281 Inwieweit das ” Anspruchsniveau zu Beginn einer Gesamthandlung vom vorhergehenden Anspruchsniveau beeinflusst wird, h¨ angt insbesondere von den folgenden Faktoren ab: ¨ – Positiv von der wahrgenommenen Ahnlichkeit der Handlungen,282 – negativ vom zeitlichen Abstand zwischen den Handlungen283 und – negativ von der Erfahrung mit der Handlungsart284 .
277
278 279 280 281
282 283 284
Beide Zitate stammen aus Hoppe (1930), S. 10, vgl. auch S. 14f., 62 sowie Frank, Jerome D. (1935a): Individual Differences in Certain Aspects of the Level of Aspiration, in: American Journal of Psychology, Vol. 47 No. 1, S. 119–128, hier: S. 122; Chapman, Dwight W./Volkmann, John (1939): A Social Determinant of the Level of Aspiration, in: Journal of Abnormal and Social Psychology, Vol. 34 No. 2, S. 225–238, hier: S. 227; Lewin et al. (1944), S. 334, 366; Kapteyn, Arie/Wansbeek, Tom/Buyze, Jeannine (1979): Maximizing or Satisficing, in: Review of Economics and Statistics, Vol. 61 No. 4, S. 549–563, hier: S. 558. Vgl. Hoppe (1930), S. 28. Vgl. a. a. O., S. 25, 28; Lewin et al. (1944), S. 335. Vgl. Hoppe (1930), S. 25, 30; Lewin et al. (1944), S. 335, wobei die Autoren auch Abstufungen zwischen Minimum und Maximum als Einflussfaktoren anf¨ uhren. Vgl. Hoppe (1930), S. 40; Jucknat (1937), S. 130-133; Lewin et al. (1944), S. 334, 339; Sauermann/ Selten (1962), S. 579; Starbuck, William H. (1963b): Level of Aspiration Theory and Economic Behavior, in: Behavioral Science, Vol. 8 No. 2, S. 128–136, hier: S. 129; Holt, Charles C. (1970): Job Search, Phillips’ Wage Relation, and Union Influence: Theory and Evidence, in: Phelps, Edmund S./Alchian, Armen A./Holt, Charles C./Mortensen, Dale T./Archibald, G. C./Lucas, Robert E. Jr./Rapping, Leonard A./Winter, Sidney G. Jr./Gould, John P./Gordon, Donald F./Hynes, Allan/Nichols, Donald A./Taubman, Paul J./Wilkinson, Maurice (Hrsg.) (1970): Microeconomic Foundations of Employment and Inflation Theory, New York, S. 53–123, hier: S. 62; Heinen, Edmund (1976): Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen: Das Zielsystem der Unternehmung, 3., durchgesehene Aufl., Wiesbaden, S. 84, 240; Weber, Hans-J¨ urgen (1976): Theory of Adaptation of Aspiration Levels in a Bilateral Decision Setting, in: Zeitschrift f¨ ur die gesamte Staatswissenschaft, Jg. 132 Nr. 4, S. 582–591, hier: S. 587-590; Selten, Reinhard (1998): Aspiration Adaptation Theory, in: Journal of Mathematical Psychology, Vol. 42 No. 2-3, S. 191–214, hier: S. 196; Selten (2001), S. 19. Vgl. Jucknat (1937), S. 133-157; Lewin et al. (1944), S. 339, 349; Starbuck (1963b), S. 129; Weber (1976), S. 591. Vgl. Jucknat (1937), S. 154-161. Vgl. Lewin et al. (1944), S. 366.
3.1 Die psychologischen Grundlagen der Theorie
91
3.1.3 Die Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus w¨ ahrend einer Handlung Das Anspruchsniveau ist keine statische Gr¨ oße, sondern es kann sich w¨ahrend einer Gesamthandlung ver¨andern.285 Bei jeder Einzelhandlung kann demnach ein anderes Anspruchsniveau zur Beurteilung der Leistung herangezogen werden als bei der vorigen Einzelhandlung (zur Abgrenzung wird der Begriff vorige“ hier und im Folgenden bei ” Einzelhandlungen verwendet, w¨ ahrend sich vorhergehende“ auf Gesamthandlungen be” zieht). Die Richtung der Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus wird haupts¨achlich durch die Leistung und das Anspruchsniveau bei der vorigen Einzelhandlung bestimmt: Nach einem Erfolg wird das Anspruchsniveau in der Regel erh¨ oht, nach einem Misserfolg wird es in der Regel gesenkt.286 In Tabelle 3.2 werden entsprechende Untersuchungsergebnisse Hoppes dargestellt (die Spalte Abbruch der Gesamthandlung“ wird im folgenden ” Abschnitt aufgegriffen). Tabelle 3.2: Die Wirkungen von Erfolg und Misserfolg nach Hoppe287
Verhalten der Person nach
Fortsetzung der Gesamthandlung mit Anspruchsniveau-erh¨ohung
-senkung
-beibehaltung
Abbruch der Gesamthandlung Realisieren fr¨ uherer Erfolge
Summe
Spontanes Abbrechen
Erfolg
69,3
0,0
6,7
0,0
24,0
100,0
Misserfolg
0,0
50,0
21,1
2,2
26,7
100,0
Angaben in Prozent.
¨ Uber den ordinalen Zusammenhang hinaus besteht ein metrischer: Je gr¨oßer Erfolge bzw. Misserfolge sind, desto h¨ aufiger und gr¨ oßer sind Erh¨ohungen bzw. Senkungen des Anspruchsniveaus.288 Somit passt sich das Anspruchsniveau w¨ahrend einer Gesamthandlung an die Leistung an und die Differenz zwischen beiden Gr¨oßen tendiert im Lauf der Zeit gegen null. Also gilt: changes in the level of aspiration [. . . ] tend to keep goals ” consistent with reality“289 . Obwohl Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse maßgeblich f¨ ur die Ver¨anderung des Anspruchsniveaus w¨ahrend einer Gesamthandlung sind, wird das Anspruchsniveau auch von anderen Gr¨oßen beeinflusst. Dabei kommt insbesondere dem Idealziel und somit dem Maximum der m¨ oglichen Leistung eine Bedeutung zu: Dieses wirkt sich nicht nur auf das Anspruchsniveau zu Beginn einer Gesamthandlung aus (siehe Abschnitt 3.1.2), sondern es kann auch w¨ ahrend der Gesamthandlung eine Bedeutung haben, indem es eine autonome“ (das heißt von der Leistung unabh¨ angige) Tendenz zur Ver¨anderung ” des Anspruchsniveaus erzeugt. Zumeist liegt das Idealziel u ¨ber dem Anspruchsniveau, 285 286
287 288 289
Vgl. Hoppe (1930), S. 9-11. Vgl. a. a. O., S. 15-19, 30, 61; Jucknat (1937), S. 96-98, 112; Lewin et al. (1944), S. 337f.; Atkinson, John W. (1957): Motivational Determinants of Risk-Taking Behavior, in: Psychological Review, Vol. 64 No. 6, S. 359–372, hier: S. 367f.; Tietz, Reinhard (1978): Entscheidungsprinzpien der bilateralen Anspruchsanpassung, in: Helmst¨ adter, Ernst (Hrsg.) (1978): Neuere Entwicklungen in den Wirtschaftswissenschaften, Berlin, S. 431–453, hier: S. 442; Glynn, Mary Ann/Lant, Theresa K./Mezias, Stephen J. (1991): Incrementalism, Learning, and Ambiguity: An Experimental Study of Aspiration Level Adaptation, in: Wall, Jerry L./Jauch, Lawrence R. (Hrsg.) (1991): Academy of Management Best Papers Proceedings, Madison, S. 384–388, hier: S. 384, 387. In Anlehnung an Hoppe (1930), S. 18. Vgl. Jucknat (1937), S. 98-112; Lewin et al. (1944), S. 338; Starbuck (1963b), S. 129. Starbuck (1963a), S. 56.
92
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
sodass es sich um eine Tendenz zur Steigerung handelt.290 3.1.4 Das Anspruchsniveau als Einflussfaktor der Fortf¨ uhrung oder des Abbruchs einer Handlung Hoppes Ursprungsfrage betrifft die Bedingungen, die zur Fortf¨ uhrung oder zum Abbruch einer Gesamthandlung f¨ uhren. Er kommt zu folgenden Ergebnissen: • Nach einer Reihe von Misserfolgen, aber auch nach vereinzelten Erfolgen in ei” ner Misserfolgsserie wird die Handlung spontan abgebrochen.“291 Dabei kommt es zuweilen zu einer nachtr¨ aglichen Umdefinition“ einer Leistung: Eine urspr¨ unglich ” als Misserfolg beurteilte Leistung wird relativ zum zwischenzeitlich gesunkenen Anspruchsniveau als Erfolg angesehen (siehe Seite 91). In diesem Fall kann die Handlung abgebrochen werden, ohne subjektiv mit einem Misserfolg geendet zu haben – die Umdefinition berechtigt“ zum Abbruch der Handlung.292 ” • Nach einer Reihe von Erfolgen, die meist mit einer kontinuierlichen Leistungssteigerung einhergeht, wird die Gesamthandlung nur dann beendet, wenn ein Erh¨ohen ” des Anspruchsniveaus unm¨ oglich erscheint, entweder weil die Grenze der pers¨onlichen Leistungsf¨ahigkeit erreicht ist oder weil die Natur der Aufgabe oder die Instruktion das Erh¨ohen verhindert.“293 • Der Zeit, die mit der Gesamthandlung verbracht wird und die zu einer S¨ attigung f¨ uhren kann, kommt Hoppe zufolge keine erkl¨ arende Bedeutung zu.294 Stattdessen ist der Abbruch einer Handlung in Einklang mit den obigen Punkten auf die vorigen Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse zur¨ uckzuf¨ uhren. Zusammenfassend lassen diese Ergebnisse vermuten, dass eine Gesamthandlung abgebrochen wird, wenn die Person den Eindruck gewinnt, dass zuk¨ unftig keine (weiteren) Erfolge erzielt werden k¨ onnen. Ein solcher Eindruck kann auf Misserfolgserlebnisse oder (bei Erfolgserlebnissen) auf das Erreichen einer Leistungsgrenze zur¨ uckzuf¨ uhren sein.295 Das Anspruchsniveau ist demnach – neben der Leistung – ein wesentlicher Einflussfaktor der Entscheidung, eine Gesamthandlung fortzuf¨ uhren oder abzubrechen. ¨ 3.1.5 Die Hypothesen im Uberblick In Abbildung 3.2 werden die zentralen Hypothesen zur Bedeutung und zum Zustandekommen des Anspruchsniveaus zusammengefasst. Diese machen den Kern der Theorie des Anspruchsniveaus aus, u ¨ber sie hinaus werden jedoch weitere Hypothesen vorgeschlagen. So k¨onnen beispielsweise externe Informationen zur erreichbaren Leistung das Anspruchsniveau beeinflussen, wobei insbesondere auf den sozialen Vergleich und somit auf die Leistungen anderer Personen hinzuweisen ist; auch der kulturelle Hintergrund und Eigenschaften der Person k¨ onnen das Anspruchsniveau beeinflussen.296 290
291 292 293 294 295 296
Vgl. Hoppe (1930), S. 31, 36; Frank, Jerome D. (1935b): Some Psychological Determinants of the Level of Aspiration, in: American Journal of Psychology, Vol. 47 No. 2, S. 285–293, hier: S. 286f.; Lewin et al. (1944), S. 337; Starbuck (1963b), S. 129; Heckhausen/Heckhausen (2006), S. 129. Hoppe (1930), S. 22, Hervorhebung ver¨ andert. Vgl. auch Jucknat (1937), S. 103f., 110. Vgl. Hoppe (1930), S. 20, 38; Jucknat (1937), S. 122. Hoppe (1930), S. 24. Vgl. auch Jucknat (1937), S. 108. Vgl. Hoppe (1930), S. 8-9, 31. Vgl. Lewin et al. (1944), S. 340, 376; Atkinson (1957), S. 368f. Vgl. bspw. Hoppe (1930), S. 30-38, 61f.; Frank (1935a); Jucknat (1937), S. 96-128; Chapman/ Volkmann (1939), S. 228-233; Lewin et al. (1944), S. 337-353; Heckhausen, Heinrich (1955): Motivationsanalyse der Anspruchsniveau-Setzung, in: Psychologische Forschung, Jg. 25 Nr. 2, S. 118–154,
3.2 Das Attainment-Discrepancy-Modell
93
Abbildung 3.2: Das Anspruchsniveau als unabh¨ angige und abh¨ angige Gr¨ oße
Von besonderer Bedeutung in Abbildung 3.2 ist der zirkul¨are Ursache-Wirkungszusammenhang zwischen dem Anspruchsniveau und Erfolgs- und Misserfolgserlebnissen,297 der erst durch die zeitliche Abfolge von Leistungen und Anspruchsniveausetzungen aufgel¨ost wird. Die Notwendigkeit der Einbeziehung der Zeit f¨ ur die Formulierung eines nichtzirkul¨aren Zusammenhangs zeigt dem Untersuchungsansatz von Hoppe entsprechend, dass das Anspruchsniveau eine Gr¨ oße ist, die insbesondere zur Erkl¨arung von Gesamthandlungen, die sich aus mehreren sequenziellen Einzelhandlungen zusammensetzen, geeignet ist. Damit geht einher, dass die Theorie des Anspruchsniveaus keine statische, sondern eine dynamische Theorie ist in dem Sinne, dass sie der zeitlichen Abfolge eine wesentliche Bedeutung beimisst.298
3.2 Das Attainment-Discrepancy-Modell von Lewin et al. zur Erkl¨ arung der Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus w¨ ahrend einer Handlung ¨ Lewin et al. greifen die oben dargestellten Uberlegungen und Erkenntnisse auf, wobei sie haupts¨achlich auf den dynamischen Charakter der Theorie des Anspruchsniveaus abstellen. Die Autoren formalisieren die hierzu vorliegenden Hypothesen, indem sie ein Modell vorstellen, das den Zeitablauf explizit in die Erkl¨ arung der Ver¨anderung des Anspruchsniveaus w¨ahrend einer Gesamthandlung einbezieht.299 Das Modell ist in diskreter Zeit formuliert und stellt auf vier Gr¨ oßen ab, die nacheinander ihre Auspr¨agungen annehmen: 1. Die vorige Leistung, 2. das Anspruchsniveau,
297 298 299
hier: S. 143, 151; Starbuck (1963a), S. 56; Starbuck (1963b), S. 129; Tietz (1978), S. 442f.; Easterlin, Richard A. (2001): Income and Happiness: Towards a Unified Theory, in: Economic Journal, Vol. 111 No. 473, S. 465–484, hier: S. 479f.; Mezias, Stephen J./Chen, Ya Ru/Murphy, Patrice R. (2002): Aspiration-Level Adaptation in an American Financial Services Organization: A Field Study, in: Management Science, Vol. 48 No. 10, S. 1285–1300, hier: S. 1286-1288, 1295; Greve, Henrich R. (2003): Organizational Learning from Performance Feedback: A Behavioral Perspective on Innovation and Change, Cambridge, S. 28-32, 45-49, 126-128; Stutzer, Alois (2004): The Role of Income Aspirations in Individual Happiness, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 54 No. 1, S. 89–109; Greve, Henrich R. (2008): A Behavioral Theory of Firm Growth: Sequential Attention to Size and Performance Goals, in: Academy of Management Journal, Vol. 51 No. 3, S. 476–494; G¨ uth (2010), S. 315; McBride, Michael (2010): Money, Happiness, and Aspirations: An Experimental Study, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 74 No. 3, S. 262–276, hier: S. 263f., 271f. Vgl. auch Hoppe (1930), S. 61. Vgl. auch Sauermann/Selten (1962), S. 597; Selten (2001), S. 14. Vgl. Lewin et al. (1944), S. 333-336. Vgl. auch Heckhausen/Heckhausen (2006), S. 128f.
94
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
3. die neue Leistung und 4. die Reaktion auf die neue Leistung (die insbesondere aus dem Gef¨ uhl von Erfolg oder Misserfolg und der Entscheidung, die Gesamthandlung abzubrechen oder fortzuf¨ uhren, besteht). Aus den ersten drei Gr¨ oßen leiten Lewin et al. zwei Vergleichskonstrukte ab: • Die Differenz zwischen dem Anspruchsniveau und der vorigen Leistung bezeichnen sie als Goal Discrepancy“ bzw. Zieldiskrepanz“ und ” ” • die Differenz zwischen der neuen Leistung und dem Anspruchsniveau als Attainment ” Discrepancy“ bzw. Zielerreichungsdiskrepanz“. ” In der Zieldiskrepanz kommt die in Abschnitt 3.1.3 erw¨ ahnte autonome Tendenz zur Ver¨anderung des Anspruchsniveaus zum Ausdruck, die durch das Idealziel verursacht werden kann. Im Allgemeinen handelt es sich um eine Tendenz zur Erh¨ohung des Anspruchsniveaus.300 Von gr¨oßerer Bedeutung f¨ ur das Modell ist die Zielerreichungsdiskrepanz: Ihr Vorzeichen und ihre Gr¨ oße bestimmen, ob und wie stark es zu einem Erfolgs- oder Misserfolgserlebnis kommt und ob und wie stark das Anspruchsniveau erh¨oht oder gesenkt wird.301 Aufgrund der zentralen Bedeutung dieses Konstrukts kann der Erkl¨arungsansatz von Lewin et al. als Attainment-Discrepancy-Modell“ bezeichnet werden.302 ” In Abbildung 3.3 werden die im Attainment-Discrepancy-Modell vermutete typische zeitliche Abfolge und die sich daraus ergebenden Vergleichskonstrukte dargestellt. Die Abbildung bezieht sich auf eine Einzelhandlung; bei einer Gesamthandlung, die aus aufeinanderfolgenden Einzelhandlungen besteht, wird der abgebildete Prozess wiederholt durchlaufen. Als zentrale Hypothese zur Dynamik des Anspruchsniveaus ergibt sich im AttainmentDiscrepancy-Modell ein Verlauf, der mit Gleichung 3.1 beschrieben werden kann.303 Die Gleichung bezieht sich auf eine Gesamthandlung, also auf eine Abfolge zusammenh¨angender Einzelhandlungen. LG LG + a2 LGt−1 − ANt−1 ANtLG = a0 + a1 ANt−1
(3.1)
mit: ANtLG : Anspruchsniveau an die Leistung bei Einzelhandlung t; LGt : Leistung bei Einzelhandlung t; ak : Modellparameter (k = 0, 1, 2); ¨ t: Index der Einzelhandlungen (t = 2, 3, . . . , T ; f¨ ur t = 1 gelten die Uberlegungen zum ersten Anspruchsniveau in Abschnitt 3.1.2). Gleichung 3.1 ist folgendermaßen zu interpretieren: • Der Parameter a0 (die Modellkonstante) repr¨ asentiert die autonome Tendenz zur Ver¨anderung des Anspruchsniveaus, die durch das Idealziel verursacht werden kann. Im Allgemeinen handelt es sich – wie oben erw¨ ahnt – um eine Tendenz zur Erh¨ohung 300 301 302 303
Vgl. Lewin et al. (1944), S. 337. Vgl. a. a. O., S. 336f. Vgl. bspw. Glynn/Lant/Mezias (1991), S. 384; Lant (1992), S. 624f. Vgl. zu ¨ ahnlichen und weiteren Formalisierungen der Dynamik des Anspruchsniveaus Kuhlmann (1970), S. 159f.; Glynn/Lant/Mezias (1991), S. 384; Lant (1992), S. 625f.; Gilboa/ Schmeidler (2001), S. 218f.; Murphy, Patrice R./Mezias, Stephen J./Chen, Ya Ru (2001): Adapting Aspirations to Feedback: The Role of Success and Failure, in: Lant, Theresa K./Shapira, Zur (Hrsg.) (2001): Organizational Cognition: Computation and Interpretation, Mahwah – London, S. 125–146, hier: S. 129-134; Mezias/Chen/Murphy (2002), S. 1289; Greve (2003), S. 43f., 129.
3.3 Das Satisficing-Modell
95
Abbildung 3.3: Das Attainment-Discrepancy-Modell von Lewin et al.304 1
2
3
4
Last Performance
Setting of Level of Aspiration
New Performance
Reaction to New Performance
Goal Discrepancy
Time
Attainment Discrepancy
Feeling of Success or Failure
des Anspruchsniveaus und demzufolge gilt a0 ≥ 0. In Anlehnung an die Nomenklatur von Lewin et al. kann a0 als Zieldiskrepanzparameter“ bezeichnet werden. ” • Der Parameter a1 bemisst die Abh¨ angigkeit des Anspruchsniveaus von seinem vorigen Wert. Aus dem Attainment-Discrepancy-Modell folgt implizit, dass es sich um eine starke Abh¨angigkeit handelt, sodass a1 = 1 gilt. Zwar kann sich die mit a0 modellierte Tendenz zur Ver¨anderung des Anspruchsniveaus auch auf a1 auswirken, sodass a1 von urde jedoch gegen das Attainmenteins abweichen kann.305 Eine starke Abweichung w¨ Discrepancy-Modell verstoßen. • Der Parameter a2 zeigt an, mit welchem Vorzeichen und wie stark das Anspruchsniveau von der Zielerreichungsdiskrepanz und daher von der vorigen Leistung abh¨angt. Den Ausf¨ uhrungen zur Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus w¨ahrend einer Gesamthandlung in Abschnitt 3.1.3 zufolge gilt die Bedingung 0 < a2 ≤ 1: Wenn a2 kleiner als null w¨are, w¨ urde sich das Anspruchsniveau nicht an die Leistung anpassen, sonurde dern es w¨ urde sich in die gegenteilige Richtung entwickeln. W¨are a2 gleich null, w¨ sich das Anspruchsniveau nicht an die Leistung anpassen. Wenn a2 gr¨oßer als eins w¨are, w¨ urde sich das Anspruchsniveau nicht an die Leistung anpassen, sondern es w¨ urde u ¨ber die Leistung hinaus steigen oder sinken.306 Die von Lewin et al. und anderen Autoren berichteten Ergebnisse empirischer Untersuchungen lassen vermuten, dass das Attainment-Discrepancy-Modell zur Erkl¨arung der Entwicklung des Anspruchsniveaus grunds¨ atzlich geeignet ist.307
¨ 3.3 Das Satisficing-Modell von Simon und die Ubertragung der Theorie des Anspruchsniveaus auf das Suchverhalten Simon nimmt mit seinem Behavioral Model of Rational Choice“ eine grundlegende An” wendung der Theorie des Anspruchsniveaus auf ¨ okonomische Fragen vor, um die Theorie des rationalen Wahlverhaltens mithilfe psychologischer Erkenntnisse zu vereinfachen und 304 305 306
307
In Anlehnung an Lewin et al. (1944), S. 334. Vgl. Mezias/Chen/Murphy (2002), S. 1298. Lant (1992), S. 626, 638 interpretiert das Attainment-Discrepancy-Modell so, dass es weniger spezifische Hypothesen zu den Parametern enth¨ alt. Vgl. auch Murphy/Mezias/Chen (2001), S. 130f.; Mezias/Chen/Murphy (2002), S. 1289. Vgl. Lewin et al. (1944), S. 337-354; Glynn/Lant/Mezias (1991), S. 387f.; Lant (1992), S. 637; Murphy/ Mezias/Chen (2001), S. 126f., 141f.; Mezias/Chen/Murphy (2002), S. 1294f.
96
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
so der eingeschr¨ankten Informationsaufnahme-, -verarbeitungs- und -speicherungskapazit¨at wirtschaftlicher Akteure bzw. ihrer eingeschr¨ ankten Rationalit¨at“ Rechnung zu ” tragen.308 Das Modell besteht aus den folgenden Elementen: • Die Menge der Handlungsm¨ oglichkeiten A, • die Menge der Handlungsm¨ oglichkeiten, die die entscheidende Person kennt oder be˚ (A ˚ ⊂ A), r¨ ucksichtigt A • die Menge m¨oglicher zuk¨ unftiger Zust¨ ande oder Handlungsergebnisse S, • eine Bewertungsfunktion u(s) ∀ s ∈ S, • Informationen dar¨ uber, welche Zust¨ ande s eintreten k¨onnen, wenn eine Handlungs˚ gew¨ m¨oglichkeit a ∈ A ahlt wird und • Informationen dar¨ uber, mit welcher Wahrscheinlichkeit pra (s) jeder Zustand s ein˚ gew¨ahlt wird (dieses Element treten wird, wenn eine Handlungsm¨ oglichkeit a ∈ A enth¨alt das vorherige, geht jedoch dar¨ uber hinaus, da es genauere Informationen erfordert).309 Diese Elemente sind generisch in dem Sinne, dass mit ihnen verschiedene Arten des Entscheidungsverhaltens abgebildet werden k¨ onnen. Um welche Art es sich handelt, h¨angt insbesondere von der Bewertungsfunktion u(s) ab, wobei zwei grundlegende Varianten zu unterscheiden sind: • Einerseits kann u(s) eine stetige Funktion sein, die beliebige Werte annehmen kann. • Andererseits kann u(s) eine einfachere Funktion sein, die eine Sprungstelle aufweist, sodass sie nur die Werte 0 ( nicht zufriedenstellend“ oder inakzeptabel“) und 1 ( zu” ” ” friedenstellend“ oder akzeptabel“) annehmen kann.310 ” Mit der ersten Variante lassen sich verschiedene Formen des rationalen Wahlverhaltens abbilden, insbesondere die Wahl der Handlungsm¨ oglichkeit mit dem maximalen Erwartungsnutzen. Mit der zweiten Variante l¨ asst sich ein Wahlverhalten modellieren, das Simon als realit¨atsn¨ aher ansieht und f¨ ur das er den Begriff Satisficing“ bzw. Satis” ” fiszieren“ pr¨agt: Gew¨ ahlt wird nicht unbedingt die optimale, sondern eine akzeptable“ ” Handlungsm¨oglichkeit, das heißt eine Handlungsm¨ oglichkeit, bei der die Bewertungsfunktion den Wert 1 annimmt.311 Da diese Variante von konstitutiver Bedeutung f¨ ur Simons Erkl¨arungsansatz ist, kann er als Satisficing-Modell“ bezeichnet werden.312 ” 308
309
310
311
312
Vgl. Simon (1955), S. 99f. Vgl. auch bspw. G¨ afgen, G´erard (1968): Theorie der wirtschaftlichen Entscheidung: Untersuchungen zur Logik und ¨ okonomischen Bedeutung des rationalen Handelns, 2., durchgesehene und erw. Aufl., T¨ ubingen, S. 241. Vgl. Simon (1955), S. 102. Der sich aus den letzten zwei Punkten ergebende Zusammenhang zwischen S und A wird im Folgenden zur Vereinfachung nicht in die Notation einbezogen. In gleicher Weise wird die Bewertung des Ergebnisses einer Handlungsm¨ oglichkeit weitgehend als Bewertung der Handlungsm¨ oglichkeit bezeichnet. Vgl. a. a. O., S. 104. Simon erw¨ ahnt weiterhin die M¨ oglichkeit, dass u(s) die drei Werte −1 ( Verlust“), ” 0 ( Unentschieden“) und 1 ( Gewinn“) annehmen kann. Seine Ausf¨ uhrungen – insb. die mit Bezug ” ” zum Preissuchverhalten – konzentrieren sich jedoch auf den dichotomen Fall. Vgl. a. a. O., S. 106; Simon, Herbert A. (1956): Rational Choice and the Structure of the Environment, in: Psychological Review, Vol. 63 No. 2, S. 129–138, hier: S. 129, 136; Simon (1979), S. 503; March, James G./Simon, Herbert A. (1993): Organizations, 2nd Edition, Cambridge, S. 162; Simon, Herbert A. (1997a): Administrative Behavior: A Study of Decision-Making Processes in Administrative Organizations, 4th Edition, New York, S. 118f.; Simon (1997b), S. 295. Da dem Entscheidungstr¨ ager im Modell von Simon nicht mit Sicherheit bekannt ist, welches Ergebnis s eintritt, wenn eine Handlungsm¨ oglichkeit a gew¨ ahlt wird, bezieht sich die Bedingung u(s) = 1 auf alle s, die a mit sich bringen kann. Vgl. bspw. Starbuck (1963a), S. 54; Starbuck (1963b), S. 129.
3.3 Das Satisficing-Modell
97
In Abbildung 3.4 werden die Bewertungsfunktionen veranschaulicht. Dabei wird die Funktion, die als Grundlage f¨ ur optimales Verhalten dient, als uo (s) bezeichnet und zur Vereinfachung der Darstellung auf das Einheitsintervall normiert. Die Funktion, die einem satisfiszierenden Verhalten zugrunde liegt, wird in der Abbildung als us (s) und im Folgenden als u(s) bezeichnet (auf die Bezeichnung AN s oder s∗“ f¨ ur die Sprungstelle ” von us (s) wird unten eingegangen). Abbildung 3.4: Alternative Bewertungsfunktionen zur Erkl¨ arung des Wahlverhaltens
Abbildung 3.4 zeigt, dass die Bedingung u(s) = 1 f¨ ur mehrere Handlungsm¨oglichkeiten gelten kann: Die Menge {a ∈ A | u(s) = 1} kann beliebig viele Elemente enthalten. Eindeutigkeit ist gegeben und satisfiszierendes Verhalten ist insbesondere dann zu erwarten, wenn die Menge der Handlungsm¨ oglichkeiten nicht a priori bekannt ist, sondern sequenziell erschlossen werden muss bzw. wenn Elemente a nur aufgrund von Suchak˚u tivit¨aten und schrittweise von A in A ¨bergehen. In diesem Fall wird die Suche nach Handlungsm¨oglichkeiten beendet, sobald eine Handlungsm¨oglichkeit identifiziert wird, f¨ ur die u(s) = 1 gilt; gew¨ ahlt wird also die erste identifizierte Handlungsm¨oglichkeit, die akzeptabel ist.313 Das Satisficing-Modell ist somit insbesondere auf das sequenzielle Suchverhalten anwendbar. Drei Merkmale des satisfiszierenden Wahlverhaltens sind hervorzuheben: • Da die erste identifizierte Handlungsm¨ oglichkeit gew¨ahlt wird, f¨ ur die die Bewertungsfunktion den Wert 1 annimmt, muss es sich nicht um die optimale Handlungsm¨oglichkeit handeln; Satisficing stellt somit nichtoptimierendes Verhalten dar.314 • Satisficing erfordert nicht, dass die Wahrscheinlichkeiten pra (s) bekannt sind oder gesch¨atzt werden; es handelt sich um nichtprobabilistisches Verhalten.315 • Die Bewertung einer Handlungsm¨ oglichkeit h¨ angt beim Satisficing nicht von ihrem absoluten Wert ab, sondern von der Relation dieses Werts zu einer Vergleichsgr¨oße; 313 314
315
Vgl. bspw. Simon (1955), S. 105, 110; Simon (1978), S. 502; Simon (1979), S. 501-503, 507; March/ Simon (1993), S. 162; Simon (1997b), S. 286, 296, 322f. Vgl. Simon (1955), S. 108; Starbuck (1963b), S. 128f.; Simon, Herbert A. (1985): Human Nature in Politics: The Dialogue of Psychology with Political Science, in: American Political Science Review, Vol. 79 No. 2, S. 293–304, hier: S. 299. Vgl. Simon (1955), S. 117f.; Starbuck (1963b), S. 129; Selten (1998), S. 210f.; G¨ uth, Werner (2007): Satisficing in Portfolio Selection – Theoretical Aspects and Experimental Tests, in: Journal of SocioEconomics, Vol. 36 No. 4, S. 505–522, hier: S. 508-511; Fellner, Gerlinde/G¨ uth, Werner/Maciejovsky, Boris (2009): Satisficing in Financial Decision Making – A Theoretical and Experimental Approach to Bounded Rationality, in: Journal of Mathematical Psychology, Vol. 53 No. 1, S. 26–33, hier: S. 27f.; G¨ uth, Werner/Levati, M. Vittoria/Ploner, Matteo (2009): An Experimental Analysis of Satisficing in Saving Decisions, in: Journal of Mathematical Psychology, Vol. 53 No. 4, S. 265–272, hier: S. 265; G¨ uth (2010), S. 311.
98
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus Satisficing ist somit referenzpunktbezogenes Verhalten.316
Das dritte Merkmal lenkt die Aufmerksamkeit auf die Vergleichsgr¨oße, die bestimmt, ab welchem Wert u(s) = 1 gilt. Simon f¨ uhrt zwei Varianten an, um das Zustandekommen der Vergleichsgr¨oße zu erkl¨ aren: • Einerseits ist denkbar, dass ihr Wert auf eine Optimierung unter Ber¨ ucksichtigung von Opportunit¨atskosten zur¨ uckzuf¨ uhren ist (in Abbildung 3.4 wird dies als s∗ verdeutlicht) und • andererseits l¨asst sich die Theorie des Anspruchsniveaus heranziehen, um ihr Zustandekommen auf einer psychologischen Basis zu erkl¨ aren (AN s in Abbildung 3.4).317 Mit der ersten Variante wird dem nichtoptimierenden und nichtprobabilistischen Charakter des Satisficings nicht entsprochen. Bei dieser Variante muss es zwar nicht zur Wahl der besten Handlungsm¨ oglichkeit kommen; das mit ihr modellierte Entscheidungsverhalten ist jedoch auf einer h¨ oheren Ebene optimal in dem Sinne, dass diejenige Handlungsm¨oglichkeit gew¨ahlt wird, die unter Einbeziehung der Erwartungswerte aller relevanten Nutzen- und Kostenbestandteile optimal ist. Ein an einer optimalen Vergleichsgr¨oße ausgerichtetes Entscheidungsverhalten stellt somit noch h¨ohere Anforderungen an die Informationsverarbeitungskapazit¨ at als ein nicht an einer Vergleichsgr¨oße orientiertes optimales Verhalten. Bezogen auf das Preissuchverhalten entspricht die erste Variante den in den Abschnitten 2.1.2 und 2.1.3 dargestellten sequenziellen mikro¨okonomischen Suchmodellen, da bei diesen Modellen die Preisbereitschaft – die dar¨ uber entscheidet, ob die Suche fortgesetzt oder abgebrochen wird – so festgelegt wird, dass der Nettogrenznutzen der Suche gerade noch nicht negativ ist.318 Simon sieht es als vielversprechender an, die Vergleichsgr¨oße als Anspruchsniveau im Sinne der psychologischen Theorie aufzufassen und ihr Zustandekommen mit der zweiten Variante zu erkl¨aren.319 Von Satisficing ist somit nicht zu sprechen, wenn der Bestimmung der Vergleichsgr¨oße eine Optimierung zugrunde liegt.320 Dementsprechend orientiert sich Simon bei der Erkl¨ arung der H¨ohe des Anspruchsniveaus an Erkenntnissen aus der Psychologie: Er weist darauf hin, dass das Anspruchsniveau w¨ahrend der Suche nach Handlungsm¨ oglichkeiten nicht statisch sein muss und vermutet, dass es steigt, wenn es einfach ist, akzeptable Handlungsm¨oglichkeiten zu identifizieren und dass es sinkt, wenn dies schwierig ist.321 Diese Vermutung ist eine Abwandlung 316 317 318
319
320
321
Vgl. auch Simon (1985), S. 299. Vgl. Simon (1955), S. 104f., 115-117; Simon (1979), S. 503. Im Anhang seines Beitrags formuliert Simon (1955), S. 115-117 einen rationalen Entscheidungskalk¨ ul zur Festlegung von s∗ , der weitgehend mit den mikro¨ okonomischen Modellen der zweiten Generation u ¨bereinstimmt, wobei er sich auf eine Verkaufsaufgabe bezieht. Vgl. auch Holt (1970), S. 62; Radner (1975), S. 255; Kapteyn/Wansbeek/Buyze (1979), S. 555; Ratchford (1982), S. 206. Vgl. Simon (1955), S. 113; Simon (1979), S. 496-503. Simon weist darauf hin, dass anspruchsniveauorientiertes Verhalten immer als optimierendes Verhalten modelliert werden kann, dass dies dem realen Verhalten und dem Charakter der Theorie jedoch nicht gerecht wird. Vgl. Simon (1997b), S. 296f., 323. Vgl. auch Gilboa/Schmeidler (1995), S. 623; Selten (1998), S. 197; G¨ uth (2007), S. 507; Fellner/G¨ uth/Maciejovsky (2009), S. 27; G¨ uth (2010), S. 311. Vgl. auch Simon (1979), S. 503; Selten (1998), S. 192; Gigerenzer/Selten (2001), S. 8; Gigerenzer, Gerd (2001): The Adaptive Toolbox, in: Gigerenzer/Selten (2001), S. 37–50, hier: S. 40; Selten (2001), S. 15f. Conlisk (2003) zeigt allerdings, dass eine optimale Vergleichsgr¨ oße s∗ dem Als-ob-Argument (siehe S. 82) entsprechend als Approximation f¨ ur AN s dienen kann, zumal diese Variablen in seinen Modellen konvergieren. Vgl. Simon (1955), S. 111, 117f. Vgl. auch Sauermann/Selten (1962), S. 579; G¨ afgen (1968), S. 242f.; Heinen (1976), S. 84, 240.; Simon (1979), S. 503; March/Simon (1993), S. 162; Simon (1997b), S. 296, 323; Selten (2001), S. 14. Im einfachsten Fall kann das Anspruchsniveau somit nicht steigen, sondern nur sinken, da eine Steigerung erfordert, dass die Suche nach Handlungsm¨ oglichkeiten fortgesetzt wird, wenn eine mehr als akzeptable“ M¨ oglichkeit identifiziert wird. Dies kollidiert mit der ”
3.3 Das Satisficing-Modell
99
der psychologischen Hypothese, dass das Anspruchsniveau von der vorigen Leistung abh¨angt und dass es nach einem Erfolg erh¨ oht und nach einem Misserfolg gesenkt wird (siehe Abschnitt 3.1.3 und 3.2). An die Stelle der vorigen Leistung tritt bei Simon die zuletzt identifizierte Handlungsm¨ oglichkeit. Das Zustandekommen des Anspruchsniveaus zu Beginn der Suche erkl¨art Simon nur ansatzweise.322 Seine Vermutung zur Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus w¨ahrend der Suche l¨asst sich jedoch auch auf diesen Fall anwenden: Das Anspruchsniveau zu Beginn der Suche ist umso h¨ oher, je schwieriger es ist, akzeptable Handlungsm¨oglichkeiten zu identifizieren. Die Schwierigkeit h¨ angt insbesondere von den Grenzsuchkosten ab, also von den Kosten, die beim Erschließen von A entstehen.323 Demzufolge ist das Anspruchsniveau zu Beginn der Suche umso h¨ oher, je geringer die Grenzsuchkosten sind. Hinsichtlich der Erkl¨ arung der Fortf¨ uhrung bzw. des Abbruchs der Suche unterscheidet sich das Satisficing-Modell von der psychologischen Theorie des Anspruchsniveaus. Da bei Simons Modell die Frage im Mittelpunkt steht, welche Handlungsm¨oglichkeit ein Akteur ergreift und nicht die weiter gefasste Frage der psychologischen Arbeiten, unter welchen Bedingungen eine Handlung abgebrochen oder fortgesetzt wird, ist die Abbruchregel“ bei Simon simpler: Wie oben erw¨ ahnt, wird die Suche beendet, sobald ” eine Handlungsm¨oglichkeit identifiziert wird, die dem Anspruchsniveau gen¨ ugt. Das Satisficing-Modell behandelt somit den Fall, dass das Anspruchsniveau einmal erreicht werden muss, bevor die Suche beendet wird. Bei den psychologischen Arbeiten geht es um Handlungen, bei denen das Anspruchsniveau mehrfach erreicht werden kann, bevor sie abgebrochen werden (siehe Abschnitt 3.1.4).324 ¨ Die obigen Uberlegungen zur Bedeutung des Anspruchsniveaus f¨ ur das Wahlverhalten lassen sich auf multiattributive Entscheidungssituationen u ¨bertragen: Wenn die Handlungsergebnisse durch mehrere Eigenschaften charakterisiert sind, ist die skalare Funktion u(s) durch eine Vektorfunktion u(s) zu ersetzen, deren Komponenten u(si ) f¨ ur die Bewertung aller i entscheidungsrelevanten Eigenschaften der Handlungsergebnisse stehen.325 Eine Handlungsm¨ oglichkeit wird in diesem Fall als akzeptabel beurteilt und erullt (dies wird in Abbildung 3.5 f¨ ur den griffen, wenn sie alle Anspruchsniveaus AN si erf¨ zweidimensionalen Fall veranschaulicht). Wird eine Handlungsm¨oglichkeit identifiziert, bei der die Anspruchsniveaus nur f¨ ur einen Teil der i Eigenschaften der Handlungsergebnisse erf¨ ullt sind, wird die Suche fortgesetzt, falls die restlichen Anspruchsniveaus nicht in ausreichendem Maße sinken. Mit dieser Hypothese zum multiattributiven Wahlverhalten wird grunds¨atzlich von unvergleichbaren und nichtsubstituierbaren Eigenschaften der Handlungsergebnisse und
322 323
324
325
oben formulierten Regel, dass die Suche beendet wird, sobald eine dem Anspruchsniveau gen¨ ugende Handlungsm¨ oglichkeit identifiziert wird; siehe S. 97. Eine Steigerung des Anspruchsniveaus ist jedoch m¨ oglich, wenn Handlungsm¨ oglichkeiten anhand mehrerer Anspruchsniveaus beurteilt werden; auf diesen multiattributiven Fall wird unten eingegangen. Vgl. Simon (1955), S. 117f. Vgl. a. a. O., S. 106, 111. Grenzsuchkosten sind zwar kein expliziter Bestandteil von Simons Modell, ihre Existenz ergibt sich jedoch daraus, dass die Menge A nicht vollst¨ andig bekannt ist. Vgl. auch ¨ Olander, Folke (1975): Search Behavior in Non-Simultaneous Choice Situations: Satisficing or Maximizing? in: Wendt, Dirk/Vlek, Charles (Hrsg.) (1975): Utility, Probability, and Human Decision Making, Dordrecht, S. 297–320, hier: S. 299. Im Unterschied zum Satisficing-Modell, das wie oben angemerkt insb. auf das sequenzielle Suchverhalten anwendbar ist, stellen die zitierten psychologischen Arbeiten eher auf Situationen ohne Suchcharakter ab. Vgl. auch Starbuck (1963b), S. 129. Dieser Unterschied ist sowohl f¨ ur die einfachere Abbruchregel als auch f¨ ur die abgewandelte Dynamik des Anspruchsniveaus urs¨ achlich. Vgl. Simon (1955), S. 108-110.
100
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
Abbildung 3.5: Die Bedeutung von Anspruchsniveaus bei multiattributiven Handlungsergebnissen nach Simon326
s2
Akzeptable Handlungsmöglichkeiten
ANs2
ANs1
s1
somit von nichtkompensatorischen Anspruchsniveaus ausgegangen.327 Sie enth¨alt jedoch die M¨oglichkeit einer Variante der Kompensation zwischen Eigenschaften der Handlungsergebnisse, zumal die als nicht erf¨ ullbar identifizierten Anspruchsniveaus sinken und die als erf¨ ullbar identifizierten Anspruchsniveaus steigen k¨onnen.328 Die Kompensation kommt jedoch nicht dadurch zustande, dass verschiedene Eigenschaften der Handlungsergebnisse auf eine gemeinsame Einheit gebracht und gegeneinander abgewogen werden, worin ein wesentlicher Unterschied zur Theorie der Nutzenmaximierung liegt: Goals ” can be stated in units that are directly observable in the world without reference to a 329 measure of utility.“
3.4 Zur Beziehung zwischen der Theorie des Anspruchsniveaus und anderen Theorien Die Theorie des Anspruchsniveaus wurde von Simon in die o¨konomische Forschung eingebracht – sein Satisficing-Modell hat jedoch nicht die Verbreitung erfahren oder Bedeuucktung erlangt, die ihm zugedacht wurde.330 Es stellt sich die Frage, ob dies darauf zur¨ zuf¨ uhren ist, dass die Theorie des Anspruchsniveaus keinen Anwendungsbereich hat, der u ufen, in welchem Verh¨altnis die ¨ber den anderer Theorien hinausgeht. Somit ist zu pr¨ 326 327 328
329
330
In Anlehnung an Simon (1955), S. 109. Vgl. Starbuck (1963a), S. 52; Becker, Karl Otwin (1967): Die wirtschaftlichen Entscheidungen des Haushalts (Diss. Universit¨ at Frankfurt am Main 1966), Berlin, S. 167f.; G¨ afgen (1968), S. 240. Vgl. Sauermann/Selten (1962), S. 583; Starbuck (1963b), S. 133; Tietz, Reinhard (1997): Adaptation of Aspiration Levels: Theory and Experiment, in: Albers, Wulf/G¨ uth, Werner/Hammerstein, Peter/ Moldovanu, Benny/Van Damme, Eric (Hrsg.) (1997): Understanding Strategic Interaction: Essays in Honor of Reinhard Selten, Berlin – Heidelberg, S. 345–364, hier: S. 347f. Starbuck (1963b), S. 130. Vgl. auch Simon (1956), S. 133f., 137f.; Sauermann/Selten (1962), S. 590; ¨ Olander (1975), S. 301; Simon (1997b), S. 297, 323f.; Selten (1998), S. 193; Gigerenzer (2001), S. 40, 46; Selten (2001), S. 18, 23f. ¨ Vgl. Olander (1975), S. 297; Simon (1979), S. 503f.; Selten (1990), S. 649; Rubinstein (1998), S. 3; Gigerenzer/Selten (2001), S. 4; Gigerenzer (2001), S. 37; Fellner/G¨ uth/Maciejovsky (2009), S. 26.
3.4 Zur Beziehung zu anderen Theorien
101
Theorie des Anspruchsniveaus zu anderen nicht auf der Nutzenmaximierungshypothese beruhenden Theorien steht, wobei haupts¨ achlich Ans¨ atze relevant sind, die die Bedeutung eines Referenzpunkts f¨ ur das Entscheidungsverhalten betonen. In dieser Hinsicht ¨ sind insbesondere die folgenden Uberschneidungen und Unterschiede zu nennen. Die im Lauf der Untersuchung bereits erw¨ ahnte Prospect-Theorie 331 betont ebenso wie die Theorie des Anspruchsniveaus, dass die Bewertung von Handlungsm¨oglichkeiten nicht von ihrem absolutem Wert abh¨ angt, sondern von der Relation ihres Werts zu einer Vergleichsgr¨oße, die in der Prospect-Theorie allgemein als Referenzpunkt bezeichnet wird. Die zwei Theorien weisen die folgenden Gemeinsamkeiten auf: • Zwischen dem Referenzpunkt und dem Anspruchsniveau besteht eine Verwandtschaft: Das Anspruchsniveau kann als Referenzpunkt der Prospect-Theorie dienen.332 • Beide Theorien schließen referenzpunktbezogene Risikoeinstellungen ein: Bei der Prospect-Theorie kommt es bei erwarteten Verlusten zu Risikofreude und bei erwarteten Gewinnen zu Risikoaversion; bei der Theorie des Anspruchsniveaus kommt es zu Risikofreude, wenn nur dadurch das Anspruchsniveau erreicht werden kann und zu Risikoaversion, wenn das Anspruchsniveau mit Sicherheit erreicht wird.333 • Beiden Theorien zufolge haben negative Abweichungen vom Referenzpunkt bzw. Anspruchsniveau eine gr¨ oßere Bedeutung f¨ ur das Entscheidungsverhalten als betragsm¨aßig identische positive Abweichungen: Bei der Prospect-Theorie beeinflusst diese Verlustaversion die Bewertung von Handlungsm¨ oglichkeiten;334 bei der Theorie des Anspruchsniveaus sind positive Abweichungen prinzipiell irrelevant, w¨ahrend jegliche negative Abweichung verhindert, dass eine Handlungsm¨oglichkeit ergriffen wird. Die Theorie des Anspruchsniveaus geht somit mit einer st¨ arkeren Variante der Verlustaversion einher als die Prospect-Theorie.335 ¨ Trotz dieser Uberschneidungen unterscheiden sich die zwei Theorien: • Mit der Prospect-Theorie wird betont, dass Entscheidungen davon beeinflusst werden, ob und in welcher H¨ ohe Handlungsm¨ oglichkeiten Gewinne und Verluste mit sich bringen, wobei diese Gr¨ oßen relativ zum Referenzpunkt definiert sind. Im Un331 332
333
334 335
Vgl. Kahneman/Tversky (1979); Tversky/Kahneman (1981). Vgl. Payne, John W./Laughhunn, Dan J./Crum, Roy (1980): Translation of Gambles and Aspiration Level Effects in Risky Choice Behavior, in: Management Science, Vol. 26 No. 10, S. 1039–1060, hier: S. 1039-1041, 1054; Payne, John W./Laughhunn, Dan J./Crum, Roy (1981): Further Tests of Aspiration Level Effects in Risky Choice Behavior, in: Management Science, Vol. 27 No. 8, S. 953–958, hier: S. 953; Puto, Christopher P. (1987): The Framing of Buying Decisions, in: Journal of Consumer Research, Vol. 14 No. 3, S. 301–315, hier: S. 304-307, 312; Mezias, Stephen J. (1988): Aspiration Level Effects: An Empirical Investigation, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 10 No. 4, S. 389–400, hier: S. 389f.; Antonides (1996), S. 280-282; Greve, Henrich R. (1998): Performance, Aspirations, and Risky Organizational Change, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 43 No. 1, S. 58–86, hier: S. 58-60; West, Patricia M./Broniarczyk, Susan M. (1998): Integrating Multiple Opinions: The Role of Aspiration Level on Consumer Response to Critic Consensus, in: Journal of Consumer Research, Vol. 25 No. 1, S. 38–51, hier: S. 39f.; Murphy/Mezias/Chen (2001), S. 127; Greve (2003), S. 24f., 40; Diecidue, Enrico/Van de Ven, Jeroen (2008): Aspiration Level, Probability of Success and Failure, and Expected Utility, in: International Economic Review, Vol. 49 No. 2, S. 683–700, hier: S. 685, 691; McBride (2010), S. 264. Vgl. Siegel, Sidney (1957): Level of Aspiration and Decision Making, in: Psychological Review, Vol. 64 No. 4, S. 253–262, hier: S. 255f.; Puto (1987), S. 310-312; Greve (1998), S. 58; West/ Broniarczyk (1998), S. 39-48; Mezias/Chen/Murphy (2002), S. 1286; Greve (2003), S. 57, 62-64; Novemsky, Nathan/Dhar, Ravi (2005): Goal Fulfillment and Goal Targets in Sequential Choice, in: Journal of Consumer Research, Vol. 32 No. 3, S. 396–404, hier: S. 396-399; Diecidue/Van de Ven (2008), S. 694-696; Greve (2008), S. 477-479. Vgl. Kahneman/Tversky (1979), S. 277-280. Vgl. auch Diecidue/Van de Ven (2008), S. 693f.; G¨ uth (2010), S. 312.
102
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
terschied dazu stellt die Theorie des Anspruchsniveaus nicht auf die Bewertung von Abweichungen vom Anspruchsniveau ab. • Der Referenzpunkt der Prospect-Theorie hat nicht die gleiche verhaltensbestimmen” de“ Funktion wie das Anspruchsniveau im Sinne Simons: Zwar hat der Referenzpunkt Auswirkungen auf das Entscheidungsverhalten, er stellt jedoch nicht den Wert dar, der erreicht werden muss, damit eine Handlungsm¨ oglichkeit ergriffen wird. • W¨ahrend die Erkl¨ arung des Zustandekommens des Anspruchsniveaus von zentraler Bedeutung f¨ ur die Theorie des Anspruchsniveaus ist, stellt der Referenzpunkt der Prospect-Theorie ein exogenes Konstrukt dar.336 • In gleicher Weise ist die Dynamik von zentraler Bedeutung f¨ ur die Theorie des Anspruchsniveaus, w¨ ahrend der Referenzpunkt der Prospect-Theorie (endogen) statisch ist. • Formal entspricht das Anspruchsniveau einem Sprung oder einer Diskontinuit¨at in der Bewertungsfunktion, w¨ ahrend der Referenzpunkt der Prospect-Theorie einem Knick in der Bewertungsfunktion entspricht.337 ¨ Da sowohl Uberschneidungen als auch Unterschiede zwischen ihnen bestehen, lassen sich die Prospect-Theorie und die Theorie des Anspruchsniveaus miteinander verbinden. Naheliegend ist insbesondere die Einbeziehung der Asymmetrie der prospect-theoretischen Bewertungsfunktion in die Erkl¨ arung der Dynamik des Anspruchsniveaus, zumal zu vermuten ist, dass die Verschiebung des Anspruchsniveaus nach unten und nach oben nicht in gleichem Ausmaß erfolgt.338 Die Theorie des Adaptionsniveaus 339 besagt, dass die Beurteilung eines Stimulus (beispielsweise im Rahmen der sensorischen Wahrnehmung oder der sozialen Urteilsbildung) davon abh¨angt, in welcher Relation der Stimulus zu einem Referenzpunkt steht, der als Adaptionsniveau bezeichnet wird. Liegt ein Stimulus nahe am Adaptionsniveau, wird er nicht oder nur schwach wahrgenommen und als neutral beurteilt; lediglich Abweichun¨ gen vom Adaptionsniveau (und somit insbesondere Anderungen in der Umwelt) werden wahrgenommen.340 ¨ Ahnlich wie das Anspruchsniveau ist das Adaptionsniveau dynamisch, zumal es sich an die Stimuli, die mit ihm verglichen werden, anpasst – das Adaptionsniveau kommt somit wie das Anspruchsniveau aufgrund von Erfahrungen zustande.341 Der zentrale Unterschied zwischen den Konstrukten besteht jedoch wie bei der Prospect-Theorie in ihrer Verhaltensbedeutung: Das Adaptionsniveau als neutraler Wert stellt zwar einen Referenzpunkt dar, der Entscheidungen beeinflussen kann. Es handelt es sich jedoch nicht um den Wert, den eine Handlungsm¨ oglichkeit erreichen muss, damit sie ergriffen wird.342 Der Assimilations-Kontrast-Theorie 343 zufolge h¨ angen die Beurteilung und Bedeutung 336 337 338
339
340 341 342 343
Vgl. auch West/Broniarczyk (1998), S. 40. Vgl. Diecidue/Van de Ven (2008), S. 689-693. Vgl. Simon (1955), S. 112; Sauermann/Selten (1962), S. 580; Tietz (1978), S. 442; Mezias (1988), S. 391-395; Murphy/Mezias/Chen (2001), S. 128-143; Stutzer (2004), S. 101; Heckhausen/ Heckhausen (2006), S. 129. Vgl. Helson, Harry (1947): Adaptation-Level as Frame of Reference for Prediction of Psychophysical Data, in: American Journal of Psychology, Vol. 60 No. 1, S. 1–29; Helson, Harry (1964): AdaptationLevel Theory: An Experimental and Systematic Approach to Behavior, New York. Vgl. Helson (1947), S. 2; Helson (1964), S. 41-48, 128. Vgl. Helson (1947), S. 2f., 12-14; Helson (1964), S. 37, 52-55, 128f. Vgl. auch a. a. O., S. 395-400. Vgl. Hovland, Carl I./Harvey, O. J./Sherif, Muzafer (1957): Assimilation and Contrast Effects in
3.4 Zur Beziehung zu anderen Theorien
103
eines Stimulus davon ab, wie stark er von einem Referenzpunkt abweicht. Die zentrale Hypothese der Theorie ist, dass Stimuli innerhalb einer akzeptablen“ Spanne assimi” ” liert“ werden in dem Sinne, dass sie als in den Bereich“ des Referenzpunkts geh¨orend ” beurteilt werden und den Referenzpunkt (beispielsweise eine Einstellung) st¨arker als gerechtfertigt beeinflussen. Stimuli, die außerhalb der Spanne liegen, werden hingegen kontrastiert“ und somit als dem Referenzpunkt nicht zugeh¨orig aufgefasst; solche Stimu” li beeinflussen den Referenzpunkt schw¨ acher als gerechtfertigt oder sogar in gegenteiliger Richtung.344 Auch bei dieser Theorie ist der Referenzpunkt im Unterschied zum Anspruchsniveau nicht als Ziel, das f¨ ur den Abbruch von Suchaktivit¨ aten maßgeblich ist, aufzufassen. Weiterhin stellt die Betonung der Bedeutung einer Spanne einen wesentlichen Unterschied zur Theorie des Anspruchsniveaus dar, die punktbezogen ist. Aufgrund dieses Unterschieds lassen sich auch diese zwei Theorien miteinander verbinden, zumal denkbar ist, dass das Anspruchsniveau von Handlungsm¨ oglichkeiten, die außerhalb einer ihm zugeh¨origen Spanne liegen, mehr oder weniger stark beeinflusst wird als von Handlungsm¨oglichkeiten, die innerhalb der Spanne liegen.345 Die Theorie adaptiver Erwartungen 346 postuliert einen Prozess der Erwartungsbildung, bei dem Akteure aus ihren vergangenen Fehlern lernen“, indem sie ihre Erwartung an ” die Differenz zwischen dem tats¨ achlich eingetretenen vorigen Wert und ihrer vorigen Erwartung anpassen. Gleichung 3.2 gibt den allgemeinen Verlauf wieder.347 xet = xet−1 + a xt−1 − xet−1
(3.2)
mit: xet : F¨ ur Zeitpunkt t erwarteter Wert der Gr¨ oße x; xt : Wert der Gr¨oße x zum Zeitpunkt t; a: Modellparameter; t: Zeitindex (t = 2, 3, . . .). Diese Formalisierung adaptiver Erwartungen ¨ ahnelt dem Attainment-Discrepancy-Modell von Lewin et al. (siehe Gleichung 3.1 auf Seite 94): Abgesehen von der M¨oglichkeit einer Zieldiskrepanz“ im Attainment-Discrepancy-Modell, die zu einer autonomen Ver” uhren kann, postulieren die beiden Erkl¨arungsans¨atze ¨anderung des Anspruchsniveaus f¨ den gleichen dynamischen Prozess. Zwischen der Theorie adaptiver Erwartungen und der Theorie des Anspruchsniveaus besteht somit eine enge Verwandtschaft. Auch in diesem Fall liegt der zentrale Unterschied zwischen den Theorien in der Verhaltensbedeutung des zu erkl¨arenden Konstrukts: Erwartungen k¨ onnen Entscheidungen beeinflussen, sie
344 345 346
347
Reactions to Communication and Attitude Change, in: Journal of Abnormal and Social Psychology, Vol. 55 No. 2, S. 244–252; Sherif, Muzafer/Taub, Daniel/Hovland, Carl I. (1958): Assimilation and Contrast Effects of Anchoring Stimuli on Judgments, in: Journal of Experimental Psychology, Vol. 55 No. 2, S. 150–155; Sherif, Muzafer/Hovland, Carl I. (1961): Social Judgment: Assimilation and Contrast Effects in Communication and Attitude Change, New Haven – London. Vgl. Hovland/Harvey/Sherif (1957), S. 247-251; Sherif/Taub/Hovland (1958), S. 152-154; Sherif/ Hovland (1961), S. 44-57. Vgl. auch Starbuck (1963b), S. 130f.; Kuhlmann (1978), S. 33. Vgl. Cagan, Phillip (1956): The Monetary Dynamics of Hyperinflation, in: Friedman, Milton (Hrsg.) (1956): Studies in the Quantity Theory of Money, Chicago, S. 25–117, hier: S. 37; Arrow, Kenneth J./Nerlove, Marc (1958): A Note on Expectations and Stability, in: Econometrica, Vol. 26 No. 2, S. 297–305, hier: S. 299f.; Nerlove, Marc (1958): The Dynamics of Supply: Estimation of Farmers’ Response to Price, Baltimore, S. 25, 52f. Vgl. Cagan (1956), S. 37; Arrow/Nerlove (1958), S. 299; Nerlove (1958), S. 25, 53.
104
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
stellen jedoch kein Ziel dar; es handelt sich nicht um den Wert, der mindestens erreicht werden muss, damit eine Handlungsm¨ oglichkeit ergriffen wird.348 Dieses Argument gilt auch f¨ ur andere Theorien der Erwartungsbildung. Da das Anspruchsniveau dar¨ uber entscheidet, ob eine Handlungsm¨oglichkeit ergriffen wird, ist es funktional verwandt mit einer Einstellung.349 In diesem Sinne geht das Anspruchsniveau in konjunktive Einstellungsmodelle ein, bei denen Handlungsm¨oglichkeiten nur dann in Betracht kommen, wenn sie eine bestimmte Mindestanforderung bzw. im multiattributiven Fall mehrere nichtkompensatorische Mindestanforderungen erf¨ ullen.350 Die Theorie des Anspruchsniveaus geht jedoch u ¨ber Einstellungsmodelle hinaus, insbesondere aufgrund der in ihr enthaltenen Hypothesen zur Dynamik des Anspruchsniveaus. Dar¨ uber hinaus spezifiziert Simons Satisficing-Modell die Abbruchregel, dass die erste identifizierte akzeptable Handlungsm¨ oglichkeit ergriffen wird, w¨ahrend Einstellungsmodelle den Suchprozess nicht thematisieren.351 Mit ihrer Anspruchsanpassungstheorie 352 greifen Sauermann und Selten die multiattributive Variante des Satisficing-Modells von Simon auf. Sie f¨ ugen insbesondere zwei Elemente hinzu: Erstens ein Anspruchsanpassungsschema“, aus dem sich ergibt, in welcher ” Reihenfolge ein Akteur versucht, seine Anspruchsniveaus zu steigern (dies entspricht einer Dringlichkeitsordnung“) und welches Anspruchsniveau gesenkt wird, wenn die iden” tifizierten Handlungsm¨ oglichkeiten inakzeptabel sind (dabei handelt es sich um die Ver” zichtgr¨oße“). Sowohl die Dringlichkeitsordnung als auch die Verzichtgr¨oße h¨angen davon 353 ab, welche Anspruchsniveaus bereits erreicht sind. Das zweite hinzugef¨ ugte Element ist ein Einflussschema“, das angibt, in welcher Richtung Handlungsm¨oglichkeiten auf die ” Ziele wirken, auf die sich die Anspruchsniveaus beziehen.354 Mit diesen hinzugef¨ ugten Elementen werden die Theorie des Anspruchsniveaus und das Satisficing-Modell zwar erweitert, jedoch nicht ersetzt. Der Case-Based Decision Theory 355 zufolge orientiert sich das Entscheidungsverhalten daran, welche Erfahrungen in der Vergangenheit bei ¨ ahnlichen Problemen gesammelt wurden; Erfahrungen beziehen sich dabei darauf, welche Ergebnisse ergriffene Handlungsm¨oglichkeiten mit sich gebracht haben. Formal erfolgt die Wahl einer Handlungsm¨oglichkeit anhand des in Formel 3.3 dargestellten Kalk¨ uls.356 348 349 350
351 352 353
354 355 356
Vgl. Lant (1992), S. 624, 641. Vgl. Starbuck (1963a), S. 58, 60; Stutzer (2004), S. 103. ¨ Vgl. bspw. Olander (1975), S. 297; Lilien/Kotler/Moorthy (1992), S. 93-95; Trommsdorff (2009), S. 287. Im Rahmen eines solchen Modells l¨ asst sich das Anspruchsniveau grunds¨ atzlich auch als Idealpunkt ber¨ ucksichtigen, indem es so definiert wird, dass es gleichzeitig einen H¨ ochst- und Mindestwert darstellt. Vgl. Kuhlmann (1978), S. 36f. Bei dieser Sichtweise f¨ uhren allerdings sowohl positive als auch negative Abweichungen vom Anspruchsniveau zur Abwertung einer Handlungsm¨ oglichkeit. Vgl. bspw. M¨ uller-Hagedorn (1986), S. 192; Lilien/Kotler/Moorthy (1992), S. 90f.; Trommsdorff (2009), S. 150. Dem gerichteten“ Charakter des Anspruchsniveaus, der sich aus den Ausf¨ uhrungen in den ” Abschnitten 3.1 bis 3.3 ergibt, wird somit nicht Rechnung getragen. Vgl. auch a. a. O., S. 287. Vgl. Sauermann/Selten (1962); Selten (1998); Selten (2001), S. 18-24. Vgl. Sauermann/Selten (1962), S. 582-584; Selten (1998), S. 194-196; Selten (2001), S. 18f. Vgl. auch Becker (1967), S. 168f.; Kuhlmann (1970), S. 158f. Zur Nomenklatur sei angemerkt, dass das Anspruchsniveau bei Sauermann und Selten definiert ist als das B¨ undel aller Anspr¨ uche, die erf¨ ullt ” sein m¨ ussen, damit das Individuum zufriedengestellt wird“ (Sauermann/Selten (1962), S. 579, vgl. auch S. 591). Im Unterschied dazu wird hier jedes einzelne Anspruchsniveau als solches bezeichnet. Selten verwendet hierf¨ ur den Begriff partielles“ Anspruchsniveau. Vgl. Selten (1998), S. 193; ” Selten (2001), S. 18. Vgl. Sauermann/Selten (1962), S. 582; Selten (1998), S. 193f.; Selten (2001), S. 21. Vgl. Gilboa/Schmeidler (1995). Vgl. auch bspw. Rubinstein (1998), S. 34-37. Vgl. Gilboa/Schmeidler (1995), S. 609f.
3.4 Zur Beziehung zu anderen Theorien
u(a) = uq,M (a) =
φ(q, q )U (s) → max!
105
(3.3)
(q ,a,s)∈M
mit: u(·): Bewertungsfunktion; ˚ a: Handlungsm¨oglichkeit (a ∈ A); q: Aktuelles Entscheidungsproblem; M : Menge der fr¨ uheren Entscheidungsprobleme inklusive der ergriffenen Handlungsm¨oglichkeit und des Handlungsergebnisses ( Ged¨achtnis“); ” q : Fr¨ uheres Entscheidungsproblem; s: Handlungsergebnis; ¨ φ(·, ·): Ahnlichkeitsfunktion f¨ ur Paare von Entscheidungsproblemen; U (·): Nutzenfunktion. Diesem Kalk¨ ul zufolge erzeugen vergangene Handlungsergebnisse eine Vergleichsgr¨oße, die wie ein Anspruchsniveau wirkt: Bei einem Entscheidungsproblem wird nur dann nach weiteren Handlungsm¨ oglichkeiten gesucht, wenn bislang identifizierte Handlungsm¨oglichkeiten den Erfahrungen bei ¨ ahnlichen Problemen zufolge inakzeptabel sind.357 Die Case-Based Decision Theory stellt somit eine M¨ oglichkeit dar, um satisfiszierendes Verhalten mit einem generellen formalen Entscheidungskalk¨ ul abzubilden.358 Im Unterschied zum Satisficing-Modell basiert dieser Kalk¨ ul allerdings auf der Maximierung einer Bewertungsfunktion (Formel 3.3).359 Ein weiterer Unterschied zwischen der Case-Based Decision Theory und der Theorie des Anspruchsniveaus besteht darin, dass Erstere auf das entscheidungs¨ ubergreifende Verhalten abstellt, w¨ ahrend Letztere in erster Linie zur Erkl¨arung einzelner Entscheidungen dient. ¨ Diese Uberlegungen zu verwandten Theorien zeigen, dass die Theorie des Anspruchsniveaus zwar erweitert wurde und dass sie mit anderen Ans¨atzen kombiniert werden kann, dass sie jedoch nicht ersetzt und dadurch konzeptionell verdr¨angt wurde. Auch empirisch wurde die Theorie des Anspruchsniveaus nicht falsifiziert: Sowohl spezifische Untersuchungen als auch indirekte Hinweise sprechen f¨ ur ihre Eignung zur Erkl¨arung wirtschaftlichen Verhaltens.360
357 358 359 360
Vgl. Gilboa/Schmeidler (1995), S. 611f., 620. Dies zeigt sich insb. bei Gilboa/Schmeidler (2001). Ein Satisficing-Modell mit einem verwandten Entscheidungskalk¨ ul findet sich auch bei Conlisk (2003), S. 1354-1356. Vgl. Gilboa/Schmeidler (1995), S. 609f.; Gilboa/Schmeidler (2001), S. 217. Vgl. Schm¨ olders, G¨ unter/Biervert, Bernd (1972): Level of Aspiration and Consumption Standard: Some General Findings, in: Strumpel, Burkhard/Morgan, James N./Zahn, Ernest (Hrsg.) (1972): Human Behavior in Economic Affairs: Essays in Honor of George Katona, Amsterdam, S. 213–227; Kapteyn/Wansbeek/Buyze (1979); Payne/Laughhunn/Crum (1980); Payne/Laughhunn/Crum (1981); Mezias (1988); Glynn/Lant/Mezias (1991); Lant (1992); Greve (1998); Easterlin (2001), S. 474480; Murphy/Mezias/Chen (2001); Mezias/Chen/Murphy (2002); Greve (2003), S. 36-38, 76122; Stutzer (2004); G¨ uth (2007), wobei G¨ uth sich auch einschr¨ ankend ¨ außert; Diecidue/Van de Ven (2008), S. 683, 686f.; Greve (2008); Fellner/G¨ uth/Maciejovsky (2009); G¨ uth/Levati/ Ploner (2009); G¨ uth (2010), S. 312-315.
106
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
3.5 Zwischenfazit: Die zentralen Elemente der Theorie des Anspruchsniveaus und ihre grunds¨ atzliche Eignung zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens ¨ Im Folgenden werden die Uberlegungen aus den Abschnitten 3.1 bis 3.4 miteinander verbunden und zusammengefasst. Danach wird darauf eingegangen, welchen Beitrag die Theorie des Anspruchsniveaus grunds¨ atzlich zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens leisten kann; dabei werden die Erkenntnisse aufgegriffen, die in Abschnitt 2.4 bei der Kritik vorliegender Erkl¨arungsans¨ atze gewonnen wurden. Die zentralen Elemente der Theorie des Anspruchsniveaus Die Ausf¨ uhrungen zum Satisficing-Modell in Abschnitt 3.3 zeigen, dass die Theorie des Anspruchsniveaus einen engen Bezug zum Suchverhalten aufweist. In dieser Hinsicht sind f¨ ur den weiteren Verlauf der Untersuchung insbesondere die folgenden Aspekte von Bedeutung: • Das Anspruchsniveau als unabh¨ angige Gr¨ oße: Das Anspruchsniveau ist eine psychische Vergleichsgr¨ oße, anhand derer Handlungsm¨ oglichkeiten beurteilt werden. Wird das Anspruchsniveau erreicht oder u ¨bertroffen, wird eine Handlungsm¨oglichkeit als akzeptabel beurteilt; wird das Anspruchsniveau nicht erreicht, als inakzeptabel. Dem Anspruchsniveau kommt haupts¨ achlich in Situationen, in denen Handlungsm¨oglichkeiten schrittweise identifiziert werden m¨ ussen, eine Bedeutung zu. Eine anspruchsniveauorientierte Vorgehensweise ist somit insbesondere beim sequenziellen Suchverhalten zu erwarten. Dabei geht das Anspruchsniveau als unabh¨angige Gr¨oße in die Abbruchregel ein: Sobald eine Handlungsm¨ oglichkeit identifiziert wird, die dem Anspruchsniveau zufolge akzeptabel ist, wird die Suche beendet. Bei multiattributiven Handlungsm¨ oglichkeiten bestehen mehrere nichtkompensatorische Anspruchsniveaus, die sich jeweils auf ein Attribut beziehen. In diesem Fall wird die Suche beendet, sobald eine Handlungsm¨ oglichkeit identifiziert wird, die alle Anspruchsniveaus erf¨ ullt. • Das Anspruchsniveau als abh¨ angige Gr¨ oße: Das Anspruchsniveau zu Beginn der Suche nach Handlungsm¨ oglichkeiten wird insbesondere von den folgenden Faktoren beeinflusst: – Positiv von den Extremwerten der prinzipiell identifizierbaren Handlungsm¨oglichkeiten (wobei das Maximum auch als Idealziel bezeichnet werden kann), – positiv vom vorhergehenden Anspruchsniveau, also dem Anspruchsniveau am Ende der vorhergehenden Suche nach ¨ ahnlichen Handlungsm¨oglichkeiten, und – negativ von den Grenzsuchkosten. Die ersten zwei Einflussfaktoren ergeben sich aus den Ausf¨ uhrungen in Abschnitt 3.1.2 und der dritte Einflussfaktor wurde in Abschnitt 3.3 begr¨ undet. Das Anspruchsniveau ist nicht statisch, sondern es kann sich nach jedem Suchschritt ver¨andern. Die Richtung und das Ausmaß der Ver¨ anderung h¨angen insbesondere von der Differenz zwischen dem Wert der zuletzt identifizierten Handlungsm¨oglichkeit und dem vorigen Anspruchsniveau ab. Somit h¨ angt die H¨ohe des Anspruchsniveaus von den Ergebnissen der vorigen Suchschritte ab und das Anspruchsniveau passt sich an die identifizierten Handlungsm¨ oglichkeiten, auf die es sich bezieht, an. Dar¨ uber hinaus kann eine autonome (das heißt von den Handlungsm¨oglichkeiten unabh¨angige) Tendenz zur Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus w¨ahrend der Suche bestehen,
3.5 Zwischenfazit
107
wobei im Allgemeinen von einer Tendenz zur Erh¨ ohung auszugehen ist, die durch das Idealziel verursacht wird. Diese Hypothesen machen die Grundstruktur der Theorie des Anspruchsniveaus aus. Um die Theorie auf ein konkretes Erkenntnisobjekt anzuwenden, sind weitergehende ¨ Uberlegungen zum Bezug und zur Richtung“ des Anspruchsniveaus erforderlich: ” • Die Funktion des Anspruchsniveaus als unabh¨ angige Gr¨oße zeigt, dass die Theorie auf Situationen anwendbar ist, in denen das Verhalten auf das Erreichen eines Ziels gerichtet ist (bzw. mehrerer Ziele im multiattributiven Fall).361 Um welches Ziel es sich handelt, ist nicht Gegenstand der Theorie: Das Anspruchsniveau ist ein generisches Konstrukt in dem Sinne, dass nicht festgelegt ist, worauf es sich bezieht. Eine Anwendung auf ein konkretes Explanandum erfordert somit eine Hypothese zum Ziel, das die entscheidenden Personen verfolgen.362 • Weiterhin enth¨alt die Theorie keine Aussage dazu, ob es sich beim Anspruchsniveau um einen Mindestwert oder um einen H¨ ochstwert handelt. Wiewohl in den Abschnitten 3.1 bis 3.3 auf den Fall abgestellt wurde, dass Werte unterhalb des Anspruchsniveaus inakzeptabel sind, ist die Theorie analog auf Situationen anwendbar, in denen das Anspruchsniveau nach unten gerichtet“ ist, in denen es mit anderen Worten nicht ” u ¨berschritten werden darf.363 Ob Werte unter- oder oberhalb des Anspruchsniveaus akzeptabel sind, h¨ angt von der Struktur der Situation ab. Die grunds¨ atzliche Eignung der Theorie des Anspruchsniveaus zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens ¨ Dem Leitmotiv der theorievergleichenden Uberlegungen in Abschnitt 3.4 entsprechend ergibt sich der Anwendungsbereich der Theorie des Anspruchsniveaus haupts¨achlich aus der u ¨ber andere Konstrukte hinausgehenden verhaltensbestimmenden Bedeutung des Anspruchsniveaus, die ihre Wirkung insbesondere bei sequenziellen Suchaufgaben entfaltet: [A]spiration levels perform an instrumental function in directing the search pro” cess.“364 Das Anspruchsniveau erf¨ ullt die gleiche Funktion wie die Preisbereitschaft in sequenziellen mikro¨okonomischen Modellen (siehe Abschnitt 2.1.2 und 2.1.3), da beide Konstrukte f¨ ur die Fortf¨ uhrung oder den Abbruch der Suche nach Handlungsm¨oglichkeiten maßgeblich sind. Somit liegt die Vermutung nahe, dass die Intensit¨at der sequenziellen Preissuche anspruchsniveautheoretisch erkl¨ art werden kann, indem die Preisbereitschaft als Anspruchsniveau an den Preis“ aufgefasst wird. Diese Vermutung wird ” gest¨ utzt durch theoretische und empirische Hinweise darauf, dass sich die Suche der Konsumenten an Anspruchsniveaus orientiert; entsprechende Modelle wurden bislang jedoch nur in Ans¨atzen formuliert und u uft.365 ¨berpr¨ 361
362 363 364 365
Vgl. Lewin et al. (1944), S. 333; Siegel (1957), S. 253; Siegel, Sidney/Fouraker, Lawrence E. (1960): Bargaining and Group Decision Making: Experiments in Bilateral Monopoly, New York – Toronto – London, S. 61; Sauermann/Selten (1962), S. 577; Starbuck (1963b), S. 128; Radner (1975), S. 254; Heinen (1976), S. 239f. Vgl. Sauermann/Selten (1962), S. 589f.; Mezias (1988), S. 390f.; Selten (1998), S. 193; Klein (2001), S. 109; Greve (2003), S. 70; Greve (2008), S. 477f.; G¨ uth/Levati/Ploner (2009), S. 265. Vgl. Weber (1976), S. 588; Kuhlmann (1978), S. 36f.; Selten (1998), S. 193; Selten (2001), S. 18. Antonides (1996), S. 143. Vgl. Heinemann (1974), S. 102-105, 155, 186-190, 210; Bettman (1979), S. 128f.; Kapteyn/Wansbeek/ Buyze (1979), S. 555; Ratchford (1980), S. 22; Weinberg (1981), S. 50f., 94; Wilde (1987), S. 220, 233; Miller (1993), S. 169, 171; Antonides (1996), S. 143; Butler/Loomes (1997); Sonnemans (1998), S. 310325; Zwick et al. (2003), S. 508, 515f.; Kroeber-Riel/Weinberg/Gr¨ oppel-Klein (2009), S. 423f., 434f.; Schunk/Winter (2009), S. 348-357. Ergebnisse, die eher gegen eine anspruchsniveautheoretische Er¨ kl¨ arung des Suchverhaltens sprechen, finden sich bei Olander (1975), S. 304-316; Cox/Oaxaca (1989), S. 322.
108
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
Ob sich eine anspruchsniveautheoretische Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens bew¨ahrt, ist eine empirische Frage. Auf konzeptionellem Niveau kann ein solcher Erkl¨arungsansatz die Kritik an den sequenziellen mikro¨ okonomischen Modellen aufgreifen, die in Abschnitt 2.4 ge¨außert wurde, zumal er der Preisbereitschaft zwar die gleiche Bedeutung zuweist wie diese Modelle, ihr Zustandekommen jedoch anders erkl¨art. Dies wird im Folgenden er¨ortert. Grundlegend wurden die hohen Anforderungen an die Denk- und Rechenleistung und somit an die Kapazit¨at zur Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen, die die mikro¨okonomischen Modelle mit sich bringen, als kritisch herausgestellt (siehe Seite 79). Diese Kritik gilt insbesondere f¨ ur Modelle der dritten Generation, bei denen die Konsumenten die Parameter der Preisverteilung w¨ahrend der Suche auf der Basis aller identifizierten Preise sch¨ atzen und auf dieser Grundlage die optimale Preisbereitschaft f¨ ur den aktuellen Suchschritt bestimmen (siehe Abschnitt 2.1.3). Bei Modellen der zweiten Generation sind die Anforderungen an die Integration von w¨ahrend der Suche identifizierten Preisen zwar geringer, da die optimale Preisbereitschaft vor Beginn der Suche bestimmt und nicht ge¨ andert wird (siehe Abschnitt 2.1.2). Dies erfordert jedoch, dass die Preisverteilung f (p) ex ante bekannt ist. Dieses Erfordernis wird in Modellen der dritten Generation zwar abgeschw¨ acht, auch in diesem Fall muss jedoch die Verteilungsfamilie, der f (p) entstammt, bekannt sein. Ein anspruchsniveautheoretisches Suchmodell stellt geringere Anforderungen an die kognitiven F¨ ahigkeiten und an den Informationsstand der Konsumenten, da die Orientierung an einem Anspruchsniveau nicht erfordert, dass Konsumenten sich der Existenz, der Familie und der Parameter der Preisverteilung f (p) bewusst sind oder diese w¨ ahrend der Suche kennenlernen.366 Hervorzuheben ist, dass die kognitive Entlastung der Konsumenten insbesondere in Situationen zum Tragen kommt, in denen ein anspruchsniveautheoretisches Modell mit den mikro¨okonomischen Modellen der dritten Generation konkurriert: W¨ahrend Modelle der zweiten Generation h¨ ohere Anforderungen an den Informationsstand stellen, stellen Modelle der dritten Generation h¨ ohere Anforderungen an die Informationsverarbeitung. Da eine Orientierung an einem Anspruchsniveau insbesondere die Informationsverarbeitung erleichtert, ist Satisficing-Verhalten somit haupts¨ achlich dann zu erwarten, wenn wie bei Modellen der dritten Generation keine Informationen u ¨ber die Preisverteilung vorliegen. Diese Vermutung wird durch empirische Ergebnisse gest¨ utzt, denen zufolge das Suchverhalten umso eher als Nutzenmaximierung und umso weniger anspruchsniveautheoretisch erkl¨art werden kann, je umfassender der Informationsstand ist.367 ¨ Uber die grundlegende Kritik an den Anforderungen der mikro¨okonomischen Modelle an die Denk- und Rechenleistung hinaus wurden in Abschnitt 2.4 empirisch beobachtete Biases angef¨ uhrt, die dagegen sprechen, dass sich das Preissuchverhalten anhand der Theorie der Nutzenmaximierung erkl¨ aren l¨ asst. Eine anspruchsniveautheoretische Erkl¨arung des Preissuchverhaltens steht hingegen nicht im Gegensatz zu den Biases: • Die Orientierung an relativen statt absoluten Werten (siehe Seite 80): Zwar folgt aus der Theorie des Anspruchsniveaus nicht, dass die Entscheidung u ¨ber die Durchf¨ uhrung eines Suchschritts vom relativen Wert des Suchschritts abh¨angt. Sie l¨asst sich mit dieser empirischen Beobachtung jedoch in Einklang bringen, wenn die oben genannte Hypothese, dass sich das Anspruchsniveau an die identifizierten Handlungsm¨oglichkeiten anpasst, so auf das Preissuchverhalten u ¨bertragen wird, dass sich die 366 367
Vgl. Butler/Loomes (1997), S. 133, 139; Conlisk (2003), S. 1354f. ¨ Vgl. Olander (1975), S. 308-311, 317. Vgl. auch Lant (1992), S. 642 und Slonim (1994), S. 154-158 sowie die in Fußnote 231 auf S. 79 genannten Quellen.
3.5 Zwischenfazit
109
Preisbereitschaft an die identifizierten Preise anpasst. Wenn weiterhin die Streuung der Preise umso h¨ oher ist, je h¨ oher der Mittelwert der Preise ist,368 gilt der folgende Zusammenhang: Mit dem Mittelwert der Preise steigt ihre Streuung und dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass vor der Identifikation eines Preises p ein anderer Preis identifiziert wurde, der die Preisbereitschaft bis auf p erh¨oht hat. Somit ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiterer Suchschritt durchgef¨ uhrt wird, bei hochpreisigen G¨ utern geringer als bei niedrigpreisigen G¨ utern. • Die st¨ arkere Gewichtung von Verlusten als von Gewinnen (Verlustaversion; siehe Seite 80): Dass die Theorie des Anspruchsniveaus mit einer Variante der Verlustaversion einhergeht, wurde im Zuge des Vergleichs mit der Prospect-Theorie er¨ortert (siehe Seite 101). • Die Beeinflussung durch versunkene Kosten (Sunk-Cost-Effekt; siehe Seite 81): Bei anspruchsniveauorientiertem Preissuchverhalten ergibt sich indirekt ein suchverk¨ urzender Sunk-Cost-Effekt: Wenn sich die Preisbereitschaft an die identifizierten Preise anpasst, kommt es im Lauf der Suche tendenziell zu einer Steigerung der Preisbereitschaft, zumal die identifizierten Preise eher u ¨ber als unter ihr liegen, wenn die Suche fortgesetzt wird. Die Neigung zur Beendigung der Suche wird somit mit fortgesetzter Suche st¨arker, einem nichtmarginalen Kalk¨ ul entsprechend, bei dem die Summe der bisherigen Suchkosten einen negativen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der Durchf¨ uhrung eines Suchschritts hat.369 ¨ • Die Vernachl¨ assigung oder Uberbetonung von Basisraten bei der Einsch¨ atzung von bedingten Wahrscheinlichkeiten (siehe Seite 81): Ein anspruchsniveautheoretischer Ansatz erfordert nicht, dass Konsumenten Wahrscheinlichkeitsurteile bilden, zumal sie sich der Existenz der Preisverteilung nicht bewusst sein m¨ ussen. Dementsprechend m¨ ussen Konsumenten keine zukunftsgerichteten Erwartungswerte berechnen, zumal das Anspruchsniveau auf vergangenen Erfahrungen basiert.370 ¨ • Die Ausrichtung der Preisbereitschaft an Ankern (siehe Seite 81): Ahnlich wie bei der Anchoring-and-Adjustment-Heuristik und verwandten Effekten wie Coherent Arbitrariness h¨angt die Preisbereitschaft bei anspruchsniveauorientiertem Suchverhalten von den identifizierten Preisen und den vorigen Preisbereitschaften ab.371 Aufbauend auf der Kritik an den vorliegenden Ans¨ atzen wurden am Ende von Abschnitt 2.4 eine Muss-, eine Soll- und eine Kann-Anforderung an eine verhaltenswissenschaftliche Theorie als Grundlage f¨ ur ein sequenzielles Modell zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens formuliert, die die Theorie des Anspruchsniveaus erf¨ ullt: • Die Theorie des Anspruchsniveaus ist prozessbezogen und auf sequenzielles Such368 369
370
371
Dies ist h¨ aufig der Fall. Vgl. Pratt/Wise/Zeckhauser (1979), S. 205; Grewal/Marmorstein (1994), S. 457f. Insofern geht ein anspruchsniveautheoretisches Modell nicht mit der problematischen Verhaltensm¨ oglichkeit einer unendlich langen Preissuche einher, die sich in mikro¨ okonomischen Modellen der zweiten Generation ergibt; siehe S. 43. Ein suchverl¨ angernder Sunk-Cost-Effekt ließe sich grunds¨ atzlich mit den psychologischen Grundlagen der Theorie des Anspruchsniveaus vereinbaren, denen zufolge ein Erfolg zur Fortf¨ uhrung einer Handlung verleitet; siehe Abschnitt 3.1.4. Dies gilt jedoch nicht f¨ ur Situationen, in denen die Abbruchregel des Satisficing-Modells (siehe S. 99) greift und somit nicht f¨ ur Suchaufgaben. Die empirischen Ergebnisse von Kogut (1990), denen zufolge sich bei Suchaufgaben ein suchverk¨ urzender Sunk-Cost-Effekt einstellt (siehe S. 39), stehen in Einklang mit dieser ¨ Uberlegung. ¨ Vgl. auch Olander (1975), S. 298; Schumacher (1994), S. 117f. Lant (1992), S. 642 zeigt in diesem Sinne, dass ein vergangenheitsorientierter anspruchsniveautheoretischer Prozess die Zielbildung in Organisationen eher beschreibt als ein zukunftsgerichteter erwartungstheoretischer Prozess. Vgl. auch Chapman/Volkmann (1939), S. 233-237; Mezias/Chen/Murphy (2002), S. 1287, 1294.
110
3 Die Theorie des Anspruchsniveaus
verhalten anwendbar. Ihr Hauptkonstrukt erm¨ oglicht es, die Preisbereitschaft in die Erkl¨arung einzubeziehen, indem sie als Anspruchsniveau an den Preis aufgefasst wird. • Die Theorie des Anspruchsniveaus stellt Erkl¨ arungen f¨ ur vorliegende empirische Beobachtungen zum Preissuchverhalten bereit (wobei sich die anspruchsniveautheoretischen Erkl¨arungen ebenso wie die Beobachtungen u ¨berschneiden): – Sie postuliert nicht, dass die Preisbereitschaft auf rationale Weise bestimmt wird und somit auch nicht, dass die Preisbereitschaft die optimale H¨ohe aufweist. Eine unter der optimalen liegende Suchintensit¨ at kann sich dementsprechend daraus ergeben, dass sich die Preisbereitschaft auf nichtrationale Weise an die identifizierten Preise anpasst.372 – Der Theorie des Anspruchsniveaus zufolge kann die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche aufgrund der identifizierten Preise steigen, auch wenn ein Recall m¨oglich ist. – Den Ausf¨ uhrungen auf Seite 109 entsprechend kann eine Variante des Sunk-CostEffekts bei anspruchsniveauorientiertem Preissuchverhalten zu einer Verk¨ urzung der Suche f¨ uhren. • Dass die Theorie des Anspruchsniveaus mit empirisch beobachteten Biases, die einen Bezug zum Suchverhalten aufweisen, zumindest grunds¨atzlich in Einklang steht, wurde oben er¨ortert. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Theorie des Anspruchsniveaus als konzeptionelle Grundlage f¨ ur ein Modell zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens besonders geeignet zu sein scheint, da sie erstens psychologisch fundiert ist und daher geringere Anforderungen an die kognitive Kapazit¨ at stellt als die Theorie der Nutzenmaximierung, da sie zweitens aufgrund der Dynamik des Anspruchsniveaus und seiner Bedeutung f¨ ur die Erkl¨arung der Suchintensit¨ at u ¨ber andere verhaltenswissenschaftliche und -¨okonomische Theorien hinausgeht und da sie drittens mit vorliegenden empirischen Beobachtungen zum Entscheidungsverhalten im Allgemeinen und zum Preissuchverhalten im Besonde¨ ren vereinbar ist. Diese grunds¨ atzlichen Uberlegungen zu einem anspruchsniveautheoretischen Erkl¨arungsansatz werden im folgenden Kapitel, in dem das Hauptmodell der vorliegenden Untersuchung dargestellt wird, spezifiziert.
372
Einige Autoren nennen die Existenz eines Anspruchsniveaus direkt als Grund f¨ ur eine geringe bzw. unter der optimalen liegende Suchintensit¨ at: Bei Personen, die eine akzeptable Handlungsm¨ oglichkeit suchen, ist die Suchintensit¨ at geringer als bei Personen, die die beste Handlungsm¨ oglichkeit suchen. Vgl. bspw. Swan, John E. (1969): Experimental Analysis of Predecision Information Seeking, in: Journal of Marketing Research, Vol. 6 No. 2, S. 192–197, hier: S. 193-195; Antonides (1996), S. 140, 143; Schwartz, Barry/Ward, Andrew/Monterosso, John/Lyubomirsky, Sonja/White, Katherine/Lehman, Darrin R. (2002): Maximizing Versus Satisficing: Happiness is a Matter of Choice, in: Journal of Personality and Social Psychology, Vol. 83 No. 5, S. 1178–1197. Bei diesem Verst¨ andnis geht auch eine optimale Preisbereitschaft mit einer geringen bzw. unter der optimalen liegenden Suchintensit¨ at einher, zumal auch bei einer solchen nicht der niedrigste Preis identifiziert werden muss. Bspw. unterscheiden Schwartz et al. Satisficers“ und Maximizers“. Nach ihrem Verst¨ andnis w¨ aren ” ” auch Konsumenten, die eine optimale Preisbereitschaft haben, Satisficers. Hier besteht das Argument hingegen nicht darin, dass eine Preisbereitschaft existieren kann, sondern darin, dass sie nicht die optimale H¨ ohe haben muss.
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten Die Theorie des Anspruchsniveaus ist auf Leistungsverhalten, bei dem sich eine Gesamthandlung aus mehreren Einzelhandlungen zusammensetzt, anwendbar. Das sequenzielle Preissuchverhalten der Konsumenten stellt eine Form solchen Leistungsverhaltens dar und somit l¨asst sich die Frage stellen, ob das Preissuchverhalten anspruchsniveautheoretisch erkl¨art werden kann. Im Folgenden wird dieser Frage nachgegangen, indem ein anspruchsniveautheoretisches Modell zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens entwickelt wird. Zu diesem Zweck werden die in Abschnitt 3.1 er¨ orterten Grundlagen der Theorie des Anspruchsniveaus, das Attainment-Discrepancy-Modell aus Abschnitt 3.2 sowie das Satisficing-Modell aus Abschnitt 3.3 aufgegriffen und vor dem Hintergrund weiterer verhaltenswissenschaftlicher und -¨ okonomischer Erkenntnisse erweitert. Zum Aufbau der folgenden Ausf¨ uhrungen: Die Anwendung der Theorie des Anspruchsniveaus auf einen konkreten Untersuchungsgegenstand erfordert Hypothesen zu den Zielen, die die entscheidenden Personen verfolgen. Eine Quelle f¨ ur Hypothesen in Bezug auf das sequenzielle Preissuchverhalten stellt die Forschung zur Beurteilung von Preisen durch Konsumenten dar. Aus dieser werden im folgenden Abschnitt 4.1 die zwei Hauptkonstrukte des Modells hergeleitet: erstens die Preisbereitschaft, die als Anspruchsniveau an den Preis aufgefasst wird, und zweitens das Anspruchsniveau an den Umfang der ” Preiskenntnisse“. Anschließend wird in den Abschnitten 4.2 und 4.3 darauf eingegangen, wie diese Anspruchsniveaus zustande kommen. In Abschnitt 4.4 wird das Modell zusammenfassend dargestellt.
4.1 Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Einflussfaktoren der Intensit¨ at der Preissuche Welche Ziele verfolgen Konsumenten bei der Preissuche – welche Bedingungen m¨ ussen mit anderen Worten erf¨ ullt sein, damit sie ihre Preissuche beenden? Eine naheliegende Quelle f¨ ur eine hypothetische Antwort auf diese Frage stellt die Forschung zur Beurteilung von Preisen durch Konsumenten dar, denn bei einem idealtypischen Kauf wird ein Preis beurteilt, bevor entschieden wird, ob er akzeptiert wird.373 4.1.1 Die Preisbeurteilung als Ausgangspunkt der Herleitung der Modellkonstrukte Einer in der Literatur verbreiteten Sichtweise zufolge beurteilen Konsumenten vor einer Kaufentscheidung zwei preisliche Gr¨ oßen: • Einerseits den geforderten Preis in Relation zur Qualit¨at und somit zur Leistung bzw. zum Nutzen des Produkts (dieses Urteil betrifft die Preisw¨ urdigkeit“) und ” • andererseits den geforderten Preis in Relation zu vergleichbaren Preisen ( Preisg¨ uns” tigkeit“).374 373 374
Vgl. bspw. Blackwell/Miniard/Engel (2006), S. 70. Vgl. bspw. Lenzen, Wolfgang (1983): Preisg¨ unstigkeit als hypothetisches Konstrukt: Ergebnisse ei-
S. van Baal, Das Preissuchverhalten der Konsumenten, DOI 10.1007/978-3-8349-7041-1_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
112
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
Eine andere, allerdings eng verwandte Sichtweise ist die Mental-Accounting-Theorie. Diese postuliert ebenfalls, dass Konsumenten vor einer Kaufentscheidung zwei Gr¨oßen beurteilen: • Die Differenz zwischen der monet¨ aren Bewertung des Produktnutzens und dem geforderten Preis (diese Differenz entspricht dem Akquisitionsnutzen“) und ” • die Differenz zwischen dem u ur das Produkt und dem geforderten ¨blichen“ Preis f¨ ”375 Preis ( Transaktionsnutzen“). ” Diese zwei Ans¨atze zur Erkl¨ arung der Preisbeurteilung basieren auf weitgehend identischen Grundlagen: • Sowohl das Preisw¨ urdigkeitsurteil als auch der Akquisitionsnutzen lassen sich als Gr¨oßen auffassen, die auf der Differenz zwischen dem Wert¨aquivalent“ und dem Preis ” basieren. Das Wert¨ aquivalent wird dabei als die monet¨are Bewertung des Nutzens, den eine Verkaufseinheit des Produkts einem Konsumenten stiftet, definiert.376 • Sowohl das Preisg¨ unstigkeitsurteil als auch der Transaktionsnutzen k¨onnen auf die Differenz zwischen dem internen Referenzpreis“ und dem Preis zur¨ uckgef¨ uhrt wer” den. Der interne Referenzpreis wird dabei als der Preis definiert, den ein Konsument als u ¨blich auffasst.377 ¨ Aufgrund der konzeptionellen Ahnlichkeit der Theorien werden im Folgenden beide herangezogen, um die Modellkonstrukte herzuleiten.378 Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Preis als akzeptabel eingestuft wird, ist umso gr¨oßer, je positiver beide Urteile bzw. Nutzenkategorien ausfallen.379 Dies kann so aufgefasst werden, dass ein Preis mit zwei internen Maßst¨ aben verglichen wird: dem Wert¨aquivalent und dem internen Referenzpreis. Je positiver beide Vergleiche ausfallen, desto gr¨oßer ist die Wahrscheinlichkeit der Akzeptanz des Preises, wobei mit Akzeptanz gemeint ist, dass
375 376 377
378
379
ner empirischen Untersuchung, in: Zeitschrift f¨ ur betriebswirtschaftliche Forschung, Jg. 35 Nr. 11/12, S. 952–962, hier: S. 952; M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 942f., 947-951; Lenzen, Wolfgang (1984a): Die Beurteilung von Preisen durch Konsumenten: Eine empirische Studie zur Verarbeitung von Preisinformationen des Lebensmitteleinzelhandels (Diss. Universit¨ at Trier 1983), Frankfurt am Main – Thun, S. 14, 35-40; Lenzen, Wolfgang (1984b): Die G¨ unstigkeit des Einkaufs (Preisw¨ urdigkeit)“ als Bestim” mungsfaktor f¨ ur die Einkaufsst¨ attenwahl von Konsumenten, in: FfH-Mitteilungen, Jg. 25 Nr. 3, S. 1–7, hier: S. 1f.; M¨ uller-Hagedorn (1986), S. 220-227; M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 275-294; Pechtl (2005), S. 19; Diller (2008), S. 138-140, 148; Simon/Fassnacht (2009), S. 168-170. Vgl. Thaler (1985), S. 205; Thaler (1999), S. 188f. Vgl. auch bspw. Monroe (2003), S. 176-178; Pechtl (2005), S. 33f. Vgl. Thaler (1985), S. 205. Vgl. zu Konzeptualisierungen des internen Referenzpreises bspw. a. a. O., S. 205f.; Diller, Hermann (1988): Das Preiswissen von Konsumenten: Neue Ansatzpunkte und empirische Ergebnisse, in: Marketing – Zeitschrift f¨ ur Forschung und Praxis, Jg. 10 Nr. 1, S. 17–24, hier: S. 19-21; Winer, Russell S. (1988): Behavioral Perspective on Pricing: Buyers’ Subjective Perceptions of Price Revisited, in: Devinney, Timothy M. (Hrsg.) (1988): Issues in Pricing: Theory and Research, Lexington – Toronto, S. 35–57, hier: S. 35-49; Monroe (2003), S. 130-135, 179, 183f.; Homburg/Koschate (2005), S. 394. ¨ ¨ Vgl. zur Ahnlichkeit der Theorien auch Diller (2008), S. 139. Trotz der Ahnlichkeit gibt es Unterschiede. Bspw. wird die Bedeutung von Preiskenntnissen bei der Konzeptualisierung des Preisg¨ unstigkeitsurteils st¨ arker betont als bei der des Transaktionsnutzens. Vgl. bspw. M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 948 bzw. Thaler (1985), S. 205. Weiterhin wird bei den Urteilen u urdigkeit und -g¨ unstigkeit ¨ber die Preisw¨ st¨ arker betont, dass sie mehr oder weniger sicher sein k¨ onnen. Dies wird unten aufgegriffen. Vgl. bspw. Lichtenstein, Donald R./Bloch, Peter H./Black, William C. (1988): Correlates of Price Acceptability, in: Journal of Consumer Research, Vol. 15 No. 2, S. 243–252, hier: S. 244; Urbany/ Bearden/Weilbaker (1988), S. 97, 107f.; Grewal/Monroe/Krishnan (1998), S. 48-56; Vaidyanathan, Rajiv/Aggarwal, Praveen/Stem, Donald E. Jr./Muehling, Darrel D./Umesh, U. N. (2000): Deal Evaluation and Purchase Intention: The Impact of Aspirational and Market-Based Internal Reference Prices, in: Journal of Product and Brand Management, Vol. 9 No. 3, S. 179–192, hier: S. 185.
4.1 Die Einflussfaktoren der Intensit¨ at der Preissuche
113
die Konsumenten bereit sind, den Preis zu zahlen.380 4.1.2 Die Preisbereitschaft als Einflussfaktor der Intensit¨ at der Preissuche Wenn Konsumenten Preise simultan beurteilen, d¨ urften sie den Preis akzeptieren, bei dem beide Urteile bzw. Nutzenkategorien den h¨ ochsten Wert annehmen, also den niedrigsten Preis. Dieser simple Fall d¨ urfte auf die Preissuche in idealtypischen“ Einzelhan” delsm¨arkten allerdings nur selten zutreffen, zumal sie im Allgemeinen sequenziell abl¨auft (siehe Seite 77). Wenn Konsumenten sequenziell nach Preisen suchen und diese mithin nicht simultan, sondern nacheinander beurteilen, stellt sich die Frage, wie hoch ein Preis maximal sein darf, damit die Preisbeurteilung so ausf¨ allt, dass der Preis akzeptabel ist. Mit anderen ¨ Worten existiert vermutlich ein kritischer Preis, bei dessen Uberschreiten die Preisw¨ urdigkeit und -g¨ unstigkeit bzw. der Akquisitions- und Transaktionsnutzen nicht mehr als ausreichend positiv beurteilt werden, um den Preis als akzeptabel einzustufen.381 Dieser kritische Preis ist definitionsgem¨ aß die Preisbereitschaft, also der maximale Geldbetrag, den ein Konsument f¨ ur eine Verkaufseinheit eines bestimmten Produkts an einen Anbieter zu entrichten bereit ist. Die Preisbereitschaft muss weder dem Wert¨ aquivalent, also der monet¨aren Bewertung des Produktnutzens, noch dem internen Referenzpreis, also dem als u ¨blich angesehenen Preis, entsprechen: Die Preisbereitschaft muss nicht mit dem Wert¨aquivalent identisch sein, da sie nicht (nur) auf der Einsch¨ atzung des Produktnutzens basieren muss, sondern (auch) beispielsweise von den Preiskenntnissen abh¨ angen kann.382 Die Preisbereitschaft muss nicht mit dem internen Referenzpreis identisch sein, denn nicht immer werden Konsumenten h¨ochstens den als u ¨blich angesehenen Preis zu zahlen bereit sein; die Preisbereitschaft kann u ¨ber oder unter dem internen Referenzpreis oder gleichauf mit ihm liegen.383 Die Preisbereitschaft ist das erste Hauptkonstrukt des hier entwickelten Modells. Wie die in den Abschnitten 2.1.2 und 2.1.3 dargestellten sequenziellen mikro¨okonomischen Erkl¨ arungsans¨atze basiert das Modell also auf der Vermutung, dass ein kritischer Preis existiert, anhand dessen Konsumenten die Preisforderungen der Anbieter in die zwei Klassen akzeptabel“ und inakzeptabel“ einordnen. ” ” In Abbildung 4.1 wird der vermutete Zusammenhang zwischen der Beurteilung und der Akzeptanz eines Preises beispielhaft veranschaulicht. Dabei wird auf die Unterscheidung zwischen Preisw¨ urdigkeit und -g¨ unstigkeit Bezug genommen, es k¨onnte jedoch analog anhand von Akquisitions- und Transaktionsnutzen argumentiert werden. Die Abbildung ist wie folgt zu interpretieren: Im dargestellten Beispielfall weist ein Konsument eine 380
381 382
383
Vgl. Lichtenstein/Bloch/Black (1988), S. 243f.; Urbany/Bearden/Weilbaker (1988), S. 96; Rao, Akshay R./Sieben, Wanda A. (1992): The Effect of Prior Knowledge on Price Acceptability and the Type of Information Examined, in: Journal of Consumer Research, Vol. 19 No. 2, S. 256–270, hier: S. 256261. Auch Thaler (1985), S. 207 vermutet, dass Preise dann als akzeptabel eingestuft werden, wenn wenigstens eine bestimmte H¨ ohe des Akquisitions- und Transaktionsnutzens gegeben ist. Vgl. a. a. O., S. 205; Monroe (2003), S. 51. Auch aus den vorliegenden sequenziellen Suchmodellen folgt, dass die Preisbereitschaft im Allgemeinen kein Maß des Produktnutzens ist. Siehe Abschnitt 2.1.2 und 2.1.3. Vgl. auch Lichtenstein/Bloch/Black (1988), S. 243f.; Urbany/Bearden/Weilbaker (1988), S. 96f.; Compeau, Larry D./Grewal, Dhruv (1998): Comparative Price Advertising: An Integrative Review, in: Journal of Public Policy and Marketing, Vol. 17 No. 12, S. 257–273, hier: S. 258; Vaidyanathan et al. (2000), S. 180f.
114
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
Preisbereitschaft in H¨ ohe von P B auf; f¨ ur ihn sind daher Preise akzeptabel, die etwas niedriger als der interne Referenzpreis pr und deutlicher niedriger als das Wert¨aquivalent p˜ sind. Mit der Preisbereitschaft in H¨ ohe von P B geht einher, dass dieser Konsument bereit ist, jeden Preis zu akzeptieren, bei dem das Preisg¨ unstigkeitsurteil wenigstens P G(P B) und das Preisw¨ urdigkeitsurteil wenigstens P W (P B) betr¨agt. Abbildung 4.1: Ein Beispiel des vermuteten Zusammenhangs zwischen der Preisbeurteilung und der Preisakzeptanz
Preiswürdigkeit, Preisgünstigkeit
PW(PB)
PG(PB)
PB
pr
~ p
p PW(p)
Akzeptable Preise PG(p)
Mit: P W : Preisw¨ urdigkeitsurteil; P G: Preisg¨ unstigkeitsurteil; P B: Preisbereitschaft; pr : Interner Referenzpreis; p˜: Wert¨ aquivalent.
Anzumerken ist, dass die in Abbildung 4.1 und auch ansonsten in diesem Abschnitt vorgenommene Trennung von Preisw¨ urdigkeit und -g¨ unstigkeit bzw. von Akquisitions- und Transaktionsnutzen in erster Linie einem analytischen Zweck dient. Es ist zu vermuten, dass dem Konsumentenverhalten eher eine ganzheitliche Beurteilung zugrunde liegt, bei der beide Urteile bzw. Nutzenkategorien kombiniert werden.384 F¨ ur eine Erkl¨arung der Intensit¨at der Preissuche anhand der Preisbereitschaft ist die Frage, ob getrennt oder kombiniert beurteilt wird, nicht relevant – denn die Preisbereitschaft ist ein unidimensionaler Maßstab, mit dem Preise verglichen werden und anhand dessen Preise lediglich als akzeptabel“ oder inakzeptabel“ eingestuft werden (und nicht beispielsweise als preis” ” ” w¨ urdig“ und preisg¨ unstig“ oder nicht preisw¨ urdig“ und nicht preisg¨ unstig“). ” ” ” Die Preisbereitschaft erf¨ ullt somit eine ¨ ahnliche Funktion wie ein Anspruchsniveau im Satisficing-Modell von Simon (siehe Abschnitt 3.3): Beide Gr¨oßen sind unidimensionale Maßst¨abe, die dar¨ uber entscheiden, ob ein Preis bzw. eine Handlungsm¨oglichkeit als akzeptabel angesehen wird. Die Preisbereitschaft kann daher als Anspruchsniveau an den Preis aufgefasst werden. Bei diesem Anspruchsniveau handelt sich um einen H¨ ochstwert, mithin um ein nach ” 384
Vgl. zu dieser Vermutung Lenzen (1983), S. 952; M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 942f., 950; Lenzen (1984a), S. 41, 83f.; Lenzen (1984b), S. 1-3, 6; Thaler (1985), S. 205; Grewal/Monroe/ Krishnan (1998), S. 49, 54; Monroe (2003), S. 178f.; M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 291f.
4.1 Die Einflussfaktoren der Intensit¨ at der Preissuche
115
unten gerichtetes“ Anspruchsniveau (siehe Seite 107): Preise, die unter ihm liegen oder ihm entsprechen, sind akzeptabel; Preise, die u ¨ber ihm liegen, sind inakzeptabel. Ein im verbalen Sinne steigendes“ Anspruchsniveau geht somit mit einer Senkung des An” spruchsniveaus an den Preis bzw. der Preisbereitschaft einher. Im Folgenden wird daher begrifflich in erster Linie auf die Preisbereitschaft abgestellt, zumal bei dieser die verbal naheliegende und die formale Ver¨ anderungsrichtung identisch sind. Dies soll jedoch nicht dar¨ uber hinwegt¨auschen, dass die Preisbereitschaft theoretisch als Anspruchsniveau an den Preis aufgefasst wird. ¨ Den obigen Uberlegungen zufolge kommt es nur dann zu einem Kauf, wenn die Konsumenten einen Preis identifiziert haben, der laut ihrer Preisbereitschaft akzeptabel ist. Daran schließt sich die folgende Hypothese zum Preissuchverhalten an: H1: Die Konsumenten beenden ihre Preissuche fr¨ uhestens dann mit einem Kauf, wenn sie einen Preis identifiziert haben, der nicht u ¨ber ihrer Preisbereitschaft liegt. H1 ist als notwendige und nicht als hinreichende Bedingung formuliert: Mit der Hypothese wird nicht vermutet, dass die Preissuche beendet wird, sobald ein Preis identifiziert wird, der der Preisbereitschaft gerecht wird. Dies wird im folgenden Abschnitt begr¨ undet. Zur abh¨angigen Gr¨oße Kauf“ in H1 ist anzumerken, dass der Fall, dass Konsumenten ” ihre Preissuche ohne Kauf beenden, nicht behandelt wird. Ebenso wie die vorliegenden Ans¨ atze zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens (siehe Kapitel 2) dient das hier dargestellte Modell zur Erkl¨ arung der kaufvorbereitenden Preissuche, mithin zur Erkl¨arung zustande gekommener K¨ aufe und nicht auch zur Erkl¨ arung erfolglos“ abgebrochener ” Suchvorg¨ange. Zur unabh¨angigen Gr¨oße ist anzumerken, dass die Hypothese nicht auf den zuletzt identifizierten, sondern auf einen der identifizierten Preise abstellt. H1 besagt somit, dass die Suche fr¨ uhestens dann mit einem Kauf beendet wird, wenn zumindest der niedrigste identifizierte Preis nicht u unden, ¨ber der Preisbereitschaft liegt. Dies ist damit zu begr¨ dass sich das Modell auf Situationen bezieht, in denen Konsumenten die M¨oglichkeit zum Recall haben. Um dies formal festzuhalten, wird den in Abschnitt 1.3 formulierten sieben Annahmen die folgende hinzugef¨ ugt: A8: Die Konsumenten k¨ onnen zu Anbietern zur¨ uckkehren, die sie bei einem fr¨ uheren Suchschritt aufgesucht haben, ohne dass sich die Preise der Anbieter ge¨andert haben. Diese Annahme geht damit einher, dass sich die vorliegende Untersuchung auf die kurze“ ” arkten bezieht (siehe Abschnitt 1.3). Bei Preissuche in idealtypischen“ Einzelhandelsm¨ ” dieser Konstellation ist die M¨ oglichkeit zum Recall im Allgemeinen gegeben. Es ist denkbar, dass Konsumenten die M¨ oglichkeit zum Recall aus¨ uben, wenn sie nicht ausschließlich anhand ihrer Preisbereitschaft entscheiden, ob sie die Preissuche beenden, oder wenn ihre Preisbereitschaft im Lauf der Suche steigt. Auf die erste M¨oglichkeit wird im Folgenden eingegangen, auf die zweite in Abschnitt 4.2.2, wenn die Dynamik der Preisbereitschaft behandelt wird. 4.1.3 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Einflussfaktor der Intensit¨ at der Preissuche H1 zufolge stellt die Preisbereitschaft einen Einflussfaktor der Intensit¨at der Preissuche dar, denn aus der Hypothese folgt, dass die Suche unter ansonsten identischen Umst¨anden umso eher beendet wird, je h¨ oher die Preisbereitschaft ist. H1 ist jedoch nicht deterministisch in Bezug auf die Beendigung der Suche formuliert, denn es wird
116
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
nicht vermutet, dass die Suche beendet wird, sobald ein Preis identifiziert wird, der der Preisbereitschaft gerecht wird. Mit anderen Worten wird nicht postuliert, dass das Anspruchsniveau an den Preis allein maßgeblich f¨ ur die Entscheidung u ¨ber die Beendigung der Suche ist. Stattdessen wirkt es in Kombination mit einem zweiten Anspruchsniveau. ¨ Dieses zweite Anspruchsniveau basiert auf der Uberlegung, dass das Preisg¨ unstigkeitsurteil mehr oder weniger sicher sein kann,385 was auch so verstanden werden kann, dass die Einsch¨atzung des Transaktionsnutzens mehr oder weniger sicher sein kann. Es liegt nahe, zu vermuten, dass die Urteilssicherheit davon abh¨ angt, wie viele Vergleichspreise die Konsumenten kennen. Also kann vermutet werden, dass die Sicherheit des Preisg¨ unstigkeitsurteils bzw. die Sicherheit bei der Einsch¨ atzung des Transaktionsnutzens mit dem Umfang der Preiskenntnisse“ in Verbindung steht.386 Mit den Preiskenntnissen sind ” dabei die Vorstellungen, die die Konsumenten von den aktuellen Preisforderungen der Anbieter des Produkts haben, gemeint.387 Der Umfang der Preiskenntnisse entspricht der Anzahl dieser Vorstellungen bzw. der Anzahl der Preise, die die Konsumenten zu kennen glauben.388 Ausgehend von der Vermutung, dass Konsumenten das Ziel verfolgen, die Preisg¨ unstigkeit bzw. den Transaktionsnutzen beurteilen zu k¨ onnen,389 stellt sich die Frage, wie umfangreich die Preiskenntnisse sein m¨ ussen, bevor eine Kaufentscheidung getroffen wird. Diese Frage a¨hnelt der aus der Theorie des wahrgenommenen Risikos (siehe Abschnitt 2.2.1) abgeleiteten Frage, wie weit das Risiko einer Kaufentscheidung reduziert ¨ wird, bevor es zu einer Entscheidung kommt. Die Ahnlichkeit der Fragen ergibt sich daraus, dass die Sicherheit des Preisg¨ unstigkeitsurteils bzw. die Sicherheit bei der Einsch¨atzung des Transaktionsnutzens das Gegenst¨ uck zum wahrgenommenen Risiko, einen relativ hohen Preis zu zahlen, darstellt.390 Relativ“ bezieht sich dabei auf die Gesamtheit ” der Preise. Eine g¨angige Hypothese zu der Frage, wie weit das wahrgenommene Risiko reduziert wird, besteht darin, dass es bis es auf ein akzeptables Niveau gesenkt wird, bis es mit anderen Worten einem individuellen Schwellenwert gerecht wird (siehe Seite 66). Dieser Schwellenwert entspricht einem Anspruchsniveau an das verbleibende Risiko und ¨ahnelt somit im Umkehrschluss einem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse“. ” Dieses Anspruchsniveau ist das zweite Hauptkonstrukt des hier entwickelten Modells. Der Frage, wie weit das wahrgenommene Risiko reduziert wird und wie sicher das Preisg¨ unstigkeitsurteil bzw. die Einsch¨ atzung des Transaktionsnutzens sein muss, bevor es zu 385
386 387 388 389 390
Vgl. Lenzen (1983), S. 957, 961; M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 940, 947f.; Lenzen (1984a), S. 18, 36, 41, 116-118, 156; M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 274, 285; M¨ uller-Hagedorn, Lothar/Preißner, Markus (2006): Zur Beurteilung von Dauertiefpreisen und Aktionspreisen aus Konsumentensicht, in: Handel im Fokus – Mitteilungen des Instituts f¨ ur Handelsforschung an der Universit¨ at zu K¨ oln, Jg. 58 Nr. 1, S. 5–20, hier: S. 7f., 12; M¨ uller-Hagedorn, Lothar/Preißner, Markus/Wilke, Kai (2006): Die Rolle des Vertrauens bei der Beurteilung der Preisg¨ unstigkeit, in: Bauer/Neumann/Sch¨ ule (2006), S. 151–165, hier: S. 156, 162f. Auch das Preisw¨ urdigkeitsurteil kann mehr oder weniger sicher sein, zumal die Einsch¨ atzung des Produktnutzens unsicher sein kann. Bei der reinen“ Preissuche, die sich ” im Sinne der vorliegenden Untersuchung auf ein homogenes Produkt bezieht, f¨ ur das sich die Konsumenten vor Beginn der Suche entschieden haben (A1, siehe S. 4), kann der Produktnutzen jedoch als mit Sicherheit bekannt angesehen werden. Vgl. auch M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 948; Lenzen (1984a), S. 116-118; M¨ uller-Hagedorn/ Preißner (2006), S. 12; M¨ uller-Hagedorn/Preißner/Wilke (2006), S. 162f. Vgl. zur Definition von Preiskenntnissen auch M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 945; Diller (1988), S. 18; Pechtl (2005), S. 45. Vgl. auch Diller (1988), S. 17; Diller (2008), S. 133. Vgl. auch Monroe (2003), S. 176. Vgl. auch M¨ uller-Hagedorn/Preißner/Wilke (2006), S. 158.
4.1 Die Einflussfaktoren der Intensit¨ at der Preissuche
117
einem Kauf kommt, wird insofern indirekt mithilfe der Theorie des Anspruchsniveaus nachgegangen. Mit dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wird im Modell ber¨ ucksichtigt, wie viele Preise den Konsumenten bekannt sein m¨ ussen, bevor sie das Risiko, einen relativ hohen Preis zu zahlen, als ausreichend niedrig ansehen. Anders ausgedr¨ uckt wird mit dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse die Anzahl der Preise abgebildet, deren Kenntnis die Konsumenten anstreben, bevor sie sich ausreichend sicher sind, dass sie einen Preis identifiziert haben, der zu den niedrigsten im Markt geh¨ort. Die Einbeziehung eines eigenst¨ andigen Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse stellt einen wesentlichen Unterschied zwischen dem hier dargestellten Ansatz und vorliegenden Modellen zur Erkl¨ arung der sequenziellen Preissuche dar. So richtet sich die Entscheidung u uhrung eines Suchschritts in den mikro¨okonomischen Mo¨ber die Durchf¨ dellen der zweiten und dritten Generation (siehe Abschnitt 2.1.2 und 2.1.3) ausschließlich nach der H¨ohe der identifizierten Preise; wie viele Preise bekannt sind, spielt in diesen Modellen keine Rolle. Im Unterschied dazu wird hier nicht vermutet, dass ausschließlich die Preisbereitschaft u ¨ber die Beendigung der Suche entscheidet. Stattdessen wird der Sichtweise gefolgt, dass Sicherheit bzw. Unsicherheit [. . ] als eigenst¨andige Dimension ” bei der Abbildung des Kaufverhaltens angesehen werden“391 kann und dass es von dieser Sicherheit abh¨angt, ob weitere Preisinformationen eingeholt bzw. Anbieter aufgesucht werden. Die Vermutung, dass ein eigenst¨ andiges Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse existiert, spiegelt sich in entsprechenden Hypothesen und empirischen Erkenntnissen anderer Autoren wider: • Copeland trifft im Zuge seiner klassischen Definition von Shopping Goods die folgende Aussage: As a rule, [. . ] the specific store in which the purchase is to be made is not ” determined until after the offerings of at least two or three institutions have been inspected.“392 • Selten vermutet im Rahmen seiner Weiterentwicklung der Anspruchsanpassungstheorie (siehe Seite 104), dass das Entscheidungsverhalten in risikobehafteten Situationen anhand risikobezogener Zielgr¨ oßen“ erkl¨ art werden kann: Er schl¨agt vor, Anspruchs” niveaus in die Erkl¨ arung einzubeziehen, die Gr¨ oßen betreffen, die mit dem Risiko der Entscheidung in Verbindung stehen.393 Der Umfang der Preiskenntnisse ist eine solche Gr¨oße, f¨ ur die der folgende Zusammenhang gilt: [T]he greater the value of ” this variable, the smaller the risk.“394 • In der mikro¨okonomischen Literatur zum Preissuchverhalten finden sich Arbeiten, denen die Annahme zugrunde liegt, dass Konsumenten mehr als einen Anbieter aufsuchen, selbst wenn dies nicht optimal ist: [E]vidence shows that a substantial number ” of consumers always visit several stores before buying. [. . . A]t least some consumers will visit more than one store regardless of the nature of the existing price distribution.“395 • In der Literatur zum Konsumentenverhalten finden sich Hinweise darauf, dass externe Informationsaktivit¨ aten nur dann ergriffen werden, wenn die intern gespeicherten 391 392 393 394 395
M¨ uller-Hagedorn (1986), S. 109, wobei sich die Aussage auf Howard, John A./Sheth, Jagdish N. (1969): The Theory of Buyer Behavior, New York, insb. S. 35 bezieht. Copeland (1923), S. 283. Vgl. Selten (1998), S. 210f.; Selten (2001), S. 23. A. a. O. Wilde/Schwartz (1979), S. 544. Vgl. auch bspw. Stahl (1989), S. 702f.
118
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
bzw. bereits erlangten Informationen nicht als ausreichend empfunden werden.396 • Den experimentellen Ergebnissen von Kogut zufolge ist die Aus¨ ubung von Recalls oftmals darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass Konsumenten dazu tendieren, selbst nach der Identifikation eines grunds¨ atzlich akzeptablen Preises einige weitere Suchschritte durchzuf¨ uhren.397 • Die auf der Basis experimenteller Untersuchungen identifizierten Bounce-Regeln zur Erkl¨arung des Suchverhaltens von Hey (siehe Abschnitt 2.3.1) enthalten die Bedingung, dass – unabh¨ angig von den identifizierten Preisen – eine bestimmte Anzahl von Angeboten eingeholt wird, bevor anhand einer anderen Bedingung entschieden wird, ob eins der Angebote akzeptiert wird. Zusammenfassend ist zu vermuten, dass Konsumenten ihre Preissuche erst dann beenden, wenn sie eine subjektiv ausreichende Anzahl von Vergleichspreisen eingeholt haben. Somit ergibt sich die folgende Hypothese: H2: Die Konsumenten beenden ihre Preissuche fr¨ uhestens dann mit einem Kauf, wenn ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist. Zur unabh¨angigen Gr¨ oße in H2 ist anzumerken, dass in der vorliegenden Untersuchung vereinfachend davon ausgegangen wird, dass in jedem Suchschritt genau ein Anbieter aufgesucht und genau ein Preis identifiziert wird. Somit entspricht der Umfang der Preiskenntnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt der Anzahl der Suchschritte, die bis zu diesem Zeitpunkt durchgef¨ uhrt wurden. 4.1.4 Die Kombination aus Preisbereitschaft und Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Einflussfaktor der Intensit¨ at der Preissuche Mit H1 und H2 werden zwei notwendige Bedingungen f¨ ur die Beendigung der Preissuche formuliert: Bei beiden Hypothesen wird postuliert, dass die Preissuche fr¨ uhestens dann mit einem Kauf beendet wird, wenn die jeweilige Bedingung erf¨ ullt ist. Als hinreichende Bedingung f¨ ur die Beendigung der Preissuche ergibt sich die Kombination von H1 und H2 in Form der folgenden Hypothese: H3: Die Konsumenten beenden ihre Preissuche dann mit einem Kauf, wenn sie einen Preis identifiziert haben, der nicht u ¨ber ihrer Preisbereitschaft liegt und ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist. Die abh¨angige Gr¨oße in H3 ist die Beendigung der Preissuche mit einem Kauf. Dabei handelt es sich um eine bin¨ are Variable, die in jedem Suchschritt die Auspr¨agungen Wahr“ (Beendigung der Preissuche mit einem Kauf) oder Falsch“ (Fortf¨ uhrung der ” ” 396
397
Vgl. bspw. Cox (1967c), S. 607; Kuhlmann (1970), S. 50; Newman/Staelin (1972), S. 256; Newman/ Staelin (1973), S. 23; Bettman (1979), S. 87f., 106, 112; Weinberg (1981), S. 94; Ratchford (1982), S. 201; Lenzen (1984a), S. 14-19; Kuß (1987), S. 147f.; Wilde (1987), S. 222, 230f.; Ratchford (2001), S. 409; Diehl, Kristin (2005): When Two Rights Make a Wrong: Searching Too Much in Ordered Environments, in: Journal of Marketing Research, Vol. 42 No. 3, S. 313–322, hier: S. 319; Blackwell/ Miniard/Engel (2006), S. 110f.; Grewal, Dhruv/Lindsey-Mullikin, Joan (2006): The Moderating Role of the Price Frame on the Effects of Price Range and the Number of Competitors on Consumers’ Search Intentions, in: Journal of the Academy of Marketing Science, 34 1, S. 55–62, hier: S. 58-60; Kroeber-Riel/Weinberg/Gr¨ oppel-Klein (2009), S. 425. Die externe kann also durch die interne Informationssuche substituiert werden. Es existieren allerdings auch Hinweise darauf, dass die Suchintensit¨ at umso gr¨ oßer sein kann, je umfangreicher das Vorwissen ist; vgl. die in Fußnote 167 auf S. 61 genannten Quellen. Diese Hinweise betreffen jedoch heterogene Produkte und basieren bspw. darauf, dass die Anzahl der ber¨ ucksichtigten Produktattribute mit dem Vorwissen steigen kann. Vgl. Kogut (1992), S. 145, 147. Siehe auch S. 40.
4.1 Die Einflussfaktoren der Intensit¨ at der Preissuche
119
Preissuche) annehmen kann. Zwischen dieser bin¨ aren Variable und der Intensit¨at der Preissuche besteht eine definitorische Beziehung: Je eher sie die Auspr¨agung Wahr“ ” annimmt, desto geringer ist die Intensit¨ at der Preissuche. Das hier dargestellte Modell dient dazu, zu erkl¨aren, wann diese Auspr¨ agung eintritt. Anders ausgedr¨ uckt dient das Modell dazu, die Wahrscheinlichkeit, dass die Suche in einem Suchschritt beendet wird, zu erkl¨aren. Die Suchintensit¨ at wird somit indirekt erkl¨ art, wodurch dem unterstellten sequenziellen Charakter der Preissuche Rechnung getragen wird.398 ¨ In Abbildung 4.2 und Gleichung 4.1 werden die obigen Uberlegungen zusammengefasst und formalisiert. Abbildung 4.2: Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als unabh¨ angige Gr¨ oßen
prtT := pr(kauft = 1) = a0 + a1 EP Bt + a2 EANtU P K + a3 EP Bt EANtU P K
(4.1)
mit: prtT : Wahrscheinlichkeit, dass die Preissuche in Suchschritt t beendet wird; pr(kauft = 1): Wahrscheinlichkeit, dass kauf = 1 in Suchschritt t gilt; kauf = 1 wenn die Preissuche beendet wird (sonst kauf = 0); EP Bt = 1 wenn P Bt ≥ pmin gilt (sonst EP Bt = 0); t P B: Preisbereitschaft; pmin : Niedrigster bekannter Preis; EANtU P K = 1 wenn ANtU P K ≤ t gilt (sonst EANtU P K = 0);
AN U P K : Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse; ak : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3);
t: Index der Suchschritte (t = 1, 2, . . . , T ). Gleichung 4.1 ist wie folgt zu interpretieren: • Die zu erkl¨arende Gr¨ oße ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Suche in Suchschritt t beendet wird. Diese Wahrscheinlichkeit wird mit prtT gekennzeichnet. Sie entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass die bin¨ are Variable kauf in Suchschritt t den Wert 1 annimmt. 398
Vgl. auch bspw. Hey (1991), S. 106; Hey (1993), S. 89f.; H¨ aubl/Dellaert/Donkers (2010), S. 445.
120
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
• Die erkl¨arenden Gr¨ oßen sind bin¨ are Variablen, die die Erf¨ ullung der Anspruchsniveaus widerspiegeln. EP B nimmt den Wert 1 an, wenn der niedrigste bekannte Preis der Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist. EAN U P K nimmt den Wert 1 an, wenn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist. • Der Modellparameter a0 repr¨ asentiert die Wahrscheinlichkeit, dass die Suche beendet wird, wenn alle erkl¨ arenden Gr¨ oßen den Wert 0 annehmen. H1 und H2 implizieren a0 = 0: Den Hypothesen zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Suche beendet wird, wenn beide Anspruchsniveaus nicht erf¨ ullt sind, bei null. • Die Parameter a1 , a2 und a3 bemessen den Einfluss der Erf¨ ullung der Anspruchsniveaus auf die Wahrscheinlichkeit, dass die Suche beendet wird. H1 bis H3 zufolge gilt a1 = a2 = 0 und a3 = 1. Die erste Bedingung besagt, dass die Suche nicht beendet wird, wenn nur eins der zwei Anspruchsniveaus erf¨ ullt ist. Die zweite Bedingung besagt, dass die Suche beendet wird, wenn beide Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind. Wenn das Modell das Verhalten der Konsumenten exakt erkl¨art, reduziert sich Gleichung 4.1 zu prtT = EP Bt EANtU P K . Die allgemeinere Form von Gleichung 4.1 erlaubt es, etwaige Abweichungen vom Idealfall zu quantifizieren. Aus diesem Grund werden auch folgende Modellgleichungen in allgemeiner Form angegeben. Zur Veranschaulichung und Einordnung des Modells sei darauf hingewiesen, dass H3 als Spezialfall der multiattributiven Variante des Satisficing-Modells von Simon (siehe Seite 99) aufgefasst werden kann. In diesem Modell wird eine multiattributive Handlungsm¨oglichkeit als akzeptabel beurteilt und ergriffen, wenn sie alle Anspruchsniveaus an ihre Eigenschaften erf¨ ullt. Dieser Vermutung entspricht H3 insofern, als dass sich Handlungsm¨oglichkeiten (im Modell von Simon) als Transaktionsm¨oglichkeiten“ (im ” hier dargestellten Modell) auffassen lassen. Die Transaktionsm¨oglichkeiten sind durch zwei Eigenschaften charakterisiert: die H¨ ohe des zu zahlenden Preises und die Sicherheit bei der Beurteilung des Preises. Somit wird hier vermutet, dass Konsumenten Transaktionsm¨oglichkeiten anhand von zwei Anspruchsniveaus beurteilen: anhand der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse. Wenn eine Transaktionsm¨oglichkeit dadurch gekennzeichnet ist, dass beide Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind, handelt es sich um eine akzeptable Transaktionsm¨oglichkeit“ als Unterfall ” der akzeptablen Handlungsm¨ oglichkeit“ im Modell von Simon (Abbildung 4.3). ” W¨ahrend sich die bisherigen Ausf¨ uhrungen auf die Bedeutung der zwei Anspruchsniveaus f¨ ur die Suchintensit¨ at beziehen, wird im Folgenden darauf eingegangen, wie sie zustande kommen.
4.2 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße In den folgenden Abschnitten werden Hypothesen zum Zustandekommen der Preisbereitschaft hergeleitet. Wie bei der Darstellung der Theorie des Anspruchsniveaus in Kapitel 3 wird zuerst auf den Beginn der Suche und somit auf statische Zusammenh¨ange eingegangen (Abschnitt 4.2.1), bevor die Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche und somit ihre Dynamik behandelt wird (4.2.2). Anschließend werden die Hypothesen zum Zustandekommen der Preisbereitschaft zusammengefasst (4.2.3). 4.2.1 Die Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche Zu Beginn der Preissuche im Sinne des hier dargestellten Modells kennen die Konsumenten keinen Preis, zu dem das Produkt angeboten wird. Somit basiert das Modell wie
4.2 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße
121
Abbildung 4.3: Die Beurteilung von Transaktionsm¨ oglichkeiten anhand der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse
t
Akzeptable Transaktionsmöglichkeiten
ANUPK t
PBt
pmin t
die mikro¨okonomischen Modelle der dritten Generation (siehe Abschnitt 2.1.3) nicht auf ¨ der Annahme, dass den Konsumenten die Preisverteilung bekannt ist. Uber diese Modelle hinausgehend wird jedoch auch nicht unterstellt, dass die Konsumenten die Familie, der die Preisverteilung entstammt, kennen oder dass sie u ¨ber Vorwissen beispielsweise hinsichtlich der Preisstreuung oder der grunds¨ atzlich denkbaren Preise verf¨ ugen (siehe Seite 58 zu Anforderungen der mikro¨ okonomischen Modelle der dritten Generation an den Informationsstand der Konsumenten). Es wird also die folgende Annahme getroffen: A9: Zu Beginn der Preissuche haben die Konsumenten keine Informationen u ¨ber die im Markt geforderten Preise. Sobald eine Preisinformation aufgenommen wurde, ist diesem Verst¨andnis zufolge nicht mehr vom Beginn der Preissuche zu sprechen. Diese Auffassung stellt eine Vereinfachung dar, denn Konsumenten d¨ urften oftmals Preisinformationen aufgenommen haben, bevor sie sich dazu entscheiden, die Suche nach Preisen f¨ ur ein Produkt zu beginnen.399 Sie grenzt den Beginn der Preissuche jedoch eindeutig ab und entkr¨aftet das Problem, dass anderenfalls eine Theorie erforderlich w¨ are, die angibt, wie das Vorwissen hinsichtlich der Preise zustande kommt, wie es integriert wird und wie es mit den Preisen, die w¨ahrend der Suche identifiziert werden, kombiniert wird. Unter A9 kann die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche nicht von Preiskenntnissen abh¨angen, da solche Kenntnisse zu Beginn der Suche nicht vorliegen. Die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche kann jedoch von einigen Gr¨ oßen beeinflusst werden, die sich aus der Theorie des Anspruchsniveaus ergeben. Als solche Gr¨ oßen wurden in Abschnitt 3.5 die Extremwerte der prinzipiell identifizierbaren Handlungsm¨oglichkeiten, das Anspruchsniveau am Ende der vorhergehenden Suche nach ¨ ahnlichen Handlungsm¨oglichkeiten und die Grenzsuchkosten angef¨ uhrt.
399
Vgl. auch bspw. Martin/Moon (1992), S. 254; Moon/Martin (1996), S. 312.
122
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
Die Abh¨ angigkeit der Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche vom Wert¨ aquivalent Die prinzipiell identifizierbaren Handlungsm¨ oglichkeiten, auf die sich ein Anspruchsniveau bezieht, entsprechen bei der Preisbereitschaft den Preisen, zu denen die Konsumenten das Produkt prinzipiell kaufen w¨ urden. Als Maximum dieser prinzipiell akzep” tablen“ Preise kommt insbesondere das Wert¨ aquivalent in Betracht, das der monet¨aren Bewertung des Nutzens, den das Produkt stiftet, entspricht: Das Wert¨aquivalent d¨ urfte zumeist die Obergrenze der Preisbereitschaft sein, denn ein Kauf zu einem Preis, der dem Wert¨aquivalent entspricht, w¨ are gerade noch sinnvoll. Aus der allgemeinen Hypothese, dass das Anspruchsniveau positiv vom Maximum der prinzipiell identifizierbaren Handlungsm¨oglichkeiten abh¨ angt, ergibt sich somit die folgende spezifische Hypothese: H4: Je h¨oher das Wert¨ aquivalent ist, desto h¨ oher ist die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche. Da die Preisbereitschaft ein nach unten gerichtetes“ Anspruchsniveau darstellt (siehe ” Seite 114), entspricht das Maximum der prinzipiell akzeptablen Preise nicht dem aus der Theorie des Anspruchsniveaus bekannten Idealziel (siehe Seite 90). Stattdessen d¨ urfte das Idealziel beim Preissuchverhalten darin bestehen, einen m¨oglichst niedrigen Preis zu zahlen (dies deckt sich mit A4, siehe Seite 6). Bei der Preisbereitschaft entspricht das Idealziel mithin nicht dem Maximum, sondern dem Minimum der prinzipiell akzeptablen Preise. Formal kann dies so aufgefasst werden, dass das Idealziel darin besteht, einen Preis von null zu zahlen. Da es sich bei dem formalen Minimum in H¨ohe von null um eine Konstante handelt, wird hierzu keine Hypothese formuliert. Obwohl mit H4 vermutet wird, dass die Preisbereitschaft vom Wert¨aquivalent abh¨angt, wird nicht davon ausgegangen, dass das Wert¨ aquivalent immer die Obergrenze der Preisbereitschaft darstellt. Wie oben angemerkt d¨ urfte dies zwar zumeist der Fall sein, was sich auch so auffassen l¨ asst, dass Konsumenten im Allgemeinen danach streben, keinen negativen Akquisitionsnutzen zu realisieren. Die Preisbereitschaft kann jedoch u ¨ber dem Wert¨aquivalent liegen, wenn sich Konsumenten weniger von ihrer Einsch¨atzung des Produktnutzens als vom Transaktionsnutzen bzw. vom Ziel, einen im Vergleich zu anderen Preisen g¨ unstigen Preis zu zahlen, leiten lassen.400 H4 geht u ¨ber andere sequenzielle Modelle, die ebenfalls das Wert¨aquivalent einbezieokonomischen Modellen wird das Wert¨aquivalent als hen,401 hinaus: In diesen mikro¨ zus¨atzliche Bedingung aufgenommen, sodass Konsumenten nur dann kaufen, wenn ein identifizierter Preise sowohl ihrer Preisbereitschaft als auch ihrem Wert¨aquivalent gerecht wird. Auch dieser Sichtweise zufolge haben beide Konstrukte einen Einfluss auf die Kaufentscheidung bzw. die Entscheidung zur Beendigung der Preissuche. Mit H4 wird dar¨ uber hinaus postuliert, dass zwischen den Konstrukten ein Zusammenhang besteht. Die Vermutung eines positiven Zusammenhangs zwischen der monet¨aren Bewertung des Nutzens und der Preisbereitschaft wird durch empirische Erkenntnisse gest¨ utzt. Beispielsweise zeigen Rao und Sieben, dass die Preisbereitschaft von Konsumenten, die u ¨ber ein geringes Vorwissen zur Produktqualit¨ at (als m¨ oglicher Einflussfaktor des wahrgenommenen Produktnutzens) verf¨ ugen, eine niedrigere Preisbereitschaft aufweisen als Konsumenten mit einem umfangreicheren Vorwissen.402 Homburg, Koschate und Hoyer zeigen, dass die Preisbereitschaft umso h¨ oher ist, je gr¨ oßer die Zufriedenheit der Konsumenten 400 401 402
Vgl. Thaler (1985), S. 205. Siehe Fußnote 73 auf S. 26 zu Quellenangaben. Vgl. Rao/Sieben (1992).
4.2 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße
123
urfte ein Korrelat des wahrgenommenen mit einem Produkt ist;403 die Zufriedenheit d¨ Nutzens sein. Mit H4 wird die Vermutung in das Modell aufgenommen, dass die Preisbereitschaft umso h¨oher ist, je gr¨oßer der Nutzen ist, den ein Produkt den Konsumenten stiftet. Die Hypothese besagt jedoch nicht, dass die Preisbereitschaft der monet¨aren Bewertung des Produktnutzens entspricht – denn sie kann auch von anderen Gr¨oßen abh¨angen. Die Abh¨ angigkeit der Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche von ihrem Wert beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts Eine dieser Gr¨oßen sind Erfahrungen, die bei fr¨ uheren K¨aufen ¨ahnlicher Produkte ge¨ sammelt wurden: Der Theorie des Anspruchsniveaus zufolge kommt es zu einer Ubertragung des Anspruchsniveaus, wenn verwandte Gesamthandlungen nacheinander ausgef¨ uhrt werden (siehe Seite 90). Daraus folgt insbesondere, dass das Anspruchsniveau zu Beginn der Suche nach Handlungsm¨ oglichkeiten vom vorhergehenden Anspruchsniveau, also dem Anspruchsniveau am Ende der vorhergehenden Suche nach ¨ahnlichen Handlungsm¨oglichkeiten, abh¨ angen kann. Bei der Preissuche kann daher die Preisbereitschaft beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts als Anker der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche dienen: H5: Je h¨oher die Preisbereitschaft ist, die beim vorhergehenden Kauf eines a¨hnlichen Produkts gebildet wurde, desto h¨ oher ist die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche. H5 ¨ahnelt der Vermutung, dass Konsumenten Erfahrungen generalisieren, dass sie also beispielsweise ihre Erfahrungen bei vergangenen K¨ aufen auf neue K¨aufe u ¨bertragen.404 In diesem Sinne wird in der verhaltenswissenschaftlich orientierten Preisforschung vermutet, dass die Preise ¨ahnlicher Produkte in die Preisbeurteilung eingehen.405 Mit H5 wird eine Form der Generalisierung in das hier dargestellte Modell aufgenommen. Die Abh¨ angigkeit der Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche von den Grenzsuchkosten ¨ Uber diese zwei aus den psychologischen Grundlagen der Theorie des Anspruchsniveaus stammenden Einflussfaktoren hinaus wurde aus dem Satisficing-Modell die Hypothese abgeleitet, dass das Anspruchsniveau umso niedriger ist, je h¨oher die Kosten der Identifikation von Handlungsm¨ oglichkeiten sind (siehe Seite 99). Da die Preisbereitschaft ein nach unten gerichtetes Anspruchsniveau ist, kehrt sich die Wirkungsrichtung um und es ergibt sich die folgende Hypothese: H6: Je h¨oher die Grenzsuchkosten sind, desto h¨ oher ist die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche. Die Formalisierung der Hypothesen 4 bis 6 Gleichung 4.2 fasst die Hypothesen zum Zustandekommen der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche zusammen. P B0 = b0 + b1 p˜ + b2 P B−1 + b3 c 403
404 405
(4.2)
Vgl. Homburg, Christian/Koschate, Nicole/Hoyer, Wayne D. (2005): Do Satisfied Customers Really Pay More? A Study of the Relationship between Customer Satisfaction and Willingness to Pay, in: Journal of Marketing, Vol. 69 No. 2, S. 84–96. Vgl. bspw. Howard/Sheth (1969), S. 26, 42f.; Blackwell/Miniard/Engel (2006), S. 110. Vgl. bspw. Nystr¨ om (1970), S. 17f., 119-127; M¨ uller-Hagedorn (1983b), S. 948f.; Lenzen (1984a), S. 14, 17; Winer (1988), S. 49; Compeau/Grewal (1998), S. 258; M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 302-305; Diller (2008), S. 136.
124
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
mit: P B0 : Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche; p˜: Wert¨aquivalent; P B−1 : Beim vorhergehenden Kauf eines a ¨hnlichen Produkts gebildete (bzw. vorhergehende“) Preisbereitschaft; ” c: Grenzsuchkosten; bk : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3). Die Modellparameter in Gleichung 4.2 sind wie folgt zu interpretieren: • Die Modellkonstante b0 repr¨ asentiert den Einfluss von Faktoren, die im Modell nicht enthalten sind, auf die H¨ ohe der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche. Wenn das hier dargestellte Modell die H¨ ohe der Preisbereitschaft umfassend erkl¨art, gilt b0 = 0. • Die restlichen Parameter bemessen den Einfluss der drei erkl¨arenden Gr¨oßen auf die Preisbereitschaft. H4 zufolge gilt b1 > 0, H5 zufolge gilt b2 > 0 und H6 zufolge gilt b3 > 0. In Gleichung 4.2 wird auf lineare Zusammenh¨ ange abgestellt. Damit wird nicht ausgeschlossen, dass dar¨ uber hinaus nichtlineare Zusammenh¨ ange bestehen. Den Hypothesen zufolge h¨angt die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche jedoch so von den drei erkl¨arenden Gr¨oßen ab, dass der Zusammenhang linear approximiert werden kann. Dies gilt auch f¨ ur die weiteren Modellgleichungen, die in den folgenden Abschnitten hergeleitet werden. Weiterhin l¨asst sich anhand von Gleichung 4.2 erkennen, dass die erkl¨arenden Gr¨oßen m¨oglicherweise voneinander abh¨ angen, wenn man die Gleichung f¨ ur aufeinanderfolgende K¨ aufe fortschreibt: Die beim vorhergehenden Kauf eines ¨ahnlichen Produkts gebildete Preisbereitschaft h¨angt vermutlich von der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche nach Preisen f¨ ur das ¨ahnliche Produkt ab. Formal besteht also zwischen P B−1 und der voroglicher Zusammenhang. Die vorhergehende P B0 h¨angt jedoch hergehenden P B0 ein m¨ – wenn Gleichung 4.2 gilt – vom Wert¨ aquivalent p˜ und den Grenzsuchkosten c bei der vorhergehenden Suche ab. Gleichzeitig k¨ onnen p˜ und c bei der vorhergehenden Suche mit p˜ und c bei der aktuellen Suche korrelieren. P B−1 kann daher von p˜ und c bei der aktuellen Suche abh¨ angen und somit kann der Einfluss von p˜ und c auf P B0 in P B−1 enthalten sein. Dabei handelt es sich um Nebeneffekte, zu denen hier zwar keine eigenen Hypothesen formuliert werden, deren Existenz jedoch nicht auszuschließen ist. In Gleichung 4.2 wird die Preisbereitschaft mit einem Zeitindex versehen, der hier die Auspr¨agung 0, die den Beginn der Preissuche kennzeichnet, annimmt. Zeitpunkt 1 tritt ein, wenn die erste Preisinformation zur Kenntnis genommen wird. Die Zeitpunkte ab 1 werden im Folgenden als w¨ ahrend der Preissuche“ bezeichnet. ” 4.2.2 Die Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Preissuche Der Theorie des Anspruchsniveaus zufolge ist das Anspruchsniveau w¨ahrend der Suche nach Handlungsm¨oglichkeiten nicht konstant, sondern es ver¨andert sich, indem es sich an die identifizierten Handlungsm¨ oglichkeiten anpasst (siehe Seite 106). Da die Preisbereitschaft hier als Anspruchsniveau an den Preis aufgefasst wird, kann analog vermutet werden, dass sie nicht konstant ist, sondern dass sie sich im Lauf der Suche ver¨andert, indem sie sich an die Handlungsm¨ oglichkeiten, auf die sie sich bezieht, anpasst. Bei der Preisbereitschaft entsprechen die Handlungsm¨ oglichkeiten dem niedrigsten bekann-
4.2 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße
125
¨ ten Preis, denn dies ist der Preis, den Konsumenten den obigen Uberlegungen zufolge mit der Preisbereitschaft vergleichen, um zu entscheiden, ob sie ihre Suche fortsetzen oder beenden (Gleichung 4.1, siehe Seite 119). Somit l¨ asst sich die folgende Hypothese formulieren: H7: Die Preisbereitschaft passt sich w¨ ahrend der Suche an den niedrigsten bekannten Preis an. Die Formalisierung von Hypothese 7 Als Ausgangspunkt zur Formalisierung von H7 wird das Attainment-Discrepancy-Modell von Lewin at al. herangezogen, das in Abschnitt 3.2 als grundlegender Ansatz zur Erkl¨ arung der Ver¨anderung des Anspruchsniveaus w¨ ahrend einer Handlung vorgestellt wurde. Aus diesem Modell ergibt sich Gleichung 4.3 als m¨ogliche Formalisierung von H7. P Bt = c0 + c1 P Bt−1 + c2 pmin t−1 − P Bt−1
(4.3)
mit: ck : Modellparameter (k = 0, 1, 2); t: Index der Suchschritte (t = 2, 3, . . . , T ). Gleichung 4.3 zufolge h¨ angt die Preisbereitschaft von der Preisbereitschaft im vorigen Suchschritt ab (diese wird im Folgenden auch als vorige Preisbereitschaft“ bezeichnet) ” und von der Differenz zwischen dem vorigen niedrigsten bekannten Preis und der vorigen Preisbereitschaft. Da das Attainment-Discrepancy-Modell einen grundlegenden Erkl¨arungsansatz darstellt, ist es allgemein formuliert und nicht auf bestimmte Arten des Leistungsverhaltens bezogen, also auch nicht speziell auf das Suchverhalten. Um es auf H7 zu u ¨bertragen, wird Gleichung 4.3 in zweifacher Hinsicht modifiziert: • Erstens wird von einer anderen zeitlichen Abfolge ausgegangen. Das Attainment-Discrepancy-Modell postuliert, dass das f¨ ur die Beurteilung einer Leistung maßgebliche Anspruchsniveau vor der Erbringung der Leistung gesetzt wird.406 Die aktuelle Leistung hat demnach keinen Einfluss auf das aktuelle Anspruchsniveau, sondern erst auf das folgende Anspruchsniveau. Dem Attainment-Discrepancy-Modell liegt somit die Annahme zugrunde, dass das f¨ ur die Beurteilung einer Leistung maßgebliche Anspruchsniveau nicht unmittelbar nach der Erbringung der Leistung revidiert wird. In Bezug auf das Preissuchverhalten kann hingegen vermutet werden, dass eine solche Revision erfolgen kann: Die im aktuellen Suchschritt maßgebliche Preisbereitschaft kann unmittelbar nach der Identifikation des Preises gebildet werden. Dies l¨asst sich beispielsweise anhand des ersten Suchschritts verdeutlichen: Die Preisbereitschaft, die dar¨ uber entscheidet, ob der erste identifizierte Preis akzeptabel ist, kann von diesem Preis abh¨angen.407 Im Attainment-Discrepancy-Modell hingegen h¨angt das erste Anspruchsniveau nicht von der ersten Leistung ab. Aus diesem Grund ist Gleichung 4.3 erst ab t = 2 definiert. min ¨ Aufgrund dieser Uberlegung wird die Variable pmin t−1 in Gleichung 4.3 durch pt ersetzt. Damit wird die Vermutung abgebildet, dass die Preisbereitschaft, die dar¨ uber entscheidet, ob ein Preis akzeptabel ist, von diesem Preis abh¨angen kann. 406 407
Vgl. auch Lewin et al. (1944), S. 336. ¨ Vgl. auch Butler/Loomes (1997), S. 133f. Ahnlich sind auch die mikro¨ okonomischen Modelle der dritten Generation aufgebaut; siehe S. 46.
126
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
• Zweitens wird zwischen Preisen unterschieden, die niedriger sind als die vorige Preisbereitschaft und Preisen, die h¨ oher sind als die vorige Preisbereitschaft.408 In Gleichung 4.3 wird eine solche Unterscheidung nicht vorgenommen, denn negative und positive Differenzen werden gleich behandelt, da sich c2 auf beide F¨alle bezieht. Die Formalisierung von H7 erfordert es jedoch, zu unterscheiden: Wenn negative und positive Differenzen gleich behandelt werden, ist nicht auszuschließen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen dem niedrigsten bekannten Preis und der Preisbereitschaft ermittelt wird (c2 > 0), obwohl die Konsumenten ihre Preisbereitschaft ausschließlich an niedrigere oder ausschließlich an h¨ ohere Preise anpassen. H7 ist jedoch so zu verstehen, dass die Konsumenten ihre Preisbereitschaft sowohl an niedrigere als auch an h¨ohere Preise anpassen. ¨ Um diese Uberlegung ucksichtigen, wird der bei der Formalisierung von H7 zu ber¨ Term pmin − P Bt−1 aufgeteilt, sodass zwischen F¨ allen unterschieden wird, in denen t der niedrigste bekannte Preis h¨ oher ist als die vorige Preisbereitschaft und F¨allen, in denen der niedrigste bekannte Preis niedriger ist als die vorige Preisbereitschaft. F¨alle, in denen der niedrigste bekannte Preis der vorigen entspricht, min Preisbereitschaft wird also durch die werden beiden Kategorien zugeordnet. Der Term p − P B t−1 t zwei Terme max 0, pmin − P Bt−1 und min 0, pmin − P Bt−1 ersetzt. t t Zusammenfassend ergibt sich aufgrund dieser Modifikationen Gleichung 4.4 als Formalisierung von H7. In Abbildung 4.4 wird diese Gleichung in vereinfachter Form grafisch veranschaulicht. P Bt = c0 + c1 P Bt−1 + c2 max 0, pmin − P Bt−1 + c3 min 0, pmin − P Bt−1 t t (4.4) mit: ck : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3); t: Index der Suchschritte (t = 1, 2, . . . , T ). Abbildung 4.4: Die Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche
PBt-1 PBt pmin t
Gleichung 4.4 ist wie folgt zu interpretieren: • Der Parameter c0 entspricht dem Zieldiskrepanzparameter im Attainment-Discrepancy-Modell. Dieser bringt allgemein zum Ausdruck, dass eine Tendenz bestehen kann, das Anspruchsniveau in Richtung des Idealziels zu ver¨andern. Beim Preissuchverhalten d¨ urfte das Idealziel darin bestehen, einen niedrigen Preis bzw. formal einen Preis von null zu zahlen (siehe Seite 122). Insofern wird hier vermutet, dass c0 ≤ 0 gilt. Dieser Bedingung zufolge tendieren Konsumenten dazu, ihre Preisbereitschaft im Lauf 408
Murphy/Mezias/Chen (2001), S. 128f., 133f. schlagen eine ¨ ahnliche Modifikation des Attainment-Dis¨ crepancy-Modells vor, basierend auf Uberlegungen zu einem Framing-Effekt. Vgl. auch Greve (1998), S. 61f., 71; Greve (2003), S. 59-62, 125f.
4.2 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße
127
der Suche unter ansonsten identischen Umst¨ anden zu senken. • Mit dem Parameter c1 wird modelliert, dass die Preisbereitschaft von ihrem vorigen Wert abh¨angt. Der Theorie des Anspruchsniveaus zufolge handelt es sich um eine starke Abh¨angigkeit und daher wird vermutet, dass die Bedingung c1 = 1 gilt. • Der Parameter c2 bezieht sich auf die F¨ alle, in denen der niedrigste bekannte Preis u ¨ber der vorigen Preisbereitschaft liegt. Aus H7 folgt, dass die Bedingung 0 < c2 ≤ 1 are, w¨ urde sich die Preisbereitschaft nicht an den niedgilt: Wenn c2 kleiner als null w¨ rigsten bekannten Preis anpassen, sondern sie w¨ urde sich in die gegenteilige Richtung urde sich die Preisbereitschaft nicht an den niedentwickeln. W¨are c2 gleich null, w¨ rigsten bekannten Preis anpassen. Wenn c2 gr¨ oßer als eins w¨are, w¨ urde sich die Preisbereitschaft nicht an den niedrigsten bekannten Preis anpassen, sondern sie w¨ urde u ¨ber den niedrigsten bekannten Preis hinaus steigen. • Mit dem Parameter c3 werden die F¨ alle erfasst, in denen der niedrigste bekannte Preis unter der vorigen Preisbereitschaft liegt. H7 zufolge gilt die Bedingung 0 < c3 ≤ 1. Die Gr¨ unde f¨ ur diese Bedingung entsprechen denen bei c2 . Alternativ k¨onnte vermutet werden, dass c3 = 1 gilt. Dies w¨ urde bedeuten, dass die Preisbereitschaft immer auf den niedrigsten bekannten Preis f¨allt, wenn die vorige Preisbereitschaft u ¨ber diesem Preis liegt. Die Theorie des Anspruchsniveaus postuliert jedoch keine vollst¨ andige, sondern eine graduelle Anpassung des Anspruchsniveaus an die identifizierten Handlungsm¨ oglichkeiten. In Bezug auf das Preissuchverhalten kann in diesem Sinne vermutet werden, dass die Preisbereitschaft zwar gesenkt wird, wenn der niedrigste bekannte Preis unter ihr liegt, aber nicht unbedingt bis auf diesen Preis. Zwar ist zu vermuten, dass Konsumenten im Allgemeinen bei dem Anbieter mit dem niedrigsten bekannten Preis kaufen, wenn Homogenit¨at vorausgesetzt wird (wie hier mit A1, siehe Seite 4). Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass bei der Anpassung der Preisbereitschaft an den niedrigsten bekannten Preis Tr¨agheit besteht.409 • Die Parameter c2 und c3 m¨ ussen einander nicht entsprechen. Stattdessen ist zu vermuten, dass die Bedingung c2 < c3 gilt: Eine Senkung der Preisbereitschaft (c3 ) ist mit dem vermuteten Idealziel – der Zahlung eines m¨oglichst niedrigen Preises – kompatibel, eine Steigerung (c2 ) hingegen nicht. Dar¨ uber hinaus ist es im Sinne des Satisficing-Modells und von Natur aus einfacher“, die Preisbereitschaft zu senken, ” wenn der niedrigste bekannte Preis unter ihr liegt (c3 ), als sie zu erh¨ohen, wenn der niedrigste bekannte Preis u unden d¨ urften Senkungen ¨ber ihr liegt (c2 ). Aus diesen Gr¨ der Preisbereitschaft st¨ arker ausfallen als Steigerungen.410 H7 wird mit c2 und c3 formalisiert; diese Modellparameter sind mithin von besonderer Bedeutung. Die weiteren Parameter dienen dazu, die Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche der Theorie des Anspruchsniveaus entsprechend zu modellieren. Ein Beispiel zu Hypothese 7 In Tabelle 4.1 und Abbildung 4.5 werden H7 und ihre Formalisierung durch Gleichung 4.4 anhand eines Beispiels veranschaulicht. Dabei werden die Parameterwerte c0 = −1, c1 = 1, c2 = 0,5 und c3 = 0,8 unterstellt. In diesem Beispielfall beginnt ein Konsument seine Preissuche mit einer Preisbereitschaft in H¨ ohe von 50 und identifiziert sukzessive die Preise 80, 70, 75 und 60 (jeweils in Geldeinheiten). Aufgrund dieser identifizierten Preise steigt die Preisbereitschaft in den ersten drei Suchschritten kontinuierlich, bevor sie im vierten Suchschritt f¨ allt. In diesem Schritt wird die Suche beendet und der Kauf 409 410
Vgl. auch Gilboa/Schmeidler (2001), S. 218. Vgl. auch die in Fußnote 338 auf S. 102 genannten Quellen.
128
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
uhrt, wenn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wird zu p4 durchgef¨ erf¨ ullt ist. Tabelle 4.1: Ein Beispiel zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche
P B0
p1 pmin 1
P B1
p2 pmin 2
P B2
p3 pmin 3
P B3
p4 pmin 4
P B4
50
80 80
64
70 70
66
75 70
67
60 60
60
Abbildung 4.5: Ein Beispiel zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche
Symbolerl¨ auterung: ◦: P Bt ; ×: pt ; −−−: pmin . t
Anmerkungen zu Hypothese 7 H7 zufolge h¨angt die Preisbereitschaft vom niedrigsten bekannten Preis ab. Es ist allerdings zu vermuten, dass die Preisbereitschaft auch von anderen Preisen beeinflusst wird: Wenn die vorige Preisbereitschaft niedriger ist als der niedrigste bekannte Preis und ein Preis identifiziert wird, der h¨ oher ist als der niedrigste bekannte Preis (P Bt−1 < pmin < t urfte die Preisbereitschaft st¨ arker steigen als wenn der identifizierte Preis der niedpt ), d¨ rigste bekannte Preis ist (P Bt−1 < pmin = pt ). Mit anderen Worten kann ein Preis, der t u ¨ber dem niedrigsten bekannten Preis liegt, die Anpassung der Preisbereitschaft an den ) kann niedrigsten bekannten Preis verst¨ arken. Im umgekehrten Fall (P Bt−1 > pt > pmin t ein Preis, der u ¨ber dem niedrigsten bekannten Preis liegt, die Anpassung der Preisbereitschaft an den niedrigsten bekannten Preis abschw¨ achen. Aus beiden F¨allen folgt, dass die Preisbereitschaft umso h¨ oher sein d¨ urfte, je gr¨ oßer die Differenz zwischen dem zuletzt identifizierten Preis und dem niedrigsten bekannten Preis ist.411 Mit H7 wird vermutet, dass der niedrigste bekannte Preis maßgeblich ist, um die Ver¨anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche zu erkl¨ aren. Damit soll nicht ausgeschlossen werden, dass die Preisbereitschaft auch von anderen Preisen beeinflusst wird. Weiterhin geht H7 damit einher, dass die Preisbereitschaft bei fortgesetzter Suche steigt, wenn nur relativ hohe Preise identifiziert werden.412 Demzufolge kann ein zur¨ uckgewiesener Preis bei einem sp¨ ateren Suchschritt akzeptabel werden: Die m¨ogliche Steigerung 411 412
Vgl. auch H¨ aubl/Dellaert/Donkers (2010), S. 441f. Vgl. zu diesem Effekt in alternativen (nicht verhaltenswissenschaftlich fundierten) Modellen des Suchverhaltens Rothschild (1974), S. 699f., 704; Rosenfield/Shapiro (1981), S. 8; Martin/Moon (1992), S. 259f.; Chou/Talmain (1993), S. 776, 778; Bikhchandani/Sharma (1996), S. 337-345.
4.3 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨angige Gr¨oße 129 der Preisbereitschaft im Lauf der Suche kann dazu f¨ uhren, dass Konsumenten weniger ” w¨ahlerisch“ werden und dass ein urspr¨ unglich als inakzeptabel beurteilter Preis akzeptabel wird, wenn h¨ohere Preise identifiziert wurden. Die Tendenz zur Beendigung der Suche wird somit mit der Dauer der Suche st¨ arker, da die Preisbereitschaft tendenziell undete steigt, wenn die Suche fortgef¨ uhrt wird.413 Die anspruchsniveautheoretisch begr¨ Steigerung der Preisbereitschaft stellt somit eine hinreichende (allerdings keine notwendige) Erkl¨arung f¨ ur die empirische Beobachtung dar, dass Recalls ausge¨ ubt werden.414 In diesem Sinne ¨ahnelt ein Recall der Umdefinition“ einer fr¨ uheren Leistung im Sinne Hop” pes, die es erm¨oglicht, eine Handlung abzubrechen, ohne subjektiv mit einem Misserfolg geendet zu haben (siehe Abschnitt 3.1.4). Es ist ebenfalls m¨oglich, dass Konsumenten im Lauf der Suche w¨ahlerischer“ werden, ” indem ein Preis, der bei einem fr¨ uheren Suchschritt als akzeptabel beurteilt wurde, bei einem sp¨ateren Suchschritt inakzeptabel wird, wenn die identifizierten Preise zu einer Senkung der Preisbereitschaft gef¨ uhrt haben. Dies setzt voraus, dass die Suche ¨ trotz der Identifikation eines akzeptablen Preises fortgesetzt wird, was den Uberlegungen in Abschnitt 4.1 zufolge auf ein nicht erf¨ ulltes Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zur¨ uckzuf¨ uhren sein kann. Aus beiden F¨allen folgt, dass eine Preisbereitschaft, die vor dem Ende der Suche gebildet (oder gemessen) wird, nicht unbedingt maßgeblich f¨ ur die Kaufentscheidung ist. Eine statische Preisbereitschaft stellt lediglich einen Spezialfall dar, der eintritt, wenn in Gleichung 4.4 die Parameterwerte c0 = c2 = c3 = 0 und c1 = 1 gelten. Die empirische Beobachtung von Recalls und die naheliegende Vermutung, dass Konsumenten im Lauf der Suche weniger w¨ ahlerisch oder w¨ ahlerischer werden k¨onnen, stellen Indizien f¨ ur H7 dar. Dar¨ uber hinaus wird die Hypothese dadurch gest¨ utzt, dass sie mit empirisch beobachteten Biases wie beispielsweise der Orientierung an relativen Werten, der Verlustaversion, dem Sunk-Cost-Effekt, der fehlerhaften Ber¨ ucksichtigung von bedingten Wahrscheinlichkeiten und der Ausrichtung der Preisbereitschaft an Ankern vom Grundsatz her in Einklang steht (siehe Abschnitt 3.5). 4.2.3 Die Hypothesen zum Zustandekommen der Preisbereitschaft im ¨ Uberblick In Abbildung 4.6 werden die Hypothesen, mit denen die H¨ohe der Preisbereitschaft erkl¨art wird, zusammengefasst. Dabei werden einige Vereinfachungen vorgenommen: Die beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts gebildete Preisbereitschaft wird als vorhergehende Preisbereitschaft bezeichnet, der niedrigste bekannte Preis wird durch die identifizierten Preise repr¨ asentiert und der mit H7 formulierte dynamische Zusammenhang wird nur angedeutet.
4.3 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨ angige Gr¨ oße Im Folgenden wird auf das Zustandekommen des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse eingegangen. Wie bei der Preisbereitschaft werden zun¨achst statische Zusammenh¨ange behandelt (Abschnitt 4.3.1) und danach dynamische Zusammenh¨ange 413 414
Vgl. auch Schumacher (1994), S. 117f. Siehe zu dieser Beobachtung die ab S. 37 berichteten Ergebnisse von Schotter/Braunstein (1981), Kogut (1990), Kogut (1992) und Sonnemans (1998).
130
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
Abbildung 4.6: Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße
Wertäquivalent
H4
Preisbereitschaft (Anspruchsniveau an den Preis)
H5 Vorhergehende Preisbereitschaft
Grenzsuchkosten
H6
H7
Höhe der während der Suche identifizierten Preise
(4.3.2). Anschließend werden die Hypothesen zusammengefasst (4.3.3). 4.3.1 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche Als allgemeine Faktoren, die das Anspruchsniveau zu Beginn der Suche nach Handlungsm¨oglichkeiten beeinflussen, wurden in Abschnitt 3.5 die Extremwerte der prinzipiell identifizierbaren Handlungsm¨ oglichkeiten, das Anspruchsniveau am Ende der vorhergehenden Suche nach ¨ ahnlichen Handlungsm¨ oglichkeiten und die Grenzsuchkosten genannt. Im Folgenden werden diese Faktoren auf das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse u ¨bertragen. Die Abh¨ angigkeit des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche von der Anzahl der Anbieter Mit dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wird modelliert, dass Konsumenten das Ziel verfolgen, das Risiko, einen relativ zur Gesamtheit der Preise hohen Preis zu zahlen, bis auf einen individuellen Schwellenwert zu senken (siehe Abschnitt 4.1.3). Die Handlungsm¨ oglichkeiten der Theorie des Anspruchsniveaus entsprechen beim Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse dem Kauf des Produkts bei einem bestimmten Umfang der Preiskenntnisse bzw. bei einem bestimmten Risiko, einen relativ hohen Preis zu zahlen. Als Maximum der prinzipiell identifizierbaren Handlungsm¨oglichkeiten ist die vollst¨ andige Beseitigung dieses Risikos anzusehen; diese entspricht dem Idealziel im Sinne der Theorie des Anspruchsniveaus (siehe Seite 90). Das Risiko, einen relativ hohen Preis zu zahlen, ist vollst¨andig beseitigt, wenn die Preiskenntnisse alle im Markt geforderten Preise abdecken und wenn folglich alle Anbieter des Produkts aufgesucht wurden (das hier entwickelte Modell unterstellt im Unterschied zu den grundlegenden mikro¨ okonomischen Modellen aus Abschnitt 2.1 nicht, dass die Anzahl der Anbieter unendlich groß ist). Das h¨ ochstm¨ogliche Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse entspricht somit der Anzahl der Anbieter und daher ist diese Anzahl ein m¨oglicher Einflussfaktor des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche. Die Anzahl der Anbieter kann sich zwar nicht unmittelbar auf das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse auswirken, zumal sie den Konsumenten im Allgemeinen nicht mit Sicherheit bekannt ist. Insofern ist grunds¨atzlich auf die Vermutungen der Konsumenten und somit auf die Gr¨ oße des auf Anbieter bezogenen Awareness Sets“ ”
4.3 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨angige Gr¨oße 131 (siehe Seite 61) abzustellen. Die Gr¨ oße des Awareness Sets d¨ urfte jedoch mit der Anzahl der Anbieter in Verbindung stehen und daher kann sich diese mittelbar auf das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse auswirken. ¨ Aus diesen Uberlegungen ergibt sich die folgende Hypothese: H8: Je gr¨oßer die Anzahl der Anbieter des Produkts ist, desto h¨oher ist das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche. Mit H8 wird auf das Maximum der prinzipiell m¨ oglichen Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse abgestellt. Das Minimum liegt bei eins, denn wenigstens ein Anbieter muss aufgesucht werden, bevor es zu einem Kauf kommen kann. Da es sich bei dem Minimum um eine Konstante handelt, wird hierzu keine Hypothese formuliert. H8 wird durch Hinweise in der Literatur gest¨ utzt. So wird h¨aufig vermutet und empirische Untersuchungen zeigen, dass sich das Informationsverhalten der Konsumenten unter anderem nach dem Informationsangebot richtet und dass sie umso mehr suchen, je mehr Alternativen existieren.415 Dar¨ uber hinaus wurde in Untersuchungen zur Theorie des wahrgenommenen Risikos gezeigt, dass das bei einer Kaufentscheidung akzeptierte Restrisiko umso gr¨oßer ist, je gr¨ oßer das Grundrisiko ist.416 Ein von der Anzahl der Anbieter abh¨angiges Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse stellt eine m¨ogliche Begr¨ undung f¨ ur diese Zusammenh¨ ange dar. Die Abh¨ angigkeit des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche von seinem Wert beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts Der Theorie des Anspruchsniveaus zufolge h¨ angt das Anspruchsniveau zu Beginn der Suche von den Erfahrungen bei ¨ ahnlichen Suchvorg¨ angen und insbesondere vom Anspruchsniveau am Ende der vorhergehenden ¨ ahnlichen Suche ab. Aus diesem allgemeinen Zusammenhang leitet sich die folgende spezifische Hypothese ab: H9: Je h¨oher das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse ist, das beim vorhergehenden Kauf eines a ¨hnlichen Produkts gebildet wurde, desto h¨oher ist das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche. Wie bei der Preisbereitschaft (siehe Seite 123) wird mit H9 die Vermutung zum Ausdruck gebracht, dass Konsumenten Erfahrungen generalisieren und dass sie sich in ¨ahnlichen Situationen ¨ahnlich verhalten. Die Abh¨ angigkeit des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche von den Grenzsuchkosten Schließlich ist in Anlehnung an das Satisficing-Modell (siehe Seite 99) zu vermuten, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse umso geringer ist, je schwieriger es ist, Preiskenntnisse zu erlangen bzw. je h¨ oher die Kosten der Erlangung von Preiskenntnissen sind: H10: Je h¨oher die Grenzsuchkosten sind, desto geringer ist das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche.
415
416
Vgl. Newman/Staelin (1972), S. 251-253; Bettman (1979), S. 125; Kuß (1987), S. 132-135, 140-147; Diehl (2005), S. 317f.; Chowdhury, Tilottama G./Ratneshwar, S./Mohanty, Praggyan (2009): The Time-Harried Shopper: Exploring the Differences Between Maximizers and Satisficers, in: Marketing Letters, Vol. 20 No. 2, S. 155–167, hier: S. 159. Vgl. Bettman (1973), siehe auch Fußnote 188 auf S. 66; Gem¨ unden (1985), S. 93.
132
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
Die Formalisierung der Hypothesen 8 bis 10 Mit Gleichung 4.5 werden die Hypothesen zum Zustandekommen des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche zusammengefasst. UP K ˜ + d2 AN−1 + d3 c AN0U P K = d0 + d1 N
(4.5)
mit: AN0U P K : Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche; ˜ : Anzahl der Anbieter; N U P K : Beim vorhergehenden Kauf eines ahnlichen Produkts gebildetes (bzw. AN−1 ¨ vorhergehendes“) Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse; ” c: Grenzsuchkosten;
dk : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3). Die Modellparameter in Gleichung 4.5 haben die folgenden Bedeutungen: • Wenn die drei Hypothesen die H¨ ohe des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche umfassend erkl¨ aren, gilt d0 = 0. • Dar¨ uber hinaus impliziert H8 die Bedingung d1 > 0, H9 die Bedingung d2 > 0 und H10 die Bedingung d3 < 0. Wie bei der Preisbereitschaft (siehe Seite 124) ist nicht auszuschließen, dass die erU P K und N ˜ sowie c kann ein kl¨arenden Gr¨oßen voneinander abh¨ angen: Zwischen AN−1 ˜ Zusammenhang bestehen. Dar¨ uber hinaus kann c von N abh¨angen (siehe Seite 10). Dies sind Nebeneffekte, deren Existenz zwar nicht auszuschließen ist, zu denen hier jedoch keine eigenen Hypothesen formuliert werden. 4.3.2 Die Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Preissuche Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse muss w¨ahrend der Preissuche nicht konstant sein, sondern es kann sich in jedem Suchschritt ver¨andern. Der Theorie des Anspruchsniveaus zufolge ist die Ver¨ anderung im Grundsatz derart, dass sich das Anspruchsniveau an die identifizierten Handlungsm¨ oglichkeiten, auf die es sich bezieht, anpasst (siehe Seite 106). Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bezieht sich auf den Umfang der Preiskenntnisse und somit folgt aus der Theorie des Anspruchsniveaus die folgende Hypothese: H11: Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse passt sich w¨ahrend der Suche an den Umfang der Preiskenntnisse an. Die Formalisierung von Hypothese 11 Um H11 zu formalisieren, wird – wie bei der Preisbereitschaft – das Attainment-Discrepancy-Modell herangezogen, mit den in Abschnitt 4.2.2 er¨orterten Modifikationen hinsichtlich der zeitlichen Abfolge und der Unterscheidung zwischen positiven und negativen Differenzen. Der Umfang der Preiskenntnisse wird wie oben mit der Anzahl der bislang durchgef¨ uhrten Suchschritte t gleichgesetzt (siehe Seite 118). Somit ergibt sich Gleichung 4.6 als Formalisierung von H11. In Abbildung 4.7 wird diese Gleichung in vereinfachter Form grafisch veranschaulicht.
4.3 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨angige Gr¨oße 133 UP K UP K UP K ANtU P K = e0 + e1 ANt−1 + e2 max 0, t − ANt−1 + e3 min 0, t − ANt−1 (4.6) mit: ek : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3). Abbildung 4.7: Die Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Suche
ANUPK t-1 ANtUPK t
Gleichung 4.6 ist wie folgt zu interpretieren: • Mit dem Zieldiskrepanzparameter e0 wird zum Ausdruck gebracht, dass eine vom Umfang der Preiskenntnisse unabh¨ angige Tendenz bestehen kann, das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse in Richtung des Idealziels zu ver¨andern. Dabei ist von einer Tendenz zur Erh¨ ohung auszugehen, da das Idealziel in einer vollst¨andigen Beseitigung des Risikos, einen relativ hohen Preis zu zahlen, bestehen d¨ urfte. Es wird also vermutet, dass die Bedingung e0 ≥ 0 gilt. • Mit dem Parameter e1 wird modelliert, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse von seinem vorigen Wert abh¨ angt. Der Theorie des Anspruchsniveaus zufolge handelt es sich um eine starke Abh¨ angigkeit und daher wird vermutet, dass e1 = 1 gilt. • Der Parameter e2 bezieht sich auf die F¨ alle, in denen der Umfang der Preiskenntnisse gr¨oßer ist als das vorige Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse. Derartige F¨alle k¨onnen auftreten, wenn die Suche trotz eines erf¨ ullten Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse fortgesetzt wird, weil noch kein Preis identifiziert wurde, der der Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist. Aus H11 folgt, dass die Bedingung 0 < e2 ≤ 1 gilt: Wenn e2 kleiner als null w¨ are, w¨ urde sich das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse nicht an den Umfang der Preiskenntnisse anpassen, sondern es w¨ urde sich in die gegenteilige Richtung entwickeln. W¨are e2 gleich null, w¨ urde sich das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse nicht an den Umfang der Preiskenntnisse anpassen. Wenn e2 gr¨oßer als eins w¨are, w¨ urde sich das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse nicht an den Umfang der Preiskenntnisse anpassen, sondern es w¨ urde u ¨ber den Umfang der Preiskenntnisse hinaus steigen. • Mit dem Parameter e3 werden die F¨ alle erfasst, in denen der Umfang der Preiskenntnisse geringer ist als das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse. H11 zufolge gilt die Bedingung 0 < e3 ≤ 1. Die Gr¨ unde f¨ ur diese Bedingung entsprechen denen bei e2 . • Die Parameter e2 und e3 m¨ ussen nicht den gleichen Wert haben. Stattdessen ist zu ohung des Anspruchsniveaus an den Umfang vermuten, dass e2 > e3 gilt: Eine Erh¨ der Preiskenntnisse (e2 ) steht mit dem vermuteten Idealziel in Einklang, w¨ahrend dies f¨ ur eine Senkung (e3 ) nicht gilt. Weiterhin ist es im Sinne des Satisficing-Modells
134
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
und von Natur aus einfacher“, das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskennt” ullt ist. nisse zu erh¨ohen, wenn es erf¨ ullt ist (e2 ), als es zu senken, wenn es nicht erf¨ Aus diesen Gr¨ unden d¨ urften Steigerungen des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse st¨ arker ausfallen als Senkungen. H11 wird mit e2 und e3 formalisiert; diese Modellparameter sind demnach besonderes bedeutend. Die weiteren Parameter dienen dazu, die Dynamik des Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse anspruchsniveautheoretisch fundiert zu modellieren. Ein Beispiel zu Hypothese 11 Die vermutete Dynamik des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse wird in Tabelle 4.2 und Abbildung 4.8 anhand eines Beispiels mit den Parameterwerten e0 = 0,1, e1 = 1, e2 = 0,6 und e3 = 0,3 veranschaulicht. Dabei wird das Beispiel zur Dynamik der Preisbereitschaft aus Abschnitt 4.2.2 aufgegriffen und komplettiert. Im dargestellten Fall beginnt ein Konsument seine Preissuche mit einem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse in H¨ ohe von sechs Preisen und einer Preisbereitschaft in H¨ohe von 50 Geldeinheiten. Die Preisbereitschaft steigt aufgrund der identifizierten Preise kontinuierlich bis auf 67, bevor sie im vierten Suchschritt auf 60 f¨allt. Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse passt sich an den Umfang der Preiskenntnisse an, indem es in den ersten drei Suchschritten kontinuierlich bis auf 3,7 sinkt und dann auf vier steigt. Die Dezimalstellen dienen dabei der Veranschaulichung; es ist nicht davon auszugehen, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bei realen K¨aufen derart genau ist. Im vierten Schritt wird die Suche beendet und der Kauf wird zum Preis von 60 Geldeinheiten durchgef¨ uhrt. Anmerkungen zu Hypothese 11 Intuitiv kann H11 wie folgt aufgefasst werden: Konsumenten, die ihre Suche mit einem hohen Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse beginnen, tendieren dazu, es w¨ahrend der ersten Suchschritte zu senken; Konsumenten, die mit einem geringen Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse beginnen, tendieren dazu, es im Lauf der Suche zu erh¨ ohen. Dies deckt sich mit der Theorie des Anspruchsniveaus, nach der die Differenz zwischen Anspruchsniveau und Leistung gegen null tendiert (siehe Abschnitt 3.1.3). H11 zufolge h¨angt das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse nicht von den identifizierten Preisen und daher auch nicht von der Streuung der Preise ab. Dies ist ein Unterschied zu anderen Erkl¨ arungsans¨ atzen, insbesondere zu den mikro¨okonomischen Suchmodellen (siehe Abschnitt 2.1) und der Theorie des wahrgenommenen Risikos (siehe Abschnitt 2.2.1), denen zufolge die Suchintensit¨ at umso gr¨oßer ist, je gr¨oßer die Streuung der Preise ist. Analog zu diesen Ans¨ atzen k¨onnte man vermuten, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse sinkt bzw. steigt, wenn die Preise nur wenig bzw. stark streuen. Aus den folgenden Gr¨ unden ist diese Vermutung im hier dargestellten Modell nicht enthalten: • Ein empirisches Argument gegen die Einbeziehung der Streuung besteht darin, dass Konsumenten zumeist nur relativ wenige Informationen einholen, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen.417 Es ist fraglich, ob Konsumenten sich auf der Grundlage einiger weniger Preisinformationen ein Urteil u ¨ber die Streuung bilden.418 417 418
Vgl. die in Fußnote 223 auf S. 76 genannten Quellen. Vgl. auch Brannon, James I./Gorman, Michael F. (2002): The Effects of Information Costs on Search and Convergence in Experimental Markets, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 47 No. 4, S. 375–390, hier: S. 382.
4.3 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨angige Gr¨oße 135
Tabelle 4.2: Ein Beispiel zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Suche
P B0 AN0U P K
p1 pmin 1
P B1 AN1U P K
p2 pmin 2
P B2 AN2U P K
p3 pmin 3
P B3 AN3U P K
p4 pmin 4
P B4 AN4U P K
50 6,0
80 80
64 4,6
70 70
66 3,9
75 70
67 3,7
60 60
60 4,0
Abbildung 4.8: Ein Beispiel zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Suche
PBt, pt, pmin t 80 70 60 50
0
1
2
3
2
3
4
t
ANUPK t 6
4
2
0
1
Symbolerl¨ auterung: ◦: P Bt ; ×: pt ; −−−:
4 pmin ; t
:
t
ANtU P K .
• Mit der Bedeutung der Preisstreuung bei unbekannter Preisverteilung befasst sich insbesondere Hey; in seiner experimentellen Untersuchung findet sich ein weiteres empirisches Argument.419 Seine Ergebnisse zeigen, dass zwischen der Streuung der Preise und der Suchintensit¨ at ein negativer Zusammenhang besteht – je geringer die Streuung war, desto eher wurde die Suche in seinem Experiment fortgesetzt.420 Als Erkl¨arung f¨ uhrt Hey an, dass die Probanden bei unbekannter Preisverteilung nicht unterscheiden k¨ onnen, ob eine große Streuung der identifizierten Preise f¨ ur eine große Streuung der zugrunde liegenden Preisverteilung steht oder f¨ ur eine attraktive Sequenz identifizierter Preise in dem Sinne, dass der m¨ogliche Suchnutzen bereits
419 420
Vgl. Hey (1991), S. 107f.; Hey (1993), S. 90-92. ¨ Vgl. a. a. O., S. 91. Ahnliche Ergebnisse finden sich bei Brannon/Gorman (2002), S. 381f. Siehe zu beiden Untersuchungen auch S. 56.
136
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
realisiert wurde.421 Da Hey einen negativen Einfluss der Streuung auf die Suchintensit¨at identifiziert, ist die zweite Interpretation wahrscheinlicher. Eine geringe Streuung wird also von den Konsumenten vermutlich h¨ aufig nicht so aufgefasst, dass das Risiko, einen relativ hohen Preis zu zahlen, gering ist, sondern eher so, dass der m¨ogliche Suchnutzen noch nicht realisiert wurde. Somit liegt es nicht nahe, einen positiven Zusammenhang zwischen der Preisstreuung und dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu vermuten. • Eine wesentliche Eigenschaft der Theorie des Anspruchsniveaus ist, dass sie nichtprobabilistisches Entscheidungsverhalten postuliert (siehe Seite 97). Damit wird hier die Vermutung ausgedr¨ uckt, dass sich das Preissuchverhalten eher mit simplen Entscheidungsregeln erkl¨ aren l¨ asst als mit Wahrscheinlichkeitsurteilen. Eine Einbeziehung der Streuung der Preise w¨ urde jedoch bedeuten, dass Konsumenten Wahrscheinlichkeitsurteile hinsichtlich der zu erwartenden Preise f¨ allen: Nur wenn Konsumenten die Streuung der identifizierten Preise auf die unbekannten Preise u urden, ¨bertragen w¨ d¨ urfte die Streuung einen Einfluss auf das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse haben. Im Gegensatz dazu postuliert H11 nicht, dass die Konsumenten statistische Momente der Preisverteilung sch¨ atzen. • In gleicher Weise postuliert das Modell nicht, dass Konsumenten zu Beginn der Suche Erwartungen hinsichtlich der statistischen Momente der Preisverteilung haben. Eine Einbeziehung der Streuung der Preise w¨ urde dies jedoch erfordern – denn ein Urteil dar¨ uber, ob Preise wenig oder stark streuen, erfordert einen Referenzwert. Wenn ein Referenzwert existieren w¨ urde, w¨ urde das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse m¨ oglicherweise sinken, wenn die beobachtete Streuung unter dem Referenzwert liegt und umgekehrt. Die Existenz eines Referenzwerts und somit von Erwartungen hinsichtlich der Streuung der Preise w¨ urde jedoch mit der Annahme kollidieren, dass die Konsumenten zu Beginn der Suche keine Informationen zu den im Markt geforderten Preisen haben (A9, siehe Seite 121) – die Annahme der vollst¨andig unbekannten Preisverteilung w¨ are also verletzt. Aus diesen Gr¨ unden h¨ angt auch die Preisbereitschaft im hier dargestellten Modell nicht von der Preisstreuung ab (siehe Abschnitt 4.2.2). Bei der Preisbereitschaft ergibt sich allerdings ein mittelbarer Zusammenhang: Je gr¨ oßer die Streuung der Preise ist, desto gr¨oßer ist die Wahrscheinlichkeit, dass vor der Identifikation eines Preises p ein anderer Preis identifiziert wurde, der die Preisbereitschaft bis auf p erh¨oht hat (auf diesen Zusammenhang wurde auch auf Seite 108 hingewiesen). Je gr¨oßer die Streuung ist, desto geringer ist demnach die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiterer Suchschritt durchgef¨ uhrt wird und daher die Suchintensit¨ at. Dieser mittelbare negative Zusammenhang deckt ¨ sich mit den im zweiten Aufz¨ ahlungspunkt wiedergegebenen Uberlegungen von Hey; in ahlungspunkten erfordert der mittelbare ZusamEinklang mit den restlichen drei Aufz¨ menhang nicht, dass die Konsumenten die Preisstreuung beurteilen. Weiterhin ist anzumerken, dass H11 indirekt durch Arbeiten zum sequenziellen Entscheidungsverhalten in risikobehafteten Situationen gest¨ utzt wird. So l¨asst sich die Hypothese mit dem von Thaler und Johnson empirisch beobachteten House-Money-Effekt“422 in ” Einklang bringen. Diesem Effekt zufolge kommt es nach einem Gewinn (im Sinne der Prospect-Theorie) zu einer Senkung der Risikoaversion; nach einem Verlust kommt es zu 421 422
Vgl. Hey (1993), S. 92. Vgl. Thaler, Richard H./Johnson, Eric J. (1990): Gambling with the House Money and Trying to Break Even: The Effects of Prior Outcomes on Risky Choice, in: Management Science, Vol. 36 No. 6, S. 643–660, hier: S. 644, 657. Vgl. auch Thaler (1999), S. 198.
4.4 Zwischenfazit
137
einer Erh¨ohung der Risikoaversion.423 Bei H11 bzw. der ihr zugeh¨origen Gleichung 4.6 U P K als Verlust angesehen werden: In diesem Fall haben die Konkann der Fall t > ANt−1 sumenten mehr Anbieter aufgesucht als sie im vorigen Suchschritt geplant hatten. Dies kann eintreten, wenn noch kein Preis identifiziert wurde, der der Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist. Laut H11 wird das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse in diesem Fall erh¨oht; mit anderen Worten sinkt der individuelle Schwellenwert, bis auf den das Risiko, einen relativ hohen Preis zu zahlen, reduziert werden soll. Dies entspricht der Erh¨ohung der Risikoaversion beim House-Money-Effekt. In ¨ahnlicher Weise U P K als Gewinn angesehen werden, wenn auch nur kann der umgekehrte Fall t < ANt−1 eingeschr¨ankt. 4.3.3 Die Hypothesen zum Zustandekommen des Anspruchsniveaus an den ¨ Umfang der Preiskenntnisse im Uberblick In Abbildung 4.9 werden die Hypothesen zusammengefasst. Zur Vereinfachung wird das beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts gebildete Anspruchsniveau als vorhergehendes Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bezeichnet, der Umfang der Preiskenntnisse wird durch die Anzahl der identifizierten Preise repr¨asentiert und der mit H11 postulierte dynamische Zusammenhang wird nur angedeutet. Abbildung 4.9: Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨ angige Gr¨ oße
Anzahl der Anbieter
H8
Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse
H9 Vorhergehendes Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse
Grenzsuchkosten
H10
H11
Anzahl der während der Suche identifizierten Preise
¨ 4.4 Zwischenfazit: Das Modell im Uberblick Dem Modell zufolge streben Konsumenten bei der Preissuche danach, einen ausrei” chend niedrigen“ Preis zu identifizieren und einsch¨ atzen zu k¨onnen, was ein ausreichend ” niedriger“ Preis ist. Somit verfolgen sie zwei Ziele: • Einen Preis zu identifizieren, der nicht u ¨ber ihrer Preisbereitschaft liegt (H1) und • eine Anzahl von Preisen kennenzulernen, die nicht unter ihrem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse liegt (H2). Die Preissuche wird mit einem Kauf beendet, wenn beide Bedingungen erf¨ ullt sind (H3). Je eher dies der Fall ist, desto geringer ist die Intensit¨ at der Preissuche. Die Suchintensit¨at 423
Vgl. Thaler/Johnson (1990), S. 656f. Eine ¨ ahnliche Beobachtung findet sich bei Novemsky/ Dhar (2005), S. 396-399. Im Gegensatz dazu postuliert die Prospect-Theorie, dass Verluste zu Risikofreude und Gewinne zu Risikoaversion f¨ uhren (siehe Abschnitt 3.4). Dabei wird jedoch auf erwartete Werte und einmalige Entscheidungen abgestellt, w¨ ahrend der House-Money-Effekt das Verhalten nach der Beobachtung eines Ergebnisses und sequenzielle Entscheidungen betrifft.
138
4 Ein anspruchsniveautheoretisches Modell
ist somit auf die Auspr¨ agung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zur¨ uckzuf¨ uhren. Beide Gr¨ oßen h¨angen von anderen Faktoren ab. So wird die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche • positiv vom Wert¨ aquivalent, das der monet¨ aren Bewertung des Produktnutzens entspricht (H4), • positiv von der Preisbereitschaft, die beim vorhergehenden Kauf eines ¨ahnlichen Produkts gebildet wurde (H5) und • positiv von den Grenzsuchkosten (H6) beeinflusst. Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche h¨angt • positiv von der Anzahl der Anbieter des Produkts (H8), • positiv vom Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse, das beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts gebildet wurde (H9) und • negativ von den Grenzsuchkosten (H10) ab. Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse sind nicht statisch: • Die Preisbereitschaft passt sich w¨ ahrend der Suche an den niedrigsten bekannten Preis an (H7) und • das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse passt sich w¨ahrend der Suche an den Umfang der Preiskenntnisse an (H11). In Abbildung 4.10 wird das Modell vereinfacht dargestellt. Im Folgenden wird es empirisch u uft. ¨berpr¨ ¨ Abbildung 4.10: Das Modell im Uberblick
Wertäquivalent
H4
Preisbereitschaft (Anspruchsniveau an den Preis)
H5 Vorhergehende Preisbereitschaft
H7 H6 Höhe Während der Suche identifizierte Preise
Grenzsuchkosten
Anzahl H10 Anzahl der Anbieter
H11 H8
Vorhergehendes Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse
H9
Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse
H1
H3
H2
Fortführung oder Beendigung der Preissuche
Intensität der Preissuche
5 Der Aufbau des Experiments ¨ Zur empirischen Uberpr¨ ufung des Modells aus Kapitel 4 wird ein Laborexperiment durchgef¨ uhrt, dessen Aufbau im Folgenden erl¨ autert wird. Vorab wird in Abschnitt 5.1 er¨ortert, weshalb ein Laborexperiment anderen Untersuchungsmethoden vorgezogen wird, bevor der Ablauf des Experiments in Abschnitt 5.2 dargestellt wird. In Abschnitt 5.3 wird darauf eingegangen, wie die im Modell enthaltenen Gr¨oßen im Experiment erfasst werden, wobei ein besonderes Gewicht auf die Messung der Preisbereitschaft gelegt wird. Die im Experiment variierten Bedingungen, die der Hypothesenpr¨ ufung zugrunde liegen, werden in Abschnitt 5.4 dargestellt. In Abschnitt 5.5 wird der Aufbau des Experiments zusammengefasst.424
5.1 Zur Wahl der Untersuchungsmethode ¨ Im Folgenden werden die Gr¨ unde angef¨ uhrt, die f¨ ur eine Uberpr¨ ufung des Modells mit einem Laborexperiment und gegen den Einsatz anderer Methoden sprechen. Dabei wird zuerst auf M¨oglichkeiten zur Analyse bestehender Daten (Sekund¨ardaten) und danach auf M¨oglichkeiten zur Erhebung neuer Daten (Prim¨ ardaten) eingegangen.425 ¨ 5.1.1 Schw¨ achen einer Uberpr¨ ufung des Modells anhand von Sekund¨ ardaten ¨ Als Sekund¨ardaten, die zur Uberpr¨ ufung des Modells grunds¨atzlich in Betracht gezogen werden k¨onnen, sind insbesondere die folgenden zu nennen: • Daten zu K¨aufen, die in Einzelhandelsm¨ arkten mit Festpreisen get¨atigt wurden (insbesondere Scannerdaten oder Daten aus einem Verbraucherpanel) und • Daten zum Bietverhalten bei Auktionen (insbesondere bei Internetauktionen).426 ¨ Im Folgenden werden Gr¨ unde angef¨ uhrt, die einer Uberpr¨ ufung des Modells anhand solcher Daten entgegenstehen. Mit Daten zu K¨ aufen in Einzelhandelsm¨ arkten mit Festpreisen k¨onnen die im Modell enthaltenen dynamischen Zusammenh¨ ange, die die Entwicklung hypothetischer Konstrukte w¨ahrend der Suche betreffen, nicht u uft werden (dies betrifft H7 und H11): Anga¨berpr¨ ben zu get¨atigten K¨aufen lassen keinen Schluss auf die Entwicklung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ahrend der Suche zu. Auch die im Modell enthaltenen statischen Zusammenh¨ange lassen sich anhand von Daten zu get¨atigten K¨ aufen gr¨ oßtenteils nicht u ufen, zumal lediglich die Anzahl der ¨berpr¨ Anbieter (H8) eine Gr¨ oße darstellt, die unabh¨ angig vom Suchprozess und beobachtbar 424
425 426
¨ Zur Vereinfachung wird im Folgenden bei allgemeinen methodischen Uberlegungen insb. auf Diekmann, Andreas (2008): Empirische Sozialforschung: Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 19. Aufl., Reinbek bei Hamburg und Schnell, Rainer/Hill, Paul B./Esser, Elke (2008): Methoden der empirischen Sozialforschung, 8., unver¨ anderte Aufl., M¨ unchen – Wien als Quellen verwiesen, wenn andere zitierte Arbeiten keine hier relevanten weitergehenden Hinweise enthalten. Vgl. zur Abgrenzung von Sekund¨ ar- und Prim¨ ardaten bspw. Diekmann (2008), S. 199 und Schnell/ Hill/Esser (2008), S. 251f. Vgl. auch Simon/Fassnacht (2009), S. 110, 135-141.
S. van Baal, Das Preissuchverhalten der Konsumenten, DOI 10.1007/978-3-8349-7041-1_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
140
5 Der Aufbau des Experiments
ist. Die Preisforderungen der Anbieter (H7) sind zwar ebenfalls beobachtbar, es h¨angt jedoch vom Suchprozess ab, welche Preise die Konsumenten identifizieren.427 ¨ Gegen eine Uberpr¨ ufung des Modells anhand von Daten zu get¨atigten K¨aufen spricht also, dass Angaben zum Verhalten, das K¨ aufen vorgelagert ist, und Angaben zu nichtbeobachtbaren Konstrukten erforderlich sind. Angaben zu K¨aufen selbst sind nicht ausreichend, um das Modell zu u ufen.428 ¨berpr¨ ¨ Eine andere Art von Sekund¨ ardaten, die zur Uberpr¨ ufung des Modells grunds¨atzlich infrage kommen, sind Daten zum Bietverhalten bei Auktionen. Das Suchverhalten und das Bietverhalten sind insofern ¨ ahnlich, als dass die Konsumenten bzw. Bieter in beiden F¨allen sequenzielle Entscheidungen dar¨ uber treffen m¨ ussen, ob sie einen Preis akzeptieren bzw. welchen Preis sie akzeptieren w¨ urden, falls sie die Auktion gewinnen und ob sie einen weiteren Suchschritt durchf¨ uhren bzw. ob sie ein weiteres Gebot abgeben. ¨ Daten zum Bietverhalten bei Auktionen eignen sich zumindest grunds¨atzlich zur Uberpr¨ ufung einzelner Modellhypothesen, da Gebote als Ausdruck der Preisbereitschaft aufgefasst werden k¨onnen.429 Bei H5, die die Abh¨ angigkeit der Preisbereitschaft von der vorhergehenden Preisbereitschaft betrifft, und H7, die die Entwicklung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche betrifft, k¨ onnten daher sowohl die unabh¨angige als auch die abh¨angige Gr¨oße in Daten zum Bietverhalten bei Auktionen identifiziert werden. ¨ Der Uberpr¨ ufung dieser Hypothesen anhand von Auktionsdaten steht jedoch entgegen, ¨ dass das Bietverhalten von Uberlegungen der Konsumenten beeinflusst werden kann, die sich auf die reine“ Preissuche in idealtypischen“ Einzelhandelsm¨arkten (siehe Ab” ” schnitt 1.3 zu diesen Bezeichnungen) nicht u ¨bertragen lassen:430 • Eine Steigerung der Preisbereitschaft w¨ ahrend einer Auktion kann auf Qualit¨atsunsicherheit zur¨ uckzuf¨ uhren sein in dem Sinne, dass die Gebote anderer Teilnehmer als Indikator des Werts des Produkts angesehen werden. • Dar¨ uber hinaus kann eine Steigerung der Preisbereitschaft auf strategisches Verhalten zur¨ uckzuf¨ uhren sein in der Form, dass die Abgabe eines erh¨ohten Gebots in einer sp¨aten Auktionsrunde dazu dient, anderen Teilnehmern die Abgabe eines noch h¨oheren Gebots zu erschweren ( Sniping“). ” • Eine Steigerung der Preisbereitschaft w¨ ahrend einer Auktion kann auf Auktionsfie” ber“ zur¨ uckzuf¨ uhren sein, also auf eine intrinsische Motivation, die anderen Auktionsteilnehmer zu u ¨bertreffen. ¨ Einer Uberpr¨ ufung des Modells anhand von Daten zum Bietverhalten steht auch entgegen, dass sich die M¨ oglichkeit einer Senkung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche (bzw. Auktion) nicht u ufen ließe, da Gebote bei Auktionen im Allgemeinen nicht ¨berpr¨ ¨ gesenkt werden k¨onnen. Schließlich w¨ are eine Uberpr¨ ufung der Hypothesen anhand von Daten zum Bietverhalten nur ein indirekter Test, da fraglich ist, ob sich das Verhalten bei Auktionen trotz der oben erw¨ ahnten Analogie auf das Preissuchverhalten u ¨bertragen l¨asst. 427 428 429
430
Vgl. auch Kogut (1990), S. 385. Vgl. auch Cox/Oaxaca (1989), S. 303; Cox/Oaxaca (2000), S. 198. Das Auktionsformat bspw. bei der Internetplattform Ebay ist ann¨ ahernd theoretisch anreizkompati” bel“, sodass die dominante Strategie f¨ ur Bieter darin besteht, ein maximales Gebot in H¨ ohe der Preisbereitschaft abzugeben. Vgl. bspw. Ockenfels, Axel/Reiley, David H./Sadrieh, Abdolkarim (2006): Online Auctions, in: Hendershott (2006), S. 571–628, hier: S. 578f. Auf die Anreizkompatibilit¨ at wird in Abschnitt 5.3.2.1 n¨ aher eingegangen. ¨ Vgl. zu diesen Uberlegungen bspw. McAfee, R. Preston/McMillan, John (1987): Auctions and Bidding, in: Journal of Economic Literature, Vol. 25 No. 2, S. 699–738, hier: S. 705, 722; Ockenfels/ Reiley/Sadrieh (2006), S. 575, 590, 594.
5.1 Zur Wahl der Untersuchungsmethode
141
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Modell anhand von Sekund¨ardaten nicht u uft werden kann. Zwar wurde hier nur auf zwei Arten von Sekund¨ardaten ein¨berpr¨ gegangen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass andere Datenquellen existieren, die eine ¨ Uberpr¨ ufung des Modells zulassen; die in den Kapiteln 2, 3 und 4 zitierten Arbeiten, die zur Identifikation geeigneter Datenquellen pr¨ adestiniert sind, enthalten keinen entsprechenden Hinweis. Somit ist die Erhebung neuer Daten erforderlich. 5.1.2 M¨ oglichkeiten zur Erhebung von Prim¨ ardaten In Abbildung 5.1 werden die M¨ oglichkeiten zur Erhebung von Prim¨ardaten zusammengefasst. Im Folgenden wird die Wahl der Untersuchungsmethode begr¨ undet. Abbildung 5.1: M¨ oglichkeiten zur Erhebung von Prim¨ ardaten Experimentelle oder quasiexperimentelle Anordnung
Ex-post-facto-Anordnung
Laborexperiment
Feldexperiment bzw. -studie
Befragung
Beobachtung
Die Merkmale der gew¨ ahlten Untersuchungsmethode sind hervorgehoben.
Zur Erhebung von Prim¨ ardaten kommen grunds¨ atzlich • eine Ex-post-facto-Untersuchungsanordnung und • eine experimentelle oder quasi-experimentelle Untersuchungsanordnung in Betracht.431 Bei einer Ex-post-facto-Anordnung wird keine Kontrolle u ¨ber die unabh¨angigen Gr¨oßen ausge¨ ubt und die Auspr¨ agungen abh¨ angiger und unabh¨angiger Gr¨oßen werden im Nachhinein gemessen. Im Gegensatz dazu basiert eine experimentelle oder quasi-experimentelle Anordnung auf der systematischen Variation der unabh¨angigen Gr¨oßen und darauf, dass beobachtet wird, in welcher Reihenfolge die abh¨angigen und unabh¨angigen Gr¨ oßen ihre Auspr¨ agungen annehmen. ¨ Eine Ex-post-facto-Anordnung ist zur Uberpr¨ ufung des Modells nicht geeignet, zumal ei¨ ne solche Uberpr¨ ufung Daten zur Entwicklung hypothetischer Konstrukte w¨ahrend des Suchprozesses erfordert, die nicht ex post erhoben werden k¨onnen. Beispielsweise ist im 431
Hinsichtlich der Bezeichnung und Abgrenzung von Untersuchungsmethoden und -anordnungen wird hier und im Folgenden im Wesentlichen der Auffassung von Diekmann (2008), S. 329f. und Schnell/ Hill/Esser (2008), S. 228-231 gefolgt. Vgl. dar¨ uber hinaus bspw. Zimmermann, Ekkart (1972): Das Experiment in den Sozialwissenschaften, Stuttgart, S. 32-38, 130-135, 186-195; Friedman, Daniel/ Sunder, Shyam (1994): Experimental Methods: A Primer for Economists, Cambridge, S. 3f., 212; Shadish, William R./Cook, Thomas D./Campbell, Donald T. (2002): Experimental and QuasiExperimental Designs for Generalized Causal Inference, Boston – New York, S. 12-18, 104f., 171f.; Bortz (2005), S. 7-9; Churchill, Gilbert A. Jr./Iacobucci, Dawn (2005): Marketing Research: Methodological Foundations, 9th Edition, Mason, S. 128-131, 143; Aaker, David A./Kumar, V./Day, George S. (2007): Marketing Research, 9th Edition, Hoboken, S. 345-373; Holt, Charles A. (2007): Markets, Games, And Strategic Behavior, Boston, S. 13f.
142
5 Der Aufbau des Experiments
Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass Konsumenten nach einem Kauf valide berichten k¨onnen, wie hoch ihre Preisbereitschaft in einem fr¨ uheren Suchschritt war. Allgemein ¨ spricht dar¨ uber hinaus gegen eine Ex-post-facto-Anordnung, dass sie zur Uberpr¨ ufung kausaler Zusammenh¨ ange nicht geeignet ist, sondern nur zur Offenlegung von Korrelationen.432 Somit verbleibt eine experimentelle oder quasi-experimentelle Anordnung als M¨oglichkeit ¨ zur Uberpr¨ ufung des Modells. Der Unterschied zwischen diesen Unterformen besteht haupts¨achlich in der Zuweisung der Probanden zu Kategorien der unabh¨angigen Gr¨oßen und somit zu den Versuchsbedingungen: Bei einer experimentellen Anordnung wird die Zuweisung zuf¨allig vorgenommen, wodurch der Einfluss personenbedingter St¨orfaktoren statistisch neutralisiert werden kann. Bei einer quasi-experimentellen Anordnung erfolgt die Zuordnung zu den Versuchsbedingungen hingegen nicht zuf¨allig.433 Die Versuchsbedingungen, die dem hier dargestellten Experiment zugrunde liegen, werden in Abschnitt 5.4 behandelt. Dabei wird er¨ ortert, dass die meisten Bedingungen zuf¨allig zugewiesen werden, w¨ ahrend sich die Probanden bei einigen unabh¨angigen Gr¨oßen den Bedingungen selbst zuordnen. Dabei handelt es sich um Gr¨oßen, die im Experiment nicht manipuliert, sondern gemessen werden. F¨ ur das hier durchgef¨ uhrte Experiment wird somit eine Kombination aus experimenteller und quasi-experimenteller Anordnung gew¨ahlt. Trotz dieser Kombination wird die Anordnung im Folgenden zur Vereinfachung als experimentell bezeichnet. Zur Umsetzung einer experimentellen Anordnung kommen • ein Feldexperiment und • ein Laborexperiment infrage. W¨ahrend ein Feldexperiment in der Alltagsumgebung der Versuchspersonen“ ” erfolgt, findet ein Laborexperiment in einer speziell f¨ ur das Experiment geschaffenen ” 434 Umgebung statt“ . Ein Feldexperiment weist in der Regel eine h¨ohere externe Validit¨at auf, ein Laborexperiment in der Regel eine h¨ ohere interne Validit¨at.435 Ein Feldexperiment w¨ urde es nur begrenzt erlauben, zu gew¨ahrleisten, dass die Annahmen, die dem Modell zugrunde liegen, gelten (siehe Abschnitt 1.3 zu den Annahmen der Untersuchung und Kapitel 4 zu den weitergehenden Annahmen des Modells). Dies gilt insbesondere f¨ ur A1, die Homogenit¨ at des Produkts und der Anbieter voraussetzt und f¨ ur die damit verbundene A2, derzufolge die Konsumenten kein Vorwissen hinsichtlich der preislichen Reputation von Anbietern haben. ¨ Aus diesen Gr¨ unden basiert die im Folgenden dargestellte empirische Uberpr¨ ufung des Modells auf einem Laborexperiment. Im Rahmen dieses Experiments werden mittels apparativer Beobachtung und Befragung Daten erhoben, die in Kombination miteinander ¨ die Uberpr¨ ufung der Modellhypothesen zulassen. ¨ Die Vermutung, dass ein Laborexperiment zur Uberpr¨ ufung des Modells besonders geeig¨ net ist, deckt sich mit den Uberlegungen anderer Autoren zu M¨oglichkeiten der empiri¨ schen Uberpr¨ ufung von Suchmodellen.436 In gleicher Weise wird die Vermutung dadurch 432 433 434
435 436
Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 330; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 232f. Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 330, 339, 356; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 228-230. Beide Zitate stammen aus Koschate, Nicole (2008): Experimentelle Marktforschung, in: Herrmann, Andreas/Homburg, Christian/Klarmann, Martin (Hrsg.) (2008): Handbuch Marktforschung: Methoden – Anwendungen – Praxisbeispiele, 3., vollst. u ¨berarb. und erw. Aufl., Wiesbaden, S. 107–121, hier: S. 118. Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 345; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 225-227. Vgl. Cox/Oaxaca (1989), S. 302-304; Cox/Oaxaca (2000), S. 198; Schunk/Winter (2009), S. 347f.
5.2 Der Ablauf des Experiments
143
gest¨ utzt, dass auch den bislang vorliegenden Untersuchungen zu sequenziellen Suchmodellen Laborexperimente zugrunde liegen.437
5.2 Der Ablauf des Experiments Das Experiment wird u uhrt: Auf der Online-Plattform f¨ ur ¨ber das Internet durchgef¨ Experimente des Instituts f¨ ur Handelsforschung an der Universit¨at zu K¨oln werden si” mulierte Kaufsituationen“ hinterlegt, die die Probanden zu durchlaufen haben.438 Die Probanden k¨onnen an ihrem eigenem Computer am Experiment teilnehmen und m¨ ussen kein physisches Labor aufsuchen. Es handelt sich somit insofern um ein Laborexperiment und nicht um ein Feldexperiment, als dass die K¨aufe nicht in der nat¨ urlichen Kaufumgebung der Probanden, sondern in einer vereinfachten, k¨ unstlichen“ Umgebung ” durchgef¨ uhrt werden; der Zusatz Labor“ ist nicht so aufzufassen, dass eine bestimm” te R¨aumlichkeit vorgegeben wird. Der Ablauf des Experiments wird in Abbildung 5.2 veranschaulicht und im Folgenden erl¨ autert. 5.2.1 Die Einladung und Instruktion der Probanden Die Probanden werden per E-Mail zur Teilnahme am Experiment eingeladen (Angaben zur Stichprobe folgen in Abschnitt 6.1). Jede E-Mail enth¨alt eine Internetadresse mit einem daran angeschlossenen Parameter, der f¨ ur jeden Probanden unterschiedlich ist und nur einmal verwendet werden kann. Die Probanden, die der Einladung durch Anklicken der Internetadresse folgen, treffen auf eine Begr¨ ußungsseite. Auf dieser Seite k¨onnen sich die Probanden f¨ ur die Teilnahme am Experiment registrieren, indem sie ihre E-MailAdresse und soziodemografische Daten angeben. Bei der Begr¨ ußung wird der folgende Text verwendet: Vielen Dank f¨ ur Ihr Interesse an unserer Untersuchung zum Entscheidungsver” halten. Mit Ihrer Teilnahme leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung und gleichzeitig k¨ onnen Sie einen Einkaufsgutschein gewinnen! Die Untersuchung ist sehr einfach: Ihre Aufgabe ist es, ein bestimmtes Produkt zu kaufen. Zu diesem Zweck k¨ onnen Sie einige simulierte Anbieter aufsuchen und dann entscheiden, wo Sie das Produkt kaufen. Sie gehen bei dieser Untersuchung keine wirklichen Kaufverpflichtungen ein. Dennoch ist es wichtig, dass Sie sich so verhalten, wie Sie es auch bei einem wirklichen Kauf tun w¨ urden. Die simulierten Anbieter basieren auf Anbietern, die es auch in der Realit¨at gibt: Im Rahmen der Untersuchung werden die realen Bedingungen so genau wie m¨oglich nachgebildet. Als kleinen Dank verlosen wir nach dem Abschluss der Untersuchung 15 Einkaufsgutscheine zu je 20 Euro von buch.de unter den Teilnehmern. Um an unserer Untersuchung teilzunehmen, ist lediglich eine kurze Registrierung n¨otig. Wir ben¨otigen einige Daten zu Ihrer Person, um statistische Aussagen zu treffen. Ihre E-Mail-Adresse wird ausschließlich dazu genutzt, um Sie zu informieren, wenn Sie einen der verlosten Einkaufsgutscheine gewonnen haben. Auf der 437
438
Siehe die Tabellen 2.6 (S. 37) und 2.8 (S. 55). Als Ausnahme ist die Arbeit Peterson/Black (1984) zu nennen, die auf einer Ex-post-facto-Anordnung basiert. Diese Arbeit bezieht sich jedoch nicht speziell auf sequenzielle Suchmodelle. Diese Online-Plattform ist auf die Durchf¨ uhrung von Experimenten zum Suchverhalten ausgelegt. Sie erfordert auf Seiten der Probanden weder besondere technische Kenntnisse noch die Installation spezieller Software. Die Plattform wurde von der SZSoft OHG (Kordel bei Trier) programmiert.
Information über das Anfangsguthaben, die Grenzsuchkosten und das Wertäquivalent in Kaufsituation j
Instruktion
Registrierung mit E-Mail-Adresse und soziodemografischen Angaben
Einladung zur Teilnahme per E-Mail
falls j=M
falls t>1
Aufdeckung des Preises, der vom Anbieter gefordert wird, in der Übersicht
Auswahl eines Anbieters
Messung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse während der Suche
Nein
Kauf beim Anbieter?
Information über den Preis, der vom Anbieter gefordert wird
Messung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche
Ja
Mit: j: Index der simulierten Kaufsituationen (j = 1, 2, . . . , M ); t: Index der Suchschritte (t = 1, 2, . . . , T ).
Abschluss des Experiments
falls j<M; j=j+1
Abbruch der Kaufsituation
Übersicht der Anbieter des Produkts in Kaufsituation j mit verdeckten oder aufgedeckten Preisen und Information über das aktuelle Guthaben, die Grenzsuchkosten und das Wertäquivalent
falls t=1
¨ Abbildung 5.2: Der Ablauf des Experiments im Uberblick
Information über den gezahlten Preis und das Endguthaben
144 5 Der Aufbau des Experiments
5.2 Der Ablauf des Experiments
145
n¨achsten Seite wird Ihnen erl¨ autert, wie die Untersuchung abl¨auft. Wir bedanken uns im Voraus f¨ ur Ihre Unterst¨ utzung!“ Nach der Registrierung werden die Probanden wie folgt instruiert: Bei dieser Untersuchung begeben Sie sich in verschiedene simulierte Kaufsituatio” nen. Bei jeder Kaufsituation besteht Ihre Aufgabe darin, ein bestimmtes Produkt zu kaufen. Um welches Produkt es sich jeweils handelt, ist nicht wichtig. Die Produkte werden daher beispielsweise als ,Produkt A‘ oder ,Produkt D‘ bezeichnet. Stellen Sie sich vor, dass Sie sich in jeder Kaufsituation zum Kauf eines bestimmten Produkts entschlossen haben, das man u ¨ber einen l¨angeren Zeitraum benutzen kann. Das Produkt wird in jeder Kaufsituation von mehreren Anbietern angeboten. Sie k¨ onnen diese Anbieter aufsuchen und dann entscheiden, wo Sie das Produkt kaufen. Genau wie die Produkte werden die Anbieter nicht namentlich genannt, sondern beispielsweise als ,Anbieter A‘ oder ,Anbieter D‘ bezeichnet. Die Anbieter und das Produkt unterscheiden sich innerhalb einer Kaufsituation nicht! Alle Anbieter bieten also das gleiche Produkt an. Es kann jedoch sein, dass die Anbieter verschiedene Preise verlangen. F¨ ur jede Kaufsituation sind einige Angaben f¨ ur Sie wichtig: • Das Anfangsguthaben: Dies ist der Eurobetrag, u ¨ber den Sie zu Beginn einer Kaufsituation verf¨ ugen. • Die Kosten pro Anfrage: F¨ ur jeden Anbieter, den Sie aufsuchen, wird Ihnen dieser Eurobetrag vom Guthaben abgezogen. Sie k¨onnen einen Anbieter allerdings auch wiederholt aufsuchen, ohne dass Ihnen die Kosten pro Anfrage erneut berechnet werden. • Der gezahlte Preis: Wenn Sie das Produkt bei einem Anbieter kaufen, wird Ihnen der Preis, den dieser Anbieter fordert, vom Guthaben abgezogen. • Der Produktwert: Dies ist der Eurobetrag, der Ihnen gutgeschrieben wird, wenn Sie das Produkt kaufen. Stellen Sie sich vor, dass Sie das Produkt zum Produktwert sofort wieder verkaufen, nachdem Sie es gekauft haben. • Das Endguthaben: Dies ist der Eurobetrag, der Ihnen am Ende einer Kaufsituation verbleibt. Ein Beispiel: Sie haben bei einer Kaufsituation ein Anfangsguthaben von 1.000 Euro, die Kosten pro Anfrage betragen 10 Euro und der Produktwert liegt bei 500 Euro. Sie suchen f¨ unf Anbieter auf und kaufen das Produkt bei einem dieser Anbieter f¨ ur 400 Euro. Dann verbleiben Ihnen 1.050 Euro als Endguthaben, entsprechend der folgenden Berechnung: 1.000 Euro (Anfangsguthaben) − 5×10 Euro (Anzahl aufgesuchter Anbieter mal Kosten pro Anfrage) − 400 Euro (gezahlter Preis) + 500 Euro (Produktwert) = 1.050 Euro (Endguthaben) Unter allen Teilnehmern verlosen wir 15 Einkaufsgutscheine zu je 20 Euro von buch.de. Sie k¨onnen Ihre Gewinnchance selbst beeinflussen, indem Sie bei jeder Kaufsituation ein hohes Endguthaben erzielen: Nach dem Abschluss der Untersuchung werden wir irgendeine Kaufsituation zuf¨ allig ausw¨ahlen – und f¨ ur jeden Euro Endguthaben bei dieser Kaufsituation geht ein Los f¨ ur Sie in den Gewinntopf ein!
146
5 Der Aufbau des Experiments
Ihre Aufgabe besteht bei jeder Kaufsituation darin, das angebotene Produkt zu kaufen. Sie k¨onnen eine Kaufsituation jedoch auch abbrechen, ohne das Produkt zu kaufen. In diesem Fall wird Ihnen kein gezahlter Preis vom Guthaben abgezogen, der Produktwert wird Ihnen jedoch auch nicht gutgeschrieben. Sie k¨onnen sich f¨ ur die Teilnahme an dieser Untersuchung so viel Zeit nehmen wie Sie m¨ochten, Sie sollten jedoch keine Pause von mehr als zehn Minuten einlegen. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit ohne Pause liegt bei ungef¨ahr 20 Minuten. Sie werden informiert, wenn Sie alle Kaufsituationen bearbeitet haben. Bei Fragen oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an: Institut f¨ ur Handelsforschung an der Universit¨ at zu K¨ oln, Sebastian van Baal, Telefon: 0221-943607-70, E-Mail: [email protected].“ Diese Instruktion und somit der Aufbau des Experiments sind so gestaltet, dass die in Abschnitt 1.3 formulierten Annahmen der vorliegenden Untersuchung und die dar¨ uber hinausgehenden Annahmen, die dem Modell aus Kapitel 4 zugrunde liegen, zutreffen: • Das Produkt und die Anbieter werden vorgegeben und als homogen charakterisiert (um die G¨ ultigkeit von A1 zu gew¨ ahrleisten). Nur die von den Anbietern geforderten Preise k¨onnen sich unterscheiden. Hinsichtlich der Benennung der Produkte wird der Empfehlung von Smith gefolgt, abstrakte Bezeichnungen und somit imagin¨are“ ” bzw. experimentelle“ G¨ uter zu verwenden, um zu vermeiden, dass das Suchverhalten ” im Experiment von exogenen Erfahrungen, Vorstellungen oder Pr¨aferenzen der Probanden beeinflusst wird; es wird also der Induced-Value-Theorie der experimentellen Wirtschaftsforschung gefolgt.439 Die Produkte werden nur mit Buchstaben gekennzeichnet, wobei die Buchstaben zuf¨ allig ausgew¨ ahlt werden. • In gleicher Weise werden keine realen Anbieternamen verwendet, um auszuschließen, dass die Probanden aus dem Namen die preisliche Positionierung eines Anbieters ableiten; es werden auch keine erfundenen Anbieternamen verwendet, um jede m¨ogliche Pr¨adisposition der Probanden auszuschließen (A2). Wie die Produkte werden die Anbieter nur mit zuf¨ allig ausgew¨ ahlten Buchstaben gekennzeichnet. • Die Probanden haben nicht die M¨ oglichkeit, mehr als eine Einheit des Produkts zu erwerben (A3). • Es wird das Ziel induziert, einen niedrigen Preis f¨ ur das Produkt zu zahlen (A4). Auf die Zielfunktion wird im folgenden Abschnitt n¨ aher eingegangen. • Das Produkt ist bis zum Abschluss der Suche bei allen Anbietern verf¨ ugbar (A5). • Die Preisforderungen der Anbieter sind vorgegebene, nichtverhandelbare Werte (A6). • Jede einzelne Suche wird innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums abgeschlossen, hat keinen Einfluss auf folgende Suchaufgaben und die Preisforderungen der Anbieter ahrend einer Suche (A7). ¨andern sich nicht w¨ • Die Probanden haben die M¨ oglichkeit, innerhalb einer Kaufsituation zu fr¨ uher auf439
Vgl. Smith, Vernon L. (1976): Experimental Economics: Induced Value Theory, in: American Economic Review, Vol. 66 No. 2, S. 274–279, hier: S. 278; Smith (1982), S. 931. Vgl. auch bspw. Davis, Douglas D./Holt, Charles A. (1993): Experimental Economics, Princeton, S. 27; Friedman/Sunder (1994), S. 17, 53f.; Camerer, Colin F. (1997): Rules for Experimenting in Psychology and Economics, and Why They Differ, in: Albers et al. (1997), S. 313–327, hier: S. 318, 325; Friedman, Daniel/Cassar, Alessandra (2004b): First Principles: Induced Value Theory, in: Friedman, Daniel/Cassar, Alessandra (Hrsg.) (2004): Economics Lab: An Intensive Course in Experimental Economics, London – New York, S. 25–31, hier: S. 30. Vgl. zu Nachteilen dieser Vorgehensweise Bohm, Peter (2002): Pitfalls in Experimental Economics, in: Andersson, Fredrik/Holm, H˚ akan (Hrsg.) (2002): Experimental Economics: Financial Markets, Auctions, and Decision Making, Boston, S. 117–126, hier: S. 121-124.
5.2 Der Ablauf des Experiments
147
gesuchten Anbietern zur¨ uckzukehren (A8). • Den Probanden werden vorab keine Informationen u ¨ber die in den Kaufsituationen geforderten Preise zur Verf¨ ugung gestellt (A9). 5.2.2 Die Zielfunktion und Entlohnung der Probanden Im Rahmen der Induced-Value-Theorie wird empfohlen, bei Experimenten zum Entscheidungsverhalten f¨ ur die Probanden einen finanziellen Anreiz zu schaffen, ¨okonomisch sinnvolle Entscheidungen zu treffen.440 Aus der Instruktion ist ersichtlich, dass ein solcher Anreiz beim hier dargestellten Experiment auf der Basis des Endguthabens“ der Proban” den geschaffen wird. Dieses Endguthaben induziert eine zu maximierende Zielfunktion, die zur Charakterisierung des Experiments besonders bedeutend ist. Gleichung 5.1 verdeutlicht die Berechnung des Endguthabens und somit die Zielfunktion in allgemeiner Form. GT = G0 − cT − p + p˜
(5.1)
mit: GT : Endguthaben; G0 : Anfangsguthaben; c: Grenzsuchkosten (in der Instruktion als Kosten pro Anfrage“ bezeichnet); ” T : Anzahl der Anbieter bzw. der Suchschritte, die vor Beendigung der Preissuche aufgesucht bzw. durchgef¨ uhrt werden; p: Gezahlter Preis; p˜: Wert¨aquivalent ( Produktwert“ in der Instruktion). ” Mit dieser Berechnung des Endguthabens wird das Ziel verfolgt, f¨ ur die Probanden ein nichttriviales Suchproblem zu erzeugen: Es soll vermieden werden, dass die beste Vorgehensweise immer darin besteht, alle bzw. nur einen Anbieter aufzusuchen (wenn T bzw. p nicht einbezogen w¨ urde). Die Variablen c und p˜ werden aufgenommen, um die Grenzsuchkosten und das Wert¨ aquivalent experimentell manipulieren zu k¨onnen. Hierauf wird in Abschnitt 5.3.3 n¨aher eingegangen. Ein Anfangsguthaben G0 wird aufgenommen, um zu vermeiden, dass die Probanden das Wert¨ aquivalent als Budget auffassen, aus dem die Suchkosten zu finanzieren sind.441 Da das Modell aus Kapitel 4 eine Gr¨oße wie das Einkommen oder Verm¨ ogen der Konsumenten nicht enth¨alt, wird das Anfangsguthaben bei allen experimentellen Bedingungen in gleicher H¨ ohe angesetzt. Bei Gleichung 5.1 handelt es sich um eine relativ allgemeine Charakterisierung eines Suchproblems. Sie d¨ urfte den realen Bedingungen nahekommen und ¨ahnelt den Zielfunktionen, die bei bisherigen experimentellen Untersuchungen zum Suchverhalten induziert wurden.442 440
441
442
Vgl. Smith (1976); Smith (1982), S. 931-935. Vgl. auch bspw. Davis/Holt (1993), S. 24f.; Friedman/Sunder (1994), S. 12-17, 213; Camerer (1997), S. 319f., 325; Friedman/Cassar (2004b), S. 26f.; Holt (2007), S. 10f. ¨ Vgl. zu einer ¨ ahnlichen Uberlegung, jedoch gegens¨ atzlichen Vorgehensweise Hey (1982), S. 66f. und Hey (1991), S. 98. Wenn die Probanden das Wert¨ aquivalent als Budget auffassen, aus dem die Suchkosten zu finanzieren sind, handelt es sich nicht um die Bewertung des Nutzens, den das Produkt stiftet. Die Definition des Wert¨ aquivalents von S. 112 w¨ urde also nicht gelten. Vgl. Rapoport/Tversky (1966), S. 145; Rapoport/Tversky (1970), S. 106, 109f.; Schotter/ Braunstein (1981), S. 6f.; Urbany (1986), S. 262; Urbany/Bearden/Weilbaker (1988), S. 99f.; Kogut (1990), S. 384; Hey (1993), S. 84; Slonim (1994), S. 145f.; Butler/Loomes (1997), S. 129; Son-
148
5 Der Aufbau des Experiments
Die Instruktion zeigt, dass die Probanden in Form einer Lotterie f¨ ur die Teilnahme am Experiment entlohnt werden (die Probanden werden lotteriebasiert“ entlohnt), wobei ” die Gewinnchance bei der Lotterie vom Endguthaben bei einer zuf¨allig ausgew¨ahlten 443 oglichkeit besteht darin, jedem Probanden sein Kaufsituation abh¨angt. Eine andere M¨ Endguthaben komplett oder anteilig auszuzahlen (die Probanden werden in diesem Fall auszahlungsbasiert“ entlohnt). Eine auszahlungsbasierte Entlohnung ist die grunds¨atz” liche Vorgehensweise, die im Rahmen der Induced-Value-Theorie empfohlen wird, um einen unmittelbaren Anreiz zu ¨ okonomisch sinnvollem Verhalten zu schaffen.444 Die hier gew¨ahlte Form der Entlohnung hat jedoch drei Vorteile, wobei die ersten zwei forschungs¨ darstellt: ¨okonomischer Natur sind und der dritte eine methodische Uberlegung • Erstens w¨ urde eine komplette oder anteilige Auszahlung der Endguthaben an jeden Probanden bei gegebenen finanziellen Mitteln erfordern, dass die Stichprobengr¨oße im Vergleich zu einer lotteriebasierten Entlohnung reduziert wird. Das Ausmaß der erforderlichen Reduktion w¨ urde davon abh¨ angen, wie groß der Anteil der Auszahlung bei einer auszahlungsbasierten Entlohnung w¨ are. Nur bei einem sehr geringen Anteil w¨ urden die zwei Varianten zu identischen Entlohnungskosten f¨ uhren und es ist fraglich, ob bei einem solchen Anteil noch eine Anreizwirkung der Zielfunktion bestehen w¨ urde. Eine lotteriebasierte Entlohnung erlaubt demnach bei gegebenen finanziellen Mitteln die Einbeziehung einer gr¨ oßeren Anzahl von Probanden. • Zweitens w¨ urde eine komplette oder anteilige Auszahlung der Endguthaben zu Unsicherheit hinsichtlich der gesamten Entlohnungskosten f¨ uhren, da im Voraus nur erwartete Kosten angegeben werden k¨ onnten. Dies w¨ urde die Untersuchungsplanung erschweren und erfordern, dass die Stichprobe sukzessive gezogen wird, wenn die vorhandenen finanziellen Mittel ausgesch¨ opft werden sollen. Bei einer lotteriebasierten Entlohnung hingegen stehen die Entlohnungskosten vor Beginn des Experiments fest. • Drittens kann es zu untersuchungsinternen Verm¨ ogenseffekten“ und dadurch zu einer ” Reduktion der externen Validit¨ at kommen, wenn das kumulierte Endguthaben f¨ ur die Entlohnung der Probanden maßgeblich ist.445 So ist denkbar, dass das Suchverhalten der Probanden in einer simulierten Kaufsituation davon abh¨angt, wie erfolgreich sie bei vorhergehenden Kaufsituationen waren, wenn ihr Endguthaben kumuliert in die Entlohnung eingeht. Ein solcher Verm¨ ogenseffekt kann vermieden oder zumindest reduziert werden, indem wie hier eine zuf¨ allig ausgew¨ahlte Kaufsituation f¨ ur die Entlohnung maßgeblich ist.446
443
444 445 446
nemans (1998), S. 326f.; Srivastava/Lurie (2001), S. 301; Brannon/Gorman (2002), S. 379f.; Houser/ Winter (2004), S. 66, 69; Schunk (2009), S. 1726; Schunk/Winter (2009), S. 349; H¨ aubl/Dellaert/ Donkers (2010), S. 449. Bei den meisten vorliegenden Untersuchungen wird allerdings nicht wie hier zwischen dem Wert¨ aquivalent und dem Anfangsguthaben differenziert, sondern es wird nur eine dieser Gr¨ oßen einbezogen; siehe hierzu Fußnote 441. Vgl. zu anderen Untersuchungen zum Suchverhalten, bei denen die Entlohnung der Probanden ¨ ebenfalls sowohl vom Zufall als auch von der Leistung abh¨ angt, bspw. Olander (1975), S. 307; Urbany (1986), S. 262; Hey (1987), S. 138f.; Urbany/Bearden/Weilbaker (1988), S. 100; Hey (1991), S. 101f.; Hey (1993), S. 85; Butler/Loomes (1997), S. 128f.; Sonnemans, Joep (2000): Decisions and Strategies in a Sequential Search Experiment, in: Journal of Economic Psychology, Vol. 21 No. 1, S. 91–102, hier: S. 95; Srivastava/Lurie (2001), S. 303; Houser/Winter (2004), S. 66; Schunk (2009), S. 1726; Schunk/Winter (2009), S. 349f. Vgl. bspw. Smith (1976), S. 278; Friedman/Sunder (1994), S. 17, 49, 51; Friedman/Cassar (2004b), S. 30. Vgl. bspw. Davis/Holt (1993), S. 450f.; Slonim (1994), S. 148f. Vgl. bspw. Becker, Gordon M./DeGroot, Morris H./Marschak, Jacob (1964): Measuring Utility by a Single-Response Sequential Method, in: Behavioral Science, Vol. 9 No. 3, S. 226–232, hier: S. 229; Davis/Holt (1993), S. 452-455; Hey (1993), S. 85; Friedman/Sunder (1994), S. 51.
5.2 Der Ablauf des Experiments
149
¨ Aufgrund der ersten zwei Uberlegungen erfolgt beim hier dargestellten Experiment keine ¨ auszahlungs-, sondern eine lotteriebasierte Entlohnung. Aufgrund der dritten Uberlegung h¨angt die Gewinnchance bei der Lotterie nicht vom kumulierten Endguthaben, sondern vom Endguthaben bei einer zuf¨ allig ausgew¨ ahlten Kaufsituation ab. Eine lotteriebasierte Entlohnung kann die folgenden Nachteile haben: • Bei einer lotteriebasierten Entlohnung kommt dem Zufall eine gr¨oßere Bedeutung f¨ ur die Entlohnung der Probanden zu als bei einer auszahlungsbasierten Entlohnung. Somit besteht bei Letzterer eine direktere Verbindung zwischen den Entscheidungen der Probanden und ihrer Entlohnung. Eine lotteriebasierte Entlohnung kann daher dazu f¨ uhren, dass die Probanden die Zielfunktion und somit den Zusammenhang zwischen ihren Entscheidungen und ihrer Entlohnung weniger stark beachten als bei einer auszahlungsbasierten Entlohnung. Mit anderen Worten kann die Salienz“ der ” Zielfunktion bei einer lotteriebasierten Entlohnung geringer sein als bei einer auszahlungsbasierten Entlohnung. Die Salienz der Zielfunktion stellt jedoch eine zentrale Forderung der Induced-Value-Theorie dar und sie ist eine notwendige Bedingung f¨ ur die Validit¨at der experimentellen Ergebnisse.447 • Eine lotteriebasierte Entlohnung kann dazu f¨ uhren, dass die Probanden risikofreudiger entscheiden als bei einer nicht vom Zufall abh¨ angenden Entlohnung. Dadurch kann die externe Validit¨ at des Experiments gef¨ ahrdet werden, wenn die Risikoeinstellung der Probanden im Experiment aufgrund der lotteriebasierten Entlohnung eine andere ist als außerhalb des Experiments. • Weiterhin kann eine lotteriebasierte Entlohnung dazu f¨ uhren, dass die Probanden versuchen, die Gewinnwahrscheinlichkeit anderer Probanden zu reduzieren. Dadurch kann die externe Validit¨ at ebenfalls gef¨ ahrdet werden, denn ein solches Verhalten d¨ urfte außerhalb eines Experiments im Allgemeinen nicht vorliegen.448 Um zu bestimmen, inwieweit der erste Nachteil beim hier dargestellten Experiment gilt, werden in Abschnitt 6.3.2 G¨ utepr¨ ufungen der experimentellen Manipulationen durchgef¨ uhrt. Die Ergebnisse dieser G¨ utepr¨ ufungen legen den Schluss nahe, dass die Probanden die Zielfunktion beachten bzw. dass die Zielfunktion salient ist. Hinsichtlich des zweiten Nachteils ist zu vermuten, dass die ausgelobte Entlohnung gering genug ist, um davon ausgehen zu k¨onnen, dass sie die Risikoeinstellung der Probanden nicht ver¨andert.449 Der dritte Nachteil trifft hier nicht zu, da die Probanden keinen Einfluss auf die Gewinnwahrscheinlichkeit anderer Probanden aus¨ uben k¨ onnen. ¨ Uber die Gewinnchance hinaus erh¨ alt jeder Proband eine feste Entlohnung in H¨ohe von 3,00 Euro f¨ ur die Teilnahme am Experiment. Diese Entlohnung wird von dem Marktforschungsunternehmen, das die Stichprobe rekrutiert, festgelegt und ausgezahlt (auf die Stichprobe wird in Abschnitt 6.1 n¨ aher eingegangen).
447
448 449
Vgl. Smith (1982), S. 931f.; Davis/Holt (1993), S. 24; Friedman/Sunder (1994), S. 13, 213; Friedman/ Cassar (2004b), S. 26, 28. Vgl. auch bspw. Bohm (2002), S. 118f. zu Problemen, die sich bei Experimenten mit geringen monet¨ aren Anreizen ergeben k¨ onnen. Vgl. andererseits bspw. Hey (1987), S. 137-142, Camerer (1995), S. 634f. und Camerer (1997), S. 319f. zu Hinweisen darauf, dass monet¨ are Anreize h¨ aufig nicht entscheidend f¨ ur die Validit¨ at sind. Vgl. zu den letzten zwei Nachteilen Friedman/Cassar (2004b), S. 28f. Vgl. auch Slonim (1994), S. 149; Roth, Alvin E. (1995): Introduction, in: Kagel/Roth (1995), S. 3– 109, hier: S. 85; Friedman, Daniel/Cassar, Alessandra (2004a): Do it: Running a Laboratory Session, in: Friedman/Cassar (2004), S. 65–74, hier: S. 68.
150
5 Der Aufbau des Experiments
5.2.3 Die Gestaltung der simulierten Kaufsituationen Die simulierten Kaufsituationen, die die Probanden am Computer durchlaufen, sind so gestaltet, dass ihre Struktur einerseits realen Kaufsituationen m¨oglichst nahekommt (um eine m¨oglichst große externe Validit¨ at zu erreichen) und dass sie andererseits so simpel sind, dass die Annahmen des zu u ufenden Modells gelten und St¨orfaktoren elimi¨berpr¨ niert sind (zur Gew¨ahrleistung der internen Validit¨ at). Im Folgenden wird die Gestaltung der simulierten Kaufsituationen im Detail er¨ ortert. Eine Kaufsituation besteht im Kern aus zwei Bildschirmansichten: ¨ • Einer Ubersichtsseite“, auf der das aktuelle Guthaben, die Grenzsuchkosten und das ” Wert¨aquivalent angezeigt und die Anbieter des Produkts aufgelistet werden und • einer Anbieterseite“, auf der der von einem Anbieter geforderte Preis angezeigt wird. ” ¨ Die Probanden beginnen eine Kaufsituation auf der Ubersichtsseite. Zu Beginn des Durchlaufens einer Kaufsituation sind alle Anbieter auf dieser Seite verdeckt“, sodass ” ˜ angezeigt lediglich Platzhalter der Form Anbieter 1“, Anbieter 2“, . . . , Anbieter N“ ” ” ” ˜ steht f¨ werden (N ur die Anzahl der Anbieter). Dies wird in Abbildung 5.3 anhand eines Beispiels mit f¨ unf Anbietern veranschaulicht. ¨ Abbildung 5.3: Ein Beispiel der Ubersichtsseite zu Beginn einer Kaufsituation
¨ Die Probanden k¨onnen einen beliebigen Platzhalter auf der Ubersichtsseite anklicken (beispielsweise Anbieter 1”), um eine Anbieterseite aufzusuchen. Auf dieser Seite wird ” der abstrakte Name des Anbieters offengelegt (beispielsweise Anbieter G”) und es wird ”
5.2 Der Ablauf des Experiments
151
angegeben, welchen Preis der Anbieter fordert (beispielsweise 90,00 Euro). Auf der Anbieterseite k¨onnen die Probanden entscheiden, ob sie den Kauf bei dem Anbieter durchf¨ uhren. In Abbildung 5.4 wird ein Beispiel dargestellt. Abbildung 5.4: Ein Beispiel einer Anbieterseite
¨ Obwohl die Probanden selbst entscheiden k¨ onnen, welchen Anbieter sie auf der Ubersichtsseite ausw¨ahlen, wird die Reihenfolge der Preise, die den Probanden vorgelegt wer¨ den, im Vorhinein bestimmt. Beispielsweise wird zwei Probanden, die auf der Ubersichtsseite im ersten Suchschritt verschiedene Platzhalter ausw¨ahlen (beispielsweise Anbie” ter 1“ und Anbieter 2“), die gleiche Anbieterseite mit dem gleichen Preis vorgelegt ” (beispielsweise Anbieter G“ mit dem Preis 90,00 Euro). Dies erleichtert die Durchf¨ uh” rung intersubjektiver Vergleiche und wird in Abschnitt 5.4.2 n¨aher erl¨autert, wenn die experimentellen Bedingungen dargestellt werden. ¨ Wenn die Probanden bei einem aufgesuchten Anbieter nicht kaufen, kehren sie zur Ubersichtsseite zur¨ uck. Auf dieser Seite wird der Platzhalter f¨ ur den Anbieter (beispielsweise Anbieter 1“) durch den abstrakten Namen des Anbieters und seine Preisforderung ” ersetzt (beispielsweise Anbieter G“ mit 90,00 Euro). Der Anbieter wird also auf der ” ¨ Ubersichtsseite aufgedeckt“. Dies wird in Abbildung 5.5 anhand eines Beispiels veran” schaulicht. ¨ Die Probanden k¨onnen sukzessive alle Anbieter auf der Ubersichtsseite aufdecken und auf dieser Seite werden s¨amtliche Informationen wiedergegeben, die den Probanden bekannt sind. Damit soll die M¨ oglichkeit des Vergessens als St¨ orfaktor ausgeschlossen werden, um die interne Validit¨at des Experiments zu gew¨ ahrleisten.450 Um forcierte Entscheidungen zu vermeiden und so die externe Validit¨at zu erh¨ohen, ist es ¨ den Probanden m¨oglich, eine Kaufsituation auf der Ubersichtsseite abzubrechen, ohne einen Kauf durchzuf¨ uhren.451 Die abgebrochenen Kaufsituationen gehen nicht in die Auswertung ein, da das Modell aus Kapitel 4 nicht zur Erkl¨arung erfolglos“ beendeter ” Suchvorg¨ange dient (siehe Seite 115). Wenn eine Kaufsituation abgeschlossen wird, indem auf einer Anbieterseite ein Kauf ¨ durchgef¨ uhrt oder die Kaufsituation auf der Ubersichtsseite abgebrochen wird, gelangen die Probanden zur n¨ achsten Kaufsituation, wenn noch nicht alle Kaufsituationen durchlaufen wurden. Ansonsten wird das Experiment beendet. Die Messung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse erfolgt w¨ahrend des Durchlaufens einer Kaufsituation mit zwei Fragen, auf 450 451
Vgl. zu einer ¨ ahnlichen Vorgehensweise Srivastava/Lurie (2001), S. 301. Vgl. auch Hey (1982), S. 67; Cox/Oaxaca (1989), S. 311; Hey (1991), S. 98; Hey (1993), S. 84; Butler/Loomes (1997), S. 129. Vgl. auch Hey (1982), S. 67; Hey (1991), S. 98; Kogut (1992), S. 144.
152
5 Der Aufbau des Experiments ¨ Abbildung 5.5: Ein Beispiel der Ubersichtsseite nach Aufdeckung eines Platzhalters
die in Abschnitt 5.3.2 eingegangen wird. Die Messung wird vor der Offenlegung des ersten Preises und nach der Offenlegung jedes Preises, zu dem die Probanden nicht kaufen, durchgef¨ uhrt. W¨ ahrend hier auf die grundlegenden Bestandteile der Kaufsituationen eingegangen wurde, wird im Anhang der Untersuchung ein vollst¨ andiges Beispiel f¨ ur den Ablauf einer Kaufsituation dargestellt. Dabei werden allerdings Informationen vorausgesetzt (insbesondere zu Messinstrumenten), die erst im weiteren Verlauf des Kapitels er¨ortert werden. 5.2.4 Probel¨ aufe zur Reduktion von Unklarheiten Nach der Instruktion k¨ onnen die Probanden beliebig viele Probekaufsituationen durchlaufen, um sich mit dem experimentellen Ablauf vertraut zu machen; jeder Proband muss mindestens einen Probelauf durchf¨ uhren. Das Endguthaben, das bei Probel¨aufen erzielt wird, geht mit Wissen der Probanden nicht in ihre Entlohnung ein. Bei den Probel¨aufen besteht also kein finanzieller Anreiz zur Beachtung der Zielfunktion. Die Probel¨aufe werden nicht in die Hypothesenpr¨ ufung einbezogen. Bei den Probel¨aufen werden andere Werte f¨ ur die manipulierbaren unabh¨angigen Variablen vorgegeben als bei den anreiz- und auswertungsrelevanten Kaufsituationen. Dies bezieht sich insbesondere auf die von den Anbietern geforderten Preise, womit vermieden werden soll, dass die Probanden vermuten, die experimentellen Preisverteilungen
5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen
153
einsch¨atzen zu k¨onnen, wodurch A9 verletzt w¨ are.452 Probel¨aufe werden bei Experimenten zum Entscheidungsverhalten im Allgemeinen und zum Suchverhalten im Besonderen h¨ aufig genutzt, um m¨ ogliche Unklarheiten hinsichtlich des experimentellen Ablaufs zu reduzieren.453 Eine andere m¨ogliche Vorgehensweise besteht darin, die ersten x experimentellen Situationen nicht in die Datenauswertung einzubeziehen.454 Bei dieser Vorgehensweise bleibt jedoch offen, wie x zu bestimmen ist. Dar¨ uber hinaus ber¨ ucksichtigt sie nicht, dass sich die Probanden hinsichtlich ihres Verst¨andnisses des Ablaufs unterscheiden k¨ onnen. Wenn die Probanden wie hier selbst entscheiden, wie viele Probel¨ aufe sie durchf¨ uhren (wenn sie somit x gewissermaßen selbst bestimmen), ist ihre Entscheidung ein Indiz daf¨ ur, dass sie den experimentellen Ablauf verstanden haben, wenn sie eine f¨ ur die Auswertung relevante Situation beginnen. Es wird darauf verzichtet, den Probanden dar¨ uber hinaus Fragen zum Verst¨andnis des Ablaufs zu stellen,455 um mehr Zeit f¨ ur die Durchf¨ uhrung des Experiments verwenden zu k¨onnen und den Einfluss der Rahmenbedingungen der experimentellen Situation auf das Verhalten der Probanden zu reduzieren. Verst¨ andnisfragen beispielsweise zur Berechnung des Endguthabens k¨onnten die externe Validit¨ at des Experiments reduzieren, zumal die Rahmenbedingungen einer realen Suchsituation nicht derart transparent sind, wie es im Experiment der Fall w¨ are, wenn die Probanden hinsichtlich ihres Verst¨andnisses gepr¨ uft w¨ urden.456 Beobachtungen einzelner Probanden w¨ahrend der Durchf¨ uhrung von Tests der Experimentalplattform legen den Schluss nahe, dass die Instruktion und die Probel¨aufe zu einem ausreichenden Verst¨ andnis des Experiments f¨ uhren.
5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨ oßen In den folgenden Abschnitten wird dargestellt, wie die im Modell enthaltenen Gr¨oßen (siehe Seite 138) im Experiment erfasst werden. Dabei sind drei Gruppen zu unterscheiden: • Da das Explanandum der vorliegenden Untersuchung und somit des Modells die Intensit¨at der Preissuche ist, stellt diese Intensit¨ at die abh¨angige Gr¨oße dar. Auf ihre Operationalisierung wird in Abschnitt 5.3.1 eingegangen. • Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse gehen in das Modell sowohl als abh¨ angige als auch als unabh¨angige Konstrukte ein und sie stellen somit intervenierende Gr¨ oßen dar. Ihre Operationalisierung wird in Abschnitt 5.3.2 behandelt. 452
453
454 455
456
Im Gegensatz dazu dienen Probel¨ aufe bei Untersuchungen zu Modellen mit bekannter Preisverteilung oftmals dazu, die Probanden mit der Verteilung vertraut zu machen. Vgl. bspw. Rapoport/ Tversky (1966), S. 145; Rapoport/Tversky (1970), S. 108; Schotter/Braunstein (1981), S. 6, 9. Vgl. bspw. Hey (1982), S. 67; Urbany (1986), S. 261f.; Hey (1987), S. 138; Urbany/Bearden/ Weilbaker (1988), S. 99; Harrison/Morgan (1990), S. 481f.; Kogut (1990), S. 383f.; Moon/ Martin (1990), S. 178; Hey (1991), S. 98, 101; Martin/Moon (1992), S. 255; Hey (1993), S. 85; Friedman/Sunder (1994), S. 78; Slonim (1994), S. 149; Moon/Martin (1996), S. 314; Butler/Loomes (1997), S. 128; Sonnemans (1998), S. 313f.; Cox/Oaxaca (2000), S. 212; Sonnemans (2000), S. 95; Srivastava/ Lurie (2001), S. 300f.; Houser/Winter (2004), S. 66; MacLeod/Pingle (2005), S. 620; Schunk (2009), S. 1726; Schunk/Winter (2009), S. 349; McBride (2010), S. 267. Vgl. bspw. Moon/Martin (1996), S. 315; Camerer (1997), S. 318f.; Friedman, Daniel/Cassar, Alessandra (2004c): The Art of Experimental Design, in: Friedman/Cassar (2004), S. 32–37, hier: S. 36. Vgl. bspw. Sonnemans (1998), S. 313, 321, 327f.; Sonnemans (2000), S. 95; Srivastava/ Lurie (2001), S. 306; Zwick et al. (2003), S. 509; Fellner/G¨ uth/Maciejovsky (2009), S. 29; G¨ uth/ Levati/Ploner (2009), S. 268; H¨ aubl/Dellaert/Donkers (2010), S. 449. Vgl. auch Friedman/Sunder (1994), S. 52.
154
5 Der Aufbau des Experiments
• Die verbleibenden Modellgr¨ oßen sind unabh¨ angiger Natur, denn ihr Zustandekommen wird im Modell nicht thematisiert; ihre Operationalisierung wird in Abschnitt 5.3.3 er¨ortert. ¨ In Abschnitt 5.3.4 wird die Operationalisierung der Modellgr¨oßen im Uberblick dargestellt. 5.3.1 Die Operationalisierung der Intensit¨ at der Preissuche In der vorliegenden Untersuchung handelt es sich bei der Intensit¨at der Preissuche um die Anzahl der Anbieter, die Konsumenten konsultieren, bevor sie einen Kauf t¨atigen. Die ˜ annehmen Intensit¨at der Preissuche ist ein Zahlenwert, der Auspr¨ agungen von eins bis N ˜ ist als Anzahl der Anbieter definiert). Wie bei den bisherigen Darstellungen kann (N sequenzieller Modelle wird die Suchintensit¨ at im Folgenden als T bezeichnet. Die Intensit¨at der Preissuche wird im Experiment beobachtet, indem das Verhalten der Probanden aufgezeichnet wird: Die Anzahl der Anbieter, die Probanden vor einem Kauf aufsuchen (einschließlich des Anbieters, bei dem der Kauf get¨atigt wird), entspricht der Suchintensit¨at. Die Intensit¨at der Preissuche steht mit einer anderen Variable in einem definitorischen Zusammenhang: der bin¨ aren Variable Beendigung der Preissuche mit einem Kauf“, die ” in jedem Suchschritt die Auspr¨ agungen Wahr“ oder Falsch“ annehmen kann. Je fr¨ u” ” her die Auspr¨agung Wahr“ eintritt, desto geringer ist die Suchintensit¨at. Somit kann ” die Suchintensit¨at indirekt erkl¨ art werden, indem die Wahrscheinlichkeit, dass die Auspr¨agung Wahr“ eintritt, erkl¨ art wird. Diese Wahrscheinlichkeit wird hier wie bei der ” Modellentwicklung in Abschnitt 4.1.4 als prtT bezeichnet (Gleichung 5.2). prtT := pr(kauft = 1) = 1 − pr(kauft = 0)
(5.2)
mit: prtT : Wahrscheinlichkeit, dass die Preissuche in Suchschritt t beendet wird; pr(kauft = 1): Wahrscheinlichkeit, dass kauf = 1 in Suchschritt t gilt; kauf = 1 wenn die Preissuche beendet wird (sonst kauf = 0). Die Indikatorvariable kauft aus Gleichung 5.2 wird wie die Suchintensit¨at im Experiment beobachtet, indem das Verhalten der Probanden aufgezeichnet wird: Wenn es in Suchschritt t zu einem Kauf kommt, nimmt sie den Wert 1 an; bei Fortsetzung der Suche den Wert 0. Aus den beobachteten Auspr¨ agungen von kauft ergibt sich prtT als relative H¨aufigkeit des Ereignisses kauft = 1.
Eine indirekte Erkl¨arung der Suchintensit¨ at anhand von prtT erm¨oglicht es, jeden einzelnen Suchschritt zu modellieren, da angegeben werden kann, wie groß die Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche nach der Identifikation eines Preises ist. Eine Modellierung anhand der Suchintensit¨ at T stellt hingegen auf das Suchergebnis ab und nicht auf den Suchprozess. Daraus folgt, dass die Modellierung anhand von prtT zwei Vorteile hat: • Erstens handelt es sich um die nat¨ urliche Modellierung eines sequenziellen Suchverfahrens, da dieses dadurch definiert ist, dass Konsumenten nach der Identifikation eines Preises entscheiden, ob sie einen weiteren Suchschritt durchf¨ uhren. Auf Seite 23 wurde darauf hingewiesen, dass dies der grundlegende Unterschied zwischen den mikro¨okonomischen Modellen der ersten Generation und den mikro¨okonomischen Modellen der zweiten und dritten Generation ist, die ebenso wie das Modell aus Kapi-
5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen
155
tel 4 ein sequenzielles Suchverfahren unterstellen. Auf Seite 77 wurde dar¨ uber hinaus er¨ortert, dass die vorliegenden marketingwissenschaftlichen Suchmodelle zwar kein nichtsequenzielles Suchverfahren unterstellen, den Suchprozess jedoch nicht offenlegen, da sie nur auf das Suchergebnis und somit unmittelbar auf die Suchintensit¨at als zu erkl¨arende Gr¨oße abstellen. Die Behandlung der einzelnen Suchschritte ist somit erforderlich, um dem sequenziellen Charakter der Suche, der im Modell aus Kapitel 4 unterstellt wird, gerecht zu werden. • Zweitens ist eine direkte Modellierung anhand der Suchintensit¨at im statistischen Sinne zwar nicht verzerrt, jedoch ineffizient, da sie nicht alle relevanten Informationen zum Suchprozess einbezieht: Wenn nur auf die Suchintensit¨at abgestellt wird, wird die Sequenz der identifizierten Preise und die in jedem Suchschritt getroffene Entscheidung der Probanden dar¨ uber, ob sie die Suche fortf¨ uhren oder beenden, nicht ber¨ ucksichtigt.457 Die Modellierung jedes einzelnen Suchschritts hingegen erlaubt es, die Sequenz der identifizierten Preise bei der Auswertung zu ber¨ ucksichtigen und alle Entscheidungen der Probanden u uhrung oder die Beendigung der Suche ¨ber die Fortf¨ einzubeziehen. Aus diesen Gr¨ unden wird die Suchintensit¨ at im Folgenden als Wahrscheinlichkeit, dass die Suche in einem Suchschritt beendet wird, operationalisiert. Diese Wahrscheinlichkeit kann Werte zwischen null und eins annehmen. 5.3.2 Die Operationalisierung der intervenierenden Gr¨ oßen Bei einigen vorliegenden experimentellen Untersuchungen zum Suchverhalten wird der Versuch unternommen, die Vorg¨ ange im Insystem der Konsumenten offenzulegen, indem Aussagen der Probanden zum Zustandekommen ihrer Entscheidungen, beispielsweise in Form verbaler Denkprotokolle, oder Aussagen zur aus Sicht der Probanden besten Suchstrategie ausgewertet werden.458 Im Gegensatz dazu wird in der vorliegenden Untersuchung deduktiv vorgegangen, indem gepr¨ uft wird, ob die in Kapitel 4 theoretisch hergeleitete Struktur das beobachtete Verhalten erkl¨ aren kann. Diese Pr¨ ufung erfordert es, die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu messen. In den folgenden zwei Abschnitten wird darauf eingegangen, wie diese Messung im Experiment durchgef¨ uhrt wird. 5.3.2.1 Die Operationalisierung der Preisbereitschaft Die Preisbereitschaft (P B) entspricht dem maximalen Geldbetrag, den ein Konsument f¨ ur eine Verkaufseinheit eines bestimmten Produkts an einen Anbieter zu entrichten bereit ist. Es handelt sich um einen Zahlenwert, der Auspr¨agungen im Intervall [0, ∞) annehmen kann. Die Preisbereitschaft ist nicht beobachtbar und daher kommt ihrer Messung eine besondere Bedeutung zu. In der methodischen Literatur werden verschiedene Messinstrumente vorgeschlagen und es ist strittig, welches am ehesten geeignet ist.459 Im Folgenden wer457 458
459
Vgl. Cox/Oaxaca (1989), S. 305; Hey (1991), S. 106; Hey (1993), S. 89f.; Cox/Oaxaca (2000), S. 218f.; Houser/Winter (2004), S. 65, 68. Vgl. Hey (1982), S. 70-75; Moon/Martin (1990), S. 179-184; Hey (1991), S. 98-109; Martin/ Moon (1992), S. 256-260; Hey (1993), S. 86-93; Moon/Martin (1996), S. 315-319; Sonnemans (1998), S. 311-318; Sonnemans (2000). Vgl. Sattler, Henrik/Nitschke, Thomas (2003): Ein empirischer Vergleich von Instrumenten zur Erhebung von Zahlungsbereitschaften, in: Zeitschrift f¨ ur betriebswirtschaftliche Forschung, Jg. 55
156
5 Der Aufbau des Experiments
den die haupts¨achlich vorgeschlagenen Instrumente hinsichtlich ihrer Eignung f¨ ur die vorliegende Untersuchung gepr¨ uft. Die Anforderungen an ein Instrument zur Messung der Preisbereitschaft Der Pr¨ ufung liegen die folgenden Merkmale der Instrumente zugrunde: • Die Validit¨at (G¨ ultigkeit) und • die Reliabilit¨at (Zuverl¨ assigkeit) der Messung, • die theoretische Anreizkompatibilit¨ at der Instrumente, • die Komplexit¨at der Messung f¨ ur die Probanden sowie • die Notwendigkeit der Vorgabe von Ankerpreisen. W¨ ahrend die grundlegenden Merkmale Validit¨ at und Reliabilit¨ at von allgemeiner Bedeutung f¨ ur die Beurteilung jedes Messinstruments sind,460 sind die restlichen drei Merkmale speziell auf die Messung der Preisbereitschaft und die vorliegende Untersuchung bezogen.461 Die drei spezifischen Merkmale k¨ onnen Einflussfaktoren der Validit¨at und der Reliabilit¨at sein. Ihre Bedeutung ergibt sich daher unter anderem daraus, dass Validit¨at und Reliabilit¨at der meisten im Folgenden gepr¨ uften Messinstrumente nicht eindeutig eingesch¨atzt werden k¨ onnen, zumal keine oder widerspr¨ uchliche empirische G¨ utepr¨ ufungen vorliegen. Die spezifischen Merkmale haben jedoch auch eine dar¨ uber hinausgehende Bedeutung. Die theoretische Anreizkompatibilit¨ at eines Instruments zur Messung der Preisbereitschaft ist ein Hilfskriterium, das dazu dient, die Validit¨at des Instruments auf theoretischem Niveau zu beurteilen: Theoretische Anreizkompatibilit¨at ist gegeben, wenn ein Messinstrument einen ¨ okonomischen Mechanismus enth¨alt, der dazu f¨ uhrt, dass es nut-
460
461
Nr. 4, S. 364–381; Backhaus, Klaus/Voeth, Markus/Sichtmann, Christina/Wilken, Robert (2005a): Conjoint-Analyse versus Direkte Preisabfrage zur Erhebung von Zahlungsbereitschaften, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 65 Nr. 5, S. 439–457; Backhaus, Klaus/Wilken, Robert/Voeth, Markus/ Sichtmann, Christina (2005b): An Empirical Comparison of Methods to Measure Willingness to Pay by Examining the Hypothetical Bias, in: International Journal of Market Research, Vol. 47 No. 5, S. 543–562; Kaas, Klaus Peter/Ruprecht, Heidrun (2006): Are the Vickrey Auction and the BDM Mechanism Really Incentive Compatible? – Empirical Results and Optimal Bidding Strategies in Cases of Uncertain Willingness-to-Pay, in: Schmalenbach Business Review, Vol. 58 No. 1, S. 37– 55; V¨ olckner, Franziska (2006): Methoden zur Messung individueller Zahlungsbereitschaften: Ein ¨ Uberblick zum State of the Art, in: Journal f¨ ur Betriebswirtschaft, Jg. 56 Nr. 1, S. 33–60; Schreier, Martin/Werfer, Joseph (2007): Auktionen versus Lotterien: Ein empirischer Vergleich zur Messung von Zahlungsbereitschaften, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 67 Nr. 1, S. 22–40. In der methodisch orientierten Literatur werden die Begriffe Preisbereitschaft“ und Zahlungsbereitschaft“ meist syn” ” onym genutzt. Hier wird der erste Begriff verwendet, denn w¨ ahrend sich die Zahlungsbereitschaft auf eine gr¨ oßere Menge beziehen kann, bezieht sich die Preisbereitschaft wie die vorliegende Untersuchung (A3, siehe S. 5) auf eine Verkaufseinheit. Vgl. Tacke, Georg (1989): Nichtlineare Preisbildung: H¨ ohere Gewinne durch Differenzierung (Diss. Universit¨ at Bielefeld 1988), Wiesbaden, S. 58; Skiera, Bernd (1999): Mengenbezogene Preisdifferenzierung bei Dienstleistungen (Habil. Universit¨ at Kiel), Wiesbaden, S. 21, 24. Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 247-261; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 149-166. Die Objektivit¨ at als drittes grundlegendes Merkmal wird nicht in die Pr¨ ufung einbezogen, zumal sie bei allen Instrumenten gegeben sein d¨ urfte, da sich die Bedingungen, unter denen die Messung durchgef¨ uhrt wird, eindeutig angeben lassen und da die Auswertung und Interpretation auf Zahlenwerte abstellen. Vgl. zu diesen und anderen (eher auf die Marktforschung bezogenen) Merkmalen bspw. Skiera (1999), S. 160, 171; Wricke, Martin (2000): Preistoleranz von Nachfragern (Diss. Universit¨ at Mainz), Wiesbaden, S. 49, 65f.; Ruprecht, Heidrun (2005): Anreizkompatible Verfahren zur Erhebung von Zahlungsbereitschaften (Diss. Universit¨ at Frankfurt am Main), Frankfurt am Main, S. 2, 94-96; V¨ olckner (2006), S. 42, 54; Voeth, Markus/Niederauer, Christian (2008): Ermittlung von Preisbereitschaften und Preisabsatzfunktionen, in: Herrmann/Homburg/Klarmann (2008), S. 1073–1095, hier: S. 1085; Simon/Fassnacht (2009), S. 142.
5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen
157
zenmaximierend und dadurch f¨ ur rational handelnde Probanden eine dominante Strategie ist, ihre wahre Preisbereitschaft offenzulegen.462 Es ist – zumindest theoretisch ¨ – plausibel, dass systematische Messfehler in Form von Uberoder Untertreibungen der Preisbereitschaft ausgeschlossen oder wenigstens reduziert werden k¨onnen, wenn ein Messinstrument theoretisch anreizkompatibel ist. Theoretische Anreizkompatibilit¨at ist somit ein Indiz f¨ ur Validit¨ at und daher ein w¨ unschenswertes Merkmal eines Instruments zur Messung der Preisbereitschaft.463 Der gemeinsame Kern der bisher vorgeschlagenen Mechanismen, die zu theoretischer Anreizkompatibilit¨at f¨ uhren, besteht aus drei Elementen, wobei das zweite am bedeutendsten ist:464 • Die Probanden ¨außern ihre Preisbereitschaft und m¨ ussen sich darauf festlegen, das Produkt bis zu einem Preis, der nicht u ¨ber ihr liegt, zu kaufen ( bedingte Kaufver” pflichtung“). • Der Preis, zu dem der Kauf zustande kommen kann, h¨angt nicht von der ge¨außerten Preisbereitschaft ab ( Losl¨ osung des Preises von der Preisbereitschaft“), ” • sondern von einem anderen Faktor, dessen Auspr¨ agung bei der Angabe der Preisbereitschaft ungewiss ist (beispielsweise von den ge¨ außerten Preisbereitschaften anderer ¨ Probanden oder vom Zufall; Ungewissheit des Preises bei der Außerung der Preis” bereitschaft“). Die theoretische Anreizkompatibilit¨ at ist zwar ein Indiz, jedoch keine hinreichende Bedingung f¨ ur die Validit¨at der Messung: Selbst bei theoretischer Anreizkompatibilit¨at k¨onnen gemessene Preisbereitschaften von den wahren Werten abweichen. So ist insbesondere m¨oglich, dass Probanden den Mechanismus, der dazu f¨ uhrt, dass ein Messinstrument theoretisch anreizkompatibel ist, nicht verstehen und daher nicht erkennen oder nicht glauben, dass die f¨ ur sie beste Vorgehensweise darin besteht, ihre wahre Preisbereitschaft zu offenbaren.465 Dieses Problem kann reduziert werden, indem der Mechanismus, der zu theoretischer Anreizkompatibilit¨ at f¨ uhrt, m¨ oglichst simpel gestaltet wird. ¨ Diese Uberlegung leitet zum n¨ achsten oben angef¨ uhrten Merkmal der Messinstrumente u at der Messung f¨ ur die Probanden. Diese ist aus drei Gr¨ unden ein ¨ber: die Komplexit¨ f¨ ur die vorliegende Untersuchung bedeutendes Merkmal: • Erstens erh¨oht eine geringe Komplexit¨ at die Wahrscheinlichkeit, dass die Probanden den Messmechanismus verstehen. Je gr¨ oßer das Verst¨andnis der Probanden ist, desto gr¨oßer ist wie oben angemerkt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die theoretische 462
463 464
465
Vgl. bspw. Skiera (1999), S. 163; Wertenbroch, Klaus/Skiera, Bernd (2002): Measuring Consumers’ Willingness to Pay at the Point of Purchase, in: Journal of Marketing Research, Vol. 39 No. 2, S. 228– 241, hier: S. 228f. Vgl. zu allgemeinen Definitionen der Anreizkompatibilit¨ at bspw. Smith (1982), S. 927; McAfee/McMillan (1987), S. 712; Davis/Holt (1993), S. 344. Vgl. auch Ruprecht (2005), S. 183-189 zu empirischen Ergebnissen. Vgl. Vickrey, William (1961): Counterspeculation, Auctions, and Competitive Sealed Tenders, in: Journal of Finance, Vol. 16 No. 1, S. 8–37, hier: S. 26; Becker/DeGroot/Marschak (1964), S. 228; McAfee/McMillan (1987), S. 708; Skiera (1999), S. 164; Skiera, Bernd/Revenstorff, Inken (1999): Auktionen als Instrument zur Erhebung von Zahlungsbereitschaften, in: Zeitschrift f¨ ur betriebswirtschaftliche Forschung, Jg. 51 Nr. 3, S. 224–242, hier: S. 226, 241. Vgl. bspw. Davis/Holt (1993), S. 347; Hoffman, Elizabeth/Menkhaus, Dale J./Chakravarti, Dipankar/Field, Ray A./Whipple, Glen D. (1993): Using Laboratory Experimental Auctions in Marketing Research: A Case Study of New Packaging for Fresh Beef, in: Marketing Science, Vol. 12 No. 3, S. 318–338, hier: S. 320f.; Sattler/Nitschke (2003), S. 373f.; Backhaus, Klaus/Brzoska, Lars (2004): Conjointanalytische Pr¨ aferenzmessungen zur Prognose von Preisreaktionen, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 64 Nr. 1, S. 39–57, hier: S. 43; Ruprecht (2005), S. 7f., 94f., 193; V¨ olckner (2006), S. 42-51. Eine andere m¨ ogliche Begr¨ undung f¨ ur eine mangelnde Wirksamkeit der Anreizkompatibilit¨ at besteht in unsicheren Preisbereitschaften. Vgl. Ruprecht (2005), S. 193-195; Kaas/Ruprecht (2006), S. 44-50.
158
5 Der Aufbau des Experiments
Anreizkompatibilit¨ at entfalten kann (falls sie bei einem Messinstrument gegeben ist) und daher die Wahrscheinlichkeit, dass ein Messinstrument valide ist. • Zweitens kann die Komplexit¨ at auch die Reliabilit¨at eines Messinstruments beeinflussen: Je geringer die Komplexit¨ at ist und je gr¨ oßer das Verst¨andnis der Probanden ist, desto eher d¨ urften Messungen, die unter identischen Umst¨anden durchgef¨ uhrt werden, zu identischen Ergebnissen f¨ uhren. • Drittens kommt der Komplexit¨ at der Messung f¨ ur die Probanden bei der vorliegenden Untersuchung eine besondere Bedeutung zu, da die Preisbereitschaft bei jedem Probanden mehrfach erhoben werden muss, um ihre Entwicklung w¨ahrend der Suche erfassen zu k¨onnen. Ein m¨ oglichst simples Messinstrument ist insofern erforderlich, um den Aufwand f¨ ur die Probanden zu reduzieren. Das letzte oben angef¨ uhrte Merkmal, das der Pr¨ ufung zugrunde liegt, ist die Notwendigkeit der Vorgabe von Ankerpreisen: Bei einigen Instrumenten zur Messung der Preisbereitschaft m¨ ussen den Probanden denkbare Preise vorgegeben werden, wodurch die Preisbereitschaft beeinflusst und somit die Validit¨ at der Messung reduziert werden kann.466 Dieses Merkmal ist f¨ ur die vorliegende Untersuchung von besonderer Bedeutung, da das zu u ufende Modell die Hypothese enth¨ alt, dass die Preisbereitschaft von den ¨berpr¨ ¨ Preisen, die den Konsumenten bekannt sind, beeinflusst wird (H7).467 Damit die Uberpr¨ ufung dieser Hypothese nicht verzerrt wird, ist die Vorgabe von Ankerpreisen bei der Messung der Preisbereitschaft zu vermeiden. Ausgew¨ ahlte Instrumente zur Messung der Preisbereitschaft In der Literatur zur Messung der Preisbereitschaft werden mehrere Instrumente angef¨ uhrt, deren Einsatz im Experiment grunds¨ atzlich in Betracht kommt:468 • Die Beobachtung akzeptierter Preise als Instrument, das auf der Auswertung von Kaufdaten basiert; • Instrumente, die auf der Auswertung von Pr¨ aferenzdaten basieren: – die direkte Preisbereitschafts- bzw. Preisabfrage und – die Conjoint-Analyse; • Instrumente, die auf der Auswertung von Kaufangeboten der Konsumenten basieren: – die Vickrey-Auktion und – der Becker-DeGroot-Marschak-Mechanismus. Im Folgenden werden diese Instrumente beschrieben und hinsichtlich ihrer Eignung f¨ ur ¨ das Experiment gepr¨ uft. Uber die einbezogenen Instrumente hinaus existieren weitere Verfahren, auf deren Pr¨ ufung verzichtet wird, da ihre grundlegende Ausrichtung einen Einsatz bei der vorliegenden Untersuchung verhindert oder da sie (vereinfacht) als Varianten der behandelten Instrumente aufgefasst werden k¨onnen. Zu nennen sind insbesondere Instrumente, die zur Messung der Preisbereitschaft f¨ ur ¨offentliche G¨ uter dienen, 466
467 468
Siehe S. 81 zur empirisch gezeigten Ausrichtung der Preisbereitschaft an Ankern. Vgl. auch bspw. Bohm, Peter/Lind´en, Johan/Sonneg˚ ard, Joakim (1997): Eliciting Reservation Prices: BeckerDeGroot-Marschak Mechanisms vs. Markets, in: Economic Journal, Vol. 107 No. 443, S. 1079–1089, hier: S. 1080-1084; Wertenbroch/Skiera (2002), S. 231; Ruprecht (2005), S. 62, 66, 96, 192f.; V¨ olckner (2006), S. 43f., 51. H7 stellt zwar nur auf die Preisforderungen von Anbietern ab. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Preisbereitschaft auch von anderen Preisinformationen beeinflusst wird. Vgl. Tacke (1989), S. 166-170; Skiera (1999), S. 159-171; Wricke (2000), S. 49-68; Pechtl (2005), S. 69-74; Ruprecht (2005), S. 3-6; V¨ olckner (2006), S. 34-40; Diller (2008), S. 175-200; Voeth/ Niederauer (2008), S. 1077-1085; Simon/Fassnacht (2009), S. 109-142.
5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen
159
die Expertenbefragung, der hedonische Preisansatz, hybride Befragungen, andere Auktionsformate als die Vickrey-Auktion, der Secret-Price-Mechanismus und Reverse-PricingVerfahren.469 Bei der Beobachtung akzeptierter Preise wird erfasst, zu welchen Preisen K¨aufe zustande kommen. Der Beobachtung akzeptierter Preise k¨ onnen sowohl Daten zugrunde liegen, die unter unkontrollierten Bedingungen gewonnen wurden, als auch Daten, die unter kontrollierten Bedingungen entstanden sind. Im ersten Fall liegt eine Ex-post-facto-Anordnung zugrunde; diese Vorgehensweise wird auch als Analyse von Marktdaten“ bezeichnet.470 ” Im zweiten Fall liegt eine experimentelle oder quasi-experimentelle Anordnung zugrunde; diese Vorgehensweise wird daher auch als Preisexperiment“ bezeichnet.471 ” Die Beobachtung akzeptierter Preise erlaubt es, inkludierende Untergrenzen f¨ ur die Preisbereitschaft der Konsumenten bzw. Probanden, die einen Kauf t¨atigen, und exkludierende Obergrenzen f¨ ur die Preisbereitschaft der Konsumenten bzw. Probanden, die keinen Kauf t¨atigen, zu ermitteln: Wenn ein Preis akzeptiert wird, ist die Preisbereitschaft mindestens so hoch wie dieser Preis. Wenn ein Preis nicht akzeptiert wird, liegt die Preisbereitschaft unter diesem Preis, zumindest im Allgemeinen.472 Die Beobachtung akzeptierter Preise erlaubt es jedoch nicht, die Preisbereitschaft als Punktwert zu messen und ist somit im Hinblick auf dieses Konstrukt als nur eingeschr¨ankt valide einzustufen.473 Akzeptierte Preise m¨ ussen der Preisbereitschaft nicht entsprechen, sondern k¨onnen auch darunter liegen; bei nicht akzeptierten Preisen ist unklar, wie weit sie u ¨ber der Preisbereitschaft liegen.474 Bei der direkten Preisbereitschafts- bzw. Preisabfrage werden Probanden unmittelbar nach ihrer Preisbereitschaft gefragt bzw. werden Probanden Preise vorgelegt, die sie als akzeptabel oder inakzeptabel einstufen sollen.475 Die direkte Preisbereitschafts- bzw. Preisabfrage ist nicht anreizkompatibel und es wird meist bezweifelt, dass sie zu validen und reliablen Ergebnissen f¨ uhrt.476 Bei der zweiten Variante, bei der die Probanden Preise als akzeptabel oder inakzeptabel einstufen sollen, kann die Preisbereitschaft dar¨ uber hinaus von den vorgegebenen Ankerpreisen beeinflusst werden.477 469
470 471 472 473
474 475
476
477
Vgl. zu diesen Instrumenten bspw. Skiera (1999), S. 160-170; Monroe (2003), S. 237-239; Pechtl (2005), S. 71-75; Ruprecht (2005), S. 19f., 64f., 76f.; V¨ olckner (2006), S. 36-40, 47f.; Diller (2008), S. 177f., 199; Voeth/Niederauer (2008), S. 1082f.; Simon/Fassnacht (2009), S. 110-113, 133. Vgl. bspw. Skiera (1999), S. 160f.; Simon/Fassnacht (2009), S. 135. Vgl. bspw. Skiera (1999), S. 160; Simon/Fassnacht (2009), S. 130. Das Modell aus Kapitel 4 enth¨ alt die M¨ oglichkeit, dass Konsumenten einen Preis nicht akzeptieren, obwohl er nicht u ¨ber ihrer Preisbereitschaft liegt. Dies wird in Abschnitt 7.2.3 aufgegriffen. Allgemein ist die Validit¨ at von Marktdaten naturgem¨ aß hoch. Vgl. bspw. Kaas, Klaus Peter (1977): Empirische Preisabsatzfunktionen bei Konsumg¨ utern (Habil. Universit¨ at des Saarlandes), Berlin – Heidelberg – New York, S. 23-26; Tacke (1989), S. 166; Skiera (1999), S. 162, 171; Simon/ Fassnacht (2009), S. 142. Vgl. bspw. Skiera (1999), S. 163; Wertenbroch/Skiera (2002), S. 229; Voeth/Niederauer (2008), S. 1078f. Vgl. zu verschiedenen Varianten dieses Instruments bspw. Skiera (1999), S. 165-167; Wricke (2000), S. 49-54; Monroe (2003), S. 227-237; Pechtl (2005), S. 69f.; Ruprecht (2005), S. 4f., 78-82; V¨ olckner (2006), S. 36; Diller (2008), S. 186-188; Simon/Fassnacht (2009), S. 113-116, 174-176. Vgl. Kaas (1977), S. 20-22; Tacke (1989), S. 169; Kalish, Shlomo/Nelson, Paul (1991): A Comparison of Ranking, Rating and Reservation Price Measurement in Conjoint Analysis, in: Marketing Letters, Vol. 2 No. 4, S. 327–335, hier: S. 330-332; Skiera/Revenstorff (1999), S. 236; Wricke (2000), S. 54, 66, 68; Wertenbroch/Skiera (2002), S. 229; Backhaus et al. (2005a), S. 440-442, 447-451; Backhaus et al. (2005b), S. 544-546, 557f.; Ruprecht (2005), S. 4-6, 78-94, 102-107, 143-145; V¨ olckner (2006), S. 43-46, 54; Schreier/Werfer (2007), S. 23, 29, 33-35; Voeth/Niederauer (2008), S. 1083; Simon/Fassnacht (2009), S. 115f., 142. Vgl. bspw. Wertenbroch/Skiera (2002), S. 229; Ruprecht (2005), S. 80-82.
160
5 Der Aufbau des Experiments
Die Conjoint-Analyse dient in erster Linie dazu, den Teilnutzen von Produktmerkmalen zu bestimmen. Der Kern der Methode besteht darin, dass Probanden ihre Pr¨aferenzen f¨ ur Produktprofile mit unterschiedlichen Merkmalskombinationen ¨außern; aus den ge¨außerten Pr¨aferenzen kann auf den Teilnutzen der einzelnen Merkmale geschlossen werden.478 Da der Preis eines dieser Merkmale sein kann, erlaubt die Conjoint-Analyse die Aufdeckung impliziter Preisbereitschaften.479 Die Conjoint-Analyse ist nicht anreizkompatibel480 und es ist unklar, ob sie zu validen und reliablen Messungen der Preisbereitschaft f¨ uhrt.481 Weiterhin handelt es sich bei der Conjoint-Analyse um ein f¨ ur die Probanden relativ komplexes Verfahren zur Messung der Preisbereitschaft, da sie die Vorlage mehrerer Produktprofile erfordert. Dar¨ uber hinaus ist es bei der Conjoint-Analyse notwendig, Ankerpreise vorzugeben. Bei der Vickrey-Auktion bzw. Second-Price-Sealed-Bid-Auktion“ wird ein spezielles ” Auktionsformat genutzt, um Probanden zur Offenlegung ihrer Preisbereitschaft zu bewegen. Das Format besteht darin, dass die Probanden verdeckte einmalige Gebote f¨ ur ein Produkt abgeben und dass derjenige Proband das Produkt erh¨alt, der das h¨ochste Gebot abgegeben hat – allerdings zu einem Preis, der nicht seinem eigenen, sondern dem zweith¨ochsten Gebot entspricht.482 Bei der Vickrey-Auktion besteht die dominante Strategie darin, ein Gebot in H¨ ohe der tats¨ achlichen Preisbereitschaft abzugeben; sie ist also theoretisch anreizkompatibel.483 Der Mechanismus, der der Vickrey-Auktion zugrunde liegt, ist jedoch relativ komplex und es ist unklar, ob sie zu validen Messungen der Preisbereitschaft f¨ uhrt, wiewohl Hinweise auf eine relativ hohe Reliabilit¨at vorliegen.484 Beim Becker-DeGroot-Marschak-(BDM-)Mechanismus wird die Preisbereitschaft folgendermaßen gemessen:485 1. Im ersten Schritt a ¨ußern die Probanden ihre Preisbereitschaft. 2. Im zweiten Schritt wird auf zuf¨ allige Art ein Preis bestimmt. Dabei muss den Proban478
479
480 481
482 483
484
485
Vgl. bspw. Green, Paul E./Rao, Vithala R. (1971): Conjoint Measurement for Quantifying Judgmental Data, in: Journal of Marketing Research, Vol. 8 No. 3, S. 355–363; Green, Paul E./Srinivasan, V. (1978): Conjoint Analysis in Consumer Research: Issues and Outlook, in: Journal of Consumer Research, Vol. 5 No. 2, S. 103–123. Vgl. Tacke (1989), S. 170, 188-193; Skiera (1999), S. 167; Wricke (2000), S. 56, 59f.; Sattler/ Nitschke (2003), S. 371; Backhaus et al. (2005a), S. 443f.; Backhaus et al. (2005b), S. 546-549; V¨ olckner (2006), S. 36-38; Voeth/Niederauer (2008), S. 1084. Sie ist allerdings auch nicht anreizinkompatibel. Vgl. Wertenbroch/Skiera (2002), S. 229; Backhaus et al. (2005b), S. 546; Ruprecht (2005), S. 5f. Vgl. Wricke (2000), S. 61, 66, 68; Sattler/Nitschke (2003), S. 365-367; Backhaus/Brzoska (2004), S. 47-53; Backhaus et al. (2005a), S. 447-451; Backhaus et al. (2005b), S. 557f.; V¨ olckner (2006), S. 44; Diller (2008), S. 197f.; Simon/Fassnacht (2009), S. 129. Vgl. Vickrey (1961), S. 20-23. Vgl. dar¨ uber hinaus bspw. McAfee/McMillan (1987), S. 702; Ockenfels/ Reiley/Sadrieh (2006), S. 574f. Vgl. Vickrey (1961), S. 20f.; Smith (1982), S. 938f.; McAfee/McMillan (1987), S. 708, 711f.; Loomes, Graham (1989): Experimental Economics, in: Hey, John D. (Hrsg.) (1989): Current Issues in Microeconomics, Basingstoke – London, S. 152–178, hier: S. 167f.; Davis/Holt (1993), S. 279; Hoffman et al. (1993), S. 322; Skiera (1999), S. 164; Ockenfels/Reiley/Sadrieh (2006), S. 575. Vgl. Hoffman et al. (1993), S. 322f., 331f.; Roth (1995), S. 65f.; Skiera/Revenstorff (1999), S. 233-237, 240; Sattler/Nitschke (2003), S. 366-379; Backhaus/Brzoska (2004), S. 43; Ruprecht (2005), S. 7f., 3457, 108-157; Kaas/Ruprecht (2006), S. 39-43; V¨ olckner (2006), S. 48-50, 54; Schreier/Werfer (2007), S. 25, 31-35; Voeth/Niederauer (2008), S. 1081f. Vgl. Becker/DeGroot/Marschak (1964), S. 228-230. Vgl. dar¨ uber hinaus insb. Wertenbroch/ Skiera (2002), S. 230. In seiner urspr¨ unglichen Version dient der BDM-Mechanismus dazu, Nutzenfunktionen zu sch¨ atzen, indem die Verkaufspreisbereitschaft“ f¨ ur mehrere Lotterien erhoben und ” als Sicherheits¨ aquivalent aufgefasst wird. Vgl. Becker/DeGroot/Marschak (1964), S. 227f.; Davis/ Holt (1993), S. 461; Roth (1995), S. 19f. Der BDM-Mechanismus ist in der hier dargestellten Abwandlung auch auf die Messung der Preisbereitschaft und auf andere G¨ uter als Lotterien anwendbar.
5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen
161
den nicht vorab mitgeteilt werden, in welchem Intervall der Preis liegen kann; es muss also kein Ankerpreis vorgegeben werden.486 Empfohlen wird jedoch, die Probanden dar¨ uber zu informieren, dass sich nur ein realistischer“ Preis ergeben kann.487 ” 3. Im dritten Schritt m¨ ussen die Probanden das Produkt zum zuf¨allig bestimmten Preis kaufen, wenn dieser Preis nicht u außerten Preisbereitschaft liegt; liegt der ¨ber der ge¨ Preis u onnen die Probanden das Produkt nicht kaufen. ¨ber der Preisbereitschaft, k¨ Beim BDM-Mechanismus besteht die dominante Strategie f¨ ur die Probanden darin, ihre wahre Preisbereitschaft offenzulegen, denn er enth¨ alt die auf Seite 157 angef¨ uhrten Elemente, die zu theoretischer Anreizkompatibilit¨ at f¨ uhren.488 Empirischen Ergebnissen zufolge ist der BDM-Mechanismus relativ valide und reliabel, wobei jedoch auch bei diesem Instrument uneinheitliche G¨ utepr¨ ufungen vorliegen.489 Der BDM-Mechanismus ist empirischen Untersuchungen zufolge f¨ ur Probanden tendenziell verst¨andlich, wobei jedoch zu vermuten ist, dass sie Erfahrungen mit dem Mechanismus sammeln m¨ ussen, um ihn zu verstehen.490 In Tabelle 5.1 werden die Merkmale der Messinstrumente zusammengefasst. Die Tabelle zeigt, dass der BDM-Mechanismus f¨ ur einen Einsatz bei der vorliegenden Untersuchung am besten geeignet ist. Tabelle 5.1: Grundlegende Merkmale von Instrumenten zur Messung der Preisbereitschaft
Messinstrument
Validit¨at
Reliabilit¨at
Theoretische Anreizkompatibilit¨at
Komplexit¨at der Messung f¨ ur die Probanden
Notwendigkeit der Vorgabe von Ankerpreisen
Beobachtung akzeptierter Preise
Gering [−]
Unklar [0]
Nicht relevant [0]
Gering [+]
Ja [−]
Direkte Preisbereitschafts- bzw. Preisabfrage
Tendenziell gering [−]
Tendenziell gering [−]
Nein [−]
Gering [+]
Nein [+] bzw. Ja [−]
ConjointAnalyse
Unklar [0]
Unklar [0]
Nein [−]
Hoch [−]
Ja [−]
VickreyAuktion
Unklar [0]
Tendenziell hoch [+]
Ja [+]
Hoch [−]
Nein [+]
BDM-Mechanismus
Tendenziell hoch [+]
Tendenziell hoch [+]
Ja [+]
Mittel [0]
Nein [+]
¨ Ubereinstimmung mit den Anforderungen: [+]: Ja; [0]: Unentschieden oder keine Aussage m¨ oglich; [−]: Nein. 486
487 488 489 490
In der urspr¨ unglichen Version des BDM-Mechanismus wird das Intervall zwar bekannt gegeben; vgl. Becker/DeGroot/Marschak (1964), S. 229. Diese Version dient jedoch nicht zur Messung der Preisbereitschaft, sondern zur Bestimmung des Sicherheits¨ aquivalents einer Lotterie (siehe Fußnote 485), durch deren Auszahlungsraum das Intervall bestimmt ist. Vgl. Bohm/Lind´en/Sonneg˚ ard (1997), S. 1085f.; Wertenbroch/Skiera (2002), S. 230-232; Kaas/ Ruprecht (2006), S. 42. Vgl. Becker/DeGroot/Marschak (1964), S. 228; Davis/Holt (1993), S. 461; Roth (1995), S. 20; Wertenbroch/Skiera (2002), S. 230. Vgl. a. a. O., S. 230-234; Ruprecht (2005), S. 8, 60-64, 142-176; Kaas/Ruprecht (2006), S. 42-44; V¨ olckner (2006), S. 49-51, 54; Schreier/Werfer (2007), S. 24f., 31-35. Vgl. Wertenbroch/Skiera (2002), S. 231f.; Schreier/Werfer (2007), S. 31. Vgl. auch Becker/DeGroot/ Marschak (1964), S. 230-232.
162
5 Der Aufbau des Experiments
Die Anwendung des BDM-Mechanismus im Experiment Der BDM-Mechanismus wird den Probanden im Experiment wie folgt erl¨autert: Wir bieten Ihnen nun eine Gelegenheit, das Produkt zu erhalten, ohne es bei ” einem der Anbieter zu kaufen. Nennen Sie uns bitte den Preis, den Sie jetzt gerade h¨ochstens bereit sind, f¨ ur das Produkt zu bezahlen. Nachdem Sie diesen Preis genannt haben, wird automatisch ein Zufallspreis bestimmt. Dann gibt es zwei M¨oglichkeiten: • Wenn der Zufallspreis nicht h¨ oher ist als der Preis, den Sie genannt haben, erhalten Sie das Produkt sofort und bezahlen den Zufallspreis. • Wenn der Zufallspreis h¨ oher ist als der Preis, den Sie genannt haben, erhalten Sie das Produkt nicht und Sie k¨ onnen weitere Anbieter aufsuchen. Sie kaufen das Produkt also zum Zufallspreis, wenn dieser nicht h¨oher ist als der Preis, den Sie nennen. Sie bezahlen daher h¨ ochstens den Preis, den Sie nennen – es kann jedoch auch sein, dass Sie weniger bezahlen. Der Zufallspreis h¨ angt nicht davon ab, welchen Preis Sie nennen. Die Spanne, in der der Zufallspreis liegen kann, entspricht der Spanne, in der die Preise der Anbieter liegen. Es kann sich also nur ein realistischer Zufallspreis ergeben. F¨ ur Sie ist es am besten, hier wirklich den h¨ ochsten Preis anzugeben, den Sie jetzt gerade bezahlen w¨ urden. Denn wenn Sie einen niedrigeren Preis angeben, kann es sein, dass Sie das Produkt nicht kaufen, obwohl ein Zufallspreis bestimmt wird, zu dem Sie das Produkt eigentlich gerne kaufen w¨ urden. Wenn Sie einen h¨oheren Preis angeben, kann es sein, dass Sie das Produkt zum Zufallspreis kaufen, obwohl Ihnen der Zufallspreis eigentlich zu hoch ist. Welchen Preis in Euro sind Sie jetzt gerade h¨ ochstens bereit zu bezahlen?“ Der BDM-Mechanismus wird in den simulierten Kaufsituationen mehrfach angewendet: Erstmals vor der Aufdeckung des ersten Preises (zu diesem Zeitpunkt verf¨ ugen die Probanden bereits u ¨ber einige Informationen, beispielsweise zum Wert¨aquivalent des Produkts; siehe Seite 144) und danach nach der Aufdeckung jedes nicht akzeptierten Preises. Dies erlaubt es, die Entwicklung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche zu erfassen.491 So wird auch bei den Probel¨ aufen verfahren, um die Wahrscheinlichkeit zu erh¨ohen, dass die Probanden den BDM-Mechanismus vor dem Beginn der ersten Kaufsituation, die f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung relevant ist, verstanden haben. Im Anhang der Untersuchung wird ein Beispiel f¨ ur die mehrfache Anwendung des BDM-Mechanismus dargestellt. Nach der Aufdeckung des akzeptierten Preises wird der BDM-Mechanismus nicht vorgelegt, da er als Kaufalternative konzipiert ist. Das bedeutet, dass die Preisbereitschaft ¨ letztmalig vor der Offenlegung des akzeptierten Preises gemessen wird. Den Uberlegungen in Abschnitt 4.2.2 zufolge ist zwar nicht auszuschließen, dass sich der akzeptierte Preis auf die Preisbereitschaft auswirkt. Aufgrund des gew¨ahlten Messinstruments ist es jedoch erforderlich, die letzte gemessene Preisbereitschaft vereinfachend als letzte Preisbereitschaft aufzufassen. Dies ist ein Nachteil, der durch die Vorteile des BDMMechanismus aufgewogen wird.492 Der Kauf des Produkts kann im Rahmen des BDM-Mechanismus grunds¨atzlich zustande kommen. Dies ist erforderlich, um die theoretische Anreizkompatibilit¨at des Messinstru491 492
Vgl. auch Schotter/Braunstein (1981), S. 12f. Ein alternativer Ablauf k¨ onnte diesen Nachteil beseitigen: Der BDM-Mechanismus k¨ onnte nach der Aufdeckung jedes Preises vorgelegt werden, aber bevor die Probanden entscheiden, ob sie den Preis akzeptieren. Dagegen spricht insb. die h¨ ohere Komplexit¨ at f¨ ur die Probanden.
5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen
163
ments zu gew¨ahrleisten: Nur wenn die Probanden davon ausgehen, dass es tats¨achlich zu einem Kauf kommen kann, haben sie einen Anreiz, ihre wahre Preisbereitschaft zu atzlich“ soll jedoch andeuten, dass aufgrund methodischer ¨außern. Der Zusatz grunds¨ ” ¨ Uberlegungen lediglich bei einigen der simulierten Kaufsituationen tats¨achlich eine Kaufm¨oglichkeit im Rahmen des BDM-Mechanismus einger¨ aumt wird. Dies wird bei der Behandlung der experimentellen Bedingungen in Abschnitt 5.4 n¨aher erl¨autert. Der Preis, zu dem der Kauf im Rahmen des BDM-Mechanismus zustande kommen kann, wird zuf¨allig bestimmt, nachdem die Probanden ihre Preisbereitschaft ge¨außert haben. Der Zufallspreis wird aus einer Gleichverteilung gezogen. Die Spanne entspricht jeweils der Spanne der Preise, die in der Kaufsituation von den Anbietern gefordert werden. Wenn der zuf¨allig bestimmte Preis nicht h¨ oher ist als die ge¨außerte Preisbereitschaft, wird der Suchprozess automatisch beendet.493 Der Preis wird vom Guthaben der Probanden abgezogen und das Wert¨ aquivalent wird gutgeschrieben, entsprechend der Zielfunktion 5.1 (siehe Seite 147). Wenn der zuf¨ allig bestimmte Preis h¨oher ist als die ge¨außerte Preisbereitschaft, kommt der Kauf nicht im Rahmen des BDM-Mechanismus zustande und der Suchprozess wird fortgesetzt. Somit l¨ asst sich die ge¨außerte Preisbereitschaft als der Preis auffassen, der den Probanden geboten werden muss, damit sie ihre Suche beenden.494 Prinzipiell w¨are es w¨ unschenswert, den Probanden den zuf¨allig bestimmten Preis immer mitzuteilen, um die Glaubw¨ urdigkeit des BDM-Mechanismus und somit die theoretische Anreizkompatibilit¨at des Messinstruments sicherzustellen. Hier wird jedoch nicht so verfahren. Stattdessen wird der Zufallspreis nur dann offengelegt, wenn er nicht h¨oher ist als die Preisbereitschaft und wenn es demzufolge zu einem Kauf im Rahmen des BDMMechanismus kommt. Wenn der Zufallspreis h¨ oher ist als die Preisbereitschaft, wird dies den Probanden lediglich mitgeteilt, ohne dass der Zufallspreis angegeben wird. Diese Vorgehensweise wird gew¨ ahlt, da die Probanden ihre Suche mit dem Wissen um den Zufallspreis fortsetzen w¨ urden, wenn dieser den Probanden auch dann mitgeteilt w¨ urde, wenn die Kaufsituation nicht durch einen Kauf im Rahmen des BDM-Mechanismus beendet wird. Der Zufallspreis k¨ onnte dann als Ankerpreis einen Einfluss auf die folgende Preisbereitschaft aus¨ uben. Dies w¨ urde einen untersuchungsbedingten St¨orfaktor darstellen, der die externe Validit¨ at des Experiments reduzieren w¨ urde: Bei realen Kaufsituationen k¨onnen keine Preisinformationen eingeholt werden, die dem Zufallspreis gleichkommen, der im Rahmen des BDM-Mechanismus ermittelt wird. Der Zufallspreis ist auch nicht als Information aus einem Suchschritt anzusetzen, da er nicht von einem der simulierten Anbieter gefordert wird und daher bei folgenden Suchschritten nicht mehr verf¨ ugbar ist. Aufgrund vorliegender G¨ utepr¨ ufungen wurde der BDM-Mechanismus in Tabelle 5.1 als tendenziell valide und reliabel charakterisiert. Ob der BDM-Mechanismus auch bei der vorliegenden Untersuchung zu einer validen und reliablen Messung der Preisbereitschaft f¨ uhrt, wird in Abschnitt 6.3.3 empirisch gepr¨ uft.
493
494
Die ge¨ außerte Preisbereitschaft ist also bindend. Eine alternative Vorgehensweise besteht darin, die ge¨ außerte Preisbereitschaft als vom Versuchsleiter durchgesetzte Verpflichtung aufzufassen, im n¨ achsten Suchschritt jeden Preis zu akzeptieren, der nicht u ¨ber ihr liegt und keinen Preis zu akzeptieren, der u ¨ber ihr liegt. Vgl. Cox/Oaxaca (1992), S. 1424f. Diese Vorgehensweise kann hier nicht angewendet werden, da die Hypothesen zulassen, dass die Suche fortgesetzt wird, selbst wenn ein Preis identifiziert wird, der der Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist. Vgl. auch Cox/Oaxaca (2000), S. 223. Vgl. Schotter/Braunstein (1981), S. 12f.; Davis/Holt (1993), S. 74.
164
5 Der Aufbau des Experiments
5.3.2.2 Die Operationalisierung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (AN U P K ) ist die Anzahl der Preise, deren Kenntnis die Konsumenten anstreben, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. In der vorliegenden Untersuchung wird es mit der Anzahl der Anbieter, die die Konsumenten zu konsultieren anstreben, gleichgesetzt (siehe Seite 118). Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse ist ein Zahlenwert, der Auspr¨agungen im Intervall [1, ∞) annehmen kann. Es ist nicht beobachtbar. Da das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse mit der vorliegenden Untersuchung erstmals behandelt wird, liegen keine Vorschl¨ age zu seiner Messung vor. Daher ist es erforderlich, ein Instrument zur Messung dieses Konstrukts zu entwickeln. Grunds¨atzlich sind die Anforderungen, die oben an ein Instrument zur Messung der Preisbereitschaft gestellt wurden (siehe Seite 156), auch auf die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu u ¨bertragen. Zur Validit¨at und Reliabilit¨at von Instrumenten zur Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse liegen jedoch keine Erkenntnisse vor, auf die zur¨ uckgegriffen werden k¨onnte. Der theoretischen Anreizkompatibilit¨ at d¨ urfte bei diesem Anspruchsniveau keine Bedeutung zukommen, zumal mit der Angabe dieses Anspruchsniveaus – anders als bei der Preisbereitschaft – keine potenziellen ¨ okonomischen Konsequenzen verbunden sind, die zu ¨ einer systematischen Uberoder Untertreibung f¨ uhren k¨onnten. Insofern verbleiben die Anforderungen, dass die Messung f¨ ur die Probanden m¨ oglichst einfach sein soll und dass es nicht notwendig sein soll, Ankergr¨ oßen vorzugeben. Die erste Anforderung l¨asst sich erf¨ ullen, indem die Probanden direkt befragt werden und die zweite l¨asst sich erf¨ ullen, indem keine Antwortm¨ oglichkeiten vorgegeben werden. Zur Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse wird daher im Experiment eine offene Frage verwendet. Die Frage wird danach differenziert, ob das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn oder w¨ahrend der Suche gemessen wird. Zu Beginn der Suche wird die folgende Frage verwendet: Wie viele Anbieter m¨ ochten Sie insgesamt mindestens aufsuchen, bevor Sie das ” Produkt kaufen?“ Diese Frage wird den Probanden bei den simulierten Kaufsituationen vor der Aufdeckung des ersten Preises vorgelegt, um zu bestimmen, wie hoch das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche ist. W¨ahrend der Suche wird die folgende Frage verwendet: Wie viele weitere Anbieter m¨ ochten Sie mindestens aufsuchen, bevor Sie das Pro” dukt kaufen?“ Diese Frage wird den Probanden nach der Aufdeckung jedes nicht akzeptierten Preises vorgelegt, um die Entwicklung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ahrend der Suche zu erfassen. Wie bei der Preisbereitschaft wird der letzte in einer Kaufsituation gemessene Wert als letzter Wert aufgefasst, da die Frage nicht nach der Aufdeckung des akzeptierten Preises gestellt werden kann. Mit der zweiten Frage wird das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse mittelbar gemessen, da sie auf die Anzahl der weiteren Anbieter, die die Probanden zu konsultieren anstreben, abstellt, und nicht auf die Anzahl der Anbieter, die sie insgesamt zu konsultieren anstreben. Diese Frage nach dem Anspruchsniveau an den Umfang ” der zus¨atzlichen Preiskenntnisse“ d¨ urfte f¨ ur die Probanden einfacher zu beantworten
5.3 Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨oßen
165
sein als eine unmittelbare Frage nach der vorgesehenen Gesamtanzahl, da sie nach dem ersten Suchschritt vermutlich einen geringeren kognitiven Aufwand mit sich bringt. Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse l¨ asst sich anhand der Antwort auf die Frage mittels Gleichung 5.3 bestimmen. ANtU P K = ANtU ZP K + t
(5.3)
mit: ANtU P K : Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse in Suchschritt t;
ANtU ZP K : Anspruchsniveau an den Umfang der zus¨ atzlichen Preiskenntnisse in Suchschritt t.
Offene Fragen wie die hier verwendeten werden zur Messung von Anspruchsniveaus sowohl in psychologischen als auch in wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchungen h¨aufig eingesetzt.495 Es ist allerdings zu bedenken, dass die Antwort auf eine solche Frage hypothetisch ist, zumal die Antwort – anders als beim BDM-Mechanismus – keine potenzielle ur die Probanden hat. Aus diesem Grund ist es von besonde¨okonomische Konsequenz f¨ rer Bedeutung, zu pr¨ ufen, ob die Frage eine valide Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse erlaubt. Entsprechende empirische G¨ utepr¨ ufungen werden in Abschnitt 6.3.3 dargestellt. 5.3.3 Die Operationalisierung der unabh¨ angigen Gr¨ oßen Hinsichtlich der unabh¨ angigen Gr¨ oßen des Modells sind zwei Gruppen zu unterscheiden: • Erstens Gr¨oßen, die im Experiment manipuliert werden; dabei handelt es sich um das Wert¨aquivalent, die Grenzsuchkosten, die Anzahl der Anbieter und die geforderten Preise. • Zweitens Gr¨oßen, die im Experiment nicht manipuliert, sondern gemessen werden; dies sind die Anzahl der bis zu einem Suchschritt identifizierten Preise sowie die vorhergehende Preisbereitschaft und das vorhergehende Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse. Die Operationalisierung der manipulierten unabh¨ angigen Gr¨ oßen Das Wert¨aquivalent und die Grenzsuchkosten werden den Probanden als Elemente der Zielfunktion 5.1 (siehe Seite 147) zugewiesen; die Anzahl der Anbieter und die geforderten Preise werden durch die Gestaltung der simulierten Kaufsituationen vorgegeben. Die Operationalisierung dieser Gr¨ oßen erfolgt mithin u ¨ber die experimentelle Manipulation.496 Dazu sind die folgenden Punkte anzumerken: • Das Wert¨aquivalent (˜ p) entspricht der monet¨ aren Bewertung des Nutzens, den eine Verkaufseinheit eines Produkts einem Konsumenten stiftet. Es handelt sich um einen nichtbeobachtbaren Zahlenwert, dessen Auspr¨ agungen im Intervall [0, ∞] liegen k¨onnen. Mit der Manipulation des Wert¨ aquivalents wird also die monet¨are Bewertung des 495
496
Vgl. Frank (1935a), S. 121; Frank (1935b), S. 285; Chapman/Volkmann (1939), S. 228, 230; Lewin et al. (1944), S. 336; Heckhausen (1955), S. 122; Schm¨ olders/Biervert (1972), S. 214; Weber (1976), S. 585; Tietz (1978), S. 435f.; Puto (1987), S. 307; Glynn/Lant/Mezias (1991), S. 385; Lant (1992), S. 630; West/Broniarczyk (1998), S. 45-48. Vgl. auch Hoppe (1930), S. 11; Fellner/ G¨ uth/Maciejovsky (2009), S. 30f.; G¨ uth/Levati/Ploner (2009); Eriksson/Strimling (2010), S. 340; G¨ uth (2010), S. 312f. Vgl. Koschate (2008), S. 112.
166
5 Der Aufbau des Experiments
Nutzens kontrolliert. Dabei handelt es sich zwar um eine Vereinfachung: Bei realen Kaufentscheidungen d¨ urfte den Konsumenten im Allgemeinen nicht derart genau und sicher bekannt sein, wie sie den Nutzen eines Produkts monet¨ar bewerten, wie es mit der experimentellen Vorgabe des Wert¨ aquivalents suggeriert wird.497 Die Vorgabe des Wert¨aquivalents entspricht jedoch den Annahmen der vorliegenden Untersuchung, da sie sich auf die reine“ Preissuche bezieht und da daher die Einsch¨atzung der ” Qualit¨at des Produkts nicht thematisiert und der Nutzen als mit Sicherheit bekannt vorausgesetzt wird (A1, siehe Seite 4). Beim hier dargestellten Experiment wird das Wert¨ aquivalent so manipuliert, wie es im Rahmen der Induced-Value-Theorie empfohlen wird:498 Die Probanden k¨onnen das Produkt am Ende einer Kaufsituation zu einem vorab festgelegten Preis p˜ verkaufen“, ” indem dieser Preis den Probanden als Element der Zielfunktion gutgeschrieben wird. Eine alternative Vorgehensweise besteht darin, den Probanden ein Wert¨aquivalent vorzugeben, ohne die Entlohnung f¨ ur die Teilnahme am Experiment von diesem Wert abh¨angig zu machen.499 Es ist zu vermuten, dass dies weniger valide w¨are als die Induced-Value-Vorgehensweise. • Die Grenzsuchkosten (c), das heißt die pagatorischen und nichtpagatorischen Kosten des Einholens einer Preisinformation (siehe Seite 10), stellen ebenfalls einen nichtbeobachtbaren Zahlenwert dar. Bei der vorliegenden Untersuchung werden die Grenzsuchkosten – wie bei den meisten in Abschnitt 2.1 dargestellten mikro¨okonomischen Untersuchungen zu Suchmodellen – vereinfacht als monet¨are Gr¨oße aufgefasst. Ihrer Auspr¨agung sind zumindest prinzipiell keine Grenzen gesetzt. Die Grenzsuchkosten werden wie das Wert¨ aquivalent in die Zielfunktion 5.1 einbezogen, um sie manipulieren zu k¨ onnen. Alternative Vorgehensweisen bestehen darin, f¨ ur die Probanden einen zeitlichen oder mechanischen“ Aufwand zu schaffen, der ” beim Aufsuchen eines Anbieters entsteht. Ein zeitlicher Aufwand kann darin bestehen, dass eine Wartezeit zwischen dem Aufsuchen von Anbietern vorgegeben wird; ein mechanischer“ Aufwand kann darin bestehen, dass die Probanden mehrmals eine ” bestimmte Buchstabenkombination in ihren Computer eingeben m¨ ussen, um sich von einem Anbieter zum n¨ achsten zu bewegen“.500 Diese Vorgehensweisen werden hier ” nicht verwendet, um die Grenzsuchkosten als monet¨ aren Wert vorgeben und genauer kontrollieren zu k¨ onnen. ˜ ) ist beobachtbar und kann im Intervall [1, ∞) liegen.501 • Die Anzahl der Anbieter (N Sie wird bei den Kaufsituationen vorgegeben. ˜ ) sind beobachtbar und • Die Preisforderungen der Anbieter (pi mit i = 1, 2, . . . , N k¨onnen im Intervall [0, ∞) liegen. Sie werden bei den Kaufsituationen vorgegeben. : Dadurch wird auch der niedrigste in Suchschritt t bekannte Preis vorgegeben (pmin t = min{p1 , p2 , . . . , pt }). In Abschnitt 6.3.2 wird empirisch gepr¨ uft, ob diese vier unabh¨angigen Gr¨oßen im Experiment erfolgreich manipuliert werden. 497 498 499 500 501
Vgl. auch Loomes (1989), S. 169. Ein ¨ ahnliches Argument in Bezug auf die Preisbereitschaft findet sich bei Ruprecht (2005), S. 193-195 und Kaas/Ruprecht (2006), S. 44f. Vgl. Smith (1976), S. 275; Smith (1982), S. 932. Vgl. auch bspw. Loomes (1989), S. 163f.; Kogut (1990), S. 384; Kogut (1992), S. 143; Ockenfels/Reiley/Sadrieh (2006), S. 577. Vgl. bspw. Hey (1982), S. 66; Hey (1991), S. 98. Vgl. Urbany (1986), S. 263 bzw. Darke/Freedman/Chaiken (1995), S. 582. Vgl. auch Srivastava/ Lurie (2001), S. 298. Die infiniten mikro¨ okonomischen Modelle unterstellen allerdings im Rahmen des Stackelberg-Paradigmas formal eine unendliche große Anzahl von Anbietern; siehe Abschnitt 2.1.
5.4 Die experimentellen Bedingungen
167
Die Operationalisierung der gemessenen unabh¨ angigen Gr¨ oßen Die unabh¨angigen Gr¨oßen, die im Experiment gemessen werden, sind die Anzahl der Preise, die w¨ahrend der Suche bislang identifiziert wurden, sowie die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse, die beim vorhergehenden Kauf eines ¨ahnlichen Produkts gebildet wurden: • Die Anzahl der bislang identifizierten Preise wird in der vorliegenden Untersuchung mit der Anzahl der Anbieter, die die Konsumenten konsultiert haben, und diese mit der Anzahl der Suchschritte, die die Konsumenten durchgef¨ uhrt haben, gleichgesetzt (siehe Seite 118). Die Anzahl der bislang identifizierten Preise entspricht daher der Anzahl der bislang durchgef¨ uhrten Suchschritte (t). Diese Anzahl ist ein Zahlenwert, der Auspr¨agungen im Intervall [0, T ] annehmen kann und beobachtbar ist. • Die vorhergehende Preisbereitschaft und das vorhergehende Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse werden gemessen und nicht manipuliert, zumal sich ihre Auspr¨agungen aus den Angaben der Probanden bei der jeweils vorhergehenden Kaufsituation ergeben. Diese Gr¨ oßen werden mithin so operationalisiert, wie es in Abschnitt 5.3.2 erl¨ autert wurde: Die vorhergehende Preisbereitschaft (P B−1 ) ist die Preisbereitschaft, die am Ende der vorhergehenden Kaufsituation mit dem BDM-Mechanismus gemessen wurde. Das vorhergehende Anspruchsniveau an den Umfang der U P K ) ist das Anspruchsniveau an den Umfang der PreiskenntPreiskenntnisse (AN−1 nisse, das am Ende der vorhergehenden Kaufsituation mit einer offenen Frage erfasst wurde. ¨ 5.3.4 Die Operationalisierungen im Uberblick In Tabelle 5.2 wird die Operationalisierung der Modellgr¨oßen zusammengefasst. Die ¨ Ubersicht verdeutlicht, dass es sich ausschließlich um skalare Werte handelt. Dies vereinfacht die Operationalisierung, denn es handelt sich um Gr¨oßen, die jeweils mithilfe eines einzelnen Indikators gemessen werden k¨ onnen. Dar¨ uber hinaus ist anzumerken, dass alle Gr¨oßen ratio-skaliert sind. Alle statistischen Auswertungsverfahren, deren Anwendung erst ab diesem Skalenniveau zul¨ assig ist, k¨ onnen somit grunds¨atzlich eingesetzt werden.502
5.4 Die experimentellen Bedingungen ¨ Die empirische Uberpr¨ ufung des Modells aus Kapitel 4 erfordert, dass die unabh¨angigen Gr¨oßen mehrere Auspr¨ agungen annehmen. Die Kombinationen dieser Auspr¨agungen sind die experimentellen Bedingungen, die der Hypothesenpr¨ ufung zugrunde liegen. Im Folgenden wird er¨ortert, welche Bedingungen die Probanden durchlaufen. Um die Darstellung zu vereinfachen, wird das Experiment auf zwei Teilexperimente“ ” aufgeteilt: • Ein Teilexperiment, das der Pr¨ ufung von Hypothesen zum Beginn der Suche dient (auf dieses wird in Abschnitt 5.4.1 eingegangen) und • ein Teilexperiment, mit dem Hypothesen zu Prozessen, die w¨ahrend der Suche ablaufen, gepr¨ uft werden (5.4.2). Bei beiden Teilexperimenten werden zwei Arten von experimentellen Bedingungen unterschieden: 502
Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 289-291; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 145f.
Intervenierend Intervenierend
PB AN U P K
Preisbereitschaft
Unabh¨angig
˜ N ˜ und pi mit i = 1, 2, . . . , N := min{p1 , p2 , . . . , pt } pmin t
Anzahl der Anbieter
Unabh¨angig
P B−1
UP K AN−1
Preisbereitschaft, die beim vorhergehenden Kauf eines ¨ahnlichen Produkts gebildet wurde
Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse, das beim vorhergehenden Kauf eines ¨ahnlichen Produkts gebildet wurde
Unabh¨angig
t
Anzahl der Preise, die w¨ahrend der Preissuche bislang identifiziert wurden
Unabh¨angig
Unabh¨angig
c
Grenzsuchkosten
Preisforderungen der Anbieter und niedrigster bekannter Preis
Unabh¨angig
p˜
Wert¨aquivalent
Unabh¨angig
Abh¨angig
prtT
Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse
Art der Gr¨oße im Modell
Variablenbezeichnung
Intensit¨at der Preissuche
Gr¨oße
Operationalisierung Berechnung auf der Basis der beobachteten Fortf¨ uhrung bzw. Beendigung der Preissuche
Messung mit einer offenen Frage
Messung mit einer offenen Frage im Rahmen des BDM-Mechanismus
Beobachtbar als Anzahl der bislang aufgesuchten Anbieter
Vorgabe bei den simulierten Kaufsituationen
Vorgabe bei den simulierten Kaufsituationen
Vorgabe als Element der Zielfunktion
Vorgabe als Element der Zielfunktion
Messung mit einer offenen Frage
Messung mit einer offenen Frage im Rahmen des BDM-Mechanismus
¨ Tabelle 5.2: Die Operationalisierung der im Modell enthaltenen Gr¨ oßen im Uberblick
168 5 Der Aufbau des Experiments
5.4 Die experimentellen Bedingungen
169
• Bedingungen, bei denen die unabh¨ angigen Gr¨ oßen manipuliert werden und • Bedingungen, bei denen die unabh¨ angigen Gr¨ oßen gemessen werden. ¨ In Abschnitt 5.4.3 werden die Uberlegungen zusammengef¨ uhrt. 5.4.1 Die experimentellen Bedingungen zu Beginn der Preissuche Im Folgenden wird erstens darauf eingegangen, welche Auspr¨agungen der manipulierten unabh¨angigen Gr¨oßen den Probanden bei den experimentellen Bedingungen zu Beginn der Suche vorgegeben werden. Diese Auspr¨ agungen ver¨ andern sich w¨ahrend der Suche nicht, sondern bleiben bis zum Abschluss einer Kaufsituation g¨ ultig. Mit zu Beginn der ” Preissuche“ ist gemeint, dass die Probanden Kenntnis der Gr¨oßen erlangen, bevor sie den ersten Preis identifizieren. Zweitens wird er¨ ortert, in welcher Reihenfolge die Probanden die experimentellen Bedingungen durchlaufen. Drittens wird auf die gemessenen unabh¨angigen Gr¨oßen eingegangen. Die manipulierten unabh¨ angigen Gr¨ oßen Die Bedingungen, die sich auf den Beginn der Suche beziehen und bei denen die unabh¨angigen Gr¨oßen manipuliert werden, werden durch die Variation des Wert¨aquivalents, der Grenzsuchkosten und der Anzahl der Anbieter gebildet. Diese Gr¨oßen gehen in H4, H6, H8 und H10 ein (siehe Seite 138). F¨ ur jede der drei Gr¨oßen werden zwei Auspr¨agungen vorgegeben, sodass es sich um eine 2 × 2 × 2-faktorielle Anordnung handelt.503 Die Probanden durchlaufen also acht Bedingungen; diese entsprechen acht simulierten Kaufsituationen. Die Auspr¨agungen des Wert¨ aquivalents, der Grenzsuchkosten und der Anzahl der Anbieter bei den acht Kaufsituationen werden in Tabelle 5.3 veranschaulicht. Die Kaufsituationen werden hier und im Folgenden mit Dreier-Zahlenkombinationen gekennzeichnet, wobei die Ziffern f¨ ur die ordinalen Auspr¨ agungen der unabh¨angigen Gr¨oßen stehen (1 f¨ ur niedrig“ und 2 f¨ ur hoch“) und in der Reihenfolge Wert¨aquivalent, Grenzsuchkosten, ” ” ” Anzahl der Anbieter“ angegeben werden. Als Anfangsguthaben (G0 in Zielfunktion 5.1, siehe Seite 147) werden bei jeder Kaufsituation 600,00 Euro vorgegeben. Tabelle 5.3: Die Auspr¨ agungen der manipulierten unabh¨ angigen Gr¨ oßen zu Beginn der Preissuche bei den simulierten Kaufsituationen
p˜ 100,00
400,00
c ˜ N
5 10
c
5,00
20,00
5,00
20,00
111 112
121 122
211 212
221 222
˜ : Anzahl der Anbieter. Mit: p˜: Wert¨ aquivalent in Euro; c: Grenzsuchkosten in Euro; N
Jeder Proband durchl¨auft alle acht Kaufsituationen. Es handelt sich somit um eine An” ordnung mit Messwiederholung“ bzw. Within-Subjects-Anordnung“, bei der die Pro” 504 banden mit allen experimentellen Bedingungen konfrontiert werden. Eine derartige 503
504
Die Vorgabe von mehr als zwei Auspr¨ agungen w¨ are erforderlich, wenn nichtlineare Zusammenh¨ ange untersucht werden sollten. Da mit den Hypothesen lediglich die Existenz von Zusammenh¨ angen postuliert wird, sind zwei Auspr¨ agungen ausreichend. Vgl. bspw. Friedman/Cassar (2004c), S. 33; Koschate (2008), S. 112. Vgl. bspw. Shadish/Cook/Campbell (2002), S. 108f.; Bortz (2005), S. 403; Koschate (2008), S. 114,
170
5 Der Aufbau des Experiments
Anordnung ist insbesondere erforderlich, wenn sequenzielle Effekte untersucht werden sollen.505 Solche Effekte sind im Modell aus Kapitel 4 enthalten, da vermutet wird, dass die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche von den Erfahrungen beim vorhergehenden Kauf abh¨angen. Dar¨ uber hinaus erm¨oglicht es eine Anordnung mit Messwiederholung im Unterschied zu einer Anordnung mit einmaliger Messung, intrasubjektive Vergleiche durchzuf¨ uhren. Somit k¨onnen St¨orfaktoren kontrolliert werden, die sich aus Eigenschaften der Probanden ergeben, ohne dass es erforderlich ist, diese Eigenschaften zu kennen.506 Mit anderen Worten erlaubt es eine Anordnung mit Messwiederholung, die unbeobachtete Heterogenit¨at der Probanden zu ber¨ ucksichtigen. Die Reihenfolge der simulierten Kaufsituationen Ein Nachteil einer Within-Subjects-Anordnung ist, dass sich die Reihenfolge, in der die Bedingungen durchlaufen werden, als untersuchungsbedingter St¨orfaktor auf das Verhalten im Experiment auswirken kann.507 So ist hier nicht auszuschließen, dass die Probanden bei Kaufsituationen, die sie zu Beginn des Experiments durchlaufen, beispielsweise motivierter oder unsicherer sind als bei Kaufsituationen, die sie sp¨ater durchlaufen. Um diesen St¨orfaktor zu kontrollieren, durchlaufen die Probanden die Kaufsituationen in unterschiedlichen Reihenfolgen. Der Within-Subjects-Anordnung wird also eine Between” Subjects-Komponente“ hinzugef¨ ugt, da jedem Probanden eine Reihenfolge zugewiesen wird, in der die acht Kaufsituationen durchlaufen werden.508 Als Ausgangspunkt der Zusammenstellung der Reihenfolgen dient ein sequenziell ausbalanciertes lateinisches Quadrat, sodass jede Kaufsituation einmal auf jede andere Kaufsituation folgt und einmal die zuerst durchlaufene Kaufsituation ist.509 Dieses lateinische Quadrat wird in Tabelle 5.4 dargestellt; die Bedeutung der Ziffern, mit denen die Kaufsituationen hier und im Folgenden gekennzeichnet werden, ergibt sich aus Tabelle 5.3. Tabelle 5.4: Die Reihenfolgen der simulierten Kaufsituationen als lateinisches Quadrat
Reihenfolge
I II III IV V VI VII VIII
Position der Kaufsituationen 1
2
3
4
5
6
7
8
111 121 211 221 112 122 212 222
121 211 221 112 122 212 222 111
222 111 121 211 221 112 122 212
211 221 112 122 212 222 111 121
212 222 111 121 211 221 112 122
221 112 122 212 222 111 121 211
122 212 222 111 121 211 221 112
112 122 212 222 111 121 211 221
Wie in Abschnitt 5.3.2.1 erl¨ autert, wird die Preisbereitschaft der Probanden w¨ahrend des
505 506 507 508 509
117. Es ist allerdings keine eine Anordnung mit station¨ aren Wiederholungen (vgl. bspw. Camerer (1995), S. 599f.; Camerer (1997), S. 318f.; Bohm (2002), S. 124f.), denn die Probanden durchlaufen Kaufsituationen mit unterschiedlichen Auspr¨ agungen der unabh¨ angigen Gr¨ oßen. Vgl. Holt (2007), S. 10. Vgl. bspw. Camerer (1995), S. 633; Shadish/Cook/Campbell (2002), S. 109; Friedman/Cassar (2004c), S. 35f.; Holt (2007), S. 10; Koschate (2008), S. 114, 117. Vgl. bspw. Shadish/Cook/Campbell (2002), S. 109; Friedman/Cassar (2004c), S. 36; Bortz (2005), S. 403-405; Holt (2007), S. 9; Koschate (2008), S. 114, 117f. Vgl. auch a. a. O., S. 117f. Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 405. Vgl. allgemein zu lateinischen Quadraten bspw. Zimmermann (1972), S. 162-179; Aaker/Kumar/Day (2007), S. 361f.
5.4 Die experimentellen Bedingungen
171
Durchlaufens einer Kaufsituation mit dem BDM-Mechanismus gemessen. Dies bringt eine methodische Besonderheit mit sich, die es erforderlich macht, das lateinische Quadrat aus Tabelle 5.4 zu modifizieren. Die Besonderheit liegt darin begr¨ undet, dass es im Rahmen des BDM-Mechanismus zu einem Kauf und somit zur vorzeitigen Beendigung der Suche kommen kann: Wenn die Probanden das Produkt im Rahmen des BDM-Mechanismus kaufen, k¨onnen sie ihre Suche nicht durch einen Kauf bei einem simulierten Anbieter beenden. Daraus folgt, dass H1, H2 und H3, mit denen die Beendigung der Suche erkl¨art wird, nicht anhand von Kaufsituationen u uft werden k¨onnen, bei denen es zu ei¨berpr¨ nem Kauf im Rahmen des BDM-Mechanismus kommt. Dies ist problematisch, zumal der Ausschluss einiger Probanden aus der Pr¨ ufung dieser Hypothesen zu einer Verzerrung f¨ uhren kann, da insbesondere Probanden, die besonders hohe Preisbereitschaften haben, ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund besteht im Rahmen des BDM-Mechanismus bei den acht simulierten Kaufsituationen, die der Hyothesenpr¨ ufung zugrunde liegen, keine Kaufm¨oglichkeit. Der BDM-Mechanismus wird zwar vorgelegt und die Preisbereitschaft der Probanden wird erfasst; es wird jedoch kein Zufallspreis ermittelt (wie es im Rahmen des BDMMechanismus eigentlich erforderlich ist), zu dem der Kauf zustande kommen k¨onnte. Stattdessen wird immer so verfahren, als h¨ atten die Probanden eine zu niedrige Preisbereitschaft ge¨außert, indem ihnen mitgeteilt wird, dass der Zufallspreis h¨oher ist als die von ihnen genannte Preisbereitschaft.510 Mit dieser Vorgehensweise wird vermieden, dass es durch K¨aufe im Rahmen des BDM-Mechanismus zu einer vorzeiten Beendigung von Kaufsituationen und dadurch zu einer Verzerrung der Hypothesenpr¨ ufung kommt. Der BDM-Mechanismus ist allerdings nur theoretisch anreizkompatibel, wenn die Probanden glauben, dass es zu einem Kauf kommen kann (siehe Seite 162). Die erl¨auterte Vorgehensweise bringt jedoch die M¨ oglichkeit mit sich, dass die Probanden nach dem Durchlaufen einiger Kaufsituationen vermuten, dass es im Rahmen des BDM-Mechanismus nie zu einem Kauf kommen kann. Um dies zu vermeiden, werden drei Kaufsituationen dupliziert, ohne dass die Probanden darauf hingewiesen werden. Die Duplikate unterschieden sich von der jeweils duplizierten Kaufsituation dadurch, dass ein Kauf im Rahmen des BDM-Mechanismus m¨ oglich ist. Drei Kaufsituationen werden von den Probanden also zweimal durchlaufen, um die Glaubw¨ urdigkeit des BDM-Mechanismus zu erh¨ ohen. Im Einzelnen wird wie folgt verfahren: Die Kaufsituation von Position 8 (in Tabelle 5.4) wird auch vor Position 1 eingef¨ ugt; die Kaufsituation von Position 7 wird auch vor Position 3 eingef¨ ugt; die Kaufsituation von Position 1 wird auch vor Position 6 eingef¨ ugt. Diese Konstellation wird gew¨ahlt, um m¨oglichst zu vermeiden, dass die Probanden duplizierte Kaufsituationen wiedererkennen. Eine weitere Modifikation des lateinischen Quadrats besteht darin, dass die Kaufsituation von Position 2 auch hinter Position 8 eingef¨ ugt wird, um die G¨ ute der experimentellen Manipulationen und die Validit¨ at der Messinstrumente pr¨ ufen zu k¨onnen, ohne die f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung bestimmten Kaufsituationen daf¨ ur nutzen zu m¨ ussen. In diesem Fall werden den Probanden beim Durchlaufen der duplizierten Kaufsituation Fragen gestellt, die den G¨ utepr¨ ufungen zugrunde liegen. Alle Duplikationen von Kaufsituationen erlauben es dar¨ uber hinaus, die Reliabilit¨ at der Messinstrumente zu beurteilen. Die Manipulations-, Validit¨ ats- und Reliabilit¨ atspr¨ ufungen werden in Abschnitt 6.3 n¨aher erl¨autert. 510
Grunds¨ atzlich ist es nicht w¨ unschenswert, Probanden zu t¨ auschen. Vgl. bspw. Zimmermann (1972), S. 270-274; Friedman/Sunder (1994), S. 17f.; Camerer (1997), S. 320f.; Friedman/Cassar (2004b), S. 30; Holt (2007), S. 12. Die T¨ auschung d¨ urfte jedoch nicht schwerwiegend sein und sie ist erforderlich, um das Modell u ufen zu k¨ onnen. ¨berpr¨
172
5 Der Aufbau des Experiments
Da vier Kaufsituationen dupliziert werden (drei zur Erh¨ohung der Glaubw¨ urdigkeit des BDM-Mechanismus und eine f¨ ur G¨ utepr¨ ufungen), durchlaufen die Probanden insgesamt zw¨olf simulierte Kaufsituationen, jedoch nur acht verschiedene. Die Duplikate gehen nicht in die Hypothesenpr¨ ufung ein. Die modifizierten Reihenfolgen der Kaufsituationen werden in Tabelle 5.5 veranschaulicht. Aufgrund der Modifikationen stellen die Reihenfolgen kein sequenziell ausbalanciertes lateinisches Quadrat wie in Tabelle 5.4 dar, denn in Tabelle 5.5 ist es nicht der Fall, dass jede Kaufsituation einmal auf jede andere Kaufsituation folgt. Die modifizierten Reihenfolgen sind ein Kompromiss zwischen vier Zielen, die sich aus den obigen Erl¨auterungen ergeben: erstens dem Ziel, die Reihenfolgen auszubalancieren, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass sich die Reihenfolge der Kaufsituationen auf die Hypothesenpr¨ ufung auswirkt; zweitens dem Ziel, die Preisbereitschaft mit einer anreizkompatiblen Methode (dem BDM-Mechanismus) zu messen; drittens dem Ziel, die Hypothesenpr¨ ufung nicht dadurch zu verzerren, dass Probanden mit hohen Preisbereitschaften systematisch ausgeschlossen werden, wenn sie Kaufsituationen durch einen Kauf im Rahmen des BDM-Mechanismus vorzeitig beenden; viertens dem Ziel, G¨ utepr¨ ufungen durchzuf¨ uhren. Tabelle 5.5: Die modifizierten Reihenfolgen der simulierten Kaufsituationen
Reihenfolge
I II III IV V VI VII VIII
Position der Kaufsituationen 1 (11)
2
3
4 (10)
5
6
7
8 (2)
9
10
11
12 (3)
112 122 212 222 111 121 211 221
111 121 211 221 112 122 212 222
121 211 221 112 122 212 222 111
122 212 222 111 121 211 221 112
222 111 121 211 221 112 122 212
211 221 112 122 212 222 111 121
212 222 111 121 211 221 112 122
111 121 211 221 112 122 212 222
221 112 122 212 222 111 121 211
122 212 222 111 121 211 221 112
112 122 212 222 111 121 211 221
121 211 221 112 122 212 222 111
In Klammern wird ggf. angegeben, welche Position dupliziert wird.
Die acht in Tabelle 5.5 dargestellten Reihenfolgen entsprechen acht Gruppen von Probanden. Probanden werden den Gruppen in der Reihenfolge, in der sie das Experiment beginnen, zugewiesen. Beispielsweise werden die simulierten Kaufsituationen vom ersten Probanden, der am Experiment teilnimmt, in Reihenfolge I durchlaufen; der zweite Proband durchl¨auft die Kaufsituationen in Reihenfolge II usw.; dem neunten Probanden wird Reihenfolge I zugewiesen; dem zehnten Reihenfolge II usw. Dies kommt einer zuf¨alligen Zuweisung der Probanden zu den Reihenfolgen nahe und gew¨ahrleistet, dass jede Reihenfolge von einer nahezu identischen Anzahl von Probanden durchlaufen wird. Die gemessenen unabh¨ angigen Gr¨ oßen Die obigen Ausf¨ uhrungen betreffen die unabh¨ angigen Gr¨oßen, die im Experiment manipuliert werden. Dar¨ uber hinaus werden zwei unabh¨ angige Gr¨oßen gemessen: Die vorhergehende Preisbereitschaft und das vorhergehende Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse; diese gehen in H5 und H9 ein. Sie werden nicht manipuliert, sondern gemessen, da es nicht sinnvoll sein d¨ urfte, den Probanden Auspr¨agungen zuzuweisen: Wenn die Probanden diese Gr¨ oßen selbst bilden und sich ihren Auspr¨agungen somit selbst zuordnen, ist von einer gr¨ oßeren Validit¨ at auszugehen. Naturgem¨aß l¨asst sich bei dieser
5.4 Die experimentellen Bedingungen
173
Vorgehensweise im Vorhinein nicht angeben, wie viele und welche Bedingungen auf der Basis der Variation dieser zwei Gr¨ oßen zustande kommen, da es sich um Zahlenwerte handelt, die eine Vielzahl von Auspr¨ agungen annehmen k¨onnen. 5.4.2 Die experimentellen Bedingungen w¨ ahrend der Preissuche Die bisherigen Ausf¨ uhrungen behandeln die Bedingungen, die den Beginn der Suche betreffen. Die folgenden Ausf¨ uhrungen beziehen sich auf die Prozesse, die w¨ahrend der Suche ablaufen. Zun¨achst wird auf die Auspr¨ agungen der manipulierten unabh¨angigen Gr¨oßen eingegangen. Dabei handelt es sich um die Preise, die in den simulierten Kaufsituationen von den Anbietern gefordert werden; diese gehen in H1, H3 und H7 ein. Danach wird die Reihenfolge der Preise behandelt und anschließend wird auf die gemessenen unabh¨angigen Gr¨oßen eingegangen. Die Preisforderungen der Anbieter in den simulierten Kaufsituationen F¨ ur jede Kaufsituation wird eine der Anzahl der Anbieter (f¨ unf bzw. zehn) entsprechende Anzahl von Preisen aus einer Normalverteilung gezogen. Als Erwartungswert werden 90 Prozent des Wert¨ aquivalents und als Standardabweichung werden 15 Prozent des Erwartungswerts verwendet. Dies ¨ ahnelt der Vorgehensweise bei anderen Experimenten zum Suchverhalten und d¨ urfte den realen Preisverteilungen oftmals nahekommen.511 Die zuf¨allig ermittelten Preise werden auf Vielfache von f¨ unf gerundet, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass sich die Ziffern, aus denen sich die Preise zusammensetzen, als St¨orfaktor auf das Verhalten der Probanden auswirken.512 In Tabelle 5.6 werden die verwendeten Preise wiedergegeben. Die Reihenfolge der Preise Eine m¨ogliche Gef¨ahrdung der externen Validit¨ at bei Laborexperimenten zum sequenziellen Preissuchverhalten besteht darin, dass nicht auszuschließen ist, dass Probanden vermuten, dass ihnen die Preise in einer geordneten Reihenfolge vorgelegt werden.513 Um dies beim hier dargestellten Experiment zu vermeiden, k¨ onnen die Probanden selbst entscheiden, in welcher Reihenfolge sie die simulierten Anbieter aufsuchen, denn sie k¨onnen ¨ auf der Ubersichtsseite (siehe Abschnitt 5.2) einen beliebigen Anbieter ausw¨ahlen.514 Um intersubjektive Vergleiche zu erleichtern, wird dennoch im Vorhinein bestimmt, in welcher Reihenfolge die Preise im Experiment vorgelegt werden. Beispielsweise wird den Probanden in Kaufsituation 111 immer zuerst der Preis 100,00 Euro gezeigt (siehe Ta¨ belle 5.6), unabh¨angig davon, welchen Anbieter sie auf der Ubersichtsseite ausw¨ahlen. Allen Probanden werden somit innerhalb einer Kaufsituation die gleichen Preise in der 511
512
513 514
Vgl. Rapoport/Tversky (1966), S. 145; Rapoport/Tversky (1970), S. 109; Hey (1982), S. 67-71; Hey (1987), S. 138; Hey (1991), S. 101, 105; Hey (1993), S. 84f. bzw. Pratt/Wise/Zeckhauser (1979), S. 204-206; Baye/Morgan/Scholten (2006), S. 325-330. Als Alternative zur Normalverteilung w¨ urde sich insb. eine rechtsschiefe Verteilung anbieten (vgl. bspw. Harrison/Morgan (1990), S. 480), zumal reale Preisverteilungen h¨ aufig rechtsschief sind. Vgl. bspw. Stigler (1961), S. 214. Vgl. zur Bedeutung der Preisziffern f¨ ur die Preisbeurteilung bspw. Monroe (2003), S. 105-119; Homburg/Koschate (2005), S. 393; M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 298-302; Pechtl (2005), S. 34f.; Diller (2008), S. 128-131; Simon/Fassnacht (2009), S. 161-166. Vgl. auch Cox/Oaxaca (1989), S. 305. Hey (1982), S. 67 instruierte bei seinem Experiment, das zur Identifikation der Bounce-Regeln (siehe Abschnitt 2.3.1) f¨ uhrte, die Probanden so, dass sie nicht von geordneten Reihenfolgen ausgehen sollen. Vgl. auch Hey (1987), S. 139; Hey (1991), S. 98. Da einige der Bounce-Regeln auf Reihenfolgeeffekten basieren (vgl. Hey (1982), S. 73f.), ist nicht auszuschließen, dass diese Vorgehensweise nicht vollst¨ andig erfolgreich war.
111 121 211 221 112 122 212 222
Kaufsituation
100,00 90,00 380,00 415,00 90,00 100,00 370,00 415,00
1
90,00 110,00 420,00 380,00 90,00 110,00 430,00 370,00
2 75,00 75,00 325,00 365,00 105,00 90,00 365,00 385,00
3 110,00 95,00 355,00 375,00 75,00 85,00 405,00 355,00
4
Angaben in Euro.
75,00 100,00 315,00 400,00 95,00 85,00 345,00 400,00
5 – – – – 70,00 115,00 385,00 335,00
6
Position der Preise
– – – – 75,00 80,00 370,00 320,00
7
Tabelle 5.6: Die bei den simulierten Kaufsituationen verwendeten Preise
– – – – 90,00 95,00 400,00 330,00
8 – – – – 85,00 90,00 405,00 365,00
9
– – – – 95,00 90,00 340,00 405,00
10
174 5 Der Aufbau des Experiments
5.5 Zwischenfazit
175
gleichen Reihenfolge vorgelegt: In Suchschritt t wird immer der Preis pi gezeigt, wobei ˜ der Index der Anbieter ist und den Positionen in Tabelle 5.6 entspricht.515 i = 1, 2, . . . , N Da die Probanden selbst bestimmen k¨ onnen, wann sie ihre Suche beenden, wird ihnen nicht die gleiche Anzahl von Preisen gezeigt; die Preise, die gezeigt werden, sind jedoch identisch. Die Reihenfolge der Preise wird also nicht variiert, um ausschließen zu k¨onnen, dass unterschiedliche Verhaltensweisen der Probanden auf unterschiedliche Preisreihenfolgen zur¨ uckzuf¨ uhren sind. Da die Preise zuf¨ allig ausgew¨ ahlt werden, ist nicht davon auszugehen, dass es durch die Konstanz der Reihenfolgen zu einer systematischen Verzerrung kommt. Die gemessenen unabh¨ angigen Gr¨ oßen Hinsichtlich der Prozesse, die w¨ ahrend der Suche ablaufen, weist das Modell drei unabh¨angige Gr¨oßen auf, die im Experiment nicht manipuliert, sondern gemessen werden: Die Preisbereitschaft (diese geht als unabh¨ angige Gr¨ oße in H1 und H3 ein), das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (H2 und H3) und die Anzahl der w¨ahrend der Suche bislang identifizierten Preise (H2, H3 und H11). ¨ 5.4.3 Die experimentellen Bedingungen im Uberblick ¨ In Tabelle 5.7 werden die obigen Uberlegungen zusammengefasst, wobei zur Vereinfachung nicht auf Reihenfolgen eingegangen wird. Von besonderer Bedeutung sind die manipulierten unabh¨angigen Gr¨ oßen; die Einbeziehung gemessener unabh¨angiger Gr¨oßen vervollst¨andigt die Darstellung der experimentellen Bedingungen. ¨ Tabelle 5.7: Die experimentellen Bedingungen im Uberblick
Manipulierte unabh¨angige Gr¨oßen
Gemessene unabh¨angige Gr¨oßen
Bedingungen zu Hypothesen, die den Beginn der Preissuche betreffen
Wert¨aquivalent (˜ p), Grenzsuchkosten (c) und Anzahl ˜ ): 2 × 2 × 2 = der Anbieter (N 8 unterschiedliche Kaufsituationen
Vorhergehende Preisbereitschaft (P B−1 ) und vorhergehendes Anspruchsniveau an den Umfang der UP K ) Preiskenntnisse (AN−1
Bedingungen zu Hypothesen, die w¨ahrend der Preissuche ablaufende Prozesse betreffen
Preisforderungen der Anbie˜ ): ter (pi mit i = 1, 2, . . . , N Je Kaufsituation 5 bzw. 10 vorselektierte Preise, die aus einer Normalverteilung gezogen werden
Preisbereitschaft (P B), Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (AN U P K ) und Anzahl der bislang identifizierten Preise (t)
¨ 5.5 Zwischenfazit: Der Aufbau des Experiments im Uberblick Um das Modell aus Kapitel 4 zu u ufen, wird ein Laborexperiment durchgef¨ uhrt, bei ¨berpr¨ dem Probanden simulierte Kaufsituationen durchlaufen. Die folgenden Merkmale fassen 515
Auch in diesem Fall d¨ urfte die prinzipiell nicht w¨ unschenswerte T¨ auschung der Probanden (siehe Fußnote 510 auf S. 171) nicht schwerwiegend sein, zumal die Preise zuf¨ allig bestimmt werden, wenn auch vorab. Vgl. zu ¨ ahnlichen Vorgehensweisen mit vorselektierten Werten Rapoport/Tversky (1966), S. 145; Schotter/Braunstein (1981), S. 7-12; Kogut (1992), S. 143f.; Butler/Loomes (1997), S. 129; Sonnemans (1998), S. 315; Schunk (2009), S. 1733.
176
5 Der Aufbau des Experiments
den Aufbau des Experiments zusammen: • Die Kaufsituationen werden auf einer Online-Plattform hinterlegt und die Probanden greifen u ¨ber das Internet von ihrem eigenen Computer aus auf sie zu. • In jeder Kaufsituation haben die Probanden die Aufgabe, ein eindeutig bestimmtes imagin¨ares Produkt zu erwerben. Zu diesem Zweck k¨onnen sie simulierte Anbieter aufsuchen und selbst entscheiden, ob und bei welchem Anbieter sie einen Kauf durchf¨ uhren (im Anhang der Untersuchung wird ein Beispiel dargestellt). Abgesehen von den geforderten Preisen sind die Anbieter homogen. • Die Probanden erhalten f¨ ur ihre Teilnahme eine feste und eine lotteriebasierte Entlohnung. Die Gewinnchance bei der Lotterie h¨ angt vom Suchverhalten und -ergebnis ab: Sie ist umso geringer, je mehr Suchschritte die Probanden durchf¨ uhren und je h¨oher der Preis ist, den sie f¨ ur das Produkt zahlen. • Die Intensit¨at der Preissuche wird im Experiment beobachtet, indem die Anzahl der aufgesuchten Anbieter aufgezeichnet wird bzw. erfasst wird, wann die Probanden ihre Suche beenden. • Die Preisbereitschaft der Probanden wird mit dem BDM-Mechanismus gemessen. Die Messung wird w¨ ahrend des Durchlaufens der Kaufsituationen wiederholt durchgef¨ uhrt, um die Entwicklung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche zu erfassen. • Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wird mit einer offenen Frage gemessen. Auch diese Messung wird wiederholt durchgef¨ uhrt. • Die unabh¨angigen Gr¨ oßen, die in die Hypothesen aus Kapitel 4 eingehen, werden teilweise manipuliert und teilweise gemessen. Es handelt sich um eine Anordnung, die sowohl experimentelle als auch quasi-experimentelle Bestandteile hat. • Die manipulierten unabh¨ angigen Gr¨ oßen, die sich auf den Beginn der Preissuche beziehen, sind das Wert¨ aquivalent, die Grenzsuchkosten und die Anzahl der Anbieter. Jeder Proband durchl¨ auft acht simulierte Kaufsituationen, bei denen sich diese Gr¨oßen unterscheiden. Die Reihenfolge wird ann¨ ahernd zuf¨allig variiert. ¨ • Uber diese acht Kaufsituationen hinaus durchl¨ auft jeder Proband vier Kaufsituationen, die nicht in die Hypothesenpr¨ ufung eingehen und die insbesondere dazu dienen, die Glaubw¨ urdigkeit des BDM-Mechanismus zu erh¨ohen. • Die manipulierten unabh¨ angigen Gr¨ oßen, die sich auf Prozesse beziehen, die w¨ahrend der Preissuche ablaufen, sind die von den simulierten Anbietern geforderten Preise. Diese Preise entstammen einer Normalverteilung und die Reihenfolge, in der sie den Probanden gezeigt werden, wird vorab festgelegt. Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse des Experiments dargestellt.
6 Die Ergebnisse des Experiments Im Folgenden werden die Ergebnisse des Experiments dargestellt. Vorab wird in Abschnitt 6.1 die Stichprobe charakterisiert und in zwei Abschnitten auf die Qualit¨at der erhobenen Daten eingegangen: In Abschnitt 6.2 wird die Datenbereinigung erl¨autert und in Abschnitt 6.3 werden die experimentellen Manipulationen sowie die verwendeten Messinstrumente beurteilt. In Abschnitt 6.4 werden die Hypothesen, aus denen das in Kapitel 4 dargestellte Modell besteht, u uft. Zus¨ atzlich wird in Abschnitt 6.5 auf die ¨berpr¨ Bedeutung ausgew¨ahlter m¨ oglicher Einflussfaktoren des Preissuchverhaltens, die nicht im Modell enthalten sind, eingegangen. Das Kapitel endet mit einer Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse in Abschnitt 6.6.516
6.1 Merkmale der Stichprobe Da das Experiment mittels einer Online-Plattform im Internet durchgef¨ uhrt wird, k¨onnen nur Personen, die das Internet nutzen, daran teilnehmen. Das Modell aus Kapitel 4 dient zwar nicht nur zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens von Internetnutzern, sondern es soll grunds¨atzlich auf alle Konsumenten zutreffen. Die gew¨ ahlte Erhebungsmethode bringt jedoch mit sich, dass die Grundgesamtheit und die Stichprobe f¨ ur das Experiment auf Internetnutzer eingegrenzt werden m¨ ussen. Prinzipiell ist daher nicht auszuschließen, dass die Ergebnisse des Experiments auf Personen, die das Internet nicht nutzen, nicht zutreffen.517 Es gibt jedoch keinen zwingenden Grund daf¨ ur, anzunehmen, dass sich Personen, die das Internet nicht nutzen und daher nicht in die Stichprobe gelangen k¨onnen, im Experiment anders verhalten w¨ urden als Personen, die das Internet nutzen. Mit dem Experiment wird nicht auf das Preissuchverhalten im Internet, sondern auf das generelle Preissuchverhalten abgestellt. Genauer wird die Grundgesamtheit f¨ ur das Experiment auf Internetnutzer ab 14 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland eingegrenzt. Zum Erhebungszeitpunkt (2. bis 11. November 2009) z¨ahlten circa 43 Millionen Personen bzw. zwei Drittel der Wohnbev¨olkerung Deutschlands ab 14 Jahren zu dieser Grundgesamtheit.518 Internetnutzer sind dabei definiert als Personen, die in den drei Monaten vor der Erhebung wenigstens einmal das Internet genutzt haben. Um Probanden zu gewinnen, wurde auf ein Access-Panel“ zur¨ uckgegriffen.519 Die aus ” dem Panel gezogene Stichprobe umfasst 500 Personen. Bei der Ziehung wurde mit einer Quotenvorgabe darauf geachtet, dass ein m¨ oglichst großes und der Grundgesamtheit 516
517 518 519
¨ Im Folgenden wird bei allgemeinen statistischen Uberlegungen zur Vereinfachung insb. auf Bortz (2005) als Quelle verwiesen, wenn andere zitierte Arbeiten keine hier relevanten weitergehenden ¨ Hinweise enthalten. Das Gleiche gilt bei allgemeinen ¨ okonometrischen Uberlegungen f¨ ur Wooldridge, Jeffrey M. (2009): Introductory Econometrics: A Modern Approach, 4th Edition, Mason. Nahezu alle folgenden Auswertungen wurden mit dem Statistik-Programmpaket Stata 11 durchgef¨ uhrt. Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 520f., 526. Vgl. Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e. V. (Hrsg.) (2010): Internet Facts 2009-IV, Frankfurt am Main, S. 5. Vgl. zu dieser Art von Panels bspw. Diekmann (2008), S. 524f.; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 380. Das hier genutzte Panel wird von dem Marktforschungsunternehmen Comcult Research GmbH (Berlin) betrieben.
S. van Baal, Das Preissuchverhalten der Konsumenten, DOI 10.1007/978-3-8349-7041-1_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
178
6 Die Ergebnisse des Experiments
okonomischer Merkmale erreicht wird.520 ¨ahnliches Spektrum soziodemografischer und -¨ Aufgrund unterschiedlicher Reaktionszeiten der Teilnehmer auf die Einladung zum Experiment wurden die Quoten nicht vollst¨ andig eingehalten, es wurde jedoch das Ziel erreicht, eine Stichprobe mit großer Heterogenit¨ at zu ziehen. Die gew¨ahlte Vorgehensweise f¨ uhrt nicht dazu, dass die Stichprobe repr¨ asentativ f¨ ur die Grundgesamtheit ist; sie reduziert jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass die Ergebnisse des Experiments nur auf bestimmte Bev¨olkerungsgruppen zutreffen. In Tabelle 6.1 wird die soziodemografische und -¨ okonomische Zusammensetzung der Stichprobe veranschaulicht. Die dargestellten Angaben wurden von den Probanden bei der Registrierung f¨ ur das Experiment gemacht. Zum Vergleich sind in der Tabelle auch gesch¨atzte Anteilsangaben zur Grundgesamtheit enthalten.521 Die Tabelle zeigt, dass die Stichprobe der Grundgesamtheit bei einigen Merkmalen sehr ¨ahnlich ist. Andererseits sind in der Stichprobe beispielsweise eher junge und ledige sowie Personen mit einem geringen Einkommen vertreten als in der Grundgesamtheit. Grunds¨atzlich w¨are es zu bevorzugen, Probanden zuf¨ allig aus der Grundgesamtheit auszuw¨ahlen, anstatt sie anhand von Quoten aus einem Panel zu rekrutieren, da eine Zufallsstichprobe eine wahrscheinlichkeitstheoretische Fundierung aufweist und als repr¨asentativ angesehen werden kann.522 Die Ziehung einer Zufallsstichprobe von Internetnutzern ist jedoch nicht m¨oglich, zumal kein Verzeichnis und kein zentraler Sammelpunkt“ aller ” Mitglieder der Grundgesamtheit existieren. Dar¨ uber hinaus wird im Folgenden nicht versucht, deskriptive Merkmale der Grundgesamtheit zu sch¨atzen, sondern Hypothesen zu kausalen Zusammenh¨ angen zu u ufen. Bei diesem Untersuchungsziel sind die Nach¨berpr¨ teile einer nicht zuf¨allig ausgew¨ ahlten Stichprobe weniger schwerwiegend als bei dem Ziel, deskriptive Merkmale hochzurechnen.523 Allerdings ist die Anwendung inferenzstatistischer Methoden streng genommen nur bei einer Zufallsstichprobe zul¨assig.524 In den folgenden Abschnitten werden dennoch Signifikanztests durchgef¨ uhrt, der g¨angigen Praxis folgend und aufgrund des damit verbundenen Informationsgewinns.525 Da eine experimentelle Anordnung mit Messwiederholung verwendet wird (siehe Abschnitt 5.4.1), begibt sich jeder Proband nicht in eine, sondern nacheinander in zw¨olf simulierte Kaufsituationen. Zur Charakterisierung der Stichprobe sind nicht nur die obigen Angaben zu den Probanden erforderlich, sondern auch Angaben zu den durchlaufenen Kaufsituationen, zumal nicht alle von ihnen in die Hypothesenpr¨ ufung eingehen. Ob eine Kaufsituation eingeht, h¨ angt erstens davon ab, auf welche Art sie beendet wurde und zweitens davon, ob sie zum Zweck der Hypothesenpr¨ ufung in die experimentelle 520
521
522 523 524 525
Die Quoten beziehen sich auf die Kombination aus Geschlecht, Alter und Ausbildung und stammen aus Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e. V. (Hrsg.) (2009): Internet Facts 2009-II, Frankfurt am Main. Diese Untersuchung wird h¨ aufig zur Charakterisierung der Internetnutzer in Deutschland genutzt. Es handelt sich jedoch nicht um eine Vollerhebung und daher m¨ ussen die Quoten der Grundgesamtheit nicht entsprechen. Da keine Vollerhebung existiert, handelt es sich bei der gew¨ ahlten Vorgehensweise um eine Second-best-L¨ osung. Die Angaben zu Geschlecht, Alter, Ausbildung und Einkommen stammen aus der Studie A. a. O., die f¨ ur die Quotenvorgabe herangezogen wurde. Da in dieser Studie keine Daten zu Familienstand und Bundesland enthalten sind, stammen diese Angaben aus Axel Springer AG/Bauer Media Group (Hrsg.) (2009): Verbraucheranalyse 2009 Klassik II M¨ arkte, Berlin – Hamburg. Die zweite Studie ist nicht auf das Internetnutzungsverhalten ausgelegt und wird daher nicht f¨ ur andere Angaben zur Grundgesamtheit herangezogen. Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 86-89; Diekmann (2008), S. 390-398, 526f.; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 300-304, 377-380. Vgl. Diekmann (2008), S. 431f., 523, 525. Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 89; Diekmann (2008), S. 720; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 267f., 447. Vgl. Diekmann (2008), S. 720f.
6.1 Merkmale der Stichprobe
179
Tabelle 6.1: Soziodemografische und -¨ okonomische Merkmale der Stichprobe und der Grundgesamtheit
Merkmal und Kategorien
Anzahl
Anteil in Prozent
Stichprobe
Grundgesamtheit
Geschlecht Weiblich M¨ annlich
226 274
45,2 54,8
45,9 54,1
Alter in Jahren 14 bis 19 20 bis 29 30 bis 39 40 bis 49 50 bis 59 60 bis 69 70 oder mehr
59 118 125 111 60 24 3
11,8 23,6 25,0 22,2 12,0 4,8 0,6
11,5 19,4 19,3 23,3 15,1 8,3 3,1
Ausbildung Kein allgemeiner Schulabschluss Haupt- oder Volksschulabschluss Weiterf¨ uhrende Schule Abitur oder Fachabitur Fachhoch- oder Hochschulabschluss
14 91 187 123 85
2,8 18,2 37,4 24,6 17,0
4,2 27,5 38,9 12,3 17,1
Monatliches Nettoeinkommen des Haushalts in Euro Unter 1.000 1.000 bis unter 2.000 2.000 bis unter 3.000 3.000 oder mehr
103 145 145 107
20,6 29,0 29,0 21,4
15,2 28,8 25,8 30,3
Familienstand Ledig Verheiratet Geschieden Verwitwet
260 201 36 3
52,0 40,2 7,2 0,6
38,2 53,2 7,3 1,3
Bundesland des Wohnorts Baden-W¨ urttemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Th¨ uringen
72 67 35 15 6 19 34 14 31 101 13 15 36 11 16 15
14,4 13,4 7,0 3,0 1,2 3,8 6,8 2,8 6,2 20,2 2,6 3,0 7,2 2,2 3,2 3,0
12,7 15,3 4,2 2,9 0,8 2,3 7,4 1,7 10,3 22,5 5,3 1,0 4,6 2,9 3,5 2,6
180
6 Die Ergebnisse des Experiments
Anordnung aufgenommen wurde. Kaufsituationen k¨onnen von den Probanden auf drei Arten beendet werden: • Der Normalfall ist, dass eine Kaufsituation beendet wird, indem das Produkt bei einem der simulierten Anbieter gekauft wird. • Den Probanden ist es auch m¨ oglich, Kaufsituationen abzubrechen, ohne einen Kauf durchzuf¨ uhren (siehe Seite 151). • Bei drei Kaufsituationen kann es zu einem Kauf im Rahmen des BDM-Mechanismus, der zur Messung der Preisbereitschaft verwendet wird, kommen ( BDM-Kauf“; siehe ” Seite 171). In Tabelle 6.2 werden die H¨ aufigkeiten dieser drei Gruppen angegeben. Dabei wird zwischen den Positionen der Kaufsituationen differenziert, da es von der Position abh¨angt, ob eine Kaufsituation f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung relevant ist; dies wird unten n¨aher erl¨autert. Welche Kaufsituationen an den Positionen durchlaufen werden, h¨angt von der zugewiesenen Reihenfolge ab (siehe Seite 172). Tabelle 6.2: Absolute H¨ aufigkeiten von Arten der Beendigung der Kaufsituationen nach deren Position
Art der Beendigung
Position der Kaufsituationen 1
Kauf bei einem Anbieter Abbruch
2
3
4
5
6
7
8
9
Summe 10
11
12
162 488 487 110 486 489 487 111 481 485 479 480
4.745
2
12
13
5
14
11
13
9
19
15
21
20
154
BDM-Kauf
336
–
–
385
–
–
–
380
–
–
–
–
1.101
Summe
500 500 500 500 500 500 500 500 500 500 500 500
6.000
Die Kaufsituationen an der ersten, vierten, achten und zw¨olften Position sind Duplikate anderer Kaufsituationen, die aus methodischen Gr¨ unden und nicht zur Hypothesenpr¨ ufung in die experimentelle Anordnung eingef¨ ugt wurden (siehe Abschnitt 5.4.1). Von den zw¨olf Positionen bzw. den insgesamt 6.000 durchlaufenen Kaufsituationen in Tabelle 6.2 sind also acht Positionen bzw. 4.000 Kaufsituationen f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung relevant. Von diesen 4.000 Kaufsituationen wurden 118 von den Probanden abgebrochen. Da das Modell aus Kapitel 4 nur zur Erkl¨ arung zustande gekommener K¨aufe dient, stehen f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung die restlichen 3.882 Kaufsituationen zur Verf¨ ugung, die durch einen Kauf bei einem Anbieter beendet wurden. Somit gehen 3.882 simulierte K¨aufe von 500 Probanden in die Hypothesenpr¨ ufung ein. In Tabelle 6.3 werden die Stichprobengr¨ oßen sowie die H¨aufigkeiten der Abbr¨ uche bei den acht Kaufsituationen, die f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung relevant sind, angegeben. Hier wird nicht wie in Tabelle 6.2 zwischen den Positionen, sondern zwischen den Bezeichnungen der Kaufsituationen differenziert, da diese f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung von gr¨oßerer Bedeutung sind. Die Bezeichnungen sind Dreier-Zahlenkombinationen, wobei die Ziffern f¨ ur die ordinalen Auspr¨ agungen des Wert¨ aquivalents, der Grenzsuchkosten und der Anzahl der Anbieter stehen, mit 1 f¨ ur niedrig“ und 2 f¨ ur hoch“ (siehe Seite 169). Die ” ” Spanne der durchgef¨ uhrten K¨ aufe bei den acht Kaufsituationen reicht von eins (ein Proband) bis acht (437 Probanden) mit einem arithmetischen Mittelwert von 7,8 und einer Standardabweichung von 0,8 K¨ aufen. Die folgenden Kennzahlen vervollst¨ andigen die Beschreibung der Stichprobe:
6.2 Die Datenbereinigung
181
Tabelle 6.3: Absolute H¨ aufigkeiten von Arten der Beendigung hypothesenpr¨ ufungsrelevanter Kaufsituationen
Art der Beendigung
Kaufsituation
Summe
111
121
211
221
112
122
212
222
Kauf bei einem Anbieter
490
487
494
481
486
472
489
483
3.882
Abbruch
10
13
6
19
14
28
11
17
118
Summe
500
500
500
500
500
500
500
500
4.000
• In den 6.000 bzw. 3.882 Kaufsituation haben die Probanden durchschnittlich 2,0 bzw. 2,3 Preise identifiziert, bei einer Standardabweichung von 1,5 bzw. 1,3. Die durchschnittliche Anzahl identifizierter Preise, zu denen die Probanden nicht gekauft haben, liegt bei 1,3 bzw. 1,4 mit einer Standardabweichung von jeweils 1,4. Die durchschnittliche Anzahl von Recalls (das heißt der R¨ uckkehr zu einem fr¨ uher aufgesuchten Anbieter) liegt jeweils bei 0,1 mit einer Standardabweichung von 0,3. • Das Endguthaben in den Kaufsituationen (siehe Abschnitt 5.2.2) liegt durchschnittlich bei 603,85 Euro und seine Standardabweichung betr¨agt 36,09 Euro. • Im Durchschnitt haben die Probanden 1,5 Probel¨ aufe (siehe Abschnitt 5.2.4) durchgef¨ uhrt, bei einer Standardabweichung von 1,1. • Die Zeit, die die Probanden f¨ ur die Teilnahme am Experiment ben¨otigten, reicht von 5,5 bis 131,1 Minuten (die Probanden konnten nach eigenem Ermessen Pausen einlegen). Der Durchschnitt liegt bei 20,1 und die Standardabweichung bei 10,5 Minuten.
6.2 Die Datenbereinigung Die Qualit¨at der in die Hypothesenpr¨ ufung eingehenden Daten h¨angt davon ab, inwieweit die Rohdaten um Fehler bereinigt werden und wie die G¨ ute der experimentellen Manipulationen sowie die G¨ ute der Messinstrumente zu beurteilen sind. Daher wird im Folgenden auf diese Aspekte eingegangen, wobei in diesem Abschnitt die Datenbereinigung und in Abschnitt 6.3 die G¨ utepr¨ ufungen behandelt werden. W¨ahrend die Datenbereinigung dazu dient, Fehler bei einzelnen Werten zu beheben, wird mit den G¨ utepr¨ ufungen ermittelt, wie die Manipulationen und die Messinstrumente insgesamt zu beurteilen sind. Im Experiment werden zwei Gr¨ oßen mit offenen Fragen gemessen: die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (siehe Seite 168). Da bei diesen Gr¨oßen nicht auszuschließen ist, dass Probanden fehlerhafte Angaben machen, werden sie im Folgenden auf auff¨ allige Werte hin u uft. Auf der Basis dieser Pr¨ ufung ¨berpr¨ werden die erhobenen Daten um vermutliche Fehler bereinigt, zumal es ansonsten zu fehlerbedingten Verzerrungen der Hypothesenpr¨ ufung kommen k¨onnte.526 Die Ausf¨ uhrungen zur Datenbereinigung sind wie folgt aufgebaut: Zun¨achst wird die Vorgehensweise dargestellt (Abschnitt 6.2.1). Danach wird die Datenbereinigung bei der Preisbereitschaft durchgef¨ uhrt (6.2.2) und im Anschluss beim Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (6.2.3).
526
Vgl. bspw. Aaker/Kumar/Day (2007), S. 432.
182
6 Die Ergebnisse des Experiments
6.2.1 Die Vorgehensweise Es gibt kein allgemeing¨ ultiges Verfahren zur Identifikation fehlerhafter Werte bei empirischen Untersuchungen.527 Sinnvoll erscheint eine Vorgehensweise, bei der ein Wert nur dann als fehlerhaft klassifiziert wird, wenn daf¨ ur sowohl ein statistischer als auch ein theoretischer Grund vorliegt. Ein statistischer Grund kann insbesondere darin bestehen, dass ein Wert einen Ausreißer darstellt. Dies kann explorativ anhand deskriptiver Kennzahlen oder mit einem Inferenztest ermittelt werden, wobei ein Inferenztest im Allgemeinen (das heißt wenn die ihm zugrunde liegenden Annahmen gelten) mit einer gr¨oßeren Sicherheit einhergeht.528 ¨ Aufgrund dieser Uberlegung werden im Folgenden drei Kriterien angewendet, um fehlerhafte Werte in den Daten zu identifizieren: 1. Im ersten, explorativen Schritt werden Werte identifiziert, die in Anlehnung an die Regel von Tukey529 als Ausreißer anzusehen sind. Dieser Regel zufolge stellt ein Wert x einen schwerwiegenden“ Ausreißer dar, wenn die folgende Bedingung erf¨ ullt ist: ” x < x(0,25) − 3 × x(0,75) − x(0,25) oder x > x(0,75) + 3 × x(0,75) − x(0,25) mit: x(0,25) : Unteres Quartil der Daten; x(0,75) : Oberes Quartil der Daten. Ein Wert wird also als schwerwiegender Ausreißer bezeichnet, wenn er mehr als das Dreifache des Interquartilsabstands vom unteren bzw. oberen Quartil abweicht. Die sich dadurch ergebenden Schwellenwerte werden im Folgenden als untere bzw. obere Grenze bezeichnet. Die untere Grenze bezieht sich auf den linken Fl¨ ugel einer Verteilung, die obere auf den rechten. Dar¨ uber hinaus wird ein Wert der Tukey-Regel zufolge als milder“ Ausreißer bezeichnet, wenn er nicht mehr als das Dreifache, je” doch mehr als das 1,5-fache des Interquartilsabstands abweicht.530 Hier wird nur auf schwerwiegende und nicht auch auf milde Ausreißer abgestellt, um nur besonders auff¨allige Werte als Ausreißer und somit als m¨ ogliche Fehler zu identifizieren. Damit wird das Ziel verfolgt, Bereinigungen nur bei starkem Verdacht auf Fehler durchzuf¨ uhren. Dies scheint insbesondere aus dem Grund angezeigt zu sein, dass die Daten laborexperimentell und daher in einer stark kontrollierten Umgebung erhoben wurden, wodurch die Fehleranf¨ alligkeit geringer ist als bei Untersuchungen im Feld, bei denen die Kontrolle von Fehlerquellen schwieriger ist. Da die Tukey-Regel ausschließlich auf deskriptiven Kennzahlen basiert und kein Signifikanzniveau ausgibt, dient sie nicht zur statistischen Pr¨ ufung der Hypothese, dass ein Wert einen Ausreißer darstellt. Stattdessen wird sie hier so aufgefasst, dass mit ihrer Hilfe potenzielle Ausreißer identifiziert werden. 2. Im zweiten, theoretischen Schritt werden die potenziellen Ausreißer interpretiert, um m¨ogliche Gr¨ unde f¨ ur ihre Auff¨ alligkeit zu ermitteln und zu entscheiden, welche po527 528 529 530
Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 666f.; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 436-438. Vgl. bspw. Hawkins, Douglas M. (1980): Identification of Outliers, London – New York. Vgl. Tukey, John W. (1977): Exploratory Data Analysis, Reading, S. 43f. Vgl. a. a. O., S. 44. Tukey verwendet eine andere Nomenklatur. Insbesondere spricht er nicht von schwerwiegenden und milden Ausreißern, sondern von Werten, die far out“ bzw. outside“ sind (und ” ” in einem Boxplot entsprechend zu kennzeichnen sind; vgl. a. a. O., S. 47f.).
6.2 Die Datenbereinigung
183
tenziellen Ausreißer vermutlich fehlerhafte Angaben der Probanden darstellen. 3. Im dritten, inferenziellen Schritt wird mit einem statistischen Test gepr¨ uft, ob die vermutlich fehlerhaften Angaben Ausreißer sind. Dabei wird der nichtparametrische Test von Walsh531 genutzt, denn die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse sind nicht normalverteilt (die Ergebnisse der Tests auf uber hinaus erlaubt es der WalshNormalverteilung werden unten berichtet532 ). Dar¨ Test, die Anzahl der zu pr¨ ufenden Werte im Vorhinein festzulegen. Eine Vorgabe dieser Anzahl ist hier erforderlich, da sie in den ersten zwei Schritten bestimmt wird. Angaben, die im zweiten Schritt als vermutlich fehlerhaft identifiziert werden und dem Walsh-Test zufolge Ausreißer sind, werden als fehlerhaft aufgefasst. Bei Werten, die mit dieser Vorgehensweise als fehlerhaft identifiziert werden, ist nicht davon auszugehen, dass es sich um valide Angaben zum gemessenen Konstrukt handelt. Fehlerhafte Werte werden daher aus den nachfolgenden Analysen ausgeschlossen.533 Auf eine Imputation plausibler Werte wird verzichtet, um m¨ oglichst wenig in die Daten einzugreifen. Es wird auch darauf verzichtet, Teilnehmer mit fehlerhaften Werten g¨anzlich aus den Analysen auszuschließen, da damit ein bedeutender Informationsverlust einhergehen w¨ urde. 6.2.2 Die Datenbereinigung bei der Preisbereitschaft Insgesamt haben die Probanden im Experiment 13.667 Angaben zu ihrer Preisbereitschaft gemacht. Diese Anzahl kommt wie folgt zustande: Die Preisbereitschaft wird in jeder Kaufsituation vor der Identifikation des ersten Preises und nach der Identifikation jedes Preises, zu dem die Probanden nicht gekauft haben, gemessen (siehe Seite 162). Die Probanden haben 6.000 Kaufsituationen durchlaufen (siehe Seite 180). 79 dieser Kaufsituationen haben die Probanden abgebrochen, bevor sie mit der Preissuche begonnen haben. Somit liegen 5.921 Angaben zur Preisbereitschaft zu Beginn der Suche vor. Bei jeder Kaufsituation haben die Probanden durchschnittlich 1,3 Preise identifiziert, zu denen sie nicht gekauft haben und daher liegen 7.746 Angaben zur Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche vor. Die Spanne der Preisbereitschaften reicht von 0,00 bis 10.000,00 Euro bei einem arithmetischen Mittelwert von 212,70, einem Median von 225,00 und einer Standardabweichung von 164,27 Euro. In Abbildung 6.1 werden die relativen H¨aufigkeiten von klassierten Werten der Preisbereitschaft dargestellt. Dabei werden nur Preisbereitschaften bis 600,00 Euro ber¨ ucksichtigt, zumal die Verteilung der Preisbereitschaft im unteren Be531
532
533
Vgl. Walsh, John E. (1959): Large Sample Nonparametric Rejection of Outlying Observations, in: Annals of the Institute of Statistical Mathematics, Vol. 10 No. 3, S. 223–232. Vgl. auch Hawkins (1980), S. 83f. Im Folgenden werden drei verschiedene Tests verwendet, abh¨ angig von der Stichprobengr¨ oße: Bei n ≤ 2.000 der Shapiro-Wilk-Test, bei 2.000 < n ≤ 5.000 der Shapiro-Francia-Test und bei n > 5.000 ein Schiefe-Kurtosis-Test. Der Shapiro-Francia-Test kann zwar auch bei kleineren Sichproben verwendet werden, der Shapiro-Wilk-Test ist jedoch verbreiteter und hier w¨ urde die Entscheidung nicht anders ausfallen, wenn der Shapiro-Francia-Test verwendet w¨ urde. Vgl. zu den Grenzen der Stichprobengr¨ oße Stata-Corp (Hrsg.) (2009): Stata Base Reference Manual, Release 11, College Station, S. 1735, 1845. Vgl. zu den Tests Shapiro, Samuel S./Wilk, Martin B. (1965): An Analysis of Variance Test for Normality (Complete Samples), in: Biometrika, Vol. 52 No. 3/4, S. 591–611; Shapiro, Samuel S./Francia, R. S. (1972): An Approximate Analysis of Variance Test for Normality, in: Journal of the American Statistical Association, Vol. 67 No. 337, S. 215–216; D’Agostino, Ralph B./Belanger, Albert/D’Agostino, Ralph B. Jr. (1990): A Suggestion for Using Powerful and Informative Tests of Normality, in: The American Statistician, Vol. 44 No. 4, S. 316–321, hier: S. 317f. Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 667; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 468.
184
6 Die Ergebnisse des Experiments
¨ reich aufgrund ihres langen rechten Fl¨ ugels sonst nicht erkennbar w¨are. Uber 99 Prozent der Werte liegen im dargestellten Intervall. Zus¨ atzlich ist ein Kern-Dichtesch¨atzer in der Abbildung enthalten, um ein genaueres Bild der Verteilung zu vermitteln.534 Abbildung 6.1: Histogramm und Kern-Dichtesch¨ atzer der Preisbereitschaft vor der Datenbereinigung
Prozent der Angaben
20
15
10
5
0 0
100
200
300
400
500
600
Preisbereitschaft (in Euro)
Vorbemerkungen zur Bimodalit¨ at der Verteilung der Preisbereitschaft Abbildung 6.1 erweckt den Eindruck, dass die Preisbereitschaft bimodal verteilt ist: Ein lokales Maximum liegt bei circa 75,00 Euro, ein zweites bei circa 350,00 Euro. Die Bimodalit¨at d¨ urfte darauf zur¨ uckzuf¨ uhren sein, dass sich die Preisbereitschaft der Probanden am vorgegebenen Wert¨ aquivalent (˜ p) orientiert, denn im Experiment werden einerseits Kaufsituationen mit p˜ = 100,00 Euro und andererseits Kaufsituationen mit p˜ = 400,00 Euro durchlaufen (siehe Seite 169). Die Vermutung, dass Bimodalit¨at vorliegt und dass diese durch die unterschiedlichen Wert¨ aquivalente zustande kommt, wird durch einen Lagevergleich gest¨ utzt: Dem Wilcoxon-Rangsummentest zufolge ist die zentrale Tendenz der Preisbereitschaft bei p˜ = 100,00 Euro signifikant niedriger als bei p˜ = 400,00 Euro (p = 0,000).535 Der nichtparametrische Wilcoxon-Rangsummentest wird hier verwendet, da die Preisbereitschaft nicht normalverteilt ist, was in Abbil534
535
Vgl. zu Kern-Dichtesch¨ atzern bspw. B¨ uning, Herbert/Trenkler, G¨ otz (1994): Nichtparametrische statistische Methoden, 2., erw. und v¨ ollig u ¨berarb. Aufl., Berlin – New York, S. 260-265; Cohen et al. (2003), S. 105-108; Davidson, Russell/MacKinnon, James G. (2004): Econometric Theory and Methods, New York – Oxford, S. 678-681; Greene, William H. (2008): Econometric Analysis, 6th Edition, Upper Saddle River, S. 414-416. Zur Sch¨ atzung der Dichte wird der Epanechnikow-Kern mit der optimalen Bandbreite verwendet. Eine schw¨ achere Gl¨ attung der Dichte durch eine Reduktion der Bandbreite f¨ uhrt nicht zu wesentlich anderen Schl¨ ussen. Vgl. zum Wilcoxon-Rangsummentest bspw. B¨ uning/Trenkler (1994), S. 131-136; Bortz (2005), S. 150153. Er entspricht bis auf eine etwas andere Teststatistik dem Mann-Whitney-U-Test. Signifikanzniveaus und andere Dezimalzahlen werden in diesem Kapitel auf maximal drei Nachkommastellen gerundet, denn diese Anzahl d¨ urfte f¨ ur die Beurteilung der Ergebnisse ausreichend sein. Vgl. auch Cohen et al. (2003), S. 14f. Wenn eine geringe Genauigkeit ausreichend ist oder der Messeinheit einer Gr¨ oße entspricht, werden weniger als drei Dezimalstellen angegeben.
6.2 Die Datenbereinigung
185
dung 6.1 erkannt werden kann und auch dem Schiefe-Kurtosis-Test zufolge der Fall ist (p = 0,000).536 Die Identifikation von Ausreißern setzt voraus, dass Werte aus einer Verteilung und nicht aus mehreren Verteilungen stammen, denn ihr Ziel besteht darin, zu erkennen, ob Werte zu einer Grundgesamtheit geh¨ oren oder nicht. Die Bimodalit¨at der Verteilung der Preisbereitschaft legt jedoch den Schluss nahe, dass hier zwei Verteilungen vermischt werden: Eine Verteilung f¨ ur p˜ = 100,00 Euro und eine Verteilung f¨ ur p˜ = 400,00 Euro. Um Ausreißer zu identifizieren, ist zwischen den zwei Verteilungen zu unterscheiden. Zu diesem Zweck w¨are es naheliegend, die Daten anhand des Wert¨aquivalents aufzuteilen, indem Ausreißer getrennt f¨ ur p˜ = 100,00 Euro und p˜ = 400,00 Euro identifiziert werden. Es ist allerdings denkbar, dass Probanden ihrer Preisbereitschaft das falsche“ ” Wert¨aquivalent zugrunde legen, dass sie sich also beispielsweise in einer Kaufsituation 537 mit p˜ = 100,00 Euro befinden, aber p˜ = 400,00 Euro unterstellen. Mit anderen Worten ¨ ist m¨oglich, dass Probanden aus einer Verteilung in die andere Verteilung gelangen. Ahnliche Fehleinsch¨atzungen k¨ onnen auch bei realen K¨ aufen auftreten, denn Konsumenten k¨onnen bei der Einsch¨ atzung der monet¨ aren Bewertung des Nutzens, den ein Produkt stiftet, unsicher sein (siehe Seite 166). Wenn eine falsche“ Einsch¨atzung des Wert¨aqui” valents dazu f¨ uhrt, dass eine zu hohe“ oder zu niedrige“ Preisbereitschaft angegeben ” ” wird, handelt sich nicht um einen Messfehler: Die Preisbereitschaft wird mit dem angegebenen Wert valide gemessen, denn dieser Wert entspricht dem h¨ochsten Preis, den die Probanden zu zahlen bereit sind, auch wenn sie dabei nicht das passende Wert¨aquivalent unterstellen. Eine Trennung der Daten anhand des Wert¨aquivalents k¨onnte also dazu f¨ uhren, dass valide Werte als fehlerhaft aufgefasst werden. Dieses Problem kann vermieden werden, indem die Trennung anhand eines empirischen Merkmals vorgenommen wird, wobei sich der arithmetische Mittelwert der Preisbereitschaft anbietet. Bei dieser Trennung werden alle Preisbereitschaften bis 212,70 Euro als einer Verteilung entstammend angesehen und alle Preisbereitschaften u ¨ber 212,70 Euro als einer anderen Verteilung entstammend (es handelt sich um 6.818 bzw. 6.849 Werte). Ein Lagevergleich st¨ utzt diese Sichtweise: Die zentrale Tendenz der Preisbereitschaften bis 212,70 Euro unterscheidet sich signifikant von der zentralen Tendenz der Preisbereitschaften u ¨ber 212,70 Euro (Wilcoxon-Rangsummentest, p = 0,000). Im Folgenden wird daher eine Trennung anhand des arithmetischen Mittelwerts vorgenommen, um Ausreißer zu identifizieren. Schritt 1: Die Identifikation potenzieller Ausreißer Die Anwendung der Tukey-Regel f¨ uhrt zu den folgenden Ergebnissen: • Bei Preisbereitschaften bis 212,70 Euro ergeben sich 16,00 Euro als untere Grenze und 142,00 Euro als obere Grenze. Bei diesen Grenzen werden 180 Werte als potenzielle Ausreißer im linken Fl¨ ugel der Verteilung und 462 Werte als potenzielle Ausreißer im rechten Fl¨ ugel identifiziert. • Bei Preisbereitschaften u ¨ber 212,70 Euro ergeben sich 120,00 Euro als untere und 540,00 Euro als obere Grenze. Bei diesen Grenzen wird kein Wert im linken Fl¨ ugel und es werden 110 Werte im rechten Fl¨ ugel als potenzielle Ausreißer identifiziert. 536 537
Der Schiefe-Kurtosis-Test wird hier verwendet, da er f¨ ur sehr große Stichproben wie die vorliegende geeignet ist; siehe Fußnote 532 auf S. 183. Die Daten deuten an, dass dies vorkommt. Bspw. liegen in Kaufsituationen mit p˜ = 100,00 Euro 2,6 Prozent der Angaben zur Preisbereitschaft bei u ¨ber 300,00 Euro und bei p˜ = 400,00 Euro liegen 2,1 Prozent der Angaben bei unter 100,00 Euro.
186
6 Die Ergebnisse des Experiments
Schritt 2: Die Interpretation der potenziellen Ausreißer Die Interpretation der potenziellen Ausreißer unterscheidet sich f¨ ur die zwei Verteilungen sowie f¨ ur die berechneten Unter- und Obergrenzen, sodass vier F¨alle zu analysieren sind: 1. Bei Preisbereitschaften bis 212,70 Euro liegt die Untergrenze bei 16,00 Euro. In 180 (von insgesamt 13.667) F¨ allen haben die Probanden bei der Frage nach der Preisbereitschaft einen Wert unter 16,00 angegeben. Vermutlich haben die Probanden in diesen F¨allen die Frage nach der Preisbereitschaft nicht genau gelesen und mit der Frage nach dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse verwechselt. Eine Verwechslungsgefahr besteht, da diese zwei Fragen ¨ahnlich gestaltet sind, im Experiment mehrfach gestellt werden und direkt aufeinander folgen. Dar¨ uber hinaus sind Werte unter 16,00 eher f¨ ur das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse plausibel als f¨ ur die Preisbereitschaft. Somit kann davon ausgegangen werden, dass Preisbereitschaften unterhalb von 16,00 Euro als fehlerhafte Angaben der Probanden aufzufassen sind, die auf eine Verwechslung der Fragen zur¨ uckzuf¨ uhren sind. 2. Die Obergrenze liegt bei Preisbereitschaften bis 212,70 Euro bei 140,00 Euro. Die 462 Werte, die aufgrund dieser Grenze als potenzielle Ausreißer identifiziert werden, kommen vermutlich dadurch zustande, dass die Probanden bei der Angabe ihrer Preisbereitschaft das falsche“ Wert¨ aquivalent unterstellt haben; auf diese M¨oglichkeit ” wurde bereits bei den Vorbemerkungen zur Bimodalit¨at der Verteilung hingewiesen. Es handelt sich also vermutlich nicht um Messfehler. 3. Bei Preisbereitschaften u ¨ber 212,70 Euro liegt die Untergrenze bei 120,00 Euro. Da aufgrund dieser Grenze keine Werte als potenzielle Ausreißer identifiziert werden, er¨ ubrigt sich eine Interpretation. Sie w¨ urde jedoch wie unter Punkt 2 auf eine Verwechslung des Wert¨ aquivalents abstellen. 4. Die Obergrenze von 540,00 Euro bei Preisbereitschaften u uhrt da¨ber 212,70 Euro f¨ zu, dass 110 Werte als potenzielle Ausreißer identifiziert werden. Diese Werte sind insbesondere aus dem Grund erkl¨ arungsbed¨ urftig, dass es f¨ ur die Probanden aufgrund der Zielfunktion 5.1 (siehe Seite 147) nicht sinnvoll ist, einen Preis von mehr als 400,00 Euro zu zahlen, da das maximale Wert¨ aquivalent bei den Kaufsituationen 400,00 Euro betr¨ agt (siehe Seite 169). Ein Abbruch einer Kaufsituation w¨ urde zu einem h¨oheren Endguthaben f¨ uhren als ein Kauf zu mehr als 400,00 Euro. Es kann zwar nicht unterstellt werden, dass die Probanden diesen Zusammenhang beachten. Dennoch st¨ utzt er die Vermutung, dass Preisbereitschaften, die h¨oher sind als die empirisch ermittelte Obergrenze von 540,00 Euro, fehlerhaft sind. Die Differenz zwischen dem theoretischen Schwellenwert von 400,00 Euro und der empirischen Obergrenze von 540,00 Euro kann als Toleranzbereich aufgefasst werden. Vermutlich sind die hohen Werte bei der Preisbereitschaft damit zu erkl¨aren, dass die Probanden u ufen wollen, ob es zu einem Kauf im Rahmen des BDM-Mechanis¨berpr¨ mus kommen kann. Wie in Abschnitt 5.4.1 ausgef¨ uhrt, ist dies im Experiment zumeist ufung eingehen, nicht nicht der Fall, damit Kaufsituationen, die in die Hypothesenpr¨ durch einen BDM-Kauf beendet werden k¨ onnen. Zwar werden einzelne Kaufsituationen dupliziert, um zu vermeiden, dass die Probanden vermuten, dass es nie zu einem BDM-Kauf kommen kann. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass bei einigen Probanden dennoch die Vermutung aufgekommen ist, dass zumeist kein BDM-Kauf m¨oglich ist. Preisbereitschaften, die die Probanden eingeben, um den BDM-Mechanismus zu u ¨berpr¨ ufen, sind nicht als Angaben zum gemessenen Konstrukt aufzufassen. Diese Sichtweise ist beispielsweise bei einer Preisbereitschaft in H¨ohe von 10.000,00 Euro, die
6.2 Die Datenbereinigung
187
ein Proband angegeben hat, naheliegend. Die empirisch ermittelte Obergrenze von 540,00 Euro kann als Schwellenwert aufgefasst werden, ab dem mit ausreichender Wahrscheinlichkeit (wenn auch nicht mit Sicherheit) davon ausgegangen werden kann, dass Werte nicht das gemessene Konstrukt repr¨ asentieren, sondern den Versuch von Probanden, den BDM-Mechanismus zu u ufen. Somit k¨onnen Preisbereitschaften ¨berpr¨ oberhalb von 540,00 Euro als fehlerhaft aufgefasst werden. Zusammenfassend werden aufgrund dieser Interpretationen 180 Preisbereitschaften, die niedriger als 16,00 Euro sind und 110 Preisbereitschaften, die h¨oher als 540,00 Euro sind, als vermutlich fehlerhafte Angaben aufgefasst. Schritt 3: Die inferenzstatistische Pr¨ ufung der Ausreißer-Hypothese f¨ ur die vermutlich fehlerhaften Angaben Dem Walsh-Test zufolge stellen sowohl die 180 vermutlich fehlerhaften niedrigen Werte als auch die 110 vermutlich fehlerhaften hohen Werte Ausreißer dar (p < 0,01; das Signifikanzniveau des Walsh-Tests l¨ asst sich nur n¨ aherungsweise angeben538 ). Dieses Ergebnis ist unabh¨angig davon, ob die Preisbereitschaften wie oben anhand des arithmetischen Mittelwerts aufgeteilt und getrennte Tests durchgef¨ uhrt werden oder ob ein Test mit allen Preisbereitschaften durchgef¨ uhrt wird. Das Ergebnis der Datenbereinigung bei der Preisbereitschaft Insgesamt werden 290 bzw. 2,1 Prozent der 13.667 Angaben zur Preisbereitschaft als fehlerhafte Werte identifiziert und daher aus den nachfolgenden Analysen ausgeschlossen. Wie zu Beginn des Abschnitts erl¨ autert, stammen die 13.667 Angaben aus insgesamt 6.000 durchlaufenen Kaufsituationen. Bei der Beschreibung der Stichprobe in Abschnitt 6.1 wurde er¨ ortert, dass nicht alle durchlaufenen Kaufsituationen in die Hypothesenpr¨ ufung eingehen, sondern 3.882 Kaufsituationen, die zur Hypothesenpr¨ ufung in die experimentelle Anordnung aufgenommen und von den Probanden durch einen Kauf bei einem Anbieter beendet wurden. In Tabelle 6.4 wird die Verteilung der fehlerhaften Werte bei den 3.882 Kaufsituationen, die in die Hypothesenpr¨ ufung eingehen, dargestellt. Die Tabelle zeigt auch, dass bei diesen Kaufsituationen 190 fehlerhafte Werte vorliegen; 100 fehlerhafte Werte stammen demzufolge aus Kaufsituationen, die nicht in die Hypothesenpr¨ ufung eingehen. Die verbleibenden 190 fehlerhaften Werte sind dem χ2 -Test zufolge zuf¨allig u ¨ber die acht verschiedenen Kaufsituationen verteilt (p = 0,290).539 Tabelle 6.4: Absolute H¨ aufigkeiten fehlerfreier und fehlerhafter Angaben zur Preisbereitschaft bei hypothesenpr¨ ufungsrelevanten Kaufsituationen
Kaufsituation
Summe
111
121
211
221
112
122
212
222
Fehlerfreie Angaben
1.114
885
1.191
1.199
1.174
1.181
1.313
1.216
9.273
Fehlerhafte Angaben
19
26
23
25
16
26
33
22
190
1.133
911
1.214
1.224
1.190
1.207
1.346
1.238
9.463
Summe
538 539
Vgl. Walsh (1959), S. 224f.; Hawkins (1980), S. 83f. Vgl. zum χ2 -Test bspw. Bortz (2005), S. 172f.
188
6 Die Ergebnisse des Experiments
6.2.3 Die Datenbereinigung beim Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse Da das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse im Experiment genauso h¨aufig gemessen wird wie die Preisbereitschaft (siehe Abschnitt 5.3.2), liegen auch zu dieser Gr¨oße 13.667 Angaben vor.540 Die Spanne der Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse reicht von null bis 800 Preise.541 Der arithmetische Mittelwert liegt bei 19,0 Preisen, der Median bei 3,0 und die Standardabweichung bei 66,5. In Abbildung 6.2 werden die relativen H¨ aufigkeiten der Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse dargestellt. Dabei werden nur Werte bis 15 Preise ber¨ ucksichtigt, um die Verteilung im unteren Bereich erkennbar zu machen. Circa 92 Prozent der Werte liegen im dargestellten Intervall. Abbildung 6.2: Histogramm des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse vor der Datenbereinigung
Prozent der Angaben
30
20
10
0 0
5
10
15
Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (Anzahl der Preise)
Schritt 1: Die Identifikation potenzieller Ausreißer Die Anwendung der Tukey-Regel ergibt eine untere Grenze von -2,5 und eine obere Grenze von 14 Preisen. Aufgrund der unteren Grenze wird kein Wert als Ausreißer im linken Fl¨ ugel der Verteilung identifiziert. Die obere Grenze f¨ uhrt zur Identifikation von 1.112 Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse, die gr¨oßer als 14 und somit potenzielle Ausreißer im rechten Fl¨ ugel der Verteilung sind.
540
541
Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wird w¨ ahrend der Preissuche mittelbar gemessen, indem das Anspruchsniveau an den Umfang der zus¨ atzlichen Preiskenntnisse“ erhoben ” wird. Die Angaben der Probanden werden mit Gleichung 5.3 (S. 165) umgerechnet. Die Mengeneinheit kommt dadurch zustande, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse der Anzahl der Preise entspricht, deren Kenntnis Konsumenten anstreben. In der vorliegenden Untersuchung kommt diese der Anzahl der Anbieter gleich, die Konsumenten zu konsultieren anstreben.
6.2 Die Datenbereinigung
189
Schritt 2: Die Interpretation der potenziellen Ausreißer Die Anzahl der Anbieter stellt ein nat¨ urliches Maximum des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse dar, denn mehr Anbieter bzw. Preise als existieren k¨onnen nicht aufgesucht bzw. kennengelernt werden. Im Experiment betr¨agt die Anzahl der Anbieter h¨ochstens zehn (siehe Seite 169) und sie ist den Probanden bekannt, da sie ¨ bei den simulierten Kaufsituationen auf der Ubersichtsseite zu ersehen ist (siehe Abschnitt 5.2.3). Es kann zwar nicht unterstellt werden, dass die Probanden die Anzahl der Anbieter beachten. Dennoch sind Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse, die gr¨oßer als zehn sind, zu hinterfragen – und dies gilt umso mehr f¨ ur Werte, die u ¨ber der empirisch ermittelten Obergrenze von 14 Preisen liegen. Diese Obergrenze kann so aufgefasst werden, dass u oßten Anzahl der Anbieter von zehn ein Toleranzbe¨ber der gr¨ reich von vier Preisen liegt, in dem die Probanden zwar eine ihrer Ansicht nach korrekte Angabe gemacht haben, die Anzahl der Anbieter jedoch nur ungenau bedacht haben. Bei Werten, die oberhalb der empirisch ermittelten Obergrenze liegen, kann – spiegel¨ bildlich zu den Uberlegungen zur Datenbereinigung bei der Preisbereitschaft in Abschnitt 6.2.2 – vermutet werden, dass die Probanden die Frage nach dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse nicht genau gelesen und mit der Frage nach der Preisbereitschaft verwechselt haben. Dass bei der Preisbereitschaft deutlich weniger Werte als zu niedrig“ identifiziert werden als beim Anspruchsniveau an den Umfang der ” Preiskenntnisse als zu hoch“ (180 vs. 1.112 Angaben), kann daran liegen, dass im Ex” periment immer zuerst nach dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse und danach nach der Preisbereitschaft gefragt wird. Bei Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse ab 50 Preisen liegt die Interpretation, dass die Fragen verwechselt wurden, besonders nahe. Dies ist der Großteil der potenziellen Ausreißer: 1.099 Angaben liegen zwischen 50 und 800 Preisen, w¨ahrend 13 Angaben zwischen 15 und 49 Preisen liegen. Die Obergrenze von 14 Preisen kann als empirisch ermittelter Schwellenwert aufgefasst werden, ab dem die Wahrscheinlichkeit einer Verwechslung der Fragen ausreichend groß ist, um Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse als fehlerhaft aufzufassen. Schritt 3: Die inferenzstatistische Pr¨ ufung der Ausreißer-Hypothese f¨ ur die vermutlich fehlerhaften Angaben Dem Walsh-Test zufolge handelt es sich bei den 1.112 Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse, die gr¨ oßer als 14 sind, um Ausreißer (p < 0,01). Der nichtparametrische Walsh-Test wird hier verwendet, da das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse dem Schiefe-Kurtosis-Test zufolge nicht normalverteilt ist (p = 0,000). Das Ergebnis der Datenbereinigung beim Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse Aufgrund der obigen Analysen werden 1.112 bzw. 8,1 Prozent der 13.667 Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als fehlerhafte Werte identifiziert und daher bei den nachfolgenden Auswertungen nicht ber¨ ucksichtigt. In Tabelle 6.5 wird die Verteilung der fehlerhaften Werte bei den 3.882 Kaufsituationen, die in die Hypothesenpr¨ ufung eingehen, dargestellt. Insgesamt handelt es sich um 785 fehlerhafte Werte, w¨ahrend 327 fehlerhafte Werte aus Kaufsituationen stammen, die nicht in die Hypothesenpr¨ ufung eingehen. Die 785 verbleibenden fehlerhaften Werte sind dem χ2 Test zufolge zuf¨allig u ¨ber die acht verschiedenen Kaufsituationen verteilt (p = 0,136).
190
6 Die Ergebnisse des Experiments
Tabelle 6.5: Absolute H¨ aufigkeiten fehlerfreier und fehlerhafter Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bei hypothesenpr¨ ufungsrelevanten Kaufsituationen
Kaufsituation
Fehlerfreie Angaben Fehlerhafte Angaben Summe
Summe
111
121
211
221
112
122
212
222
1.046
824
1.114
1.100
1.107
1.112
1.236
1.139
8.678
87
87
100
124
83
95
110
99
785
1.133
911
1.214
1.224
1.190
1.207
1.346
1.238
9.463
6.3 Die G¨ ute der experimentellen Manipulationen und der Messinstrumente Bevor die Ergebnisse des Experiments dargestellt werden, wird die G¨ ute der Datenerhebung gepr¨ uft, da die Interpretierbarkeit der Ergebnisse von ihr abh¨angt. Die G¨ ute der Datenerhebung bezieht sich insbesondere darauf, • ob die systematisch variierten (unabh¨ angigen) Gr¨ oßen erfolgreich manipuliert werden und • ob die nicht manipulierten (unabh¨ angigen und abh¨ angigen) Gr¨oßen valide und reliabel gemessen werden.542 Bei der folgenden Pr¨ ufung dieser Aspekte werden nicht nur Daten herangezogen, die im eigentlichen Experiment (in diesem Abschnitt wird es als Hauptexperiment“ bezeich” net) erhoben werden, sondern auch Daten aus einem Vorexperiment, das als Pretest durchgef¨ uhrt wird.543 In Abschnitt 6.3.1 wird das Vorexperiment charakterisiert, indem sein Aufbau, die Stichprobe und die Datenbereinigung beschrieben werden. Danach wird in Abschnitt 6.3.2 auf die G¨ ute der experimentellen Manipulationen eingegangen und in Abschnitt 6.3.3 wird die G¨ ute der Messinstrumente gepr¨ uft. Es werden durchg¨angig nichtparametrische Tests verwendet, da die meisten Variablen nicht normalverteilt sind (p < 0,1).544 6.3.1 Das Vorexperiment Das Vorexperiment entspricht – hinsichtlich Ablauf, Operationalisierungen und experimentellen Bedingungen – weitgehend dem Hauptexperiment, um die Wahrscheinlichkeit zu erh¨ohen, dass die Ergebnisse u onnen.545 Es bestehen allerdings ¨bertragen werden k¨ die folgenden Unterschiede: • Die Instruktion und die Entlohnung der Probanden unterscheiden sich von denen beim Hauptexperiment dadurch, dass die Dauer des Experiments nicht mit circa 20, sondern 15 Minuten angegeben wird und dass nicht 15, sondern f¨ unf Einkaufsgutscheine verlost werden. • Die Probanden durchlaufen nicht wie beim Hauptexperiment zw¨olf, sondern sieben 542 543 544 545
Vgl. bspw. Koschate (2008), S. 112. Vgl. bspw. Perdue, Barbara C./Summers, John O. (1986): Checking the Success of Manipulations in Marketing Experiments, in: Journal of Marketing Research, Vol. 23 No. 4, S. 317–326, hier: S. 319. Wegen der großen Anzahl von Variablen werden die Ergebnisse der Tests auf Normalverteilung im Folgenden nicht angegeben. Siehe Fußnote 532 auf S. 183 zu den verwendeten Tests. Vgl. bspw. a. a. O.
6.3 Die G¨ ute der Manipulationen und der Messinstrumente
191
Kaufsituationen. Diese Anzahl ist f¨ ur die G¨ utepr¨ ufungen ausreichend. • Die Reihenfolge der Kaufsituationen wird nicht wie beim Hauptexperiment variiert, da dies f¨ ur die G¨ utepr¨ ufungen nicht erforderlich ist. • Den Probanden werden beim Durchlaufen der Kaufsituationen Fragen gestellt, die den G¨ utepr¨ ufungen zugrunde liegen und auf deren Formulierung unten eingegangen wird. Die Reihenfolge der Kaufsituationen, die die Probanden im Vorexperiment durchlaufen, wird in Tabelle 6.6 dargestellt. Die Bezeichnungen und Vorgehensweise entsprechen denen beim Hauptexperiment: • Die Kaufsituationen werden mit Dreier-Zahlenkombinationen gekennzeichnet, die f¨ ur die ordinalen Auspr¨ agungen des Wert¨ aquivalents, der Grenzsuchkosten und der Anzahl der Anbieter stehen. • Die von den Anbietern geforderten Preise gleichen denen beim Hauptexperiment. • Zwei Kaufsituationen werden dupliziert, um die Glaubw¨ urdigkeit des BDM-Mechanismus zu erh¨ohen und um Reliabilit¨ atspr¨ ufungen durchf¨ uhren zu k¨onnen. Tabelle 6.6: Die Reihenfolge der simulierten Kaufsituationen im Vorexperiment
Position der Kaufsituation
Kaufsituation
1 (4)
2
3
4
5 (7)
6
7
121
111
112
121
212
222
212
In Klammern wird ggf. angegeben, welche Position dupliziert wird.
Das Vorexperiment wurde am 26. und 27. Oktober 2009 durchgef¨ uhrt. Um Teilnehmer zu gewinnen, wurde eine Stichprobe von 50 Personen aus dem gleichen Panel wie beim ¨ Hauptexperiment gezogen. Dabei gibt es keine Uberschneidungen: Probanden konnten nur in eine der beiden Stichproben gelangen. Die Verteilung soziodemografischer und -¨okonomischer Merkmale ¨ ahnelt der beim Hauptexperiment. Jeder der 50 Probanden hat alle sieben Kaufsituationen durchlaufen, sodass insgesamt 350 Kaufsituationen f¨ ur die G¨ utepr¨ ufungen zur Verf¨ ugung stehen. F¨ ur die G¨ utepr¨ ufungen ist dabei nicht entscheidend, ob eine Kaufsituation mit einem Kauf beendet wird. Die Probanden f¨ uhrten durchschnittlich 1,2 Probel¨ aufe durch und ben¨otigten f¨ ur die Teilnahme am Experiment durchschnittlich 15,3 Minuten. Um die Daten zu bereinigen, wird wie beim Hauptexperiment vorgegangen. Insgesamt haben die Probanden jeweils 977 Angaben zur Preisbereitschaft und zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse gemacht. Darunter sind 350 Angaben zur Auspr¨agung der Konstrukte zu Beginn der Suche und 627 Angaben zur Auspr¨agung der Konstrukte w¨ahrend der Suche. Bei der Preisbereitschaft wird keine Angabe als fehlerhaft identifiziert. Beim Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse werden mit der Tukey-Regel 53 potenzielle Ausreißer identifiziert, die gr¨oßer als 11 sind. Diese auff¨ allig hohen Angaben sind wie beim Hauptexperiment vermutlich auf eine Verwechslung der Fragen zur¨ uckzuf¨ uhren und auch dem Walsh-Test zufolge Ausreißer (p < 0,05). Somit werden 53 Werte bzw. 5,4 Prozent der 977 Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bei den folgenden Auswertungen nicht ber¨ ucksichtigt. 6.3.2 Die G¨ ute der experimentellen Manipulationen Die folgenden Gr¨oßen werden in Haupt- und Vorexperiment manipuliert (siehe Seite 168):
192
6 Die Ergebnisse des Experiments
• Das Wert¨aquivalent, • die Grenzsuchkosten, • die Anzahl der Anbieter und • die Preisforderungen der Anbieter. Bei diesen Gr¨oßen ist zu pr¨ ufen, ob ihre Auspr¨ agungen in den Experimenten verschieden genug sind, um von den Probanden als unterschiedlich beurteilt zu werden. Nur wenn dies der Fall ist, k¨onnen Hypothesen, in die diese Gr¨oßen als unabh¨angige Variablen eingehen, u uft werden.546 W¨ urden die Probanden beispielsweise ein Wert¨aquiva¨berpr¨ lent von 100,00 Euro und ein Wert¨ aquivalent von 400,00 Euro nicht als unterschiedlich beurteilen, k¨onnte anhand dieser Auspr¨ agungen H4, derzufolge sich das Wert¨aquivalent auf die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche auswirkt, nicht u uft werden: ¨berpr¨ Wenn die Hypothese verworfen w¨ urde, k¨ onnte sie dennoch zutreffen, wenn die Streuung des Wert¨aquivalents gr¨ oßer w¨ are; wenn die Hypothese nicht verworfen w¨ urde, w¨are es problematisch, von einem kausalen Zusammenhang auszugehen. Die Auspr¨agungen der genannten Gr¨oßen sollten also m¨ oglichst verschieden sein. Gleichzeitig sollten keine unrealistisch hohen oder niedrigen Werte vorgegeben werden, um die externe Validit¨at des Hauptexperiments nicht zu gef¨ ahrden.547 Somit ist zu pr¨ ufen, ob die hier vorgegebenen Werte verschieden genug sind, um von den Probanden als unterschiedlich beurteilt zu werden. Dar¨ uber hinaus dient die Pr¨ ufung der wahrgenommenen Unterschiedlichkeit der Auspr¨agungen des Wert¨ aquivalents und der Grenzsuchkosten dazu, zu ermitteln, ob die bei den Probanden induzierte Zielfunktion 5.1 (siehe Seite 147) salient ist: W¨ urden die Probanden die verschiedenen Auspr¨ agungen des Wert¨aquivalents und der Grenzsuchkosten nicht als unterschiedlich beurteilen, k¨ onnte dies darauf zur¨ uckzuf¨ uhren sein, dass sie die Zielfunktion ignorieren, denn die Zielfunktion dient insbesondere dazu, den Probanden die H¨ohe des Wert¨ aquivalents und der Grenzsuchkosten vorzugeben. Wenn die Probanden die Zielfunktion ignorieren w¨ urden, w¨ are diese Vorgabe nicht erfolgreich und Hypothesen, in die das Wert¨ aquivalent und die Grenzsuchkosten eingehen, k¨onnten nicht u uft werden. Wenn die Probanden die Auspr¨ agungen des Wert¨aquivalents und der ¨berpr¨ Grenzsuchkosten hingegen als unterschiedlich beurteilen, ist dies ein Indiz daf¨ ur, dass die Vorgabe dieser Gr¨ oßen erfolgreich und die Zielfunktion salient ist. ¨ Uber die oben genannten vier Gr¨ oßen hinaus ist zu pr¨ ufen, inwieweit die Probanden die bei den simulierten Kaufsituationen zu erwerbenden Produkte als ¨ahnlich ansehen. Dies ist erforderlich, da bei zwei unabh¨ angigen Gr¨ oßen auf die Erfahrungen beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts abgestellt wird: bei der vorhergehenden Preisbereitschaft und dem vorhergehenden Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse. Diese Gr¨oßen k¨ onnen sich dem Modell zufolge auf die Preisbereitschaft bzw. das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn einer neuen Suche auswirken (H5 bzw. H9). In Abschnitt 6.3.2.1 wird dargestellt, wie die G¨ ute der experimentellen Manipulationen gepr¨ uft wird. Danach werden die Ergebnisse er¨ ortert, wobei zuerst auf das Vorexperiment (6.3.2.2) und dann auf das Hauptexperiment (6.3.2.3) eingegangen wird. 546
547
Vgl. bspw. Perdue/Summers (1986), S. 321. Es d¨ urfte nicht notwendig sein, dar¨ uber hinaus die Konstruktvalidit¨ at der Gr¨ oßen zu u ufen und Konfundierungstests durchzuf¨ uhren, zumal es sich um ¨berpr¨ direkte Manipulationen der Konstrukte handelt, die gr¨ oßtenteils unter Ceteris-Paribus-Bedingungen vorgenommen werden. Vgl. a. a. O., S. 317f. Vgl. auch Nunnally, Jum C./Bernstein, Ira H. (1994): Psychometric Theory, 3rd Edition, New York, S. 131.
6.3 Die G¨ ute der Manipulationen und der Messinstrumente
193
6.3.2.1 Die Vorgehensweise Um die G¨ ute der experimentellen Manipulationen zu pr¨ ufen, wird die Zustimmung der Probanden zu f¨ unf Aussagen erhoben. Jede Aussage bezieht sich auf eine manipulierte Gr¨oße, wie in Tabelle 6.7 dargestellt.548 Die Zustimmung der Probanden wird auf einer siebenstufigen Skala mit den Endpunkten Stimme u ¨berhaupt nicht zu“ und Stimme ” ” voll und ganz zu“ erhoben. Die Abstufungen werden mit Ziffern von 1 bis 7 gekennzeichnet; nur die Endpunkte werden verbal erl¨ autert. Die einleitende Frage lautet jeweils Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage zu?“ Die Aussagen werden innerhalb von ” Kaufsituationen vorgelegt, zus¨ atzlich zu den Fragen, die zur Messung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse dienen (zu diesen Fragen siehe Abschnitt 5.3.2 und das Beispiel im Anhang der Untersuchung). Tabelle 6.7: Die zur Manipulationspr¨ ufung verwendeten Aussagen
Manipulierte Gr¨oße
Aussage
Platzierung der Aussage
Wert¨aquivalent
In dieser Kaufsituation hat das ge” suchte Produkt einen hohen Wert.“
Vor der Offenlegung des ersten Preises
Grenzsuchkosten
In dieser Kaufsituation sind die Kos” ten pro Anfrage hoch.“
Vor der Offenlegung des ersten Preises
Anzahl der Anbieter
In dieser Kaufsituation wird das ge” suchte Produkt von vielen Anbietern angeboten.“
Vor der Offenlegung des ersten Preises
Preisforderungen der Anbieter
Die Preise, die ich in dieser Kaufsi” tuation bisher gesehen habe, unterscheiden sich.“
Nach der Offenlegung des zweiten Preises
¨ Ahnlichkeit der Produkte
Ich sehe die Produkte, die bisher in ” den verschiedenen Kaufsituationen angeboten wurden, als ¨ahnlich an.“
Vor der Offenlegung des ersten Preises
Die Aussagen werden innerhalb von Kaufsituationen vorgelegt, um die Manipulationspr¨ ufungen unter Umst¨ anden durchzuf¨ uhren, die den Umst¨anden entsprechen, unter denen die Hypothesenpr¨ ufungen durchgef¨ uhrt werden. Alle Aussagen bis auf eine werden unmittelbar nach dem Beginn einer Kaufsituation vorgelegt, also bevor die Probanden erfahren, welchen Preis der erste Anbieter fordert. Die Aussage zu den Preisforderungen der Anbieter wird erst nach der Offenlegung des zweiten Preises vorgelegt, da mit ihr erfasst werden soll, wie die Probanden die Unterschiedlichkeit von Preisen innerhalb einer Kaufsituation beurteilen. Die Aussage wird nicht noch sp¨ater vorgelegt, zumal mit der Dauer einer Kaufsituation die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Probanden die Kaufsituation beenden. Die Platzierungen der Aussagen sind so gew¨ahlt, dass die Probanden unmittelbar nach der Manipulation befragt werden.549 6.3.2.2 Die G¨ ute der Manipulationen im Vorexperiment Im Vorexperiment werden die ersten vier Aussagen, die in Tabelle 6.7 aufgef¨ uhrt sind, den Probanden in jeweils zwei Kaufsituationen vorgelegt, bei denen sich die betreffende manipulierte Gr¨oße unterscheidet. Die Zustimmung der Probanden zu den Aussagen bei den zwei Kaufsituationen wird verglichen, um zu beurteilen, ob die experimentelle 548 549
Urbany (1986), S. 263f. verwendet sinngem¨ aß ¨ ahnliche Aussagen. Dies empfehlen bspw. Perdue/Summers (1986), S. 319.
194
6 Die Ergebnisse des Experiments
¨ Manipulation erfolgreich ist. Die Aussage zur Ahnlichkeit der Produkte wird nur einmal vorgelegt, da in diesem Fall kein Vergleich zwischen Auspr¨agungen einer manipulierten Gr¨oße erforderlich ist. Die Ergebnisse werden in Tabelle 6.8 dargestellt. Tabelle 6.8: Die G¨ ute der experimentellen Manipulationen im Vorexperiment
Kaufsituation und Statistik
Zustimmung zu der Aussage hinsichtlich des Wert¨aquivalents
der Grenzsuchkosten
der Anzahl der Anbieter
der Preisforderungen der Anbieter
der ¨ Ahnlichkeit der Produkte
111
x ¯ x(0,5) sd
– – –
2,920 3 1,510
3,940 4 1,406
– – –
– – –
112
x ¯ x(0,5) sd
3,200 3 1,212
– – –
6,200 7 1,552
3,000 2 2,154
– – –
121
x ¯ x(0,5) sd
– – –
6,140 7 1,539
– – –
5,692 6 1,289
– – –
212
x ¯ x(0,5) sd
5,780 6 1,055
– – –
– – –
– – –
4,960 5 1,324
p
0,000
0,000
0,000
0,000
0,000
n
50
50
50
26
50
Mit: x ¯: Arithmetischer Mittelwert; x(0,5) : Median; sd: Standardabweichung; p: Signifikanz des ¨ Unterschieds der zentralen Tendenz der zwei Messungen bzw. bei der Ahnlichkeit der Produkte: Signifikanz des Unterschieds zwischen der zentralen Tendenz und dem mittleren Skalenpunkt; n: Stichprobengr¨ oße.
Tabelle 6.8 ist wie folgt zu interpretieren: • Beim Wert¨aquivalent, den Grenzsuchkosten und der Anzahl der Anbieter werden im Experiment jeweils zwei Auspr¨ agungen ( niedrig“ und hoch“) vorgegeben. Die ” ” Aussage, die sich auf die jeweilige Gr¨ oße bezieht, wird den Probanden zu Beginn von zwei Kaufsituationen vorgelegt, die sich nur durch die Auspr¨agung der Gr¨oße unterscheiden. Dem Wilcoxon-Vorzeichenrangtest f¨ ur verbundene Stichproben zufolge ist die experimentelle Manipulation dieser drei Gr¨ oßen erfolgreich: In allen drei F¨allen ist die Zustimmung zu der Aussage bei der hohen Auspr¨agung der manipulierten Gr¨oße signifikant gr¨ oßer als bei der niedrigen Auspr¨agung.550 • Die Aussage zu den Preisforderungen der Anbieter wird nach der Offenlegung des zweiten Preises in den Kaufsituationen 112 und 121 vorgelegt, wenn die Probanden ihre Preissuche nicht vorher beenden.551 Bei Kaufsituation 112 sind die ersten zwei Preise identisch (jeweils 90,00 Euro, siehe Seite 174), w¨ahrend sich die ersten zwei 550
551
Vgl. zum verwendeten Test bspw. B¨ uning/Trenkler (1994), S. 171-174; Bortz (2005), S. 153f. Alle bei den Manipulationspr¨ ufungen im Vorexperiment berichteten Signifikanzniveaus ergeben sich auch, wenn statt dem Wilcoxon-Vorzeichenrangtest der Vorzeichentest verwendet wird, der simpler ist, aber weniger Informationen ber¨ ucksichtigt. Vgl. bspw. B¨ uning/Trenkler (1994), S. 167-170. 24 der 50 Probanden haben ihre Preissuche bei mindestens einer der zwei Kaufsituationen beendet, bevor die Aussage vorgelegt wurde. Es ist zwar nicht auszuschließen, jedoch auch nicht davon auszugehen, dass die Manipulationspr¨ ufung durch das Fehlen von Angaben dieser Probanden verzerrt wird.
6.3 Die G¨ ute der Manipulationen und der Messinstrumente
195
Preise bei Kaufsituation 121 unterscheiden (90,00 und 110,00 Euro). Dem WilcoxonVorzeichenrangtest zufolge ist die Zustimmung zu der Aussage bei identischen Preisen signifikant geringer als bei verschiedenen Preisen. ¨ • Hinsichtlich der Ahnlichkeit der Produkte ist zu pr¨ ufen, ob die Zustimmung der Probanden zu der Aussage gr¨ oßer ist als der mittlere Skalenpunkt in H¨ohe von vier, der ¨ Unentschlossenheit bez¨ uglich der Ahnlichkeit abbildet. Dem Wilcoxon-Vorzeichenrangtest zufolge ist dies der Fall: Der Median der Zustimmung ist signifikant gr¨oßer als vier; er ist allerdings signifikant kleiner als sechs (p = 0,000).552 Daraus l¨asst sich schließen, dass die Probanden die Produkte, die in den verschiedenen Kaufsituationen angeboten werden, eher als ¨ ahnlich ansehen, wenn auch nicht als sehr oder voll und ganz ¨ahnlich. Diese Vergleiche zeigen, dass die experimentellen Manipulationen im Vorexperiment erfolgreich sind. 6.3.2.3 Die G¨ ute der Manipulationen im Hauptexperiment Bei den Manipulationspr¨ ufungen im Hauptexperiment wird ¨ahnlich vorgegangen, allerdings werden den Probanden alle Aussagen nur bei einer Kaufsituation vorgelegt. Dabei handelt es sich um die zuletzt durchlaufene Kaufsituation, die nicht zur Hypothesenpr¨ ufung, sondern nur f¨ ur G¨ utepr¨ ufungen dient.553 Da die Reihenfolge der Kaufsituationen beim Hauptexperiment variiert (siehe Seite 172), werden die Aussagen den Probanden bei verschiedenen Kaufsituationen vorgelegt. Dies erm¨ oglicht Vergleiche zwischen Kaufsituationen mit verschiedenen Auspr¨ agungen der manipulierten Gr¨oßen. Die mittleren Zustimmungswerte und ihre Standardabweichungen werden in Tabelle 6.9 dargestellt.554 In diesem Fall ist es zur Durchf¨ uhrung von Vergleichen erforderlich, die Kaufsituationen mit identischen Auspr¨ agungen der manipulierten Gr¨ oßen zusammenzufassen. Beispielsweise sind f¨ ur Vergleiche hinsichtlich des Wert¨ aquivalents alle Kaufsituationen, bei deren Bezeichnung die erste Ziffer eine 1 ist ( niedriges“ Wert¨ aquivalent) und alle Kaufsitua” tionen, bei deren Bezeichnung die erste Ziffer eine 2 ist ( hohes“ Wert¨aquivalent), in ” jeweils eine Gruppe zusammenzufassen. Die Manipulationspr¨ ufung besteht im Vergleich ¨ zwischen den zwei Gruppen. Die Preisforderungen der Anbieter und die Ahnlichkeit der Produkte sind Sonderf¨ alle, auf die unten eingegangen wird. Die Ergebnisse zu den drei anderen manipulierten Gr¨ oßen werden in Tabelle 6.10 wiedergegeben. Tabelle 6.10 zeigt, dass die experimentellen Manipulationen erfolgreich sind: Die Unterschiede der mittleren Zustimmungswerte haben das erwartete Vorzeichen und sind dem Wilcoxon-Rangsummentest zufolge signifikant.555 Die Manipulationspr¨ ufung zu den Preisforderungen der Anbieter ist ein Sonderfall, denn 552
553 554
555
In diesem Fall handelt es sich um den Test f¨ ur eine Stichprobe, der eine Variante des oben verwendeten Tests f¨ ur verbundene Stichproben darstellt. Vgl. B¨ uning/Trenkler (1994), S. 96-102. Der einfachere Vorzeichentest f¨ ur eine Stichprobe f¨ uhrt zum gleichen Ergebnis. Vgl. a. a. O., S. 92-96. Vgl. Perdue/Summers (1986), S. 320f. zu grundlegenden M¨ oglichkeiten und Problemen der Durchf¨ uhrung von Manipulationspr¨ ufungen innerhalb eines Hauptexperiments. Die Stichprobengr¨ oßen in Tabelle 6.9 kommen dadurch zustande, dass 19 der 500 Probanden die letzte Kaufsituation abgebrochen haben, bevor die Aussagen vorgelegt wurden. Weitere 271 Probanden haben die letzte Kaufsituation beendet, bevor die Aussage zu den Preisforderungen der Anbieter vorgelegt wurde. Der st¨ arkere Wilcoxon-Vorzeichenrangtest f¨ ur verbundene Stichproben, der beim Vorexperiment genutzt wird, kann hier nicht verwendet werden (dies gilt auch f¨ ur den Vorzeichentest), denn im Hauptexperiment wird die Zustimmung der Probanden nur bei einer Kaufsituation erhoben und daher sind Between-Subjects-Vergleiche erforderlich.
196
6 Die Ergebnisse des Experiments
Tabelle 6.9: Die Zustimmung zu den Aussagen hinsichtlich der experimentellen Manipulationen im Hauptexperiment
Kaufsituation und Statistik
Zustimmung zu der Aussage hinsichtlich des Wert¨aquivalents
der Grenzsuchkosten
der Anzahl der Anbieter
der Preisforderungen der Anbieter
der ¨ Ahnlichkeit der Produkte
111
x ¯ x(0,5) sd
3,712 4 1,630
4,085 4 1,841
3,780 4 1,463
5,136 5,5 1,807
4,881 5 1,475
112
x ¯ x(0,5) sd
3,656 3 1,566
3,953 4 1,656
5,203 5 1,335
1,609 1 1,196
4,953 5 1,547
121
x ¯ x(0,5) sd
3,543 3,5 1,431
5,771 6 1,571
4,500 5 1,411
6,000 6,5 1,462
4,871 5 1,493
122
x ¯ x(0,5) sd
3,453 3 1,367
5,811 6 1,401
5,472 5 1,422
5,415 6 1,612
5,472 6 1,203
211
x ¯ x(0,5) sd
5,705 6 1,202
3,623 4 1,976
4,492 4 1,545
6,412 7 0,821
4,869 5 1,544
212
x ¯ x(0,5) sd
5,537 6 1,161
4,222 4 1,959
5,685 6 1,412
5,852 6 1,406
5,019 5 1,281
221
x ¯ x(0,5) sd
5,390 5 1,145
5,492 6 1,644
4,407 4 1,577
5,316 5 1,493
4,983 5 1,371
222
x ¯ x(0,5) sd
5,574 6 1,231
5,885 6 1,279
5,869 6 1,297
5,286 5,5 1,684
4,967 5 1,426
481
481
481
210
481
n
Tabelle 6.10: Die G¨ ute von drei experimentellen Manipulationen im Hauptexperiment
Ordinale Auspr¨agung der unabh¨angigen Gr¨oße und Statistik
Zustimmung zu der Aussage hinsichtlich des Wert¨aquivalents
der Grenzsuchkosten
der Anzahl der Anbieter
Niedrig
x ¯ x(0,5) sd
3,593 4 1,497
3,962 4 1,859
4,305 4 1,517
Hoch
x ¯ x(0,5) sd
5,553 6 1,184
5,741 6 1,484
5,552 6 1,379
p
0,000
0,000
0,000
n
481
481
481
6.3 Die G¨ ute der Manipulationen und der Messinstrumente
197
die Unterschiedlichkeit der ersten zwei Preise variiert im Hauptexperiment nicht nur auf zwei, sondern auf sieben Stufen (siehe Seite 174). F¨ ur die Manipulationspr¨ ufung wird daher der Zusammenhang zwischen der Unterschiedlichkeit der Preise und der Beurteilung ihrer Unterschiedlichkeit durch die Probanden bestimmt. Die Spearman-Rangkorrelation zwischen der Standardabweichung oder Spanne der Preise und der Zustimmung zu der Aussage zu ihrer Unterschiedlichkeit betr¨ agt 0,379 und ist signifikant von null verschieden (p = 0,000).556 Die Probanden beurteilen die Preise demnach umso eher als unterschiedlich, je unterschiedlicher die Preise sind. ¨ Hinsichtlich der Ahnlichkeit der Produkte wird die Zustimmung zu der entsprechenden Aussage mit dem mittleren Skalenpunkt in H¨ ohe von vier verglichen, zumal eine Zustimmung u ur spricht, dass die Probanden die Produkte ¨ber dem mittleren Skalenpunkt daf¨ als ¨ahnlich ansehen. Dabei sind die acht in Tabelle 6.9 ausgewiesenen Zustimmungswerte bei den einzelnen Kaufsituationen zusammenzufassen, da das Gesamturteil der Probanden maßgeblich ist (eine getrennte Auswertung f¨ uhrt nicht zu einem anderen Ergebnis). Der arithmetische Mittelwert der Zustimmung in den acht Kaufsituationen betr¨agt 4,992, der Median liegt bei f¨ unf und die Standardabweichung bei 1,430. Dem Wilcoxon-Vorzeichenrangtest zufolge ist der Median der Zustimmung signifikant gr¨oßer als vier; er ist jedoch signifikant kleiner als sechs (jeweils p = 0,000).557 Dies spricht daf¨ ur, dass die Probanden die Produkte eher als ¨ ahnlich ansehen, wiewohl nicht als sehr oder voll und ganz ¨ahnlich. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die experimentellen Manipulationen den hier durchgef¨ uhrten Tests zufolge erfolgreich sind. Die Manipulationen k¨onnen somit im Sinne der Hypothesenpr¨ ufung interpretiert werden. 6.3.3 Die G¨ ute der Messinstrumente Die folgenden Gr¨oßen werden w¨ ahrend des Experiments beobachtet bzw. gemessen (siehe Seite 168): • Die Intensit¨at der Preissuche, • die Anzahl der Preise, die w¨ ahrend der Suche bislang identifiziert wurden, • die Preisbereitschaft und • das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse. Die ersten zwei Gr¨oßen werden im Experiment beobachtet, indem das Verhalten der Probanden per Computer aufgezeichnet wird. Abgesehen von m¨oglichen technischen Unregelm¨aßigkeiten bei der Aufzeichnung ist von objektiven, validen und reliablen Messungen auszugehen.558 Technische Unregelm¨ aßigkeiten wurden im Vorexperiment und bei anderen Tests der Experimentalplattform nicht beobachtet. Die G¨ ute der Messung der Suchintensit¨at und die G¨ ute der Messung der Anzahl der Preise, die w¨ahrend der Suche bislang identifiziert wurden, m¨ ussen daher nicht weiter u uft werden. ¨berpr¨ Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse sind hingegen nichtbeobachtbare Konstrukte, die w¨ ahrend des Experiments gemessen werden. Im Folgenden werden Validit¨ at und Reliabilit¨ at der Messung dieser zwei Konstrukte gepr¨ uft. Objektivit¨at muss nicht gepr¨ uft werden, zumal sie dadurch gew¨ahrleistet ist, dass 556 557 558
Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 232-234 zur Berechnung der Korrelation. Die in diesem Absatz berichteten Signifikanzniveaus ergeben sich auch, wenn statt dem WilcoxonVorzeichenrangtest der Vorzeichentest verwendet wird. Vgl. zu den grundlegenden Anforderungen an Messinstrumente und verschiedenen Validit¨ ats- und Reliabilit¨ atskonzepten bspw. Diekmann (2008), S. 247-261; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 149-166.
198
6 Die Ergebnisse des Experiments
die Messbedingungen eindeutig festgelegt sind und dass die Auswertung und Interpretation der Messungen auf Zahlenwerte abstellen und somit kein subjektives Element enthalten. Die Ausf¨ uhrungen sind wie folgt aufgebaut: In Abschnitt 6.3.3.1 wird dargestellt, welche Formen der Validit¨at und der Reliabilit¨ at gepr¨ uft und welche Mindestanforderungen gestellt werden. Danach wird die G¨ ute der Messinstrumente im Vorexperiment behandelt (6.3.3.2), bevor auf das Hauptexperiment eingegangen wird (6.3.3.3). In Abschnitt 6.3.3.4 werden die Ergebnisse der G¨ utepr¨ ufungen zusammengefasst. 6.3.3.1 Die G¨ utekriterien Hinsichtlich der Validit¨ at werden im Folgenden • die Face-Validit¨at und ¨ • die Ubereinstimmungsvalidit¨ at betrachtet. Die Face-Validit¨ at ist eine vereinfachte Form der Inhaltsvalidit¨at und stellt darauf ab, ob ein Instrument plausible Messungen liefert.559 Um dies quantitativ zu bestimmen, kann beispielsweise gepr¨ uft werden, inwieweit die gemessenen Auspr¨agungen der interessierenden Gr¨ oße A zu den gemessenen Auspr¨agungen einer Gr¨oße B, die ¨ Plausibilit¨ats¨ uberlegungen zufolge mit A zusammenh¨ angt, passen. Ubereinstimmungsvalidit¨ at als Form der Kriteriumsvalidit¨ at liegt vor, wenn ein zeitgleich beobachtetes (oder mit einem anderen Instrument erfasstes) Außenkriterium C, das von der interessierenden Gr¨oße A abh¨angt, durch die gemessene Auspr¨ agung von A erkl¨art werden kann.560 ¨ Ubereinstimmungsvalidit¨ at ist ein st¨ arkeres Konzept als Face-Validit¨at, da sie auf einer weniger subjektiven Grundlage basiert und erfordert, dass das Außenkriterium C nicht mit dem gleichen Instrument erfasst wird wie die interessierende Gr¨oße A. ¨ Face- und Ubereinstimmungsvalidit¨ at werden im Folgenden anhand von Korrelationskoeffizienten beurteilt. Eine signifikante Korrelation ab 0,3 wird als ausreichend angesehen.561 Die Konstruktvalidit¨ at als u ¨ber die Inhalts- und Kriteriumsvalidit¨at hinausgehendes drittes Validit¨atskonzept wird in diesem Abschnitt nicht gepr¨ uft.562 Stattdessen l¨asst sich die Hypothesenpr¨ ufung in Abschnitt 6.4 als Pr¨ ufung der nomologischen Validit¨at (die eine Form der Konstruktvalidit¨ at ist) auffassen, zumal bei der Hypothesenpr¨ ufung ermittelt wird, inwieweit sich das theoretisch hergeleitete Netz von Zusammenh¨angen, in die die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse eingehen, empirisch bew¨ ahrt.563 Als Form der Reliabilit¨ at wird im Folgenden die Test-Retest-Reliabilit¨ at gepr¨ uft. Diese bezieht sich darauf, inwieweit mehrfache, zeitversetzte Messungen unter identischen Bedingungen zu dem gleichen Ergebnis f¨ uhren.564 Ein Nachteil dieser Art der Reliabilit¨ atspr¨ ufung besteht darin, dass die Reliabilit¨at u ¨bersch¨atzt wird, wenn die Probanden sich bei einer sp¨ ateren Messung an ihre fr¨ uhere Angabe erinnern und versuchen, konsistent zu antworten.565 Hier ist dies jedoch unwahr559 560 561 562 563 564 565
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
bspw. Nunnally/Bernstein (1994), S. 109f.; Churchill/Iacobucci (2005), S. 293. bspw. Diekmann (2008), S. 258f.; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 155f. Nunnally/Bernstein (1994), S. 99f. bspw. Diekmann (2008), S. 258-261; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 156-166. bspw. Nunnally/Bernstein (1994), S. 90; Churchill/Iacobucci (2005), S. 294. bspw. Diekmann (2008), S. 250-252; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 151f. bspw. a. a. O., S. 151 sowie ¨ ahnlich Diekmann (2008), S. 252.
6.3 Die G¨ ute der Manipulationen und der Messinstrumente
199
scheinlich: Erstens in Anbetracht der großen Anzahl der Messungen und zweitens, da im Folgenden keine Messungen miteinander verglichen werden, die unmittelbar aufeinander oglich, dass die Reliabilit¨ at untersch¨atzt wird. Dies ist der Fall, folgen.566 Es ist auch m¨ wenn sich die gemessene Gr¨ oße von einer Messung zur n¨achsten ¨andert, wenn sie also oglichkeit wird unten eingegangen, wenn u ¨ber die Zeit hinweg instabil ist.567 Auf diese M¨ sie zur Beurteilung der Reliabilit¨ at wichtig ist. Wie die Validit¨at wird die Reliabilit¨ at im Folgenden anhand von Korrelationskoeffizienten beurteilt. Eine signifikante Korrelation ab 0,7 wird als ausreichend angesehen.568 Bei den G¨ utepr¨ ufungen werden keine Methoden angewendet, die auf einem Vergleich mehrerer Indikatoren eines Konstrukts basieren, zumal die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse in der vorliegenden Untersuchung als Skalare aufgefasst und daher mit einem einzelnen Indikator gemessen werden (siehe Abschnitt 5.3.4). Aufgrund der Schwierigkeit der Entwicklung ¨aquivalenter Messinstrumente werden auch keine Methoden angewendet, die auf einem Vergleich von Messungen eines Konstrukts mit mehreren Instrumenten basieren.569 6.3.3.2 Die G¨ ute der Messinstrumente im Vorexperiment In diesem Abschnitt wird auf die G¨ ute der Messinstrumente im Pretest eingegangen. Zun¨achst wird die Messung der Preisbereitschaft behandelt, danach die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse. Die G¨ ute der Messung der Preisbereitschaft Die Preisbereitschaft wird im Experiment mit dem BDM-Mechanismus gemessen (siehe Abschnitt 5.3.2.1). Vorliegenden empirischen Untersuchungen zufolge ist dieses Messinstrument zwar tendenziell valide und reliabel, eindeutig ist dieser Befund jedoch nicht.570 Aus diesem Grund wird im Folgenden gepr¨ uft, wie Validit¨at und Reliabilit¨at des BDMMechanismus bei der vorliegenden Untersuchung einzusch¨atzen sind. Im Vorexperiment wird die Face-Validit¨ at der Messung der Preisbereitschaft gepr¨ uft, indem die Zustimmung der Probanden zu folgender Aussage erhoben wird: 340,00 Euro ” w¨are ein akzeptabler Preis f¨ ur das Produkt.“571 Die Zustimmung der Probanden wird auf der gleichen siebenstufigen Skala wie bei den Manipulationspr¨ ufungen erfasst (siehe Seite 193). Die Aussage wird den Probanden zu Beginn der Suche – also bevor der erste Preis aufgedeckt wird – in Kaufsituation 222 vorgelegt; diese und die weiteren f¨ ur G¨ utepr¨ ufungen verwendeten Aussagen werden mithin innerhalb von Kaufsituationen 566 567 568
569 570 571
Vgl. Nunnally/Bernstein (1994), S. 255. Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 251f.; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 151f. Vgl. Nunnally/Bernstein (1994), S. 264f. Andere Autoren fordern mindestens 0,8. Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 253; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 153. Die in der Literatur genannten Mindestanforderungen beziehen sich allerdings im Allgemeinen nicht auf die Test-Retest-Reliabilit¨ at, sondern eher auf Maße der internen Konsistenz bei Verwendung mehrerer Indikatoren eines Konstrukts. Insofern d¨ urfte hier in Anbetracht der oben erw¨ ahnten m¨ oglichen Untersch¨ atzung der Reliabilit¨ at eine geringere Korrelation ausreichend sein. Vgl. zu entsprechenden Methoden der G¨ utepr¨ ufung und ihren Schwierigkeiten bspw. Diekmann (2008), S. 250-252, 260f.; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 152f., 158-166. Vgl. die in Fußnote 489 auf S. 161 genannten Quellen. In der methodisch orientierten Literatur wird vorgeschlagen, zur Pr¨ ufung der Face-Validit¨ at von Instrumenten zur Messung der Preisbereitschaft bspw. zu erfassen, wie sehr die Probanden das Produkt begehren. Vgl. Wertenbroch/Skiera (2002), S. 231f.; Ruprecht (2005), S. 150f.; Schreier/Werfer (2007), S. 33f. Da beim hier dargestellten Experiment die Preisbereitschaft f¨ ur imagin¨ are Produkte erhoben wird, sind diese und ¨ ahnliche Vorgehensweisen nicht anwendbar.
200
6 Die Ergebnisse des Experiments
vorgelegt, zus¨atzlich zu den Fragen, die zur Messung der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse dienen. Bei Kaufsituation 222 betr¨agt das Wert¨aquivalent 400,00 Euro; der in der Aussage genannte Vergleichspreis entspricht 85 Prozent des Wert¨aquivalents. Nachdem die Probanden ihre Zustimmung ge¨außert haben, wird zuerst das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse gemessen (f¨ ur die G¨ utepr¨ ufung zu diesem Konstrukt), bevor mit dem BDM-Mechanismus gemessen wird, wie hoch die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche ist.572 Von einer face-validen Messung der Preisbereitschaft w¨ are auszugehen, wenn die Zustimmung zu der Aussage umso gr¨ oßer w¨ are, je h¨ oher die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche ist.573 Dies ist nicht der Fall: Die Spearman-Rangkorrelation zwischen der Preisbereitschaft und der Zustimmung zu der Aussage betr¨ agt 0,087 und ist nicht signifikant von null verschieden (p = 0,547 bei n = 50). Diese Beobachtung weckt zwar Zweifel an der Face-Validit¨at des BDM-Mechanismus. Sie ist jedoch vermutlich darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass die meisten Zustimmungswerte im oberen Bereich liegen: Nur sechs der 50 Probanden ¨außern eine Zustimmung unterhalb des mittleren Skalenwerts in H¨ohe von vier (¯ x = 5,680, x(0,5) = 6, sd = 1,596). Mit anderen Worten beurteilen die meisten Probanden den Vergleichspreis von 340,00 Euro als akzeptabel, was zu einer geringen Streuung und dadurch zu einem flachen Verlauf der Korrelationsgeraden f¨ uhrt.574 Im Hauptexperiment wird die Face-Validit¨ atspr¨ ufung daher leicht abgewandelt, indem ein h¨oherer Vergleichspreis verwendet wird. ¨ Um die Ubereinstimmungsvalidit¨ at zu bestimmen, wird gepr¨ uft, ob zwischen dem Preis, den die Probanden in den Kaufsituationen zahlen und der gemessenen Preisbereitschaft ein Zusammenhang besteht: Der gezahlte Preis sollte umso h¨oher sein, je h¨oher die Preisbereitschaft ist. Dabei kann die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche nicht verwendet werden, da sie sich dem Modell aus Kapitel 4 zufolge w¨ ahrend der Suche ver¨andern kann (H7). Maßgeblich ist mithin die letzte Messung der Preisbereitschaft, bevor die Probanden bei einem der simulierten Anbieter kaufen. Der gezahlte Preis wird im Unterschied zur Preisbereitschaft nicht mit einer Frage erhoben, sondern beobachtet. Die Spearman-Rangkorrelation zwischen der letzten gemessenen Preisbereitschaft und dem gezahlten Preis betr¨ agt 0,853 und ist signifikant (p = 0,000 bei n = 312).575 Die Preisbereitschaft wird demzufolge kriteriumsvalide gemessen. Um die Test-Retest-Reliabilit¨ at pr¨ ufen zu k¨ onnen, muss die Preisbereitschaft mehrmals unter identischen Bedingungen gemessen werden. Im Vorexperiment durchlaufen die Probanden die Kaufsituationen 121 und 212 jeweils zweimal: als erste und vierte bzw. als 572
573
574
575
Die vollst¨ andige Reihenfolge bei den Face-Validit¨ atspr¨ ufungen ist wie folgt: 1.: Vorlage der Aussage, die zur Pr¨ ufung der Validit¨ at der Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse dient (hierauf wird unten eingegangen); 2.: Vorlage der in diesem Absatz genannten Aussage zur Pr¨ ufung der Validit¨ at der Preisbereitschaftsmessung; 3.: Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse; 4.: Messung der Preisbereitschaft. Es ist m¨ oglich, dass die Preisbereitschaft der Probanden von dem Vergleichspreis in der Aussage beeinflusst wird, da der Vergleichspreis als Anker wirken kann; siehe S. 81 und 158. Die Validit¨ atspr¨ ufung wird durch diese M¨ oglichkeit nicht ins Positive verzerrt, da sie lediglich dazu dient, zu ermitteln, ob die Probanden im Rahmen des BDM-Mechanismus ihre wahre Preisbereitschaft ¨ außern. Wie die Preisbereitschaft zustande kommt, spielt dabei keine Rolle. Vgl. Nunnally/Bernstein (1994), S. 130f.; Shadish/Cook/Campbell (2002), S. 49f.; Cohen et al. (2003), S. 57-59. Dar¨ uber hinaus f¨ uhrt ein parametrischer Test zu einem anderen Ergebnis: Die Bravais-Pearson-Korrelation zwischen der Preisbereitschaft und der Zustimmung betr¨ agt 0,322 und ist signifikant (p = 0,023). Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 204-207, 213-218 zur Berechnung der Korrelation. Die Stichprobengr¨ oße kommt dadurch zustande, dass die Probanden vier der insgesamt 350 durchlaufenen Kaufsituationen abgebrochen haben, ohne einen Kauf durchzuf¨ uhren und 34 Kaufsituationen durch einen BDM-Kauf beendet haben.
6.3 Die G¨ ute der Manipulationen und der Messinstrumente
201
f¨ unfte und siebte Kaufsituation (siehe Seite 191). Obwohl die Kaufsituationen aufgrund ihrer unterschiedlichen Position in der Reihenfolge nicht vollkommen identisch sind, sind alle anderen experimentell vorgegebenen Merkmale gleich, sodass n¨aherungsweise von identischen Bedingungen ausgegangen werden kann. Zur Pr¨ ufung der Test-Retest-Reliabilit¨ at wird daher die Korrelation zwischen gemessenen Preisbereitschaften bei diesen zwei Kaufsituationen berechnet. Dabei handelt es sich um Preisbereitschaften zu Beginn der Suche sowie um Preisbereitschaften w¨ ahrend der Suche, wobei Letztere nur insoweit in die Pr¨ ufung einbezogen werden k¨ onnen, wie die Probanden bei beiden Durchg¨angen Anbieter aufsuchen. Wenn ein Proband beispielsweise beim ersten Durchlauf einer Kaufsituation drei Anbieter aufsucht und beim zweiten Durchlauf der Kaufsituation zwei Anbieter, kann die Korrelation nur zwischen zwei gemessenen Preisbereitschaften berechnet werden. Formal wird der Zusammenhang zwischen den folgenden gepaarten Messungen bestimmt: (1)
(2)
P BiJt , P BiJt
(6.1)
mit: (1) bzw. (2): Erster bzw. zweiter Durchlauf einer Kaufsituation; i: Index der Probanden (hier: i = 1, 2, . . . , 50); J: Menge der zweimal durchlaufenen Kaufsituationen (hier: J = {121, 212}); t: Index der Suchschritte (t = 0, 1, . . . , T ). Die Spearman-Rangkorrelation zwischen den Preisbereitschaften betr¨agt 0,779 und ist signifikant (p = 0,000 bei n = 215).576 Insofern kann von einer reliablen Messung der Preisbereitschaft ausgegangen werden. Dies gilt insbesondere, da sich die Preisbereitschaft vom ersten zum zweiten Durchlauf einer Kaufsituation aufgrund der zwischenzeitlichen Erfahrungen ge¨ andert haben kann.577 Die G¨ ute der Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wird in der vorliegenden Untersuchung mit einer offenen Frage gemessen (siehe Abschnitt 5.3.2.2). Zu Validit¨at und Reliabilit¨at dieses Messinstruments liegen keine Erkenntnisse vor und daher werden sie im Folgenden gepr¨ uft. Die Face-Validit¨ at der Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse wird gepr¨ uft, indem die Zustimmung der Probanden zu der folgenden Aussage erhoben wird: Ich m¨ ochte mir ein umfassendes Bild der Preise machen, die in dieser ” Kaufsituation f¨ ur das Produkt gefordert werden.“ Die Zustimmung wird auf der gleichen siebenstufigen Skala wie bei den Manipulationspr¨ ufungen erfasst (siehe Seite 193). Im Vorexperiment wird die Aussage den Probanden zu Beginn der Suche in Kaufsituation 222 vorgelegt. Nachdem die Probanden ihre Zustimmung ge¨außert haben, wird ihnen zun¨achst die Aussage vorgelegt, die zur Pr¨ ufung der Face-Validit¨at der Preisbereitschaftsmessung verwendet wird, bevor das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche gemessen wird. Die Zustimmung zu der Aussage sollte umso gr¨ oßer sein, je h¨oher das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche ist. Die Spearman-Rangkorrelation 576 577
In die Berechnung gehen 100 Paare von Preisbereitschaften zu Beginn der Suche und 115 Paare von Preisbereitschaften w¨ ahrend der Suche ein. Vgl. auch V¨ olckner (2006), S. 43.
202
6 Die Ergebnisse des Experiments
zwischen den zwei Gr¨ oßen betr¨ agt 0,639 und ist signifikant (p = 0,000 bei n = 43).578 Dies spricht f¨ ur eine valide Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse. ¨ Zur Pr¨ ufung der Ubereinstimmungsvalidit¨ at wird der Zusammenhang zwischen dem gemessenen Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse und der beobachteten Anzahl aufgesuchter Anbieter (die der Anzahl identifizierter Preise entspricht) bestimmt: Je h¨oher das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse ist, desto mehr Anbieter sollten die Probanden aufsuchen, bevor sie sich zum Kauf entschließen. Wie bei der Preisbereitschaft wird das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse herangezogen, das unmittelbar vor dem Kauf gemessen wird, zumal es sich dem Modell aus Kapitel 4 zufolge w¨ahrend der Suche ver¨ andern kann (H11). Die Spearman-Rangkorrelation zwischen dem letzten gemessenen Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse und der beobachteten Anzahl aufgesuchter Anbieter betr¨agt 0,727 und ist signifikant (p = 0,000 bei n = 284).579 Demnach kann von einer kriteriumsvaliden Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse ausgegangen werden. Die Test-Retest-Reliabilit¨ at wird gepr¨ uft, indem die Korrelation zwischen Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse bei Kaufsituationen, die zweimal durchlaufen werden, berechnet wird. Im Vorexperiment handelt es sich um die Kaufsituationen 121 und 212, die als erste und vierte bzw. als f¨ unfte und siebte Kaufsituation durchlaufen werden (siehe Seite 191). Wie bei der Preisbereitschaft (siehe Formel 6.1 auf Seite 201) werden die Angaben der Probanden zu Beginn der Suche und w¨ahrend der Suche ber¨ ucksichtigt, soweit Angaben bei beiden Durchg¨ angen einer Kaufsituation vorliegen. Die Spearman-Rangkorrelation zwischen den Anspruchsniveaus betr¨agt 0,840 und ist signifikant von null verschieden (p = 0,000 bei n = 193).580 Somit kann von einer reliablen Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse ausgegangen werden. 6.3.3.3 Die G¨ ute der Messinstrumente im Hauptexperiment Die G¨ utepr¨ ufung verl¨ auft im Hauptexperiment ¨ ahnlich wie im Vorexperiment. Im Folgenden wird zun¨achst auf die Messung der Preisbereitschaft eingegangen, danach auf die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse. Die G¨ ute der Messung der Preisbereitschaft Bei der Pr¨ ufung der Face-Validit¨ at des BDM-Mechanismus wird grunds¨atzlich wie im Vorexperiment verfahren, allerdings wird die entsprechende Aussage nicht allen Probanden zu Beginn der gleichen Kaufsituation vorgelegt, sondern immer zu Beginn der zuletzt durchlaufenen Kaufsituation. Welche Kaufsituation die zuletzt durchlaufene ist, h¨angt von der zugewiesenen Reihenfolge ab (siehe Seite 172). Die Aussage wird danach differenziert, wie hoch das Wert¨ aquivalent bei der Kaufsituation ist: Bei einem Wert¨aquivalent 578 579
580
Sieben der 50 hier relevanten Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wurden bei der Datenbereinigung (siehe Abschnitt 6.3.1) als fehlerhaft identifiziert. Zur Stichprobengr¨ oße: Insgesamt haben die Probanden 350 Kaufsituationen durchlaufen. Vier Kaufsituationen wurden ohne Kauf abgebrochen und 34 Kaufsituationen wurden durch einen BDM-Kauf beendet. Weitere 28 hier relevante Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wurden bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert. In die Berechnung gehen 84 Paare von Messungen zu Beginn der Suche und 109 Paare von Messungen w¨ ahrend der Suche ein. Bei 16 von insgesamt 100 Paaren zu Beginn der Suche wurde mindestens eine der zwei relevanten Angaben bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert.
6.3 Die G¨ ute der Manipulationen und der Messinstrumente
203
von 100,00 Euro wird ein Vergleichspreis von 90,00 Euro genannt, bei einem Wert¨aquivalent von 400,00 Euro ein Vergleichspreis von 360,00 Euro. Aufgrund des Ergebnisses des Vorexperiments wird der Vergleichspreis also nicht wie zuvor auf 85, sondern auf 90 Prozent des Wert¨aquivalents festgelegt, um eine gr¨ oßere Streuung der Zustimmungswerte zu erzeugen. Die Aussage lautet somit 90,00 Euro w¨are ein akzeptabler Preis ” f¨ ur das Produkt“ bzw. 360,00 Euro w¨ are ein akzeptabler Preis f¨ ur das Produkt.“ Die ” Zustimmung zu der Aussage sollte umso gr¨ oßer sein, je h¨oher die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche ist. Bei diesen Vergleichspreisen ist der Befund zur Face-Validit¨at – im Unterschied zum Ergebnis des Vorexperiments – positiv: Bei dem Vergleichspreis von 90,00 Euro betr¨agt die Spearman-Rangkorrelation zwischen der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche und der Zustimmung zu der Aussage 0,325 und bei dem Vergleichspreis von 360,00 Euro liegt die Rangkorrelation bei 0,422 (jeweils signifikant bei p = 0,000 mit n = 243 bzw. 234).581 Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Preisbereitschaft mit dem BDM-Mechanismus valide gemessen wird. ¨ Die Ubereinstimmungsvalidit¨ at wird wie im Vorexperiment gepr¨ uft, indem der Zusammenhang zwischen dem gezahlten Preis und der letzten gemessenen Preisbereitschaft bestimmt wird: Je h¨oher die Preisbereitschaft ist, desto h¨oher sollte der gezahlte Preis sein. Die Spearman-Rangkorrelation zwischen diesen zwei Gr¨oßen betr¨agt 0,811 und ist signifikant von null verschieden (p = 0,000 bei n = 4.618).582 Demnach kann von einer kriteriumsvaliden Messung der Preisbereitschaft ausgegangen werden. Zur Pr¨ ufung der Test-Retest-Reliabilit¨ at wird wie im Vorexperiment verfahren, indem die Korrelation zwischen Preisbereitschaften bei Kaufsituationen, die zweimal durchlaufen werden, berechnet wird. Tabelle 5.5 auf Seite 172 kann entnommen werden, dass im Hauptexperiment die Kaufsituationen an der ersten, zweiten, dritten und vierten Position (in der Reihenfolge der Kaufsituationen) zweimal durchlaufen werden: Diese vier Kaufsituationen werden auch an der elften bzw. achten bzw. zw¨olften bzw. zehnten Position durchlaufen. In die Pr¨ ufung gehen wie im Vorexperiment Preisbereitschaften zu Beginn der Suche ein sowie Preisbereitschaften w¨ ahrend der Suche, soweit die Probanden bei beiden Durchg¨angen Anbieter aufgesucht haben. Die Spearman-Rangkorrelation zwischen den Preisbereitschaften betr¨agt 0,769 und ist signifikant (p = 0,000 bei n = 3.095).583 Somit kann von einer reliablen Messung der Preisbereitschaft ausgegangen werden.
581
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583
Die Stichprobengr¨ oße kommt wie folgt zustande: 19 der 500 Probanden haben die letzte Kaufsituation abgebrochen, bevor die Aussage vorgelegt wurde. Zwei weitere Probanden haben die Kaufsituation abgebrochen, bevor die Preisbereitschaft gemessen wurde. Dar¨ uber hinaus wurden zwei hier relevante Angaben zur Preisbereitschaft bei der Datenbereinigung (siehe Abschnitt 6.2.2) als fehlerhaft identifiziert. Die Stichprobengr¨ oße kommt dadurch zustande, dass von 6.000 durchlaufenen Kaufsituationen 154 ohne Kauf abgebrochen und 1.101 durch einen BDM-Kauf beendet wurden. Dar¨ uber hinaus wurden 127 hier relevante Angaben zur Preisbereitschaft bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert. Die Stichprobengr¨ oße kommt wie folgt zustande: Da hier zwei Durchl¨ aufe von vier Kaufsituationen der 500 Probanden betrachtet werden, k¨ onnen bis zu 2.000 Paare von Preisbereitschaften zu Beginn der Suche einbezogen werden. Bei 139 dieser Paare haben die Probanden wenigstens eine der zwei relevanten Kaufsituationen vor der ersten Messung der Preisbereitschaft abgebrochen oder wenigstens eine der zwei relevanten Preisbereitschaften wurde bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert, sodass 1.861 Paare von Preisbereitschaften zu Beginn der Suche einbezogen werden. Dar¨ uber hinaus gehen 1.234 Paare von Preisbereitschaften w¨ ahrend der Suche in die Berechnung der Korrelation ein.
204
6 Die Ergebnisse des Experiments
Die G¨ ute der Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse Um die Face-Validit¨ at der Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu pr¨ ufen, wird wie im Vorexperiment erhoben, inwieweit die Probanden der Aussage Ich m¨ochte mir ein umfassendes Bild der Preise machen, die in dieser Kaufsi” tuation f¨ ur das Produkt gefordert werden“ zustimmen. Die Aussage wird den Probanden zu Beginn der Suche in der zuletzt durchlaufenen Kaufsituation vorgelegt. Von einer face-validen Messung kann ausgegangen werden, wenn die Zustimmung zu der Aussage umso gr¨oßer ist, je h¨ oher das gemessene Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche ist. Die Spearman-Rangkorrelation zwischen den zwei Gr¨oßen betr¨agt 0,344 und ist signifikant (p = 0,000 bei n = 473).584 Dies spricht f¨ ur eine valide Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse. ¨ Hinsichtlich der Ubereinstimmungsvalidit¨ at wird analog zum Vorexperiment gepr¨ uft, ob zwischen dem letzten gemessenen Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse vor dem Kauf und der beobachteten Anzahl aufgesuchter Anbieter ein Zusammenhang besteht. Die Spearman-Rangkorrelation zwischen diesen zwei Gr¨oßen betr¨agt 0,642 und ist signifikant von null verschieden (p = 0,000 bei n = 4.286).585 Demnach ist von einer kriteriumsvaliden Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse auszugehen. Die Test-Retest-Reliabilit¨ at der Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse wird ermittelt, indem die Korrelation zwischen Anspruchsniveaus bei Kaufsituationen, die zweimal durchlaufen werden, berechnet wird. Im Hauptexperiment sind dies die Kaufsituationen an der ersten, zweiten, dritten und vierten Position, die auch an der elften bzw. achten bzw. zw¨ olften bzw. zehnten Position durchlaufen werden. In die Pr¨ ufung gehen wie oben Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche und w¨ ahrend der Suche ein, soweit Angaben bei beiden Durchg¨angen einer Kaufsituation vorliegen. Die Spearman-Rangkorrelation zwischen den Anspruchsniveaus betr¨agt 0,616 und ist signifikant (p = 0,000 bei n = 2.772).586 Der in Abschnitt 6.3.3.1 genannte Mindestwert f¨ ur Reliabilit¨atskennzahlen in H¨ ohe von 0,7 wird hier zwar unterschritten. Dies kann jedoch darauf zur¨ uckzuf¨ uhren sein, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse u ¨ber Kaufsituationen hinweg instabil ist, wodurch die Reliabilit¨at des Messinstruments untersch¨ atzt wird (siehe Seite 199). Um dies zu pr¨ ufen, werden die Korrelationen von Messungen mit unterschiedlichen zeitlichen Abst¨anden miteinander verglichen:587 • Im Hauptexperiment ist der zeitliche Abstand zwischen der zweiten und achten Kaufsituation sowie der vierten und zehnten Kaufsituation geringer als der Abstand zwischen der ersten und elften sowie der dritten und zw¨olften Kaufsituation: Beim 584
585
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587
19 der 500 Probanden haben die letzte Kaufsituation vor der G¨ utepr¨ ufung abgebrochen. Weitere acht hier relevante Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wurden bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert Die Anzahl von 4.286 kommt dadurch zustande, dass die Probanden 4.745 Kaufsituationen mit einem Kauf beendet haben und 459 hier relevante Angaben zum Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert wurden. In die Berechnung gehen 1.650 Paare von Messungen zu Beginn der Suche und 1.122 Paare von Messungen w¨ ahrend der Suche ein. Bei 350 von insgesamt 2.000 Paaren zu Beginn der Suche haben die Probanden wenigstens eine der zwei relevanten Kaufsituationen vor der ersten Messung abgebrochen oder wenigstens eine der zwei relevanten Angaben wurde bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert. Vgl. Nunnally/Bernstein (1994), S. 252.
6.3 Die G¨ ute der Manipulationen und der Messinstrumente
205
ersten Paar durchlaufen die Probanden zwischen den Messungen jeweils f¨ unf andere Kaufsituationen, beim zweiten Paar neun bzw. acht andere Kaufsituationen. Die Korrelation zwischen den Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse betr¨agt beim ersten Paar 0,675 und beim zweiten Paar 0,563. Der Unterschied zwischen den Korrelationen ist signifikant (p = 0,000 bei n = 1.231 bzw. 1.541).588 • Im Vorexperiment ist der zeitliche Abstand zwischen den Messungen mit einer bzw. zwei zwischenzeitlich durchlaufenen anderen Kaufsituationen noch geringer (siehe Seite 191). Im Vorexperiment wurde eine Korrelation zwischen den Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse von 0,840 ermittelt (siehe Seite 202). Diese Korrelation ist signifikant gr¨ oßer als die beiden im ersten Aufz¨ahlungspunkt angegebenen Korrelationen im Hauptexperiment (jeweils p = 0,000). Die Korrelation zwischen den Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse ist diesen Vergleichen zufolge umso gr¨ oßer, je geringer der zeitliche Abstand zwischen den Messungen ist. Dies st¨ utzt die Vermutung, dass die Reliabilit¨at dadurch untersch¨atzt wird, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse u ¨ber Kaufsituationen hinweg instabil ist. Die f¨ ur unterschiedliche zeitliche Abst¨ ande berechneten Korrelationen legen den Schluss nahe, dass die Korrelation im Hauptexperiment u ¨ber dem Mindestwert von 0,7 liegen w¨ urde, wenn der zeitliche Abstand zwischen den Messungen geringer w¨are. Aus diesem Grund kann von einer ausreichend reliablen Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse ausgegangen werden.589 ¨ 6.3.3.4 Die G¨ ute der Messinstrumente im Uberblick ¨ In Tabelle 6.11 werden die Ergebnisse der G¨ utepr¨ ufungen im Uberblick dargestellt. Zusammenfassend zeigen die hier durchgef¨ uhrten Tests, dass die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse im Hauptexperiment mit den verwendeten Instrumenten valide und ausreichend reliabel gemessen werden. Auch die Ergebnisse des Pretests sind gr¨ oßtenteils positiv. Die Messungen k¨onnen daher f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung genutzt werden. ¨ Tabelle 6.11: Die G¨ ute der Messinstrumente im Uberblick
Gemessene Gr¨ oße und G¨ utekriterien Preisbereitschaft Face-Validit¨at ¨ Ubereinstimmungsvalidit¨ at Test-Retest-Reliabilit¨at Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse Face-Validit¨at ¨ Ubereinstimmungsvalidit¨ at Test-Retest-Reliabilit¨at
Vorexperiment
Hauptexperiment
Gering [−] Hoch [+] Hoch [+]
Hoch [+] Hoch [+] Hoch [+]
Hoch [+] Hoch [+] Hoch [+]
Hoch [+] Hoch [+] Ausreichend [+]
¨ Ubereinstimmung mit den Anforderungen: [+]: Ja; [−]: Nein.
588 589
Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 219-221 zum entsprechenden Test f¨ ur ungleiche Stichprobengr¨ oßen und der zum Vergleich von Korrelationen erforderlichen Fisher-Z-Transformation. Bei den anderen Reliabilit¨ atspr¨ ufungen sind entsprechende Vergleiche nicht erforderlich, zumal die ermittelten Korrelationen selbst bei Instabilit¨ at der gemessenen Gr¨ oße zufriedenstellend sind.
206
6 Die Ergebnisse des Experiments
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen Das in Kapitel 4 dargestellte Modell besteht aus elf Hypothesen, die im Folgenden anhand der experimentell erhobenen Daten u uft werden. Vorab wird in Abschnitt 6.4.1 ¨berpr¨ die ¨okonometrische Vorgehensweise erl¨ autert. Danach wird in Abschnitt 6.4.2 der Frage nachgegangen, ob sich die Intensit¨ at der Preissuche anhand der Preisbereitschaft und des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse erkl¨aren l¨asst (H1 bis H3). Anschließend wird darauf eingegangen, wie diese zwei Konstrukte zustande kommen: In Abschnitt 6.4.3 wird die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨oße behandelt (H4 bis H7) und in Abschnitt 6.4.4 das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (H8 bis H11). Eine Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse folgt in Abschnitt 6.6. 6.4.1 Die ¨ okonometrische Vorgehensweise Da die vermuteten Zusammenh¨ ange zu komplex sind, um sie gemeinsam zu behandeln, werden in den folgenden Abschnitten mehrere Regressionsmodelle formuliert, um die elf Hypothesen zu u ufen. Dabei sind zwei Modellarten zu unterscheiden: ¨berpr¨ • Zu H1 bis H3 wird ein Regressionsmodell zur Analyse von Lebensdauern“ formuliert ” und • zu H4 bis H11 werden Regressionsmodelle zur Analyse von Zeitreihen formuliert.590 Im Folgenden werden Details der Modellsch¨ atzung erl¨autert, wobei teilweise zwischen den zwei Modellarten differenziert wird. Im Einzelnen wird auf 1. das Sch¨atzverfahren, 2. die Beurteilung der Bedeutsamkeit von Sch¨ atzwerten, 3. die Identifikation von Kollinearit¨ at, 4. die Berechnung der Standardfehler sowie auf 5. die Behandlung von individueller Heterogenit¨ at und 6. autokorrelierten Modellst¨ orgr¨ oßen eingegangen. 1.: Die Modelle werden mit der Maximum-Likelihood-Methode gesch¨atzt.591 MaximumLikelihood-Sch¨atzer sind im Allgemeinen asymptotisch normalverteilt und daher werden parametrische Inferenztests angewendet. 2.: Bei der Beurteilung statistischer Signifikanz wird ein Niveau von f¨ unf Prozent verwendet: Wenn dieses Niveau erreicht wird, wird der gepr¨ ufte Sch¨atzwert als statistisch bedeutsam aufgefasst. Insbesondere bei einer großen Stichprobe wie der hier verwendeten ist nicht nur die statistische, sondern auch die praktische Bedeutsamkeit“ eines Sch¨atzwerts zu beach” ten (womit auch seine theoretische Wichtigkeit“ gemeint ist).592 Daher werden bei der ” Hypothesenpr¨ ufung auch die gesch¨ atzten Werte an sich beurteilt. Ein Wert wird als praktisch bedeutsam eingestuft, wenn er mindestens zehn Prozent der abh¨angigen Variable ausmacht. 590 591 592
Vgl. grundlegend zu beiden Modellarten bspw. Wooldridge (2009), S. 342-345, 602. Spezifischere Quellen werden unten angegeben. Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 99f.; Wooldridge (2009), S. 578f., 620f. Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 119f.; Diekmann (2008), S. 715f.; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 452-454; Wooldridge (2009), S. 135f., 780f.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
207
3.: Bei den Modellsch¨atzungen wird darauf eingegangen, ob von einem Kollinearit¨atsproblem auszugehen ist, das die Interpretation der einzelnen Parametersch¨atzer erschweren w¨ urde.593 Zu diesem Zweck werden die Varianzinflationsfaktoren der einzelnen Variablen und die Konditionszahl der Datenmatrix beurteilt, wobei in der Literatur vorgeschlagene Schwellenwerte verwendet werden: Bei einem Varianzinflationsfaktor unter zehn und einer Konditionszahl unter 20 wird davon ausgegangen, dass kein Kollinearit¨atsproblem besteht.594 4.: Die Signifikanz der Sch¨ atzwerte und somit die Ergebnisse der Hypothesenpr¨ ufung h¨angen von den Standardfehlern der Sch¨ atzer ab. Im Folgenden werden cluster-robuste“ ” Standardfehler ausgewiesen.595 Dadurch wird ber¨ ucksichtigt, dass die Beobachtungen, auf denen die Sch¨atzungen basieren, nicht voneinander unabh¨angig sind. Dies ist der Fall, da die Daten eine Panelstruktur haben.596 Ein Cluster“ enth¨alt alle Beobachtungen ” f¨ ur einen Probanden. Cluster-robuste Standardfehler setzen nicht voraus, dass die St¨orgr¨oßen der Regressionsmodelle eine konstante Varianz aufweisen. Cluster-robuste Standardfehler k¨onnen mithin auch bei Heteroskedastizit¨ at unbekannter Form zur Hypothesenpr¨ ufung genutzt werden, da Inferenztests asymptotisch g¨ ultig sind.597 5.: Bei allen Regressionsmodellen wird die unbeobachtete Heterogenit¨at der Probanden ber¨ ucksichtigt. Zu diesem Zweck werden Fixed-Effects-Sch¨atzungen durchgef¨ uhrt, also Sch¨ atzungen mit festen Individualeffekten“.598 Eine andere M¨oglichkeit besteht in einer ” Random-Effects-Sch¨atzung, also einer Sch¨ atzung mit zuf¨alligen Individualeffekten“.599 ” Diese ist jedoch nicht anwendbar, wenn die Individualeffekte mit unabh¨angigen Variablen korrelieren, was hier nicht auszuschließen ist, da die unabh¨angigen Variablen nicht vollst¨andig manipuliert, sondern zum Teil gemessen werden. Um die festen Individualeffekte zu ber¨ ucksichtigen, werden zwei Verfahren angewendet: • In das Regressionsmodell zur Analyse von Lebensdauern werden Indikatorvariablen f¨ ur die Probanden aufgenommen.600 Dies entspricht einer Sch¨atzung mit individuellen Modellkonstanten: Neigungen der Probanden zu hohen oder niedrigen Werten werden ber¨ ucksichtigt, indem unterschiedliche Niveaus zugelassen werden. F¨ ur den ersten Probanden wird keine Indikatorvariable aufgenommen und die Variablen werden durch eine gewichtete Effektcodierung zentriert.601 Auf diese Weise kann eine Modellkonstante ausgewiesen werden, die dem Durchschnitt der Individualeffekte entspricht. • Bei den Modellen zur Analyse von Zeitreihen werden die Variablen transformiert, indem im ersten Schritt der probandenspezifische arithmetische Mittelwert von den 593 594 595 596 597 598 599 600 601
Vgl. bspw. Bortz (2005), S. 452f.; Wooldridge (2009), S. 96-99. Vgl. bspw. Cohen et al. (2003), S. 423-425, wobei diese Autoren f¨ ur die Konditionszahl einen Schwellenwert von 30 nennen; Greene (2008), S. 60; Wooldridge (2009), S. 99. Vgl. bspw. Greene (2008), S. 188, 515-517; Verbeek, Marno (2008): A Guide to Modern Econometrics, 3rd Edition, Chichester, S. 372. Vgl. bspw. Diekmann (2008), S. 304f., 314-316; Schnell/Hill/Esser (2008), S. 238; Wooldridge (2009), S. 10, 444. Vgl. bspw. Verbeek (2008), S. 372. Vgl. bspw. Wooldridge (2009), S. 456, 481-489. Vgl. bspw. a. a. O., S. 489-493. Vgl. bspw. a. a. O., S. 485f. Vgl. bspw. Cohen et al. (2003), S. 328-332. Bei der gewichteten Effektcodierung wird bei allen Indikatorvariablen die erste Kategorie als das negative Verh¨ altnis zwischen der Stichprobengr¨ oße der Kategorie, der die Indikatorvariable zugeordnet ist, und der Stichprobengr¨ oße der ersten Kategorie codiert.
208
6 Die Ergebnisse des Experiments
uhrt dazu, dass die uneinzelnen Werten subtrahiert wird.602 Diese Transformation f¨ beobachteten Individualeffekte aus dem Modell entfallen und dass die Sch¨atzung nur auf die intraindividuelle Varianz abstellt: Individuelle Neigungen zu hohen oder niedrigen Werten werden entfernt. Im zweiten Schritt wird der probanden¨ ubergreifende arithmetische Mittelwert den einzelnen Werten hinzuaddiert, um eine Modellkonstante ausweisen zu k¨ onnen.603 Beide Verfahren f¨ uhren zu identischen Sch¨ atzwerten.604 Es ist dennoch erforderlich, zwei verschiedene Verfahren anzuwenden, da die abh¨ angige Variable bei dem Regressionsmodell zur Analyse von Lebensdauern nicht transformiert werden kann und da die Regressionsmodelle zur Analyse von Zeitreihen nicht mit der erforderlichen Anzahl von Indikatorvariablen f¨ ur die Probanden gesch¨ atzt werden k¨onnen. 6.: Bei Regressionsmodellen f¨ ur Zeitreihen ist nicht auszuschließen, dass die unbeobachteten St¨orgr¨oßen autokorreliert sind.605 Um dies zu ber¨ ucksichtigen, werden die Zeitreihenmodelle im Folgenden als ARMAX-Modelle gesch¨ atzt.606 Dadurch wird zugelassen, dass die St¨orgr¨oßen einem autoregressiven Prozess ( AR“) und einem Prozess gleitender ” Mittelwerte ( MA“) folgen. Diese Prozesse werden mit Gleichung 6.2 modelliert.607 ” p q ut = ρi ut−i + θj et−j + et (6.2) i=1
j=1
mit: u: Unbeobachtete Modellst¨ orgr¨ oße; ρi : AR-Parameter der Ordnung i; θj : MA-Parameter der Ordnung j; e: Unbeobachtete Restst¨ orgr¨ oße; t: Zeitindex. Die Ordnungen p und q werden bei jedem Zeitreihenmodell einzeln spezifiziert. Zu diesem Zweck werden die Zusammenh¨ ange zwischen den Regressionsresiduen, also den gesch¨atzten Modellst¨orgr¨oßen, f¨ ur alle Spezifikationen beurteilt, die aufgrund der experimentellen Anordnung m¨oglich sind.608 F¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung wird die Spezifikation verwendet, bei der alle ρi und θj signifikant sind und das bayesianische Informationskriterium von Schwarz ( BIC“), das das Verh¨ altnis zwischen Modellanpassung und -komplexi” t¨at widerspiegelt, den niedrigsten Wert annimmt.609 Die Spezifikation wird jeweils mit ARMAX(p, q)“ gekennzeichnet. ”
602 603 604 605 606 607
608 609
Vgl. bspw. Wooldridge (2009), S. 481f. Vgl. bspw. Greene (2008), S. 198. Vgl. bspw. Wooldridge (2009), S. 485f. Vgl. bspw. a. a. O., S. 408. Vgl. bspw. Harvey, Andrew C. (1990): The Econometric Analysis of Time Series, 2nd Edition, Cambridge, S. 265f., 273f.; Davidson/MacKinnon (2004), S. 565-570. Vgl. bspw. Harvey (1990), S. 207f.; Davidson/MacKinnon (2004), S. 270-274, 557-564; Greene (2008), S. 632f.; Wooldridge (2009), S. 380. Der Buchstabe p wird in der vorliegenden Untersuchung f¨ ur drei Variablen verwendet: den Preis, die Signifikanz und die Ordnung eines autoregressiven Prozesses. Damit wird der in der Literatur vorherrschenden Notation gefolgt. Im Folgenden wird jeweils verdeutlicht, welche Variable gemeint ist. Vgl. bspw. Greene (2008), S. 676f.; Verbeek (2008), S. 299f. Vgl. zum BIC Schwarz, Gideon (1978): Estimating the Dimension of a Model, in: Annals of Statistics, Vol. 6 No. 2, S. 461–464 und die in Fußnote 608 genannten Quellen.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
209
6.4.2 Die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Einflussfaktoren der Intensit¨ at der Preissuche In Abschnitt 4.1 wurden drei Hypothesen hergeleitet, um die Suchintensit¨at zu erkl¨aren: H1: Die Konsumenten beenden ihre Preissuche fr¨ uhestens dann mit einem Kauf, wenn sie einen Preis identifiziert haben, der nicht u ¨ber ihrer Preisbereitschaft liegt. H2: Die Konsumenten beenden ihre Preissuche fr¨ uhestens dann mit einem Kauf, wenn ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist. H3: Die Konsumenten beenden ihre Preissuche dann mit einem Kauf, wenn sie einen Preis identifiziert haben, der nicht u ¨ber ihrer Preisbereitschaft liegt und ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist. Mit H1 und H2 werden notwendige Bedingungen der Beendigung der Preissuche formuliert. Ihre Kombination in Form von H3 ist die hinreichende Bedingung. Diese Hypothesen wurden in Abschnitt 4.1.4 mit Gleichung 4.1, die hier wiederholt wird, formalisiert. prtT := pr(kauft = 1) = a0 + a1 EP Bt + a2 EANtU P K + a3 EP Bt EANtU P K
(4.1)
mit: prtT : Wahrscheinlichkeit, dass die Preissuche in Suchschritt t beendet wird; pr(kauft = 1): Wahrscheinlichkeit, dass kauf = 1 in Suchschritt t gilt; kauf = 1 wenn die Preissuche beendet wird (sonst kauf = 0); EP Bt = 1 wenn P Bt ≥ pmin gilt (sonst EP Bt = 0); t P B: Preisbereitschaft; pmin : Niedrigster bekannter Preis; EANtU P K = 1 wenn ANtU P K ≤ t gilt (sonst EANtU P K = 0);
AN U P K : Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse; ak : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3);
t: Index der Suchschritte (t = 1, 2, . . . , T ). Im Folgenden werden H1 bis H3 u uft. Zun¨ achst werden die Hypothesen anhand ¨berpr¨ von Gleichung 4.1 als Regressionsmodell operationalisiert. Anschließend werden deskriptive und bivariate Statistiken angegeben, um einen Einblick in die Verteilungen und Zusammenh¨ange zu erhalten. Danach werden die Ergebnisse der Sch¨atzung des Regressionsmodells dargestellt. Die o ¨konometrische Operationalisierung der Hypothesen Die abh¨angige Variable in Gleichung 4.1 ist die Wahrscheinlichkeit, mit der die Suche in einem Suchschritt beendet wird. Damit wird die Suchintensit¨at, also die Anzahl der aufgesuchten Anbieter, indirekt erkl¨ art. Die gleiche Struktur haben Regressionsmodelle zur Analyse von Lebensdauern: Diese Modelle dienen dazu, die Zeit, die bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses vergeht, zu erkl¨ aren; zu diesem Zweck wird zumeist auf die Wahrscheinlichkeit, mit der das Ereignis im Zeitverlauf eintritt, abgestellt.610 Bei H1 bis 610
Vgl. bspw. Kalbfleisch, John D./Prentice, Ross L. (2002): The Statistical Analysis of Failure Time Data, 2nd Edition, Hoboken, S. 1; Cohen et al. (2003), S. 596; Lawless, Jerald F. (2003): Statistical Models and Methods for Lifetime Data, 2nd Edition, Hoboken, S. 1; Singer, Judith D./Willett, John B. (2003): Applied Longitudinal Data Analysis: Modeling Change and Event Occurence, Oxford
210
6 Die Ergebnisse des Experiments
H3 handelt es sich bei dem Ereignis um die Beendigung der Suche und bei der Zeit“ ” um die Anzahl der aufgesuchten Anbieter bzw. durchgef¨ uhrten Suchschritte. Aufgrund dieser Entsprechung werden die Hypothesen mit einem Lebensdauer-Regressionsmodell u uft.611 ¨berpr¨ Zur Analyse von Lebensdauern werden verschiedene Modelltypen vorgeschlagen.612 Um H1 bis H3 zu u ufen, wird ein logistisches Modell verwendet.613 Dieser Modelltyp ¨berpr¨ ist geeignet, wenn die Zeit – wie hier – keine kontinuierliche, sondern eine diskrete Variable ist. Dar¨ uber hinaus ist es bei einem logistischen Modell nicht erforderlich, eine Annahme zur Verteilung der Lebensdauer – hier der Anzahl der Suchschritte, die vor dem Ende der Suche durchgef¨ uhrt werden – zu treffen. Die Verteilung kann stattdessen nichtparametrisch gesch¨ atzt werden und so wird im Folgenden vorgegangen, da keine Priori-Informationen vorliegen, die eine bestimmte Verteilung nahelegen. In dieser Hinsicht entspricht das hier verwendete Lebensdauer-Regressionsmodell dem h¨aufig eingesetzten Cox-Proportional-Hazards-Modell, das jedoch auf kontinuierliche Zeit ausgelegt ist.614 ¨ Auf der Basis dieser Uberlegungen ergibt sich das Lebensdauer-Regressionsmodell 6.3 als Operationalisierung von H1 bis H3. T := pr(kaufijt = 1) = F prijt
+
10 m=2
γm g m +
500
UP K UP K β0 + β1 EP Bijt + β2 EANijt + β3 EP Bijt EANijt
η n hn
(6.3)
n=2
mit: F (x) = 1/[1 + exp(−x)]: Logistische Verteilungsfunktion; gm : Zentrierte Indikatorvariablen f¨ ur die Suchschritte (m = 2, 3, . . . , 10); hn : Zentrierte Indikatorvariablen f¨ ur die Probanden (n = 2, 3, . . . , 500); βk , γm und ηn : Regressionsparameter (k = 0, 1, 2, 3); i: Index der Probanden (i = 1, 2, . . . , 500); j: Index der simulierten Kaufsituationen (j = 1, 2, . . . , 8). Die Terme in Modell 6.3 haben die folgende Bedeutung: • Im Unterschied zu Gleichung 4.1 werden Indizes f¨ ur die Probanden und Kaufsituatio-
611
612
613
614
– New York, S. 306; Davidson/MacKinnon (2004), S. 489; Greene (2008), S. 931f.; Verbeek (2008), S. 257; Wooldridge (2009), S. 602. Vgl. zur Anwendung von Lebensdauer-Regressionsmodellen bei Untersuchungen zum Suchverhalten Kogut (1990), S. 385-388; MacLeod/Pingle (2005), S. 626; Schunk (2009), S. 1732-1735. Vgl. zu einer ahnlichen Vorgehensweise auch Hey (1991), S. 106f.; Hey (1993), S. 90f. ¨ Vgl. bspw. Kalbfleisch/Prentice (2002); Cohen et al. (2003), S. 596-599; Lawless (2003); Singer/ Willett (2003), S. 305-606; Davidson/MacKinnon (2004), S. 489-495; Greene (2008), S. 931-941; Verbeek (2008), S. 257-260. Vgl. allgemein zu logistischen Modellen bspw. Wooldridge (2009), S. 575f. und bezogen auf die Analyse von Lebensdauern bspw. Cox, David R. (1972): Regression Models and Life-Tables, in: Journal of the Royal Statistical Society, Vol. 34 No. 2, S. 187–202, hier: S. 192; Jenkins, Stephen P. (1995): Easy Estimation Methods for Discrete-Time Duration Models, in: Oxford Bulletin of Economics and Statistics, Vol. 57 No. 1, S. 129–138, hier: S. 134; Kalbfleisch/Prentice (2002), S. 48, 136; Cohen et al. (2003), S. 599; Lawless (2003), S. 382f.; Singer/Willett (2003), S. 371-377. Vgl. Cox (1972), S. 189f. sowie bspw. Kalbfleisch/Prentice (2002), S. 42f., 95f.; Cohen et al. (2003), S. 598; Lawless (2003), S. 35, 341f.; Singer/Willett (2003), S. 503-512; Davidson/MacKinnon (2004), S. 494; Greene (2008), S. 940f.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
211
nen hinzugef¨ ugt, um die Struktur der Daten zu verdeutlichen. Diese Indizes werden im Folgenden nur angegeben, wenn sie der Klarheit wegen erforderlich sind. Dies und die hier verwendete Notation gelten analog f¨ ur Regressionsmodelle, die im Folgenden formuliert werden. • Die abh¨angige Variable prtT sowie die unabh¨ angigen Variablen EP Bt , EANtU P K und ur die HypoEP Bt EANtU P K ergeben sich aus Gleichung 4.1. Diese Variablen sind f¨ thesenpr¨ ufung maßgeblich. • Durch die Aufnahme der Indikatorvariablen gm wird die Verteilung der Anzahl der Suchschritte, die vor dem Ende der Suche durchgef¨ uhrt werden, nichtparametrisch gesch¨atzt.615 • Mit den Indikatorvariablen hn werden feste Individualeffekte aufgenommen, um die unbeobachtete Heterogenit¨ at der Probanden zu modellieren. • Bei den Indikatorvariablen gm und hn wird die jeweils erste Kategorie (m = n = 1) ausgelassen und die Variablen werden durch eine gewichtete Effektcodierung zentriert (siehe Seite 207 zu dieser Vorgehensweise). Auf diese Weise kann eine Modellkonstante ausgewiesen werden (β0 ), die im u ¨blichen Sinne zu interpretieren ist, also als durchschnittlicher Wert der Regressionsfunktion f¨ ur alle Suchschritte und Probanden, wenn EP Bt = EANtU P K = 0 gilt. Die Regressionsparameter βk sind f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung entscheidend, denn sie repr¨asentieren die Modellparameter ak aus Gleichung 4.1. H1 bis H3 implizieren die Parameterwerte a0 = a1 = a2 = 0 und a3 = 1 (siehe Abschnitt 4.1.4) und a¨quivalente Werte f¨ ur β0 , β1 , β2 und β3 .616 Die Ergebnisse der Sch¨ atzung von Modell 6.3 sind allerdings einfacher zu interpretieren, wenn nicht die einzelnen Parameter, sondern ihre m¨oglichen Kombinationen betrachtet werden. Diese Kombinationen werden in Tabelle 6.12 angegeben. Jede Kombination repr¨ asentiert einen m¨oglichen Fall: Dass keins der zwei Anspruchsniveaus erf¨ ullt ist, dass nur die Preisbereitschaft oder nur das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist oder dass beide Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind. In der Tabelle wird zu jeder Kombination von Modellparametern ak die zugeh¨orige Kombination von Regressionsparametern βk angegeben, mit der die Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche berechnet wird. In der letzten Spalte werden die Wahrscheinlichkeiten angegeben, die aus H1 bis H3 folgen. Diese idealtypischen Werte stellen Referenzpunkte zur Beurteilung der Sch¨ atzergebnisse dar. Tabelle 6.12: Die Beziehung zwischen den Modell- und Regressionsparametern zu den Hypothesen 1 bis 3
615 616
EP Bt
EANtU P K
Berechnung von prtT in Gleichung 4.1
Berechnung von prtT in Regressionsmodell 6.3
Hypothetischer Wert von prtT
0 1 0 1
0 0 1 1
a0 a 0 + a1 a0 + a2 a 0 + a1 + a2 + a3
F (β0 ) F (β0 + β1 ) F (β0 + β2 ) F (β0 + β1 + β2 + β3 )
0 0 0 1
Vgl. Jenkins (1995), S. 134; Singer/Willett (2003), S. 370f., 408. Bspw. gilt a1 = 0 ⇔ F (β0 + β1 ) − F (β0 ) = 0. Die rechte Gleichung ergibt die Ver¨ anderung der Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche, wenn EP Bt von 0 auf 1 steigt und EANtU P K = 0 gilt. Die zus¨ atzlichen Regressoren gm und hn werden dabei auf ihren arithmetischen Mittelwert festgelegt, der aufgrund ihrer Zentrierung bei 0 liegt. Vgl. bspw. Long, J. Scott (1997): Regression Models for Categorical and Limited Dependent Variables, Thousand Oaks – London – New Delhi, S. 77f.; Singer/Willett (2003), S. 372f., 388; Greene (2008), S. 775; Wooldridge (2009), S. 583.
212
6 Die Ergebnisse des Experiments
Deskriptive und bivariate Statistiken Bevor die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells er¨ortert werden, werden die Daten beschrieben und bivariate Zusammenh¨ ange angegeben. Dabei sind Lageparameter weniger relevant als Streuungsparameter: Von haupts¨achlichem Interesse ist, ob die Variablen ausreichend variieren, um von einem sinnvollen Hypothesentest ausgehen zu k¨onnen,617 und ob die Variablen gemeinsam variieren. In Tabelle 6.13 werden die Daten beschrieben. Die Tabelle zeigt, dass alle Variablen in der Stichprobe sowohl den Wert 0 als auch den Wert 1 annehmen. Die Standardabweichungen legen den Schluss nahe, dass Zusammenhangshypothesen u uft werden k¨onnen.618 ¨berpr¨ Tabelle 6.13: Deskriptive Merkmale der Variablen zu den Hypothesen 1 bis 3
Variable kauft EP Bt EANtU P K EP Bt EANtU P K
x ¯
x(0,5)
sd
Minimum
Maximum
n
0,41 0,22 0,27 0,08
0,00 0,00 0,00 0,00
0,49 0,41 0,44 0,27
0,00 0,00 0,00 0,00
1,00 1,00 1,00 1,00
9.482 9.291 8.696 8.615
In Tabelle 6.14 werden die Korrelationen zwischen den Variablen angegeben.619 Die erste Spalte der Tabelle zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche signifikant steigt, wenn ein Preis identifiziert wurde, der der Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist oder wenn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist oder wenn beide Bedingungen gelten. Tabelle 6.14: Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu den Hypothesen 1 bis 3
kauft
EP Bt
EANtU P K
EP Bt
r p n
0,439 0,000 9.291
– – –
– – –
EANtU P K
r p n
0,230 0,000 8.696
0,106 0,000 8.615
– – –
EP Bt EANtU P K
r p n
0,280 0,000 8.615
0,556 0,000 8.615
0,472 0,000 8.615
Mit: r: Bravais-Pearson-Korrelationskoeffizient; p: Signifikanz von r.
Die Ergebnisse der Sch¨ atzung In Tabelle 6.15 werden die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Lebensdauer-Regressionsmodells 6.3 dargestellt. Im Folgenden werden zun¨ achst statistische Eigenschaften des Modells er¨ortert, bevor auf die Ergebnisse zu H1 bis H3 eingegangen wird. 617 618
619
Vgl. bspw. Cohen et al. (2003), S. 57-59. Zur Stichprobengr¨ oße: Insgesamt haben die Probanden 3.882 Kaufsituationen durchlaufen, die f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung relevant sind; siehe S. 180. Bei jeder Kaufsituation haben die Probanden durchschnittlich 2,4 Anbieter aufgesucht, einschließlich Recalls. Daraus resultieren 9.482 Gelegenheiten, einen Kauf durchzuf¨ uhren. Bei EP Bt und EANtU P K ist die Stichprobe um 18 Werte gr¨ oßer als die Anzahl der fehlerfreien Angaben zu P Bt bzw. ANtU P K (siehe Abschnitt 6.2), denn in diesen F¨ allen haben die Probanden Recalls ausge¨ ubt. In den folgenden Abschnitten werden bei bivariaten Analysen zus¨ atzlich SpearmanRangkorrelationen betrachtet. Hier entsprechen diese den Bravais-Pearson-Korrelationen.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
213
Tabelle 6.15: Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu den Hypothesen 1 bis 3
Parameter
Unabh¨angige Variable
Sch¨atzwert
Standardfehler
z
p > |z|
Abh¨ angige Variable: prtT β0 β1 β2 β3
– EP Bt EANtU P K EP Bt EANtU P K
-1,283 3,070 1,154 -0,440
0,038 0,136 0,102 0,231
-33,78 22,56 11,30 -1,91
0,000 0,000 0,000 0,057
γ2 γ3 γ4 γ5 γ6 γ7 γ8 γ9 γ10
g2 g3 g4 g5 g6 g7 g8 g9 g10
-0,183 1,286 1,572 1,722 1,013 0,530 -1,757 -1,114 2,575
0,041 0,063 0,112 0,150 0,298 0,443 1,117 1,200 0,570
-4,50 20,52 14,08 11,51 3,40 1,20 -1,57 -0,93 4,51
0,000 0,000 0,000 0,000 0,001 0,231 0,116 0,353 0,000
χ2 (12) p > χ2
1385,95 0,000
2 Rwithin n/cl
0,317/0,246 8.615/495
Mit: z: Teststatistik des Sch¨ atzwerts; p > |z|: Signifikanz des Sch¨ atzwerts; χ2 (df ): Teststatistik 2 des Modells mit df Freiheitsgraden; p > χ2 : Signifikanz des Modells; Rwithin : Intraindividuelles Bestimmtheitsmaß (vollst¨ andiges Modell/strukturelles Modell ohne Indikatorvariablen f¨ ur Suchschritte); cl: Anzahl der Probanden bzw. Cluster, auf der die Berechnung der Standardfehler basiert.
Die im unteren Teil von Tabelle 6.15 angegebenen G¨ utekriterien zeigen, dass das Modell grunds¨atzlich zur Erkl¨ arung der Wahrscheinlichkeit, dass die Probanden ihre Suche beenden, geeignet ist: Dem Wald-Test mit dem angegebenen χ2 -Wert zufolge sind die gesch¨atzten Parameter der unabh¨ angigen Variablen, die in der Tabelle aufgef¨ uhrt sind, atzlich im Modell enthaltenen Indikatorvariablen f¨ ur gemeinsam signifikant.620 Die zus¨ die Probanden werden nicht in den Test einbezogen und nicht in der Tabelle dargestellt, denn sie sind zur Einsch¨ atzung des Modells nicht erforderlich. Weiterhin zeigt das Bestimmtheitsmaß, dass mit dem Modell eine Anpassung an die Daten von 31,7 Prozent erreicht wird.621 Dabei sind 24,6 Prozent auf den strukturellen Teil des Modells zur¨ uckzuf¨ uhren, das heißt auf die theoretisch begr¨ undeten Regressoren EP Bt , EANtU P K und EP Bt EANtU P K . Schließlich zeigt die Tabelle, dass die Sch¨atzung auf 8.615 Beobachtungen von 495 Probanden basiert.622 Ein weiteres G¨ utemaß zur Beurteilung des Modells ist das Pseudo-R2 von McFadden.623 620
621
622 623
Der likelihood-basierte Wald-Test ist bei zusammengesetzten Hypothesen so zu interpretieren wie der F -Test bei Kleinste-Quadrate-Sch¨ atzungen. Bei einfachen Hypothesen ist der Wald-Test so zu interpretieren wie der t-Test. Vgl. bspw. Harvey (1990), S. 166-168; Long (1997), S. 89-93; Cohen et al. (2003), S. 506-508; Singer/Willett (2003), S. 403f.; Davidson/MacKinnon (2004), S. 422-424; Greene (2008), S. 500-502; Verbeek (2008), S. 181-183; Wooldridge (2009), S. 579f. 2 Das Rwithin (vgl. bspw. Verbeek (2008), S. 369f.) wird hier verwendet, da die Sch¨ atzung mit Individualeffekten vorgenommen wird. Es stellt auf die intraindividuelle Variation ab und ist ansonsten so zu interpretieren wie das u ¨bliche R2 . Vgl. zur Anwendbarkeit des u ¨blichen R2 auf logistische Modelle bspw. Wooldridge (2009), S. 582. Siehe Tabelle 6.13 zur Anzahl der Beobachtungen. F¨ unf der 500 Probanden entfallen, da f¨ ur sie keine fehlerfreie Angabe zu ANtU P K vorliegt. Vgl. McFadden, Daniel (1974): Conditional Logit Analysis of Qualitative Choice Behavior, in: Zarembka, Paul (Hrsg.) (1974): Frontiers in Econometrics, New York – London, S. 105–142, hier: S. 121.
214
6 Die Ergebnisse des Experiments
Dieses liegt f¨ ur das Gesamtmodell einschließlich der Indikatorvariablen f¨ ur die Suchschritte und Probanden bei 35,2 Prozent. Weiterhin kann der Anteil der korrekt vorhersagten Werte zur Beurteilung herangezogen werden.624 Dies ist die relative H¨aufigkeit mit der die Auspr¨agung der Variable kauf in Regressionsmodell 6.3 richtig vorhergesagt wird. Bei kauf = 0 betr¨agt der Anteil der korrekt vorhersagten Werte 86,8 Prozent, bei kauf = 1 betr¨agt er 66,8 Prozent. Daraus resultiert ein Gesamtanteil korrekt vorhersagter Werte von 78,8 Prozent. In allen drei F¨ allen ist der Anteil der korrekt vorhergesagten Werte signifikant gr¨oßer als bei einer zuf¨ alligen Zuordnung (jeweils p = 0,000).625 Die G¨ utemaße zeigen, dass das Modell einen wesentlichen Beitrag zur Erkl¨arung der Wahrscheinlichkeit, dass die Probanden ihre Suche beenden, leistet. Die G¨ utekriterien deuten allerdings auch an, dass die Erkl¨ arung nicht vollst¨andig ist: Um die Wahrscheinlichkeit umfassend zu erkl¨ aren, sind weitere Gr¨ oßen erforderlich. Die einzelnen Parametersch¨ atzwerte k¨ onnen nur interpretiert werden, wenn die unabh¨angigen Variablen nicht zu stark voneinander abh¨ angen. Daher ist zu pr¨ ufen, ob bei der Sch¨atzung des Modells ein Kollinearit¨ atsproblem besteht. Diese Pr¨ ufung ist insbesondere aufgrund des enthaltenen Interaktionseffekts erforderlich, denn EP Bt EANtU P K h¨angt naturgem¨aß von EP Bt und EANtU P K ab. Die Konditionszahl der Datenmatrix liegt mit einem Wert von 37,1 u ¨ber dem Schwellenwert von 20, der in der Literatur vorgeschlagen wird (siehe Seite 207). Dies deutet zwar auf Kollinearit¨at hin, allerdings nicht bei den in Tabelle 6.15 aufgef¨ uhrten unabh¨ angigen Variablen: Bei diesen betr¨agt der gr¨oßte Varianzinflationsfaktor 2,2; der Schwellenwert von zehn wird nicht u ¨berschritten. Die Kollinearit¨at wird demnach durch die nicht in der Tabelle aufgef¨ uhrten Indikatorvariablen f¨ ur die Probanden verursacht. Diese erf¨ ullen die Funktion von Kontrollvariablen und daher k¨onnen sie ignoriert werden, da ihre Parameter f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung nicht relevant sind.626 Wenn H1 bis H3 das Verhalten der Probanden exakt erkl¨aren w¨ urden, w¨aren die folgenden Bedingungen erf¨ ullt: F (β0 ) = 0, F (β0 + β1 ) = 0, F (β0 + β2 ) = 0 und F (β0 + β1 + β2 + β3 ) = 1, wobei F (·) die logistische Verteilungsfunktion ist. Die Ergebnisse in Tabelle 6.15 sind in dieser Hinsicht folgendermaßen zu interpretieren: • Der Sch¨atzung zufolge ist die Modellkonstante β0 signifikant negativ und es gilt atzte Wahrscheinlichkeit, dass die Suche beendet F (β0 ) = 0,217. Somit liegt die gesch¨ wird, wenn alle unabh¨ angigen Variablen den Wert 0 aufweisen, bei 21,7 Prozent. Dieser Anteil ist signifikant von null verschieden (p = 0,000).627 Demnach gibt es F¨alle, in denen die Probanden ihre Suche selbst dann beenden, wenn sie weder einen Preis identifiziert haben, der ihrer Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist (EP Bt =0), noch ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist (EANtU P K =0). Diese F¨alle widersprechen H1 und H2, denn sie zeigen, dass die mit diesen Hypothesen formulierten Bedingungen der Beendigung der Suche nicht immer notwendig sind. • Der Sch¨atzwert f¨ ur β1 ist signifikant positiv. Demnach steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Suche beendet wird, wenn ein Preis identifiziert wurde, der der Preisbereitatzung zufolge gilt F (β0 +β1 ) = 0,857 schaft zufolge akzeptabel ist (EP Bt =1). Der Sch¨ und dieser Wert ist signifikant von null verschieden (p = 0,000). Einerseits spricht 624 625 626 627
Vgl. bspw. Wooldridge (2009), S. 249, 581. Vgl. Bortz (2005), S. 625f. zum verwendeten Test. Die Auswahl von G¨ utemaßen orientiert sich an den Ausf¨ uhrungen bei Wooldridge (2009), S. 581f. Vgl. bspw. a. a. O., S. 98f. Dieses und alle im weiteren Verlauf des Kapitels angegebenen Signifikanzniveaus stammen aus WaldTests.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
215
dies f¨ ur H1, denn die Preisbereitschaft ist wie vermutet ein Einflussfaktor der Suchintensit¨at. Andererseits postuliert H2, dass die Suche nur beendet wird, wenn auch das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist; wie bei β0 zeigt sich, dass dies nicht immer eine notwendige Bedingung ist. • Auch der Sch¨atzwert f¨ ur β2 ist signifikant positiv. Die Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche steigt, wenn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse atzung zufolge gilt F (β0 + β2 ) = 0,468 und dieser erf¨ ullt ist (EANtU P K =1). Der Sch¨ Wert ist signifikant von null verschieden (p = 0,000). Dieses Ergebnis ist wie bei β1 zu interpretieren: Es spricht zwar f¨ ur H2; es zeigt jedoch, dass die mit H1 formulierte Bedingung nicht in allen F¨ allen notwendig ist. • Der gesch¨atzte Wert f¨ ur β3 ist signifikant negativ. Dieser Parameter hat allerdings ur die Hypothesenpr¨ ufung: Die nur in Kombination mit β1 und β2 eine Bedeutung f¨ Summe β1 + β2 + β3 zeigt an, ob und in welche Richtung sich die Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche ver¨ andert, wenn ein Preis identifiziert wurde, der der Preisbereitschaft gerecht wird und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse erf¨ ullt ist (EP Bt = EANtU P K = 1). Den Sch¨atzergebnissen zufolge betr¨agt diese Summe 3,785; dieser Wert ist signifikant positiv (p = 0,000). Demnach steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Suche beendet wird, wenn beide Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind. Die gesch¨ atzte Wahrscheinlichkeit betr¨agt in diesem Fall F (β0 + β1 + β2 + β3 ) = 0,924. Dieser Wert ist zwar signifikant von eins verschieden (p = 0,000), die Differenz ist jedoch nicht praktisch bedeutsam. Demnach gibt es nur wenige F¨alle, in denen die Probanden ihre Suche nicht beenden, wenn beide Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind. Dies spricht f¨ ur H3. Die Ergebnisse der Hypothesenpr¨ ufung sind nicht eindeutig. Einerseits gibt es F¨alle, in denen sich die Probanden nicht so verhalten wie mit den Hypothesen postuliert. Andererseits folgen aus den Sch¨ atzergebnissen Zusammenh¨ange, die den Hypothesen entsprechen: • Sowohl die Preisbereitschaft als auch das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse sind Einflussfaktoren der Suchintensit¨ at. Dies spricht f¨ ur H1 und H2. • Die Wahrscheinlichkeit, dass die Suche beendet wird, liegt nahe bei 100 Prozent, wenn beide Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind. Dies st¨ utzt H3. Aufgrund der ermittelten Zusammenh¨ ange werden H1 bis H3 nicht verworfen, mit der Einschr¨ankung, dass die mit H1 und H2 formulierten Bedingungen nicht immer notwendig sind. Mit Gleichung 6.4 werden die Ergebnisse veranschaulicht. prtT ≈ 0,2 + 0,6 EP Bt + 0,3 EANtU P K − 0,2 EP Bt EANtU P K .
(6.4)
6.4.3 Die Preisbereitschaft als abh¨ angige Gr¨ oße Im Folgenden wird darauf eingegangen, wie die Preisbereitschaft zustande kommt. In Abschnitt 6.4.3.1 wird ihre H¨ ohe zu Beginn der Suche behandelt und in Abschnitt 6.4.3.2 ihre Ver¨anderung w¨ahrend der Suche. 6.4.3.1 Die Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche Bei der Modellentwicklung in Abschnitt 4.2.1 wurden drei Hypothesen zum Beginn der Suche hergeleitet: H4: Je h¨oher das Wert¨ aquivalent ist, desto h¨ oher ist die Preisbereitschaft zu Beginn der
216
6 Die Ergebnisse des Experiments
Suche. H5: Je h¨oher die Preisbereitschaft ist, die beim vorhergehenden Kauf eines ¨ahnlichen Produkts gebildet wurde, desto h¨ oher ist die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche. H6: Je h¨oher die Grenzsuchkosten sind, desto h¨ oher ist die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche. Diese Hypothesen wurden mit Gleichung 4.2 formalisiert: P B0 = b0 + b1 p˜ + b2 P B−1 + b3 c
(4.2)
mit: P B0 : Preisbereitschaft zu Beginn der Preissuche; p˜: Wert¨aquivalent; P B−1 : Beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts gebildete (bzw. vorhergehende“) Preisbereitschaft; ” c: Grenzsuchkosten; bk : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3). Im Folgenden werden H4 bis H6 u uft. Zun¨ achst werden die Hypothesen anhand ¨berpr¨ von Gleichung 4.2 als Regressionsmodell operationalisiert. Danach werden deskriptive und bivariate Statistiken angegeben. Anschließend werden die Ergebnisse der Sch¨atzung des Regressionsmodells dargestellt. Die o ¨konometrische Operationalisierung der Hypothesen Um H4 bis H6 zu u ufen, k¨ onnte das Regressionsmodell 6.5 gesch¨atzt werden. Dieses ¨berpr¨ Regressionsmodell ergibt sich unmittelbar aus Gleichung 4.2, wenn eine unbeobachtete St¨orgr¨oße hinzugef¨ ugt wird, die Modellparameter durch Regressionsparameter ersetzt werden und die Struktur der Daten mit Indizes f¨ ur die Probanden, Kaufsituationen und den letzten Suchschritt ber¨ ucksichtigt wird. P Bij0 = β0 + β1 p˜j + β2 P Bi,j−1,T + β3 cj + uij0 .
(6.5)
H5, die sich auf die Bedeutung der vorhergehenden Preisbereitschaft bezieht, k¨onnte mit Regressionsmodell 6.5 nur ansatzweise u uft werden. Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, ¨berpr¨ dass die Probanden im Experiment nacheinander Kaufsituationen durchlaufen, bei denen sich das Wert¨aquivalent des Produkts teilweise unterscheidet (siehe Abschnitt 5.4.1). Unter ansonsten identischen Umst¨ anden sind Produkte mit verschiedenen Wert¨aquivalenten einander jedoch weniger ¨ ahnlich als Produkte mit identischen Wert¨aquivalenten. H5 bezieht sich nur auf ¨ahnliche Produkte und insofern erfordert ihre Pr¨ ufung es, zwischen Kaufsituationen, bei denen das Wert¨ aquivalent dem bei der vorhergehenden Kaufsituation entspricht und Kaufsituationen, bei denen dies nicht der Fall ist, zu unterscheiden. Um diese Unterscheidung vorzunehmen und dennoch alle Beobachtungen in die Sch¨atzung einzubeziehen, wird ein Interaktionseffekt in das Regressionsmodell aufgenommen.628 Dies f¨ uhrt zu Regressionsmodell 6.6; dieses Modell wird zur Hypothesenpr¨ ufung genutzt. P Bij0 = β0 + β1 p˜j + β2 P Bi,j−1,T + β3 cj + β4 wj + β5 wj P Bi,j−1,T + uij0 mit: 628
Vgl. bspw. Wooldridge (2009), S. 238-241.
(6.6)
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen wj =
217
0 wenn p˜j = p˜j−1 ; 1 wenn p˜j = p˜j−1 .
Die Indikatorvariable w zeigt an, ob sich das Wert¨ aquivalent bei einer Kaufsituation vom Wert¨aquivalent bei der vorhergehenden Kaufsituation unterscheidet. Der Parameter β2 repr¨ asentiert den Einfluss der vorhergehenden Preisbereitschaft auf die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche bei gleichem Wert¨ aquivalent. Die Summe β2 + β5 repr¨asentiert diesen Einfluss bei verschiedenem Wert¨ aquivalent.629 H5 kann nicht verworfen werden, wenn bei gleichem Wert¨ aquivalent ein positiver Zusammenhang zwischen der vorhergehenden Preisbereitschaft und der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche besteht. Ob bei verschiedenem Wert¨aquivalent ein Zusammenhang besteht, ist nicht entscheidend und insofern sind die Regressoren w und wP B−1 als Kontrollvariablen aufzufassen. Den Modellparametern bk in Gleichung 4.2 entsprechen die Regressionsparameter βk in Gleichung 6.6. H4 bis H6 implizieren die folgenden Werte (siehe Abschnitt 4.2.1): β0 = 0;
β1 > 0;
β2 > 0;
β3 > 0.
Deskriptive und bivariate Statistiken Bevor das Regressionsmodell 6.6 gesch¨ atzt wird, werden deskriptive und bivariate Kennzahlen ermittelt. In Tabelle 6.16 werden die Daten beschrieben. Die Tabelle zeigt insbesondere, dass die Variablen ausreichend stark variieren, um von einem sinnvollen Hypothesentest ausgehen zu k¨ onnen.630 Tabelle 6.16: Deskriptive Merkmale der Variablen zu den Hypothesen 4 bis 6
Variable P B0 p˜ P B−1 c
x ¯
x(0,5)
sd
Minimum
Maximum
n
210,26 250,46 219,43 12,43
200,00 400,00 220,00 5,00
133,98 150,02 136,78 7,50
20,00 100,00 20,00 5,00
540,00 400,00 520,00 20,00
3.781 3.882 2.331 3.882
Die Korrelationen zwischen den Variablen werden in Tabelle 6.17 angegeben. Die erste Spalte der Tabelle zeigt, dass die Korrelationen zwischen der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche und den Variablen, die sie H4 bis H6 zufolge erkl¨aren, das erwartete Vorzeichen haben und signifikant sind. Der Zusammenhang ist allerdings nur beim Wert¨aquivalent eindeutig praktisch bedeutsam; bei der vorhergehenden Preisbereitschaft und den Grenzsuchkosten ergeben sich bei dieser bivariaten Auswertung nur schwache Zusammenh¨ange.631
629 630
631
Vgl. bspw. Wooldridge (2009), S. 240f. Zur Stichprobengr¨ oße: Insgesamt gehen 3.882 Kaufsituationen ein. 101 Angaben zu P B0 wurden bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert. Bei f¨ unf Kaufsituationen ist auch die vorhergehende Kaufsituation f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung relevant (siehe S. 172) und da 500 Probanden am Experiment teilgenommen haben, k¨ onnen bis zu 2.500 Angaben zu P B−1 vorliegen. 73 dieser Kaufsituationen und weitere 48 vorhergehende Kaufsituationen wurden ohne Kauf abgebrochen. Dar¨ uber hinaus wurden 48 Angaben zu P B−1 als fehlerhaft identifiziert. Somit liegen 2.331 Angaben vor. Die Stichprobengr¨ oße bei der Korrelation zwischen P B−1 und P B0 ist im Vergleich mit Tabelle 6.16 um 64 Werte geringer, da in diesen F¨ allen die Angabe zu P B0 bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert wurde.
218
6 Die Ergebnisse des Experiments
Tabelle 6.17: Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu den Hypothesen 4 bis 6
P B0
p˜
P B−1
p˜
r p rs ps n
0,826 0,000 0,763 0,000 3.781
– – – – –
– – – – –
P B−1
r p rs ps n
0,073 0,000 0,146 0,000 2.267
-0,011 0,604 -0,007 0,725 2.331
– – – – –
c
r p rs ps n
0,035 0,034 0,051 0,002 3.781
-0,001 0,976 -0,001 0,976 3.882
0,011 0,610 0,004 0,836 2.331
Mit: rs : Spearman-Rangkorrelationskoeffizient; ps : Signifikanz von rs .
Die Ergebnisse der Sch¨ atzung In Tabelle 6.18 werden die Ergebnisse der Sch¨ atzung von Regressionsmodell 6.6 dargestellt. Dabei wird eine ARMAX(4, 0)-Spezifikation verwendet, um den zeitlichen Zusammenhang zwischen den St¨ orgr¨ oßen zu modellieren (siehe Seite 208 zu dieser Vorgehensweise). Die G¨ utekriterien in Tabelle 6.18 zeigen, dass das Modell signifikant ist und dass es mit 78,4 Prozent einen großen Anteil der Varianz der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche erkl¨art. Davon sind 71,5 Prozent auf den strukturellen Teil des Modells zur¨ uckzuf¨ uhren, das heißt das Modell ohne die AR-Terme uj−1 bis uj−4 . Die Sch¨atzung basiert auf 2.267 Beobachtungen von 493 Probanden.632 Bei der Hypothesenentwicklung in Abschnitt 4.2.1 wurde darauf hingewiesen, dass P B−1 von p˜ und c abh¨angen kann. Daher ist zu pr¨ ufen, ob bei der Sch¨atzung ein Kollinearit¨atsproblem besteht. Die Pr¨ ufung wird allerdings durch den im Modell enthaltenen Interakangt von Natur aus von den Regressoren tionseffekt erschwert: Der Regressor wP B−1 h¨ w und P B−1 ab. Dementsprechend betr¨ agt der gr¨ oßte Varianzinflationsfaktor 21,6 (bei wP B−1 ) und die Konditionszahl der Datenmatrix liegt bei 23,0. Die in der Literatur vorgeschlagenen Schwellenwerte von zehn bzw. 20 werden demnach zwar u ¨berschritten. Die Kollinearit¨at bezieht sich jedoch nicht auf die Regressoren, die f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung entscheidend sind: Bei p˜ betr¨ agt der Varianzinflationsfaktor 5,2, bei P B−1 6,8 und bei c 1,0. Diese Werte liegen unter dem Schwellenwert von zehn. Die zus¨atzlichen Regressoren w und wP B−1 erf¨ ullen die Funktion von Kontrollvariablen und daher k¨onnen ihre Varianzinflationsfaktoren ignoriert werden. H4 bis H6 implizieren die Parameterwerte β0 = 0, β1 > 0, β2 > 0 und β3 > 0. Die Ergebnisse in Tabelle 6.18 sind in dieser Hinsicht wie folgt zu interpretieren: • Die Modellkonstante β0 ist der Sch¨ atzung zufolge nicht signifikant von null verschieden. 632
Die Anzahl der Beobachtungen wird in den Fußnoten 630 und 631 begr¨ undet. Sieben der 500 Probanden entfallen, da f¨ ur sie keine gemeinsame fehlerfreie Beobachtung von P B0 und P B−1 vorliegt.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
219
Tabelle 6.18: Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu den Hypothesen 4 bis 6
Parameter
Unabh¨angige Variable
Sch¨atzwert
Standardfehler
z
p > |z|
6,555 0,619 0,196 0,717 64,645 -0,305
4,702 0,041 0,045 0,208 20,508 0,091
1,39 14,92 4,34 3,44 3,15 -3,36
0,163 0,000 0,000 0,001 0,002 0,001
-0,371 -0,442 -0,516 -0,715
0,033 0,041 0,035 0,035
-11,09 -10,89 -14,82 -20,52
0,000 0,000 0,000 0,000
χ2 (9) p > χ2
5.880,61 0,000
2 Rwithin n/cl
0,784/0,715 2.267/493
Abh¨ angige Variable: P B0 β0 β1 β2 β3 β4 β5
– p˜ P B−1 c w wP B−1
Abh¨ angige Variable: uj ρ1 ρ2 ρ3 ρ4
uj−1 uj−2 uj−3 uj−4
2 Mit Rwithin : Intraindividuelles Bestimmtheitsmaß (vollst¨ andiges Modell/strukturelles Modell ohne St¨ orgr¨ oßenzusammenhang).
• Der Sch¨atzwert f¨ ur β1 ist signifikant positiv. Die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche steigt unter ansonsten identischen Umst¨ anden um 62 Cent, wenn das Wert¨aquivalent um einen Euro steigt. • Der Sch¨atzwert f¨ ur β2 ist ebenfalls signifikant positiv. Wenn die vorhergehende Preisbereitschaft bei einer Kaufsituation mit identischem Wert¨aquivalent um einen Euro steigt, steigt die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche um 20 Cent.633 • Auch der Sch¨atzwert f¨ ur β3 ist signifikant positiv. Die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche steigt um 72 Cent, wenn die Grenzsuchkosten um einen Euro steigen.634 Die Sch¨atzergebnisse stehen in Einklang mit den vermuteten Werten und daher werden H4 bis H6 nicht verworfen. Mit Gleichung 6.7 werden die ermittelten Zusammenh¨ange veranschaulicht. P B0 ≈ 0,6 p˜ + 0,2 P B−1 + 0,7 c.
(6.7)
6.4.3.2 Die Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Preissuche Ein wesentlicher Aspekt des Modells aus Kapitel 4 ist, dass sich die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche ver¨ andern kann. Aufbauend auf der Theorie des Anspruchsniveaus wurde hierzu in Abschnitt 4.2.2 die folgende Hypothese hergeleitet: H7: Die Preisbereitschaft passt sich w¨ ahrend der Suche an den niedrigsten bekannten Preis an. Diese Hypothese wurde mit der folgenden Gleichung formalisiert: 633 634
Bei 50,5 Prozent der Kaufsituationen, die in die Sch¨ atzung eingehen, entspricht das Wert¨ aquivalent dem bei der vorhergehenden Kaufsituation. Die Beobachtung, dass die partiellen Korrelationen zwischen P B−1 bzw. c und P B0 praktisch bedeutsam sind, w¨ ahrend dies bei den bivariaten Korrelationen nicht eindeutig gilt (siehe Tabelle 6.17), zeigt, dass die Ceteris-Paribus-Bedingung bei diesen Variablen besonders bedeutend ist.
220
6 Die Ergebnisse des Experiments
P Bt = c0 + c1 P Bt−1 + c2 max 0, pmin − P Bt−1 − P Bt−1 + c3 min 0, pmin t t (4.4) mit: P Bt : Preisbereitschaft in Suchschritt t; pmin : Niedrigster in Suchschritt t bekannter Preis; t ck : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3). Die hypothetische Gleichung 4.4 besagt, dass sich die Preisbereitschaft an den niedrigsten bekannten Preis anpasst, wobei die vorige Preisbereitschaft als Anker dient. In der Gleichung wird zwischen positiven und negativen Differenzen unterschieden, um zu ermitteln, ob sich die Preisbereitschaft sowohl an h¨ ohere als auch an niedrigere Preise anpasst. Im Folgenden wird H7 zun¨ achst mithilfe von Gleichung 4.4 als Regressionsmodell operationalisiert. Danach werden die Daten beschrieben und bivariate Korrelationen angegeben. Schließlich werden die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells dargestellt. Die o ¨konometrische Operationalisierung der Hypothese Aus Gleichung 4.4 folgt das Regressionsmodell 6.8.635 P Bijt = β0 + β1 P Bij,t−1 + β2 max 0, pmin jt − P Bij,t−1 min + β3 min 0, pjt − P Bij,t−1 + uijt .
(6.8)
H7 und die Theorie des Anspruchsniveaus implizieren die folgenden Parameterwerte in Regressionsmodell 6.8, wobei β2 und β3 am bedeutendsten sind (siehe Abschnitt 4.2.2): β0 ≤ 0;
0 < β2 ≤ 1;
β1 = 1;
0 < β3 ≤ 1;
β 2 < β3 .
Deskriptive und bivariate Statistiken In Tabelle 6.19 werden die Daten beschrieben. Es zeigt sich insbesondere, dass alle Variablen ausreichend stark variieren, um von einem sinnvollen Hypothesentest ausgehen zu k¨onnen.636 Tabelle 6.19: Deskriptive Merkmale der Variablen zu Hypothese 7
Variable P Bt P Bt−1 − P Bt−1 pmin t
x ¯
x(0,5)
sd
Minimum
Maximum
n
214,48 213,87 27,88
250,00 250,00 20,00
133,19 133,13 66,38
20,00 20,00 -440,00
540,00 540,00 380,00
9.273 8.913 8.913
In Tabelle 6.20 werden die Korrelationen zwischen den Variablen angegeben. Die Tabelle 635 636
Dabei handelt es sich um ein Modell mit einem linearen Spline. Vgl. zu dieser Art von Regressionsmodellen bspw. Greene (2008), S. 111f. Die Stichprobengr¨ oßen kommen wie folgt zustande: Insgesamt liegen 9.273 fehlerfreie Angaben zu P Bt vor; siehe S. 187. Grunds¨ atzlich sollte die Stichprobengr¨ oße f¨ ur P Bt−1 der f¨ ur P Bt entsprechen, denn P Bt−1 liegt nicht f¨ ur den Beginn der Suche (t = 0) vor, w¨ ahrend P Bt im Normalfall nicht im letzten Suchschritt (t = T ) gemessen wird; siehe S. 162. In 360 F¨ allen liegt dennoch eine Angabe zu P BT vor, denn in diesen F¨ allen haben die Probanden ihre Preissuche durch die Aus¨ ubung eines Recalls beendet. Aus diesem Grund ist die Stichprobe f¨ ur P Bt um 360 Angaben gr¨ oßer als f¨ ur die anderen zwei Variablen.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
221
zeigt, dass die Korrelationen zwischen der Preisbereitschaft und den Variablen, die sie H7 zufolge erkl¨aren, das erwartete Vorzeichen haben und signifikant sind.637 Tabelle 6.20: Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu Hypothese 7
P Bt
P Bt−1
P Bt−1
r p rs ps
0,942 0,000 0,915 0,000
– – – –
pmin − P Bt−1 t
r p rs ps
0,254 0,000 0,240 0,000
-0,083 0,000 -0,081 0,000
5.425
8.913
n
Die Ergebnisse der Sch¨ atzung In Tabelle 6.21 werden die Ergebnisse der Sch¨ atzung von Regressionsmodell 6.8 dargestellt. Dabei wird eine ARMAX(2, 2)-Spezifikation verwendet. Tabelle 6.21: Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu Hypothese 7
Parameter
Unabh¨angige Variable
Sch¨atzwert
Standardfehler
z
p > |z|
-2,122 0,944 0,524 0,819
0,878 0,005 0,027 0,051
-2,42 181,90 19,17 16,06
0,016 0,000 0,000 0,000
1,982 -1,454 -1,871 1,322
0,198 0,273 0,244 0,315
10,00 -5,33 -7,67 4,19
0,000 0,000 0,000 0,000
χ2 (7) p > χ2
98.409,86 0,000
2 Rwithin n/cl
0,951/0,951 5.425/481
Abh¨ angige Variable: P Bt β0 β1 β2 β3
– Bt−1 Pmin max 0, pt − P Bt−1 min 0, pmin − P Bt−1 t
Abh¨ angige Variable: ut ρ1 ρ2 θ1 θ2
ut−1 ut−2 et−1 et−2
Die G¨ utekriterien im unteren Teil von Tabelle 6.21 zeigen, dass die Parameter der unabh¨angigen Variablen gemeinsam signifikant sind. Die intraindividuelle Varianz der Preisbereitschaft wird mit 95,1 Prozent nahezu vollst¨ andig erkl¨art, wobei dies sowohl f¨ ur das strukturelle Modell als auch f¨ ur das vollst¨ andige Modell mit AR- und MA-Termen gilt. Die Sch¨atzung basiert auf 5.425 Beobachtungen von 481 Probanden.638 Von einem Kollinearit¨atsproblem ist nicht auszugehen: Der gr¨ oßte Varianzinflationsfaktor betr¨agt 1,1 637
638
Zur Stichprobengr¨ oße: Die 9.273 vorliegenden Angaben zu P Bt stammen aus 3.882 Kaufsituationen. Der Beginn der Suche (t = 0) kann nicht in die Berechnung der Korrelation eingehen, da kein Wert f¨ ur P Bt−1 vorliegt. Somit w¨ urde sich die Stichprobengr¨ oße um 3.882 Werte reduzieren. In 101 F¨ allen wurde die Angabe zu P B0 jedoch bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert. Somit entfallen nur 3.781 Werte f¨ ur t = 0. Dar¨ uber hinaus entfallen 67 Werte f¨ ur t > 0, bei denen P Bt−1 einem verz¨ ogerten Wert von P Bt entsprechen w¨ urde, der als fehlerhaft identifiziert wurde. Somit liegen 5.425 Beobachtungen vor. Siehe Fußnote 637 zur Anzahl der Beobachtungen. 19 der 500 Probanden entfallen, da f¨ ur sie keine
222
6 Die Ergebnisse des Experiments
und die Konditionszahl der Datenmatrix liegt bei 4,4. H7 und die Theorie des Anspruchsniveaus implizieren die Bedingungen β0 ≤ 0, β1 = 1, 0 < β2 ≤ 1, 0 < β3 ≤ 1 und β2 < β3 . In dieser Hinsicht sind die Sch¨atzergebnisse folgendermaßen zu interpretieren: • Die gesch¨atzte Modellkonstante β0 ist signifikant negativ. Die Probanden senken ihre Preisbereitschaft in jedem Suchschritt unter ansonsten identischen Umst¨anden um 2,12 Euro. Allerdings ist nur von einer leichten Tendenz zur Senkung auszugehen, denn der Sch¨atzwert ist nicht praktisch bedeutsam: Die mittlere Preisbereitschaft liegt bei 217,28 Euro und somit macht die Modellkonstante weniger als ein Prozent aus.639 • Der Parameter β1 ist der Sch¨ atzung zufolge signifikant positiv und demzufolge h¨angt die Preisbereitschaft von ihrem vorigen Wert ab. Der Sch¨atzwert ist zwar signifikant von eins verschieden (p = 0,000), die Differenz ist jedoch nicht praktisch bedeutsam. • Der gesch¨atzte Parameter β2 ist signifikant positiv und nicht gr¨oßer als eins (p = 0,000). Die Probanden steigern ihre Preisbereitschaft durchschnittlich um 52,4 Prozent der Differenz zwischen dem niedrigsten bekannten Preis und der vorigen Preisbereitschaft, wenn diese Differenz positiv ist. • Der Sch¨atzwert f¨ ur β3 ist ebenfalls signifikant positiv und nicht gr¨oßer als eins (p = 0,000). Der Sch¨atzwert zeigt, dass die Probanden ihre Preisbereitschaft nicht auf den niedrigsten bekannten Preis senken, wenn dieser Preis unter der vorigen Preisbereitschaft liegt. Stattdessen senken die Probanden ihre Preisbereitschaft durchschnittlich ¨ um 81,9 Prozent der Differenz. Dies steht in Einklang mit der Uberlegung, dass bei der Anpassung der Preisbereitschaft Tr¨ agheit besteht (siehe Seite 127). • Der Parameter β2 ist der Sch¨ atzung zufolge signifikant kleiner als β3 (p = 0,000). Demnach senken die Probanden ihre Preisbereitschaft st¨arker als sie sie erh¨ohen. Mit Gleichung 6.9 werden die ermittelten Zusammenh¨ ange veranschaulicht, unter Ber¨ ucksichtigung der praktischen Bedeutsamkeit der Sch¨ atzwerte. Von zentraler Bedeutung ist, dass sich die Preisbereitschaft sowohl an niedrigere als auch an h¨ohere Preise anpasst, und zwar in verschiedenem Ausmaß. Aufgrund der Ergebnisse wird H7 nicht verworfen. P Bt ≈ P Bt−1 + 0,5 max 0, pmin − P Bt−1 + 0,8 min 0, pmin − P Bt−1 . t t
(6.9)
6.4.4 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als abh¨ angige Gr¨ oße Im Folgenden wird darauf eingegangen, wie das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zustande kommt. In Abschnitt 6.4.4.1 wird der Beginn der Suche behandelt und in Abschnitt 6.4.4.2 die Ver¨ anderung w¨ ahrend der Suche.
639
vollst¨ andige Beobachtung von P Bt und P Bt−1 vorliegt. Diese Probanden haben in nahezu allen durchlaufenen Kaufsituationen den ersten identifizierten Preis akzeptiert. In Tabelle 6.19 wird ein arithmetischer Mittelwert von 214,48 Euro ausgewiesen. Dieser bezieht sich auf alle 9.273 Angaben, w¨ ahrend sich der hier angegebene Mittelwert auf die 5.425 Angaben bezieht, die in die Sch¨ atzung eingehen.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
223
6.4.4.1 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche In Abschnitt 4.3.1 wurden drei Hypothesen zum Beginn der Suche hergeleitet: H8: Je gr¨oßer die Anzahl der Anbieter des Produkts ist, desto h¨oher ist das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche. H9: Je h¨oher das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse ist, das beim vorhergehenden Kauf eines ¨ ahnlichen Produkts gebildet wurde, desto h¨oher ist das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche. H10: Je h¨oher die Grenzsuchkosten sind, desto geringer ist das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche. Diese Hypothesen wurden mit der folgenden Gleichung formalisiert: UP K ˜ + d2 AN−1 AN0U P K = d0 + d1 N + d3 c
(4.5)
mit: AN0U P K : Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Preissuche; ˜ : Anzahl der Anbieter; N U P K : Beim vorhergehenden Kauf eines ahnlichen Produkts gebildetes (bzw. AN−1 ¨ vorhergehendes“) Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse; ” c: Grenzsuchkosten;
dk : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3). Im Folgenden werden H8 bis H10 u uft. Zun¨ achst werden die Hypothesen anhand ¨berpr¨ von Gleichung 4.5 als Regressionsmodell operationalisiert. Danach werden deskriptive und bivariate Statistiken angegeben und anschließend werden die Ergebnisse der Sch¨atzung des Regressionsmodells er¨ ortert. Die o ¨konometrische Operationalisierung der Hypothesen Bei der Formulierung von Gleichung 4.5 als Regressionsmodell wird wie bei der Preisbereitschaft vorgegangen (siehe Abschnitt 6.4.3.1): Anstatt die Gleichung direkt f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung zu verwenden, wird ein Interaktionseffekt aufgenommen. Der Interaktionseffekt dient dazu, zwischen Kaufsituationen, bei denen das Wert¨aquivalent (˜ p) dem bei der vorhergehenden Kaufsituation entspricht und Kaufsituationen, bei denen dies nicht der Fall ist, zu unterscheiden. Dies ist erforderlich, da sich H9 auf ¨ahnliche Produkte bezieht und Produkte mit gleichen Wert¨ aquivalenten unter ansonsten identischen Umst¨anden einander ¨ ahnlicher sind als Produkte mit verschiedenen Wert¨aquivalenten. Somit ergibt sich das Regressionsmodell 6.10. UP K UP K UP K ˜j + β2 ANi,j−1,T ANij0 = β0 + β 1 N + β3 cj + β4 wj + β5 wj ANi,j−1,T + uij0
mit: wj =
(6.10)
0 wenn p˜j = p˜j−1 ; 1 wenn p˜j = p˜j−1 .
Der Parameter β2 bemisst den Einfluss des vorhergehenden Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse auf das neue Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bei gleichem Wert¨ aquivalent. Die Summe β2 + β5 repr¨asentiert diesen Einfluss
224
6 Die Ergebnisse des Experiments
bei verschiedenem Wert¨ aquivalent. H9 kann nicht verworfen werden, wenn bei gleichem Wert¨aquivalent ein positiver Zusammenhang besteht. Den Modellparametern dk in Gleichung 4.5 entsprechen die Regressionsparameter βk in Gleichung 6.10. H8 bis H10 implizieren die folgenden Werte (siehe Abschnitt 4.3.1): β0 = 0;
β1 > 0;
β2 > 0;
β3 < 0.
Deskriptive und bivariate Statistiken In Tabelle 6.22 werden die Daten beschrieben. Die Kennzahlen zeigen insbesondere, dass die Streuung bei allen Variablen ausreichend groß sein d¨ urfte, um die Hypothesen u ufen zu k¨onnen.640 ¨berpr¨ Tabelle 6.22: Deskriptive Merkmale der Variablen zu den Hypothesen 8 bis 10
Variable
x ¯
x(0,5)
sd
Minimum
Maximum
n
AN0U P K
2,80 7,49 3,47 12,43
3,00 5,00 3,00 5,00
1,51 2,50 1,69 7,50
0,00 5,00 0,00 5,00
10,00 10,00 13,00 20,00
3.479 3.882 2.153 3.882
˜ N UP K AN−1 c
In Tabelle 6.23 werden die Korrelationen zwischen den Variablen angegeben. Zwischen dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche und den Variablen, die es H8 bis H10 zufolge erkl¨ aren, bestehen signifikante Zusammenh¨ange, die das vermutete Vorzeichen haben.641 Die Ergebnisse der Sch¨ atzung In Tabelle 6.24 werden die Ergebnisse der Sch¨ atzung von Regressionsmodell 6.10 dargestellt. Dabei wird eine ARMAX(4, 0)-Spezifikation verwendet. Die G¨ utekriterien im unteren Teil der Tabelle zeigen, dass die Parameter der unabh¨angigen Variablen gemeinsam signifikant sind. Der Anteil der erkl¨arten intraindividuellen Varianz liegt bei 41,3 Prozent, wobei 19,9 Prozent auf den strukturellen Teil des Modells zur¨ uckzuf¨ uhren sind, das heißt das Modell ohne die AR-Terme uj−1 bis uj−4 . Ein großer Teil der Varianz des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche bleibt demnach unerkl¨ art. Die Sch¨ atzung basiert auf 2.009 Beobachtungen von 476 Probanden.642 U P K von N ˜ Bei der Hypothesenentwicklung in Abschnitt 4.3.1 wurde angemerkt, dass AN−1 und c abh¨angen kann. Aus diesem Grund ist zu pr¨ ufen, ob die Sch¨atzung des Modells mit einem Kollinearit¨atsproblem einhergeht. Dies ist trotz des enthaltenen Interaktionseffekts 640
641
642
Zur Stichprobengr¨ oße: Insgesamt gehen 3.882 Kaufsituationen ein. 403 Angaben zu AN0U P K wurden bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert. Bei f¨ unf Kaufsituationen ist auch die vorhergehende Kaufsituation f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung relevant (siehe S. 172) und da 500 Probanden UP K am Experiment teilgenommen haben, k¨ onnen bis zu 2.500 Angaben zu AN−1 vorliegen. 73 dieser Kaufsituationen und weitere 48 vorhergehende Kaufsituationen wurden ohne Kauf abgebrochen. DarUP K u ¨ber hinaus wurden 226 Angaben zu AN−1 als fehlerhaft identifiziert. Somit liegen 2.153 Angaben vor. UP K Die Stichprobengr¨ oße bei der Korrelation zwischen AN−1 und AN0U P K ist im Vergleich mit Tabelle 6.22 um 144 Werte geringer, da in diesen F¨ allen die Angabe zu AN0U P K bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert wurde. Die Anzahl der Beobachtungen wird in den Fußnoten 640 und 641 begr¨ undet. 24 der 500 Probanden UP K entfallen, da f¨ ur sie keine gemeinsame fehlerfreie Beobachtung von AN0U P K und AN−1 vorliegt.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
225
Tabelle 6.23: Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu den Hypothesen 8 bis 10
AN0U P K
˜ N
UP K AN−1
˜ N
r p rs ps n
0,218 0,000 0,192 0,000 3.479
– – – – –
– – – – –
UP K AN−1
r p rs ps n
0,353 0,000 0,392 0,000 2.009
0,015 0,475 0,024 0,258 2.153
– – – – –
c
r p rs ps n
-0,240 0,000 -0,258 0,002 3.479
-0,001 0,946 -0,001 0,946 3.882
0,016 0,471 0,014 0,505 2.153
Tabelle 6.24: Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu den Hypothesen 8 bis 10
Parameter
Unabh¨angige Variable
Sch¨atzwert
Standardfehler
z
p > |z|
2,266 0,119 0,097 -0,054 0,155 -0,073
0,145 0,011 0,036 0,004 0,154 0,048
15,60 10,77 2,73 -12,92 1,01 -1,53
0,000 0,000 0,006 0,000 0,314 0,126
-0,431 -0,559 -0,483 -0,718
0,033 0,041 0,032 0,028
-12,95 -13,55 -15,11 -25,70
0,000 0,000 0,000 0,000
χ2 (9) p > χ2
3.067,90 0,000
2 Rwithin n/cl
0,413/0,199 2.009/476
Abh¨ angige Variable: AN0U P K β0 β1 β2 β3 β4 β5
– ˜ N UP K AN−1 c w UP K wAN−1
Abh¨ angige Variable: uj ρ1 ρ2 ρ3 ρ4
uj−1 uj−2 uj−3 uj−4
nicht der Fall: Der gr¨ oßte Varianzinflationsfaktor liegt bei 4,9 und die Konditionszahl der Datenmatrix betr¨agt 15,2. Diese Werte liegen unter den Schwellenwerten von zehn bzw. 20. H8 bis H10 implizieren die folgenden Bedingungen: β0 = 0, β1 > 0, β2 > 0 und β3 < 0. Die Ergebnisse in Tabelle 6.24 lassen hierzu die folgenden Schl¨ usse zu: • Der Sch¨atzwert f¨ ur die Modellkonstante β0 ist signifikant positiv und praktisch bedeutsam: Das mittlere Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche betr¨ agt 2,8 und somit macht die Modellkonstante in H¨ohe von 2,3 einen wesentlichen Anteil aus. Die Bedingung β0 = 0 ist demnach nicht erf¨ ullt. • Der gesch¨atzte Wert f¨ ur β1 ist signifikant positiv. Wenn die Anzahl der Anbieter um eins steigt, steigt das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn
226
6 Die Ergebnisse des Experiments
der Suche unter ansonsten identischen Umst¨ anden um 0,1. • Der Sch¨atzwert f¨ ur β2 ist ebenfalls signifikant positiv, er ist allerdings nur knapp praktisch bedeutsam. Es zeigt sich also, dass das neue Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse leicht vom vorhergehenden Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse bei einer Kaufsituation mit identischem Wert¨aquivalent f¨ ur das Produkt abh¨angt.643 Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse steigt um 0,1, wenn das vorhergehende Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse um eins steigt. Dass der Sch¨atzwert f¨ ur β2 nur knapp praktisch bedeutsam ist, ist auf die Ber¨ ucksichtigung unbeobachteter Heterogenit¨ at (siehe Seite 207) zur¨ uckzuf¨ uhren: Wenn die Sch¨atzung ohne Individualeffekte durchgef¨ uhrt wird, steigt der Sch¨atzwert f¨ ur β2 bei ansonsten im Wesentlichen gleichbleibenden Parametern auf 0,250 (und das Signifikanzniveau steigt auf p = 0,000). Dies zeigt, dass zwischen dem vorhergehenden Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse und dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche ein Zusammenhang besteht, der zum großen Teil auf individuelle Neigungen der Probanden zu niedrigen oder hohen Werten zur¨ uckzuf¨ uhren ist. • F¨ ur β3 wird ein signifikant negativer Wert ermittelt. Wenn die Grenzsuchkosten um einen Euro steigen, sinkt das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche um 0,05. Eine lineare Fortschreibung l¨asst den Schluss zu, dass dieser Wert auch praktisch bedeutsam ist: Wenn die Grenzsuchkosten um zehn Euro steigen, sinkt das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche um 0,5. Mit Gleichung 6.11 werden die ermittelten Zusammenh¨ ange veranschaulicht. UP K ˜ + 0,1 AN−1 AN0U P K ≈ 2,3 + 0,1 N − 0,1 c.
(6.11)
Hinsichtlich H8 bis H10 lassen die Ergebnisse keinen eindeutigen Schluss zu. Im Einzelnen werden die Hypothesen zwar nicht verworfen, denn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche h¨ angt positiv von der Anzahl der Anbieter und von seinem vorhergehenden Wert sowie negativ von den Grenzsuchkosten ab. Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wird jedoch nicht nur von diesen Gr¨oßen beeinflusst, denn erstens wird ein großer Teil seiner Varianz nicht erkl¨art und zweitens wird eine positive Modellkonstante ermittelt. 6.4.4.2 Die Ver¨ anderung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Preissuche Dem Modell aus Kapitel 4 zufolge ist das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse eine dynamische Gr¨ oße, die sich w¨ ahrend der Suche ver¨andern kann. Um die Dynamik zu erkl¨aren, wurde in Abschnitt 4.3.2 die folgende Hypothese hergeleitet: H11: Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse passt sich w¨ahrend der Suche an den Umfang der Preiskenntnisse an. Diese Hypothese wurde mit Gleichung 4.6 formalisiert:
643
Bei 50,5 Prozent der Kaufsituationen, die in die Sch¨ atzung eingehen, entspricht das Wert¨ aquivalent dem bei der vorhergehenden Kaufsituation.
6.4 Die Pr¨ ufung der Modellhypothesen
227
UP K UP K UP K ANtU P K = e0 + e1 ANt−1 + e2 max 0, t − ANt−1 + e3 min 0, t − ANt−1 (4.6) mit: ek : Modellparameter (k = 0, 1, 2, 3). Im Folgenden wird H11 u uft. Zun¨ achst wird die Hypothese anhand von Glei¨berpr¨ chung 4.6 als Regressionsmodell operationalisiert, bevor die Daten beschrieben und bivariate Korrelationen angegeben werden. Anschließend werden die Ergebnisse der Sch¨atzung des Regressionsmodells dargestellt. Die o ¨konometrische Operationalisierung der Hypothese Aus Gleichung 4.6 ergibt sich das Regressionsmodell 6.12. UP K UP K UP K ANijt = β0 + β1 ANij,t−1 + β2 max 0, t − ANij,t−1 UP K + uijt . + β3 min 0, t − ANij,t−1
(6.12)
Hypothesenkonform w¨ aren die folgenden Parameterwerte, wobei β2 und β3 die gr¨oßte Bedeutung zukommt (siehe Abschnitt 4.3.2): β0 ≥ 0;
β1 = 1;
0 < β2 ≤ 1;
0 < β3 ≤ 1;
β 2 > β3 .
Deskriptive und bivariate Statistiken In Tabelle 6.25 werden deskriptive Statistiken angegeben. Alle Variablen weisen eine Streuung auf, die f¨ ur die Hypothesenpr¨ ufung ausreichend sein d¨ urfte.644 Tabelle 6.25: Deskriptive Merkmale der Variablen zu Hypothese 11
Variable ANtU P K UP K ANt−1 UP K t − ANt−1
x ¯
x(0,5)
sd
Minimum
Maximum
n
3,57 3,54 -1,49
3,00 3,00 -1,00
1,79 1,77 1,47
0,00 0,00 -9,00
14,00 14,00 1,00
8.678 8.357 8.357
In Tabelle 6.26 werden die Korrelationen zwischen den Variablen angegeben. Alle KorU P K entspricht das Vorzeichen der Erwartung, bei relationen sind signifikant. Bei ANt−1 U P K hingegen ergibt sich bei dieser bivariaten Auswertung ein negativer Zusamt − ANt−1 menhang.645 644
645
Die Stichprobengr¨ oßen kommen wie folgt zustande: Insgesamt liegen 8.678 fehlerfreie Angaben zu UP K ANtU P K vor; siehe S. 190. Grunds¨ atzlich sollte die Stichprobengr¨ oße f¨ ur ANt−1 der f¨ ur ANtU P K UP K entsprechen, denn ANt−1 liegt nicht f¨ ur den Beginn der Suche (t = 0) vor, w¨ ahrend ANtU P K im Normalfall nicht im letzten Suchschritt (t = T ) gemessen wird; siehe S. 164. In 321 F¨ allen liegt dennoch eine Angabe zu ANTU P K vor, denn in diesen F¨ allen haben die Probanden ihre Preissuche UP K durch die Aus¨ ubung eines Recalls beendet. Aus diesem Grund ist die Stichprobe f¨ ur ANt um 321 Angaben gr¨ oßer als f¨ ur die anderen zwei Variablen. Zur Stichprobengr¨ oße: Die 8.678 Werte zu ANtU P K stammen aus 3.882 Kaufsituationen. Der Beginn UP K der Suche (t = 0) kann nicht in die Korrelation eingehen, da kein Wert f¨ ur ANt−1 vorliegt. Somit w¨ urde sich die Stichprobengr¨ oße um 3.882 Werte reduzieren. In 403 F¨ allen wurde die Angabe zu AN0U P K jedoch bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert und somit entfallen nur 3.479 UP K Werte f¨ ur t = 0. Dar¨ uber hinaus entfallen 245 Werte f¨ ur t > 0, bei denen ANt−1 einem verz¨ ogerten Wert von ANtU P K entsprechen w¨ urde, der als fehlerhaft identifiziert wurde. Somit liegen 4.954 Beobachtungen vor.
228
6 Die Ergebnisse des Experiments
Tabelle 6.26: Bivariate Korrelationen zwischen den Variablen zu Hypothese 11
UP K ANt−1
UP K t − ANt−1
ANtU P K
UP K ANt−1
r p rs ps
0,909 0,000 0,879 0,000
– – – –
r p rs ps
-0,614 0,000 -0,541 0,000
-0,721 0,000 -0,653 0,000
4.954
8.357
n
Die Ergebnisse der Sch¨ atzung In Tabelle 6.27 werden die Ergebnisse der Sch¨ atzung von Regressionsmodell 6.12 dargestellt. Dabei wird eine ARMAX(1, 2)-Spezifikation verwendet. Tabelle 6.27: Die Ergebnisse der Sch¨ atzung des Regressionsmodells zu Hypothese 11
Parameter
Unabh¨angige Variable
Sch¨atzwert
Standardfehler
z
p > |z|
0,882 0,965 0,698 0,174
0,045 0,012 0,166 0,020
19,39 83,14 4,19 8,88
0,000 0,000 0,000 0,000
1,349 -1,568 0,252
0,172 0,191 0,103
7,85 -8,19 2,46
0,000 0,000 0,014
χ2 (6) p > χ2
9.242,07 0,000
2 Rwithin n/cl
0,770/0,765 4.954/463
Abh¨ angige Variable: ANtU P K β0 β1 β2 β3
–
UP K
ANt−1 U P K max 0, t − ANt−1 UP K min 0, t − ANt−1
Abh¨ angige Variable: ut ρ1 θ1 θ2
ut−1 et−1 et−2
Die G¨ utekriterien im unteren Teil von Tabelle 6.27 zeigen, dass die Parameter der unabh¨angigen Variablen gemeinsam signifikant sind. Das vollst¨andige bzw. strukturelle Modell erkl¨art mit 77,0 bzw. 76,5 Prozent einen großen Anteil der intraindividuellen Varianz des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse. Die Sch¨atzung basiert auf 4.954 Beobachtungen von 463 Probanden.646 Von einem Kollinearit¨atsproblem ist nicht auszugehen: Der gr¨ oßte Varianzinflationsfaktor betr¨agt 1,6 und die Konditionszahl der Datenmatrix liegt bei 7,7. H11 und die Theorie des Anspruchsniveaus implizieren die folgenden Bedingungen: β0 ≥ 0, β1 = 1, 0 < β2 ≤ 1, 0 < β3 ≤ 1 und β2 > β3 . Die Sch¨atzergebnisse sind in dieser Hinsicht folgendermaßen zu interpretieren: • F¨ ur die Modellkonstante β0 wird ein signifikant positiver Wert ermittelt, der auch praktisch bedeutsam ist: Das mittlere Anspruchsniveau an den Umfang der Preis646
Siehe Fußnote 645 zur Anzahl der Beobachtungen. 37 der 500 Probanden entfallen, da f¨ ur sie keine UP K vollst¨ andige Beobachtung von ANtU P K und ANt−1 vorliegt. Diese Probanden haben in nahezu allen durchlaufenen Kaufsituationen den ersten identifizierten Preis akzeptiert oder durchweg Angaben gemacht, die bei der Datenbereinigung als fehlerhaft identifiziert wurden.
6.5 Zur Bedeutung nicht ber¨ ucksichtigter Einflussfaktoren
229
kenntnisse w¨ahrend der Suche betr¨ agt 4,1 und somit macht die Konstante in H¨ohe von 0,9 einen wesentlichen Anteil aus.647 Demnach tendieren die Probanden dazu, ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse unter ansonsten identischen Umst¨anden w¨ahrend der Suche zu erh¨ ohen. • Auch der Sch¨atzwert f¨ ur β1 ist signifikant positiv. Der ermittelte Wert ist zwar signifikant von eins verschieden (p = 0,003), die Differenz ist jedoch nicht praktisch bedeutsam. Demzufolge dient das vorige Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse als Anker, von dem aus die Anpassung an den Umfang der Preiskenntnisse erfolgt. • Der gesch¨atzte Parameter β2 ist ebenfalls signifikant positiv. Weiterhin ist der Sch¨atzwert nicht gr¨oßer als eins (p = 0,035). Wenn der Umfang der Preiskenntnisse u ¨ber dem vorigen Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse liegt, erh¨ohen die Probanden ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse durchschnittlich um 69,8 Prozent der Differenz. • Auch der Sch¨atzwert f¨ ur β3 ist signifikant positiv und nicht gr¨oßer als eins (p = 0,000). Die Probanden senken ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse durchschnittlich um 17,4 Prozent der Differenz zwischen dem Umfang der Preiskenntnisse und dem vorigen Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse, wenn die Differenz negativ ist.648 • Der Sch¨atzung zufolge ist β2 signifikant gr¨ oßer als β3 (p = 0,001). Steigerungen des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse fallen demnach st¨arker aus als Senkungen. Mit Gleichung 6.13 werden die ermittelten Zusammenh¨ ange veranschaulicht. Aufgrund der Ergebnisse wird H11 nicht verworfen. UP K UP K UP K ANtU P K ≈ 0,9 + ANt−1 + 0,2 min 0, t − ANt−1 . + 0,7 max 0, t − ANt−1 (6.13)
6.5 Zur Bedeutung nicht ber¨ ucksichtigter Einflussfaktoren des Preissuchverhaltens Bei der Herleitung der Hypothesen in Kapitel 4 wurden zwei nicht im Modell enthaltene Faktoren erw¨ahnt, bei denen nicht grunds¨ atzlich auszuschließen ist, dass sie einen Beitrag zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens leisten: Preise, die u ¨ber dem niedrigsten bekannten Preis liegen und die Streuung der Preise. Im Folgenden wird anhand der experimentell erhobenen Daten gepr¨ uft, ob es gerechtfertigt ist, diese Faktoren nicht zu ber¨ ucksichtigen.
647
648
In Tabelle 6.25 wird ein arithmetischer Mittelwert von 3,57 ausgewiesen. Dieser bezieht sich auf alle 8.678 Angaben, w¨ ahrend sich der hier angegebene Mittelwert auf die 4.954 Angaben bezieht, die in die Sch¨ atzung eingehen. UP K Die Beobachtung, dass die partiellen Korrelationen zwischen max 0, t − ANt−1 bzw. UP K UP K min 0, t − ANt−1 positiv sind, w¨ ahrend die entsprechende bivariate Korrelation und ANt negativ ist (siehe Tabelle 6.26), zeigt, dass die multivariate Auswertung bei diesen Variablen besonders bedeutend ist.
230
6 Die Ergebnisse des Experiments
6.5.1 Zur Bedeutung von u ¨ ber dem niedrigsten bekannten Preis liegenden Preisen In Abschnitt 4.2.2 wurde zu H7, die sich auf die Ver¨ anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche bezieht, angemerkt, dass die Preisbereitschaft m¨oglicherweise nicht nur vom niedrigsten bekannten Preis abh¨ angt, sondern auch von anderen Preisen. Insbesondere wurde vermutet, dass die Preisbereitschaft umso h¨oher ist, je gr¨oßer die Differenz zwischen dem zuletzt identifizierten und dem niedrigsten bekannten Preis ist. In H7 geht nur der niedrigste bekannte Preis ein und es stellt sich die Frage, ob es sich dabei um eine berechtigte Vereinfachung handelt. Um dies zu u ufen, wird die Differenz pt − pmin als zus¨atzliche erkl¨arende Varia¨berpr¨ t ble in Regressionsmodell 6.8 aufgenommen, mit dem H7 operationalisiert wurde (siehe wird ein Sch¨atzwert von 0,112 Seite 220). F¨ ur den Regressionsparameter zu pt − pmin t ermittelt, der signifikant positiv ist (p = 0,000). Die weiteren gesch¨atzten Parameter und das Bestimmtheitsmaß ver¨ andern sich durch die Aufnahme der zus¨atzlichen erkl¨arenden Variable nur unwesentlich. Diesem Ergebnis zufolge h¨ angt die Preisbereitschaft zwar nicht nur vom niedrigsten bekannten Preis ab, sondern auch von anderen Preisen. Die in Regressionsmodell 6.8 enthaltenen anspruchsniveautheoretisch begr¨ undeten Einflussfaktoren (das heißt die vorige Preisbereitschaft sowie die positive und negative Differenz zwischen dem niedrigsten bekannten Preis und der vorigen Preisbereitschaft) sind jedoch praktisch und statistisch bedeutsamer als pt − pmin (jeweils p = 0,000). Dar¨ uber hinaus erh¨oht sich die Erkl¨at rungsg¨ ute nicht wesentlich. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Preisen, die u ¨ber dem niedrigsten bekannten Preis liegen, zwar eine u ¨ber das Modell hinausgehende Bedeutung zukommt, jedoch nur eine geringe. 6.5.2 Zur Bedeutung der Preisstreuung In Abschnitt 4.3.2 wurde darauf hingewiesen, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse und die Preisbereitschaft dem Modell zufolge nicht von der Streuung der Preise abh¨angen. Damit geht einher, dass auch die Suchintensit¨at nicht von der Streuung beeinflusst wird. Um diese Vermutungen zu u ufen, wird die Streuung als Standardabweichung der ¨berpr¨ Preise, die die Probanden bis zu einem Suchschritt identifiziert haben, operationalisiert.649 Diese Gr¨oße wird als zus¨ atzliche erkl¨ arende Variable in drei Regressionsmodelle aufgenommen: • Erstens in das Lebensdauer-Regressionsmodell 6.3, mit dem H1 bis H3 operationalisiert wurden, um die Suchintensit¨ at zu erkl¨ aren (siehe Seite 210). In diesem Modell wird f¨ ur den Regressionsparameter, der der Standardabweichung der Preise zugeordnet ist, ein Sch¨ atzwert von 0,015 ermittelt. Dem entspricht ein partieller Effekt von 0,004 auf die Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche, wenn die restlichen Regressoren auf ihren arithmetischen Mittelwert festgelegt werden, und ein durchschnittlicher partieller Effekt von 0,002.650 Diese drei Werte sind zwar signifikant von null verschieden (jeweils p = 0,000), sie sind jedoch nicht praktisch bedeutsam. • Zweitens in das Regressionsmodell 6.8, mit dem H7 zur Ver¨anderung der Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche operationalisiert wurde (siehe Seite 220). In diesem Modell 649 650
Vgl. auch Hey (1991), S. 105-107; Hey (1993), S. 89f. Vgl. zu diesen zwei Einflusskennzahlen bspw. Wooldridge (2009), S. 582f.
6.6 Zwischenfazit
231
wird f¨ ur den Parameter ein Sch¨ atzwert von 0,050 ermittelt. Dieser Wert ist nicht signifikant von null verschieden (p = 0,508). • Drittens in das Regressionsmodell 6.12, mit dem H11 zur Ver¨anderung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Suche operationalisiert wurde (siehe Seite 227). Der gesch¨ atzte Parameter liegt in diesem Modell bei -0,001. Dieser Wert ist nicht signifikant von null verschieden (p = 0,183). Bei allen Modellen gilt, dass sich die weiteren gesch¨ atzten Parameter und das Bestimmtheitsmaß nicht wesentlich ¨ andern, wenn die Standardabweichung der Preise als zus¨atzliche erkl¨arende Variable aufgenommen wird. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass die Preisstreuung keinen bedeutsamen ¨ Einfluss auf die Modellkonstrukte hat. Dies deckt sich mit den Uberlegungen, die bei der Herleitung der Hypothesen in Abschnitt 4.3.2 angestellt wurden. Anzumerken ist, dass mit dem Modell nur auf F¨ alle abgestellt wird, in denen Konsumenten zu Beginn der Suche keine Informationen u ¨ber die Preisstreuung haben (A9, siehe Seite 121). Die Ergebnisse k¨onnen nicht auf F¨ alle u ¨bertragen werden, in denen diese Annahme nicht erf¨ ullt ist.
¨ 6.6 Zwischenfazit: Die Ergebnisse des Experiments im Uberblick und ihre Interpretation Die Ergebnisse des Experiments zeigen, dass das Modell aus Kapitel 4 einen wesentlichen Beitrag zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens leistet. Neun der elf Hypothesen, aus denen das Modell besteht, werden nicht verworfen; zwei Hypothesen werden mit Einschr¨ ankung nicht verworfen.651 Bei drei der f¨ unf abh¨ angigen Variablen liegt der Anteil der erkl¨arten Varianz bei u ¨ber 70 Prozent; bei zwei Variablen betr¨agt der Anteil wenigstens 20 Prozent. In Tabelle 6.28 und Abbildung 6.3 werden die Ergebnisse zusammengefasst. Im Vergleich mit den vermuteten Zusammenh¨ angen fallen insbesondere die Ergebnisse zu H1 und H2 auf. In Abschnitt 6.4.2 wurde gezeigt, dass die mit diesen Hypothesen formulierten Bedingungen entgegen der Vermutung nicht immer notwendig sind. Es gibt also F¨alle, in denen Konsumenten ihre Preissuche mit einem Kauf beenden, obwohl 1. ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse nicht erf¨ ullt ist oder 2. sie keinen Preis identifiziert haben, der ihrer Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist oder 3. keine der beiden Bedingungen erf¨ ullt ist. Eine m¨ogliche Erkl¨arung f¨ ur diese Ergebnisse besteht darin, dass jedem Anspruchsniveau eine Wichtigkeit zugeordnet ist.652 So ist denkbar, dass es F¨alle gibt, in denen Konsumenten zwar grunds¨atzlich in ausreichendem Maße sicherstellen wollen, dass sie einen im Vergleich zu allen im Markt geforderten Preisen niedrigen Preis zahlen, in denen sie diesem Ziel und daher ihrem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse jedoch keine große Wichtigkeit beimessen (Aufz¨ ahlungspunkt 1). Die Vermutung, dass 651
652
Die gr¨ oßtenteils hypothesenkonformen Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse konstruktvalide gemessen werden, wie auf S. 198 er¨ ortert. Auch in anderen Arbeiten finden sich Hinweise darauf, dass Anspruchsniveaus nicht nur durch ihre H¨ ohe, sondern durch mindestens ein weiteres Merkmal gekennzeichnet sind, bspw. die Bestimmtheit, Dringlichkeit oder Sicherheit. Vgl. Hoppe (1930), S. 10, 14, 25; Lewin et al. (1944), S. 335, 366; Simon (1955), S. 112; Sauermann/Selten (1962), S. 583; Glynn/Lant/Mezias (1991), S. 385-388; Selten (1998), S. 194; MacLeod/Pingle (2005), S. 618-626; Greve (2008).
232
6 Die Ergebnisse des Experiments ¨ Tabelle 6.28: Die Ergebnisse der Hypothesenpr¨ ufung im Uberblick
Abh¨angige Variable
Unabh¨angige Variable
Ergebnis
R2
1 2 3
prtT
EP Bt EANtU P K EP Bt EANtU P K
0 0 +
≥ 0,2
4 5 6
P B0
p˜ P B−1 c
+ + +
≥ 0,7
7
P Bt
pmin t
+
≥ 0,9
8 9 10
AN0U P K
˜ N UP K AN−1 c
+ + +
≥ 0,2
11
ANtU P K
t
+
≥ 0,7
Hypothese
¨ Abbildung 6.3: Die Ergebnisse der Hypothesenpr¨ ufung im Uberblick R2 0,7 Wertäquivalent
Preisbereitschaft (Anspruchsniveau an den Preis)
H4: +
R2 0,9
H5: + Vorhergehende Preisbereitschaft
H7: + H6: + H1: 0
Höhe Während der Suche identifizierte Preise
Grenzsuchkosten
H3: +
Fortführung oder Beendigung der Preissuche
Intensität der Preissuche
R2 0,2
Anzahl
H2: 0
H10: + Anzahl der Anbieter
H11: + H8: +
Vorhergehendes Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse
R2 0,7
H9: + R2 0,2
Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse
Symbolerl¨ auterung: +: Nicht verworfen; 0: Mit Einschr¨ ankung nicht verworfen.
Konsumenten das Ziel verfolgen, die Preisg¨ unstigkeit beurteilen zu k¨onnen (siehe Seite 116), trifft demnach m¨ oglicherweise nicht immer zu. Umgekehrt ist denkbar, dass Konsumenten in manchen F¨ allen nur in ausreichendem Maße sicherstellen wollen, dass sie einen im Vergleich zu anderen Preisen niedrigen Preis zahlen und daher ihrer Preisbereitschaft keine große Wichtigkeit beimessen (Punkt 2). Demnach gibt es F¨alle, in denen Konsumenten haupts¨ achlich das Ziel verfolgen, die Preisg¨ unstigkeit beurteilen zu k¨onnen. Bei F¨allen, in denen beide Anspruchsniveaus unwichtig sind (Punkt 3), handelt es sich m¨oglicherweise um Kaufentscheidungen mit geringer kognitiver Steuerung – ¨ahnlich habitualisierten Kaufentscheidungen, bei denen das Anspruchsniveau keine ” Rolle“653 spielt. 653
Weinberg (1981), S. 14.
6.6 Zwischenfazit
233
Obwohl die mit H1 und H2 formulierten Bedingungen nicht immer notwendig sind, sind die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wie vermutet Einflussfaktoren der Suchintensit¨ at. Weiterhin zeigt sich in Einklang mit H3, dass die Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche nahe bei 100 Prozent liegt, wenn beide Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind. Weder die Preisbereitschaft noch das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse allein reichen aus, um die Entscheidung u ¨ber die Beendigung der Suche zu erkl¨ aren. Konsumenten streben demnach h¨aufig danach, sowohl einen ausreichend niedrigen Preis zu identifizieren als auch einsch¨atzen zu k¨onnen, was ein ausreichend niedriger Preis ist. Mit anderen Worten ist nicht nur die H¨ohe eines Preises von Bedeutung, sondern auch die Sicherheit bei der Beurteilung des Preises. Die Ergebnisse zu H4 bis H6 zeigen, dass die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Von Bedeutung ist, dass die Preisbereitschaft zwar vom Wert¨aquivalent abh¨ angt, jedoch nicht nur. Demnach ist die Preisbereitschaft wie vermutet (siehe Seite 123) nicht unbedingt identisch mit der monet¨aren Bewertung des Nutzens, den ein Produkt stiftet. Stattdessen h¨ angt die Preisbereitschaft auch von der beim vorhergehenden Kauf gebildeten Preisbereitschaft und den Grenzsuchkosten ab. Der erste Faktor zeigt, dass in der Preisbereitschaft eine Generalisierungstendenz zum Ausdruck kommt: Der Preis, den Konsumenten zu zahlen bereit sind, h¨angt unter anderem von dem Preis ab, den sie in der Vergangenheit f¨ ur ein ¨ahnliches Produkt zu zahlen bereit waren. Bei H7 ist von zentraler Bedeutung, dass sich die Preisbereitschaft nicht nur an Preise anpasst, die unter ihr liegen; obwohl auch dies schon zeigen w¨ urde, dass die Preisbereitschaft keine Konstante ist, w¨ urde es sich dabei um ein – hinsichtlich des Modells – unzureichendes Ergebnis handeln. Stattdessen passt sich die Preisbereitschaft auch an Preise an, die u ¨ber ihr liegen. Konsumenten werden also wie vermutet (siehe Seite 128) nicht nur w¨ahlerischer, wenn sie niedrige Preise identifizieren, sondern sie werden auch weniger w¨ahlerisch, wenn sie nur hohe Preise identifizieren. Demnach kann ein urspr¨ unglich als inakzeptabel beurteilter Preis im Lauf der Suche akzeptabel werden und umgekehrt. Das Ergebnis zu H7 ist in Anbetracht der ermittelten Parameter und des erkl¨arten Varianzanteils das eindeutigste der Hypothesenpr¨ ufung. Bei den Ergebnissen zu H8 bis H10 ist aufschlussreich, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche unter anderem von der Anzahl der Anbieter abh¨angt. Auch dies ist eine Form der Beeinflussung durch die marktlichen Gegebenheiten: Konsumenten streben danach, umso mehr Alternativen kennenzulernen, je mehr Alternativen existieren; dies deckt sich mit vorliegenden Erkenntnissen (siehe Seite 131). Wiewohl es sich um ein naheliegendes Ergebnis handelt, ist es vor dem Hintergrund der mikro¨okonomischen Suchmodelle zu betonen, denn diesen Modellen zufolge hat die Anzahl der Anbieter keine direkte Auswirkung (siehe Abschnitt 2.1). Dar¨ uber hinaus zeigt sich wie bei der Preisbereitschaft, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche unter anderem durch Generalisierung zustande kommt – wobei in diesem Fall allerdings individuelle Neigungen der Konsumenten von besonderer Bedeutung sind (siehe Seite 226). Der angestrebte Umfang der Preiskenntnisse h¨angt demnach zum Teil nicht von Eigenschaften der Suchsituation ab, sondern von Gewohnheiten. Bei H8 bis H10 zeigt sich weiterhin, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche einen positiven Wert annimmt, der mit dem Modell ur die Konstante des Regressionsmodells zu H8 aus Kapitel 4 nicht erkl¨ art werden kann: F¨ atzwert von 2,3 ermittelt. Demnach besteht in vielen F¨allen ein bis H10 wurde ein Sch¨
234
6 Die Ergebnisse des Experiments
Sockelanspruchsniveau“ an den Umfang der Preiskenntnisse. Dies deckt sich mit den ”¨ Uberlegungen und Erkenntnissen anderer Autoren, denen zufolge viele Konsumenten ohne Ber¨ ucksichtigung von Eigenschaften der Suchsituation zumindest einige Anbieter aufsuchen, bevor sie sich zum Kauf entscheiden (siehe Seite 117). Das Ergebnis zu H11 verdeutlicht, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse wie die Preisbereitschaft keine Konstante ist. Im Lauf der Suche passt es sich an den Umfang der Preiskenntnisse an, sodass Konsumenten, die zu Beginn der Suche ¨ einen genauen Uberblick u ¨ber die geforderten Preise anstreben, nur noch einen weniger ¨ genauen Uberblick anstreben und umgekehrt. Auch in diesem Fall zeigt sich also, dass Ziele in Anbetracht der Gegebenheiten revidiert werden. Trotz der gr¨oßtenteils hypothesenkonformen Ergebnisse zeigen die erkl¨arten Varianzanteile, dass bei den meisten abh¨ angigen Variablen weitere Gr¨oßen erforderlich sind, um ihr Zustandekommen umfassend zu erkl¨ aren. Insbesondere die Wahrscheinlichkeit der Beendigung der Suche und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche scheinen von Faktoren beeinflusst zu werden, die im Modell aus Kapitel 4 nicht enthalten sind. Dennoch k¨ onnen die Ergebnisse zusammenfassend so interpretiert werden, dass das Preissuchverhalten der Konsumenten anspruchsniveautheoretisch erkl¨art werden kann.
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse Im Folgenden werden zun¨ achst in Abschnitt 7.1 die Erkenntnisse, die aus der theoretischen und empirischen Analyse in den Kapiteln 2 bis 6 folgen, zusammengefasst. In Abschnitt 7.2 wird ihre Bedeutung f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie er¨ortert und in Abschnitt 7.3 wird auf m¨ ogliche Erweiterungen der Untersuchung eingegangen. In Abschnitt 7.4 erfolgt eine Schlussbetrachtung.
7.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse Die vorliegende Untersuchung leistet einen Beitrag zur Erkl¨arung des Verhaltens der Konsumenten bei der kaufvorbereitenden Suche nach Preisen f¨ ur Gebrauchsg¨ uter. Im Fokus steht die Anzahl aufgesuchter Anbieter und daher wurde die grundlegende Forschungsfrage in Abschnitt 1.1 wie folgt formuliert: Bei wie vielen Anbietern suchen Konsumenten nach Preisen f¨ ur ein bestimmtes Produkt, bevor sie sich zum Kauf entschließen? Um diese Frage zu beantworten, werden sowohl in der mikro¨okonomischen als auch in der marketingwissenschaftlichen Literatur Modelle vorgeschlagen, mit denen versucht wird, die Vorg¨ange im Insystem der Konsumenten zu rekonstruieren. Die haupts¨achlich vorgeschlagenen Modelle lassen eine L¨ ucke, denn in den mikro¨okonomischen Modellen wird meist unterstellt, dass Konsumenten nutzenmaximierende Entscheidungen treffen, w¨ahrend in den marketingwissenschaftlichen Modellen meist nicht thematisiert wird, dass Konsumenten bei der Preissuche vermutlich sequenziell vorgehen. Aufbauend auf einer Kritik dieser Aspekte und den Ergebnissen vorliegender empirischer Untersuchungen wurde in den Abschnitten 2.4 und 3.5 als Kernhypothese der Arbeit die Vermutung formuliert, dass das Preissuchverhalten der Konsumenten anspruchsniveautheoretisch erkl¨ art werden kann. Die Theorie des Anspruchsniveaus gibt aufgrund ihrer großen Reichweite allerdings lediglich einen Rahmen vor, der in der vorliegenden Untersuchung in erster Linie dazu dient, die Bedeutung und das Zustandekommen von Zielen der Konsumenten bei der Preissuche zu erkl¨aren, der jedoch offenl¨ asst, um welche Ziele es sich handelt. Dieser Rahmen wurde mithilfe weiterer verhaltenswissenschaftlich fundierter Ans¨atze gef¨ ullt, indem in Kapitel 4 ein Modell zur Erkl¨ arung des Preissuchverhaltens entwickelt wurde, in das insbesondere die Unterscheidung von Preisw¨ urdigkeit und -g¨ unstigkeit bzw. Akquisitions- und Transaktionsnutzen eingeht. Das Modell besteht im Kern aus zwei Konstrukten: • Der Preisbereitschaft, die dem Anspruchsniveau an den Preis gleichkommt und die die angestrebte Preisw¨ urdigkeit und -g¨ unstigkeit bzw. den angestrebten Akquisitionsund Transaktionsnutzen widerspiegelt, sowie • das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse, das die angestrebte Sicherheit bei der Beurteilung der Preisg¨ unstigkeit bzw. des Transaktionsnutzens widerspiegelt. Dem Modell zufolge beenden Konsumenten ihre Preissuche, wenn beide Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind. Die Anzahl aufgesuchter Anbieter h¨ angt demnach von der H¨ohe der S. van Baal, Das Preissuchverhalten der Konsumenten, DOI 10.1007/978-3-8349-7041-1_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
236
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
Anspruchsniveaus und von den Preisen, die w¨ ahrend der Suche identifiziert werden, ab. Die Ergebnisse des in Kapitel 5 beschriebenen und in Kapitel 6 ausgewerteten Laborexperiments sprechen u ur das Modell. Wiewohl es F¨alle gibt, in denen es ¨berwiegend f¨ nicht notwendig ist, dass die Anspruchsniveaus erf¨ ullt sind, wird ein wesentlicher Anteil der beobachteten Entscheidungen u uhrung oder Beendigung der Suche erkl¨art. ¨ber Fortf¨ Da die Preisbereitschaft von zentraler Bedeutung ist und auch in anderen theoretischen Ans¨atzen – insbesondere in sequenziellen mikro¨ okonomischen Suchmodellen – enthalten ist, wurde in Abschnitt 1.1 darauf hingewiesen, dass sie im hier entwickelten Modell erstens nicht als Ergebnis einer Nutzenmaximierung aufgefasst wird, zweitens dynamisch sein kann und drittens nicht allein dar¨ uber bestimmt, wann die Preissuche beendet wird. Aus diesen Ansatzpunkten der Untersuchung wurden Unterfragen abgeleitet, die die oben genannte grundlegende Forschungsfrage spezifizieren: • Kann die H¨ohe der Preisbereitschaft der Konsumenten auf der Basis der Theorie des Anspruchsniveaus erkl¨ art werden? • Ver¨andert sich die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Preissuche? Kann auch die Ver¨anderung gegebenenfalls anspruchsniveautheoretisch erkl¨art werden? • Streben die Konsumenten bei der Preissuche danach, eine subjektiv ausreichende Kenntnis der im Markt geforderten Preise zu erlangen, bevor sie sich zum Kauf entschließen? Kann auch dieser Verhaltensaspekt gegebenenfalls anspruchsniveautheoretisch erkl¨art werden? Diese Fragen k¨onnen aufgrund der Ergebnisse der Untersuchung bejaht werden. Die H¨ ohe der Preisbereitschaft kann auf der Basis der Theorie des Anspruchsniveaus erkl¨art werden, denn zu Beginn der Suche wird sie von Faktoren beeinflusst, die aus dieser Theorie folgen, und w¨ ahrend der Suche ver¨ andert sie sich ebenfalls in Einklang mit dieser Theorie. Die miteinander verkn¨ upften Fragen in den ersten zwei Aufz¨ahlungspunkten sind demnach positiv zu beantworten. Dies gilt gr¨ oßtenteils auch f¨ ur die Fragen im dritten Aufz¨ahlungspunkt, denn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse hat in vielen F¨allen eine Bedeutung f¨ ur die Entscheidung u uhrung oder Beendigung ¨ber Fortf¨ der Suche. Allerdings wird seine H¨ ohe zu Beginn der Suche durch die Faktoren, die bei der Modellentwicklung aus der Theorie des Anspruchsniveaus abgeleitet wurden, nur in akzeptablem Ausmaß erkl¨ art. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass das hier entwickelte, verhaltenswissenschaftlich fundierte Modell einen wesentlichen Beitrag zur Erkl¨arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten leistet.
7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie Obwohl eine Erkl¨arung des Preissuchverhaltens als Baustein einer Erkl¨arung des Konsumentenverhaltens bereits einen Erkenntnisgewinn darstellt, stellt sich die Frage, wie das Modell mit ¨okonomischen Gr¨ oßen verkn¨ upft ist und welche Empfehlungen daraus abzuleiten sind. Um diese Frage zu beantworten, wird im Folgenden auf drei Bereiche eingegangen: die Absatzpolitik von Unternehmen, die mikro¨okonomische Theorie und die empirische Forschung. 7.2.1 Implikationen f¨ ur die Absatzpolitik Die Bedeutung der kaufvorbereitenden Informationssuche f¨ ur die Absatzpolitik von Unternehmen ergibt sich daraus, dass die Entscheidungen der Konsumenten insbesondere
7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie
237
in dieser Phase des Kaufprozesses unterst¨ utzt und beeinflusst werden k¨onnen.654 Dabei hat die Suchintensit¨at einen besonderen Stellenwert, da sie eng mit der Entscheidung f¨ ur den Kauf bei einem Anbieter verwandt ist, denn mit dieser Entscheidung wird die Suche beendet.655 Ein Modell, das die Suchintensit¨ at erkl¨ art, kann also Informationen zu der Frage bereitstellen, wie die Entscheidung f¨ ur einen Anbieter im Rahmen der Absatzpolitik beeinflusst werden kann. Dabei besteht ein wesentlicher Nutzen eines verhaltenswissenschaftlich fundierten Erkl¨arungsmodells darin, dass zwischengeschaltete hypothetische Konstrukte als Zielgr¨oßen ” dienen“ k¨onnen und die Prognose der Wirkung [absatzpolitischer] Maßnahmen erleich” 656 tert wird“ . Das in dieser Untersuchung entwickelte Modell legt mit der Preisbereitschaft und dem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse insbesondere zwei Zielgr¨oßen offen, an denen Maßnahmen ansetzen k¨ onnen, um die Anbieterwahl der Konsumenten und ihre Reaktion auf Preise zu beeinflussen. Bei beiden Zielgr¨oßen kann auf zwei Arten angesetzt werden: Anbieter k¨ onnen versuchen, die H¨ohe des jeweiligen Anspruchsniveaus zu beeinflussen und sie k¨ onnen versuchen, zu seiner Erf¨ ullung beizutragen. Im Folgenden wird auf daraus folgende preispolitische, standortpolitische und weitere absatzpolitische Implikationen eingegangen; dabei wird haupts¨achlich auf Handelsunternehmen abgestellt. 7.2.1.1 Implikationen f¨ ur die Preispolitik Aus der vorliegenden Untersuchung ergeben sich Folgerungen f¨ ur mehrere Entscheidungen, die im Rahmen der Preispolitik zu treffen sind. Im Folgenden wird erstens auf die Bereitstellung von Vergleichspreisen in Einkaufsst¨ atten eingegangen, zweitens auf die M¨oglichkeit von Anbietern, die G¨ unstigkeit ihrer Preise zu garantieren, drittens auf die Festlegung von Preisen und viertens auf die Sonderangebotspolitik. W¨ahrend die ersten zwei Aspekte begleitende“ Maßnahmen der Preispolitik betreffen, beziehen sie die ” letzten zwei Aspekte auf kurz- und langfristige Leitlinien f¨ ur die H¨ohe von Preisen. Zur Bereitstellung von Vergleichspreisen Eine M¨oglichkeit, um die im Modell enthaltenen Anspruchsniveaus zu beeinflussen und zu erf¨ ullen, besteht darin, Vergleichspreise in Einkaufsst¨ atten bereitzustellen. Solche ex” ternen Referenzpreise“ k¨ onnen beispielsweise als durchschnittlicher Marktpreis, als Preis eines Wettbewerbers, als fr¨ uherer Preis oder als Preisempfehlung des Produktherstellers angegeben werden.657 Obwohl in der vorliegenden Untersuchung nur auf die tats¨achlich w¨ahrend der Suche identifizierten Preisforderungen von Anbietern abgestellt wird, kann vermutet werden, dass sich auch Vergleichspreise auswirken: Sie k¨onnen die Preisbereitschaft beeinflussen und zur Erf¨ ullung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse beitragen. Durch beide Effekte erh¨ oht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Konsumenten ihre Preissuche mit einem Kauf in der Einkaufsst¨atte, in der der Vergleichspreis angegeben wird, beenden: • Wenn ein Vergleichspreis angegeben wird, der u ¨ber dem geforderten Preis liegt, erh¨oht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Preisbereitschaft von Konsumenten, die 654 655 656 657
Vgl. bspw. Howard/Sheth (1969), S. 28; Bettman (1979), S. 326; Miller (1993), S. 181f. Vgl. auch Heinemann (1974), S. 100f.; Bern´e et al. (1999), S. 128, 143. Beide Zitate stammen aus M¨ uller-Hagedorn (1983a), S. 208. Vgl. bspw. Thaler (1985), S. 211f.; Urbany/Bearden/Weilbaker (1988), S. 95; Compeau/ Grewal (1998), S. 257; Grewal/Monroe/Krishnan (1998), S. 46, 57; Monroe (2003), S. 135f., 179-185; Homburg/Koschate (2005), S. 394-400; Pechtl (2005), S. 23f., 54f.; Diller (2008), S. 123f., 407f.
238
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
ohne Vergleichspreis eine niedrigere Preisbereitschaft h¨atten, bis auf den geforderten Preis steigt. Mit anderen Worten kann ein Vergleichspreis als Anker wirken, der die Preisbereitschaft beeinflusst.658 • Gleichzeitig erh¨oht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse von Konsumenten, deren Anspruchsniveau ohne Vergleichspreis nicht erf¨ ullt w¨ are, durch die m¨ ogliche Einbeziehung des Vergleichspreises in die Preiskenntnisse erf¨ ullt wird. Anders ausgedr¨ uckt kann die Angabe eines Vergleichspreises die Sicherheit des Preisg¨ unstigkeitsurteils erh¨ohen, da eine zus¨atzliche Preisinformation erworben wird.659 Insofern enth¨alt das Modell u ur, in Ein¨ber die Literatur hinausgehende Argumente daf¨ kaufsst¨atten Vergleichspreise bereitzustellen, denn in vorliegenden Untersuchungen wird haupts¨achlich betont, dass sie u ¨ber den internen Referenzpreis oder die angenommene Qualit¨at bzw. das Wert¨ aquivalent auf die Kaufwahrscheinlichkeit wirken k¨onnen.660 Den ¨ obigen Uberlegungen zufolge k¨ onnen sich Vergleichspreise auch u ¨ber die Preisbereitschaft und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse auf die Kaufwahrscheinlichkeit auswirken. Dies l¨ asst sich zumindest dann aus der vorliegenden Untersuchung ableiten, wenn die Konsumenten Vergleichspreisen eine ¨ahnliche Bedeutung beimessen wie tats¨achlichen Preisforderungen, die sie w¨ ahrend der Suche identifizieren. Zur Garantie der Preisg¨ unstigkeit Weiterhin ist auf die M¨ oglichkeit von Anbietern hinzuweisen, die G¨ unstigkeit ihrer Preise zu garantieren.661 Eine solche Garantie kann das Preisg¨ unstigkeitsurteil der Konsumenten verbessern, die Sicherheit des Urteils erh¨ ohen und die Intention zur Durchf¨ uhrung von Suchaktivit¨aten reduzieren.662 Diese Effekte kommen nicht dadurch zustande kommt, dass die vermutete Preisstreuung reduziert wird,663 was beispielsweise aus den mikro¨okonomischen Suchmodellen abgeleitet werden k¨ onnte. Im hier vorgestellten Modell k¨onnen die Effekte so aufgefasst werden, dass die Preisbereitschaft durch die Garantie erh¨oht und das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse gesenkt wird. Beide Zusammenh¨ange f¨ uhren dazu, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Konsumenten ihre Preissuche mit einem Kauf in der Einkaufsst¨ atte beenden, in der die Garantie angeboten wird. Zur Festlegung von Preisen Dem Preissuchverhalten der Konsumenten kommt insbesondere bei der Festlegung von Preisen eine Bedeutung zu. Dies l¨ asst sich anhand der Bestimmungsfaktoren des optimalen Preises verdeutlichen: Der Amoroso-Robinson-Relation zufolge ergibt sich der gewinnmaximale Preis als Aufschlag auf die Grenzkosten, wobei der Aufschlag von der Preiselastizit¨at der Nachfrage abh¨ angt (Gleichung 7.1).664 658 659 660 661 662 663 664
Vgl. auch Simon/Fassnacht (2009), S. 167f. Vgl. auch M¨ uller-Hagedorn/Preißner/Wilke (2006), S. 164. Vgl. die in Fußnote 657 genannten Quellen. Siehe Abschnitt 4.1.1 zur Definition des internen Referenzpreises und des Wert¨ aquivalents. Vgl. bspw. Monroe (2003), S. 500-503; Pechtl (2005), S. 60; Diller (2008), S. 415-417; Simon/ Fassnacht (2009), S. 388f. Vgl. Srivastava/Lurie (2001), S. 297-299, 304. Vgl. a. a. O., S. 299f. Grunds¨ atzlich ist die Amoroso-Robinson-Relation f¨ ur den Monopolfall formuliert, sie kann jedoch auch im Oligopolfall angewendet werden; allerdings wird im Folgenden zur Vereinfachung weitgehend von der Reaktion der Wettbewerber abstrahiert. Vgl. bspw. Pechtl (2005), S. 99; Diller (2008), S. 92f., 338; Simon/Fassnacht (2009), S. 207f. Vgl. grundlegend Amoroso, Luigi (1965): Die statische Angebotskurve, in: Ott, Alfred Eugen (Hrsg.) (1965): Preistheorie, K¨ oln – Berlin, S. 165–194,
7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie
p∗ =
k 1+
239
(7.1)
mit: p∗ : Optimaler Preis; : Preiselastizit¨at der Nachfrage ( < 0); k: Grenzkosten der Produktion (k > 0). Ein zentraler Bestimmungsfaktor des optimalen Preises ist demnach die Preiselastizit¨at der Nachfrage: Je h¨ oher ihr Betrag ist, desto niedriger ist der optimale Preis. Mit dieser Stimulus-Response-Modellierung wird allerdings lediglich darauf abgestellt, wie Konsumenten auf Preise reagieren; es wird nicht thematisiert, wie die Reaktion zustande kommt.665 Erkenntnisse zum Preissuchverhalten hingegen erlauben es, Einflussfaktoren der Preiselastizit¨at zu identifizieren und somit indirekt auf den optimalen Preis zu schließen. Hierzu k¨onnen insbesondere folgende Aussagen getroffen werden: • Der Betrag der Preiselastizit¨ at der Nachfrage d¨ urfte umso h¨oher sein, je gr¨oßer der Anteil von Konsumenten ist, die Preise verschiedener Anbieter vergleichen. Daraus folgt, dass Preissenkungen umso eher sinnvoll sind und dass der optimale Preis umso niedriger ist, je gr¨oßer der Anteil vergleichender Konsumenten ist.666 Dies ist so zu interpretieren, dass mit einem niedrigeren Preis Kunden gewonnen werden k¨onnen, die bei einem h¨oheren Preis bei Wettbewerbern kaufen w¨ urden ( Wettbewerbsver” dr¨angung“);667 dieser Effekt ist umso st¨ arker, je gr¨oßer der Anteil vergleichender Konsumenten ist. Mit anderen Worten: ob ein niedriger Preis zu einer Wettbewerbsverdr¨angung f¨ uhrt, h¨ angt davon ab, inwieweit Konsumenten Preise vergleichen.668 • Der Betrag der Preiselastizit¨ at der Nachfrage d¨ urfte umso niedriger sein, je st¨arker sich die Preisbereitschaft der Konsumenten w¨ ahrend der Suche an die identifizierten Preise anpasst. Preissenkungen sind also umso weniger sinnvoll und der optimale Preis ist umso h¨oher, je st¨ arker die Anpassung der Preisbereitschaft an die Preisforderungen der Anbieter ist.669 Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass mit einem niedrigeren Preis Kunden gewonnen werden k¨ onnen, die bei einem h¨oheren Preis g¨anzlich vom Kauf absehen w¨ urden ( Marktausweitung“);670 dies gilt umso weniger, je st¨arker ” sich die Preisbereitschaft an die im Markt geforderten Preise anpasst. Anders ausgedr¨ uckt: die Marktausweitung aufgrund von Preissenkungen ist bei einer dynamischen Preisbereitschaft geringer als bei einer statischen Preisbereitschaft. Zusammenfassend l¨asst sich festhalten: Sellers must understand how buyers search to ” set prices optimally.“671 Dies gilt insbesondere, wenn die Preiselastizit¨at der Nachfrage unbekannt ist, da die Kenntnis ihrer Einflussfaktoren in diesem Fall von besonderer
665 666 667 668 669 670 671
hier: S. 174f.; Robinson, Joan (1969): The Economics of Imperfect Competition, 2nd Edition, London, S. 54. Vgl. M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 266, 273; Simon/Fassnacht (2009), S. 145f. Formal: p∗ = {(λ)/[1 + (λ)]}k ⇒ ∂p∗ /∂λ = {k/[1 + (λ)]2 }[d(λ)/dλ] < 0, wobei λ f¨ ur den Anteil vergleichender Konsumenten steht. Vgl. Diller (2008), S. 46, 509. Dies gilt, solange Wettbewerber Preis¨ anderungen nicht vollkommen nachvollziehen. Vgl. auch Bettman (1979), S. 337; Pratt/Wise/Zeckhauser (1979), S. 209; Urbany/Dickson/ Kalapurakal (1996), S. 91, 101; Monroe (2003), S. 59, 72, 75. Formal ist dies wie in Fußnote 666 aufzufassen, indem λ spiegelbildlich als St¨ arke der Anpassung der Preisbereitschaft definiert wird. Vgl. Diller (2008), S. 46, 509. Camerer (1995), S. 672.
240
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
Bedeutung ist.672 Vor diesem Hintergrund f¨ uhrt das Ergebnis der vorliegenden Untersuchung, dass die Entscheidung u uhrung oder Beendigung der Suche unter anderem von der Relation ¨ber Fortf¨ zwischen Preis und Preisbereitschaft abh¨ angt, zu der naheliegenden Implikation, dass die H¨ohe des Preises die Kaufwahrscheinlichkeit beeinflusst. Von gr¨oßerer Bedeutung ist die Beobachtung, dass die Preisbereitschaft in dem Sinne dynamisch ist, dass sie sich w¨ahrend der Suche an die identifizierten Preise anpasst. F¨ ur Anbieter besteht demzufolge die M¨oglichkeit, u ohere Preise Konsumentenrenten abzusch¨opfen, ohne dass der ¨ber h¨ Absatz so stark zur¨ uckgeht, wie es bei einer statischen Preisbereitschaft der Fall w¨are. Die Konsumentenrente wird dabei als Differenz zwischen Wert¨aquivalent und gezahltem Preis – also als Akquisitionsnutzen – aufgefasst. Der Aus¨ ubung der M¨ oglichkeit, Konsumentenrenten abzusch¨opfen, sind allerdings Grenzen gesetzt: • Erstens l¨asst sich die Beobachtung, dass sich die Preisbereitschaft auch an Preise anpasst, die u ¨ber ihr liegen, vermutlich nicht auf beliebig hohe Preise u ¨bertragen, denn es ist anzunehmen, dass die Preisbereitschaft nicht unbeschr¨ankt steigt. Stattdessen ist zu vermuten, dass die Anpassung der Preisbereitschaft an h¨ohere Preise nichtlinear ist, sodass die Anpassung mit zunehmender Differenz schw¨acher wird. Zwar l¨asst sich in den experimentell erhobenen Daten kein solcher Zusammenhang erkennen.673 Dies und die weiteren Ergebnisse zur Ver¨ anderung der Preisbereitschaft gelten jedoch nur f¨ ur die moderaten Preisspannen, die im Experiment verwendet wurden. • Zweitens ist es bei der Festlegung von Preisen nicht sinnvoll, nur auf die Absch¨opfung von Konsumentenrenten abzustellen, wenn Konsumenten m¨oglicherweise wiederkehren und das unternehmerische Ziel darin besteht, den langfristigen Gewinn – oder eine andere langfristige Erfolgskennzahl – zu maximieren. Stattdessen sind Gr¨oßen einzubeziehen, deren Bedeutung u ¨ber die kurze Frist hinausgeht, wie beispielsweise das Preisimage und die Preiszufriedenheit der Konsumenten, denn diese k¨onnen sich positiv auf zuk¨ unftige Absatzmengen auswirken.674 Zwischen der Absch¨ opfung von Konsumentenrenten und der Erh¨ohung zuk¨ unftiger Absatzmengen besteht ein Zielkonflikt, da vermutet werden kann, dass Preisimage und Preiszufriedenheit positiv von der Konsumentenrente abh¨angen.675 Dazu passend kann vermutet werden, dass Konsumenten M¨ oglichkeiten zur Senkung ihrer Preisbereitschaft positiv und Zw¨ ange zur Erh¨ ohung negativ beurteilen, da Senkungen mit ihrem anspruchsniveautheoretischen Idealziel – das in der Zahlung eines niedrigen Preises bestehen d¨ urfte – kompatibel sind, Erh¨ ohungen hingegen nicht.676 Aus diesen Gr¨ unden ist zwischen dem kurzfristigen Ziel, u ¨ber einen h¨oheren Preis einen gr¨oßeren Gewinn zu erreichen, und dem langfristigen Ziel, zuk¨ unftige Gewinne zu sichern, abzuw¨agen.677 672 673
674 675 676
677
Vgl. auch M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 272-274. Die Anpassung der Preisbereitschaft scheint mit zunehmender Differenz sogar st¨ arker zu werden: Wenn in Regressionsmodell 6.8 (siehe S. 220) zus¨ atzlich quadratische Terme aufgenommen werden, 2 min − P Bt−1 ein Sch¨ atzwert von 0,001 ermittelt, der zwar wird f¨ ur den Parameter zu max 0, pt bei p = 0,000 signifikant, aber nicht praktisch bedeutsam ist. Vgl. zum Preisimage die in Fußnote 14 auf S. 5 genannten Quellen und zur Preiszufriedenheit bspw. Pechtl (2005), S. 22, 127; Diller (2008), S. 157-162. Vgl. auch Punj/Staelin (1983), S. 369, 378. Ein empirisches Indiz besteht darin, dass sich die Preisbereitschaft st¨ arker an Preise anpasst, die unter ihr liegen als an Preise, die u ¨ber ihr liegen; siehe Abschnitt 6.4.3.2. Vgl. auch Jucknat (1937), S. 144. Vgl. auch Thaler (1985), S. 210.
7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie
241
• Drittens wird der Absatz trotz der Anpassung der Preisbereitschaft zur¨ uckgehen, wenn andere Anbieter nicht ebenfalls h¨ ohere Preise fordern, denn bei vielen K¨aufen vergleichen Konsumenten die Preise mehrerer Anbieter. Dies gilt den Untersuchungsergebnissen zufolge selbst dann, wenn die Preisbereitschaft bis auf den h¨oheren Preis steigt, denn oftmals setzen Konsumenten ihre Suche aufgrund ihres Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse auch dann fort, wenn sie einen Preis identifiziert haben, der laut ihrer Preisbereitschaft akzeptabel ist. Demnach steigt der optimale Preis zwar aufgrund der Anpassung der Preisbereitschaft, weil die m¨ogliche Marktausweitung durch einen niedrigen Preis geringer ist als bei einer statischen Preisbereitschaft; aufgrund der Tendenz zu Preisvergleichen sinkt der optimale Preis jedoch, weil sie eine Wettbewerbsverdr¨ angung erm¨ oglicht. Wenn Preisvergleiche durchgef¨ uhrt werden, k¨onnen Konsumentenrenten somit nur abgesch¨opft werden, wenn es Preisabunde sprachen zwischen Anbietern gibt.678 Diesen stehen insbesondere rechtliche Gr¨ entgegen.679 Zur Sonderangebotspolitik Im Rahmen der Sonderangebotspolitik ist zu entscheiden, wie sich Preise im Zeitverlauf entwickeln sollen. Dazu k¨ onnen aus dem Modell Implikationen abgeleitet werden, wobei zwei Aspekte von besonderer Bedeutung sind: erstens der Zusammenhang zwischen der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche und der Preisbereitschaft, die beim vorhergehenden Kauf gebildet wurde, und zweitens die Beobachtung, dass sich die Preisbereitschaft eher an niedrigere als an h¨ ohere Preise anpasst. Als Extrempunkte der Sonderangebotspolitik k¨ onnen die Nutzung von Sonderangeboten im Rahmen einer Sonderpreispolitik“ und der Verzicht auf Sonderangebote im Rahmen ” einer Dauerniedrigpreispolitik“ unterschieden werden.680 Bei einer Sonderpreispolitik ” werden Konsumenten bei manchen Suchvorg¨ angen in einer Einkaufsst¨atte relativ niedrige und bei anderen Suchvorg¨ angen in der gleichen Einkaufsst¨atte relativ hohe Preise identifizieren. Dabei wird auf die Preise ¨ ahnlicher Produkte abgestellt, zumal das Modell nicht auf Verbrauchsg¨ uter ausgelegt ist; relativ“ bezieht sich hier auf den Dauerniedrig” preis. Angesichts der Beobachtung, dass sich die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche an die identifizierten Preise anpasst, w¨ are denkbar, dass es irrelevant ist, ob die Preise im Zeitverlauf variieren oder nicht. Allerdings sinkt die Preisbereitschaft st¨arker als sie steigt. Wenn also ein Produkt in einer Einkaufsst¨ atte im Rahmen eines Sonderangebots preisreduziert erworben wurde und die Konsumenten bei der folgenden Suche nach Preisen f¨ ur ein ¨ahnliches Produkt die gleiche Einkaufsst¨ atte aufsuchen und das Produkt nicht ebenfalls preisreduziert angeboten wird, muss die Preisbereitschaft nicht bis auf den relativ hohen Preis steigen: Eine m¨ ogliche Senkung der Preisbereitschaft beim ersten Kauf wird nicht unbedingt durch eine Steigerung der Preisbereitschaft bei der zweiten Suche 678
679 680
Formal kann dies daran erkannt werden, dass der Anteil vergleichender Konsumenten umso we¨ niger bedeutend f¨ ur den optimalen Preis ist, je st¨ arker Wettbewerber Anderungen des eigenen Preises nachvollziehen. Dieser Zusammenhang l¨ asst sich aus einer Variante der Amoroso-Robin∗ son-Relation (vgl. Diller (2008), S. 343; Simon/Fassnacht (2009), S. 218) ableiten: p = {[(λ) + ρ(λ)w (λ)]/[1 + (λ) + ρ(λ)w (λ)]}k mit: ρ(·): Reaktionselastizit¨ at des durchschnittlichen Preises der Wettbewerber; w (·): Kreuzpreiselastizit¨ at der Nachfrage. Die Bedingung ∂p∗ /∂λ < 0 gilt, wenn d(λ)/dλ + [dρ(λ)/dλ]w (λ) + [dw (λ)/dλ]ρ(λ) < 0 gilt. Dies ist umso unwahrscheinlicher, je gr¨ oßer ρ(·) ist. Vgl. bspw. Monroe (2003), S. 509-517; Pechtl (2005), S. 148-157; Diller (2008), S. 67-69; Simon/ Fassnacht (2009), S. 19-22. Vgl. bspw. Monroe (2003), S. 497-500; M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 262f., 311f.; Pechtl (2005), S. 292294; Diller (2008), S. 513; Simon/Fassnacht (2009), S. 472f.
242
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
ausgeglichen. Die Tendenz zu Preisvergleichen kann daher durch eine Sonderpreispolitik verst¨arkt werden. Dar¨ uber hinaus ist wie oben angemerkt zu vermuten, dass Konsumenten M¨oglichkeiten zur Senkung ihrer Preisbereitschaft positiv und Zw¨ ange zur Erh¨ohung negativ beurteilen. Weitergehend ist denkbar, dass es sich um eine asymmetrische Beurteilung handelt, sodass Zw¨ange zur Erh¨ ohung st¨ arker negativ beurteilt werden als M¨oglichkeiten zur Senkung positiv beurteilt werden; dies entspricht der aus der Prospect-Theorie bekannten Verlustaversion. Demnach w¨ are die u ur¨ber die Zeit kumulierte Beurteilung von Preisw¨ digkeit und -g¨ unstigkeit einer Einkaufsst¨ atte mit Sonderpreispolitik schlechter als die einer Einkaufsst¨atte mit Dauerniedrigpreispolitik, denn die Summe positiver Beurteilungen w¨ urde die Summe negativer Beurteilungen nicht ausgleichen.681 Aus dem Modell k¨onnen demnach mittel- und langfristige Argumente abgeleitet werden, die f¨ ur eine Dauerniedrigpreispolitik sprechen. Hinsichtlich der kurzen Frist, also in Bezug auf einzelne Suchvorg¨ ange der Konsumenten, k¨onnen Argumente f¨ ur eine Sonderpreispolitik abgeleitet werden: Preisreduktionen k¨ onnen die Preisbereitschaft senken und dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass Konsumenten den Preis eines anderen Anbieters akzeptieren; gleichzeitig erh¨ ohen Preisreduktionen die Wahrscheinlichkeit, dass der eigene Preis nicht u uber hinaus handelt es sich hier ¨ber der Preisbereitschaft liegt. Dar¨ wie bei den weiteren er¨ orterten Implikationen um eine Partialbetrachtung unter Anwendung der Ceteris-Paribus-Vorgehensweise. Bei der Entscheidungsfindung sind zus¨atzliche Faktoren zu ber¨ ucksichtigen, beispielsweise die M¨ oglichkeit, mit Sonderangeboten Laufkunden anzusprechen.682 7.2.1.2 Implikationen f¨ ur die Standortpolitik Weiterhin k¨onnen aus dem Modell Implikationen f¨ ur die Wahl der Standorte von Einkaufsst¨atten abgeleitet werden, insbesondere hinsichtlich der r¨aumlichen N¨ahe zu Wettbewerbern. Dabei kann unterschieden werden zwischen Unternehmen, die eine defensive Strategie verfolgen, um ihre Marktposition zu halten, und Unternehmen, die eine offensive Strategie verfolgen, um den Status quo zu ver¨ andern.683 Mit der Wahl von Standorten kann das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse von Konsumenten beeinflusst werden: • F¨ ur Unternehmen, die eine defensive Strategie verfolgen, ist es vorteilhaft, wenn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse niedrig ist, da die Konsumenten dann weniger zu Preisvergleichen neigen. Das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse h¨ angt unter anderem von der Anzahl der Anbieter und den Grenzsuchkosten ab. Demnach k¨ onnen defensive Unternehmen das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse beeinflussen, indem sie Standorte so w¨ahlen, dass die Anzahl der Anbieter in einem Einkaufsgebiet gering ist und die Kosten des Aufsuchens weiterer Anbieter hoch sind. Defensiven Unternehmen kann daher empfohlen werden, unter ansonsten identischen Umst¨ anden Standorte zu w¨ahlen, an denen keine oder wenige andere Unternehmen identische Produkte anbieten, da dies die Suchintensit¨at 681 682
683
Vgl. auch M¨ uller-Hagedorn/Preißner (2006), S. 11 zu empirischen Ergebnissen, die diese Vermutung hinsichtlich der Preisg¨ unstigkeit st¨ utzen. Vgl. bspw. Lilien/Kotler/Moorthy (1992), S. 326-334; Monroe (2003), S. 476-491; M¨ ullerHagedorn (2005), S. 313-321; Pechtl (2005), S. 285-293; Diller (2008), S. 387-393, 513-521; Simon/ Fassnacht (2009), S. 483-500. Vgl. auch Miller (1993), S. 181. Es handelt sich um idealtypische F¨ alle, denn zumeist d¨ urften Unternehmen sowohl defensive als auch offensive Ziele verfolgen.
7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie
243
der Konsumenten reduzieren d¨ urfte. • F¨ ur offensive Unternehmen gilt das Gegenteil, denn f¨ ur sie ist es vorteilhaft, wenn das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse hoch ist. Bei einer offensiven Strategie kann mithin empfohlen werden, unter ansonsten identischen Umst¨anden Standorte zu w¨ ahlen, an denen auch andere Unternehmen identische Produkte anbieten, da dies die Suchintensit¨ at der Konsumenten erh¨ohen d¨ urfte. Dies gilt insbesondere, wenn es darauf ankommt, dass die Existenz eines Gesch¨aftes bekannt ” wird.“684 Die Unterteilung in defensive und offensive Strategien f¨ uhrt zu differenzierten Empfehlungen. Dies ist auf den ersten Blick ein Unterschied zu vorliegenden Untersuchungen, die sich mit der Bedeutung des Suchverhaltens der Konsumenten f¨ ur die Standortpolitik befassen: The general consensus of these studies is that consumer search leads to an ” agglomeration of retail firms“685 . Hier zeigt sich zwar, dass defensive Unternehmen ein Interesse daran haben d¨ urften, Agglomerationen zu vermeiden. Da offensive Unternehmen defensiven Unternehmen an Standorte folgen d¨ urften, l¨ asst sich dieses Ziel jedoch nur eingeschr¨ankt erreichen. Dar¨ uber hinaus kann das Bestehen eines Sockelanspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse (siehe Abschnitt 6.6) ein Grund f¨ ur Agglomerationen sein: Wenn Konsumenten grunds¨ atzlich das Ziel verfolgen, zumindest einige Preise zu vergleichen, steigt die Attraktivit¨ at eines Einkaufsgebiets durch die Ansiedlung mehrerer Einkaufsst¨atten mit identischen Produkten. Daher k¨ onnen Agglomerationen auch f¨ ur defensive Unternehmen vorteilhaft sein. Eine weitere Implikation f¨ ur die Standortpolitik l¨ asst sich hinsichtlich der Heterogenit¨at von Preisniveaus in Einkaufsgebieten ableiten. Da sich die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche an die identifizierten Preise anpasst, ist es vorteilhaft, Standorte so zu w¨ahlen, dass die Konsumenten auch relativ hohe Preise identifizieren.686 Die Ansiedlung in der N¨ahe von Einkaufsst¨ atten mit h¨ oherem Preisniveau ist demnach der Ansiedlung in der N¨ahe von Einkaufsst¨ atten mit ¨ ahnlichem (oder niedrigerem) Preisniveau vorzuziehen. Allerdings ist auch dies eine Ceteris-Paribus-Betrachtung. Beispielsweise ist nicht auszuschließen, dass die Attraktivit¨ at eines Einkaufsgebiets durch die Ansiedlung von Einkaufsst¨atten mit verschiedenen Preisniveaus sinkt. Dar¨ uber hinaus geht der erreichbare Vorteil verloren, wenn es zu einer Angleichung der Preisniveaus kommt. 7.2.1.3 Weitere absatzpolitische Implikationen Im Folgenden werden Implikationen der Untersuchung f¨ ur weitere Bereiche der Absatzpolitik er¨ortert, die zwar mit der Preis- und Standortpolitik verkn¨ upft sind, aber dar¨ uber hinausgehen. Zun¨achst wird auf zwei Aspekte absatzpolitischer Basisentscheidungen eingegangen: erstens auf die Marktsegmentierung und die sich daran anschließende Preisdifferenzierung sowie zweitens auf die F¨ uhrung von H¨ andlermarken. Danach wird ein Aspekt behandelt, der laufende Entscheidungen betrifft, indem auf die Werbung mit Preisen als Instrument der Kommunikationspolitik eingegangen wird.687
684 685 686 687
M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 145. Miller (1993), S. 184. Vgl. auch bspw. Nelson (1970), S. 323. Vgl. auch H¨ aubl/Dellaert/Donkers (2010), S. 452. Vgl. zur Einteilung in Basisentscheidungen und laufende Entscheidungen M¨ uller-Hagedorn (2005), insb. S. 19.
244
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
Zur Marktsegmentierung und Preisdifferenzierung Bei der Marktsegmentierung und der daran ausgerichteten Absatzpolitik wird h¨aufig die Preisbereitschaft der Konsumenten herangezogen, beispielsweise indem ein Hochund ein Niedrigpreissegment unterschieden werden, indem also Preisdifferenzierung betrieben wird.688 Da sich die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche ver¨andern kann, sind solche Segmente weniger stabil als es bei einer statischen Preisbereitschaft der Fall w¨are. Zwar k¨onnen weiterhin Konsumenten mit eher hohen und Konsumenten mit eher niedrigen Preisbereitschaften unterschieden werden, denn die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche h¨angt von der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche ab und Letztere wird unter anderem von den Grenzsuchkosten und dadurch vermutlich beispielsweise vom Einkommen beeinflusst. Konsumenten mit einem hohen Einkommen d¨ urften daher trotz der Anpassung der Preisbereitschaft an die identifizierten Preise tendenziell eine h¨ohere Preisbereitschaft haben als Konsumenten mit einem geringen Einkommen. Dennoch wird die Trennsch¨arfe einer Segmentierung anhand der Preisbereitschaft dadurch reduziert, dass es sich nicht um eine statische Gr¨ oße handelt. Dies f¨ uhrt zu der Empfehlung, bei der Marktsegmentierung auch das Suchverhalten der Konsumenten bzw. seine Einflussfaktoren einzubeziehen.689 Eng mit der Marktsegmentierung bzw. Preisdifferenzierung verkn¨ upft ist die Frage, ob sich die Preise in verschiedenen Vertriebskan¨ alen unterscheiden sollen. Diese Frage stellt sich insbesondere im Hinblick auf station¨ are Einkaufsst¨ atten und das Internet: Unternehmen, die beide Vertriebskan¨ ale betreiben, tendieren oftmals dazu, im Internet niedrigere Preise zu fordern als in station¨ aren Einkaufsst¨ atten.690 Dies wird insbesondere mit einer niedrigeren Preisbereitschaft im Internet begr¨ undet. Da sich die Preisbereitschaft an die identifizierten Preise anpasst, kann die Kausalit¨ at allerdings umgekehrt verlaufen: Preise m¨ ussen im Internet nicht niedriger sein als im station¨aren Handel, weil die Preisbereitschaft niedriger ist, sondern die Preisbereitschaft im Internet ist niedriger, weil Preise niedriger sind.691 Obwohl es sich dabei um einen subtilen Unterschied handelt, zeigt er, dass mehr Spielr¨ aume f¨ ur die Preispolitik bestehen als es bei einer statischen Preisbereitschaft der Fall w¨ are. Zur F¨ uhrung von H¨ andlermarken Das Bestehen eines Sockelanspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse l¨asst sich als Grund daf¨ ur anf¨ uhren, dass es vorteilhaft sein kann, mehrere H¨andlermarken (im Sinne von Vertriebsschienen)692 zu f¨ uhren, ohne dass damit u ¨ber unterschiedliche absatzpolitische Konzepte verschiedene Marktsegmente angesprochen werden: Wenn ein Unternehmen mehrere gleichartige, aber als voneinander unabh¨angig wahrgenommene H¨andlermarken betreibt, kann es dem Wunsch der Konsumenten, zumindest einige Preise zu vergleichen, intern Rechnung tragen. Ein Teil des durch Preisvergleiche gef¨ahrdeten Absatzes kann also internalisiert werden, indem den Konsumenten die M¨oglichkeit gegeben wird, ihr Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse innerhalb des Unternehmens zu erf¨ ullen.
688
689 690 691 692
Vgl. bspw. M¨ uller-Hagedorn (1986), S. 29f.; Tacke (1989), S. 9f.; Lilien/Kotler/Moorthy (1992), S. 174-177; Monroe (2003), S. 478; Pechtl (2005), S. 126, 198; Diller (2008), S. 227-229, 270-272; Simon/Fassnacht (2009), S. 251-256. Vgl. auch Miller (1993), S. 181f. Vgl. bspw. Pechtl (2005), S. 301f.; Simon/Fassnacht (2009), S. 511. Vgl. zu dieser selbst-erf¨ ullenden Prophezeiung auch Monroe (2003), S. 596f. Vgl. bspw. M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 119.
7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie
245
Zur Werbung mit Preisen Im Rahmen der Kommunikationspolitik besteht die M¨ oglichkeit, durch Preiswerbung die Preisbereitschaft von Konsumenten vorab – also bevor sie Einkaufsst¨atten aufsuchen – zu beeinflussen. Einerseits kann die Preisbereitschaft erh¨ oht werden, sodass die Neigung zu Preisvergleichen reduziert wird. Andererseits kann die Preisbereitschaft unter den Preis anderer Anbieter gesenkt werden, sodass die Wahrscheinlichkeit reduziert wird, dass Konsumenten bei einem Wettbewerber kaufen. Dies kann dann aus dem Modell abgeleitet werden, wenn die Konsumenten Preisen, die sie durch Werbung kennenlernen, eine ¨ahnliche Bedeutung beimessen wie w¨ ahrend der Suche identifizierten Preisen. Von Bedeutung ist weiterhin, dass Preiswerbung zur Erf¨ ullung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse beitragen kann. Dies ist weniger aus Sicht des werbenden Unternehmens (im Folgenden Anbieter A) vorteilhaft, denn wenn den Konsumenten nur der eigene Preis bekannt gegeben wird und sie danach streben, die Preise mehrerer Anbieter kennenzulernen, wird die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs in einer eigenen Einkaufsst¨atte durch Preiswerbung nicht erh¨ oht, weil die Anzahl bekannter Preise nicht h¨oher ist als wenn die Konsumenten die Einkaufsst¨ atte ohne vorherige Preiswerbung aufsuchen.693 Entgegen der Intuition kann die Preiswerbung von Anbieter A allerdings f¨ ur einen Wettbewerber (Anbieter B) vorteilhaft sein. Dies kann anhand eines Beispiels veranschaulicht werden. Es basiert auf den folgenden Annahmen: • Es gibt zwei Anbieter und die Konsumenten streben danach, die Preise beider Anbieter kennenzulernen. • Die Preise der Anbieter unterscheiden sich nicht und die Konsumenten sind bereit, den Preis zu zahlen. Zwei F¨alle sind zu unterscheiden: 1. Weder Anbieter A noch Anbieter B macht seinen Preis durch Werbung bekannt. 2. Anbieter A macht seinen Preis durch Werbung bekannt, Anbieter B nicht. In Fall 1 suchen die Konsumenten zuerst entweder Anbieter A oder Anbieter B auf. Unter den getroffenen Annahmen beenden sie ihre Preissuche mit einem Kauf bei dem Anbieter, den sie zuletzt aufsuchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei Anbieter B kaufen, betr¨ agt demnach 50 Prozent. In Fall 2 kennen die Konsumenten den Preis von Anbieter A bereits, sie suchen daher nur Anbieter B auf. Unter den getroffenen Annahmen betr¨ agt die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei Anbieter B kaufen, 100 Prozent. Dieses vereinfachte Beispiel zeigt, dass die Preiswerbung von Anbieter A einen positiven externen Effekt auf Anbieter B aus¨ uben kann: Sie tr¨ agt dazu bei, das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu erf¨ ullen und senkt so die Wahrscheinlichkeit, dass Konsumenten Anbieter B ohne Kauf verlassen, um eine weitere Preisinformation einzuholen. Demnach kann es kontraproduktiv sein, durch Preiswerbung zu den Preiskenntnissen der Konsumenten beizutragen. 7.2.2 Implikationen f¨ ur die mikro¨ okonomische Theorie Das Preissuchverhalten der Konsumenten ist nicht nur f¨ ur die Absatzpolitik von Unternehmen relevant, sondern es hat (deswegen) auch eine volkswirtschaftliche Bedeutung. 693
Auch dies ist eine Ceteris-Paribus-Betrachtung, denn durch Werbung kann bspw. die Wahrscheinlichkeit erh¨ oht werden, dass Konsumenten Anbieter A u uller¨berhaupt aufsuchen. Vgl. bspw. M¨ Hagedorn (2005), S. 331. Vgl. auch Butters (1977), S. 466-477 und Robert/Stahl (1993), S. 661f. zu Modellen, in denen Konsumenten nur durch Werbung auf Anbieter aufmerksam werden bzw. nur suchen, wenn sie keine Werbung erhalten haben.
246
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
Die insbesondere in Abschnitt 2.1 zitierten Arbeiten aus der volkswirtschaftlichen Literatur verdeutlichen dies und zeigen gleichzeitig, dass in erster Linie die Mikro¨okonomik von Erkenntnissen zum Suchverhalten profitieren kann. Daraus erw¨achst in zweiter Linie auch eine Bedeutung f¨ ur die Makro¨ okonomik.694 Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden zun¨achst auf Implikationen eingegangen, die die Formulierung von Suchmodellen, also die Nachfrageseite betreffen. Danach werden Implikationen f¨ ur die marktwirtschaftliche Preisbildung behandelt, indem die Angebotsseite einbezogen wird. Schließlich werden weitere mikro¨okonomische Implikationen er¨ ortert, wobei sich auch Verbindungen zu makro¨okonomischen Gr¨ oßen zeigen. 7.2.2.1 Implikationen f¨ ur die Formulierung von Suchmodellen Da es sich bei der Informationssuche um einen aktiven Prozess handelt, ist ihre Untersuchung in mikro¨okonomischer Hinsicht nicht als Gegenstand der Unsicherheits¨okonomik ( Economics of Uncertainty“) anzusehen, bei der Verhaltensweisen bei exogen gegebenem ” ¨ Informationsstand im Mittelpunkt der Uberlegungen stehen.695 Stattdessen ist die Informationssuche ein Untersuchungsgegenstand der Informations¨okonomik ( Economics of ” Information“), bei der der Informationsstand als endogene Variable behandelt wird. Diese zwei Teilbereiche der mikro¨ okonomischen Forschung lassen sich – unter Inkaufnahme einer in der Literatur u uberschneidung – weiter hinsichtlich der Art ¨blichen Vokabular¨ der betrachteten Unsicherheit unterscheiden: Einerseits wird die Marktunsicherheit und somit die Unsicherheit u oglichkeiten thematisiert, andererseits die Er¨ber Transaktionsm¨ eignisunsicherheit, also die Unsicherheit u ¨ber das Eintreten von Umweltzust¨anden. Die Untersuchung des Preissuchverhaltens dient mithin dazu, den Umgang von Konsumenten mit ihrer Marktunsicherheit bei endogenem Informationsstand zu erfassen. Im hier entwickelten Modell wird dieser Umgang auf relativ simple Art erkl¨art: Konsumenten passen ihre Preisbereitschaft (in Maßen) an die marktlichen Gegebenheiten an; dies erlaubt es, der eigenen Unsicherheit gerecht zu werden, indem Vorstellungen u ¨ber die im Markt geforderten Preise revidiert werden k¨ onnen. Gleichzeitig weisen Konsumenten ein Anspruchsniveau an den Umfang ihrer Preiskenntnisse auf, wodurch sie das Risiko, einen relativ zur Gesamtheit der Preise hohen Preis zu zahlen, bis auf ein subjektiv akzeptables Niveau reduzieren; dadurch wird auch vermieden, dass die Preisbereitschaft zu stark revidiert wird. Dieser relativ simple Ansatz zur Erkl¨ arung des Umgangs mit Marktunsicherheit unterscheidet sich von vorliegenden mikro¨ okonomischen Suchmodellen, die das Suchverhalten auf der Basis von Wahrscheinlichkeitsurteilen der Konsumenten erkl¨aren (siehe Abschnitt 2.1). Die – mit der Modellgeneration ansteigende – Komplexit¨at der Wahrscheinlichkeitsurteile und die daraus folgenden Anforderungen an die Denk- und Rechenleistung legen den Schluss nahe, dass nichtprobabilistische Ans¨atze dem Suchverhalten insbesondere bei unbekannter Preisverteilung eher gerecht werden. Die Untersuchungsergebnisse st¨ utzen diesen Schluss. Dies f¨ uhrt zu der Frage, wie nichtprobabilistisches Suchverhalten zu modellieren ist. Der vorliegenden Untersuchung zufolge stellt die Theorie des Anspruchsniveaus eine m¨ogliche Modellgrundlage dar, mit der der eingeschr¨ ankten Informationsaufnahme-, -verarbeitungs- und -speicherungskapazit¨ at wirtschaftlicher Akteure Rechnung getragen werden kann. Damit wird das Satisficing-Modell von Simon aufgegriffen. Weitergehend wird 694 695
Vgl. bspw. Phelps et al. (1970); Sargent (1987). Vgl. zu den in diesem Absatz genannten Unterscheidungen bspw. Hirshleifer (1973), S. 31-33; Hirshleifer/Riley (1979), S. 1376f.
7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie
247
mit der Aufnahme des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse dem Vorschlag von Selten gefolgt, zur Erkl¨ arung des Entscheidungsverhaltens in risikobehafteten Situationen Anspruchsniveaus einzubeziehen, die mit dem Risiko der Entscheidung in Verbindung stehen (siehe Seite 117). Die Untersuchung spezifiziert und st¨ utzt somit die Vermutung, dass das Suchverhalten anspruchsniveauorientiert abl¨auft. Weiterhin zeigen Details, dass die Kombination aus Preisbereitschaft und Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse zu Erkenntnissen f¨ uhrt, die u ¨ber vorliegende Modelle hinausgehen: • Da das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse unter anderem von der Anzahl der Anbieter abh¨ angt, hat diese Anzahl eine Bedeutung f¨ ur die Erkl¨arung des Preissuchverhaltens. In anderen Modellen wird der Anzahl der Anbieter eine geringere Bedeutung beigemessen (siehe Abschnitt 2.1). Zwar kann sie u ¨ber die H¨ohe der Grenzsuchkosten erfasst werden, den hier vorgestellten Ergebnissen zufolge hat sie jedoch eine dar¨ uber hinausgehende Bedeutung. • Aufgrund ihres Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse werden Konsumenten zuweilen selbst Preise, die sie aufgrund ihrer Preisbereitschaft akzeptieren sollten, zur¨ uckweisen. Auf diese M¨ oglichkeit weist auch Diamond hin, allerdings eher ablehnend: This case seems possible but unusual.“696 Das Bestehen eines Anspruchs” niveaus an den Umfang der Preiskenntnisse f¨ uhrt dazu, dass die Wahrscheinlichkeit der Zur¨ uckweisung grunds¨ atzlich akzeptabler Preise insbesondere in fr¨ uhen Suchschritten hoch ist. • Aus der M¨oglichkeit der Zur¨ uckweisung akzeptabler Preise folgt, dass die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche sinken kann. Die empirischen Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass es sich dabei um einen h¨ aufigen Fall handelt (siehe Abschnitt 6.4.3.2). Im Gegensatz dazu wird die M¨ oglichkeit einer Senkung der Preisbereitschaft in vorliegenden sequenziellen Modellen im Allgemeinen nicht einbezogen (siehe insbesondere Seite 53). Dies sind Beispiele f¨ ur Zusammenh¨ ange, die sich aus dem hier vorgestellten Ansatz ergeben und die f¨ ur die Modellierung der Nachfrageseite auf Suchm¨arkten von Bedeutung sind. 7.2.2.2 Implikationen f¨ ur die Preisbildung Das Preissuchverhalten beeinflusst den Informationsstand der Konsumenten und es kann sich somit auf die Preistransparenz und daher auch auf die marktwirtschaftliche Preisbildung auswirken. In diesem Sinne fasst Rothschild die volkswirtschaftliche Bedeutung des Preissuchverhaltens wie folgt zusammen: Economists are interested in the rules ” which searchers follow, because these rules determine the demand functions that sellers in [search] markets face and thus, in part, the nature of the markets themselves.“697 Dieser Aussage entsprechend schließen sich Implikationen f¨ ur die Preisbildung auf M¨arkten an die Implikationen f¨ ur die Festlegung von Preisen in Unternehmen an, die in Abschnitt 7.2.1.1 er¨ortert wurden. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden zun¨achst auf die H¨ohe und dann auf die Streuung von Preisen eingegangen.
696 697
Diamond (1971), S. 162. Rothschild (1974), S. 690.
248
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
Zur H¨ ohe von Preisen Wenn sich Konsumenten wie im hier entwickelten Modell an einer Preisbereitschaft und einem Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse orientieren, ist die Steigung der Nachfragefunktion – wie im Allgemeinen unterstellt – negativ, denn mit der H¨ohe eines Preises sinkt die Kaufwahrscheinlichkeit.698 Demnach besteht ein Anreiz f¨ ur Anbieter, ihren Aufschlag auf die Grenzkosten der Produktion gering zu halten. Dementgegen k¨onnte zwar betont werden, dass die Anpassung der Preisbereitschaft an die identifizierten Preise dazu f¨ uhrt, dass der Betrag der Steigung der Nachfragefunktion reduziert wird, m¨oglicherweise sogar so stark, dass Preiserh¨ ohungen nicht zu einem R¨ uckgang des Absatzes f¨ uhren. Dies entspricht der in Abschnitt 7.2.1.1 getroffenen Aussage, dass der Betrag der Preiselastizit¨ at der Nachfrage durch die Anpassung der Preisbereitschaft gesenkt wird. Die drei dort er¨ orterten, der Absch¨ opfung von Konsumentenrenten entgegenstehenden Faktoren wirken jedoch in gegenteiliger Richtung – also die Begrenzung der Preisbereitschaftssteigerung, die Bedeutung langfristiger Gr¨oßen und die Tendenz der Konsumenten zu Preisvergleichen. Der letzte Faktor ist besonders bedeutend, da er nicht nur abschw¨achend und langfristig wirkt. Demnach steht der Reduktion des Betrags der Steigung der Nachfragefunktion durch die Anpassung der Preisbereitschaft insbesondere die Erh¨ ohung des Betrags durch die Tendenz zu Preisvergleichen entgegen. Dies entspricht der Aussage aus Abschnitt 7.2.1.1, dass der Betrag der Preiselastizit¨at der Nachfrage durch die Tendenz zu Preisvergleichen erh¨oht wird. Die Spielr¨aume f¨ ur die Preispolitik sind umso geringer, je intensiver Konsumenten Preise vergleichen – the more consumers search, the more competitively the market should ” behave.“699 Das Bestehen eines Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse st¨ utzt demnach die wettbewerbliche Funktion von M¨ arkten, indem es den m¨oglichen Aufschlag auf die Grenzkosten der Produktion beschr¨ ankt. Mit anderen Worten verhindert insbesondere die Tendenz zu Preisvergleichen, dass die Anpassung der Preisbereitschaft ausgenutzt wird, um Konsumentenrenten abzusch¨ opfen. Da dieser Effekt durch Preisabsprachen unterwandert werden kann, st¨ arkt er die Notwendigkeit von Wettbewerbskontrollen. Zur Streuung von Preisen Hinsichtlich der Preisstreuung kann ein Lemma von Burdett und Judd herangezogen werden, das – wiewohl es verschiedene Argumentationen gibt700 – repr¨asentativ f¨ ur viele andere Modelle von Suchm¨ arkten ist: Wenn kein Konsument Preise vergleicht, fordern alle Anbieter den Monopolpreis; wenn alle Konsumenten Preise vergleichen, legen alle Anbieter den Preis wie unter vollkommenem Wettbewerb auf die Grenzkosten der Produktion fest; wenn einige Konsumenten Preise vergleichen, fordern die Anbieter im Allgemeinen verschiedene Preise.701 Daraus folgern die Autoren: [F]irms will offer differing ” prices precisely when there is a positive, but not certain, probability that a randomly 698 699 700
701
Vgl. auch bspw. Rothschild (1974), S. 690-692, 701; Hey (1981a), S. 68; B´enabou/Gertner (1993), S. 74. Fershtman/Fishman (1994), S. 1100. Vgl. die meisten Arbeiten, die in den Tabellen auf S. 13, 25 und 45 genannt sind. Zusammenfassungen finden sich bspw. bei McKenna, Chris J. (1987a): Models of Search Market Equilibrium, in: Hey/ Lambert (1987), S. 110–123, hier: S. 114-119; McMillan/Rothschild (1994), S. 912-915; Baye/Morgan/ Scholten (2006), S. 331-360. Vgl. Burdett/Judd (1983), S. 960. In den ersten zwei F¨ allen sind Preisvergleiche unn¨ otig und der zweite Fall kann daher kein Gleichgewicht sein. Die Grenzkosten der Produktion werden als homogen unterstellt. Mit im Allgemeinen“ wird ausgeschlossen, dass die Preisbereitschaft der Konsumenten ” den Grenzkosten entspricht.
7.2 Implikationen f¨ ur die ¨ okonomische Praxis und Theorie
249
observed consumer knows only one price. It is then clear that any mechanism which forces this will generate dispersion in prices.“702 Das hier modellierte Suchverhalten ist ein solcher Mechanismus, denn obwohl die Konsumenten zu Preisvergleichen tendieren, ist der Fall, dass sie nur einen Anbieter aufsuchen, nicht ausgeschlossen. Demnach ist von Preisstreuung auszugehen.703 Zum Ausmaß der Streuung bzw. zur Beziehung zwischen den Modellgr¨oßen und dem Ausmaß der Streuung kann allerdings keine eindeutige Aussage getroffen werden, ohne andere Merkmale des Markts zu spezifizieren: Vorliegende Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen den Einflussfaktoren des Suchverhaltens und der Preisstreuung sind nicht u ultig.704 ¨bergreifend g¨ 7.2.2.3 Weitere mikro¨ okonomische Implikationen Zwischen nutzenmaximierendem und anspruchsniveauorientiertem Konsumentenverhalten l¨asst sich als grundlegender Unterschied anf¨ uhren, dass die Preisbereitschaft im ersten Fall das Resultat einer rationalen Abw¨ agung zwischen Verwendungsm¨oglichkeiten der Ressourcen der Konsumenten ist, w¨ ahrend sich die Preisbereitschaft im zweiten Fall st¨arker nach den (w¨ahrend der Preissuche kennengelernten) Preisforderungen der Anbieter richtet. Allgemeiner kann dies so aufgefasst werden, dass die Trennung von Pr¨aferenzen und Handlungsm¨ oglichkeiten, die f¨ ur die Theorie der Nutzenmaximierung wesentlich ist, der Theorie des Anspruchsniveaus zufolge nicht gelten muss.705 Der Wunsch, ein Produkt zu besitzen, wird somit unterschiedlich behandelt: Bei nutzenmaximierendem Verhalten entsteht dieser Wunsch dadurch, dass der Preis nicht u ¨ber der (rational gebildeten) Preisbereitschaft liegt. Bei anspruchsniveauorientiertem Verhalten f¨ uhrt der Wunsch, ein Produkt zu besitzen, zu einer Anpassung der Preisbereitschaft an den Preis. Daraus folgen zwei Implikationen: • Das Einkommen bzw. die Budgetrestriktion spielt eine geringere Rolle f¨ ur das Konsumentenverhalten als es die Theorie der Nutzenmaximierung nahelegt.706 • Der Anteil vom Einkommen, der f¨ ur zuk¨ unftigen Konsum zur¨ uckgelegt wird, ist in geringerem Maße das Resultat einer intertemporalen Optimierung: Sparen kann eine Restkategorie sein, der haupts¨ achlich dann finanzielle Mittel zugewiesen werden, wenn die Produktw¨ unsche erf¨ ullt sind.707 Weiterhin k¨onnen aus dem Modell Implikationen f¨ ur die individuelle Reaktion auf und ¨ Beurteilung von Inflation abgeleitet werden, wobei die Uberlegungen den obigen zur Sonderangebotspolitik von Unternehmen ¨ ahneln: • Da die Preisbereitschaft zu Beginn der Suche unter anderem von der Preisbereitschaft abh¨angt, die beim vorhergehenden Kauf gebildet wurde, verst¨arkt Inflation die Tendenz zu Preisvergleichen, denn bei gestiegenem Preisniveau werden Konsumenten zu Beginn der Suche eher als bei konstantem Preisniveau auf Preise treffen, die u ¨ber der vorhergehenden Preisbereitschaft liegen.708 Im Lauf der Suche wird Inflation absor702 703
704 705 706 707 708
Burdett/Judd (1983), S. 956. Dies hat auch eine formale Bedeutung: Die Modellierung der Nachfrageseite auf Suchm¨ arkten muss es erlauben, die Angebotsseite so einzubeziehen, dass Preise streuen, denn sonst w¨ urde die Vermutung, dass Konsumenten suchen, ihre Berechtigung verlieren. Vgl. Rothschild (1973), S. 1288f. Siehe Fußnote 700 zu Quellenverweisen. Vgl. G¨ uth (2007), S. 506; Fellner/G¨ uth/Maciejovsky (2009), S. 32. Vgl. Schm¨ olders/Biervert (1972), S. 214f.; Kapteyn/Wansbeek/Buyze (1979), S. 560f.; Antonides (1996), S. 143-145. Vgl. Katona/Mueller (1954), S. 31; Kapteyn/Wansbeek/Buyze (1979), S. 561. Vgl. auch G¨ uth/ Levati/Ploner (2009) zu einer anspruchsniveautheoretischen Erkl¨ arung des Sparverhaltens. Vgl. auch Axell (1974), S. 95; Hey (1981a), S. 66f.; B´enabou/Gertner (1993). Die Autoren argumen-
250
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
biert, indem sich die Preisbereitschaft an die gestiegenen Preise anpasst. • Wenn die oben angestellte Vermutung zutrifft, dass Konsumenten aufgrund ihres anspruchsniveautheoretischen Idealziels Zw¨ ange zur Erh¨ohung der Preisbereitschaft negativ beurteilen, besteht darin eine m¨ ogliche Erkl¨arung daf¨ ur, dass sie Inflation negativ beurteilen.709 ¨ Diese Uberlegungen setzen voraus, dass Konsumenten sich an nominalen Preisen orientieren, indem sie einer Geldillusion unterliegen.710 7.2.3 Implikationen f¨ ur die empirische Forschung Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung sind f¨ ur die Frage, inwieweit die Preisbereitschaft der Konsumenten gemessen werden kann und welche Handlungsempfehlungen aus gemessenen Preisbereitschaften abgeleitet werden k¨onnen, von Bedeutung. Dies ergibt sich daraus, dass bei der Messung der Preisbereitschaft zumeist implizit angenommen wird, dass es sich erstens um eine statische Gr¨oße handelt und dass zweitens ausschließlich sie f¨ ur die Entscheidung u ¨ber die Beendigung der Suche maßgeblich ist. Im Folgenden wird auf diese Annahmen und darauf, wie sie vor dem Hintergrund der vorliegenden Untersuchung zu beurteilen sind, eingegangen. Zur Statik der Preisbereitschaft Die Messung der Preisbereitschaft mit Instrumenten wie beispielsweise der Vickrey-Auktion und dem Becker-DeGroot-Marschak-Mechanismus (siehe Abschnitt 5.3.2.1 zu diesen und weiteren Messinstrumenten) setzt im Allgemeinen voraus, dass sich die Preisbereitschaft w¨ahrend der Suche nicht ver¨ andert. Die Messung basiert daher auf der Annahme, dass die Konsumenten u andige Preistransparenz verf¨ ugen oder dass sie nicht ¨ber vollst¨ nach Preisen suchen oder dass sie sich von Preisen, die sie w¨ahrend der Suche identifizieren, nicht beeinflussen lassen. Wenn dies nicht zutrifft, kann der Einfluss von Informationen, die Konsumenten erst w¨ ahrend der Preissuche sammeln, untersch¨atzt werden.711 Somit ist die externe Validit¨ at von Methoden zur Messung der Preisbereitschaft infrage zu stellen, wenn sich die Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche ver¨andern kann. Den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung zufolge ist dies der Fall. Die Preisbereitschaft stellt keine statische, sondern eine dynamische Gr¨oße dar. Sie kann w¨ahrend der Suche sinken, sodass ein Preis, der einer ex ante gemessenen Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist, inakzeptabel werden kann. Sie kann steigen, sodass ein Preis, der auf einer ex ante gemessenen Preisbereitschaft basiert, nicht gewinnmaximierend sein muss. Von theoretischem Interesse ist, dass die Reduktion der externen Validit¨at der Messung auf einer unterschiedlichen Sichtweise der Preisbereitschaft basiert. Bei der Messung wird im Allgemeinen in neoklassischer Tradition davon ausgegangen, dass die Preisbereitschaft ein Maß des Nutzens ist, den ein Produkt stiftet.712 Wenn davon ausgegangen wird, dass der Produktnutzen eindeutig bewertet werden kann (dies kann infrage gestellt 709
710 711 712
tieren anders und gehen teilweise weiter. Eine Zusammenfassung entsprechender empirischer Hinweise findet sich bei Frey, Bruno S./Stutzer, Alois (2002): Happiness and Economics: How the Economy and Institutions Affect Well-Being, Princeton – Oxford, S. 111-115. Vgl. zu Hinweisen darauf bspw. Shafir, Eldar/Diamond, Peter/Tversky, Amos (1997): Money Illusion, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 112 No. 2, S. 341–374. Vgl. auch Backhaus et al. (2005a), S. 445; M¨ uller-Hagedorn (2005), S. 296; V¨ olckner (2006), S. 40. Vgl. bspw. Tacke (1989), S. 58, 62f., 165; Kalish/Nelson (1991), S. 328; Skiera (1999), S. 34-36; Wertenbroch/Skiera (2002), S. 228, 234; Monroe (2003), S. 50; Pechtl (2005), S. 3, 69; V¨ olckner (2006), S. 34; Diller (2008), S. 155; Simon/Fassnacht (2009), S. 81-92.
7.3 Ans¨atze f¨ ur weitere Untersuchungen
251
werden713 ), kann bei dieser Sichtweise auch unterstellt werden, dass die Preisbereitschaft statisch ist. Hier wird die Preisbereitschaft hingegen nicht als Maß, sondern h¨ochstens als Indikator des Produktnutzens angesehen, denn sie h¨ angt zwar vom Wert¨aquivalent ab, muss ihm jedoch nicht entsprechen. Es wird also weniger stark u ¨ber den Wortlaut hinausgegangen, indem die Preisbereitschaft lediglich als maximaler Preis, den ein Konsument zu zahlen bereit ist, angesehen wird. Dieser Preis ist f¨ ur die Kaufentscheidung maßgeblich; ob es sich dabei um die monet¨ are Bewertung des Produktnutzens handelt, ist f¨ ur die Ermittlung der Nachfragefunktion nicht entscheidend. Zur Bedeutung der Preisbereitschaft f¨ ur die Entscheidung u ¨ ber die Beendigung der Suche Weiterhin wird bei der Messung der Preisbereitschaft im Allgemeinen implizit vorausgesetzt, dass Konsumenten ihre Preissuche beenden und einen Kauf durchf¨ uhren, sobald sie einen Preis identifizieren, der ihrer Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist. Wenn jedoch nicht ausschließlich die Preisbereitschaft f¨ ur die Entscheidung u ¨ber die Beendigung der Suche maßgeblich ist, ist die Ableitung von preispolitischen Handlungsempfehlungen aus gemessenen Preisbereitschaften mit Problemen behaftet. Dies ist den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung zufolge der Fall. Nicht ausschließlich die Preisbereitschaft, sondern auch das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse ist maßgeblich f¨ ur die Entscheidung u ¨ber die Beendigung der Suche. Anders ausgedr¨ uckt setzen Konsumenten ihre Preissuche unter Umst¨anden selbst dann fort, wenn sie einen Preis identifiziert haben, der ihrer Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist, um ausreichende Preiskenntnisse zu erlangen. Somit muss es auch dann nicht zu einem Kauf kommen, wenn ein Preis der Preisbereitschaft zufolge akzeptabel ist. Weiterhin kann aus der Beobachtung, dass ein Preis nicht akzeptiert wird, nicht immer geschlossen werden, dass die Preisbereitschaft unter dem Preis liegt. Beide Beobachtungen – also dass die Preisbereitschaft nicht statisch ist und dass nicht ausschließlich sie f¨ ur die Entscheidung u ¨ber die Beendigung der Suche maßgeblich ist – erh¨ohen die Komplexit¨ at der Erkl¨ arung und Prognose von Kaufentscheidungen und somit der Sch¨atzung von Nachfragefunktionen.714 Wie bei der absatzpolitischen Marktsegmentierung ergibt sich als Implikation, dass das Suchverhalten der Konsumenten zus¨atzlich einzubeziehen ist, wenn aus gemessenen Preisbereitschaften Empfehlungen f¨ ur die Preispolitik abgeleitet werden.
7.3 Ans¨ atze f¨ ur weitere Untersuchungen M¨ogliche Erweiterungen folgen sowohl aus der Bew¨ ahrung des Modells als auch aus Limitationen der Untersuchung. Ans¨ atze fallen in vier Kategorien: Erstens kann die em¨ pirische Uberpr¨ ufung des Modells ausgeweitet werden, zweitens kann die Genauigkeit oder Tiefe“ des Modells erh¨ oht werden, drittens kann der Anwendungsbereich oder die ” Breite“ des Modells vergr¨ oßert werden und viertens kann das Modell in ein u ¨bergeord” netes Modell eingef¨ ugt werden. ¨ Zur empirischen Uberpr¨ ufung des Modells ¨ Eine Limitation der hier vorgenommenen empirischen Uberpr¨ ufung des Modells ist die laborexperimentelle Vorgehensweise. Diese hat zwar Vorteile (siehe Abschnitt 5.1), es 713 714
Vgl. Ruprecht (2005), S. 193-195; Kaas/Ruprecht (2006), S. 44-50. Vgl. auch Rothschild (1973), S. 1300; Payne/Laughhunn/Crum (1980), S. 1054.
252
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
¨ dr¨ angt sich jedoch die Frage auf, ob sich das Modell bei einer Uberpr¨ ufung außerhalb des Labors, also insbesondere mit realen Produkten und Anbietern, bew¨ahrt. Weiterhin kann die laborexperimentelle Vorgehensweise selbst variiert werden, indem insbesondere gepr¨ uft wird, ob st¨ arkere finanzielle Anreize zu anderen Ergebnissen f¨ uhren (siehe Abschnitt 5.2.2). ¨ Dar¨ uber hinaus kann im Rahmen einer weitergehenden empirischen Uberpr¨ ufung ein gezielter Theorievergleich vorgenommen werden. Dabei bietet sich insbesondere ein Vergleich mit den mikro¨ okonomischen Modellen der dritten Generation an, denn auch diese unterstellen eine zu Beginn der Suche unbekannte Preisverteilung (siehe Abschnitt 2.1.3). Theoretische und empirische Erkenntnisse legen zwar den Schluss nahe, dass Nutzenmaximierungsmodelle dem realen Suchverhalten nicht gerecht werden (siehe Abschnitt 2.4); ein gezielter Vergleich der Erkl¨ arungsg¨ ute k¨ onnte diesen Schluss jedoch st¨arken oder abschw¨achen. Ein Vergleich wird allerdings dadurch erschwert, dass Modelle der dritten Generation Annahmen zum Vorwissen und Lernen der Konsumenten enthalten, deren Manipulation bzw. Messung hohe Anforderungen stellt. Zur Genauigkeit des Modells Um die Genauigkeit oder Tiefe“ des Modells zu erh¨ ohen, kann gepr¨ uft werden, von wel” chen Faktoren die St¨ arke von Zusammenh¨ angen abh¨ angt, beispielsweise die St¨arke des Zusammenhangs zwischen der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche und ihrem Wert beim vorhergehenden Kauf, oder die St¨ arke der Anpassung der Preisbereitschaft an die identifizierten Preise.715 Dabei oder unabh¨ angig davon kann versucht werden, die Quellen individueller Heterogenit¨ at aufzudecken; bei der Hypothesenpr¨ ufung in Abschnitt 6.4 wurde stattdessen unbeobachtete Heterogenit¨ at einbezogen. Naheliegend ist beispielsweise die Vermutung, dass die Risikoeinstellung eine Bedeutung hat, insbesondere f¨ ur die H¨ohe des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse.716 Weiterhin kann untersucht werden, wie die in Abschnitt 6.6 angesprochene Wichtigkeit der Anspruchsniveaus zustande kommt.717 Eine weitere Form der Erh¨ ohung der Genauigkeit kann darin bestehen, dass gepr¨ uft wird, wie sich die Suchmethode“ der Konsumenten auswirkt. Beispielsweise kann ver” mutet werden, dass das Suchverhalten davon abh¨ angt, ob sich Konsumenten im station¨aren Handel oder im Internet u ¨ber Preise informieren. Grunds¨atzlich ist das Modell allgemein formuliert, sodass es auf verschiedene Suchmethoden zutreffen sollte. Wird die Suche im station¨aren Handel mit der im Internet verglichen, ist demnach auf die relative Auspr¨agung der Modellkonstrukte abzustellen, insbesondere der Grenzsuchkosten, der Anzahl der Anbieter und der w¨ ahrend der Suche identifizierten Preise. Dies gilt etwas eingeschr¨ankt auch dann, wenn Preisvergleichsdienste genutzt werden718 oder die Suche mithilfe gedruckter Kataloge durchgef¨ uhrt wird. Dennoch kann gepr¨ uft werden, ob insbesondere die St¨ arke von Zusammenh¨ angen von der Suchmethode abh¨angt. 715
716 717 718
Siehe zum ersten Beispiel Abschnitt 3.1.2. Insb. hinsichtlich des zweiten Beispiels kann auf Ans¨ atze von Wricke (2000) zur¨ uckgegriffen werden, indem bspw. die Bedeutung des Involvements gepr¨ uft wird. Wricke unterstellt allerdings eine statische Preisbereitschaft. Vgl. a. a. O., S. 6f., 225. Vgl. zur Verbindung zwischen Risikoeinstellung und Anspruchsniveau G¨ uth (2007), S. 512f., 521; Fellner/G¨ uth/Maciejovsky (2009), S. 28f., 31f. Auch dabei kann individuelle Heterogenit¨ at einbezogen werden. Vgl. Schwartz et al. (2002); siehe zu dieser Untersuchung auch Fußnote 372 auf S. 110. Bspw. zeigt Diehl (2005), S. 316-320, dass bei Nutzung eines Vergleichsdiensts mehr Optionen gesichtet werden, wenn die Grenzsuchkosten sinken oder die Anzahl der Optionen steigt. Grewal/ Lindsey-Mullikin (2006), S. 58-60 zeigen, dass Konsumenten umso weniger dazu tendieren, weitere Informationen einzuholen, je mehr Informationen ihnen von einem Vergleichsdienst zur Verf¨ ugung gestellt werden. Diese Beobachtungen passen zum hier entwickelten Modell.
7.3 Ans¨atze f¨ ur weitere Untersuchungen
253
Dar¨ uber hinaus kann untersucht werden, ob nichtlineare Zusammenh¨ange bestehen. Von besonderem Interesse ist auch dabei die Anpassung der Preisbereitschaft, denn oben wurde vermutet, dass diese mit zunehmender Differenz zwischen Preis und Preisbereitschaft schw¨acher wird (siehe Seite 240). Hypothesen zur Form von Zusammenh¨angen k¨onnen insbesondere aus Theorien abgeleitet werden, die mit der Theorie des Anspruchsniveaus kombiniert werden k¨onnen, wie beispielsweise die Assimilations-Kontrast-Theorie (siehe Abschnitt 3.4). Zum Anwendungsbereich des Modells Um den Anwendungsbereich oder die Breite“ des Modells zu erh¨ohen, k¨onnen Annah” men gelockert und weitere Konstrukte aufgenommen werden (siehe Abschnitt 1.3 zu den u uber hinausge¨bergreifenden Annahmen der Untersuchung und Kapitel 4 zu den dar¨ henden Modellannahmen). Bei der Diskussion von Implikationen wurde dies an einigen Stellen bereits impliziert, indem beispielsweise A1, nach der die Anbieter homogen sind, gelockert wurde und auf absatzpolitische M¨ oglichkeiten zur Beeinflussung des Suchverhaltens hingewiesen wurde. Die dazu angestellten Vermutungen k¨onnen in Hypothesen u uhrt werden, indem Einflussm¨ oglichkeiten direkt in das Modell aufgenommen wer¨berf¨ den. In gleicher Weise k¨ onnen weitere Konstrukte aufgenommen werden, zu denen oben Vermutungen angestellt wurden. Beispielsweise w¨ are zu pr¨ ufen, ob die Preiszufriedenheit von der Konsumentenrente abh¨ angt und ob Konsumenten M¨oglichkeiten zur Senkung ihrer Preisbereitschaft positiv und Zw¨ ange zur Erh¨ ohung negativ beurteilen. A1 beinhaltet auch, dass das gesuchte Produkt homogen ist in dem Sinne, dass die ¨ Konsumenten es vor Beginn der Suche eindeutig festlegen. Uber diese Annahme kann hinausgegangen werden, indem angenommen wird, dass nach Preisen f¨ ur ein Produkt aus einer festgelegten Kategorie gesucht wird; dabei kann heterogene Qualit¨at (in einem weiten Sinne) einbezogen werden. Ein Ansatz kann darin bestehen, Preisen einen Skalierungsfaktor hinzuzuf¨ ugen, mit dem Produkte unterschiedlicher Qualit¨at vergleichbar gemacht werden.719 Eine andere M¨ oglichkeit besteht darin, ein Anspruchsniveau an die ” Qualit¨at“ einzubeziehen, das sich w¨ ahrend der Suche an die identifizierten Qualit¨aten anpasst. Bei beiden Ans¨ atzen w¨ are zu bedenken, dass einige Qualit¨atsmerkmale nicht vor dem Gebrauch eines Produkts beurteilt werden k¨ onnen.720 Beispiele f¨ ur weitere Annahmen, deren Lockerung sich anbietet, sind A2 und A9, nach denen die Konsumenten zu Beginn der Suche keine Informationen u ¨ber Preise und die Zuordnung von Preisen zu Anbietern haben. Die Lockerung dieser Annahmen ist naheliegend, denn im Modell wird davon ausgegangen, dass Konsumenten eine Vorstellung von der Anzahl der Anbieter haben. Mit der Lockerung ist nicht gemeint, dass eine bekannte Preisverteilung unterstellt wird; stattdessen kann sie insbesondere so erfolgen, dass die Kenntnis einzelner Preise oder das Bestehen von Preisimages einbezogen wird.721 Mit der Einbeziehung von Preisimages ist die Ber¨ ucksichtigung von Anbietertreue bzw. H¨andlermarkenloyalit¨at verkn¨ upft. Da die Orientierung an Marken eine Alternative zur Informationssuche ist, um das wahrgenommene Risiko einer Kaufentscheidung zu redu719
720
721
Vgl. bspw. Ratchford (1980), S. 16; Anderson, Simon P./Renault, Regis (1999): Pricing, Product Diversity, and Search Costs: A Bertrand-Chamberlin-Diamond Model, in: RAND Journal of Economics, Vol. 30 No. 4, S. 719–735, hier: S. 721; Zhang/Fang/Sheng (2007), S. 79. Vgl. Nelson (1970) sowie mit engem Bezug zum Preissuchverhalten Wilde, Louis L. (1980a): On the Formal Theory of Inspection and Evaluation in Product Markets, in: Econometrica, Vol. 48 No. 5, S. 1265–1279; Hey, John D./McKenna, Chris J. (1981): Consumer Search with Uncertain Product Quality, in: Journal of Political Economy, Vol. 89 No. 1, S. 54–66; McKenna (1987b), S. 101-104. Vgl. zu einzelnen Preisen bspw. Martin/Moon (1992), S. 254f. sowie Moon/Martin (1996), S. 312f. und zu Preisimages die Ausf¨ uhrungen zu A2 in Abschnitt 1.3.
254
7 Zusammenfassung und Diskussion der Erkenntnisse
uhren. zieren,722 kann ihre Einbeziehung zu weitergehenden Erkenntnissen f¨ ¨ Eine anders geartete M¨ oglichkeit zur Vergr¨ oßerung des Anwendungsbereichs ist die Ubertragung des Modells auf andere Suchm¨ arkte, beispielsweise den Arbeitsmarkt. M¨oglicherweise lassen sich Parallelen zum Lohnsuchverhalten von Arbeitnehmern ziehen, wie sie sich auch in mikro¨okonomischen Modellen zeigen (siehe Seite 9). Die Bezeichnung des Reservationslohns – der in Modellen des Lohnsuchverhaltens an die Stelle der Preisbereitschaft tritt – als Anspruchslohn“723 suggeriert, dass es sich um eine Gr¨oße handelt, ” deren Zustandekommen anspruchsniveautheoretisch erkl¨art werden kann.724 Zur Einbettung in ein u ¨ bergeordnetes Modell Eine Einbettung des Modells in ein u ¨bergeordnetes Modell kann darin bestehen, die Angebotsseite explizit einzubeziehen, indem modelliert wird, wie Unternehmen auf das anspruchsniveauorientierte Preissuchverhalten der Konsumenten reagieren und welche Bedeutung diese Reaktion wiederum f¨ ur das Preissuchverhalten hat. Bei der Diskussion von Implikationen wurde auf die Anbieterreaktion bereits heuristisch eingegangen; eine explizite Modellierung beider Marktseiten w¨ urde zu genaueren Erkenntnissen f¨ uhren. Die Modellierung der Angebotsseite k¨ onnte Rationalit¨ at unterstellen, also auf der Theorie der Nutzen- bzw. Gewinnmaximierung basieren, sie k¨onnte aber auch eingeschr¨ankte Rationalit¨at unterstellen, indem beispielsweise die Theorie des Anspruchsniveaus als Grundlage genutzt wird.725
7.4 Schlussbetrachtung Die vorliegende Untersuchung stellt in zweifacher Hinsicht einen Br¨ uckenschlag dar: einerseits zwischen Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, andererseits zwischen Wirtschaftswissenschaft und Psychologie. Dies wird mit der Bezeichnung des Modells als verhaltens” okonomische Forschung ist ein Schnittpunkt ¨okonomisch“ angedeutet, denn die verhaltens¨ dieser Disziplinen.726 Der interdisziplin¨ aren Ausrichtung entsprechend kann der Beitrag der Untersuchung, das heißt die anspruchsniveautheoretische Erkl¨arung des Preissuchverhaltens der Konsumenten, aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden: • Die Theorie des Anspruchsniveaus wurde von Simon als Alternative zur Theorie der Nutzenmaximierung in die mikro¨ okonomische Forschung eingebracht.727 Insofern stellt die Untersuchung einen Versuch dar, diese alternative Verhaltenstheorie auf einen Gegenstand anzuwenden, dessen Behandlung ansonsten meist auf dem Bild uneingeschr¨ankt rationaler Akteure basiert. Dass die Anwendung auf das Suchverhalten naheliegend ist, zeigt sich auch daran, dass Simon zur Veranschaulichung der Notwendigkeit alternativer Theorien auf das Problem der Suche nach der Nadel im ” Heuhaufen“ hinweist; die mit Suchproblemen einhergehenden Anforderungen an die 728 Rationalit¨at d¨ urften wirtschaftliche Akteure im Allgemeinen u ¨berfordern. • In der marketingorientierten Forschung zum Konsumentenverhalten werden h¨aufig 722
723 724 725 726 727 728
Vgl. bspw. Swan (1969); Roselius (1971); Kuhlmann (1978), S. 137f., 142; Silberer (1981), S. 33; Gem¨ unden (1985), S. 90, 94. Vgl. auch Heinemann (1974) zur Verkn¨ upfung von Suchverhalten, Einkaufsst¨ attenwahl und Anbietertreue. Bspw. Franz (2009), S. 28, 211. Vgl. auch Holt (1970), S. 56-74. Vgl. die auf S. 88 genannten Arbeiten zum Verhalten von Unternehmen und Monroe (2003), S. 29f. Dies verdeutlichen die Sammelb¨ ande Thaler (1991); Kahneman/Tversky (2000); Camerer/ Loewenstein/Rabin (2004). Vgl. Simon (1955). Vgl. Simon (1978), S. 502.
7.4 Schlussbetrachtung
255
verhaltenswissenschaftliche Theorien herangezogen. Aus dieser Perspektive dient die Untersuchung dazu, eine der zahlreichen vorliegenden Theorien auf einen Gegenstand anzuwenden, der ansonsten eher auf der Basis von Ad-hoc-Hypothesen behandelt wird. Ein allgemeinerer Beitrag der Untersuchung besteht darin, den Anwendungsbereich der Theorie des Anspruchsniveaus zu veranschaulichen, zumal diese Theorie ansonsten eher selten in Erkl¨ arungen des Konsumentenverhaltens einbezogen wird. • Ein Zitat von Kahneman verdeutlicht die Verbindung zwischen Wirtschaftswissenschaft und Psychologie: A growing body of findings supports a radical challenge to ” the assumption, central to much economic theory, that stable preferences exist. The image of a decision maker who makes choices by consulting a preexisting preference order appears increasingly implausible. The alternative image is of a decision maker who chooses reluctantly and with difficulty [. . . ] and who constructs preferences in the context and in the format required by a particular situation [. . . ]. Of course, no one wishes to pursue the idea of context dependence to the point of nihilism. Choices are not nearly as coherent as the notion of a preference order would suggest, but they are also far from random. Some explanation of their limited coherence is therefore required.“729 Die – aus der Psychologie stammende – Theorie des Anspruchsniveaus ist eine solche Erkl¨ arung. Die Theorie des Anspruchsniveaus ist weniger mathematisch stringent als die Theorie der Nutzenmaximierung. Dies ist ein Nachteil, denn die Rigorosit¨at der Erkl¨arung kann dadurch reduziert werden. Es ist auch ein Vorteil, denn die N¨ahe zu realen Entscheidungsprozessen kann erh¨ oht werden. Welcher Aspekt u ¨berwiegt, h¨angt vom Untersuchungsgegenstand ab. Ein Untersuchungsgegenstand, bei dem der Vorteil st¨arker zu wiegen scheint, ist das Preissuchverhalten der Konsumenten.
729
Kahneman, Daniel (2000): Preface, in: Kahneman/Tversky (2000), S. ix–xvii, hier: S. xvi. Kahneman weist auf Einstellungen als Alternative hin; siehe hierzu S. 104.
Anhang: Der Ablauf einer simulierten Kaufsituation Um die Ausf¨ uhrungen in Kapitel 5 zum Aufbau des Experiments zu veranschaulichen, wird im Folgenden mit Bildschirmansichten dargestellt, wie eine simulierte Kaufsituation abl¨auft. Da die Probanden Wahlm¨ oglichkeiten haben, kann jede Kaufsituation verschieden ablaufen; hier wird ein vollst¨ andiges Beispiel er¨ ortert, auf das auszugsweise bereits in Abschnitt 5.2.3 eingegangen wurde. Der allgemeine Ablauf wird auf Seite 144 schematisch dargestellt. F¨ ur das Beispiel wird an dem Punkt eingesetzt, an dem Probanden instruiert wurden und Probel¨ aufe durchgef¨ uhrt haben (Probel¨aufe laufen im Wesentlichen so ab wie andere Kaufsituationen; siehe Abschnitt 5.2.4). Zun¨achst werden die Probanden u ¨ber das Anfangsguthaben, die Grenzsuchkosten und das Wert¨aquivalent in der Kaufsituation informiert (Abbildung A.1). Abbildung A.1: Die Information der Probanden vor Beginn einer Kaufsituation
¨ Danach gelangen sie auf die Ubersichtsseite der Kaufsituation (Abbildung A.2). ¨ Abbildung A.2: Die Ubersichtsseite zu Beginn einer Kaufsituation
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Anhang: Der Ablauf einer simulierten Kaufsituation
¨ Auf der Ubersichtsseite haben die Probanden zwei M¨ oglichkeiten: die Kaufsituation abzubrechen oder einen Anbieter auszuw¨ ahlen. F¨ ur das Beispiel wird der Fall dargestellt, dass sie Anbieter 1 ausw¨ ahlen. Bevor die Probanden den Preis erfahren, den dieser Anbieter fordert, wird zun¨ achst das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse gemessen (Abbildung A.3). Abbildung A.3: Die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse zu Beginn der Suche
Danach wird die Preisbereitschaft gemessen (Abbildung A.4). Abbildung A.4: Die Messung der Preisbereitschaft zu Beginn der Suche
Anschließend wird den Probanden mitgeteilt, dass sie das Produkt nicht zum Zufallspreis gekauft haben (dies wird in Abschnitt 5.4.1 erl¨ autert; Abbildung A.5). Abbildung A.5: Die Meldung nach der Messung der Preisbereitschaft
Danach erfahren die Probanden auf einer Anbieterseite den Preis von Anbieter 1, den sie ¨ auf der Ubersichtsseite ausgew¨ ahlt hatten, sowie den abstrakten Namen des Anbieters (hier Anbieter G“; Abbildung A.6). ”
Anhang: Der Ablauf einer simulierten Kaufsituation
259
Abbildung A.6: Die erste Anbieterseite
Auf der Anbieterseite haben die Probanden zwei M¨ oglichkeiten: bei dem Anbieter zu kaufen oder nicht bei dem Anbieter zu kaufen. F¨ ur das Beispiel wird der Fall dargestellt, dass sie nicht bei dem Anbieter kaufen. Dann werden zun¨achst wieder das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (Abbildung A.7) und die Preisbereitschaft (Abbildung A.8 und A.9) gemessen. Abbildung A.7: Die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Suche
Abbildung A.8: Die Messung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche
260
Anhang: Der Ablauf einer simulierten Kaufsituation Abbildung A.9: Die Meldung nach der Messung der Preisbereitschaft
¨ Anschließend gelangen die Probanden wieder auf die Ubersichtsseite, auf der jetzt der abstrakte Name und der Preis von Anbieter 1 aufgedeckt sind (Abbildung A.10). ¨ Abbildung A.10: Die Ubersichtsseite nach Aufdeckung eines Platzhalters
¨ Auf der Ubersichtsseite haben die Probanden jetzt drei M¨oglichkeiten: die Kaufsituation abzubrechen, Anbieter 1 (hier Anbieter G“) erneut aufzusuchen oder einen weiteren ” Anbieter auszuw¨ahlen. F¨ ur das Beispiel wird der Fall dargestellt, dass sie Anbieter 2 ausw¨ahlen. Daraufhin gelangen sie auf dessen Anbieterseite (Abbildung A.11). Abbildung A.11: Die zweite Anbieterseite
Wenn die Probanden bei dem Anbieter nicht kaufen, werden erneut das Anspruchsniveau an den Umfang der Preiskenntnisse (Abbildung A.12) und die Preisbereitschaft (Abbildung A.13 und A.14) gemessen.
Anhang: Der Ablauf einer simulierten Kaufsituation
261
Abbildung A.12: Die Messung des Anspruchsniveaus an den Umfang der Preiskenntnisse w¨ ahrend der Suche
Abbildung A.13: Die Messung der Preisbereitschaft w¨ ahrend der Suche
Abbildung A.14: Die Meldung nach der Messung der Preisbereitschaft
¨ Danach gelangen die Probanden wieder auf die Ubersichtsseite, auf der jetzt die abstrakten Namen und die Preise von Anbieter 1 und Anbieter 2 aufgedeckt sind (Abbildung A.15).
262
Anhang: Der Ablauf einer simulierten Kaufsituation ¨ Abbildung A.15: Die Ubersichtsseite nach Aufdeckung von zwei Platzhaltern
¨ F¨ ur das Beispiel wird der Fall dargestellt, dass die Probanden auf der Ubersichtsseite erneut Anbieter 1 (hier Anbieter G“) ausw¨ ahlen. Daraufhin gelangen sie wieder auf ” dessen Anbieterseite (Abbildung A.16). Abbildung A.16: Die erste Anbieterseite
Wenn die Probanden jetzt bei diesem Anbieter kaufen, werden sie u ¨ber den gezahlten Preis und das Endguthaben bei der Kaufsituation informiert (Abbildung A.17). Damit ist die Kaufsituation beendet und die n¨ achste Kaufsituation wird begonnen. Abbildung A.17: Die Information der Probanden u ¨ber das Ergebnis einer Kaufsituation
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