Springer-Lehrbuch
H. Clusmann A. Heidenreich N. Pallua H.-C. Pape M. Tingart
Chirurgie IN 5 TAGEN Band 2 Orthopädie ...
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Springer-Lehrbuch
H. Clusmann A. Heidenreich N. Pallua H.-C. Pape M. Tingart
Chirurgie IN 5 TAGEN Band 2 Orthopädie und Unfallchirurgie Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie, Handchirurgie Neurochirurgie Urologie
Unter Mitarbeit von B. Brehmer, B. Carow, H. Delbrück, W. Drescher, F. J. Hans, S. Kathrein, R. Kirschner-Herrmanns, M. Knobe, P. Kobbe, A. Komadinic, M. Lörken, J. Lüring, G. Neuloh, M. Nossek, M. F. Oertel, J. Ohnsorge, D. Pfister, A. Piatkowski de Grzymala, S. Povoden, B. Rath, D. Rohrmann, K. Salem, M. Schaltenbrand, B. Schmidt-Rolfing, S. Schröder, C. Schwenninger, R. M. Sellei
123
Univ.-Prof. Dr. med. Hans Clusmann
Univ.-Prof. Dr. med. Hans-Christoph Pape, FACS
Neurochirurgische Klinik RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Univ.-Prov. Dr. med. Axel Heidenreich Klinik für Urologie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Tingart
Univ.-Prof. Dr. med. Norbert Pallua
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
ISBN 978-3-642-20474-6 Springer Medizin Verlag Heidelberg Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2012 Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Planung: Christine Ströhla, Heidelberg Projektmanagement: Axel Treiber, Heidelberg Lektorat: Ingrid Fritz, Bad Füssing Titelbild: Sonja Werner, Köln Layout und Umschlaggestaltung: deblik Berlin Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg SPIN 80023520 Gedruckt auf säurefreiem Papier
15/2117 – 5 4 3 2 1 0
V
Vorwort Alle chirurgischen Fächer in zweimal 5 Tagen für das sogenannte Hammerexamen zu lernen, stellt eine durchaus große, aber lösbare Herausforderung dar. Die beiden vorliegenden chirurgischen Bände sollen Medizinstudierende dabei unterstützen, ihre Prüfungsvorbereitung so effizient wie möglich zu gestalten. In 9 Kapiteln haben wir den prüfungsrelevanten Stoff der Fächer so aufgearbeitet, dass Sie nach intensiver Lektüre und Lernen den Anforderungen des Staatsexamens mehr als genügen sollten. Dieses Buch kann und will Lehrbücher und den Unterricht vor Ort nicht ersetzen; es erhebt keinen Anspruch, das jeweilige Fach vollständig und in der Tiefe darzustellen. Manche Themen, über die man jeweils ganze Bücher verfassen könnte, werden nur kurz angerissen. Das »5-Tage-Buch« konzentriert sich vielmehr auf die prüfungsrelevanten Inhalte und versteht sich als Intensivrepetitorium oder kommentierten Index der jeweiligen Fächer. Bei den in diesen Bänden gemeinsam auftretenden Disziplinen finden sich neben dem »großen Fach« Chirurgie auch die anderen Disziplinen des chirurgischen Fächerkanon Gefäßchirurgie, Herz- und Thoraxchirurgie, Neurochirurgie, Orthopädie, Plastische Chirurgie, Unfallchirurgie und Urologie. Letztere werden im Vergleich zur Inneren Medizin oder Chirurgie im Staatsexamen mit einer kleineren Zahl von Fragen bedacht; der Umfang des Repetitoriums trägt dieser Situation Rechnung. In der klinischen Realität der Ausund Weiterbildung werden jedoch diejenigen von Ihnen, die sich nach dem Examen in einem dieser Fächer weiterbilden, feststellen, dass auch vermeintlich kleinere Fächer inhaltsreich sind und oft Subdisziplinen existieren. Die Autoren und Mitarbeiter dieses Repetitoriums wünschen Ihnen für die Prüfungsvorbereitung das notwendige Durchhaltevermögen, klar strukturiertes und fokussiertes Denken sowie eine zielsichere und ruhige Hand bei der Beantwortung Ihrer Examensfragen und, bei aller Lernerei, trotzdem etwas Spaß. Für die Prüfung wünschen wir Ihnen viel Erfolg! Aachen, im Herbst 2011
Rüdiger Autschbach Hans Clusmann Axel Heidenreich Michael Jacobs Ulf Peter Neumann Norbert Pallua Hans-Christoph Pape Markus Tingart
VII
Die Autoren
Univ.-Prof. Dr. med. Hans Clusmann Neurochirurgische Klinik, RWTH Aachen
Univ.-Prof. Dr. med. Hans-Christoph Pape Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Schwerpunkt Unfallchirurgie, RWTH Aachen
Univ.-Prov. Dr. med. Axel Heidenreich Klinik für Urologie, RWTH Aachen
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Tingart Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Schwerpunkt Orthopädie, RWTH Aachen
Univ.-Prof. Dr. med. Norbert Pallua Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie, RWTH Aachen
IX
Inhaltsverzeichnis Tag 1 – Orthopädie 1
Orthopädie und Unfallchirurgie . . . .
1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.1.6
Orthopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemerkrankungen . . . . . . . . . . . . Knochen- und Weichteiltumoren . . . . . Weichteil-, Knochen-, Gelenkinfektionen Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schulter, Oberarm und Ellenbogen . . . . Hüft- und Oberschenkelerkrankungen .
. . . . . . .
Tag 4 – Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie, Handchirurgie und Neurochirurgie
1 2 2 25 55 64 80 96
Tag 2 – Orthopädie, Unfallchirurgie
2
Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie . . . . . . . 285
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
Wundheilung . . . . . . . . Infektionen der Weichteile Periphere Nervenläsionen Verbrennungschirurgie . . Handchirurgie . . . . . . . .
3
Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . 318
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
3.1 3.2 1.1.7 1.1.8 1.1.9 1.2 1.2.1 1.2.2
Knie und Unterschenkel . . . . . . . Sprunggelenk und Fuß . . . . . . . Kinderorthopädie . . . . . . . . . . . Unfallchirurgie . . . . . . . . . . . . Allgemeine Frakturlehre . . . . . . Verletzungen des Schultergürtels und der oberen Extremität . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
103 123 138 164 164
. . . . . 168
Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . Entwicklungsstörungen – Kinderneurochirurgie . . . . . . . . . . 3.3 Liquorzirkulation und Hydrozephalus 3.4 Nervenkompressionssyndrome . . . . 3.5 Spinale Neurochirurgie . . . . . . . . . 3.6 Neurochirurgische Onkologie . . . . . 3.7 Zerebrovaskuläre Erkrankungen . . . 3.8 Schädel-Hirn-Trauma . . . . . . . . . . 3.9 Funktionelle Neurochirurgie . . . . . . 3.10 Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
286 289 293 298 302
. . . 320 . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
322 327 329 332 340 350 357 365 370
Tag 3 – Unfallchirurgie 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.2.6
Verletzungen der Wirbelsäule . . . . . . . . Beckenverletzungen . . . . . . . . . . . . . . Verletzungen der unteren Extremität . . . Besondere Situationen in der Traumatologie . . . . . . . . . . . . . . 1.2.7 Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.8 Physiotherapie in der Unfallchirurgie . . . 1.2.9 Berufsgenossenschaftliches Heilverfahren und gesetzliche Unfallversicherung . . . . 1.2.10 Klassifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . .
Tag 5 – Urologie
201 211 218
4
Urologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
252 259 277
4.1 4.2 4.3 4.4
Urologische Onkologie . . . . . . . . Kinderurologie . . . . . . . . . . . . . Andrologie . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionsstörungen des unteren Harntrakts . . . . . . . . . . . . . . . . Urolithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . Entzündungen des Urogenitaltrakts Verletzungen und Notfälle . . . . . .
280 282
4.5 4.6 4.7
. . . . 375 . . . . 441 . . . . 459 . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
467 475 490 502
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . 511
XI
Autorenverzeichnis Univ.-Prof. Dr. med. Hans Clusmann
Dr. med. Susanne Kathrein
Neurochirurgische Klinik RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
PD Dr. med. Berhnhard Brehmer
Klinik für Urologie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
PD Dr. med. Ruth Kirschner-Herrmanns
Klinik für Urologie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Dr. med. Bennet Carow
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Dr. med. Matthias Knobe
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Dr. med. Heide Delbrück
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Dr. med. Philipp Kobbe
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
PD Dr. med. Wolf Drescher
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Dr. med. Adrian Komadinic
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
PD Dr. med. Franz-Joseph Hans
Neurochirurgische Klinik RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen Univ.-Prov. Dr. med. Axel Heidenreich
Klinik für Urologie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Dr. med. Michael Lörken
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
XII Autorenverzeichnis
PD Dr. med. Christian Lüring
Dr. med. David Pfister
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Urologie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen Dr. med. Andrzey Piatkowski de Grzymala
Dr. med. Georg Neuloh
Neurochirurgische Klinik RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Dr. med. Matthias Nossek
Dr. med. Sabine Povoden
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Dr. med. Markus Oertel
Dr. med. Benjamin Rath
Neurochirurgische Klinik RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
PD Dr. med. Jörg Ohnsorge
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
PD Dr. med. Dorothea Rohrmann
Univ.-Prof. Dr. med. Norbert Pallua
Dr. med. Khaled Salem
Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Univ.-Prof. Dr. med. Hans-Christoph Pape
Dr. med. Maren Schaltenbrand
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Urologie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
XIII Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Bernhard Schmidt-Rolfing
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen Dr. med. Silvia Schröder
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen Dr. med. Christoph Schwenninger
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen Dr. med. Richard Martin Sellei
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Unfallchirurgie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen Univ.-Prof. Dr. med. Markus Tingart
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Schwerpunkt Orthopädie RWTH Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
1 1
Orthopädie und Unfallchirurgie
Tag 1 – Orthopädie 1.1
Orthopädie – 2
1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.1.6
Systemerkrankungen – 2 Knochen- und Weichteiltumoren – 25 Weichteil-, Knochen-, Gelenkinfektionen – 55 Wirbelsäule – 64 Schulter, Oberarm und Ellenbogen – 80 Hüft- und Oberschenkelerkrankungen – 96
Tag 2 – Orthopädie 1.1.7 1.1.8 1.1.9
Knie und Unterschenkel – 103 Sprunggelenk und Fuß – 123 Kinderorthopädie – 138
1.2
Unfallchirurgie – 164
1.2.1 1.2.2
Allgemeine Frakturlehre – 164 Verletzungen des Schultergürtels und der oberen Extremität
Tag 3 – Unfallchirurgie 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.2.6 1.2.7 1.2.8 1.2.9 1.2.10
Verletzungen der Wirbelsäule – 201 Beckenverletzungen – 211 Verletzungen der unteren Extremität – 218 Besondere Situationen in der Traumatologie – 252 Komplikationen – 259 Physiotherapie in der Unfallchirurgie – 277 Berufsgenossenschaftliches Heilverfahren und gesetzliche Unfallversicherung – 280 Klassifikationen – 282
H. Clusmann et al., Chirurgie IN 5 TAGEN, DOI 10.1007/978-3-642-20475-3_1, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2012
– 168
2
1
Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
1.1
Orthopädie
1.1.1
Systemerkrankungen S. Schröder, H. Delbrück
Angeborene Skelettentwicklungsstörungen Allgemeines 4 bei angeborenen Entwicklungsstörungen des Skeletts handelt es sich um eine fehlerhafte Anlage und Entwicklung der Knorpel-Knochen-Zelle mit verschiedenen klinischen Erscheinungsbildern: 5 Dysplasien: Gewebedefekte 5 Dysostosen: Organdefekte 5 Dystrophien: angeborene generalisierte metabolische Erkrankungen
Skelettdysplasien Achondroplasie Epidemiologie und Ätiologie 4 häufigste Skelettdysplasie: 2–3/100.000 4 autosomal-dominante Vererbung 4 Störung der enchondralen Ossifikation
Klinik 4 kurzgliedrige Form des Kleinwuchses: 5 kurze Extremitäten 5 plumpe Hände und Füße 4 relativ großer Schädel, einfallende Nasenwurzel 4 Wirbelsäulenveränderungen mit verengtem Spinalkanal 4 durchschnittliche Erwachsenengröße ca. 125 cm
Therapie 4 4 4 4
symptomatisch ggf. spinale Dekompression stabilisierende Eingriffe an der Wirbelsäule Beinverlängerungen mit gleichzeitiger Achskorrektur
Pseudochondroplasie Ätiologie 4 autosomal-dominanter Vererbungsgang
Klinik 4 starke Verkürzung der Extremitäten 4 Schädel und Gesicht weitgehend unauffällig
Therapie 4 symptomatisch 4 ggf. spinale Dekompression
3 1.1 · Orthopädie
4 stabilisierende Eingriffe an der Wirbelsäule 4 Beinverlängerungen mit gleichzeitiger Achskorrektur
Spondyloepiphysäre Dysplasie Klinik 4 vornehmliche Wachstumsstörung der Wirbelsäule mit Rumpfverkürzung 4 evtl. mit Kyphose oder/und Skoliose 4 Veränderungen des proximalen Epiphysenwachstums
Therapie 4 symptomatisch 4 ggf. stabilisierende 4 korrigierende Eingriffe an der Wirbelsäule
Kleidokraniale Dysplasie Klinik 4 4 4 4
großer Kopf mit hervorspringenden Stirnhöckern Fehlen der Schlüsselbeine, daher Hypermobilität des Schultergürtels ggf. Thoraxdeformitäten (Trichterbrust) ggf. Spaltbecken
Therapie 4 selten notwendig 4 symptomatisch
Multiple epiphysäre Dysplasie Ätiologie 4 tritt in unterschiedlicher Lokalisation und Schweregrad auf: 5 Typ Ribbing: J autosomal rezessiv vererbt J besonders betroffen sind Hüftgelenke und Wirbelsäule J Kleinkinder weisen bereits Coxa vara auf. DD: beidseitiger Morbus Perthes 5 Typ Fairbank: J autosomal rezessiv vererbt J bereits frühzeitig hochgradige Deformierungen und arthrotische Veränderungen
Therapie 4 symptomatisch 4 ggf. operative Eingriffe an den Hüftgelenken 4 ggf. stabilisierende, korrigierende Eingriffe an der Wirbelsäule
Multiple kartilaginäre Exostosen 4 siehe 7 Abschn. 1.1.2
1
Eigene Notizen
4
1
Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Ätiologie 4 autosomal-dominante Vererbung 4 Überschussbildung von Spongiosa im metaphysären Bereich 4 bei weniger als 2% kann es im Erwachsenenalter zur malignen Entartung (Chondrosarkom) kommen. ! Cave Größenprogredienz der Exostose im Erwachsenenalter
Klinik 4 bereits im Kleinkindesalter wachsen in der Nähe der Wachstumsfugen, vor allem in Nähe von Schulter, Hüfte, Knie und Sprunggelenk sowie Rippen Knochenauswüchse mit einer Knorpelkappe
Therapie 4 funktionsbehindernde Exostosen werden entfernt (Schmerzen oder zu Fehlwachstum der Wachstumsfuge führend)
Enchondromatose Siehe auch 7 Abschn. 1.1.2
Ätiologie 4 Ansammlung von Knorpelnestern in normalem Knochengewebe 4 Gefahr der Störungen des Wachstums und Entstehung von Deformitäten 5 Morbus Ollier: J Befall einer Körperhälfte J maligne Entartung möglich (25% im 40. Lebensjahr) 5 Mafucci-Syndrom: J Kombination von multiplen Enchondromen und Hämangiomen J häufig sarkomatöse Entartung
Fibröse Dysplasie Ätiologie 4 Fehlentwicklung von Knorpel und fibrösen Elementen
Klinik 4 fibröse Herde im Markraum führen zu zunehmenden Deformierungen und Spontanfrakturen 4 in der Nähe der Hüfte kann es zur sog. Hirtenstabdeformität kommen 4 McCune-Albright-Syndrom: 5 fibröse Dysplasie in Kombination mit Pubertas praecox und Pigmentstörungen
Therapie 4 bei ausgeprägtem Befall und Gefahr der Fraktur Ausräumung des fibrösen Herdes und Auffüllung mit Spongiosa 4 Erkrankung kommt nach der Pubertät oft zum Stillstand
5 1.1 · Orthopädie
Neurofibromatose (Morbus Recklinghausen) Definition 4 Auftreten von multiplen Neurofibromen
Ätiologie 4 autosomal dominante Vererbung
Einteilung 4 Typ I: peripherer Befall (Inzidenz von 1:3000) 4 Typ II: zentraler Befall (Inzidenz von 1:40 000)
Klinik 4 Typ I: Neurofibrome der Haut (Café-au-lait-Flecken) 5 Pseudarthrose des Unterschenkels mit Crus varum congenitum 5 Skoliose, Zusammenbruch neurofibrotisch veränderter Wirbelkörper 5 Neurofibrome in sämtlichen Organen (Weichteile, Harnblase etc.) 4 Typ II: Akustikusneurinome 5 spinale Raumforderungen 5 Katarakt
Therapie 4 symptomatisch 4 Skoliose: 5 frühzeitige operative Stabilisierung 4 Pseudarthrose des Unterschenkels: 5 Entfernung und Achskorrektur
Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit) Epidemiologie und Ätiologie 4 4–7/100.000 Neugeborenen 4 autosomal-dominante Vererbung 4 Störung der Kollagensynthese und der periostalen Knochenformation führt zur abnormalen Knochendichte
Klinik 4 Knochenbrüchigkeit 4 Minderwuchs
Klassifikation 4 nach Sillence: 5 Typ I (früher Typ Lobstein): J mildeste Form J blaue Skleren J Frakturen erst mit Beginn der Vertikalisierung J im Erwachsenenalter Gefahr der Schwerhörigkeit 5 Typ II: J schwerste Form J blaue Skleren
1
Eigene Notizen
6
1
Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 5
5 5 5
J bereits bei Geburt zahlreichen Frakturen J Lebenserwartung <1 Jahr Typ III (früher Typ Vrolik): J sehr schwere Form J Mehrfachfrakturen mit schweren Deformierungen Typ IV: J milde Form J Minderwuchs J basiläre Impression Typ V: J überschießende Kallusbildung J Syndesmosenbildung Typ VI: J Erhöhung der alkalischen Phosphatase Typ VII: J Verkürzung der proximalen Extremität (Rhizomelie) J bislang nur bei Betroffenen eines Indianerstammes in Quebec aufgetreten
Diagnostik 4 Osteoporose mit Ausdünnung der Kortikalis
Therapie 4 Ziel ist die Vertikalisierung der Kinder 4 Stabilisierung und Begradigung der Extremitäten operativ und mittels Orthesenversorgung
Primäre Stoffwechselstörungen (Dystrophien) 4 Dystrophien erfassen zahlreiche angeborene Skelettsystemerkrankungen 4 entstehen auf dem Boden kongenitaler Störungen des Kalzium-, Phosphat-, Kohlenhydrat-, Fett-, Nukleinsäure-, Aminosäure- und Metallstoffwechsels 4 am häufigsten sind Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels (Mucopolysaccharidosen) Mucopolysaccharidosen
4 Typ I (Morbus Pfaundler-Hurler): 5 Minderwuchs, Wasserspeicherkopf 5 psychomotorische Retardierung 5 Hepatosplenomegalie 5 Wirbelsäulendeformitäten 4 Typ II und III: 5 sehr seltenes Auftreten 4 TypIV (Morbus Morquio-Brailsford): 5 Wirbelsäulenveränderungen 5 Kielbrust 5 normale Intelligenz
7 1.1 · Orthopädie
Pathogenese 4 gestörter Abbau von Kohlenhydraten führt zur Speicherung von Mucopolysacchariden in Skelett, Gehirn, Leber, Milz, Haut und Gefäßwänden
Therapie 4 symptomatisch 4 operativ: Korrektur von Wirbelsäulen- und Achsdeformitäten
Kongenitale Störungen der Bindegewebsentwicklung Ehlers-Danlos-Syndrom Definition 4 Kollagenreifungsstörung, die in 7 Formen unterschiedlicher Heredität auftritt
Klinik 4 Hyperlaxizität der Haut, des Bindegewebes und der Gelenke 4 Auftreten von Skoliosen und Gelenkinstabilitäten
Therapie 4 Skoliose: 5 frühe Stabilisierung 4 Gelenkverrenkungen: 5 möglichst konservativ
Marfan-Syndrom Definition 4 Kollagenreifungsstörung mit Defekt der Mikrofibrillen des Bindegewebes
Klinik 4 Herz- und Aortenektasien 4 Linsenluxationen 4 Hochwuchs mit: 5 Überlänge von Armen und Beinen 5 Spinnenfinger 5 Brustkorbdeformitäten 5 Skoliose 5 Plattfüße
Therapie 4 Skoliose: 5 frühe Stabilisierung 4 interdisziplinäre Behandlung mit Kardiologen und Augenärzten
1
Eigene Notizen
8
1
Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Metabolische Osteopathien Osteopathien bei Vitaminmangel Rachitis Definition 4 Störung der enchondralen Ossifikation im wachsenden Skelett durch Vitamin-D-Mangel 4 aufgrund einer gestörten Kalkeinlagerung in die Knochengrundsubstanz kommt es zu weichen Knochen, die sich verbiegen
Einteilung 4 Kalzipenische Rachitis: infolge von Mangelernährung entsteht Kalziummangel mit verminderter Vitamin-D3-Wirkung (aufgrund VitaminD-Prophylaxe selten) 4 Phosphorpenische Rachitis: Phosphatmangel infolge von renalem Phosphatverlust
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Appetitlosigkeit Blässe Schlafstörungen Kopfschweiß Unruhe Reizbarkeit Störungen der Zahnentwicklung Nervenübererregbarkeit Kraniotabes eingezogene Zwerchfelllinie Auftreibungen des Thorax (Rosenkranz) Kielbrust, Coxa vara Genu varum, Crus varum Knick-Plattfüße abgeflachtes Becken
Diagnostik 4 Klinik 4 Röntgenbefund: 5 becherartige Auftreibungen der Epiphysen 5 Verbreiterung der Epiphysenfuge 4 Labor: 5 starke Erhöhung der alkalischen Serum-Phosphatase 5 Hypophosphatämie
Therapie 4 Vitamin-D- und Kalzium-Zufuhr 4 ggf. Nachtlagerungsschalen zur Wachstumslenkung
9 1.1 · Orthopädie
Vitamin-D-abhängige Rachitisformen 4 sind Vitamin-D-resistent 4 haben eine genetische Ursache 4 insgesamt sehr selten
Osteopathien bei Nierenerkrankungen 4 bei Nierenerkrankungen kommt es zur Störung der Regulation des Kalzium- und Phosphathaushaltes 4 die verminderte Vitamin-D-Synthese führt über die Hypokalzämie zum ausgeprägten sekundären Hyperparathyreoidismus 4 Folgen sind ausgeprägte Mineralisationsstörungen
Fanconi-Syndrom Definition 4 Fehlfunktion der Nierentubuli führt zur: 5 erhöhten Aminosäureausscheidung 5 Glukosurie 5 Hyperphosphaturie und 5 renal-tubulärer Azidose mit Verlust von Wasser, Bikarbonat, Proteinen und Phosphat
Klinik 4 Dehydrierung 4 Hypoproteinämie 4 rachitische Skelettveränderungen
Therapie 4 Ausgleich der Azidose 4 Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten 4 eiweiß- und phosphatreiche Diät
Phosphatdiabetes Definition 4 X-chromosomal dominant vererbte Nierentubulusstörung mit erhöhter Phosphatausscheidung 4 Folge: Knochenverbiegungen und Spontanfrakturen
Klinik 4 Knochenverbiegungen 4 Spontanfrakturen
Therapie 4 Phosphatzufuhr
1
Eigene Notizen
10 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
1
Eigene Notizen
Endokrine Osteopathien Hyperparathyreoidismus Definition 4 eine vermehrte Sekretion von Parathormon führt zur verstärkten Osteoklastentätigkeit 4 Folge: Knochenresorption 4 das Knochenmark zeigt eine Fibrose
Einteilung: 4 Primärer Hyperparathyreoidismus: Adenome der Nebenschilddrüse 4 Sekundärer Hyperparathyreoidismus: negative Kalziumbilanz infolge Fehlernährung und Vitamin-D-Mangel 4 Tertiärer Hyperparathyreoidismus: Hyperplasie nach sekundärem Hyperparathyreoidismus
Klinik 4 Stein-, Bein-, Magenpein: Nephrolithiasis, Gliederschmerzen, Magenbeschwerden 4 Spontanfrakturen mit intraossären Einblutungen (braune Tumoren) 4 Frühsymptome im Bereich des Kiefers und der Fingerphalangen
Diagnostik 4 Labor: Hyperkalzämie
Therapie 4 Entfernung der Ursache 4 Ausgleich der Kalziumbilanz
Hypophysendysfunktion 4 Wachstumshormonmangel: verzögertes Knochenwachstum: 5 proportionierter Zwergwuchs 5 Epiphysenfugen verschließen sich später 5 Auftreten von Osteochondrosen 4 Wachstumshormonüberschuss: 5 vor Wachstumsabschluss: hypophysärer Riesenwuchs 5 nach Wachstumsabschluss: Akromegalie 4 Gonadendysfunktion: 5 Dystrophia adiposogenitales mit Fettsucht 5 genitaler Hypoplasie 5 häufig kombiniert mit Epiphysiolysis capitis femoris (ECF)
Nebennierendysfunktion Definition 4 Überproduktion von Glukokortikoiden führt zum Cushing-Syndrom mit Osteoporose
11 1.1 · Orthopädie
Osteopathien mit verminderter Knochendichte (Osteopenien) Osteoporose Definition 4 pathologischer Knochenschwund mit gleicher Beteiligung von organischem und Mineralanteil des Knochens 4 circa 30% der weißen Bevölkerung weisen bis zum 75. Lebensjahr osteoporosebedingte Frakturen auf 4 WHO-Definitionen: 5 schwere Osteoporose: J Knochenmineralgehalt (BMD) mehr als 2,5 Standardabweichungen (SD) unter dem mittleren Wert der »peak bone mass« (PBM) bei jungen gesunden Frauen J Vorhandensein von Frakturen 5 Osteoporose: J Knochenmineralgehalt mehr als 2,5 SD unter dem mittleren Wert der PBM bei jungen gesunden Frauen 5 Osteopenie: J Knochenmineralgehalt zwischen -1,0 und -2,5 des SD des mittleren Wertes der PBM bei jungen gesunden Frauen 5 normal: J Knochenmineralgehalt nicht mehr als 1,0 SD unter dem mittleren Wert der PBM bei jungen gesunden Frauen
Ätiologie und Pathogenese 4 im 4. Lebensjahrzehnt besitzt das menschliche Skelett die größte Knochenmasse, anschließend beginnt der sukzessive Knochenabbau 4 Knochenabbau bei Frauen nach der Menopause aufgrund des Östrogenmangels ausgeprägter als beim Mann 4 der altersabhängige Knochenabbau des Menschen (Altersatrophie) wird abgegrenzt vom pathologischen Knochenschwund der Osteoporose 4 auch bei der Altersatrophie kommt es zur Reduktion der Knochenmasse von 50% des Knochenbestandes eines 30-Jährigen 4 Osteoporose: 5 der zeitliche Ablauf des altersabhängigen Knochenabbaus ist erheblich verkürzt 5 kennzeichnend ist ein Spongiosaverlust 5 es kommt zu Wirbelkörperdeformierungen ohne adäquates Trauma 5 Ursachen: J entweder verstärkter Knochenresorption (High-Turnover-Osteoporose) J oder verminderter Knochenneubildung (Low-Turnover- Osteoporose)
Risikofaktoren 4 weiße Rasse 4 Frauen 4 Schlankheit
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12 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 4 4 4 4 4
geringe Sonnenexposition wenig Bewegung Nikotinabusus Kalzium- und Vitamin-D-arme Ernährung frühe Menopause Kortisoneinnahme
Klinik 4 Frakturen ohne adäquates Trauma 5 vor allem von Wirbelkörpern, daraus entstehen J Kyphosen der BWS J Hyperlordose der LWS J Verlust an Körperhöhe J Vorwölbung des Bauches J Rumpfverkürzung (Tannenbaumphänomen) J Schmerzen
Diagnostik 4 4 4 4 4
Anamnese klinischer Befund Labor DXA-Knochendichtemessung ggf. Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule (Rahmenstruktur, Keil- und Fischwirbel)
Differenzialdiagnose 4 4 4 4 4 4 4
Osteomalazie renale Osteopathie Hyperparathyreoidismus Morbus Paget Cushing-Syndrom Metastasen Plasmozytomwirbel
Therapie 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Behandlung der ggf. zugrunde liegenden metabolischen Erkrankung analgetische/antiphlogistische Therapie Entlastung der Wirbelsäule mittels Mieder oder Korsett ggf. bei starken Schmerzen kurzfristige Bettruhe Physiotherapie, um Belastungsfähigkeit der Wirbelsäule und Muskulatur zu verbessern sowie zur Förderung der Koordination zur Vermeidung von Stürzen Förderung körperlicher Aktivität Sturzprophylaxe mittels adaptierter Hilfsmittel und Hüftprotektoren bei frischen schmerzhaften Wirbelkörperfrakturen ggf. Vertebroplastie oder Kyphoplastie medikamentöse Therapie: 5 Kalzium und Vitamin D 5 Bisphosphonate (Alendronsäure, Ibandronat, Risedronat)
13 1.1 · Orthopädie
5 Östrogen-Rezeptoren-Modulatoren (SERM, Raloxifen) 5 Parathormon (Strontium-Ranelat und Teriparatid)
Osteomalazie Definition 4 durch Vitamin-D-Mangel bei Erwachsenen Verringerung der Knochendichte, die den Mineralanteil betrifft 4 der Knochen wird weich und biegsam 4 es kommt zu sog. Pseudofrakturen (Looser-Umbauzonen)
Ätiologie 4 fehlende Sonnenexposition 4 nutritiver Mangel 4 mangelhafte Metabolisierung bei Leber- und Niereninsuffizienz oder langandauernder Einnahme von Antiepileptika
Klinik 4 4 4 4 4 4 4
Muskelschwäche diffuse Gelenkbeschwerden Schmerzen Coxa vara Protrusio acetabuli Kartenherzbecken Keil- und Fischwirbelbildung mit entsprechender Kyphose
Diagnostik 4 Labor (erhöhte alkalische Phosphatase) 4 Röntgendiagnostik (Eindellung an Deck- und Grundplatten, Keil- und Fischwirbel, Looser-Umbauzonen)
Therapie 4 Beseitigung des Vitamin-D-Mangels
Osteopathien mit erhöhter Knochendichte Morbus Paget Definition 4 Osteopathie unklarer Ätiologie, die Menschen jenseits des 40. Lebensjahres trifft 4 überstürzt ablaufendem Knochenumbau 4 tritt monostotisch oder polyostotisch auf, aber nicht generalisiert
Pathogenese 4 gesteigerte Knochenabbau und 4 noch mehr gesteigerter Knochenaufbau von mechanisch minderwertigem Faserknochen 4 trotz erhöhter Dichte treten Frakturen und Deformierungen auf
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14 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
bei 30% der Patienten läuft die Krankheit asymptomatisch ab Rückenschmerzen Zunahme des Schädelumfangs Kompression von Hirnnerven Zahnprobleme Herzhypertrophie Gefäßverkalkungen Kartenherzbecken Gelenkschmerzen »Säbelscheidentibia« (Verbiegung des Unterschenkels mit Antekurvation)
Diagnostik 4 Röntgenbild: 5 grobsträhniger Umbau der Spongiosastruktur 4 Labor: 5 Erhöhung der alkalischen Phosphatase 5 vermehrte Ausscheidung von Hydroxyprolin im Urin 4 Szintigraphie 5 zeigt alle befallenen Regionen
Differenzialdiagnose 4 osteoblastische Metastasen (z.B. Prostatakarzinom)
Therapie 4 Schmerzbeseitigung (analgetisch/antiphlogistisch) 4 Verhinderung von progredienten Deformierungen, ggf. mittels Umstellungsosteotomien 4 Gelenkersatzoperationen
Osteopetrose (Marmorknochenkrankheit, Morbus Albers-Schönberg) Ätiologie 4 unzureichende Osteoklastenfunktion
Klinik 4 generalisierte Sklerosierung des Skeletts (Marmor) 4 durch Ersatz des Knochenmarks kann es zu ausgeprägten Anämien und septischen Infekten kommen
Therapie 4 bei ausgeprägtem Befund Knochenmarktransplantation
Prognose 4 frühkindliche Manifestation: ungünstig 4 späte Manifestation: Krankheitszeichen können fehlen, Zufallsbefund
15 1.1 · Orthopädie
Entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen Rheumatoide Arthritis Definition 4 4 4 4
systemische Erkrankung mit polyartikulärem Befall gekennzeichnet durch symmetrische Verteilung und Chronizität die Morbidität beträgt 1% m:w = 3:1
Pathogenese 4 Ursache ist unklar 4 aufgrund einer Immunantwort kommt es zur aggressiven Synovialitis, die durch enzymatische Prozesse und Proliferation der Gefäßbindegewebe die Knorpel- und vollständige Gelenkdestruktion fördert
Klinik 4 Morgensteifigkeit 4 symmetrische Schwellungen der Finger- und Grundgelenke (Schwanenhals-, Knopflochdeformitäten, Ulnardeviation der Finger) 4 Tendovaginitiden 4 Karpaltunnelsyndrom 4 Monarthritis großer Gelenke 4 entzündliche Destruktionen zwischen 1. und 2. Halswirbelkörper (kann zu gefährlichen Instabilitäten führen) 4 extraartikulärer Befall mit Tendovaginitiden, die zu Spontanrupturen der Sehnen führen kann 4 Bursitiden und Rheumaknoten 4 Beteiligung innerer Organe: 5 Perikarditis 5 Pleuritis 5 Hepatosplenomegalie 5 Vaskulitis 5 Anämie 5 Skleromalazie der Augen
Diagnostik 4 Anamnese 4 Gelenkstatus 4 Labortests: 5 Rheumafaktoren 5 Antikörpernachweis gegen zyklisches Citrullin Peptid (CCP) 5 antinukleäre Faktoren (ANF) 5 Antikörper gegen mikrobielle Antigene, HLA-B27-Antigen 4 Synoviaanalyse 4 Röntgendiagnostik: 5 gelenknahe Verkalkungen 5 randständige Usuren 5 Deformitäten der Gelenke mit Knorpelverlust
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16 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Therapie 4 orientiert sich an der Aktivität der entzündlichen Veränderungen und am Stadium der Erkrankungen: 5 im Anfangsstadium ist das Ziel die Reduzierung der immunologischen Komponente 5 im Spätstadium die Behebung von Funktionsstörungen der Gelenke 4 medikamentös: 5 im Frühstadium nichtsteroidale Antiphlogistika, evtl. Kortikosteroide (systemisch oder lokal bei Monarthritiden) 5 bei progredientem Verlauf: J Basistherapeutika (Chloroquin, Goldpräparate, D-Penicillamin) J Immunsuppressiva/Zytostatika (MTX, Azathioprin, Ciclosporin, Sulfasalazin, Cyclophosphamid) J Biologicals (Adalimumab, Etarercept) 4 operativ: 5 Synovektomie 5 rekonstruktive Operationen wie Umstellungsosteotomien, Arthrodesen oder Gelenkersatz 4 Physiotherapie und physikalische Therapie
Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) Definition 4 entzündlich-rheumatische Erkrankung mit vorwiegendem Befall der Wirbelsäule und der Sakroiliakalgelenke (Spondylarthropathie) 4 im Spätstadium typische Verknöcherung der gesamten Wirbelsäule (Bambusstabform) 4 in bis zu 95% der Fälle Assoziation zum HLA-B27
Epidemiologie 4 Männer sind 10-fach häufiger betroffen als Frauen 4 80% der Erkrankungen beginnen zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr
Ätiologie 4 vermutlich Zusammenwirken zwischen genetischer Disposition (HLASystem) und exogener Komponente (mikrobieller Erreger, z.B. Klebsiellen oder Chlamydien)
Klinik 4 Hauptsymptome: 5 Wirbelsäulenversteifung aufgrund von Verkalkungen der Bänder der Wirbelsäule und entzündlichen Vorgängen an den kleinen Wirbelgelenken 5 meist von kaudal nach kranial aufsteigend 5 im Spätstadium imponiert die Wirbelsäule als Bambusstab 4 Frühsymptome: 5 nächtliche diffuse Wirbelsäulenbeschwerden 5 Gesäßschmerzen
17 1.1 · Orthopädie
5 Gelenkschwellungen 5 Fersenschmerz
Diagnostik 4 Labor: 5 HLA-B27 4 Röntgendiagnostik: 5 Frühveränderungen der ISG-Gelenke bis zur kompletten Durchbauung 4 Skelettszintigraphie: Mehranreicherung
Therapie 4 medikamentös: 5 nichtsteroidale Antiphlogistika 5 Basismedikation 5 ggf. lokale Infiltration von Kortikosteroiden 4 Physiotherapie: um Versteifung der Wirbelsäule in einer ungünstigen Position zu vermeiden 4 operativ: 5 bei ausgeprägten Kyphosierungen, lordosierende Korrekturspondylodesen
Arthritis psoriatica Definition 4 tritt bei 6% der Patienten mit Psoriasis vulgaris auf 4 vorwiegend sind die peripheren Gelenke betroffen, nur in 20% die Wirbelsäule und die Iliosakralfugen 4 das Befallsmuster ist vorwiegend asymmetrisch 4 Rheumafaktoren sind meist negativ
Diagnostik 4 Kombination aus Psoriasis vulgaris und asymmetrischem Gelenkbefall
Therapie 4 wie bei rheumatoider Arthritis
Reiter-Syndrom Definition 4 in 80% HLA-B27 assoziierte, reaktive Mono- bzw. Oligoarthritis mit 5 begleitender, unspezifischer Urethritis und 5 Konjunktivitis (Reiter-Trias)
Ätiologie 4 reaktive Arthritis nach vorausgegangenem Darminfekt (Shigellen) 4 Urethritis (Chlamydien) 4 Konjunktivitis
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18 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 asymmetrischer, oligoartikulärer Gelenkbefall 4 Hautveränderungen (Balanitis, Keratodermatitis, psoriatiforme Hautveränderungen)
Therapie 4 vorwiegend nichtsteroidale Antiphlogistika 4 ansonsten wie bei rheumatoide Arthritis
Rheumatisches Fieber Definition 4 hyperergische Reaktion des Organismus auf Streptokokkenantigene, manifestieren sich an: 5 Gelenken 5 Blutgefäßen (Vaskulitis) 5 der Niere (Glomerulonephritis) 5 am Gehirn (Chorea) 5 am Herz (Myokarditis)
Klinik 4 beginnt mit: 5 Fieberschüben post- oder parainfektiös 5 Allgemeinsymptomen 5 Entzündungszeichen an den Gelenken (Rötung, Schwellung, Überwärmung, Erguss)
Diagnostik 4 Labor: 5 starke Erhöhung der BSG 5 Erhöhung des Antistreptolysintiters
Therapie 4 Streptokokkeninfekt: Penicillin 4 entzündliche Vorgänge: nichtsteroidale Antiphlogistika 4 hypergische Reaktion: Kortikosteroide
Juvenile chronische Arthritis Definition 4 4 verschiedene Verlaufsformen entzündlicher rheumatischer Erkrankungen beim Kind und Jugendlichen unterschieden 4 die typische Rheumaserologie ist bei nur ca. 10% der Kinder positiv 4 antinukleäre Faktoren können zwischen 20–80% nachgewiesen werden 5 polyarthritische Form (40–50%): symmetrischer Gelenkbefall, kaum Organbefall 5 oligoarthritische Form des Kleinkindesalters (25–30%): bei 50% chronische Iridozyklitis, die mit Defekt ausheilen kann; überwiegend Befall der unteren Extremität
19 1.1 · Orthopädie
5 oligoarthritische Form des Schulalters (20–25%): Assoziation mit HLA-B27 und Übergang in eine Spondylarthritis und seronegative Spondylarthritiden möglich 5 systemische Form – Still-Syndrom (ca. 10%): Beginn mit Fieber und Allgemeinsymptomen, Organbefall (Exanthem, Hepatosplenomegalie, Polyserositis Myokarditis, Lymphknotenschwellungen); vorwiegend Kleinkinder betroffen, Mortalität beträgt 10–20%
Diagnostik 4 Klinik 4 Labor: 5 IgM-Rheumafaktor 5 antinukleäre Antikörper 5 Nachweis von HLA-B27
Therapie 4 antiphlogistische Behandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika 4 sonst wie die rheumatoide Arthritis des Erwachsenen
Metabolische Arthropathien Gicht Definition 4 durch Ablagerungen von Uratkristallen in Binde- und Stützgewebe bedingte Gelenkerkrankungen mit wechselndem Verlauf 4 ist die häufigste Monoarthrits des Mannes 4 Prävalenz: beim Mann 20–28%, bei der Frau 2,5%
Einteilung 4 primäre Gicht: Folge eines genetischen Enzymdefektes im Purinstoffwechsel 4 sekundäre Gicht: durch vermehrte Zufuhr und/oder durch verminderte Ausscheidung von Harnsäurekristallen entstehend: 5 vermehrte Harnsäurebildung: J Hämoblastosen J Psoriasis J vermehrte Zufuhr von Purinen mit der Nahrung (Fleisch, Innereien) J Zytostatikatherapie J Bestrahlung 5 verminderte renale Harnsäureausscheidung: J chronische Nierenerkrankung J Alkoholabusus J Azidosen J Arzneimittel J Vergiftungen
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20 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 akuter Gichtanfall: 5 zeigt alle Symptome einer akuten Arthritis: J Rötung J Schwellung J Überwärmung J Druckschmerz 5 fast immer ist das Großzehengrundgelenk (Podagra) oder 5 seltener das Kniegelenk betroffen 4 chronischer Verlauf: 5 kommt es zu knotenartigen Ablagerungen von Uratkristallen in den Weichgeweben oder gelenkflächennahen Knochen (Tophi)
Diagnostik 4 klinisch verdächtig: typischer Gelenkbefall bei Hyperurikämie 4 Harnsäurekristalle in der Synoviaanalyse
Therapie 4 akuter Gichtanfall: 5 nichtsteroidale Antiphlogistika und/oder Colchicin 4 Dauerbehandlung: 5 Xanthinoxidasehemmer als Urostatika oder Urosurika
Pseudogicht, Chondrokalzinose Definition 4 durch Kalziumpyrophosphatkristalle ausgelöste akute Gelenkentzündung 4 ähnelt in ihrem Verlauf der Harnsäuregicht
Klinik 4 vorwiegend große Gelenke betroffen 4 im Frühstadium ähnlich einer aktivierten Arthrose
Diagnostik 4 Nachweis von Kalziumpyrophosphatkristallen in der Synoviaanalyse 4 eine Chondrokalzinose ist immer auf einen Hyperparathyreoidismus verdächtig
Hämophile Arthropathien Definition 4 rezidivierende Einblutungen in die Gelenke führen zu ausgeprägten degenerativen Veränderungen mit bindegewebiger Überwachsung der Knorpel (Pannus) 4 subchondrale Einblutungen verursachen ausgedehnte Zystenbildung
Ätiologie 4 X-chromosomal vererbte Erkrankung mit 4 Mangel der Gerinnungsfaktoren VIII (Hämophilie A) oder IX (Hämophilie B)
21 1.1 · Orthopädie
Klinik 4 häufig betroffen: 5 Knie-, Sprung-, Ellenbogen- Hand- und Hüftgelenk
Therapie 4 Verlauf abhängig von der Substitutionstherapie der Faktoren VIII bzw. IX 4 bei fortgeschrittenen Veränderungen in Abhängigkeit vom Ausmaß der Gelenkveränderungen werden Umstellungsosteotomien, Arthrodesen oder Gelenkersatzoperationen notwendig
Gelenkchondromatose Definition 4 gutartige metaplastische Umwandlung von synovialem Gewebe zu Knorpel, der als freier Gelenkkörper in den Gelenkraum abgestoßen wird 4 Ursache nicht bekannt
Klinik 4 Einklemmungserscheinungen durch die zahlreichen freien Gelenkkörper
Diagnostik 4 Anamnese 4 klassisches Röntgenbild: 5 zahlreiche runde Gelenkkörper 4 Arthrographie, Arthroskopie oder MRT: 5 Nachweis der Chondrome (Knorpelgewebe)
Therapie 4 bei Einklemmungserscheinungen Entfernung der freien Gelenkkörper mit Synovialektomie
Muskelhärten, Fibromyalgie Definition 4 Bei oberflächlicher Lage meist gut tastbare Verhärtungen in der Muskulatur infolge eines reflektorisch ausgelösten Dauertonus. 4 Das generalisierte Auftreten von Muskelhärten wird auch als psychosomatische Erkrankung bezeichnet (Fibromyalgie).
Ätiologie und Pathogenese 4 Dauerbeanspruchung der Muskulatur führt 5 zur lokalen Ischämie zunächst mit Stoffwechselstörungen 5 später evtl. Atrophie von Muskelfibrillen
Klinik 4 Fibromyalgie 5 meist diffuse Muskel- und Sehnenansatzschmerzen 5 funktionelle Beschwerden (Kopfschmerzen) sind häufig
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22 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Diagnostik 4 bei exponierter Lage sind die Härten in der Muskulatur gut tastbar 4 aktive Bewegungsschmerzen
Therapie 4 Frühstadium: 5 konsequente Wärmeanwendung 5 Muskelmassagen 4 Fibromyalgie: 5 psychosomatische Betreuung 5 Sedativa und Antidepressiva
Myositis ossificans Definition 4 langsam fortschreitende Verknöcherung der quer gestreiften Muskulatur: 5 eigenständig, meist generalisiert (Myositis ossificans progressiva) oder 5 lokalisiert (Myositis ossificans circumscripta)
Ätiologie 4 Myositis ossificans progressiva: unbekannt 4 Myositis ossificans circumscripta: traumatisch und neuropathisch
Klinik 4 je nach Ausdehnung und Lage der Ossifikationen: 5 Schmerzen 5 Bewegungseinschränkungen
Diagnostik 4 4 4 4 4
Anamnese klinische Untersuchung Labor (im Frühstadium alkalische Phosphatase erhöht) Szintigraphie Röntgen
Therapie 4 progressive Myositis kaum behandelbar 4 zirkumskripte Form: 5 ggf. operative Entfernungen 5 Röntgenentzündungsbestrahlung
Myositis Pathogenese 4 Muskelentzündungen können bakteriell, sowohl spezifisch als auch unspezifisch (entzündlich-rheumatisch), viral und parasitär bedingt sein 4 am häufigsten ist die bakterielle Myositis nach Injektion (Spritzenabszess)
23 1.1 · Orthopädie
4 entzündlich-rheumatische Polymyalgia rheumatica kann als Begleiterscheinung der Riesenzellarthritis zu schulter- und beckengürtelbetonten Schmerzen führen
Klinik 4 akute Muskelinfektion: schwere Allgemeinsymptomen 4 chronische Muskelinfektion: Muskelschmerzen im Vordergrund 4 Polymyalgia rheumatica: führend sind schulter- und beckengürtelbetonten Schmerzen
Diagnostik 4 Polymyalgia rheumatica: humorale Entzündungszeichen (BSG stark erhöht, CRP erhöht, in der Elektrophorese Erhöhung der GammaGlobuline) 4 virusbedingte Myositiden: z.T. erkennbar durch den spezifischen Serumtiteranstieg
Therapie 4 richtet sich nach der Grunderkrankung 4 bei der Polymyalgia rheumatica helfen nur Kortikosteroide
Progressive Muskeldystrophie Definition 4 genetisch bedingte Erkrankung der Skelettmuskulatur mit unterschiedlichem Befallsmuster und progredientem Verlauf: 4 Schultergürtelform: 5 juvenile Form, beginnt in der Pubertät mit zunehmender Schwäche der Schultermuskeln, Unterarm- und Handmuskeln bleiben verschont 5 Becken-, Rücken- und Oberschenkelmuskulatur wird erst spät befallen 5 Lebenserwartung normal 4 Beckengürtelform (infantile Form): 5 maligne Verlaufsform (Typ Duchenne): J X-chromosomal rezessiv vererbt J Beginn der Erkrankung 2.-4. Lebensjahr J Muskelschwund der Glutealmuskulatur J Iliopsoas, Quadrizeps J typisch sind Gnomenwaden und starkes Hohlkreuz J Lebenserwartung der vor Abschluss der Pubertät gehunfähigen Kindern ca. 20 Jahre 5 benigne Verlaufsform (Typ Becker): nimmt einen langsameren Verlauf
Diagnostik 4 bei klinischem Verdacht, Diagnosesicherung durch Probeexzision
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24 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Therapie 4 symptomatisch: 5 kontrakturlösende Operationen (Tenotomien), um Gehfähigkeit möglichst lange zu erhalten 5 frühzeitige Stabilisierung der Wirbelsäule, um die Vitalkapazitäten zu erhalten
Tendopathien Definition 4 Sehnenerkrankungen treten als 5 primär nicht entzündliche (degenerative) Erkrankungen im Bereich der Sehnen selbst (Tendinose) oder 5 im Bereich der Sehnenansätze (Insertionstendinose) und auch als 5 primär entzündliche Erkrankungen (Tendinitis) auf
Ätiologie und Pathogenese 4 degenerative Tendinopathien (Tendinosen): 5 entwickeln sich an mechanisch überbeanspruchten und primär kritisch vaskularisierten Sehnen 5 es kommt zu Nekrosen und Kalkinkrustationen 4 entzündliche Tendinopathien entstehen bei rheumatischen Grundkrankheiten
Klinik 4 4 4 4 4
Druckschmerz Dehnungsschmerz aktiver Bewegungsschmerz bei den Tendinosen ist allgemein eher die obere Extremität betroffen beim Sportler eher die untere Extremität betroffen
Therapie 4 Frühstadium: 5 mechanische Entlastung 4 später: 5 Ultraschallbehandlung 5 Iontophorese 5 medikamentöse (analgetisch, antiphlogistisch) 5 Physiotherapie 5 Massage 5 Elektrotherapie 5 lokale Injektionen 4 operative Revisionen nur bei Therapieresistenz
25 1.1 · Orthopädie
1.1.2
Knochen- und Weichteiltumoren H. Delbrück, M. Schaltenbrand
Allgemeines Einteilung nach verschiedenen Gesichtspunkten 4 nach der biologischen Wertigkeit: 5 primär benigne 5 primär maligne 5 semimaligne 5 Metastasen 5 gutartige tumorsimulierende Knochenprozesse 4 nach dem Herkunftsgewebe: 5 Knochen 5 Knorpel 5 Weichgewebe 4 nach der Lokalisation: 5 intramedullär: diaphysär, metaphysär, epiphysär 5 juxtakortikal 5 peripher
Diagnostik und Therapie 4 sollten aufgrund der Seltenheit erfahrenen Zentren vorbehalten bleiben 4 bei Knochenläsionen kann der Erfahrene meist anhand des konventionellen Röntgenbildes und der Anamnese eine hochgradige Verdachtsdiagnose stellen 4 keine Diagnostik- und Therapieverzögerung durch Schnittbildgebung bzw. Szintigraphie/PET außerhalb des behandelnden Zentrums
Analyse des konventionellen Röntgenbildes 4 Alter des Patienten: 5 Läsionen teilweise alterstypisch, s.u. 5 2/3 der primär aus Knochengewebe hervorgehenden Tumoren während präpubertärer Wachstumsperiode 5 im Erwachsenenalter stehen Metastasen im Vordergrund 4 Klinik, Beschwerden, Verlauf: 5 langsames Wachstum und langer Beschwerdeverlauf sprechen eher gegen ein malignes Geschehen 5 manche Läsionen sind Zufallsbefunde 4 Lokalisation der Läsion: 5 bestimmte Läsionen bevorzugen bestimmte Knochen, s.u. 5 longitudinal (Epiphyse, Metaphyse, Diaphyse) J Riesenzelltumor und Chondroblastom wachsen z.B. epiphysär 5 transversal (intramedullär, intrakortikal) J Ewingsarkom z.B. meist intramedullär 5 Periostreaktion (»sunburst«, Zwiebelschale, Codman-Dreieck sprechen für Malignität und sind typische Periostreaktionen bei malignen Knochentumoren)
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26 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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5 Tumormatrix, z.B. bei: J Knorpeltumoren verschieden große intraläsionale Verkalkungen J Knochenzysten eher keine intraläsionalen Veränderungen 5 Lodwick-Klassifikation (Grad Ia–c bis III): J u.a. Begrenzung (unscharfe Begrenzung spricht für malignes Wachstum) J u.a. Kompaktapenetration (Kompaktadurchbruch spricht für malignes Wachstum) J u.a. Sklerosesaum (Sklerosierungszone um die Läsion spricht für langsames Wachstum)
Tumormarker 4 sind nicht richtungsweisend 4 Laborwerte 5 meist unauffällig 5 ggf. LDH-Erhöhung beim Ewing-Sarkom
Biopsie 4 > Memo Wird die Biopsie außerhalb des Zentrums durchgeführt, wo die endgültige Operation stattfindet, steigen Lokalrezidv- und Amputationsrate (Biopsierichtlinien s.u.). 4 bei Lokalrezidiv (z.B. bei Osteosarkom) sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten auf beinahe null!
Benigne Knochentumoren Knochenbildende benigne Knochentumoren Osteom Definition 4 WHO: benigne Läsion aus gut differenziertem reifen Knochengewebe mit überwiegend lamellärer Struktur und von sehr langsamem Wachstum
Allgemein 4 klassisches Osteom: in Schädelknochen 4 medulläres Osteom: Kompaktainsel 4 bei multiplem Auftreten an Gardner-Syndrom denken
Klinik 4 meist asymptomatisch 4 meist radiologischer Zufallsbefund 4 ggf. Verlegung der Nasennebenhöhlen
Therapie 4 nur bei klinischer Symptomatik im Kopfbereich
Differenzialdiagnose 4 röntgenologische DD: Prostatakarzinommetastase
27 1.1 · Orthopädie
Osteoid-Osteom und Osteoblastom Definition 4 WHO: benigne osteoblastische Läsion gekennzeichnet durch: 5 geringe Ausdehnung (= zentrale Aufhellungszone = Nidus) 5 gute Begrenzung 5 durch i.d.R. umgebende reaktive Knochenneubildung
Allgemein 4 Nidusgröße <1,5 cm → Osteoid-Osteom; >1,5 cm → Osteoblastom 4 Osteoid-Osteom: 5 30% Femur 5 25% Tibia 4 Osteoblastom: 5 50% Wirbelsäule
Diagnostik 4 4 4 4
Röntgen dynamisches CT (Kontrastmittelanreicherung im Nidus) Szintigraphie MRT
Klinik 4 Nachtschmerz, der auf Salizylate anspricht 4 50% 2. Lebensdekade
Therapie 4 CT-gesteuerte Radiofrequenzablation (RF) oder laserinduzierte Thermotherapie (LITT) des Nidus 4 offene Nidusresektion (eher im Rezidivfall) 4 selbstlimitierende Verläufe beschrieben → NSAR
Knorpelbildende benigne Knochentumoren Osteochondrom Synonyme 4 kartilaginäre Exostose
Definition 4 WHO: kappenartig mit Knorpelgewebe überzogener knöcherner Vorsprung auf der Außenfläche des Knochens
Allgemein 4 häufigste Knochengeschwulst 4 Lokalisation: Metaphyse der langen Röhrenknochen 4 treten im Wachstumsalter auf, Osteochondromwachstum sistiert mit Abschluss des Knochenwachstums 4 Risiko für maligne Entartung <1%
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28 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 Vorbuckelungen 4 ggf. Schmerzen durch Bursabildung und Gefäß-/Nervenverdrängung
Therapie Bei funktionellen Beeinträchtigungen operative Abtragung, nach Möglichkeit nach Wachstumsabschluss
Enchondrom/Enchondromatose (Morbus Ollier und Mafucci-Syndrom) Definition 4 WHO: benigner Tumor, der reifen Knorpel bildet ohne histologische Charakteristika des Chondrosarkoms (Zellreichtum, Pleomorphie der Zellen und Anwesenheit von großen Zellen mit Doppelkernen und Mitosen) 4 Morbus Ollier: multiple Enchondrome in einer Extremität (Entartung bis 30%) 4 Mafucci-Syndrom: multiple Enchondrome + Hämangiome
Allgemein 4 entstehen auf dem Boden versprengter Knorpelzellen der Wachstumsfuge und liegen somit meist metaphysär (also nicht in Gesichtsknochen und Schädelkalotte) 4 60% am Handskelett
Diagnostik 4 klinisch: 5 Knochenauftreibung an Händen und Füßen 4 Röntgen (typischer Befund → Schnittbildgebung meist nicht notwendig): 5 feinfleckig sklerotische Matrixverkalkungen 5 metaphysäre rund-ovale Läsion zentral im Markraum 5 ggf. Scalloping-Phänomen (Kortikalisausdünnung und -vorwölbung) 4 Szintigraphie positiv (kein Hinweis auf Entartung) 4 Verlaufskontrolle: 5 kleinste röntgenologische Veränderungen (insbesondere Verschwinden von Verkalkungen) sind Hinweis auf Entartung 5 Entartungsrate: <1% bei solitären Enchondromen, höher bei stammnaher Lokalisation oder im Rahmen eines Syndroms
Differenzialdiagnose 4 röntgenologisch: Knocheninfarkt
Therapie 4 bei klassischem Röntgenbild und fehlenden Beschwerden nicht erforderlich → Röntgen-Verlaufskontrolle 4 bei Beschwerden: Exkochleation und Auffüllung mit Knochenersatzstoff oder Spongiosa 4 Inzisionsbiopsie bei Kortikalisdurchbruch
29 1.1 · Orthopädie
Chondroblastom Synonyme 4 Codman-Tumor
Definition 4 WHO: Tumor bestehend aus polygonalen chondroblastenähnlichen Zellen zusammen mit multinukleären Riesenzellen vom osteoklastischen Typ
Allgemein 4 80% in der 2. Lebensdekade 4 75% in lange Röhrenknochen
Klinik 4 Schmerzen im benachbarten Gelenk
Diagnostik 4 Röntgen: 5 exzentrische oder zentrale epiphysäre Osteolyse mit feiner Randsklerose
Therapie 4 Kürettage mit nachfolgender Spongiosaplastik (subchondral) und/oder Auffüllung mit Knochenersatzstoff 4 Rezidivqote 15%
Differenzialdiagnose 4 epiphysär gelegene Knochenläsionen: 5 Chondroblastom 5 Riesenzelltumor (s.u.) 5 intraossäres Ganglion 5 Klarzellchrondrosarkom (sehr selten)
Tumorähnliche Knochenläsionen (tumor like lesions) Juvenile Knochenzyste Definition 4 WHO: benigne, idiopathische einkammerige Läsion, mit klarer oder blutiger Flüssigkeit gefüllt, meta-/diaphysär gelegen, konzentrische Knochenauftreibung
Allgemein 4 70–80% in der 1. und 2. Lebensdekade 4 m:w = 2:1 4 meist in langen Röhrenknochen (v.a. proximaler Humerus und proximales Femur)
Klinik 4 keine Schmerzen 4 Symptome meist erst im Rahmen einer Spontanfraktur
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Eigene Notizen
30 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
Diagnostik 4 Röntgen (typischer Befund) 4 Schnittbildgebung meist nicht notwendig
Therapie 4 bei Stabilitätsgefährdung des Knochens Kürettage und Auffüllung mit Knochenersatzstoff oder Spongiosa 4 elastische stabile intramedulläre Nagelung (Prinzip der Druckentlastung und Frakturstabilisierung) 4 bei (Femur-)Frakturen ggf. Kürettage und Spongiosaplastik
Differenzialdiagnose 4 aneurysmatische Knochenzyste 4 Riesenzelltumor 4 teleangiektatisches Osteosarkom
Aneurysmatische Knochenzyste (AKZ) Definition 4 WHO: benigne, zystische Läsion aus blutgefüllten Hohlräumen durch Bindegewebesepten unterteilt, meta-/diaphysär gelegen, exzentrisch wachsend
Allgemein 4 primär (de novo) idiopathisch oder 4 sekundär (ca. 30% in anderen soliden Läsionen, häufig in Riesenzelltumoren) 4 50% in der 2. Lebensdekade 4 keine Geschlechtsprädisposition 4 60% in langen Röhrenknochen (meist Femur, Tibia, auch Humerus) 4 15% Wirbelsäule
Klinik 4 unspezifische Schmerzen 4 lokale Schwellung 4 Bewegungseinschränkung
Diagnostik 4 Röntgen 4 CT oder MRT mit KM 4 ggf. Biopsie (bei V.a. sekundäre AKZ)
Therapie 4 primäre AKZ: 5 Kürettage mit Spongiosaplastik und/oder Knochenersatzstoff 5 alternativ arterielle Embolisation 5 wenn statisch möglich Resektion (z.B. an den Rippen)
31 1.1 · Orthopädie
Differenzialdiagnose 4 Riesenzelltumor 4 teleangiektatisches Osteosarkom 4 juvenile Knochenzyste
Fibröser metaphysärer Defekt (FMD, fibröser Kortikalisdefekt, nichtossifizierendes Knochenfibrom) Definition 4 WHO: nichtneoplastische Knochenläsion, histologisch mit dem benignen fibrösen Histiozytom identisch
Allgemein 4 passagere Wachstumsstörung mit spontaner Rückbildung (don’t touch me lesion) der 1. und 2. Lebensdekade (meist zwischen dem 10. und 15. Lebensjahr) 4 Jungen häufiger als Mädchen 4 Lokalisation: 5 Metaphysen langer Röhrenknochen 5 im Bereich der Insertion von Sehnen/Bändern (fibroossärer Übergang) 5 zu 80–90% in der Knieregion
Klinik 4 symptomlos 4 Zufallsbefund 4 stadienhafter Verlauf vom fibrösen Kortikalisdefekt zum nichtossifizierendem Knochenfibrom
Diagnostik 4 Röntgen ausreichend: 5 scharf begrenzt 5 von der Kompakta ausgehend 5 Sklerosesaum 5 metaphysäre Lage 5 in der Nähe von Sehnen/Bandansätzen 5 fibröser Kortikalisdefekt: rundlicher Kompaktadefekt (mit Bindegewebe aufgefüllt) 5 nichtossifizierendes Knochenfibrom: J traubenförmige Aufhellungen J vorgewölbte, ausgedünnte Restkompakta
Therapie 4 nicht erforderlich
Differenzialdiagnose 4 benignes fibröses Histiozytom 4 Jaffé-Campanacci-Syndrom (Café-au-lait-Flecken und FMD)
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32 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Fibröse Dysplasie Synonyme 4 Morbus Jaffé-Lichtenstein
Definition 4 WHO: benigner Prozess, wahrscheinlich aufgrund einer Fehlentwicklung, charakterisiert durch fibroses Bindegewebe mit typischer wirbeliger Struktur und unreifen nichtlamellären Knochenbälkchen
Allgemein 4 Knochenqualität ist geschwächt 4 70% monostotisch 5 monostotische Form zu 50% in langen Röhrenknochen, gefolgt von Schädel und Rippen 4 30% polyostotisch 4 somatische Mutation im GNAS-Gen 4 oft Erhöhung der alkalischen Phosphatase im Blut und Hydroxyprolin im Urin (Aktivitätskontrolle im Verlauf) 4 Formen: 5 McCune-Albright-Syndrom: polyostotische fibröse Dysplasie + endokrine Störungen 5 osteofibröse Dysplasie (Campanacci): fibröse Dysplasie in der Tibiakortikalis
Klinik 4 monostotische Form: 5 meist asymptomatisch 5 Zufallsbefund, Entdeckung meist 2.-4. Lebensdekade 5 größere Herde: Skelettverformungen und pathologische Frakturen möglich 5 die monostotische Form kommt meist mit Wachstumsabschluss zum Stillstand 5 Wiederaufleben bei Schwangerschaft möglich 4 polyostotische Form: 5 meist vor dem 10. Lebensjahr durch Symptome (Schmerzen, Verformungen, Frakturen) entdeckt 5 50% der polyostotischen Form mit Hautveränderungen (Caféau-lait-Flecken) kombiniert
Diagnostik 4 Röntgen: 5 Spektrum von rein osteolytischen über milchglasartige Verdichtungen bis zu dichten Verknöcherungen 5 Knochenauftreibungen möglich 5 monostotische Form meist mit sklerotischen Rand
33 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 monostotische, zufällig entdeckte Läsionen ohne Beschwerden – klinische und radiologische Verlaufskontrolle 4 pathologische Frakturen heilen, eine Verbesserung der Knochenqualität setzt aber nicht ein 4 Bisphosphonate reduzieren Schmerzen und verringern das Frakturrisiko 4 chirurgische Maßnahmen sind indiziert zur: 5 Deformitätenkorrektur 5 Prävention pathologischer Frakturen 5 Schmerzreduktion 4 chirurgisches Vorgehen: 5 nach Kürettage Auffüllung mit: J kortikospongöse Grafts (vorzugsweise allogen) J Spongiosaplastiken oder J Knochenersatzstoffen
Langerhans-Zell-Histiozytose (LZH) des Knochens Synonyme 4 Histiozytose X 4 eosinophiles Granulom
Definition 4 WHO: Neoplastische Proliferation von Langerhans-Zellen
Allgemein 4 häufigste, reaktive Erkrankung aus der Gruppe der Histiozytosen (Histiozyt = sessiler Makrophage) 4 Formen: 5 lokalisierte Ein-Organ-Erkrankung (z.B. im Knochen) oder 5 seltener multisystemische (maligne) Form (z.B. mit Beteiligung von Knochen, Lunge und Haut) 4 überwiegend im Kindesalter auftretend (ca. 75% <10 Jahre) 4 Altersgipfel: erste 3 Lebensjahre 4 leichte Androtropie (2:1) 4 Lokalisation: 5 Schädel (ca. 30%) 5 Femur (ca. 20%) 5 Wirbelsäule (ca. 10%)
Klinik 4 solitäre Läsionen oft Zufallsbefunde 4 evtl. pathologische Frakturen
Therapie 4 abwartende Haltung (Ausheilung über mehrere Jahre) bei solitären Läsionen 4 bei multizentrischen Läsion ggf. intraläsionale Kortikoidapplikation und/oder systemische Chemotherapie
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34 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Diagnostik 4 Röntgen (sehr variables Erscheinungsbild) 4 MRT 4 Biopsie
Differenzialdiagnose 4 Osteomyelitis 4 maligne Läsionen (Ewing-Sarkom, Osteosarkom)
Intraossäres Ganglion Synonyme 4 subchondrale Synovialzyste
Definition 4 Tumorähnliche gelenknahe Läsion aus gelantineartiger Masse, die von einer fibrösen Wand umgeben ist.
Pathogenese 4 myxomatöse Degeneration von Bindegewebe im Subchondralbereich (meist) vorgeschädigter Gelenke 4 durch Konfluenz der Zysten kommt es zur Ausbildung eines Ganglions
Klinik 4 Schmerzen (in ca. 60%) 4 Lokalisation: hauptsächlich Karpus, Tibia, Azetabulum
Diagnostik 4 Röntgen: 5 gut begrenzte, gelenknahe Aufhellung 5 dezenter Sklerosesaum, in 20–30% Kommunikation mit benachbartem Gelenk) 4 MRT
Therapie 4 nur bei Beschwerden: 5 Kürettage 5 ggf. Spongiosaplastik
Differenzialdiagnose 4 villonoduläre Synovialitis 4 Chondroblastom
Braune Tumoren beim Hyperparathyreoidismus Pathogenese 4 Entstehen im fortgeschrittenen Stadium des HPT durch allgemeine Knochenresorption: 5 osteoklastärer Abbau von Spongiosa und Kompakta
35 1.1 · Orthopädie
5 Einblutungen mit Bindegewebsproliferation und erneuter Osteoklastenaktivierung 5 heutzutage selten, da Früherkennung durch routinemäßige Bestimmung des Serum-Kalziums
Klinik 4 Hyperkalzämie-Symptome 4 diffuse Skelettschmerzen 4 Spontanfrakturen
Diagnostik 4 Röntgen 5 im fortgeschrittenen Stadium oft unscharf begrenzte Osteolysen der Röhrenknochen 5 Auflockerung und Rarefizierung der Spongiosa mit strähniger Umwandlung 5 Ausdünnung der Kompakta, z.T., besonders gut am Handskelett erkennbar
Differenzialdiagnose 4 reparatives Riesenzellgranulom 4 aneurysmatische Knochenzyste 4 fibröse Dysplasie
Knocheninfarkt Definition 4 herdförmige Nekrose von Knochen/Knochenmark
Allgemein 4 4 4 4 4
lokale Durchblutungsstörung z.B. infolge von Gefäßverschlüssen erhöhte Blutviskosität (z.B. Polycythaemia vera) Kortisontherapie Erfrierungen/Verbrennungen Lokalisation: 5 metadiaphysär, zentral in langen Röhrenknochen 5 meist Kniebereich (bei epiphysärer/subartikulärer Lage als aseptische/avaskuläre Knochennekrosen bezeichnet)
Klinik 4 oft symptomloser Zufallsbefund 4 gelegentlich Schmerzen und/oder lokaler Druckschmerz
Diagnostik 4 Röntgen: 5 im Frühstadium oft unauffällig 5 im Spätstadium charakteristische unregelmäßig begrenzte Sklerosierung 4 MRT
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36 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Therapie 4 bei lokalisierten Infarkten in der Regel nicht erforderlich 4 bei subchondraler Lokalisation ggf. Anbohrung
Differenzialdiagnose 4 4 4 4
Enchondrom fibröser metaphysärer Defekt fibröse Dysplasie Sarkom
Synoviale Chondromatose (Gelenkchondromatose) Definition 4 Metaplasie der Synovia mit Bildung von vielzähligen Chondromen, die z.T. verkalken und sich als freie Gelenkkörper von der Synovia ablösen können
Allgemein 4 monoartikulär und im Kniegelenk lokalisiert 4 sehr selten Entartung zum sekundären synovialen Chondrosarkom möglich 4 meist Männer zwischen dem 20.–40. Lebensjahr betroffen
Klinik 4 schmerzhafte Bewegungseinschränkung 4 Gelenkblockierungen
Diagnostik 4 Röntgen 5 nur Darstellung der mineralisierten Chondrome 4 MRT
Therapie 4 Entfernung der Gelenkkörper und radikale Synovektomie
Semimaligne Knochentumoren Riesenzelltumor Synonyme 4 Osteoklastom
Definition 4 WHO: benigne, lokal aggressive Neoplasie, aus neoplastisch, ovoiden mononukleären Zellen mit osteoklastenartigen Riesenzellen
Allgemein 4 4 4 4
lokal aggressives Wachstum hohe Rezidivrate selten hämatogene Metastasierung (Lunge) potenziell progredienter Verlauf
37 1.1 · Orthopädie
4 Altersgipfel in der 3. Lebensdekade, ~2/3 zwischen dem 20.–40. Lebensjahr 4 Gynäkotropie (3:2) 4 Lokalisation: zentral, epimetaphysär in langen Röhrenknochen (~50% Knieregion) 4 meist monolokulär, seltener multizentrisch
Klinik 4 4 4 4
progredienter lokaler Schmerz Schwellung/Überwärmung bei Überschreiten der Knochengrenze Bewegungseinschränkung des benachbarten Gelenks seltener blutige Gelenkergüsse oder pathologische Frakturen
Diagnostik 4 Röntgen: 5 vielfältiges Bild 5 Osteolyse ohne Ossifikation der Matrix 5 meist kein Skleroserand 4 MRT mit Kontrastmittel 4 CT 4 ggf. Szintigraphie Staging (berücksichtigt Histologie, Röntgen, Klinik und Tumorausdehnung) Stadium 1 (inaktiv benigne)
Stadium 2 (aktiv benigne)
Stadium 3 (aggressiv benigne)
Klinik
asymptomatischer Zufallsbefund
symptomatisch, größenprogredient
symptomatisch, oft pathologische Frakturen, evtl. Filiae
Röntgen
typisches Bild des RZ mit Sklerosesaum, keine Knochendeformation
Expansion/Deformation des Knochens
unscharf begrenzt, Codman-Dreieck
CT
intakte Kapsel, keine KompaktaArrosion
intakte Kapsel, inhomogen, umgeben von reaktivem Knochen
inhomogen, Kompakta durchbrochen, Destruktion der Kapsel, paraossale Ausbreitung
Therapie
Kürettage, Exkochleation, Spülung mit Phenol oder hochprozentigem Alkohol, Auffüllung mit Knochenzement (erhitzt sich beim Aushärten und wirkt dadurch zelltoxisch), ein möglicherweise auftretendes Rezidiv lässt sich vom Knochenzement radiologisch gut abgrenzen)
En-bloc-Resektion
Therapie 4 prinzipiell sollte jeder Riesenzelltumor chirurgisch radikal behandelt werden 4 bei Inoperabilität: Bestrahlung mit 45–50 Gy oder Therapieversuch mit monoklonalem Antikörper Denosumab (hemmt Osteoklastenaktivität)
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Eigene Notizen
38 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Chordom Definition 4 WHO: niedrig- bis intermediärgradiger maligner Tumor, der das Notochord (Chorda dorsalis) widerspiegelt
Allgemein 4 entwickelt sich aus Ektopien oder notochordalen Resten in Spongiosa und im Nucleus pulposus 4 liegt in der Mittellinie des axialen Skeletts 4 meist am kranialen und kaudalen Ende der Wirbelsäule 4 insgesamt selten (1–3% der malignen Knochentumore) 4 Lokalisation: 5 85–90% sakrokokzygeal (2/3) 5 sphenookzipital (1/3) 4 Altersgipfel: 5. und 6. Lebensdekade, Androtropie
Klinik 4 abhängig von der Lage des Tumors: 5 sakrokokzygeal: J neurologische Symptome von Parästhesien bis Querschnittslähmung J Blasen- und Mastdarmstörungen 5 okzipital: früher symptomatisch: Nerven-, Kopfschmerzen, Sehstörungen
Diagnostik 4 Röntgen: 4 CT/MRT:
Therapie 4 Therapie der Wahl: 5 vollständige operative Resektion 5 ggf. mit Anus praeter bei Notwendigkeit einer ausgedehnten Sakrumresektion 4 bei Inoperabilität: palliative Bestrahlung oder Therapieversuch mit Schwerionenbestrahlung 4 systemischer Therapieversuch mit Imatinib
Differenzialdiagnose 4 4 4 4
Kraniopharyngeom Riesenzelltumor Plasmozytom Chondrosarkom
Primär maligne Knochentumoren Osteosarkom Definition 4 WHO: maligner Tumor, der dadurch charakterisiert ist, dass die Tumorzellen direkt Osteoid oder Knochen bilden
39 1.1 · Orthopädie
Allgemein 4 frühzeitige pulmonale Metastasierung (bei Diagnosestellung 20%, weitere 60% nicht sichtbare Mikrometastasen) 4 ca. 200 Neuerkrankungen/Jahr in Deutschland 4 Erkrankungsgipfel 10.–25. Lebensjahr 4 m:w = 60:40% 4 50% in Kniegelenksnähe (distales Femur und proximale Tibia) 4 ! Cave Bei Schmerzen in Kniegelenknähe im Jugendalter spätestens nach 4 Wochen Röntgenbild! 4 sekundäre Osteosarkome nach Strahlenexposition (Osteodystrophia deformans Paget)
Diagnostik 4 Röntgen: 5 meist bereits am konventionellen Röntgenbild in 2 Ebenen erkennbar 4 MRT 5 zur OP-Planung und zum Ausschluss von Skip-Läsionen im gesamten betroffenen Knochen 4 Szintigraphie 4 CT-Thorax: 5 zwecks Ausschluss Lungenmetastasen
Therapie Im Rahmen EURAMOS-1 (European and American Osteosarcoma Study Group): Randomisierte klinische Studie zur Optimierung der Osteosarkomtherapie und Klärung der Frage, ob durch zusätzliche Medikamente in der postoperativen Chemotherapie das Outcome verbessert wird. 4 Behandlungsschema: 5 Biopsie im tumororthopädischen Zentrum, wo spätere OP geplant 5 10 Wochen neoadjuvante Chemotherapie mit Methotrexat, Doxorubicin, Adriamycin und Cisplatin (MAP) 5 Operationsziel: Entfernung des Tumors mit tumorfreiem Resektionsrand (Radikalität geht vor Extremität) und Rekonstruktion des Defektes mit z.B. Tumorendoprothesen, Knochentransplantaten (z.B. Fibulatransplantat); ggf. auch Umdrehplastik nach Borggreve oder selten auch Amputation (in ca. 80% beinerhaltende Therapie möglich) 5 Poor responders: (>10% vitale Tumorzellen im Resektat) Randomisation entweder 18 Wochen Methotrexat, Doxorubicin, Adriamycin und Cisplatin (MAP) oder Methotrexat, Doxorubicin, Cisplatin, Ifosfamid und Etoposid (MAPIE) für 29 Wochen 5 Good responders (<10% vitale Tumorzellen) Randomisation entweder 18 Wochen MAP oder 18 Wochen MAP + Erhaltungstherapie mit Interferon-α für 2 Jahre 4 negative Prognosefaktoren: 5 inkomplette Resektion (R1 oder gar R2-Resektion lässt sich durch keine adjuvante Therapie wettmachen – keine Strahlensensibilität von Osteosarkomen – sorgfältige OP-Planung und Durchführung in tumororthopädischem Zentrum)
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40 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
5 Poor response 5 primäre Metastasierung 5 stammnahe Lokalisation 5 Tumorgröße 4 5-Jahresüberlebensrate: J Good response: 75–80% J Poor response: 45–55%
Ewing-Sarkom Definition 4 WHO: hochmaligner anaplastischer Stammzelltumor neuroektodermaler Genese mit mesenchymaler Differenzierungsmöglichkeit
Allgemein 4 gehört in die Gruppe der malignen Rundzellneoplasien des Kindes- und frühen Erwachsenenalters 4 keine isolierte Entität = Ewing-Sarkomgruppe mit unterschiedlicher neuraler Differenzierung: 5 Ewing-Sarkom 5 atypisches Ewing-Sarkom 5 peripherer primitiver neuroektodermaler Tumor (PNET) 5 peripheres Neuroepitheliom 5 Askin-Tumor der Brustwand 4 Translokation t(11;22)(q24;q12) (1), t(21;22)(q22;q12) oder t(7;22)(p22;q12) 4 im Kindes- und Jugendalter zweithäufigster maligner Knochentumor 4 Prädilektionsalter 2. Lebensjahrzehnt 4 m:w = 1,5:1 4 häufigste Lokalisation: Becken, gefolgt von Diaphysen Femur, Tibia, Fibula 4 5% reine Weichteilsarkome 4 20–30% bei Diagnosestellung Fernmetastasen (Lunge, Skelett) = Systemerkrankung
Klinik 4 4 4 4
Symptome uncharakteristisch Beckentumoren lange inapparent Schwellung/Schmerz laborchemisch bei manchen Patienten erhöhte LDH, BSG oder CRP
Diagnostik 4 Röntgen 2 Ebenen: 5 diaphysäre Läsion 5 Osteolyse 5 zwiebelschalenartige Abhebung des Periosts und Infiltration des umgebenden Weichgewebes
41 1.1 · Orthopädie
4 Schnittbildgebung: 5 MRT des gesamten betroffenen Knochens-/Extremitätenabschnitts zwecks Ausschluss Skip-Läsion 5 Beurteilung der Infiltration von Gefäß-/Nervenstraßen 5 OP-Planung 4 CT-Thorax: Ausschluss Lungenmetastasen 4 Szintigraphie oder PET-CT 4 Biopsie: 5 offen mit Schnittführung so, dass Biopsiekanal bei späterer OP mit reseziert werden kann 5 Schockgefrieren von frischem Gewebe in flüssigem Stickstoff für molekularbiologische Untersuchungen
Therapie Entsprechend Leitlinien EURO-EWING 1999: 4 chemotherapeutische Induktionsphase – operative und/oder radiotherapeutische Lokaltherapie – adjuvante Chemotherapie 4 Hochdosischemotherapie in Verbindung mit einer Retransfusion autologer hämatopoetischer Stammzellen bei primärer (und sekundärer) Metastasierung und schlechtem histologischen Ansprechen auf die konventionelle Chemotherapie 4 operative Lokaltherapie: in der Regel lässt sich in Verbindung mit Strahlentherapie im Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie eine Verbesserung der Überlebenschancen um 15–20% erreichen 4 operative En-bloc-Resektion anstreben, so dass der Tumor allseitig von gesundem Gewebe umgeben ist, falls dies nicht möglich – Amputation diskutieren
Prognose 4 ohne systemische Therapie nur 10% Überlebenswahrscheinlichkeit 4 70% 5-Jahresüberlebensraten bei lokoregionärer Erkrankung mit modernen neoadjuvanten Therapieansätzen 4 20% 5-Jahresüberlebensraten bei primärer Metastasierung 4 Hochrisikogruppe: 5 Tumorvolumen >100 ml 5 stammnahe Lokalisation 5 schlechtes Ansprechen auf initiale Chemotherapie
Differenzialdiagnose 4 Osteomyelitis 4 eosinophiles Granulom 4 Osteosarkom
Chondrosarkom Definition 4 WHO: Maligner Tumor, dessen Zellen Knorpel, aber kein Osteoid bilden, im Vergleich zum Chondrom stärkerer Zellreichtum, Pleomorphie, Kernatypien, selten Mitosen
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Eigene Notizen
42 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Allgemein 4 Erkrankungsgipfel im Erwachsenenalter zwischen 30. und 50. Lebensjahr 4 20% der soliden malignen Knochentumoren 4 histologisch fließende Übergänge von benignen chondroiden Tumoren zu hochdifferenzierten Chondrosarkomen 4 primäre und sekundäre Chondrosarkome 4 Entartungsrisiko: 5 hoch bei Enchondromatose (Morbus Ollier, Mafucci-Syndrom) 5 solitäres Osteochondrom: 1% 5 multiple Osteochondrome: 10% 4 Lokalisation: 5 proximales Femur und Becken ca. 50% 5 Schulterregion ca. 15% 4 Metastasierung hauptsächlich hämatogen in die Lunge 4 Metastasierungsrate: 5 G1: 5% 5 G2: 25% 5 G3 40–80%
Klinik 4 unspezifisch 4 Schmerzen 4 Schwellung
Diagnostik 4 Röntgen in 2 Ebenen: 5 wolkige, blasenartige Auftreibung des Knochens mit zentralen Verkalkungen, 4 MRT: 5 typisches Pfeffer und Salz-Muster 5 Bestimmung der Tumorausdehnung und Beziehung zu Nerven und Gefäßen 4 CT-Thorax: 5 Ausschluss von Lungenmetastasen 4 Szintigraphie oder PET-CT 4 Biopsie: 5 Gewinnung ausreichender repräsentativer Gewebemenge ohne die nachfolgende Therapie negative zu beeinflussen
Therapie 4 operative Resektion: 5 adikalität vor Funktionserhalt 5 bei G1-Tumoren ggf. intraläsionale subtile Kürrettage und Knochenzementauffüllung mit engmaschiger Nachsorge – Entscheidung hierüber im Tumorzentrum 4 > Memo Große körperstammnahe chondroide Tumoren weisen i.d.R. verschieden differenzierte Areale auf, daher vollständige chirurgische Entfernung, selbst wenn Biopsie keine Malignität erbrachte.
43 1.1 · Orthopädie
4 keine Strahlensensibilität: Radiatio nur im Ausnahmefall (Inoperabilität, palliative Situation) 4 Chemotherapie: nur bei entdifferenzierten und mesenchymalen Chondrosarkomen mit hoher Metastasierungsrate sinnvoll
Prognose 4 10-Jahresüberlebensrate: 5 G1: 40–80% 5 G2: 40–60% 5 G3: 15–35%
Sekundär maligne Knochentumoren (Knochenmetastasen) Definition 4 Fernabsiedlung eines malignen Primärtumors in einem Knochen.
Allgemein 4 am häufigsten auftretende Knochentumoren im Erwachsenenalter 4 bei 70% der Patienten, die an Krebs versterben, Knochenmetastasen in Autopsie nachgewiesen 4 nach Lymphknoten, Lunge und Leber vierthäufigster Metastasierungsort 4 Primärtumoren: 5 Mamma (50–85%) 5 Prostata (50–75%) 5 Lunge (30–50%) 5 Nieren (30–50%) 4 Häufigkeit der Lokalisation: 5 60% Wirbelsäule gefolgt von J Becken, Rippen/Schädel, proximales Femur, proximaler Humerus, distaler Abschnitt der Extremitäten 4 Tumorzellen aktivieren ortsständige Osteoklasten (osteolytische Metastasen, z.B. Nierenzellkarzinom) oder Osteoblasten (osteoblastische Metastasen, z.B. Prostatakarzinom), gemischt osteoblastisch/ osteolytisch (z.B. Mammakarzinom)
Klinik 4 4 4 4 4
Knochenschmerzen: ca. 50–90% der Patienten pathologische Frakturen: 10–20% spinale Kompressionssyndrome: 10–20% bei Wirbelsäulenmetastasen hyperkalzämische Episoden hämatopoetische Insuffizienz durch Knochenmarkinfiltration
Diagnostik 4 Anamnese 4 Röntgenbild 2 Ebenen der gesamten betroffenen Extremität mit angrenzenden Gelenken (Knochenmetastasen erst ab 25% Mineralsalzverlust im konventionellen Röntgen erkennbar) 4 MRT: Schnittbildgebung der gesamten Wirbelsäule, falls diese betroffen (intraspinale Tumoranteile)
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44 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 CT: Stabilitätsbeurteilung 4 Szintigraphie: Beurteilung der Ausdehnung des Skelettbefalls 4 bei unbekanntem Primärtumor: 5 Plasmozytomdiagnostik (Proteinelektrophorese, Bence-JonesProteine) 5 CT: Thorax/Abdomen/Becken 5 zu 85% kann der Primärtumor damit gefunden werden und v.a. der optimale Biopsieort 5 ansonsten ergänzend: J Schilddrüsendiagnostik J Endoskopie: Magen-Darm-Trakt 4 Tumormarker können richtungsweisend sein: 5 AFP: Leberzellkarzinom 5 CA15-3: Mammakarzinom 5 CA 19-9: Pankreaskarzinom: 5 CA 125: Ovarialkarzinom 5 CEA: u.a. Darmkrebs 5 CYFRA 21-1 und SCC: Bronchialkarzinom 5 NSE: kleinzelliges Bronchialkarzinom 5 PSA: Prostatakarzinom 5 Thyreoglobulin: Schilddrüsenkarzinom
Therapie 4 interdisziplinär entsprechend: 5 Primärtumor 5 Tumorausbreitung 5 Lebenserwartung 5 Allgemeinzustand/Schmerz/Neurologie 4 Schmerztherapie 4 Reklinationskorsett bei Wirbelkörpermetastasen mit Stabilitätsgefährdung 4 Bisphosphonate 4 Bestrahlung: 5 schmerzlindernder Effekt nach 1–4 Wochen, häufig bis zum Lebensende 5 6 Monate nach Strahlentherapie in ca. 50% messbare Rekalzifizierung 5 in 90% der Fälle Vermeidung des Progresses der Osteolysen 4 beginnender Querschnitt: 5 operative Entlastung + Radiatio: J ca. 60% der Pat. erlangen wieder Gehfähigkeit J 20% bei alleiniger Radiatio 4 Paresen länger 24 h und/oder Inoperabilität: 5 Therapie der Wahl: alleinige Radiatio 4 systemische Chemotherapie 4 Radiofrequenzablation 4 Embolisation
45 1.1 · Orthopädie
4 operative Maßnahmen: 5 Notfallindikation: zunehmende Lähmung, Querschnitt 5 dringliche Operation: pathologische Fraktur oder drohende pathologische Fraktur (in diesen Fällen immer erst Primärtumor- und Ausbreitungsdiagnostik, um operative Strategie z.B. entsprechend Tomita-Score festzulegen, . Tabelle) 5 bei solitären Metastasen, insbesondere bei Mamma-, Nierenzellund Schilddrüsenkarzinom (höhere Langzeitlebenserwartung) Resektion im Gesunden anstreben – hier auch aufwendigere Rekonstruktionen z.B. mit Tumorendoprothesen gerechtfertigt 5 Verbundosteosynthesen zur lang- bis mittelfristigen lokalen Kontrolle (Kürettage der Metastase, Auffüllung der Tumorhöhle mit Knochenzement kombiniert mit Plattenosteosynthese, an der unteren Extremität Doppelplattenosteosynthese, in den noch weichen Zement) + Nachbestrahlung 5 Nagelung nur bei extrem schlechter Prognose und moribundem Patienten – seltene Indikation, Prognose verschlechtert sich durch Aufbohren und Tumorzellverschleppung 5 an der Wirbelsäule radikale Wirbelkörperresektion selten indiziert, u.a. Verfahren wie Kyphoplastie/Vertebroplastie, dorsale Dekompression, dorsale Instrumentation über Fixateur interne oder Hakenspondylodese, Rekonstruktion der vorderen Säule mit metallischen Platzhaltern, an der HWS ventrale Dekompression, Wirbelkörperersatz und ventrale Plattenosteosynthese Score nach Mirels (drohende Fraktur >8 Punkte) Punkte
1
2
3
Metastasenlokalisation
obere Extremität
untere Extremität
proximaler Femur
Kortikalisdestruktion
<1/3
1/3–2/3
>2/3
Metastasentyp
osteoblastisch
gemischt
osteolytisch
Schmerz
gering
mäßig
stark
Score nach Tomita Punkte
Primärtumor
Viszerale Metastasen
1
langsam wachsend (Mamma, Schilddrüse)
2
mäßig wachsend (Niere, Uterus)
behandelbar
3
schnell wachsend (Lunge, Magen)
nicht behandelbar
Dissemination Knochen solitär
multipel
1
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46 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
1
Eigene Notizen
Score nach Tomita Punkte
Behandlungsziel
Operative Strategie
2–3
langfristige lokale Kontrolle
weite oder marginale Resektion
4–5
mittelfristige lokale Kontrolle
marginale oder intraläsionale Resektion
6–7
Kurzzeitpalliation
palliative Chirurgie
8–10
Endstadium
unterstützende Maßnahmen
Systemerkrankungen mit Knochenbefall (solitäres und multiples Myelom) Synonyme 4 solitäres Myelom = Plasmozytom, = solitäres Plasmozytom (sehr selten) 4 multiples Myelom = generalisiertes Plasmozytom, Morbus Kahler
Definition 4 Tumorkrankheit, die durch die klonale Proliferation von Plasmazellen im Knochenmark gekennzeichnet ist, charakteristisch: 5 Bildung monoklonaler Immunglobuline (M-Proteine) 5 Osteolysen 5 Nierenfunktionsstörungen 5 erhöhte Infektneigung
Allgemein 4 4 4 4 4 4
häufigstes primär am Knochen lokalisiertes Tumorleiden ca. 50% der primären Knochenmalignome 6. und 7. Lebensdekade Männer > Frauen schwarze > weiße Bevölkerung Lokalisation vorw. in Skelettabschnitten mit rotem (blutbildendem) Knochenmark: 5 Brust- und Lendenwirbelsäule, Rippen 5 Schädel 5 Becken und Schultergürtel 5 proximale Extremitätenabschnitte 4 Inzidenz: 4/100.000 4 > Memo Begriff »Metastase« auf Myelommanifestationen nicht anwenden, da keine Absiedlungen im artfremden Gewebe.
Einteilung 4 aus therapeutischer, klinisch-radiologischer Sicht: 5 solitäre Manifestationsform: J keine weiteren Knochenherde J Knochenmarkpunktat negativ 5 generalisierte Manifestationsform am Skelett: J Markinfiltration durch Sternal- oder Beckenkammpunktion nachweisbar
47 1.1 · Orthopädie
J nichtosteolytische Myelomatose (imponiert als schwere Osteoporose) vs. multilokuläre Osteolysen 5 extraskelettale Manifestationsform: J extraossäres Plasmozytom J Plasmazellleukämie J Plasmozytom des Lymphknotens 4 entsprechend der Sekretion: 5 Sekretion kompletter Ig 5 Sekretion freier Kappa- oder Lambda-Leichtketten 5 Sekretion kompletter Ig als auch Leichtketten 5 asekretorisches Myelom
Diagnostik 4 Skelettszintigraphie: 5 oft negativ (aus rein osteolytischen Läsionen resultiert keine Mehranreicherung) 4 Röntgen (alle potenziellen Manifestationsorte in 10–15% reduzierter Aufnahmespannung): 5 Schädel in 2 Ebenen 5 HWS, BWS, LWS je in 2 Ebenen 5 Thoraxübersicht mit Rippendarstellung 5 Beckenübersicht 5 proximale Extremitätenabschnitte in 2 Ebenen 4 präventives MRT der Wirbelsäule: 5 frühzeitiger Nachweis intraspinaler Tumormanifestationen 4 Labordiagnostik: 5 Myelom-Protein-Bestimmung (Gesamteiweiß und Eiweißelektrophorese im Blut und Urin, β2-Mikroglobulin) 5 Differenzialblutbild 5 Kappa- und Lambdaleichtketten im Blut und/oder Urin 4 Knochenmarkbiopsie
Differenzialdiagnose 4 Knochenmetastasen 4 Hyperparathyreoidismus 4 Osteoporose
Therapie 4 solitäres Myelom: 5 in erster Linie kurative Radiatio 5 ggf. Resektion 4 multiples Myelom: 5 interdisziplinär je nach Stadium Chemotherapie 5 Stammzelltransplantation 5 Bisphosphonate 5 Schmerztherapie 5 lokale Therapieverfahren wie Radiatio oder Operation
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48 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
4 Lokaltherapie bei: 5 manifester pathologischer Fraktur der unteren Extremitäten → Operation (Verbundosteosynthesen, zementierte Endoprothesen) 5 drohender pathologischer Fraktur der unteren Extremitäten (Mirels-Score siehe Kap. »Knochenmetastasen«) → Bestrahlung, prophylaktische Osteosynthese 5 manifester pathologischer Fraktur der oberen Extremitäten → Bestrahlung und Ruhigstellung, ggf. Osteosynthese, selten zementierte Endoprothese 5 drohender pathologischer Fraktur der oberen Extremitäten → Bestrahlung, Schonung, selten prophylaktische Osteosynthese 5 instabilen Wirbelfrakturen → Bestrahlung, selten Stabilisierung mittels Fixateur interne, diese Wirbelfrakturen gleichen osteoporotischen Sinterungsfrakturen, welche langsam entstehen und selten mit neurologischen Komplikationen einhergehen 5 drohender Lähmung → Wirkung der Bestrahlung abwarten, in zweiter Linie operative Dekompression 5 inkompletter Querschnittslähmung oder Kaudasyndrom → operative Entlastung durch Laminektomie 4 Bestrahlung: 5 indiziert bei starken Wirbelsäulenschmerzen (wirkt analgetisch) 4 > Memo Strahlentherapie ist gegenüber der Operation, wenn möglich, immer zu bevorzugen, nach operative Stabilisierungen oder Entlastungen – adjuvante Radiatio anschließen.
Benigne Weichteiltumoren Lipom Definition 4 gutartiger Tumor aus reifem Fettgewebe ohne Zeichen von Zellatypien
Allgemein 4 4 4 4 4 4
häufigster mesenchymaler Tumor des Menschen Prävalenz: ca. 2/100 Menschen Lipom:Liposarkom = 100:1 15–20% in Kopf-Hals-Region 5.–7. Lebensdekade Lokalisation: 5 meist subkutan 5 1–2% subfaszial 4 Lipomatose: multiple Lipome
Klinik 4 meist oberflächliche Lage 4 verschiebbar 4 langsam wachsend
49 1.1 · Orthopädie
Diagnostik 4 klinischer Befund und Verlaufsbeobachtung 4 ggf. Sonographie 4 bei tiefer Lokalisation MRT obligat (DD: Liposarkom)
Therapie 4 bei kosmetischer oder mechanischer Beeinträchtigung Exzision mit nachfolgender histopathologischer Untersuchung
Noduläre Fasziitis Definition 4 pseudosarkomatöse, solitäre und schnell wachsende Proliferation von Fibroblasten und Myoblasten
Allgemein 4 junge Erwachsene: 20–40 Jahre 4 Lokalisation: 5 bevorzugt im oberen Extremitätenbereich (Unterarm) und Körperstamm (Brustwand) 5 typischerweise subkutan und perifaszial 5 seltener intramuskulär (10%)
Klinik 4 schnell wachsende (schneller als Sarkome) schmerzhafte Läsion 4 meist 2–5 cm
Therapie 4 Exzision 4 geringe Rezidivrate
Myositis ossificans Synonyme heterotope Ossifikation
Definition 4 nichtneoplastische Veränderung, die gelegentlich mit einem Trauma assoziiert ist
Allgemein 4 kann auf den Außenflächen von Knochen oder in Weichgeweben, aber immer mit einer Distanz vom Periost auftreten 4 Proliferation von Bindegewebe, Bildung größerer Mengen neuen Knochens oder Knorpel 4 ca. 70% Traumaanamnese: 5 junge sportliche Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren 5 neuropathisch, z.B. nach SHT
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50 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klassifikation 4 progressive Myositis ossificans (Morbus Münchemeyer): 5 autosomal-dominant vererbt 5 sehr selten 4 Myositis ossificans circumscripta 5 Myositis ossificans traumatica 5 Myositis ossificans ohne Traumaanamnese (neuropathisch oder idiopathisch)
Klinik 4 Prädilektionsorte: 5 Oberschenkel 5 Oberarm 5 Glutealregion 4 Prädilektionsorte bei neuropathischer Form: 5 Muskulatur um Knie und Hüfte sowie Oberschenkel 4 »Reifung« der Läsion: 5 über ca. 6 Wochen nach Trauma 5 trizonaler Aufbau: zunächst periphere Verknöcherungen, bei noch aktiven Läsionen im Zentrum kalzifikationsfreie Zone 5 anfangs gelegentlich Fieber, Rötung, Schwellung 5 klinisch tastbarer nicht druckschmerzhafter Tumor
Diagnostik 4 Szintigraphie: szintigraphische Mehrspeicherung nimmt mit Ausreifung ab 4 bei multilokulärem Befall erhöhte alkalische Phosphatase, die sich bei Ausreifung normalisiert 4 Röntgen 4 CT (trizonaler Aufbau)
Therapie 4 Exzision nach sicherer Ausreifung ansonsten Rezidiv 4 Bisphosphonate 4 Bestrahlung
Differenzialdiagnose 4 ! Cave Juxtakortikales Osteosarkom
Pigmentierte villonoduläre Synovitis (PVNS) Definition 4 benigne, proliferative Erkrankung der Synovialis, diffus oder fokal in Strukturen mit synovialer Auskleidung (Gelenke, Bursen, Sehnen)
Allgemein 4 durch intra- und extrazelluläre Hämosiderineinlagerungen typisch rostbraune arbe der Läsion 4 nicht selten intraossäre Ausbreitung 4 Erkrankungsgipfel zwischen 10. und 40. Lebensjahrzehnt
51 1.1 · Orthopädie
Klinik 4 Schmerzen und Schwellung abhängig von Lokalisation und Ausprägung (diffuse oder lokal) 4 Lokalisation: 5 Sehnenscheidenbefall: Hand, Fuß 5 Gelenkbefall: 60% Knie
Diagnostik 4 MRT bevorzugtes Verfahren, da klassische Befundkonstellation in diversen Wichtungen durch Eiseneinlagerung
Therapie 4 Resektion 4 Synovektomie bei diffuser Form 5 hohe Rezidivraten der diffusen Form (40%) 4 Bestrahlung oder Radiosynoviorthese bei Rezidiv erwägen 4 bei schwerer Gelenkdestruktion Arthrodese oder Alloarthroplastik
Hämangiom Definition 4 kapillärer bis kavernöser Tumor, imitiert den Aufbau von Blutgefäßen
Pathogenese 4 4 4 4 4
entsteht aus einer Gefäßanomalie ist gutartig meist angeboren oder entwickelt sich in den ersten Lebenswochen oberflächliche Form meist bereits nach Geburt sichtbar Manifestation tiefer Hämangiome während Adoleszenz, häufig intramuskulär im Oberschenkel (mit Schmerzen verbunden) 4 histologisch: 5 kapillär und kavernös 5 intramuskuläre Hämangiome meist kapillär 4 intraossäre Hämangiome: 20% in der Wirbelsäule im höheren Lebensalter
Therapie 4 Resektion 4 ggf. Lasertherapie 4 ggf. Embolisation
Semimaligne Weichteiltumoren Atypisches Lipom 4 4 4 4
lokal aggressiver Fettgewebetumor ohne Metastasierungspotenzial unter Liposarkomen: Anteil von 40–45% Rezidivgefahr und lokale Wachstumspotenz führen bis zu Inoperabilität an den Extremitäten bei 2% Übergang in dedifferenzierte Liposarkome
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52 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Superfizielle Fibromatosen Palmare Fibromatose (Morbus Dupuytren) 4 m:w = 3:1 4 >50% bilateral
Plantare Lokalisation (Morbus Ledderhose) 4 im Kindesalter gehäuft
Differenzialdiagnostisch bedeutsame Hauttumoren Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP) Definition 4 fibroblastischer, ausschließlich in der Haut vorkommender, intermediärer lokal aggressiver, selten (1%) metastasierender Tumor
Allgemein 4 fibrosarkomatöses DFSP: Progressionsform, metastasiert häufiger 4 gehäuftes Vorliegen chromosomaler Translokationen in DFSP-Zellen 4 <1/100 000 Einwohner; Auftreten um das 40. Lebensjahr
Klinik 4 hautfarbener, braun-gelblich manchmal auch rötlich flach erhabener derber Tumor 4 intra- und subkutane Ausbreitung
Diagnostik 4 Inzisionsbiopsie
Therapie 4 Exzision mit Sicherheitsabstand: 1–5 cm 4 Studien mit Imatinib: 70% Ansprechen 4 ggf. Strahlentherapie
Prognose 4 in 10–80% der Fälle Lokalrezidive
Maligne Weichteiltumoren Epidemiologie und Klassifikation 4 4 4 4
1% aller malignen Tumoren des Erwachsenen 15% aller kindlicher Tumoren Inzidenz: 1,5–2/100.000 Lokalisation: 5 60% untere Extremität 5 20–35% retro- und intraperitoneal 5 15–20% Körperstamm mit Kopf und Hals 4 Benennung nach Ursprungsgewebe (WHO-Klassifikation 2002) u.a. 5 Liposarkom 5 Fibrosarkom 5 Rhabdomyosarkom 5 Angiosarkom
53 1.1 · Orthopädie
4 z.T. aber auch unbestimmbares Ausgangsgewebe 5 Synovialsarkom 5 Sarkom/NOS (not otherwise specified) 4 verschiedene chromosomale Translokationen sind inzwischen bekannt 5 z.B. Synovialsarkom: t(X;18)(p11.2;q11.2) 4 häufigste Weichteilsarkome: 5 Leiomyosarkome (15–25%) 5 Liposarkome (10–15%) 5 pleomorphe Sarkome/NOS (15–25%) 5 Synovialsarkome (6–10%)
Diagnostik, Biopsierichtlinien, Stadieneinteilung und Prognose Diagnostik 4 lokale Ausbreitungsdiagnostik: 5 Methode der Wahl vor Biopsie: MRT 5 bei Größe >8 cm 5 Schmerz 5 schneller Größenprogression 5 tiefer Lokalisation 5 fehlender Verschiebbarkeit 4 systemische Ausbreitungsdiagnostik: 5 CT: Thorax/Abdomen/Becken 5 ggf. PET-CT
Biopsierichtlinien 4 Biopsiedurchführung: 5 genaue Planung wie definitive OP, keine Eröffnung nicht tumorbefallener Kompartimente oder unbeteiligter Gefäß- und Nervenstraßen und Gelenke 5 höchste Aufmerksamkeit hinsichtlich Asepsis, Hautpräparation, Blutstillung (Vermeidung postoperativer Hämatome), Wundverschluss (Redon-Drainage im Wundverlauf distal ausleiten) 5 Platzierung der Hautinzision im Verlauf des geplanten Hautschnittes für die endgültige Operation (an den Extremitäten Längsschnitt) 5 Sicherstellung, dass eine adäquate Menge von repräsentativem Gewebe entnommen wurde 5 Referenzpathologie einfordern 5 Biopsie in der Einrichtung, wo später die endgültige OP durchgeführt wird, nach Möglichkeit auch durch den späteren Operateur 4 diagnostische Sicherheit: 5 Stanzbiopsie: 97% (im Tumorzentrum der offenen Biopsie beinahe gleichwertig) 5 Feinnadelaspirationsbiopsie: nur 80%
Histopathologisches Grading und Stadieneinteilung 4 French Federation of Cancer Centers Sarcoma Group (FNCLCC): 5 G1: niedriggradig 5 G2 und G3: hochgradig
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54 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 Union for International Cancer Control (UICC)/American Joint Committee on Cancer (AJCC) 2010 (. Tab.), kurzgefasste TNM-Klassifikation: 5 T: Primärtumor 5 T1: Tumordurchmesser ≤5 cm 5 T1a: oberflächlich (oberhalb der Faszie) 5 T1b: tief 5 T2: Tumordurchmesser >5 cm 5 T2a: oberflächlich 5 T2b: tief 5 N: regionäre Lymphknoten 5 N1: regionäre Lymphknotenmetastasen 5 M: Fernmetastasen 5 M1: Fernmetastasen (Lunge häufigstes Zielorgan) Stadieneinteilung Weichteilsarkome (UICC/AJCC 2010) Stadium
FNCLCC-Grad
T
N
M
Stadium IA
niedrigmaligne
T1a/b
N0
M0
Stadium IB
niedrigmaligne
T2a/b
N0
M0
Stadium IIA
hochmaligne
T1a/b
N0
M0
Stadium IIB
hochmaligne
T2a
N0
M0
Stadium III
hochmaligne
T2b
N0
M0
hochmaligne
T2b
N1
M0
jedes G
jedes T
N1
M0
jedes G
jedes T
jedes N
M1
Stadium IV
Prognose 4 5-Jahresüberlebensraten: 5 Stadium I: 85–96% 5 Stadium II: 72–78% 5 Stadium III: 50% 5 Stadium IV: 10%
Interdisziplinäre Therapie und Nachsorge Therapie 4 immer Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche 4 Ziel: lokale Tumorkontrolle und Prävention/Therapie der Fernmetastasierung 4 Chirurgische Therapie: 5 R0-Resektion (Resektion im Gesunden), da adjuvante Therapieoptionen lokale Tumorkontrolle in der Regel nicht erreichen 5 R1-Resektion vermeiden (marginale Resektion = histologisch Tumorzellen im Resektionsrand) – im peritumoralen Ödem bis zu 65% vitale Tumorzellen
55 1.1 · Orthopädie
5 R2-Resektion (intraläsionale Resektion) nicht anstreben 5 neoadjuvante Therapieoptionen bei primär nicht möglicher R0-Resektion berücksichtigen (systemische Chemotherapie +/- Hyperthermie, Radiotherapie, isolierte hypertherme Extremitätenperfusion) 4 Strahlentherapie: 5 im multimodalen Therapiekonzept wesentlicher Stellenwert 5 erlaubt z.B. eine extremitätenerhaltende Operation, wobei mit Hilfe der Strahlentherapie in bis zu 90% der Fälle eine lokale Kontrolle zu erzielen ist 4 Chemotherapie: 5 Entscheidung über eine (neo-)adjuvante Chemotherapie immer in einem Sarkomzentrum 5 verschiedene Metaanalysen zeigen Überlebensvorteile zugunsten der adjuvanten Chemotherapie im Bereich von 4–11% 5 Vorteile fanden sich dabei vorwiegend bei Patienten mit Hochrisikosarkomen (>5–10 cm, hoher Malignitätsgrad, tiefe Lokalisation) 5 fester Bestandteil der Behandlung im metastasierten Stadium
Nachsorge 4 Regelmäßige Nachsorge: 5 Jahr 1 und 2: i.d.R. alle 3 Monate 5 Jahr 3 bis 5: i.d.R. alle 6 Monate 5 danach: 1-mal jährlich
1.1.3
Weichteil-, Knochen-, Gelenkinfektionen C. Schwenninger, J. Ohnsorge
Epidemiologie 4 Durchschnittlich 500.000 Fälle nosokomialer Infektionen pro Jahr in Deutschland
Klinik 4 5 morphologische Symptome der Entzündung: 5 Dolor 5 Calor 5 Rubor 5 Tumor 5 Functio laesa 4 Ausbreitung der Erreger: 5 per continuitatem 5 lymphogen 5 hämatogen
Risikofaktoren 4 mangelndes Rohstoffangebot: 5 konsumierende Erkrankungen 5 schwere Zweiterkrankungen
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56 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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5 Hypoproteinämie 5 Vitaminmangel 5 Elektrolytstörungen 4 gestörte Blutzusammensetzung: 5 Leukopenie 5 HIV 5 Medikamente 4 verminderte Perfusion: 5 hoher Gewebedruck bei Schwellung, Hämatom oder Serom 5 strangulierende Nähte 5 Verbände 5 Mikroangiopathie bei Diabetes mellitus 5 respiratorische Insuffizienz 5 Anämie 5 Herzinsuffizienz
Therapie 4 4 4 4 4 4 4
Hygiene perioperative Antibiotikaprophylaxe korrekter Keimnachweis konsequentes Handel atraumatische Operationstechnik radikales Débridement: »Ubi pus, ibi evacua!« Serombehandlung
Abszess 4 umkapselte Eiteransammlung in einer nicht präformierten Körperhöhle durch Bakterien-, Protozoen oder Pilzbefall verursacht 4 meist Staphylokokken und Streptokokken, Escherichia coli, aber auch viele andere Erregen (z.B. Parasiten) 4 häufig Mischinfektionen
Klinik 4 4 4 4
klassische Entzündungszeichen evtl. tastbare Fluktuation pulssynchrone pochende Schmerzen gelegentlich Fieber
Diagnostik 4 klinische Diagnostik 4 Labor: 5 Leukozytose 5 erhöhtes BSG 5 erhöhtes CRP 5 Blutkultur, mikrobiologische und serologische Tests 4 Sonographie 4 MRT
57 1.1 · Orthopädie
Differenzialdiagnose 4 tuberkulöser, sog. kalter Abszess (ohne Rötung und lokaler Überwärmung) 4 Tumore 4 infizierte Zysten 4 erweichende Tumore
Therapie 4 4 4 4 4 4
Spaltung und Exzision Spülung Drainage offene Wundbehandlung/Vakuumversiegelung Ruhigstellung der Region antibiotische Therapie nach Erregernachweis und Antibiogramm
Phlegmone Definition 4 flächenhaft sich infiltrativ ausbreitende, eitrige Zellgewebeentzündung mit ödematöser Durchtränkung der Umgebung und lokalen und allgemeinen Entzündungszeichen
Erreger 4 hauptsächlich Streptokokken 4 Staphylokokken (purulente Phlegmone) 4 selten anaerobe Keine (putride Phlegmone)
Klinik 4 4 4 4 4
akuter Verlauf mit klassischen Entzündungszeichen teigige Schwellung und glänzende Hautoberfläche allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber, evtl. Schüttelfrost Myalgien Schwellung der regionalen Lymphknoten
Diagnostik 4 primär klinische Diagnose
Differenzialdiagnose 4 4 4 4 4
tiefe Beinvenenthrombose Kontaktdermatitis Insektenstich Fremdkörperreaktion Lymphödem
Therapie 4 allgemeine Richtlinien der Wundbehandlung: 5 Ruhigstellung 5 lokale Antiseptika 5 systemisch hochdosierte Antibiotika
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58 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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5 5 5 5 5
Eigene Notizen
chirurgische Inzision, wenn es zu lokalen Eiterungen gekommen ist evtl. mehrfache Inzision oder breite Eröffnung Ausräumung der Nekrose Spülung Drainage
Komplikationen 4 4 4 4
fortschreitende Eiterung in tiefere Gewebeschichten Übergreifen der Eiterung auf Sehnen, Gelenke und Knochen Lymphangitis und -adenitis Pyämie mit septischer Metastasierung
Akute Osteomyelitis Definition 4 akute Knochenmarkentzündung durch Bakterien und (sehr selten) Pilze unter 4 Wochen
Erreger 4 meist Staphylococcus aureus, Streptokokken 4 Ausbreitung: 5 hämatogene Streuung 5 posttraumatisch oder nosokomial 4 spezifische Osteomyelitis: Tuberkulose, Syphilis, HIV
Klinik 4 4 4 4 4
lokale Rötung, Glanzhaut durch Schwellung, Überwärmung begleitender Gelenkerguss in Gelenksnähe persistierender oder zunehmender Schmerz, Schonhaltung trübe Sekretion aus der Wunde allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber, evtl. Schüttelfrost
Diagnostik 4 klinische Diagnostik 4 Labor: 5 Leukozytose 5 erhöhtes BSG 5 erhöhtes CRP 5 Blutkultur 4 Röntgen: 5 periostale Reaktion erst nach 2–3 Wochen sichtbar 5 fleckige Aufhellung mit Usuren 5 später Sequester mit Totenlade
Differenzialdiagnose 4 Tumor: Nachweis mittels Biopsie
Therapie 4 frühzeitige radikale Ausräumung des Infektherdes und Débridement 4 Spül-Saug-Drainagen
59 1.1 · Orthopädie
4 4 4 4 4 4
lokale Antibiotikaketten gezielte, hochdosierte Antibiotikagabe i.v. für mindestens 6 Wochen ggf. Umstellung bei Keimnachweis nach Antibiogramm Oralisierung bei Normalisierung der Entzündungsparameter möglich Ruhigstellung ggf. Amputation bei Übertritt der Infektion
Komplikationen 4 Übergang in chronische Form 4 Knocheninfarkte, Sequester 4 Osteosklerose
Chronische Osteomyelitis Pathogenese 4 mehr als 5–7 Wochen bestehende Knochenmarkentzündung 4 Unterscheidung zwischen primär und sekundär chronischer Osteomyelitis 4 spezifische Osteomyelitis: Tuberkulose, Syphilis, HIV 4 langjähriger Verlauf möglich
Klinik 4 Schmerzhaftigkeit der entzündeten Region im Vordergrund 4 allgemeines Krankheitsgefühl häufig in abgeschwächter Form
Therapie 4 Débridement und Ausräumung des nekrotischen/infektiösen Gewebes 4 hochdosierte Antibiotikagabe nach Antibiogramm
Brodie-Abszess 4 besondere Form der hämatogenen Osteomyelitis 4 kennzeichnend ist das ausgeprägte Granulationsgewebe 4 Ausdehnung des Abszesses ist durch das Granulationsgewebe behindert
Bakterielle Arthritis Synonyme 4 Empyem (Infektion in präformierter Höhle)
Definition 4 Infektion eines Gelenks durch Bakterien
Erreger 4 Staphylococcus aureus, Streptokokken und gramnegative Stäbchen 4 spezifische Erreger: 5 Mykobakterien (Tbc) 5 Treponema pallidum (Lues) 4 Ausbreitung: 5 hämatogene Streuung 5 posttraumatisch oder nosokomial
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60 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
Klinik 4 4 4 4
klassische Entzündungszeichen schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Gelenks allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber evtl. Schüttelfrost
Diagnostik 4 klinische Diagnostik 4 Labor: 5 Leukozytose 5 erhöhtes BSG 5 erhöhtes CRP 5 Blutkultur 5 mikrobiologische und serologische Tests 4 Gelenkpunktion und Erregernachweis 4 Röntgen 4 Sonographie
Differenzialdiagnose 4 Malignom 4 rheumatische Erkrankung 4 aseptische Knochennekrose (z.B. Morbus Perthes)
Therapie 4 ! Cave Notfallsituation 4 Punktion des Gelenks und Erregernachweis 4 sofortige hochdosierte Antibiotikagabe i.v. nach Punktion bzw. Materialgewinnung 4 ggf. Umstellung bei Keimnachweis nach Antibiogramm 4 operative Spülung des Gelenks 4 Synovektomie 4 ggf. Spül-Saug-Drainage 4 Ruhigstellung in Funktionsstellung
Infizierte Prothese 4 Infektion des künstlichen Hüftgelenks in 1–3% der Fälle, Knie- und Ellenbogengelenke 5–7% (einschließlich Revisionsendoprothetik) 4 Frühinfektion: 5 bis 6 Wochen postoperativ 5 meist exogener Ursache 4 Spätinfektion: 5 verzögerte Infektion bis 3 Monaten danach 5 meist hämatogen 4 Keimspektrum: 5 Frühinfektion: J meist Staphylococcus aureus 5 verzögerte Infektion:
61 1.1 · Orthopädie
J koagulasenegative Staphylokokken J Corynebacterium spp. J Propionibacterium spp. 5 Spätinfektion: J diverse Keime, meist Staphylokokkus aureus 4 prädisponierende Faktoren: 5 rheumatoide Arthritis 5 Steroid- und Methotrexat-Therapie 5 Diabetes mellitus 5 krankheits- und therapiebedingte Immunsuppression 4 keine Häufung von Spätinfektionen bei HIV-Patienten dokumentiert 4 Unterscheidung von: 5 Low-grade-Infektion: leichtgradige Laborveränderungen (CRP Erhöhung), ggf. nur geringgradige lokale Beschwerdesymptomatik und 5 High-grade-Infektion: deutliche Laborveränderungen, ggf. Fieber, lokal mit typischen Symptome einer floriden Infektion
Frühinfektion Klinik 4 Anzeichen einer drohenden Infektion bzw. Frühinfektion: 5 anhaltende oder neu aufgetretene Schmerzen 5 lokale Rötung oder Überwärmung 5 anhaltende Sekretion 5 gespannte lokale Weichteile 5 anhaltende oder neu auftretende CRP-Erhöhung bzw. Leukozytose 5 Temperaturerhöhung
Therapie 4 umgehende operative Revision im Sinne eines lokalen Débridements und Synovektomie 4 mikrobiologische und histologische Untersuchung der Gewebeproben 4 Spülung mit NaCl, ggf. Jet-Lavage mit großen Mengen Flüssigkeit 4 passgerechte Antibiotikagabe für 6–12 Wochen 4 Versuch des Prothesenwechsel 4 bei persistierender Infektion Vorgehen idem zu Spätinfekt
Spätinfekt Klinik 4 intermittierende Phase der Beschwerdefreiheit 4 neu aufgetretener Ruhe- und Belastungsschmerz 4 im weiteren Verlauf klassischer Infektzeichen und Anstieg der laborchemischen Infektparameter 4 frühe Lockerung der Endoprothese, radiologische Lockerungszeichen
Therapie 4 Keimnachweis mittels Abstrich (bei Fistel) oder Gelenkspunktion 4 peri- und postoperative Antibiotikatherapie nach Antibiogramm
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62 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 Prothesenwechsel notwendig: 5 einzeitiger Wechsel: J gesunde Patienten ohne zusätzliche Erkrankungen J sicherer Nachweis eines sensiblen Keimes J gute Qualität und Durchblutung des lokalen Knochengewebes J Erfolgsrate mit 83% beschrieben 5 zweizeitiger Wechsel: J intermittierend, ggf. antibiotikahaltiger Zementplatzhalter J passgerechte Antibiose zunächst i.v., danach oral für insgesamt 6 Wochen J Pausieren der Antibiose für 2 Wochen J Punktion des Gelenks und Bebrütung für 2 Wochen J bei Keimfreiheit Wiedereinbau J bei persistierendem Infekt operative Revision und gleiches Vorgehen wiederholen J Erfolgsrate von bis zu 94% beschrieben 4 alternative Behandlungsmöglichkeiten (nur in begründeten Ausnahmefällen!): 5 permanente Gelenkresektion (z.B. Girdlestone-Hüfte) 5 Schaffung bzw. Belassen einer dauerhaften Fistel 5 Amputation
Spondylitis/Spondylodiszitis Definition 4 exogene oder endogene Infektion von Wirbelkörper und/oder Bandscheibe 4 Prädisposition: 5 hohes Alter 5 Immunschwäche 5 Diabetes mellitus 5 HIV 5 Alkoholabusus
Erreger 4 meist Staphylococcus aureus oder Mykobakterien 4 Ausbreitung: 5 meist hämatogene Streuung (anamnestisch Primärinfekt?, Tuberkulose?)
Klinik 4 lokalisierte Rückenschmerzen (mäßiggradig bis invalidisierend) 4 lokale Überwärmung, ggf. auch Rötung 4 ggf. Krankheitsgefühl mit allgemeiner Abgeschlagenheit, Fieber, nächtlichem Schwitzen 4 ggf. sensomotorische Defizite
63 1.1 · Orthopädie
Diagnostik 4 klinische Diagnostik 4 Labor: 5 Leukozytose 5 erhöhtes BSG 5 erhöhtes CRP 5 Blutkultur 4 Röntgenaufnahmen des betroffenen Wirbelsäulenabschnittes in 2 Ebenen 4 MRT zur Darstellung der Weichteilanteils des Abszesses 4 CT zur Darstellung der Wirbelkörperdestruktion 4 CT-gesteuerte Punktion, PE (operativ)
Differenzialdiagnose 4 Tumor 4 Fraktur (Spondylitis) 4 erosive Osteochondrose (Spondylodiszitis)
Therapie 4 konservative Therapie: 5 absolute Bettruhe, später Mobilisation im Korsett, sukzessive im Stehbrett 5 hochdosierte Antibiotika i.v. 5 CT-gesteuerte Punktion mit Einlage einer Drainage und ggf. Spülung 5 Keimnachweis, Antibiogramm mit anschließender spezifischer Antibiotikagabe 5 bei drohender Sepsis Beginn mit unspezifische BreitspektrumAntibiose 5 Verlaufskontrolle 4 operative Therapie: Indikation: 5 bei Therapie-Resistenz/Progredienz 5 bei erheblicher knöcherner Destruktion, biomechanischer Instabilität 5 bei neurologischen Symptomen sofort 4 OP-Verfahren: 5 Débridement 5 Resektion 5 Bandscheiben-/Wirbelkörperersatz 5 Spondylodese/Fusion
Komplikationen 4 4 4 4 4
Wirbelkörperdestruktion/Fraktur/Kyphose segmentale Instabilität Querschnittslähmung epiduraler Abszess Meningitis/Enzephalitis
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64 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
1.1.4
Wirbelsäule J Ohnsorge, K. Salem
Wichtige Laien- und Fachbegriffe HWS Brachialgie
Schmerzen im Arm
Zervikalgie
Nackenschmerzen
Zephalgie
Kopfschmerzen
Zervikozephalobrachialgie
in Arm und Kopf ausstrahlende Nackenschmerzen
LWS Dorsalgie
Rückenschmerzen
Lumbalgie
Kreuzschmerzen
Lumbago
»Hexenschuss«, akute immobilisierende Kreuzschmerzen
Ischialgie
(radikuläre?) Schmerzen im Bein
Glutealgie
Schmerzen im Gesäß
Lumboischialgie
ins Bein ausstrahlende Rückenschmerzen
Radikuläre Symptome
eindeutig auf eine Nervenreizung zurückzuführend
Pseudoradikuläre Symptome
anderweitig ausgelöste, einer Nervenreizung ähnliche Symptome
Zeichen nach Lasègue
5 Nervenwurzeldehnungsschmerz 5 passives Anheben des gestreckten Beines (bis 50° max. 70°) 5 reproduzierbares Auslösen eines radikulären Schmerzes
Zeichen nach Bragard
5 Nervenwurzeldehnungsschmerz 5 plötzliche passive Fußflexion im Anschluss an Lasègue-Test
Sensomotorische Defizite
gestörte Empfindung/aktive Beweglichkeit
Dermatome
typische von bestimmten Nervenwurzeln versorgte Hautareale
Kennmuskeln
typische von bestimmten Nervenwurzeln versorgte Muskeln
Kraftgrad
volle Kraft (5/5) bis keine Kraft (0/5)
Wirbelsäule allgemein Chondrose
Degeneration der Bandscheibe, Dehydratation, Degradation
»black disc«
MRT-Befund bei H2O-Verlust der Bandscheibe
Osteochondrose
zusätzlich Grund- und Deckplattensklerose, Exophyten, Ödem
Spondylarthrose
»Verschleiß« der kleinen Wirbelgelenke
6
65 1.1 · Orthopädie
Wichtige Laien- und Fachbegriffe Spondylolyse
Unterbrechung der Interartikularportion, verschiedene Ursachen
Spondylolisthesis
»Wirbelgleiten«, verschiedene Ursachen
Spondylose
(appositionelle) Exophyten infolge Instabilität und Bänderzug
Synostose
überbrückendes exophytäres Spangenwachstum
Spondylodese
Osteosynthese mit Pedikelschrauben und Stäben
TLIF
transforaminale lumbale interkorporelle Fusion (Arthrektomie, BS-Resektion, Platzhalter, Spongiosa)
ALIF/PLIF
anteriore/posteriore lumbale interkorporelle Fusion
Nukleotomie
Entfernung des Nucleus pulposus (Prolapses)
Sequestrotomie
Entfernung eines freien Sequesters im Spinalkanal
Dekompression
Beseitigung von Stenosen
IDET
intradiskale elektrothermische Therapie (Radiofrequenz)
Chemonukleolyse
intradiskale Chymopapain- oder Alkoholapplikation
Vertebroplastie
perkutane transpedikuläre Wirbelkörper-Augmentation (PMMA)
Kyphoplastie
Ballondilatation und PMMA zur Frakturaufrichtung
Klinische Untersuchung Anamnese 4 Beruf/Art der Tätigkeit (körperlich anspruchsvoll, Büro, Kraftfahrer etc.) 4 soziofamiliärer Kontext 4 Psyche 4 Vorerkrankungen (systemisch, infektiös, Tumor, immunologisch, Gelenke, Wirbelsäule) 4 Voroperationen 4 Unfälle, Verletzungen und Frakturen 4 aktuelle Beschwerden 4 Beginn der Beschwerden 4 Art und Verlauf der Beschwerden 4 Belastungsabhängigkeit der Beschwerden 4 Beeinträchtigung im Alltag 4 Arbeitsfähigkeit/AU/Rente 4 Geh-/Steh-/Sitzfähigkeit (Schmerzen, Lähmungen, Gehstrecke, Claudicatio spinalis) 4 Harn-/Stuhlfunktion 4 neurologische Ausfallerscheinungen 4 bisherige Behandlung/deren Erfolg 4 individuelle Wünsche und Ziele (Schmerzfreiheit, Linderung, Arbeits-, Sportfähigkeit)
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Eigene Notizen
66 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Körperliche Untersuchung Inspektion 4 Allgemeinzustand (AZ), Ernährungszustand (EZ), Habitus 4 Hilfsmittel (Gehstock, Orthesen, Bandagen, Einlagen, Beinlängenausgleich etc.) 4 Facies/Gesichtsausdruck (Schmerzen, Trauer etc.) 4 Mobilität, Gangbild 4 (Fehl-)Haltung 4 manuelle Geschicklichkeit/Armeinsatz/Koordination 4 Kopf-/Hals-Bewegungen 4 Einbeinstand (Trendelenburgzeichen, Ataxie etc.) 4 Zehenspitzenstand 5 Kennmuskeln/Nervenwurzeln L5/S1 4 Hackengang 5 Kennmuskeln/Nervenwurzeln L4 4 Hocke/Aufstehen 5 Kennmuskeln/Nervenwurzeln L3 5 Kletterphänomen (Climbing-up-the-legs) 5 Knie-/Hüftschmerzen 4 Narben 4 Rundrücken, Hohlrücken, Flachrücken 4 Rippenbuckel, Lendenwulst (Skoliose) 4 Trichter-/Kielbrust 4 Schulterstand 4 Beckenstand/Beinlänge (messen) 4 Taillendreiecke 4 Hautfaltenmuster
Palpation, Beweglichkeit 4 4 4 4 4 4 4
aktive und passive Beweglichkeit Inklination/Reklination Rotation Seitneigung Finger-Boden-Abstand Zeichen nach Schober und Ott harte oder weiche Sperrung einzelner Bewegungsrichtungen (»Blockierungen«) 4 muskulärer Hartspann 4 Haltungstest nach Matthiaß 4 Trendelenburg-Zeichen, Einbeinstand
Spezielle Tests der manuellen Medizin (»Blockierungen«) 4 4 4 4
Mennel-Zeichen Vorlaufphänomen Federtest Spine-Test (variable Beinlängendifferenz)
67 1.1 · Orthopädie
Neurologie 4 Sensibilität (Dermatome), Extremitäten, Brust und Bauch 5 radial bis Daumen (C6) 5 2.–4. Finger (C7) 5 ulnar (C8) 5 Oberschenkel – ventral (L3) 5 Oberschenkel – lateral (L4) 5 Unterschenkel – ventrolateral (L5) 5 dorsaler Ober-/Unterschenkel, Ferse, Dig. V (S1) 4 Reithosenanästhesie 4 Motorik (Kennmuskeln), Extremitäten, Gesicht 5 M. biceps brachii (C5) 5 M. ext. carpi rad. (C6) 5 M. triceps brachii (C7) 5 Finger (C8) 5 M. quadriceps/Hüftbeugerschwäche (L3 > L4) 5 M. tibialis ant./Kniestrecker (L4 > L3) 5 Fußheberschwäche/Zehenheberschwäche (L5 > L4) 5 Fußsenkerschwäche (S1) 4 Atrophie: Thenar (C7), Hypothenar (C8) 4 Sphinktertonus/Analreflex/Erektionsschwäche 4 Harninkontinenz/Restharn 4 Reflexe (Nervenwurzeln), Extremitäten 5 BSR (C5) 5 RPR (C6) 5 PSR (L3, L4) 5 TPR (L5) 5 ASR (S1) 4 Durchblutung/Pulse
Apparative Diagnostik Röntgen 4 4 4 4 4 4
2 Ebenen Zielaufnahmen (einzelne Wirbelkörper oder Segmente, Rippen) Schrägaufnahmen (Neuroforamina) Funktionsaufnahmen (Inklination und Reklination) Bending-Aufnahmen (Skoliose) Wirbelsäulenganzaufnahmen
MRT 4 diverse Modalitäten (T1-, T2-Wichtung, STIR), je nach Fragestellung 4 meist Mittel der Wahl zur weitergehenden Diagnostik (früher: CT), z.B.: 5 Osteochondrose?/Stadium nach Modic (I–III) 5 Diskusprolaps? 5 Spinalkanalstenose?/Wodurch? 5 Infektion?/Beteiligung welcher Strukturen? 5 Frische oder alte Fraktur? 5 Tumor?
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Eigene Notizen
68 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
4 optimale Weichteildarstellung (Fett, H 2O) bei oft ausreichender Knochendarstellung 5 Bandscheiben(-Vorfälle) 5 Kompression (Myelon, Nervenwurzeln) 5 Abszesse 5 Liquor 5 Ödeme 5 epidurales Fett (Reserveräume) 5 Verfettung der Muskulatur
CT 4 Bei Frage nach knöcherner Situation, z.B.: 5 Fraktur (Klassifikation, Stabilität) 5 Fusion (Verlaufskontrolle) 4 Alternative zur (teureren, oft nicht verfügbaren) MRT 4 bei Implantaten in situ (MRT: größere Artefakte) 4 bei differenzierter Fragestellung, mit Kontrastmittel: 5 nach Myelographie (postMyeloCT) 5 nach PET (PET-CT) 5 nach Diskographie (postDiscoCT)
Myelographie 4 Kontrastmittelinjektion intradural 4 Kompression?
Szintigraphie 4 erhöhte Stoffwechselaktivität bei Fraktur, Tumor oder Infektion
Diskographie 4 KM-Injektion in die Bandscheibe 4 diagnostisch: 5 Fissuren im Anulus fibrosus, pathologischen Verteilungsmuster 5 Schmerzprovokation bei V.a. diskogenen Schmerz (VolumenDistensions-Test) 4 therapeutisch (Beimengung von Kortikoiden und Lokalanästhetika)
Injektionen 4 diagnostisch und therapeutisch 5 Facetten 5 periradikulär 5 epidural
Neurologie 4 EMG (Elektromyographie) 4 NLG (Nervenleitgeschwindigkeit)
Gefäßdarstellung 4 Angiographie
69 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 konservative Therapie prinzipiell immer sinnvoll, da meistens erfolgreich: 5 spezielle Schmerztherapie 5 begleitend Psychotherapie/somatische Therapie 5 interdisziplinäre Behandlungskonzepte oftmals sehr sinnvoll und erfolgreich 4 interventionelle, bzw. operative Therapie je nach Diagnose und Verlauf (Stufenschema): 5 wenige absolute OP-Indikationen, z.B.: J Conus-Cauda-Syndrom J (drohende) Paresen/Lähmungen J solitäre Tumoren, wenn sicher resektabel (R0) J instabile Frakturen J Frakturgefahr mit hohem Komplikationsrisiko J nicht beherrschbare Komplikation durch Infektionen/drohende Sepsis 4 OP-Indikation meistens relativ (Risiko-Nutzen-Abwägung): 5 seltener rein elektiv (z.B. therapieresistente Schmerzen) 5 Operation: oft Kompromiss (Mobilität/Stabilität und Beschwerdereduktion) 5 reduzierte Komplikationsraten und geringere Morbidität durch minimal-invasive Techniken 5 realistische Erwartungshaltung vor Therapiebeginn herbeiführen (Aufklärung!) 5 Arzt-Patienten-Verhältnis besonders wichtig! (psychosoziale Komponente der Erkrankung) 4 Compliance!
Infektiöse Wirbelsäulenerkrankungen Siehe 7 Abschn. 1.1.3
Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen 4 Kirkaldy-Willis-Klassifikation (3 Stadien der WS-Degeneration): 5 Dysfunktion (15.–45. LJ): Anulusrisse, Facettengelenksynovialitis 5 Instabilität (35.–70. LJ): Bandscheibenresorption, Spondylarthrose, Subluxation 5 Stabilisation (>60. LJ): Osteophyten, segmentale Fusion bzw. Ankylose
Lumbalsyndrom 4 4 4 4
subsummierender Begriff (unspezifisch, keine Diagnose!) verschiedene Ursachen/verschiedene Krankheitsbilder Lumbalgie: reine Kreuzschmerzen (multifaktoriell) Lumboischialgie: Kreuzschmerzen mit radikulärer Symptomatik (meist morpholog. Korrelat) 4 Lumbago: perakut, meist vorrübergehende funktionelle segmentale Störung (neuromuskulär) 4 insgesamt häufig degenerativ bedingt, daher auch am häufigsten in der 2. Lebenshälfte
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Eigene Notizen
70 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 chronische Beschwerden oder akute plötzlich einschießende Schmerzen (»Hexenschuss«/Lumbago) durch Belastung oder ruckartige Bewegung 4 WS-Beweglichkeit durch Muskelverspannung reflektorisch gemindert 4 psychovegetative Begleiterscheinungen
Diagnostik 4 Röntgen: keine, leichte oder ausgeprägte degenerative Veränderungen, z.B.: 5 Chondrose 5 Osteochondrose 5 Spondylose 5 Spondylarthrose
Therapie 4 im Akutstadium: 5 Stufenbettlagerung 5 Wärme 5 Schmerztherapie 5 Muskelrelaxanzien 4 immer: 5 physikalische Therapie 5 Physiotherapie 4 bei funktionellen Störungen (»Blockierungen«): 5 manuelle Therapie 4 bei chronischen Beschwerden: 5 Rückenschule
Zervikalsyndrom Definition 4 klinisches Erscheinungsbild bei diversen Erkrankungen der HWS (keine Diagnose!)
Ätiologie 4 meist degenerativ bedingt (Spondylose, Spondylarthrose bzw. Unkovertebralarthrose) 4 aber auch Fehlbildungen, entzündliche Destruktion, neoplastische Destruktion, zervikaler Diskusprolaps und Frakturen der HWS 4 oft durch Reklination und Rotation auslösbar
Klinik 4 4 4 4
Kopf- und Nackenschmerzen (zervikozephales Syndrom) Schulter-Arm-Schmerz (zervikobrachiales Syndrom) »okzipitale Neuralgie« (Radikulärsyndrom) »Migraine cervicale«, Schwindel, Hör-, Seh- oder Schluckstörungen (vegetative Syndrome)
71 1.1 · Orthopädie
4 selten Entwicklung einer Myelopathie (medulläres Syndrom) z.B. durch: 5 Osteophyten im mittleren dorsalen Teil der HWK, 5 Kompression der A. spinalis anterior und Myelons 5 evtl. spastische Parese mit Pyramidenbahnzeichen, Tetraplegien und Tiefensensibilitätsstörung 4 unkovertebrale Spondylophyten können A. vertebralis einengen und zur vertebrobasilären Insuffizienz führen
Differenzialdiagnose 4 4 4 4 4
zervikale Rippe (C8/Th1-Wurzelsyndrom) Karpaltunnelsyndrom (C6/C7-Wurzelsyndrom) Subakromialsyndrom der Schulter Spondylodiszitis Tumoren
Therapie 4 Analgetika, Antiphlogistika, Muskelrelaxanzien, Neuroleptika 4 Krankengymnastik, physikalische Therapie (Massage, Wärme, Elektrotherapie) 4 medizinische Trainingstherapie (MTT) 4 Rehabilitation
Osteochondrose Klinik 4 Lumbalsyndrom 4 diskogener Schmerz 4 Beginn als Chondrose: 5 Dehydratation des galertartigen Nucleus pulposus (MRT-Befund: »black disc«) 5 Elastizität ↓/Pufferfunktion ↓ 5 Vorwölbung von Bandscheibengewebe über die Wirbelkörpergrenzen hinaus (Protrusion) 5 Risse im Anulus fibrosus, dadurch Bandscheibenvorfall (Prolaps) möglich 5 Höhe des Bandscheibenfaches ↓, dadurch auch Überlastung der Facettengelenke 5 Instabilität, ggf. bis hin zum Wirbelgleiten (Pseudospondylolisthese) 5 konsekutive Stenose von Recessus lateralis/Neuroforamen und Spinalkanal 5 diskogener Schmerz, Einsprossung von Nervenfasern im Grundund Deckplattenbereich 4 Entwicklung zur Osteochondrose: 5 reaktive Veränderungen am Knochen, Umbauprozesse 5 Ödeme im Bereich der Grund- und Deckplatten (MRT) 5 subchondrale Sklerosezonen (Röntgen und CT) 5 Osteophyten, exophytäre Randzacken (Röntgen und CT) 5 weiterer Substanzverlust der Bandscheibe, ggf. Vakuum-Phänomen (Röntgen und CT)
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Eigene Notizen
72 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
4 Fortgeschrittene/erosive Osteochondrose: 5 schwere osteochondrotische Veränderungen 5 Einbruch der Grund- und Deckplatten 5 intrasomatische Bandscheibenvorfälle (in die Wirbelkörper) 5 ! Cave Differenzialdiagnose Spondylodiszitis 4 De-novo-Skoliose/degenerative Skoliose: 5 Gefügestörung der Wirbelsäule (meist LWS) infolge multisegmentaler Osteochondrose und Instabilität 5 nicht selten auch osteoporotisch bedingte Sinterungsfrakturen
Diagnostik 4 Röntgen 4 MRT 4 ggf. Distensionstest (Diskographie)
Bandscheibenvorfall (BSV, Diskusprolaps) Definition 4 Bandscheibengewebe außerhalb des Bandscheibenfaches 4 fließender Übergang von Protrusion zum Prolaps 4 kein Kontakt mehr zur Bandscheibe: freier Sequester (sequestrierter BSV) 4 kraniale/kaudale Dislokation eines Sequesters möglich 4 Reizung/Schädigung nervaler Strukturen im Spinalkanal 4 meist LWS, seltener HWS, äußerst selten BWS (segmentale Stabilität des Thorax) 4 Unterscheidung: extra-/intraforaminal, lateral, mediolateral, medial (oft breitbasig) 4 ! Cave Sehr oft asymptomatisch
Ätiologie 4 mechanische Beanspruchung (Prädilektionsalter: 30–50 Jahre) 4 Strukturveränderungen (meist degenerativ, vgl. Osteochondrose) 4 selten traumatisch
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
radikuläre Symptomatik (Nervenwurzel) Zunahme durch Husten und Pressen fixierte Schonhaltung häufig pos. Lasègue- bzw. Bragard-Zeichen (Nervenwurzeldehnungsschmerz) Sensibilitätsstörung (vgl. Dermatome) Lähmungen (Paresen), unterschiedliche Kraftgrade typisch: Zehenstand und Hackengang eingeschränkt (vgl. Kennmuskeln!) Reflexabschwächung oder -ausfall Notfall: Konus-Kauda-Syndrom/Kauda-equina-Syndrom! Blasen-Mastdarm-Störung, unwillkürlicher Urin-/Stuhlabgang, Restharn, Reiterhosenanästhesie
73 1.1 · Orthopädie
Differenzialdiagnose 4 Unterscheidung radikulär/pseudoradikulär/zentral 4 ISG-Affektion 4 funktionelle Störungen/»Blockierung« (neuromuskulär bedingt, harmlos) 4 Infekt 4 Tumoren 4 Polyneuropathie
Therapie 4 konservativ: 5 Schmerztherapie! 5 Ruhe/adäquate Lagerung 5 Wärme 5 Krankengymnastik, Rückenschule 4 operativ: 5 Nukleotomie bzw. Sequestrotomie 5 ggf. Chemonukleolyse/Radiofrequenz 5 Standard-Verfahren: J mikrochirurgisch/mikroskopisch 5 moderne Verfahren: J endoskopisch 5 absolute OP-Indikation bei akuten massiven motorischen Ausfällen (Kauda-Syndrom etc.) 5 relative OP-Indikation bei Therapieresistenz, Lähmungen und/oder starken Schmerzen 5 strenge und enge Indikationsstellung (OP-Risiken, gute Prognose für konservative Therapie)
Postnukleotomie-Syndrom Synonyme 4 Failed Back Surgery Syndrome (FBSS)
Pathogenese 4 meist radikulär-pseudoradikuläre Mischsymptomatik (Ursachenforschung oft sehr schwierig) 4 persistierende oder erneute Beschwerden nach spinaler OP, viele Ursachen denkbar, z.B.: 5 OP-Fehler oder Versäumnisse 5 falsche Diagnose (Indikation!) 5 fortschreitende Pathologie (z.B. degenerativ, Tumor, etc.) 5 Adhäsionen (Vernarbung, Arachnoiditis, Fibrose) 4 ! Cave Operative Adhäsiolyse risikoreich und nicht selten erfolglos
Spinale Stenose Definition 4 Einengung des Spinalkanals und/oder der Neuroforamina aufgrund verschiedener sekundärer Ursachen 4 primäre Stenose meistens L2/3, L3/4,seltener L4/5 (anatomisch anlagebedingt)
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Eigene Notizen
74 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
Ätiologie 4 kongenital: anlagebedingte Veränderungen z.B. bei Achondroplasia, Hypochondroplasia oder idiopathisch 4 degenerativ: Spondylarthrose der WS und Bandscheibendegeneration 4 spondylolisthetisch: bei Wirbelgleiten 4 andere Ursachen: z.B. Morbus Paget, Tumoren, Infekt oder TB
Pathologie 4 Zentralstenose: Kompression des Duralsackes und Cauda equina 4 Lateralstenose: Nervenwurzelkompression 5 Recessusstenose: Einengung der unteren Nervenwurzel 5 Foraminalstenose: Einengung der oberen Nervenwurzel
Klinik 4 Claudicatio spinalis (Gefühlsstörung, z.T. auch Schmerzen in den Beinen beim Gehen) 4 chronische Rückenschmerzen, oft mit Ausstrahlung in beide Beine 4 Besserung durch Inklination, also Vorbeugen oder Sitzen, typisch!
Diagnostik 4 Röntgen: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 4 MRT, CT: Sanduhrphänomen des Spinalkanals/Duralsacks 4 Kanaldurchmesser: 5 <10 mm: absolute Stenose 5 <13 mm relative Stenose 4 Differenzierung zwischen Claudication intermittens und Claudicatio spinalis: siehe . Tabelle Aktivität
Claudicatio intermittens
Claudicatio spinalis
Gehen
aufsteigende Wadenschmerzen
ziehende Oberschenkelschmerzen
Berg auf
Beschwerden schneller
Beschwerden später
Ruhe
Linderung beim Stehen
Linderung beim Sitzen bzw. Bücken
Fahrrad
beschwerdevoll
beschwerdearm
Liegen
Linderung
evtl. Zunahme
Therapie 4 im Akutstadium Stufenlagerung, Analgetika, Krankengymnastik 4 epidurale Infiltration mit Kortikoid/Lokalanästhetikum 4 bei Therapieresistenz oder bei Sturzgefahr operative Dekompression
Spondylosis hyperostotica Synonyme 4 Morbus Forestier 4 diffuse idiopathische skelettale Hyperostose (DISH)
75 1.1 · Orthopädie
Klinik 4 starke Osteophytenbildung, ossifizierende Fibroostosen/Tendinosen, Längsbandverkalkung 4 weiträumige Überbrückung der Zwischenwirbelräume 4 oft schmerzlose Versteifung der gesamten Wirbelsäule 4 gutartige Erkrankung, allenfalls symptomatische Therapie 4 (mäßige) diffuse Rückenschmerzen umgekehrt proportional zu dramatischem Röntgenbefund 4 Assoziation mit: 5 Adipositas 5 Stoffwechselstörungen, z.B. Hyperurikämie oder Diabetes mellitus
Morbus Baastrup Synonyme 4 Baastrup-Phänomen 4 »kissing spine«
Klinik 4 Berührung der Dornfortsätze infolge Bandscheibendegeneration (nicht immer schmerzhaft)
Therapie 4 konservativ: 5 Analgesie, lokale Infiltrationen 5 physikalische Therapie 4 operativ: 5 keilförmige Verkleinerung der Dornfortsätze 5 interspinöser Spacer
Spondylolyse, Spondylolisthesis Definition 4 Spondylolyse: Spaltbildung im Bereich des Pars interarticularis (Interartikularportion) 4 Spondylolisthesis: Ventralverschiebung eines Wirbels mit der darüber liegenden Wirbelsäule 4 Spondyloptose: totales Abgleiten und Verkippung eines Wirbels über den kaudal folgenden
Ätiologie 4 Klassifikation nach Wiltse-Newmann: 5 dysplastisch (ca. 20%): Defekt und Insuffizienz der Facettengelenke 5 isthmisch (ca. 50%): J spondylytisch: Bruch der Pars interarticularis (Stressfraktur) J Elongation der Pars interarticularis durch schrittweise Heilung J traumatische Fraktur des Proc. articularis 5 degenerativ (ca. 25%) 5 traumatisch 5 pathologisch (ca. 5%): z.B. Tumoren
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76 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Pathogenese 4 genetische Veranlagung 4 mechanische Überbelastung z.B. beim Turnsport und Trampolinspringen (Ermüdungsfraktur) 4 Assoziation mit neuromuskulären Erkrankungen (Zerebralparese, Spina bifida)
Klinik 4 meist asymptomatisch oder unspezifische Beschwerden (Lumbalgien, Glutealgien) 4 klassisch: 5 Sprungschanzenphänomen 5 Hohlkreuz (Hyperlordose) 4 typisch für Spondyloptose: 5 Hüftlendenstrecksteife (ischiokrurale/autochtone Kontraktur) 4 Entwicklung zur Osteochondrose
Diagnostik 4 Röntgen a.-p. (umgekehrte Napoleonshut: Projektion des 5. LWK auf das Os sacrum) 4 Röntgen lateral: 5 Einteilung nach Meyerding (Verschiebung der Wirbelhinterkante): J Grad I: <25% J Grad II: 25–50% J Grad III: 50–75% J Grad IV: 75–100% J Grad V: Spondyloptose 4 45º-Schrägaufnahmen: 5 Spaltbildung in der Interartikularportion (Halsband der Hundefigur nach Lachapelle) 4 CT (inkompletter Bogenring) 4 MRT (Kompression)
Therapie 4 konservativ: 5 Analgetika 5 Antiphlogistika 5 Krankengymnastik 5 Muskelaufbautraining 4 operativ: 5 Repositionsspondylodese mit Dekompression: J bei ausgeprägter (>50%) bzw. progredienter Spondylolisthese J therapieresistente Schmerzen und neurologische Ausfälle
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen der Wirbelsäule Morbus Bechterew Siehe 7 Abschn. 1.1.1
77 1.1 · Orthopädie
Tumorbefall der Wirbelsäule Primärtumoren Siehe 7 Abschn. 1.1.2
Wirbelsäulenmetastasen 4 v.a. Karzinome der Mamma, Bronchial, Prostata, Schilddrüse und Nieren 4 osteolytisch (Schilddrüse, Nieren), osteoblastisch (Prostata) oder gemischt (Mamma)
Diagnostik 4 Röntgen 4 CT zur Darstellung der Wirbelkörperdestruktion, ggf. mit Probeentnahme bei unbekanntem Primärtumor, Prozess unklarer Dignität oder zur Differenzialdiagnose zwischen tumorösem und entzündlichem Prozess (Spondylodiszitis) 4 Knochenszintigraphie zum Staging und bei multiplem Befall 5 Mehrspeicherung (osteoblastisch) 5 Minderspeicherung (osteolytisch) 4 MRT zur Beurteilung des Weichteilanteils und bei multiplem Befall 4 Angiographie und ggf. Embolisation bei Schilddrüsen- und Nierenkarzinomen 4 Labor: 5 Hyperkalzämie (osteolytisch) 5 Hypokalzämie, Hypophosphatämie und ++AP (osteoblastisch) 5 Tumormarkers
Therapie 4 unterschiedlich, je nach Strahlen-/Chemosensibilität 4 Prinzipiell nach Harrington (. Tabelle): 5 I/II: Chemotherapie +/- Radiatio 5 III: Radiatio, Steroide 5 IV/V: OP 4 bei (drohender) Fraktur ggf. perkutane transpedikuläre Zementaugmentation (Kyphoplastie) 4 bei größerem Substanzverlust Resektion und Wirbelkörper(-teil-)Ersatz und Spondylodese 4 selten En-Bloc-Resektion und Ersatz eines Segmentes Klassifikation nach Harrington I.
keine sichtbare Knochenbeteiligung oder neurologische Defizite
II.
Knochenbeteiligung ohne Zerstörung oder neurologische Defizite
III.
neurologische Defizite ohne signifikante Wirbelkörperzerstörung
IV.
Wirbelkörperzerstörung ohne signifikante neurologische Defizite
V.
Wirbelkörperzerstörung mit neurologischen Defiziten
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78 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
Deformitäten der Wirbelsäule Skoliose Definition 4 fixierte Seitverbiegung (>10º) der Wirbelsäule mit Torsion der Wirbel und Rotation der Rippen Siehe 7 Abschn. 1.1.9
Kyphose 4 arkuäre Kyphose (langbögig): 5 posturale Kyphose (Haltungsschwäche) 5 Adoleszentenkyphose (Morbus Scheuermann) 5 kongenitale Kyphose (progredient) 5 Alterskyphose (Witwenbuckel, Osteoporose) 5 Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) 4 anguläre Kyphose (kurzbögig, knickförmig, Gibbus) 5 postinfekt (TB, Spondylodiszitis) 5 posttraumatisch 5 Wirbelsäulentumoren, Metastasen 5 Fehlbildungen
Morbus Scheuermann Definition 4 Adoleszentenkyphose, juvenile Kyphose 4 häufigste Wirbelsäulenaffektion bei Jugendlichen (0,4–10%) Siehe 7 Abschn. 1.1.9
Trichterbrust Synonyme 4 Pectus excavatum 4 Pectus infundibuliform 4 Funnel Chest
Definition 4 trichterförmige Einsenkung des Sternums und angrenzender Rippenanteile während 1. Lebensjahres
Ätiologie 4 endogene Fehlbildung 4 häufigste Thoraxdeformität (0,1%, m > w)
Klinik 4 hauptsächlich betroffen ist die untere Sternumhälfte 4 symmetrische oder asymmetrische trichterförmige Veränderung (meist beschwerdefrei) 4 oft in Kombination mit Deformierung der BWS (Kyphose, Skoliose) 4 häufig psychische Beeinträchtigung
79 1.1 · Orthopädie
Diagnostik 4 Röntgen: 5 Tiefe des Trichters und Abstand zwischen dem Trichter und der Wirbelsäule
Therapie 4 Indikation meistens kosmetisch, selten zur Schmerzlinderung 4 OP bei tiefen Trichtern zwischen 2. und 6. Lebensjahr: 5 Osteotomie der Rippen und des Sternums 5 Anheben des Trichters 5 Plattenosteosynthese
Hühnerbrust Synonyme 4 Kielbrust 4 Pectus carinatum 4 Chicken breast
Ätiologie 4 endogene Fehlbildung 4 evtl. Rachitis 4 10-fach seltener als Trichterbrust
Klinik 4 Sternum und kaudale Rippen nach vorn vorgewölbt 4 keine funktionelle Störung, rein kosmetische Beeinträchtigung
Diagnostik 4 Röntgen: spitzwinklig prominentes Sternum
Therapie 4 operative Korrektur nur in schweren Fällen
Spina bifida Definition 4 Spina bifida occulta: 5 knöcherne Bogenschluss bleibt aus, Spinalkanal nur knorpelig geschlossen (lumbosakral) 4 Spina bifida aperta 5 Neuralrohr unzureichend verschlossen 5 Wirbelbögen breit offen 5 Rückenmarkfehlbildung: J Meningozele: Ausstülpung des Duralsackes J Myelomeningozele: gleichzeitige Ausstülpung des Duralsackes und des Rückenmarks J Syringomyelozele: Ausstülpung des Duralsackes mit RM und zusätzlich von Nervenwurzeln
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80 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 sensible/schlaffe motorische Plegien der Beine 4 evtl. Blasen- und Mastdarmlähmung 4 Assoziation mit Hydrozephalus, (Kypho-)Skoliose, Hüftluxation, Kontrakturen, Deformitäten
Therapie 4 schnelle neurochirurgische Versorgung wegen Infektionsgefahr
Torticollis muscularis (muskulärer Schiefhals) Siehe 7 Abschn. 1.1.9
1.1.5
Schulter, Oberarm und Ellenbogen A. Komadinic, W. Drescher
Schultergelenk Degenerative Schultergelenkserkrankungen Akromioklavikulargelenkarthrose (Schultereckgelenkarthrose) Definition 4 degenerative Erkrankung des Schultereckgelenks (AC-Gelenksarthrose)
Ätiologie 4 idiopathisch 4 sekundär, resultierend aus einer chronischen Instabilität oder Überlastung 4 bei rheumatoider Arthritis 4 posttraumatisch
Klinik 4 4 4 4
druckschmerzhaftes AC-Gelenk lokale Schmerzen bei Bewegungen über die Schulterhorizontalebene hoher schmerzhafter Bogen (>150°-Abduktion) positiver Horizontal-Adduktions-Test (Cross-Body-Test)
Diagnostik 4 Röntgen: 5 Schulter in 3 Ebenen 5 ggf. mit AC-Gelenkzielaufnahme 4 Lokalanästhesie-Infiltrationstest
Therapie 4 konservativ: 5 NSAR 5 Krankengymnastik 5 intraartikuläre Infiltrationsserie mit Lokalanästhetika 5 ggf. Kortikosteroide 4 operativ: bei Versagen der konservativen Therapie 5 (arthroskopische) AC-Gelenkresektion
81 1.1 · Orthopädie
Omarthrose (Schultergelenkarthrose) Definition 4 degenerative Erkrankung (Arthrosis deformans) des Glenohumeralgelenks mit initialer Chondromalazie und konsekutiven Veränderungen im Bereich des subchondralen Knochens (Sklerosierung, Osteophyten, subchondralen Zysten)
Ätiologie 4 idiopathisch (vermutlich multifaktoriell) 4 sekundär bei Vorerkrankungen (s.u.) oder Verletzungen
Einteilung 4 primäre oder idiopathische Omarthrose ohne eruierbare Ursache 4 sekundäre Omarthrose: 5 Instabilitätsarthrose (rezidivierender Luxationen) 5 posttraumatische Arthrose (Fehlstellung, Humeruskopfnekrose) 5 Defektarthropathie (Cuff-Arthropathie: im Verlauf persistierender Rotatorenmanschettenrupturen) 5 avaskuläre Humeruskopfnekrose nach: J Chemotherapie J Kortikosteroidtherapie J neuroendokrinen Vorerkrankungen 5 rheumatoide Arthritis 5 Infektarthropathie 5 Gicht
Klinik 4 belastungsabhängige Schmerzen 4 zunehmende Bewegungseinschränkung
Diagnostik 4 Röntgen der Schulter in 3 Ebenen (in der Regel ausreichend): 5 Gelenkspaltverschmälerung 5 subchondrale Sklerosierung 5 Osteophyten 5 subchondralen Zysten
Therapie 4 konservativ: 5 bei beginnender Arthrose mit NSAR und Krankengymnastik 4 operativ: 5 arthroskopischer Abrasionsarthroplastik im Anfangsstadium möglich (Therapieversuch) 5 endoprothetische Versorgung bei fortgeschrittener Omarthrose
Sternoklavikulargelenkarthrose Definition 4 degenerative Erkrankung des Brustbein-Schlüsselbein-Gelenks (sehr selten)
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82 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Eigene Notizen
Ätiologie 4 idiopathisch 4 sekundär: 5 posttraumatisch bei chronischer Instabilität oder Fehlstellung 5 rheumatoide Arthritis
Klinik 4 Verdickung bei hypertropher Arthrose 4 lokaler Druckschmerz
Diagnostik 4 Röntgen (Zielaufnahme nach Rockwood)
Therapie 4 konservative: 5 NSAR 5 Krankengymnastik 5 intraartikuläre Infiltrationsserie mit LA und ggf. Kortikosteroiden 4 operativ: als ultima ratio bei Versagen der konservativen Therapie 5 sparsame Resektion der medialen Klavikula
Impingementsyndrome der Schulter Definition 4 Sammelbegriff von Erkrankungen unterschiedlicher Genese, wobei es zur Enge meistens im Subakromialraum, seltener subkorakoidal kommt (sog. »Schulterenge-Syndrom«) 4 Einteilung in ein extra- und in ein intraartikuläres Impingement mit jeweils zwei Subtypen
Ätiologie 4 vielfältig, man unterscheidet: 5 strukturelle (morphologische) Ursachen 5 funktionelle Ursachen
Subakromiales Impingement Definition 4 Einengung des subakromialen Raumes zwischen knöchernem Schulterdach und Oberarmkopf
Einteilung 4 primäres (Outlet-)Impingement: 5 morphologische Ursachen der Einengung: J subakromialer Sporn J hakenförmiges Akromion (Typ III nach Bigliani), Os acromiale J AC-Gelenkosteophyten 5 posttraumatische Einengung
83 1.1 · Orthopädie
4 sekundäres (Non-outlet-)Impingement: 5 muskuläre Dysbalance zwischen Rotatorenmanschette und Deltamuskel oder Schwäche/Riss der Humeruskopfdepressoren führen zum relativen Humeruskopfhochstand 5 Instabilität bzw. Hyperlaxität 5 Bursitis subacromialis 5 Tendinosis calcarea
Klinik 4 bewegungsabhängige Schmerzen vor allem bei Abduktionsbewegungen 4 schmerzhafter Bogen (»painful-arc«) zwischen 60°- und 120°-Abduktion 4 Impingement-Test nach Neer 4 Hawkins-Zeichen 4 Lokalanästhesie-Infiltrationstest nach Neer 4 häufig Nachtschmerz beim Liegen auf der betroffenen Seite
Diagnostik 4 Röntgen der Schulter in 3 Ebenen: 5 subakromialer Sporn 5 Osteophyten 5 Akromionmorphologie 5 Os acromiale 5 akromiohumeraler Abstand 4 MRT der Schulter zur Beurteilung von: 5 Rotatorenmanschette (RM-Riss, Degeneration) 5 Bizepssehne 5 Bursa
Therapie 4 Beginn mit konservativer Therapie: > Merke Ziel: Durch antiphlogistische Maßnahmen und Kräftigung der humeruskopfzentrierenden und kaudalisierenden Muskeln der Rotatorenmanschette (bei RMLäsion auch der langen Bizepssehne), das Impingement zu verringern. 5 NSAR 5 Krankengymnastik 5 intraartikuläre Infiltrationsserie mit LA 5 ggf. Kortikosteroide (! Cave Sehnendegeneration!) 4 operative Therapie bei Versagen der konservativen Therapie: 5 arthroskopische subakromiale Dekompression und Bursektomie 5 bei schweren anatomischen Verhältnissen ggf. offene (»mini-open«) Operation 5 begleitende Pathologien werden mit versorgt (RM-Ruptur, ACGArthrose)
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84 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Rotatorenmanschettenruptur Definition 4 partielle oder vollständige Ruptur einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette
Ätiologie 4 extrinsische Faktoren führen über eine anatomische Enge (Outlet-Impingement) zur zunehmenden Auffaserung und schließlich zur Ruptur der betroffenen Sehne 4 intrinsische Faktoren sind anlage- bzw. altersabhängig und führen über eine verminderte Vaskularisation zu einer zunehmend geringeren mechanischen Belastbarkeit der Sehne (Enthesiopathie) 4 RM-Rupturen häufig bei Bagatelltraumen i.d.R. bei degenerativ vorgeschädigter Sehne (ca. 85% der Rupturen), ca. 15% traumatische Rupturen (meistens M. subscapularis)
Klinik 4 4 4 4
bewegungsabhängige Schmerzen Nachtschmerz beim Liegen auf der betroffenen Seite inverse Korrelation zwischen Rupturgröße und Schmerzsymptomatik bursaseitige Partialrupturen können deutlich schmerzhafter sein, als eine Massenruptur; Bewegungseinschränkung und Kraftverlust nehmen jedoch zu 4 spezielle Tests: 5 Supraspinatus: J Jobe-Test J Starter-Test 5 Infraspinatus: J Außenrotations-Lag-Zeichen J Drop-Arm-Sign 5 Subskapularis: J Lift-off-Test J Belly-press-Test J Innenrotations-Lag-Zeichen 5 Teres minor: J Hornblower-Zeichen 5 lange Bizepssehne: J Palm-up-Test J Speed-Test J Popeye-Zeichen
Diagnostik 4 Röntgen der Schulter in 3 Ebenen: 5 akromiohumeraler Abstand (Normwert: 7–14 mm) 5 Akromionmorphologie 5 subakromiale Spornbildung 4 Sonographie: 5 Nachweis einer RM-Ruptur 5 Beurteilung der Bizepssehne
85 1.1 · Orthopädie
4 MRT der Schulter: 5 Beurteilung der Sehnendegeneration und Rupturgröße 5 Unterscheidung zwischen kompletter und partieller Ruptur 5 Beurteilung der Bizepssehne und der Bursa
Therapie 4 konservativ bei älteren und inaktiven Patienten mit geringem Funktionsanspruch: 5 NSAR 5 Krankengymnastik 5 subakromiale Infiltrationsserie mit Kortikosteroiden (max. 3 Injektionen aufgrund zunehmender Sehnendegeneration) 4 operativ bei jungen und aktiven Patienten mit hohem Funktionsanspruch und traumatischer Ruptur: 5 diagnostische Arthroskopie zur sicheren Beurteilung der Ruptur und Identifizierung von Begleitpathologien 5 arthroskopische Rotatorenmanschettenrekonstruktion 5 arthroskopische subakromiale Dekompression 5 ggf. arthroskopische Bizepssehnentenodese oder -tenotomie zur Verbesserung der Beschwerdesymptomatik 4 alternativ: 5 Mini-open- oder offene Rotatorenmanschettenrekonstruktion nach diagnostischer Arthroskopie und arthroskopischer Dekompression bei entsprechender Notwendigkeit (arthroskopische Naht nicht möglich) 4 Muskel-Sehnen-Transfers bei degenerativem Funktionsverlust der Rotatorenmanschette oder Massenruptur: 5 Delta-Lappen-Plastik 5 Pectoralis-major-Transfer 5 Latissimus-dorsi-Transfer 4 inverse Schulterprothese bei Defektarthropathien (nicht rekonstruierbare RM-Massenruptur mit fortgeschrittener Degeneration); Abduktion des Arms erfolgt über den Deltamuskel 4 postoperativ intensive physiotherapeutische Beübung notwendig: 5 erst passive Bewegungsübungen 5 im Verlauf zunehmend aktive Bewegungsübungen
SLAP-Läsion Definition 4 Superior-Labrum-Anterior-Posterior-Läsion 4 Läsion des Labrums im Bereich des Bizepssehnenankers (Ursprung der langen Bizepssehne, Labrum-Bizepssehnen-Komplex)
Ätiologie 4 3 Pathomechanismen werden heutzutage für SLAP-Läsionen verantwortlich gemacht: 5 Sturz auf den ausgestreckten Arm mit Kompression und resultierender Abscherung des superioren Labrums
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86 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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5 repetetive Mikrotraumen bei Überkopf-Sportarten (z.B. Werfer) durch extreme Abduktions- und Außenrotationsbewegungen 5 Begleitverletzung bei einem akuten Außenrotations-Abduktionstrauma
Einteilung 4 Klassifikation nach Snyder in Typ I bis IV: 5 Typ I: degenerative Veränderung des superioren Labrum und des Bizepssehnenankers ohne Ablösung 5 Typ II: Abriss des Labrum-Bizepssehnen-Komplexes (Bizeps und Labrum) vom superioren Glenoid 5 Typ III: Korbhenkelriss des superioren Labrums bei intakter Bizepssehneninsertion 5 Typ IV: Korbhenkelriss des superioren Labrums mit Beteiligung des Bizepssehnenankers
Klinik 4 unspezifische Schulterschmerzen insbesondere bei Überkopfbewegungen 4 O’Brien-Test 4 Kompressions-Rotations-Test 4 Kibler-Test 4 Crank-Test
Diagnostik 4 Anamnese: 5 Unfallmechanismus 5 Überkopf-Belastungen 5 akute oder chronische Entwicklung der Beschwerden 4 Röntgen der Schulter in 3 Ebenen: 5 Ausschluss einer knöchernen Läsion 4 MRT der Schulter: 5 SLAP-Läsionen sind im MRT schwer zu erkennen 5 MRT-Arthrographie: verbessert die Diagnostik 4 diagnostische Arthroskopie
Therapie 4 konservativer Therapieversuch bei Typ-I-Läsionen: 5 NSAR 5 Krankengymnastik 4 operative Therapie in Abhängigkeit vom Typ der Läsion: 5 Typ I und III: in der Regel werden diese Läsionen arthroskopisch débridiert 5 Typ II und IV: arthroskopische Refixation des Labrum-Bizepssehnen-Komplexes mit Nahtanker (Fadenanker) 5 Bizepssehnentenodese: führt zu guten Ergebnissen bei älteren Patienten und bei Rezidiven
87 1.1 · Orthopädie
Schultergelenkinstabilitäten und -luxationen Definition 4 Instabilität: pathologische Verschiebbarkeit (Translation) des Oberarmkopfes in jeglicher Richtung gegenüber der Pfanne 4 Hyperlaxität: anlagebedingte unphysiologische glenohumerale Translation 4 Luxation: Verrenkung des Glenohumeralgelenks mit Dislokation der Gelenkflächen des Humeruskopfes gegenüber dem Glenoid
Ätiologie 4 Instabilität: 5 als Residuum einer stattgehabten traumatischen Luxation mit Schädigung der Kapsel-Band-Strukturen und des Labrums oder 5 aufgrund einer hyperlaxitätsbedingten Instabilität
Einteilung 4 traumatische Luxation: 5 Erstluxation 5 Reluxation 5 rezidivierende Luxationen bei posttraumatischer Instabilität 4 habituelle Luxationen: 5 Hyperlaxität ohne adäquates Unfallereignis 4 Luxationsrichtung: 5 vordere (80–90%) 5 hintere (~4%) 5 untere (selten) 4 Grad der Luxation: 5 Subluxation 5 Luxation 5 verhakte Luxation
Klinik 4 deutliche Schmerzsymptomatik 4 typische Schonhaltung (hängender Oberarm, Beugung im Ellenbogen, leichte Abduktion und Innenrotation) 4 federnd fixierter Bewegungsunfähigkeit 4 Laxitätstests: 5 Sulcuszeichen 5 vordere und hintere Schublade 4 Instabilitätstests: 5 vordere Apprehension-Test 5 Jerk-Test 5 Fulcrum-Test 4 mögliche Begleitverletzungen: 5 Bankart-Läsion: Abriss des Labrum glenoidale 5 knöcherne Bankart-Läsion: knöcherner Abriss des Labrum glenoidale am Pfannenrand 5 Hill-Sachs-Läsion: Impression am dorsolateralen Humeruskopf durch den vorderen Pfannenrand bei ventralen Luxationen
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88 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 knöcherne Begleitverletzung: 5 Humeruskopfluxationsfraktur 5 Fraktur des Tuberculum majus 4 neurovaskuläre Begleitverletzung: A. oder N. axillaris
Diagnostik 4 Anamnese: 5 Trauma, -mechanismus 5 Instabilitätsgefühl 4 Röntgen der Schulter in 2 Ebenen: 5 vor Reposition zum Ausschluss knöcherner Begleitverletzung 5 nach Reposition zur Dokumentation des Repositionsergebnisses 4 CT der Schulter: nur in Ausnahmefällen zur besseren Beurteilung von knöchernen Defekten oder zum Nachweis einer verhakten Luxation 4 MRT der Schulter zum Nachweis von: 5 Verletzungen des Kapsel-Band-Apparates 5 Labrumläsionen 5 Rotatorenmanschettenruptur
Therapie 4 umgehende Reposition der Luxation unter Analgosedierung oder Kurznarkose 4 Repositionstechniken nach Arlt, Kocher oder Hippokrates 4 bei verhakten Luxationen ist ggf. eine offene Reposition durchzuführen 4 nach Reposition kurzzeitige Ruhigstellung im Armschlingenverband für 1 Woche 4 anschließende Krankengymnastik mit schrittweisem Belastungsaufbau über 6–8 Wochen 4 konservative Therapie bei älteren Patienten mit Erstluxation und bei Patienten mit multidirektionaler Hyperlaxität 4 operative Therapie bei jungen Patienten und bei Sportlern (Reluxationsrisiko): 5 diagnostische Arthroskopie 5 arthroskopische ggf. offene Bankart-OP mit Refixation des Labrums und der Kapsel in Ankernahttechnik 5 arthroskopisches ggf. offenes Kapselshift bei Hyperlaxität; hierbei erfolgt eine Raffung der Gelenkkapsel zur Stabilisierung 5 Defektauffüllung von Hill-Sachs-Läsionen >20% der Gelenkfläche (Tuberculum minus Transfer); bei Defekten >40% Schulterendoprothese 5 bei höhergradigen knöchernen Pfannendefekten ggf. Einbringen eines kortikospongiösen Knochenspans oder Korakoidtransfer 5 arthroskopische Rekonstruktion der Rotatorenmanschette
89 1.1 · Orthopädie
Tendinosis calcarea Definition 4 depotförmige Kalkablagerungen (Hydroxylapatit) in der Rotatorenmanschette der Schulter, meist im Bereich des Sehnenansatz des M. supraspinatus
Ätiologie 4 Ursache noch nicht sicher geklärt; diskutiert werden: 5 mechanische Überlastung 5 degenerative und vaskuläre Faktoren die zu einer Minderdurchblutung führen
Pathogenese 4 nach Uthoff: 4 Stadium der Präkalzifizierung: 5 Umwandlung von Sehnenzellen zu Chondrozyten (Metaplasie) 5 keine radiologische oder sonographische Veränderungen 5 keine oder nur geringe Schmerzen 4 Stadium der Kalzifikation (Formation-Ruhephase-Resorption): 5 Bildung von Kalkherden 5 sonographischer und radiologischer Nachweis möglich 5 akute Schmerzsymptomatik 4 Postkalzifikation: 5 Narbenbildung 5 Remodelling zur normalen Sehnenstruktur
Klinik 4 phasenweiser Verlauf mit häufiger Spontanresorption 4 bei Entleerung in den oberhalb liegenden Schleimbeutel kann eine begleitende Bursitis entstehen 4 in der Akutphase abrupt heftigste Schulterschmerzen und schmerzbedingte Schonhaltung 4 Abklingen der Schmerzen nach Resorption 4 chronische Verläufe mit Schulterschmerzen wechselnder Intensität über Monate oder Jahre hinweg möglich
Diagnostik 4 Röntgen der Schulter in 3 Ebenen: 5 Nachweis, Lokalisation und Größe des Kalkdepots 4 Sonographie: 5 Nachweis eines intratendinösen Schallschattens
Therapie 4 konservativ im Anfangsstadium: 5 Krankengymnastik 5 Wärmeanwendungen 4 Akutphase: 5 NSAR 5 lokale Kältetherapie
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90 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 bei chronisch rezidivierenden Verläufen oder beim Ausbleiben einer Spontanresorption: 5 arthroskopische Kalkentfernung 5 ggf. mit arthroskopischer Bursektomie
Frozen Shoulder Synonyme 4 adhäsive Kapsulitis
Definition 4 Erkrankung, die mit einer Schultersteife, also einer Einschränkung der aktiven und passiven Beweglichkeit im Glenohumeralgelenk einhergeht
Ätiologie 4 unbekannt 4 multifaktorielle Genese wird diskutiert
Einteilung 4 primäre (idiopathische) Frozen shoulder: 5 fibroisierende Entzündungsreaktion der Gelenkkapsel (Kapsulitis), die über eine zunehmende Kapselvernarbung (Kapselfibrose) zur Schultersteife führt 4 sekundäre Frozen shoulder: 5 auszumachende Vorerkrankung/Ereignis 5 häufig im Anschluss an Luxationen, Prellungen, Operationen oder längerer Ruhigstellung 5 gehäuft bei Diabetes mellitus
Klinik 4 diffuser Druckschmerz 4 zunehmende Bewegungseinschränkung 4 Nachtschmerz
Diagnostik 4 Röntgen der Schulter in 3 Ebenen: 5 keine typischen Zeichen 5 Ausschluss einer Fraktur, Luxation oder Arthrose 4 MRT der Schulter: 5 häufig Kontrastmittelanreicherung in der Synovialmembran 5 Ausschluss weiterer Schultergelenkspathologien
Therapie 4 konservativ: 5 NSAR 5 intraartikuläre Infiltrationsserie mit LA und Kortikosteroiden 5 adjuvante Krankengymnastik 5 Manualtherapie
91 1.1 · Orthopädie
4 operativ: bei Persistenz der Beschwerden nach 10–12 Monaten unter konservativer Therapie 5 Versuch der Narkosemobilisation 5 arthroskopische partielle Synovektomie 5 Release der ventrokaudalen Kapsel und der glenohumeralen Bänder 4 postoperativ: 5 suffiziente Schmerzbehandlung 5 ggf. mit Skalenuskatheter für mehrere Tage
Oberarm Bizepssehnenruptur Definition 4 Riss der Bizepssehne entweder im Bereich des proximalen Ursprungs oder im Bereich des distalen Ansatzes am Radius
Ätiologie 4 Spontanruptur oder im Rahmen eines Bagatelltraumas auf dem Boden einer degenerativen Vorschädigung 4 selten rein traumatisch durch erhebliche Krafteinwirkung
Einteilung 4 proximale Bizepssehnenruptur (häufig): Riss der langen Bizepssehne in ihrem intraartikulärem Verlauf (meistens bei degenerativer Vorschädigung) 4 distale Bizepssehnenruptur (selten): ansatznaher Riss der Sehne an der Tuberositas radii
Klinik 4 plötzlich einschießender Schmerz mit Distalisierung des bizipitalen Muskelbauchs (sog. Popeye-Muskel) bei proximalen Rupturen bzw. Verlagerung des Muskelbauchs nach proximal bei distalen Rupturen 4 Druckschmerz über dem Sulcus bicipitalis bzw. im Bereich des Sehnenansatz 4 deutliche Abschwächung der Flexion im Ellenbogengelenk bei distalen Rupturen, minimal bei proximalen Rupturen aufgrund des Ausgleichs über die kurze Bizepssehne und den M. coracobrachialis 4 positiver Palm-up- und/oder Speed-Test
Diagnostik 4 Sonographie: Nachweis der Sehnenstümpfe 4 MRT der Schulter: 5 gute Beurteilung der Bizepssehne (Verlauf, Luxation, Retraktion, Degeneration) 5 und von Begleiterkrankungen (Rotatorenmanschettenläsionen)
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92 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Therapie 4 proximale Bizepssehnenruptur: 5 konservativ: J mit NSAR J kurze Ruhigstellung in der Akutphase und J Krankengymnastik im Verlauf 5 operativ bei jungen und aktiven Patienten mit hohem Funktionsanspruch möglich: J arthroskopische Tenodese mit resorbierbarer Interferenzschraube im Sulcus intertubercularis oder J ggf. extraanatomische Refixation an die kurze Bizepssehne 4 distale Bizepssehnenruptur: 5 operativ aufgrund des Funktionsverlustes immer indiziert: J offene anatomische oder extraanatomische Refixation transossär oder mittels Fadenanker (Nahtankertechnik)
Ellenbogengelenk Ellenbogengelenkarthrose Definition 4 degenerative Erkrankung des Ellenbogengelenks mit Destruktion des Gelenkknorpels und im weiterem Verlauf auch des gelenknahen Knochens (Arthrosis deformans)
Einteilung 4 primäre idiopathische Ellenbogengelenkarthrose (sehr selten) 4 sekundäre Ellenbogengelenkarthrose bei posttraumatischen Fehlstellungen oder Instabilität 4 rheumatoide Arthritis
Klinik 4 belastungsabhängige Schmerzen 4 zunehmende Bewegungseinschränkung
Diagnostik 4 Röntgen des Ellenbogengelenks in 2 Ebenen (a.-p. und seitlich): 5 Sklerosierung 5 Osteophyten 5 Gelenkspaltverschmälerung
Therapie 4 konservativ bei beginnender Arthrose: 5 NSAR 5 Krankengymnastik 4 operativ: 5 arthroskopische Abrasionsarthroplastik und Osteophytenabtragung im Anfangsstadium möglich (Therapieversuch) 5 arthroskopisches Kapselrelease bei Bewegungseinschränkung 5 prinzipiell endoprothetische Versorgung bei fortgeschrittener Ellenbogengelenkarthrose
93 1.1 · Orthopädie
Epicondylitis humeri radialis et ulnaris Definition 4 Insertionstendinopathie: chronisch schmerzhafte Reizung der entsprechenden Sehnenansätze
Ätiologie 4 funktionelle (chronische) Überlastung der Muskelansätze der Handund Fingerextensoren: 5 bei der Epicondylitis humeri radialis meistens M. extensor carpi radialis brevis 5 bei der Epicondylitis humeri ulnaris der Hand- und Fingerflexoren M. pronator teres, M. flexor carpi ulnaris 4 meist ist die dominante Seite betroffen
Einteilung 4 laterale Epikondylitis: Epicondylitis humeri radialis (Tennisellenbogen) 4 mediale Epikondylitis: Epicondylitis humeri ulnaris (Golferellenbogen)
Laterale Epikondylitis (Epicondylitis humeri radialis) Synonyme 4 Tennisellenbogen
Klinik 4 Druck- und belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des lateralen Epikondylus 4 Zunahme der Beschwerden besonders bei Extensionsbewegungen im Handgelenk gegen Widerstand 4 positiver Chair-Test oder Thomsen-Test
Diagnostik 4 optional Röntgen des Ellenbogengelenks in 2 Ebenen (a.-p. und seitlich): 5 Ausschluss von Traktionsosteophyten 5 degenerative Veränderungen
Therapie 4 konservativ: 5 NSAR 5 Schonung 5 Krankengymnastik 5 physikalische Therapie (Elektrotherapie, Querfiktionsmassage) 5 lokale Infiltrationsserie mit LA und ggf. Kortikosteroide 4 operativ bei Versagen der konservativen Therapie: 5 OP nach Hohmann: J Abschieben der Sehnenansätze am Epikondylus J ggf. in Verbindung mit einer Denervierung nach Wilhelm (Radialisäste) 5 arthroskopische Ablösung der lateralen Sehnenansätze
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94 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Mediale Epikondylitis (Epicondylitis humeri ulnaris) Synonyme 4 Golferellenbogen
Klinik 4 Druck- und belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des medialen Epikondylus 4 Zunahme der Beschwerden besonders bei Flexionsbewegungen im Handgelenk gegen Widerstand
Diagnostik 4 optional Röntgen in 2 Ebenen
Therapie 4 konservativ: 5 NSAR 5 Schonung 5 Krankengymnastik 5 physikalische Therapie (Elektrotherapie, Querfiktionsmassage) 5 lokale Infiltrationsserie mit LA und ggf. Kortikosteroide 4 operativ bei Versagen der konservativen Therapie: 5 arthroskopische, ggf. offene Ablösung der medialen Sehnenansätze
Bursitis olecrani Definition 4 Entzündung des Schleimbeutels am streckseitigen Ellenbogen
Ätiologie 4 aseptische Bursitis infolge chronischer mechanischer Druckbelastung oder nach einem kräftigen stumpfen Anpralltrauma 4 bakterielle Bursitis nach 5 Mikroläsionen 5 Injektionen 5 Verletzungen der Haut 5 sekundärer Keimbesiedlung oder auch hämatogen
Einteilung 4 chronische Bursitis olecrani (Student’s elbow) 4 septische Bursitis olecrani
Klinik 4 prallelastische, fluktuierende Schwellung 4 ggf. mit Rötung und Überwärmung insbesondere bei bakterieller Bursitis
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 Inspektion: typische prall-elastische Schwellung am streckseitigem Ellenbogen 4 Röntgen des Ellenbogengelenks in 2 Ebenen (a.-p. und seitlich): 5 Ausschluss von Begleitpathologien
95 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 konservativer Therapieversuch bei aseptischen Bursitiden möglich: 5 NSAR 5 Punktion (mikrobiologische Untersuchung) 4 operativ: 5 Bursektomie bei chronisch aseptischen Bursitiden indiziert 5 unverzügliche Bursektomie bei septischer Bursitis
Juvenile Osteochondonekrosen und Osteochondrosis dissecans des Ellenbogengelenks Juvenile Osteochondronekrosen Definition 4 aseptische Osteonekrose: Nekrose des Knochens aufgrund einer Störung der Blutzirkulation = avaskuläre Knochennekrose (im Gegensatz zur septischen Osteonekrose bei der Osteomyelitis) 4 juvenile Osteochondronekrose: aseptische Osteonekrose des epiphysialen Knochens und der Metaphyse im Wachstumsalter mit spontaner Regeneration
Ätiologie 4 ischämische Nekrose bedingt durch eine Störung der intraossären Mikrozirkulation 4 diskutiert werden anlagebedingte, traumatische und/oder vaskuläre Ursachen
Einteilung 4 Capitulum humeri = Morbus Panner (häufigste Form) 4 Trochlea humeri = Morbus Hegemann
Klinik 4 unspezifische Gelenkschmerzen mit endgradiger Bewegungseinschränkung, v.a. der Extension
Diagnostik 4 Röntgen des Ellenbogengelenks in 2 Ebenen (a.-p. und seitlich): 5 Strukturunregelmäßigkeiten 5 Aufhellungszonen 5 Fragmentationen 4 MRT des Ellenbogens: 5 Knochenödem 5 Beurteilung der Knorpel-Knochen-Vitalität 5 Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen
Therapie 4 primär konservative Therapie: 5 symptomatische Schmerztherapie J kurzzeitige Ruhigstellung J NSAR 5 Schonung ggf. Entlastung
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96 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Osteochondrosis dissecans Definition 4 Sonderform der aseptischen Knochennekrose mit typischer Demarkierung eines Knorpel-Knochen-Fragments und möglicher Bildung freier Gelenkkörper (Gelenkmaus, Dissekat)
Ätiologie 4 ungeklärt 4 konstitutionelle, vaskuläre, biomechanische Ursachen werden diskutiert 4 häufig mit Sport assoziiert
Klinik 4 unspezifische Beschwerden mit belastungsabhängigen Schmerzen 4 Einklemmungen und Gelenkblockierungen bei freien Dissektaten
Diagnostik 4 Röntgen des Ellenbogengelenks in 2 Ebenen (a.-p. und seitlich): 5 Strukturveränderungen des subchondralen Knochens 5 Nachweis freier Gelenkkörper 4 MRT des Ellenbogens: 5 Stadieneinteilung 5 Beurteilung der Knorpelverhältnisse und -vitalität
Therapie 4 stadiengerecht: 4 Stadium I und II: 5 konservativer Therapieversuch mit Schonung bzw. Entlastung 5 operative Therapie bei Versagen der konservativen Therapie 4 Stadien III und IV: 5 operative Therapie: J bei intakter Knorpeloberfläche arthroskopisch assistierte retrograde Anbohrung J im Stadium III ggf. anterograde Anbohrung und Fixierung J im Stadium IV und bei intaktem Knorpel des Dissektats kann eine arthroskopische Refixation versucht werden, ansonsten autologe osteochondrale Transplantation oder alternativ eine Mikrofrakurierung bzw. Pridie-Bohrung
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Hüft- und Oberschenkelerkrankungen W. Drescher, S. Kathrein, C. Lüring, A. Komadinic
Degenerative Hüfterkrankungen Koxarthrose Definition 4 degenerative Erkrankung des Hüftgelenks idiopathischer Genese (d.h. ohne erkennbare Ursache) oder sekundärer Art mit schmerzhafter Funktionseinschränkung des Gelenks
97 1.1 · Orthopädie
Klinik 4 Leistenschmerz (in manchen Fällen Ausstrahlung zum Kniegelenk) 4 glutealer Schmerz 4 Anlauf-, Einlauf- und Belastungsschmerz, im fortgeschrittenen Stadium Ruheschmerz 4 Kreuzschmerz durch Kompensation mit Hyperlordose 4 Verkürzungs-, Schmerz- oder Schonhinken 4 positives Trendelenburgzeichen: Absinken des Beckens zur gesunden Seite im Einbeinstand 4 Muskelatrophie 4 Bewegungseinschränkung (Fragen nach Alltag des Patienten, Sport) 4 Thomas-Handgriff: zur Bestimmung des Extensionsdefizites bzw. der Beugekontraktur (Pat. kontralaterales Bein an den Körper beugen lassen → Ausgleichung der Hyperlordose in der LWS → Extensionseinschränkung der erkrankten Seite führt zu einer Beugestellung der erkrankten Seite)
Diagnostik 4 Röntgen: 5 typische Arthrosezeichen: J Gelenkspaltverschmälerung J subchondrale Sklerosierung J osteophytäre Randzackenbildung J Geröllzysten 5 immer Beckenübersicht, häufig bilateral
Therapie 4 4 4 4 4 4
allgemeine Maßnahmen (Übergewicht vermeiden, Bewegung) physikalische und balneologische Therapie Schmerztherapie (NSAR) Myotonolytika Antiphlogistika intraartikuläre Injektionen (Gemisch aus Lokalanästhetikum und Kortikoide) 4 orthopädietechnische Maßnahmen (Gehstock, Pufferabsatz) 4 operative Therapie (Indikationsstellung abhängig von klinischer Beschwerdesymptomatik): Endoprothesen 5 Totalendoprothesen (Entfernung von Pfanne, Femurkopf und Kapsel-Band-Apparat) J zementiert (Patient >75 LJ, Osteoporose, Incompliance für Teilbelastung für mehrere Wochen) J zementfrei (Patient <75 LJ) 5 Hybrid-Prothese (Pfanne oder Schaft zementiert) 5 ggf. knochensparende Kurzschaftendoprothese bei jüngeren Patienten
Schenkelhalsanomalien 4 Achsfehlstellung zwischen Schenkelhals und proximaler Femurschaft 4 Norm-Centrum-Collum-Diaphysenwinkel (CCD): 120–140° (Winkel zwischen Collum femoris und Femurschaftachse)
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98 Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Coxa vara Definition 4 CCD Winkel <120° 4 primäre Form: bei Geburt vorhanden 4 sekundäre Form: CCD-Winkel bei Geburt zunächst normal, sekundär durch knochenerweichende Erkrankungen, Epiphysenlösungen, Morbus Perthes, fehlverheilte Schenkelhalsfrakturen 4 hirtenstabförmige Deformierung des Femurs möglich 4 ! Cave Gefahr von Ausbildung einer Schenkelhalspseudarthrose durch Fehlbelastung
Klinik 4 Trochanterhochstand (in Relation zum Hüftkopfzentrum) → Insuffizienz der kleinen und mittleren Glutealmuskulatur → positives Trendelenburgzeichen 4 einseitige Beinverkürzung 4 Watschelgang 4 ! Cave Bei bestehender Pseudarthrose ist die Belastungsfähigkeit des Beines eingeschränkt oder aufgehoben
Diagnostik 4 Röntgen in 2 Ebenen (um reellen CCD Winkel zu erhalten): 5 a.-p. 5 90°-Flexion und 20°-Abduktion (Rippstein-II-Aufnahme)
Therapie 4 verhindern von Sekundärveränderungen 4 konservativ: 5 Beobachtung 5 Orthesen 4 operativ: 5 intertrochantäre valgisierende Osteotomie 5 Trochanterversetzung bei vorzeitigen Epiphysenschluss
Coxa valga Definition 4 CCD-Winkel >140° 4 selten solitär 4 meist als Teildeformität: 5 bei Hüftdysplasie 5 Kinder mit Zerebralparese (durch unphysiologischen Muskelzug) 5 Schädigungen der Epiphyse
Klinik 4 angeboren: keine oder geringe belastungsabhängige Leistenschmerzen 4 erworben: ! Cave Grundleiden beachten!
Diagnostik 4 rein röntgenmorphologischer Befund, Röntgen wie bei Coxa vara
99 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 Notwendigkeit nur bei 5 eindeutigen Beschwerden und 5 beginnender Sekundärarthrose bei mangelhafter Kopfüberdachung → intertrochantäre Varisierungsosteotomie
Coxa antetorta/retrotorta Definition 4 Vor- bzw. Rückwärtstorsion des Schenkelhalses
Klinik 4 in der Wachstumsphase keine Beschwerden 4 Coxa antetorta vermehrt innenrotiertes Gangbild 4 Innenrotation vermehrt und Außenrotation vermindert möglich
Diagnostik 4 Röntgen wie Coxa vara
Hüftgelenkdysplasie/Hüftgelenkluxation Definition 4 Hüftgelenkdysplasie: Verknöcherungsstörung der Hüftpfanne 4 Hüftgelenkluxation: Dezentrierung des Hüftkopfs aus der dysplastischen Pfanne Siehe 7 Abschn. 1.1.9
Coxitis fugax (»Hüftschnupfen«) Definition 4 tritt häufig im Anschluss an einen Infekt auf 4 abakterielle Entzündung der Hüftgelenkkapsel 4 reversibel nach 1–2 Wochen 4 Altersgipfel 4.–8. Lebensjahr Siehe 7 Abschn. 1.1.9
Morbus Perthes Definition 4 ischämische Nekrose des Hüftkopfes 4 Altersgipfel 4.–6. Lebensjahr Siehe 7 Abschn. 1.1.9
Epiphyseolysis capitis femoris Definition 4 Abgleiten der proximalen Femurepiphyse mit Gefahr der Hüftkopfnekrose 4 Altersgipfel 9. Lebensjahr bis Wachstumsabschluss Siehe 7 Abschn. 1.1.9
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Formabweichungen und Fehlentwicklungen Protrusio acetabuli Definition 4 Vorwölbung einer abnorm tiefen und verdünnten Hüftpfanne ins kleine Becken, primär durch endogene Faktoren bedingt 4 sekundär bei Osteomalazie, entzündlichen Erkrankungen, posttraumatisch, Osteodysplasien 4 m:w = 1:10 4 Präarthrose
Klinik 4 primär beidseits mit Auftreten im Jugendalter 4 Einschränkung der Beweglichkeit im Hüftgelenk
Diagnostik 4 Röntgen: Pfannenboden überschreitet die Köhler-Linie nach medial
Therapie 4 konservativ bei mäßiggradiger Protrusion: 5 medikamentös 5 Physiotherapie 4 operative Therapie bei deutlichen Schmerzen: 5 Patient <60 LJ: J bei ausgeprägter Coxa vara und deutlicher Protrusion frühzeitige OP: valgisierende intertrochantäre Umstellungsosteotomie 5 Patient >60 LJ: J Pfannenbodenplastik J Totalendoprothese mit Auffüllen der Pfanne J Pfannennetz
Coxa saltans (schnellende Hüfte) Definition 4 Springen des Tractus iliotibialis über den Trochanter major (oft schmerzhaft) durch einen starke Vorwölbung des Trochanter major oder eine allgemeine Bindegewebeschwäche
Klinik 4 4 4 4
fühl- und hörbares Überspringen beim Gehen im Liegen nicht auslösbar chronisch Bursitis trochanterica w>m
Diagnostik 4 Ganguntersuchung: 5 sicht- und fühlbares Schnappen
101 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 konservativ: 5 Aufklärung 5 Physiotherapie 5 lokale Infiltration mit Lokalanästhetikum 4 operativ: 5 nur bei therapieresistenten Beschwerden
Hüftkopfnekrose beim Erwachsenen Definition 4 aseptische, nicht traumatische subchondrale Osteonekrose infolge einer lokalen Durchblutungsstörung
Ätiologie 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
idiopathisch (Ursache unbekannt) Alkoholabusus Lebererkrankungen Morbus Gaucher systemischer Lupus erythematodes Kortisonbehandlung chronisch entzündliche Darmerkrankungen Sichelzellanämie Caisson-Krankheit der Taucher m:w = 4:1 Altersgipfel: 30–60 LJ 50% doppelseitig
Klinik 4 zunehmende belastungsabhängige Leistenschmerzen 4 Bewegungseinschränkung, insbesondere nach Einbruch der Gelenkfläche 4 im Endstadium wie Koxarthrose
Diagnostik 4 4 4 4
Röntgen MRT: Frühdiagnose möglich CT: räumliche Einordnung des Nekrosebereiches Szintigraphie: 5 Frühdiagnose, verminderte Speicherung auffällig 5 Beginn der Reparaturvorgänge 5 vermehrte Speicherung im Szintigramm
1
Eigene Notizen
102
1
Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Einteilung nach ARCO (Association Research Circulation Osseous) Stadium
Diagnostische Kriterien
0
keine radiologischen Veränderungen alle bildgebenden Verfahren mit negativen Befund inkl. MRT positive Histologie
I
Röntgen negativ MRT u. Szintigraphie positiv
II
Röntgen und MRT positiv Hüftkopfkontur erhalten
III
subchondrale Fraktur im Röntgen
IV
Abflachung des Femurkopfes annähernd normaler Gelenksspalt
V
Abflachung des Femurkopfes mit Sekundärarthrose
VI
vollständige Gelenksdestruktion
Therapie 4 konservativ nur in begründeten Ausnahmefällen, da Ergebnisse insgesamt enttäuschend: 5 Entlastung 5 passagere Traktionsbehandlung 5 medikamentöse Therapie 4 operativ: 5 Stadium I und II: Markraumanbohrung 5 Stadium II und III: J intertrochantäre Umstellungsosteotomie J gefäßgestielter Becken- oder Fibulaspan (Versuch Revaskularisierung) J Nekroseausräumung und Unterfütterung 5 Stadium IV bzw. sekundäre Koxarthrose: J Totalendoprothese
Schenkelhalsfraktur Pathogenese 4 häufige Fraktur des alten Menschen mit steigender Inzidenz 4 Ursachen: 5 Bagatelltraumata bei Menschen mit Osteoporose, malignen Erkrankungen oder Zysten 4 Siehe 7 Kap. 1.2.5
Femoroazetabuläres Impingement (nach Ganz) Definition 4 Impingement zwischen proximalem Femurende und Pfannenrand 4 CAM-(Nockenwellen-) und Pincer-(Kneifzangen-)Impingement 4 begünstigt durch: 5 azetabuläre Retroversion bzw. tiefe Pfanne bis Protrusion 5 fehlendes Offset zwischen Kopf und Hals 5 reduzierten CCD-Winkel
103 1.1 · Orthopädie
Ätiologie 4 häufigste Ursache für Koxarthrose in der nichtdysplastischen Hüfte 4 m>w 4 Altersgipfel: 30.–40. LJ
Klinik 4 Leistenschmerz 4 Belastungs- und bewegungsabhängig wie bei Koxarthrose 4 pos. Impingement-Test (Innenrotation, Adduktion und Flexion)
Einteilung 4 Cam-Impingement: 5 > Männer 5 Behinderung der Beugung durch zu geringes Offset oder durch einen nichtsphärischen Kopf → sekundäre Labrumdegeneration, azetabulärer Knorpelschaden 4 Pincer-Impingement 5 > Frauen 5 Labrumläsion durch eine zu große Überdachung anterior → Labrumläsion, langsamer als Cam-Mechanismus
Diagnostik 4 Röntgen (a.-p. und lateral) 5 fehlender taillierter Übergang Kopf auf Hals mit Knochenbuckel (»Ganz bump«)
Therapie 4 konservativ 4 operativ: arthroskopisch oder offen
1.1.7
Knie und Unterschenkel C. Lüring, W. Drescher, B. Rath
Kniegelenk Spezielle klinische Inspektion, Anamnese und Untersuchung Anamnese 4 Beschwerden/Schmerzen: 5 Dauer 5 Intensität 5 Art 5 Periodik 5 Abhängigkeiten: J Belastungsschmerz J Anlauf-, Ruhe-, Nachtschmerz 4 stattgehabtes Trauma, Ablauf 4 Instabilitätsgefühl, Blockierungen
1
Eigene Notizen
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1
Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Aktivitätsniveau: 5 Beruf 5 Alltag 5 Sport 4 vorangegangene Operationen: 5 Wo? 5 Was? 5 Wann? 4 bisherige Therapie: 5 Physiotherapie 5 Medikamente 5 Punktion 5 Injektion
Untersuchung 4 Inspektion: 5 Achsenabweichung: Genu varum, valgum, flexum, recurvatum 5 Gelenkbefund: J Schwellung J Erguss J Synovialitis J Quadrizepsatrophie (insbesondere Atrophie des M. vastus medialis) 5 Hautveränderungen: J Narbe J Fistel J Ödeme J Varikosis J Entzündungszeichen 4 Palpation am liegenden Patient: 5 Gelenkspalt: Schwellung, Resistenz, Druckempfindlichkeit, HoffaFettkörper, Kollateralbänder, Patellafacetten, Kniekehle, Hauttemperatur 4 Beweglichkeit: 5 Neutral-0-Methode: J normale Ext./Flex.: 5°/0°/140°, Abd./Add., Iro./Aro.: in Streckstellung nicht möglich J bei 90° Knieflexion: Aro./Iro.: 20–0–10°: Krepitation, Blockierung 4 spezielle Tests: 5 Seitenbänder: J in Streckung und strecknaher Beugestellung (dorsale Kapsel entspannt) 5 Kreuzbänder: J vordere/hintere Schublade J Lachman-Test J Pivot-Shift-Test (alle im Seitenvergleich) 5 Menisken: J Steinmann-I- und Steinmann-II-Zeichen
105 1.1 · Orthopädie
Eigene Notizen
Abschätzen des Ausmaßes einer Instabilität Grad
Kürzel Ausmaß
I
+ = leicht
3–5 mm oder bis 5°
II
++ = mittel
5–10 mm oder bis 10°
III
+++ = ausgeprägt
10 mm oder bis 15°
Verschiebung/Rotation
Bursitis praepatellaris Definition 4 Entzündung des präpatellaren Schleimbeutels, septisch, aseptisch oder traumatisch, häufig rezidivierend bei bestimmten Berufsgruppen (Pflasterer, Fliesenleger, kniende Berufe)
Klinik 4 Druckschmerz und Schwellung 4 evtl. Rötung über der Patella ! Cave Perforation in das Gelenk
Diagnostik 4 4 4 4
1
Untersuchung (Eintrittspforte, oft Blickdiagnose) Sonographie evtl. Röntgen evtl. Punktion (Bakteriologie, Harnsäurekristalle?)
Therapie 4 eitrige Bursitis: 5 chirurgische Entlastung 5 Antibiose 5 Ruhigstellung 5 Punktion zur mikrobiologischen Diagnostik und Notfalleingriff: J Inzision und Bursektomie J Drainageeinlage J testgerechte Antibiose J Ruhigstellung J Thromboseprophylaxe 4 traumatische Bursitis: 5 offene Resektion 5 Ruhigstellung 4 chronische (auch rheumatische) Bursitis: 5 Punktion bei Ergussbildung 5 Kompressionsverband 5 ggf. Infiltration mit Kortison 5 ggf. chirurgische Resektion 4 Bursitis bei Gicht: 5 Antiphlogistika 5 Eis 5 Ruhigstellung 4 Bursektomie: Indikation bei chron. rezidivierende Ergussbildung bei Therapieresistenz
106
1
Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Komplikationen 4 Rezidiv 4 chronische Fistelung nach Inzision einer eitrigen Bursitis
Kontraktur des Kniegelenks Synonyme 4 Bewegungseinschränkung
Definition 4 Störung der Bewegung durch ligamentäre, kapsuläre, muskuläre, ossäre Strukturen oder Kombinationen 5 Beugehemmung (Verkürzung ventrale Muskelgruppen, Verklebung oberer Rezessus nach OP, Trauma, Blutung) 5 häufiger als Streckhemmung (Kontraktur der dorsalen Muskelgruppen oder Kapselanteile)
Ätiologie 4 4 4 4 4 4
Unfallfolge lange Ruhigstellung akute/chronische Entzündungen Morbus Sudeck Arthrose knöcherne Ankylose (Versteifung des Gelenks mit vollständiger Bewegungseinschränkung)
Klinik 4 reduzierter Bewegungsumfang im Vergleich zur Norm (Neutral-0Methode) 4 Alltagsaktivität nicht mehr möglich (Fahrradfahren, Knie gestreckt ablegen)
Diagnostik 4 reduzierter Bewegungsumfang im Vergleich zur Norm (Neutral-0Methode) 4 Bewegungsausmaß mit Goniometer exakt dokumentieren 4 Patellamobilität oft eingeschränkt 4 funktionelle Beinverkürzung bei Beugekontraktur (kompensatorische Spitzfußstellung) 4 wichtige Prüfung: harter, weicher oder federnder Anschlag beim Bewegen 4 Schweregrade der Gelenksteifen: 5 Grad I: Bewegungsausmaß mind. 0–0–90° 5 Grad II: 0–60–90° 5 Grad III: 30–60° 5 Grad IV: <30° 4 Ursachenanalyse im Röntgen: 5 Ausschluss knöcherner Ankylosen 5 Funktionsaufnahmen seitlich in max. Streck- bzw. Beugestellung zur Dokumentation 5 Zeichen der Destruktion/Arthrose
107 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 abhängig von Ätiologie und Pathogenese 4 die Differenzierung der Ursachen ist wesentlich für das Therapiekonzept und den Erfolg 4 ! Cave Ausschluss von floriden Infekten und einem Morbus Sudeck 4 konservativ: 5 bei weichem Anschlag: Krankengymnastik unter Anleitung und täglich in Eigenregie (Patienten aufklären) 5 Fortschritt der Therapie genau dokumentieren 5 ggf. intraartikuläre Infiltrationen mit Lokalanästhetika 5 falls keine Fortschritte Planung OP 4 operativ: 5 manuelle Narkosemobilisation bei frischen (1–2 Wochen) und begrenzten Verklebungen (z.B. nach Knieendoprothesenimplantation) nach radiologischem Ausschluss von Prothesenfehllage ! Cave atrophischer oder osteoporotischer Knochen: Frakturgefahr 4 Nachbehandlung: 5 Röntgenkontrolle 5 Schmerzkatheteranlage 5 konsequente Analgesie und intensive Physiotherapie 5 Motorbewegungsschiene 5 Dokumentation 4 offene Arthrolyse: 5 zur Wiederherstellung der Beweglichkeit eines eingesteiften Gelenks bei therapieresistenter Kontraktur über ca. 3–6 Monate 5 Ziel: Flexion mindestens 90°, Extension mindestens 0° 5 Operation am besten am Wochenanfang durchführen, da kontinuierliche Nachbehandlung erforderlich 4 arthroskopische Arthrolyse: 5 bei leichten bis mäßigen intraartikulär bedingten Kontrakturen und Verklebungen
Achsfehlstellungen Genu recurvatum Definition 4 nach dorsal verbogene Beinachse in der Seitansicht, verbunden mit Überstreckbarkeit des Kniegelenks
Klinik 4 selten Gang- und Standunsicherheit
Diagnostik 4 Blickdiagnose 4 im Röntgen evtl. Fehlform der knöchernen Gelenkanteile 4 ventrale Abflachung des Tibiaplateaus
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 konservativ: 5 Physiotherapie: Trainieren der dorsalen Muskelgruppen 5 lähmungsbedingt: Oberschenkelorthese mit Schweizer Sperre 5 kompensatorisches Genu recurvatum, z.B. bei Spitzfuß 4 operativ: 5 Korrekturosteotomie (ventrale Anhebeosteotomie mit Keil) nach Lexer 5 alternativ: Entnahme eines dorsalen Keiles (Lange) 4 kongenitales Genu recurvantum: 5 manuelle Redression 5 redressierende Gipsverbände bis zur Beugestellung von ca. 90° (! Cave Quadrizepskontraktur) 5 ggf. Operation bei Rezidiv 5 konservativ nicht behandelbare Situation
Genu varum/valgum im Wachstumsalter Definition 4 Verbiegung der Beinachse im Sinne eines O- oder X-Beins 4 Mikulicz-Linie verläuft nicht durch das Zentrum des Kniegelenks, sondern im medialen (O-Bein) oder lateralen (X-Bein) Kompartiment 4 angeboren oder erworben 4 ein- oder beidseitig
Pathogenese 4 kann mit Stoffwechsel- oder Systemerkrankungen vergesellschaftet sein (Rachitis, Phosphatdiabetes, Achondroplasie, Osteogesesis imperfecta) 4 evtl. traumatisch bedingt (Zerstörung der Wachstumsfuge) 4 normale Entwicklung der Beinachse im Säuglingswachstumsalter: OBeine mit 3 Jahren ca. 10° Valgus 4 O-Beine im Schulalter (ca. 7. Lebensjahr): physiologischer Valgus (ca. 5–7°) 4 bei fehlender spontaner Achsenkorrektur evtl. Zunahme der Deformität durch erhöhte Druckbelastung medial oder lateral 4 langfristig überwiegend Bandlockerungen und degenerative Veränderungen (Varus-, Valgusgonarthrose)
Klinik 4 selten Beschwerden 4 häufig artikulieren die Eltern Sorge um Fehlstellung
Diagnostik 4 Blickdiagnostik 4 exakte Messung und Dokumentation der Beinachsen auf Ganzbeinröntgen, als grobes Maß: 5 Interkondylarabstand 5 Intermalleolarabstand 4 Ganzbeinstandaufnahmen und Ausmessen der anatomischen und mechanischen Achsenverhältnisse
109 1.1 · Orthopädie
4 Hüft- und Sprunggelenke mit untersuchen: 5 Genua vara häufig mit Knick-Senk-Füßen vergesellschaftet 5 Kontraktur der Adduktoren kann zum kompensatorischen X-Bein führen 4 Labor: Ausschluss systemische Erkrankung (Phosphatdiabetes)
Therapie 4 unbedingt unterschiedliche Altersnorm und Progredienz beachten 4 konservativ: 5 bei geringeren Fehlstellungen ggf. Beobachten oder J Schuhinnenranderhöhung beim Genu valgum J Schuhaußenranderhöhung beim Genu varum 4 operativ: 5 bei erheblicher Deformität ohne Besserungstendenz (Interkondylen-Intermalleolar-Abstand >10 cm) 5 temporäre Epiphysiodese mit Klammern oder Eight-Plates unter Berücksichtigung des Restwachstums und der noch zu erwartenden Korrekturpotenz 5 halbjährliche Kontrollen (je nach Wachstumsgeschwindigkeit): J klinisch J ggf. radiologisch J Materialentnahme nach Korrektur planen
Pathologien des Kapsel-Band-Apparates Seitenbandruptur/-partialruptur Definition 4 partielle/komplette Kontinuitätsunterbrechung des medialen oder lateralen Seitenbandes
Ätiologie 4 in der Regel traumatisch bedingt 4 Verletzungsmechanismus: 5 Außenrotation – Abduktion: mediales Kollateralband, vorderes Kreuzband 5 Valgusstress: mediales Kollateralband, hinteres/vorderes Kreuzband 5 Varusstress: laterales Kollateralband, hinteres/vorderes Kreuzband
Klinik 4 4 4 4
Druckschmerz über dem jeweiligen Seitenbandkomplex Schwellung Hämatomverfärbung mediale oder laterale Instabilität je nach Mechanismus
Diagnostik 4 Anamnese 4 Untersuchung mit fassbarer Instabilität in der Stressuntersuchung in Kniestreckung und 30° Flexion
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 4 4 4
ggf. Sonographie und Darstellung der Kontinuitätsunterbrechung in Ausnahmefällen MRT intraartikuläre Begleitverletzungen ausschließen Orientierung am Grad der Aufklappbarkeit und dem Grad der translatorischen Verschiebbarkeit (nach Fetto-Marshall): 5 Grad I: 2–5 mm 5 Grad II: 6–10 mm 5 Grad III: >10 mm
Therapie 4 konservativ: 5 Frühfunktionelle Nachbehandlung in Bewegungsknieschiene: J Woche 1: 0–20–90, schmerzadaptierte Belastung J Woche 2: 0–0–90 Vollbelastung J Woche 3–6: Freie Beweglichkeit des Kniegelenks in der Schiene J danach Schiene ab und Auftrainieren der knieführenden Muskulatur 4 operativ: 5 frische knöcherne Ausrisse 5 bei drittgradiger Aufklappbarkeit, hohe sportliche Aktivität 5 Naht und/oder Schraubenrefixation
Kreuzbandruptur Definition 4 Kontinuitätsunterbrechung des vorderen oder hinteren Kreuzbandes
Ätiologie 4 vorderes Kreuzband: 5 meist traumatische Genese im Sinne eines Valgus-Flexions-Außenrotationstrauma bei sportlicher Betätigung 5 häufig vergesellschaftet mit Innenband und Innenmeniskusläsion als sog. »Unhappy Triad« 4 hinteres Kreuzband: 5 hintere Translation des Schienbeinkopfes (z.B. Sturz auf den Tibiakopf, Armaturenbrettanprall) 5 Hyperextension
Klinik 4 4 4 4
Schmerzen Schwellungen intraartikulärer Erguss (häufig direkt posttraumatisch) Giving-way-Phänomen (spontanes Wegknicken des Kniegelenks nach vorne unter Belastung)
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung mit Lachman-Test 4 vorderem und hinterem Schubladentest
111 1.1 · Orthopädie
4 Pivot-Shift-Test 4 konventionelles Röntgen zum Ausschluss von knöchernen Begleitverletzungen 4 MRT bei unklarer Klinik
Therapie 4 Frische Ruptur mit ausgeprägtem Hämarthros: 5 Punktion des Gelenks (Fettaugen auf dem Erguss sind in der Regel Hinweis auf knöcherne Begleitverletzung) 5 ggf. arthroskopische Spülung 5 bei höhergradiger Instabilität Bewegungsschiene 4 Studienlage ist nicht eindeutig hinsichtlich operativer oder konservativer Therapie 4 konservativ bei: 5 höherem Patientenalter 5 geringem Patientenanspruch 5 sehr gute muskuläre Führung/Stabilisierung: J frühfunktionelle Behandlung bei Vollbelastung in Kniebewegungsschiene J gezieltes Training der kniestabilisierenden Muskelgruppen 4 operativ bei: 5 hohem sportlichen Anspruch 5 hohem Maß an subjektivem Instabilitätsgefühl 5 beruflich exponierter Patient (Leistungssportler, Dachdecker etc.) 5 Begleitverletzungen, knöcherne Ausrisse, alte Rupturen, die konservativ nach 3 Monaten nicht stabilisierbar sind 4 Vordere Kreuzbandruptur: 5 Kreuzbandnaht nicht indiziert 5 arthroskopisch assistierte Ersatzplastik in der Regel durch autologen Ersatz mit Semitendinosus-/Gracilis-Plastik oder Bone-tendonbone-Transplantat aus Patella, Patellarsehne und Tuberositas tibiae 5 Nachbehandlung in Kniebewegungsschiene: J Woche 1: Schiene 0–0–90, TB bis halbes Körpergewicht, KG mit Brace J Woche 2–3: Schiene 0–0–90, TB halbes Körpergewicht, KG ohne Brace J Woche 4–6: Schien 0–0–90 zunehmende Vollbelastung, KG ohne Brace J Woche 7–9: Flexion über 90°, Vollbelastung, Schiene ab J Woche 10 aufwärts: freie Flexion, Vollbelastung
Patellapathologien Diagnostik des Femoropatellargelenks 4 Untersuchung der Patellamobilität: 5 Hypo-, Hypermobilität 5 Subluxationstendenz 5 Facettendruckschmerz 5 Krepitationen
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Zohlen-Zeichen: Test positiv bei Schmerzangabe 4 Apprehension-Zeichen: 5 Hinweis auf stattgehabte Patellaluxation. Patella wird nach lateral subluxiert 5 Test positiv bei Abwehrbewegung des Patienten 4 Q-Winkel: Winkel zwischen der Linie der Spina iliaca ant. sup. zur Patellamitte und von Patellamitte zur Tuberositas tibiae (Norm: m <10°, w 15°±5°) 4 Patella alta/baja: Patella-Hochstand, -Tiefstand 4 TT-TG-Distanz (Abstand höchster Punkt der Tuberositas tibiae zum tiefsten Punkt der Trochlea femoris in Schnittbildgebung): Norm 20 mm
Femoropatellares Schmerzsyndrom Syndrome 4 Chondropathia patellae 4 Chondromalacia patellae
Definition 4 Chondropathia patellae: Schmerzsymptomatik ohne fassbares pathologisches Korrelat 4 Chondromalacia patellae: Schädigung des retropatellaren Knorpels unterschiedlichen Schweregrades
Ätiologie 4 multifaktorielle Genese 4 Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit
Einteilung 4 Chondromalacia patellae, z.B. nach Outerbridge 1961: 5 Grad I: lokalisierte Erweichung und Schwellung des Knorpels 5 Grad II: Defekt bis 1,3 cm Durchmesser, Villi und Fasern 5 Grad III: Defekt >1,3 cm Durchmesser, Risse 5 Grad IV: Erosion bis auf subchondralen Knochen 4 keine Korrelation zwischen Chondromalaziegrad und Klinik
Klinik 4 Schmerzen peripatellar nach länger Kniebeugung/langem Sitzen (Kino, Theater, Büroarbeit, Schule) 4 häufig beidseits
Diagnostik 4 4 4 4 4 4
Anamnese Untersuchung (s.o.) Patellaanpress- oder -verschiebeschmerz Krepitation Lateralisation der Patella Röntgen: 5 axiale Patellaaufnahme 5 Defilé-Aufnahmen (Patella axial in 30°, 60°, 90°)
113 1.1 · Orthopädie
Differenzialdiagnose 4 4 4 4
Patellaspitzen-Syndrom Meniskusläsionen Morbus Sinding-Larsen Bursitis
Therapie 4 konservativ: 5 individuelle Therapiemaßnahmen entsprechend der pathophysiologischen und »pathomechanischen« Differenzierung 5 Kräftigung der Kniestabilisatoren, insbesondere des M. vastus medialis (medialisierender Zug 5 Krankengymnastik und selbständiges Trainingsprogramm: J Dehnen der ischiokruralen Muskulatur 5 Iontophorese 5 Ultraschall 5 Elektrotherapie 5 Kühlen (Eis) oder Wärme 5 Verhaltensschule: J Schonung J Vermeiden von längerem Sitzen in Kniebeugung J Hockstellung J sportlicher Überlastung (Sprungdisziplinen, Ski) 5 medikamentös: J Antiphlogistika (systemisch oder lokal) J ggf. Chondroprotektiva (Hyaluronsäurepräparate) 4 operativ, nach Ausschöpfen aller konservativen Maßnahmen: 5 arthroskopische laterale Retinakulumspaltung (Längsspalten des Lig. patellae longitudinale laterale) in Kombination mit diagnostischer/therapeutischer Arthroskopie je nach Befund 5 bei schwerer isolierter Retropatellararthrose Retropatellarersatz diskutieren 5 keine Patellektomie
Patella partita Definition 4 angeborene geteilte Patella (Hemmungsfehlbildung): 5 über 90% Patella bipartita (oberer lateraler Quadrant) 5 bis zu 6 Segmente (tri-, multipartita)
Klinik 4 meist Zufallsbefund 4 keine Beschwerden
Diagnostik 4 konventionelles Röntgen, beide Kniegelenke röntgen: 5 Differenzialdiagnostik: Patellafraktur (Patella partita hat sklerosierten Rand, Fraktur nicht, Fraktur benötigt adäquates Trauma)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 in der Regel keine Therapie erforderlich 4 bei Klinik: 5 Arthroskopie und Beurteilung des Knorpels der Patellrückfläche 5 ggf. Exstirpation des Ossikels
Patellaluxation Definition 4 Luxation der Patella aus dem femoralen Gleitlager, in der Regel nach lateral, traumatisch (direktes Anpralltrauma) oder spontan (Drehbewegung des Kniegelenks) bei laxen Bandverhältnissen (starker Zug des M. vastus lateralis, geschwächtes mediales Retinakulum/M. vastus medialis)
Klinik 4 nichtreponierte Patellaluxation: 5 schmerzhafte Fehlstellung tastbar 5 das Knie befindet sich in Beugestellung 5 Patella liegt in der Regel lateral 5 Bein kann nicht gestreckt werden 4 (spontan) reponierte Patellaluxation: 5 lokaler Druckschmerz am medialen Retinakulum 5 abnorme Verschiebbarkeit der Kniescheibe 5 Erguss (Hämarthros)
Diagnostik 4 Anamnese (s.o.) 4 klinische Untersuchung (s.o.) 4 Röntgen: 5 Knie in 2 Ebenen und Patella tangential: J Patellahochstand bei Patellarsehnenruptur J Patellatiefstand nach Quadrizepssehnenruptur J verkippte Patella nach lateral J Dysplasiezeichen J ggf. osteochondraler Flake J Gelenkerguss 4 Sonographie: 5 Darstellung der Ruptur 5 Hämarthros
Therapie 4 Reposition! 4 konservativ bei erstmaliger Luxation und fehlendem Hämarthros: 5 Ruhigstellung in Kniebewegungsschiene für 2 Wochen 5 danach funktionelle Therapie mit Stabilisierung der Patella 5 ggf. Arthroskopie anschließend zur Befunderhebung intraartikulär 4 operativ bei reponierter Patella und ausgeprägtem Hämarthros und osteochondralem Flake: 5 Ausspülen des Hämarthros 5 Aufsuchen freier Gelenkkörper
115 1.1 · Orthopädie
5 ggf. Refixation größerer osteochondraler Flakes 5 ggf. Naht des rupturierten Retinakulums 5 bei rezidivierenden Luxationen laterales Release und mediale Kapselraffung 5 je nach Q-Winkel und TT-TG-Distanz auch Tuberositasmedialisierung nach Elmslie 5 ggf. MPFL-Plastik (mediales patellofemorales Ligament)
Plica mediopatellaris Definition 4 Reste embryonaler Septierung im Kniegelenk: 5 Plica mediopatellaris 5 Plica infrapatellaris 5 Plica suprapatellaris
Klinik 4 klinisch nur dann relevant, wenn hypertroph und fibrosiert, häufig harmloser Nebenbefund bei Arthroskopie 4 medialer Druckschmerz 4 Reibephänomene medial 4 Schnappen bei Bewegungen 4 strangförmige Verdickung medial des medialen Femurkondylus 4 nicht selten fehlen eindeutige klinische Zeichen
Diagnostik 4 in der Regel klinische Diagnose und arthroskopisch gesichert 4 MRT (häufig falsch negative, falsch positive Befunde)
Therapie 4 Arthroskopie 4 Plikaresektion bei entsprechender Klinik
Poplitealzyste (Baker-Zyste) Definition 4 zystische Aussackung der dorsalen Kniegelenkskapsel mit stielartiger Verbindung zum Gelenk
Ätiologie 4 in der Regel Folge einer Kniebinnenerkrankung (chronische Polyarthritis, degenerativer Meniskusschaden, Chondromalazie) mit Kniegelenkerguss und langandauernd erhöhtem Knieinnendruck
Klinik 4 Schmerzen in der Kniekehle 4 Streck-Beuge-Hemmung durch »Tumor« in der Kniekehle
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Diagnostik 4 in erster Linie Sonographie von dorsal 5 Größenbestimmung 5 Verbindung zum Gelenk 5 Lage zu Gefäßen 4 konventionelles Röntgen zur Beurteilung des Kniegelenks (Arthrose etc.) 4 MRT in Ausnahmefällen
Differenzialdiagnose 4 Ganglion 4 Tumoren 4 Thrombose
Therapie 4 Sanierung des Kniegelenks 4 Zystenexstirpation bei zunehmenden Beschwerden und zunehmender Größe 4 Rezidiv möglich
Meniskuspathologien Definition 4 Kontinuitätsunterbrechung des Innen- oder Außenmeniskus
Ätiologie 4 traumatisch (häufig Rotationsmechanismen) 4 oder degenerativ bedingt 4 Prädilektionsstellen: 5 Innenmeniskushinterhorn 5 Pars intermedia des Außenmeniskus 4 Rissentstehung: 5 ca. 40% sekundär traumatische Meniskusrisse 5 ca. 50% degenerative Meniskusschäden 5 ca. 8% primär traumatische Meniskusrisse 5 Rest anlagebedingte Pathologien (Scheibenmeniskus)
Klinik 4 Schmerzen in Projektion auf den Gelenkspalt 4 evtl. Einklemmungserscheinung mit Blockadephänomen des Kniegelenks 4 Streckhemmung 4 intraartikulärer Erguss
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung (Steinmann I/II, Apley-Grinding, Böhler-Test, Payr-Zeichen etc.) 4 konventionelles Röntgen (Ausschluss von Begleitverletzungen) 4 MRT bei unklarem klinischen Befund
117 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 operativ: 5 frische Läsionen sofort 5 Einklemmung sofort 5 Meniskusnaht nur bei basisnahen (rote Zone) Läsionen sinnvoll und möglich 5 basisferne (rot-weiße, weiße Zone) Läsionen werden in der Regel reseziert 5 degenerative Läsionen elektiv planen, in der Regel Partial-, Subtotalresektion 4 Nachbehandlung: 5 schmerzadaptierte Vollbelastung an Unterarmgehstützen für 2 Wochen (auch abhängig von Begleitverletzungen)
Scheibenmeniskus Definition 4 seltene, über die Embryonalzeit hinaus persistierende Scheibenform meist des Außenmeniskus (Hemmungsfehlbildung) 4 Neigung zu frühzeitiger Degeneration
Klinik 4 auffällig im Kindes- und Jugendalter ist ein charakteristisches, meist endgradig auftretendes Schnappen bei Bewegung des Kniegelenks und/ oder Meniskussymptomatik 4 gelegentlich erst im Erwachsenenalter symptomatisch
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 MRT
Therapie 4 bei Beschwerden (z.B. nach Einriss) partielle (arthroskopische) Meniskektomie 4 Ziel: regelrechte Meniskusform
Meniskusganglion Definition 4 Weichteilzyste, ausgehend vom Innen- oder häufiger vom Außenmeniskus 4 in der Regel mit einer intraartikulären Meniskusläsion vergesellschaftet
Klinik 4 Schmerzen 4 palpable Vorwölbung über dem Gelenkspalt
Diagnostik 4 Untersuchung 4 Sonographie 4 MRT in Ausnahmefällen
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 diagnostische Arthroskopie und ggf. Sanierung des intraartikulären Befundes 4 ggf. transarthroskopische Resektion des Ganglions 4 offene Exstirpation
Aseptische Knochennekrosen Morbus Ahlbäck (Femurrollennekrose) Definition 4 kongenitale Osteonekrose des medialen Femurkondylus
Ätiologie 4 meist primär (idiopathisch) 4 seltener sekundär nach systemischer oder lokaler Kortison-Therapie 4 seltene Erkrankung bei älteren Patienten der 6. und 7. Lebensdekade
Klinik 4 vergleichbar der medialen Gonarthrose 4 erheblicher Ruhe- und Belastungsschmerz am medialen Kniegelenk mit plötzlichem Beginn 4 Gelenkerguss 4 reaktive Synovialitis 4 zunehmende Varusdeformierung
Diagnostik 4 konventionelles Röntgen: 5 im Frühstadium: beginnende Abflachung des medialen Femurkondylus 5 später: subchondraler Aufhellungsbezirk am medialen Femurkondylus mit sklerotischem Randsaum 4 Skelettszintigraphie nur in Ausnahmefällen und im Frühstadium
Therapie 4 im Frühstadium: 5 Entlastung 5 Antiphlogistika 5 ggf. durchblutungsfördernde Infusionen 4 ggf. Arthroskopie und retrograde Herdanbohrung 4 im Spätstadium, je nach Gelenkbefund: 5 isolierte mediale unikondyläre Schlittenprothese 5 bikondyläre Knieprothese (Begleitpathologien)
Morbus Osgood-Schlatter Definition 4 aseptische Knochennekrose der Tuberositas tibiae (vermehrter Zug am Lig. patellae bei sportlicher Überbelastung gilt als Prädisposition)
119 1.1 · Orthopädie
Klinik 4 besonders 10–14-jährige, sportlich aktive Jungen betroffen mit: 5 lokalem Belastungsschmerz im Bereich der Tuberositas tibiae 5 druckschmerzhafter Schwellung mit Schmerzverstärkung bei Streckung des Kniegelenks gegen Widerstand
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung 4 konventionelles Röntgen (laterale Ansicht)
Therapie 4 konservativ: 5 Sportkarenz 5 lokale und systemische Antiphlogistika 4 operativ bei Beschwerdepersistenz nach Wachstumsabschluss: 5 Exstirpation der Verknöcherungsstörung durch Längsspalten des Lig. patellae
Morbus Sinding-Larsen-Johansson Definition 4 aseptische Knochennekrose des distalen Patellapols
Klinik 4 druckschmerzhafte Schwellung am distalen Patellapol 4 Schmerzverstärkung bei Streckung des Kniegelenks gegen Widerstand
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung 4 konventionelles Röntgen
Therapie 4 konservativ: 5 Sportkarenz 5 lokale und systemische Antiphlogistika 4 operativ bei Beschwerdepersistenz nach Wachstumsabschluss: 5 Exstirpation der Verknöcherungsstörung
Osteochondrosis dissecans Definition 4 aseptische Knochennekrose im Bereich der Pars lateralis des medialen Femurkondylus 4 in der Regel bei 12–16-Jährigen mit stärkerer sportlicher Belastung 4 genetische Prädisposition wird diskutiert
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Klinik 4 im Stadium der Nekroseentstehung wenige, uncharakteristische, meist belastungsabhängige Knieschmerzen 4 im Zeitverlauf ggf. Schwellung und Ergussbildung 4 akute und ggf. rezidivierende Gelenkblockaden bei Abstoßen des Dissekats (Gelenkmaus)
Diagnostik 4 konventionelles Röntgen mit umschriebenen, subchondralem Verdichtungsbezirk mit sklerotischer konvexer Randzone, 4 Stadien: 5 Stadium l: Schlummerstadium (pathologischer Befund nur im CT) 5 Stadium II: deutliche Aufhellung 5 Stadium III: Demarkierung durch Sklerosewall 5 Stadium IV: freier Körper 4 MRT 5 Beurteilung der Knorpeloberfläche v.a. im Stadium I und II 5 Bewertung der Vitalität des Dissekats möglich
Therapie 4 konservativ im Stadium l und II, bei jüngeren Kindern mit kleinem Herd und geringen Beschwerden: 5 Entlastung (Unterarmgehstützen für 6 Wochen) 5 Sportkarenz 5 systemische und lokale Analgetika 5 Antiphlogistika, Röntgenkontrolle nach 3–6 Monaten 4 operativ je nach Klinik und MRT bei: 5 intakter Gelenkfläche: J Arthroskopie und retrograde Herdanbohrung zur Revaskularisierung der Osteonekrose 5 Knorpeldemarkierung im Stadium III: J Anfrischen des Mausbettes und J Refixierung des Dissekats 5 Dissekatabstoßung im Stadium IV: abhängig von der Größe des Defekts: J Knorpelzelltransplantation J autologe osteochondrale Transplantation
Gonarthrose Definition 4 Kniegelenkverschleiß 4 häufigste Arthrose (neben Spondylarthrose) zwischen dem 30.–50. Lebensjahr bereits bei 25% der Bevölkerung
Ätiologie 4 primäre Gonarthrose: 5 idiopathisch 4 sekundäre Gonarthrose (seltener): 5 Achsfehlstellung 5 posttraumatisch
121 1.1 · Orthopädie
5 bei rheumatologischen Erkrankungen 5 Stoffwechselstörung
Klinik 4 Anamnese: 5 uncharakteristische Gelenkschmerzen 5 Steifigkeitsgefühl 5 Schwellneigung 5 Anlauf-, Belastungsschmerz 5 später Dauer- und Nachtschmerz 5 Verminderung der Gehstrecke 4 Arthrosezeichen häufig medial und retropatellar, seltener lateral betont 4 zeitlicher Verlauf wellenförmig progredient
Diagnostik 4 Untersuchung: 5 Achsenfehlstellung (Varus- oder Valgusgonarthrose) 5 Atrophie der Oberschenkelmuskulatur 5 intraartikulärer Erguss 5 Schwellung 5 Überwärmung 5 Druckschmerz über Gelenkspalt 5 ligamentäre Instabilität 5 Patellakrepitation 5 Reduktion des Bewegungsumfanges 5 Beweglichkeit: in fortgeschrittenen Fällen Bewegungseinschränkung 4 Röntgen: 5 konventionelles Röntgen des Kniegelenks in 2 Ebenen und Patella tangential: J typische Arthrosezeichen (subchondrale Sklerosierung, Gelenkspaltverschmälerung, Osteophyten, Geröllzysten) 5 Ganzbeinstandaufnahme J Achsenfehlstellung
Therapie 4 konservativ: 5 Entlastung, Bewegung unter Reduktion des Körpergewichtes (Schwimmen, Fahrradfahren) 5 lokale und systemische Antiphlogistika und Analgetika 5 ggf. intraartikuläre Hyaluronsäure und Steroidinjektion 5 physikalische Therapie mit Krankengymnastik, Wärmetherapie, Kryotherapie, Elektrotherapie 5 orthopädietechnische Optionen: Handstock auf Gegenseite, Pufferabsätze, Schuhaußen-/-innenranderhöhung, selten Orthesen bei Bandinstabilität 4 operativ: 5 Arthroskopie:
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
J Gelenklavage (Ausspülen von Zelldetritus), Knorpelstabilisierung, Meniskussanierung bei initialer Gonarthrose 5 gelenknahe Umstellungsosteotomie: J bei Achsfehlstellungen und deformiertem proximalem tibialem oder distalem femoralen Gelenkwinkel, kontralaterales Kompartiment nur geringfügig geschädigt, keine Bandinstabilität, aktiver und kooperativer jüngerer Patient, keine Adipositas, kein Streckdefizit 5 künstlicher Kniegelenkersatz: J bei therapieresistenten Schmerzen, Reduktion der Gehstrecke auf wenige hundert Meter, Nachtschmerz, Ruheschmerz, regelmäßige Schmerzmedikation, zunehmende Instabilität J je nach ligamentärer Stabilität Wahl des Implantates: unilaterale Prothese bei isolierter medialer/lateraler Arthrose, bikompartimenteller Ersatz bei kombinierter medialer oder lateraler Arthrose mit Retropatellararthrose, trikompartimenteller Ersatz bei Pangonarthrose J Trikompartimentersatz bei guter Bandführung nicht gekoppelte, bei mäßiger Bandführung teilgekoppelte und bei schlechter Bandführung achsgeführte Prothesen 5 Arthrodese: J Ausnahmeindikation: schwerste Arthrosen bei operativ sonst nicht zu behebender Instabilität (z.B. schlaffe Lähmung, posttraumatisch, chron. destruktiven Arthritiden), nur wenn ipsilaterale Hüfte gut beweglich
Achillessehnenruptur Definition 4 spontane/traumatische Kontinuitätsunterbrechung der Achillessehne meist auf dem Boden einer chronischen Sehnendegeneration, in der Regel in der 3.-4. Lebensdekade
Klinik 4 typische Anamnese: 5 peitschenschlagartiger Knall und Schmerzen in der distalen Wade z.B. bei schnellem Antritt beim Sport (Squash, Tennis etc.) 5 Schmerzen im Bereich der Achillessehne 5 fehlende/stark eingeschränkte aktive Plantarflexion des Fußes 5 Zehenstand nicht mehr möglich
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung: 5 Delle tastbar 5 Thompson-Test negativ: bei Kompression der Wade bei Achillessehnenriss keine Plantarflexion 4 Sonographie: 5 Ruptur/Teilruptur darstellbar 5 Distanz der Sehnenenden messbar
123 1.1 · Orthopädie
4 konventionelles Röntgen nur Fersenbein seitlich: 5 Ausschluss einer knöchernen Ausrissverletzung 4 kein MRT nötig
Therapie 4 konservativ: 5 funktionelle Therapie nur wenn die Distanz der Sehnenstümpfe in Neutralstellung weniger als 1 cm beträgt und bei 20°-Plantarflexion eine Annäherung der Sehnenenden erreicht werden kann 5 4 Wochen Vacoped® in 30°-Spitzfußstellung unter Entlastung 5 2 Wochen Vacoped® in 15°-Spitzfußstellung unter schmerzadaptierter Vollbelastung 5 2 Wochen Vacoped® in Neutralstellung unter schmerzadaptierter Vollbelastung 5 Abschlusssonographie 4 operativ wenn hoher sportlicher Anspruch des Patienten: 5 Sehnennaht: J offen oder perkutan möglich J Nachbehandlung auch im Vacoped® wie konservative Therapie, schmerzadaptierte Vollbelastung ab der 1.–2. Woche erlaubt und frühfunktionelle Physiotherapie ab der 3. Woche 5 bei knöchernem Ausriss Refixierung mit Schraube/Ankern 5 Rerupturen müssen operiert werden: J Umkipp-Plastik: aus der Sehne proximal der Ruptur wird die dorsale Hälfte als Lappen entnommen und um 180° nach distal umgekippt und in Spitzfußstellung am distalen Anteil der Sehne vernäht J Griffelschachtel-Plastik: aus dem proximalen Sehnenanteil wird das mittlere Drittel im Sehnenspiegel scharf gelöst und nach distal gezogen und mit dem distalen Sehnenstumpf vernäht, der Sehnenspiegel wird ebenfalls vernäht
1.1.8
Sprunggelenk und Fuß S. Schröder
Rotationsfehler Unterschenkel Definition 4 Verdrehung der Unterschenkel infolge der intrauterinen Lage oder durch einseitige Lagerung des Säuglings oder bestimmter Schlafpositionen (Bauchschläfer) sowie infolge eines fehlverheilten Traumas
Klinik 4 4 4 4
Gangunsicherheit bei Laufbeginn Stolpern über die eigenen Füße beim Erwachsenen ggf. Schmerzen durch Fehlbelastung Untersuchung der Unterschenkel unter Ausschluss der Rotationsmöglichkeit der Hüften
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 Physiotherapie 4 Unterschenkelschaumstoffringe zum Schlafen 4 Derotationsosteotomie
Peroneussehnenluxation Definition 4 Subluxation oder Luxation der Peronealsehnen am Außenknöchel nach ventral, Sehnen werden nicht mehr vom Retinaculum superius gehalten
Ätiologie 4 habituell 4 posttraumatisch 4 nach operativen Eingriffen beispielsweise nach peritalarem Release beim kongenitalen Klumpfuß
Klinik 4 Schmerzen 4 Gangunsicherheit
Therapie 4 operative Korrektur durch: 5 Rekonstruktion des Retinaculum superius 5 knöcherne Führung der Sehne durch Verschiebespan
Osteochondrosis dissecans Talus Definition 4 aseptische Knochennekrose am Talus, die mit Abstoßung eines Gelenkflächenfragmentes (Gelenkmaus, Dissekat) oder unter Hinterlassung eines Gelenkflächendefektes (Mausbett) enden kann 4 mediale Schulter ist häufiger betroffen als die laterale
Ätiologie 4 Folge eines Distorsionstrauma des OSG 4 gestörtes Gleichgewicht zwischen Belastung und Belastbarkeit der Wachstumsregion
Klinik 4 Zufallsbefund bis ausgeprägte Beschwerden mit Schmerzen 4 Schwellung
Therapie 4 zunächst Entlastung 4 Sportkarenz 4 bei Beschwerdepersistenz: 5 Arthroskopie 5 ggf. Anbohrung 5 operative Ausräumung und Spongiosaplastik
125 1.1 · Orthopädie
Arthrose des Talokruralgelenks Definition 4 Verschleiß des oberen Sprunggelenks, fast immer nach vorausgehender Erkrankung
Ätiologie 4 in Fehlstellung verheilte Sprunggelenkfrakturen (häufigste Ursache) 4 nach OCD tali 4 infolge einer angeborenen Fußfehlstellung (z.B. Flat-top-Talus beim Klumpfuß)
Klinik 4 4 4 4 4
schmerzhafte Bewegungseinschränkung Abrollen des Rückfußes eingeschränkt eingeschränkte Beweglichkeit OSG Schwellung Überwärmung des OSG nach Belastung
Therapie 4 konservativ: 5 orthopädietechnisch: J Abrollhilfen mit Sohlenrolle J Arthrodesenstiefel 4 operativ: 5 bei beginnender Arthrose: J Arthroskopie OSG mit Gelenktoilette (entfernen der ventralen Osteophyten) 5 bei fortgeschrittener Arthrose: J Arthrodese OSG J OSG-Endoprothese
Achillodynie Definition 4 Schmerzen im distalen Anteil der Achillessehne
Ätiologie 4 Stoffwechselstörungen (Gicht, Hypercholesterinämie, Hypertriglyzeridämie) mit Kristallablagerungen 4 meist jedoch degenerative Veränderungen aufgrund chronischer Überbelastung
Klinik 4 verdickte Achillessehne 4 Schmerzen aufgrund der Paratendinitis bis zur Gehunfähigkeit
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 akutes Stadium: 5 Ruhigstellung durch Gips- oder Tape-Verband 5 analgetische und antiphlogistische medikamentöse Therapie (NSAR) 4 chronisches Stadium: 5 Absatztherapie 5 Elektrotherapie 5 Salbenverbände 5 selten OP 4 Kontraindikation: Kortisoninjektion in die Sehne
Hängefuß Definition 4 lähmungsbedingte Unfähigkeit, den Fuß aktiv zu heben
Ätiologie 4 Lähmung der Extensoren des Fußes aufgrund: 5 einer schlaffen Lähmung, z.B. durch Infektion (Poliomyelitis, Diphtherie) 5 Schädigung der Nervenwurzel L5 durch einen Bandscheibenvorfall 5 einer Druckschädigung des N. peroneus am Fibulaköpfchen
Therapie 4 wenn möglich Behebung der Ursache (z.B. Nukleotomie) 4 Spitzfußprophylaxe (z.B. mit Peroneusfeder, Innenschuh) 4 operative Korrektur mittels korrigierender Arthrodese
Spreizfuß Definition 4 Verlust des Quergewölbes bei Absinken der Metatarsaleköpfchen
Ätiologie 4 statische Deformität, die in der Regel mit dem Alter auftritt und sich aus Zusammenspiel mehrerer Faktoren ergibt: 5 endogene Faktoren (familiäre Veranlagung) 5 Übergewicht 5 unzweckmäßiges Schuhwerk oder entzündlich rheumatische Faktoren
Klinik 4 häufigste schmerzhafte Fußdeformität 4 Verbreiterung des Vorfußes mit Mehrbelastung der Metatarsaleköpfchen II–IV 4 schmerzhafte Schwielenbildung unter den Metatarsaleköpfchen 4 Druckschmerz der Metatarsaleköpfchen 4 Kompressionsschmerz des gesamten Mittelfußes 4 im Verlauf häufig Entstehen von Zehendeformitäten
127 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 akute Reizzustände: 5 Ruhigstellung 5 Gabe analgetischer und antiphlogistischer Medikamente 4 langfristige Therapie: 5 Fußgymnastik zur Stärkung der Fußmuskulatur 5 Fußbettung mit retrokapitaler Abstützung der Metatarsaleköpfchen 5 selten operative Maßnahmen
Hallux valgus Definition 4 laterale Abweichung der Großzehe (Subluxation) im Grundgelenk bei varischer Stellung des Metatarsale I (Abduktionskontraktur) als Folge eines Spreizfußes
Ätiologie 4 endogene Disposition (familiäre Häufung) 4 enges und modisches Schuhwerk mit hohen Absätzen
Klinik 4 Valgusposition der Großzehe mit Varusposition des Metatarsale I führen zur 5 Verbreiterung des Vorfußes mit sichtbaren und palpablen knöchernen und später arthrotischen Veränderungen des Metatarsaleköpfchen und der Grundgelenkbasis, Folgen: J Schleimbeutelreizungen J Hornhautschwielen 4 Beschwerden und Bewegungseinschränkungen des Großzehengrundgelenks aufgrund von Arthrose 4 Valgusabweichung der Großzehe: 5 Überlappung der zweiten Zehe 5 Zehenfehlstellungen
Therapie 4 Behandlung des ursächlichen Spreizfußes 4 Hallux-valgus-Nachtlagerungsschiene zur Prophylaxe einer weiteren Verschlechterung und postoperativ 4 operative Maßnahmen: 5 Wahl des operativen Verfahrens abhängig: J vom Ausmaß der Fehlstellung J der ggf. bereits bestehenden Arthrose des Großzehengrundgelenks J der führenden Klinik J Alter des Patienten 5 Techniken: J distale Weichteileingriffe J Exostosenabtragung
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
J Umstellungsosteotomien des distalen oder des proximalen Metatarsale J Korrekturarthrodesen des proximalen Metatarsale J bei älteren Patienten ggf. Arthrodese des Großzehengrundgelenks oder Resektions-Interpositions-Arthroplastiken
Eigene Notizen
Hallux rigidus Definition 4 Arthrose des Großzehengrundgelenks mit Kontraktur im Großzehengrundgelenk bei oft fehlender Fehlstellung
Ätiologie 4 4 4 4
meist unbekannt endogene Disposition rezidivierende Traumen Teilerscheinung des Spreizfußes
Klinik 4 4 4 4 4
verdicktes Großzehengrundgelenk verminderte Dorsalextension Zehenspitzengang eingeschränkt Abrollen des Fußes schmerzhaft eingeschränkt bei akuten Reizungen: 5 Überwärmung 5 Schwellung 4 Röntgen: 5 arthrotische Veränderungen mit Gelenkspaltverschmälerung 5 osteophytischen Anbauten 5 subchondrale Sklerosierung
Therapie 4 starre Einlage und vordere Schuhabrollung, um das Großzehengrundgelenk zu entlasten 4 im akuten Reizzustand: 5 analgetische und antiphlogistische medikamentöse Therapie 4 operativ: 5 Resektions-Interpositions-Arthroplastik 5 Arthrodese des Großzehengrundgelenks
Differenzialdiagnose 4 entzündliche Veränderungen wie Arthritis urica (Gicht)
Hammer- und Krallenzehen Definition 4 Hammerzehe: fixierte Beugung im Zehenendgelenk bei gestrecktem Grundgelenk 4 Krallenzehe: Überstreckung im Grundgelenk bei gebeugtem Mittelund Endgelenk
129 1.1 · Orthopädie
Ätiologie 4 meist Folge des Hallux valgus und des Spreizfußes 4 Ballenhohlfuß 4 Verstärkung durch enges Schuhwerk
Klinik 4 schmerzhafte Hornhautschwielenbildung (Klavi) über den prominenten Knochenvorsprüngen 4 Schmerzen aufgrund der degenerativ veränderten Gelenke 4 Subluxationen und Luxationen der Gelenke
Therapie 4 konservativ: 5 weites Schuhwerk zu Vermeidung von Druckstellen 4 operativ: 5 Resektions-Interpositions-Plastiken nach Hohmann (Resektion des prominenten Köpfchens des Grundgliedes mit gleichzeitiger Raffung der Strecksehne)
Digitus quintus varus superductus Definition 4 Auflage der 5. Zehe auf der 4. Zehe durch varische Subluxation im Grundgelenk
Ätiologie 4 selten angeboren 4 meist als Folgeerscheinung beim Spreizfuß
Therapie 4 Kinder: 5 Versuch der Wachstumslenkung durch Pflasterzügelverband 5 ansonsten retrokapitale Korrekturosteotomie des Metatarsale V 4 Erwachsene: 5 analoge OP-Verfahren wie beim Hallux valgus 5 retrokapitale Korrekturosteotomie des Metatarsale V 5 ggf. beim älteren Menschen Resektions-Interpositions-Arthroplastik
Klavus Definition 4 Hornhautschwiele über den knöchernen Prominenzen des Fußes
Ätiologie 4 Entstehung durch chronischen Druck 4 ggf. kann sich die Hornhautschwiele nach innen fortsetzen, so dass ein harter, druckdolenter Dorn entsteht
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Klinik 4 Hornhautschwielen entstehen bevorzugt 5 unter den Metatarsaleköpfchen 5 am Großzehenballen 5 bei Krallen- und Hammerzehen dorsalseitig über Mittel- und Endgelenke 5 der nach innen gerichtete Dorn verursacht Schmerzen
Therapie 4 Therapie der Ursache (Hallux valgus, Spreizfuß etc.) 4 ggf. Abpolsterung mittels Filzringen 4 bei schmerzhaftem Dorn: lokale Exzision
Dornwarze Definition 4 durch DNS-Viren hervorgerufene, in die Tiefe wachsende Hautveränderungen 4 entstehen meist im Bereich von druckbelasteten Areale des Vorfußes
Ätiologie 4 DNS-Viren
Klinik 4 lokale Beschwerden, die bei stärkerer Ausprägung sportliche Aktivitäten und längere Gehstecken einschränken können 4 verursachen ausgestanzte Defekte der Haut
Therapie 4 4 4 4
hohe Selbstheilungsrate Vereisung Elektrokoagulation nach Vorbehandlung mit Salizylatlösungen 40–60%ig mechanische Säuberung (Skapell, scharfer Löffel) 4 hohe Rezidivrate
Unguis incarnatus Definition 4 eingewachsener Zehennagel
Ätiologie 4 falsche Nagelpflege 4 zu enges Schuhwerk
Klinik 4 lokale Beschwerden 4 Prädisposition für Nagelfalzinfektionen
131 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 Prävention: 5 gerades Abschneiden der Zehennägel zur Verhinderung des Einwachsens des Nagels 4 akute Paronychien: 5 Fußbäder 5 ggf. Entfernung des Nagels 4 chronische Paronchychien: 4 Keilexzision des gesamten Nagelfalzes mitsamt der Wurzel
Dorsale Fußhöcker Definition 4 knöcherne Prominenz am Fußrücken
Ätiologie 4 Prominenz aufgrund von Osteophytenbildung bei Arthrose des Gelenks zwischen Metatarsale I und Os cuneiforme mediale
Klinik 4 lokale Druckbeschwerden im Schuh
Therapie 4 Schuhe mit weichem Obermaterial 4 keilförmige Resektion des vorderen Gelenkanteiles mit dem Exophyten
Rheumatischer Fuß Definition 4 Sammelbegriff für Fußveränderungen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen
Ätiologie und Pathogenese 4 alle rheumatischen Erkrankungen können sich im Bereich des Fußes manifestieren 4 Folgen: 5 Tenosynovitiden mit Sehnenrupturen 5 schmerzhafte Bursitiden 5 entzündliche Lockerungen der Kapsel-Band-Strukturen 5 chronische Arthritiden mit sekundären Veränderungen (degenerativen Veränderungen) bis zur Ankylose
Klinik 4 4 4 4 4
extreme Valgusstellung der Großzehe Varusstellung der Kleinzehe Subduktion der Großzehe unter die Zehen II–IV Krallenzehe II–IV Bursitiden plantarseitig der prominenten Metatarsaleköpfchen
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Spreizfuß 4 Gelenkschädigungen im Rück- und Mittelfußbereich mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung
Diagnostik 4 Röntgen: 5 Zehenfehlstellungen 5 arthrotische Veränderungen 5 ausgeprägte Knochendystrophie 5 verminderte Knochendichte 5 kleinzystische Veränderungen des Fußskelettes
Therapie 4 konservativ: 5 Entlastung der entzündlichen Druckpunkte des Fußskelettes durch Abrollhilfen im Schuh und durch eine Fußbettung 5 Nachtlagerungsschienen zur Vermeidung von Fehlstellungen 4 operativ: 5 Tenosynovialektomien 5 Bursektomien 5 Arthrodesen 5 Resektions-Interpositions-Arthroplastiken 5 Zehengelenkendoprothesen
Diabetischer Fuß Definition 4 Sammelbegriff für Fußveränderungen beim Diabetes mellitus (Charcot-Fuß)
Ätiologie und Pathogenese 4 Veränderungen werden verursacht durch: 5 Polyneuropathie 5 Mikroangiopathie 5 bei unphysiologischer Belastung durch die verminderte Wahrnehmung kommt es bei kritischer Durchblutungssituation zu Perforationen der Haut J werden oft vom Patienten nicht bemerkt J führen zu bakteriellen Infektionen
Klinik 4 4 4 4
Burning-Feet-Syndrom aufgrund der Polyneuropathie diabetisches Gangrän (Nekrosen) aufgrund der Mikroangiopathie erhaltene Fußpulse Malum perforans: durch sekundäre bakteriologische Besiedlung kommt es zu chronischen Osteomyelitiden
133 1.1 · Orthopädie
Diagnostik 4 Röntgen: 5 neurogene Osteoarthropathie mit Fehlstellung der Gelenke 5 Sklerosezonen 5 vermehrte Strahlentransparenz 5 reaktionslose Osteolysen
Therapie 4 optimale Blutzuckereinstellung 4 Vermeidung kleinerer Verletzungen 4 bei eingetretenen Veränderungen: 5 Erhaltung der Gehfähigkeit und Entlastung der erkrankten Fußregion mittels Gipsverband 5 entlastendem Apparat 5 Fußbettung oder orthopädischer Schuh oder Therapieschuh 4 bei mikroangiopathischer Gangrän und/oder Osteomyelitis: 5 OP 5 Grenzzonenamputation am Übergang zum gesunden Gewebe
Osteochondrosen des Fußes Morbus Köhler I Definition 4 aseptische Nekrose des Os naviculare
Ätiologie 4 kommt in der Regel bei Kindern oder Jugendlichen vor 4 Durchblutungsstörung unklarer Genese 4 Durchlaufen werden Initial-, Kondensations-, Fragmentations- und Aufbaustadium 4 in 30% doppelseitiger Befall
Klinik 4 Schmerzen und Schwellung des Fußinnenrandes
Therapie 4 symptomatisch: Einlagenversorgung mit Unterstützung des Längsgewölbes 4 ggf. Sportkarenz 4 Erkrankung heilt in der Regel folgenlos aus
Morbus Köhler II Definition 4 aseptische Nekrose des Mittelfußköpfchens II, III oder IV
Ätiologie 4 Durchblutungsstörung unklarer Genese 4 Durchlaufen werden Initial-, Kondensations-, Fragmentations- und Aufbaustadium
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 in der Regel sind Kinder und Jugendliche betroffen 4 Mädchen häufiger als Jungen
Klinik 4 geringe Schmerzen im Bereich der Mittelfußköpfchen
Therapie 4 symptomatisch: Einlagenversorgung mit retrokapitaler Abstützung 4 Erkrankung heilt in der Regel folgenlos aus
Apophysitis calcanei Definition 4 Osteonekrose der Kalkaneusapophyse (im Wachstumsalter)
Klinik 4 Schmerzhaftigkeit 4 ggf. lokale Schwellung der Kalkaneusapophyse
Therapie 4 symptomatisch: 5 Schonung 5 Weichpolsterung der Ferse 5 ggf. Gipsverband
Akzessorische Fußwurzelknochen Definition 4 akzessorische Knochen im Bereich der Fußwurzel: 5 Os tibiale externum (medial/plantarwärts des Os naviculare) 5 Os intermetatarseum 5 Os trigonum 5 Os vesalianum 5 Os peroneum
Klinik 4 lokale Druckbeschwerden (typisch: Os tibiale externum im Skischuh)
Therapie 4 Entlastung im Schuh 4 ggf. operative Entfernung
Hagelund-Exostose Definition 4 proximal dorsal gelegener Fersenhöcker
Klinik 4 lokaler Druckschmerz auf Höhe des Schuhrandes 4 kann ggf. zu Achillodynien führen
135 1.1 · Orthopädie
Therapie 4 Entlastung durch entsprechendes Schuhwerk 4 operative Abtragung
Plantarfasziitis und Fersensporn Definition 4 Plantarfasziitis: Entzündung der Plantarfaszie 4 Fersensporn: knöcherne Ausziehung an der Medialseite des Kalkaneus am Ansatz der Plantarfaszie (bei 10% der Bevölkerung nachweisbar)
Klinik 4 lokale Schmerzhaftigkeit am Ansatz der Plantarfaszie am Kalkaneus
Therapie 4 Einlagenversorgung mit Unterstützung des Längsgewölbes mit Aussparung bzw. Weichbettung entlang der Plantarfaszie 4 analgetisch-antiphlogistische Therapie mittels NSAR 4 Infiltration von Lokalanästhetika 4 Stoßwellentherapie 4 operative Therapie (selten): 5 Denervierung im Ansatzbereich der Plantarfaszie
Coalitio im Bereich der Fußknochen Definition 4 angeborene knöcherne oder knorpelige Verbindung zwischen einzelnen Fußknochen, meist zwischen: 5 Kalkaneus und Navikulare 5 Kalkaneus und Talus 5 Talus und Navikulare
Klinik 4 knöcherne Verbindungen können die Ursache eines nicht korrigierbaren Knick-Platt-Fußes sein 4 evtl. Schmerzen
Therapie 4 Operation bei ausgeprägter Fußfehlstellung und bei Beschwerden: 5 frühe Diagnose und mäßig ausgeprägtem Befund: J operative Lösung der Verbindung und Einbringen von Fettgewebe als Interposition 5 späte Diagnose und/oder ausgeprägtem Befund: J Korrekturarthrodese
Morton-Interdigitalneuralgie Definition 4 Neurombildung zwischen den Metatarsalköpfchen beim Spreizfuß verursacht durch eine chronisch mechanische Reizung
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Klinik 4 stechende, plötzlich auftretende Beschwerden zwischen den Metatarsaleköpfchen (meist zwischen II und III) 4 ausgeprägte lokale Druckdolenz 4 Schmerzprovokation durch Kompression der Metatarsaleköpfchen
Diagnostik 4 MRT
Differenzialdiagnose 4 Metatarsalgien beim Spreizfuß
Therapie 4 Allgemeinbehandlung des Spreizfußes 4 Instillation von Lokalanästhetika 4 operative Exzision des Neuroms
Tarsaltunnelsyndrom Definition 4 Kompression des N. tibialis am Eintritt in den Tarsaltunnel am Innenknöchel
Ätiologie 4 4 4 4
Entzündungen Traumata venöse Stauungen funktionelle Ursachen
Klinik 4 nächtliche Dysästhesien im Bereich der Fußsohle und Zehen 4 Auslösung der Dysästhesien durch Perkussion des Nervs im Tarsaltunnel 4 Druckschmerzhaftigkeit am Innenknöchel
Diagnostik 4 EMG: Quantifizierung
Therapie 4 Abstützung des Fußlängsgewölbes 4 operative Dekompression
Tibialis-posterior-Sehnen-Insuffizienz Definition 4 aufgrund einer Insuffizienz des M. tibialis posterior kommt es zum progredienten Knick-Senk-Fuß
137 1.1 · Orthopädie
Klinik 4 Schmerzen medialer Malleolus und ins mediale Fußgewölbe ausstrahlend 4 Schwellung entlang des Verlaufes des M. tibialis posterior 4 Verringerung des Längsgewölbes und Entwicklung eines Plattfußes 4 »toe many toes sign«: von hinten sind lateral des Fußes mehrere Zehen zu sehen 4 Zehenspitzengang auf einem Bein nicht möglich 4 Stadieneinteilung: nach Johnson und Strom
Risikofaktoren 4 4 4 4 4
weibliches Geschlecht (w:m = 3:1) >40 Jahre weiße Hautfarbe Übergewicht Bluthochdruck
Therapie 4 konservativ: 5 NSAR 5 Gewölbestützende Einlagen 5 Innenschuhorthese zur Stabilisierung des Rückfußes 4 operativ: 5 Stadium 1 (Tenosynovitis ohne Deformität): J Tenosynovektomie 5 Stadium 2 (verlängerte degenerierte Tibialis-posterior-Sehne mit flexiblem Knick-Senk-Fuß, Zehenspitzengang eingeschränkt möglich): J Transfer des Flexor digitorum longus J ggf. in Kombination mit knöchernen Eingriffen (Verlängerung laterale Säule: Kalkaneus, Verlagerung Tuber calcanei, Arthrodese USG) 5 Stadium 3 (verlängerte degenerierte Tibialis-posterior-Sehne mit fixiertem Knick-Senk-Fuß, Zehenspitzengang nicht möglich, keine Arthrose): J Arthrodese USG 5 Stadium 4: (verlängert degenerierte Tibialis-posterior-Sehne mit fixiertem Knick-Senk-Fuß, Zehenspitzengang nicht möglich, Arthrose): J Tripel-Arthrodese
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
1.1.9
Kinderorthopädie S. Schröder, H. Delbrück
Hüftgelenkdysplasie und Hüftgelenkluxation Definition 4 Hüftgelenkdysplasie: angeborene Fehlanlage oder erworbene Fehlentwicklung des Hüftgelenks, vorrangig der Hüftpfanne (Pfannendysplasie) mit begleitender Fehlanlage bzw. Fehlentwicklung des koxalen Femurendes im Sinne einer Steilstellung und/oder Vorwärtsdrehung des Schenkelhalses (Coxa valga/antetorta) → morphologische Diagnose 4 Hüftgelenkluxation: partielle (Subluxation) oder komplette (Luxation) Dislokation des Hüftkopfes aus der Pfanne → klinische Diagnose
Epidemiologie 5 w:m = 4:1
Risikofaktoren 4 4 4 4 4 4
Beckenend-/Steißlage Oligohydramnion Fußanomalitäten familiäre Disposition hohes Geburtsgewicht intrauterine räumliche Enge
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 Abspreizdefizit 5 Oberschenkelverkürzung 5 Ortolani-/Barlow-Zeichen positiv 5 Luloff-Zeichen positiv 5 Faltenasymmetrie → unspezifisch, findet sich bei 30% aller Neugeborenen 4 Sonographie: 5 Standardmethode 5 knöchernes und knorpeliges Pfannendach werden beurteilt → Erkermethode 5 Teil der U3 in Deutschland 5 Baby in Seitenlage 5 Beurteilung qualitativ und quantitativ 5 α-Winkel (definiert zwischen der Geraden durch die Y-Fuge tangential zum Pfannenerker und dem lateralen Rand des Os ilium) → Quantifikation knöcherne Formgebung 5 β-Winkel (definiert durch die Gerade der Verbindungslinie Labrum acetabulare/Pfannenerker und lateralem Rand des Os iliums) → Quantifikation knorpelige Überdachung
139 1.1 · Orthopädie
4 Röntgen: 5 ab dem 1. Lebensjahr 5 Bestimmung von: J AC- und CE-Winkel J Reimers-Index J Shenton-Ménard-Linie
1
Eigene Notizen
Einteilung der Hüfgelenktypen (nach Graf) Alpha
Beta
Typ
Knöcherner Erker
Knorpeliger Erker
Therapieempfehlung
>60
<55
Ia
eckig
(weit) übergreifend
entfällt
>60
>55
Ib
stumpf
(kurz) übergreifend
entfällt
50-59
>55
IIa (bis einschließlich 3 LM)
rund
übergreifend
Kontrolle in der Regel ausreichend
50-59
>55
IIb (nach 3. LM)
rund
übergreifend
Abspreizbehandlung
43-49
<77
unter Stress: <77 IIc stabil, >77 IIc instabil
rund bis flach
noch übergreifend
Abspreizbehandlung
43-49
>77
D
rund bis flach
verdrängt
sichere Fixation
<43
>77
IIIa/IIIb
flach
verdrängt ohne/mit Strukturstörung
Reposition/ Fixation
<43
nicht messbar
IV
flach
nach kaudal verdrängt
Reposition/ Fixation
Therapie Abhängig vom entsprechenden Stadium, der möglichen manuellen Reposition und vom Alter des Kindes: 4 Hüftdysplasie Typ II a-, Typ IIb und Typ IIc stabil: 5 Spreizhose 4 Hüftdysplasie Typ IIc instabil, Typ D, manuell reponible Hüftluxationen Typ III und Typ IV: 5 manuelle Reposition 5 danach Fettweiss-Gips oder Pawlick-Bandage 4 irreponible Hüftluxation: 5 offene Reposition 4 älteres Kind mit Hüftdysplasie je nach Alter und Befund knöcherne Operation: 5 Salter Beckenosteotomie:
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
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J Osteotomie oberhalb des Iliums oberhalb der Hüfte, die Hüftgelenkpfanne wird über die Symphyse nach außen vorn über den Kopf gestülpt J Fixierung mit einem Knochenkeil und Kirschner-Drähte Pfannendachplastik (z.B. Pemberton, Dega): J ein Knochenkeil wird oberhalb des Pfannenerkers eingebracht J das Pfannendach nach unten außen über die Y-Fuge umgebogen Chiari-Beckenosteotomie (das Chiari-Pfannendach hat keinen knorpeligen Überzug und eine knöcherne Lücke dorsal): J Osteotomie des Beckens am Ansatz der Gelenkkapsel in medial ansteigender Richtung J Hüftgelenk in Relation zum proximalen Darmbein medialisiert Femurosteotomie bei verstärkter Antetorsion und Steilstellung des Femurs: J Derotation und Variation des Femurs, häufig in Kombination mit Salter-Beckenosteotomie Pfannenschwenkoperation, z.B. Triple-Osteotomie: J Osteotomie von Darm-, Sitz- und Schambein (aufgrund von fehlender Elastizität im Alter keine Salter-Beckenosteotomie mehr durchführbar)
Morbus Perthes Definition 4 aseptische Hüftkopfnekrose unklarer Genese bei ansonsten gesunden Kindern 4 Erkrankung läuft stadienhaft ab
Epidemiologie 4 4 4 4
Altersgipfel: 5.–6. Lebensjahr m:w = 4:1 Inzidenz: 1:1200 10–20% beidseits
Klinik 4 4 4 4
Schmerzen in der Hüfte, ausstrahlend in Knie und Bein humpelndes Gangbild Beinverkürzung eingeschränkte Beweglichkeit Hüftgelenk, insbesondere Rotation und Abduktion 4 Glutealinsuffizienz (positives Trendelenburg-Zeichen) 4 positives Vierer-Zeichen
Diagnostik 4 Sonographie der Hüfte: 5 Erguss im Initialstadium 4 Röntgen: 5 Becken und Lauenstein beidseits
141 1.1 · Orthopädie
4 Labor: 5 Entzündungsparameter 4 ggf. MRT
Klassifikationen Siehe . Tabellen Waldenström-Stadien Initialstadium
Gelenkspalt verbreitert, Hüftgelenkerguss
Kondensationsstadium
Verdichtung des Knochens, subchondrale Frakturen
Fragmentationsstadium
Zerfall des Hüftkopfes
Reparationsstadium
Wiederaufbau des Hüftkopfes
Einteilung nach Catterall Stadium 1
Hüftkopfnekrose im anterolateralen Quadranten
Stadium 2
Hüftkopfnekrose im vorderen Drittel des Hüftkopfes
Stadium 3
¾ des Hüftkopfes sind von der Hüftkopfnekrose betroffen
Stadium 4
der ganze Hüftkopf ist betroffen
Einteilung nach Herring Stadium A
lateraler Pfeiler ist betroffen
Stadium B
>50% der Höhe des lateralen Pfeilers erhalten
Stadium C
>50% der Höhe des lateralen Pfeilers erhalten
Risikofaktoren 4 radiologische Risikofaktoren 5 Verkalkungen lateral des Hüftkopfes 5 Subluxation des Hüftkopfes (Lateralisierung des Hüftkopfes) 5 metaphysäre Mitbeteiligung 5 »Gage-Zeichen« (dreieckförmige Osteopenie im lateralen Kopfanteil) 5 Horizontalisierung der Epiphysenfuge 5 Hinge-Abduktion-Phänomen 4 klinische Risikofaktoren 5 korpulentes Kind 5 eingeschränkte Hüftbeweglichkeit 5 Adduktionskontraktur Hüfte 5 Alter >8 Jahre
Therapie 4 Abhängig von: 5 Alter 5 Containment
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 klinischen und radiologischen Risikofaktoren 5 der Beweglichkeit der Hüfte und 5 dem Stadium nach Catterall und Herring 4 konservativ: 5 Vermeidung der Stoßbelastung (kein Laufen, kein Springen) 5 Vermeidung von längeren Gehstrecken 5 bei akuten Beschwerden ggf. zeitlich begrenzte Entlastung sowie Gabe von Ibuprofen 5 Krankengymnastik zur Verbesserung der Beweglichkeit 5 ggf. Traktionsbehandlung 4 operativ zur Verbesserung des Containments: 5 Beckenosteotomien nach Salter 5 Tripel-Beckenosteotomie nach Tönnis 5 derotierende varisierende Umstellungsosteotomie proximales Femur 5 Adduktorentenotomie 5 Valgisationsextensionsosteotomien proximales Femur bei »hinge abduction« 5 Kombination verschiedener OP-Verfahren
Differenzialdiagnose 4 4 4 4
Koxitis (unspezifisch, rheumatisch, spezifisch) Koxitis fugax epiphysäre Dysplasie (Morbus Ribbing) hormonelle Dysfunktion
Epiphysiolysis capitis femoris Definition 4 Dislokation der proximalen Femurepiphyse nach distal dorsal
Ätiologie und Inzidenz 4 4 4 4 4 4
Alter: 9. Lebensjahr bis Wachstumsabschluss m:w = 3:1 Inzidenz: 1:100000 40% beidseits 20% initial beidseits, 41% innerhalb von 2 Jahren beidseits Formen: 5 akut: Anamnesedauer <2 Wochen 5 chronisch: Anamnesedauer >2 Wochen 5 akut auf chronisch: Anamnesedauer >2 Wochen mit akuter Verschlimmerung
Klinik 4 Bewegungseinschränkung (vor allem Innenrotation) 4 Schmerz bis zur Belastungsunfähigkeit (vor allem Knieschmerzen) 4 positives Drehmann-Zeichen (das Bein wird in Außenrotation gehalten)
143 1.1 · Orthopädie
Diagnostik 4 Röntgen: 5 immer in 2 Ebenen, da ECF in a.-p. Aufnahme nicht immer erkennbar 4 Sonographie: 5 im Frühstadium ggf. Erguss
Komplikationen 4 avaskuläre Nekrose des Femurkopfes 4 Chondrolyse 4 sekundäre Koxarthrose
Therapie 4 akute Hüftkopflösung: 5 notfallmäßige Reposition mit Hämatomentlastung 5 Drahtspickung oder Verschraubung 4 Lenta-Form <30: 5 Drahtspickung und Verschraubung 4 Lenta-Form >30: 5 Fixation der Epiphyse und korrigierende Osteotomie (nach Imhäuser (flektierend/valgisierend/derotierend oder subkapital; Gefahr der Kompression der zum Hüftkopf führenden Gefäße) 4 prophylaktische Spickung oder Verschraubung der Gegenseite
Coxitis fugax Definition 4 nichtinfektiöse Entzündung des Hüftgelenks, die zur Synovialitis mit Erguss führt (kein Erregernachweis)
Ätiologie und Inzidenz 4 Begleiterscheinung eines Virusinfektes der oberen Luftwege (80%) oder des Gastrointestinaltraktes 4 Inzidenz: 1:1000 4 Alter: 5–8 Jahre 4 w:m = 1:2,5
Diagnostik 4 Anamnese (vorausgegangener Virusinfekt) 4 Sonographie: 5 Hüftgelenkerguss 4 Labor: 5 Entzündungswerte: Ausschluss einer septischen Koxitis 4 Röntgen: 5 Ausschluss eines Morbus Perthes 4 ggf. MRT bei Beschwerdepersistenz 4 ggf. rheumatische Abklärung bei Beschwerdepersistenz oder rezidivierendem Auftreten
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 4 4 4 4
Schonung ggf. Entlastung an Unterarmgehstützen NSAR Kontrolle nach 1, 3 und 5 Tagen bei Beschwerdepersistenz weitere Abklärung
Septischer Hüftgelenkinfekt Definition 4 eitrige Entzündung des Hüftgelenks 4 Notfall 4 häufig nach vorausgegangenem Infekt der oberen Atemwege
Klinik 4 4 4 4
Kind ist krank Fieber ggf. grampositive Kettenkokken in der Blutkultur schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Hüfte, Kind möchte nicht laufen
Diagnostik 4 4 4 4
Sonographie: Erguss des Gelenks Labor: erhöhte Entzündungswerte Röntgen: unauffällig MRT: 5 Epiphyse ggf. nicht durchblutet 5 Gelenkerguss 5 ggf. Abszedierung 5 muskuläre Einschmelzung
Therapie 4 ! Cave Notfall in der Kinderorthopädie 4 Entlastung und Spülung des Hüftgelenks (bei Unsicherheit ggf. Punktion der Hüfte in OP-Bereitschaft) 4 stationäre Aufnahme 4 keimspezifische i.v. Antibiotikagabe 4 im Verlauf MRT-Kontrolle (Osteomyelitis, Hüftkopfnekrose)
Antetorsionssyndrom Definition 4 Vorwärtstorsion des Schenkelhalses
Ätiologie 4 Coxa antetorta gehört zur physiologischen Entwicklung der Hüfte
145 1.1 · Orthopädie
Klinik 4 häufiges Stolpern 4 begleitende Hüftdysplasie 4 Kniegelenkprobleme aufgrund von »kissing knees«
Diagnostik 4 klinisch: 5 innenrotiertes Gangbild mit vermehrter Innenrotationsfähigkeit im Vergleich zur Außenrotation 4 Röntgen: 5 Rippstein-I- und -II-Aufnahmen zur Bestimmung des Antetorsionswinkel des proximalen Femurs
Therapie 4 während des Wachstums spontane Normalisierungstendenz 4 nur in Ausnahmefällen eine derotierende Osteotomie notwendig
Osteochondrosis dissecans des Kniegelenks Siehe auch 7 Abschn. 1.1.7
Definition 4 aseptische Osteochondrose eines umschriebenen Gelenkflächenareals, die mit der Abstoßung eines Gelenkflächenfragmentes (Mausbett) enden kann
Inzidenz 4 11% beidseits 4 m:w = 2:1
Ätiologie 4 unbekannt 4 fraglich repetitive Mikrotraumatisierung des Knorpels beim sportlichen Kind
Klinik 4 4 4 4 4
belastungsabhängige Schmerzen Gelenkblockierungen (selten) Gelenkerguss oft asymptomatisch Hauptlokalisation: 80% mediale Femurkondyle (70% lateraler Anteil)
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen a.-p. und seitlich Tunnelaufnahmen nach Frick 4 MRT zur Beurteilung des Knorpel, der Vitalität und des Ausmaßes
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 konservativ: 5 bei offener Wachstumsfuge 5 Defekt <1,5 cm 5 wenn Dissekat nicht gelöst: J Sportverbot J ggf. Immobilisierung 4 operativ: 5 ggf. Anbohrung zur Verbesserung der Durchblutung 5 bei geschlossenen Fugen und größeren Defekten: J subchondrale Spongiosaumkehrplastik J Dissekatentfernung J autologe Chondrozytentransplantation
Rezidivierende Patellaluxation Siehe auch 7 Abschn. 1.1.7
Definition 4 rezidivierende Verrenkung der Kniescheibe nach lateral
Einteilung 4 angeborene Form: 5 Patella hypoplastisch 5 Kniestreckapparat nach lateral verlagert 5 Genu valgum 4 habituelle Form: 5 Kniescheibe verbleibt nur in Streckstellung im femoropatellaren Gleitlager. 5 Durch die vermehrte laterale Belastung entsteht eine hochgradige Dysplasie der Gelenkpartner. 4 traumatische Form: 5 ohne vorbestehende Dysplasie: selten 5 inadäquate Therapie kann zu rezidivierenden Luxationen führen
Klinik 4 angeborene Patellaluxation: 5 Palpationsbefund 5 eingeschränkte Streckfähigkeit des Oberschenkels 5 gleichzeitige Valgusstellung des Knies 4 habituelle Patellaluxation: 5 Lateralisation der Patella bei Beugung 4 posttraumatische Form: 5 bei rezidivierenden Luxationen besteht Fallneigung des Patienten
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen:
147 1.1 · Orthopädie
5 Patella-défilé-Aufnahmen zur Darstellung des Femoropatellargelenks tangential bei 30°, 60° und 90° 5 Darstellung von Subluxationen in verschiedenen Beugepositionen 5 Nachweis einer Dysplasie des Femurkondylus
Therapie 4 zunächst immer konservative Therapie: 5 Reposition 5 Ruhigstellung 5 Physiotherapie mit systemischen Auftrainieren des Quadrizeps und isometrischen und isotonischen Übungen 5 propriozeptives Training 4 bei Kindern: 5 weichteilzügelnde Operationen, um die Patella in Repositionsstellung zu halten; Voraussetzung für eine physiologische Entwicklung des femoropatellaren Gleitlagers 4 beim ausgewachsenen Skelett: 5 zusätzlich zu weichteilzügelnder Operation Versetzung der Tuberositas tibiae oder eine Plastik zur Rekonstruktion des dysplastischen Femurkondylus
Morbus Osgood-Schlatter Siehe auch 7 Abschn. 1.1.7
Definition 4 Osteochondrose der knorpeligen Tuberositas tibiae, die zu Ossifikationsverzögerungen eventuell mit Prominenz der Tuberositas tibiae oder auch zu Auslösung von freien Knochenpartikeln führen kann 4 Alter: 10.–15. Lebensjahren 4 in ca. ¼ der Fälle beidseitig
Ätiologie 4 Folge eines Ungleichgewichts zwischen Belastung und Belastbarkeit der Apophysenfuge 4 Folge von Mikrotraumen
Klinik 4 4 4 4
meist sportliche Jugendliche belastungsabhängige Schmerzen an der proximalen Tibia Druckschmerz an der Tuberositas tibiae ggf. Verdickung der Tuberositas tibiae
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen des Knies in 2 Ebenen: 5 Strukturauflockerung im Bereich der Tuberositas tibiae
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 konservativ: 5 NSAR 5 Vermeidung sportlicher Belastungen, bei fortgeschrittenen Veränderungen 5 ggf. Ruhigstellung im Gipstutor und Entlastung bis zur Schmerzfreiheit 4 operativ: 5 nach Wachstumsabschluss 5 ggf. Entfernung von freien Ossikeln (selten)
Morbus Sinding-Larsen-Johansson Definition 4 Osteochondrose des unteren Patellapols 4 Alter: meist zwischen 10.–12. Lebensjahr
Ätiologie 4 Überlastung des Ansatzes der Patellasehne am distalen Patellapol
Klinik 4 vorderer Knieschmerz 4 Schmerzen beim Laufen, Treppensteigen, Knien und bei Streckung gegen Widerstand 4 Druckschmerz an der Patellaspitze
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen: 5 Strukturunregelmäßigkeiten am distalen Patellapol
Therapie 4 konservativ: 5 Sportkarenz 5 ggf. kurzfristige Ruhigstellung in Streckstellung
Morbus Blount Definition 4 Wachstumsstörung der medialen Wachstumsfuge der Tibia, die zur Varusfehlstellung und Innenrotation der Tibia führt 4 prädisponierend: dunkelhäutige Kinder sowie Übergewicht
Klinik 4 O-Beinstellung der Unterschenkel mit innenrotiertem Gangbild
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen: 5 Knie a.-p. und seitlich: J Abwinklung der medialen Metaphyse der proximalen Tibia und Bildung eines schnabelartigen Fortsatzes
149 1.1 · Orthopädie
Therapie Von Alter und Ausmaß der Erkrankung abhängig: 4 bei noch kleinem Kind und mäßiger Ausprägung: 5 konservativ mittels Nachtlagerungsquengelschienen 5 bei stärkerer Ausprägung: J korrigierende Umstellungsosteotomie der proximalen Tibia (muss ggf. wiederholt werden) 4 bei stärkere Ausprägung und älterem Kind kurz vor Wachstumsabschluss: 5 zusätzlich zur korrigierenden Umstellungsosteotomie Epiphysiodese zur Vermeidung eines Rezidivs
Differenzialdiagnose 4 Rachitis
Transversale Reduktionsfehlbildungen Definition 4 Gliedmaßenfehlbildungen, bei denen in der Transversalebene Teile der oberen oder/und unteren Extremitäten nicht angelegt oder abgeschnürt sind
Ätiologie 4 4 4 4 4 4 4
intrauterine Infektionen Medikamente Schadstoffe Bestrahlung während Schwangerschaft Gendefekte häufig Ursache unbekannt
Therapie 4 Prothesenversorgung
Longitudinale Reduktionsfehlbildungen Definition 4 Minder- oder Fehlanlage einzelner Skelettabschnitte, die ausschließlich den proximalen bzw. distalen oder kombiniert proximalen und distalen Extremitätenabschnitt befallen 4 obere Extremität: 5 radiale Defekte 5 ulnare Defekte 5 zentrale Defekte (Spalthand) 5 intersegmentale Defekte (Phokomelie) 4 untere Extremität: 5 Fibulahypoplasie und -aplasie 5 Tibiahypoplasie und -aplasie 5 proximaler fokaler Femurdefekt (PFFD)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 in Abhängigkeit der Lokalisation und Ausprägung: 5 orthoprothetische Versorgung 5 rekonstruktive operative Maßnahmen (ggf. Verlängerungen, Achskorrekturen etc.)
Angeborener Klumpfuß Definition 4 fixierte Fußdeformität mit folgenden Teilkomponenten: 5 Spitzfuß- und Varusfehlstellung im Rückfuß 5 Adduktion und Pronation (in Relation zum Rückfuß) des Vorfußes 5 vermehrte Außenrotation der Knöchelgabel, typische Hautfältelung oberhalb der Ferse sowie über dem Fußinnenrand 4 in ca. der Hälfte der Fälle beidseits 4 Jungen sind zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Mädchen
Ätiologie 4 weitgehend ungeklärt 4 intrauterine Lageanomalie als mechanische Ursache nur Teilaspekt 4 neuromuskuläre Ursachen (Arthrogryposis multiplex congenita, Spina bifida, infantile Zerebralparese, Poliomyelitis, Charcot-Marie-ToothSyndrom etc.) 4 hereditäre Genese
Klinik 4 klinisch mit Spitzfuß, Hohlfuß, Fersenvarus, Sichelfuß, dorsale und mediale Hautfalte 4 schmale Wadenmuskulatur 4 leeres Fersenkissen
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen (Klumpfußaufnahmen: Fuß in maximaler Dorsalextension): 5 Parallelität von Talus und Kalkaneus in beiden Ebenen 5 Hochstand des Kalkaneus in der seitlichen Aufnahme
Therapie 4 Gipstherapie nach Ponseti mit perkutaner Achillotenotomie 4 nach Gipstherapie Versorgung mittels AFO- oder Alfa-Flex-Schiene 4 ggf. bei noch späterer restverbleibender Sichelfußkomponente: 5 Tibialis-anterior-Transfer (in ca. 20% der Fälle) 4 bei neurologischen Klumpfüßen: 5 ggf. peritalares Release 5 Sehnenverpflanzungen 5 knöcherne Korrekturosteotomien oder nach Wachstumsabschluss: Korrekturarthrodesen
151 1.1 · Orthopädie
Flexibler Knick-Senk-Fuß Definition 4 Verminderung des Fußlängsgewölbes, Rückfußvalgus, Abduktion des Vorfußes 4 sekundärer Knick-Senk-Fuß bzw. fixierter Knick-Senk-Fuß: 5 Coalitio der Tarsalknochen 5 Kollagenbildungsstörung (Marfan, Ehlers-Danlos-Syndrom) 5 unklare Bindegewebeschwäche 5 Os naviculare cornutum 5 Valgusfehlstellung der Tibia 5 bei neuromuskulären Erkrankungen (ICP, Spina bifida, Muskeldystrophie etc.)
Klinik Der flexible Knick-Senk-Fuß ist altersabhängig physiologisch: 4 Prävalenz: 5 18 Monate: 97% 5 5 Jahre: 80% 5 10 Jahre: 4% 4 meist keine Beschwerden 4 gelegentlich leichte Ermüdbarkeit, eingeschränkte Leistungsfähigkeit 4 Schmerzen beim Sport 4 familiäre Häufung 4 im Zehenspitzengang, Ausbildung eines normalen Fußgewölbes und Übergang des Rückfußvalgus in den Rückfußvarus 4 ggf. Wadenmuskelverkürzung 4 Schwielenbildung medialer Fußrand
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen (Fuß d.-p. und seitlich): 5 Erhöhung des Talokalkanearwinkels in beiden Ebenen 5 im Vergleich zum Talus verticalis in der seitlichen Aufnahme Reposition des Talus bei maximaler Plantarflexion
Therapie 4 abhängig von: 5 Alter 5 Ausprägungsgrad 5 ggf. vorliegenden Grunderkrankungen: 4 beschwerdefreier, flexibler Knick-Senk-Fuß bis zum Alter von 8 Jahren: 5 konservativ mittels Barfußlaufen 5 ggf. Dehnung der Wadenmuskulatur 4 flexibler Knick-Senk-Fuß bei Kindern älter als 8 Jahren: 5 bei Beschwerden und zunehmender Instabilität im Talonavikulargelenk: J konservativ: Einlagen (schalige gewölbestützende oder propriozeptive Einlagen) J operativ: intra- oder extraartikuläre subtalare Arthrorise, ggf. Kalkaneusverlängerungsosteotmie nach Evans
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 beim ausgewachsenen Patienten mit schmerzhaftem Knick-Senk-Fuß: 5 fußbettende gewölbestützende Einlage 5 ggf. operative Korrekturarthrodese
Talus verticalis Definition 4 Fixierte Fußdeformität mit 5 Luxation des Talus im Talonavikulargelenk 5 Spitzfußstellung des Kalkaneus 5 dorsalextendiertem Vorfuß 5 konvexem Fußgewölbe und 5 senkrecht zueinander stehendem Talus und Kalkaneus
Prävalenz 4 sehr selten 4 50% beidseitig 4 50% sekundär bei Arthrogryposis multiplex congenita oder anderen neuromuskulären Erkrankungen
Klinik 4 fixierter Knickplattfuß mit Fersenhochstand und umgekehrtem Längsgewölbe 4 Taluskopf zwischen Kalkaneus und Navikulare palpabel 4 leere Ferse (Kalkaneushochstand) 4 vermehrte Innenrotation von Talus und Knöchelgabe
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen (Fuß d.-p. und seitlich): 5 Kalkaneushochstand 5 komplette Dissoziation der Talo-Metatarsale-I-Achse 5 Erhöhung des Talokalkanearwinkels in beiden Ebenen 5 im Vergleich zum flexiblen Knick-Senk-Fuß: Reposition des Talus bei maximaler Plantarflexion in der seitlichen Aufnahme nicht möglich
Therapie 4 Gipsen in umgekehrter Ponseti-Methode nach Dott 4 operativ: 5 peritalares Release mit Kapsulotomie OSG/USG 5 Achillessehnenverlängerung 5 offene Reposition des Os naviculare 5 Verlängerung Peronealsehnen
Sichelfuß (Metatarsus varus) Definition 4 meist flexible Adduktionsstellung des Vorfußes bei gleichzeitiger Neutral- oder leichter Valgusstellung des Rückfußes ohne Verkürzung der Wadenmuskulatur
153 1.1 · Orthopädie
Ätiologie 4 Lagerung und/oder Platzmangel in utero 4 Bauchlagerung mit in Vorfußadduktion liegenden Füßen
Therapie 4 1.–3. Lebensmonat: 5 abwarten, verschwindet meist wieder von allein 5 bei Persistenz ggf. Gipstherapie 4 beim älteren Kind und Persistenz: 5 Drei-Backen-Einlagen 5 Nachtlagerungsschienen 4 bei Bauchschläfern: Schaumstoffringe zur Lagerung 4 selten operative Maßnahmen: 5 zuklappende Osteotomie des Os cuboideum 5 aufklappende Osteotomie des Os cuneiforme mediale 5 valgisierende metatarsale Basisosteotomien
Ballenhohlfuß Definition 4 Akzentuierung des Fußlängsgewölbes, Steilstellung des 1. Strahles, die unter Belastung zur Varusstellung des Rückfußes führt, sowie Klauenstellung der Zehen 1–5
Ätiologie 4 meist neuromuskuläre Ursache mit einem Muskelungleichgewicht, mit Schwäche der intrinsischen Fußmuskulatur und des M. tibialis anterior (Charcot-Maria-Tooth-Erkrankung) 4 oft erst nach dem 10. Lebensjahr auftretend 4 Restdeformität eines Klumpfußes
Therapie 4 konservativ: 5 mittels spezifischer Fußbettung 5 Orthesen 5 Nachtlagerungsschienen 5 Physiotherapie 4 operativ: 5 Extensionsosteotomie des Metatarsale I basisnah 5 valgisierende Kalkaneusosteotomie 5 Sehnenverlagerung (M. tibialis posterior) 5 ggf. korrigierende Chopartgelenkarthrodese bei irreponiblem Hohlfuß
Spitzfuß Definition 4 Fehlstellung des Fußes mit fixierter Plantarflexionsstellung des OSG, Verkürzung der Wadenmuskulatur/Achillessehne
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Ätiologie 4 neurogen: 5 ICP 5 Duchenne-Muskeldystrophie etc. 4 idiopathisch: 5 Tic
Klinik 4 Kind läuft auf Zehenspitzen, initialer Fersenkontakt nicht möglich 4 verkürzte Wadenmuskulatur/Achillessehne
Therapie 4 abhängig, ob funktioneller oder struktureller Spitzfuß und von der Ausprägung: 4 konservativ: 5 Physiotherapie 5 Redressionsgipse 5 Gehorthesen 5 Nachtlagerungsquengelschienen 5 Injektion von Botulinumtoxin 4 operativ: 5 Verlängerung Wadenmuskulatur 5 Verlängerung Achillessehne
Angeborener muskulärer Schiefhals Definition 4 durch einseitige Verkürzung des M. sternocleidomastoideus hervorgerufene Zwangshaltung des Kopfes
Ätiologie 4 noch nicht ganz geklärt: 5 Persistenz einer intrauterine Zwangshaltung 5 Kompartmentsyndrom des M. sternocleidomastoideus, welches im Rahmen einer verzögerten Geburt auftritt 5 Einblutungen in den M. sternocleidomastoideus durch iatrogene Überstreckung und Drehung des Kopfes unter der Geburt. Das Hämatom wird im weiteren Verlauf unter fibrotischer Verkürzung der betroffenen Muskelfasern organisiert.
Klinik 4 infolge der einseitigen Verkürzung des M. sternocleidomastoideus ist der Kopf zur erkrankten Seite geneigt und zur Gegenseite rotiert 4 M. sternocleidomastoideus als derber Strang im Seitenvergleich tastbar 4 im weiteren Verlauf Auftreten einer Asymmetrie des Gesichtes, eine sog. »Gesichtsskoliose«
155 1.1 · Orthopädie
Differenzialdiagnose 4 otogene Ursachen: z.B. einseitige Schwerhörigkeit 4 ophthalmologische Ursachen: z.B. Parese des M. obliquus superior 4 ossäre Ursachen: z.B. Keilwirbel
Therapie 4 konservativ: 5 Krankengymnastik auf neurophysiologischer Basis (z.B. nach dem Vojta-Konzept) 5 Lagerung des Kopfes zur Gegenseite 4 operativ: 5 möglichst gegen Ende des 1. Lebensjahrs biterminale Tenotomie des M. sternocleidomastoideus
Grisel-Syndrom Definition 4 akuter teilweise schmerzhafter Schiefhals aufgrund einer atlantoaxialen Rotationssubluxation, die im Anschluss an eine Entzündung oder Operation im Nasen-Rachen-Raum auftritt
Klinik 4 akuter schmerzhafter Schiefhals 4 schmerzhafte Lymphknotenschwellung Halsregion 4 erhöhte Entzündungswerte können auf einen Infekt hindeuten
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen: 5 im seitlichen Bild ist u.U. eine atlantoaxiale Subluxation erkennbar 5 bei asymmetrischen Befall wird eine Rotationskomponente beobachtet, die mittels CT verifiziert werden kann
Therapie 4 Ruhigstellung in einer Halsorthese unterstützt mittels Antiphlogistika 4 bei fehlendem Rückgang des Beschwerdebildes sowie keiner spontanen Reposition nach 1 Behandlungswoche: 5 intensive Physiotherapie und Traktionsbehandlung mit anschließender Ruhigstellung für 4 Wochen 4 selten Operation bei Persistenz
Klippel-Feil-Syndrom Definition 4 durch Segmentationsfehler bedingte Verschmelzung von 2 oder mehr Wirbeln der Hals- und oberen Brustwirbelsäule
Klinik 4 kurzer Hals und tiefer Haaransatz 4 eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule 4 ggf. Begleitanomalien weiterer Organsysteme (Nierenfehlbildungen, angeborene Herzerkrankungen)
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Diagnostik 4 klinisch 4 Röntgen
Therapie 4 konservativ: 5 Versuch mittels Physiotherapie die Beweglichkeit zu verbessern und die Halswirbelsäule zu stabilisieren 4 operativ: 5 selten operative Aufrichtung 5 Operation wird im Wesentlichen bei Instabilitätsproblemen notwendig
Sprengel-Deformität Definition 4 angeborener Hochstand des Schulterblattes 4 meist einseitig 4 häufig besteht zwischen unterer HWS und dem Angulus superior scapulae eine fibröse knorpelige oder knöcherne Verbindung (Os omovertebrale) 4 in ca. 70% weitere Fehlbildungen wie u.a. Skoliose, Diastematomyelie, Wirbelfehlbildungen, Klippel-Feil-Syndrom etc.
Ätiologie 4 Wanderungsprozess der Skapula zwischen der 5. und 10. Entwicklungswoche von der unteren Halsregion zur hinteren Thoraxwand ist unterbrochen 4 Ursache ist unklar
Klinik 4 Asymmetrie der Schulterkontur 4 gelegentlich tastbares Os omovertebrale 4 eingeschränkte Beweglichkeit des »Schulter-Thorax-Gelenks«, was vor allem bei Abduktion auffällt 4 verkleinerte Skapula 4 unterentwickelte Muskulatur
Therapie 4 konservativ: 5 Physiotherapie zur Verbesserung der Beweglichkeit 4 operativ: 5 bei ausgeprägtem Schulterhochstand operative Distalverlagerung der Skapula, Funktionsverbesserung häufig aber nur gering
Plexus-brachialis-Verletzung Definition 4 durch Geburtstrauma kommt es zur Schädigung des Plexus brachialis
157 1.1 · Orthopädie
Einteilung 4 4 4 4
obere Plexuslähmung (Erb-Lähmung): C5–6 untere Plexuslähmung (Klumpke-Lähmung): C8 und Th1 komplette Armplexusparese Lähmungsmuster C7
Klinik 4 Erb-Lähmung (häufiger): 5 M. deltoideus 5 M. supraspinatus 5 M. infraspinatus 5 M. teres minor 5 M. extensor digitorum und pollicis 5 M. biceps 5 M. brachialis 4 Klumpke-Lähmung (seltener): 5 Hand- und Fingerbeuger 5 Fingerspreizer 4 Horner-Syndrom: 5 Verletzung des gleichseitigen Sympathikus (Ptosis, Miosis, Enophthalmus)
Therapie 4 Säuglingsalter bis 3 Monate: 5 Physiotherapie 4 Säuglingsalter ab 3 Monate: 5 Deltoideus schwach: J Myelographie und MRT J ggf. mikrochirurgische Nervenrekonstruktion: Nervennaht oder Nerveninterposition 5 Deltoideus erholt: abwarten 4 Schulalter: 5 Korrekturosteotomien 5 Muskeltransfers
Rezidivierende Schulterluxation Siehe auch 7 Abschn. 1.1.5
Definition 4 Instabilität des Schultergelenks mit Folge einer häufigen Luxation des Humeruskopfes
Einteilung 4 habituelle Schulterluxation: 5 multidirektionale Instabilität 5 meist beidseitig aufgrund einer: J Dysplasie von Humeruskopf und Cavitas glenoidalis oder J allgemeinen Bindegewebeschwäche (z.B. Ehler-Danlos-Syndrom)
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 posttraumatische Schulterluxation: 5 rezidivierende Schulterluxation nach Trauma 5 meist einseitig auftretend 4 willkürliche Schulterluxation: 5 Kinder sind in der Lage, die Luxation beliebig vorzuführen auf Anfrage
Diagnostik 4 MRT: 5 habituellen Form: J Nachweis der Dysplasie von Humeruskopf und Cavitas glenoidalis 5 traumatischen Form: J Nachweis der Kapselläsionen
Therapie 4 habituelle Luxation: 5 bei häufig auftretenden Luxationen (>5 pro Jahr): J operativ (Weichteiloperationen) 5 posttraumatisch rezidivierende Luxation: J arthroskopisch oder J offen durchgeführte Refixation des Labrum glenoidale 4 willkürliche Luxation: 5 gezieltes Muskeltraining 5 Biofeedbackmethoden 5 Vermeidung luxationsfördernder Bewegungen
Infantile Zerebralparese (ICP) Definition 4 kein einheitliches Krankheitsbild 4 Störung der Haltungs- und Bewegungsfunktionen infolge einer stattgehabten nicht progredienten Schädigung des sich entwickelnden unreifen Gehirns und des 1. Motorneurons
Ätiologie 4 Entstehung der Schädigung: 5 pränatal, z.B. intrauterine Infektionen 5 perinatal, z.B. Nabelschnurprobleme 5 postnatal, z.B. Meningitis, Enzephalitis, Hirnblutungen 4 als Ausdruck der zentralen Störung liegen oft Mehrfachbehinderungen vor: 5 Intelligenzminderung 5 Perzeptionsstörungen 5 Verhaltensauffälligkeiten 5 Seh- und Hörstörungen 5 Anfallsleiden 5 vegetative Störungen
159 1.1 · Orthopädie
Einteilung 4 Lähmungsformen 5 spastische Lähmungen: 75%, die häufigste hypertone Bewegungsstörung: J Kokontraktion von Agonisten und Antagonisten, dadurch verlangsamter Bewegungsablauf J durch das Muskelungleichgewicht entstehen zahlreiche muskuläre Kontrakturen und später Gelenkfehlstellungen 5 Athetosen: 10%: J unwillkürliche, langsame verkrampfte Bewegungen, die unter emotionaler Anspannung sich verstärken und im Schlaf verschwinden J typisch für den Kernikterus 5 Ataxien: 15%: J infolge Kleinhirnschädigung J Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen stehen im Vordergrund 4 Topographische Verteilung 5 Hemiparesen: J Lähmungen einer Körperhälfte, obere Extremität ist häufiger betroffen als die untere J vermehrtes Auftreten mit gleichzeitigem Anfallsleiden J Störung der Handfunktion J Gehfähigkeit beeinträchtigt (hinken) J Kinder richten sich aber zeitgemäß auf 5 Diparesen: J überwiegende Lähmung der Beine bei gleichzeitiger feinmotorischer Störung der Arme J Meilensteine der motorischen Entwicklung werden deutlich später erreicht J später Laufbeginn J oft Orthesenversorgung notwendig J häufiges Auftreten von Schielen J Intelligenz kann normal sein 5 Tetraparesen: J globale Lähmung von Arm, Beinen und Rumpf J meist liegt eine geistige Behinderung vor J nur 10% der Kinder werden gehfähig J überwiegende Teil ist sitzfähig
Klinik 4 spastisch veränderter Muskeltonus: 5 Ruhe-Hypotonie 5 bei motorisch oder emotionaler Aktivität oder Intention kommt es zur spastischen Tonuserhöhung 4 Kokontraktionen: 5 paretische Antagonisten und Agonisten spannen gleichzeitig an
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Muskeleigenreflexe: 5 gesteigerte Reflexe 5 positive Pyramidenzeichen 4 Entstehen von muskulären Kontrakturen, z.B.: 5 Adduktionskontraktur der Hüften 5 Beugekontraktur in den Knien 5 Spitzfüße 4 Entstehen von Gelenkfehlstellungen: 5 Hüftdysplasie 5 Antetorsion des Schenkelhalses 5 Skoliose
Therapie 4 abhängig von: 5 Alter des Kindes 5 Art und Ausmaß der ICP 4 notwendig ist eine interdisziplinäre Betreuung durch Neuropädiater und Kinderorthopäden 4 konservativ: 5 Physiotherapie 5 Redressionsgipstherapie 5 Injektion von Botulinumtoxin 5 systemische medikamentöse Therapie (z.B. mit Baclofen) 5 Orthesenversorgung/Hilfsmittelversorgung 4 operativ: 5 weichteilig: Muskel- und Sehnenverlängerungen und -verlagerungen 5 knöchern: Korrektur von Deformitäten
Skoliose Siehe auch 7 Abschn. 1.1.4
Definition 4 fixierte Seitverbiegung mit Torsion der Wirbelkörper (dreidimensionale Deformität)
Ätiologie 4 idiopathisch, unbekannte Ursache (ca. 85%) 4 Wirbelkörperfehlbildungen 4 neuromuskuläre Grunderkrankungen (ICP, Duchenne-Muskeldystrophie, Marfan-Syndrom etc.)
Inzidenz 4 idiopathische Skoliose: 5 ca. 1:100 5 Mädchen sind 4-mal häufiger betroffen als Jungen
161 1.1 · Orthopädie
Einteilung 4 idiopathischen Skoliose: 5 infantile: 0–5 Jahre 5 juvenile: 6–10 Jahre 5 adoleszente: ab 11 Jahre
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4
in der Regel keine Schmerzen Asymmetrie des Rückenprofils Asymmetrie der Taillendreiecke ggf. Schulterschiefstand ggf. Beckenschiefstand Asymmetrie des Standes der Schulterblätter beim Vornüberneigetest: Rippenbuckel, Lendenwulst ggf. Seitabweichung des Lotes von C7 in Richtung der Rima ani
Diagnostik 4 Röntgen (Wirbelsäulenganzaufnahme in 2 Ebenen mit Darstellung der Beckenkämme): 5 Ausmaß der Krümmung in der a.-p. Ansicht mittels der Winkelmaße nach Cobb 5 Ausmaß der Rotation der Wirbelkörper nach Nash und Moe 5 Bestimmung des Risser-Zeichen zur Beurteilung des Restwachstums
Therapie 4 abhängig von der Ätiologie, vom Ausmaß der Skoliose und vom zu erwartendem Restwachstum (Risser-Zeichen) 4 die Wahrscheinlichkeit der Progredienz ist umso höher, je früher die Skoliose auftritt und je stärker sie zum Zeitpunkt der Diagnose ist 4 Therapie der idiopathischen Skoliose: 5 <20°: Physiotherapie und sportliche Betätigung 5 20–40°: Korsetttherapie mit Physiotherapie und Sport 5 >40°: Operation (korrigierende Spondylodese)
Morbus Scheuermann Siehe auch 7 Abschn. 1.1.4
Definition 4 wachstumsbedingte 5 vermehrte Kyphose der BWS oder 5 vermehrte Kyphosierung im thorakolumbalen Übergang oder 5 lumbal mit Wachstumsstörungen an den Deck- und Grundplatten der Wirbelkörper 4 mit den Folgen: 5 Bandscheibenverschmälerung 5 Keilwirbel- und Rundwirbelbildung
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Ätiologie 4 4 4 4 4 4
Ursache ungeklärt gehäuft groß gewachsene Jugendliche sportliche Jugendliche: Ruderer, Geräteturnerinnen familiäre Disposition kollagene Stoffwechselstörungen konstitutionelle Haltung, endogene Faktoren
Klinik 4 thorakaler Scheuermann: 5 kaum Rückenschmerzen 5 nicht ausgleichbare Hyperkyphose 4 lumbaler Scheuermann: 5 Rückenschmerzen 5 Hypolordose 5 verkürzte Ischiokruralmuskulatur
Diagnostik 4 Röntgen, Kriterien für die Diagnose Scheuermann: 5 thorakal: J keilförmige Deformierung von 5° bei 3 aufeinanderfolgenden Wirbelkörpern im Bereich des Kyphosescheitels J Vergrößerung des a.-p. Durchmesser der BWK, pathologisch >40° 5 lumbal: J Aufhebung der lumbalen Lordose J Verschmälerung des Bandscheibenraumes J Ausbildung von Schmorl’schen Knoten und Randleistenhernien
Therapie 4 konservativ: 5 Physiotherapie (Kräftigung Rückenstrecker, Haltungsschulung) 5 ggf. Korsett 4 operativ: 5 selten 5 ab 70° in der BWS: Korrekturspondylodese
Prognose 4 Kyphosewinkel bis 60° im Bereich der BWS: 5 meist keine Spätschäden zu erwarten 4 Kyphosewinkel >65° und tief sitzendem Scheitelwinkel: 5 Gefahr der Progredienz im Erwachsenenalter 5 Schmerzen und Bandscheibenprobleme 4 lumbaler Scheuermann: 5 schlechtere Prognose mit gehäuft auftretenden lumbalgieformen Beschwerden 5 Bandscheibenprobleme
163 1.1 · Orthopädie
Spondylolisthese Siehe auch 7 Abschn. 1.1.4
Definition 4 Spondylolyse: Spaltbildung der Pars interarticularis des Wirbelbogens 4 Spondylolisthese: Ventralverschiebung und Verkippung des kranialen gegenüber dem kaudalen Wirbel
Ätiologie und Inzidenz 4 6% der mitteleuropäischen Bevölkerung 4 Neugeborene: 5 kein Auftreten 5 entsteht erst nach Vertikalisierung als Ermüdungsfraktur der Pars interarticularis 4 vermehrtes Auftreten bei Kindern, die hyperlordisierende Sportarten betreiben (turnen, Trampolin springen, Speerwerfen, Delphinschwimmen)
Klinik 4 oft asymptomatisch 4 oft röntgenologischer Zufallsbefund
Diagnostik 4 Röntgen: 5 bei ausgeprägterem Befund: J Sprungschanzenphänomen J Nervenwurzelirritation mit Hüftlendenstrecksteife 5 Einteilung der Ventralverschiebung nach Meyerding: J Einstufung erfolgt anhand der Stellung der Wirbelkörperhinterkante in Relation zum in 4 Abschnitte eingeteilte Sakralplateau 5 Röntgen im 45°-Schrägbild: J Spondylolyse imponiert als »Halsband der Hundefigur« (ergibt sich durch die Projektion der Gelenkfortsätze, der Pedikel und des Dornfortsatzes) J bei beginnender Spondylolisthesis Sakralplateau S-förmig J bei fortgeschrittener Spondylolisthesis Sakralplateau kuppelförmig
Therapie 4 Meyerding Grad I–II ohne Beschwerden: 5 keine spezifische Therapie 5 Vermeidung von Sportarten mit rezidivierenden lordosierenden Übungen 5 frisch aufgetretene Spondylolysen (Szintigraphie) können durch Gipskorsett zur Ausheilung gebracht werden 4 Meyerding Grad I–II mit Beschwerden: 5 Korsett 4 Meyerding Grad III–IV: 5 operative Stabilisierung empfohlen
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
1.2
Unfallchirurgie
1.2.1
Allgemeine Frakturlehre P. Kobbe
Frakturätiologie 4 Traumatische Fraktur: Häufigste Frakturätiologie, bei der der Knochen im Rahmen eines Unfalls durch eine hohe Energieübertragung bricht. 4 Pathologische Fraktur: Der Knochen ist durch eine zugrunde liegende Pathologie (Knochentumore/-metastasen, primäre Osteoporose, sekundäre Osteoporose, . Tabelle) in seiner Festigkeit vermindert und bricht spontan oder durch ein inadäquates Trauma. Insbesondere die Inzidenz von osteoporotischen Frakturen nimmt durch die epidemiologische Entwicklung rasant zu. 4 Stressfrakturen: Dies sind sog. Ermüdungsfrakturen, die durch eine repetitive Überbelastung entstehen (typischerweise Marschfrakturen bei jungen Rekruten). Ursachen einer sekundären Osteoporose Medikamenteninduziert (Kortikosteroide, Antiepileptika, Antidepressiva) Hyperthyreose Hyperparathyreoidismus Renale Osteopathie Hypogonadismus Malnutrition/Malabsorption (Magersucht, Magenresektion)
Frakturzeichen, Frakturlokalisation, Frakturformen und -dislokation Frakturzeichen 4 Sichere Frakturzeichen: 5 Fehlstellung 5 sichtbare Knochenenden bei offener Fraktur 5 radiologischer Nachweis einer Fraktur 4 Weitere sichere Frakturzeichen: 5 abnorme Beweglichkeit 5 Krepitation (Knochenknirschen) bei Bewegung (> Memo Die Überprüfung dieser Frakturzeichen ist jedoch sehr schmerzhaft, gefährdet die umliegenden Weichteilstrukturen und ist daher obsolet.) 4 Unsichere Frakturzeichen: 5 Schmerz (Bewegungs-/Druck-/Ruheschmerz) 5 Hämatomschwellung 5 Schonhaltung (Functio laesa)
165 1.2 · Unfallchirurgie
Differenzialdiagnose 4 Prellung 4 Gelenkluxation 4 Verletzung von Muskeln, Sehnen und Bändern
Frakturlokalisation 4 4 4 4
Schaftfrakturen (Diaphyse) Gelenknahe Frakturen (Metaphyse) Gelenkfrakturen Etagenfrakturen (ein Knochen ist auf verschiedenen »Etagen« gebrochen)
Frakturformen Die Frakturform spiegelt häufig den Unfallmechanismus wider: 4 Quer- und Schrägfrakturen (Bruchwinkel >30°) sowie Stück- und Trümmerfrakturen: meist durch direkte äußere Gewalteinwirkung (z.B. Verkehrsunfall) 4 Spiral- und Biegungsfraktur: durch Dreh- und Biegekräfte, die auf den Knochen wirken (z.B. im Rahmen von Sportunfällen) 4 Kompressionsfrakturen an der Wirbelsäule: durch eine axiale Stauchung 4 Abrissfrakturen an Apophysen (Spina iliaca ant. sup. am Beckenkamm oder des Trochanter major) 4 Sonderformen bei kindlichen Frakturen (7 Abschn. 1.2.6): 5 Grünholzfraktur 5 Wulstbruch
Frakturdislokation 4 Achsfehlstellung (ad axim und ad latus) 4 Längenfehlstellung (ad longitudinem): zu kurz bei Trümmerzone 4 Rotationsfehlstellung (ad peripheriam)
Biologie der Knochenheilung 4 Unterscheidung zwischen: 5 direkter (primärer) Frakturheilung 5 indirekter (sekundärer) Frakturheilung 4 Art der Knochenheilung weitestgehend von 2 Faktoren abhängig: 5 Reposition (anatomisch versus nichtanatomisch) 5 Stabilität (absolut versus relativ) 4 Art der Frakturheilung hat keinen Einfluss auf die spätere Stabilität 4 die primäre Frakturheilung beansprucht mehr Zeit als die sekundäre Frakturheilung 4 eine Fraktur, die nach 6 Monaten nicht ausgeheilt ist, wird als Pseudarthrose (Falsch-/Scheingelenk) bezeichnet
Direkte (primäre) Frakturheilung 4 Frakturheilung erfolgt über das direkte Einwandern von Gefäßen aus den Frakturenden und Überbrückung der Frakturzone. 4 Voraussetzungen:
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 anatomische Reposition der Fraktur (Kontakt des Havers-Systems) 5 absolute Stabilität und Kompression der Frakturzone (Verhindert eine Zerstörung des sich regenerierenden Havers-Systems) 5 prinzipiell nur durch eine Kompressions-Plattenosteosynthese zu erreichen 4 direkte Frakturheilung ist erstrebenswert bei: 5 Frakturen mit Gelenkbeteiligung 5 Frakturen von Knochen, bei denen der voluminöse Kallus der sekundären Frakturheilung die Funktion einschränkt (z.B. Supination/Pronation bei Unterarmfrakturen)
Indirekte (sekundäre) Frakturheilung Die indirekte Frakturheilung ist erstrebenswert bei Schaftfrakturen von langen Röhrenknochen und erfolgt über die Ausbildung von Kallus über folgende Phasen: 4 Inflammationsphase: posttraumatisches Hämatom und Migration von Entzündungszellen 4 Granulationsphase: (beginnt 48–72 h nach Fraktur): 5 Organisation des Hämatoms durch einwachsende Fibroblasten, Kollagenfibrillen und Kapillaren 5 erste Brückenbildung zwischen den Frakturfragmenten durch das entstandene Granulationsgewebe (weicher Kallus) 4 Differenzierungsphase (beginnt 4–6 Wochen nach Fraktur): 5 Differenzierung des weichen Kallus zu hartem Kallus durch Bildung von verkalkter Knorpelsubstanz und einwandernden Osteoblasten 4 Remodellingphase: (beginnt 6 Wochen nach Fraktur): 5 Umbau des unreifen Faserknochens zu lamellärem Knochen und Rekonstruktion des medullären Gefäßsystems 5 Voraussetzungen: J keine anatomische Reposition der Fraktur (kein Kontakt des Havers-Systems) J relative Stabilität der Frakturzone (eine Regeneration des HaversSystems ist infolge der Mikrobewegungen nicht möglich) J Mikrobewegungen sind als Stimulus für die Kallusbildung zwingend erforderlich 4 Therapiemaßnahme: 5 konservative Therapie mittels Gipsruhigstellung oder 5 operative Versorgung mittels Marknagel
Prinzipien der Frakturbehandlung 4 > Memo Grundlage der Frakturbehandlung ist immer eine Reposition und anschließende Retention (Fixierung) des Knochens möglichst in anatomischer Stellung. 4 Reposition in: 5 Lokal-/Bruchspaltanästhesie 5 Leitungsanästhesie 5 Vollnarkose.
167 1.2 · Unfallchirurgie
4 Retention der Fraktur: 5 konservativ 5 operativ 4 Indikationen für eine operative Versorgung: 5 Gelenkbeteiligung mit einer Gelenkstufe >2 mm 5 offene Frakturen 5 Frakturen mit Störung der peripheren Durchblutung/Motorik/Sensibilität (pDMS) 5 Frühzeitige Mobilisierung zur Verhinderung von sekundären Komplikationen (z.B. Thrombose bei Schenkelhals-/pertrochantärer Fraktur) 4 Die im Rahmen der Frakturbehandlung erreichte Stabilität wird eingeteilt in: 5 lagerungsstabil (absolute Ruhigstellung ist indiziert) 5 übungsstabil (eine physiotherapeutisch kontrollierte Beübung ist möglich) 5 belastungsstabil (Teil- bis Vollbelastung ist möglich) 4 Konservative Behandlungsmaßnahmen: 5 Gipsruhigstellung (Gipsschiene oder zirkulärer Gips) 5 funktionelle Ruhigstellung (z.B. Aircast-Schiene) 4 Operative Behandlungsmaßnahmen: 5 Platten-/Schraubenosteosynthese 5 Marknagelung 5 Fixateur externe
Stoffwechselstörung und immunologische Antwort nach Trauma 4 Postaggressionsstoffwechsel: 5 hypermetabolische Stoffwechsellage nach schweren Verletzungen mit vermehrter Freisetzung antiinsulinerger, kataboler Hormone (z.B. Adrenalin, Cortisol, Glukagon), wodurch in das Blut eine große Menge an Energieträgern (v.a. Glukose, Proteine, freie Fettsäuren) freigesetzt wird 5 infolge einer zellulären Glukoseutilisationsstörung (periphere Insulinresistenz) kommt es trotz einer vermehrten Insulinfreisetzung zur Hyperglykämie 5 im Rahmen der parenteralen Ernährung des schwerverletzten Patienten ist der erhöhte Kalorienbedarf zu berücksichtigen 4 Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS): 5 systemische Entzündungsreaktion, die durch die posttraumatische Freisetzung von proinflammatorischen Mediatoren ausgelöst wird (im Gegensatz zur Sepsis nicht durch Bakterien) 5 tritt meist innerhalb der ersten Tage nach Trauma auf und prädisponiert für die Entwicklung eines Organversagens (Lunge, Niere, etc.) 5 ähnliche Symptomatik wie bei der Sepsis, jedoch kein Keimnachweis in der Blutkultur 5 zur Diagnose sollten 2 der folgenden 4 Symptome erfüllt werden: J Körpertemperatur >38 °C oder <36 °C J Herzfrequenz >90/min (Tachykardie)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
J Tachypnoe: Atemfrequenz >20/min J Leukozytose (>12000/μl) oder Leukopenie (<4000/μl)
Eigene Notizen
Weichteilschäden 4 Frakturen sind immer mit einer Schädigung der umliegenden Weichteile assoziiert 4 das Ausmaß der Weichteilverletzung hat direkten Einfluss auf die weitere Therapie 4 schwere Weichteilverletzungen oder offene Frakturen erfordern eine Frakturruhigstellung im Fixateur externe 4 per Definition kommunizieren bei einer offenen Fraktur die Knochenfragmente mit der Umgebung Klassifikation von geschlossenen Frakturen nach Oestern und Tscherne 0°
minimale Hautkontusion
I°
oberflächliche Schürfwunde leichte bis moderate Weichteilschwellung
II°
tiefe und kontaminierte Hautverletzung deutliche Weichteilschwellung mit drohendem Kompartmentsyndrom
III°
manifestes Kompartmentsyndrom mit oder ohne Hautverletzung
Klassifikation von offenen Frakturen nach Gustilo und Anderson I°
Hautdefekt <1 cm keine Kontamination der Wunde
II°
Hautdefekt 1–10 cm mäßige Kontamination der Wunde
III°
Hautdefekt >10 cm mäßige bis starke Kontamination:
IIIa
Weichteildeckung des Knochens möglich
IIIb
Weichteildeckung des Knochens erfordert Lappenplastik
IIIc
IIIb plus Gefäßverletzung, die einer operativen Versorgung bedarf
1.2.2
Verletzungen des Schultergürtels und der oberen Extremität M. Knobe, S. Povoden, B. Carow
Schultergürtel Verletzungen des Sternoklavikulargelenks Einteilung 4 Distorsion 4 vordere/hintere Subluxation 4 vordere/hintere Luxation
169 1.2 · Unfallchirurgie
Pathogenese Den 2 Luxationsformen liegt meist eine unterschiedliche Pathogenese zugrunde: 4 vordere Luxation: indirektes Trauma (Scher-Hebel-Mechanismus) durch Sturz auf die Schulter 4 hintere Luxation: direkter Stoß auf mediales Klavikulaende
Klinik 4 4 4 4 4
Schmerzen im Sternoklavikulargelenk bei Bewegung des Armes Druckdolenz im Sternoklavikulargelenk atemabhängige Schmerzen Schluck- und/oder Perfusionsstörungen (bei hinterer Luxation) vordere Luxation: 5 tastbares, nach ventral disloziertes mediales Klavikulaende 4 hintere Luxation: 5 tastbare Delle im Bereich des Sternoklavikular-(SC-)gelenk 4 ! Cave Begleitverletzungen: Bei hinterer Luxation immer an Läsion mediastinaler Strukturen (Ösophagus, Trachea, Pleura, große Gefäße, Ductus thoracicus) denken
Diagnostik 4 Röntgen: 5 a.-p. (Luxation nicht immer klar nachweisbar) 5 Sternum seitlich 4 CT: 5 bei unklarem Befund und zur Differenzierung zwischen vorderer und hinterer Luxation 5 bei hinterer Luxation immer neurovaskulären Status überprüfen (ggf. Angio-CT)
Therapie: 4 konservativ: 5 geschlossene Reposition durch Zug am 90° abduzierten Arm 5 Analgetika 5 schmerzadaptierte Ruhigstellung im Rucksackverband für bis zu 14 Tage: 5 vordere Luxation: J Druck auf mediale Klavikula: leichte Reposition, schlechte Retention 5 hintere Luxation: J Zangenzug mediale Klavikula (OP, Bereitschaft Herz-ThoraxChirurgie): schwere Reposition, gute Retention 4 operativ: Indikationen: 5 konservativ nicht reponierbare/retinierbare vordere und hintere SC-Gelenkluxation 5 Verdacht auf neurovaskuläre Kompression oder Läsion 5 OP-Technik:
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
J offene Reposition mit gleichzeitiger Naht der Ligg. sternoclaviculare und costoclaviculare und Fixation mit Gelenkplatte nach Rüter oder 8er-Tour mit PDS-Kordel (OP nach Bunnell); ! Cave Keine Kirschner-Draht-Spickung (Gefäßverletzung) J Materialentfernung nach ca. 4 Monaten
Eigene Notizen
4 > Merke 5 vordere Luxation: leicht zu reponieren schwer zu retinieren 5 hintere Luxation: schwer zu reponieren, leicht zu retinieren 5 geschlossene Reposition immer in Vollnarkose und Relaxation!
Komplikationen 4 Reluxation 4 Schlingenbruch
Prognose 4 bei rascher Reposition sehr gut
Klavikulafrakturen Pathogenese 4 überwiegend indirektes Trauma durch Sturz auf den ausgestreckten Arm oder die Schulter (meist mittlere Fraktur, häufig Fahrradsturz) 4 nur selten direktes Trauma durch Stoß, Schlag oder Schuss (meist laterale Fraktur) 4 gehäuft auch als Geburtstrauma
Formen 4 mediale Fraktur (5%) 4 mittlere Fraktur (80%) 4 laterale Fraktur (15%)
Klassifikation 4 Klassifikation der lateralen Klavikulafraktur nach Jäger und Breitner = Einteilung nach Beziehung der Fraktur zum Lig. coracoclaviculare in 4 Typen: 5 Typ I: Fraktur lateral des Ligaments, Ligament intakt, stabil 5 Typ II: Fraktur interligamentär (Pars conoidea oder trapezoidea rupturiert), instabil je nach Band 5 Typ III: Fraktur medial des Ligamentes (entspricht einer Fraktur des mittleren Klavikuladrittels), instabil 5 Typ IV: im Kindes- und Adoleszentenalter: laterales Klavikuladrittel aus Periostschlauch ausgelöst, die intakten Bänder inserieren am Periostschlauch
Klinik 4 Weichteilschwellung 4 typische Dislokation des frakturierten medialen Klavikulaanteils nach dorsokranial durch Zug des M. sternocleidomastoideus
171 1.2 · Unfallchirurgie
4 4 4 4
unilaterale Verringerung der Schulterbreite Herunterhängen der Schulter Crepitatio Functio laesa
Begleitverletzungen: 4 Plexus brachialis- und A.-axillaris/subclavia-Läsionen (z.B. Aneurysma) bei deutlich dislozierten medialen Fraktur möglich 4 (Hämato-)Pneumothorax
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 Stufenbildung der Klavikula 5 Hochstand des medialen Fragmentes 5 DMS-Prüfung obligat 4 Röntgen 2 Ebenen 4 evtl. CT (v.a. bei lateralen und medialen Frakturen sowie Beteiligung des Sternoklavikulargelenks) 4 Angiographie bei V.a. Gefäßverletzungen
Therapie 4 konservativ: 5 Analgetika 5 Gilchrist-Verband für 1 Woche 5 redressierender Rucksackverband für 3–4 Wochen (kontrovers, eher Kinder) 5 Verbot von Sport und schwerer Arbeit für 6 Wochen: 5 Indikationen: J nichtdislozierte mediale und mittlere Fraktur J nichtdislozierte laterale Fraktur vom Typ I–III (! Cave Sekundäre Dislokation bei Typ-II-Fraktur, daher engmaschig kontrollieren) J Knickbildung <20–25° J Verkürzung <15–20 mm 4 operativ: Indikationen: 5 Knickbildung >25° 5 Verkürzung >20 mm 5 dislozierte laterale Fraktur vom Typ I, II, IV 5 multifragmentäre Fraktur 5 gelenknahe Fraktur 5 offene Fraktur 5 Weichteilgefährdung bei drohender Durchspießung 5 Begleitverletzungen (Plexus brachialis, A. axillaris/subclavia) 5 Pseudarthrosenbildung 5 pathologische Fraktur 5 fakultativ: persistierender Frakturschmerz nach 4–6 Wochen konservativer Therapie
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 OP-Techniken: 5 geschlossene Reposition mit Marknagelung über ca. 1,5 cm lange senkrechte Hautinzision 5 offene Reposition und Plattenosteosynthese (bei lateralen Fraktur »Hakenplatte«, bei medialen und mittleren Fraktur dreidimensional formbare »Rekonstruktionsplatte« oder anatomisch geformte winkelstabile Platten) über senkrechte (»säbelhiebförmige«) Hautinzision entlang der Hautfalten im Frakturbereich oder Längsschnitt 5 bei Trümmerfrakturen Defektfüllung mit Spongiosa
Komplikationen 4 intraoperative Verletzungen des Plexus brachialis, der A. subclavia oder der Pleura 4 ! Cave Pseudarthrosenbildung 4 überschießende Kallusbildung im Frakturbereich 4 Implantatausrisse 4 Infektionen
Verletzungen des Akromioklavikulargelenks Pathogenese 4 direktes Trauma durch Sturz auf die Schulter (z.B. Reitunfälle) 4 typische Sportverletzung bei Kontaktsportarten durch Zusammenprall
Klassifikation 4 Einteilung nach: 5 ligamentärer Läsion (Tossy I–III) 5 erweitert durch die Beurteilung der Dislokationsrichtung des lateralen Klavikulaendes nach Rockwood (IV–VI) 4 Tossy I–III: 5 Typ I: J Distorsion des Lig. acromioclaviculare und Lig. coracoclaviculare ohne Dislokation J kein röntgenologisches Korrelat 5 Typ II: J Ruptur des Lig. acromioclaviculare J Lig. coracoclaviculare intakt mit mäßiger Dislokation nach proximal (weniger als Schaftbreite) J röntgenlogisch sichtbare Stufenbildung 5 Typ III: J Ruptur des Lig. acromioclaviculare und Lig. coracoclaviculare mit Luxation im Akromioklavikulargelenk (ACG) (mehr als Schaftbreite) J deutliche Stufenbildung 4 Rockwood IV–VI (Deltotrapezoidfaszie verletzt): 5 Typ IV: Luxation des lateralen Klavikulaendes nach dorsal (Einklemmung in Schlitz des M. trapezius)
173 1.2 · Unfallchirurgie
5 Typ V: Luxation des lateralen Klavikulaendes nach kranial (300% Schaftbreite) 5 Typ VI: Luxation des lateralen Klavikulaendes nach kaudal (unter das Akromion oder Korakoid)
Klinik 4 Schonhaltung des Armes in Adduktion und Innenrotation 4 starke Druckschmerzhaftigkeit und Schwellung im ACG-Bereich 4 pathognomonisches, aber bei muskelkräftigen Menschen nicht zwingend auslösbares »Klaviertastenphänomen« bei Tossy III und Rockwood V
Diagnostik 4 Röntgen: 5 Schulter a.-p. 5 transaxillär, »Wasserträgeraufnahme«, ! Cave Horizontale Instabilität prüfen 4 Sonographie hilfreich
Therapie 4 konservativ: 5 keine Reposition, ausschließlich symptomatisch-analgetisch (Gilchrist-Verband, Kühlung): 5 Indikation: J Tossy I + II J Tossy III (individuelle Therapieentscheidung je nach Bedürfnissen des Patienten) 4 operativ: Indikation: J Tossy III bei sportlich aktiven, jungen Patienten und »Über-KopfArbeitern« J Rockwood IV +V + VI 5 OP-Techniken: J korakoklavikuläre Techniken: Bosworth-Schraube (einbringen einer Schraube von der Klavikula in das Korakoid), PDS-Kordeln zwischen Klavikula und Korakoid (Tight rope) J akromioklavikuläre Techniken: Hakenplatte (Balser-, Wolter-, Rüssel-Platte) unter das Akromion, Refixation des ACG über akromioklavikuläre Kirschner-Drähte (oder Cerclage) J Versetzen des korakoakromialen Bandes auf die Klavikula (veraltete Läsionen, Weaver-Dunn-OP) 5 postoperative Versorgung: J schmerzadaptierte Ruhigstellung (Gilchrist) mit anschließender krankengymnastischer Behandlung J bis zur Materialentnahme keine Elevation über die Horizontale (mind. 4 Wochen) 4 > Memo Nach Abschluss der operativen Versorgung muss die Deltotrapezoidfaszie aufgrund ihrer großen Bedeutung für die Redislokation dargestellt und sorgfältig vernäht werden.
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Komplikationen 4 Verknöcherungen der korakoklavikulären Bänder und degenerative Veränderungen des ACG können zu persistierenden Schmerzen führen (ACG-Arthrose häufig klinisch blande) 4 hohes Redislokationsrisiko nach operativer Therapie (15–20%) 4 Infektion 4 Schraubenbruch (Bosworth) 4 Drahtdislokation
Prognose Bei konservativer Behandlung meist unproblematischer Verlauf trotz persistierender Subluxationsstellung (kosmetisches Problem).
Skapulafrakturen Pathogenese 4 die Skapula ist von einem ausgeprägten Muskelmantel umgeben, kann daher einwirkenden Kräften durch ihre Verschiebbarkeit auf dem Thorax gut ausweichen 4 Skapulafrakturen in der Regel im Zusammenhang mit Hochrasanztraumata (Polytrauma)
Klassifikation Einteilung anhand der betroffenen anatomischen Strukturen nach Euler und Rüedi in 5 verschiedene Formen (A–E): 4 Typ A: Korpusfrakturen 4 Typ B: Fortsatzfrakturen von Akromion, Korakoid und Spina 4 Typ C: Kollumfrakturen 4 Typ D: Gelenkfrakturen (Pfannenrandabbrüche oder Glenoidfrakturen) 4 Typ E: Kombinationsfrakturen mit Humeruskopfbeteiligung
Klinik 4 4 4 4 4 4
Absinken der Schulter (Kollumfraktur) Druckschmerz Hämatom Bewegungseinschränkung Schonhaltung bei Polytrauma häufig weitere, zum Teil lebensbedrohliche, Begleitverletzungen: 5 Rippenfrakturen und/oder Hämatopneumothorax (50%) 5 Lungenkontusion (30%) 5 Schädelfraktur (25%) 5 Schädel-Hirn-Trauma (20%) 5 Verletzungen von Nerven ( N. suprascapularis, N. axillaris und Plexus brachialis) 5 Verletzung großer Gefäße
175 1.2 · Unfallchirurgie
Diagnostik 4 Röntgen: 5 a.-p. 5 Schulter 5 Schrägaufnahmen (Y-Aufnahme) 4 CT bei Glenoidbeteiligung 4 > Memo Ausschluss von Begleitverletzungen mittels bildgebender Verfahren obligat.
Therapie 4 konservativ: 5 Gilchrist für 7 Tage 5 anschließend frühfunktionelle Krankengymnastik (erste 6 Wochen nur bis 90°Abduktion/Elevation) 4 Indikationen: 5 A-, B- und C- Frakturen bei geringer bis mäßiger Dislokation 4 operativ: Indikationen: 5 dislozierte C-Frakturen 5 Beteiligung der Incisura scapulae und potenzieller Schädigung des N. suprascapularis 5 D- und E-Frakturen bei Dislokation 4 OP-Technik: 5 Zugangsweg: J von dorsal oder ventral J bei kombinierter Schulterverletzung ausgedehnter Zugang nach Judet 5 Osteosyntheseverfahren: J Kleinfragment- oder Minischrauben bei Fortsatzfrakturen und Querfrakturen des Glenoids J Drittelrohrplatten oder Rekonstruktionsplatten bei Mehrfragmentfrakturen des Collums
Schultergelenk Schulterluxation Einteilung 4 nach Luxationsrichtung: 5 vordere (Lux. subcoracoidea) (80%) 5 kaudale (Lux. infraglenoidalis, axillaris, erecta) (15%) 5 hintere (Lux. infraspinata) (5%)
Pathogenese 4 traumatisch: 5 vordere Luxation: forcierte Abduktion und Außenrotation im Schultergelenk (adäquates Trauma, z.B. Greifen in den Wurfarm beim Handballspieler) 5 hintere Luxation: allgemeine Muskelkontraktion im Rahmen von epileptischen Anfällen, Stromunfällen, Defibrillationen oder bei High-Energy-Verletzungen
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 atraumatisch/habituell: 5 Bagatelltrauma führt zu Luxation 5 prädisponierende Faktoren: J Anomalien der Gelenkkapsel J Glenoiddysplasien J hereditäre Bindegewebeerkrankungen (Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom) J repetitive Mikrotraumata J muskuläre Dysbalance 4 posttraumatisch-rezidivierend: 5 maßgeblich für die Reluxationsrate sind Ausmaß und die Versorgung der Begleitverletzungen (s.u.). 5 Status des Kapsel-Labrum-Komplexes ist ein guter Indikator für die Einschätzung der Reluxationstendenz, schon ab der 2. Luxation ist eine Schulter als chronisch instabil zu bezeichnen 4 > Memo Vor allem bei Epilepsie, Stromunfällen und Defibrillationen an hintere Luxation denken (wird häufig übersehen). Reluxationstendenz nach Erstluxation nimmt mit zunehmendem Alter ab.
Klinik 4 Schonhaltung des Armes (bei vorderer Luxation adduziert, bei hinterer Luxation retrovertiert und innenrotiert) 4 Bewegungs- und Ruheschmerz 4 federnde Fixation des Schultergelenks 4 inspektorisch und palpatorisch feststellbare Dislokation des Humeruskopfes: »eckige« Kontur des Schultergelenks (»Epaulettenphänomen«), Delle unter dem Akromion) 4 ! Cave Störungen von Durchblutung, Motorik, Sensibilität (DMS) (N. axillaris) Begleitverletzungen: 4 Bankart-Läsion: Abriss des Labrum glenoidale mit Gelenkkapselläsion 4 knöcherne Bankart-Läsion: Bankart-Läsion mit Pfannenrandabbruch am Glenoid 4 Andrews-Läsion/SLAP-Läsion (superior labrum anterior posterior): Bankart- Läsion am superioren Labrum mit Beteiligung des Bizepssehnenankers 4 Hill-Sachs-Delle: rein knorpelige oder knöchern-knorpelige Impression am Humeruskopf 5 bei vorderer Luxation: Delle dorsolateral (durch vorderen Glenoidrand) 5 bei hinterer Luxation: Delle ventrokranial (durch hinteren Glenoidrand; Reversed-Hill-Sachs) 4 Humeruskopffraktur 4 Rotatorenmanschettenruptur: Patienten meist >45 Jahre, bei Hochrasanztraumata auch jünger 4 N.-axillaris-Läsion (10% der Fälle)
177 1.2 · Unfallchirurgie
4 Plexusläsion: N.-axillaris-Prüfung durch Sensibilitätsprüfung im lateralen Schulterbereich (Autonomiegebiet des N. axillaris) obligat! 4 Gefäßläsionen: A. circumflexa humeri anterior et posterior 4 hohe Reluxationsrate: 5 bis 20 Jahre: 90% 5 bis 30 Jahre: 80% 5 bis 40 Jahre: 50% (egal wie lange ruhiggestellt)
Diagnostik 4 Anamnese: 5 Erst- oder Rezidivluxation? 5 Unfallmechanismus (adäquates Trauma? Strom? Epilepsie?) 4 klinische Untersuchung: 5 Überprüfung der DMS sowie einer 5 ggf. Überprüfung einer vorliegenden dynamischen Schulterinstabilität z.B. mit Apprehension-Test (immer im Seitenvergleich!, Laxizitätsteste für statische Stabilität) 4 Röntgen: 5 True-a.-p.-Aufnahme: direkter Einblick in Art. glenohumerale (Strahlengang in 30°) 5 axiale Aufnahme 5 tangentiale Y-Aufnahme (transskapuläre Aufnahme) 4 Sonographie: v.a. zum Ausschluss einer Rotatorenmanschettenruptur 4 CT: v.a. zum Ausschluss knöcherner Läsion (knöcherne Bankart-Läsion, Hill-Sachs-Läsion, Humeruskopffraktur) 4 Arthro-MRT: v.a. zum Ausschluss weichteiliger Verletzungen (Labrumverletzungen, Rotatorenmanschettenruptur)
Therapie Sofortige Reposition (! Cave Geduld und Mitarbeit des Patienten erreichen): 4 vordere Luxation (ggf. Analgesie und/oder Muskelrelaxation (Kurznarkose) nötig): 5 Reposition nach Arlt: sitzender Patient, der Arm der betroffenen Seite wird über eine 5 gepolsterte Stuhllehne in 90° Flexion im Ellenbogengelenk unter langsamem, kontinuierlichem Zug reponiert 5 Reposition nach Hippokrates: J liegender Patient J Fuß des Arztes wird in der Axilla positioniert (Hypomochlion; vgl. Stuhllehne bei Arlt) J Reposition durch langsamen kontinuierlichen Zug am ausgestreckten Arm 5 Reposition nach Matsen (2-Helfer-Methode): J Helfer erzeugt über ein Tuch oder Lederriemen um den Thorax einen Gegenzug (Hypomochlion) J der Arzt einen gleichmäßigen Zug am Oberarm in leichter Außenrotationsstellung
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 hintere Luxation (! Cave Immer Narkose und Relaxation nötig): 5 Arm wird 90° abduziert und innenrotiert 5 zusätzlich gleichmäßiger Druck von dorsal auf Humeruskopf > Memo DMS ist bei Schulterluxation vor und nach Reposition sorgfältig zu prüfen. Vor und nach der Reposition erfolgt eine Röntgenkontrolle. 4 konservativ: 5 nach geschlossener Reposition und Ausschluss von schwerwiegenden Begleitverletzungen Ruhigstellung im Gilchrist- oder Desault-Verband für 1–2 Wochen 4 operativ: Indikationen: 5 geschlossene Reposition nicht möglich 5 Gefäßschäden (Notfall!) 5 Bankart-Läsion oder dislozierte knöcherne Bankart-Läsion 5 Hill-Sachs-Läsion (>30% der Gelenkfläche) 5 Subskapularissehnenruptur 5 Rotatorenmanschettenruptur 5 > 2 Luxationen und instabiles Gelenk (v.a. bei Sportlern) 5 fakultativ: sportlich aktive Patienten <30 Jahre und »Über-Kopf«Arbeiter bereits bei Erstluxation 4 OP-Techniken: 5 arthroskopisch: v.a. weichteilige Verletzungen (Labrumläsionen) 5 chirurgisch: v.a. bei knöchernen Läsionen (knöcherne Bankart-Läsion, Abrissfraktur des Tuberculum majus, Humeruskopffraktur) J evtl. Rekonstruktion der Rotatorenmanschette J Verfahren zur Behandlung von rezidivierender Schulterluxationen 5 Ziele und OP-Techniken: J Rekonstruktion des Kapsel-Labrum-Komplexes (Refixation des Labrums und der Kapsel mit Knochenankern (z.B. Mitek-Anker), »Kapsel-Shift« zur Straffung und Verstärkung der Kapsel, ggf. Zugschraubenosteosynthese bei knöcherner Bankart-Läsion) J Vergrößerung des Glenoids (Einbolzen eines Knochenspans: J-Span) J Rekonstruktion oder funktionelle Ausschaltung einer Hill-SachsLäsion (subkapitale Drehosteotomie nach Weber (nicht mehr gebräuchlich, Rotationseinschränkung), Aufstößeln + Defektauffüllung mit Beckenkammspan oder Spongiosa) 4 Nachbehandlung: 5 Ruhigstellung im Gilchrist oder Desault-Verband für 2 Wochen 5 keine kraftvollen (Außen-)Rotationsbewegungen in den ersten 6 Wochen!
Komplikationen 4 hohe Rezidivrate (<30 Jahre nahezu 100% bei nicht versorgter BankartLäsion) 4 persistierende Schädigung des N. axillaris oder Plexus brachialis 4 posttraumatische Arthrose 4 in seltenen Fällen Humeruskopfnekrose
179 1.2 · Unfallchirurgie
Rotatorenmanschettenruptur Einteilung 4 partielle Ruptur 4 totale Ruptur 4 knöcherner Ausriss am Humeruskopf
Pathogenese 4 degenerativ: 5 Bagatelltrauma, Ätiologie: J intrinsische Tendopathie (belastungsinduzierte Durchblutungsstörung der Sehne >40 Jahre) oder J extrinsische Tendopathie (subakromiales Impingement durch Akromion Typ III, AC-Gelenkarthrose, Bursitis subacromialis) 4 traumatisch (durch extreme Zugbelastung): 5 passive Adduktion des Armes 5 Zug am nach hinten gestreckten und innenrotierten Arm 5 traumatische Schulterluxation 5 gewaltsame Rotation
Klassifikation 4 nach Patte (nach der Lokalisation der Ruptur): 5 Sektor A: Subskapularissehne 5 Sektor B: Supraspinatussehne 5 Sektor C: Infraspinatus- und Teres-minor-Sehne 4 nach Neer (1990) (nach der Ätiologie): 5 A: traumatischer Riss <35 Jahre 5 B: Intervallriss bei Luxation >40 Jahre 5 C: Intervallriss mit multidirektionaler Instabilität <35 Jahre 5 D: degenerativ bedingter »Impingement«-Riss >40 Jahre
Klinik 4 chronisch: 5 Schmerzen stehen im Vordergrund: J Nachtschmerz J bewegungsabhängige Schmerzen bei Über-Kopf-Arbeiten 5 Kraftverlust 5 Bewegungseinschränkung 4 akut: 5 plötzliche Bewegungsunfähigkeit (»Pseudoparalyse« bei Supraspinatussehnenruptur), anschließend nachlassende Schmerzsymptomatik 5 lokaler Druckschmerz über dem Tuberculum majus
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 »Painful-Arc«: Bewegungsschmerz im Bereich von 70–130°Abduktion (unspezifisch) 5 Jobe-Test (Supraspinatustest): Arm in 90° Abduktion (30° nach ventral) und Innenrotation, Schmerz gegen Widerstand
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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5 0°-Abduktionstest (Supraspinatustest, Starterfunktion): Unfähigkeit den Arm aus 0° gegen Widerstand zu abduzieren 5 Drop-Arm-Sign: passiv um 90° abduzierter Arm kann nicht in dieser Stellung gehalten werden 5 Lift-off-Test (Subskapularistest): Hände können nicht aus dem Schürzengriff nach dorsal vom Rücken abgehoben werden 4 Röntgen: 5 a.-p.: J Schulter 5 axial: J Projektion nach Bigliani/Morrison 5 Befunde: J Humeruskopfhochstand? J Osteophyten? J DD: Fraktur oder Luxation? J DD: AC-Gelenksarthrose J DD: Tendinosis calcarea 4 Sonographie, MRT: 5 Befunde: J Sehnenruptur? J Bursitis subacromialis J Ausdehnung/Muskelretraktion? 4 > Memo Bei Rotatorenmanschettenruptur kommt es zu einem Humeruskopfhochstand mit ggf. begleitender Impingement-Symptomatik.
Therapie 4 konservativ: 5 Großteil der degenerativ bedingten Rotatorenmanschettenrupturen: J Immobilisation der Schulter nie >1 Woche (Gefahr der Schultersteife) J Analgetika J Physiotherapie 4 operativ: Indikationen: 5 Sehnenrekonstruktion bei frischer traumatischer Ruptur 5 Akromioplastik aufgrund von Impingementbeschwerden bei degenerativem Sehnenschaden 5 fakultativ bei Persistenz der Beschwerden >6–8 Wochen nach konservativer Therapie 4 OP-Methode: 5 arthroskopisch: J subakromiale Dekompression durch Akromionteilresektion (Shaver, Akromionizer) J Rotatorenmanschettenrekonstruktion (Sehnennaht) 5 offen-chirurgisch: J Zugangsweg: Zugang von ventral über horizontale Inzision vom AC-Gelenk zum Tuberculum majus
181 1.2 · Unfallchirurgie
5 Vorgehen: J frische traumatische Ruptur: Refixation der rupturierten Anteile über Knochenanker J chronischer Rotatorenmanschettendefekt: Auffinden und Mobilisieren der retrahierten, ggf. atrophen Sehne und wenn möglich Refixation am Tuberculum majus mit Knochenankern, transossären Nähten, ggf. Plastik
Komplikationen 4 4 4 4 4 4
intraoperative Nervenschädigung (N. axillaris, N. suprascapularis) Nachblutung Infektion persistierende Schultersteife Deltoideusschwäche Reruptur (Risiko bei 1-Sehnenrekonstruktion 10–20%, bei 3-Sehnenrekonstruktion bis zu 90%)
Prognose 4 gut bei frischen traumatischen Rupturen 4 bei chronischem Schäden variabel 5 negative Einflussfaktoren: J hohes Alter J ausgedehnter Defekt J atropher Muskel oder atrophe Sehne J begleitende AC-Gelenkarthrose J Schulterhochstand J hakenförmiges Akromion (Typ III) J langer Zeitraum zwischen Erstmanifestation und operativer Intervention J vorausgegangene Kortikosteroidinjektionen
Oberarmkopffraktur Einteilung 4 4 4 4 4
Adduktionsfraktur Abduktionsfraktur (stabil da eingestaucht) subkapitale Fraktur, evtl. mit Abriss des Tuberculum majus Trümmerfraktur Luxationsfraktur (schlechte Prognose)
Pathogenese 4 meist indirektes Trauma durch Sturz auf den ausgestreckten Arm mit subkapitaler Fraktur am Collum chirurgicum humeri 4 typischerweise Menschen >60 Jahre! 4 junge Patienten meist nur im Rahmen von massiver Gewalteinwirkung
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klassifikation 4 Einteilung der Frakturen nach 5 Anzahl der Fragmente 5 Grad der Dislokation (I = nicht disloziert, II–V = disloziert, VI = Luxationsfraktur) 5 betroffene anatomischer Struktur 4 Klassifikation der Humeruskopffrakturen nach Neer (I–VI): 5 Neer I: nichtdislozierte Frakturen (alle 4 Segmente können betroffen sein) 5 Neer II: Fraktur des Collum anatomicum 5 Neer III: Fraktur des Collum chirurgicum 5 Neer IV: Fraktur des Tuberculum majus (2-,3-,4-Fragment-Fraktur) 5 Neer V: Fraktur des Tuberculum minus (2-,3-,4-Fragment-Fraktur) 5 Neer VI: Luxationsfrakturen (vordere oder hintere Kopfluxation)
Klinik 4 starke Weichteilschwellung mit ausgedehntem Hämatom möglich (typischerweise nach 24–48 h, Migration des Hämatoms an der Innenseite des Armes herab) 4 Ruhe- und Bewegungsschmerz 4 Krepitation 4 Stufenbildung 4 Schonhaltung (adduziert, 90°-Flexion im Ellenbogengelenk) Begleitverletzungen: 4 Läsion von: 5 A. circumflexa humeri (! Cave Humeruskopfnekroserisiko, jedoch selten) 5 N. axillaris (Autonomiegebiet prüfen!) 5 Plexus brachialis 5 A. brachialis 4 > Memo Unbedingt DMS wegen möglicher Läsionen der A. circumflexa humeri (Humeruskopfnekroserisiko) und N. axillaris überprüfen.
Diagnostik 4 Röntgen: a.-p. und transskapulär 4 ggf. CT (bei Mehrteilefraktur oder V.a. intraartikuläre Beteiligung großzügige Indikation)
Therapie 4 konservativ (80% der Frakturen): 5 Indikation: geschlossene, nicht/gering dislozierte Frakturen (v.a. impaktierte Frakturen) 5 Desault- oder Gilchrist-Verband für 1 Woche, frühfunktionelle Krankengymnastik (pendeln) 5 Röntgenkontrolle zum Ausschluss einer sekundären Dislokation 4 operativ: Indikation: 5 Gelenkfrakturen 5 multifragmentäre Frakturen
183 1.2 · Unfallchirurgie
5 offene und/oder dislozierte Frakturen 5 Dislokation >5mm 5 Achsabweichung >45° 5 Luxationsfraktur 4 OP-Methode: 5 ORIF (open reduction, internal fixation): offene Reposition und osteosynthetische Versorgung J Zugangsweg: deltoideopektoraler Zugang oder Delta-Split (! Cave N. axillaris) 5 CRIF (closed reduction, internal fixation): J geschlossene Reposition und osteosynthetische Versorgung perkutan 5 Osteosynthesematerialien: J meist winkelstabile proximale Humerusplatten J intramedullärer Nagel J Kirschner-Drähte (KD) J Zuggurtungsosteosynthese und Verschraubung (v.a. bei Abrissfrakturen der Tuberculi) J endoprothetischer Ersatz bei Trümmerfrakturen 5 > Memo Vor allem bei osteoporotischem Knochen kann eine Osteosynthese bei Trümmerfrakturen versagen und eine Totalendoprothesenversorgung (eher Hemiprothese) nötig werden. Die Ergebnisse einer primären prothetischen Versorgung sind besser als ein sekundärer Gelenkersatz.
Komplikationen 4 Bewegungseinschränkung bis zur Bewegungsunfähigkeit (»frozen shoulder«): 5 bei zu langer Ruhigstellung Verklebung des Recessus axillaris und der Kapsel 4 Läsion des N. axillaris: 5 traumabedingt oder 5 intraoperativ (Wundhaken) 4 posttraumatische Arthrose 4 Humeruskopf- oder Rotatorenmanschettennekrose (v.a. bei Trümmeroder Luxationsfrakturen)
Prognose 4 variiert sehr stark zwischen den Frakturtypen 4 Impaktierte stabile Frakturen haben sehr gute Prognose (90% befriedigende Ergebnisse).
Humerusschaftfraktur Pathogenese 4 direkte oder indirekte Gewalt auf den Humerus 4 Frakturtyp abhängig von Pathogenese: 5 direkt: Quer-, Biegungs- oder Stückfrakturen 5 indirekt: Spiralfraktur mit oder ohne Drehkeil
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klassifikation 4 nach Frakturtyp (nach AO): 5 A: einfach Fraktur 5 B: Biegungsfraktur 5 C: komplexe Fraktur
Klinik 4 bewegungsabhängige Schmerzen 4 sichere Frakturzeichen: 5 Achsabweichung 5 Krepitation 5 abnorme Beweglichkeit 5 Verkürzung des gesamten Armes 4 unsichere Frakturzeichen: 5 ausgedehntes Hämatom 5 Schwellung Begleitverletzungen: 4 Läsion des N. radialis in bis zu 10% der Fälle (kann traumaassoziiert, bei der Reposition oder sekundär durch Einmauerung in Kallusgewebe entstehen) 4 selten Läsion der A. brachialis 4 > Memo Fallhand als charakteristisches klinisches Zeichen einer begleitenden Läsion des N. radialis bei Humerusschaftfraktur.
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 DMS-Prüfung obligat 4 Röntgen in 2 Ebenen mit angrenzenden Gelenken (Schulter, Ellenbogen) 4 Angio-CT bei V.a. Gefäßverletzung
Therapie 4 konservativ (häufig!): 5 Desault- oder Gilchrist-Verband für 2–3 Wochen 5 danach Sarmiento-Brace (3–4 Wochen 4 Indikationen: 5 Achsabweichungen (bis 20° in Sagittalebene, 30° Varusfehlstellung) 5 Rotationsfehlstellungen (bis 30°) 4 operativ: Indikationen: 5 Gefäßverletzungen 5 offene Verletzungen (2. und 3. Grades) und Defektverletzungen 5 weitere Frakturen am betroffenen Arm (»Kettenfrakturen«/ «Etagenfrakturen«, Floating shoulder) 5 Polytrauma (beidseitige Humerusfrakturen) 5 drohende Hautperforation der Frakturelemente 5 sekundäre Radialisparese 5 fakultativ: primäre Radialisparese
185 1.2 · Unfallchirurgie
4 OP-Technik: 5 Zugangswege: J anterolateraler oder dorsaler Zugang nach Henry J medialer Zugang 5 Osteosyntheseverfahren: J Plattenosteosynthese: J antero- oder retrograder Verriegelungsnagel (nicht geeignet bei sehr distalen oder sehr proximalen Frakturen) J Fixateur externe (bei Polytrauma oder Kettenverletzung mit großem Weichteilschaden) 4 Therapie bei Kindern: 5 fast ausschließlich konservativ! 5 großes Korrekturpotenzial
Komplikationen 4 traumaassoziierte oder iatrogene Radialisparese 4 Pseudarthrose
Prognose 4 bedingt durch große Stabilität sehr gute Prognose (Schienung durch kräftigen Muskelmantel, rasche Kallusbildung) 4 gute Toleranz von Achsabweichungen (bis 30°)
Verletzungen im Bereich des Ellenbogengelenks Frakturen des distalen Oberarmes Pathogenese 4 Kindesalter: 5 suprakondyläre Extensionsfraktur durch indirektes Trauma (Sturz auf den ausgestreckten Arm, Biegemechanismus im Vordergrund) 5 Fraktur des Condylus radialis humeri 5 Abriss der ulnaren Apophyse 4 Erwachsenenalter: 5 sog. Y-Fraktur (Typ C nach AO) durch direktes Trauma (Sturz, Stoß, Schlag auf Ellenbogen, Stauchungsmechanismus im Vordergrund)
Klassifikation Einteilung nach Frakturtyp (nach AO): 4 A: extraartikuläre Fraktur 5 A1: Ausriss des Epicondylus humeri ulnaris 5 A2: suprakondyläre Fraktur 5 A3: suprakondyläre Mehrfragmentfraktur 4 B: intraartikuläre, unikondyläre Fraktur: 5 B1: Querfraktur 5 B2: Kondylenfraktur 5 B3: tangentiale Fraktur (ohne Condylus radialis) 4 C: intraartikuläre, bikondyläre Fraktur 5 C1: Y-Fraktur 5 C2: Y-Fraktur mit suprakondylärer Mehrfragmentfraktur 5 C3: Stauchungs-, Trümmerfraktur
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 starke Schwellung mit resultierender schmerzhafter Funktionseinschränkung 4 Schonhaltung in 90° Flexion im Ellenbogengelenk 4 Fehlstellung 4 Hämarthros 4 ggf. Sensibilitäts- und/oder Perfusionsstörungen Begleitverletzungen: 4 Läsion des N. ulnaris (v.a. bei Frakturen des Condylus und Epicondylus ulnaris) 4 Läsion von A. brachialis + N. radialis + N. medianus (sehr selten, v.a. bei suprakondylärer Humerusfraktur)
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 periphere DMS-Prüfung ist obligat 4 Röntgen: 5 in 2 Ebenen (beim Kind ggf. Vergleich mit gesunder Seite) 4 ggf. CT, MRT
Therapie 4 konservativ: Indikationen: 5 im Kindesalter: nicht bis gering dislozierte suprakondyläre Humerusfrakturen J Verfahren nach Blount Charnley: Fixierung des Ellenbogengelenks in maximaler Flexion, Hand in einer Halsschlinge (»cuff and collar«) für ca. 3 Wochen 5 im Erwachsenenalter: alle nichtdislozierten Frakturen J Ruhigstellung im Oberarmgips für 4–6 Wochen 4 operativ: Indikationen: 5 im Kindesalter: J jede nicht reponier- oder retinierbare Fraktur J dislozierte suprakondyläre Fraktur (»Rotationsnase«) J OP-Methode: möglichst geschlossene, anatomisch korrekte Reposition und Retention durch gekreuzte Kirschner-Drähte (! Cave N.-ulnaris-Läsion durch Einbringen des ulnarseitigen Kirschner-Drahtes) J dislozierte Abrissfraktur des Epicondylus humeri ulnaris J OP-Methode: offene Reposition mit anschließender KirschnerDraht-Spickung J Condylus-radialis-Frakturen: entspricht einer Epiphysenfraktur vom Typ Aitken III (= Salter IV) J ! Cave Ohne streng anatomische Reposition kommt es häufig zu schwerwiegenden Wachstumsstörungen 5 im Erwachsenenalter: Indikationen: J alle dislozierten Frakturen
187 1.2 · Unfallchirurgie
J OP-Methode: winkelstabile Rekonstruktionsplatten, (Zug-) Schrauben, Drähte J Zugangsweg: nach Frakturtyp von medial, lateral oder dorsal (größte Übersicht nach Olekranon-Osteotomie) möglich
Komplikationen 4 akut: 5 Kompartmentsyndrom (selten) 4 chronisch: 5 persistierende neuronale Schädigung (N. ulnaris, N. medianus, N. radialis) 5 Achsfehlstellung im Sinne eines Cubitus varus oder valgus (Kindesalter!) 5 Rotationsfehlstellung (v.a. bei suprakondylärer Humerusfraktur im Kindesalter) 5 Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk (oft auch trotz streng anatomischer Reposition) 5 periartikuläre Ossifikationen 5 Pseudarthrose 4 bei Kindern: 5 Schädigung der Epiphysenfuge mit Wachstumsstörungen
Luxationen im Ellenbogengelenk 4 Luxationen im Ellenbogengelenk zeigen sich zumeist als humeroulnare (häufig) oder humeroradiale Luxation (selten) 4 treten oft in Kombination mit begleitenden Verletzungen auf (vgl. Monteggia, Essex-Lopresti)
Humeroulnare Luxation Pathogenese 4 indirektes Trauma durch Sturz auf den ausgestreckten oder leicht gebeugten Arm mit zusätzlichem Valgus- oder Varus-Stress
Einteilung 4 häufig: dorsale Luxation oder dorsoradiale Luxation (90%) 4 selten: ventrale Luxation
Klinik 4 4 4 4
Konturveränderung im Ellenbogengelenk Schwellung federnde Fixation schmerzhafte Bewegungseinschränkung (fixierte Fehlstellung)
Begleitverletzungen: 4 Ruptur des humeroulnaren und humeroradialen Kollateralbandkomplexes 4 epikondyläre Abrissfrakturen (radial oder ulnar) 4 Frakturen des Proc. coronoideus, des Olekranons oder des Caput radii
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 Überdehnung des N. ulnaris 4 Läsion der A. radialis
Diagnostik 4 Röntgen: 5 in 2 Ebenen (vor und nach der Reposition) 5 gehaltene Stressaufnahmen a.-p. (Varus und Valgus) zur Kollateralbanddiagnostik (eher klinische Einschätzung) 4 ggf. MRT 4 ggf. CT
Therapie 4 konservativ: 5 rasche Reposition in Analgesie (Kurznarkose: knöchern geführtes Gelenk!) durch Zug am Unterarm bei fixiertem Oberarm (Ellenbogengelenk 90°) 5 ggf. Druck auf proximales Unterarmende von dorsal, Überprüfung der Kollateralbandkomplexe 5 anschließend Röntgen (Stellungskontrolle, Ausschluss knöcherner Begleitverletzungen) 5 Ruhigstellung für 1–2 Wochen im Oberarmgips 4 operativ: Indikationen: 5 Abrissfraktur des Epicondylus humeri ulnaris (Begleitverletzung bei Kindern bei 60% der humeroulnaren Luxationen!) mit Dislokation >3 mm 5 Instabilität und große Reluxationstendenz 5 große, abgesprengte Knorpel-Knochen-Fragmente 5 Repositionshindernis, geschlossene Reposition nicht möglich 5 offene Frakturen 5 Gefäß- oder Nervenläsionen 5 Begleitfrakturen (Kettenfrakturen) 5 Kompartmentsyndrom 5 OP-Methode: J KD-Spickung/Verschraubung bei Abrissfrakturen J Fixateur externe bei großem Weichteilschaden/-schwellung J Kapsel-Band-Naht oder Kapselraffung medial und/oder lateral J Bewegungsfixateur bei komplexer Instabilität (4–6 Wochen) 5 Nachbehandlung: J Ruhigstellung für 3 Wochen im Oberarmgips bei Bandrekonstruktion
Komplikationen 4 periartikuläre Verknöcherung 4 Nervenläsionen (v.a. N. ulnaris) 4 persistierende Bewegungseinschränkungen (v.a. bei Luxationsfrakturen) 4 chronische mediale oder laterale Instabilität
189 1.2 · Unfallchirurgie
Subluxation des Radiusköpfchens Synonyme 4 4 4 4 4
Chassaignac-Lähmung Pronation douloureuse Pronatio dolorosa »pulled elbow« »nurse elbow«
Pathogenese 4 typische Verletzungen im Alter von 1–4 Jahre durch plötzlichen Zug am im Ellenbogen gestreckten und pronierten Arm (Hochreißen des Kindes durch Mutter) 4 Caput radii subluxiert nach anterior und klemmt das Lig. anulare radii am Capitulum humeri ein
Klinik 4 typische Schonhaltung des Armes in Pronationsstellung mit Beugedefizit
Diagnostik 4 Klinik entscheidend! 4 Röntgen zum Ausschluss ossärer Begleitverletzungen umstritten 4 > Memo Eine Chassaignac-Lähmung ohne knöcherne Begleitverletzungen ist eine rein klinische Diagnose und typischerweise im Röntgen nicht zu erkennen.
Therapie 4 nur konservativ: 5 Reposition unter Zug durch rasche passive Supination und Flexion (oder Extension) des Unterarms bei fixiertem Oberarm (sofortige Beschwerdefreiheit) 5 ggf. zusätzlich Druck durch Gegenhand auf Radiusköpfchen 5 keine Ruhigstellung nötig 5 bei Repositionsversagen OA-Gips in Supinationsstellung 5–10 Tage
Komplikationen 4 Resubluxation (5%)
Olekranonfrakturen Pathogenese 4 direktes Trauma (häufig): 5 Sturz auf gebeugtes Ellenbogengelenk 5 Schlag 4 indirektes Trauma (selten): Hebel- oder Biegemechanismus
Klassifikation 4 Einteilung nach Frakturtyp und Lokalisation (nach AO): 5 Typ A: extra- und intraartikuläre Abrissfrakturen im proximalen Drittel der Gelenkfläche
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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5 Typ B: Schräg- und Querfrakturen im mittleren Drittel der Gelenkfläche 5 Typ C: lange Schrägfrakturen, Frakturen mit lateraler Instabilität, Luxationsfrakturen 5 Typ D: Mehrfragment-, Trümmer-, Impressionsfrakturen
Klinik 4 tastbare Delle im Olekranonbereich (M. triceps brachii zieht proximales Fragment weit nach proximal) 4 Streckdefizit im Ellenbogengelenk 4 rasch einsetzende starke Schwellung 4 Schonhaltung
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 DMS prüfen 4 Röntgen in 2 Ebenen
Therapie 4 konservativ: 5 Oberarmgips in 60–80°-Flexion für 3–4 Wochen (selten) 5 Indikation: nichtdislozierte Frakturen (v.a. im Kindesalter) 4 operativ: 5 Abrissfrakturen: J Versorgung mit Zuggurtungsosteosynthese, > Memo Die Olekranonfraktur ist neben der Patellaquerfraktur die klassische Indikation für eine Zuggurtungsosteosynthese. J Zugschrauben 5 instabile Brüche und Trümmerfrakturen: J Plattenosteosynthese
Komplikationen 4 Pseudarthrose (10%) 4 posttraumatische Arthrose bei persistierender Gelenkstufe 4 Ulnarisirritation
Radiusköpfchen- und Radiushalsfrakturen Pathogenese 4 indirektes Trauma durch Sturz auf die Hand bei proniertem Unterarm und gestrecktem Arm im Ellenbogengelenk
Einteilung 4 Meißelfraktur 4 Trümmerfraktur des Radiusköpfchens 4 bei Kindern v.a. Knorpelläsionen und Radiushalsfraktur (30% der Fälle mit Epiphysenfugenbeteiligung)
191 1.2 · Unfallchirurgie
Klassifikation 4 Klassifikation der Radiusköpfchenfrakturen nach Mason (Typ1–4): 5 Typ 1: nichtdislozierte Frakturen 5 Typ 2: Frakturen mit Dislokation (inklusive Stauchung, Depression, Abknickung) 5 Typ 3: Mehrfragment- und Trümmerfrakturen mit Beteiligung des gesamten Kopfes 5 Typ 4: Luxationsfrakturen
Klinik 4 4 4 4
schmerzhafte Pro- und Supinationseinschränkung Druckschmerzhaftigkeit radialseitig am Ellenbogengelenk rasch einsetzende starke Schwellung Hämarthros
Begleitverletzungen: 4 Kombinationsverletzung Essex-Lopresti: Radiusköpfchenfraktur mit Ruptur der Membrana interossea und Dislokation im distalen Radioulnargelenk 4 Läsion des N. radialis profundus (Fingerstrecker) 4 Abriss des Proc. coronoideus 4 Innenbandaffektion
Diagnostik 4 Röntgen: 5 Ellenbogen und Hand in 2 Ebenen 5 Radiusköpfchenzielaufnahme (45°) 4 Sonographie: 5 Hämarthros? 5 Stufe? 5 Indikation zur Punktion? 4 ggf. CT: Indikation bei intraartikulären Brüchen großzügig
Therapie 4 im Kindesalter: 5 konservativ: J Ruhigstellung in Gipsschiene für 2 Wochen 5 allgemein sehr gutes Korrekturpotenzial für: J Achsenabweichungen in Frontal und Sagittalebene (<9 Jahre bis zu 60°, >10 Jahre bis zu 20°) J Seit-zu-Seit-Verschiebung bis zu ½ Schaftbreite (diese können ohne Intervention zur Ausheilung gebracht werden) 5 operativ (alle instabilen Frakturen sowie Frakturen mit Dislokation jenseits der genannten Obergrenzen müssen osteosynthetisch versorgt werden): J KD J Miniplatte
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 im Erwachsenenalter: 5 konservativ: J dorsale Oberarmschiene in 90°-Flexion für 1–2 Wochen J ggf. mit Punktion eines Hämarthros J frühfunktionelle Beübung 5 Indikationen: nichtdislozierte Frakturen (Mason 1) 5 operativ: Indikationen: J intraartikuläre Stufenbildung >1 mm J Fragmentgröße >1/3 des Radiusköpfchens J Trümmerfrakturen 5 OP-Methode: J Osteosynthese mit Mini-Schrauben oder -Platten J endoprothetischer Ersatz des Radiusköpfchens bei kompletter Zertrümmerung (ist der Resektion vorzuziehen um radiale Länge wiederherzustellen)
Komplikationen 4 persistierende Bewegungseinschränkung (Pro- und Supination, Extensionsdefizit im Ellenbogengelenk) 4 Arthrose im Humeroradialgelenk 4 Wachstumsstörungen bei Frakturen mit Beteiligung der Epiphysenfuge 4 Ulna-Impaktion-Syndrom am Handgelenk bei Radiusköpfchenresektion
Prognose 4 abhängig von Frakturtyp 4 Mason 1 sehr gut
Unterarmfrakturen und distale Radiusfrakturen Isolierte Fraktur des Radius- oder Ulnaschaftes Definition 4 nur ein Knochen des Unterarmes ist gebrochen, der zweite ist unverletzt
Pathogenese 4 meistens Schutzfunktion des Armes als Parierverletzung 4 Biege- und Torsionseinwirkung 4 bei Radiusschaftfrakturen auch Stauchungseinwirkung möglich
Klassifikation Einteilung nach Frakturtyp und Lokalisation im diaphysären Unterarmbereich (AO-22) 4 Typ A: 5 A1: isolierte Radiusschaftfraktur 5 A2: isolierte Ulnaschaftfraktur 4 Typ B: 5 B1: isolierte Radiusschaftfraktur mit ausgesprengtem Biegungskeil 5 B2: isolierte Ulnaschaftfraktur mit ausgesprengtem Biegungskeil
193 1.2 · Unfallchirurgie
Klinik 4 4 4 4 4
Schwellung häufig nur geringe oder keine Fehlstellung Schmerzen Funktionseinschränkung ggf. Weichteilverletzung
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Röntgen: 5 Unterarm mit Ellenbogen- und Handgelenk in 2 Ebenen
Therapie 4 Kindesalter (selten, meist Unterarmfraktur, Monteggia-Verletzung nicht übersehen!): 5 konservativ: J Ruhigstellung im Oberarmgips, Zeitdauer in Abhängigkeit vom Alter J bei Grünholzfrakturen (Kortikalis konvexseitig frakturiert, konkavseitig angebrochen): Kortikalis sollte in Narkose gegenfrakturiert werden, insbesondere bei Bowing frakture = gebogene Grünholzfraktur ohne sichtbaren Frakturspalt 5 operativ bei instabiler Fraktursituation: J ESIN: elastisch stabile intramedulläre Nagelung 4 Erwachsenenalter: 5 konservativ (dorsale Oberarmschiene in 90°-Flexion für 6 Wochen), bei gesicherten Parierfrakturen der Ulna auch im UnterarmBrace (= angefertigte stabile Kunststoffmanschette) 5 Indikationen: nichtdislozierte Frakturen 5 operativ: Indikationen: J Dislokation von mehr als Kortikalisbreite (relative Indikation) J Mehrfragmentfrakturen J Wunsch nach frühfunktioneller Behandlung 5 OP-Methode: J Implantat der Wahl: KFI (Kleinfragmentinstrumentarium) J interfragmentäre Zugschraube (falls möglich) J LCDCP (low compression deep contact plate) J bei kritischer Weichteilsituation Fixateur externe
Unterarmschaftfrakturen Pathogenese 4 4 4 4
Rasanztrauma häufig Unfälle im Straßenverkehr Sturz aus großer Höhe erhebliche Stauchungs-, Biege-, und Torsionseinwirkung mit kombinierter Fraktur von Radius und Ulna im metaphysären Bereich
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Inzidenz 4 ca. 6% aller Frakturen im Kindesalter 5 davon bis zu 25% Grünholzfrakturen 5 Altersgipfel bei Kindern zwischen 8. und 12. Lebensjahr 4 Altersgipfel bei Erwachsenen ca. 40. Lebensjahr 4 Dominanz des männlichen Geschlechts und des linken Arms
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4
häufig instabile Verletzung Schwellung Fehlstellung Funktionseinschränkung Schmerzen Weichteilverletzung (ca. 7% 1° offen) Nervenläsion (15%) bei proximalen Radiusfrakturen 5 mögliche Schädigung des N. radialis mit Fallhand 5 Sehnenverletzung (4%) 5 Gefäßzerreißung (1%)
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Röntgen: 5 Unterarm mit Ellenbogen- und Handgelenk in 2 Ebenen
Klassifikation Einteilung nach Frakturtyp und Lokalisation nach AO-22 im diaphysären Unterarmbereich: 4 Typ A: 5 A3 = Querfraktur Radiusschaft und Ulnaschaft 4 Typ B: 5 B3: Radiusschaftfraktur und Ulnaschaftfraktur mit ausgesprengtem Biegungskeil 4 Typ C: 5 C1: Radiusschaft einfach frakturiert, Ulna mehrfragmentär 5 C2: Radiusschaftstückbruch, Ulnaschaft einfach 5 C3: Radius- und Ulnaschaft mehrfragmentär
Therapie 4 > Memo Notfallindikation bei instabilen Verletzungen, hohes Kompartmentrisiko, hohes Risiko für Nervenläsion. 4 im Kindesalter: 5 konservativ: J Ruhigstellung in Oberarmgipsschiene für 3–4 Wochen je nach Stellung und Alter J notfallmäßige Versorgung in Anästhesie bei Abkippung >30° J bei sekundärer Dislokation Gipskeilung am 8.Tag bis zu 20° möglich
195 1.2 · Unfallchirurgie
J bei Grünholzfrakturen immer Frakturierung der Gegenkortikalis in Narkose erforderlich, sonst hohes Risiko für eine Refraktur (25–30%) J eine »bowing fracture« hat kaum Spontankorrekturpotenzial 5 operativ: J meist geschlossene Reposition und ESIN J Materialentfernung nach 3 Monaten J bei Repositionshindernis ORIF 4 im Erwachsenenalter: 5 operativ: J ORIF, Implantat der Wahl: KFI (Kleinfragmentinstrumentarium) J interfragmentäre Zugschraube (falls möglich) J LCDCP (Low compression deep contact plate) J Fixateur externe bei Polytrauma oder ausgeprägtem Weichteilschaden 5 OP-Technik: J 2 separate Zugänge J Hautbrücke von mind. 5 cm, sonst erhöhte Inzidenz von Brückenkallus J bei proximalen Unterarmschaftfrakturen ist ein gemeinsamer Zugang gelegentlich notwendig, Ulna zuerst reponieren und zumindest temporär stabilisieren. (»Sei helle, nimm die Elle.«) 5 ! Cave Proximal Schädigung des tiefen Astes des N. radialis direkt oder durch Druckläsion, distal Läsion des R. superficialis n. radialis 5 postoperativ: J keine Pro-/Supination für 6 Wochen J ggf. Oberarmgipsschiene erforderlich J Physiotherapie für Extension/Flexion im Ellbogen und Handgelenk
Komplikationen 4 persistierende Bewegungseinschränkung bei Pro- und Supination, Extensions- und Flexionsdefizit im Ellenbogen- und Handgelenk möglich 4 Brückenkallus 4 Synostosen (2%) 4 persistierende Nervenläsion 4 Pseudarthrose 4 Refraktur (bis zu 22%) 5 ungeeignetes Implantat 5 vorzeitige Metallentfernung (Materialentfernung bei Erwachsenem frühestens nach 18 Monaten)
Monteggia-Frakturen Pathogenese 4 Sturz auf den extendierten, im Unterarm pronierten Arm mit resultierender Fraktur des Ellenschaftes 4 Zerreißung der Membrana interossea und des Lig. anulare 4 Luxation des Radiusköpfchens
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Klinik 4 4 4 4 4 4
deutliche Schwellung Fehlstellung des Ellenbogens und proximalen Unterarms Funktionseinschränkung im Ellenbogen- und Handgelenk ausgeprägte Schmerzen häufig Irritation N. radialis ggf. Weichteilverletzung
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Röntgen: 5 Unterarm mit Ellenbogen- und Handgelenk in 2 Ebenen
Klassifikation 4 nach Bado (Typ1–4): 5 Typ 1: anteriore Dislokation prox. Radius, Ulnaschaft mit ant. Angulation 5 Typ 2: posteriore Dislokation d. prox. Radius, Ulnaschaft mit post. Angulation 5 Typ 3: laterale Dislokation des prox. Radius, metaphysäre Ulnaschaftfraktur 5 Typ 4: anteriore Dislokation des prox. Radius, Ulnaschaftfraktur mit Radiusschaftfraktur 4 > Memo Notfallindikation, Luxationsverletzung, hohes Kompartmentrisiko, hohes Risiko für Nervenläsion.
Therapie 4 im Kindesalter: 5 operativ: J meist geschlossene Reposition des Radiusköpfchens J Ulna ORIF J ggf. ESIN J Oberarmgipsschiene für 3–4 Wochen 4 im Erwachsenenalter: 5 geschlossene (ggf. offene) Reposition des Radiusköpfchens 5 ggf. Naht des Lig. anulare 5 ORIF der Ulnafraktur mit LCDCP 5 Oberarmgipsschiene 4 postoperativ: 5 Physiotherapie
Galeazzi-Frakturen Pathogenese 4 4 4 4 4 4
Sturz auf die Hand Verkehrsunfälle Radiusschaftfraktur im distalen Drittel Luxation der Ulna im DRUG (distales Radioulnargelenk) häufig Riss der Membrana interossea evtl. Abriss des Proc. styloideus ulnae
197 1.2 · Unfallchirurgie
Klinik 4 4 4 4 4
deutliche Schwellung Fehlstellung im Handgelenk und distalen Unterarm Funktionseinschränkung im Ellenbogen- und Handgelenk ausgeprägte Schmerzen ggf. Weichteilverletzung
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Röntgen: 5 Unterarm mit Ellenbogen- und Handgelenk in 2 Ebenen
Inzidenz 4 3–7% aller Unterarmfrakturen
Therapie 4 operativ mit relativer Notfallindikation: 5 geschlossene (ggf. offene) Reposition des DRUG 5 ORIF der Radiusfraktur mit LCDCP 5 ggf. Transfixation des DRUG für 6 Wochen Oberarmgipsschiene 4 postoperativ: 5 Physiotherapie: Extension/Flexion 5 keine Pronation/Supination für 6 Wochen
Komplikationen 4 4 4 4
persistierende Bewegungseinschränkung bei Pro- und Supination Extensionsdefizit im Handgelenk chronische Instabilität sekundäre Arthrose im DRUG
Essex-Lopresti-Verletzung Pathogenese 4 meist Rasanztraumen 4 Radiusköpfchenfraktur mit Zerreißung der Membrana interossea und resultierender Instabilität im PRUG (proximales Radioulnargelenk) und Verletzung des DRUG
Diagnostik 4 4 4 4 4
klinische Untersuchung Röntgen Unterarm mit Ellenbogen- und Handgelenk 2 Ebenen ggf. MRT ggf. Sonographie (Hämatom d. Membrana interossea) > Memo 25% der Essex-Lopresti-Verletzungen werden initial übersehen.
Klinik 4 Radius nach proximal disloziert 4 ulnokarpales Impingement 4 radiale Deviation der Hand
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Klassifikation 4 nach Edwards und Jupiter (1998): 5 Typ 1–3
Therapie 4 operativ: 5 Rekonstruktion des PRUG 5 Transfixation des DRUG für 6 Wochen mit K-Drähten 5 Oberarmgipsschiene für 6 Wochen, hieraus Physiotherapie für Extension und Flexion
Komplikationen 4 Arthrose im PRUG 4 chronische Instabilität und sekundäre Arthrose im DRUG
Distale Radiusfrakturen Pathogenese 4 Sturz auf die Hand 4 Bruch des distalen Speichenendes 4 häufig in Kombination mit einer distalen Ulnafraktur (distale Unterarmfraktur) 4 > Memo Stellung der Hand beim Unfallereignis bestimmt den Frakturtyp (Einteilung nach Dislokationsrichtung): 5 dorsalextendierte Hand → Extensionsfraktur Typ Colles 5 palmarflektierte Hand → Flexionsfraktur Typ Smith.
Inzidenz 4 häufigste Fraktur im Erwachsenenalter (25% aller Frakturen mit ca. 290 Frakturen pro 100.000 Einwohner pro Jahr) 4 Geschlechtsverteilung: w:m = 3,2:1
Klinik 4 4 4 4 4 4 4
Schwellung häufig Hämatom Fehlstellung und Funktionseinschränkung im Handgelenk Schmerzen ggf. Weichteilverletzungen ggf. Sensibilitätsminderung Dislokation: 5 zur Streckseite: Fourchette-Stellung 5 zur Radialseite: Bajonett-Stellung
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Röntgen: 5 Handgelenk in 2 Ebenen 4 bei intraartikulären Frakturen ggf. CT: 5 Klärung, ob zusätzlich ligamentäre Verletzungen oder Handwurzelfrakturen vorliegen
199 1.2 · Unfallchirurgie
Instabilitätszeichen: 4 Knochendefekte/Trümmerzone 4 Dorsalabkippung primär >20° 4 Volarkippung des distalen Fragments 4 volare und dorsale Kantenfragmente 4 Ulnavorschub >0,75 cm 4 Abriss Proc. styloideus ulnae 4 Stufenbildung in der Gelenkfläche
Klassifikation 4 nach der Dislokationsrichtung: 5 Extensionsfraktur = Typ Colle 5 Flexionsfrakturen = Typ Smith 4 nach AO 23 Typ A–C: 5 Typ A: extraartikuläre Frakturen J A1: Ulna frakturiert, Radius intakt J A2: Radius einfach, extraartikulär J A3: Radius extraartikulär, mehrfragmentär 5 Typ B: partielle Gelenkfraktur J B1: in der Sagittalebene = Chauffeurfraktur J B2: dorsales Kantenfragment = Barton J B3: volares Kantenfragment = reverse Barton 5 Typ C: vollständige Gelenkfraktur J C1: artikulär einfach, metaphysär einfach J C2: artikulär einfach, metaphysär mehrfragmentär J C3: artikulär und metaphysär mehrfragmentär 4 nach Melone: Typ1–5 (Lokalisation der Frakturfragmente) 4 nach Frykman: Typ 1–8 (extra- und intraartikuläre Frakturen unter Berücksichtigung des DRUG 4 zahlreiche weitere Klassifikationen
Therapie 4 konservativ: 5 stabile, nichtdislozierte Verletzungen: J Gipsruhigstellung für 4–6 Wochen J je nach Fraktur dorsale oder volare Unterarmgipsschiene bzw. zirkulärer Unterarmgips oder Cast. J Mittelhandköpfchen bleiben volar frei, der Gips reicht bis zum proximalen Unterarm J die Fingermotorik und Ellenbogenbeweglichkeit dürfen durch den Gips nicht eingeschränkt sein J zirkulieren des Gipses abhängig von Fraktur und Schwellsymptomatik 5 dislozierten Frakturen: J Reposition im Mädchenfänger unter Bruchspaltanästhesie oder Handblock J Anlage eines Repositionsgips
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
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J i.v. Zugang und ausreichende Analgetikagabe erforderlich J ! Cave Brüske Repositionsmanöver und Schmerzen erhöhen das Risiko für ein CRPS. operativ: 5 überwiegend im Verlauf erforderlich OP-Verfahren und Indikationen: 5 Kirschner-Drähte (z.B. nach Kapandji): J junge Patienten (<15 J.), alte Patienten (>65 J.) J Extensionsfrakturen J extraartikuläre Frakturen Typ A2 und A3 J ggf. intraartikuläre Frakturen bei kritischer Weichteilsituation, zusätzlich Gipsruhigstellung erforderlich 5 Fixateur externe (Anlage vom MHKII bis zum distalen Radiusschaft): J bei offenen Verletzungen J ausgeprägter Schwellsymptomatik J in Kombination mit Plattenosteosynthese und/oder K-Drähten J Fixateur maximal für 6 Wochen (! Cave Pin-Lockerung und Pin-Infekt in ca. 4–21% der Fälle, CRPS in 6%, Fraktur im PinBereich, Korrekturverlust) 5 volare winkelstabile Plattenosteosynthese: J A2,A3, B2, B3, C1–3 ggf. in Kombination mit weiteren Verfahren 5 dorsale winkelstabile Plattenosteosynthese: J bei ausgeprägter dorsaler Trümmerzone J bzw. dorsalen Gelenkfragmenten erforderlich 5 Schraubenosteosynthese: J bei B1-Frakturen »Chauffeurfraktur« OP-Zugang: 5 volare radiale Längsinzision 5 Leitstruktur ist der M. flexor carpi radialis 5 der M. pronator quadratus wird radial abgelöst und ulnarwärts abgeschoben Nachbehandlung: 5 auch bei Platten- und Schraubenosteosynthese ggf. Gipsruhigstellung erforderlich, z.B. bei Osteoporose 5 sofortige Beübung der Finger 5 Therapie für das Handgelenk aus dem Gips heraus fast immer möglich
Komplikationen 4 nach konservativer und operativer Therapie: 5 sekundärer Repositionsverlust 5 CRPS 5 persistierende Bewegungseinschränkung im Handgelenk 5 Hämatom 5 Infektion 5 Verletzung des N. medianus oder der A. radialis
201 1.2 · Unfallchirurgie
5 postoperatives CTS (Karpaltunnelsyndrom) 5 Implantatversagen 4 > Memo Radiologisches Ergebnis und klinische Funktion zeigen oft eine große Diskrepanz am distalen Radius.
1.2.3
Verletzungen der Wirbelsäule B. Schmidt-Rohlfing, P. Kobbe
4 Behandlungsziele von Wirbelsäulenverletzungen: 5 Wiederherstellung der normalen Anatomie und einer möglichst schmerzfreien und optimalen Funktion 5 Verhinderung einer sekundären Rückenmarkschädigung bei instabilen Verletzungen 5 rasche Mobilisation der Patienten 5 Erzielen einer ausreichenden Stabilität durch die operative Versorgung (sofern erforderlich)
Epidemiologie 4 überwiegend Hochenergieverletzungen (Sturz aus großer Höhe, Verkehrsunfälle): 5 hoher Anteil bei schwerstverletzten Patienten (Polytrauma) 5 häufig Flexions-Extensions-Mechanismus der Wirbelsäule 4 davon abzugrenzen: Frakturen durch minimale Krafteinwirkung bei vorgeschädigtem Knochen (pathologische Frakturen v.a. bei Osteoporose) 4 bei bis zu 20% aller Wirbelsäulenverletzten muss mit einer neurologischen Symptomatik gerechnet werden (HWS > BWS > LWS) 4 Altersgipfel: 20.–40. Lebensjahr 4 pathologische Frakturen bei älteren Patienten (>60 J.)
Diagnostik 4 klinische und bildgebende Diagnostik: ! Cave Während der gesamten klinischen und bildgebenden Diagnostik muss die Wirbelsäule des Patienten durch Stiff-Neck und konsequente En-Bloc-Lagerung geschützt werden, bis eine Wirbelsäulenverletzung sicher ausgeschlossen werden kann 4 Anamnese: 5 erste Hinweise auf Verletzungsmuster: J Hochrasanztrauma J Absturz aus größerer Höhe 4 Untersuchungsablauf: unterscheidet sich in Abhängigkeit der Verletzungsschwere grundsätzlich: 5 beim polytraumatisierten Patienten zunächst die Vitalfunktionen sichern (ABC-Schema) 5 bei Monoverletzung der Wirbelsäule: gezielte Abklärung 4 Untersuchung am wachen Patienten: 5 Schmerzangabe 5 Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
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5 Kompressionsschmerz 5 Inspektion: J Kontusionsmarken J Hämatome (Morell-Lavalle-Syndrom) J offene Verletzung 5 orientierende neurologische Untersuchung Untersuchung beim nichtansprechbaren Patienten (erst nach Sicherung der Vitalfunktionen!): 5 Alignment der Dornfortsätze (Stufenbildungen) 5 Inspektion: J Kontusionsmarken J Hämatome (Morell-Lavalle Syndrom) J offene Verletzung 5 orientierende neurologische Untersuchung nicht möglich 5 großzügige Indikation zur radiologischen Abklärung 5 bei polytraumatisierten Patienten frühzeitige Indikation zum Ganzkörper-CT (Traumaspirale) radiologische Standarddiagnostik: Nativaufnahmen in 2 Ebenen 5 im seitlichen Strahlengang: J Einbrüche der Deckplatten/Wirbelkörper (Höhenminderung) J unregelmäßige Distanzen in der Dornfortzreihe J Abweichen von der physiologischen zervikalen Lordose, thorakalen Kyphose und lumbalen Lordose 5 im a.-p. Strahlengang: J skoliotische Achsabweichungen J Änderung der Ausrichtung der Dornfortsatzreihe J symmetrische Darstellung der Bogenwurzeln erweiterte nativ-radiologische Aufnahmen: 5 Dens-Zielaufnahme J symmetrischer Abstand zur Massa lateralis des Atlas 5 Schwimmer-Aufnahme J bessere Darstellung der unteren HWS durch Hochlagerung des Armes 5 Ziel-Aufnahme thorakolumbaler Übergang J bessere Darstellung des thorakolumbalen Übergangs 5 Funktionsaufnahmen der HWS unter Bilderverstärkerkontrolle: J dynamische Aufnahme der HWS zeigt eine vermehrte Aufklappbarkeit bei Flexions-/Extensionsbewegungen bei diskoligamentärer Instabilität (nur beim wachen und kooperativen Patienten durchführen) erweiterte radiologische Diagnostik: 5 Computertomographie: J ermöglicht multiplanare Rekonstruktionen und oftmals erst die eigentliche Diagnose (insbesondere im thorakalen Abschnitt sind die Nativaufnahmen mitunter schwierig zu interpretieren) J gilt als Basisdiagnostik bei komplizierten Verletzungen (etwa zur Beurteilung des Ausmaßes der Hinterkantenbeteiligung) J zur besseren OP-Planung
203 1.2 · Unfallchirurgie
5 Kernspintomographie (MRT): J knöcherne Strukturen werden im CT grundsätzlich besser abgebildet J nur bei speziellen Fragestellungen und als Komplementärverfahren zur CT-Untersuchung J bei V.a. diskoligamentäre Verletzungen (insbesondere HWS) J indiziert bei progredienter Neurologie nach Trauma J evtl. bei Kindern zum Ausschluss einer WS-Verletzung (Vermeidung der Strahlenbelastung) J indiziert bei pathologischen Fraktur zur Abschätzung des Tumorbefalls (insbesondere auch in den angrenzenden Weichteilen)
Klassifikation 4 in Abhängigkeit von der Funktion und Anatomie, verletzungsspezifischer Kriterien und operativer Zugangswege Unterteilung in Verletzungen: 5 obere Halswirbelsäule 5 mittlere und untere Halswirbelsäule 5 Brustwirbelsäule 5 thorakolumbaler Übergang (Th11–L2) 5 Lendenwirbelsäule 4 am häufigsten betroffen: 5 thorakolumbaler Übergang, wo die rigide Brustwirbelsäule in die mobilere Lendenwirbelsäule übergeht (insbesondere die Wirbelkörper Th12 und L1) 4 in Abhängigkeit von den verletzten Strukturen sind zu unterscheiden: 5 knöcherne Verletzungen (am häufigsten) 5 diskoligamentäre Verletzungen (häufiger im Bereich der HWS, selten im Bereich der BWS und LWS) 5 neuronale Begleitverletzungen (Myelon, Cauda equina, Nervenwurzeln); insgesamt selten, dann aber oft mit schwerwiegenden Folgen 5 Kombinationen dieser Verletzungen sind keineswegs selten 5 SCIWORA (Spinal Cord Injury Without Radiographic Abnormality): J neurologische Ausfälle nach Verletzungen ohne entsprechende nativradiologische oder CT-graphische Korrelate; am ehesten bei Kindern mit noch sehr elastischen knöchernen und diskoligamentären Strukturen Frakturklassifikationen: 4 Die im Folgenden aufgeführten Frakturklassifikationen gelten nur für Verletzungen der 5 mittleren und unteren Halswirbelsäule 5 Brustwirbelsäule 5 Lendenwirbelsäule 4 > Memo Verletzungen der oberen Halswirbelsäule lassen sich aufgrund der von der restlichen Wirbelsäule abweichenden Anatomie mit diesen Klassifikationen nicht erfassen.
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 3-Säulen-Modell (Denis): 5 vordere Säule mit Lig. long. ant. mit vorderer Hälfte des Wirbelkörpers 5 mittlere Säule mit Lig. long. post., hinterer Hälfte des Wirbelkörpers mit Bandscheibe 5 hintere Säule mit Facettengelenken, Wirbelbogen, hinterer Ligamentkomplex 4 als instabil(er) gelten: 5 die Verletzung der mittleren Säule 5 eine Kombination von Verletzungen mehrerer Säulen 4 Klassifikation nach Magerl (1994), aufbauend auf dem 3-Säulen-Modell (in Europa am weitesten verbreitet): 5 A-Verletzungen: Kompressionsbrüche (hintere Säule dabei unverletzt) 5 B-Verletzungen: Flexions-Distraktions-Verletzungen (gekennzeichnet durch Zerreißungen des dorsalen Bandapparates bzw. der knöchernen Strukturen) 5 C-Verletzungen: Rotationsverletzungen (Dornfortsätze stehen auf der a.-p. Aufnahme nicht mehr in einer Reihe) 4 Frankel-Schema zur Einteilung von Rückenmarkverletzungen (A–E): 5 A: komplette Lähmung 5 B: sensorische Funktion unterhalb der Verletzungshöhe vorhanden bei komplettem motorischem Querschnitt 5 C: inkomplette motorische Funktion unterhalb der Verletzungshöhe (1–2/5) 5 D: mittlere bis gute motorische Funktion unterhalb der Verletzungshöhe (3–4/5) 5 E: normale Funktion (5/5)
Verletzungen der HWS 4 Anatomisch unterscheidet sich die obere Halswirbelsäule 5 mit den Hinterhauptkondylen (C0) 5 dem Atlas (C1) sowie 5 dem Axis (C2) 4 von den restlichen 5 Halswirbeln (C3–7) 4 Verletzungen der Halswirbelsäule werden unterteilt in Verletzungen 5 der oberen sowie 5 mittleren und unteren Halswirbelsäule 4 ! Cave Bei Verdacht auf eine HWS-Verletzung sollte primär immer ein Stiff-Neck zur Immobilisation angelegt werden 4 Klassischer Unfallmechanismen für HWS-Verletzungen: 5 Hyperflexions-/Hyperextensionsverletzung durch die Schwerkraft des Kopfes 5 axiale Stauchungsverletzungen (z.B. Kopfsprung in niedriges Schwimmbecken)
205 1.2 · Unfallchirurgie
Allgemeine Verletzungen der HWS HWS-Distorsion Definition 4 stabile Verletzung ohne knöcherne oder ligamentäre Beteiligung
Diagnostik 4 Anamnese (häufig PKW-Auffahrunfall) 4 Röntgen: 5 HWS in 2 Ebenen und 5 Dens-axis-Zielaufnahme 4 erweitere radiologische Diagnostik nur bei klinischem oder radiologischem Verdacht auf eine Fraktur oder diskoligamentäre Verletzung
Therapie 4 orale Schmerztherapie 4 Ruhigstellung der HWS in einer Halskrawatte ist umstritten (führt zur schnellen Atrophie der Halsmuskulatur)
Querfortsatz- und Dornfortsatzfrakturen Definition 4 isolierte Querfortsatz- oder Dornfortsatzfrakturen sind als stabile Frakturen zu werten
Diagnostik 4 Röntgen 4 CT: 5 bei nativ-radiologischem Nachweis einer Querfortsatz- oder Dornfortsatzfraktur zum Ausschluss weiterer Verletzungen 4 Angio-CT: 5 bei Querfortsatzfrakturen zum Ausschluss einer Verletzung der A. vertebralis mit Kontrastmittel
Therapie 4 orale Schmerztherapie 4 bei Bedarf Ruhigstellung in einer Halskrawatte
Diskoligamentäre Verletzungen Definition 4 instabile Verletzung der Wirbelsäule mit Verletzung der Bandstrukturen und der Bandscheibe
Diagnostik 4 nativ-radiologisch und CT 5 Verletzungen meist nur durch indirekte Zeichen zu erkennen (z.B. Versatz im Alignement, Teardrop-Fraktur der bandscheibennahen Vorderkante) 4 MRT 5 diagnostisches Mittel der Wahl zum Nachweis von
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
J Einblutungen J zerstörten Bandscheiben J zerstörten Bandstrukturen
Therapie 4 operativ (hochinstabile Verletzungen, die operativ versorgt werden müssen) 5 in der Akutphase: J Immobilisation durch Halo-Fixateur 5 im Verlauf: J Spondylodese durch ventrale Plattenosteosynthese J ggf. in Kombination mit Beckenkammspan oder Cage
Spezifische Verletzungen der oberen Halswirbelsäule 4 20% der HWS-Verletzungen
Verletzungen der Okzipitalkondylen 4 meist stabile Verletzungen
Klassifikation 4 nach Jeanneret in Typ I–IV
Diagnostik 4 nativ-radiologisch (kaum zu diagnostizieren) 4 CT (Methode der Wahl)
Therapie 4 stabile Fraktur: 5 Ruhigstellung mittels Zervikalstütze 4 instabile Fraktur 5 Halo-Fixateur für 4–6 Wochen
Atlantookzipitale Dislokation 4 seltene, hochinstabile Verletzung 4 verläuft meist innerhalb der ersten Stunden tödlich
Diagnostik 4 nativ-radiologisch: 5 in der seitlichen Aufnahme am Versatz des Okziputs zur Halswirbelsäule zu erkennen
Therapie 4 notfallmäßig Anlage eines Halo-Fixateurs 4 definitive Versorgung durch Spondylodese C0–1
Atlas-Frakturen 4 meist stabile Verletzungen
207 1.2 · Unfallchirurgie
Klassifikation 4 nach Gehweiler: 5 Typ III ist die Jefferson-Fraktur: J meist eine instabile Verletzung durch Fraktur des vorderen und hinteren Atlasbogens
Diagnostik 4 nativ-radiologisch: a.-p. Aufnahme: 5 Vergrößerung des Abstandes der Massae laterales auf >7 mm vom Dens axis spricht für eine instabile Atlas-Fraktur 4 CT: Methode der Wahl
Therapie 4 Ruhigstellung mittels Zervikalstütze (stabile Fraktur) 4 dorsale Spondylodese C1/C2 durch Magerl-Verschraubung bei instabilen Frakturen
Atlantoaxiale Luxation 4 instabile Verletzung 4 entsteht häufig aufgrund einer vorderen, bilateralen Bogenfraktur des Atlas und additiver Zerreißung des Lig. transversum
Diagnostik 4 nativ-radiologisch: seitliche Aufnahme 5 Vergrößerung des Abstandes des vorderen Atlasbogens vom Dens >3–4 mm 4 CT: Methode der Wahl
Therapie 4 notfallmäßige Anlage eines Halo-Fixateurs 4 definitive Versorgung durch Spondylodese C1–2 durch Magerl-Verschraubung
Dens-axis-Frakturen Einteilung 4 nach Anderson und D’Alonso: 5 I (Spitze) 5 II (mittig) 5 III (Basis)
Diagnostik 4 Röntgen: 5 HWS in 2 Ebenen 5 Dens-axis-Zielaufnahme 4 CT: zur Diagnosesicherung und OP-Planung 4 ! Cave Ein knöcherner Ausriss der Lig. alaria im Rahmen einer atlantookzipitalen Dislokation (instabile Situation) sollte durch CT sicher ausgeschlossen werden
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 Typ I: meist stabil 5 operativ schwierig zu adressieren, da kleines Fragment 5 Aspen-Collar für 6 Wochen 4 Typ II: 5 operative Versorgung durch 2 von ventral eingebrachte kanülierte Schrauben (trotz operativer Versorgung kommt es in einigen Fällen zur Ausbildung von straffen Pseudarthrosen) 4 Typ III: sind im engeren Sinne keine Dens-Frakturen sondern Wirbelkörper-Frakturen 5 meist stabil, deshalb Aspen-Collar für 6 Wochen
Traumatische Spondylolisthese des Axis (»Hangman’s fracture«) Definition 4 beidseitige C2-Bogenfraktur
Einteilung 4 nach Effendi in Typ I–III
Diagnostik 4 Röntgen: 5 nativ-radiologisch nur bei Dislokation C2/C3 gut zu erkennen 4 CT: Methode der Wahl
Therapie 4 Typ I: stabile Verletzung (beidseitige C2-Bogenfraktur ohne Dislokation; Bandstrukturen intakt): 5 konservative Therapie im Aspen-Collar für 6 Wochen 4 Typ II: instabile Verletzung (beidseitige C2-Bogenfraktur mit Zerreißung der Bänder und des Diskus C2/C3 und dadurch Dislokation C2/C3): 5 notfallmäßige Behandlung im Halo-Fixateur 5 definitive Versorgung durch ventrale Spondylodese C2/C3 4 Typ III: wie Typ II jedoch zusätzliche Luxation C2/C3 in den Facettengelenken
Spezifische Verletzungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule Einteilung 4 Einteilung der Verletzung der mittleren und unteren HWS (C3–7) entspricht der nach der AO/Magerl 4 häufigste Verletzungshöhe: Segment C5/C6 sowie C6/C7
Diagnostik 4 Röntgen 5 bei nativ-radiologischen Aufnahmen immer auf eine komplette Abbildung der HWS achten (! Cave Häufig ist der HWK 7 nicht korrekt abgebildet) 5 ggf. Schwimmer-Aufnahmen anfertigen
209 1.2 · Unfallchirurgie
Therapie 4 konservativ: Indikation: 5 A-Verletzungen nach Magerl, wenn Bandscheibe intakt und Keilwirbelbildung <10° 5 Maßnahme: J Aspen-Collar für 6 Wochen 4 operativ: Indikation: 5 A-Verletzungen mit Keilbildung >10° 5 alle B- und C-Verletzungen J ventrale Spondylodese mit kortikalem Beckenkammspan
Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule 4 Grundsätzlich daran denken: 5 Verletzungen der BWS gehen regelmäßig mit schweren Thoraxverletzungen einher 5 bei Verletzungen der LWS an abdominelle Verletzungen und mögliche Beckenfrakturen denken
Therapie 4 konservativ (Mehrzahl der Wirbelsäulenverletzungen): 5 kurzfristige Bettruhe 5 Schmerzmedikation 5 ggf. externe Stabilisierung (Mieder, Korsett mit 3-Punkt-Abstützung etc.) 5 an abführende Maßnahmen denken (Gefahr der Darmparalyse durch retroperitoneales Hämatom) 4 operativ – wichtige Indikationen: 5 (progrediente) neurologische Symptomatik 5 Keilwirbelbildung >10–20° 5 spinale Kanaleinengung >30% 5 Instabilität (! Cave Auf dorsale Zerreißung achten) 5 alle B- und C-Verletzungen 5 Berstungsbrüche und sog. Kneifzangenbrüche (Unterformen der A-Verletzungen) 4 > Memo Kortisonschema (mit Methylprednisolon) bei akutem Querschnitt zur Behandlung des RM-Ödems ist stark umstritten und wird im eigenen Vorgehen nicht berücksichtigt. 4 Prinzipien der operativen Versorgung: 5 dorsale Instrumentierung J meist durch Fixateur interne J unter Verwendung von sog. Pedikelschrauben werden diese von dorsal her über die Bogenwurzel (Pedikel) in den Wirbelkörper eingebracht 5 ventrale Spondylodese J mit Ausräumung der angrenzenden Bandscheibenfächer und Interposition eines Platzhalters: zumeist trikortikaler, autologer Span vom Beckenkamm oder eines Titan-Cages 5 Einbringen von Knochenzement in den betroffenen Wirbelkörper (Vertebroplastie oder Kyphoplastie)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Vorteile des Fixateur interne: 5 ermöglicht rasche Stabilisierung von Verletzungen mit einer hohen Primärstabilität 5 gute Korrekturmöglichkeiten und Wiederaufrichtung von höhengeminderten Wirbelkörpern (insbesondere bei frischen Verletzungen) durch lange Hebelarme und unter Ausnutzung des Prinzips der Ligamentotaxis 5 kurzstreckige Instrumentierung möglich (angrenzende Bewegungssegmente werden erhalten) 4 Nachteile des Fixateur interne: 5 Dekompression nervaler Strukturen von dorsal her oftmals nur unzureichend möglich 5 in Abhängigkeit des Frakturtyps ist alleinige dorsale Instrumentierung nicht ausreichend (postoperativer Korrekturverlust!) 5 im oberen thorakalen Abschnitt technisch sehr anspruchsvoll (durch Überlagerung des Thorax bzw. Rippen, Schulterblätter, Schultern intraoperative Bildgebung mittels Durchleuchtung oftmals problematisch) 4 Komplikationen nach dorsaler Instrumentierung: 5 Schraubenfehllage 5 Verletzung der Dura (selten! ca. 1%) 5 Schraubenbruch, Stabbruch 5 mechanisches Versagen mit Korrekturverlust 5 Irritation von Nervenwurzeln 5 Verletzung großer Gefäße (sehr selten) 4 ventrale Spondylodese bei Wirbelkörperfrakturen: 5 überwiegend zweizeitig nach vorausgegangener dorsaler Instrumentierung (bei dorsalseitiger Instabilität ist zunächst eine Instrumentierung mittels Fixateur interne zwingend erforderlich) 5 wird inzwischen ganz überwiegend in thorakoskopischer Technik durchgeführt (vermeidet die hohe Zugangsmorbidität einer Thorakolumbotomie 5 thorakoskopische Technik möglich von Th4–L2/3 5 Unterhalb von L2–4: retroperitonealer Zugang beispielsweise in Mini-open-Technik 5 L5: transperitonealer Zugang erforderlich (seitlich versperren die Beckenschaufeln einen senkrechten Zugang) 4 Technik der thorakoskopischen ventralen Spondylodese 5 Doppellumentubus erforderlich und einseitige Beatmung eines Lungenflügels während der OP 5 streng seitliche Lagerung des Patienten auf einem röntgendurchlässigen Tisch 5 meist 4 Portale erforderlich (Arbeitsportal, Portal für die Kamera, den Retraktor und die Saug-Spül-Vorrichtung) 5 Zwerchfellsplitting unterhalb von Th12/L1 5 sorgfältiges Ausräumen der angrenzenden Bandscheibenfächer erforderlich 5 ! Cave Darstellen des Segmentalgefäßes und sorgfältiges Clippen bzw. Elektrokoagulieren notwendig, andernfalls Blutungskomplikationen
211 1.2 · Unfallchirurgie
4 Vertebroplastie 5 Verfahren: perkutanes, transpedikuläres Einbringen von PMMAKnochenzement in den Wirbelkörper 5 Indikation: hauptsächlich schmerzhafte, osteoporotische Kompressionsfrakturen, die durch konservative Maßnahmen nicht ausreichend behandelt werden können 5 Vorteil: minimal-invasives, wenig belastendes Verfahren, kann auch in Lokalanästhesie (und Sedierung) durchgeführt werden 5 Nachteil: J Aufrichtung des Wirbelkörpers nur indirekt (durch Lagerung) möglich J hohes Risiko des Zementaustritts 5 Wertigkeit: durch prospektiv-randomisierte Studien insgesamt in Zweifel gezogen 4 Kyphoplastie 5 Verfahren: J vor dem Einbringen von PMMA-Zement wird durch einen druckund volumengesteuerten Ballon-Katheter eine Höhle im Wirbelkörper geschaffen J durch den Ballon-Katheter wird die Wiederaufrichtung des Wirbelkörpers angestrebt 5 Vorteil: Risiko des Zementaustritts geringer als bei der Vertebroplastie 5 Nachteil: teures Verfahren
1.2.4
Beckenverletzungen R.M. Sellei
Grundlagen der Beckenring- und Azetabulumverletzungen Bedeutung des Beckenrings 4 Beckenring ist anatomisch-biomechanische Verbindung zwischen Wirbelsäule und unteren Extremitäten 4 Integrität des Beckenrings ist Voraussetzung der vertikalen Kraftübertragung im Sitzen, Stand, Gang und Lauf 4 Beckenring dient als schützendes Skelettorgansystem des unteren Gastrointestinal- und des Urogenitaltraktes mit Geschlechtsorganen, der großen Gefäß-Nerven-Bahnen und der Frucht in der Schwangerschaft 4 Anatomisch-topographische Nähe zu den Organen führt zur komplexer Differenzialdiagnostik traumatischer Verletzungsfolgen
Ätiologie 4 Beckenfrakturen sind in der Regel Folge von Hochrasanzmechanismen: 5 direkte Mechanismen: Verkehrsunfälle mit direktem Trauma (Gurt, deformierte Karosserie) oder Quetschung (Verschüttung,
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Überrolltrauma) Sturz aus großer Höhe (Dachdecker, Suizidalität), Penetration bei Pfählungsverletzungen 5 indirekte Mechanismen: J »dashboard injury«: Schlag des Armaturenbretts im Fahrzeug auf das Knie mit Kraftübertragung auf das Azetabulum und Beckenring J »jumpers fracture«: Sprung aus großer Höhe mit vertikaler Kraftübertragung der unteren Extremitäten und Impaktion der Wirbelsäule führt zur Loslösung des Sakrums vom Beckenring 5 Ausnahmen: Patienten mit Osteoporose oder Tumoren können Frakturen nach niedrigenergetischen Traumen (unkomplizierte und einfache Stürze) und Bagatellmechanismen (Aufstehen aus tiefem Sessel) erleiden
Komplikationen 4 Gefahr der Blutung (akute vitale Bedrohung) durch Verletzung großer Gefäße (Aa. iliaca externa und interna), Gefäßseitenäste (Aa. glutea superior und inferior) und des präsakralen Venenplexus mit hämodynamischer Dekompensation (häufig im frühen posttraumatischen Intervall) 4 Gefahr der urogenitalen Verletzung mit Harnblasenruptur und Harnröhrenabriss 4 Gefahr der Nervenläsion (lumbosakraler Plexus oder direkte Druckläsion sowie Neuropraxie des N. ischiadicus) 4 Gefahr der Weichteilbeteiligung: 5 Hämatome, Kontusionen, oberflächliche und tiefe Riss-QuetschVerletzungen 5 Décollement = Kontinuitätsunterbrechung zwischen Haut und Unterhautfettgewebe mit Muskelfaszie und daraus resultierenden Einblutung 5 Morel-Lavallé = mit Quetsch- oder Überrolltraumen assoziiertes Décollement im Becken- sowie Hüftbereich großen Ausmaßes 5 Gluteales Kompartmentsyndrom = posttraumatische Muskelperfusionsstörung mit Gefahr der Muskelnekrose im Glutealbereich 4 Gefahr von abdominellen Begleitverletzungen (Parenchymverletzungen, abdominelles Kompartmentsyndroms bei retroperitonealer Einblutung)
Beckenringfraktur Klassifikation 4 Stabilitätskriterien nach Tile in Typ-A-, B-, C-Verletzungen: 5 Typ A (60%): stabile Beckenringfraktur mit intaktem hinteren Beckenring 5 Typ B (20%): partiell instabile Beckenringfraktur mit inkompletter Zerreißung des hinteren Beckenrings; J Typ B1: Open-Book-Verletzung mit kompletter und auseinanderweichender Symphysensprengung 5 Typ C (20%): komplette Zerreißung des hinteren Beckenrings, hohe Instabilität (vertikale und Rotationsinstabilität) mit hoher und vital bedrohlicher Blutungsneigung
213 1.2 · Unfallchirurgie
Klinik 4 ABCDE-Schema nach ATLS (advanced trauma life support) 5 in der Schockraumdiagnostik wird neben der frühen Thoraxaufnahme eine a.-p. Beckenaufnahme durchgeführt, da eine dislozierte und aufgebrochene Beckenringfraktur eine massive Blutungsquelle darstellen kann (sofortige Notfallmaßnahmen s.u.) 4 FAST-Sonographie (focused assessment with sonography for trauma): 5 schnelle, einfache, nichtinvasive und effiziente Frühdiagnostik 5 Nachweis von intraabdominellen, retroperitonealen oder intrathorakalen Blutungen mit Parenchymverletzungen (freie Flüssigkeit) 4 Beckeninstabilität: 5 durch die klinische Untersuchung kann über seitliche und vordere Kompression der beiden Beckenkämme eine hochgradige Instabilität erkannt werden 5 Gefahr der Massenblutung ins kleine Becken und Retroperitoneum 4 Ausschluss von penetrierenden Verletzungen (komplettes Entkleiden) 4 digitorektale Untersuchung (Tasten der Prostata) 4 vorsichtiger Versuch einer DK-Anlage um eine Hämaturie und Blasenverletzung auszuschließen 4 bei Hindernissen oder erschwerten Vorantreiben des Katheters nicht forcieren 4 retrograde Urethrozystographie um einen Harnröhrenabriss und Harnblasenruptur auszuschließen 4 auf Beinlängenunterschied achten und passives Bewegen der Hüftgelenke, um eine Hüftgelenksluxation oder Schenkelhalsfraktur zu erkennen 4 detaillierte neurologische Untersuchung 4 frühes Labor mit Verlaufskontrollen 5 Hämoglobin- und Hämatokrit-Status zum Ausschluss einer Anämie 5 Gerinnungsparameter 5 Kreuzblut für Erythrozytenkonzentrate
Diagnostik 4 FAST-Sonographie 4 konventionelle Röntgendiagnostik: 5 a.-p. Beckenübersichtsaufnahme: J Darstellung von Dislokationen des Beckenrings J Symphysensprengung (ggf. Open-Book-Verletzung) J Fraktur des Querfortsatzes LWK V als indirektes Zeichen einer hinteren Beckenringverletzung nach vertikaler Dislokation 5 Inlet-Aufnahme: Strahlengang von kranial (45°) in den Beckenring zur Darstellung der Beckeneingangsebene mit der Linea terminalis zur Darstellung von Dislokationen in der sagittalen Ebene 5 Outlet-Aufnahme: Strahlengang von kaudal (45°) zur Darstellung der Beckenausgangsebene mit Dislokation in der Frontalebene (vertikale Dislokationen)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Computertomographie (CT): 5 bei Komplexverletzungen 5 zur Klassifikation der Beckenringfrakturen, v.a. zur Darstellung des hinteren Beckenrings 5 Ausschluss von Parenchymverletzungen (Weichteilfenster) 4 retrograde Urethrozystographie
Therapie 4 Notfallbehandlung bei instabilen Beckenringverletzungen: 5 Ziel der frühen Therapiemaßnahmen ist die schnelle Volumenreduktion gesprengter Beckenringfrakturen (z.B. Open-Book-Fraktur) und die Stabilisierung zur Reduktion der Blutungsneigung: 5 geschlossene Reposition: Längszug und Innenrotation am Bein der betroffenen Seite, sowie Kompression von lateral 5 Retention der geschlossenen Reposition mittels Beckenschlinge oder Beckengurt (»pelvic binder«): J Schlingen können bereits am Unfallort vom Rettungsdienst und Notarzt auf Höhe der Trochanteren der Femora angebracht werden J über die Schenkelhälse wird eine Kompression beim Zuziehen auf den Beckenring ausgeübt → der dislozierte Beckenring kann in der Akutphase verkleinert werden J ! Cave Es besteht die Gefahr der Hautnekrosen, so dass der Gurt nicht über mehrere Stunden belassen werden darf 5 ventraler Fixateur externe: Ziel der Retention nach geschlossener Reposition i.d.R. mit supraazetabulären Schanzschrauben und verschraubtem Gestänge (Nachteil: mangelnde Kompressionsfähigkeit und Stabilität am dorsalen Beckenring) 5 Beckenzwinge: von bilateral auf Höhe des Sakrums eingebrachte Pins, die über einen kräftigen Verbindungsbügel eine Kompression am hinteren Beckenring auslösen (Nachteil: Gefahr der Nervenverletzung, Penetration ins kleine Becken oder iatrogener Dislokation bei großen Kompressionskräften) 5 Beckentamponade (»pelvic packing«): mono- oder bilaterale Tamponade des kleinen Beckens mit Kompression auf die präsakralen Gefäße über eine mediane suprasymphysären Laparotomie und temporär einliegenden Bauchtüchern 5 Indikation zur Beckentamponade: bei Persistenz einer Kreislaufinstabilität trotz Volumengabe und externer Fixation 5 Angiographie: Indikation: bei nicht zu kontrollierender Blutungsneigung über Darstellung und Embolisation von arteriellen Gefäßen 5 Hemipelvektomie: operative Versorgung hoher Amputationen oder traumatischer Hemipelvektomien als lebensrettende Maßnahme nach schwerem Beckentrauma 4 konservative Behandlung: 5 stabile Beckenringfrakturen mit Randabrissfrakturen (z.B. Typ-AVerletzungen) 5 stabile Laterale Kompressionsfrakturen (z.B. Typ B2)
215 1.2 · Unfallchirurgie
5 Symphysendiastasen <20 mm 5 Mobilisation unter Ent- oder Teilbelastung der betroffenen Seite für 6–8 Wochen unter andauernder Thromboseprophylaxe 4 operative Behandlungskonzepte: 5 Primärziel ist die Rekonstruktion der Beckenringgeometrie mit Wiederherstellung der Ringintegrität 5 Indikationen: J frakturassoziierte Massenblutungen und Nervenverletzungen (siehe Notfallbehandlung) J instabile Beckenringfrakturen mit mono- oder bilateraler Kontinuitätsunterbrechung (Typ B und C) J sekundäre Dislokationen nach konservativer Therapie 5 vorderer Beckenring: J Symphysenplatte (kurzer Pfannenstielschnitt) J Plattenosteosynthese vom Os pupis bis zum Os ilium (anteriorer ilioinguinaler Zugang nach Letournel) J sog. »Kriechschraube« vom Os pubis im oberen Schambeinast ins Os ilium (»mini open«) 5 hinterer Beckenring und Sakrum: J perkutane laterale ISG-Verschraubung (bei iliosakraler Gelenkdislokation) J dorsale Hängeplatte J Plattenosteosynthese vom Os ilium über das ISG in das laterale Os sacrum (1. Fenster des ilioinguinalen Zugangs nach Letournel) J spinopelvine Abstützung bei instabiler mono- oder bilateraler Sakrumfraktur (»jumpers fracture«) von dorsal 4 perioperative Single-shot-Antibiose: 5 mit Cefuroxim 1,5 g i.v.
Nachbehandlung 4 i.d.R. postoperative Teilbelastung (anfangs mit 20 kg) für 8–12 Wochen bis zum radiologischen Nachweis einer Frakturkonsolidierung der betroffenen Seite notwendig 4 frühfunktionelle Beübung der Hüftgelenke und isometrische Muskelkräftigung 4 Prophylaxe von heterotopen Ossifikationen bei hüftgelenknahen Frakturen (siehe Azetabulumfraktur) 4 Thromboseprophylaxe für 2–3 Monate 4 Entfernung von Platten und Schraubenmaterial ist im Verlauf nicht zwingend indiziert
Komplikationen 4 Typ-C-Verletzungen mit initialer Kreislaufinstabilität zeigen eine hohe Mortalitätsrate 4 tiefe Beinvenenthrombose bis ins Becken reichend mit Gefahr einer Lungenembolie (Antikoagulation) 4 Multiorganversagen und Sepsis 4 neurologische Defizite
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
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Miktionsstörungen erektile Störungen bei Verletzung des Plexus lumbosacralis Typ-A- und -B-Verletzungen haben i.d.R. eine gute Prognose Gefahr der Ausheilung in Fehlstellung mit massiver Störung der Biomechanik von Stand und Gang vor allem bei Beteiligung des hinteren Beckenrings (Typ C) 5 Beinlängendifferenz 5 chronische Schmerzen (v.a. bei Belastung)
Azetabulumfraktur Klassifikation 4 nach Judet und Letournel bezogen auf Pfannenrand- und Pfeilerstruktur: 5 hintere Pfannenrandfraktur 5 hintere Pfeilerfraktur 5 vordere Pfannenrandfraktur 5 vordere Pfeilerfraktur 5 Querfraktur 5 Kombinationsfrakturen (z.B. Zweipfeilerfrakturen)
Ätiologie 4 2 Pfeiler des Azetabulums (nach Letournel) mit vorderem und hinterem Pfeiler 4 Hochrasanzmechanismen 4 jüngere Patienten (i.d.R. Männer) 4 Frakturmechanismen (i.d.R. indirekte Kräfte): 5 über Trochanter major mit Gefahr der zentralen Protrusion und Luxation 5 über gebeugtes Kniegelenk als »dashboard injury« mit Fraktur des hinteren Pfannenrandes bis zur Luxation 5 über axiales Trauma des gestreckten Beines mit dorsokranialer Azetabulumfraktur 5 direkt über hintere Beckenanteile
Klinik 4 eingeschränkte Hüftgelenksbeweglichkeit (keine Belastung möglich) 4 Beinverkürzung und fixierte Innenrotationsstellung bei Luxation 4 Begleitverletzungen: 5 Beckenring und Organe des kleinen Beckens 5 Kettenverletzungen J Kalkaneus J Pilon tibiale J Kniegelenk mit Frakturen des Tibiaplateaus J Schenkelhals J Wirbelsäule 5 Nervenverletzungen J N. ischiadicus J N. peroneus
217 1.2 · Unfallchirurgie
Diagnostik 4 Röntgendiagnostik: 5 a.-p. Beckenübersichtsaufnahme: J Linea iliopectinea (vorderer Pfeiler) J Linea ilioischiadica (hinterer Pfeiler) J vorderer und hinterer Pfannenrand 5 Ala-Aufnahme (nach Judet): J Strahlengang 45° von medial J Sicht auf die Ala ossis ilii J Darstellung des hinteren Pfeilers J Sicht auf vorderen Pfannenrand 5 Obturator-Aufnahme: J Strahlengang 45° von lateral J Sicht auf das Foramen obturatorium J Alignment der Linea iliopectinea mit vorderen Pfeiler J Sicht auf hinteren Pfannenrand 4 CT: 5 ermöglicht genaue Klassifikation 5 Ausschluss von Beckenringfrakturen und Hüftkopffrakturen
Therapie 4 sofortige geschlossene Reposition bei Hüftluxation oder -protrusion 4 Extensionsbehandlung bis zur definitiven Versorgung 5 axialer Zug über Extensionsnagel (Steinmann-Nagel) J suprakondylär, J proximalen Tibia oder J Kalkaneus 5 Extensionszug mir 1/10 des Körpergewichts 4 konservativ: 5 nicht- oder geringdislozierte Frakturen außerhalb der Belastungszone mit ausreichendem dorsokranialem Pfannendach (Pfannendachbogen nach Matta) 5 zentrierter Hüftkopf ohne Luxationstendenz 5 massive mehrfragmentäre Frakturen ohne Rekonstruktionsfähigkeit 5 hohes Operationsrisiko 4 operativ: 4 Ziele: 5 Rekonstruktion der Hüftkopf-Pfannen-Kongruenz 5 Stabilität 5 Gelenkstufe <2 mm 4 OP-Zugang je nach Frakturmorphologie: 5 von ventral (ilioinguinaler Zugang nach Letournel) 5 von dorsal (Kocher-Langenbeck-Zugang) 4 osteosynthetische Versorgung mit biegbaren Rekonstruktionsplatten und Schrauben 4 primäre Hüftendoprothese mit Pfannenersatz (ggf. Pfannendachplastik) 4 perioperative Single-shot-Antibiose mit Cefuroxim 1,5 g i.v.
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Nachbehandlung 4 i.d.R. postoperative Teilbelastung mit 20 kg für 8–12 Wochen bis zum radiologischen Nachweis einer Frakturkonsolidierung 4 frühfunktionelle Nachbehandlung mit CPM-(continous passive motion) Schiene für den Erhalt der Beweglichkeit und Knorpelernährung 4 Thromboseprophylaxe bis zur freien Mobilisation unter Vollbelastung 4 Prophylaxe von heterotopen Ossifikationen: 5 Indometacin 50 mg (1–0–1) für 2 Wochen, oder 5 einmalige Bestrahlung mit 7 Gy der betroffenen Seite 4 Entfernung von Platten und Schraubenmaterial ist nicht zwingend indiziert
Komplikationen 4 Schädigung des N. ischiadicus 5 Trauma mit hinterer Hüftluxation und Abscheren des Pfannenrandes 5 operative Zugangsmorbidität (Kocher-Langenbeck-Zugang) bei Präparation oder Hakenzug 4 Schädigung des N. cutaneus femoris lateralis 5 operative Zugangsmorbidität (ilioinguinaler Zugang nach Letournel) 4 sekundäre Dislokation mit Subluxation des Femurkopfes 4 Implantatfehllage 4 Pseudarthrose 4 Femurkopfnekrose 5 nach traumatischer Hüftluxation 5 durch Perfusionsstörung nach operativer Hüftkopfluxation (Zugnagsmorbidität) 4 heterotope Ossifikationen 4 tiefe Beinvenenthrombose mit Gefahr einer Lungenembolie 4 posttraumatische Arthrose 5 Beteiligung des hinteren Pfannenrandes 5 Gelenkstufe >2 mm 5 abhängig vom initialen Knorpelschaden
1.2.5
Verletzungen der unteren Extremität M. Lörken, R.M. Sellei
Proximale Femurfrakturen
M. Lörken Anatomie 4 Femurkopf (nach AO: 31C) 4 Schenkelhals (nach AO: 31B) 4 per- und subtrochantäre Region (nach AO: 31A)
219 1.2 · Unfallchirurgie
Epidemiologie 4 Femurkopffrakturen sind selten und meist Folge eines hochenergetischen Traumas (epidemiologisch abzugrenzen von Frakturen des Schenkelhalses und der pertrochantären Region) 4 Frakturen des Schenkelhalses und der pertrochantären Region: 5 sehr häufige Frakturen des Erwachsenen (Inzidenz: 600/100.000 Einwohner) 5 der typische Patient (97%) ist der ältere Patient nach »banalem« Sturz aus dem Stand (niedrigenergetisches Trauma) 5 selten (3%) sind jüngere Erwachsene betroffen (dann Hochrasanztrauma) 5 trotz adäquater chirurgischer Versorgung erreichen nur 50% der Patienten den Ausgangszustand wieder 5 ein Drittel verstirbt innerhalb des ersten Jahres 5 Sturzprophylaxe hat zunehmende Bedeutung: J Osteoporosetherapie und -prophylaxe J Behandlung von internistischen/neurologischen Erkrankungen J Bewegung und Sport im Alter J Hüftprotektoren
Femurkopffrakturen Pathogenese 4 seltene, aber schwere Verletzung 4 fast immer im Rahmen eines hochenergetischen Traumas: 5 Sturz aus großer Höhe 5 Verkehrsunfall (»dashboard injury«): J das gebeugte Knie prallt gegen das Armaturenbrett und die Kraft wird entlang des Femurs zur Hüfte geleitet J traumatische Hüftluxation mit Fraktur des Hüftkopfes 4 Luxationsrichtung der Hüfte abhängig von der Stellung des Beines zum Unfallzeitpunkt, meist hintere Luxation 4 häufig Begleitverletzungen entlang des Energievektors (Knie und Femur)
Einteilung 4 nach AO-Klassifikation: 5 intraartikuläre Fraktur des proximalen Femurs: 31C 4 nach Pipkin: 5 Pipkin I: Femurkopffraktur kaudal der Fovea (außerhalb der Belastungszone) 5 Pipkin II: Femurkopffraktur kranial der Fovea (unter Beteiligung der Belastungszone) 5 Pipkin III: Typ I oder II in Kombination mit Schenkelhalsfraktur 5 Pipkin IV: Typ I oder II in Kombination mit Azetabulumfraktur
Klinik 4 selten Monoverletzung 4 Patient ist oft polytraumatisiert mit entsprechenden Begleitverletzungen
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 betroffenes Bein ist verkürzt, eine Bewegung in der Hüfte durch stärkste Schmerzen nicht möglich 4 Fehlstellung der Hüfte kann durch Begleitverletzungen des Femurs maskiert werden 4 abgeschwächte Dorsalflexion des Fußes ist Hinweis für Ischiadikusläsion Begleitverletzungen: 4 bei Dashboard-Verletzung oft in Kombination mit schweren Verletzungen des Kniegelenks (Kniegelenkluxation, Luxationsfrakturen des Tibiakopfes, Patellafrakturen) und Frakturen des Femurschafts 4 traumatische Schädigung des N. ischiadicus (Dehnung oder Fragmentdruck) in 30–40% 4 weitere Verletzungen je nach Unfallmechanismus (SHT, Abdominalverletzung, Wirbelsäulen- und Beckenverletzung etc.)
Diagnostik 4 Röntgenübersicht des Beckens (a.-p): 4 meist ausreichend für initiale Diagnose 4 ! Cave Unauffälliges a.-p. Bild schließt Luxation nicht sicher aus, deshalb ist bei scheinbar normaler Beckenübersicht eine zweite Ebene (Hüfte axial) zwingend erforderlich 4 auf Begleitverletzungen achten, da weiterer Behandlungsablauf davon abhängig: 5 zusätzliche Schenkelhalsfraktur (Pipkin III) oder Azetabulumfraktur (Pipkin IV)? 4 CT: 5 für die Planung der definitiven Versorgung unerlässlich
Therapie 4 notfallmäßige Reposition der luxierten Hüfte: 5 je schneller die Reposition erfolgt, desto geringer die Komplikationsrate für Femurkopfnekrose und Ischiadikusläsion 5 in der Regel gelingt die geschlossene Reposition, bei Unmöglichkeit muss intraoperativ auf eine (primär) offene Reposition mit Ausräumung der Repositionshindernisse konvertiert werden 5 bei Hüftkopfluxation und zusätzlicher Schenkelhalsfraktur (Pipkin III) vor Reposition zunächst Stabilisierung der Schenkelhalsfraktur 5 bei zentraler Hüftluxation (suprakondyläre) Extensionsbehandlung 5 nach geschlossener Reposition zwingend Röntgenkontrolle zum Nachweis einer regelrechten Gelenkstellung 5 weitere Therapie (sekundäre offene Reposition) abhängig von Stadien und CT-Befund 4 konservativ: 5 Pipkin-I- und -II-Frakturen können bei guter Anlagerung der Fragmente nach (geschlossener) Reposition ohne wesentliche Stufe (<1–2 mm) konservativ behandelt werden
221 1.2 · Unfallchirurgie
4 operativ: 5 Ziel ist die anatomische Wiederherstellung der Belastungszone des Gelenks 5 Pipkin I–II: J bei dislozierten Fragmenten oder einer Gelenkstufe >1–2 mm erfolgt die offene Reposition, Rekonstruktion der Gelenkfläche und Fragmentfixation mit Schrauben J Kleinere Fragmente und Interponate werden exstirpiert. 5 Pipkin III/IV: J Versorgung der Hüftkopffraktur nach o.g. Prinzipien mit zusätzlicher operativer Versorgung der Schenkelhals- und Azetabulumfraktur 5 die operative Versorgung der Pipkin-Verletzungen ist nach erfolgter notfallmäßiger (geschlossener) Reposition in der Regel kein Notfall, Ausnahmen sind: J die nicht geschlossen zu reponierende Luxation und J die Pipkin-III-Fraktur, bei der erst nach der operativen Stabilisierung der Schenkelhalsfraktur die Reposition der Hüfte möglich ist 5 bei Patienten über 65 Jahren ist der primäre Hüftgelenkersatz (Endoprothese) zu überlegen, beim jüngeren Patienten dagegen ist immer der Hüftkopferhalt anzustreben 4 > Memo Wesentlich ist die notfallmäßige Reposition der luxierten Hüfte innerhalb der ersten 6 Stunden. Das weitere Vorgehen kann dann abhängig von CT-Befund und Begleitverletzungen früh-elektiv abgestimmt werden.
Komplikationen 4 N.-ischiadicus-Schaden: je schneller die Reposition erfolgt, desto geringer die Schädigung, trotzdem häufig keine Restitutio ad integrum 4 Hüftkopfnekrose: bei Frakturen kaudal der Fovea (Pipkin I) größer als bei Frakturen kranial der Fovea (Pipkin II) 4 posttraumatische Arthrose in 50–100% der Fälle 4 Zugänge zum Hüftgelenk sind mit Bildung von periartikulären Ossifikationen (PAO) verbunden (v.a. hinterer Zugang); Prophylaxe durch Indometacin 2×50 mg. p.o. 4 aufgrund der Komplikationen bei älteren Patienten (>65 Jahre) Indikation für einen primären Hüftgelenkersatz großzügig stellen 4 bei jüngeren Patienten mit kopferhaltendem Versuch ist im weiteren Verlauf häufig trotzdem eine Endoprothese notwendig
Schenkelhalsfraktur Pathogenese 4 fast immer ältere Menschen mit Osteoporose 4 abzugrenzen ist eine innere (Schwindel, Synkope etc.) von einer äußeren (mechanischen) Sturzursache
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Einteilung Es existieren viele Einteilungen und Klassifikationen. 4 Laterale oder mediale Schenkelhalsfraktur (SHF): 5 mediale SHF: Frakturspalt innerhalb der Gelenkkapsel J intraartikuläre Drucksteigerung durch das Hämatom mit zunehmender Gefahr einer avaskulären Hüftkofpnekrose J bei hüftkopferhaltender Operation (Alter <65 Jahre) chirurgischer Notfall (OP ≤6 Stunden) 5 laterale SHF: Frakturlinie außerhalb der Gelenkkapsel: J Gefahr der Hüftkopfnekrose gering 4 Schenkelhalsfrakturen nach Pauwels (berücksichtigt den Winkel der Frakturlinie zur Horizontalen): 5 Pauwels I: Frakturebene zur Horizontalen 30°: stabil 5 Pauwels II: Frakturebene 50°: instabil 5 Pauwels III: Frakturebene >70°: instabil 4 > Memo Die Pauwels-Klassifikation hat einen prädiktiven Wert für die Entstehung einer Pseudarthrose. 4 Klassifikation nach Garden (orientiert sich am Trabekelverlauf im a.-p. Röntgenbild): 5 Garden I: nichtdislozierte Abduktionsfraktur (gute Prognose) 5 Garden II: nichtdislozierte Adduktionsfraktur 5 Garden III: dislozierte Adduktionsfraktur mit Knochenkontakt 5 Garden IV: komplett dislozierte Fraktur (Gefäßversorgung unterbrochen) 4 > Memo Die Garden-Klassifikation hat einen prädiktiven Wert für die Entstehung einer Hüftkopfnekrose (Femurkopfnekrosen bis zu 60% bei Garden III und IV). 4 für den klinischen Alltag ausreichend erscheint die Unterscheidung in: 5 nichtdisloziert/impaktiert und 5 disloziert
Klinik 4 verkürztes und außenrotiertes Bein 4 Stauchungs- und Rotationsschmerz (bei eindeutigem Befund nicht auslösen) 4 periphere Durchblutung und Neurologie überprüfen 4 häufig handelt es sich um multimorbide Patienten, bei denen die Nebenerkrankungen den weiteren Verlauf mit entscheiden 4 an Begleitverletzungen denken
Diagnostik 4 Röntgen: 5 Röntgenübersichtsaufnahme des Beckens (zur Planung muss auch die gesunde Seite mitbeurteilt werden können) 5 verletzte Hüfte axial oder nach Lauenstein 5 ! Cave Röntgen nur der verletzten Hüfte in 2 Ebenen ist nicht ausreichend
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4 CT: Indikation: 5 nur in Ausnahmefällen bei klinischem Verdacht und fehlendem radiologischen Nachweis einer Fraktur
Therapie 4 von entscheidender Bedeutung sind: 5 Alter des Patienten 5 stabile oder instabile Fraktur 4 stabile (undislozierte, impaktierte) SHF (10%): 5 konservative Behandlung mit früher Belastung 5 Hauptrisiko liegt in der Sekundärdislokation (ca. 20%) 5 undislozierte Frakturen werden deshalb häufig prophylaktisch verschraubt (keine Reposition erforderlich, postoperativ sofortige Vollbelastung möglich) 4 dislozierte (instabile) SHF (90%): 5 >65 Jahre: Hüftkopfersatz – (zementierte) Endoprothese J Duokopfprothese (die natürliche Hüftpfanne wird belassen) oder J Totalendoprothese (TEP) mit Ersatz der Hüftpfanne 5 <65 Jahre: hüftkopferhaltende Operation – (geschlossene) Reposition und Osteosynthese J Verschraubung mit 3 Spongiosazugschrauben oder J dynamische Hüftschraube (DHS) 5 der ältere Patient (biologisch >65 Jahre) erhält aus 2 Gründen eine Prothese (und keine Osteosynthese): J Vermeidung von Sekundäreingriffen (aufgrund von Pseudarthrose und Femurkopfnekrose) J aufgrund der zementierten Prothese ist die sofortige Vollbelastung und damit Mobilisation möglich (Pneumonieprophylaxe) 5 ist bei jungen Patienten die Hüftkopferhaltung nicht möglich, wird die notwendige Prothese als nichtzementierte TEP aus 2 Gründen gewählt: J junge Patienten können in der Regel entlasten J unzementierte Prothesen haben längere Standzeiten als eine zementierte Prothese
Komplikation 4 implantatspezifische Komplikationen: 5 hüftkopferhaltend: J Hüftkopfnekrose J Pseudarthrose J Cutting out von Schenkelhalsschrauben und DHS 5 die mediale SHF ist bei hüftkopferhaltendem Vorgehen ein chirurgischer Notfall (Gefahr der Hüftkopfnekrose) 4 Prothese: 5 Infekt 5 Lockerung 5 Schaftsprengung bzw. periprothetische Fraktur
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 allgemeine Komplikationen: 5 Phlebothrombose und Lungenembolie 5 Pneumonie 5 Harnwegsinfekt 5 Dekubitus 4 > Memo Da die perioperative Morbidität mit jedem Tag der Nichtversorgung drastisch ansteigt, sollte die SHF innerhalb der ersten 24 Stunden operiert werden.
Pertrochantäre Femurfraktur Pathogenese 4 meist bei älteren Patienten mit Osteoporose nach einem niedrigenergetischen Trauma (wie bei Schenkelhalsfrakturen) 4 jüngeren Patienten nur in Ausnahmefällen (nach Hochrasanztrauma) 4 immer extrakapsulär, die Gefahr einer Hüftkopfnekrose besteht nicht
Einteilung 4 nach der AO: 5 relativ stabile Brüche (mediale Abstützung vorhanden) und 5 instabile Brüche (keine mediale Abstützung) 4 entscheidend für die Stabilität sind Trochanter minor und Adamscher Bogen 4 AO-Klassifikation: 5 31-A1: einfache pertrochantäre Femurfraktur 5 31-A2: multifragmentäre pertrochantäre Femurfraktur 5 31-A3: intertrochantäre, reverse pertrochantäre Femurfrakturen oder mit subtrochantärem Verlauf
Diagnostik 4 Röntgen: 5 a.-p. Beckenübersichtsaufnahme 5 verletzte Hüfte axial oder nach Lauenstein 5 bei subtrochantären Frakturen, die weit nach distal ziehen ggf. zusätzlich noch Röntgen des gesamten Femurs mit Kniegelenk (die Fraktur muss mit allen Ausläufern komplett abgebildet sein)
Therapie 4 > Memo Pertrochantäre Femurfrakturen sind immer so instabil, dass sie nicht konservativ behandelt werden können. 4 das Alter des Patienten spielt bei der Wahl des Verfahrens nahezu keine Rolle (im Gegensatz zu Schenkelhalsfrakturen) 4 operative Versorgung: 5 erster Schritt: Reposition, nach Möglichkeit geschlossen mit Hilfe der Extensionslagerung 5 offene Reposition nur beim Vorliegen eines Repositionshindernisses 5 in gleicher Sitzung erfolgt beim Vorliegen eines guten Repositionsergebnisses die Stabilisierung der Fraktur mit Hilfe der folgend auf-
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geführten Verfahren, eine vollständige Freilegung der Fraktur ist in der Regel nicht notwendig Fixation der pertrochantären Femurfraktur (prinzipiell 2 Verfahren): 5 intramedulläre Verfahren: J PFN (proximaler Femurnagel) J Gammanagel J Trigen-Intertan-Nagel 5 extramedulläre Verfahren: J DHS (dynamische Hüftschraube), minimal-invasive Variante als PCCP (per cutanous compression plate) J DCS (dynamische Kondylenschraube) oder nur noch selten 95°Winkelplatte > Memo Alle Verfahren nutzen das Prinzip von ein oder zwei gleitenden Schenkelhalsschrauben, die über einen intramedullären Kraftträger (Nagel) bzw. einen extramedullären Kraftträger (Platte) fixiert sind. Wahl des Verfahrens hängt von der Stabilität der Fraktur ab: 5 stabile pertrochantäre Frakturen mit intakter Trochanter-minorRegion: J extramedulläre Verfahren 5 instabile Frakturen: J intramedullären Verfahren Endoprothetik: 5 hat bei der Versorgung der pertrochantären Femurfraktur nahezu keinen Stellenwert Nachbehandlung: 5 wichtig ist die baldige postoperative Mobilisierung zur Vermeidung der allgemeinen Komplikationen 5 anzustreben ist eine belastungsstabile Situationen
Komplikation 4 eingriffsspezifische Komplikationen: 5 Schraubenfehllage 5 varische Einstellung des Schenkelhalses 5 Materialbruch 5 Cutting out der Schenkelhalsschraube 5 Pseudarthrose
Femurschaftfrakturen
M. Lörken Pathogenese 4 entsteht meist im Rahmen eines Hochrasanztraumas 4 Ausnahme sind: 5 Femurfrakturen bei Osteoporose 5 kindliche Femurfraktur 4 ! Cave Oberschenkelfrakturen können mit erheblichem Blutverlust verbunden sein
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Einteilung 4 nach der AO-Klassifikation: 5 AO: 32 ist die Bezeichnung für den Femurschaft J erste Ziffer (3) bezeichnet den Knochen (Femur) J zweite Ziffer (2) bezeichnet das Segment (Diaphyse) 4 weitere Einteilung: 5 A: einfache Fraktur 5 B: Keilfraktur 5 C: komplexe Fraktur
Klinik 4 typische Zeichen: 5 Fehlstellung mit Verkürzung 5 Functio laesa 5 Schwellung durch Einblutung 5 starke Schmerzen 4 bei offener Fraktur evtl. Gefäß- oder Nervenverletzung 4 ! Cave Es kann zum Kompartmentsyndrom kommen, allerdings seltener als am Unterschenkel
Diagnostik 4 klinische Diagnose (danach evtl. unmittelbare Schienung des Beines) 4 Röntgen: 5 Femurs mit angrenzenden Gelenken in 2 Ebenen, wobei in der Notfallsituation auf die zweite Ebene verzichtet werden kann
Therapie 4 Kinder: 5 konservativ: nur die frühkindliche Femurfraktur (<2 Jahre) mit Anlage eines aufwändigen Becken-Bein-Gipses und entsprechender Immobilisation 5 Schienung mit elastischen intramedullären Drähten 4 Erwachsene: 5 Marknagelung (Methode der Wahl bei der isolierten Femurschaftfraktur) J Fraktur nach Möglichkeit indirekt über den Nagel reponieren, der über das proximale Femur (anterograd) oder die distale Interkondylenregion (retrograd) nach Aufbohrung über einen Führungsdraht eingebracht wird J Sicherung des Nagels gegen Rotationskräfte durch Verriegelungsbolzen proximal und distal 5 Mehrfachverletzte oder höhergradig offenen Frakturen: J Stabilisierung der Femurfraktur häufig zunächst mit einem Fixateur externe (rasches Verfahren) J nach Stabilisierung des Patienten bzw. der Weichteile Verfahrenswechsel 5 Femurfrakturen bei einliegenden Prothesen machen die Insertion eines Nagels häufig unmöglich, Stabilisierung bei nicht gelockerter Prothese meist mit Plattenosteosynthese
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Komplikation 4 durch die gute Weichteilbedeckung des Femurs ist die Pseudarthrose deutlich seltener als am Unterschenkel 4 das Aufbohren des Femurs im Rahmen der Nagelung kann zu erheblichen pulmonalen und systemischen Beeinträchtigungen führen und sollte in der Akutphase beim Poly- und Thoraxtrauma vermieden werden 4 Rotationsfehler müssen vor Verriegelung des Nagels korrigiert werden
Distale Femurfrakturen
M. Lörken Pathogenese 4 kniegelenknahe Femurfrakturen entstehen typischerweise 5 entweder im Rahmen eines Hochrasanztraumas (dashbord injury) 5 oder im Rahmen eines banalen Sturzes bei osteoporotischem Knochen 4 selten sind kindliche distale Femurfrakturen
Einteilung 4 nach der AO-Klassifikation: 5 Region 33, weitere Unterteilung erfolgt anhand der Frakturtypen: J Typ-A-Frakturen: rein extraartikuläre Frakturen, liegen suprakondylär J Typ-B-Frakturen: partiell intraartikulär, d.h. der Frakturverlauf erreicht in einer Ebene das Gelenk (meist unikondylär) J Typ-C-Frakturen: komplett intraartikulär
Diagnostik 4 Röntgen: 5 distales Femur mit Kniegelenk in 2 Ebenen 4 CT: 5 bei komplexeren Frakturen mit Gelenkbeteiligung zur präoperativen Planung
Therapie 4 nichtdislozierte unikondyläre Frakturen (Typ B nach AO) können zwar konservativ behandelt werden, jedoch reduziert eine operative Stabilisierung (Zugschrauben-Osteosynthese) das Risiko einer Sekundärdislokation deutlich und verhindert eine längere Immobilisation 4 operativ: alle dislozierten und intraartikulären Frakturen 5 erster operativer Schritt bei den intraartikulären Frakturen ist die Rekonstruktion der Gelenkfläche, wobei die einzelnen Fragmente mit Zugschrauben zueinander fixiert werden 5 nach anatomischen Aufbau des Gelenkblocks wird dieser mit speziell geformten Platten am Femurschaft fixiert 5 suprakondyläre Frakturen werden nach Möglichkeit indirekt über eine (perkutan eingeschobene) Platte (z.B. LISS-Platte) oder einen retrograden distalen Femurnagel (DFN) reponiert und fixiert 5 das funktionelle Endergebnis und die Prognose sind vor allem von der erreichten Gelenkrekonstruktion abhängig
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Komplikation 4 bei schweren intraartikulären Verletzungen droht eine frühe posttraumatische Arthrose mit Notwendigkeit eines Gelenkersatzes (Knie-TEP) 4 postoperative Achsfehler sind eine regelmäßige Komplikation und müssen gegebenenfalls korrigiert werden 4 Pseudarthrosen sind selten
Kniegelenkluxation und Bandverletzungen
M. Lörken Kniegelenkluxation Pathogenese 4 äußerst schwere Verletzung 5 in der Regel im Rahmen eines hochenergetischen Traumas (z.B. dashboard injury) 5 jedoch auch nach banalem Trauma 4 am Unfallort kann es zur Spontanreposition kommen (erschwert die klinische Diagnose der erlittenen Kniegelenkluxation) 4 bei der Kniegelenkluxation zerreißen zahlreiche ligamentäre Strukturen, Anteile der Menisci sowie häufig neurovaskuläre Strukturen (A. poplitea, N. tibialis und N. peroneus) 4 nach Kniegelenkluxationen besteht ein großes Risiko für die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms
Diagnostik 4 ! Cave Bei noch bestehender Luxation muss eine sofortige Reposition notfallmäßig erfolgen 4 Dopplersonographie bzw. Angiographie: 5 Erfassen des Pulsstatus 4 klinisch: 5 beim wachen Patienten Ausschluss bzw. Nachweis einer Nervenverletzung 4 Röntgen: 5 Kniegelenk in 2 Ebenen zum Ausschluss von knöchernen Begleitverletzungen 4 MRT: 5 im Verlauf zur Klärung des Verletzungsausmaßes
Therapie 4 Kniegelenkluxation ist absoluter chirurgischer Notfall, die sofortige Reposition gelingt in der Regel mühelos geschlossen 4 bei fehlendem Nachweis eines peripheren Blutflusses nach erfolgter Reposition muss die A. poplitea operativ exploriert werden 4 Ruhigstellung des fast immer hochgradig instabilen Kniegelenks erfolgt im Anschluss an die Reposition meist mit einem Fixateur externe 4 eine Dermatofasziotomie (»Kompartmentspaltung«) schließt sich bei allen Patienten mit drohendem oder manifestem Kompartmentsyndrom an
229 1.2 · Unfallchirurgie
4 Versorgung der intraartikulären Verletzungen (Kreuz- und Seitenbänder, Kapselstrukturen und Menisci) erfolgt in den ersten Wochen nach der erlittenen Luxation
Komplikation 4 fatale Folgen kann das Übersehen einer (unter Umständen bereits spontan reponierten) Kniegelenkluxation bis hin zum Verlust des Beines haben 4 insbesondere wenn die arterielle Gefäßverletzung und das Kompartmentsyndrom nicht zeitnah behandelt wurden
Bandverletzungen des Kniegelenks Anatomie 4 vorderes Kreuzband: 5 besteht aus dem anteromedialen und dem posterolateralen Bündel 5 verhindert die Translation der Tibia nach vorn 5 ist zusätzlicher sekundärer Stabilisator der Seitenbänder 4 hinteres Kreuzband: 5 liegt extraartikulär 5 verhindert die Translation der Tibia nach dorsal 5 ist zusätzlich ein wesentlicher Hauptstabilisator des Kniegelenks
Pathogenese 4 Ruptur des vorderen Kreuzbandes: 5 sehr häufige Verletzung, oft beim Sport im Rahmen eines Rotationstraumas 5 oft kombiniert mit Verletzungen des Innenbandes und des Innenmeniskus (unhappy triad) 4 Ruptur des hinteren Kreuzbandes: 5 wesentlich seltener, eher bei Verkehrsunfällen (dashboard injury) oder beim Sturz auf das gebeugte Knie 5 wird aufgrund der unspezifischen Beschwerden häufiger übersehen 4 Verletzungen der Kollateralbänder: 5 durch vermehrten Varus- bzw. Valgusstress (z.B. durch direkten Schlag beim Sport)
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 Palpation 5 Prüfung der Bandstabilität 4 subjektive Giving-away-Instabilitäts-Symptomatik: 5 vermehrte Ventraltranslation bei vorderem Schubladentest (in 90°Beugung) und Lachmann-Test (in 30°-Beugung) 5 bei VKB-Ruptur: positiver Pivot-Shift 4 > Memo Die subjektive Instabilität ist bei der isolierten HKB-Ruptur deutlich geringer als bei der VKB-Ruptur, Nachweis mit dem hinteren Schubladentest und dem Hyperextensionstest.
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Zeichen einer isolierten Ruptur der Kollateralbänder: 5 vermehrte Aufklappbarkeit bei Varus- bzw. Valgusstress in 30°-Beugung (in voller Streckung ist das VKB ein wichtiger medialer Stabilisator und kann Zeichen der Innenbandruptur maskieren) 4 Röntgen: 5 in 2 Ebenen zum Ausschluss knöcherner Bandausrisse des Kniegelenks sowie der Patella axial 5 gehaltene Aufnahmen im Seitenvergleich: bei Verdacht auf hintere Kreuzbandruptur (Nachweis einer vermehrte Dorsaltranslation) 4 MRT: 5 zum Nachweis von Kniebinnenverletzungen eine zentrale Rolle; hohe Sensitivität und fehlende Strahlenbelastung (es hat trotz hoher Kosten die rein diagnostische Arthroskopie verdrängt)
Therapie 4 Rupturen der Kollateralbänder: 5 meist konservativ mit Ruhigstellung in einer speziellen Knieschiene 5 nur bei höhergradiger Instabilität (z.B. im Rahmen von einem komplexen Knietrauma) oder bei knöchernen Bandausrissen erfolgt eine operative Rekonstruktion 4 Indikation für eine VKB-Ersatzplastik: 5 berücksichtigt werden müssen Alter und sportlicher Anspruch des Patienten (resultierende Instabilität führt fast immer langfristig zu Sekundärschäden im Knie) 4 Rekonstruktion des VKB: 5 verwendet werden meist autologe Sehnen (z.B. Semitendinosus), die arthroskopisch gestützt durch Bohrkanäle gezogen und fixiert werden 5 in den letzten Jahren findet zunehmend die »Double-Bundle-Technik« Verbreitung, bei der das anteromediale und das posterolaterale Bündel des VKB getrennt ersetzt werden; Langzeitergebnisse stehen noch aus 4 Rupturen des HKB: 5 bei isolierter Läsion meist konservativ mit speziellen Schienen 5 beim Vorliegen einer kombinierten Verletzung (»posterolaterales Eck«) operativ mit autologen Sehnentransplantaten
Unterschenkelfrakturen
R.M. Sellei 4 Unterschenkelverletzungen sind als Folge der exponierten Anatomie häufig geprägt durch: 5 Weichteilbeteiligung 5 Wundheilungsstörungen und komplexe Bandverletzungen 5 Kompartmentsyndrom
231 1.2 · Unfallchirurgie
Tibiakopffraktur Pathogenese 4 hervorgerufen durch schwere axiale oder im Kniegelenk varisierende bzw. valgisierende Mechanismen 4 häufig durch Kombinationsmechanismen inklusive einer Rotationskomponente 4 in seltenen Fällen führen direkte Unfallmechanismen zur Fraktur des Tibiaplateaus, evtl. mit massivem Weichteilschaden
Klinik 4 4 4 4
Anamnese im Vordergrund immobilisierende Schmerzen (kein Auftreten möglich) häufig deutlicher Hämarthros > Memo Fettaugen auf dem Punktat eines Hämarthros sind ein wichtiger Hinweis auf eine Fraktur des Tibiaplateaus. Durch die osteochondrale Läsion tritt Knochenmark mit der Einblutung in das Kniegelenk. 4 gelegentlich bereits sichtbare Achsabweichung (Genu valgum > varum) 4 Kniegelenk in leicht gebeugter Schonhaltung 4 bei höheren kinetischen Kräfte sind die Weichteile häufig mit betroffen Begleitverletzungen:
4 die Nähe zum Kniegelenk führt häufig zu intraartikulären und extraartikulären Begleitverletzungen: 5 tibiofemorale Knorpelläsionen 5 Meniskus- und Kreuzbandverletzungen 5 Ruptur des Kapsel-Band-Apparates 5 Verletzungen des poplitealen Gefäß-Nerven-Bündels bei Luxationsfrakturen (immer Puls prüfen und überwachen) 5 Weichteilbeteiligung bis hin zum Kompartmentsyndrom (v.a. in der Tibialis-anterior- und peronealen Loge)
Diagnostik 4 klinischer Verdacht 4 Röntgen: 5 a.-p. und seitlich 4 CT: 5 bei Verdacht oder sicherem Nachweis einer Tibiakopffraktur 5 ggf. mit Kontrastmittel (zum Ausschluss eines Dissekats der A. poplitea v.a. bei stattgehabter Luxation) 5 Goldstandard zur präoperativen Therapieplanung
Klassifikation 4 nach der AO (41 = proximaler Unterschenkel) 5 41-A-Fraktur: ohne Gelenkflächenbeteiligung 5 41-B-Fraktur: partielle Gelenkflächenbeteiligung 5 41-C-Fraktur: komplexe Frakturen mit Gelenkflächenbeteiligung und Mehrfragmentfrakturen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 nach Schatzker (1987): Typ I–VI 5 Typ I: laterale Split-Fraktur 5 Typ II: laterale Split-, kombiniert mit Impressionsfraktur 5 Typ III: laterale Impressions-, Depressionsfraktur mit intaktem kortikalem Ring 5 Typ IV: mediale Split-Fraktur 5 Typ V: mediolaterale Split-Fraktur 5 Typ VI: Komplexfraktur mit Loslösung vom Tibiaschaft
Therapie 4 konservativ: 5 grundsätzlich nur dann konservativ, wenn keine Gelenkfrakturstufe vorhanden ist 5 Gelenkstufen (>2 mm) gelten als Präarthrosen 5 Ruhigstellung sowie Entlastung (ggf. Sohlenkontakt) der Extremität sind Voraussetzung für eine konservative Therapie 5 wichtig für die Aufrechterhaltung der Gelenkbeweglichkeit und Knorpelernährung ist eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit CPM-Schiene 4 operativ: 5 Indikationen zur operativen Versorgung werden großzügig gestellt: J bei Gefahr einer sekundären Dislokation im Sinne einer Achsabweichung (häufig Genu valgum nach lateraler Typ-II-Fraktur) J Gelenkimpression 5 winkelstabile Implantate mit anatomisch Plattendesign ermöglichen exzellente Ergebnisse 4 operative Strategie: 5 anterolateraler und/oder medialer Hautschnitt 5 Präparation und Anheben der Meniskusbasis 5 Einsicht auf das Tibiaplateau 5 Rekonstruktion der Gelenkebene (Aufstößeln des eingesunkenen osteochondralen Blocks) und Retention mit subchondralen Schrauben (parallel zur Gelenkfläche) 5 Auffüllen des hierdurch entstandenen Knochendefektes mit Beckenkammspongiosa oder Knochenersatzmaterial 5 Sicherung des Plateaus und der Frakturreposition mit einer Platte 4 > Memo Die Gefahr einer peri- und postoperativen Weichteilschädigung (inkl. Kompartmentsyndrom) ist bei Tibiakopffrakturen erhöht und muss engmaschig kontrolliert werden.
Nachbehandlung 4 nach einer operativen Versorgung: 5 restriktive postoperative Belastung (häufig Sohlenkontakt für 6-8 Wochen) 5 funktionelle Nachbehandlung zum Erhalt der Kniegelenkbeweglichkeit und Ernährung des geschädigten Knorpels
233 1.2 · Unfallchirurgie
Komplikationen 4 perioperativen Komplikationen inklusive Wundinfektion 4 weitere Frakturfolgen: 5 sekundäre Dislokation (auch trotz operativer Versorgung möglich) 5 Achsfehlstellung 5 Bewegungseinschränkung oder Instabilität im Kniegelenk 5 posttraumatische Kniegelenksarthrose
Prognose 4 wichtigste prognostische Größen für eine posttraumatische Arthrose sind: 5 Ausmaß der initialen Knorpelschädigung 5 verbleibende Gelenkstufen
Unterschenkelschaftfraktur Pathogenese 4 Frakturen des Unterschenkelschaftes entstehen durch direkte oder durch indirekte Mechanismen (Rotationsbewegungen führen zu Spiralfrakturen): 5 häufig bei Motorrad- und Skiunfällen 5 Sturz aus größerer Höhe 4 häufig Beteiligung der angrenzenden Gelenke (muss bei der klinischen Untersuchung und weiterführenden Diagnostik immer berücksichtigt werden)
Klinik 4 der geringe Weichteilmantel führt gehäuft zu offenen Frakturen (»sicheres« Frakturzeichen) 4 Begleitverletzungen: 5 Weichteilquetschung mit frühen Hautnekrosen 5 Kompartmentsyndrom (v.a. der Loge des M. tibialis anterior) 5 Nervenschäden (z.B. N. peroneus communis) 5 Gefäßverletzungen
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung 4 ! Cave Inkomplette Frakturen können v.a. beim polytraumatisierten Patienten leicht übersehen werden 4 Röntgen: 5 in 2 Ebenen zur präoperativen Planung
Klassifikation 4 nach AO: 5 42: Unterschenkelschaft 5 42 A1–C3-Frakturen: ansteigendes Zerstörungsausmaß
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Therapie 4 konservativ: Indikationen: 5 isolierte Fibulafrakturen nach direktem Trauma im mittleren und proximalen Drittel J 4–6 Wochen Unterschenkelgips 5 nichtdislozierte und fissurale Frakturen der Tibia J 4 Wochen Oberschenkelgips und J 2–4 Wochen Unterschenkelgips 4 operativ: 5 I°–III° offene Frakturen: J sofortige Versorgung (siehe Einteilung der Weichteilschäden) J Anlage eines Fixateur externe bei übermäßigem Weichteilschaden oder Polytraumatisierung mit anschließender definitiver Versorgung im Intervall 5 komplette und dislozierte Unterschenkelfrakturen (Versorgung der Tibia mit anterogradem Marknagel – aufgebohrt und unaufgebohrt – statisch verriegelt bei Schrägfrakturen, Etagen- und Trümmerfrakturen und dynamisch verriegelt bei einfachen Querfrakturen): J (aufgebohrter) Tibianagel: stufenweise Aufbohren des Markraums + 1 mm über Nageldicke (Vorteil: langstreckige Kontaktfläche mit hoher Primärstabilität, Nachteile: Gefahr der Markraumembolie durch erhöhte intramedulläre Drücke, Gewebenekrose durch Hitzeentstehung) J statische Verriegelung: der Querbolzen läuft durch ein Rundloch im Nagel, so dass eine axiale Belastung direkt übertragen wird J dynamische Verriegelung: der Verriegelungsbolzen (i.d.R. ein proximaler beim Tibianagel) läuft durch eine ovaläres Loch und kommt im kranialen Anteil des Lochs zu liegen; durch axiale Belastung wird der distal verriegelte Nagel nach kranial geschoben; hierdurch kommt eine »dynamische« Kompressionskraft auf den Frakturspalt zustande J statische und dynamische Verriegelung sind beide rotationsstabil J Pollerschrauben: temporär von ventral oder lateral eingebrachte Schrauben, um beim Einbringen des Nagels eine Achskorrektur durch gezieltes Verdrängen von Nagel und Fragment zu provozieren 5 Versorgung der Tibia: J mit Plattenosteosynthese (neue winkelstabile, anatomisch vorgeformte Implantate, ggf. retrograd über kleine Hautschnitte durchgeschoben) 5 Versorgung der Fibula: J mit einer Plattenosteosynthese v.a. bei Fraktur im distalen Drittel indiziert J bei massivem Weichteilschaden Stabilisierung der Fibula retrograd intramedullär
235 1.2 · Unfallchirurgie
Komplikationen 4 Übersehen eines Kompartmentsyndroms oder verspätete Fasziotomie kann zu Muskelnekrosen mit hochgradig eingeschränktem funktionellen Ergebnis bis hin zum Verlust der Extremität führen 4 nach einem schweren Thoraxtrauma verbieten sich intramedulläre Verfahren wegen der Gefahr einer Knochenmarkembolisation (v.a. provoziert durch den intramedullären Druckanstieg) 4 Nervenverletzungen (v.a. N. peroneus) 4 hohe Rate an verzögerter Frakturkonsolidierung und Pseudarthrose (v.a. bei Weichteilschädigung) 4 Fehlstellungen (Rotation, Varus- und Valgusfehlstellung) 4 Implantatversagen bis zum Nagelbruch 4 > Memo Bei intramedullären Verfahren ist bei proximalen oder distalen Frakturen besonders auf Fehlstellungen zu achten, da die zirkumferente Abstützung im Metaphysenbereich abnimmt und das Implantat exakt zentriert eingebracht werden muss.
Pilon-tibiale-Frakturen Definition 4 knöcherne Verletzungen der metaphysären distalen Tibia mit Beteiligung der Gelenkfläche des oberen Sprunggelenks 4 häufig mit gravierenden Weichteilverletzungen
Pathogenese 4 axiale Hochrasanzmechanismen (Sturz aus großer Höhe, Frontalzusammenstöße) führen im metaphysären und gelenkassoziierten Anteil der distalen Tibia zu mehrfragmentären Frakturen 4 weniger als 10% der Frakturen des Unterschenkels 4 mehr Männer als Frauen und mit einem Altersgipfel von 35–40 Jahren
Einteilung 4 unterschiedliche Frakturmorphologien: 5 dorsal-extendierter Fuß: ventrales Kantenfragment der distalen Tibia 5 plantar-flektierter Fuß: dorsales Kantenfragment 5 Zentralstellung des Fußes: ventrodorsale Kantenfragmente
Klinik 4 ! Cave Diese Verletzung kann im Rahmen einer Polytraumatisierung übersehen werden 4 Bewegungsunfähigkeit 4 stärkste Schmerzen 4 deutliche Weichteilbeteiligung/Weichteilzerstörung 4 > Memo Die Weichteilschädigung wird häufig unterschätzt und wird oft erst nach Tagen sichtbar. 4 nicht selten offene Frakturen aufgrund geringer Weichteildeckung mit deutlicher Fehlstellung
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Spannungsblasen (serös oder blutgefüllt) 4 Kompartmentsyndrom des Unterschenkels oder des Fußes Begleitverletzungen: 4 aufgrund des axialen Mechanismus sind häufig betroffen: 5 Mittelfuß 5 Kalkaneus 5 Kniegelenk 5 Becken 5 Wirbelsäule 5 kontralaterale Extremität 4 weitere Schädigungen: 5 Gefäßverletzungen 5 neurologische Defizite
Diagnostik 4 konventionelle Röntgenaufnahmen: 5 a.-p. und seitlich 5 ggf. nach Reposition erneute Aufnahme 4 CT: zur präoperativen Planung 4 Pulsstatus (Gefäß-Doppler) 4 Ausschluss eines Kompartmentsyndroms im Unterschenkel und Fuß (invasive Druckmessung)
Klassifikation 4 nach der AO von 1990: 5 43: distale Tibia J 43-A-Frakturen: ohne Gelenkflächenbeteiligung J 43-B-Frakturen: partielle Gelenkflächenbeteiligung J 43-C-Frakturen: mit hochgradiger Gelenkflächenbeteiligung (häufig zentral eingesunkenes osteochondrales Fragment, sog. »die-punch«-Fragment) 4 weitere Klassifikationen beurteilen das Ausmaß der Frakturmorphologie und die Prognose
Therapie 4 sofortige geschlossene Reposition häufig bereits am Unfallort indiziert: 5 Ruhigstellung mit Schiene 4 offene Reposition und interne Fixation (ORIF) nach Rüedi und Allgöwer - Rüedi und Allgöwer haben in den 1960er Jahren zeigen können, dass sich mit einer operativen Behandlung unter Schonung der Weichteile ein deutlich besseres Ergebnis erzielen lässt, als mit einer konservativen Therapie: 5 ORIF der Fibula (Länge und Rotation) 5 Rekonstruktion der Gelenkfläche 5 Knochenersatz bei Defektsituation (Beckenkammspongiosa oder Kunstknochen) 5 tibiale Plattenosteosynthese 4 > Memo Nie durch akut geschädigtes Weichteilgewebe (v.a. blutige Spannungsblasen) operieren.
237 1.2 · Unfallchirurgie
Komplikationen 4 Frühkomplikationen: 5 Hautnekrosen 5 Wundinfektion 5 Osteitis 4 Spätkomplikationen: 5 verzögerte Frakturheilung (bis 6 Monaten) 5 Pseudarthrose (ab 6 Monaten) 5 posttraumatische Arthrose 5 Fehlstellung (Achsabweichungen)
Prognose 4 abhängig vor allem: 5 von der Weichteilschädigung 5 vom Ausmaß der Gelenkbeteiligung
Sprunggelenkfrakturen
R.M. Sellei Anatomie 4 oberes und unteres Sprunggelenk bilden eine funktionelle Einheit 4 hohe Krafteinwirkung bei Gang und Lauf mit axialen Druck-, Rotations- und Scherkräften 4 durch Sehnen und Bänder stabilisiert und funktionell über die muskuläre Führung (Propriozeptivität) gesteuert und »geschützt« 4 Malleolengabel stabilisiert durch Membrana interossea und durch distalen Syndesmosenkomplex: 5 Lig. tibiofibulare anterius et transversale 5 Lig. tibiofibulare interosseum 5 Lig. tibiofibulare posterius 4 für die Stabilität im oberen Sprunggelenk (OSG) sind entscheidend: 5 Länge und Stellung (Rotation und Achse) der distalen Fibula 5 medialer Malleolus mit Lig. deltoideum 5 distaler Syndesmosenkomplex
Pathogenese 4 Unfallhergang ist entscheidend: 5 Luxationsmechanismus bei Fehltritt oder Sturz (80%) 5 Dezelerationstrauma bei Verkehrsunfällen (10%) 5 direkte Gewalteinwirkung (<5%) 4 der Mechanismus und die Gelenkstellung während des Traumas führen zur typischen Verletzungsmorphologie (siehe Klassifikation nach Lauge-Hansen): 5 z.B. kann bei Supinationsbewegungen das Lig. tibiofibulare anterius an der Tibia knöchern (sog. Tubercule de Chaput) oder an der Fibula (Wagstaffe-Fraktur) ausreißen
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung: 5 Inspektion 5 Palpation (hohe Fibula, Malleolen, Syndesmosenkomplex) 5 Durchblutung, Motorik und Sensibilität 5 Belastbarkeit des Sprunggelenks (anamnestisch) Begleitverletzungen: 4 diagnostische Schwierigkeiten bestehen bei: 5 hoher Fibulafraktur (z.B. bei Maisonneuve-Fraktur = hohe WeberC-Fraktur) 5 tibialen oder talaren Impressionsfrakturen 5 hinterem oder vorderem tibialem Kantenfragment (VolkmannDreieck) 5 isolierter Syndesmosenverletzung und Instabilität
Diagnostik 4 konventionelle Standardröntgenaufnahmen: 5 20°-Innenrotation im a.-p. Strahlengang (»Mortise«-View) zur Einsicht in Gelenkebene 5 seitlicher Strahlengang 5 Unterschenkel mit Kniegelenk in 2 Ebenen (Ausschluss einer hohen Weber-C-Verletzung) 4 dynamische Röntgenuntersuchung unter Bildwandler (C-Bogen): 5 prä- oder intraoperativer Nachweis einer Syndesmoseninsuffizienz 4 CT: 5 präoperativ bei Verdacht auf Impressionsfrakturen des Tabulus oder der Tibia 5 bei komplexen Frakturformen und bei Beteiligung des Pilon tibiale 5 postoperativ zur Kontrolle der Stellung der Malleolengabel nach Stellschraubenimplantation (s.u.)
Klassifikation 4 nach der AO: 5 44: Malleolen 4 nach Ashurst-Bromer (1922): 5 Abduktionsfrakturen 5 Adduktionsfrakturen 5 Außenrotationsfrakturen 4 nach Lauge-Hansen (1948): 5 Supinations-Adduktions-Fraktur (10%): J axiale Kraft auf supinierten Fuß J dadurch forcierte Adduktion des Talus J horizontale und infradesmale distale Fibulafraktur J vertikale Innenknöchelfraktur, ggf. mit Impression der medialen Tibiagelenkfläche J entspricht zusammen einer Bimalleolarfraktur
239 1.2 · Unfallchirurgie
5 Pronation-Abduktions-Fraktur (10%): J axiale Kraft auf pronierten Fuß J dadurch forcierte Abduktion des Talus J horizontale Innenknöchelfraktur J Ruptur des Syndesmosenkomplexes, ggf. mit hinterem Volkmann-Dreieck J desmale (auf Höhe der Syndesmose) Fibulafraktur mit lateralem Biegungskeil 5 Supinations-Eversions-Fraktur (60%) J supiniert fixierter Fuß J Eversion im unteren Sprunggelenk mit Außenrotation des Talus im OSG J Ausriss des Tubercule de Chaput oder Wagstaffe-Fraktur J transdesmale Fibulafraktur (ggf. spiralförmig bei Rotationsmechanismus) J Ruptur des Lig. tibiofibulare posterius oder knöcherner Ausriss (hinteres Volkmann-Dreieck) J horizontale Innenknöchelfraktur mit Ruptur des Deltabandes 5 Pronations-Eversions-Fraktur (20%) J proniert fixierter Fuß J Eversion im unteren Sprunggelenk mit Außenrotation des Talus im OSG J horizontale Innenknöchelfraktur mit Ruptur des Deltabandes J komplette Ruptur des distalen Syndesmosenkomplexes J supradesmale Fibulafraktur (ggf. isolierte Maisonneuve-Fraktur) 4 nach Danis (1949) – Weber (1966): 5 Weber-A-Fraktur: infradesmale Fibulafraktur (stabil) 5 Weber-B-Fraktur: transdesmale Fibulafraktur (instabil) 5 Weber-C-Fraktur: supradesmale Fibulafraktur (instabil) 4 Klassifikation kindlicher Sprunggelenksfrakturen: 5 siehe Salter-Harris- bzw. Aitken-Klassifikation 5 siehe Übergangsfrakturen bei beginnender Adoleszenz
Therapie 4 konservativ: Indikationen: 5 stabile, nichtdislozierte Frakturen des Innen- und Außenknöchels 5 exakte anatomische Stellung gewährleistet 5 Weber-A-Frakturen 4 Maßnahmen: 5 Ruhigstellung in Gipsschiene (nach abschwellen im zirkulären Gipsverband) für 6 Wochen in Funktionsstellung (kein Spitzfuß) 5 abschwellende Maßnahmen 5 Gipskontrolle am Folgetag (immer!) 5 Thromboseprophylaxe bei Erwachsenen und Kinder ab Pubertät 4 operativ: Indikationen: 5 dislozierte Frakturen mit Syndesmosenruptur im Sinne einer Weber-B- bzw. -C-Fraktur 5 alle offenen Frakturen 5 Maisonneuve-Fraktur (Instabilität durch Syndesmosenruptur)
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 Notfallmaßnahmen: 5 sofortige Reposition 5 stabile Retention (Gipsverband oder Fixateur externe) 5 definitive Stabilisierung bis etwa 6 Stunden nach Unfall oder im Intervall nach Weichteilkonsolidierung 4 definitive Versorgung: 5 Ziel ist eine anatomische, stufenfreie Reposition, ggf. Refixation der Kapselbänder und Gelenkinspektion: 5 1. Außenknöchelstabilisierung: J Zuggurtung (ggf. bei dislozierter Weber-A-Fraktur) J Drittelrohrplatte (Weber-B- und -C-Frakturen) J Frakturen der Fibula im mittleren bis distalen 1/3 direkte Versorgung (hohe Weber-C-Fraktur) J proximale Fibulafraktur durch indirekte Stabilisierung durch 2 Stellschrauben für 6 Wochen bei Ruptur des Syndesmosenkomplexes (Maisonneuve-Fraktur) 5 2. Syndesmosenrekonstruktion: J exakte Stellung der Malleolengabel mit Stellschraube(n) ist die Voraussetzung für schmerfreie Funktion nach narbiger Ausheilung 5 3. Rekonstruktion des hinteren Volkmann-Dreiecks: J Refixation indiziert bei einer Gelenkbeteiligung >1/3 der Gelenkfläche J Zugschraube von ventral nach Reposition 5 4. Versorgung des Innenknöchels: J offene Reposition i.d.R. zu empfehlen, da Periost häufig einschlägt J Zuggurtung über Kirschner-Drähte und Cerclage J Zugschraubenosteosynthese über kanülierte Schrauben 4 > Memo Bei Sprunggelenkverletzungen mit Weichteilschaden bei Patienten mit Diabetes mellitus und pAVK sind ggf. minimal-invasive Verfahren indiziert (durchgeschobene Plattenosteosynthese oder intramedulläre retrograde Schienung der Fibula mittels MoroteDrahtung).
Komplikationen 4 Wundheilungsstörungen und Infektionen 4 fehlerhafte Osteosynthesen 4 Instabilität und Subluxationsstellung bei übersehener Syndesmoseninstabilität 4 sekundäre Dislokation 4 Kompartmentsyndrom 4 Pseudarthrose 4 posttraumatische Arthrose
241 1.2 · Unfallchirurgie
Verletzungen des Rück-, Mittel- und Vorfußes
R.M. Sellei Pathogenese 4 bei polytraumatisierten Patienten werden knöcherne Verletzungen des Fußes leicht übersehen 4 v.a. Luxationen im Chopart- und Lisfranc-Gelenk werden häufig fehlinterpretiert 4 axiale Mechanismen führen gehäuft zu Kalkaneusfrakturen (häufigsten Fraktur der Fußwurzelknochen) 4 direkte Krafteinwirkung und Quetschmechanismen können die Mittelfußknochen und Zehen frakturieren 4 > Memo Entscheidend für ein gutes, klinisches Ergebnis sind eine adäquate Diagnostik und Behandlung, da bereits geringe, übersehene Fehlstellungen zu chronischen Schmerzen führen können.
Talusfraktur Pathogenese 4 seltene, jedoch schwere Verletzung nach: 5 axialen Hochrasanzmechanismen (Sturz aus großen Höhen, Frontalzusammenstoß) 5 Dezelerationstraumen
Klinik 4 4 4 4 4
Druckschmerz Bewegungs- und Belastungsunfähigkeit Hämatom ggf. offene Fraktur mit Luxation des Talus Chopart-Gelenkluxation
Begleitverletzungen: 4 Beteiligung der tibialen Gelenkfläche 4 Kalkaneusfrakturen 4 Gefäßverletzungen 4 Subluxation oder Luxation im OSG und USG
Diagnostik 4 konventionelle Röntgenaufnahme: 5 OSG in 2 Ebenen 5 Broden-Aufnahme zur Darstellung des USG 4 CT: 5 Ausschluss einer Gelenkbeteiligung 5 präoperative Planung 4 ggf. MRT: 5 zur Visualisierung eines Ödems oder Nekrose im Verlauf (die Frakturen verlaufen in der Regel vertikal und durch den Talushals)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klassifikation 4 nach Hawkins (1970): 5 nichtdislozierte Talushalsfraktur (Gruppe I) 5 dislozierte Talushalsfraktur mit Luxation im Subtalargelenk (Gruppe II) 5 dislozierte Talushalsfraktur mit Luxation im Subtalargelenk und OSG (Gruppe III) 4 nach Marti (1971): 5 nichtdislozierte distale Hals- oder Taluskopffraktur, Flake-Frakturen (I) 5 nichtdislozierte proximale Halsfrakturen (II) 5 dislozierte proximale Halsfrakturen (III) 5 dislozierte proximale Halsfrakturen mit Luxation im OSG und USG oder Korpustrümmerfrakturen (IV)
Therapie 4 konservativ: Indikationen: 5 nichtdislozierte Frakturen 4 Maßnahmen: 5 Ruhigstellung und Entlastung über 12 Wochen zu empfehlen 5 ! Cave Erhöhte Nekrosegefahr 4 operativ: Indikationen: 5 dislozierten Frakturen: aufgrund einer posttraumatischen Arthroseneigung bei Verbleib einer Gelenkstufe (im OSG oder USG) und erhöhte Nekroseraten 5 bei Dislokation, Subluxation und Luxation des Talus 4 Vorgehen je nach Frakturmorphologie: 5 medialer und/oder lateraler Zugang kombiniert (ggf. mit Innenknöchelosteotomie) 5 Schraubenosteosynthese von ventral über Taluskopf und -hals in den Korpus (mit anschließender Zuggurtungsosteosynthese über Innenknöchel) 5 postoperative Entlastung für mindestens 12 Wochen wird empfohlen mit darauffolgend prolongiertem Belastungsaufbau 4 > Memo Durch eine posttraumatisch und/oder postoperative bedingte Minderperfusion besteht bei schlechter Vaskularisierung die Gefahr der Talusnekrose oder Pseudarthrose.
Komplikationen 4 Übersehen von Begleitverletzungen (Achsenskelett, untere Extremität) 4 Frühkomplikationen: 5 sekundäre Dislokation der Talushalsfraktur 5 Talusnekrose 5 posttraumatische Arthrose im OSG und OSG
243 1.2 · Unfallchirurgie
Kalkaneusfraktur Pathogenese 4 typischer Mechanismus: 5 Sturz aus großer Höhe (Gerüst, Dach, Suizidversuch): J häufig Assoziation mit Begleitverletzungen des Achsenskeletts und der Extremitäten 5 beim polytraumatisierten Patienten leicht unterschätzte Verletzung 5 die axiale Kompressionskraft über den Talus (härtere Konsistenz) bewirkt eine Impression auf Höhe des unteren Sprunggelenks, das Sustentaculum tali bleibt hierbei i.d.R. medialseitig konstant und stehen
Klinik 4 Belastungsunfähigkeit 4 stärkste Schmerzen v.a. bei Bewegung im USG und Klopfschmerzhaftigkeit 4 Deformität 4 Hämatom 4 Schwellung, bis hin zu Spannungsblasen und assoziiert mit Kompartmentsyndrom 4 selten offene Fraktur (dann sehr schwere Verläufe) Begleitverletzungen: 4 Frakturen und/oder Luxation weiterer Fußwurzelknochen (Talusfraktur, Chopart-Gelenkluxation) 4 Beteiligung des OSG und Pilon-tibiale-Frakturen 4 Weichteilschäden
Diagnostik 4 konventionelle Röntgenaufnahmen: 5 axial, seitlich (*) und Broden-Aufnahme (a.-p. Strahlengang mit Innenrotation von ca. 40° zur Darstellung des USG) 5 (*) Tuber-Gelenkwinkel nach Böhler = im seitlichen Strahlengang bildet die Gelenkebene zur Achse des Tuber calcanei einen physiologischen Winkel von ca. 35°; durch Impression der Gelenkfacette flacht dieser deutlich ab; Böhler-Winkel gilt als wichtige intraoperative Repositionskontrolle 4 CT-Dünnschichtaufnahmen: 5 zur Klassifikation 5 zur operativen Planung
Klassifikation 4 nach Essex-Lopresti (1952): 5 »Tongue type« = klaffende horizontale Fraktur des Tuber calcanei (Entenschnabel) 5 »Joint depression type« = Impressionsfraktur des Corpus calcanei mit »eintauchen« der Gelenkfacette
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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4 nach Zwipp (1988) erstmalig anhand von CT Schnitten: 5 Einteilung des Kalkaneus in 5 Hauptfragmente und 3 Gelenke 5 Einbeziehung der assoziierten Weichteilschädigung 5 hohe prognostische Aussagekraft 5 »Entenschnabel« = 2 Fragmente und 0-Gelenkbeteiligung (2 Punkte) 5 einfache Impressionsfraktur des kalkaneo-kuboidalen Gelenkfläche = 2 Fragmente und 1 Gelenk beteiligt (3 Punkte) 5 »blow out fracture« = 5 Fragmente und 3 Gelenkflächenbeteiligung (8 Punkte) 5 Weichteilschaden geschlossen (g) oder offen (o) 1–3° (1–3 Punkte) 5 Trümmerzone oder angrenzende Frakturassoziation (z.B. Talus) (1 Punkt) 5 maximal 12 Punkte 4 nach Sanders (1993) anhand von koronaren CT-Schnittbildern: 5 Einteilung des Corpus tali in laterale (A), zentrale (B) und mediale (C) Säule zuzüglich des Sustentaculum tali (als medialster Pfeiler): J II A–C: 1 Säule betroffen J III AB, AC, BC: 2 Säulen betroffen J IV: 3 Säulen betroffen
Therapie 4 konservativ: Indikationen: 5 nichtdislozierte Frakturen 5 keine Gelenkbeteiligung 5 massive Weichteilbeteiligung 5 hohe Komorbidität 4 Maßnahmen: 5 Ruhigstellung im Unterschenkelgips 5 engmaschige Weichteilkontrolle 5 Thromboseprophylaxe 5 Hochlagerung 5 intermittierende Kühlung 5 beginnende Mobilisation unter Entlastung nach Abschwellen an Unterarmstützen für 12 Wochen 5 ab der 3.–4. Woche ggf. mit Fersenentlastungsorthese (nach Settner) 4 operativ: Indikationen: 5 dislozierte Frakturen, v.a. mit reduziertem Böhler-Winkel und Gelenkbeteiligung, -impression 4 Maßnahmen: 5 Weichteile abschwellen lassen 4 > Memo Die operative Versorgung und ihr Erfolg hängen von einem die Weichteile respektierenden Vorgehen ab (Gefahr der Wundrandnekrose und Infektion). Primärversorgung durch Osteosynthese im Intervall nach Abschwellen dringend empfohlen. 4 minimal-invasive Verfahren: 5 geschlossene Reposition über eine in den Tuber calcanei platzierte Schanzschraube durch Zug und Kaudalisierung 5 Anheben der imprimierten Gelenkfacette über medialen »Miniopen«-Schnitt mit einem Elevatorium
245 1.2 · Unfallchirurgie
5 anschließende Kirschner-Draht-Transfixation in das USG und Chopart-Gelenk 5 Materialentfernung der KD nach 6–8 Wochen 5 Entlastung für 12 Wochen 4 offene Reposition und interne Fixation (ORIF): 5 lateraler L-förmiger Zugang über Tuber calcanei 5 Präparation eines möglichst erhaltenen Hautlappens 5 »Entdeckeln« der lateralen Kortikalisschuppe, Anheben der Gelenkfacette, ggf. Beckenkamm-Spongiosaplastik 5 Wiederherstellung des Böhler-Gelenkwinkels 5 temporäre KD-Transfixation des Repositionsergebnisses 5 Auflage der meist gegebenen lateralen Schuppe und Fixation mit Gitterplatte 5 schonender Hautverschluss 5 postoperativ engmaschige Weichteilkontrolle 5 Entlastung für 12 Wochen unter Thromboseprophylaxe 4 subtalare Arthrodese: 5 bei chronisch schmerzhafter posttraumatischer Arthrose im USG
Komplikationen 4 4 4 4
Weichteilnekrosen Infektion Osteitis Arthrose im USG
Prognose 4 wichtigste prognostische Größen: 5 Wiederherstellung der Gelenkfacette und des Böhler-Gelenkwinkels
Fußwurzel- Metatarsal- und Zehenfrakturen Pathogenese 4 > Memo Die Diagnose von Verletzungen von Os naviculare, Os cuboideum und Ossa cuneiformia ist wichtig. 4 Osteonekrosen und Fehlstellungen können zu schwerwiegender Dysbalance des Fußgewölbes mit chronischen und belastungsabhängigen Schmerzen führen 4 Die Fraktur der Basis des fünften Metatarsalknochens mit dem Ansatz der kurzen Peronealsehne ist eine häufige Verletzung, die zur Pseudarthrose neigt 4 eine basisnahe Schaftfraktur des MFK V (sog. Jones-Fraktur) neigt ebenfalls aufgrund der schlechten Durchblutungssituation zur Pseudarthrosen 4 bei Schaftfrakturen und subkapitalen Frakturen der Metatarsalia sind v.a. der erste und der fünfte Strahl für den Erhalt des Fußgewölbes wichtig: 5 bei Dislokation sollten dieser und transfixiert werden 5 heilen zusammen mit den Zehenfrakturen i.d.R. gut aus 5 anatomische Stellung zueinander und die Wahrung der Chopart-, sowie Lisfranc-Gelenklinie sind für ein gutes klinisches Ergebnis entscheidend
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Klinik 4 belastungsabhängige Schmerzen 4 Druckschmerz und Hämatome 4 Deformation bei Fraktur oder Luxation
Diagnostik 4 konventionelle Röntgenaufnahmen 4 ggf. CT oder MRT
Therapie 4 konservativ: 5 nichtdislozierte Frakturen in Gipsschiene für 4–6 Wochen 5 Marschfrakturen (bei chronischer Überlastung möglich) 5 im Seitenvergleich symmetrische Zehenstellung (ansonsten geschlossene Reposition und Retention mit Pflasterzügelverbänden) 5 knöcherne Bandausrisse der Fußwurzelknochen werden für zwei Wochen in einer Gipsschiene ruhiggestellt (Thromboseprophylaxe) 4 operativ: 5 dislozierte Frakturen der ersten und fünften Strahls 5 Frakturen mit Gelenkbeteiligung 5 Frakturen der Fußwurzel, die zu einer Abflachung des Fußgewölbes führen können 5 dislozierte Frakturen der MFK V Basis (Zug des M. peroneus brevis) durch Zuggurtung oder singulärer Schraube 5 Jones-Fraktur mit Miniplattenosteosynthese
Komplikationen 4 Weichteilverletzungen mit Hämatom, Décollement und Kompartmentsyndrom 4 subinguinales Hämatom (ggf. Trepanation erforderlich) 4 Zehennekrosen 4 CRPS (complex regional pain syndrome, »Sudeck«) v.a. nach Quetschverletzungen 4 posttraumatische Arthrose 4 Verlust des Fußgewölbes mit Senk-Spreiz-Fuß
Weichteilverletzungen im Bereich des Sprunggelenks und Fußes
R.M. Sellei Pathogenese 4 Distorsionstrauma des Fußes: 5 unterschiedliche Verletzungen des Kapsel-Band-Apparates: J Achillessehnenruptur J Verletzungen der Außenbänder des Sprunggelenks 4 Hochrasanzmechanismen: 5 Zerreißung der Kapsel-Band-Strukturen der Fußwurzel kann zur Luxationen führen (wird leicht übersehen)
247 1.2 · Unfallchirurgie
Achillessehnenruptur Anatomie 4 4 4 4
kräftigste Sehne des Körpers sie ermöglicht die Plantarflexion bei Gang, Lauf und Sprung trägt das Vielfache des eigenen Körpergewichts die Achillessehne (Tendo calcaneus) des M. triceps surae (medialer und lateraler Kopf des Gastrocnemius und M. soleus) setzt am Tuber calcanei an
Pathogenese 4 Rupturmechanismen: 5 direktes Trauma (selten): J bei Schnitt- oder Schussverletzungen J direkter Schlag auf die Sehen 5 indirektes Trauma: J durch abrupte exzentrische oder konzentrische Muskelbeanspruchung bei hoher Vorspannung in Kombination von degenerativen Vorschäden 4 Formen: 5 Loco typico: proximal in der Nähe des muskulotendinösen Übergangs 5 selten knöcherner Ausriss (Sonderform: Entenschnabelfraktur) 4 Ursachen degenerative Veränderungen: 5 Alter (typisch Männer um die 40 Jahre) 5 rezidivierende Schädigung durch Mikrotraumen bei Überbeanspruchung 5 chronische Einnahme von Glukokortikoiden 5 wiederholte, lokale Infiltrationen mit Lokalanästhetika und Glukokortikoiden 5 Hyperurikämie 5 immunsuppressive Therapie 5 chronische Polyarthritis
Klinik 4 typisch ist ein »peitschenschlagartiger« in die Wade einschießender Schmerz mit einem »Knall« 4 Hämatom 4 tastbare Sehnen-»Delle« 4 aktive Plantarflexion und Zehenstand nicht möglich 4 Thompson-Test positiv: 5 Thompson-Test: in Bauchlage führt die manuelle Kompression der Wade zu keiner passiven Plantarflexion im OSG (Test positiv) als Hinweis für eine Kontinuitätsunterbrechung der Sehne Begleitverletzungen: 4 Muskelfaserriss der Wadenmuskulatur 4 knöchernen Sehnenausriss (! Cave Immer seitliches Röntgen) 4 Kalkaneusfraktur 4 Verletzungen des Bandapparates des OSG
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Diagnostik 4 konventionelle Röntgenuntersuchung: 5 zum Ausschluss einer Fraktur oder einem knöchernen Sehnenausriss 4 Ultraschalluntersuchung: 5 zur Darstellung des Hämatoms und dynamische Bildgebung zum sicheren Rupturnachweis 4 MRT: 5 bei unsicherer Klinik oder Teilrupturen (selten)
Therapie 4 konservativ: Indikation: 4 v.a. bei guter Adaptation der Sehnenstümpfe im Ultraschall ist eine konservative Therapie möglich: 5 Spitzfußgips für 2 Wochen unter andauernder Thromboseprophylaxe bis zur freien Mobilisation 5 Lymphdrainage unter Wahrung der Spitzfußstellung ab der 3. Woche 5 beginnende Zurückführung mit 15° Plantarflexion für weitere 2 Wochen in Funktionsorthese (Tag und Nacht) 5 0°-Funktionsstellung für weitere 2 Wochen unter Teilbelastung mit 20 kg 5 nach insgesamt 6 Wochen Heilungskarenz fortgeführter Belastungsaufbau 5 physiotherapeutische Beübung (OSG-, USG-, Mittel- und Vorfußbeweglichkeit + Propriozeptivität) ab der 7. Woche (nach konservative Therapie) und ab der 5. Woche (nach operativer Therapie) zur Bekämpfung von Immobilisationsfolgen: J Atrophie der Wadenmuskulatur J Reduktion des Thromboserisikos J Behandlung der Verwachsungen im Narbenbereich J Förderung der Sehnenheilung durch funktionelle Nachbehandlung J Reduktion der Immobilisationsschäden des Gelenkknorpels und Einsteifung des OSG und USG 5 Sportfähigkeit nach 12–16 Wochen 4 operativ: Indikation: 5 v.a. bei jungen und sportlich aktiven Patienten zur Verhinderung einer Sehneninsuffizienz: 4 Maßnahmen: 5 medial orientierter Längsschnitt 5 Präparation und Eröffnung des Peritendineums 5 Spülung und Entfernung des Hämatoms 5 Auskämmen der rupturierten Sehnenenden 5 ggf. Fibrinklebung 5 adaptierende Durchflechtungsnähte (verschiedene Techniken) mit PDS-Nähten J Kessler-Kirchmayr-Naht J Bunnell-Naht J minimal-invasive und perkutane Techniken
249 1.2 · Unfallchirurgie
5 Verschluss des Peritendineums und Wundverschluss 5 Nachbehandlung wie bei der konservativen Therapie
Komplikationen 4 4 4 4 4
tiefe Venenthrombose Reruptur gehäuft am muskulo-tendinösen Übergang chronische Tendinitis mit Verdickung der Sehne Wundheilungsstörung nach operativer Versorgung Sehneninsuffizient durch relative Verlängerung
Prognose 4 insgesamt gute Prognose (operativ und konservativ) 4 > Memo Rerupturgefahr ist in den ersten 3 Monaten am größten, gerade wenn der Patient mit dem Sport wieder anfangen möchte (Aufklärung des Patienten).
Bandverletzungen des Sprunggelenks Pathogenese 4 Verletzungen des Kapsel-Band-Apparates des oberen Sprunggelenks sind die häufigsten in Sport und Freizeit (Gefahr der Persistenz einer Instabilität und rezidivierenden »Supinationstraumen«) 4 häufig mit Sport assoziierte Verletzungsform (Volleyball, Fuß- und Basketball, Waldlauf, usw.) entsteht durch ein Supinations-AdduktionsTrauma (siehe auch Klassifikation nach Lauge-Hansen), bei dem die reflektorisch-muskuläre Stabilisierung über die propriozeptiven Rezeptoren versagt (»point of no return«) 4 der Außenbandkomplex besteht neben dem kranial gelegenen distalen Syndesmosenkomplex aus folgenden Bändern (Anteil wenn rupturiert in Prozent): 5 Lig. fibulotalare anterius (FTA-Ruptur in 90% der Fälle) 5 Lig. fibulocalcaneare (FC-Ruptur in 60% der Fälle) 5 Lig. fibulotalare posterius (FTP-Ruptur in <20% der Fälle)
Einteilung 4 Distorsionsverletzung des OSG mit »Überdehnung« des Kapsel-BandApparates ohne Ruptur der Außenbänder 4 Außenbandruptur, wobei i.d.R. zuerst das vordere Außenband reißt (FTA +/- FC +/- FTP) 4 chronische Außenbandinstabilität
Klinik 4 anamnestisch beschriebenes Supinationstrauma (»Umknicken«) 4 Weichteilschwellung, später Hämatom und Belastungsschmerz bei Ruptur 4 isolierter Druckschmerz über Außenknöchel Vorderrand (FTA), Spitze (FC) und Hinterrand (FTP) 4 Achtung: Syndesmosenkomplex 4 ggf. Talusvorschub und laterale Aufklappbarkeit bei höherer und chronischer Instabilität
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Begleitverletzungen: 4 Frakturen (Weber A–C) 4 Maisonneuve-Fraktur 4 Achillessehnenruptur 4 talare Impressionsfraktur oder Osteochondrosis dissecans (OCD) 4 MKF-V-Basisfraktur bei Ansatz des m. peroneus brevis
Diagnostik 4 konventionelles Röntgen: 5 OSG in 2 Ebenen zum Frakturausschluss 4 MRT: 5 bei Schmerzpersistenz über 2–3 Wochen zum Ausschluss J einer Fraktur oder osteochondralen Verletzung des Talus J Syndesmosen- oder Achillessehnenverletzung 4 ggf. Ultraschall zur Darstellung 5 einer Ruptur 5 eines Hämatoms oder Gelenkergusses
Therapie 4 konservativ (heute v.a. bei Erstereignis): 5 PECH-Schema (Pause, Eis, Compression, Hochlagerung) und Wickeln in den ersten 48 Stunden, ggf. Thromboseprophylaxe, selten Gipsschiene 5 frühfunktionelle Nachbehandlung unter Nutzung einer Sprunggelenksorthese für die ersten Wochen 5 Lymphdrainage bei Schwellungstendenz 5 beginnender Belastungsaufbau mit Tape-Verbänden zur Förderung der Propriozeptivität 5 Physiotherapie bei Beschwerdepersistenz 4 operativ (für spezielle Fälle): Indikationen: 5 chronisch-rezidivierende Ereignisse und Instabilität 5 Persistenz eines Instabilitätsgefühls 5 knöcherner Ausriss 4 OP-Techniken: 5 Periostlappenplastik der Fibula unter Rekonstruktion des FTA und FC und Fixation mit Fadenanker oder Schraube (mit Krampen) 5 Bandnaht 5 Rekonstruktion mit autologer Sehne
Komplikationen 4 Übersehen von knöchernen oder desmalen Begleitverletzungen mit Schädigung des Gelenkknorpels und konsekutiver Arthrose im OSG 4 chronische Instabilität
Prognose 4 insgesamt sehr gute Prognose
251 1.2 · Unfallchirurgie
Luxationen der Fußwurzelknochen Pathogenese 4 schwere Quetsch-, Scher- und Hyperflexionsverletzungen können zur Zerreißung der interossären Bänder des Rück- und Vorfußes und zu Luxationen führen 4 bei polytraumatisierten Patienten können diese Verletzungen leicht übersehen oder zu spät erkannt werden 4 Luxationen finden i.d.R. auf den folgenden Gelenklinien (gleichzeitig sind diese auch Amputationshöhen) statt: 5 Chopart-Gelenksluxation: Luxation zwischen talo-kalkanearer und navikulo-kuboidaler Gelenklinie mit Zerreißung der Bandkomplexe 5 Lisfranc-Gelenkluxation: Luxation zwischen der distalen Fußwurzelreihe (Ossa cuneiformia und Os cuboideum) und den Metatarsalknochen
Klinik 4 stärkste Schmerzen 4 Schwellung 4 federnde Deformität und Hämatom Begleitverletzungen: 4 Weichteilschädigung 4 Sehnenrupturen 4 Kompartmentsyndrom 4 Pilon tibiale 4 Kalkaneus oder Talusfrakturen
Diagnostik 4 Anamnese (daran denken!) 4 konventionelle Röntgenaufnahmen: 5 Fuß in 2 Ebenen 4 CT (für eine sichere Diagnose zwingend erforderlich)
Klassifikation 4 Klassifikation der Lisfranc-Gelenkluxation nach Quenu und Küss (1909): 5 Typ 1: gleichförmige Luxation aller Metatarsalia 5 Typ 2: partielle Luxation nach medial 5 Typ 3: divergierende Luxation zwischen 1. und 2. Strahl der Metatarsalia
Therapie 4 operativ: 5 anatomische Reposition 5 temporäre Transfixation mit Kirschner-Drähten 5 Schraubenosteosynthese
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 Gipsschienenruhigstellung und Entlastung für 6–8 Wochen unter Thromboseprophylaxe 5 Stellungskontrolle im CT postoperativ wird empfohlen
Komplikationen 4 posttraumatische Arthrose der entsprechenden Gelenklinie mit chronischen Belastungsschmerzen 4 Nekrosegefahr der beteiligten Fußwurzelknochen 4 Abflachung des Fußgewölbes mit resultierender Überbelastung der angrenzenden Gelenke
Prognose 4 nur bei exakter Reposition und Retention akzeptabel
1.2.6
Besondere Situationen in der Traumatologie
Unfallchirurgie im Kindesalter
M. Nossek 4 ein Viertel der medizinisch erfassten und dokumentierten Verletzungen betreffen das Kindes- und Jugendalter 5 20% sind knöcherne Verletzungen des wachsenden Skeletts 5 55% betreffen die langen Röhrenknochen 4 Unfallursachen: 5 mehrheitlich sind es Sport-, Spielplatz- und häusliche Unfälle 5 in geringerem Umfang entstehen Verletzungen durch Verkehrsunfälle, Schulunfälle und sonstige Unfälle, allerdings unter spezifischer Altersverteilung (alters- und aktivitätsbezogene Risiken) 4 das Geschlechterverhältnis von Mädchen:Jungen = 1:1,3 4 Verteilung obere Extremität:untere Extremität = 75%:25% Relevante Verletzungsschwerpunkte nach Frakturlokalisation, Altersgruppe und Unfalltyp (nach: Kraus R, DÄ 2005) Unfallzusammenhang
Altersgruppe (Jahre)
Anteil am Gesamtaufkommen
Häusliche und Spielplatzunfälle
3–6
61,2% aller körperfernen Oberarmbrüche
Sportunfälle
4–16
57,7% aller körperfernen Unterarmbrüche
Verkehrsunfälle
12–16
71,4% aller Unterschenkelschaft- und Sprunggelenkbrüche
Polytraumatisiertes Kind 4 Besonderheiten im Vergleich zu Erwachsenen: 5 Konstitution (Körpergewicht, Körperoberfläche, Körperwärme, rasches Auskühlen)
253 1.2 · Unfallchirurgie
5 Blutvolumen (relativ gering, lange Kompensationsfähigkeit, abrupte Dekompensation) 5 Immunkompetenz (altersabhängig, unter 10 Jahren weniger SIRS, weniger MOV)
Wachstumsphänomene bei Frakturen im Kindesalter 4 Dickenwachstum: 5 Regelung durch das Periost 4 Längenwachstum: 5 Steuerung durch die Epiphysenfuge 4 stimulative Wachstumsstörungen: Ausmaß abhängig 5 vom Remodelling 5 von Zeitpunkt und Häufigkeit durchgeführter Repositionsverfahren 5 von operativen Folgeeingriffen (auch ME) 4 hemmende Wachstumsstörungen: seltener 5 untere Extremität: Vorkommen eines partiellen vorzeitigen Schluss einer Wachstumsfuge 4 Korrekturmechanismen: 5 grundsätzlich in allen 3 Ebenen möglich 5 je jünger das Patientenalter, desto größer das Korrekturpotenzial 5 > Memo Faustregel: Besonders fruchtbare Fugen an der oberen Extremität fern vom Ellenbogen, an der unteren Extremität nah am Knie. 5 direkte (periostale) Korrekturmechanismen 5 indirekte (epiphysäre) Korrekturmechanismen 4 Rotationsfehler können theoretisch an allen Röhrenknochen korrigiert werden, nachgewiesen bisher aber nur an Humerus und Femur, und nur bis zum 5. Lebensjahr
Diagnostik 4 Röntgendiagnostik mit angrenzenden Gelenken 4 Ultraschall 4 Vergleich mit der unverletzten Gegenseite (absolute Ausnahme!) (von Laer: »Das Kind kommt wegen der Therapie und nicht wegen der Diagnose.«), aber wichtige Ausschlussdiagnosen sind: 5 Schaftfrakturen: J plastische Deformation (bowing fracture) typischerweise an Ulnaoder Fibulaschaft (Operationsbedürftigkeit, weil wahrscheinlich ohne Frakturhämatom Remodellingprozesse ausbleiben) J Grünholzfrakturen (2/3 der diaphysären Unterarmfrakturen): konvexseitig (Biegebeanspruchung) bricht die Kortikalis, konkavseitig (Druckbeanspruchung) bleibt sie nur (ggf. nur geringfügig) plastisch deformiert, was für eine anatomische Reposition und ungestörte Frakturheilung die Komplettierung der Fraktur (»Gegenbrechen«) erforderlich macht J metaphysäre Wulstfrakturen (axiale Kompressionskräfte): rein subperiostal, stabil, unproblematische Heilung J vollständige Frakturen (Quer-, Schräg-, Spiral-, Trümmerfrakturen)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 Gelenkfrakturen: Salter-Harris bzw. Aitken-Klassifikation J Epiphyseolysen: Salter-I-Verletzungen (Aitken 0), d.h. Epiphysenlösung im mechanisch schwächsten metaphysären Fugenanteil, epiphysär in der Regel unbeschadet und periostbehaftet J je größer der Knochenkern, desto größer das Risiko eines metaphysären Frakturanteils (Salter II bzw. Aitken I) (häufigste Form) J eigentliche Epiphysenfrakturen: Salter III und IV bzw. Aitken II und III sind echte intraartikuläre Frakturen mit Verletzung des epiphysären Fugenknorpels J Übergangsfrakturen (two plane, triplane I und II) entstehen auf Grund des sukzessiven, meist exzentrischen Schluss der Wachstumsfugen, durch den deren gelenkprotektiver Effekt ausfällt 5 Bandverletzungen: J chondrale, ossäre oder periostale Ausrisse (Kreuzband, fibulotalares Bandsystem) J intraligamentäre Bandverletzungen vor Fugenschluss als Rarität, erst nach dem 12. Lebensjahr kehrt sich das Verhältnis zugunsten der intraligamentären Rupturen um »Kadi«-Diagnosen (Haftpflichtschaden!): 5 kindertraumatologische Instanz – Lutz von Laer formuliert: Läsionen, bei denen sekundär erhebliche Probleme auftreten können, die vermeidbar wären, wenn die Verletzung initial bereits richtig erkannt und entsprechend behandelt worden wäre (»Kadi«-Diagnosen): J undislozierte Fraktur des Condylus radialis humeri (Sekundärdislokation trotz Gipsruhigstellung): OP-Indikation! J Radiusköpfchenluxation im Rahmen einer Monteggia-Läsion (isolierte Ulnaschaftfraktur nie ohne Röntgenkontrolle des Ellbogengelenks diagnostizieren): OP-Indikation! J Rotationsfehler im Rahmen der suprakondylären Humerusfraktur: OP-Indikation! J metaphysärer Biegungsbruch der proximalen Tibia: Gipskeilung oder OP-Indikation! J Innenknöchelfraktur (Dislokation sicher ausschließen): OP-Indikation!
Therapie 4 konservative Frakturbehandlung: 5 reine Ruhigstellung 5 Zeitraum höchstens 4 Wochen oder geschlossene Reposition und Retention im Gips oder sekundäre Stellungskorrektur durch Keilen des Gipsverbandes 4 operative Therapie: wenn Reposition, dann möglichst auch definitive Retention, ohne wiederholten Repositionsbedarf: 5 geschlossene, seltener offene Stabilisierung durch: J Kirschner-Draht (Fugenverletzungen) J elastisch stabile Markraumschienung (diaphysäre Frakturen): ESIN, Pivot- oder Prevot-Nagel
255 1.2 · Unfallchirurgie
5 im Ausnahmefall offene Reposition und Plattenosteosynthese 5 ältere Jugendliche ggf. auch antegrade Verriegelungsnagelosteosynthese von Femurschaftfrakturen 5 Bandausrisse mit Dislokation: J Refixation durch Schraube oder Drahtschlinge oder nichtresorbierbares Nahtmaterial 4 Rolle der Physiotherapie: 5 in der Regel keine Bedeutung
Alterstraumatologie
M. Nossek Bedeutung 4 in den kommenden 40 Jahren in den wichtigen Bereichen der Alterstraumatologie stark anwachsende Patientenzahlen, z.B. 5 proximale Humerusfrakturen 5 Handgelenkfrakturen 5 hüftgelenknahe Frakturen J Steigerung der wegen hüftgelenksnaher Frakturen zu versorgenden Patienten bis 2050 voraussichtlich um etwa 70% J bei den Patienten älter als 80 Jahre sogar um 150% 4 bei den oft multimorbiden Patienten ist die postoperative Überleitung in die Weiterversorgung wichtig, da eine Fraktur die vollständige Pflegebedürftigkeit bedeuten kann 4 Verbesserungen sind nur von der Osteoporose- und Sturzprophylaxe (Koordinationstraining, muskuläre Kraft, Mobilität, Seh- und Hörvermögen) zu erwarten
Demographische Entwicklung 4 im Jahr 2050 werden doppelt so viele über 70-Jährige in Deutschland leben als heute 4 der Anteil der mehr als 90 Jahre alten Menschen wird sich im gleichen Zeitraum verdreifachen 4 über 50% der Bevölkerung werden älter als 52 Jahre sein, ein Drittel älter als 65 Jahre
Interdisziplinarität 4 ältere Patienten sind häufig multimorbid und dadurch während ihres stationären Aufenthaltes für die Betreuer erheblich anspruchsvoller und zeitaufwendiger als jüngere unfallchirurgische Patienten 4 der pflegerische Aufwand kann im klinischen Alltag neben der schlechteren Mobilität zusätzlich durch eine bereits bestehende Demenz oder ein postoperatives Durchgangssyndrom erschwert werden 4 in der medizinischen Versorgung sind die Nebenerkrankungen der älteren Menschen zu berücksichtigen 4 Herzinsuffizienz, Kreislauferkrankungen oder Diabetes mellitus erfordern die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kardiologen, Endokrinologen, Neurologen und Geriatern
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Klinik 4 Prädilektionsorte: 5 proximale Humerusfraktur 5 distale Radiusfraktur 5 hüftgelenknahe Femurfraktur 4 Komorbidität: 5 Diabetes mellitus 5 Herzinsuffizienz 5 KHK, AVK, COPD, Klappenersatz 5 demenzielle Erkrankungen 4 Vor- und Begleitmedikation: 5 korrekte Einstellung 5 Beeinträchtigung von Gerinnung 5 Beeinträchtigung von Vigilanz 4 Weichteilverhältnisse kompromittiert durch: 5 Adipositas 5 Dehydrierung 5 Eiweißmangel 5 Pergamenthaut 4 Osteoporose
Therapie 4 Operation: 5 ggf. aufgeschobene Dringlichkeit: J in der Vorbereitung Verbesserungsfähigkeit interdisziplinär klären J ggf. Intervall provisorischer Schienung und Stabilisierung unterer adäquater Schmerztherapie 4 Primärversorgung bei allen immobilisierenden Frakturen: J Vollbelastbarkeit als Ziel (Implantatauswahl) J Überwachungsbedarf perioperativ organisieren J Fast-Track (Ansprache, Mobilisation, Abführen, Kostaufbau, Umgebungsnormalität) J frühestmögliche Entfernung von Kathetermaterial 4 Physiotherapie: 5 Atemgymnastik 5 Mobilisation 5 Gangschulung 5 Alltagsaktivitäten 4 Lagerung und Dekubitusprophylaxe
Polytrauma Definition 4 Verletzung mehrerer Körperregionen oder von Organsystemen, wobei mindestens eine oder die Kombination mehrerer Verletzungen vital bedrohlich sind 4 Verletzungsschwere nach Injury Severity Score (ISS) ≥16 Punkte 4 6 AIS-Körperregionen (AIS = Abbreviated Injury Scale = vereinfachte Verletzungsskala):
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5 Schädel und Hals 5 Gesicht 5 Thorax 5 Abdomen 5 Extremitäten 5 Weichteile Ausprägungen: 1–6 (leicht bis nicht überlebbar) 5 Addition der Quadrate der 3 höchsten Bewertungen: Werte zwischen 1 und 75 5 Bewertung: 6 in einer Region bedeutet automatisch einen ISS von 75 Häufigkeit: ca. 8000/Jahr führende Todesursache der unter 44-Jährigen: 5 in Deutschland überwiegend stumpfe Verletzungen (Verkehrsunfall, Arbeits-/Freizeitunfall, Sturz aus großer Höhe) 5 überwiegend männliches Geschlecht Gesamtletalität etwa 20% (weiter sinkend) weitere Verbesserungen erwartet durch Etablierung von TraumaNetzwerken (zertifizierte lokale, regionale und überregionale Traumazentren)
Klinik 4 Pathophysiologische Veränderungen nach Polytrauma: 5 erworbenes Immundefizienzsyndrom: J sekundäre Komplikationen nach hämorrhagisch-traumatischem Schock und Ischämie-/Reperfusionssyndrom J Ursache des posttraumatischen Organ-/Multiorganversagens (MOV) J Ursache der posttraumatischen Sepsis 5 die formale posttraumatische Kausalkette beim MOV beinhaltet folgende Schritte: J Trauma/mechanische Zerstörung von Weichteilgeweben, hämorrhagisch-traumatischer Schock, Ischämie/Reperfusionssyndrom J hypermetabolische Phase mit akuter (abakterieller) Entzündungsreaktion/inflammatorischer Akutphasenreaktion (acute inflammatory response): humoral-zellulär-initial lokalisiert, später mit systemischer Ausbreitung J erworbener posttraumatischer Immundefekt J katabole Phase mit Organmanifestation (solid organ metabolic response) J MOV im Rahmen eines hyperdynamen septiformen Bildes J septisches MOV J Tod 5 > Memo Der posttraumatische Immundefekt manifestiert sich am Übergang von der hypermetabolischen zur katabolen Phase und deutet sich durch eine erhöhte Anfälligkeit für nosokomiale Infektionen an. 4 Therapeutische Prinzipien leiten sich daraus unmittelbar ab: 5 Prävention des MOV ist zeitkritisch, daher frühestmögliche Wiederherstellung und Erhalt der Mikrozirkulation:
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
J Behandlung und Beseitigung von Risikofaktoren (Volumenmangel, Hypothermie, metabolische Azidose, Koagulopathie) J chirurgische Blutstillung J Kontrolle von Sepsisquellen J Dekompression (muskuläre Kompartimente, Thorax, Abdomen, Gehirn) J frühe Frakturstabilisierung 5 akzidentelle Hypothermie: J Schwerverletzte weisen häufig schon bei Einlieferung eine Erniedrigung der Körperkerntemperatur auf unter 35 °C auf J als kritische Temperaturgrenze für die Entwicklung von posttraumatischen Komplikationen und verantwortlich für eine signifikant erhöhte Mortalität muss eine Hypothermie ab 34 °C angesehen werden J effiziente Wiedererwärmung ist Voraussetzung für eine adäquate Blutstillung und hämodynamische Stabilisierung (Temperatur im Schockraum, gewärmte Infusionslösungen, Bedeckung nach Entkleiden usw.) 5 permissive Hypothermie: J kann in der frühen intensivmedizinischen Phase, nach chirurgischer Blutungskontrolle und erzielter erster Stabilisierung eine Option sein
Diagnostik 4 ATLS-(Advanced Trauma Life Support)Prinzip: »threat first, what kills first« 4 Diagnostik erfolgt parallel zu therapeutischen Maßnahmen im Rahmen der klinischen Erstversorgung nach ABCDE-Regel: 5 Start: Atemweg frei? 5 Indikation: Beatmung? 5 Indikation: Thoraxdrainage? 5 Weiter: Blutungsursachen? 4 First survey, Secondary survey, strukturiertes, standardisiertes Vorgehen 4 interdisziplinäres, trainiertes Schockraumteam 4 apparative Diagnostik umfasst 5 initial obligat Röntgen von Thorax und Beckenübersichtaufnahme 5 obligat weiter: J Sonographie Abdomen und Thorax (FAST = Zeitbedarf 1 Minute) J (Spiral-)CT (nur bei kreislaufstabilen Patienten) 4 ! Cave Abbruch der Schockraumdiagnostik für Notoperationen (massiv freie Flüssigkeit)
Therapie 4 klinische Erstversorgung nach ATLS-Prinzipien (und deren Fortschreibung) 4 Operationskonzepte: 5 Damage-Control (Beispiel: Fixateur externe bei Femurfraktur) vs. Early Total Care (Beispiel: Verriegelungsnagel bei Femurfraktur)
259 1.2 · Unfallchirurgie
4 dringliche operative Maßnahmen: 5 Verletzung großer Stammgefäße 5 intrakranielle Raumforderungen 5 offene Hirnverletzungen 5 Verletzung parenchymatöser Organe (Thorax und Abdomen) 5 Rupturen von Hohlorganen 5 hämodynamisch instabile Beckenverletzung 5 lagerungsinstabile Beckenverletzung 5 Kompartmentsyndrom 5 höhergradig offene Fraktur 5 Frakturen mit schwerem Weichteilschaden 5 Femurfraktur 5 offene Augenverletzung 5 stark blutende Mittelgesichtsverletzung 4 operative Maßnahmen abhängig vom Stabilisierungsgrad des Patienten im Verlauf: 5 Schädel 5 Thorax 5 Abdomen 5 Becken 5 Wirbelsäule 5 Nerven 4 Second-Look-Eingriffe 4 Gelenkrekonstruktionen 4 Verfahrenswechsel bei Osteosynthesen
1.2.7
Komplikationen S. Povoden
Kompartmentsyndrom Pathogenese 4 ein Kompartmentsyndrom entsteht durch Flüssigkeitsansammlung und/oder externer Kompression in einem faszienumschlossenen Raum mit resultierender Druckerhöhung in der Muskelloge 4 die Durchblutung sinkt innerhalb dieses Kompartimentes unterhalb des lebensnotwendigen Levels 4 Hypoxie und Permeabilitätsstörungen verursachen Muskelnekrosen, irreversible Nervenschäden und weitere Folgezustände 4 Veränderung des Kompartmentvolumens durch: 5 Kompression z.B. Gipsverbände, Blutsperren, automatische Blutdruckmessgeräte 5 Extension von Frakturen 5 Distraktionsbehandlungen 5 zirkuläre Verbrennungen und Erfrierungen 3. Grades 5 Verschluss von Fasziendefekten 5 lagerungsbedingt
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Vermehrung des Kompartimentinhaltes: 5 Blutung, Gefäßverletzung, Hämophilie, Antikoagulanzientherapie, Thrombolyse 5 Infusionsbehandlung (intraossäre Infusion, venöse Druckinfusion, Arthroskopie) 5 Ödem durch verstärkte Kapillarpermeabilität Ischämie-Reperfusions-Verletzung 5 Kapillarlecksyndrom, Verbrennungen 5 Muskelhypertrophie 5 Zysten 5 Kombination von Blutung und Ödem (Fraktur, Osteotomie, Kontusion) 5 medikamentös (Cyclosporin, Gemfribrosil, Theophyllin) 5 maligne Hyperthermie als anästhesiologische Komplikation 5 toxisch 4 ! Cave Notfall
Inzidenz 4 variiert je nach Frakturen zwischen 3 und 17% 4 mittlere jährliche Inzidenz des Kompartmentsyndroms: 7,3/100.000 bei Männern und 0,3/100.000 bei Frauen
Klinik 4 ausgeprägter Schmerz, starken Analgetika haben nur unverhältnismäßig geringe Wirkung 4 Schwellung und Tonuserhöhung 4 Sensibilitätsausfälle bzw. Sensibilitätsstörungen 4 motorische Störungen 4 Blässe und Temperaturverminderung der Haut 4 periphere Pulse meist erhalten 4 Auftreten Stunden bis Tage nach dem Ereignis 4 > Memo 6P: pressure, paraesthesia, paresis, pain, pallor, puls intact. 4 Kompartimente: 5 Schultergürtel: J M. infra-/supraspinatus J M. teres minor J M. subscapularis 5 Oberarm: J ventrales Kompartiment: M. biceps humeri, M. brachialis, M. coracobrachialis J dorsales Kompartiment: M. triceps humeri 5 Unterarm: J oberflächliche Beugerloge: M. flexor carpi ulnaris et radialis, M. palmaris longus, M. brachioradialis, M. flexor digitorum superficialis J tiefe Beugerloge: M. flexor digitorum profundus, M. flexor pollicis longus J dorsales Kompartiment: Mm. extensor carpi radialis longus et brevis, M. extensor digitorum, M. extensor digiti minimi, M. extensor carpi ulnaris, Mm. abductor pollicis longus et brevis
261 1.2 · Unfallchirurgie
5 Hand: J palmares Kompartiment J Thenar J Hypothenar 5 Glutealkompartiment: J M. gluteus maximus, medius et minimus 5 Oberschenkel: J ventrales Kompartiment: M. quadriceps femoris, M. tensor fasciae latae, Adduktorenmuskulatur J dorsales Kompartiment: M. biceps femoris, M. semitendinosus, M. semimembranosus 5 Unterschenkel: J laterales Kompartiment: Mm. peroneus longus, brevis et tertius J ventrales Kompartiment: M. tibialis anterior, M. extensor digitorum longus, M. extensor hallucis longus J tiefes dorsales Kompartiment: M. tibialis posterior, M. flexor digitorum longus, M. flexor hallucis longus 5 Fuß: J mediales, laterales, plantares und dorsales Kompartiment
Diagnostik 4 Klinische Diagnose! 4 Apparativen Diagnostik bei einem Bewusstlosen oder tief analgosedierten Patienten: 5 Druckmessung mit subfazial applizierter Drucksonde (z.B. Stryker®- und das Coach®-System), in der Literatur keine Übereinstimmung bei den kritischen Grenzwerten J intrakompartimenteller Druckwert von 30 mmHg als Grenze zur Fasziotomie J Differenz von intrakompartimentellem Druck und diastolischem Druck zur Beurteilung J Grenzwert über die Differenz beider Drücke ebenfalls 30 mmHg
Differenzialdiagnose 4 4 4 4 4 4 4
Phlebothrombose/Thrombophlebitis Nervenläsion lokale Weichteilinfektion Stressfraktur Muskelkater Tumor pAVK
Therapie 4 Erstmaßnahmen: 5 abschnürende Verbände entfernen 5 zu eng sitzende, nicht gespaltene Gipsverbände verändern 5 ungünstige Lagerung der Gliedmaße beseitigen 5 Perfusionsstörungen mindern (meist Tieflagerung der Extremität)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 ! Cave Notfalloperationsindikation 4 operative Therapie: 5 operativen Druckentlastung durch Dermatofasziotomie des betroffenen Kompartiments 5 Spaltung der Muskelfaszie und der Haut über die gesamte Länge der Loge, ansonsten keine ausreichende Druckentlastung 5 temporäre Weichteildeckung mit alloplastischem Hautersatz oder Anlage eines Vakuumverbandes 5 Second-Look-Operation nach 24–48 Stunden 5 Dermatotraktion 5 Wundverschluss nach 7–14 Tagen 5 ggf. Meshgraft
Komplikationen 4 ischämische Muskelnekrosen 4 Verlust von Muskulatur mit motorischen Defiziten 4 Fibrosierung und Retraktion der betroffenen Gewebsanteile treten Kontrakturen der angrenzenden Gelenke in Erscheinung (klassisches Beispiel »Volkmann-Kontraktur«)
Prognose 4 bei rechtzeitiger Diagnose und korrekter Therapie gut
Pseudarthrose Synonyme 4 Falschgelenk 4 Scheingelenk 4 Pseudogelenk
Definition Pseudarthrose (non union) bezeichnet das Ausbleiben der knöchernen Heilung einer Fraktur oder Osteotomie über einen Zeitraum von 6 Monaten hinaus, bis dahin spricht man von verzögerter Knochenbruchheilung (delayed union).
Pathogenese 4 gestörte Knochenbruchheilung durch: 5 mechanische und/oder biologische Faktoren 5 sowie Infektion 4 sich gegenseitig beeinflussende Kombination der Faktoren sind häufig 4 bei polytraumatisierte Patienten besteht eine erhöhte Gefahr für Pseudarthrosen aufgrund 5 der immunologischen Situation 5 der Immobilisation und des fehlenden Muskeltonus 5 direkter Gewebetraumatisierung bei Hochrasanztrauma 4 Risikofaktoren: 5 Diabetes mellitus 5 Immunsuppression (HIV, Zytostatika, Cortison)
263 1.2 · Unfallchirurgie
5 5 5 5 5 5
Radiatio Nikotinabusus fortgeschrittenes Alter Infektion Ernährungszustand insuffiziente Osteosynthese oder unzureichende Ruhigstellung bei konservativer Therapie
Inzidenz 4 Frequenz von Pseudarthrosen je nach primärer Frakturlokalisation und Weichteilschaden 5–10% 4 häufig Tibiaschaft, Os scaphoideum, Schenkelhals, Unterarm, Klavikula
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4 4
belastungsabhängige Schmerzen Schwellung im Frakturbereich bis völlig symptomfrei ggf. Achsen- und Rotationsfehler ggf. pathologische Beweglichkeit Bewegungseinschränkungen oder Einsteifungen der benachbarten Gelenke sekundär durch eine Pseudarthrose möglich bei Infektpseudarthrosen ist darauf zu achten, ob septische Allgemeinzeichen oder eine Fistelung vorliegt Durchblutungs- und Sensibilitätsminderung möglich Achsen- und Rotationsfehler Weichteilsituation: 5 Infektzeichen 5 Fistelungen 5 instabile Narbenplatten 5 Ulzerationen 5 dystrophe oder atrophe Haut 5 pAVK 5 sensomotorische Ausfälle
Diagnostik 4 Röntgen betroffener Knochen mit angrenzenden Gelenken in 2 Ebenen: 5 persistierende Bruchlinien 5 Sklerosierung der Frakturränder 5 Spaltbildungen 5 hypertropher oder fehlender Kallus 4 CT 4 Szintigraphie: 5 atrophe, nichtreaktive Pseudarthrosen minimale oder keine Isotopenaufnahme 5 hypertrophe Pseudarthrose vermehrte Tracer-Aufnahme 4 ggf. MRT: 5 Signalerhöhung im Pseudarthrosenspalt (T2w-Sequenz) 5 unterschiedlich ausgeprägtes Knochenmarködem
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 bei Knochensklerose progrediente Signalminderung in allen Sequenzen 5 Aussagen bezüglich Vitalität und Infektion möglich 4 Labor: 5 BB, CRP, BKS 4 klinisch: 5 ggf. pathologische Beweglichkeit
Klassifikation 4 angeborene Pseudarthrose: häufig Neurofibromatose oder fibröse Dysplasie 4 erworbene Pseudarthrose: nach Weber und Cech reaktive (vitale) bzw. inaktive (avitale) Pseudarthrosen 4 hypertrophe Pseudarthrose: biologisch-reaktionsfähige Pseudarthrosen heilen, sobald sie stabil fixiert werden (Synonym: ElefantenfußPseudarthrose) 4 hypotrophe Pseudarthrose: nur geringe Kallusbildung (Synonym: Pferdefuß-Pseudarthrose) 4 atrophe (avitale) Pseudarthrose: mit vollständigem Fehlen von knöchernen Reaktionen 5 biologisch-reaktionsunfähige Pseudarthrosen heilen nur bei Kombination von: J stabilisierenden Maßnahmen mit einer biologischen Stimulation durch autologen Spongiasatransfer J Segmenttransport nach Ilisarov J unter Umständen auch durch einen die Vaskularisation verbessernden Muskel- oder muskulokutanen Gewebetransfer J ggf. BMP-2-Substitution 4 Defektpseudarthrose: 5 durchblutungsgestörter Knochen 5 fehlender Knochen 5 häufig Infekt 5 Frakturenden der Hauptfragmente sind vaskularisiert 5 osteologisch tote Zone bei fehlender Knochensubstanz 5 Frakturfragmentverlust: J durch Unfall J infolge Osteitis J oder durch Sequestrierung bzw. Nekrose 4 > Memo Die korrekte Klassifikation einer Pseudarthrose ist entscheidend für die Art der erforderlichen Therapie.
Therapie 4 konservativ (selten): 5 gepulster Ultraschall 5 Magnetfeld 5 ESWL bei atrophen Pseudarthrosen 4 meist operativ: 5 reaktive, vitale Pseudarthrosen:
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J Osteosynthese mit höherer Stabilität J ggf. additive Plattenosteosynthese (diaphysär aufgebohrter Marknagel, metaphysär Kompressionsplattenosteosynthese) 5 atrophe, avitale Pseudarthrose: J Spongiosaplastik zusätzlich zur Osteosynthese J ggf. kortikospongiöser Span (auch gefäßgesteilt) J ggf. Weichteildeckung durch Rotationslappen, fasziokutane Schwenklappen, lokale oder freie Muskellappen 5 gelenknahen Pseudarthrosen mit avaskulärer Nekrose eines Gelenkpartners älterer Patienten: J ggf. Endoprothese 5 Infektpseudarthrose: J radikale lokale Sanierung J mehrere Wundabstriche mit Gewebe für Mikrobiologie und zusätzlich für Pathologie entnehmen J lokale und systemische längerfristige testgerechte Antibiotikatherapie J häufig Segmentresektion und Segmenttransport mit TSF oder Ilisarov-Fixateur erforderlich 4 > Memo Auch beschwerdefreien Patienten Operation empfehlen (insbesondere bei Pseudarthrosen der unteren Extremitäten), da Implantatversagen droht.
Komplikationen 4 4 4 4
Pinlockerung Pininfektion Ausbleiben der Heilung Kontrakturen/Ankylose der benachbarten Gelenke
Akute und chronische Infektionen Abszess Pathogenese 4 abgekapselte Ansammlung von Pus als Folge von Gewebeverflüssigung 4 glattwandige oder septierte eitergefüllte Höhle, ggf. mit Fistelbildung bei Penetration in eine Körperhöhle oder nach außen 4 häufig verursachende Keime: 5 Staphylokokken 5 Streptokokken 5 Enterokokken
Klinik 4 4 4 4
lokal begrenzte Schwellung Rötung und Überwärmung Schmerzen und Spannungsgefühl ggf. Fieber und Schüttelfrost
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
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Diagnostik 4 4 4 4 4
klinische Untersuchung Ultraschall ggf. CT/MRT Labor (Leukozyten, CRP) Punktion (Pus?)
Therapie 4 4 4 4 4
operativ: Abszessausräumung und Drainage ggf. Vakuumtherapie häufig geplante Revisionsoperation Verschluss nur nach sicherer Keimfreiheit, sonst sekundäre Wundheilung (nicht über Implantaten!) 4 Antibiotikatherapie, nach Abstrichgewinnung (nicht von der Haut, da sonst Kontamination mit Hautkeimen) 4 > Memo Ubi pus, ibi evacua.
Komplikationen 4 Perforation mit innerer oder äußerer Fistelbildung 4 Bildung von multiplen Mikroabszessen 4 Sepsis
Phlegmone Pathogenese 4 Infektion des interstitiellen Bindegewebes durch: 5 β-hämolysierende Streptokokken 5 Staphylokokken 5 selten Anaerobier 4 Ausbreitung auch im Markraum oder Sehnenscheiden
Klinik 4 4 4 4
livide Rötung Überwärmung reduzierter Allgemeinzustand Fieber
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Labor (Leukozyten, CRP) 4 Temperatur
Therapie 4 4 4 4
Antibiotika lokale Antiseptika ggf. Débridement mit Nekrosenausräumung Vakuumtherapie
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Komplikation 4 4 4 4 4
Abszessbildung nekrotisierende Fasziitis Sepsis Lymphangitis Lymphadenitis
Erysipel Synonyme 4 Wundrose 4 Streptodermia cutanea lymphatica
Pathogenese 4 von Epitheldefekten ausgehende flächenhafte, scharf begrenzte Hautinfektion mit β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (selten andere Erreger)
Klinik 4 4 4 4
scharf begrenzte, flammende Rötung ausgeprägte Überwärmung Fieber verschiedene Formen: 5 bullös 5 ekchymatös 5 hämorrhagisch 5 gangränös 5 abszedierend
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Labor (Leukozyten, CRP) 4 Temperatur
Therapie 4 4 4 4
Antibiotika (Penicillin G, ! Cave Häufig Allergien) lokal Antiseptika Kühlung Hochlagerung
Differenzialdiagnose 4 4 4 4
postthrombotisches Syndrom allergische Kontaktdermatitis Angioödem nekrotisierende Fasziitis
Komplikationen 4 hohe Rezidivquote bei inadäquater Therapie bis zu 30% mit Lymphödem bis hin zur Elephantiasis 4 Thrombophlebitis
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4 Thrombose 4 Lymphangitis 4 Lymphadenitis
Nekrotisierende Fasziitis Pathogenese 4 lebensbedrohliche Weichteilinfektion, die durch sich foudroyant ausbreitende Nekrosen der betroffenen Faszien gekennzeichnet ist 4 meist durch β-hämolysierende Streptokokken 4 Staphylococcus aureus 4 MRSA
Klassifikation 4 Typ I: 5 kombinierte Infektionen mit aerob/anaerober Mischinfektion ohne Nachweis von Streptokokken der Gruppe A 4 Typ II: 5 primäre Infektion mit Streptokokken der Gruppe A 5 mit oder ohne gleichzeitiger Infektion mit Staphylococcus aureus oder epidermidis
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4 4
scheinbar unerklärlich starke Schmerzen (100%) Erythem (77%) Induration (43%) Schwellung (20%) Fluktuation (20%) Nekrose (10%) Bulla (3%) Krepitation (3%) rascher Verfall des Patienten mit fulminanten Mehrorganversagen
> Memo Tetanusschutz bei allen Weichteilinfektionen abklären, im Zweifelsfall komplettieren.
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Labor 4 Röntgen: 5 bis 76% mit nekrotisierender Fasziitis ohne Hinweis auf Gaseinschlüsse 4 Sonographie: 5 verdickte unregelmäßige Faszien 5 Flüssigkeit mind. 4 mm neben der Faszie 5 falsch positiv: 6% 5 falsch negativ: 8% 4 CT: 5 verdickte Faszien 5 Gaseinschlüsse bei 50–60%
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4 MRT: 5 besonders im Frühstadium in der T2-Wichtung Faszienveränderungen 4 Punktion: 5 die Punktionsstelle blutet typischerweise nicht (aufgrund der Nekrose) > Memo Klinischer Verdacht auf eine nekrotisierende Fasziitis ist eine
sofortige Notfall-OP-Indikation, d.h. keine Zeit auf weitere Diagnostik verschwenden. Die Art des auslösenden Keimes hat keinen Einfluss auf das operative Vorgehen.
Therapie 4 operativ: 5 radikales und ausgedehntes Débridement 5 Gewebetaschen vermeiden 5 ausgedehnte Lavage 5 Vakuumverband 5 falls nicht möglich Feuchtverband 5 intraoperativ Abstriche mit Gewebeproben für Mikrobiologie und Probenentnahme für Pathologie 5 Breitspektrum-Antibiotikatherapie 5 präoperativ EKs und Gerinnungsfaktoren bereitstellen 5 intensivmedizinisches Monitoring 5 regelhafte Second-Look-Operation nach 12–24 Stunden (in der Literatur: 6–48 h) 5 bei voranschreitenden nicht beherrschbaren Nekrosen und/oder funktionsloser Extremität besteht Indikation zur Amputation 5 Wundverschluss nach neg. Abstrichen (3-mal) 5 Sekundärnaht 5 Dermatotraktion 5 plastische Deckung
Komplikationen 4 septisches Multiorganversagen 4 Letalität bis 80%
Osteitis Pathogenese 4 4 4 4
hämatogen posttraumatisch postoperativ oder Folge per continuitatem bedingte Infektion des Knochens (des Knochenmarkraumes = Osteomyelitis) 4 häufigster Keim: Staph. aureus 4 spezifische Infektionen durch Mycobacterium tuberculosis oder Treponema pallidum sind selten 4 begünstigende endogene Faktoren:
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 hohes Alter 5 männliches Geschlecht 5 Kachexie 5 Adipositas 5 konsumierende Erkrankung 5 Malignom 5 rheumatische Arthritis 5 HLAB-27-positive Erkrankung 5 Diabetes mellitus Typ 1 und 2 5 Immundefekte 5 pAVK 5 periphere Ödeme 5 Neuropathie 4 begünstigende exogene Faktoren: 5 Polytrauma (ISS >12) 5 Schock 5 SIRS 5 Infektion an anderer Stelle 5 Massentransfusion 5 Hämolyse 5 Ischämie 5 Verbrennungen 5 Medikamente (Glukokortikoide, Immunsuppressiva, NSAR) 5 Nikotin 5 Alkohol 5 soziale Faktoren (Arbeitslosigkeit, Vereinsamung, Verwahrlosung)
Akute Osteitis 4 bis zu 8 Wochen (Literatur: bis 3 Monate) nach Initialereignis einer aufgetretenen Osteitis 4 Inzidenz bei Elektiveingriffen am Knochen 0,1–2% 4 nach Operation von geschlossenen Frakturen 1–5% 4 nach Operation offener Frakturen in Abhängigkeit vom Weichteiltrauma 3–40%
Klinik 4 4 4 4 4 4 4
allgemeines Krankheitsgefühl erhöhte Temperatur (>38,5 °C) länger als 2–3 Tage Schmerzen Schwellung Rötung Sekretion aus der Wunde ausgeprägte Hämatome (Prädilektion)
Diagnostik 4 klinische Untersuchung 4 Labor: Leukozyten, CRP, PCT (hohe Sensitivität aber teuer!) 4 Röntgen in 2 Ebenen:
271 1.2 · Unfallchirurgie
4 4 4 4
5 frühestens nach 2–3 Wochen Osteolysen, periostale Reaktion, Kortikalisauftreibung Sonographie CT MRT: 5 früh zeigen sich Metallartefakte, postoperatives Ödem, Periostreaktion Mikrobiologie: beweisend ist der bakterielle Keimnachweis (intraoperativ mit Gewebeproben 3 Abstriche), aber negative Abstriche schließen eine Osteitis nicht mit 100% Sicherheit aus (biofilmbildende Keime)
> Memo Erreger der akuten Osteitis häufig Staph. aureus oder Enter-
okokken.
Therapie 4 operativ: 5 Débridement mit Materialgewinnung für Mikrobiologie 5 Stabilitätsbeurteilung der Osteosynthese 5 lokale Antibiose mit PMMA-Ketten oder resorbierbaren Wirkstoffen 5 Wundverschluss 5 ggf. Vakuumversiegelung 5 Beginn einer Antibiotikatherapie 4 Therapieplan inkl. Revisionszeitintervall (1–5 Tage) festlegen: 5 bei stabiler Osteosynthese: J temporäre Gipsruhigstellung J testgerechtes Umsetzen der Antibiose J Antibiotikum für mind. 6 Wochen bei Osteitis J frühestmögliche Metallentfernung anstreben 5 bei instabiler Osteosynthese: J wie stabile Osteosynthese, aber sofortige Metallentfernung J ggf. Segmentresektion und Ringfixateur (Ilisarov, TSF) 4 Therapieziel: 5 Infektsanierung 5 Frakturheilung 5 Vermeidung einer chronischen Osteitis 5 Wiedererlangen der normalen Funktion
Chronische Osteitis Pathogenese 4 bakteriologisch gesicherte Infektion eines Knochens nach mehr als 8 Wochen nach dem auslösenden Ereignis (Literatur: 3 Monate) 4 3 Formen: 5 chronische Osteitis bei stellungsgerecht ausgeheilter Fraktur 5 chronische Osteitis bei in Fehlstellung ausgeheilter Fraktur 5 infizierte Pseudarthrose 4 > Memo Kein typischer Keim bei der chronischen Osteitis.
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Diagnostik 4 Anamnese: 5 Leistungsknick 5 verzögerte Wundheilung 5 Beschwerdepersistenz mit Schmerz 5 schleichender Gewichtsverlust 5 subfebrile nächtliche Temperatur 4 Labor: 5 BB 5 CRP häufig normal! 4 Röntgen in 2 Ebenen: 5 Sklerosierung 5 Knochenabbau 5 unregelmäßige Knochenstruktur 5 Implantatlockerung 5 Sequester mit Totenlade 4 CT: 5 Frakturheilung? 4 MRT: 5 exakte Lokalisation 5 Weichteilausdehnung: J in T1 dunkel J in T2 hell 4 Szintigraphie: 5 hohe Sensitivität 5 unzureichende Spezifität 4 PET: 5 höchste Sensitivität, auch für Low-grade-Infekte 4 mikrobiologischer Keimnachweis: ist beweisend
Therapie 4 Infektsanierung: 5 Entfernung des Implantates 5 radikales Débridement, Resektionsränder müssen vital sein 5 ggf. Kontinuitätsresektion und lokalen Platzhaltern (PMMA) 5 Stabilisierung mit Ringfixateur 5 testgerechte Langzeitantibiose (mind. 6 Wochen bis Monate) 4 Deckung der Weichteile: 5 plastische Maßnahmen mit ortsständigem, gestieltem oder freiem Lappen 4 Rekonstruktion des knöchernen Defekts: 5 monokortikale Defekte bis 3 cm: J kortikospongiöse Beckenspäne oder/und größere Spongiosamengen möglich J Entnahme z.B. Femur mit den RIA-Bohrer 5 Segmenttransport bei Strecken >3 cm: J Distraktion 1 mm/Tag J pro erreichter mm ist von einer Fixateurstandzeit von 3 Tagen auszugehen
273 1.2 · Unfallchirurgie
J gute Compliance erforderlich (Fixateurpflege kann durch Patient oder Angehörige erfolgen)
Komplikationen 4 chronisch-rezidivierende Exazerbationen möglich 4 chronische Fisteln
Hämatogene Osteitis Pathogenese 4 primäre Markrauminfektion mit sekundärer Ausdehnung auf Kortikalis und Periost 4 typische Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen (1/3 <2 Jahre) 4 Jungen 2-mal häufiger als Mädchen betroffen 4 80% Staph. aureus 4 5–8% Haemophilus influenzae
Diagnostik 4 klinisch: 5 Fieber 5 berührungsempfindliche Extremitäten 5 Schonhaltung bis Pseudoparalyse 4 Labor: 5 Leukozytose 5 CRP erhöht 4 MRT 4 (Röntgen, Szintigraphie, CT, PET untergeordnete Rolle)
Therapie 4 konservativ: 5 i.v. Antibiose (testgerecht nach Antibiogramm umsetzen) über 21 Tage 5 Ruhigstellung im Gips 4 operativ: Indikation: 5 Gelenkempyem 5 subperiostalen Abszessen 5 erfolglose konservative Therapie
Komplikationen 4 Entwicklung einer chronischen Osteitis (>10%) 4 Zerstörung der Epiphysenfugen
Gelenkinfektionen Pathogenese 4 Befall eines Gelenks durch pathogene Erreger mit nachfolgender Entzündung 4 endogene Ursachen: 5 spezifische Infektionen mit TBC, Typhus, Lues, Gonorrhoe 5 unspezifische Infektion meist Staph. aureus
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 exogene Ursachen: 5 Keimverschleppung ins Gelenk durch: J Punktionen J Injektionen J postoperativ oder perforierende Verletzungen 4 Übersäuerung des Gelenkmileus durch: 5 bakterielle Toxine 5 Auflockerung des Knorpels 5 Durchwanderung 5 Knorpelzerstörung 5 Infektarthrose 4 Frühinfekt: Zeitraum Kontamination bis Auftreten <6 Wochen 4 Spätinfekt: Infektion besteht länger als 6 Wochen (Stadien I–IV): 5 Stadium I: Synovialitis purulenta 5 Stadium II: Gelenkempyem (Pus im Gelenk) 5 Stadium III: Infektpanarthritis 5 Stadium IV: chronische Infektarthrose
Diagnostik 4 Anamnese: 5 auslösendes Ereignis (Bagatellverletzung) 5 ältere Wunde (Antibiotikatherapie kann Symptomatik verschleiern) 4 klinisch: 5 Reizerguss 5 ödematöse Weichteile 5 eingeschränkte bis aufgehobene Beweglichkeit 4 Punktion unter streng sterilen Kautelen: 5 Mikrobiologie 5 Grampräparat 5 Synovialanalyse (Norm: Leukozyten <200/μl, trübes Aussehen und Leukozytose im Punktat erhöhen den Verdacht)
Therapie 4 > Memo Eine Gelenkinfektion ist ein Notfall und bedarf der sofortigen arthroskopischen Revision. 4 operativ: 5 arthroskopische Revision und ausführliche Spülung (bereits bei klinischem Verdacht!) 5 mehrere Abstriche und Synovia zur Mikrobiologie 5 bei Synovialitis: J möglichst vollständige Synovektomie J Drainage J Antibiotikatherapie beginnen, testgerecht umsetzen J Second-Look-Arthroskopie 5 offene Gelenkrevision bei arthroskopisch nicht beherrschbaren Befunden, ggf. mit Resektionsarthroplastik (Hüfte: Girdlestone; Schulter: Sine-Sine-Plastik)
275 1.2 · Unfallchirurgie
4 Arthrodese (z.B. Kniegelenk): 5 Indikation zur Endoprothese nach Infektion sollte zurückhaltend gestellt werden 5 mindestens 6, besser 12 Wochen infektfrei 5 systemische Antibiose vorher Absetzen und kontrollieren (CRPAnstieg oder klinische Infektzeichen?) 5 nach Implantation einer Endoprothese systemische Antibiose für mindestens 3 Monate
CRPS (complex regional pain syndrome) I und II Synonyme 4 Morbus Sudeck 4 Algodysthrophie 4 Kausalgie
Pathogenese 4 nicht vollständig geklärter, irregulärer Heilungsverlauf nach Verletzung 4 Schweregrad der Verletzung ist nicht auslösend 4 Fehlregulation des sympathischen Nervensystems: 5 Blockierung des normalen Heilungsverlaufs 5 Beginn des Circulus vitiosus aus Schmerz und Sympathikusreaktion 5 Mediatorenüberschuss (z.B. Substanz P, CGRP) mit protrahierter neurogener Entzündungsreaktion 4 die Dysregulation soll auch im ZNS mit Sensibilisierung der zentralen schmerzverarbeitenden Neurone auftreten 4 ähnlich dem Phantomschmerz wahrscheinlich auch beim CRPS Veränderung der neuronalen Verarbeitung der somatosensiblen Reize im Cortex
Inzidenz 4 nach Frakturen: 1–2% 4 nach peripheren Nervenverletzungen: 2–5% 4 nach distaler Radiusfraktur: 7–37%
Klinik 4 initial häufig übersehen, da unspezifische Symptome: 5 sensorische Störungen: J brennender Ruheschmerz J Hyperästhesie J Allodynie 5 motorische Störungen: J Muskelschwäche J Bewegungseinschränkungen J Tremor J Myoklonien
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 autonome Störungen: J Ödeme J Hyperhidrose J erhöhte oder erniedrigte Hauttemperatur 5 trophische Störungen: J Haut: livides Kolorit, trockene Haut, Salbenhaut J verändertes Haar- und Nagelwachstum (initial vermehrt) 4 im Verlauf entwickeln sich: 5 Osteopenie 5 Fibrosen und Kontrakturen bis zur Ankylose mit Dystrophie des betroffenen Extremität
Einteilung 4 Stadium I–III: 5 Stadium I: akutes Stadium (0–3 Monate): J umschriebener Schmerz am Verletzungsort J Hyperästhesie J weiche Ödeme J Myoklonie J Bewegungseinschränkung J Hyperhidrosis 5 Stadium II: dystrophisches Stadium (3–6 Monate): J progredienter, sich ausdehnender Schmerz J induriertes Ödem J livides Kolorit J Wachstumsstörungen bei Haaren und Nägeln J Osteopenie J beginnende Muskeldystrophie 5 Stadium III: atrophisches Stadium (6–12 Monate): J nicht mehr lokalisierbarer Schmerz J irreversible Gewebeatrophie J Generalisierung der Beschwerden
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung 4 Röntgen in 2 Ebenen: 5 fleckige Aufhellungen 5 bei Progredienz ausgeprägte Inaktivitätsosteoporose 4 neurologische bzw. schmerztherapeutische Vorstellung 4 Diagnosestellung nach den o.g. klinischen Kriterien: 5 CRPS I: chronisch-regionales Schmerzsyndrom ohne neurologische Symptomatik 5 CRPS II: chronisch-regionales Schmerzsyndrom mit neurologischer Symptomatik
277 1.2 · Unfallchirurgie
Therapie 4 konservativ interdisziplinär: 5 schmerztherapeutische Mitbehandlung (gemäß Leitlinien neuropathischer Schmerz) mit: J Antiepileptika (Pregabalin, Cabapentin, Carbamazepin) J Antidepressivum (Amitryptilin) J Opioiden (z.B. Tramadol) 5 ggf. Ruhigstellung 5 Physiotherapie (Spiegeltherapie) 5 Ergotherapie 5 Balneotherapie 4 medikamentös: 5 Bisphosphonate bei CRPS nach Frakturen 5 Glukokortikoide bei akut posttraumatisch-entzündlichem CRPS 5 topische Therapie mit Dimethylsulfoxid (DMSO) 50% 4 psychotherapeutische Verfahren (einschließlich Entspannungsverfahren) 4 ggf. Grenzstrangblockaden bei sympathisch unterhaltenen Schmerzen mit Allodynie 4 Ultima ratio: 5 Spinal-Cord-Stimulation bei chronischem, sonst unbehandelbarem CRPS 5 intrathekale Gabe von Baclofen bei Dystonie 4 empfohlener Algorithmus: 5 Basismaßnahme: J Physio- und Ergotherapie J Therapie neuropathischer Schmerzen 5 Therapie posttraumatisch-entzündlicher Symptome: J Bisphosphonate oder Steroide J zusätzlich DMSO-Creme 5 intensive Evaluierung psychischer Komorbiditäten und deren Therapie 5 falls nicht ausreichend: J Serie von Grenzstrangblockaden nach erfolgreicher Testblockade möglich (geringe Evidenz) 5 invasive Therapie J nur bei Spezialindikation und von spezialisierten Einrichtungen
1.2.8
Physiotherapie in der Unfallchirurgie S. Povoden
Definition 4 Physiotherapie (griech. physis: Natur) bezeichnet therapeutische Verfahren der Bewegungstherapie und der physikalischen Therapie: 5 sie orientiert sich bei der Behandlung an den physiologischen Bewegungsabläufen unter Verwendung unterschiedlicher Behandlungstechniken
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
5 sie dient der Wiederherstellung, Erhaltung oder Förderung der Gesundheit 5 im Zentrum steht das an die Fähigkeiten des Patienten angepasste Vermitteln (Lehren) physiologischen Bewegungsverhaltens 5 die Behandlung erfolgt unter äußerlicher Anwendung von: J natürlichen chemischen, physikalischen und mechanischen Reizen der Umwelt (z.B. Wärme, Kälte, Druck, Strahlung, Elektrizität) J physikalischen Behandlungsmethoden J physiotherapeutischen Geräten
Indikationen 4 Physiotherapie dient: 5 der Vermeidung von Funktionsstörungen des Bewegungssystems 5 der Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung der natürlichen Bewegungsabläufe 4 Ziel der Physiotherapie: 5 optimale individuelle Bewegungs- und Schmerzfreiheit 4 Einsatz: 5 am häufigsten in der Unfallchirurgie 5 nach einer operativen Maßnahme muss die mögliche Mobilisation, das erlaubte Bewegungsausmaß und die Belastung vom Operateur festgelegt und mit dem behandelnden Physiotherapeuten kommuniziert werden 5 häufig unmittelbar postoperativ 5 ggf. bereits am Operationstag
Bewegungsformen und Belastungsgrade 4 aktive Übungen: 5 dienen vor allem der Verbesserung der Beweglichkeit bei vorwiegend muskulär bedingter Funktionseinschränkung 5 der Patient führt Bewegungen selbstständig mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad aus: J von der Hand des Therapeuten unterstützte (geführte oder assistierte) Bewegungen J Bewegungen gegen die Eigenschwere der Gliedmaße oder gegen (dosierten) Widerstand 4 passive Übungen: 5 Einsatz, wenn in erster Linie passive Strukturen (Kapseln, Ligamente, intraartikuläre Verklebungen, Narbenkontrakturen) an einer Einsteifung schuld sind 5 sie bestehen in Dehnungen und Traktionen, auch unter Zuhilfenahme mechanischer Hilfsmittel (Gewichtszüge, Pendel, motorische Bewegungsschienen = CPM) 4 isometrische, isotonische und isokinetische Übungen fördern die Muskelaktion: 5 isometrische Arbeit: Zunahme der Spannung ohne Verkürzung (Übungen gegen Widerstand) isotonischer Arbeit: der Muskel verkürzt sich bei gleichbleibender Spannung
279 1.2 · Unfallchirurgie
5 isokinetischen Übungen: die gleichbleibende Kontraktion bleibt über den ganzen Bereich von voller Beugung bis zu voller Streckung erhalten: 4 am kurzen Hebel: durch Beugung eines großen Gelenks (Ellenbogen, Knie) wird die Kraft, die bei Bewegung auf das körpernahe Gelenk wirkt, deutlich reduziert 4 Entlastung: 5 komplette Entlastung 5 Teilbelastung mit Angabe der erlaubten kg, (Sohlenkontakt = 10–20 kg) 5 schmerzlimitierte Vollbelastung 5 Vollbelastung
Beispiele für Behandlungstechniken 4 Manuelle Therapie: komplexe Behandlung von Bewegungsstörungen der Funktionseinheit Gelenk – Muskel – Nerv: 5 mit Hilfe von translatorischen Gelenkmobilisationen 5 aktiver und passiver Dehnung verkürzter muskulärer Strukturen 5 Kräftigung ihrer abgeschwächten Antagonisten 4 Bobath: Das Bobath-Konzept bietet: 5 einen problemlösungsorientierten Zugang zur Befunderhebung und zur Behandlung von Menschen mit Störungen von Funktionsfähigkeit, Bewegung und Haltungskontrolle aufgrund einer Erkrankung oder Verletzung des zentralen Nervensystems 5 die Basis bildet das Verbessern der Haltungskontrolle und der selektiven Bewegungen mittels Fazilitation, Regulation des Muskeltonus und Anbahnung physiologischer Bewegungsabläufe 5 benannt nach ihren Entwicklern Berta Bobath (1907–1991), einer Physiotherapeutin und ihrem Ehemann, dem Neurologen Karl Bobath (1906–1991) 4 Periphere neuromuskuläre Faszilation (PNF) basiert auf neurophysiologischen Prinzipien: 5 das Besondere sind die dreidimensional-spiraligen Bewegungsabläufe: J bei jeder Bewegung werden Arme und Beine in fest definierte Richtungen rotiert J es existieren jeweils 2 Diagonalen für Arme und Beine, diese sind in jedem Menschen von Geburt an reflektorisch veranlagt 4 Medizinische Trainingstherapie (MTT): gerätegestütztes Training: 5 Steigerung von allgemeiner und spezieller Leistungsfähigkeit 5 Steigerung der Belastungsfähigkeit des menschlichen Organismus
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
1.2.9
Berufsgenossenschaftliches Heilverfahren und gesetzliche Unfallversicherung M. Nossek
Träger 4 4 4 4 4 4
gewerbliche und landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften Ausführungsbehörden für Unfallversicherung Gemeindeunfallversicherungsverbände Landesunfallkassen Eigenunfallversicherung großer Städte Feuerwehrunfallversicherungen
Versicherter Personenkreis 4 Versichert sind: 5 Jeder in einem Ausbildungs-, Dienst- oder Lehrverhältnis stehende 5 alle Personen, die bei Not oder Gefahr Hilfe leisten 5 ehrenamtlich Tätige 5 Kinder in Kindergärten 5 Schüler 5 Studenten 5 Unternehmer sind Kraft Satzung versichert oder können sich freiwillig versichern 4 nicht versichert sind: 5 Selbständige 5 Angehörige freier Berufe 5 Richter 5 Beamte 5 Soldaten 5 Mitglieder geistlicher Gemeinschaften (Ordensleute, Priester) 5 im Haushalt tätige Angehörige 5 Beachte aber: J Landwirtschaft: mithelfende Familienangehörige! J private Bauherren: ggf. freiwillig versichert, ggf. Nachbarschaftshilfe!
Versicherte Risiken 4 Arbeitsunfall 4 > Memo Arbeitsunfall: Nach Definition der Rechtsprechung ein von außen einwirkendes, unfreiwilliges, zeitlich begrenztes Ereignis, das mit einer versicherten Tätigkeit in ursächlichem Zusammenhang steht und eine Gesundheitsschädigung bewirkt hat. 4 Wegeunfall auf dem Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und umgekehrt 4 Berufskrankheit (muss als solche gesetzlich festgestellt sein) 4 anfällig für langwierige Verläufe und Vermischung mit vorbestehenden Befunden:
281 1.2 · Unfallchirurgie
5 Kniegelenkdistorsion 5 Schulterprellung 5 HWS-Distorsion
Leistungen 4 Heilbehandlung 5 ärztliche Behandlung 5 Arzneimittel 5 Verbandmittel 5 physikalische Therapie 5 Ausstattung mit Körperersatzstücken 5 Belastungserprobung 5 Gewährung von Pflege 4 > Memo Grundsatz: Beseitigung oder Besserung der Verletzungsfolgen »mit allen geeigneten Mitteln«.
Gliederung des Berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens 4 Durchgangsarztverfahren: 5 Dokumentation 5 Erstversorgung 5 Entscheidung über weitere Behandlung 5 ggf. Selbstübernahme 4 Augenarzt- und HNO-Arzt-Verfahren: 5 Dokumentation 5 Erstversorgung 5 Entscheidung über Weiterbehandlung 5 ggf. Selbstübernahme. Vorstellungspflicht bei einschlägigen Verletzungen
Allgemeine Heilbehandlung 4 Verletzungen: 5 für die keine stationäre Behandlung erforderlich wird 5 die voraussichtlich nicht langwierige Verläufe nach sich ziehen 5 die keine spezialisierte unfallchirurgische Behandlung erfordern 5 die voraussichtlich keine bleibenden Veränderungen oder Schäden nach sich ziehen, d.h. keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Ausmaß
Besondere Heilbehandlung 4 Verletzungen: 5 die stationär behandlungsbedürftig sind 5 bei denen das Risiko einer MdE besteht 5 immer bei Verletzungsartenverfahren →
Verletzungsartenverfahren 4 Behandlung durch eine dafür ausdrücklich zugelassene Klinik unter der Leitung eines besonders qualifizierten Unfallchirurgen (FA Orthopädie und Unfallchirurgie, Zusatzbezeichnung Spezielle Unfallchirurgie), zukünftig: »Regionales Traumazentrum«
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
4 Verletzungsartenverzeichnis (Ziffern 1–10): 1. Ausgedehnte Weichteilverletzungen, Amputationen, ausgedehnte thermische, chemische Schädigungen 2. Verletzungen großer Gefäße 3. Verletzungen von Nervenbahnen, einschließlich Verletzungen der Wirbelsäule mit neurologischer Symptomatik 4. Offene und gedeckte SHT ab II.° 5. Thoraxverletzungen mit Organbeteiligung 6. Bauchverletzungen mit Organbeteiligung einschließlich Nieren 7. Verletzungen großer Gelenke, mit Ausnahme isolierter Bandverletzungen des oberen Sprunggelenks sowie isolierter Rupturen des vorderen Kreuzbandes und unkomplizierter vorderer Schulterinstabilitäten 8. Schwere Verletzungen der Hand0 9. Alle komplexen Knochenbrüche 10. Alle Verletzungen und Verletzungsfolgen mit Komplikationen, fehlendem Heilungsfortschritt und/oder operativer Korrekturbedürftigkeit
Formular-Schriftverkehr 4 Durchgangsarztbericht 5 ggf. »Zusatzbogen« bei Verdacht auf: J Kniebinnenschaden J ernste Kopfverletzungen J Verletzungen durch elektrischen Strom und bei Verbrennungen J ernste Handverletzungen 4 Nachschaubericht (Allgemeine Heilbehandlung) 4 Zwischenbericht (Besondere Heilbehandlung)
1.2.10
Klassifikationen R.M. Sellei, M Knobe
Klassifikation nach
Klassifikation von
Beschreibung und Einteilung
Anderson und D‘Alonso
Densfrakturen
Dens-Spitze (Typ I) bis Korpus von C2 (Typ III), ! Cave Typ II am instabilsten
Arbeitgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO)
Allgemeine Frakturklassifikationen der Röhrenknochen
extraartikuläre Fraktur (Typ A) bis intraartikulär-mehrfragmentäre Fraktur (Typ C)
Ashurst-Bromer
Sprunggelenkfrakturen
Traumamechanismus (Abduktion, Adduktion und Außenrotation)
Bado
Monteggiafrakturen
Typ 1–4
Denis (3-SäulenModell) 6
Wirbelkörperfrakturen
vordere bis hintere Säule
283 1.2 · Unfallchirurgie
Klassifikation nach
Klassifikation von
Beschreibung und Einteilung
Danis-Weber
Sprunggelenkfrakturen
infradesmale (A), syndesmale (B) und supradesmale (C) Fibulafraktur
Effendi
Atlasbogenfrakturen (C2)
ohne Dislokation (Typ I) bis dislozierte Luxationsfraktur (Typ III)
Essex-Lopresti
Kalkaneusfrakturen
»toungue type« und »joint depression type«
Euler und Rüedi
Skapulafrakturen
Korpusfraktur (Typ A) bis Kombinationsfraktur mit Humeruskopfbeteiligung (Typ E)
Frankel Schema
Rückenmarkverletzungen
komplette Lähmung (A) bis normale Funktion (E)
Frykman
distale Radiusfrakturen
Typ 1–8 unter Berücksichtigung des distalen Radioulnargelenks (DRUG)
Garden
Schenkelhalsfrakturen
stabile Abduktionsfraktur (Typ I) bis abgerutschtem und disloziertem Kopf (Typ IV)
Gehweiler
Atlasfrakturen (C1)
Typ I–V (Jefferson-Fraktur = Typ III)
Gustilo und Anderson
Weichteilverletzungen bei offenen Frakturen
Hautdefekt <1 cm (I°) bis Hautdefekt >10 cm mit Gefäßverletzung (III°c)
Hawkins
Talushalsfrakturen
nicht disloziert (I) bis dislozierte Talushalsfraktur mit Luxation im USG (III)
Jäger und Breitner
laterale Klavikulafrakturen
lateral des intakten, stabilen Ligaments (Typ I) bis Luxation aus Periostschlauch (Typ IV)
Jeanneret
Okzipitalkondylenverletzungen (C0)
Typ I–IV
Judet und Letournel
Azetabulumfrakturen
Einteilung bezogen auf Pfannenrand und Pfeilerstruktur
Lauge-Hansen
Sprunggelenkfrakturen
Einteilung bezogen auf biplanare Bewegung beim Trauma (z.B. Supinations-Eversions-Trauma)
Magerl
Verletzungen des Bewegungssegments der Wirbelsäule
Kompressionsfraktur (Typ A) bis Rotationsverletzung (Typ C)
Malone
Distalen Radiusfrakturen
Typ 1–5
Marti
Talushalsfrakturen
nicht disloziert (I) bis dislozierte proximale Halsfraktur mit Luxation im OSG und USG (IV)
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Eigene Notizen
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Kapitel 1 · Orthopädie und Unfallchirurgie
Eigene Notizen
Klassifikation nach
Klassifikation von
Beschreibung und Einteilung
Mason
Radiusköpfchenfraktur
nichtdislozierte Fraktur (Typ I) bis Luxationsfraktur (Typ IV)
Neer
Rotatorenmanschettenruptur
traumatischer Riss <35a (Typ A) bis degenerativer Riss mit Impingement >40a (Typ D)
Neer
Humeruskopffraktur
nicht disloziert (Typ I) bis Luxationsfraktur (Typ VI)
Tscherne und Oestern
Weichteilverletzungen bei geschlossenen Frakturen
Hautkontusion (0°) bis manifestes Kompartmentsyndrom (III°)
Patte
Rotatorenmanschette
Subscapularis (Sektor A) bis Teres minor (Sektor C)
Pauwels
Schenkelhalsfrakturen
Flache Frakturebene bis 30° (Typ I) bis steiler und instabiler Frakturebene >70° (Typ III)
Pipkin
Femurkopffrakturen
Femurkopffraktur kaudal der Fovea (Typ I) bis Kombinationsverletzung mit Azetabulumfraktur (Typ IV)
Quenu und Küss
Lisfranc-Gelenkluxation
Luxationsrichtung der Metatarsalia von gleichförmig (Typ 1) bis divergierende (Typ 3)
Rockwood
Akromioklavikulargelenksprengung
ACG-Distorsion (I°) bis kaudale Luxation des Klavikulaendes (VI°)
Salter-Harris und Aitken
Epiphysenverletzung im Kindesalter
Epiphyseolyse ohne Fraktur (I/0) bis axiale Stauchungsverletzung der gesamten Epiphyse (V/IV)
Sanders
Kalkaneusfrakturen
CT-basierte Einteilung (koronare Schnitte) in laterale bis mediale Säule (A, B, C bis Sustentaculum)
Schatzker
Tibiakopffrakturen
laterale Splitfraktur (Typ I) bis Komplexfraktur mit Loslösung vom Tibiaschaft (Typ VI)
Tile
Beckenringfrakturen
stabile Beckenringfraktur mit intaktem hinteren Beckenring (Typ A) bis komplett instabile Fraktur (Typ C)
Tossy
Akromioklavikulargelenksprengung
ACG-Distorsion (I°) bis Luxation > Schaftbreite (III°)
Zwipp
Kalkaneusfrakturen
CT-basierte Fraktureinteilung in Anzahl der Hauptfragmente (2–5), sowie Weichteil und Gelenkbeteiligung
2 Tag 4 – Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie, Handchirurgie und Neurochirurgie
2
Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie N. Pallua, A. Piatkowski de Grzymala
2.1
Wundheilung – 286
2.1.1 2.1.2 2.1.3
Wundarten – 286 Phasen der Wundheilung – 286 Störungen der Wundheilung – 287
2.2
Infektionen der Weichteile – 289
2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6
Abszess – 289 Erysipel – 290 Phlegmone – 290 Empyem – 291 Gasbrand – 291 Nekrotisierende Fasziitis
– 292
2.3
Periphere Nervenläsionen – 293
2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5
Allgemeines – 293 Obere und untere Plexus-brachialis-Schädigungen – 294 N.-medianus-Schädigungen – 294 N.-radialis-Schädigungen – 296 N.-ulnaris-Schädigungen – 297
2.4
Verbrennungschirurgie – 298
2.4.1 2.4.2
Thermische Läsionen – 298 Nichtthermische Läsionen – 300
2.5
Handchirurgie – 302
2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.5.5
Sehnenläsionen – 302 Frakturen – 307 Bandrupturen und Luxationen – 313 Periphere Nervenverletzungen an der Hand Infekte an der Hand – 315
– 314
H. Clusmann et al., Chirurgie IN 5 TAGEN, DOI 10.1007/978-3-642-20475-3_2, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2012
286
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2.1
Wundheilung
2.1.1
Wundarten
2 4 eine Kontinuitätsunterbrechung von Geweben wird als Wunde bezeichnet 4 es werden 4 verschiedene Wundarten unterschieden: 5 mechanische Wunden: J Schnitt- oder Risswunden 5 thermische Wunden (7 Abschn. 2.4.1) 5 chemische Wunden (7 Abschn. 2.4.2) 5 aktinische Wunden (7 Abschn. 2.4.2) 4 im Rahmen der Regeneration einer Wunde kommt es zu Wundheilung
2.1.2
Phasen der Wundheilung
4 die Wundheilung wird in 3 Phasen unterteilt: 5 inflammatorische Phase 5 proliferative Phase 5 Maturationsphase
Inflammatorische Phase (Substrat- oder Entzündungsphase) 4 beginnt direkt nach Verwundung und dauert bis etwa zum 3. Tag 4 lässt sich noch unterteilen in die Unterphasen: 5 Exsudation 5 Resorption 4 initiale Aktivierung von Thrombozyten mit Formung eines Thrombus und begleitender kurzfristiger Vasokonstriktion 4 Sekretion von vasoaktiven Substanzen, u.a. Permeabilitätserhöhung der Gefäßwände 4 Inflammation (Rötung) der Wunde durch Freisetzung von z.B. Histamin mit anschließender Hyperperfusion und Migration von neutrophilen Granulozyten und Monozyten in die Wunde 4 Säuberung der Wunde von avitalem Gewebe durch Gewebemakrophagen und Leukozyten
Proliferative Phase (Granulations- oder Kollagenphase) 4 beginnt zwischen dem 2. und 4. Tag und dauert bis etwa 3 Wochen 4 umfasst 5 eine Neovaskularisation 5 die Ausbildung eines Strukturgerüsts aus Kollagen Typ III (Kollagenphase) 5 die Migration von Fibroblasten in das Wundmilieu 4 das neu gebildete Gewebe wird auch als Granulationsgewebe bezeichnet (Granulationsphase)
287 2.1 · Wundheilung
4 die Ablagerung von Kollagen ist für die Festigkeit der Narbe von Bedeutung, d.h. je mehr Kollagen abgelagert wird, desto widerstandsfähiger wird auch die Narbe 4 nach Kontraktion der Wundränder kommt es zum Abschluss der Wundheilung durch die Epithelisation (Proliferation der Keratinozyten von den Wundrändern aus)
Maturationsphase (Differenzierungs- oder Umbauphase) 4 beginnt nach ca. 3 Wochen und dauert bis zu 1 Jahr 4 die Länge dieser Phase variiert stark je nach 5 Alter 5 Geschlecht 5 Vorerkrankungen des Patienten 4 die Kollagenfasern werden umgebaut und zunehmend gleichmäßig ausgerichtet 4 Typ-III-Kollagen wird umgewandelt in Kollagen Typ I bis das regelrechte Verhältnis zwischen Typ-I-und Typ-III-Kollagen erreicht ist (normale Ratio: Typ I : Typ III = 3:1) 4 der Kollagenumbau wird durch Enzyme (Matrixmetalloproteinasen/ MMP) vermittelt, die durch Makrophagen, Keratinozyten und Fibroblasten sezerniert werden 4 nach ca. 60 Tagen erreicht die Narbe ihre maximale Widerstandsfähigkeit (ca. 80% der normalen Haut)
2.1.3
Störungen der Wundheilung
4 neben der regulären Wundheilung (primäre Wundheilung) kann es zu Störungen der Wundheilung kommen (sog. sekundäre Wundheilung)
Allgemeine Faktoren, welche die Wundheilung beeinträchtigen 4 verminderte Sauerstoffkonzentration ist einer der Hauptgründe für eine Wundheilungsstörung 4 systemische Grunderkrankungen führen zur lokalen Hypoperfusion und somit zum Unterangebot an Nährstoffen 4 typische Grunderkrankungen und Risikofaktoren sind: 5 Diabetes mellitus 5 Atherosklerose 5 Hypoproteinämie 5 Vitamin-C-Mangel 5 Unterernährung 5 Infektion 5 hohes Alter 5 vorausgegangene Bestrahlungen 4 Medikamente können die Wundheilung ebenfalls beeinträchtigen, insbesondere Kortison
2
Eigene Notizen
288
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
Spezielle Wundheilungsstörungen Wundinfektion Klinik 4 häufigstes Problem der Wundheilung 4 gekennzeichnet durch die klassische Trias: 5 Calor 5 Rubor 5 Dolor 4 erweitert wird diese Trias durch: 5 Functio laesa 5 Tumor (Schwellung) 5 oftmals mit Fieber vergesellschaftet
Therapie 4 sofortige Eröffnung der Wunde und Spülung 4 evtl. antibiotische Therapie, wenn die Infektion nicht klar lokal begrenzt ist
Serom Klinik 4 durch Trauma oder Operation entstandener Hohlraum, der mit Serum und Lymphe gefüllt ist 4 primär steril und als Flüssigkeitsansammlung zu identifizieren
Therapie 4 sterile Punktion mit anschließender Kompression 4 ggf. Instillation von langwirksamen Steroid 4 bei Therapieresistenz operative Revision
Chronische Wundheilungsstörung Klinik 4 deutlich verlangsamte Wundheilung von Wunden aller Art bei schweren Grunderkrankungen, wie z.B. 5 Diabetes mellitus 5 chronisch venöser Insuffizienz
Therapie 4 intensivierte Wundtherapie mit stadiengerechten Wundauflagen
Fremdkörpergranulom Klinik 4 Schwellung 4 Verhärtung und Rötung im Bereich einer Narbe, oftmals Grund für eine chronische Wundheilungsstörung 4 entzündliche Abkapselung von Fremdkörpern, kann durch Superinfektion zur Abszedierung führen 5 z.B. als Reaktion auf chirurgisches Fadenmaterial
289 2.2 · Infektionen der Weichteile
Therapie 4 Entfernung des auslösenden Agens (z.B. Entfernung des eingebrachten Fadenmaterials, wenn möglich)
Hypertrophe Narbe Klinik 4 rötliche Narbe mit schneller Rekapillarisierung 4 tritt zwischen 1–12 Monaten nach Verschluss einer Wunde auf 4 kann auch als wulstige Narbe auftreten
Therapie 4 4 4 4
lokale Kompressionstherapie (Kompressionskleidung) Auflage von Silikonfolien manuelle Massage der betroffenen Areale (Narbenmassage) evtl. auch intradermale Injektion von Steroiden oder β-Blockern, ! Cave Bei Kindern zurückhaltende Indikation für Steroidtherapie – verfrühter Verschluss der Wachstumsfugen möglich
Keloid Klinik 4 ähnlich wie die hypertrophe Narbe, aber im Gegensatz zur hypertrophen Narbe werden die Grenzen der ursprünglichen Verletzung nicht respektiert 5 d.h. Wucherung ohne Größenbegrenzung 5 insbesondere bei stark pigmentierten Menschen 5 selten bei Nordeuropäern
Therapie Siehe 7 Hypertrophe Narbe 4 zusätzlich noch operative Korrektur möglich mit postoperativer Radiatio 4 intraläsionale Kryotherapie
2.2
Infektionen der Weichteile
4 Infektionen der Weichteile sind äußerst schmerzhaft 4 gehen primär mit einer Leukozytose einher 4 später auch Erhöhung des CRP
2.2.1
Abszess
Definition 4 umkapselte Eiteransammlung in einer nicht präformierten Körperhöhle
2
Eigene Notizen
290
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
Klinik 4 klassische Trias: 5 Calor, Rubor, Dolor 5 meist auch als Tumor tastbar oder als flüssigkeitsgefüllter Hohlraum im Ultraschall darstellbar 4 oftmals auf Basis einer vorausgegangenen Verletzung, z.B. Nadelstich
Therapie 4 Eröffnung des Abszesses zur Entleerung des Eiters 4 Entnahme eines Abstriches 4 Möglichkeit zum Sekretabfluss schaffen (Lascheneinlage oder Tamponade)
2.2.2
Erysipel
Definition 4 flächige, bakterielle Infektion der oberen Hautschichten, zumeist ausgelöst durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (z.B. Streptococcus pyogenes)
Ätiologie 4 oftmals auf Basis einer vorausgegangenen Bagatellverletzung, z.B. Mückenstich
Klinik 4 klassische Trias: 5 Calor, Rubor, Dolor 5 der Schmerz steht im Vordergrund, Haut ist bereits bei geringstem Kontakt schmerzhaft 4 ! Cave Erysipel ist eine Blickdiagnose, nicht zu verwechseln mit Phlegmone (7 Abschn. 2.2.3)
Therapie 4 konservativ: 5 Hochlagern der betroffenen Körperstelle 5 Kühlen 5 Ruhigstellung (bei Beteiligung des Gesichts Sprechverbot) 5 i.v. Antibiose mit Penicillin G 2.2.3
Phlegmone
Definition 4 eitrige, flächige Infektion der Weichteile, insbesondere des interstitiellen Gewebes (z.B. Fettgewebe)
Ätiologie 4 oftmals auf Basis einer vorausgegangenen Bagatellverletzung, z.B. Paronychie
291 2.2 · Infektionen der Weichteile
Klinik 4 4 4 4 4
Eigene Notizen
Rötung und Schmerzen im Bereich des Punktum maximum perifokal auslaufende Rötung evtl. mit Lymphadenitis oder Lymphangitis schnell progredient am Punktum maximum evtl. mit Eiteraustritt
Therapie 4 operative Eröffnung der Weichteile und Resektion der nekrotischen Anteile 4 ausgiebiges Débridement notwendig 4 Wunden werden möglichst offen gelassen und täglich antiseptisch verbunden, ggf. gespült
2.2.4
Empyem
Definition 4 Eiteransammlung in einer präformierten Körperhöhle oder einem Hohlorgan
Ätiologie 4 oftmals nach nicht adäquat durchgeführten Punktionen 4 auch septische Streuung möglich
Klinik 4 Rötung und Schmerzen über der jeweiligen betroffenen Körperstelle 4 relativ einfache Diagnosestellung bei Gelenken: z.B. stark überwärmtes und schmerzhaftes Kniegelenk 4 Diagnosestellung bei Hohlorganen oder Körperhöhlen schwieriger: 5 allgemeines Krankheitsgefühl 5 septisches Krankheitsbild (z.B. Pleuraempyem)
Therapie 4 4 4 4
operative Eröffnung der Körperhöhle ausgiebige Spülung Sanierung des Ursprungsherdes Drainierung der Körperhöhle bis sich klares Sekret entleert
2.2.5
2
Gasbrand
Definition 4 schwerstes, schnell progredientes Krankheitsbild 4 massive Infektion der Weichteile durch gasbildende Bakterien (zumeist Clostridium perfringens)
292
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
Ätiologie 4 schwere Verletzung mit stark kontaminierter Wunde (z.B. Waldarbeiter mit Quetschverletzung)
Klinik 4 schnell verlaufende Entzündung, die bereits Stunden nach der ursprünglichen Verletzung auftreten kann 4 typisch ist die Krepitation der Weichteile durch das Hautemphysem (durch Clostridien abgegebenes CO2) 4 aufgrund von Exotoxinen, die von den Clostridien gebildet werden, kommt es zur schnellen Verschlechterung des Allgemeinzustandes des Patienten
Diagnostik 4 Röntgen: 5 typische Darstellung von gefiederter Muskulatur
Therapie 4 sofortige operative Intervention: 5 radikale Entfernung der Nekrosen 5 Resektion der Weichteile weit im Gesunden (führt meist zu Makroamputationen) 4 bei Verdacht auf grampositive Stäbchen im Abstrich sofortige hochdosierte antibiotische Therapie (Mehrfachantibiose u.a. mit Clindamycin zur Exotoxinreduktion) 4 falls der Patient noch stabil genug ist, danach hyperbare Oxygenierung (immer durchzuführen, wenn möglich) 4 Revision der Wunden 5 Second-Look-Operation mit erneutem aggressivem Débridement spätestens nach 24 Stunden, ggf. früher
2.2.6
Nekrotisierende Fasziitis
Definition 4 fulminant verlaufende Infektionskrankheit, die sich in der Schicht der Faszien ausbreitet
Erreger 4 Haupterreger sind Streptokokken 4 Mischinfektionen sind aber genauso häufig 5 Sonderform: nekrotisierende Fasziitis mit Beteiligung von gasbildenden Bakterien- simuliert einen Gasbrand
Ätiologie 4 meist Bagatellverletzung zugrundeliegend (Zehenparonychie etc.), die als Eintrittspforte für die sich von dort ausbreitende Entzündung dient 4 Risikofaktoren:
293 2.3 · Periphere Nervenläsionen
5 reduzierter Allgemeinzustand 5 Diabetes mellitus 4 Sonderform: 5 Fournier-Gangrän: Gangrän der Weichteile im Bereich der Leiste und des Genitale
Klinik 4 schnelle Verschlechterung des Allgemeinzustandes 4 oftmals nur als flächige Rötung an einer Stelle zu erkennen
Therapie 4 operative Therapie als sofortige primäre Intervention 5 nekrotische Faszien und evtl. beteiligte Muskeln werden reseziert 5 oftmals muss eine subfasziale Nekrektomie (Entfernung aller superfiziellen Weichteile inklusive der Faszie) durchgeführt werden 4 intraoperativer Schnellschnitt und Grampräparat zur Diagnosesicherung 4 hochdosierte Antibiotikagabe und intensivmedizinische Therapie 4 evtl. hyperbare Oxygenierung (nicht zwingend notwendig – unsichere Datenlage)
2.3
Periphere Nervenläsionen
2.3.1
Allgemeines
4 Definition: 5 Läsionen von Leitungsbahnen, die außerhalb des ZNS liegen 5 eine periphere Nervenläsion beginnt ab dem Spinalganglion 4 Regeneration: 5 eine Regeneration der Leitungsbahn ist prinzipiell immer möglich, wenn das Axon die Möglichkeit hat durch einen Nerven wieder ein Zielorgan zu erreichen 5 in der peripheren Nervenchirurgie wird daher versucht, die Nervenstränge möglichst anatomisch korrekt wiederherzustellen 4 Techniken der Nervennaht: 5 epineurale Naht: Naht des Epineuriums (bevorzugte Nahttechnik) 5 interfaszikuläre Naht: Adaptation der einzelnen Faszikel 4 zeitlicher Ablauf der Regeneration: 5 die Regeneration eines Nervs erfolgt im Durchschnitt in etwa mit 1 mm pro Tag 5 daher ist eine Prognose möglich, wann ein Zielorgan nach Rekonstruktion wahrscheinlich erreicht wird 4 Lokalisation der Nervenschädigung: 5 um eine möglichst genaue präoperative Lokalisation der Nervenschädigung zu erhalten ist die klinische Untersuchung dringend erforderlich. > Memo Kein anderes diagnostisches Verfahren ist gleichwertig.
2
Eigene Notizen
294
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
5 zur Lokalisation der Nervenschädigung ist eine genaue Kenntnis der anatomischen Gegebenheiten unabdingbar, nur wenn man weiß welcher Muskel von welchem Nerv/Faszikel/Trunkus versorgt wird, kann über die Lokalisation der Läsion entschieden werden 5 neben der Erfassung der motorischen Ausfälle sind zudem noch die sensiblen Ausfälle wegweisend 4 Plexusläsionen: 5 Ursachen: J geburtstraumatische Läsion J Folgen eines Hochrasanz-/Dezelerationstraumas (Motorradunfall) 5 Inzidenz: J hat seit Einführung der Helmpflicht bei Kraftradfahrern zugenommen, da es durch den Helm zu einer höheren Überlebensrate bei schweren Motorradunfällen gekommen ist
2.3.2
Obere und untere Plexus-brachialis-Schädigungen
4 Unterscheidung von 2 Ebenen der Plexusläsion: 5 obere Plexusläsion: J Läsion liegt supraklavikulär J umfasst Verletzungen zwischen Spinalganglion bis auf Höhe der Trunki 5 untere Plexusläsion: J Läsion liegt infraklavikulär J umfasst Verletzungen der Faszikuli 4 Rekonstruktionsziel von peripheren Nervenläsionen: 5 funktionelle Wiederherstellung, d.h. primär die Funktion größerer Gelenke: J 1. Funktion des Schultergelenks J 2. Funktion des Ellenbogenlenks etc. 4 Zeitraum der Rekonstruktion: 5 in einem Zeitfenster von 3–12 Monaten nach primärer Läsion 4 Therapiemaßnahmen: 5 mikrochirurgische Exploration des Plexus auf der Höhe der Läsion 5 Neurolyse 5 falls notwendig eine Transplantation eines Nervs (z.B. N.-suralisTransfer)
2.3.3
N.-medianus-Schädigungen
4 pathognomonisches Bild für die komplette Medianusschädigung ist die Schwurhand 4 typische Schädigungen des N. medianus (C6–8, Th1) sind: 5 Pronatorsyndrom 5 Interosseus-anterior-Syndrom 5 Karpaltunnelsyndrom
295 2.3 · Periphere Nervenläsionen
Pronatorsyndrom Definition 4 Nervenkompressionssyndrom im Bereich der Ellenbeuge/proximaler Unterarm
Ätiologie 4 Komprimierung des N. medianus durch den Lacertus fibrosus am M. pronator teres 5 kann durch einen Knochenvorsprung ausgelöst werden 5 nach Punktionen in der Ellenbeuge durch ausgedehntes Hämatom
Klinik 4 Schmerzen in der Ellenbeuge 4 Schmerzen im proximalen Unterarm bei Belastung 4 Ausfälle der durch den Medianus innervierten Muskeln sind möglich, aber nicht zwingend 4 Sensibilitätsminderung im medianusinnervierten Autonomieareal (palmare Seiten des Digitus I–III radial)
Diagnostik 4 Röntgen des Ellenbogens: 5 zum Ausschluss einer Kompression durch eine knöcherne Exostose
Therapie 4 bei milder Form (keine Ausfälle) konservativ: 5 Schiene 5 Antiphlogistika 4 sonst operativ: 5 Neurolyse des Nervs
Interosseus-anterior-Syndrom Definition 4 Nervenkompressionssyndrom im Bereich des proximalen Unterarms
Ätiologie 4 der N. medianus wird durch sehnige Ursprünge oder Gefäße komprimiert
Klinik 4 Schmerzen im proximalen Unterarm 4 pathognomonisch ist die meistens isolierte Aufhebung des Spitzgriffes (Ausfall des M. flexor pollicis longus)
Therapie 4 operativ: 5 Auflösung der Engstelle mit Neurolyse des Nervs
2
Eigene Notizen
296
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
Karpaltunnelsyndrom Siehe 7 Kap. 3.4.1
2 2.3.4
N.-radialis-Schädigungen
Pathogenese 4 pathognomonisches Bild für die komplette Radialisschädigung ist die Fallhand 4 typische Schädigung des N. radialis (C5–7, Th1) am Oberarm (Oberarmfraktur) führen zur kompletten Läsion der Extensoren der Hand (Fallhand) 4 ! Cave Der Trizeps-Ast des N. radialis ist bei Läsionen auf Höhe des Oberarms weiterhin intakt, d.h. bei vorliegender Fallhand und gleichzeitigem Trizeps-Ausfall an Plexus-Schaden denken
Supinatorsyndrom Definition 4 Kompression des R. profundus des N. radialis
Klinik 4 4 4 4
belastungsabhängiger Schmerz Patienten klagen über eine Schwäche und Fallneigung der Hand Schmerzpunkt ca. 4 cm distal der Ellenbeuge radial ! Cave Nicht mit Epicondylitis humeri radialis zu verwechseln – bei dem Supinatorsyndrom ist der Druck auf den radialen Epicondylus schmerzlos
Therapie 4 konservativ: 5 Schonung und kurzfristige Ruhigstellung (3 – 4 Tage) 4 operativ: 5 Neurolyse und Dekompression 5 ggf. mit gleichzeitiger Behandlung einer begleitenden Epicondylitis
Wartenberg-Syndrom Definition 4 Kompression des R. superficialis n. radialis durch den Rand des M. brachioradialis
Klinik 4 pronationsabhängiger Schmerz 4 Sensibilitätsminderung im Radialis-Autonomiegebiet (dorsal über Digitus I und radialer Teil des Handrückens) 4 positives Hoffmann-Tinel-Zeichen an der Kompressionsstelle
Therapie 4 operative Neurolyse
297 2.3 · Periphere Nervenläsionen
2.3.5
N.-ulnaris-Schädigungen
Pathogenese 4 pathognomonisches Bild für die komplette Ulnarisschädigung ist die Krallenhand 4 ! Cave Tritt auch bei kompletter Ulnarisschädigung erst sekundär durch fibrösen Umbau der Interosseusmuskulatur auf 4 sensibles Autonomiegebiet des N. ulnaris ist die palmare ulnare Handfläche (Digitus V palmar und dorsal und Digitus IV palmar und dorsal jeweils ulnar) 4 der N. ulnaris (C6–8, Th1) durchläuft 2 typische Engstellen: 5 Kubitaltunnel 5 Guyon-Kanal
Sulcus-ulnaris-Syndrom (Kubitaltunnelsynrom) Definition 4 Kompression des N. ulnaris im Kubitaltunnel, Gesamtlänge des Tunnels ca. 20–30 cm (»Musikantenknochen«) 4 Siehe 7 Kap. 3.4.2
Loge-de-Guyon-Syndrom Definition 4 Kompression des N. ulnaris im Guyon-Kanal, der von einer Bandstruktur zwischen Os hamatum und Os pisiforme gebildet wird 4 Kompression kann auch durch Handgelenkganglien ausgelöst werden
Klinik 4 rasch progrediente Ulnarislähmung mit sensiblem Ausfall an den Fingerkuppen des Klein- und Ringfingers, ! Cave bei sensiblem Ausfall im Bereich des dorsalen Autonomieareals am Handrücken liegt kein Loge-de Guyon-Syndrom vor, sondern eine weiter proximal gelegene Schädigung 4 Schwäche des Spitzgriffes (M. adductor pollicis und M. interosseus dorsalis I) 4 Kraftlosigkeit beim Fingerspreizen (Mm. interossei) 4 Atrophie des Hypothenars
Diagnostik 4 Nervenleitgeschwindigkeit 4 Hoffmann-Tinel-Zeichen in der Loge-de-Guyon 4 Froment-Zeichen (Motorikprüfung von M. interosseus I und M. adductor pollicis)
Therapie 4 frühzeitige OP-Indikation für eine Neurolyse mit Dekompression des Nervs
2
Eigene Notizen
298
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
2.4
Verbrennungschirurgie
4 Verletzungen der Haut können zu schwersten Krankheitsbildern führen 4 zu berücksichtigen sind die unterschiedlichen Mechanismen der Noxen 4 deshalb sollte eine Unterscheidung der Verletzungen erfolgen in: 5 thermische und 5 nichtthermische
2.4.1
Thermische Läsionen
4 häufigste Ursache für großflächige Verletzungen der Haut sind die thermischen Läsionen 4 Unterscheidung zwischen Verbrühungen und Verbrennungen 5 Verbrühungen: häufigste Ursache für thermische Läsionen im Kindesalter 5 Verbrennungen: häufigste Ursache für thermische Läsionen im Erwachsenenalter: J direkte Verbrennung: durch offenes Feuer J indirekte Verbrennung: durch brennende Kleidung J Kontaktverbrennung: heiße Festkörper (z.B. Herdplatte)
Verbrennungsgrade/Verbrennungstiefe 4 die Tiefe der thermischen Schädigung wird in 3 Grade eingeteilt, wobei Grad II noch weiter unterteilt wird: 5 Grad I: J Verletzung der Epidermis J Rötung J Hyperämie J Schmerz J keine Blasenbildung J heilt narbenlos ab 5 Grad IIa: J Verletzung der oberflächlichen Dermis J schmerzhaft, kleinere Brandblasen J Rekapillarisierungsphänomen ist erhalten J Ritztest positiv (bei Ritzen des verbrannten Areals kommt es zu einer spontanen kapillaren Blutung) J heilt ohne Narben ab, evtl. mit Pigmentverschiebung 5 Grad IIb: J Verletzung der tiefen Dermis J nicht schmerzhaft (Nadelstich löst nur minimalen Schmerz aus) J größere Brandblasen J Rekapillarisierungsphänomen ist aufgehoben J Wunde sieht weißlich, evtl. rötlich-weißfleckig aus J Ritztest negativ (Blutung deutlich verzögert) J immer narbige Abheilung J OP-Indikation
299 2.4 · Verbrennungschirurgie
5 Grad III: J komplette Zerstörung der Dermis J schmerzlos J ledriger Aspekt der freiliegenden Dermis J Wunde fühlt sich trocken und ledrig fest an J Ritztest negativ (Wunde blutet nicht bei Ritzen) J OP-Indikation
Verbrennungsausdehnung 4 Verwendung der Neuner-Regel zur Bemessung des Verbrennungsausmaßes, d.h. die Teile des menschlichen Körpers werden in 9% große Flächen unterteilt, z.B. 5 1 Arm = 9% 5 1 Unterschenkel = 9% 5 1 Oberschenkel = 9% 5 Thorax ventral = 9% 5 Abdomen ventral = 9% 5 Rücken = 2×9% 5 Kopf = 9% 5 Genitale = 1% 5 alle Flächen ergeben addiert 100% 5 d.h. die Verbrennung ist mit 18% anzugeben, wenn beide Arme komplett zirkulär verbrannt sind 4 von der Verbrennung ausgesparte Anteile müssen bei der Berechnung der gesamten verbrannten Körperoberfläche (gVKOF) abgezogen werden 4 die verbrannten Flächen werden addiert und ergeben somit das gesamte Ausmaß der Verbrennung 4 bei Kindern verschieben sich die Relationen zu Gunsten des Kopfes: 5 Kopf eines Erwachsenen: 9% 5 Kopf eines 5-jähigen Kindes: 14% 5 Kopf eines 1-jähigen Kindes: 18% 4 bei fleckförmigen Verbrennungen hilft als Anhaltspunkt die Handfläche des Patienten (=1%) 4 ! Cave Nie die eigene Handfläche als Größenmaß verwenden, da deutliche Diskrepanz möglich
Flüssigkeitssubstitution 4 am Wichtigsten in der Therapie der Verbrennungserkrankung ist die Flüssigkeitssubstitution, da es durch das Auftreten eines Capillary Leak zum hypovolämischen Schock kommt 4 die Berechnung der zu substituierenden Flüssigkeitsmenge erfolgt nach der Baxter-Formel: 5 4 ml Ringerlactat × Körpergewicht des Patienten in kg × verbrannte Körperoberfläche in % 4 die errechnete Menge wird auf die ersten 24 Stunden verteilt 4 die Gabe der Hälfte der Menge erfolgt in den ersten 8 Stunden und die zweite Hälfte in den folgenden 16 Stunden
2
Eigene Notizen
300
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
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4 als Zielgröße für die Flüssigkeitssubstitution ist der arterielle Mitteldruck und die Urinausscheidung entscheidend: 5 Kind: 1 ml/kg KG/h 5 Erwachsener: 0,5 ml/kg KG/h 4 bei Inhalations- oder Elektrotrauma erhöht sich die zu substituierende Flüssigkeitsmenge um den Faktor 1,5
Operative Therapie 4 die operative Therapie beinhaltet folgende Prinzipien: 5 sofortige Escharotomie (Einschneiden des Verbrennungsschorfes) 5 frühzeitige Nekrektomie (Abtragen der nekrotischen Anteile) 5 temporäre Deckung der Wunden mit alloplastischen Ersatz (z.B. Leichenhaut) oder Wundauflagen 5 Deckung der Wunden mit Eigenhaut nach Stabilisierung der Wundverhältnisse 4 es sind 2 verschiedene Techniken zur Deckung mit Eigenhaut zu unterscheiden: 5 Mesh-Graft: J Spalthauttransplantate werden mit kleinen Einschnitten versehen und ermöglichen so eine Expansion der Fläche des Spalthauttransplantats J die Transplantate sehen nach Expansion wie ein Netz (Mesh) aus 5 Meek-Graft: J Spalthauttransplantate werden auf Korkplatten aufgebracht und in der Art eines Schachbrettmusters zerschnitten J die so erzielten Spalthautquadrate werden auf speziell vorgefaltete Seide aufgeklebt J nach Auseinanderziehen der Seide kommt es dann zur Expansion der Spalthaut J die Seide mit der Spalthaut wird dann auf die Wunde aufgebracht
2.4.2
Nichtthermische Läsionen
4 nichtthermischen Läsionen umfassen Verletzungen: 5 mit Säuren und Laugen 5 durch Strom 5 durch Strahlen 4 alle nichtthermischen Läsionen: 5 sind schwierig zu beurteilen 5 die Heilungsverläufe sind oft kompliziert und langwierig
Säure- und Laugenverletzungen 4 die Läsionen durch chemische Agentien sind schwierig zu behandeln, das Hauptaugenmerk ist auf die Initialbehandlung zu richten: 5 Entfernen kontaminierter Kleidung 5 ausgiebiges Spülen der betroffenen Hautareale (ca. 5 Minuten)
301 2.4 · Verbrennungschirurgie
5 ggf. Augendusche durchführen 5 Sonderfall Flusssäure: J sie lässt sich nicht durch einfaches Abspülen inaktivieren J oft initial schmerzlos, erst später unstillbarer Schmerz J Flusssäure muss mittels Kalziumglukonat inaktiviert werden, z.B. Kalziumglukonat als topisches Gel J bei Verätzung einer ganzen Extremität intraarterielle Gabe von Kalziumglukonat zum Versuch des Extremitätenerhalts 4 oftmals ist die initiale Verätzung schmerzlos, die Patienten stellen sich meist erst vor, wenn es bereits zu einer tieferen Schädigung der Dermis gekommen ist 5 Beispiel: Ein Bauarbeiter hat tagsüber mit einfachen Arbeitsschuhen mit Zement gearbeitet, er stellt sich ca. 8 Stunden später in der Notaufnahme vor, weil ihn seit ca. 2 Stunden die Füße schmerzen, bei Inspektion beider Füße zeigen sich Verätzungen II° an den Füßen, insbesondere über dem Fußrücken
Elektrotrauma 4 nach dem Ohm-Gesetz folgt Strom immer dem geringsten Widerstand, d.h. der Strom fließt entlang der Strukturen im Körper, die den geringsten Widerstand haben 5 Gefäße 5 Grenzstrukturen zwischen Knochen und Muskeln 5 parenchymatöse Organe 5 Muskeln 4 zu unterscheiden sind: 5 Starkstromverletzungen (>1000 Volt) J oftmals mit Verbrennung durch Lichtbogen J mit begleitender Hitzeentwicklung durch Stromdurchfluss J Ein- und Austrittsmarken des Stroms erkennbar J mögliche Herzrhythmusstörungen J Muskelnekrosen und Gefäßthrombosen J begleitendes Nierenversagen durch Myoglobinurie 5 Niederstromverletzungen (<1000 Volt) J bei Haushaltsstrom (220 Volt) meistens folgenlos, ! Cave Bei Herzschrittmacher Aggregattest notwendig J manchmal Ein- und Austrittsmarken erkennbar J Überwachung des Patienten wegen möglicher Herzrhythmusstörungen erst bei Drehstrom (>350 Volt) zwingend notwendig 4 eine Starkstromverbrennung ist immer größer als sie aussieht: 5 daher wird zunächst das Ergebnis der Baxter-Formel (s.o.) bei Starkstromverletzungen mit dem Faktor 1,5 multipliziert (und die Diurese gesteuert) 5 zur besseren Objektivierung des Verbrennungsausmaßes bei Starkstromverletzungen sind CT oder MRT heranzuziehen 5 Muskelnekrosen können mittels Szintigraphie bewertet werden
2
Eigene Notizen
302
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
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Strahlenschäden 4 4 4 4
durch Gamma-, Röntgen- oder UV-Strahlung (ionisierende Strahlen) Einteilung der Läsionen analog zu den Verbrennungen (I°–III°) oftmals ist der Schaden initial nur durch eine Rötung zu erkennen bekannteste Läsion durch Strahlen ist der Sonnenbrand (Dermatitis solaris durch UV-Strahlen): 5 Behandlung wie bei der oberflächlichen Verbrennung (Kühlen, Cremen, bei Bedarf Verwendung von antiseptischen Verbänden) 4 wichtig bei Strahlenschäden durch Röntgen- oder Gammastrahlen ist die ungefähre Dosis herauszufinden (bei hohen Dosen oftmals nur palliative Konzepte möglich)
2.5
Handchirurgie
4 in der Handchirurgie ist die Kenntnis der anatomischen Strukturen: 5 Grundvoraussetzung für das Erkennen von Pathologien 5 oftmals der Schlüssel zur Wahl der optimalen Therapie 5 daher gilt für dieses Teilgebiet auch im Examen: »Anatomy is destiny«
2.5.1
Sehnenläsionen
Verletzungen der Strecksehnen Anatomie 4 Unterscheidung von intrinsischen und extrinsischen Strecker zu unterscheiden 4 extrinsische Strecker sind Muskeln, die ihren Ursprung am Unterarm haben: 5 M. abductor pollicis longus (APL) 5 M. extensor pollicis brevis (EPB) 5 M. extensor carpi radialis (ECR) mit 2 Anteilen J ECRB (brevis) und J ECRL (longus) 5 M. extensor pollicis longus (EPL) 5 M. extensor digitorum (ED) 5 M. extensor indicis (EI) 5 M. extensor digiti minimi (EDM) 5 M. extensor carpi ulnaris (ECU) 4 intrinsischen Strecker: 5 Mm. interossei 5 Mm. lumbricales gebildet 5 beide strahlen mit ihren Sehnen in den Streckapparat der Finger ein 4 zur besseren Orientierung bei Verletzungen der Strecksehnen wird die Hand in verschiedene Zonen der Strecksehnenverletzungen eingeteilt
303 2.5 · Handchirurgie
Handverletzungen der Zone 1 Definition 4 Verletzung auf Höhe des Endgelenks
Ätiologie 4 typisches Verletzungsmuster bei axialem Stauchungstrauma: 5 »Ich habe einen Ball gegen den Finger bekommen.« 5 »Ich habe gerade das Laken unter die Matratze gesteckt, als ich plötzlich einen Schmerz im Finger spürte.«
Klinik 4 typisches Hängen des Endgliedes (Hammerfinger: engl. mallet-finger) in einer Flexionsstellung von mindestens 20° 4 keine aktive Extension im Endglied möglich
Diagnostik 4 Röntgen des Fingers in 2 Ebenen: 5 zum Ausschluss eines knöchernen Strecksehnenausrisses
Therapie 4 konservativ: 5 Ruhigstellung des Endgliedes (Schiene nach Stack) 4 operativ: Indikation: 5 nur bei größeren knöchernen Strecksehnenausrissen (mindestens 1/3 der Gelenkfläche), dann auch als Buschfraktur bezeichnet 4 OP-Verfahren: 5 transossäre Ausziehnaht nach Lengemann oder 5 temporäre Arthrodese des DIP-Gelenks mittels K-Draht 4 falls keine Therapie erfolgt, wandelt sich der Hammerfinger im Verlauf in die Schwanenhalsdeformität um (Hyperextension im proximalen Interphalangealgelenk bei Flexion im distalen Interphalangealgelenk)
Handverletzungen der Zone 2 Definition 4 Läsion auf Höhe des Mittelglieds
Ätiologie 4 seltenes Verletzungsmuster 4 meistens als Schnittverletzung
Klinik 4 oft klinisch keine Symptome 4 nur bei kompletter Durchtrennung: 5 Hängen des Endgliedes: Läsionen im zentralen Anteil (Pars triangularis)
Therapie 4 operative Rekonstruktion der Strecksehne bei offenen Verletzungen
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Eigene Notizen
304
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
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Verletzungen der Zone 3 Definition 4 Läsion auf Höhe des Mittelgelenks (proximales Interphalangealgelenk)
Ätiologie 4 meist Schnittverletzung (häufiger an der nicht dominanten Hand)
Klinik 4 bei kompletter Durchtrennung Hängen des Mittel- und Endgliedes 4 Läsionen im zentralen Anteil (Mittelzügel) müssen bei Schnittverletzungen über dem Mittelgelenk immer ausgeschlossen werden, da klinisch schwierig zu beurteilen
Therapie 4 möglichst anatomisch korrekte operative Rekonstruktion der Seitenund des Mittelzügels der Strecksehne 4 ! Cave Übersehene oder nicht behandelte Läsionen des Mittelzügels führen zur Knopflochdeformität
Handverletzungen der Zonen 4–8 Ätiologie 4 meistens als Schnittverletzung
Klinik 4 nur bei kompletter Durchtrennung leichtes Hängen der Finger, Streckung über Connexus intertendineus gewährleistet 4 bei Teildurchtrennung oftmals nur als Schnappen oder als sägezahnartiges Bewegungsmuster zu erfassen, evtl. leichtes Hängen (ca.10° Streckdefizit) eines Fingers
Therapie 4 Exploration und ggf. operative Rekonstruktion der Strecksehne
Verletzungen der Beugesehnen Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehnen (Flexor digitorum superficialis FDS) 4 ! Cave FDS liegt nur in der Hohlhand oberflächlich, am Finger kommt es zur Aufteilung der Sehne (Chiasma), setzt am Mittelglied an
Ätiologie 4 typisches Verletzungsmuster sind Schnittverletzungen, z.B. in der Hohlhand
Klinik 4 Schwäche des betroffenen Fingers 4 beim Blick auf die entspannte Hand fällt eine Streckung (vermehrte Extension) des Fingers auf 4 Beugung im Mittelgelenk bei fixierten anderen Langfingern endgradig aufgehoben
305 2.5 · Handchirurgie
Diagnostik 4 weitere Diagnostik: 5 Röntgen: nur bei Verdacht auf Verbleib eines Fremdkörpers notwendig
Therapie 4 operative Versorgung mittels Sehnenkernnaht, z.B. nach KirchmayrKessler oder Bunnell
Durchtrennung der tiefen Beugesehnen (Flexor digitorum profundus: FDP) 4 ! Cave FDP liegt nur in der Hohlhand tief, am Finger kommt es auf Höhe des Mittelglieds zum Durchstoßen der aufgeteilten FDS-Sehne (Chiasma)
Ätiologie 4 typisches Verletzungsmuster sind Schnittverletzungen, z.B. über dem Mittel- oder Endglied palmar
Klinik 4 Schwäche des betroffenen Fingers 4 beim Blick auf die entspannte Hand fällt eine Streckung (vermehrte Extension) des Fingers im Endglied auf 4 Beugung im Endgelenk bei fixiertem Mittelgelenk aufgehoben
Diagnostik 4 weitere Diagnostik: 5 Röntgen: nur bei Verdacht auf Verbleib eines Fremdkörpers notwendig
Therapie 4 operative Versorgung mittels Sehnenkernnaht, z.B. nach KirchmayrKessler oder Bunnell
Durchtrennung der tiefen und der oberflächlichen Beugesehne (FDS und FDP) Ätiologie 4 typisches Verletzungsmuster sind Schnittverletzungen proximal des Mittelglieds
Klinik 4 aufgehobene Flexion des betroffenen Fingers 4 beim Blick auf die entspannte Hand fällt ein Beugedefizit (vermehrte Extension) des Fingers auf
Diagnostik 4 Klinik 4 weitere Diagnostik: 5 Röntgen: nur bei Verdacht auf Verbleib eines Fremdkörpers notwendig
2
Eigene Notizen
306
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
Therapie 4 operative Versorgung mittels Sehnenkernnaht, z.B. nach KirchmayrKessler oder Bunnell beider Sehnen, wenn möglich
Nachbehandlung von Beugesehnenverletzungen 4 Nachbehandlung möglichst früh mit dem Beübungsschema nach Kleinert: 5 dabei werden an den Nägeln der Langfinger Gummizügel befestigt, die zu einer Flexion der Langfinger führen 5 die Extension der Langfinger ist dadurch aktiv möglich 5 die Flexion erfolgt passiv durch die Gummizügel 5 es kommt zum Gleiten der Sehnen ohne axialen Zug innerhalb der Sehnenscheiden, was ein Verkleben der Sehnen verhindert
Nichttraumatische Sehnenerkrankungen Tendovaginitis stenosans (Schnellender Finger) Definition 4 Stenose des A1-Ringbandes, das zu einem Schnappphänomen des Fingers führt (Schnappfinger)
Klinik 4 meist seit mehreren Monaten bestehend bei langsam zunehmender Symptomatik bis hin zur Fixierung des Fingers in Flexionsstellung 4 durch den Patient auslösbares Schnappphänomen, das schmerzhaft ist 4 oftmals tastbares Sehnenknötchen im Bereich der Beugesehne
Diagnostik 4 bei zusätzlichem Verdacht auf Karpaltunnelsyndrom: NLG
Therapie 4 operative Versorgung mittels Spaltung des A1-Ringbandes
Tendovaginitis De Quervain Definition 4 Synovialitis im Bereich des ersten Strecksehnenfaches (APL- und EPBSehne)
Klinik 4 Anamnese: langsam zunehmende Symptomatik, meistens bei Frauen im mittleren Alter zu beobachten 4 Schmerz im Bereich des radialen Handgelenks, insbesondere bei Ulnarduktion (Öffnen von Konserven schmerzhaft)
Diagnostik 4 Finkelstein-Test: 5 der Patient umschließt den gebeugten Daumen mit den Langfingern 5 der Untersucher abduziert das Handgelenk nach ulnar 5 bei starkem Schmerz ist der Test positiv
307 2.5 · Handchirurgie
Therapie 4 primär konservativ mit Ruhigstellung 4 falls nach 4–6 Wochen keine Besserung der Symptomatik eingetreten ist, wird die operative Eröffnung des ersten Strecksehnenfachs empfohlen 4 ! Cave Bei operativer Eröffnung des Sehnenfachs ist der R. dorsalis des N. radialis immer zu schonen
2.5.2
Frakturen
Brüche der Fingerglieder Brüche des Endgliedes Nagelkranzfraktur Ätiologie 4 meistens Einklemmen des Fingers in Autotür oder andere Quetschung, z.B. durch Schlag auf den Finger
Klinik 4 Schmerz im Bereich des Endgliedes 4 subunguales Hämatom
Diagnostik 4 Röntgenaufnahmen a.-p. und seitlich
Therapie 4 operativ: 5 Entlastung des subungualen Hämatoms 5 Ausschluss einer Zerreißung des Nagelbetts; bei Zerreißung Naht des Nagelbetts notwendig 4 konservativ: 5 mittels Ruhigstellung auf Stack’scher Schiene
Gelenkbeteiligende Endgliedfrakturen Siehe auch 7 Abschn. 2.5.1, Verletzung der Strecksehnen
Ätiologie 4 typisches Verletzungsmuster bei axialem Stauchungstrauma
Klinik 4 häufig Hängen des Endgliedes 4 keine aktive Extension im Endglied möglich 4 passive Extension meistens extrem schmerzhaft
Diagnostik 4 Röntgen des Fingers in 2 Ebenen
2
Eigene Notizen
308
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
Therapie 4 operativ: 5 nur bei Beteiligung von mindestens 1/3 der Gelenkfläche 4 OP der Wahl: 5 transossäre Ausziehnaht nach Lengemann bzw. Schraubenosteosynthesen 5 begleitende Ruhigstellung, evtl. auch über temporäre DIP-Arthrodese
Brüche des Mittelgliedes Definition 4 häufig schwere mehrfragmentäre Frakturen mit Gelenkbeteiligung, selten auch als isolierte Querfraktur
Ätiologie 4 typisches Verletzungsmuster bei direkter Gewalteinwirkung (stumpfe guillotinenartige Verletzung = Querfraktur)
Klinik 4 Verkürzung des Mittelgliedes im Seitenvergleich 4 Finger kann kaum bewegt werden 4 Schwellung im Bereich der Fraktur
Diagnostik 4 Röntgen des Fingers in 2 Ebenen
Therapie 4 operativ: 5 Plattenosteosynthese 5 sonst Minifixateur externe 5 Sonderform: gelenkübergreifender dynamischer »Suzuki«-Fixateur für das PIP-Gelenk zur Bewegungserhaltung
Brüche des Grundgliedes Definition 4 selten, meistens als Spiralfraktur, evtl. als Querfraktur
Ätiologie 4 typisches Verletzungsmuster bei Rotationstrauma (Finger verdreht) oder 4 bei direkter Gewalteinwirkung (stumpfe guillotinenartige Verletzung = Querfraktur)
Klinik 4 Verkürzung des Fingers im Seitenvergleich 4 oft mit Verdrehung des Fingers (nur bei Flexion des Fingers zu erkennen) 4 Schwellung im Bereich der Fraktur
309 2.5 · Handchirurgie
Diagnostik 4 Röntgen des Fingers in 2 Ebenen
Therapie 4 operativ: 5 Plattenosteosynthese oder K-Drähten
Brüche der Mittelhand Kopffrakturen 4 Frakturen durch axiale Gewalteinwirkung
Ätiologie 4 typisches Verletzungsmuster nach Faustkampf, ! Cave Offene Fraktur möglich
Klinik 4 intraartikuläre Fraktur, daher Bewegung extrem schmerzhaft 4 Schwellung über den Knöcheln, evtl. mit begleitendem Hämatom oder Hautabschürfungen 4 Ausschluss einer offenen Fraktur ist unbedingt notwendig, da ein hohes Risiko für Infekte besteht
Diagnostik 4 Röntgen der Hand in 2 Ebenen (! Cave Auf Zahnreste des Gegners achten)
Therapie 4 operativ: bei einem Großteil der Fälle erforderlich, z.B.: 5 Kondylenplatte oder axiale antegrade Kirschner-Draht-Spickung
Subkapitale Fraktur Definition 4 Fraktur des distalen Anteils des Schaftes 4 auch »Boxerfraktur« genannt, in 90% der Fälle auf MHK V beschränkt
Klinik 4 Schwellung über den Knöcheln 4 evtl. mit begleitendem Hämatom oder Hautabschürfungen 4 Überprüfung eines Rotationsfehlers des Fingers bei Flexion
Diagnostik 4 Röntgen der Hand in 2 Ebenen
Therapie 4 konservativ: 5 Schienung 4 operativ: bei Abkippung des Kopfes um 40° oder Rotationsfehler
2
Eigene Notizen
310
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
Schaftfraktur Definition 4 als Querfraktur, Mehrfragmentfraktur oder auch Spiralfraktur möglich 4 kein typisches Verletzungsmuster, meistens bei hoher Gewalteinwirkung (z.B. als Begleitverletzung bei Verkehrsunfall)
Klinik 4 Schwellung im Bereich der Mittelhand mit begleitendem Hämatom 4 evtl. Rotationsfehler des betroffenen Fingers
Diagnostik 4 Röntgen der Hand in 2 Ebenen
Therapie 4 konservativ: bei nicht dislozierter Fraktur des MHK III oder IV 4 operativ: 5 Osteosynthese, z.B. Plattenosteosynthese
Basisfraktur der Mittelhandknochen II–V Definition 4 meist MHK IV und V betroffen 4 kein typisches Verletzungsmuster, Pat. gibt oft an: einfach auf die Hand gefallen zu sein
Klinik 4 Schmerzen und Schwellung im Bereich der proximalen Mittelhand und am Handgelenk 4 Extension im Handgelenk oft schmerzhaft 4 oft genau lokalisierter Druckschmerz über der Fraktur
Diagnostik Röntgen der Hand in 2 Ebenen
Therapie 4 konservativ: bei nichtdislozierter Fraktur möglich (3 Wochen Schiene) 4 operativ: bei Stufenbildung der Gelenkfläche
Basisfraktur des Mittelhandknochen I Wintersteinfraktur Definition 4 extraartikuläre Fraktur der MHK-I-Basis
Ätiologie 4 Hängenbleiben mit dem Daumen oder Sturz auf den Daumen
311 2.5 · Handchirurgie
Klinik 4 Daumen kann kaum bewegt werden und ist schmerzhaft 4 oftmals keine grobe Dislokation primär ersichtlich
Diagnostik 4 Röntgen des Daumens in 2 Ebenen
Therapie 4 operativ: 5 Plattenosteosynthese
Bennett-Fraktur Definition 4 einfache intraartikuläre Fraktur der MHK-I-Basis
Ätiologie 4 Hängenbleiben mit dem Daumen oder Sturz auf den Daumen
Klinik 4 Daumen kann kaum bewegt werden und ist schmerzhaft 4 Dislokation des Daumens nach dorso-radial durch Zug der Sehnen von APL und EPB, ! Cave nicht mit Sattelgelenksluxation verwechseln
Diagnostik 4 Röntgen des Daumens in 2 Ebenen
Therapie 4 operativ: 4 Schrauben- oder K-Draht-Osteosynthese
Rolando-Fraktur Definition 4 mehrfragmentäre intraartikuläre Fraktur der MHK-I-Basis (typische Y-Fraktur)
Ätiologie 4 axiales Stauchungstrauma des Daumens, meistens Sturz auf den Daumen
Klinik 4 Daumen kann kaum bewegt werden und ist schmerzhaft 4 Dislokation des Daumens nach dorso-radial, ! Cave nicht mit Sattelgelenksluxation verwechseln
Diagnostik 4 Röntgen des Daumens in 2 Ebenen
2
Eigene Notizen
312
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
Therapie 4 operativ: 5 Kirschner-Draht-, Platten- oder Schraubenosteosynthese (je nach Schwere der Fraktur)
Brüche des Handgelenks Definition 4 Bruch der Handwurzelknochen, meistens Bruch des Os scaphoideum (. Tabelle) Frakturhäufigkeit an der Handwurzel Fraktur
Häufigkeit in %
Os scaphoideum
78,8%
Os triquetrum
13,8%
Os trapezium
2,3%
Übrige Handwurzelknochen
5,1%
Ätiologie 4 Sturz auf die gestreckte Hand
Klinik 4 starker Schmerz im Bereich des Handgelenks 4 der Patient kann das Handgelenk kaum bewegen
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 Druckschmerz in der Tabatiére – pathognomonisch für Skaphoidfraktur 4 Röntgen des Handgelenks: 5 a.-p. und streng seitlich 5 bei V.a. Skaphoidfraktur: Skaphoidquartett 4 bei weiterhin unklarem Befund: 5 CT des Handgelenks 5 evtl. dynamische Durchleuchtung des Handgelenks
Therapie 4 bei unklarem Bild: 5 Ruhigstellung und Reevaluation nach 5–7 Tagen 4 konservativ: 5 Ruhigstellung für 6–12 Wochen bei nicht dislozierter stabiler Fraktur 4 operativ: 5 bei Großteil der Fälle von Skaphoidfrakturen mittels HerbertSchraube (Kompressionsschraube mit 2 unterschiedlichen Gewinden), da das Skaphoid bei konservativer Therapie oft zur Pseudarthrosenbildung neigt
313 2.5 · Handchirurgie
2.5.3
Bandrupturen und Luxationen
Skidaumen Definition 4 Riss des ulnaren Seitenbandes am Metakarpophalangealgelenk (MPGelenk) des Daumens 4 oft mit Interposition des Bandapparates in das Gelenk (Stener-Läsion)
Ätiologie 4 meistens Sturz auf den Daumen oder 4 Hängenbleiben mit dem Daumen (z.B. in der Schlaufe des Skistocks)
Klinik 4 Schmerz im Bereich des ulnaren MP-Gelenks 4 der Patient hat das Gefühl eines instabilen Daumens 4 bei frischen Läsionen deutliche Schmerzhaftigkeit
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 bei fixiertem Mittelhandknochen wird der Daumen nach radial geführt: J bei vermehrter Aufklappbarkeit des Gelenks (Seitenvergleich!) Hinweis auf Stener-Läsion 4 gehaltene Röntgenaufnahmen
Therapie 4 konservativ: 5 Ruhigstellung für 3 Wochen bei unklarem Bild, sonst operativ 4 operativ: 5 Bandnaht
Perilunäre Luxation Ätiologie 4 meist Sturz auf das gestreckte Handgelenk, Hochgeschwindigkeitstrauma
Klinik 4 extreme Schmerzhaftigkeit im Bereich des Handgelenks 4 kaum zu bewegendes Handgelenk mit meistens deutlicher Fehlstellung 4 Luxation des Lunatums mit Bandzerreißung, oft mit begleitender Skaphoidfraktur
Diagnostik 4 Röntgen: a.-p. und streng seitlich
Therapie 4 sofortige operative Reposition der Luxation 4 bei Verdacht auf Kompression des N. medianus frühzeitige Karpaltunnelspaltung
2
Eigene Notizen
314
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2.5.4
Periphere Nervenverletzungen an der Hand
Pathogenese
2
4 traumatische Verletzungen von Nerven an der Hand gehen immer mit einem Sensibilitätsverlust einher 4 daher ist die klinische Untersuchung mit genauer Identifikation des Sensibilitätsausfalls von immenser Bedeutung
Ätiologie 4 in den meisten Fällen liegen Schnittverletzungen zu Grunde 4 meist palmarseitige Verletzungen
Klinik 4 Taubheitsgefühl im Bereich der Fingerkuppen 4 Patient berichtet über »eingeschlafene« Finger
Diagnostik 4 Inspektion: 5 Im Verlauf welcher sensiblen Nerven liegt die Läsion? 4 Palpation: 5 Vorsichtiges Betasten der betroffenen Fingerkuppen 5 Fragen an den Patienten: Spüren sie das? 4 Spitz-Stumpf-Diskriminationstest: 5 der Patient wird mit einem spitzen und einem stumpfen Gegenstand im Bereich der Fingerkuppen berührt 5 ist ein Schmerzreiz durch das spitze Instrument (Nadel) auszulösen, ist der Nerv intakt 4 2-Punkt-Diskriminationstest: 5 die Fingerkuppe wird mit einem festen Gegenstand (auseinander gebogene Büroklammer), der an 2 Punkten mit der Haut in Kontakt kommt, berührt 5 der Patient wird gefragt, ob er 2 Punkte oder einen Punkt auf der Haut spürt 5 der kleinste Wert, der für 2 Punkte erreicht werden kann, ist der erreichte Wert des Patienten (Normalwert: 3–6 mm, pathologisch >10 mm)
Therapie 4 Nervenläsionen sollten zeitnah versorgt werden 4 operative Versorgung erfolgt immer unter Blutleere und unter lupenmikroskopischer Vergrößerung 4 Koaptation der Nervenenden meistens mittels epineuraler Naht, danach Ruhigstellung auf einer Schiene für 10 Tage 4 die Nervenregeneration erfolgt mit einer Schnelligkeit von 1 mm pro Tag 4 zur Ermittlung der erfolgten Nervenregeneration wird ein distal der Läsion gelegenes Hoffmann-Tinel-Zeichen aufgesucht, das Ausmessen der Entfernung zur ursprünglichen Läsion bringt Aufschluss, ob es zu einer regelrechten Regeneration gekommen ist
315 2.5 · Handchirurgie
2.5.5
Infekte an der Hand
Paronychie Definition 4 Entzündung des Nagelwalls, auch Panaritium des Nagelrandes 4 manchmal mit Bagatellverletzung in der Anamnese (eingerissener Nagelwall)
Klinik 4 meistens seit mehreren Tagen bis zu Wochen bestehende Schwellung am Nagel 4 Schmerzhaftigkeit im Bereich des Nagelwalls mit deutlicher Rötung und Überwärmung 4 zunächst nur auf den Nagelwall begrenzt, erst später auch auf andere Teile der Fingerkuppe übergehend
Diagnostik 4 Röntgen nur bei Verdacht auf Fremdkörper (z.B. Glas- oder Metallsplitter)
Therapie 4 operativ: 5 Entlastung des Verhalts mittels Hockeyschläger-förmiger Inzision (am Fuß auch Emmert-Plastik möglich)
Panaritium Definition 4 kleinere Abszesse im Bereich der Fingerbeere, die aufgrund Ihrer spezifischen Art der Ausbreitung noch unterteilt werden: 5 Panaritium cutaneum: intrakutane, subepidermale Abszessbildung 5 Panaritium subcutaneum: subkutane Abszessbildung an der palmaren Fingerkuppe 5 Kragenknopfpanaritium: intra- und subkutane Abszessbildung (geformt wie ein Kragenknopf) 5 Panaritium subunguale: Eiteransammlung unterhalb des Nagels, geht oft auf ein subunguales Hämatom zurück 5 Panaritium periostale: Kragenknopfpanaritium, das bis zum Periost reicht 5 Panaritium ossale: ossärer Abszess oder ausgehend von subkutanem Panaritium 5 Panaritium articulare: gelenkbeteiligender Abszess, meist von subkutanem Panaritium ausgehend 5 Panaritium tendinosum: auf die tiefe Beugesehne übergreifender subkutaner Abszess, oftmals Beginn für eine 7 Sehnenscheidenphlegmone
2
Eigene Notizen
316
Kapitel 2 · Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie und Handchirurgie
Eigene Notizen
2
Klinik 4 meist seit mehreren Tagen bestehender, langsam zunehmender Schmerz und zunehmende Schonung des Fingers mit kleiner Rötung im Bereich des distalen Anteils eines Fingers 4 Ausweitung der Rötung 4 Schwellung 4 Schmerz 4 evtl. gelblich verfärbte Blase an der Fingerkuppe erkennbar
Diagnostik 4 Röntgen des Fingers: 5 zum Ausschluss einer knöchernen Beteiligung (Osteomyelitis, Aufhellung im Bereich der Kortikalis)
Therapie 4 operative Abszessentlastung und Drainage 4 evtl. Einlage von Antibiotikaketten bei ossärer Beteiligung 4 zusätzliche antibiotische Abdeckung sinnvoll (nicht zwingend)
Sehnenscheidenphlegmone Definition 4 eitrige Entzündung im Bereich der Beugesehnenscheide
Ätiologie 4 meistens Bagatellverletzung als Ausgangspunkt 4 manchmal auch Panaritium als Ursache
Klinik 4 zunehmende Rötung und Schwellung des Fingers, evtl. bis in die Hohlhand reichend mit eingeschränkter Funktion 4 Schmerzhaftigkeit im Bereich der Beugesehnenscheide (Druck auf Palmarseite des Fingers löst Schmerz aus) 4 oftmals begleitende Lymphangitis oder Lymphadenitis (Axilla)
Diagnostik 4 Labor: 5 Leukozytose, CRP↑ 4 Röntgen zum Fremdkörperausschluss bei klinischem Verdacht
Therapie 4 operative Eröffnung der Sehnenscheide mit Spülung 4 Einlage einer Lasche, evtl. Einlage eines Medikamententrägers 4 ! Cave Kein kompletter Verschluss der Wunde
V-Phlegmone Definition 4 besonders schwerer Fall einer Sehnenscheidenphlegmone mit Beteiligung von Kleinfinger und Daumen
317 2.5 · Handchirurgie
Ätiologie 4 meist bereits seit mehr als einem Tag bestehende nicht behandelte Sehnenscheidenphlegmone
Klinik 4 Schmerzhaftigkeit im Bereich der Beugesehnenscheiden zweier Finger, z.B. Daumen und Kleinfinger bei Ursprung der Phlegmone am Kleinfinger 4 gesamte Hand ist geschwollen
Diagnostik 4 siehe Phlegmone
Therapie 4 operativ: 5 Eröffnung aller Sehnenscheiden mit Spülung der Sehnenscheiden bis in die Hohlhand und in den Karpalkanal hinein 5 Antibiose und Antibiogramm
2
Eigene Notizen
3 Tag 4 – Plastische Chirurgie, Verbrennungschirurgie, Handchirurgie und Neurochirurgie
3
Neurochirurgie H.Clusmann, F.J. Hans, G. Neuloh, M.F. Oertel
3.1
Allgemeine Grundlagen – 320
3.1.1 3.1.2 3.1.3
Zerebrale Autoregulation und intrakranieller Druck – 320 Bewusstseinsstörung, GCS und Hirntod – 321 Interdisziplinäre Aspekte – Schnittstellen – 322
3.2
Entwicklungsstörungen – Kinderneurochirurgie – 322
3.2.1 3.2.2 3.2.3
Kraniosynostose – 322 Spina bifida, Chiari-Fehlbildung und Hydrozephalus Dandy-Walker-Fehlbildung – 325
3.3
Liquorzirkulation und Hydrozephalus – 327
3.3.1 3.3.2 3.3.3
Hydrocephalus malresorptivus – 328 Hydrocephalus occlusus – 328 Idiopathischer Normaldruckhydrozephalus
3.4
Nervenkompressionssyndrome – 329
3.4.1 3.4.2
Karpaltunnelsyndrom – 329 Ulnarisrinnensyndrom – 331
3.5
Spinale Neurochirurgie – 332
3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5
Bandscheibenvorfall – 332 Spinalkanalstenose – 336 Spinale Infektion – 337 Spinale Tumore – 338 Spinales Trauma mit Querschnittslähmung
3.6
Neurochirurgische Onkologie – 340
3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6 3.6.7
Hirneigene Tumore – 340 Meningeome – 343 Hirnnerventumoren – 345 Selläre/paraselläre Tumoren – 345 Kindliche Hirntumoren – 347 Hirnmetastasen – 348 Primäres ZNS-Lymphom (PCNSL) – 349
– 323
– 329
– 339
H. Clusmann et al., Chirurgie IN 5 TAGEN, DOI 10.1007/978-3-642-20475-3_3, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2012
3 3.7
Zerebrovaskuläre Erkrankungen – 350
3.7.1 3.7.2 3.7.3 3.7.4
Subarachnoidalblutung (SAB) – 350 Intrazerebrale hypertensive Blutung (ICB) – 353 Atypische intrazerebrale Blutungen – 354 Ischämischer Schlaganfall – 355
3.8
Schädel-Hirn-Trauma – 357
3.8.1 3.8.2 3.8.3 3.8.4 3.8.5 3.8.6
Gehirnerschütterung (Commotio) – 358 Schädelfrakturen und Liquorfisteln – 359 Epidurales Hämatom – 361 Subdurales Hämatom – 362 Traumatische SAB und Hirnkontusion – 364 Diffuses axonales Schertrauma – 365
3.9
Funktionelle Neurochirurgie – 365
3.9.1 3.9.2 3.9.3
Tiefe Hirnstimulation – 365 Epilepsiechirurgie – 367 Neurovaskuläre Dekompression
3.10
Infektionen – 370
3.10.1 3.10.2 3.10.3
Meningitis – 370 Hirnabszess – 371 Epidurales oder subdurales Empyem – 372
– 369
320
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
3.1
Allgemeine Grundlagen
Neurochirurgie befasst sich mit 4 Verletzungen und deren Folgen, 4 chirurgisch behandelbaren Fehlbildungen, 4 tumorösen, vaskulären und anderen Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems und seiner Hüllen.
3.1.1
Zerebrale Autoregulation und intrakranieller Druck
4 Autoregulation der Hirndurchblutung: 5 »Sicherheitssystem« zum Schutz vor inadäquater Perfusion 5 Widerstandsgefäße halten den effektiven Blutdruck im Gehirn (CPP: Perfusionsdruck = MAD: mittlerer arterieller Druck) nahezu konstant, während der systemische arterielle Blutdruck zwischen 50 und 170 mmHg schwanken kann (Bayliss-Effekt) 4 Hirndruck (ICP: intracranial pressure = intrakranieller Druck): der im Schädelinnern herrschende (intrakranielle) Druck, . Tabelle 4 wesentliche Volumenbestandteile sind: 5 Gehirn 5 Liquor und Blut 4 Volumenzunahme eines Kompartiments erfordert die Abnahme eines anderen, sonst steigt der intrakranielle Druck (Monro-Kellie-Doktrin) ICP-Werte (mmHg)
Interpretation
Folgen
0–10
normaler ICP
keine Schädigung
11–20
leicht erhöhter ICP
keine Schädigung zu erwarten
21–40
stark erhöhter ICP
mittelfristige Schädigung
Über 40
sehr stark erhöhter ICP
kurzfristige irreversible Schädigung
Klinik 4 bei erhöhtem ICP: 5 Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen 5 Stauungspapillen 5 Bradykardie, Atemstörungen, RR-Anstieg (Cushing-Reflex) 5 Bewusstseinsstörung ( Vigilanzminderung)
Diagnostik 4 klinische Untersuchung (z.B. Spiegelung des Augenhintergrundes) 4 Druckmessung mit Sonden (epidural, subdural, intraparenchymatös, intraventrikulär) 4 CT, MRT
321 3.1 · Allgemeine Grundlagen
Therapie
Eigene Notizen
4 bei erhöhtem Druck: 5 Oberkörperhochlagerung 5 Analgosedierung und Beatmung (CPP >70 mm Hg) 5 Liquordrainage 5 Hyperventilation und medikamentöse Therapie (pCO2 ~30 mmHg, Osmotherapie, Thiopental bis burst supression) 5 operative Dekompressionskraniotomie, evtl. Lobektomie
3.1.2
3
Bewusstseinsstörung, GCS und Hirntod
Glasgow Coma Scale (GCS, Teasdale, Jennett 1974): 5 ist eine einfache Skala zur Bewertung einer Bewusstseinsstörung. Es gibt 3 Leistungen, für die jeweils Punkte vergeben werden (. Tabelle) 5 maximale Punktzahl ist 15 (volles Bewusstsein) 5 bei 8 oder weniger Punkten ist von einer sehr schweren Funktionsstörung des Gehirns auszugehen (Koma) 5 GCS findet zum Beispiel Anwendung bei der Einschätzung der Schwere eines Schädel-Hirn-Traumas Augenöffnung
Verbale Kommunikation
Motorische Reaktion
Reaktion
Punkte
Reaktion
Punkte
Reaktion
Punkte
spontan
4
orientiert
5
folgt Aufforderungen
6
auf Ansprache
3
verwirrt
4
gezielte Abwehr auf Schmerzreiz
5
auf Schmerzreiz
2
einzelne Worte
3
ungezielte Abwehr
4
fehlt
1
unverständliche Laute
2
atypische Beugesynergismen
3
fehlt
1
Strecksynergismen
2
fehlt
1
4 Hirntod wird definiert: 5 als Zustand der irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms 5 dabei wird durch kontrollierte Beatmung die Herz- und Kreislauffunktion noch künstlich aufrechterhalten 5 die Diagnose, die Voraussetzungen, die klinischen Symptome, der Nachweis der Irreversibilität, die Zeitdauer der Beobachtung und ergänzende Untersuchungen sind in den Richtlinien der Bundesärztekammer einzusehen
322
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
3.1.3
Interdisziplinäre Aspekte – Schnittstellen
Neurologie
Neuroonkologie, Bewegungsstörungen, neurophysiologische Diagnostik
Neuroradiologie
Diagnostik, endovaskuläre Therapie (von Aneurysmen etc.)
ZMK, HNO
Schädelbasis-Erkrankungen, SHT, Kraniosynosthosen
Strahlentherapie
Radiochirurgie, Neuroonkologie, vaskuläre Fehlbildungen
Kinderheilkunde
Hirntumoren, Hydrozephalus, Fehlbildungen
Unfallchirurgie
Behandlung von Polytraumen
Orthopädie
Behandlung degenerativer Wirbelsäulenerkrankungen, Fehlbildungen
Ophthalmologie
Diagnostik, orbitale Prozesse
Palliativmedizin
Neuroonkologie
3.2
Entwicklungsstörungen – Kinderneurochirurgie
3.2.1
Kraniosynostose
Definition 4 Schädeldeformität (kongenital) durch vorzeitigen Verschluss einer oder mehrerer Schädelnähte 4 Differenzialdiagnose: 5 lagebedingter Plagiozephalus: Schädelasymmetrie i.S. einer Parallelverschiebung durch einseitige Kopflagerung v.a. in Rückenlage
Ätiologie 4 tritt isoliert auf (meistens) oder im Rahmen eines sog. kraniofazialen Syndromes (z.B. Crouzon-Syndrom, Apert-S.) oder 4 im Rahmen eines systemischen Geschehens (z.B. hämatologische oder Stoffwechsel-Erkrankung)
Prävalenz 4 ca. 0,5–1:1000 bei Säuglingen 5 Sagittalnahtsynostose: 50–60% 5 Koronarnahtsynostose: 20–30% (meist einseitig) 5 metopische Synostose und Lambdanaht-Synostose: jeweils <10%
Klinik 4 verkürztes Wachstum senkrecht zur betroffenen Naht 4 kompensatorisches Wachstum an offenen Nähten 4 Progress im Verlauf
323 3.2 · Entwicklungsstörungen – Kinderneurochirurgie
4 Sagittalnaht: Skaphozephalus (lang, schmal) 4 Koronarnaht 5 einseitig: anteriorer Plagiozephalus (schief) 5 beidseitig: Brachyzephalus/Turribrachyzephalus (kurz, hoch) 4 metopische Naht: Trigonozephalus 4 Lambdanaht: posteriorer Plagiozephalus 4 potenziell kosmetisch beeinträchtigend 4 evtl. intrakranielle Druckerhöhung und neurologische (Entwicklungs-) Störungen (IQ)
Diagnostik 4 typischer klinischer Befund 4 Verifikation der Synostose durch Ultraschall oder Röntgen/ggf. CCT
Therapie 4 bei milder Ausprägung abwartende Haltung, evtl. konservativer Therapieversuch mit Helm 4 Operation: 5 Resektion der Synostose, kranioplastische Korrektur z.B. mit frontoorbitalem Advancement (Ventralversatz des frontoorbitalen Bandes u.a. bei Trigono- und Brachyzephalus) und Schädelerweiterungs-/-verkürzungsplastik 5 ggf. gleichzeitige kiefer-/gesichtschirurgische Korrekturen 5 bestes Alter 4–9 Monate: noch formbarer, dünner Knochen, später schwieriger 5 Hauptrisiko der Operation: hoher Blutverlust 5 Explantation des Osteosynthesematerials (Mikroplatten, -schrauben) nach 3–6 Monaten, alternativ resorbierbares Material (umstritten) 5 Verknöcherung verbliebener Knochenlücken nach Kranioplastik innerhalb weniger Wochen bis Monate
3.2.2
Spina bifida, Chiari-Fehlbildung und Hydrozephalus
Definition 4 bei der Meningomyelozele (MMC) liegt ein Teil des meist aufgefalteten Rückenmarks (Plakode) frei bei gleichzeitig fehlendem Verschluss der Rückenmarkshäute, des knöchernen Spinalkanals und der darüber liegenden Gewebeschichten 4 andere dysraphische Störungen (durch gestörte Gastrulation bzw. Neurulation während der 3.–4. SSW) sind: 5 Meningozelen und verdeckte Läsionen (Spina bifida occulta) wie Lipome des Konus und des Filum terminale 5 Dermalsinus 5 Split-cord-Malformationen (veraltet: Diastematomyelie) 5 Tethered-cord-Malformationen 5 knöcherne Bogenschlussanomalien
3
Eigene Notizen
324
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
Inzidenz 4 bei Neugeborenen etwa 1:000–1:4000 in entwickelten Ländern, multifaktorielle Ätiologie mit genetischen und Umwelteinflüssen
Assoziierte Störungen
3
MMC ist häufig assoziiert mit: 4 Hydrozephalus: 5 möglicherweise aufgrund des Liquorabflusses durch die offenliegende Zele und konsekutiver Herniation von Gehirnanteilen nach kaudal 4 Chiari-Malformation Typ II: 5 Herniation von Kleinhirnwurm und gestauchter (Kinking) Medulla oblangata sowie Anteilen des 4. Ventrikels durch das Foramen magnum 5 supratentorielle Anomalien wie Balkendysgenesie, meist Hydrozephalus 5 tritt regelhaft assoziiert mit MMC auf 5 Syringomyelie kommt vor 5 abzugrenzen sind: J Chiari-Malformation Typ I: Tonsillenherniation um >5 mm unter Foramen magnum, in der Regel assoziiert mit Syringomyelie; symptomatisch häufig erst im jungen Erwachsenenalter mit Kopfund Nackenschmerzen, zerebellärer Ataxie und sensiblen Störungen durch die Syrinx; primäre Therapie subokzipitale Dekompression mit Duraerweiterungsplastik J Chiari Typ III: Enzephalozele am Foramen magnum 5 sonstiger Hydrozephalus: J anlagebedingt (z.B. Dandy-Walker-Komplex, s.u.) oder J erworben (z.B. posthämorrhagische nach germinaler Matrixblutung)
Klinik 4 MMC bei Geburt unübersehbar mit freiliegender Plakode und zystisch liquorgefüllter Arachnoidalmembran ringsherum 4 neurologische Störungen u.a. abhängig von der Lokalisation (sakral, lumbosakral, thorakolumbal) und der Größe der MMC, dem Vorhandensein und Ausmaß der Chiari-II-Malformation und des Hydrozephalus: 5 Paresen und Sensibilitätsstörungen der unteren Extremitäten bis hin zum kompletten Querschnitt 5 Blasen- und Mastdarmstörungen 5 kaudale Hirnnervenstörungen bis hin zu Stridor und Aspiration 5 Atemantriebsstörungen 5 eingeschränkte intellektuelle Entwicklung 5 im Erwachsenenalter IQ-Verteilung nicht weit vom Bevölkerungsdurchschnitt, 80% selbständig im Alltag, allerdings lediglich 33% selbstversorgend erwerbstätig
325 3.2 · Entwicklungsstörungen – Kinderneurochirurgie
Diagnostik 4 Screening mittels Alpha-Fetoprotein im mütterlichen Serum: 5 eingeschränkte Sensitivität und Spezifität (Gestationsalter, Körpergewicht, ethnische Herkunft u.a. Faktoren) 4 hochauflösendes Ultraschall in der 16.–18. SSW und auf Wunsch Alpha-Fetoprotein und Acetylcholinesterase im Fruchtwasser nach Amniozentese (nicht sensitiv für Spina bifida occulta) 4 keine vollständige Sicherheit der pränatalen Diagnostik 4 Blickdiagnose bei der körperlichen Untersuchung 4 Ultraschalluntersuchung 4 ergänzende MRT bei MMC und V.a. Chiari-Malformation oder Hydrozephalus 4 nach operativer Versorgung klinische und bildgebende (MRT) Verlaufskontrollen bis ins Erwachsenenalter zum Ausschluss eines Tethered cord
Therapie 4 Bei bekannter MMC Sectio üblich zum Schutz des freiliegenden Nervengewebes 4 sterile Abdeckung (Infektionsrisiko, mechanische Schäden) 4 operativer Verschluss der MMC binnen 72 Stunden durch 5 Resektion der pathologischen Übergangshaut, verdickter Pia und ggf. eines Lipoms von der Plakode 5 Einrollen der Plakode mittels pialer Nähte zur Vermeidung eines Tetherings (umstritten) 5 Rekonstruktion der Dura (ggf.) mit Ersatzmaterial, der Rückenmuskulatur und Thorakolumbalfaszie sowie der Haut, ggf. mit aufwendigem plastischem Eingriff 4 in Evaluation: fetalchirurgische (offen oder fetoskopisch) Zelendeckung zur Verhinderung neurologischer Plakodenschädigung durch mekoniumkontaminiertes Fruchtwasser und von Chiari-Malformation/Hydrozephalus durch Liquorverlust 4 Versorgung des Chiari-II-Hydrozephalus-Komplexes durch Shuntimplantation; Dekompression wie bei Chiari-I-Malformation kaum jemals erforderlich 4 häufig lebenslange Nachsorge in spezialisierten Zentren: Bewegungsapparat, Blase/Niere etc.
3.2.3
Dandy-Walker-Fehlbildung
Definition 4 Dandy-Walker-Komplex: 5 Spektrum an Fehlbildungen der hinteren Schädelgrube 4 Dandy-Walker-Malformation im engeren Sinne ist am typischsten: 5 Hypoplasie des Vermis cerebelli 5 erweiterter 4. Ventrikel mit vergrößerter hinterer Schädelgrube 5 supratentorieller Hydrozephalus
3
Eigene Notizen
326
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
4 Dandy-Walker-Variante: 5 Vermis-Dysgenesie gering ausgeprägt, nicht notwendigerweise Hydrozephalus 5 Megacisterna magna: vergrößerte Cisterna magna ohne vermale Dysgenesie mit normalem 4. Ventrikel 4 weitere Varianten existieren
Inzidenz 4 selten: <1:25000 Geburten
Ätiologie 4 ätiologische Hypothese: das Dach des embryonalen Rhombenzephalons entwickelt sich zur Dandy-Walker-Zyste des 4. Ventrikels mit verschlossen Foramina Luschkae und Magendi, so dass neben der VermisDysgenesie ein Hydrozephalus resultiert
Klinik 4 meistens bereits im ersten Lebensjahr symptomatisch 4 Hauptsymptom: 5 Hydrozephalus mit inadäquatem Kopfumfangszunahme, praller Fontanelle und klaffenden Schädelnähten 4 Gedeih- und Entwicklungsstörungen (normale Intelligenz in <50%) 4 klinisch vergrößerte hintere Schädelgrube 4 Spastik 4 Ataxie 4 Nystagmus 4 Hirnnervendefizite
Diagnostik 4 pränatale Ultraschalldiagnostik zeigt den Dandy-Walker-Komplex in den meisten Fällen. 4 ggf. pränatales MRT 4 postnatale MRT-Diagnostik zum Nachweis eines offenen Aquäduktes zwischen 3. und 4. Ventrikel für die Therapieplanung (s.u.) 4 Kopfumfangsmessungen und Augenhintergrund (Stauungspapillen?)
Therapie 4 eindeutig asymptomatische Konstellationen (Megacisterna magna, Dandy-Walker-Variante) sind nicht therapiebdürftig 4 Zysten- und Hydrozephalusdrainage durch entweder offene Zystenfensterung oder durch einen die Zyste und den Seitenventrikel drainierenden Shunt bzw. eine Drittventrikulozisternostomie (7 Abschn. 3.3.2)
327 3.3 · Liquorzirkulation und Hydrozephalus
3.3
Liquorzirkulation und Hydrozephalus
Die gesamte Liquordynamik ist bisher nicht komplett verstanden, die Angaben im Folgenden entsprechen der am besten etablierten Hypothese. 4 Liquorproduktion im Plexus choroideus ca. 500 ml/Tag: 5 beim Erwachsenen ca. 150 ml intrathekale Gesamtmenge 5 Kommunikation mit der interstitiellen Flüssigkeit des Hirnparenchyms 5 pulsatiler Transport durch das Ventrikelsystem in die äußeren Liquorräume 5 druckdifferenzgetriebene Resorption (im Gleichgewicht mit Produktion) an den arachnoidalen Villi in Sinusnähe (vertexnah) und an lumbosakralen Nervenwurzeln 4 Hydrozephalus (HZ) (Liquoraufstau v.a. in den Ventrikeln) durch Ungleichgewicht zwischen Produktion und Resorption (HZ malresorptivus)/Abfluss (HZ obstructivus) 4 bei fehlender Resorption und aufgrund des abgeschlossenen intrakraniellen Volumens (annähernd) exponentielle Beziehung zwischen Liquorvolumen- und Druckzunahme 4 Pathophysiologie: 5 bei akutem Liquoraufstau: J transtentorielle Hirneinklemmung mit Kompression und Ischämie des Hirnstammes J Hirninfarkte durch Gefäßkompression am Tentorium (A. cerebri posterior) 5 bei subakutem Aufstau: J Ependymdehnung mit Liquordiapedese und Marklagerödem J Hirnminderperfusion 5 bei chronischem Aufstau: J Neuronenverlust und axonale Degeneration J Astrogliose 4 Klinik: 5 bei akutem/subakutem Aufstau: J Kopfschmerz J Übelkeit/Erbrechen J Papillenödem J Vigilanzstörung bis zum Koma 5 bei chronischem Aufstau: J Symptomtrias mit Gangstörung, Harninkontinenz und kognitiven/mnestischen Störungen 5 bei Neugeborenen/Kleinkindern inadäquates Kopfwachstum, klaffende Schädelnähte 4 Behandlungsprinzip: J Ableiten des »überschüssigen« Liquors vorübergehend nach extrakraniell bzw. dauerhaft in ein resorptionsfähiges Kompartiment (s.u.)
3
Eigene Notizen
328
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3.3.1
Hydrocephalus malresorptivus
Definition
3
4 durch Blutung (subarachnoidal, intrazerebral), Entzündung, Trauma, venöse Abflussstörung (Sinusthrombose) 4 kommunizierender Hydrozephalustyp mit erhaltener Passage aus den inneren in die äußeren Liquorräume
Klinik 4 häufiger chronische Symptomatik, aber: 5 akuter Hydrocephalus malresoptivus bei Subarachnoidalblutung
Diagnostik 4 Symptomtrias des chronischen Hydrozephalus 4 CCT/MRT, Differentialdiagnose sonstige Enzephalopathie 4 evtl. Liquorpunktion zum Nachweis einer Symptombesserung
Therapie 4 Shunt aus einem Seitenventrikel (frontal oder okzipital) nach intraperitoneal, intraatrial (Herzvorhof); bei eindeutig intakter Kommunikation (Pseudotumor cerebri durch venösen Abflussstau) auch lumboperitonealer Shunt möglich 4 Ableitung über ein (evtl. lageabhängiges, magnetisch verstellbares usw.) Druckdifferenzventil 4 gelegentlich Anti-Siphon-Vorrichtung erforderlich, um eine Überdrainage (»Leerlaufen«) in aufrechter Haltung zu verhindern
3.3.2
Hydrocephalus occlusus
Definition 4 (relatives) Abflusshindernis durch kongenitale Aquäduktstenose, erworbene Stenose durch Tumoren z.B. des Thalamus oder der Vierhügelplatte bzw. Foramen-Monroi-Blockade durch Tumor oder Blutung, Verschluss der Ausgänge des 4. Ventrikels (Dandy-WalkerMalformation)
Klinik 4 häufig chronischer Hydrozephalus 4 akute Dekompensation (Notfall!) jederzeit möglich
Diagnostik 4 chronische oder akute Symptomatik 4 CCT/MRT, Nachweis des okkludierenden Mechanismus, häufig triventrikuläre Konfiguration mit engem 4. Ventrikel 4 lumbale Liquorpunktion (relativ) kontraindiziert: Gefahr der transtentoriellen Einklemmung
329 3.4 · Nervenkompressionssyndrome
Therapie 4 bei akutem Hydrozephalus notfallmäßig extrakranielle Liquorableitung (externe Ventrikeldrainage) 4 Methode der 1. Wahl: endoskopische Drittventrikulozisternostomie durch den Boden des 3. Ventrikels in die basalen Zisternen 4 bei Verschluss des Stomas oder erfolgloser Stomie (in ca. 30%) Shunt wie beim kommunizierenden Hydrozephalus
3.3.3
Idiopathischer Normaldruckhydrozephalus
Definition 4 kommunizierender Hydrozephalus mit erweiterten inneren und (teilweise) äußeren Liquorräumen
Ätiologie 4 unklar, bei älteren Patienten
Klinik 4 typische »Hakim«-Symptomtrias (nach Erstbeschreiber Solomon Hakim): 5 Gangstörung 5 Harninkontinenz 5 Demenz
Diagnostik: 4 CCT/MRT: 5 erweiterte Ventrikel und perisylvische Zisternen 5 enger Interhemisphärenspalt 5 DD: mikrovaskuläre Enzephalopathie u.a. schwierig 4 lumbale Liquorpunktion oder Dauerdrainage zum Nachweis eines Entlastungseffektes 4 Dauerliquordruckmessungen haben sich nicht bewährt
Therapie 4 Shuntimplantation
3.4
Nervenkompressionssyndrome
3.4.1
Karpaltunnelsyndrom
Definition 4 statische Kompression des N. medianus im Karpaltunnel zwischen Handwurzelknochen und retinaculum flexorum am Handgelenk 4 häufigstes Engpasssyndrom peripherer Nerven, überwiegend Frauen, meist mittleres und höheres Lebensalter, überwiegend dominante Hand, oft beidseits
3
Eigene Notizen
330
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Ätiologie 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
Diabetes mellitus hormonelle Dysregulationen Schwangerschaft Übergewicht rheumatische Erkrankungen chronische Hämodialyse mechanische Überlastung Verletzungen Entzündungen Raumforderungen konstitutionelle Enge des Karpalkanal idiopathisch
Klinik 4 meist chronisch 4 initial: üblicherweise nächtliche Schmerzen und Missempfindungen (Brachialgia paraesthetica nocturna), Linderung durch Händeausschütteln und Spülung mit kaltem Wasser 4 fortgeschritten: sensible und motorische Defizite, Muskelatrophien
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung (Hoffmann-Tinel-Zeichen, Phalen-Test, Karpal-Kompressions-Test, Flaschenzeichen) 4 Elektrophysiologie (Neurographie, Elektromyographie) 4 MRT 4 Neurosonographie 4 Labordiagnostik
Therapie 4 konservativ (initial, geringe Beschwerden): 5 Schonung 5 nächtliche Handgelenkschienung 5 orale nichtsteroidale Antiphlogistika 5 orale und lokale Steroide 5 Vitamin-B-Präparate 5 Ultraschallbehandlung 4 operativ (zunehmende Beschwerden, neurologische Defizite): 5 offene oder endoskopische Spaltung des Retinaculum flexorum und Neurolyse des N. medianus
Differenzialdiagnose 4 4 4 4 4
zervikale Radikulopathien (C6, C7) Polyneuropathien ALS Muskeldystrophien Thoracic-outlet-Syndrom
331 3.4 · Nervenkompressionssyndrome
4 4 4 4 4
Syringomyelie Morbus Sudeck Raynaud-Syndrom De-Quervain-Syndrom Pronator-teres-Syndrom
3.4.2
Ulnarisrinnensyndrom
Definition 4 dynamische Kompression des N. ulnaris im Kubitaltunnel am Ellenbogen 4 zweithäufigstes Engpasssyndrom peripherer Nerven, überwiegend Männer, oft mittleres und höheres Lebensalter, überwiegend linker Arm, meist einseitig
Ätiologie 4 4 4 4 4
rheumatische Erkrankungen Vorschäden Verletzungen Raumforderungen idiopathisch
Klinik 4 meist chronisch 4 initial: nächtliche Hypästhesien 4 fortgeschritten: Schmerzen, Paresen, Atrophien
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung (Hoffmann-Tinel-Zeichen, Froment-Zeichen, Wartenberg-Zeichen, Krallenhand) 4 Elektrophysiologie (Neurographie, EMG) 4 MRT 4 Sonographie 4 Röntgen
Therapie 4 konservativ (initial, geringe Beschwerden): 5 Schonung 5 nächtliche Oberarmschienung 5 Vermeidung externer Druckschäden und auslösender Bewegungen 5 Abpolsterung 4 operativ (zunehmende Beschwerden, neurologische Defizite): 5 offene oder endoskopische In-situ-Dekompression des N. ulnaris (selten Transposition des N. ulnaris, mediale Epikondylektomie)
3
Eigene Notizen
332
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Differenzialdiagnose 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
zervikale Radikulopathien (C8, Th1) Polyneuropathien ALS Muskeldystrophien spinale Muskelatrophie Thoracic-outlet-Syndrom untere Armplexusläsion mediale Epikondylitis Loge-de-Guyon-Syndrom einfache externe Druckläsion isolierte Kompression des R. profundus n. ulnaris
3.5
Spinale Neurochirurgie
4 spinale Prozesse → Affektion von Rückenmark oder Nervenwurzeln → Funktionsbeeinträchtigung 4 Lage spinaler pathologischer Prozesse wird folgendermaßen charakterisiert: 5 extradural (häufig) 5 intradural-extramedullär (seltener) 5 intradural-intramedullär (sehr selten) 4 > Memo Zervikal (C1–7) treten die Nervenwurzeln oberhalb des gleichnamigen Pedikels aus, C8 oberhalb TH1, ab dort alle unterhalb des gleichnamigen Pedikels (Th1–12, L1–5, S1–5). 4 OP-Indikation und Dringlichkeit abhängig von Art und Dynamik eines Prozesses
3.5.1
Bandscheibenvorfall
Definition 4 Bandscheibendegeneration (u.a. Nutrition ↓ Wassergehalt) → Mehrbelastung des Anulus fibrosus → Vorwölbung (Protrusion)→ ggf. Perforation + Prolaps des Nucleus pulposus in den Spinalkanal: bei Perforation des hinteren Längsbandes »freier Sequester«, sonst subligamentär 4 Altersmaximum: 20–60, im Mittel 35 Jahre 4 Lokalisation: 5 2/3 lumbal (LWK4/5 > LWK5/S1) 5 1/3 zervikal (HWK5/6 > HWK6/7) 5 selten thorakal
Bandscheibenvorfall lumbal 4 Sequester oft mediolateral und kaudal → untere Wurzel betroffen: BSV LWK4/5 → L5-Syndrom 4 seltener laterale, extraforaminale oder kraniale Sequestrierung → Affektion der oberen Wurzel 4 kritisch: mediale große BSV → Verlegung des Spinalkanals → Conusoder Cauda-Syndrom
333 3.5 · Spinale Neurochirurgie
Klinik
3
Eigene Notizen
4 Lumbago (wie ca. 50% der Bevölkerung) 4 nur etwa 2–3% Radikulopathie, d.h. einer Irritation, reversibler oder irreversibler Funktionsverlust einer Nervenwurzel: 5 Schmerz 5 Gefühlstörung 5 Lähmung 5 Reflexabschwächung Segment
Betroffene Wurzel/ Dermatom/Myotom bei mediolateraler Lage
Kennmuskel/ ggf. Parese
Kenn-Reflex
LWK2/3
L3
Hüftbeugung
–
LWK3/4
L4
Kniestrecker
Patellarsehnenreflex
LWK4/5
L5
Fußheber
»Tibialis-posteriorReflex«
LWK5/SW1
S1
Fußsenker
Achillessehnenreflex
Konus/ Kauda
S2–5 »Reithose«
Blase/Mastdarm/ Sexualfunktion
–
Diagnostik 4 Anamnese: 5 Rückenschmerz wenig spezifisch 5 radikuläre Beschwerden richtungsweisend 5 plötzliches Auftreten, »Verhebetrauma« 4 differenzialdiagnostische Red Flags (Warnzeichen): Tumore, insbesondere Nachtschmerz, untypisches Alter, Trauma, Immunschwäche, etc. 4 Befund: 5 radikuläre Ausfälle 5 positive Nervendehnungszeichen (Laségue) 4 Red Flags: progrediente neurologische Ausfälle, insb. Blasen/Mastdarm/ Sexualfunktion mit Reithosenanästhesie, Wurzeltod (hochgradige Parese und nachlassender Schmerz) 4 Bildgebung: 5 MRT: J LWS nativ (mit KM bei V.a. Tumor, Infektion, etc.) J alternativ oder ergänzend ggf. CT der LWS: knöcherne Struktur, BSV, etc. 5 Röntgen-Funktionsaufnahmen der LWS: J pathologische Mobilität? Wirbelgleiten? 5 lumbale Myelographie/Funktionsmyelographie zur dynamischen Darstellung 4 elektrophysiologische Diagnostik: 5 EMG der Myotome zeigen ab der 2. Schädigungswoche ggf. Denervationszeichen 5 Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) z.B. zur Differenzialdiagnose:
334
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
J Polyneuropathie J Peroneusläsion 4 ggf. probatorische periradikuläre Infiltration oder Infiltration Wirbelgelenke oder Ileosakralfuge
Therapie 4 konservativ zunächst, wenn keine eindeutige OP-Indikation besteht: 5 Medikamente: J nichtsteroidale Antiphlogistika (Ibuprofen, Diclofenac), Paracetamol, Metamizol (Stufe I) J + ggf. niedrigpotente Opioide, z.B. Tramadol, Tilidin (Stufe II) J oder + ggf. hochpotente Opioide, z.B. Morphin, Oxycodon, Fentanylpflaster (Stufe III) J Muskelrelaxanzien (Benzodiazepine z.B. Tetrazepam), ! Cave Kein Fahrzeug führen J ggf. Antidepressiva (z.B. Amitriptilin) J ggf. Antikonvulsiva (z.B. Gabapentin, Pregabalin) insb. bei neuropathischen Schmerzen 5 weitere Maßnahmen: J Physiotherapie, Rückenschule, frühe Mobilisation sobald Schmerzkontrolle ausreichend J ggf. psychologische oder psychosomatische Betreuung J ggf. Schmerztherapie inkl. Injektionsbehandlung 4 operativ bei entsprechender Indikation: 5 interlaminäre Fensterung, mikrochirurgische Sequestrektomie (+ evtl. Nukleotomie) zur Wurzeldekompression 5 ggf. endoskopische oder tubuläre Zugänge 5 idealer OP-Zeitpunkt wissenschaftlich nicht gut belegt 5 Notfall: J sofortige OP: Massenvorfall mit Kaudasyndrom J zügige OP: progredientes hochgradiges Defizit, nachlassender Schmerz »Wurzeltod« 5 klare OP-Indikation: klinisch relevante Parese (individuell unterschiedlich) → baldige OP 5 relative OP-Indikation: therapieresistentes Schmerzsyndrom 5 OP-Risiken: Infektion (Spondylodiszitis) ca. 1%, Nervenwurzelverletzung 2%, Querschnitt <1%, Bauchgefäßverletzung <<1%, ggf. Instabilität → spätere Fusion
Prognose 4 nach konservativer oder operativer Therapie langfristig (2Jahre) vergleichbare Erfolge 4 schnellere Erholung mit Operation: 5 Schmerzen meist sofort gebessert 5 Paresen brauchen Tage bis Wochen 5 Gefühlstörungen Wochen bis Monate 5 ggf. ausbleibende Erholung
335 3.5 · Spinale Neurochirurgie
4 Erfolgsrate: 5 für reine Rückenschmerzen: gering 5 für radikuläre Beschwerden gut (ca. 90% Erfolg) 5 Rezidivrisiko ca. 5–7%
Bandscheibenvorfall zervikal Klinik 4 ggf. Mischbild aus (peripherer) Nervenwurzel- und (zentraler) Rückenmarkschädigung: 5 peripher: J radikuläre Schmerzen J »Schulter-Arm-Syndrom« J Zervikobrachialgie J schlaffe Paresen J radikuläre Gefühlstörung J Reflexverlust 5 zentral: J spinale Ataxie, spastische (Para)-Parese, querschnittartige Gefühlstörung, Reflexsteigerung mit Paraspastik, ggf. distale brennende Dysästhesie = »zervikale Myelopathie« J hohe zervikale Prozesse (HWK2/3 und 3/4) oft oberes Zervikalsyndrom, können ggf. auch an den Armen spastische/zentrale Symptome auslösen Segment
Betroffene(s) Wurzel/ Dermatom/Myotom bei mediolateraler Lage
Kennmuskel/ ggf. Parese
Kennreflex
HWK4/5
C5
Deltoideus
–
HWK5/6
C6 (häufigste Höhe)
Bizeps
Bizeps-Sehnen-Reflex
HWK6/7
C7 (zweithäufigste Höhe)
Trizeps, Daumenballen
TrizepsSehnen-Reflex
HWK7/ BWK1
C8
Interossei, Kleinfingerballen
Diagnostik 4 wie beim lumbalen Bandscheibenvorfall beschrieben: insbesondere MRT, CT für knöcherne Strukturen 4 zusätzliche evozierte Potenziale (SEP, MEP) von/zu Armen und Beinen: Myelopathie (Latenzverzögerung)? 4 HWS-Funktionsaufnahmen ggf. hilfreich: pathologische Instabilität?
Therapie 4 konservativ, wenn keine OP-Indikation vorliegt 4 operativ: 5 meist vollständige ventrale mikrochirurgische Diskektomie, Sequestrektomie, Dekompression von Nervenwurzeln und Rückenmark, Bandscheibenersatz durch Knochenzement, Cage, Prothese.
3
Eigene Notizen
336
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
5 dorsale OP zur umschrieben lateralen foraminären Sequestrektomie (Foraminotomie) 4 OP-Indikationen: 5 Notfall: hochgradige progrediente Ausfälle, Querschnittslähmung, akute Myelopathie etc. 5 absolute Indikation: radikuläre Paresen, beginnende Myelopathie 5 relative Indikation: therapierefraktäres Schmerzsyndrom, Prophylaxe einer Myelopathie 4 OP-Risiken: 5 Nervenwurzel/Rückenmarkverletzung selten, Infektion, Verletzung der Halsorgane, Rekurrensparese mit Heiserkeit, Instabilität → spätere Fusion
Nachsorge 4 symptomorientierte Physiotherapie
Prognose 4 gut, höheres Risiko bei länger bestehender Myelopathie 4 Anschlussdegeneration möglich
3.5.2
Spinalkanalstenose
Definition 4 Einengung des Spinalkanals, der Rezessus oder der Neuroforamina 5 primär enger Spinalkanal (angeboren) 5 sekundär (erworben): häufige Erkrankung des älteren Patienten, Gipfel >70 Jahre
Klinik 4 Bandscheibendegeneration → (kompensatorische) Vergrößerung der kleinen Wirbelgelenke und Hypertrophie der Ligg. flava 5 typische Symptomatik bei lumbaler Stenose, oft LW 4/5: J neurogene »Claudicatio spinalis« J Gehstreckenverkürzung mit Kontrollverlust und Schwäche der Beine ± radikuläre Schmerzen J manifeste Defizite selten J Fahrradfahren gut J Entlastung durch Kutscherhaltung oder Sitzen 5 typische Symptomatik bei zervikaler Stenose: J progrediente zervikale Myelopathie mit Ataxie und Paraspastik J Nuchalgie J ggf. akuter Querschnitt bei HWS-Trauma oder Sturz 4 ggf. Pseudo-Spondylolisthese (meist Meyerding Grad 1) bei segmentaler Instabilität: 5 führend dann ggf. belastungsabhängige Rückenschmerzen wie bei primärer Spondylolisthese 4 bei Rezessus-/Neuroforamenstenose radikuläre Symptomatik wie beim Bandscheibenvorfall
337 3.5 · Spinale Neurochirurgie
Diagnostik 4 meist typische Anamnese 4 neurologischer Befund oft ohne manifeste Defizite 4 CT, MRT, CT-Myelographie, Funktionsaufnahmen
Therapie 4 konservativ/symptomatisch zunächst oft längerfristig möglich 4 bei fortschreitender Beeinträchtigung oder neurologischen Ausfällen: 5 Diagnostik und ggf. OP: 5 lumbal: J Dekompression über erweiterte interlaminäre Fensterung, Undercutting, Laminektomie etc. J bei ausgeprägter Instabilität und typischen Beschwerden: Dekompression plus Fusion z.B. durch Implantation eines Fixateur interne und Fusion mit Cages oder Knochen 5 zervikal: J ventrale Dekompression durch Diskektomie, Randzackenabtragung oder Vertebrektomie → Fixierung, Fusion mit Knochenzement, Cages, Knochen und Platte J dorsale langstreckige Dekompression ggf. erforderlich, Fixierung und Fusion mit speziellem zervikalen Fixateur interne zur Verhinderung einer »Schwanenhalsdeformität« J dorsale Foraminotomie bei isolierter Rezessusstenose möglich
3.5.3
Spinale Infektion
Ätiologie 4 spontan: 5 »banale« Infektionen meist bei geschwächtem Immunsystem, z.B. Diabetes mellitus, Steroidmedikation, kardiale Erkrankungen, langwieriger ICU-Aufenthalt → Fokussuche! 5 insbesondere bei reiner Spondylitis (ohne Diszitis) an TBC denken und entsprechend untersuchen 4 iatrogen: 5 nach lokalen Injektionen/Infiltrationen (periradikulär, Wirbelgelenke, intraspinal) 5 nach epiduralem Katheter, Spinalanästhesie 5 nach spinalen Operationen (Bandscheiben OP mit ca. 1% Risiko)
Klinik 4 Spondylodiszitis: 5 Rückenschmerzen, insbesondere bei Bewegung und axialer Belastung 5 typisches Zeichen lumbal: Fersenklopfschmerz 4 spinales Empyem: 5 Fieber 5 ggf. polyradikuläre Symptome oder Ausfälle 4 begleitende Meningitis möglich (Meningismus? Liquordiagnostik)
3
Eigene Notizen
338
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
Diagnostik 4 4 4 4
3
Anamnese und klinische Untersuchung MRT ohne und mit KM → auch zur Verlaufskontrolle Röntgen/CT zeigt ggf. Arrosionen der knöchernen Deckplatten Labor: Entzündungsparameter (CRP, Leukozyten, BSG) → wichtig besonders für die Verlaufskontrolle 4 ggf. Biopsie für Pathologie → DD: Entzündung/Tumor etc. und Bakteriologie → gezielte Antibiose
Therapie 4 Spondylodiszitis: 5 effektive Antibiose für ca. 3 Monate (Verlaufskontrolle der Entzündungsparameter) 5 entscheidend ist die Ruhigstellung J konservativ: lumbal strenge Bettruhe für 8–12 Wochen, ggf. in Gipsschale/Korsett, zervikal: mindestens semirigide Orthese, Halofixateur J operativ: Ruhigstellung durch interne Fixierung plus Sanierung des Herdes → Fusion → ermöglicht die sofortige Mobilisation 4 Empyem: 5 in der Regel operative Entlastung/Evakuation des Eiters, Drainageeinlage 5 antibiotische Therapie 5 auf ggf. begleitende Spondylodiszitis achten und dann entsprechende Ruhigstellung s.o.
3.5.4
Spinale Tumore
Ätiologie 4 extradural am häufigsten: 5 primäre Wirbelsäulentumore sind sehr selten (z.B. Chordom, Osteom, aneurysmatische Knochenzyste) 5 metastatisch Wirbelsäulentumore sind häufig: >90% Karzinome (Lunge, Brust, Prostata, etc.) 5 Wirbelsäulenmanifestation »systemischer« Erkrankungen (Plasmozytom, Myelom, Lymphom) 4 intradural-extramedullär: 5 Meningeom, Neurinom/Schwannom→ meist Resektion indiziert und möglich 4 intradural-intramedullär selten: 5 Ependymom→ kann oft reseziert werden, Astrozytom→ allenfalls Teilresektion
Klinik 4 lokale Schmerzen >80% (stark, zunehmend, oft nächtlich verstärkt) 4 neurologische Symptome: radikuläre Schmerzen, progressive Querschnittsymptomatik 4 B-Symptomatik
339 3.5 · Spinale Neurochirurgie
Diagnostik 4 Anamnese (insbesondere Tumorerkrankung, DD: Infektion) 4 klinischer Befund abhängig von Lokalisation und Ausmaß des Prozesses 4 Bildgebung: 5 MRT ohne und mit KM: singuläre oder multiple Läsionen 5 Röntgen und CT: Osteolysen, Stabilität? 5 ggf. Knochenszintigraphie 4 ggf. Biopsie zur Therapieplanung (insb. bei V.a. Lymphom, multiples Myelom etc.) 4 ggf. Labordiagnostik: CRP, Gammopathie, prostataspezifisches Antigen (PSA) 4 Primärtumorsuche!
Therapie 4 abhängig von (neurologischer) Symptomatik, Entität, Therapieoptionen und Gesamtprognose: 5 Entfernung gutartiger Prozesse (Meningeom, Neurinom etc.) 5 Dekompression und (Teil-)Entfernung extraduraler Tumore z.B. über Laminektomie 5 ggf. plus Stabilisierung z.B. mit Fixateur interne 5 ggf. plus Tumorresektion oder Vertebrektomie, ventrale Rekonstruktion z.B. mit Cage
Nachbehandlung 4 oft Strahlentherapie 4 ggf. Chemotherapie 4 Stabilisierung wichtig für Schmerzkontrolle bei Wirbelkörperprozessen
3.5.5
Spinales Trauma mit Querschnittslähmung
4 Klassifikation der Verletzungen und Frakturen der Wirbelsäule 7 Abschn. 1.2.3
Klinik und Indikation zur OP 4 komplettes sensomotorisches Querschnittsyndrom: unterhalb Übergangszone keine Sensibilität und keine Motorik nachweisbar, primär meist schlaffe Paraplegie (spinaler Schock) → Prognose für Erholung sehr gering, meist allenfalls partielle Erholung des Übergangssegmentes 5 OP mit aufgeschobener Dringlichkeit: Dekompression und Stabilisierung/Fusion der knöchernen/ligamentären Verletzung → zügige Mobilisation, Verhinderung von Sekundärkomplikationen, Schmerzen und Deformität 5 konservative Behandlung evtl. möglich
3
Eigene Notizen
340
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
4 inkomplettes sensomotorisches Querschnittsyndrom: erhaltene Restfunktion (ggf. nur »sacral sparing«) → bessere Prognose für zumindest Teilerholung 5 OP mit absoluter Dringlichkeit: sekundäre Verschlechterung verhindern und Erholungspotential sichern: J Dekompression (dorsal/ventral) und Stabilisierung/Fusion 4 SCIWORA: »spinal cord injury without radiographic abnormality«: 5 häufig bei Kindern bis ca. 8. LJ: neurologisches Defizit ohne radiologische Auffälligkeit J Therapie in der Regel konservativ 4 ! Cave Entgleisungen und Kreislaufinstabilität durch vegetative Paralyse möglich. Wichtig: Frühzeitig spezialisierte Rehabilitation, psychologische Betreuung
Diagnostik 4 Anamnese, Fremdanamnese, Unfallhergang, am Unfallort Beine/Arme bewegt? 4 klinischer Befund, Begleitverletzungen? Polytrauma? → vitale Bedrohung hat Priorität! 4 Beschreibung der neurologischen Befunde (z.B. anhand ASIA-Score oder Frankel-Score): 5 Sensibilität (bilaterale Dermatome) 5 motorische Funktion 5 Kraftgrad 1–5/5 5 Reflexstatus 5 Höhenlokalisation des ersten geschädigten Segmentes 4 Röntgenaufnahmen der WS, ggf. Funktionsaufnahmen (alternativ Ganzkörper-CT-Spirale) 4 CT-Diagnostik der betroffenen Segmente 4 ggf. MRT bei V.a. Hämatom, Rückenmarkverletzung, Beurteilung Spinalkanal 4 ggf. Myelographie, wenn spinale Raumforderung unklar oder MRT nicht möglich (z.B. Beatmung)
3.6
Neurochirurgische Onkologie
3.6.1
Hirneigene Tumore
Definition 4 Tumoren des neuroepithelialen Gewebes glialen, ependymalen, neuronalen, choroidalen und pinealen Ursprungs sowie weniger differenzierte embryonale Tumoren (z.B. Medulloblastom). Inzidenz ca. 4–5/100 000/a
Ätiopathogenese 4 überwiegend unklar: 5 spontane genetische Alterationen 5 selten ionisierende Strahlung (Gliome)
341 3.6 · Neurochirurgische Onkologie
5 evtl. karzinogene Stoffe 5 Phakomatosen (z.B. Optikusgliome) 4 Dignität nach histologischen Kriterien: 5 WHO°I »benigne« (z.B. die meisten pilozytischen Astrozytome, Häufigkeitsgipfel Kindesalter) 5 WHO°II »semibenigne« (niedriggradige Gliome, 4. Lebensjahrzehnt) 5 WHO°III »semimaligne« (anaplastische Gliome, 5. Lebensjahrzehnt) 5 WHO°IV »hochmaligne« (Glioblastome, 7. Lebensjahrzehnt; Medulloblastome) 5 bei Gliomen WHO°II–IV immer Infiltration des umliegenden, häufig des gesamten Gehirns (Migration) mit rasch abnehmender Dichte, daher zwangsläufig rezidivierend, häufig gleichzeitig maligne Progression 4 klinische Dignität wesentlich durch Lokalisation mitbestimmt: 5 Operabilität? 5 Auswirkungen des Tumors/der Therapie auf (vitale) Hirnfunktionen?
Klinik 4 wesentlich von Lokalisation und Größe sowie vom Ausmaß des Umgebungsödems abhängig: 5 fokalneurologische Defizite 5 Kopfschmerzen 5 epileptische Anfälle (typisches Erstsymptom bei niedriggradigen Gliomen) 5 hirnorganisches Psychosyndrom 5 »Leistungsknick« bei Glioblastomen 5 Hirndruck 5 Hydrozephalus 5 gelegentlich Zufallsbefund
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinischer Befund (fokalneurologische Zeichen?) 4 Bildgebung: 5 häufig Erstdiagnostik per CCT (z.B. bei einem Anfallsgeschehen) 5 MRT ohne/mit Kontrastmittel (Blut-Hirn-Schrankenstörung als relatives Malignitätskriterium bei Gliomen, oder z.B. intensive homogene KM-Aufnahme bei pilozytischen Astrozytomen WHO°I) 5 MR-Spektroskopie 5 zunehmende Bedeutung ergänzender Bildgebung zur Bewertung des Operationsrisikos und zur OP-Planung: J Faserbahndarstellung in der weißen Substanz mittels Traktographie anhand des Diffusionstensors J Validität und Bedeutung der funktionellen Kernspintomographie noch unklar, ebenso der PET 5 selten Gefäßdarstellung (MR-/CT-/Angiographie) zur OP-Planung
3
Eigene Notizen
342
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
4 Differenzialdiagnose (bildgebend) u.a. Infarkt, Entzündung, nichthirneigene Tumoren (z.B. Metastase oder Abszess vs. Glioblastom) 4 EEG bei V.a. symptomatische Epilepsie, evtl. stereotaktische Diagnosesicherung 4 Labordiagnostik (Gerinnung), je nach Lage und bildgebender Differentialdiagnose endokrinologische Diagnostik, Liquordiagnostik 4 Gesichtsfelduntersuchung 4 Spezialuntersuchungen wie Magnetenzephalographie und transkranielle Magnetstimulation zur OP-Planung experimentell
Therapie 4 medikamentös: 5 Dexamethason bei Hirnödem 5 antikonvulsive Therapie bei Anfällen 4 Operation (primäre Therapieoption): 5 Ausmaß der Resektion beeinflusst rezidivfreies Intervall und Überleben (Evidenzklasse II) 5 adjunktive intraoperative Techniken je nach (eloquenter, d.h. funktionell bedeutsamer) Lokalisation des Tumors: 5 Operationsmikroskop immer Standard 5 MR-gestützte Neuronavigation, ggf. mit Faserbahndarstellung, funktionelles MRT 5 intraoperative Neurophysiologie (evozierte Potenziale), Wach-Operation (Sprache, kognitive Funktionen) 5 Ultraschall 4 postoperative Weiterbehandlung/adjuvante Therapie: 5 bei hirneigenen Tumoren WHO°I evtl. kurative vollständige Resektion 5 bei niedriggradigen Tumoren Verlaufsbeobachtung, fakultative Chemotherapie (Temozolomid, TMZ) und/oder Radiatio (z.B. bei älteren Patienten oder schlechtem Zustand wegen der geringeren Toxizität), Weiterbehandlung vor allem bei Teilresektion 5 bei anaplastischen hirneigenen Tumoren WHO°III Chemotherapie (TMZ) und/oder Strahlentherapie (kombinierte Radio-Chemotherapie mit anschließenden TMZ-Zyklen »Stupp-Schema«); Chemotherapie besonders bei oligodendroglialer Differenzierung sowie IDH-Mutation und LOH (loss of heterozygosity) 1p19q wirksam 5 bei Glioblastomen »Stupp-Schema«, bei alten Patienten bzw. schlechtem Zustand evtl. lediglich Radiatio; (Methyl-Guanin-Methyl-Transferase-Gen-(MGMT)-Promotor-Methylierung prädiktiv für besseres Ansprechen auf adjuvante Therapie 5 Therapie von (malignisierten) Rezidiven typischerweise Re-Operation, falls möglich, dann Radiatio/Chemotherapie abhängig von der bereits durchgeführten Therapie, evtl. »Radiochirurgie« (fokussierte Einzeitbestrahlung) umschriebener Rezidive 4 Anschlussheilbehandlung/Rehabilitation (Logopädie, Physiotherapie) bei neurologischem Defizit
343 3.6 · Neurochirurgische Onkologie
Nachsorge und Prognose
Eigene Notizen
4 Anbindung an neuroonkologische Ambulanz (Neurochirurgie, Neurologie) 4 regelmäßige bildgebende Kontrollen, Intervalle u.a. abhängig von der Dignität des Tumors 4 bei pilozytischen Astrozytomen (v.a. des Kindesalters) durch vollständige Resektion langjährige Rezidivfreiheit möglich 4 niedriggradige und anaplastische Gliome unterliegen der malignen Progression 5 5-Jahresüberlebensrate ca. 50–60% (initial WHO°II) bzw. 30–40% (initial WHO°III) nach adäquater Therapie, mit günstigerer Prognose bei oligodendroglialer Komponente 5 Überlebenszeit des unbehandelten Glioblastoms Wochen bis wenige Monate, nach adäquater Behandlung median knapp 1 1/2 Jahre 4 neben dem Alter ist u.a. der prä- und postoperative Zustand ausschlaggebend für die Prognose, z.B. gemäß Karnofsky-Performance-Score (KPS), . Tabelle Zustand
KPS (%)
Normale Aktivität, arbeitsfähig: unabhängig
>70
Nicht arbeitsfähig, teilweise Selbstversorgung zu Hause
50–70
Keine Selbstversorgung, institutionalisierte Betreuung
30–40
Schwerstkrank bis moribund (verstorben: KPS 0%)
10–20
3.6.2
Meningeome
Definition 4 Tumoren der arachnoidalen Deckzellen der Dura
Inzidenz 4 4 4 4 4
2 bis >10/100000/Jahr 90–95% WHO°I 5–7% WHO°II (»atypisch«) 1–3% WHO°III (»anaplastisch«) deutlich häufiger bei Frauen
Ätiologie 4 4 4 4
genetische Spontanalterationen ionisierende Strahlen Trauma Phakomatosen
3
344
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Klinik 4 Symptome und Operabilität stark von Lokalisation und Größe abhängig: 5 epileptische Anfälle 5 Kopfschmerzen/Hirndruckzeichen 5 fokalneurologische Defizite 5 organisches Psychosyndrom 5 nicht selten Zufallsbefund 4 typische Lokalisationen: 5 Konvexität der Großhirnhemisphären 5 Falx cerebri 5 am Sinus sagittalis superior 5 an der Schädelbasis (Riechrinne, Keilbeinflügel/Klinoidfortsatz, Felsenbein, Sinus cavernosus) 5 intraventrikulär
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinischer Befund 4 Bildgebung: CCT häufig Erstdiagnostik und Beurteilung knöcherne Beteiligung, MRT Standard
Therapie 4 Dexamethason und Antiepileptika abhängig von Hirnödem bzw. epileptischen Anfällen und prophylaktisch zur OP-Vorbereitung v.a. bei großen Konvexitätsmeningeomen 4 Operation i.A. nach Erstdiagnose, bei alten Patienten oder problematischer Lokalisation auch Verlaufsbeobachtung 4 bei Schädelbasisoperationen ggf. neurophysiologisches Monitoring (Hirnnerven, motorische Bahn) und Neuronavigation (Knochen, Gefäße) 4 Behandlungsalternative bei nicht operablen oder kleinen Meningeomen oder Tumorresten: stereotaktische fraktionierte Bestrahlung oder einzeitige Radiochirurgie 4 keine etablierte Chemotherapie 4 evtl. Rehabilitation bei postoperativem neurologischen Defizit
Nachsorge 4 klinische Anbindung 4 bildgebende Verlaufskontrollen, Intervall abhängig von Dignität, Lokalisation und evtl. Restbefund
Differenzialdiagnose 4 z.B. duraständige Metastase
345 3.6 · Neurochirurgische Onkologie
3.6.3
Hirnnerventumoren
Definition 4 typischerweise Schwannome der Hirnnerven VIII und (seltener) V im Kleinhirnbrückenwinkel (Sonderfall HN II als Teil des Gehirns: Opticusgliome, auch Opticusscheidenmeningeome)
Ätiologie 4 spontan 4 Phakomatosen (Neurofibromatosen) 4 6–9% der intrakraniellen Tumoren
Klinik 4 Kardinalsymptom Hörminderung und transiente Gleichgewichtsstörung (Vestibularisschwannome) bzw. faziale Hypästhesie (Trigeminusschwannome) 4 bei großen Tumoren evtl. Zeichen der Hirnstammkompression und Ausfälle kaudaler Hirnnerven
Diagnostik 4 4 4 4
Anamnese (Hörminderung) klinischer Befund Bildgebung: CCT, MRT Standard HNO-ärztliche Zusatzdiagnostik: Hörtestung, Vestibularistestung, Geschmackstestung
Therapie 4 bei Tumoren <3 cm gleichwertige Behandlungsalternativen von Operation und Radiochirurgie, bei größeren/zystischen Tumoren Operation 4 Haupt-Operationsrisiko Hörverlust (falls noch nicht eingetreten) und Fazialisparese 4 intraoperatives neurophysiologisches Monitoring der Hirnnervenfunktionen (auditorisch evozierte Potenziale, Fazialis-EMG/-Stimulation) zum Funktionserhalt üblich 4 Rehabilitation bei ausgeprägtem Neurodefizit, ggf. Tarsoraphie oder Botulinumtoxin bei Fazialisparese (Ophthalmologe)
Nachsorge 4 nicht selten Tumorrest 4 im Allgemeinen jährliche Bildkontrollen 4 bei Progress radiochirurgische Behandlung 3.6.4
Selläre/paraselläre Tumoren
Definition 4 am häufigsten Adenome der Adenohypophyse (Vorderlappen), Kranioapharyngeome aus der Rathke-Tasche (überwiegend suprasellär), selten Adenokarzinome, Metastasen im Hinterlappen, periselläre Meningeome (Tuberculum sellae, Sinus cavernosus etc.) 4 ca. 10% der intrakraniellen Tumoren
3
Eigene Notizen
346
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Klinik abhängig von evtl. Hormonexzess bzw. -mangel sowie dem raumfordernden Effekt: 4 Chiasmasyndrom mit: 5 bitemporaler Hemianopsie und Visusminderung 5 Hirnnervenstörungen 4 ca. 50% aller Hypophysenadenome klinisch hormoninaktiv, ggf. Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz mit: 5 Hypogonadismus 5 Hypocortisolismus 5 TSH-Mangel und anderen Hormondefiziten 4 ca. 30% Prolaktinome: 5 Galaktorrhö 5 sekundärer Hypogonadismus mit Libidostörung/Amenorrhö 4 HGH-produzierende Adenome (Akromegalie): 5 akromegale Stigmata mit vergröberten Gesichtszügen, vergrößerten Akren, Makroglossie 5 Nervenengpasssyndrome 5 Hypersudorie 5 Kardiomegalie 5 maligne entartenden Darmpolypen 5 unbehandelt: verminderte Lebenserwartung 4 ACTH-produzierende Adenome (Morbus Cushing): 5 Cushing-Syndrom 5 unbehandelt: verminderte Lebenserwartung 4 TSH-produzierende Adenome: selten 4 Metastasen im Hinterlappen: primär Diabetes insipidus 4 Kraniopharyngeome: 5 Sehstörungen 5 Hormondefizite 5 Anfälle 5 Gedeih-/Entwicklungsstörungen bei Kindern 5 Hyperphagie
Diagnostik 4 4 4 4 4
Anamnese (wichtig, wegweisend) klinischer Befund Bildgebung (MRT) Hormondiagnostik mit Funktionstestung Sehtestung (Visus, Gesichtsfeld)
Therapie 4 medikamentöser Ausgleich des Hormondefizits, unter Umständen vital bedeutsame Cortisolsubstitution mit Addison-Prophylaxe in Belastungssituationen (Unfall, Krankheit, Operation) 4 Prolaktinome: primär medikamentöse Behandlung mit Dopaminagonisten → ggf. Tumorinvolution
347 3.6 · Neurochirurgische Onkologie
4 sonstige hormonaktive Tumoren: primär Operation, evtl. Somatostatin-Analoga 4 hormoninaktive Tumoren: Makroadenome >9 mm und bei Hormonmangel/Sehstörung Operation 5 Operationstechnik: mikrochirurgisch transnasal-transsphenoidal, häufig auch endoskopisch 5 bei ausgeprägter suprasellärer Ausdehnung evtl. transkranielle Nach-/Operation
Nachsorge und Prognose 4 regelmäßig (1 Jahr) Sella: 5 MRT ± KM 5 endokrinologische und ophthalmologische Kontrolle 4 Rezidivrate 20%, ggf. Nachresektion, Bestrahlung falls nicht operabel
3.6.5
Kindliche Hirntumoren
4 typisch sind: 5 Medulloblastome der hinteren Schädelgrube 5 Kraniopharyngeome 5 pilozytische Astrozytome der prägenikulären Sehbahn und des Dienzephalons (»Opticusgliome«) sowie des Kleinhirns 5 fokale und diffuse Hirnstammgliome 5 supra- und infratentorielle atypische Teratoid-Rhabdoid-Tumoren (ATRT)
Inzidenz 4 häufige solide Tumoren bei Kindern: 2–4/100.000/Jahr im Alter bis 15 Jahre
Klinik 4 bei Kleinkinder häufig unspezifisch (»Gedeihstörung«) 4 ansonsten von der Lokalisation bestimmt: 5 Hirnstamm- und Kleinhirnsymptomatik 5 Sehstörungen 5 Entwicklungsstörungen
Diagnostik 4 4 4 4 4
Anamnese klinischer Befund Bildgebung (MRT) Liquordiagnostik Bildgebung der Neuroachse bei Medulloblastom (liquorogene Aussaat?) 4 evtl. Biopsie, ! Cave Keine Biopsie bei Opticusgliomen und diffusen Hirnstammgliomen
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Eigene Notizen
348
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Therapie 4 ggf. antiepileptische Einstellung, Dexamethason 4 Resektion operabler Tumoren, V.a. pilozytische Astrozytome des Kleinhirns kurative Resektion möglich 4 postoperativ bzw. primär bei nicht operablen Tumoren 5 Radiatio (bei Medulloblastomen der gesamten Neuroachse) und 5 ggf. Chemotherapie (Spezialprotokolle) 4 bei Kindern <3 Jahre zunächst nur Chemotherapie, um Zeit zu gewinnen; Radiatio des Hirns bei Kindern <3 Jahren mit schweren Entwicklungsstörungen verbunden
Nachsorge und Prognose 4 enge kinder-neuro-onkologische und neurochirurgische Anbindung 4 regelmäßige bildgebende Kontrollen (MRT ± KM) 4 bei pilozytischen Astrozytomen durch vollständige Resektion Heilung erreichbar 4 bei Medulloblastomen langjährige Verläufe, auch Heilung, falls eine geeignete adjuvante Therapie durchgeführt wird (schlechtere Prognose bei sehr früher Erstmanifestation) 4 Prognose diffuser Hirnstammgliome und ATRT sehr schlecht, jedoch auch Spontanremissionen von Hirnstammgliomen beschrieben
3.6.6
Hirnmetastasen
Inzidenz 4 häufigste intrakranielle Tumoren: ca. 100/100.000/Jahr, meist jedoch klinisch inapparent) 4 häufigste Primärtumoren: 5 Bronchialkarzinom: 40–70% 5 Mammakarzinom: 20–30% 5 malignes Melanom: 10–20% 5 in 10–20% Primärtumor bei Erstdiagnose unbekannt 5 in 5% bleibt Primärtumorsuche ergebnislos.
Klinik 4 epileptischer Anfall, fokalneurologisches Defizit (Lokalisation) 4 Hirndruckzeichen 4 Kopfschmerzen
Diagnostik 4 Anamnese 4 neurologischer Befund 4 Bildgebung: 5 CT: Erstdiagnostik 5 MRT: Standard J oft ringförmige KM-Anreicherung (DD: GBM, Abszess) J ausgeprägtes Ödem
349 3.6 · Neurochirurgische Onkologie
5 ggf. ergänzend fMRT/Diffusionstensor-Traktographie 4 ggf. Primärtumorsuche 4 Liquordiagnostik (Zytologie bei v.a. Aussaat/Meningeosis carcinomatosa)
Therapie 4 operative Resektion von bis zu 3 unterschiedlich lokalisierten Filiae sinnvoll 4 bei Tumordurchmesser <2,5–3 cm (10 ccm) radiochirurgische Bestrahlung gleichwertige Alternative, Radiochirurgie von mehr als 3 Filiae möglich 4 Ganzhirnbestrahlung ergänzend zur Resektion/Radiochirurgie und bei multiplen Metastasen 4 Meningeosis carcinomatosis (diffuse Liquoraussaat): 5 evtl. intrathekale Chemotherapie und/oder Bestrahlung 5 oft dann nur noch palliative Begleitung möglich
Nachsorge und Prognose 4 4 4 4
Versorgung des Primärtumors steht ggf. im Vordergrund bildgebende Verlaufskontrollen Lokalrezidive bei ausreichend vollständiger Resektion selten Prognose nach Erstdiagnose einer Hirnmetastase im Median <1 Jahr, weiter je nach Primarius, systemische Krankheitskontrolle, Allgemeinzustand, Alter
3.6.7
Primäres ZNS-Lymphom (PCNSL)
Definition 4 primär zerebrales Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) überwiegend der B-Zell-Reihe (in Abgrenzung zum zerebral/leptomeningeal metastasierenden systemischen NHL) 4 besonders häufig bei immungeschwächten Patienten (AIDS)
Klinik 4 4 4 4 4
fokalneurologische Zeichen organisches Psychosyndrom Kopfschmerzen Sehstörungen spinale/radikuläre Symptome
Diagnostik 4 Anamnese 4 Bildgebung: CCT, MRT mit Kontrastmittel: häufig periventrikulär, intensiv KM-anreichernd 4 stereotaktische Biopsie, möglichst ohne vorherige Steroid-Gabe
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Eigene Notizen
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Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
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Therapie 4 Resektion nur zur evtl. akuten Dekompression einer Raumforderung indiziert 4 Kortikosteroide temporär sehr effektiv 4 Chemotherapie Protokolle: 5 Methotrexat hochdosiert i.v. 5 evtl. intrathekal bei positivem zytologischen Liquorbefund 4 nur evtl. Ganzhirn-/Neuroachsenbestrahlung (Toxizität, Leukenzephalopathie)
Prognose 4 mediane Überlebenszeit bei adäquater Behandlung 4–5 Jahre 4 bei AIDS-assoziiertem PCNSL deutlich schlechter
3.7
Zerebrovaskuläre Erkrankungen
4 interdisziplinäres Konzept zur Diagnose und Therapie (Neurologie, Neuroradiologie, Neurochirurgie, Gefäßchirurgie), wenig hochrangige Evidenz 4 Diagnostik: 5 Akuttherapie-bezogene Erstdiagnostik 5 elektive Diagnostik zur Sekundärprävention (Monitoring) 5 schnelle und differenzialdiagnostisch klare Diagnostik bei schmalem Zeitfenster für individuelle Therapien: J neurologische Untersuchung J schnelle zerebrale »Schnittbildgebung« (CCT zur Akutdiagnostik besser als MRT) J Angiographie J Doppler- und Duplexsonographie J parallel dazu Stabilisierung der Kreislaufparameter und Laboruntersuchungen 4 Einteilung intrakranieller Blutungen erfolgt 5 anatomisch (epidural, subdural, subarachnoidal, supra- und infratentoriell) sowie 5 ätiologisch (primäre und sekundäre Blutungen) J erstere sind ohne eindeutige Ursache J letztere z.B. medikamentenbedingt, traumatisch, tumorbedingt oder aufgrund von Gefäßfehlbildungen
3.7.1
Subarachnoidalblutung (SAB)
Definition 4 Blutung anatomisch im Liquorraum zwischen Pia mater und Arachnoidea, in 85% Ruptur eines Gehirnarterienaneurysmas
351 3.7 · Zerebrovaskuläre Erkrankungen
Traumatische SAB bei Schädel-Hirn-Trauma 4 konservative Therapie 4 Behandlung mit Nimodipin kontrovers, keine sicherer Wirknachweis
Nichttraumatische SAB ohne Aneurysmanachweis Einteilung 4 perimesenzephale SAB: 5 eindeutiges Blutungsmuster in den perimesenzepalen Zisternen und präpontin bei angiographischem Fehlen einer Blutungsquelle 5 Gefäßdarstellung primär obligat 5 Kontrollangiographie bei fehlender Blutungsquelle nicht indiziert 5 Kopfschmerzbeginn und Charakteristik nicht wie bei »Aneurysmaruptur« 5 deutlich weniger ischämische Defizite 4 nichtperimesenzephale SAB: 5 Blutung Sylvische Fissur, vorderer Hemisphärenspalt 5 Indikation zur Reangiographie kontrovers 5 nach retrospektiver Datenlage zwischen 5–35% positiver Aneurysmanachweis bei Folgeangiographie;
Ätiologie 4 4 4 4 4 4 4
erregerbedingte Arteriitiden immunvermittelte Arteriitiden andere vaskuläre Krankheiten Sichelzellanämie Tumoren intraspinal, -kraniell Antikoagulanzien etc. evtl. venöse Blutungen
Aneurysmatische SAB Inzidenz 4 6–7 auf 100.000 Personenjahre in Mitteleuropa und USA (ca.20 in Finnland und Japan) 4 Häufigkeitsgipfel um 50 Jahre 4 weniger Männer als Frauen betroffen
Ätiologie 4 in 85% Platzen eines arteriellen Aneurysmas
Risikofaktoren 4 Hypertonus 4 Nikotin 4 starker Alkoholkonsum
Klinik 4 Leitsymptom: 5 plötzlich einsetzender Kopfschmerz von nie erlebter Stärke (»Vernichtungskopfschmerz«)
3
Eigene Notizen
352
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
4 Symptome: 5 Vigilanzminderung 5 Übelkeit 5 Erbrechen 5 Meningismus 5 Krampfanfall 5 Paresen etc. 4 bis 15% versterben vor Klinikaufnahme Klinische Schweregradeinteilung der aneurysmatischen SAB nach WFNS (World Federation of Neurological Surgeons) unter Berücksichtigung der Glasgow Coma Scale WFNS°
GCS
Fokales Neurodefizit
I
15
–
II
13–14
–
III
13–14
+
IV
7–12
+/-
V
7–12
+/-
Schweregradeinteilung nach HUNT und HESS HH°
Klinischer Befund
I
asymptomatisch, leichter Kopfschmerz/Meningismus
II
moderater Kopfschmerz/Meningismus, Hirnnervenparese
III
Vigilanzstörung, geringes fokalneurologisches Defizit
IV
Stupor, moderates bis schweres fokalneurologisches Defizit
V
tiefes Koma, Strecksyerngismen/Bulbärhirnsyndrom (Pupillenstörung)
Diagnostik 4 frühes CCT zum SAB-Nachweis in 95% sensitiv, MRT (T1-, oder FlairSequenzen) 4 Lumbalpunktion zum Blutungsnachweis (bei negativem CT-Befund) 4 arterielle, zerebrale Pan-Angiographie (Digitale Subtraktionsangiographie, DSA)
Therapie 4 ohne Therapie Rerupturrate um 40% in ersten 4 Wochen 4 Aneurysmaausschaltung innerhalb 72 h mittels endovaskulärer Therapieformen (Coiling oder Kombination Coil/Stent) oder mikrochirurgische Clipausschaltung 4 Therapie nach Datenlage der sog. ISAT- bzw. ISUIA-Studie
353 3.7 · Zerebrovaskuläre Erkrankungen
Verlauf: 4 durch SAB → Liquorresorptionsblock → Hydrozephalus möglich 4 → Lumbaldrainage, externe Ventrikeldrainage, Shuntanlage im Verlauf 4 Vasospasmen, dadurch verzögerte zerebrale Ischämien, Erkennung durch Angiographie, Doppler, CTA, MRA, Klinik → Hypervolämie, Hypertension, Hämodilution (Triple-H-Therapie), können verzögerte ischämische neurologische Defizite verbessern 4 Therapie mit Nimodipin kontrovers, Evidenz für marginalen Nutzen bei oraler Applikation (6×60 mg/d)
3.7.2
Intrazerebrale hypertensive Blutung (ICB)
Ätiologie 4 bedingt durch Veränderungen der Gefäßwandintegrität unterschiedlicher Ursache: 5 hypertone ICBs lokalisiert in Stammganglien, Thalamus, infratentoriell (»loco typico«) 5 bei Amyloidangiopathie (CAA) eher lobäre Blutungen (atypische Lokalisation) 5 primäre hypertone und CAA-bedingte Blutungen 80–85% aller ICBs 5 sekundäre Blutungen 15–20%.
Risikofaktoren 4 4 4 4 4 4 4
arterieller Hypertonus (70–80% der ICBs) Hypercholesterinämie (SPARCL-Studie) Diabetes mellitus hoher Body-Mass-Index Nikotin erhöhter Alkoholkonsum, Drogen Gerinnungsstörungen
Klinik 4 Abhängig von Lokalisation und Größe der ICB, z.B.: 5 Vigilanzminderungen 5 Paresen 5 Hirnnervenläsionen 5 Sensibilitätsstörungen 5 zerebelläre Symptomatik bis zur Einklemmung
Diagnostik 4 CCT (Sensitivität 100%) 4 MRT (spezielle Sequenzen, Erfahrung des Untersuchers) 4 hypertensiver versus nichthypertensiver Typ bestimmt weitere Diagnostik
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Eigene Notizen
354
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Therapie 4 Grundversorgung auf Überwachungsstation (Mortalität vermindert) 4 neurologische Untersuchung 4 apparative Überwachung, RR-Therapie (INTERACT-Studie 2008) durch z.B.: 5 Kalziumantagonisten, Captopril, Urapidil,Nitroprussidnatrium 4 Senkung des ICP (7 Abschn. 3.1.1), Anfallshäufigkeit posthämorrhagisch erhöht 4 Thromboseprophylaxe »low dose, subcutan« 4 neurochirurgisch-klinische Beobachtung in der Frühphase der ICB (STICH Studie, Mendelow et al. 2005) 2 Subgruppen: 5 Vigilanzminderung nach GCS 9–12 und subkortikale Lokalisation ≤1 cm → signifikanter Benefit von operativer Therapie 5 Patienten mit tief liegenden Hämatomen→ kein Vorteil durch Kraniotomie, eventuell stereotaktische/navigierte Katheteraspiration 5 bei Kleinhirnblutung Möglichkeit der Hirnstammkompression und Hydrozephalus→ operative Evakuation und externe Ventrikeldrainage bei Aufstau indiziert 5 bei intraventrikulärer Blutung Möglichkeit der externen Drainage und intraventrikulären Lyse mit z.B. Urokinase oder rt-PA 4 Verlauf: 5 Komplikation Nachblutung bei fast 40% mit spontaner primärer ICB innerhalb 24 Stunden 5 40–50% haben zusätzliche Ventrikelbeteilung → 30 Tage-Mortalität 43% im Vergleich zu 9% bei Patienten ohne Ventrikelbeteiligung 5 Hirnödem kann bis zum 14. Tag nach ICB an Volumen zunehmen 5 Prävention der Rezidivblutung: J antihypertensive Therapie J Reduktion des Alkoholkonsum J Gewichtsreduktion J Verzicht auf Nikotin J Thrombozytenaggregationshemmer nur fallbezogen, da Risiko Reblutung versus Ischämie
3.7.3
Atypische intrazerebrale Blutungen
Definition 4 atypisch (lobär) lokalisierte ICB; Basisdiagnostik bei jüngeren Patienten erweitert um Pan-Angiographie
Ätiologie 4 mögliche Ursachen: 5 erregerbedingte Arteriitiden (mykotische, infektiöse Aneurysmen, meningovaskuläre Syphilis, Borreliose) 5 immunvermittelte Arteriitiden (primäre Angiitis des ZNS, Polyarteriitis nodosa, Morbus Wegener, Churg-Strauss-Syndrom, Morbus Behcet)
355 3.7 · Zerebrovaskuläre Erkrankungen
5 vaskuläre Erkrankungen (arteriovenöse Angiome, durale Fisteln, arterielle Dissektionen, Sinus-Venen-Thrombose, Amyloidangiopathie, Moya-Moya-Erkrankung) 5 Anämien, Tumore, Gerinnungsstörungen, Antikoagulanzien, Thrombolytika, Drogen
3.7.4
Ischämischer Schlaganfall
Synonyme 4 Hirninsult 4 Stroke (engl.)
Definition 4 akutes fokales neurologisches Defizit infolge einer umschriebenen Durchblutungsstörung des Gehirns mit oder ohne begleitenden Kopfschmerz oder Bewusstseinsstörung 4 ausgelöst durch Verminderung oder Stopp der Blut- und damit O2-Versorgung des Gehirns → Funktionsverlust/Niedergang des Gehirngewebes 4 Symptome können Minuten (transitorisch ischämische Attacke, TIA) oder dauerhaft (manifester Schlaganfall) bestehen 4 alle Formen der akuten fokalen zerebralen Ischämie → medizinischer Notfall
Inzidenz 4 dritthäufigste Todesursache in Deutschland 4 100–700 Schlaganfälle/100.000 Menschen/Jahr 4 Mortalität nach 1 Jahr bei ca. 25%
Ätiologie 4 thromboembolisch 4 mikroangiopathisch 4 hämodynamisch
Risikofaktoren 4 4 4 4 4 4
Alter Hypertonus Diabetes mellitus Nikotinabusus Hyperlipidämie erhöhter BMI
Therapie 4 bei Verdacht auf Schlaganfall → Konzept » time is brain« 4 unverzüglicher Transport und Aufnahme Schlaganfallstation (Stroke Unit) → Verminderung der Mortalität um abs. 3% 4 strenge Zeitvorgaben nach Aufnahme in Klinik notwendig (NINDS 1996):
3
Eigene Notizen
356
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
5 innerhalb 10 min: J ärztliche Anamnese J Routinelabor J EKG J Pulsoxymetrie 5 innerhalb 25 min: J CCT J fakultativ MRT (Perfusionswichtung vor revaskularisierender Therapie) 4 Doppler extra-/intrakranielle Hirngefäße, Herzultraschall 4 Akute Schlaganfallbehandlung: 5 Monitoring und Behandlung Vitalparameter: J adäquate Oxygenierung J Blutdruck eher leicht hypertensiv, Vermeidung einer Hypotonie J Blutzucker: ≤200 mg/dl J Körpertemperatur ≤37,5 °C J ausgeglichener Elektrolytstatus J Behandlung von Herzrhythmusstörungen 5 rekanalisierende Therapien: J intravenöse thrombolytische Behandlung mit rtPA innerhalb eines 3–4,5-h-Fensters J intraarterielle thrombolytische Behandlung mit Plasminogenaktivator bei Verschluss der proximalen A. cerebri media innerhalb eines 6-h-Fensters J intraarterielle Lyse bei Basilarisverschluss mit Urokinase oder rtPA im Zeitfenster bis zu 12 Stunden, auch Möglichkeit der intravenösen Lyse mit rtPA, J mechanische Rekanalisationsmaßnahmen mit Thrombektomiekathetern 5 frühe Sekundärprophylaxe: J ASS 100–300 mg/d p.o. in Frühphase, nicht wenn Lysetherapie geplant oder 24 h nach Lyse J Vollheparinisierung kann indiziert sein 5 Vorbeugung/Behandlung von Komplikationen: J Frühmobilisation J Vermeidung von Aspirationspneumonien J gezielte frühzeitige Antibiose bei Infektion J Low dose s.c. Heparin J keine prophylaktische antikonvulsive Therapie 5 Rehabilitation 4 Sonderform: »Maligner Mediainfarkt« (therapieresistenter Hirndruckanstieg): 5 10–15% aller ischämischen Schlaganfälle 5 mindestens ein Territorium der A. cerebri ist betroffen 5 raumfordernder Effekt durch ausgeprägte Hirnschwellung, Mittellinienverlagerung, Verstreichen der basalen Zisternen 5 progrediente klinische Verschlechterung 5 Mortalität 70–80%
357 3.8 · Schädel-Hirn-Trauma
4 Dekompressive Hemikraniektomie 5 Indikation bei Alter <60 Jahre 5 klinische Zeichen des unilateralen Mediainfarktes 5 Hypodensität im CCT >50% des Mediaterritoriums bzw. Diffusionsstörung im MR >145 cm3 Infarktvolumen 5 Operation bei klinischer Verschlechterung unabhängig von der betroffenen Hemisphäre 5 Ziel der OP: J Möglichkeit der Ausdehnung des ödematösen Gewebes J Reduktion des intrakraniellen Druckes J Erhöhung des zerebralen Perfusionsdrucks J Vermeidung sekundärer Nekrosen, 5 Technik: J großer Hautschnitt J großer Knochendeckel J Duraeröffnung J Duraplastik 5 OP vermindert Mortalität und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer geringeren Behinderung 5 bei raumfordernden zerebellären Infarkten mit Kompression des Hirnstamms und begleitendem Hirnwasseraufstau ist die externe Ventrikeldrainage und operative Dekompression (Infarktresektion) indiziert 3.8
Schädel-Hirn-Trauma
Einteilung 4 Schweregrad: 5 GCS 14–15 (leicht: ~90%) 5 GCS 9–13 (mittelschwer: ~5%) 5 GCS 3–8 (schwer: ~5%) 4 Mechanismus: 5 Commotio cerebri 5 Contusio cerebri 5 Compressio cerebri
Klinik 4 Verletzungen des Schädels: 5 Kopfhaut, Weichteile, Knochen, Hirnhäute 5 Liquorrhö 5 Hirnaustritt 4 indirekte Hinweise auf Verletzungen des Gehirns (Hirnsubstanz, Gefäße): 5 Amnesie 5 Desorientiertheit 5 Vigilanzminderung 5 Krampfanfall 5 Sprachstörung 5 fokal neurologische Defizite 4 Begleitverletzungen
3
Eigene Notizen
358
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Diagnostik 4 Anamnese (Unfallhergang, Traumamechanismus, Amnesie, Vigilanzminderung, Krampfanfall) 4 klinische Untersuchung (äußerlich erkennbare Verletzungszeichen, Bewusstseinslage, Orientierung, neurologischer Status, Pupillenreaktion) 4 CT (Fraktur, intrakranielle Lufteinschlüsse und Traumafolgen) 4 Röntgen (Frakturen) 4 Labordiagnostik, ggf. Angiographie (Gefäßverletzung, Differentialdiagnostik Blutung) 4 im Intervall: 5 MRT, Elektrophysiologie/EEG (Art, Ausmaß und Lokalisation der Schädigung, Prognose, Anfallsleiden) 5 neuropsychologische Tests (Art und Ausmaß der Schädigung, Prognose)
3.8.1
Gehirnerschütterung (Commotio)
Definition 4 leichtgradiges gedecktes Schädel-Hirn-Trauma mit akuter, vorübergehender reversibler Funktionsstörung des Gehirns
Diagnostik 4 Anamnese (Kopfschmerzen, Amnesie, kurze Bewusstlosigkeit, vegetative Begleitsymptomatik wie Schwindel, Übelkeit, Erbrechen) 4 klinische Untersuchung (Verwirrtheit, Leistungsminderung, Apathie, neurologischer Status regelrecht) 4 evtl. Röntgen (Fraktur) 4 CT nicht zwingend (Fraktur, üblicherweise ohne Nachweis intrakranieller Traumafolgen) 4 MRT (sehr sensitiv, oft pathologisch)
Therapie 4 konservativ: 5 stationäre Überwachung 24 h post Trauma 5 engmaschige Kontrollen Vigilanz und Neurostatus 5 CT bei Befundverschlechterung 4 symptomatische Therapie bei Bedarf 4 physische und psychische Schonung 4 Ruhe, Abschirmung
Prognose 4 sehr gut
359 3.8 · Schädel-Hirn-Trauma
3.8.2
Schädelfrakturen und Liquorfisteln
Schädelfrakturen Klassifikation 4 nach: 5 Morphologie: J Fissuren oder Frakturen J linear oder sternförmig J imprimiert oder nicht J offen oder geschlossen 5 Mechanismus: J Biegungsbrüche oder J Berstungsbrüche 5 Lokalisation: J Frakturen des Gesichtsschädels oder J Hirnschädels (Schädeldach, Schädelbasis) J Schädelbasisfrakturen: Risiko begleitender traumatischer Liquorfisteln, Carotis-Sinus-cavernosus-Fisteln und Hirnnervenläsionen
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung: 5 Monokel- oder Brillenhämatom 5 Liquorrhö 5 Hämatotympanon und Verletzung des äußeren Gehörganges 5 Hörminderung 5 retroaurikuläre (Battle sign) und periorbitale (Raccoon’s eye) Ekchymosen und Hämatome 5 Anosmie 5 subkonjunktivale Blutungen 5 Hirnnervenläsionen 4 Röntgen 4 CT (dünnschicht)
Therapie 4 konservativ: 5 falls keine operationsbedürftigen intrakraniellen Begleitverletzungen vorliegen, z.B. wesentliche Impression/Duraverletzung 4 operativ: 5 operationsbedürftige intrakranielle Begleitverletzungen J Impression mit Verlagerung von Knochenanteilen unterhalb des Niveaus der übrigen Schädelknochen J Duraverletzung mit (persistierender) Liquorfistel J offenes Schädel-Hirn-Trauma J intrakranielle Fremdkörper
3
Eigene Notizen
360
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
5 OP-Technik: J osteoplastische oder osteoklastische Trepanation J Bergung der Knochenfragmente und Hebung der Impression J Versorgung von Duraverletzungen J knöcherne Rekonstruktion J bedarfsweise operative Behandlung intrakranieller Begleitverletzungen J Fremdkörperentfernung und Hirnnervendekompression
Prognose 4 abhängig von begleitenden intrakraniellen Traumafolgen
Traumatische Liquorfistel Definition 4 traumatisch entstandene Verbindung zwischen Liquorraum und paranasalen Sinus oder Mittelohr
Klinik 4 Otoliquorrhö 4 Rhinoliquorrhö oder Otorhinoliquorrhö 4 intrakranielle Infektionen
Diagnostik 4 klinische Untersuchung (Liquorrhö: Hinweise auf Schädelbasisfrakturen) 4 dünnschichtiges CT mit koronaren Reformationen (Lokalisation der Fraktur, Darstellung der Frakturlinien) 4 Liquordiagnostik (Bedside-Halo-Test, Glukoseoxidasepapier; laborchemisch β2-Transferrin) 4 (CT-, MRT-, Radionuklid-)Zisternographie 4 intrathekale Fluoreszeinapplikation 4 Endoskopie 4 Konsil durch HNO und ZMK
Therapie 4 konservativ (initial) 4 evtl. prophylaktisch Antibiose (umstritten) 4 operativ: Indikationen: 5 persistierender Liquorfluss 5 ausgeprägte knöcherne Frontobasisdefekte 5 zerebrale Herniation mit oder ohne sichere Liquorrhö 5 meist Rhinoliquorrhö, selten Otoliquorrhö 4 OP-Technik: 5 osteoplastische Trepanation 5 operative Abdeckung 5 fakultativ Lumbaldrainage
361 3.8 · Schädel-Hirn-Trauma
Traumatische Carotis-Sinus-cavernosus-Fistel Definition 4 traumatisch entstandene Kurzschlussverbindung von Sinus cavernosus und A. carotis interna
Klinik 4 Chemosis 4 Exophthalmus pulsans 4 Sehstörungen: 5 Visusminderung 5 Doppelbilder 5 okuläre Bewegungsdefizite
Diagnostik 4 klinische Untersuchung: 5 Auskultation über Auge oder Schläfe: typisches Maschinengeräusch 4 CT 4 MRT 4 Angiographie 5 zum Fistelnachweis
Therapie 4 endovaskuläre Fistelokklusion 3.8.3
Epidurales Hämatom
Definition 4 intrakranielle Blutkollektion zwischen Schädelknochen und Dura mater: 5 meist temporal oder temporoparietal 5 einseitig und arteriell (A. meningea media) oder 5 venös (Sinus durae matris, Vv. Diploicae/Vv. emissariae des Frakturspaltes)
Klinik 4 4 4 4 4
häufig akut (<1 Tag) mit rascher Bewusstseinstrübung evtl. nach freiem Intervall selten subakut (>1 Tag) mit sekundärer Verschlechterung chronisch (7–20 Tag) gelegentlich verkalkend
Diagnostik 4 Anamnese: 5 initiale Bewusstlosigkeit 4 klinische Untersuchung: 5 Vigilanz 5 Pupillenstatus 4 Röntgen (Fraktur), CT (hyperdense, lentikuläre bikonvexe der Kalotte anliegende, meist temporale oder temporoparietale Raumforderung)
3
Eigene Notizen
362
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Therapie 4 konservativ: (selten) bei asymptomatischen Hämatom: 5 Hämatomgröße unter 40 ml Volumen oder 1 cm Breite bzw. Kalottenbreite 5 ausgeprägte Hirnatrophie 5 Lage fronto- und temporopolar oder Haubenregion 4 operativ: 5 Hämatomgröße über 40 ml Volumen oder 1 cm Breite bzw. Kalottenbreite 5 operationsbedürftige intrakranielle Begleitverletzungen 5 Indikationsstellung großzügig, da schlecht resorbierbar 5 Risiko der Verkalkung und Epilepsie, bei Kindern zudem rasch raumfordernd 5 Risiko: Blutverlust mit Volumenmangelschock 4 OP-Technik 5 osteoplastische Trepanation 5 Hämatomentfernung 5 Blutstillung 5 Durahochnähte 5 wahlweise Drainageneinlage 5 bedarfsweise operative Behandlung intrakranieller Begleitverletzungen
Prognose 4 bei rascher Therapie meist günstig, sofern keine ausgeprägten Begleitverletzungen vorhanden sind
Differenzialdiagnose 4 Subduralhämatom 4 Kombination Epi- und Subduralhämatom
3.8.4
Subdurales Hämatom
Definition 4 intrakranielle Blutkollektion zwischen Dura mater und Arachnoidea
Pathogenese 4 meistens assoziiert mit anderen Hirnverletzungen 4 Lokalisation: J hemisphärisch J interhemisphärisch J tentoriell J Fossa cranii posterior 4 oft beidseitig 4 meist venös (Brückenvenen, kortikale Venen, Hirnparenchymverletzungen) 4 seltener arteriell (kortikale Arterien)
363 3.8 · Schädel-Hirn-Trauma
Klinik 4 oft Bewusstlosigkeit 4 schwere Herdsymptome: 5 akut (0.–3. Tag) 5 subakut (3.–21. Tag) 5 chronisch (>21 Tage)
Diagnostik 4 Anamnese (initiale Bewusstlosigkeit, freies Intervall sehr selten) 4 klinische Untersuchung: 5 Vigilanz 5 Pupillenstatus 4 Röntgen: 5 zum Frakturnachweis 4 CT: 5 akut hyperdense, subakut isodense, chronisch hypodense, konkave, sichelförmige Raumforderung, meist über der Konvexität
Therapie 4 konservativ bei asymptomatischem Hämatom: 5 unter 40 ml Volumen oder 1 cm Breite bzw. Kalottenbreite 5 evtl. bei ausgeprägter Hirnatrophie 5 Lage interhemisphärisch oder tentoriell 4 operativ bei symptomatischen Hämatomen oder: 5 Größe über 40 ml Volumen oder 1 cm Breite bzw. Kalottenbreite 5 operationsbedürftigen intrakraniellen Begleitverletzungen, bei Kindern Indikationsstellung großzügig, da rasch raumfordernd, Blutverlust mit Volumenmangelschock 4 OP-Technik: 5 (erweiterte) Bohrlochtrepanation (subakute/chronisch Hämatome) bis große osteoplastische Trepanation (akute SDH) 5 Hämatomentfernung 5 Blutstillung 5 evtl. Drainageneinlage 5 bedarfsweise operative Behandlung intrakranieller Begleitverletzungen
Prognose 4 günstig (chronisches Subduralhämatom) bis ungünstig (akutes Subduralhämatom mit begleitenden intrakraniellen Verletzungen)
Differenzialdiagnose 4 Epiduralhämatom 4 Kombination Epi- und Subduralhämatom
3
Eigene Notizen
364
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3.8.5
Traumatische SAB und Hirnkontusion
Definition
3
4 intrakranielle Blutkollektion unterhalb der Arachnoidea (Subarachnoidalblutung) oder intraparenchymatös (Hirnkontusion, intrazerebrale Hämatome) 4 häufig kombiniert, sehr selten isoliert 4 meist frontal, temporal und okzipital 4 oft multipel 4 meist Ruptur zerebraler Gefäße, oft parenchymale Arterie
Klinik 4 akut mit unmittelbar posttraumatisch bestehender Symptomatik oder initialer Verschlechterung 4 subakut mit sekundärer Verschlechterung, chronisch mit Befundstabilität oder sekundärer Verschlechterung
Diagnostik 4 4 4 4
klinische Untersuchung (Vigilanz, Pupillenstatus) CT MRT Angiographie (Gefäßverletzung, Differentialdiagnostik bei unklarer Blutungsursache)
Therapie 4 konservativ: Indikationen: 5 isolierte Subarachnoidalblutung 5 intraparenchymatöse Blutung mit geringer raumfordernder Wirkung, ohne Mittellinienverlagerung oder (drohender) Einklemmung 4 Maßnahmen: 5 intensivmedizinische Behandlung: Lagerung, Intubation, Beatmung 5 Analgosedierung 5 Neuroprotektion, »minimal handling« 5 Therapie des erhöhten Hirndrucks (osmotisch wirksame Substanzen, Hyperventilation, Barbiturate) 4 operativ: Indikationen: 5 intraparenchymatöse Blutung mit signifikanter raumfordernder Wirkung, ≥1 cm Mittellinienverlagerung, (drohende) Einklemmung 5 resistenter Hirndruckanstieg 5 Ausschöpfung konservative Therapiemöglichkeiten 5 operationsbedürftige intrakranielle Begleitverletzungen 4 Therapieoptionen: 5 Parenchym-Drucksonde 5 externe Ventrikeldrainage
365 3.9 · Funktionelle Neurochirurgie
5 Entfernung raumfordernder intrazerebraler Blutungen und Kontusionen 5 Hirnlappen(teil-)absetzung 5 dekompressive Hemikraniektomie mit Duraerweiterungsplastik
Prognose 4 oft ungünstig
3.8.6
Diffuses axonales Schertrauma
Definition 4 intrakranielle Schädigung axonaler Strukturen mit oder ohne intraparenchymatöse und intraventrikuläre Einblutungen 4 oft mittelliniennah (Corpus callosum, dorsolateraler Hirnstamm, Basalganglien, Thalamus, Capsula interna, peri- und intraventrikulär), diffus 4 meist primäre Bewusstseinsstörung und prolongiertes posttraumatisches Koma
Diagnostik 4 klinische Untersuchung (Vigilanz) 4 CT (häufig unauffällig, oft kleine Blutungen mittelliniennah, peri- und intraventrikulär) 4 MRT (viel sensitiver) 4 Elektrophysiologie (SEP)
Therapie 4 konservativ: 5 intensivmedizinische Behandlung 5 keine spezifische Therapie 4 operativ: 5 bedarfsweise Drucksonde und externe Ventrikeldrainage 5 selten invasivere Maßnahmen
Prognose 4 eingeschränkt, abhängig vom Ausmaß der Schädigung
3.9
Funktionelle Neurochirurgie
3.9.1
Tiefe Hirnstimulation
Definition 4 stereotaktischer neurochirurgischer Eingriff, exakter Wirkmechanismus ungeklärt, vermutlich funktionelle Ablation oder Desynchronisation pathologischer Überaktivität
3
Eigene Notizen
366
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Indikationen 4 häufig und etabliert: 5 Morbus Parkinson 5 essentieller Tremor 5 Dystonien 4 selten, weniger etabliert oder experimentell: 5 obsessiv-kompulsives Syndrom 5 Epilepsie 5 Depression 5 Sucht 5 Demenz 5 Tourette-Syndrom 5 Cluster-Kopfschmerz 5 Zwangsstörung 5 chronische Schmerzen 5 Bewusstseinsstörungen 5 Blasendysfunktion
Vorgehen 4 4 4 4
Anlage eines stereotaktischen Rahmens Durchführung hochauflösender Bildgebung (MRT, CT) computergestützte Zielpunktbestimmung stereotaktisch geführte Elektrodenimplantation in subkortikale Zielregion zur chronischen Hochfrequenzstimulation 4 Lagekontrolle mittels lokal charakteristischer Mikroelektrodenaufzeichnung oder Probestimulation 4 Konnektion der subkutan verlegten Elektroden an einen subklavikulär oder paraumbilikal unter die Haut implantierten programmierbaren Neurostimulator
Anwendungsbeispiel Morbus Parkinson Synonyme 4 idiopathisches Parkinsonsyndrom 4 Paralysis agitans
Definition 4 chronisch neurodegenerative Erkrankung mit Verlust dopaminproduzierender Neurone
Klinik 4 Kardinalsymptome: 5 Ruhetremor 5 Rigor 5 Bradykinese oder Akinese 5 posturale Instabilität
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung (wegweisend)
367 3.9 · Funktionelle Neurochirurgie
4 pharmakologische Tests (L-Dopa, Apomorphin) 4 nuklearmedizinische Methoden (SPECT, PET)
Therapie 4 pharmakologisch (initial) 4 operativ bei Medikamentenresistenz (Wirkfluktuationen) oder Nebenwirkungen 5 tiefe Hirnstimulation über implantierte Elektroden 5 Zielpunkte: J Nucleus subthalamicus J Globus pallidus internus J Nucleus ventralis intermedius thalami 4 alternativ (schwere therapierefraktäre Verläufe) 5 ablative Chirurgie: J stereotaktische Pallidotomie J stereotaktische operative oder radiochirurgische Thalamotomie J stereotaktische Subthalamotomie 4 Neurotransplantation (experimentell)
3.9.2
Epilepsiechirurgie
Ziele 4 Anfallsfreiheit fokal entstehender Epilepsien durch Entfernung der »epileptogenen Zone«, meist mit Resektion einer epileptogenen »Läsion« 4 palliative Operationen zur Verminderung der Anfallsschwere oder -häufigkeit möglich
Indikationen 4 medikamentös therapierefraktäre fokale Epilepsie (≥1–2 Jahre, mehrere etablierte Medikamente uneffektiv) 4 bei Kindern oder Erwachsenen bei sog. »katastrophaler Epilepsie«, z.B. mit Sturzanfällen 4 am häufigsten sog. mesiale Temporallappenepilepsie mit typischen komplex partiellen Anfällen 5 Hippokampussklerose häufigstes Korrelat (Korrelation mit komplizierten Fieberkrämpfen?) 5 temporomesiale Fehlbildungstumoren (Gangliogliom, Dysembryoplastischer Neuroepithelialer Tumor) 5 Dysplasie 5 vaskuläre Malformationen (Kavernom, AVM, unspezifische andere Läsionen) 4 extratemporale fokale Epilepsien 5 fokale kortikale Dysplasie oder Tumore als Ursache von fokalen frontalen, parietalen, okzipitalen, zentralen oder insulären Epilepsien
3
Eigene Notizen
368
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
4 hemisphärische Läsionen: 5 perinataler Mediainfarkt 5 Hemimegalenzephalie 5 Sturge-Weber
Spezielle prächirurgische Evaluation 4 Anamnese, Fremdanamnese! 4 Befund und Beurteilung der Anfalls-Semiologie 4 Video-EEG-Monitoring: 24 h/Tag zur Anfalls-/EEG-Dokumentation für Tage bis Wochen 4 spezielle hochauflösende MRT des Gehirns (T1, T2, Flair, temporale Angulierung etc.) 4 neuropsychologische Evaluation 4 ggf. iktales und interiktales SPECT 4 PET zur Frage eines lokalen Hypometabolismus 4 bei unklarer Befundlage evtl. invasive Abklärung: 5 intrakranielles EEG und 5 Hirn-Mapping mit stereotaktisch implantierten Tiefenelektroden oder subduralen Streifen- oder Gitterelektroden 4 differentialdiagnostisch insbesondere 5 psychogene Anfälle 5 generalisierte Epilepsien 5 Kollaps anderer Ursache
Operatives Vorgehen 4 Resektion abhängig von Anfallsursprung und epileptogener Läsion, Eloquenz der betroffenen Areale: 5 sehr umschriebene (erweiterte) Läsionektomie, Amygdalohippokampektomie 5 Temporal- oder anderer Hirnlappenresektion 5 funktionellen Hemisphärektomie/Hemisphärendeafferenzierung (bei vorbestehendem Ausfall der relevanten Hemisphärenfunktion insbesondere durch perinatale/angeborene Störungen) 5 palliative Verfahren z.B. J Kallosotomie z.B. zur Verhinderung von verletzungsträchtigen Sturzanfällen J subpiale Transsektionen J Vagusnervstimulation J tiefe Hirnstimulation: Unterbrechung oder Modifikation, insbesondere der Anfallsausbreitung
Nachsorge 4 4 4 4
Fortführen der antikonvulsiven Therapie Medikamentenreduktion ggf. ab 1 Jahr postoperativ Dokumentation Anfallsfreiheit oder Anfallsfrequenz Anfallsfreiheit bei klassischen Indikationen z.B.: 5 Amygdalohippokampektomie bei 75% 5 Hemisphärektomie bei Porenzephalie bei 90% 4 kontinuierliche Weiterbetreuung und berufliche/schulische Eingliederung anstreben
369 3.9 · Funktionelle Neurochirurgie
3.9.3
Neurovaskuläre Dekompression
Definition 4 Goldstandardverfahren in der operativen Behandlung neurovaskulärer Kompressionssyndrome: 5 Trigeminusneuralgie 5 Hemispasmus fazialis 5 Glossopharyngeusneuralgie
Trigeminusneuralgie (Tic Doloureux) Ätiologie 4 letztlich ungeklärt 4 zahlreiche unterschiedliche Theorien: 5 ursächlich umschriebene Demyelinisierung der A-Fasern an der Trigeminuswurzeleintrittszone 5 vaskuläre Kompression wahrscheinlich, wenn sonstige Ursachen (Tumor, Multiple Sklerose etc.) ausgeschlossen 4 vorwiegend Frauen 4 Altersgipfel 50–70 Jahre
Klinik 4 über Wochen bis wenige Monate schubweise beginnende progrediente Symptomatik mit blitzartig einschießenden, wenige Sekunden bis Minuten andauernden, lanzierenden Gesichtsschmerzattacken unerträglicher Intensität 4 überwiegend Versorgungsgebiet des III. und II. Trigeminusastes, vorwiegend unilateral und rechtsseitig 4 Auslöser: Kauen, Sprechen, Zähneputzen, Rasieren, Berührungen des Gesichtes, kalter Luftzug, Bewegungen der Gesichtsmuskulatur, spontan 4 Begleitsymptomatik: 5 vegetativ: J Gesichtsrötung J vermehrte Sekretion der Tränen-, Nasen- und Speicheldrüsen 5 psychisch: J depressive Verstimmung J Suizidalität
Diagnostik 4 Anamnese (wegweisend) 4 klinische Untersuchung (meist unauffällig, selten geringe Hypästhesien des Gesichtes) 4 MRT: 5 Konflikt N. trigeminus und Gefäß, meist arteriell und vorwiegend A. cerebelli superior, selten venös oder arteriell und venös 5 Differentialdiagnose: Tumore, Gefäßmalformationen, entzündliche Prozesse 4 Differentialdiagnose: 5 übrige unterschiedliche Arten des Gesichtsschmerzes
3
Eigene Notizen
370
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
Therapie 4 pharmakologisch (initial): 5 Antikonvulsiva (Carbamazepin, Phenytoin, Gabapentin, Baclofen, Clonazepam, Oxcarbazepin, Valproinsäure) 5 Antidepressiva wie trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin, Desipramin, Doxepin, Imipramin, Nortriptylin) und Monoaminooxidasehemmer (Phenelzin) 5 Neuroleptika wie Phenothiazine (Fluphenazin) 5 Analgetika wie Opiate 4 operativ (Therapieresistenz, Medikamentennebenwirkungen) 5 offene Verfahren: J mikrovaskuläre Dekompression der Trigeminuswurzel nach Janetta (retromastoidaler Zugang, Kleinhirnretraktion, Darstellen des N. trigeminus, Lösen des Nerven von einer Gefäßschlinge, Einlegen eines Interponates) J alternativ partielle sensorische Rhizotomie J Neurektomie des N. trigeminus 5 perkutane Verfahren: J thermale Radiofrequenzrhizotomie J chemische Alkohol- und Glyzerolrhizolyse J mechanische Ballonkompression-Gangliolyse des Ganglion trigeminale Gasser J Traktotomie J Neurotomie und Neurektomie des N. trimeninus 5 stereotaktische radiochirurgische Verfahren bei Therapieresistenz oder Medikamentennebenwirkungen: J Gamma-Knife J Linearbeschleuniger
3.10
Infektionen
3.10.1
Meningitis
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
meist akut, häufig fulminant Kopfschmerz Übelkeit Erbrechen Meningismus Fieber Verwirrtheit Vigilanzminderung Krampfanfälle fokal neurologische Defizite Photophobie
371 3.10 · Infektionen
Diagnostik 4 Anamnese 4 klinische Untersuchung 4 Lumbalpunktion (obligat, mikrobiologische/virologische Untersuchung)
Therapie 4 pharmakologisch Antibiotika obligat: 5 Dexamethason/Antiepileptika fakultativ 4 ggf. operative Fokussanierung
3.10.2
Hirnabszess
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
akut bis chronisch, indolent bis fulminant Kopfschmerz Übelkeit Erbrechen Meningismus Fieber Verwirrtheit Vigilanzminderung Krampfanfälle fokal neurologische Defizite Stauungspapillen
Diagnostik 4 4 4 4 4 4 4 4
Anamnese klinische Untersuchung CT MRT Labordiagnostik mikrobiologische und virologische Untersuchung Fokussuche Lumbalpunktion, diagnostische Aussagekraft gering (Kapsel)
Therapie 4 pharmakologisch: Indikationen: 5 frühes Zerebritisstadium ohne Abszessmembran 5 Abszessgröße <3 cm 5 multiple kleine Abszesse 5 rasche Besserung unter medikamentöser Therapie 5 Inoperabilität 4 Medikamente: 5 Antibiotika (obligat) über mehrere Wochen 5 Dexamethason/Antiepileptika (fakultativ)
3
Eigene Notizen
372
Kapitel 3 · Neurochirurgie
Eigene Notizen
3
4 operativ: Indikationen: 5 späte Abszessform mit Abszessmembran 5 Abszessgröße >3 cm 5 signifikanter Masseneffekt 5 Differentialdiagnostik, Keimgewinnung 4 OP-Methoden: 5 Exstirpation (selten) 5 Drainageneinlage zur Spülung (häufig)
3.10.3
Epidurales oder subdurales Empyem
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4
akut bis chronisch indolent bis fulminant Kopfschmerz Übelkeit Erbrechen Meningismus Fieber Verwirrtheit Vigilanzminderung Krampfanfälle fokal neurologische Defizite
Diagnostik 4 4 4 4 4 4
Anamnese klinische Untersuchung CT, MRT Labordiagnostik mikrobiologische und virologische Untersuchung Fokussuche
Therapie 4 pharmakologisch: 5 Antibiotika (obligat) 5 Dexamethason (umstritten) 5 Fokussanierung (bedarfsweise) 4 operativ: 5 chirurgische Methoden: J Bohrlochtrepanation J Kraniotomie oder Kraniektomie J Drainage J Débridement J Spülung
4 Tag 5 – Urologie
4
Urologie
4.1
Urologische Onkologie – 375
4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.1.7 4.1.8 4.1.9
Nierenzellkarzinom (NZK) – 375 Nebennierenkarzinom – 381 Urothelkarzinom der Harnblase – 382 Urothelkarzinom des oberen Harntrakts – 392 Urethralkarzinom – 398 Peniskarzinom – 402 Prostatakarzinom – 409 Hodentumoren – 429 Hodentumoren des Stromas – 439
4.2
Kinderurologie – 441
4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7
Nierenanomalien – 441 Harnleiteranomalien – 443 Harnröhrenanomalien – 448 Epispadie-Exstrophie-Komplex – 450 Äußeres Genitale – 451 Urologische Tumoren – 454 Blasenentleerungsstörungen – 457
4.3
Andrologie – 459
4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4
4.3.6
Erektile Dysfunktion – 459 Ejakulationsstörungen – 462 Infertilität – 464 Primärer Hypogonadismus (hypergonadotroper Hypogonadismus) – 465 Sekundärer Hypogonadismus (hypogonadotroper Hypogonadismus) – 466 Genetische Störungen – 466
4.4
Funktionsstörungen des unteren Harntrakts – 467
4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5
Speicherstörungen der Blase – 467 Blasenentleerungsstörungen – 467 Symptome einer benignen Prostatahyperplasie (BPS) Inkontinenz im Alter – 472 Neuropathische Blase – 473
4.3.5
– 470
H. Clusmann et al., Chirurgie IN 5 TAGEN, DOI 10.1007/978-3-642-20475-3_4, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2012
4.5
Urolithiasis – 475
4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4 4.5.5 4.5.6 4.5.7 4.5.8 4.5.9
Epidemiologie – 476 Pathogenese – 476 Risikofaktoren – 477 Steinarten – 478 Ätiologie – 479 Zusammensetzung der Steine – 479 Symptomatik – 481 Diagnostik – 482 Therapie – 486
4.6
Entzündungen des Urogenitaltrakts – 490
4.6.1 4.6.2 4.6.3
Unkomplizierte Harnwegsinfektion – 490 Prostatitis – 497 Urogenitale Tuberkulose (UGT) – 500
4.7
Verletzungen und Notfälle – 502
4.7.1 4.7.2 4.7.3 4.7.4 4.7.5 4.7.6 4.7.7 4.7.8 4.7.9 4.7.10 4.7.11
Nierentrauma – 502 Uretertrauma – 503 Blasentrauma – 504 Verletzungen der Urethra Penisfraktur – 507 Hodentrauma – 507 Harnverhalt – 507 Steinkolik – 508 Hodentorsion – 508 Priapismus – 509 Paraphimose – 509
– 505
375 4.1 · Urologische Onkologie
4.1
Urologische Onkologie
Eigene Notizen
A. Heidenreich 4.1.1
4
Nierenzellkarzinom (NZK)
Epidemiologie 4 Inzidenz: 5 Männer: 16,6/100.000 Einwohner 5 Frauen: 6,8/100.000 4 jährlich etwa 7000 Neuerkrankungen in Deutschland, Tendenz steigend 4 Häufigkeitsgipfel 40.–70. Lebensjahr 4 erhöhtes Erkrankungsrisiko ist beschrieben für: 5 tuberöse Sklerose (Erkrankungsrisiko 10%) 5 Von-Hippel-Lindau-(VHL-)Syndrom (Erkrankungsrisiko 45%) 5 positive Familienanamnese 5 chronische Niereninsuffizienz 5 Dialyse und Nierentransplantation 5 Umweltfaktoren: keine gesicherte Korrelation 5 Hypertonus 5 Übergewicht 5 Diabetes mellitus 5 polyzystische Nierendegeneration 5 Phenacetinabusus 5 Diuretika
Pathomorphologische Klassifikation 4 siehe . Tabelle 4 Entitäten sind durch ein immunhistologisches Markerspektrum und differente Histogenese charakterisiert 4 morphologische Klassifikation durch spezifische Chromosomenaberrationen untermauert Darstellung der häufigsten Nierentumoren nach WHO Tumor
Häufigkeit
Genetische Alteration
Hellzelliges Nierenzellkarzinom
75%
Von-Hippel-Lindau-Gen
Papilläres Nierenzellkarzinom: Typ 1
5%
c-MET Proto-Onkogen
Papilläres Nierenzellkarzinom: Typ 2
10%
Fumarat-Hydratase
Chromophobes Nierenzellkarzinom
5%
Birt-Hogg-Dubé Gen
Ductus-Bellini-Karzinom
<1%
Onkozytom
5%
Birt-Hogg-Dubé Gen
376
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 Zytogenetische Korrelationen zur Morphologie 5 klarzelliges NZK: J partieller oder kompletter Verlust von Chromosom 3 J gilt für hereditäre und sporadische Formen gleichermaßen J derzeit unklar, ob eine Mutation im VHL-Gen (Tumorsuppressorgen) allein ein NZK induzieren kann J bei weiterer Entdifferenzierung des Karzinoms Nachweis zusätzlicher Veränderungen auf Chromosom 7,5 q und 10 J eine Amplifikation wird auf 1 q häufig im Stadium der Metastasierung beobachtet 5 chromophobes NZK: J chromosomale Verluste von -1, -2, -6, -10, -13, -17, -21 5 chromophiles, papilläres NZK: J charakteristischerweise Trisomie 7 bzw. eine Tetrasomie 17 J in der weiteren Entdifferenzierung sind Überexpressionen auf den Chromosomen 12, 16 und 3 q beschrieben J typisch für papilläre G3-Tumoren ist eine Amplifikation auf Chromosom 10 4 Abgrenzung eines Adenoms gegenüber einem Karzinom J Die Diagnose eines Nierenzelladenoms bleibt umstritten, mehrheitlich wird empfohlen, solide Raumforderungen aller Größen mit epithelialem Ursprung als potenziell maligne einzustufen und als solche zu behandeln
Klinik 4 nahezu 75% der Tumoren werden inzidentell im Rahmen einer Oberbauchsonographie oder einer Computertomographie anderer Ursache entdeckt 4 klassische Trias nur bei <10%: 5 Flankenschmerzen 5 Hämaturie 5 tastbarer Tumor 4 schmerzlose/schmerzhafte Makrohämaturie (Kolik durch Koagelabgang) deutet auf lokale fortgeschrittene Tumoren hin
Diagnostik und Staging 4 Metastasierung: 5 zum Zeitpunkt der Diagnose weisen 20–30% der Patienten Metastasen aus, 20–30% entwickeln Metastasen im Krankheitsverlauf 5 die häufigsten Metastasierungsorte sind: Lunge, Lymphknoten, Leber und Gehirn 4 klinische und bildgebende Untersuchungen: 5 körperliche Untersuchung: Flankenschmerz, Varicocele testis? 5 keine typischen serologischen Befunde oder Tumormarker 5 Sonographie: Basisuntersuchung mit hoher Sensitivität bei Tumoren >2 cm Durchmesser 5 3-Phasen-Spiral-CT:
377 4.1 · Urologische Onkologie
J zur Lokalisations- und Ausbreitungsdiagnostik J typischer Kontrastmittelanstieg im Tumor >30 Houndsfieldeinheiten gegenüber Normalparenchym J Beurteilung des lokoregionären Lymphknotenstatus, viszerale Metastasen 5 CT-Thorax: J Stagingdiagnostik bei lokal fortgeschrittenen Nierenzellkarzinomen 5 Kernspintomographie: gleichwertige Aussagekraft wie CT, Indikation nur zur Beurteilung des Vorliegens und der Ausdehnung eines Tumorthrombus in V. renalis oder V. cava inferior 5 Skelettszintigraphie nur bei Verdacht auf das Vorliegen ossärer Metastasen
Differenzialdiagnose 4 benigne, solide renale Tumoren: Onkozytom, Angiomyolipom 4 einfache und komplizierte Nierenzysten, siehe . Tabelle 4 die Nierenzysten werden in Abhängigkeit von ihrer Morphologie im CT in verschiedene Kategorien nach Bosniak eingeteilt; Nierenzysten der Bosniak-Klassifikation III und IV bedürfen einer histologischen Sicherung Einteilung zystischer Raumforderungen der Niere: Bosniak-Klassifikation Kategorie
CT-Morphologie
Dignität
Vorgehen
I
unkomplizierte Zyste
benigne
sonographische Kontrolle
II
komplizierte Zyste: hyperdens, Septen und/oder Verkalkungen, alle CT-Kriterien* a–d sind erfüllt
meist benigne
CT-Kontrolle nach 3, 6 und 12 Monaten
III
Malignom nicht sicher auszuschließen: eines der CT-Kriterien a–d trifft nicht zu*
in 50% der Fälle maligne
histologische Klärung
IV
Zyste mit solidem Anteil und KM-Aufnahme, irreguläre Begrenzung*
maligne
histologische Klärung
* CT-Kriterien zur Beurteilung von Nierenzysten: a) nativ homogen, b) nach KM-Gabe Dichteanstieg von <10 HE, c) Größenausdehnung <3 cm, d) die Zirkumferenz liegt extrarenal
Therapie des lokal begrenzten Nierenzellkarzinoms 4 4 4 4 4
organerhaltende Nierentumorresektion radikale Tumornephrektomie ablative Verfahren (Kryochirurgie, Radiofrequenzablation) aktive Surveillance alle chirurgischen Verfahren können in offener, laparoskopischer oder roboterassistierter Operationstechnik zur Anwendung kommen 4 die operative Therapie des Nierenzellkarzinoms ist der einzige kurative Behandlungsansatz
4
Eigene Notizen
378
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Aktive Surveillance 4 Ausnahmealternative bei Patienten mit kleinen (<2 cm) Tumoren, signifikanten Begleiterkrankungen und hohem intraoperativem Komplikationsrisiko 4 Voraussetzung ist eine sonographisch oder computertomographisch gesteuerte Feinnadelbiopsie des Tumors, die mit einer Fehlerrate von 5–15% assoziiert sein kann
4
Ablative Verfahren 4 perkutane sonographisch oder computertomographisch gesteuerte Radiofrequenzablation 4 perkutane oder laparoskopische Kryoablation 4 beide Therapieverfahren sind kein etablierter Standard, sondern eine Alternative bei kleinen, peripheren Nierentumoren bei Patienten mit signifikanten Begleiterkrankungen und hohem intraoperativem Komplikationsrisiko 4 Voraussetzung ist eine sonographisch oder computertomographisch gesteuerte Feinnadelbiopsie des Tumors, die mit einer Fehlerrate von 5–15% assoziiert sein kann
Organerhaltende Nierentumorchirurgie 4 imperative Indikation: Organerhaltung zur Vermeidung einer unmittelbaren Dialyse notwendig, z.B. 5 Einzelniere 5 bilateraler Nierentumor 5 chronische Niereninsuffizienz 5 hereditäres Nierentumorleiden 4 relative Indikation: 5 Erkrankungen der kontralateralen Niere (Urolithiasis, etc.) 5 Erkrankungen mit potenziell nierenschädigendem Einfluss (Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, etc.) 4 elektive Indikation: 5 Nierentumoren <7 cm bei gesunder Gegenniere 4 Organerhalt ist heute die Therapie der Wahl aller Nierentumoren, die technisch komplett reseziert werden können 4 tumorfreie Überlebensraten sind mit 85–90% nach 10 Jahren der radikalen Nephrektomie identisch 4 Lokalrezidivrisiko liegt zwischen 1–3%, nur bei imperativer Indikation steigt das Risiko (3–12%)
Radikale Tumornephrektomie 4 Standard bei allen Nierentumoren >7 cm, bei organüberschreitenden Nierentumoren, bei Tumorthromben der V. renalis oder der V. cava inferior 4 Standard als zytoreduktive radikale Nephrektomie vor Einleitung medikamentöser Systemtherapie bei metastasiertem Nierenzellkarzinom aufgrund einer signifikanten Verbesserung des tumorspezifischen Überlebens
379 4.1 · Urologische Onkologie
4 ipsilaterale Adrenalektomie nicht mehr generell notwendig, nur bei auffälligem Befund im CT oder großen Oberpoltumoren (Gefahr direkter Invasion) 4 radikale, ipsilaterale retroperitoneale Lymphadenektomie ohne Einfluss auf das tumorspezifische Überleben; Indikation nur bei bildgebend nachgewiesenem Verdacht auf Lymphknotenmetastasen 4 die Prognose des organbegrenzten oder lokal fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms ist abhängig von der lokalen Ausdehnung des Primärtumors und möglichen synchronen oder metachronen Metastasen
TNM-Klassifikation 4 die anatomische Ausbreitung des Nierenzellkarzinoms erfolgt nach den Kriterien des TNM-Systems der UICC von 2009, siehe . Tabelle TNM-Klassifikation und Prognose des NZK nach UICC von 2009 Stadium
TNM-Klassifikation
5-Jahresüberlebensrate
pT1
Tumor ≤7 cm, begrenzt auf die Niere
70–90%
pT1a
Tumor ≤4 cm in größter Ausdehnung
90–100%
PT1b
Tumor 4,1 bis ≤7 cm in größter Ausdehnung
80–90%
pT2
Tumor >7 cm, begrenzt auf die Niere
70–80%
pT2a
Tumor 7,1 bis ≤10 cm in größter Ausdehnung
80–90%
pT2b
Tumor ≥10 cm in größter Ausdehnung
70–80%
pT3a
Tumor infiltriert Nebenniere oder perirenales Gewebe, nicht aber über die Gerota-Faszie hinaus
40–80%
pT3b
Tumor mit makroskopischer Ausdehnung in Nierenvene oder V. cava unterhalb des Zwerchfells
40–60%
pT3c
Tumor mit makroskopischer Ausdehnung in die V. cava oberhalb des Zwerchfells
20–40%
pT4
Tumor infiltriert über die Gerota-Faszie hinaus
20–40%
N-regionäre Lymphknoten NX
LK können nicht beurteilt werden
N0
keine LK-Metastasen
N1
Metastase in einem LK
N2
Metastase in mehr als einem LK
0–20%
M-Fernmetastasen (FM) Mx
FM können nicht beurteilt werden
M0
keine FM
M1
FM
0–10%
4
Eigene Notizen
380
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms 4 kein kurativer Therapieansatz existent, mittleres Überleben bei günstiger Prognose ca. 23 Monaten, bei ungünstiger Prognose ca. 10–12 Monaten 4 das metastasierte Nierenzellkarzinom ist refraktär gegenüber einer Hormon-, Chemo- oder Strahlentherapie 4 die Therapie der Wahl besteht in Abhängigkeit vom Risikoprofil in der Gabe von Multi-Tyrosinkinaseinhibitoren (Pazopanib, Sunitinib, Sorafenib), mTOR-Inhibitoren (Temsirolimus, Everolimus) oder VEGFInhibitoren (Bevacizumab mit Interferon-a) 4 das individuelle Risikoprofil eines Patienten wird anhand des MotzerScores (siehe . Tabelle) errechnet, Patienten mit: 5 günstigem oder intermediärem Risikoprofil erhalten primär Bevacizumab und Interferon-a oder Sunitinib, 5 ungünstigen Risikoprofil erhalten Temsirolimus; die Substanzen Sorafenib und Everolimus sind der Zweit- oder Drittlinientherapie vorbehalten 4 das Überleben nach 2 Jahren beträgt ca. 45% bei niedrigem Risikoprofil sowie 17% und 3% bei intermediärem bzw. ungünstigem Risikoprofil 4 die oral verfügbaren MTKI Sorafenib, Sunitinib und Pazopanib inhibieren die Tyrosinkinasen EGFR, PDGFR, VEGFR, FLT-3, c-kit) in unterschiedlicher Ausprägung, blockieren dadurch die Signaltransduktion und induzieren einen Proliferationsstopp 4 Bevacizumab ist ein monoklonaler, intravenös zu applizierender Antikörper, der den löslichen Wachstumsfaktor VEGFR bindet und dadurch eine Signaltransduktion blockiert 4 Temsirolimus (i.v. Gabe) und Everolimus (orale Gabe) inhibieren 4 das mittlere progressionsfreie Überleben unter Bevacizumab und Sunitinib beträgt 10–12 Monate, unter Temsirolimus 5–7 Monate 4 das mittlere Gesamtüberleben beträgt unter Bevacizumab und Sunitinib 23–26 Monate, unter Temsirolimus 10–12 Monate 4 in der Zweit- und Drittlinientherapie reduzieren sich das mittlere progressionsfreie und Gesamtüberleben auf 4–5 Monate bzw. 12–15 Monate 4 eine objektive, d.h. messbare Remission viszeraler Metastasen wird nur in weniger als 10% der Patienten erreicht; Zielsetzung der Therapie ist eine Progressionsverzögerung der Erkrankung 4 die Nebenwirkungsprofile sind zum Teil erheblich, so dass bei jedem Patienten eine sorgfältige Abwägung zwischen möglichem Therapieeffekt, Nebenwirkungen und Einfluss auf die Lebensqualität getroffen werden muss 4 palliative Therapieansätze bei schmerzhaftem oder blutenden Nierentumoren bestehen in der angiographischen Embolisation 4 schmerzhafte Knochenmetastasen können palliativ bestrahlt werden; zusätzlich empfiehlt sich der Einsatz von dem Bisphosphonat Zoledronsäure zur Reduktion skelettal relevanter Ereignisse
381 4.1 · Urologische Onkologie
Klassifizierung des Risikoprofils bei metastasierten Nierenzellkarzinom nach den Motzer-Kriterien Parameter
Definition
Allgemeinzustand
≤80%
Zeit zwischen Erstdiagnose und Metastasierung
≤1 Jahr
Hämoglobinwert
geringer als der untere Referenzwert <12,0 g/dl bei Frauen <14,0 g/dl bei Männern
Laktatdehydrogenase (LDH)
<1,5-mal höher als der obere Referenzwert 214 U/l bei Frauen 225 U/l bei Männern
Korrigiertes Kalzium im Serum
erhöhte (<10 mg/dl)
Anzahl der Metastasierungsorte
≥2
4.1.2
Nebennierenkarzinom
Epidemiologie 4 sehr seltenes Karzinom mit einer Inzidenz von 0,06–0,2 pro 100.000 Einwohner 4 Häufigkeitsgipfel im 5. und 6. Dezennium 4 bilaterales Vorkommen in 4–10%
Klinik 4 Unterteilung in hormonell aktive und hormonell inaktive Nebennierenkarzinome: 5 hormoninaktive Karzinome: J klinisch lange Zeit asymptomatisch J Symptome durch verdrängende Raumforderung, Gewichtsverlust, B-Symptomatik, Metastasen 5 hormonaktive Karzinome: J vorwiegend Synthese und Sekretion von Kortisol und androgenwirksamen Steroiden J Symptome bei der Frau: sekundäre Amenorrhö, Hirsutismus, Virilisierung J Symptome beim Mann: Kortisolüberschuss mit Zeichen des Cushing-Syndroms
Diagnostik 4 Malignitätsnachweis: 5 beweisende Malignität nur bei Invasion in die Umgebung, Lymphknoten- oder Fernmetastasen 5 Rindentumoren >6 cm im Durchmesser sind mit über 90% Wahrscheinlichkeit maligne
4
Eigene Notizen
382
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 Tumorlokalisation und Staging: 5 Sonographie 5 CT oder MRT des Thorax und Abdomens sowie Schädels 5 Angiographie mit selektiver Venenblutentnahme zur seitengetrennten adrenalen Steroidbestimmung (nur erforderlich bei unklarer Lokalisation des Primarius oder von Metastasen)
Therapie 4 operativ: Indikation: 5 nur bei ausgeschlossener lokoregionärer oder Fernmetastasierung 5 radikale offen operative Entfernung der tumortragenden Nebenniere 4 medikamentös: 5 Mitotane (Lisodren®, Mittel der Wahl), 2- bis 3-mal 3 g/Tag 5 bei Nichtansprechen auf Mitotane: J Ketoconazol (Nizoral®), 3-mal 200 mg/Tag J Aminoglutethimid (Orimeten®), 2- bis 4-mal 250 mg/Tag J Metyrapon, <2 g/Tag J ggf. Kombination von 2 der genannten Pharmaka. 4 Strahlen- und konventionelle Chemotherapie: 5 nur Palliation (bei Schmerzen oder anderen Symptomen bzw. in der Behandlung von Metastasen)
Prognose 4 insgesamt schlecht 4 mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung: etwa 3–4 Jahre 4 hormoninaktive Karzinome: schlechte Prognose aufgrund der späten klinischen Manifestation und der Entdifferenzierung
4.1.3
Urothelkarzinom der Harnblase
Epidemiologie und Ätiologie 4 4 4 4
Männer sind im Verhältnis 3–5:1 häufiger betroffen als Frauen medianes Alter zum Zeitpunkt der Diagnose: 65 Jahre: ca. 75% aller Patienten weisen einen organbegrenzten Tumor auf bei 25% findet sich ein muskelinvasives oder bereits lymphogen metastasiertes Karzinom 4 wichtigste Risikofaktoren sind: 5 Zigarettenkonsum: das Risiko ist wahrscheinlich aufgrund des Kontaktes der aromatischen Amine mit dem Urothel ca. 2- bis 4-fach gesteigert 5 berufsbedingte Noxen: aromatische Amine bei Berufen in der Färbemittel-, Leder- und Gummiindustrie, Maler, Friseur, Reinigungskräfte; das Urothelkarzinom ist bei diesen Berufen eine Berufskrankheit und der Berufsgenossenschaft meldepflichtig 5 Cyclophosphamid und Phenacetin: Erkrankungsrisiko ist ca. 9-fach erhöht
383 4.1 · Urologische Onkologie
5 Bestrahlungstherapie im kleinen Becken: Erkrankungsrisiko ca. 1,5–2-fach erhöht 5 chronische Harnwegsinfektion: erhöhtes Risiko der Ausbildung eines Plattenepithelkarzinoms der Harnblase bei chronischen Dauerkatheterträgern, Blasensteinen, etc. 5 Bilharziose: signifikant erhöhtes Risiko der Ausbildung von Plattenepithelkarzinomen
Klassifikation 4 4 4 4
ca. 85–90%: Urothelkarzinome ca. 5%: Plattenepithelkarzinome ca. 2%: Adenokarzinome ca. 1%: seltene Tumoren wie Sarkome, kleinzellige Karzinome, Melanome (meist ungünstige Prognose)
TNM-Klassifikation der Harnblasenkarzinome
4 das TNM-System von 2009 berücksichtigt beim Harnblasenkarzinom nicht mehr die Klassifikation G1–G3, sondern es werden nur noch »Low-Grade«- und »High-Grade«-Karzinome differenziert 4 bei den nichtmuskelinvasiven Blasenkarzinomen werden die flachen Läsionen (Carcinoma in situ, Tis) von den papillären (pTa) und den stromainvasiven Karzinomen (pT1) unterschieden 4 bei den papillären Urothelkarzinomen werden die »papillary urothelial neoplasms of low malignant potential« (PUMLMP, pTaG1) von den papillären Karzinomen, »low grade« (pTaG2–3) differenziert 4 das CIS stellt eine intraepitheliale Läsion mit hohem Aggressivitätspotenzial dar, das insbesondere in Assoziation mit nichtmuskelinvasiven Tumoren mit einer schlechten Prognose vergesellschaftet ist 4 Die Kombination eines nichtmuskelinvasiven pT1-Tumors mit einem CIS oder einem »High-Grade«-Befund ist besonders aggressiv: in 10% finden sich Lymphknotenmetastasen, in ca. 30–40% wird nach radikaler Zystektomie ein Upgrading zu einem pT2-3 Karzinom evident 4 die Lymphabflusswege der Harnblase umschließen die Fossa obturatoria, die Aa. iliaca interna, externa und communis 4 die übrigen Klassifikationen des TNM-Systems siehe . Tabelle TNM (klinische) und pTNM (pathologische) Klassifikation gemäß WHO (2009) Primärtumor Ta
Nichtinvasiver papillärer Tumor
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe
T2
Tumor infiltriert die Muskulatur
6
T2a
Tumor infiltriert die oberflächliche Muskulatur (innere Hälfte)
T2b
Tumor infiltriert die tiefe Muskulatur (äußere Hälfte)
4
Eigene Notizen
384
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
TNM (klinische) und pTNM (pathologische) Klassifikation gemäß WHO (2009) Primärtumor T3
4
Tumor infiltriert perivesikales Fettgewebe T3a
Mikroskopisch
T3b
Makroskopisch
T4
Tumor infiltriert T4a
Prostata, Uterus, Vagina
T4b
Becken- oder Bauchwand
Regionäre Lymphknoten NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Eine Lymphknotenmetastase mit Durchmesser <2 cm
N2
Lymphknotenmetastase in einem Lymphknoten mit einem Durchmesser von 2–5 cm oder mehrere Lymphknotenmetastasen mit einem Durchmesser von ≤5 cm
N3
Metastase in mindestens einem Lymphknoten mit einem Durchmesser von >5 cm
Fernmetastasierung Mx
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Pathogenese 4 Blasenkarzinome metastasieren lymphogen primär in den Bereich des kleinen Beckens: Fossa obturatoria, Aa. Iliaca externa, interna und communis 4 die Frequenz von Lymphknotenmetastasen steigt mit zunehmendem pT-Stadium: 5 10% bei pT1G3 5 25–35% bei pT2 5 40–60% bei pT3 4 Blasenkarzinome metastasierten hämatogen prädominant in Lunge, Leber und Knochen
Klinik 4 die schmerzlose Makrohämaturie ist in 10–15% der Patienten das Leitsymptom, gilt als tumorverdächtig bis zum Beweis des Gegenteils 4 Mikrohämaturie ist Erstbefund bei ca. 15–20% der Patienten 4 Miktionsbeschwerden wie Dysurie, imperativer Harndrang, Nykturie oder Pollakisurie können durch ein CIS sowie durch entzündliche oder steinbedingte Pathologien verursacht werden
385 4.1 · Urologische Onkologie
4 differenzialdiagnostisch kommen bei den genannten Symptomen alle anderen Erkrankungen des unteren Harntrakts von der Entzündung, Urolithiasis, Glomerulonephritis in Betracht 4 persistierende Miktionsbeschwerden bei Männern über 50 Jahre sind prinzipiell tumorverdächtig → intensiven weiterführenden Diagnostik 4 Differenzialdiagnose der Hämaturie: Urolithiasis, Parenchymtumoren der Niere, Glomerulonephritis, Pyelonephritis, hämorrhagische Zystitis
Diagnostik 4 Urethrozystoskopie 5 starre oder flexible Urethrozystoskopie: J bei der starren Urethrozystoskopie wird mit einer GeradeausOptik (0°) und einer abgewinkelten Optik (30°) die Harnblase nach einem festen Schema bezüglich des Vorliegens von papillären Tumoren, flachen epithelialen Läsionen oder Blutungen aus den Ureterostien inspiziert 5 Fluoreszenzzystoskopie: kann die Detektionsrate insbesondere des CIS signifikant um ca. 20% verbessern: J bei der Fluoreszenzzystoskopie wird ca. 60 Minuten zuvor ein Fotosensibilisator wie 5-Aminolävulinsäure (ALA) oder HexylALA in die Harnblase instilliert J der Fotosensibilisator reichert sich selektiv in den Tumorzellen an und kann durch ein Licht besonderer Wellenlänge im Rahmen der Zystoskopie als leuchtende Raumforderung sichtbar gemacht werden J durch die Anwendung der ALA-basierten Zystoskopie und Resektion der Blasentumoren (7 Abschn. 4.1.3) Verbesserung der Detektionsrate und Verbesserung des rezidivfreien Überlebens bei nichtmuskelinvasiven Blasentumoren 4 Urinzytologie 5 Darstellung von Transitionalzellen oder Karzinomzellen in einer Probe von Spontanurin oder einer Blasenspülprobe 5 mikroskopische Beurteilung der Zellen nach Papanicolaou-Färbung auf Malignitätskriterien wie Verschiebung der Kern-Plasma-Relation, Änderung der Chromatinstruktur, Entrundung der Zellkerne, Vermehrung der Kernkörperchen 5 hohe Sensitivität bei High-Grade-Tumoren von ca. 90%, geringe Sensitivität bei Low-Grade-Tumoren von 10–30% 5 falsch positive Befunde bei chronischen Entzündungen, Urolithiasis 4 Urinmarker 5 verschiedene kommerzielle Markersysteme verfügbar, die durch monoklonale Antikörper tumorassoziierte Antigene immunhistochemisch oder immunzytologisch in einer Urinprobe sichtbar machen sollen 5 Zielsetzung ist einer Verbesserung der Früherkennung eines Blasenkarzinoms und der Verzicht einer Kontrollzystoskopie nach erfolgter transurethraler Blasentumorresektion (7 Abschn. 4.1.3)
4
Eigene Notizen
386
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
5 die derzeit verfügbaren Testsysteme erkennen das blasentumorassoziierte Antigen, NMP22 und bestimmte Chromosomenanomalien mittels Fluoreszenz in-situ-Hybridisierung 5 die Markersysteme zeigen gegenüber der Zytologie eine Überlegenheit bei gut differenzierten Tumoren und eine deutlich geringere Sensitivität bei gering differenzierten Karzinomen 5 entzündliche und infektiöse Erkrankungen des Harntrakts sowie Urolithiasis, Katheterableitungen, Darmableitungen führen zu falsch positiven Werten 4 Bildgebende Diagnostik 5 Ausscheidungsurographie: Darstellung des oberen Harntrakts zum Ausschluss von synchronen Urothelkarzinomen des Nierenbeckens und des Ureters; Häufigkeit: 3–5% 5 CT des Abdomens 5 sensitivste Untersuchungsmethode zur Differenzialdiagnose der Makro- oder Mikrohämaturie: Urolithiasis, parenchymatöse Nierentumoren, Urothelkarzinom des Nierenbeckens, extrarenale Ursachen 5 bildgebendes Stagingverfahren der Wahl bei Nachweis eines stroma- oder muskelinvasiven Urothelkarzinoms der Harnblase 5 Kernspintomographie: indiziert nur bei Allergie gegen jodhaltige Kontrastmittel, jungen Patienten und Schwangeren 5 Sonographie: Ausschluss einer Harnstauungsniere, Lebersonographie zum Ausschluss von Metastasen 5 Skelettszintigraphie: Ausschluss von Knochenmetastasen bei muskelinvasivem Urothelkarzinom der Harnblase, spezifischer Symptomatik oder Erhöhung der alkalischen Phosphatase 5 Positronen-Emmissions-Tomographie (PET): die PET-Diagnostik mit radioaktiv markierter Glukose (18F-Glukose) kann die Detektion von systemischen Metastasen signifikant verbessern; derzeit besteht jedoch keine Zulassung für das Verfahrung; es hat keinen Stellenwert in der Routinediagnostik
Therapie 4 Transurethrale Blasentumorresektion (TUR-B) 5 diagnostisches und bei kleinen, nichtmuskelinvasiven Blasentumoren zugleich ein therapeutisches Verfahren 5 die komplette Resektion des Blasentumors erlaubt die exakte pathohistologische Diagnostik mit Festlegung des Invasionsstadiums und der biologischen Aggressivität (»low grade« vs. »high grade«); Resektion des Tumors sollte immer bis in die Muskularis erfolgen (zu sicheren Diagnose eines pT2-Tumors) 5 fluoreszierende Areale werden immer biopsiert oder komplett reseziert 5 zusätzliche Biopsien auch aus der normal erscheinenden Mukosa werden bei positiver Zytologie, Carcinoma in situ erfolgen 5 bei Nachweis eines pT1-Tumors oder eines High-Grade-Tumors ist eine transurethrale Nachresektion des Tumorgrundes nach 2–4 Wo-
387 4.1 · Urologische Onkologie
chen obligat, da sich aufgrund einer nicht adäquaten Resektionstiefe in bis zu 30% ein muskelinvasives Tumorstadium detektieren lässt 5 bei CIS- oder Blasentumoren im Blasenhalsbereich sind Biopsien aus der prostatischen Harnröhre indiziert, um einen Befall der Prostata erkennen zu können 4 Intravesikale Instillationstherapie 5 in Abhängigkeit vom pathohistologischen Stadium wird eine adjuvante oder eine prophylaktische intravesikale Instillationstherapie mit Zytostatika oder Immuntherapeutika wie attenuierte Tuberkulosebakterien durchgeführt, um eine Tumorzellnidation im Rahmen der TUR-B zu reduzieren und das Risiko eines Rezidivs sowie einer Progression zu minimieren 5 die adjuvante Instillationstherapie erfolgt mit Mitomycin C, 40 mg innerhalb der ersten 6 Stunden nach TUR-B; die Frühinstillation senkt das Rezidivrisiko um 12–17% 5 die prophylaktische Instillationstherapie wird bei CIS-, pT1- sowie papillären High-Grade-Tumoren aufgrund der hohen Rezidivraten und der geringen Progressionsraten empfohlen 5 die Indikation zur prophylaktischen Instillationstherapie wird dabei vom individuellen Risikoprofil der resezierten Blasentumoren abhängig gemacht: J niedriges Rezidivrisiko: nur adjuvante Frühinstillation J intermediäres Rezidivrisiko: Frühinstillation und Zytostatikum für 6–12 Monate oder BCG für mindestens 1 Jahr J hohes Rezidivrisiko: BCG für mindestens 1 Jahr oder sofortige radikale Zystektomie 5 die Medikamente werden über einen Einmalkatheterismus in die Blase instilliert und sollten dort für ca. 1 Stunde verbleiben 5 bei den High-Grade-Karzinomen zeigt die Instillationstherapie mit dem virulente Tuberkulosebakterien beinhaltenden Wirkstoff BCG (Bacillus-Calmette-Guerin) die besten Behandlungsergebnisse, wenn eine Langzeitinstillation über 3 Jahre durchgeführt wird; BCG verursacht eine intensive lokale Immunreaktion in der Blasenwand, die zu einer Infiltration von Makrophagen, etc. mit Apoptose der Tumorzellen führt 5 bei allen anderen Tumoren oder bei einer Instillationsdauer von maximal 1 Jahr ist die Instillationstherapie mit den Zytostatika Mitomycin C oder Epirubicin gleich effektiv 5 unter der Instillationstherapie erfolgen Urethrozystoskopien in 3monatlichen Intervallen, im Falle eines Rezidivs erfolgt die TUR-B sowie die Umstellung der Instillationstherapie oder ggf. die radikale Zystektomie bei Rezidiv eines CIS- oder eines pT1-High-GradeKarzinoms 5 typische Nebenwirkungen der Instillationstherapie: J Zytostatika: Zystitis, irritative Miktion, verspätete Hypersensitivitätsreaktion in erster Linie kutan, Hämaturie J BCG: Zystitis, Hämaturie, Fieber, Sepsis und Pneumonie in <5% der Patienten
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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4 Therapie des muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms 5 radikale Zystektomie mit extendierter pelviner Lymphadenektomie und kontinenter bzw. inkontinenter Harnableitung; gleiches Vorgehen beim multilokulären oder rasch rezidivierenden nichtmuskelinvasiven High-Grade-Blasenkarzinom 5 die radikale Zystektomie beim Mann umfasst die Resektion von Prostata, Samenbläschen, Ductus deferentes, Harnblase und distalen Ureteren 5 insbesondere beim organbegrenzten, muskelinvasiven Blasenkarzinom ist der Funktionserhalt von Kontinenz und Potenz neben der kompletten Tumoreradikation das primäre Behandlungsziel, so dass den Nerv schonende Zystektomietechniken vermehrt zur Anwendung kommen 5 eine prostataschonende radikale Zystektomie ist in sehr gut selektionierten Einzelfällen mit identischen onkologischen Resultaten, aber der Aufrechterhaltung von Potenz und Ejakulation durchführbar 5 eine Urethrektomie ist beim Mann nur indiziert, wenn das Prostatastroma extensiv infiltriert ist oder ein positiver urethraler Absetzungsrand vorliegt 5 Harnröhrenrezidive beim Mann werden in 0,5–4% der Patienten nach orthotoper Ileum-Neoblase beschrieben, hingegen bei 6–11% der Patienten mit anderen Harnableitungen 5 die radikale Zystektomie bei der Frau umfasst die Resektion der Urethra (sofern keine orthotope Neoblase als Harnableitung geplant ist), des Vaginaldachs, des Uterus, der Harnblase und der distalen Ureteren 5 die Rezidivrate eines Urothelkarzinoms im oberen Harntrakt nach radikaler Zystektomie wird mit 1,5–17% beschrieben 5 bei Mann und Frau erfolgt obligat eine pelvine Lymphadenektomie im Bereich der Fossa obturatoria, der Aa. Iliacae externa, interna und communis bis zur Bifurkation 5 diese ausgedehnte pelvine Lymphadenektomie erfasst ca. 90% der lymphonodulären Metastasenstationen und ist gegenüber den limitierten Lymphadenektomien mit einem verbesserten rezidivfreien Überleben vergesellschaftet 4 Harnableitung 5 nach radikaler Zystektomie prinzipiell 2 Harnableitungen möglich: J kontinente J inkontinente 5 ausführliche Beratung des Patienten über die Art der Harnableitung: Erwartungen, Intelligenz, Fingerfertigkeit, mentale, psychische und somatische Begleiterkrankungen sind wichtige Kofaktoren in der Auswahl der »richtigen« Harnableitung 5 inkontinente Harnableitung: J Ureterokutaneostomie J Ileum-Conduit 5 kontinente Harnableitung:
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J orthotope Ileum-Neoblase J kontinenter Dünndarm- oder Ileozökalpouch J Sigma-Rektum-Pouch Ileum-Conduit: J Ausschaltung eines ca. 15 cm langen Segmentes des terminalen Ileums J oralwärtige Anastomose mit den Ureteren J kutane Ausleitung des aboralen Endes im rechten Unterbauch als Stoma Ureterokutaneostomie: J palliative Versorgung bei multimobiden Patienten J hohes Stenoserisiko des kutanen Stomas J dauerhafte endoluminale Harnleiterschienung orthotope Ileum-Neoblase: J Ausschalten eines ca. 50 cm langen Segments des terminalen Ileums ca.30 cm oralwärts der Bauhin-Klappe J antimesenterielle Eröffnung der Dünndarmschlingen und Adaptation derselben in Kugelform J Implantation der Ureteren in refluxiver Technik J urethrale Anastomose bei erhaltenem M. sphincter externus J Standardableitung des Mannes; hohe Kontinenzrate von ca. 90% J bei Frauen nur bei solitärem Tumor ohne Befall des Trigonums oder der Urethra; Inkontinenzrisiko ca. 30%, Risiko der Überkontinenz mit notwendigem intermittierendem Einmalkatheterismus in ca. 30% kontinenter Pouch: J Operationstechnik wie bei der Neoblase J Anastomose eines kontinenten Stomas mit dem Nabel oder Ausleitung in den rechten Unterbauch J Entleerung der Blase über intermittierenden Einmalkatheterismus Komplikationen der inkontinenten Harnableitungen: J Harnwegsinfektionen in 15–25% J Stomastenose in 3–10% J Stenose der Ureter-Darm-Anastomose: 5–15% Komplikationen der kontinenten Harnableitung: J hyperchlorämische, hypokaliämische metabolische Azidose durch Rückresorption von Urinbestandteilen aus dem Darmreservoir J aszendierende Pyelonephritis J Stenose der Ureter-Darm-Anastomose J urethrale Anastomosenstriktur J persistentierende Inkontinenz J Prophylaxe und Therapie der metabolischen Azidose: alkalisierende Substanzen (orales Bikarbonat, z.B. Nephrotrans), Chlorpromazin (3-mal 25–50 mg/d) zur Blockade des Chloridionenaustausches
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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5 Alternative, organerhaltende Therapieverfahren. J perkutane Strahlentherapie: deutliche Unterlegenheit gegenüber der radikalen Zystektomie oder multimodalen Therapieverfahren; tumorspezifische 5-Jahresüberlebensrate 20–50% J radikale TUR-B, perkutane Radiatio und systemische Chemotherapie: vergleichbare Überlebensraten zur radikalen Zystektomie, primärer Erhalt einer funktionsfähigen Harnblase, Salvage Zystektomie aufgrund von Tumorrezidiven oder radiogener Schrumpfblase in ca. 30–50% der Patienten J Blasenteilresektion: sehr seltene und individuelle Indikation z.B. beim Karzinom in einem Blasendivertikel; ansonsten sehr hohe Rezidiv- und Progressionsrate 4 Lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Harnblasenkarzinom: Standardtherapie SIND Cisplatin-basierte Polychemotherapien: 5 MVAC (Methotrexat, Vinblastin, Adriamycin, Cisplatin) galt lange Zeit als die Standardkombination mit hohen Komplikationsraten wie Neutropenie, neutropenische Sepsis, ausgeprägte Stomatitis und Mukositis und einer Tumorfreiheitsrate <10% nach 6 Jahren 5 Gemcitabine und Cisplatin (GC) weist die identische onkologische Effektivität bei geringerer Toxizität auf und gilt heute als Standardkombination 5 15–20% der Patienten erreichen Langzeitüberlebensraten nach systemischer Chemotherapie 5 neoadjuvante Chemotherapie: muskelinvasives, lokal fortgeschrittenes Urothelkarzinom der Blase; 4 Zyklen GC vor radikaler Zystektomie; Verbesserung der tumorspezifischen Überlebensraten nach 5 Jahren um ca. 3–5%; Nachteil: Verzögerung des Operationszeitpunktes, unnötige Therapie bei Non-Respondern 5 adjuvante Chemotherapie: Indikation: Patienten mit lymphknotenpositivem Urothelkarzinom nach radikaler Zystektomie; Verbesserung des progressionsfreien Überlebens um ca. 9% nach 3 Jahren; laufende klinische Studien mit kontroversen Resultaten 5 induktive Chemotherapie: 4–6 Zyklen GC als primäre systemische Chemotherapie, das mittlere progressionsfreie Überleben liegt bei 7–8 Monaten, das mittlere tumorspezifische Überleben bei 13–15 Monaten. In der Situation einer Progression nach primärer Chemotherapie kommt die Kombination Paclitaxel und Gemcitabin (mittleres Gesamtüberleben 7–8 Monate) bzw. die Monotherapie mit Vinflunin (mitteleres Gesamtüberleben 6 Monate) in Betracht. 5 Metastasenchirurgie: Verbesserung des Gesamtüberlebens, wenn partielle Remission der Metastasen unter Chemotherapie, limitierter Befall von Lymphknoten und/oder Lunge, komplette Resektabilität der Metastasen
Nachsorge 4 Nichtmuskelinvasives Urothelkarzinom der Harnblase 5 erfolgt risikoadaptiert in Abhängigkeit vom individuellen Rezidivrisiko
391 4.1 · Urologische Onkologie
5 niedriges Rezidivrisiko (PLUMP, pTa-Low-Grade): erste Zystoskopie nach 3 Monaten, nach 9 Monaten, danach jährlich 5 intermediäres Rezidivrisiko: erste Zystoskopie nach 3 Monaten, Intervalle dann zwischen den niedrigen und hohen Rezidivrisikos 5 hohes Rezidivrisiko (pT1-High-Grade, CIS): erste Zystoskopie nach 3 Monaten, danach 3-monatlich in den ersten beiden Jahren, 4-monatlich in Jahr 3, 6-monatlich in den Jahren 4 und 5 sowie jährlich ab Jahr 6; lebenslange Nachsorge insbesondere des oberen Harntrakts notwendig 5 wird bei den Kontrollen ein Rezidiv detektiert, erfolgt die TUR-B mit nachfolgender risikoadaptierter Therapie und die Nachsorge beginnt von vorn 4 Muskelinvasives Urothelkarzinom der Harnblase 5 Nachsorge verfolgt 2 Ziele: J Erkennen eines lokalen oder systemischen Rezidivs sowie J Kontrolle der funktionellen Aspekte der Harnableitung, des oberen Harntrakts und laborchemischen Alterationen in Abhängigkeit von der gewählten Harnableitung 5 lokale oder systemische Rezidive: J CT des Abdomens und des Beckens J Röntgen-Thorax Untersuchung J die Rate der Lokalrezidive liegt bei 3–15% J ca. 90% der Lokalrezidive treten innerhalb der ersten beiden postoperativen Jahre mit besonders hohem Risiko bei pT3/4-Blasenkarzinomen auf 5 Harnröhrenrezidive: J bei belassener Urethra und inkontinenter Harnableitung oder Pouch 6–11% Risiko J bei orthotoper Neoblase ca. 1–4% Risiko J Früherkennung durch Urethroskopie, Urethraspülzytologie 5 Rezidive im oberen Harntrakt: J Risiko zwischen 1–8% J regelmäßige bildgebende Kontrolle des oberen Harntrakts durch Sonographie, Ausscheidungsurographie oder CT 5 Untersuchungen in Abhängigkeit vom Risikoprofil des Blasenkarzinoms in 3- bis 6-monatlichen Intervallen durchgeführt; bis dato ist jedoch unklar, ob die frühe Diagnose eines lokalen oder systemischen Rezidivs die Prognose der Patienten verbessert 4 Metastasiertes Urothelkarzinom der Harnblase 5 die bildgebenden Kontrollen richten sich nach der Lokalisation der Metastasen 5 es wird empfohlen die Kontrollen nach spätestens jedem 2. Zyklus der Therapie durchzuführen, um frühzeitig ein fehlendes Ansprechen erkennen und unnötig toxische Therapien zeitnah beenden zu können
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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Prognose 4 Überlebensraten sind abhängig vom primären Tumorstadium der Urothelkarzinome: 5 >90% bei den nichtmuskelinvasiven Urothelkarzinomen 5 80–90% bei pT1G3 5 70–80% bei pT2pN0 5 40–50% bei pT3pN0 5 25–30% bei pN1
4.1.4
Urothelkarzinom des oberen Harntrakts
Epidemiologie und Ätiologie 4 4 4 4
Inzidenz 0,6–1,1/100.000 Personen pro Jahr, m:w etwa 1,5–2:1 Häufigkeitsgipfel der Erkrankung: zwischen 60 und 65 Jahren Verteilung der Urothelkarzinome im oberen Harntrakt: 5 ca. 5–7% aller Urothelkarzinome kommen im oberen Harntrakt vor 5 ca. zwei Drittel im Nierenbecken 5 ca. ein Drittel im Ureter
Risikofaktoren 4 der Entwicklung des Urothelkarzinoms im oberen Harntrakt entsprechen im Wesentlichen denen des Harnblasenkarzinoms (7 Abschn. 4.1.3),
Klassifikation 4 Der Differenzierungsgrad der Urothelkarzinome des oberen Harntrakts, die klinische und die pathologische Klassifikation erfolgen nach der WHO-Klassifikation von 2009 (. Tabelle) TNM (klinische) und pTNM (pathologische) Klassifikation der urothelialen Tumoren (gemäß UICC 2009) Primärtumor Ta
Nichtinvasiver papillärer Tumor
Tis
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe
T2
Tumor infiltriert die Muskularis
T3
Nierenbecken: Tumor infiltriert jenseits der Muskularis ins peripelvine Fett oder Nierenparenchym Ureter: Tumor infiltriert jenseits der Muskularis ins periureterale Fett
T4
Tumor infiltriert benachbarte Organe oder durch die Niere das perirenale Fett
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393 4.1 · Urologische Onkologie
TNM (klinische) und pTNM (pathologische) Klassifikation der urothelialen Tumoren (gemäß UICC 2009) Primärtumor Regionäre Lymphknoten NX
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Eine Lymphknotenmetastase mit Durchmesser <2 cm
N2
Lymphknotenmetastase in einem Lymphknoten mit einem Durchmesser von 2–5 cm oder mehrere Lymphknotenmetastasen mit einem Durchmesser von ≤5 cm
N3
Metastase in mindestens einem Lymphknoten mit einem Durchmesser von >5 cm
Fernmetastasierung Mx
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Die hilären, paraaortalen und parakavalen sowie für den Ureter die pelvinen Lymphknoten gehören zu den regionären Lymphknotenstationen. Die Metastasierung erfolgt hämatogen in Lunge, Leber und Skelett, seltener in Nebenniere, Pankreas oder Milz.
Klinik 4 Makrohämaturie ist ähnlich dem Urothelkarzinom der Harnblase das Leitsymptom: 5 bei 64–95% der Patienten mit Nierenbeckenkarzinom 5 bei ca. 40–90% der Patienten mit einem Harnleiterkarzinom 4 Flankenschmerzen (durch Tumorausdehnung, begleitende Hydronephrose) oder Koliken durch Passage von Blutkoageln und Tumoranteilen bei bis zu 50% bzw. einem Drittel der Patienten 4 10–15% aller Patienten weisen keine Symptome auf und die erfolgt als Zufallsbefund im Rahmen der Abklärung gastrointestinaler Beschwerden 4 6–30% der Patienten weisen unilaterale multifokale Tumoren 4 2–5% der Patienten weisen synchrone kontralaterale Tumoren auf 4 2–6% der Patienten entwickeln metachrone kontralaterale Tumoren 4 20–50% der Patienten zeigen ein synchrones oder metachronenes Harnblasenkarzinom
Diagnostik 4 Bildgebung: 5 CT und MRT stellen die sensitivsten bildgebenden Verfahren in der Diagnostik des Nierenbecken- oder Ureterkarzinoms dar: J korrekte Prädiktion des pT-Stadiums bei bis zu 85%, insbesondere bei lokal fortgeschrittenen Tumoren
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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J Beurteilung der lokoregionären Lymphknotenstationen (hilär, paraaortal und caval sowie pelvin beim Ureterkarzinom) sowie der viszeralen Organe J das CT erlaubt eine hochsensitive Differenzialdiagnose der Flankenschmerzen J in Abhängigkeit von Differenzierung und lokalem Tumorstadium erfolgt ein CT-Thorax zum Ausschluss von Lungenmetastasen (G3, T3/4) 5 CT-Urographie: hochsensitive Darstellung potentieller Urothelkarzinome im oberen Harntrakt 5 Skelettszintigraphie: nur bei entsprechender Symptomatik indiziert 4 Retrograde Uretero-Pyelographie (RUP): 5 ein 3–5 Ch durchmessender Ureterenkatheter zytoskopisch wird in das Ureterostium der Harnblase eingeführt, über den Kontrastmittel retrograd in das Hohlsystem des oberen Harntrakts eingespritzt werden kann 5 Urothelkarzinome, andere Tumoren, aber auch Steine stellen sich als Umfließungsfigur dar 5 die Sensitivität ist hoch und beträgt ca. 75–80%, Füllungsdefekte müssen in Abhängigkeit der begleitenden Klinik differenzialdiagnostisch abgegrenzt werden (. Tabelle) 5 Die CT-Urographie hat die RUP praktisch ersetzt; die RUP wird nur noch bei unklaren Ergebnissen, eingeschränkter Nierenfunktion oder Kontrastmittelallergie eingesetzt 4 Ureterorenoskopie 5 Die URS ist das sensitivste, aber auch invasivste Verfahren zur Abklärung von Füllungsdefekten im oberen Harntrakt, das prinzipiell in Narkose durchgeführt werden muss 5 bei der URS wird ein starres oder flexibles 8–11 Ch durchmessendes Instrument unter Sicht über das Ureterostium in den Harnleiter eingeführt; das gesamte Hohlsystem kann eingesehen werden; suspekte Befunde können in gleicher Sitzung biopsiert werden 5 eine korrekte Diagnosestellung ist durch Entnahme multipler Biopsien in ca. 90% der Fälle möglich 5 Grading der Biopsie korreliert in 75–90% der Fälle mit der endgültigen Histologie; es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Grading und Tumorstadium: je höher das Grading desto höher das Risiko einer Muskelinvasion (ca. 85% bei G3-Tumoren) 5 ein korrektes Staging ist durch die URS nicht möglich, sondern bedarf der zusätzlichen Bildgebung mittels CT oder MRT 4 Urinzytologie und Tumormarker im Urin 5 Eine Zytologie aus dem oberen Harntrakt kann mittels Ureterkatheter und Abtropfurin, Spülflüssigkeit oder einer Bürstenzytologie gewonnen werden 5 die Sensitivität der Zytologie aus dem oberen Harntrakt ist insbesondere bei Low-Grade-Tumoren unzuverlässig
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5 Die Sensitivität in der Diagnose von Urothelkarzinomen des oberen Harntrakts aus Blasenurinzytologie bei zystoskopisch unauffälliger Harnblase beträgt 46–52%, bei Ureterurin liegt diese bei 64–78% 5 Urinmarker (7 Abschn. 4.1.3) spielen in der Routinediagnostik der Karzinome des oberen Harntrakts keine Rolle Differenzialdiagnose: Füllungsdefekt im IVP oder bei retrograder Pyelographie Maligne Veränderungen
Benigne Veränderungen
Urothelkarzinom Adenokarzinom Metastasen Plattenepithelkarzinom
Stein (Harnsäure, Xanthin) parapelvine Zysten Koagel subepitheliales Hämatom Tuberkulose Myzelbildung (Candidiasis, Pyelitis cystica) Endometriose Amyloidose extrinsische Kompression Papillennekrose
Therapie 4 Verfahren 5 Goldstandard in der Behandlung des Urothelkarzinoms des oberen Harntrakts: offen chirurgische Nephroureterektomie mit begleitender lokoregionärer Lymphadenektomie 5 organerhaltende Verfahren (erfordern eine engmaschige und verlässliche Nachsorge) bei: J nichtmuskelinvasiven Tumoren J muskelinvasiven Low-Grade-Tumoren, insbesondere am Ureter durch Ureterresektion mit End-zu-End Anastomose J vesikaler Ureterreimplantation 5 endoskopische oder organerhaltende offene OP-Verfahren erfolgen bei imperativer Indikation (Einzelniere, bilaterale Tumoren, relevant eingeschränkte Nierenfunktion, Palliativsituation) 4 Nephroureterektomie 5 Entnahme der Niere unter Belassung der Fettkapsel und der Nebenniere, des gesamten Ureters bis zum Ostium mit einer Blasenwandmanschette 5 bei Nephrektomie ohne komplette Ureterresektion beträgt das Rezidivrisiko im ipsilateralen Ureterstumpf bis zu 60% 5 eine lokoregionäre Lymphadenektomie sollte bei allen High-Gradeund allen T3/T4-Karzinomen aufgrund der hohen Rate assoziierter Lymphknotenmetastasen von 90–100% und der daraus resultierenden verbesserten Prognose durchgeführt werden 5 bei nichtmuskelinvasiven und Low-Grade-Karzinomen kann aufgrund der geringen Rate von Lymphknotenmetastasen (0–4%) auf eine Lymphadenektomie verzichtet werden 5 die Indikation zur laparoskopischen Nephroureterektomie scheint bei nicht muskelinvasiven Low-Grade-Karzinomen und klinisch
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lokalisierten (CT ohne Lymphadenopathie) muskelinvasiven Karzinomen gegeben zu sein 5 bei High-Grade-Karzinomen und bei lokal fortgeschrittenen ist die laparoskopische Operationstechnik mit einer gegenüber der offenen Operation ungünstigeren 5-Jahres-Überlebensrate vergesellschaftet, so dass die offene Operationstechnik die Therapie der Wahl darstellt 5 bei allen Operationstechniken ist intraoperativ die Eröffnung des Hohlsystems aufgrund hohen Gefahr einer Tumorzellaussaat zu vermeiden Organerhaltende offene Chirurgie 5 partielle Nephrektomie bei Befall eines Kelchsystems in einer Einzelniere 5 segmentale Ureterresektion mit End-zu-Ende-Anastomose bei Befall des mittleren und proximalen Ureters 5 distale Ureterresektion mit Ureter-Reimplantation bei distalen oder intramuralen Ureterkarzinomen 5 sehr individuelle Therapieentscheidung, Abwägung gegenüber organerhaltenden endoskopischen Operationstechniken Endoskopische Therapie 5 Laserablation (Nd- oder Ho-YAG-Laser) oder endoskopische Tumorresektion mittels URS bei Ureterkarzinomen 5 perkutane Tumorresektion bei großen Urothelkarzinomen im Nierenbecken 5 Komplikationen: J Perforation in ca. 2% J Ureterstenose in 5–15% 5 ipsilaterale Rezidive in 25–93% der Fälle 5 sekundäre Nephroureterektomie nach initialer endoskopischer Therapie ist die Therapie der Wahl bei kontralateraler funktionsfähiger Niere 5 Indikationskriterien: papilläre, oberflächliche Tumoren; Durchmesser <2 cm, in der Bildgebung kein Hinweis auf T2-4 Instillationstherapie 5 Instillationstherapie zur Rezidivprophylaxe im Gegensatz zum Urothelkarzinom der Harnblase nicht ausreichend in Bezug auf Dosierungen und Kontaktzeiten standardisiert 5 Instillation der Substanzen erfolgt retrograd über eine zuvor platzierte Ureterschiene, über eine transurethral ausgeleitete Ureterschiene oder antegrad über einen perkutanen Nephrostomiekatheter Therapie bei fortgeschrittenen oder metastasierten Tumoren 5 Datenlage zur Systemtherapie der Urothelkarzinome des oberen Harntrakts ist aufgrund der Seltenheit der Befunde nicht so valide wie beim Urothelkarzinom der Harnblase 5 eine neoadjuvante Chemotherapie mit 4 Zyklen Gemcitabin und Cisplatin kann in Analogie zum Harnblasenkarzinom bei lokal fortgeschrittenen oder Lymphknotenpositiven Karzinomen in Ab-
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hängigkeit der Komorbiditäten und der Symptome des Patienten diskutiert werden 5 Stellenwert der adjuvanten Chemotherapie wird kontrovers diskutiert; es besteht ein Therapieempfehlung bei Lymphknotenmetastasen, die Indikation sollte zurückhaltend bei ausschließlich lokal fortgeschrittenem Karzinom gestellt werden 5 die induktive Chemotherapie beim metastasierten Urothelkarzinom des oberen Harntrakts erfolgt analog der Therapie des Urothelkarzinoms der Harnblase primär mit Gemcitabin und Cisplatin in Abhängigkeit von der Nierenfunktion, dem Allgemeinzustand und den Komorbiditäten des Patienten
Nachsorge 4 frühzeitig Detektion von: 5 intravesikalen Rezidiven 5 Rezidiven im oberen Harntrakt 5 lokoregionären und Fernmetastasen 4 die Intensität der Nachsorge richtet sich individuell nach dem Rezidivrisiko der Karzinome und wird somit abhängig vom pT-Stadium durchgeführt 4 Intensität und Art der Nachsorge richtet sich ebenfalls nach der Art der durchgeführten Therapie (Nephroureterektomie versus Organerhalt) 4 Nachsorge nach Nephroureterektomie 5 pTa/T1: Urethrozystoskopie nach 3 und 12 Monaten, danach in jährlichen Intervallen 5 ≥ pT2: Urethrozystoskopie, Röntgen-Thorax und CT Abdomen/ Becken alle 6 Monate während der ersten beiden Jahre, danach jährlich 4 Nachsorge nach organerhaltender Therapie: 5 Urethrozystoskopie, Urinzytologie, URS in 6-monatlichen Intervallen; Bildgebung mittels CT (oder Urographie) nach 6 Monaten, danach in jährlichen Intervallen 4 bei Carcinoma in situ des oberen Harntrakts werden Urethrozystoskopie, Urinzytologie, URS in 3-monatlichen Intervallen während der ersten 5 Jahre empfohlen
Prognose 4 Differenzierungsgrad und TNM-Klassifikation sind die wichtigsten Prognosefaktoren bezüglich Rezidiv- und Überlebensraten 4 5-Jahresüberlebensrate: 5 pTa/T1: 75–100% 5 pT2: 75–90% 5 pT3: 40–60%, 5 pT4: 0–25% 5 G1: 60–100% 5 G2: 40–90% 5 G3: 30–80%
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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Urethralkarzinom
Definition
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4 unter dem Begriff Urethralkarzinom werden Karzinome der proximalen und distalen Urethra zusammengefasst: 5 Adenokarzinome 5 Plattenepithelkarzinome 5 Melanome 5 Urothelkarzinom
Epidemiologie und Ätiologie 4 4 4 4 4
weniger als 1% aller Neoplasien sind Urethralkarzinome Altersgipfel: 50. bis 65. Lebensjahr (Altersdurchschnitt: 55–58 Jahre) w:m = 3:1 generell existieren keine sicheren ätiologischen Merkmale begünstigende Faktoren bei der Frau: 5 chronische Entzündungen und Traumata 5 es besteht eine enge Assoziation mit Urethraldivertikeln und -karunkeln 4 ursächliche Faktoren beim Mann: 5 Infektion 5 Trauma 5 Striktur 4 Infektionen mit humanen Papillomaviren (HPV) Typ 16 scheinen eine Rolle in der Karzinogenese zu spielen
Histologische Klassifikation 4 Die ist abhängig von der intraurethralen Lokalisation sowie vom Geschlecht (. Tabelle). 4 Das TNM-System (UICC 2009) unterscheidet die urethralen Karzinome von Mann und Frau sowie das Übergangsepithelkarzinom der prostatischen Harnröhre Häufigkeit der Histologie in Abhängigkeit von Geschlecht und anatomischer Lokalisation Mann
Frau
Penil, distal
5 Plattenepithelkarzinom (90%) 5 Urothelkarzinom (10%)
Plattenepithelkarzinom
Bulbomembranös
5 Plattenepithelkarzinom (80%) 5 Urothelkarzinom (10%) 5 Undifferenzierte Karzinome (10%)
Prostatisch
5 Urothelkarzinom (90%) 5 Plattenepithelkarzinom (10%)
Proximal
5 Urothelkarzinom
5 5 5 5 5
Plattenepithelkarzinom (60%) Urothelkarzinom (20%) Adenokarzinom (10%) undifferenziertes Karzinom (8%) Melanom (2%)
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Metastasierung 4 lymphogene Metastasierung: 5 Karzinome der distalen Urethra metastasieren in die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphknoten 5 Karzinome der proximalen Urethra metastasieren primär in die iliakalen, obturatorischen und präsakralen Lymphknoten 5 Lymphknotenmetastasen werden zum Zeitpunkt der Diagnose bei den proximalen Karzinomen wesentlich häufiger nachgewiesen als bei den distalen Karzinomen 4 hämatogene Metastasierung: 5 in Lunge, Leber, Knochen
Klinik 4 meist uncharakteristische Symptomatik (Verzögerung der Diagnosestellung um etwa 6 Monate) 4 selten demaskieren sich die distalen Karzinome durch ein extraurethrales Wachstum 4 distale Karzinome: 5 die Mehrzahl präsentieren sich durch eine urethrale Blutung (62%) 5 selten durch blutig-seröse Sekretion 5 bei Frauen gelegentlich im Sinne einer Dyspareunie 4 proximale Urethralkarzinome: 5 subvesikale Obstruktion 5 perineale Schmerzen 5 periurethrale Abszessbildung 5 urethrale Fisteln 4 Lokalisation 5 bei der Frau geht die Hälfte der Urethralkarzinome vom distalen Drittel aus, die übrigen 50% entwickeln sich in den proximalen zwei Dritteln 5 beim Mann entstehen Urethralkarziome: J in der bulbomembranösen Urethra: etwa 55% J in der Pars pendulans: 36% J in der prostatischen Urethra: 9%
Diagnostik 4 Körperliche Untersuchung 5 Größe, Lokalisation, Fixierung, Infiltration der Corpora cavernosa 5 bilaterale Palpation der Leistenregion 5 bei der Frau zusätzlich vaginale Inspektion 4 Biopsie 5 starre oder flexible Urethrozystoskopie zur Diagnosesicherung durch Entnahme einer Probebiopsie 4 Tumormarker 5 es existieren keine etablierten Tumormarker für das Harnröhrenkarzinom. 4 Bildgebung 5 kein diagnostischer Zugewinn durch retrogrades Urethrogramm 5 MRT oder Sonographie (7,5 MHz) zur Beurteilung der lokalen Ausdehnung
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Eigene Notizen
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Eigene Notizen
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5 CT von Abdomen/Becken zur Beurteilung des Lymphknotenstatus bzw. des Vorliegens von Fernmetastasen 5 Knochenszintigraphie bei Vorliegen von viszeralen Fernmetastasen (TxNxM1) 4 Klinische Klassifikation 5 Die Beschreibung der Tumorausdehnung erfolgt entsprechend der UICC-Klassifikation von 1997 (. Tabelle); die beiden im angelsächsischen Sprachraum gebräuchlichen klinisch orientierten Staging-Systeme von Grabstald bzw. von Premperee haben sich nicht durchgesetzt TNM-Klassifikation des Urethralkarzinoms pT: Primärtumor penile Harnröhre pTis
Carcinoma in situ
pTa
Nichtinvasives papilläres, polypoides oder verruköses Karzinom
pT0
Kein Hinweis auf einen Primärtumor
pT1
Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe
pT2
Tumor infiltriert Corpus spongiosum, Prostata, periurethrale Muskulatur
pT3
Tumor infiltriert Corpus cavernosum, jenseits der Prostatakapsel, vaginale Vorderwand, Blasenhals
pT4
Tumor infiltriert andere Nachbarstrukturen
pTx
Primärtumor nicht beurteilbar
pT: Übergangszellkarzinom der Prostata pTispu
Carcinoma in situ, prostatische Harnröhre
pTispd
Carcinoma in situ, Prostataausführungsgänge
pT1
Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe
pT2
Tumor infiltriert Prostatastroma, Corpus spongiosum, periurethrale Muskulatur
pT3
Tumor infiltriert Corpus cavernosum, jenseits der Prostatakapsel, Blasenhals
pT4
Tumor infiltriert andere Nachbarstrukturen
pN: Regionäre Lymphknotenmetastasen pN0
Keine regionären LK-Metastasen
pN1
Solitäre Metastase ≤2 cm in größter Ausdehnung
pN2
Metastase in solitärem Lymphknoten >2 cm in größter Ausdehnung, oder in multiplen Lymphknoten
pNx
Regionäre LK nicht beurteilbar
M: Fernmetastasen M0
Kein Nachweis von Fernmetastasen
M1
Nachweis von Fernmetastasen
Mx
Fernmetastasen nicht beurteilbar
401 4.1 · Urologische Onkologie
Therapie 4 Primärtherapie 5 chirurgischen Exzision, abhängig von der Lokalisation und Ausdehnung des Primärtumors: J transurethrale Resektion J lokale Segmentexzision bzw. J partielle oder komplette Amputation mit oder ohne Emaskulinisierung 5 prinzipiell ist die Monotherapie mit ungünstigeren Überlebensraten assoziiert als die multimodale Kombinationstherapie 4 Therapie des distalen Urethralkarzinoms des Mannes 5 oberflächliche, papilläre Karzinome oder ein Carcinoma in situ sind der transurethralen Resektion zugänglich 5 distale Karzinome mit Infiltration des Corpus spongiosum sollten durch partielle Penektomie mit einem 2-cm-Sicherheitsabstand therapiert werden 5 eine ilioinguinale Lymphadenektomie ist nur bei palpabler Lymphadenopathie ohne Nachweis systemischer Metastasen indiziert; eine prophylaktische inguinale Lymphadenektomie ist ohne Benefit. 4 Therapie des bulbomembranösen Urethralkarzinoms 5 indiziert ist aufgrund des meist lokal fortgeschrittenen Tumorstadiums die radikale Operation bestehend aus: J totaler Penektomie J radikaler Zystoprostatektomie J pelviner Lymphadenektomie 5 Resektion des Beckenbodens und des Os pubis ist nur selten notwendig, um tumorfreie Absetzungsränder zu gewährleisten 4 Therapie des Urethralkarzinoms der prostatischen Harnröhre 5 oberflächliche Läsionen ohne Stromainvasion können mittels transurethraler Prostataresektion und ggf. einer Instillationstherapie mit BCG therapiert werden, während bei tiefen Tumoren die radikale Zystoprostatektomie mit kompletter Urethrektomie indiziert ist 5 5-Jahresüberlebensrate: 6–26% (sehr ungünstig) 4 multimodale Therapiekonzepte haben sich in jüngster Zeit als erfolgversprechend erwiesen (bis dato liegen jedoch nur die Resultate kleiner Patientenkollektive vor, allgemeingültige Aussagen können daher nicht getroffen werden), sie bestehen aus: J induktiver Chemotherapie J perkutaner/interstitieller Radiotherapie J operativer Sanierung 4 Therapie des distalen Urethralkarzinoms der Frau 5 Lokalexzision ist bei den meist oberflächlichen Läsionen ausreichend 5 gelegentlich ist die zirkuläre Resektion der distalen Urethra mit dem benachbarten vorderen Vaginaldach notwendig 5 die perkutane Radiatio stellt eine therapeutische Alternative bei den oberflächlichen und kleinen distalen Urethralkarzinomen dar
4
Eigene Notizen
402
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 Therapie des proximalen Urethralkarzinoms der Frau 5 proximal infiltrierende oder die gesamte Urethra erfassende Karzinome werden mittels vorderer Exenteration und Harnableitung therapiert 5 gelegentlich ist die komplette Resektion der Vagina notwendig 5 bei Karzinomen der proximalen Urethra oder der Blasenhalsregion J Kombination perkutaner Radiotherapie mit interstitieller Brachytherapie 5 aufgrund der ausgeprägten Morbidität werden heute multimodale Therapieoptionen im Sinne einer Polychemotherapie und perioperative Bestrahlung gefolgt von der vorderen Exenteration mit intraoperativer Bestrahlung kombiniert 4 Therapie der Metastasen 5 die systemische Chemotherapie von Fernmetastasen J orientiert sich an der primären Histologie unter Berücksichtigung des gängigen Regimes bei Plattenepithel- und Adenokarzinomen (5-Fluoruracil, Cisplatin) sowie bei Urothelkarzinom (Gemcitabine, Cisplatin)
Prognose 4 bei männlichen Patienten mit Harnröhrenkarzinom generell ungünstig 5 Prognosefaktoren: J Lokalisation des Karzinoms J Infiltrationstiefe J Lymphknotenstatus 5 5-Jahresüberlebensraten: J distale Karzinome: 45–50% J proximale Karzinome: 7–43% 4 Prognose weiblicher Urethralkarzinome wird von der anatomischen Lokalisation und der Tumorausdehnung bestimmt: 5 5-Jahresüberlebensraten: J klinisch lokalisierte Karzinome bis 89% J lokal fortgeschrittene Karzinome 33%
4.1.6
Peniskarzinom
Definition Unter dem Begriff Peniskarzinom werden zusammengefasst: 4 Plattenepithelkarzinome: 5 Carcinoma in situ (Erythroplasie de Queyrat bei Befall der Glans penis, des Präputiums oder des Penisschafts; Morbus Bowen bei Befall der übrigen Genital- oder Perianalregion) 5 invasives Plattenepithelkarzinom 4 prämaligne kutane Läsionen: 5 Cornu cutaneum 5 Balanitis xerotica obliterans
403 4.1 · Urologische Onkologie
5 pseudoepitheliomatöse keratotische Balanitis 5 Leukoplakie 4 Nichtplattenepithelkarzinome: 5 Basalzellkarzinom 5 Melanom 5 Sarkom 5 Morbus Paget 5 Metastasen
Epidemiologie und Ätiologie 4 0,4–0,6% aller Neoplasien bei Männern in den USA und Europa 4 Inzidenz in Deutschland: 0,8/100.000 pro Jahr 4 geographische Unterschiede: hohe Inzidenz in Südamerika, Teilen Asiens und Afrika, geringe Inzidenz in arabischen Ländern 4 Altersgipfel: 55–65 Jahre (Altersdurchschnitt: 55–58 Jahre) 5 20% aller Patienten sind jünger als 40 Jahre 5 7% aller Patienten sind jünger als 30 Jahre 4 Risikofaktoren, die als Ursache des Peniskarzinoms identifiziert wurden: 5 Phimose, Balanitis: J bei 25–75% aller Patienten mit Peniskarzinom J ein Drittel aller Männer mit Phimose zeigen epitheliale Atypien J bei bereits neonatal zirkumzidierten Männern praktisch kein Peniskarzinom 5 Genitalhygiene: J Smegma führt zu chronischen irritativen Veränderungen des inneren Präputialblattes mit nachfolgender Fibrose und Ausbildung einer Phimose J kritische Zeit der Einwirkung von ätiologisch bedeutsamen Karzinogenen scheint im Pubertätsalter zu liegen 5 sexuelle Aktivität: J die Inzidenz der HPV-Infektion korreliert direkt mit der Anzahl sexueller Partner J HPV-Infektion: DNA-Sequenzen der HPV-Typen 16, 18, 31 und 33 werden überproportional häufig im Carcinoma in situ, im invasiven Peniskarzinom sowie in den metastatischen Läsionen nachgewiesen J Frauen von Männern mit Peniskarzinom weisen ein 3-fach erhöhtes Risiko auf, an Gebärmutterkrebs zu erkranken J Männern von Frauen mit zervikaler intraepithelialer Neoplasie haben ein signifikant erhöhtes Risiko, eine penile intraepitheliale Neoplasie zu entwickeln 5 Nikotinabusus: das Risiko der Karzinomentwicklung ist signifikant erhöht
Pathogenese 4 Das Genom der HPV-Typen 16, 18, 31 und 33 kodiert u.a. für die Onkoproteine E6 und E7, welche die Funktion der beiden Tumorsup-
4
Eigene Notizen
404
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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pressorgene p53 und Retinoblastomgen negativ beeinflussen können und dadurch zur Deregulation der normalen Zellzyklusprogression beitragen. 4 Das Carcinoma in situ geht den invasiven Stufen des penilen Plattenepithelkarzinoms immer voraus; unbehandelt versterben Patienten mit einem Carcinoma in situ innerhalb von 2 Jahren.
Histologische Klassifikation 4 Plattenepithelkarzinome 5 überwiegende Mehrzahl der penilen Karzinome sind Plattenepithelkarzinome 5 zur Stadieneinteilung des TNM-Systems (UICC 2009, . Tabelle) 5 auf dem Boden der histologischen Ausdehnung können Tumorvarianten unterschiedlicher Prognose differenziert werden: J verruköses Wachstum: keine Lymphknotenmetastasen J multizentrisches Wachstum: 32% Lymphknotenmetastasen J oberflächliches spreitendes Karzinom: 42% Lymphknotenmetastasen J vertikale Wachstumsausbreitung: 82% Lymphknotenmetastasen 5 das Grading peniler Plattenepithelkarzinome wird auf dem Boden eines Scores vorgenommen, der folgende Angaben zu einem Grading zusammenfasst: J das Ausmaß der Verhornung J die Anzahl mitotischer Zellen pro mikroskopischem Gesichtsfeld J die zelluläre Atypie J den Nachweis inflammatorischer Zellen 5 es besteht eine unmittelbare Korrelation zur tumorspezifischen Prognose: J Grad 1: 80% 5-Jahresüberlebensrate J Grad 2/3: 50% 5-Jahresüberlebensrate J Grad 4: 30% 5-Jahresüberlebensrate 5 der Nachweis einer vaskulären Invasion korreliert eng mit dem Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen und sollte in jedem pathohistologischen Befundbericht angemahnt werden 4 Nichtplattenepithelkarzinome 5 Basalzellkarzinom (15 Fallberichte) 5 Melanom (<1% aller penilen Karzinome) 5 Sarkom (Kasuistiken) 5 Morbus Paget 5 lymphoretikuläre Malignome 5 Metastasen
405 4.1 · Urologische Onkologie
TNM-Klassifikation, UICC 2009 Tx
Nicht beurteilbar
T0
Keine Evidenz für Primärtumor
Tis
Carcinoma in situ
Ta
Nichtinvasiv, verrukös
T1
Infiltration subepitheliales Bindegewebe T1a
Kein L1 oder G3–4
T1b
L1 oder G 3–4
T2
Infiltration C. spongiosum/cavernosum
T3
Infiltration Urethra/Prostata
T4
Infiltration Nachbarstrukturen
Nx
Nicht beurteilbar
N0
Keine Evidenz für Primärtumor
N1
Palpabel, mobil, unilateral
N2
Palpable, mobile, multiple oder bilaterale LK
N3
Fixierte inguinale LK oder pelvine LK, uni- oder bilateral
pNx
Nicht beurteilbar
pN0
Keine Evidenz für LK Metastasen
pN1
Solitärer inguinaler LK
pN2
Multiple oder bilaterale inguinale oberflächliche LK
pN3
Tiefe inguinale oder iliakale LK, uni- oder bilateral
Mx
Entfällt komplett
N0
Keine Evidenz für Primärtumor
M1
Fernmetastasen vorhanden
Metastasierung 4 lymphogene Metastasierung 5 zunächst in die ipsi- oder kontralateralen oberflächlichen inguinalen Lymphknoten 5 im weiteren Verlauf in die tiefen inguinalen Lymphknoten und in die Region der A. iliaca externa 4 hämatogene Metastasierung 5 Lunge, Leber, Knochen
Klinik 4 penile Läsion (Induration, exophytische Läsion, papillärer Tumor, pustulöse Raumforderung) 4 putride, blutige Sekretion bei Phimose
4
Eigene Notizen
406
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4 Schwellung, Erosion des Präputiums bei Phimose 4 Lokalisation: 5 häufigsten Lokalisationen sind Glans penis (48%) und Präputium (21%)
Diagnostik
4
4 Anamnese: 5 wegen falschen Schamgefühls, Angst, Schuldgefühlen und Verdrängungsmechanismen werden 15–50% der Peniskarzinome erst innerhalb 1 Jahres nach Beginn der primären Symptomatik diagnostiziert 4 körperliche Untersuchung: 5 Größe, Lokalisation, Fixierung, Infiltration der Corpora cavernosa 5 bilaterale Palpation der Leistenregion 4 Biopsie: 5 vor Beginn jeglicher Therapiemaßnahmen Biopsie aus dem Tumor entnehmen, um Malignität und Invasionstiefe zu bestimmen, ggf. als Schnellschnitt und in gleicher Sitzung partielle/komplette Penektomie 5 Biopsiegewinnung ohne Einfluss auf Tumorzelldissemination 4 Tumormarker: 5 keine etablierten Tumormarker für das Peniskarzinom; die Bestimmung des SCC-Antigens (SCC = squamous cell carcinoma) kann für das Therapiemonitoring und das Follow-up hilfreich sein, wenn eine initial erhöhte Serumkonzentration vorliegt 4 MRT oder Sonographie (7,5 MHz): 5 bei V.a. Infiltration der Corpora cavernosa 4 CT und Lymphangiographie: 5 bei einer Sensitivität von 36 bzw. 31%, wenig hilfreich in der Diagnose inguinaler Lymphknotenmetastasen 5 der Palpationsbefund weist mit einer Sensitivität und Spezifität von 82 bzw. 79% die höchste Treffsicherheit auf 5 Bildgebung nur sinnvoll bei schlechten körperlichen Untersuchungsbedingungen (z.B. Adipositas) 4 Sentinel-Lymphknotenszintigraphie: 5 evtl. Verbesserung der Aussagekraft der Staging-Methoden erbringen, jedoch noch nicht ausreichend klinisch getestet 4 viszerale Metastasendiagnostik: 5 CT von Abdomen/Becken (immer), Röntgen-Thorax 5 Knochenszintigraphie bei klinischem Verdacht oder erhöhter AP 4 Klinische Klassifikation 5 Staging-System, das den Primärtumor bezüglich seiner histologischen Charakteristika und seiner Infiltrationstiefe exakt klassifiziert: TNM-System von 2009 (. Tabelle s.o.).
Therapie 4 zur stadiengerechten Therapie (. Tabelle) 4 chirurgische Behandlung des Primärtumors:
407 4.1 · Urologische Onkologie
4
4
4
4
5 Carcinoma in situ, kleine T1-Tumoren ≤0,5 cm: J organerhaltend durch Zirkumzision, lokale Exzision oder Lasertherapie (Nd:YAG-Laser); Lokalrezidivrate: 11–25% J partielle Penektomie: sichere Alternative zur Vermeidung lokaler Rezidive 5 T1- oder T2-Tumoren >0,5 cm: partielle Penektomie mit einem Sicherheitsabstand von etwa 2 cm 5 T3-Karzinome: grundsätzlich komplette Penektomie 5 Prognose des Patienten wird von den möglicherweise bereits existenten lymphonodulären Metastasen und weniger von der Ausdehnung des Primärbefundes bestimmt Strahlentherapie: 5 Indikation bei T1- und gut differenzierten T2-Tumoren ≤4 cm 5 perkutane Bestrahlungsdosis von mindestens 60 Gy, lokale Rezidivrate von 19% vergleichbar der Operation 5 Frühkomplikation: feuchte Epitheliolyse (92%) 5 Spätkomplikationen: Radionekrose (3–23%), operationsbedürftige Urethrastriktur (6–45%) 5 interstitielle Brachytherapie: Alternative bei Carcinoma in situ sowie T1/T2-Tumoren ≤8 cm3 und einer Gesamtdosis von 55–60 Gy Behandlung inguinaler Lymphknoten: 5 Nachweis und Ausdehnung inguinaler Lymphknotenmetastasen sind die klinisch bedeutsamsten Prognosefaktoren 5 die adäquate inguinale Lymphadenektomie hat kurativen Charakter Indikation zur inguinalen Lymphadenektomie 5 palpable inguinale Lymphknoten weisen zu 50% Metastasen auf, 50% der Lymphadenopathien repräsentieren sekundäre entzündliche Reaktionen, daher: Antibiose über 4–6 Wochen und inguinale LA bei persistierendem Befund 5 Strahlentherapie inguinaler Metastasen weniger effektiv als adäquate inguinale LA 5 sofortige vs. verzögerte LA; 5-Jahresüberlebensrate: J bei sofortige LA etwa 80% J bei verzögertem Vorgehen etwa 30–40% 5 Risikofaktoren mit geringem lymphonodulären Metastasierungsrisiko: J Carcinoma in situ J verruköses Peniskarzinom J pT1G1/2-Karzinom (8%) 5 Risikofaktoren mit hohem lymphonodulären Metastasierungsrisiko: J pT2 (59%) J pTxG3 (80–100%) J vaskuläre Invasion (75%) Ausdehnung der inguinalen Lymphadenektomie: 5 immer bilaterale LA bei nichtpalpabler Lymphadenopathie, da kreuzende Lymphabflusswege bei allen Patienten vorhanden 5 modifizierte superfizielle LA (Lymphknoten oberhalb Fascia lata):
4
Eigene Notizen
408
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
J Resektionsgrenzen: kranial M. obliquus externus, lateral M. sartorius, medial M. adductor longus, kaudal Spitze des Trigonum femorale, die V. saphena magna wird geschont J Schnellschnitt: tiefe inguinale LA und pelvine LA bei positivem Befund 5 tiefe inguinale LA: J Resektionsgrenzen: sie umfassen das Gebiet der modifizierten LA sowie zusätzlich alle Lymphknoten, die medial, lateral und dorsal der A. und V. femoralis gelegen sind 5 pelvine LA: J immer bei Nachweis inguinaler Metastasen J 22% mit 1–2 positiven LK und 57% mit ≥3 positiven LK weisen pelvine Metastasen auf J Resektionsgrenzen: A. iliaca externa und interna beidseits 5 mittlere 5-Jahresüberlebensrate bei pelviner Metastasierung etwa 10%: adjuvante Therapiemaßnahmen können diskutiert werden, es existiert kein Standard 5 »Bulky disease«/fixierte Lymphknoten: induktive Chemotherapie und Residualtumorresektion bei Ansprechen 4 Chemotherapie des Peniskarzinoms: 5 Kombinationstherapie effektiver als Monotherapie 5 Bleomycin, Vincristin, Methotrexat (BVM) in wöchentlichen Intervallen mit Applikation der Medikamente an den Tagen 1–3 einer jeden Woche 5 pTxN1: inguinale LA vs. inguinale LA plus BVM: 5-Jahresüberlebensrate 37% vs. 82% 5 Methotrexat, Bleomycin, Cisplatin (MBP): objektives Ansprechen in 57–72% mit einem mittleren Überleben von 11 Monaten 5 komplette Remission nach Chemotherapie oder Chemotherapie plus Residualtumorresektion mit mittlerem Überleben von 34 Monaten; daher: aggressive multimodale Therapie bei lokal fortgeschrittenem Peniskarzinom von Bedeutung Stadiengerechte Therapie des Peniskarzinoms Tumorpräsentation
Therapie
Lokalbefund Carcinoma in situ
organerhaltendes Vorgehen: Zirkumzision, Exzision, Laser, interstitielle Brachytherapie
Ta–1 G1–2
organerhaltendes Vorgehen: Zirkumzision, Exzision, Laser, perkutane Radiatio mit ≥60 Gy
T1 G3, T2
partielle Penektomie mit Sicherheitsabstand von 2 cm, bei T2 <4 cm perkutane Radiatio mit ≥60 Gy
T3
radikale Penektomie
6
409 4.1 · Urologische Onkologie
Stadiengerechte Therapie des Peniskarzinoms Tumorpräsentation
Therapie
Lokales Rezidiv nach organerhaltendem Vorgehen Keine Invasion der Corpora cavernosa
nochmals organerhaltendes Vorgehen
Großes oder infiltrierendes Lokalrezidiv
partielle oder komplette Penektomie
Inguinale Lymphknoten Palpable Lymphknoten
50% entzündlich bedingt: Antibiose für 4 Wochen, bei Persistenz inguinale modifizierte LA mit weiterer Ausdehnung bei positivem Schnellschnitt
Nichtpalpable Lymphknoten 5 Carcinoma in situ 5 pTa–1 G1–2
keine inguinale LA erforderlich
5 pT1 G3 5 ≥pT2
inguinale modifizierte LA mit weiterer Ausdehnung bei positivem Schnellschnitt
Metastasen Lokoregionäre Lymphknotenmetastasen
adjuvante Chemotherapie
Fixierte Lymphknoten, »bulky disease«
induktive Chemotherapie plus Residualtumorresektion
Fernmetastasen
induktive Chemotherapie
4.1.7
Prostatakarzinom
Definition 4 inzidentelles Prostatakarzinom: Diagnose anhand einer transurethralen Resektion ohne vorher bestehenden Prostatakarzinomverdacht 4 manifestes Prostatakarzinom: klinisch diagnostiziert und histologisch gesichertes Prostatakarzinom 4 latentes Prostatakarzinom: vorhandenes jedoch nicht diagnostiziertes Prostatakarzinom, das zu Lebzeiten des Patienten zu keiner Symptomatik geführt hat, Diagnose bei Obduktion 4 okkultes Prostatakarzinom: manifestiert sich durch Metastasenbildung 4 insignifkantes Prostatakarzinom: Organbegrenztes Prostatakarzinom <0,5 cm, kein Anteil Gleason-Grad 4 oder 5
Prävalenz 4 latentes Prostatakarzinom: 5 bei 30% aller Männer über 50 Jahre, 5 bei 60–70% aller Männer über 80 Jahre 4 manifestes Prostatakarzinom: Inzidenz und Mortalität des manifesten Prostatakarzinom nehmen altersabhängig zu
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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Inzidenz und Mortalität 4 weltweit vierthäufigster bösartiger Organtumor des Mannes 4 erhebliche Variation von Inzidenz und Mortalität zwischen verschiedenen Erdteilen, Ländern und Ethnien 4 Inzidenz und Mortalitätsraten generell in industrialisierten Ländern höher als in Entwicklungsländern: 5 niedrige Inzidenz in Asien, insbesondere China und Japan (4/100.000) 5 Europa: Inzidenz 87,2/100.000, höhere Inzidenz in Nordeuropa, besonders Skandinavien, niedrigere in den Mittelmeerländern 5 Deutschland: nach dem Basaliom der häufigste bösartige Organtumor des Mannes; 2004 in Deutschland 58.000 Neuerkrankungen (25,4% der bösartigen Neuerkrankungen des Mannes) 4 »stage shift” und »age shift«: 5 deutliche Tendenz zur Diagnose früherer Stadien und mehr lokalisierter Prostatakarzinome (»stage shift«) 5 75% der Erkrankungsfälle werden bei Männern über 65 Jahre diagnostiziert, Zunahme der diagnostizierten Erkrankungsfälle bei jüngeren Männern (»age shift«),
Ätiologie und Pathogenese 4 genetische Faktoren: 5 entscheidende Rolle als Risikofaktor für Prostatakarzinom: J 1 erkrankter Verwandter 1. Grades: Erkrankungsrisiko verdoppelt J 2 oder 3 erkrankte Verwandte 1. Grades: Erkrankungsrisiko 5- bis 11-fach erhöht 5 bei 9% aller Erkrankungsfälle spricht man vom echten hereditären Prostatakarzinom: J 3 oder mehr erkrankte Verwandte 1. Grades oder J mindestens 2 erkrankte Verwandte 1. Grades unter 55 Jahren (»early onset disease«) 4 Umweltfaktoren: 5 Hinweise für die Bedeutung aus Migrationsstudien: das Prostatakarzinomrisiko für japanische Männer steigt bei ihrem Umzug von Japan nach Hawaii und nähert sich dem amerikanischer Männer bei ihrem Umzug nach Kalifornien 4 Ernährungsfaktoren: 5 Ernährungsfaktoren scheinen die Progression vom latenten zum klinisch manifesten Prostatakarzinom zu fördern. Folgende Hypothesen scheinen valide zu sein: J epidemiologische Studien zeigen Korrelation zwischen Fettgehalt der Ernährung und Prostatakarzinomrisiko J das Karotinoid Lycopen wirkt antioxidativ, kommt mit hohem Gehalt in Tomaten vor und senkt das Prostatakarzinomrisiko (relatives Risiko 0,81 für diejenigen mit dem höchsten Anteil an Tomaten in der Nahrung) J eine hohe diätetische Kalziumaufnahme korreliert in einigen Studien wahrscheinlich aufgrund der Senkung des Vitamin-D-Spiegels mit dem Prostatakarzinomrisiko
411 4.1 · Urologische Onkologie
J das Spurenelement Selen bewirkte in einer Studie zur Vermeidung des Hautkrebses eine Senkung des Prostatakarzinomrisikos in Studienpopulation 4 andere hypothetische Risikofaktoren: 5 Untersuchungen zu Körpergröße und -gewicht, Nikotin- und Alkoholkonsum oder sexueller Aktivität konnten keinen Zusammenhang mit dem Prostatakarzinomrisiko aufzeigen 5 kein erhöhtes Prostatakarzinom-Risiko für vasektomierte Männer
Klassifikation 4 Histologische Formen des Prostatakarzinoms: 5 Adenokarzinome: Mehrzahl der Prostatakarzinome 5 muzinöses Adenokarzinom: seltene Variante mit aggressivem biologischem Verhalten, klinisch wie Prostatakarzinom 5 neuroendokrines Prostatakarzinom: J Zellen enthalten Serotonin, Calcitonin, Somatostatin oder HCG, meist ohne klinisch manifeste Hormonproduktion J niedrige PSA-Werte J primär hormon- und strahlenresistent J Therapieoptionen nur durch radikale Prostatektomie oder Chemotherapie J schlechte Prognose, 5 kleinzellige Prostatakarzinome: J meist Mischform mit Adenokarzinom J ektope ACTH- oder ADH-Produktion möglich J Überleben <1 Jahr 5 duktale Karzinome: J 0,4–0,8% aller Prostatakarzinome entstehen aus Drüsengängen J klinisch wie Adenokarzinome, jedoch obstruktive Symptome bei intraurethralem Wachstum möglich J rektal nicht tastbar J niedriges PSA 5 Plattenepithelkarzinome: J sehr selten J osteolytische Metastasen J hormonresistent, schlechte Prognose 5 Transitionalzellkarzinome: J isoliertes Auftreten ohne Blasenkarzinom J 1–4% aller Prostatakarzinome J häufig Blasenhalsinfiltration J frühe Metastasierung J osteolytische Knochenmetastasen 5 prostatische intraepitheliale Neoplasie (PIN): J definiert als strukturell normale prostatische Drüsenazini oder -gänge mit zytologisch atypischen Zellen J nur die High-Grade-PIN ist klinisch bedeutsam
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Eigene Notizen
412
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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5 High-Grade-PIN: J Risiko eines Prostatakarzinom-Nachweises bei Wiederholungsbiopsie 23–35% J High-Grade-PIN ist eine prämaligne Neubildung: Expression zahlreicher Marker in High-Grade-PIN entspricht der DNA-Ploidie im PCa-Gewebe J High-Grade-PIN führt nicht zu einer PSA-Erhöhung 4 Histopathologische Befunde des Adenokarzinoms: 5 Lokalisation J 85% der klinisch als T2-eingeschätzten Prostatakarzinome sind peripher lokalisiert, der Rest in der Transitionalzone (periurethral oder anterior) J 85% der Prostatakarzinome sind multifokal J 70% der Prostatakarzinom, die klinisch unilateral lokalisiert sind, sind pathologisch bilateral (multifokal); die assoziierten Nebenkarzinome sind meist klein und gut differenziert 5 lokale Tumorausbreitung: J perineurale Invasion: peripher lokalisierte Karzinome breiten sich perineural aus, da dies den Weg des geringsten Widerstandes darstellt (keine Prognoseverschlechterung) J Samenblaseninvasion: definiert als Invasion des Prostatakarzinoms in die muskuläre Wand der Samenblasen, gewöhnlich nach Ausbreitung in das Weichgewebe um die Samenblasen herum, seltener durch direkte Ausbreitung über Ductus ejaculatorii (Prognoseverschlechterung) 5 Größe des Primärtumors: J korreliert mit Ausbreitung J extraprostatische Ausbreitung selten bei Tumorvolumen <0,5 cm3 J Lymphknotenmetastasierung selten bei Tumoren <4 cm3 5 Transitionalzonenkarzinome: J meist besser differenziert als periphere Prostatakarzinome, deshalb und aufgrund ihrer Lokalisation extraprostatische Ausbreitung erst bei größerem Tumorvolumen 5 Differenzierung: Gleason-Score: J das von Gleason beschriebene System der Einteilung des Differenzierungsgrades hat sich weltweit durchgesetzt und andere Systeme verdrängt J beurteilt werden die Muster der Drüsenarchitektur des Prostatakarzinomgewebes, das in die Grade 1 bis 5 eingeteilt wird (1 = gut differenziert, 5 = wenig differenziert) J die beiden Gleason-Grade werden addiert zum Gleason-Score J in Prostatabiopsien (siehe unten) werden das häufigste und das aggressivste Gleason Muster addiert; in radikalen Prostatektomiepräparaten werden das häufigste und das zweithäufigste Gleason Muster addiert J zur Klassifikation nach Gleason sind Stanzzylinder notwendig J Gleason-Score der Biopsie und des Präparates korrelieren mit den Überlebensraten nach radikaler Prostatektomie (RPE)
413 4.1 · Urologische Onkologie
Metastasierung 4 lymphatische Ausbreitung: 5 pelvine und retroperitoneale Lymphknoten 4 Organmetastasierung: 5 am häufigsten Knochen und Lunge 5 danach Blase, Leber, Nebennieren
TNM-Klassifikation (UICC 2009) 4 . Tabelle TNM-Klassifikation des Prostatakarzinoms nach UICC 2009 Tx
Nicht beurteilbar
T0
Keine Evidenz für Primärtumor
T1 nnn
Klinisch inapparent, nicht palpabel, kein Nachweis durch Bildgebung T1a
Inzidentell: <5% Resektionsspäne, kein Palpationsbefund
T1b
Inzidentell: >5% Resektionsspäne, kein Palpationsbefund
T1c
Bioptischer Nachweis bei PSA-Erhöhung, kein Palpationsbefund
T2
Primärtumor beschränkt auf Prostata T2a
≤50% eines Seitenlappens palpatorisch betroffen
T2b
≥50% eines Seitenlappens palpatorisch betroffen
T2c
Beide Seitenlappen
T3
Prostatakapsel überschritten T3a
Extrakapsuläre Extension, auch mikroskopischer Blasenhalsbefall
T3b
Samenblaseninvasion
T4
Primärtumor ist fixiert oder infiltriert Sphinkter, Rektum, Beckenboden
Nx
Nicht beurteilbar
N0
Keine Evidenz für Primärtumor
N1
Regionäre Lymphknotenmetastase
Klinik 4 aufgrund der überwiegenden Lokalisation der Prostatakarzinome in der Außendrüse der Prostata entstehen Symptome meist erst bei weit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom 4 obstruktive oder irritative Miktionsbeschwerden deuten auf eine Infiltration des Blasenhalses oder der Urethra hin 4 Hämatospermie und/oder vermindertes Ejakulatvolumen können bei einer Infiltration der Samenbläschen oder der Ductus ejaculatorii vorkommen 4 ein- oder beidseitige Harnstauung ist als Hinweis auf eine Infiltration des Trigonums mit Obstruktion der Ureterostien oder eine exogene Ureterobstruktion durch iliakale Lymphknoten zu werten
4
Eigene Notizen
414
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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4 Anämie und Knochenschmerzen als Folge der metastatischen Infiltration von Knochensubstanz und Knochenmark 4 Lymphödeme der unteren Extremitäten bei metastatischem Befall der pelvinen Lymphgewebe 4 paraneoplastische Symptome sind mit einer Frequenz von unter 5% beim Prostatakarzinom sehr selten: 5 ektope Hormonproduktion (ACTH) 5 disseminierte intravasale Koagulation (DIC)
Früherkennung und Screening 4 Zielsetzung der Früherkennung ist die frühzeitige Diagnose eines behandlungsbedürftigen Prostatakarzinoms zur Verbesserung der Heilungsrate (Vorsorgeuntersuchung) 4 Zielsetzung des Screening ist das Erkennen eines Prostatakarzinoms durch die PSA-Testung bei allen Männern zur Absenkung der prostatakarzinomspezifischen Mortalitätsrate 4 es wurden 2 prospektiv randomisierte klinische Studie in Europa (European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer = ERSPC) und in den USA (Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening Trial = PCLO) an 162.243 bzw. 76.693 Männern mit kontroversen Ergebnissen abgeschlossen: 5 ERSPC: signifikante Reduktion der prostatakarzinomspezifischen Mortalität um 20% bei einem Nachbeobachtungsintervall von 9 Jahren; 1410 Männern müssten gescreent werden, um den Tod durch ein Prostatakarzinom zu verhindern, 48 Männern müssten therapiert werden, um einen Tod durch ein Prostatakarzinom zu vermeiden 5 PLCO: es fand sich kein Effekt der Screeningmaßnahmen auf die tumorspezifische Mortalität 4 Die Gefahr eines generellen Screening ist in der hohen Rate von Überdiagnosen, d.h. der Detektion biologisch wenig aggressiver und nicht behandlungsbedürftiger Prostatakarzinome mit einer konsekutiv hohen Rate an Übertherapien und potenziellen therapiebedingten Komplikationen zu sehen 4 Die Leitlinien sprechen somit die Empfehlung einer risikoadaptierten Vorsorge in Abhängigkeit von dem ersten PSA-Wert aus, der in eine Alter von 40 Jahren angeboten werden sollte: liegen die PSA-Werte bei unter 1 ng/ml ist das Prostatakarzinomrisiko sehr gering und die Vorsorgeintervalle können auf bis zu 4 Jahre ausgedehnt werden. Liegen die PSA-Werte über 1 ng/ml sollten engmaschige 1- bis maximal 2-jährliche Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden 4 Diagnosestellung eines Prostatakarzinoms nur durch: 5 Histologie (Stanzbiopsiezylinder, OP-Präparat) 5 Zytologie 4 Untersuchungen zur Indikationsstellung der Prostatabiopsie: 5 digitale rektale Untersuchung (DRU) 5 prostataspezifisches Antigen (PSA) 5 transrektaler Ultraschall (TRUS)
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Vorsorgeuntersuchung des Mannes 4 zur Vorsorgeuntersuchung beim Mann gehören: 5 digitorektale Untersuchung (DRU) 5 Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) 5 transrektale Sonographie der Prostata (TRUS)
Digitale rektale Untersuchung (DRU) 4 die normale Prostata ist 5 ca. kastaniengroß und misst ungefähr 20 ml 5 palpatorisch gut abgrenzbar und prallelastisch (die Konsistenz entspricht in etwa dem Daumenballen) 5 der Sulcus zwischen den beiden Seitenlappen ist in der Regel erhalten 5 die rektale Schleimhaut verschiebbar 4 bei der maligne veränderten Prostata: 5 palpatorisch ist ein derber Knoten oder eine derbe flächige Veränderung tastbar 5 die Konsistenz ist holzhart ähnlich der Konsistenz der Daumengrundgelenke 5 die Ausdehnung des Prostatakarzinoms wird in einem oder in beide Prostataseitenlappen beschrieben 5 der Palpationsbefund beschreibt das sog. klinische Tumorstadium 4 bei hartem Palpationsbefund sind differenzialdiagnostisch auszuschließen: 5 Prostatakonkremente 5 granulomatöse Prostatitis 5 Prostatainfarkte 4 die DRU 5 hat eine geringe Sensitivität von unter 40% bei deutlicher Untersucherabhängigkeit 5 entdeckt nur weniger als 50% der manifesten Prostatakarzinome 4 bei positiver DRU ist eine Stanzbiopsie indiziert 4 bei positiver DRU und Stanzbiopsie wird die Diagnose eines Prostatakarzinoms in 15–40% der Fälle gestellt
Prostataspezifisches Antigen (PSA) 4 PSA: 5 Enzym, das aus Glykoprotein und einer Protease mit einem Molekulargewicht von 30.000 kD besteht 5 wird ausschließlich von Prostatagewebe synthetisiert 4 Aufgabe des PSA: Verflüssigung des Ejakulats, das ohne PSA koagulieren würde 4 PSA-Erhöhungen: 5 durch gutartige Veränderungen der Prostata: J BPH J Prostatitis J Vesikulitis J Zystitis J Virusinfektionen
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5 durch exogene Faktoren: J Prostatamassage J exzessiven Radfahren J Katheterisierung der Harnblase J Ejakulation (Abfall bei jungen, Erhöhung bei älteren Männern) PSA-Absenkungen: 5 medikamentös (Androgendeprivation, 5α-Reduktaseinhibitoren, Statine) 5 Operationen (TUR-P, Laserablation) 5 Bestrahlungen im kleinen Becken in der Vorsorgeuntersuchung haben 5 ca. 8% der Männer PSA-Werte zwischen 4 und 10 ng/ml von denen ungefähr 25% ein behandlungsbedürftiges Prostatakarzinom haben 5 ungefähr 2% der Männer haben PSA-Werte über 10 ng/ml, von denen 60% ein signifikantes Prostatakarzinom haben der PSA-Wert ist als eine kontinuierliche Variable anzusehen, für die keine verlässlichen Grenzwerte existieren: 5 die Häufigkeit signifikanter Prostatakarzinome liegt bei folgenden PSA-Werten: J bei 10–14%: bei 1–2,5 ng/ml J bei 22–30%: bei 2,6–4 ng/ml J bei 41–60%: zwischen 4–10 ng/ml J bei ca. 70%: >10 ng/ml empfohlene PSA-Grenzwerte, ab denen bei negativer DRU eine weitere Abklärung empfohlen wird, liegen bei 2,5–4 ng/ml verschiedene Modifikationen des PSA-Wertes wurden in der Vergangenheit untersucht, um die Detektionsrate des Prostatakarzinoms zu verbessern und die Häufigkeit unnötiger Biopsien zu vermeiden: altersspezifische Grenzwerte des Gesamt-PSA (tPSA): 5 bis 40 Jahre: 2,5 ng/ml 5 bis 50 Jahre: 3,5 ng/ml 5 bis 60 Jahre: 4,5 ng/ml PSA-Anstiegsgeschwindigkeit: 5 Patienten mit einem Prostatakarzinom weisen gegenüber den Männern ohne Prostatakarzinom eine deutliche Zunahme des PSA von ca. 0,7–0,9 ng/ml und Jahr gegenüber nur ≤0,4 ng/ml und Jahr auf. 5 Die Bestimmung der PSA-Anstiegsgeschwindigkeit (PSA-Velocity) setzt voraus, dass serielle PSA-Messungen über mehrere Jahre erfolgt sind freies PSA (fPSA) und PSA-Quotient: 5 der Quotient des freien, ungebundenen PSA im Verhältnis zum Gesamt-PSA ist beim Prostatakarzinom deutlich erniedrigt 5 ein PSA-Quotient <15% ist in 35–50% der Fälle mit einem Prostatakarzinom assoziiert PSA-Dichte: 5 die PSA-Dichte stellt den Quotienten zwischen dem Gesamt-PSA geteilt durch das Prostatavolumen bzw. durch das Volumen der Übergangszone dar
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5 wird mit zunehmender Prostatagröße (bedingt durch gutartige Adenome) höher 5 Werte >0,15 sind häufiger mit einem Prostatakarzinom assoziiert und werden als Indikator für eine Prostatabiopsie insbesondere bei PSA-Werten zwischen 4 und 10 ng/ml angesehen
Transrektale Sonographie (TRUS) der Prostata 4 keine Methode zur Früherkennung, da nur ca. 50% der Prostatakarzinome sonographisch darstellbar sind 4 keine Methode zur Früherkennung, da nur ca. 30% der lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinome darstellbar sind 4 typischerweise stellen sich Prostatakarzinome als hyporeflexive Areale in der peripheren Zone dar, die jedoch auch durch entzündliche Prozesse bedingt sein können 4 notwendig und verlässlich zur Bestimmung des Prostatavolumens und des Volumens der Übergangszone (siehe PSA-Dichte) 4 notwendig und verlässlich zur Steuerung der Prostatabiopsie in die lateralen peripheren Drüsenanteile als Sitz von >90% der Prostatakarzinome 4 Verbesserung der Detektionsrate der Prostatakarzinom durch artifizielle neuronale Netzwerke, d.h. lernende Computersysteme (ANNA, Histoscan), die derzeit akademisch eingesetzt werden
Prostatabiopsie 4 Indikation zur Prostatabiopsie wird gestellt bei: 5 positivem rektalem Palpationsbefund 5 erhöhtem PSA-Wert >2,5 ng/ml 5 niedrigem PSA-Quotienten <20% 4 die Prostatabiopsie sollte nur bei Männern erfolgen, bei denen diese eine therapeutische Konsequenz nach sich zieht, in aller Regel bei Männern mit einer Lebenserwartung von mindestens 10 Jahren 4 die Biopsie erfolgt immer unter Antibiotikaschutz (z.B. Gyrasehemmer: Ciprofloxacin, Levofloxacin) und in Lokalanästhesie 4 in Abhängigkeit vom Volumen der Prostata werden mindestens 10–12 Stanzzylinder aus verschiedenen Arealen der lateralen Außendrüse entnommen 4 zusätzliche Biopsien werden aus palpatorisch oder sonographisch suspekten Arealen entnommen 4 jeder Stanzzylinder wird einzeln der pathohistologischen Untersuchung zugeführt und bezüglich seiner anatomischen intraprostatischen Lokalisation beschriftet 4 die pathohistologische Befundung der Biopsien gibt wichtige Informationen bezüglich der Risikoklassifikation und der weiteren Therapieplanung; die folgenden Parameter müssen pathohistologisch angegeben werden: 5 Anzahl der positiven Stanzzylinder 5 Gleason-Score pro Stanzzylinder 5 prozentualer Anteil des Prostatakarzinom pro Stanzzylinder 5 extraprostatisches Wachstum, Kapselinfiltration, perineurale Invasion
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4 Komplikationen der Stanzbiopsie: 5 Hämaturie in ca. 3% über 1–2 Wochen 5 Hämospermie in ca. 50% über 4–6 Wochen 5 Prostatitis bis zur Sepsis <5% 5 akute Harnverhaltung 5–10%
Weitere bildgebende Verfahren
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4 das primäre bildgebende Staging erfolgt beim Prostatakarzinom risikoadaptiert 4 keine Bildgebung bei Low-Risk-Prostatakarzinomen 4 keine Bildgebung bei einem Gleason Score ≤6 oder einem PSA ≤20 ng/ml bei einem Metastasierungsrisiko von unter 10% 4 die Skelettszintigraphie erfolgt bei PSA Werten >20 ng/ml oder einem Gleason-Score ≥8 4 die Computer- oder Kernspintomographie sind ungeeignet in der Diagnostik von Lymphknotenmetastasen, da eine sichere Diagnose erst bei einer Lymphadenopathie >1,5 cm gestellt werden kann 4 die Kernspintomographie lässt genaue Aussagen über die lokale Tumorausdehnung, Kapselüberschreitung, Samenblaseninvasion oder Invasion des Gefäß-Nerven-Bündels zu und erlaubt bei lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom eine genauere Therapieplanung 4 die einzige verlässliche und valide Methode in der Diagnostik einer Lymphknotenmetastasierung ist die extendierte pelvine Lymphadenektomie im Bereich der Fossa obturatoria, A. iliaca externa, interna und communis bis zur Ureterkreuzung 4 die Positronen-Emmissions-Tomographie (PET) mit radioaktiv markiertem 18C-Cholin in Kombination mit einem CT hat beim Prostatakarzinom derzeit nur einen akademischen Charakter und stellt keine Routineuntersuchung dar
Risiko- und stadienadaptierte Therapie des Prostatakarzinoms Risikoklassifikation 4 die Therapie des Prostatakarzinoms erfolgt grundsätzlich risikoadaptiert unter Einbeziehung von: 5 PSA-Wert 5 Gleason-Score der Prostatabiopsie und 5 klinisches Stadium des PCA (Palpationsbefund der Prostata) 4 im klinischen Alltag hat sich die Risikoklassifikation nach D’Amico durchgesetzt: 5 Low-Risk-Prostatakarzinom: J klinischen Stadium T1c-2a J PSA <10 ng/ml J Gleason Score ≤6 5 Intermediate-Risk-Prostatakarzinom: J klinisches Stadium T2b–2c J oder PSA 10,1–20 ng/ml J oder Gleason Score 7
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5 High-Risk-Prostatakarzinom: J klinisches Stadium >T2c J oder PSA >20,1 ng/ml J oder Gleason Score 8–10 4 in die Therapieplanung einbezogen werden müssen: 5 Risikoklassifikation 5 Komorbiditäten 5 Miktionssymptome 5 Prostatavolumen 5 Vorbehandlungen 5 Patientenwunsch 4 Einholung einer zweiten Meinung ist durchaus gerechtfertigt, es existiert für jedes Stadium der Erkrankung immer eine therapeutische Alternative, über die der Patient aufgeklärt sein muss
Therapieoptionen des Prostatakarzinoms In Abhängigkeit von der Risikoklassifikation und den bereits genannten Entscheidungsparametern stehen die folgenden Therapieoptionen zur Verfügung: 4 Active Surveillance (AS) 4 Watchful Waiting (WW) 4 operative Therapie: 5 radikale Prostatovesikulektomie ± pelvine Lymphadenektomie 4 Strahlentherapie: 5 externe perkutane, 3-D-konformale Strahlentherapie 5 intensitätsmodulierte perkutane Strahlentherapie 5 interstitielle Brachytherapie 4 Hormontherapie 4 Kombinationen der einzelnen Verfahren
Active Surveillance (AS) 4 die AS (Active Surveillance = kontrollierte Beobachtung) kann grundsätzlich bei Prostatakarzinomen mit geringer biologischer Aggressivität durchgeführt werden, um eine Übertherapie nichtsignifikanter Prostatakarzinom zu vermeiden 4 Indikationen: 5 klinisches Stadium cT1a–c 5 PSA <10 ng/ml, 5 kein Gleason-Grad 4 oder 5 in der Biopsie 5 maximal 30% der Stanzzylinder mit Prostatakarzinom betroffen 5 Wunsch des aufgeklärten Patienten 4 im Rahmen der AS werden die PSA-Werte in 3-monatlichen Intervallen kontrolliert, eine Kontrollbiopsie der Prostata ist in 12–15 monatlichen Intervallen vorzunehmen 4 im Verlaufe der AS wird bei ca. 30% der Patienten eine aktive Therapie notwendig; die Prognose der Patienten verschlechtert sich durch diese Therapieverzögerung nicht 4 eine aktive Therapie ist immer dann indiziert, wenn:
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der PSA-Wert auf >10 ng/ml ansteigt der Gleason Score der Biopsie auf ≥7 ansteigt die PSA-Verdopplungszeit sich auf <3 Jahre steigert der Patient dies wünscht
Watchful Waiting (WW) Definition
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4 beim Watchful Waiting handelt es sich um ein palliatives, symptomorientiertes Behandlungsverfahren 4 der Patient mit diagnostiziertem Prostatakarzinom wird ohne Therapie lediglich bis zum Auftreten von Symptomen kontrolliert, erst dann setzt eine prostatakarzinomspezifische Behandlung ein 4 diese Therapie kann durchaus indiziert sein bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom in höherem Alter und bei Vorliegen von signifikanten Komorbiditäten, die eine lokale Therapie unter kurativer Intention (radikale Prostatektomie, perkutane Strahlentherapie, Brachytherapie) nicht zulassen 4 prospektiv randomisierte klinische Studien haben ein nichtdifferentes tumorspezifisches Überleben bei diesem Patientenkollektiv zwischen Watchful Waiting und primärer Hormontherapie gezeigt
Lokalisiertes Prostatakarzinom (T1a-b, T2, T3N0M0) Stadium T1a 4 inzidentelles Prostatakarzinom, das im Rahmen einer TUR-P bei gutartiger Prostatavergrößerung diagnostiziert wurde und weniger als 5% der resezierten Gewebespäne einnimmt 4 aufgrund des geringen biologischen Aggressivitätspotenzials ist die AS Therapie der Wahl, insbesondere bei einem Gleason-Score ≤6 4 Progressionsrate von 10–20% nach 10 Jahren, so dass eine aktive Therapie bei jungen Patienten mit langer Lebenserwartung diskutiert werden kann 4 regelmäßige PSA-Kontrollen: der PSA-Wert sollte aufgrund der resezierten Übergangszone immer <2 ng/ml liegen
Stadium T1b 4 inzidentelles Prostatakarzinom, das im Rahmen einer TUR-P bei gutartiger Prostatavergrößerung diagnostiziert wurde und mehr als 5% der resezierten Gewebespäne einnimmt 4 aktive Therapie immer empfohlen, da eine Progression von mindestens 50% in den nachfolgenden 5–10 Jahren zu erwarten ist 4 Therapie der Wahl: 5 radikale retropubische nervschonende Prostatovesikulektomie 5 perkutane Strahlentherapie 4 die Brachytherapie wird aufgrund der vorausgegangenen TUR-P und der damit erhöhten lokalen Komplikationsrate nur selten angewendet
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Stadium T1c-3N0M0 4 Therapie der Wahl sind: 5 die radikale retropubische Prostatovesikulektomie mit oder ohne pelvine Lymphadenektomie 5 die perkutane Radiatio oder 5 Brachytherapie 4 Indikation zur RPE: 4 grundsätzlich immer bei einer Lebenserwartung von mindestens 10 Jahren 4 zurückhaltende Indikation bei kürzerer Lebenserwartung: 5 das Sterberisiko am Prostatakarzinom liegt nur bei ca. 10% 5 das nichttumorbedingte Sterberisiko liegt bei bis zu 50%
Radikale retropubische Prostatektomie (RPE) 4 die RPE umfasst die Entfernung der Prostata, der Samenbläschen und die proximalen Anteile des Ductus deferens 4 in Abhängigkeit vom klinischen Stadium (≥ cT2c), dem PSA-Wert (≥10 ng/ml) und dem Gleason-Score der Biopsie (≥7) wird eine pelvine Lymphadenektomie im Bereich der Fossa obturatoria sowie der A. iliaca externa, interna und communis bis zur Ureterkreuzung durchgeführt 4 bei der nervschonenden RPE werden die lateral und kaudal der Prostata gelegenen Gefäß-Nerven-Bündel, die unter anderem die Nn. erigenti führen, erhalten: in Abhängigkeit vom Alter des Patienten und der präoperativen Potenz kann die Erektionsfähigkeit postoperativ in bis zu 75% erhalten werden 4 die RPE kann auf verschiedene Wege durchgeführt werden: 5 offen retropubisch 5 offen perineal 5 laparoskopisch extra- und transperitoneal 5 roboterassistiert retropubisch 4 die onkologischen und funktionellen Ergebnisse der verschiedenen Methoden sind nahezu identisch (abhängig vom ausführenden Operateur, weniger von der Methode) 4 Komplikationen: 5 erektile Dysfunktion: 20–100% 5 Harninkontinenz: 5% 5 Harnröhrenstrikturen: 5% 5 intraoperative Bluttransfusion: <5% 5 intraoperative Rektum- oder Ureterläsion: <0,5% 4 Pathohistologie: 4 das radikale Prostatektomiepräparat wird nach Entfernung an den Außenseiten tuschemarkiert, um die sog. Resektionsränder sauber darstellen zu können 4 ein positiver Absetzungsrand, der prognostische Relevanz besitzen und eine adjuvante Therapie nach sich ziehen kann, liegt immer dann vor, wenn Karzinomzellen den farbmarkierten Rand des Präparates erreichen
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4 es werden die folgenden Parameter bestimmt: 5 Gleason-Score (häufigster und zweithäufigster Wert); bei mehr als 5% des Karzinoms wird der dritthäufigste Wert zusätzlich angegeben (tertiary Gleason pattern) 5 klinisches Stadium 5 Resektionsrand: J R0 versus R1 J unifokal versus multifokal J Perineuralscheideninvasion J Lymphangiosis carcinomatosa J Haemangiosis carcinomatosa J Kapselinvasion oder -überschreitung 5 Lymphknotenbefall: J Anzahl der entfernten Lymphknoten J Anzahl positiver Lymphknoten 4 positive Resektionsränder: 4 die Häufigkeit positiver Resektionsränder stellt ein Qualitätskriterium der RPE dar; folgende Raten gelten als tolerabel: 5 pT2: <10% 5 pT3a: 20–30% 5 pT3b: 25–35% 4 nur 30% der Patienten mit einem pT2R1-Befund und günstigem Gleason-Score erleiden ein Rezidiv, so dass eine abwartende Strategie gerechtfertigt ist 4 positive Resektionsränder sind bei einem pT3a-b-Prostatakarzinom oder bei einem pT2a-c-Prostatakarzinom mit einem Gleason-Score ≥7 mit einer höheren Progressionsrate assoziiert 4 es wird die adjuvante perkutane Radiatio mit 64–66 Gy 6–12 Wochen postoperativ in Abhängigkeit vom Kontinenzstatus empfohlen 4 es wird prinzipiell die ehemalige Prostataloge bestrahlt, die gleichzeitige Radiatio der pelvinen Lymphabflussbahnen hat keinen erwiesenen onkologischen Vorteil 4 unter adjuvanter Radiatio wird die Progressionsrate innerhalb der ersten 5 postoperativen Jahre um 20–30% reduziert, die prostatakarzinomspezifische Mortalitätsrate wird ebenfalls um ca. 10% gegenüber einer verzögerten Bestrahlung im Progress verbessert 4 onkologische Ergebnisse (10-Jahresheilungsraten) bei organbegrenzten Prostatakarzinomen liegen bei ca. 80%, bei einem pT3a-Prostatakarzinom bei 65–70% und bei einem pT3b-Prostatakarzinom bei ca. 50% 4 Nachsorge: 5 PSA-Kontrollen: J der PSA-Wert sollte ca. 6 Wochen postoperativ in den Nullbereich abgefallen sein J persistierende PSA-Konzentrationen weisen auf eine potentielle Metastasierung hin J die Kontrollen sollten in 3–4-monatlichen erfolgen J nicht nachweisbare (<0,1 ng/ml) PSA-Werte auch 5 Jahre postoperativ sind mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Heilung assoziiert
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5 postoperativ: J Beckenbodengymnastik zur rasche Regeneration der Beckenbodenmuskulatur und der Kontinenz
Strahlentherapie 4 in Abhängigkeit vom klinischen Stadium und dem Biopsie GleasonScore können bei den organbegrenzten Prostatakarzinomen prinzipiell folgende Verfahren angewendet werden: 5 perkutane dreidimensionale CT-gesteuerte Hochvolt-Radiotherapie 5 intensitätsmodulierende Strahlentherapie 5 permanente oder temporäre Brachytherapie 4 externe 3-D-konformale Radiatio: 5 Strahlendosis: 68–75Gy (1,8 Gy pro Tag) 5 vor Strahlentherapie wird ein Planungs-CT angefertigt, die anatomischen Bilddaten werden auf ein 3-D-Planungssystem übertragen und das Zielorgan wird mit einem Sicherheitsabstand eingestellt 5 bei intermediärem Risiko nach D’Amico erfolgt eine begleitende Androgendeprivation 5 bei High-Risk-Karzinomen: J neoadjuvante Androgendeprivation für 3 Monate J begleitende und eine adjuvante Androgendeprivation für 3 Jahre 4 intensitätsmodulierte externe Radiatio (IMRT): 5 bei der IMRT wird der Strahlengang während der Bestrahlung mit einem Linearbeschleuniger durch ein Blendesystem (Multileaf-Kollimator) exakt mit den gescannten Bildern des Zielorgans abgeglichen und kontinuierlich visualisiert 5 durch die Einblendung des Zielorgans kann bei gleicher onkologischer Effektivität die Nebenwirkungsrate deutlich reduziert werden 4 permanente interstitielle Brachytherapie (LDR-Brachytherapie): 5 Indikation: Low-Risk-Prostatakarzinome: J PSA <10 ng/ml J Biopsie-Gleason-Score: ≤7a J cT1c–2a-Prostatakarzinome J ≤30% positive Biopsien J Prostatavolumen <50ml 5 es werden TRUS-gesteuert niederenergetische, radioaktiv markierte Seeds (125Iod- oder 103Palladium) in die Außendrüse der Prostata eingebracht, so dass eine lokale Strahlendosis von 160Gy erreicht wird 5 CT-gesteuerte posttherapeutische Dosisverteilung ca. 4–6 Wochen posttherapeutisch 5 Durchführung in Allgemein- oder Spinalanästhesie 5 Komplikationen: J irritative Miktionsbeschwerden: ca. 20% J Harnverhaltung: ca. 5–10% J Impotenz: ca. 50% nach 5 Jahren J rektale Komplikationen (Blutung, Inkontinenz, Ulkus): ca. 20% 5 Rezidivrate nach 5 Jahren: ca. 10–15%
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4 temporäre interstitielle Brachytherapie (HDR-Brachytherapie, Afterloading): 5 initiale perkutane Radiatio der Prostata mit 50,4 Gy 5 Nachfolgendes TRUS-gesteuertes, perineales Einbringen von 8–12 Hohlnadeln in die Außendrüse der Prostata 5 CT-gestützte Lokalisationskontrolle der Hohlnadeln und Beschickung derselben mit radioaktiven Strahlenquellen (192Iridium), die nur wenige Minuten in situ verbleiben 5 in aller Regel 2 Sitzungen im Abstand von 1 Woche in Allgemeinoder Spinalanästhesie 5 Indikation: Prostatakarzinome mit intermediären oder hohen Progressionsrisikos nach D’Amico 5 keine begleitende Androgendeprivation wie bei der externen Radiatio 5 Komplikationen: siehe LDR-Brachytherapie 5 Rezidivraten ca. 20–30% in Abhängigkeit vom initialen Prostatakarzinombefund
Lokal fortgeschrittenes Prostatakarzinom (T3-T4, N1-N4) 4 beim lokal fortgeschrittenen der lymphknotenpositiven Prostatakarzinom kommen lokale Therapiemaßnahmen im Rahmen eines multimodalen Vorgehens in Betracht 4 bei ausgedehnter lymphonodulärer Metastasierung oder systemischer Metastasierung besteht bei fehlendem kurativem Therapieansatz die Indikation zur Androgendeprivation oder der Strategie des Watchful Waiting
Radikale retropubische Prostatektomie (RPE) 4 die RPE ist beim cT3-Prostatakarzinom mit günstigen Prognosefaktoren (cT3a, Gleason-Score ≤8, PSA <30 ng/ml) indiziert 4 die RPE wird immer mit einer ausgedehnten pelvinen Lymphadenektomie durchgeführt 4 bei 30–35% findet sich in der endgültigen Pathohistologie ein pT2-Prostatakarzinom, so dass ein präoperatives Overstaging vorlag; R1-Befunde werden immer adjuvant nachbestrahlt 4 positive Lymphknoten werden bei ≥2 positiven Lymphknoten der adjuvanten Hormontherapie über 2–3 Jahre zugeführt 4 bei 30–45% der Patienten ist mit positiven Resektionsrändern und bei 10–40% mit positiven Lymphknoten zu rechnen, so dass die Patienten über die Notwendigkeit eines multimodalen Vorgehens (RPE + Radiatio, RPE + Androgendeprivation, RPE + Radiatio + Androgendeprivation) aufgeklärt werden müssen
Perkutane Strahlentherapie 4 bei den fortgeschrittenen Prostatakarzinomen ist eine Kombination von Androgendeprivation und Strahlentherapie notwendig, um die Kurationsraten gegenüber der alleinigen Radiatio zu verbessern 4 die Hormontherapie wird 3 Monate vor Radiatio begonnen und über 2–3 Jahre nach der Radiatio fortgesetzt
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4 die perkutane Radiatio erfolgt mit einer Dosis von 76–78 Gy; die pelvinen Lymphabflussbahnen können bei unklarem Nutzen in das Strahlenfeld mit einbezogen werden
Watchful Waiting (WW) 4 beim WW erfolgt keine primäre Therapie des Prostatakarzinoms, sondern eine Behandlung wird erst eingeleitet, wenn sich durch das Prostatakarzinom oder Metastasen Symptome ergeben 4 diese Therapieoption ist für Patienten mit hohen Komorbiditäten angezeigt, die einer lokalen Therapie nicht zugeführt werden können 4 prospektiv randomisierte Studien haben für dieses Patientenkollektiv identische Gesamt- und tumorspezifische Überlebensraten dargelegt
Androgendeprivation (ADT) 4 die primäre ADT durch die Gabe von LHRH-Analoga (s.u.) ist bei für Patienten mit hohen Komorbiditäten angezeigt, die einer lokalen Therapie nicht zugeführt werden können 4 gegenüber dem WW zeigen sich ein Benefit in Bezug auf das symptomfreie Überleben und die geringere Notwendigkeit interventioneller Maßnahmen aufgrund einer Tumorprogression (TUR-P, Harnstauungsnieren, Blasentamponaden etc.) 4 es findet sich kein Vorteil in Bezug auf das Gesamtüberleben oder das tumorspezifische Überleben
PSA-Rezidiv nach lokaler Primärtherapie Rezidiv nach radikaler Prostatektomie (RPE) 4 PSA-Rezidiv per definitionem bei PSA-Werten >0,2 ng/ml und Validierung in 2 konsekutiven Messungen im Abstand von 2 Wochen 4 Differenzialdiagnose: lokales versus systemisches Rezidiv 5 Lokalrezidiv wahrscheinlich: J PSA Anstieg >3 Jahre postoperativ J Gleason–Score ≤7 J Tumorstadium ≤pT3a oder R1 J PSA-Verdopplungszeit >11–12 Monate 5 systemisches Rezidiv wahrscheinlich: 5 PSA-Anstieg innerhalb des ersten postoperativen Jahres 5 Tumorstadium pN1 oder pT3b 5 Gleason-Score 8–10 5 PSA-Verdopplungszeit <6 Monate 4 Therapie Lokalrezidiv: 5 perkutane Salvage Bestrahlung mit 66–68 Gy bei PSA-Werten ≤0,5 ng/ml unter kurativer Intention (60–75% Kuration) 4 Therapie systemisches Rezidiv: 5 Androgendeprivation (s.u.)
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Rezidiv nach Strahlentherapie 4 PSA-Rezidiv per definitionem bei PSA-Werten >2 ng/ml oberhalb des nach Strahlentherapie erzielten PSA-Nadirs (Beispiel: PSA Nadir 0,5 ng/ml → Rezidiv ab PSA 2,5 ng/ml, PSA-Nadir 1,1 ng/ml → Rezidiv ab PSA-Werten von 3,1 ng/ml) 4 Differenzialdiagnose lokales versus systemisches Rezidiv 4 Lokalrezidiv wahrscheinlich: 5 PSA vor Radiatio <10 ng/ml 5 Biopsie: Gleason-Score ≤6 5 organbgrenzter Palpationsbefund 5 PSA-Verdopplungszeit >12 Monaten 4 Therapieoptionen: 5 radikale Salvage-Prostatektomie bei lokal begrenztem Rezidiv, höhere Rate an postoperativen Komplikationen wie Inkontinenz und erektile Dysfunktion bei ausgedehnter periprostatischer Fibrose 5 Androgendeprivation (s.u.)
Metastasiertes Prostatakarzinom 4 für das metastasierte Prostatakarzinom existieren keine kurativen Therapieoptionen, Behandlung erfolgt ausschließlich palliativ 4 die Androgendeprivation durch Testosteronentzug ist die Domäne der Therapie des metastasierten Prostatakarzinom (Androgene steuern die Entwicklung, das Wachstum und die Funktion der Prostata und Prostatakarzinomzellen proliferieren testosteronabhängig) 4 Androgene entstammen zu 90% aus dem Hoden, ca. 10% aus der Nebenniere 4 Androgenentzug bedingt eine Apoptose der hormonempfindlichen Prostatakarzinomzellen innerhalb der Prostatadrüse und innerhalb von Metastasen 4 aufgrund der Koexistenz von hormonabhängigen Prostatakarzinomzellen (ca. 90%) und initial hormonunempfindlichen Prostatakarzinomzellen führt der Androgenentzug nur zu einem zeitlich limitierten Ansprechen, bevor das weitere Wachstum der Prostatakarzinomzellen testosteronunabhängig gesteuert wird
Formen der Androgendeprivation (ADT) 4 Senkung des Testosteronspiegels im Blut: 5 bilaterale subkapsuläre Orchiektomie: J Entfernung des hormonproduzierenden Hodenparenchyms und Belassen von Nebenhoden und Tunica albuginea J Testosteronabfall in den Kastrationsbereich <20 ng/dl innerhalb von 3–10 Stunden J keine Reversibilität, keine Möglichkeit der intermittierenden Androgendeprivation 5 LHRH-Analoga oder -Agonisten (medikamentöse Kastration): J subkutane Injektion mit kurzfristiger LH-Ausschüttung und Testosteronsynthese durch hypophysäre Stimulation (Flare-upPhänomen)
427 4.1 · Urologische Onkologie
J Flare-up-Phänomen kann kurzfristig zur Zunahme der Symptome führen: Knochenschmerzen, Miktionsbeschwerden, Harnverhaltung, Querschnittsymptomatik, obstruktives Nierenversagen, so dass bei ausgedehnter Tumorlast immer eine Prophylaxe mit einem Antiandrogen (s.u.) erfolgt J Downregulation der LH-Rezeptoren mit konsekutivem Testosteronabfall in den Kastrationsbereich innerhalb von 4 Wochen J Nebenwirkungen: Klimakterium virile: Hitzewallungen, Schweißausbruch, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Körpergewichtszunahme, Anämie, Osteoporose und Muskelatrophie bei langfristiger Anwendung, metabolisches Syndrom in 20–30% der Patienten, Libidoverlust und erektile Dysfunktion, kardiovaskuläre Komplikationen mit erhöhter kardiovaskulärer Mortalität 5 LHRH-Antagonisten: J sofortige Bindung an LHRH-Rezeptoren, kein Flare-up-Phänomen, rascher Testosteronabfall in den Kastrationsbereich innerhalb von 24 Stunden J identische Nebenwirkungen wie die LHRH-Analoga, keine verbesserte tumorspezifische Wirkung 4 Blockade der Androgenrezeptoren an der Zielzelle: 5 Antiandrogene (AA): J steroidale und nichtsteroidale Antiandrogene J steroidale AA binden nicht nur an den T-Rezeptor, sondern senken gleichzeitig LH- und FSH Profile und somit das Testosteron; es resultieren identische Nebenwirkungen wie unter LHRHAnaloga J nur Cyproteronacetat als Medikament in der Flare-up-Prophylaxe von Bedeutung, keine Monotherapie J nichtsteroidale AA binden nur an den T-Rezeptor, keine Beeinflussung der LH-Rezeptoren J Bicalutamid und Flutamid als Medikamente; nur Bicalutamid in einer Dosierung von 150 mg/d äquivalent zu LHRH-Analoga bei moderater Metastasierung J Nebenwirkungen: Gynäkomastie und Mastodynie in 70%, deshalb prätherapeutische Mamillenbestrahlung; Diarrhö, Lebertoxizität 5 maximale Androgenblockade (MAB): J Kombination von LHRH-Analoga/Antagonisten und Antiandrogenen J kontroverser Effekt der MAB bezüglich der onkologischen Ergebnisse, deutlich höhere Nebenwirkungen, keine Standardtherapie 5 intermittierende Androgenblockade (IAD): J periodische Behandlung des Prostatakarzinoms mit LHRH-Analoga bis zum Erreichen eines PSA-Nadir, danach Therapiepause bis zum erneuten Anstieg des PSA J rationale Reduktion der Nebenwirkungen durch kürzere Therapiezeit bei gleicher onkologischer Effektivität; Verlängerung des Zeitintervalls bis zum Auftreten eines hormonrefraktären oder kastrationsresistenten Prostatakarzinoms
4
Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
J aktuelle prospektive Studien zeigen im Vergleich zur kontinuierlichen ADT gleiche Progressions- und Überlebensraten, teilweise eine verbesserte Lebensqualität J die meisten Nebenwirkungen sind in der therapiefreien Zeit reversibel, die Kosten der Therapie deutlich geringer 5 frühe oder verzögerte Androgendeprivation: J Androgendeprivation führt nicht zur Verlängerung des Überlebens, aber zur deutlichen Zunahme an Nebenwirkungen J Zeitpunkt der ADT ist noch immer unklar J Einsatz bei systemischen Metastasen sofort zur Vermeidung von tumorbedingten Komplikationen J bei alleiniger PSA-Progression ohne Metastasennachweis nach lokaler Primärtherapie abwartende Strategie bis zu PSA-Werten von 10–20 ng/ml
Nachsorge unter Androgendeprivation 4 Kontrolle von Testosteron (Abfall in den Kastrationsbereich) und PSA erstmals nach 4 Wochen, dann alle 3 Monate 4 Kontrolle von Glukose, Triglyzeriden, Cholesterin → metabolisches Syndrom 4 kardiologische und EKG-Kontrolle 4 bildgebende Untersuchungen nur bei Symptomen, initial hoher Metastasenlast oder rascher PSA-Verdopplungszeit <6 Monaten
Hormonrefraktäres bzw. kastrationsresistentes Prostatakarzinom Definition 4 zeitlich limitiertes Ansprechen des Prostatakarzinoms auf die Androgendeprivation durch Überleben der primären hormonresistenten Zellklone, Mutation des Androgenrezeptors, Promiskuität des Androgenrezeptors mit Proliferationsstimulation durch andere Steroidhormone 4 alle hormontherapierten Prostatakarzinom werden im Mittel nach 3–4 Jahren resistent 4 folgende Kriterien müssen für die Definition erfüllt sein: 5 Testosteronkonzentration im Kastrationsbereich 5 2-maliger konsekutiver PSA-Anstieg 5 PSA-Progression trotz sekundärer Hormontherapie 5 Progression bildgebend sichtbarer Metastasen 4 Überleben abhängig vom Ausmaß der Metastasierung zwischen 9–12 Monaten (ausgedehnte, symptomatische Metastasen) bis zu 4 Jahren
Therapie 4 die Androgendeprivation mit LHRH-Analoga/-Antagonisten sollte aufrecht erhalten werden 4 Antiandrogene werden abgesetzt, da es bei 30–40% der Patienten zu einem paradoxen PSA-Abfall durch das antiandrogene Entzugssyndrom kommen kann
429 4.1 · Urologische Onkologie
4 Therapie der Wahl ist die systemische Chemotherapie mit Doxetaxel (75 mg/m2, 3-wöchentliche Intervalle, 6–10 Zyklen) in Kombination mit Prednison oder Prednisolon: 5 mittleres Überleben 19 (11–34) Monate 5 PSA-Ansprechen bei ca. 50% der Patienten 5 Schmerzreduktion bei ca. 40% der Patienten 4 Indikation zur Chemotherapie: 5 erst bei bildgebender nachgewiesener Metastasierung und/oder einer raschen PSA-Verdopplungszeit <6 Monate 5 für eine frühere Indikation (PSA-Anstieg allein) existieren keine Daten, die den frühen Einsatz der Chemotherapie für prognostisch sinnvoll halten 4 zusätzlich werden das Bisphosphonat Zoledronsäure oder der RANKLInhibitor Denosumab appliziert, um skelettale Komplikationen (Schmerzen, Frakturen, Querschnitt) zu reduzieren: 5 unter Zoledronsäure kann die Frequenz skelettal relevanter Ereignisse gegenüber Placebo um 25% reduziert werden sowie das Intervall bis zum Auftreten einer ersten SRE um die Hälfte auf 450 Tage verlängert werden 5 unter Denosumab wird die Rate von SRE gegenüber Zoledronsäure um weitere 17% reduziert
4.1.8
Hodentumoren
Definition Unter dem Begriff Hodentumoren werden zusammengefasst: 4 Keimzelltumoren (KZT): 90% 5 Seminome: 40% aller KZT 5 nichtseminomatöse KZT: 60% aller KZT 4 nichtgerminative Tumoren: 10% 5 Leydig-Zell-Tumoren: 3% aller Hodentumoren (maligne und benigne) 5 Sertoli-Zell-Tumoren: sehr selten 5 Granulosazelltumoren: sehr selten
Maligne Keimzelltumoren des Hodens (KZT) Epidemiologie 4 häufigste maligne Erkrankung junger Männer im Alter von 18–45 Jahren mit steigender Inzidenz in Deutschland: 12–14/100.000/Jahr 4 Altersgipfel: 5 NSKZT: 25–35 Jahre 5 Seminome: bei 25–35 Jahre und bei 40–50 Jahren 4 1–2% aller KZT treten synchron oder metachron bilateral auf 5 höchste Inzidenz in Skandinavien, Deutschland und Neuseeland 5 niedrigste Inzidenz bei Schwarzafrikanern und Asiaten
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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Ätiologie und Pathogenese 4 Risikofaktoren: 5 vorangegangener Hodentumor: gegenüber Normalbevölkerung 30-fach erhöhtes Risiko für kontralateralen Hodentumor 5 Maldescensus testis: 4- bis 8-fach erhöhtes relatives Risiko gegenüber der Normalbevölkerung, an einem ispilateralen Hodentumor zu erkranken; operative Korrektur eines Leistenhodens reduziert das Entartungsrisiko nicht 5 positive Familienanamnese: für Brüder eines Hodentumorpatienten besteht ein 11-faches, für Söhne eines Hodentumorpatienten ein 2-faches Erkrankungsrisiko 5 Infertilität (Inzidenz für Hodentumor: 1:200) 5 Hodenatrophie (Hodenvolumen <12 ml) 5 intersexuelle Fehlbildungen: J Risiko für TIN bei testikulärer Feminisierung: 25% J Klinefelter-Syndrom: 25–40% 5 TIN (testikuläre intraepitheliale Neoplasie, Carcinoma in situ) ist Vorläufer aller malignen Hodentumoren mit Ausnahme des spermatozytären Seminoms 5 bei Patienten mit einer TIN liegt die kumulative Wahrscheinlichkeit innerhalb von 7 Jahren einen Hodentumor zu entwickeln bei 70%
Metastasierung 4 lymphogene Metastasierung: 5 zunächst in ipsilaterale retroperitoneale Lymphknoten in Höhe des Nierenstiels 5 im weiteren Verlauf beidseits retroperitoneal und supradiaphragmal 4 hämatogene Metastasierung: 5 in der Regel erst nach Lymphknotenbefall 5 in 10% (besonders beim Chorionkarzinom) auch primär hämatogen, meistens pulmonal 5 Hirn- und Knochenfiliae sind selten, aber prognostisch sehr ungünstig
Histologische Klassifikation: WHO-Klassifikation 4 . Tabelle WHO-Klassifikation der malignen KZT von 2002 Tumoren
Anteil an allen KZT (%)
Tumoren von einem histologischen Typ Seminom Spermatozytäres Seminom 6
40,0 1,0
431 4.1 · Urologische Onkologie
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WHO-Klassifikation der malignen KZT von 2002 Tumoren
Anteil an allen KZT (%)
Embryonales Karzinom
11,0
Dottersacktumor
0,7
Chorionkarzinom
0,3
Teratom
2,2
Tumoren von mehr als einem histologischen Typ Embryonales Karzinom und Teratom
9,0
Chorionkarzinom mit anderem Tumor
8,0
Andere Tumorkombinationen
4
27,0
Pathohistologische und klinische Klassifikation 4 derzeit existieren 3 Klassifikationssysteme, die zur Prognosebeurteilung und Therapieplanung eingesetzt werden: 5 TNM-Klassifikation in der Fassung von 2009 5 die klinische Stadieneinteilung nach Lugano, die bis zum Stadium IIB sinnvoll ist (. Tabelle) 5 Klassifikation der International Germ Cell Cancer Collaborative Group (IGCCCG), die für alle metastasierten KZT gilt und für eine risikoadaptierte Therapie wichtig (. Tabelle) Klinische Klassifikation, basierend auf der TNM-Klassifikation CS I
Kein klinischer oder bildgebender Metastasennachweis
CS IS
Kein bildgebender Metastasennachweis, aber fehlender Markerabfall nach Ablatio testis
CS IIA
Retroperitoneale Lymphknoten mit einem Durchmesser <2 cm im transversalen Durchmesser
CS IIB
Retroperitoneale Lymphknoten mit einem Durchmesser von 2–5 cm im transversalen Durchmesser
CS IIC
Retroperitoneale Lymphknoten mit einem Durchmesser von >5 cm im transversalen Durchmesser
CS III
Supradiaphragmatische Lymphknotenmetastasen oder/und hämatogene Aussaat
432
Kapitel 4 · Urologie
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Prognosesystem der IGCCCG für metastasierte Hodentumoren NSGCT
Seminome
Good Prognosis Group
4
5-Jahresüberlebensrate
>90%
>90%
Lokalisation
Primärtumor in Hoden/Retroperitoneum
alle Primärlokalisationen
Fernmetastasen
keine, außer pulmonalen Filiae
keine, außer pulmonalen Filiae
Tumormarker
5 AFP <1000 ng/ml und 5 β-HCG <5000 mlE/l und 5 LDH <1,5-faches des Normwertes
5 normales AFP 5 alle β-HCG 5 alle LDH
Intermediate Prognosis Group 5-Jahresüberlebensrate
75%
75%
Lokalisation
Primärtumor in Hoden/Retroperitoneum
alle Primärlokalisationen
Fernmetastasen
keine, außer pulmonalen Filiae
nichtpulmonale Fernmetastasen
Tumormarker
5 AFP 1000–10.000 ng/ml oder 5 β-HCG 5000–50.000 mlE/l oder 5 LDH 1,5- bis 10-Faches des Normwertes
5 normales AFP 5 alle β-HCG 5 alle LDH
Poor prognosis group 5-Jahresüberlebensrate
50%
Lokalisation
mediastinaler Primärtumor
Fernmetastasen
nichtpulmonale Fernmetastasen
Tumormarker
5 AFP >10000 ng/ml oder 5 β-HCG >50000 mlE/l oder 5 LDH >10-faches des Normwertes
gibt es beim Seminom nicht
Klinik 4 Leitsymptome: 5 90–95% der Patienten präsentieren sich mit intratestikulären KZT 5 5–10% weisen einen extragonadalen, meist im Retroperitoneum gelegenen KZT auf 5 schmerzlose Größenzunahme des Hodens (70%) mit tastbarer Induration stehen im Vordergrund 5 uncharakteristische Hodenschmerzen können durch intratumorale Blutungen hervorgerufen werden, ! Cave Fehldiagnose Epididymitis
433 4.1 · Urologische Onkologie
5 Gynäkomastie (2–5%): β-HCG- oder Östrogenproduktion des Tumors 5 supraklavikuläre Metastasen (Palpation!) 5 Rückenschmerzen oder Hämoptoe durch Metastasen
Diagnostik 4 Primärtumor: 5 körperliche Untersuchung 5 Sonographie meist intratestikuläre hypoechogene Läsion mit fast 100% Sensitivität 5 explorative Freilegung: bei unklarem Befund ist die operative, inguinale Freilegung mit Schnellschnittdiagnostik obligat 4 Staging: 5 90% der Patienten präsentieren sich in frühen Tumorstadien (CS I, CS IIA, CS IIB) 5 nur 10% der Patienten in fortgeschrittenen Tumorstadien 5 CT von Thorax und Abdomen stellen die bildgebenden Verfahren der Wahl dar, die immer mit oralem und intravenösen Kontrastmittel durchzuführen sind 5 besonders auf potenziell vergrößerte Lymphknoten im primären Lymphabflussgebiet (aortorenaler Winkel) achten: 1 cm große Lymphknoten sind zu über 80% mikroskopisch metastatisch betroffen 5 falsch negative Befunde: noch immer 30% 5 falsch positive Befunden: 10–20% 4 Tumormarker: 5 die Tumormarker AFP, β-hCG und LDH müssen vor und während der Therapie bestimmt werden 5 90% aller NSGCT präsentieren sich mit einer Erhöhung eines Tumormarkers 5 AFP (α-Fetoprotein): J Halbwertszeit 5–7 Tage; Norm: bis 10 ng/ml (erhöht bei 50–70% aller Patienten mit NSGCT) J wird hauptsächlich von Dottersackanteilen des Tumors und vom embryonalen Karzinom gebildet J kommt bei Seminom nicht vor J falsch-positiv bei Leberzellschaden (Zirrhose), hepatozellulärem Karzinom, Pankreas-, Kolon-, Magentumoren 5 β-HCG (humanes Choriongonadotropin): J Halbwertszeit 1–2 Tage; Norm: <5 ng/ml (erhöht bei 40–60% aller Patienten mit NSGCT und in 30% aller Patienten mit Seminom) 5 LDH (Laktatdehydrogenase): J erhöht bei 80% aller Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren J unspezifischer Marker, dessen Konzentration proportional zur Tumormasse ist
4
Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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Therapie 4 Primärtumor: 5 Ablatio testis vom inguinalen Zugang: J Absetzen des Samenstrangs auf Höhe des inneren Leistenrings J ggf. intraoperative Schnellschnittdiagnostik 5 kontralaterale Hodenbiopsie zum Ausschluss einer TIN bei Vorliegen von Risikofaktoren: J Alter <30 Jahre J Hodenvolumen <12 ml 5 bei bilateralen synchronen oder metachronen KZT organerhaltendes Vorgehen zur Aufrechterhaltung der endogenen Testosteronsynthese 4 nichtseminomatöse KZT (NSKZT) im klinischen Stadium I: 5 Definition: bildgebend kein Metastasennachweis, alle Tumormarker im Normalbereich 5 Problem: okkulte retroperitoneale Lymphknotenmetastasierung in bis zu 30% 5 risikoadaptierte Therapie ist Standard: J aktive Surveillance J nervschonende retroperitoneale modifizierte Lymphadenektomie J systemische Chemotherapie 5 Heilungsrate: praktisch 100% unter allen 3 Therapieoptionen, die Toxizitäten der Therapie sind different 5 beste Prognosemarker: J Nachweis einer vaskulären Invasion, prozentualer Anteil embryonalen Karzinoms > 50% im Primärtumor und J Proliferationsrate nach Ki-67-Färbung: >20% 5 Low-Risk-Nichtseminome im klinischen Stadium: J Low-Risk-Patienten: keine vaskuläre Infiltration nachweisbar, Risiko der retroperitonealen Metastasierung 14–22% J Therapie der Wahl: Aktive Surveillance mit nachfolgender Salvage Chemotherapie (3-mal PEB) bei Rezidiv J 90% der Rezidive treten innerhalb der ersten beiden Jahre auf J Vorteil: keine Übertherapie für 80–86% der Patienten ohne Metastasen J Nachteil: enge Nachsorge: Tumormarker und Sonographie alle 2–3 Monate für 2 Jahre, 5-mal CT von Thorax/Abdomen/Becken innerhalb der ersten beiden Jahre J Therapiealternative: primäre Chemotherapie mit 2 Zyklen PEB (Bleomycin, Etoposid, Cisplatin) oder nervschonende retroperitoneale Lymphadenektomie (nsRPLA) J Vorteil: geringes Rezidivrisiko von 2–3% nach Chemotherapie; Identifikation des tatsächlichen pathologischen Stadium bei nsRPLA; bei adäquater RPLA Rezidivrisiko von nur 8–10% pulmonal, keine Chemotherapie bei pN0 J Nachteil: Übertherapie in 80% der Patienten, Langzeittoxizität der Chemotherapie, retrograde Ejakulation bei nsRPLA, zusätzliche
435 4.1 · Urologische Onkologie
adjuvante Chemotherapie nach nsRPLA bei Nachweis von Lymphknotenmetastasen 5 High-Risk-Nichtseminome im klinischen Stadium: J High-Risk-Patienten: vaskuläre Infiltration nachweisbar, Risiko der retroperitonealen Metastasierung 48%; bei vaskulärer Invasion und prozentualer Anteil embryonalen Karzinoms >50% besteht ein Risiko von ca. 80% J Therapie der Wahl: primäre Chemotherapie mit 2 Zyklen PEB; aktuell wird in klinischen Studien die Effektivität von 1 Zyklus PEB analysiert J Vorteil: Reduktion der Rezidivrate auf 3% J Nachteil: akute und langfristige Toxizität der Chemotherapie: Fertilitätseinschränkung, kardiovaskuläre Nebenwirkungen, metabolisches Syndrom J Therapiealternative: aktive Surveillance oder nervschonende retroperitoneale Lymphadenektomie (nsRPLA) J Vorteil: keine Übertherapie bei aktiver Surveillance bei knapp 50% der Patienten; Identifikation des tatsächlichen pathologischen Stadium bei nsRPLA; bei adäquater RPLA Rezidivrisiko von nur 8–10% pulmonal, keine Chemotherapie bei pN0 J Nachteil: späte Diagnose eines Rezidivs mit intensivierter Chemotherapie, retrograde Ejakulation bei nsRPLA, zusätzliche adjuvante Chemotherapie nach nsRPLA bei Nachweis von Lymphknotenmetastasen 4 Nichtseminomatöse KZT (NSKZT) im CS IIA/B: 5 Heilungsrate für Patienten mit NSKZT im CS IIA und IIB: 98% 5 bezüglich der Therapie sind NSKZT im klinischen Stadium IIA ohne Tumormarkererhöhung (markernegativ) von den übrigen NSKZT im klinischen Stadium IIA und IIB zu unterscheiden 5 die Therapie markernegativer NSKZT im Stadium IIA ist problematisch, da sich bei 30% der Patienten falsch positive Befunde im CT darstellen, die keiner Lymphknotenmetastasierung entsprechen 5 Therapieoptionen: J nervschonende retroperitoneale Lymphadenektomie, ggf. mit adjuvanter Chemotherapie von 2 Zyklen PEB J Surveillance mit Kontroll-CT nach 6–8 Wochen J primäre Chemotherapie mit 3 Zyklen PEB bei reinem embryonalen Karzinom J die Therapie bei markerpositiven NSKZT im Stadium IIA und NSKZT im Stadium IIB besteht in der Gabe von 3 Zyklen Chemotherapie nach dem PEB-Regime 4 Seminomatöse KZT (SKZT) im klinischen Stadium I: 5 Heilungsrate für Patienten mit Seminom KS I: annähernd 100% 5 Risiko okkulter retroperitonealer Metastasierung liegt in Abhängigkeit von der Präsenz von Prognosefaktoren zwischen 6 und 32% 5 Prognosefaktoren für die Prädiktion einer okkulten Metastasierung sind: J Tumorinfiltration in das Rete testis: Rezidivrisiko ca. 16% J Tumorgröße (≤4 cm vs. >4 cm): Rezidivrisiko ca. 16–18%
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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J beide Marker vorhanden: Rezidivrisiko ca. 32% J kein Marker vorhanden: Rezidivrisiko 6–10% 5 Low-Risk-Seminome im klinischen Stadium I: J Low-Risk-Patienten: kein Nachweis von Prognosefaktoren J Therapie der Wahl: Aktive Surveillance mit nachfolgender Salvage Chemotherapie oder Salvage Strahlentherapie eines Rezidivs J Alternativtherapie: Bestrahlungstherapie des Retroperitoneum mit 20 Gy oder 1 Zyklus Carboplatin Chemotherapie in einer Dosis AUC 7 5 High-Risk-Seminome im klinischen Stadium I: J Nachweis eines oder beider Prognosefaktoren Rete testis Infiltration und Tumorgröße >4 cm J Therapie der Wahl: Radiatio des Retroperitoneums mit 20 Gy oder 1 Zyklus Carboplatin nach AUC 7 J Alternativtherapie: Aktive Surveillance 4 Seminomatöse KZT im klinischen Stadium IIA/B: 5 seltenes Tumorstadium: nur 15–20% aller Seminompatienten 5 Gesamtüberlebensrate für Seminompatienten im KS IIA/B fast 100% 5 Therapie der Wahl im KS IIA: Radiotherapie des Retroperitoneums und der ipsilateralen iliakalen Lymphknoten mit 30 Gy 5 Therapie der Wahl im KS IIB: Radiotherapie des Retroperitoneums und der ipsilateralen iliakalen Lymphknoten mit 36 Gy 5 therapeutische Alternative: 3–4 Zyklen PEB Chemotherapie in Abhängigkeit vom IGCCCG Risikoprofil 4 Standardtherapie fortgeschritten metastasierter Keimzelltumoren: 5 das therapeutische Vorgehen orientiert sich ausschließlich an der IGCCCG-Klassifikation (s.o.) und der damit verbundenen Prognosebeurteilung 5 die Therapie sollte nur an Zentren mit entsprechender Therapieerfahrung erfolgen 5 Therapie bei »good prognosis«: J Heilungsrate: 80–95% J Standardtherapie: induktive Chemotherapie mit 3 Zyklen PEB J bei Kontraindikationen gegen Bleomycin (z.B. Lungenerkrankungen) Behandlung mit 4 Zyklen Cisplatin/Etoposid J 6 Wochen nach Ende der Chemotherapie Verlaufs-CT zur Beurteilung der Metastasen und Festlegung der Indikation zu einer Residualtumorresektion 5 Therapie bei »intermediate prognosis«: J Heilungsrate: 80% J Standardtherapie: induktive Chemotherapie mit 4 Zyklen PEB 5 Therapie bei »poor prognosis«: J Heilungsrate: 40–50% J Standardtherapie: induktive Chemotherapie mit 4 Zyklen PEB oder 4 Zyklen PEI (Cisplatin, Etoposid, Ifosfamid) bei Kontraindikationen gegen Bleomycin (pulmonale Vorerkrankung, Alter >50 Jahre)
437 4.1 · Urologische Onkologie
J die primäre Hochdosischemotherapie ist außerhalb klinischer Studien nicht indiziert J ca. 10% aller Patienten mit fortgeschrittenen Hodentumoren (1–2% aller Hodentumorpatienten) weisen Hirnmetastasen auf, die ebenfalls mit 4 Zyklen PEB/PEI und ggfs. einer Ganzhirnbestrahlung oder stereotaktischen Bestrahlung therapiert werden 5 Kontrolluntersuchungen während der Chemotherapie: J Tumormarkerkontrolle vor jedem Zyklus der Therapie; bei Markeranstieg ggf. Umstellung des zytotoxischen Behandlungsregimes J CT Thorax/Abdomen bei fehlendem Abfall der Tumormarker unter Therapie J abschließendes CT ca. 6 Wochen nach Ende der Chemotherapie J FDG-PET/CT ca. 8 Wochen nach Beendigung der Chemotherapie fortgeschrittener Seminome: der Nachweis einer Aktivität korreliert eng mit der Präsenz aktiver Karzinomherde; der fehlende Nachweis von Aktivitätsanreicherungen weist eine hohe Prädiktion therapeutischer Remissionen auf
Residualtumorresektion 4 nichtseminomatöser Keimzelltumoren nach Chemotherapie: 5 operative Resektion von Residualtumoren bei allen Befunden mit einer Größe >1 cm 4 bei Seminomen: 5 kann bei Residuen <3 cm auf jegliche weitere Maßnahme verzichtet werden 5 bei Residuen >3 cm ist ein FDG-PET/CT anzufertigen und abhängig von der Darstellung möglicher Aktivitätsherde und deren Lokalisation die Indikation zur Bestrahlung oder Resektion der Befunde zu stellen 5 rational für dieses Vorgehen ist der Nachweis von: J noch vitalen Tumorzellen bei 10–15% der Patienten und J maturem Teratom bei 30–40% der Patienten 5 beide Befunde können weder mit einem CT, MRT oder einem PET/ CT voneinander differenziert werden 5 Voraussetzung für die Operationsindikation ist die Normalisierung der Tumormarker 5 eine Residualtumorresektion im Markeranstieg ist in der Regel kontraindiziert
Therapieoptionen des Rezidivs nach Erstlinientherapie 4 die Behandlung des Hodentumorrezidivs nach systemischer Erstlinientherapie bedarf einer besonderen Erfahrung (möglichst in entsprechenden Zentren) 4 ähnlich der Erstlinientherapie basiert die Therapieempfehlung auf Prognosefaktoren: 5 Histologie des Primärtumors (Seminom versus Nichtseminom) 5 Art der Vortherapie
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Eigene Notizen
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
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5 Ansprechen auf die Erstlinientherapie 5 Dauer des progressionsfreien Intervalls 5 Konzentrationen der Tumormarker 4 Seminome: 5 Rezidiv nach Strahlentherapie: J Standardtherapie: Salvage Chemotherapie mit 3-mal PEB J >90% Heilungsrate 5 Rezidiv nach 3–4 Zyklen PEB: J Salvage Chemotherapie mit 4-mal TIP (Paclitaxel, Ifosfamid, Cisplatin) oder VeIP (Vinblastin, Etposid, Cisplatin) J Langzeitremission bei bis zu 50% der Patienten 4 Nichtseminome: 5 Rezidiv nach primärer nsRPLA: J 3 Zyklen PEB 5 Rezidiv nach Chemotherapie: J 4-mal PEI (Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid), TIP (Paclitaxel, Ifosfamid, Cisplatin) oder VeIP (Vinblastin, Etposid, Cisplatin) J Langzeitremission bei bis zu 15–60% der Patienten 4 Hochdosischemotherapie: 5 Patienten mit schlechter Prognose (. Tabelle) Prognosefaktoren für therapierefraktäre Hodentumoren oder Hodentumorrezidiven Gute Prognose
Schlechte Prognose
Histologie
Seminom
NSGCT
Lokalisation des Primärtumors
gonadal
extragonadal
Ansprechen auf First-Line-Therapie
CR oder markernegative PR
markerpositive PR, SD, PD
Progressionsfreies Intervall
>6 Monate nach Abschluss der letzten Therapie
<6 Monate nach Abschluss der letzten Therapie
Metastasenlokalisation vor der Salvage-Therapie
nur Lymphknoten oder pulmonaler Befall, keine extrapulmonalen Organmetastasen
extrapulmonale Organmetastasen
Markerniveau vor Salvage-Therapie
niedrig (AFP <1000ng/ml, β-HCG <5000 mIE/ml)
hoch (AFP >1000ng/ml), β-HCG >5000 mIE/ml)
CR: »complete remission«, PR: »partial remission«, SD: »stable disease«, PD: »progressive disease«
Nachsorge maligner KZT 4 Zielsetzungen: 5 frühzeitige Diagnose von neu auftretenden Metastasen und 5 Einleitung einer kurativen Therapie 4 die meisten Rezidive treten innerhalb der ersten 2 Jahre nach Therapie auf, so dass in diesem Zeitintervall engmaschige Untersuchungen indiziert sind
439 4.1 · Urologische Onkologie
4 Wahrscheinlichkeit von Rezidiven abhängig von Histologie und initialem Tumorstadium: 5 Seminom: J im klinischen Stadium I nach adjuvanter Therapie: 2–4% J im klinischen Stadium IIA/B nach Radiotherapie: 5–10% J im fortgeschrittenen Stadium 10–15% 5 Nichtseminom: J im klinischen Stadium I nach adjuvanter Therapie: 2–10% J im klinischen Stadium IIA/B: ca. 10–15% J im fortgeschrittenen Stadium in Abhängigkeit von der IGCCCGKlassifikation: 15–50% 4 Die Nachsorgeuntersuchungen umschließen: 5 Kontrolle der 3 Tumormarker AFP, β-hCG und LDH 5 sonographische Kontrolle des kontralateralen Hodens 5 CT von Thorax und Abdomen in der Regel in 3-moantlichen Intervallen während der ersten beiden posttherapeutischen Jahre; danach können die Intervalle ausgedehnt werden
4.1.9
Hodentumoren des Stromas
Leydig-Zell-Tumoren Epidemiologie 4 1–3% aller Hodentumoren bei Erwachsenen 4 3% der Hodentumoren bei Kindern 4 Altersgipfel: 3–9 Jahre und 3. bis 6. Dekade (gleiche Inzidenz in allen Dekaden) 4 in 3% bilaterales Auftreten
Ätiologie und Pathogenese 4 fast immer benigne 4 10% aller Leydig-Zell-Tumoren sind potenziell maligne: 5 Größe >5 cm 5 hohe mitotische Aktivität 5 Gefäßinvasion 5 Ausdehnung über das Hodenparenchym hinaus 4 keine Assoziation mit einer TIN 4 ein Drittel mit pathologischen endokrinologischen Befunden (Erhöhung von Testosteron, Östrogen oder Kortikosteroiden)
Klinik 4 schmerzlose Hodenvergrößerung oder inzidenteller Ultraschallbefund im Rahmen der Fertilitätsabklärung 4 gelegentlich Gynäkomastie, im Kindesalter Pubertas praecox 4 in 80% hormonelle Veränderungen: 5 Östrogen- oder Östradiolerhöhung 5 Testosteronerniedrigung 5 LH-, FSH-Erhöhung
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Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Diagnostik 4 körperliche Untersuchung 4 Sonographie mit 7,5-MHz-Schallkopf: 5 Nachweis einer intratestikulären hypoechogenen Läsion, gelegentlich multilokulär
Therapie
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4 Primärtumors: 5 Tumorenukleation ist die Therapie der Wahl bei ein- oder beidseitigem Befall des Hodens 5 intraoperative Schnellschnittdiagnostik zum Ausschluss eines Keimzelltumors obligat 5 bei Malignitätskriterien (s.o.) ist die nervschonende RLA durchzuführen 5 es existiert keine kurative Systemtherapie des metastasierten Leydig-Zell-Tumors, die Prognose ist sehr ungünstig 5 Therapieversuch mit Mitotane oder Metastasenresektion
Sertoli-Zell-Tumoren Epidemiologie 4 0,4–1% aller Hodentumoren 4 Altersgipfel: um 45 Jahre 4 nach dem histologischen Bild und dem Alter des Patienten werden unterschieden: 5 klassischer Sertoli-Zell-Tumor (C-SCT) 5 großzelliger kalzifizierender Sertoli-Zell-Tumor (LCC-SCT) J early-onset LCC-SCT: Auftreten im mittleren Alter von 17 Jahren, häufig kombiniert mit hereditären dysplastischen Syndromen, z.B. Carney-Syndrom (kardiale oder kutane Myxome, endokrin aktive Tumoren der Hypophyse, Nebennieren- oder Hoden, Pigmentierung der bukkalen Schleimhaut oder der Gesichtshaut) J late-onset LCC-SCT: Auftreten im mittleren Alter von 39 Jahren 5 sklerosierender Sertoli-Zell-Tumor (S-SCT)
Pathologie 4 die meisten Tumoren sind benigne 4 nur sehr selten maligne Befunde: 5 Größe >5 cm 5 hoher mitotischer Index 5 Gefäßinvasion 5 Nekrose
Therapie 4 Primärtumor: 5 Tumorenukleation als Therapie der Wahl und nach Ausschluss eines Keimzelltumors 5 keine Therapieoptionen bei metastasiertem Befund
441 4.2 · Kinderurologie
Kinderurologie
4.2
D. Rohrmann 4.2.1
Nierenanomalien
Nierenagenesie Bilaterale Form 4 mit dem Leben nicht vereinbar 4 Inzidenz 1:4800 4 typisches Potter-Syndrom des Feten: 5 Gesichts- und Extremitätenfehlbildungen 5 Oligo-/Anhydramnion 5 Lungenhypoplasie
Unilaterale Form 4 Inzidenz: 1:1000 4 fehlende Klinik 4 Zufallsbefund (antenatales Screening)
Nierenhypoplasie Pathogenese 4 4 4 4
uni- oder bilateral möglich kleine normal aufgebaute Niere unilateral keine Klinik bilateral im Laufe des Lebens Niereninsuffizienz möglich
Differenzialdiagnose 4 erworbene (entzündlich, vaskulär) Schrumpfniere
Doppelnierenanlage Inzidenz 4 1:100
Ätiologie 4 Ureterknospe entsteht aus dem Wolff-Gang: 5 Ureter fissus: Knospe teilt sich, 1 Ureterostium in der Blase 5 Ureter duplex: 2 Knospen, 2 getrennte Ostien 5 Meyer-Weigert-Regel: Bei Ureter duplex mündet der Harnleiter der oberen Anlage kaudal und medial, der Harnleiter der unteren Anlage kranial und lateral
Lage- und Fusionsanomalien Lageanomalien 4 Nierendystopie/-ektopie: 5 abnorme Lage, meist Beckenniere aufgrund fehlender Aszension 5 fast immer symptomlos
4
Eigene Notizen
442
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4 Rotationsanomalien: 5 fehlende oder inkomplette Rotation mit Fehlausrichtung des Nierenbeckenkelchsystems 5 isoliert fast immer symptomlos
Fusionsanomalien Hufeisenniere
4
4 4 4 4 4
Inzidenz 1: 400 meist Fusion der Unterpole große Variabilität der Blutversorgung Nierenbeckenkelcherweiterung häufig selten Brückendurchtrennung nötig
Kuchenniere 4 komplette Fusion beider Nieren 4 meist asymptomatisch
Zystische Nierenerkrankungen Klassifikation 4 die durch Potter etablierte Klassifikation der zystischen Nierenerkrankungen ist auf den ersten Blick verwirrend, sie beinhaltet folgende Formen: 5 Potter I: autosomal-rezessiv: J Niereninsuffizienz beim Kind 5 Potter III: autosomal-dominant: J Niereninsuffizienz im Alter 5 Potter IIa: multizystisch-dysplastische Niere J wenn unilateral symptomlos 5 Potter IIb: hypoplastisch-dysplastische Niere J Niereninsuffizienz möglich 4 besonders die Bezeichnung der multizystisch-dysplastischen Niere (MCDK) als Potter IIa führt im täglichen Alltag zu Verwirrung 5 als unilaterale Fehlbildung wird sie sehr häufig schon antenatal diagnostiziert und mit anderen Potter-Nieren verwechselt 5 Im Gegensatz zu diesen ist jedoch die Fehlbildung harmlos, das nichtfunktionierende Organ verkümmert meist im Laufe des ersten Lebensjahres und die Gegenniere ist kompensatorisch vergrößert 5 der Begriff »Zystenniere« ist in diesem Zusammenhang falsch, da die Fehlbildung einseitig ist, von einer Erblichkeit ist keine Rede
Nierenbeckenabgangsstenose Definition 4 Stenose des ureteropelvinen Übergangs mit der Folge eines Nierenfunktionsverlustes
Inzidenz 4 1:2000 4 Mädchen : Jungen = 1:2
443 4.2 · Kinderurologie
Einteilung 4 intrinsisch (inkomplette Kanalisierung) 4 extrinsisch (kreuzendes Gefäß, hoher Abgang)
Klinik 4 antenatal festgestellte Dilatation des Nierenbeckenkelchsystems (Zufallsbefund) 4 ! Cave Nicht jede Dilatation entspricht einer Obstruktion, spontane Maturation ist in vielen Fällen möglich 4 Harnwegsinfekte 4 rezidivierende kolikartige Oberbauch- und Flankenschmerzen (älter Kinder) 4 selten Nierensteinbildung
Diagnostik 4 intrauteriner Schall: 5 ab der 12.–15. SSW sind schwere Formen erkennbar 5 bei gutem Fruchtwasser lediglich beobachten 4 postpartal: 5 Sonographie am 3.–4. Lebenstag (außer bei bilateralen Formen oder Einzelniere) 4 Verlaufsuntersuchung engmaschig 4 Nierenfunktionsszintigraphie mit Furosemid (MAG 3) in der 5.–6. Lebenswoche Standard 4 in einigen Fällen Refluxausschluss (MCU)
Therapie 4 ! Cave Nicht jede Dilatation ist eine Obstruktion 4 in den ersten Lebensmonaten zunächst abwartende Haltung bei seitengleicher Nierenfunktion (>35% Anteil an der Gesamtfunktion) 4 Verlaufsuntersuchungen individuell je nach Schwere des Befundes 4 Operation bei deutlicher Verschlechterung des Sonographiebefundes oder Abnahme des relativen Funktionsanteiles: 5 häufigste Form der operativen Korrektur: Nierenbeckenplastik nach Anderson-Hynes J Operation auch schon bei kleinen Säuglingen möglich J Erfolgsrate der Operation: 96–99%
4.2.2
Harnleiteranomalien
Megaureter Definition 4 ein prävesikal oder im gesamten Harnleiterverlauf deutlich dilatierter Ureter (>6 mm)
4
Eigene Notizen
444
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
Ätiologie 4 verschiedene Ursachen: 5 vesikorenaler Reflux 5 ektope Mündung 5 Ureterozele 5 distal enges Harnleitersegment 4 die meisten Fälle (>70%) lassen sich auf keinen dieser Zustände zurückführen und maturieren in den ersten Lebensjahren 4 nach längeren Verlaufsbeobachtungen kann die Maturation bis zu 7 Jahren dauern
Klinik 4 in den meisten Fällen sonographischer Zufallsbefund im Rahmen des intrauterinen oder postnatalen Ultraschalles 4 fieberhafte Harnwegsinfekte 4 Urosepsis besonders im Säuglingsalter 4 ältere Kinder: 5 Koliken 5 Urolithiasis 5 Hämaturie 5 Harnwegsinfekte
Diagnostik 4 Sonographie 4 Miktionszystourethrogramm zum Ausschluss eines vesikorenalen Refluxes 4 Nierenfunktionsszintigraphie (MAG 3) mit Furosemid 4 Kernspinurographie besonders bei V.a. ektope Mündung
Therapie 4 konservativ: in fast allen Fällen 4 bei eindeutig erkennbarer anatomischer Fehlbildung (Ureterozele, Harnleiterektopie, siehe dort) ist ein sofortiges oder späteres operatives Vorgehen unvermeidlich 4 bei vesikorenalem Reflux in jedem Falle antibiotische Prophylaxe, sonst auch im 1. Lebensjahr empfohlen 4 operativ: evtl. bei 5 deutlicher Zunahme der Dilatation 5 Abnahme der Nierenfunktion 5 fieberhaften Harnwegsinfekten
Sekundärer Megaureter Ätiologie 4 kann auf dem Boden anatomischer oder infravesikaler Obstruktionen entstehen: 5 Harnröhrenklappe, siehe 7 Abschn. 4.2.3 5 Meatusstenose, siehe 7 Abschn. 4.2.3 5 neurogene Blasenfunktionsstörungen, siehe 7 Abschn. 4.4.2
445 4.2 · Kinderurologie
Harnleiterektopie Definition 4 Harnleiter mündet tiefer als normal
Ätiologie 4 entsteht durch zu hoch sprossende Ureterknospe
Inzidenz 4 1:10000, m:w= 1:6
Pathogenese 4 in 80% der Fälle Doppelniere, Ureter der oberen Anlage betroffen (Meyer-Weigert) 4 zugehöriger Nierenanteil meist hypodysplastisch 4 Lokalisation der Mündung: 5 Mädchen: J Blasenhals (obstruktiv) J Harnröhre, Vagina, Introitus (inkontinent) 5 Jungen: J Blasenhals, hinter Harnröhre, Epididymis J Samenblasen, Ductus deferens (obstruktiv)
Klinik 4 Harnwegsinfekte 4 bei Jungen rezidivierende Epididymitis bei Ektopie ins innere Genitale 4 bei Mädchen Harninkontinenz, ständiger Urinverlust tags und nachts, vaginaler Ausfluss
Diagnostik 4 4 4 4
Sonographie Hydronephrose mit Megaureter Kernspinurographie evtl. MCU (bei Mündung in Blasenhals u.U. Reflux und Obstruktion) Nierenfunktionsszintigraphie zur Evaluation der Nierenfunktion bes. bei Doppelniere
Therapie 4 operativ 4 Harnleiterneueinpflanzung 4 je nach Funktion auch Heminephroureterektomie der oberen Anlage
Ureterozele Definition 4 zystisch erweiterter distaler Harnleiter 4 20% intravesikal, 80% ektop (Blasenhals) 4 ektope Ureterozele meist mit Ureter duplex, zur oberen Anlage gehörig (Meyer-Weigert)
4
Eigene Notizen
446
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Inzidenz 4 1:5000 4 m:w = 1: 5 4 10% bilateral
Klinik
4
4 4 4 4
Zufallsbefund in antenataler Sonographie oder postnatalem Screening Harnwegsinfekte Harnverhalt bei Prolaps in den Blasenhals bei Mädchen: Prolaps durch die Harnröhre
Diagnostik 4 Sonographie: 5 Darstellung der Zele als »Blase in der Blase« 5 Megaureter 5 Dilatation des zugehörigen Nierenanteils, aber auch der anderen Nierenanlagen 4 MCU: Aussparungsfigur in der kontrastmittelgefüllten Harnblase, u.U. Reflux in andere Nierenanlagen (Unterpol der zugehörigen Doppelniere, Gegenniere) 4 Kernspinurogramm 4 Nierenfunktionsprüfung zur Darstellung besonders der zugehörigen oberen Anlage
Therapie 4 als Notfallmaßnahme bei Infekt oder zur primären Dekompression: 5 endoskopische Punktion der Ureterozele 5 bei einigen Fällen auch gleichzeitig definitive Therapie 4 komplexe Rekonstruktion mit ca. 18 Monaten: 5 Ureterozelenexzision und Rekonstruktion des Trigonums 5 Harnleiterneueinpflanzung 4 von einigen Behandlern bevorzugt bei schlechter Funktion der oberen Nierenanlage: 5 Heminephroureterektomie, dies löst das Problem der Trigonalinsuffizienz nicht 5 Dauerinfektionsprophylaxe bis zur definitiven operativen Sanierung
Vesikoureterorenaler Reflux (VUR) Definition 4 unphysiologisches Zurückfließen von Urin aus der Blase in die Nieren
Ätiologie 4 insuffizienter Verschlussmechanismus der ureterovesikalen Verbindung 4 Einteilung in 5 Grade (International Reflux Study Group, Heikel-Parkkulainen)
447 4.2 · Kinderurologie
Inzidenz 4 4 4 4
1:100 1. Lebensjahr: m:w = 1,7:1 später: m: w = 4:1 spontanes Sistieren des Refluxes (Maturation) ist umso wahrscheinlicher je jünger das Kind ist und abhängig vom Refluxgrad
Klinik 4 4 4 4
Harnwegsinfekt, bei älteren Kindern typischerweise mit Fieber Flankenschmerzen Miktionsbeschwerden bei Säuglingen und Kleinkindern unspezifisch (Gedeihstörung, Bauchschmerzen, Erbrechen) 4 Folgen rezidivierender Harnwegsinfekte: fortschreitender Nierenfunktionsverlust 4 Nierenschädigung besteht teilweise schon konnatal (primäre Dysplasie) 4 Endstadium: Refluxnephropathie
Diagnostik 4 Sonographie, u.U. Dopplersonographie zur besseren Darstellung von Parenchymnarben 4 Miktionszystourethrographie (MCU): 5 immer bei Säuglingen nach 1. Pyelonephritis 5 erlaubt die Gradierung des Refluxes und Ausschluss sekundärer Ursachen (z.B. Harnröhrenklappen, Meatusstenose) 4 Nierenszintigraphie (DMSA): 5 seitengetrennte Funktion 5 Nierennarben 5 Fortschreiten der Narbenbildung 5 bei älteren Kindern besteht die primäre Abklärung in der Evaluation des Miktionsverhaltens (Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination) 4 Urethrozystoskopie: als alleinige diagnostische Maßnahme nicht sinnvoll, wohl aber eine Behandlung in gleicher Sitzung vorgeschaltet (vgl. endoskopische Therapie)
Therapie 4 konservativ: beruht auf der Wahrscheinlichkeit spontaner Maturation unter dem Schutz einer antibiotischen Prophylaxe (Trimethoprim, Nitrofurantoin, Cephalosporin) 4 bei älteren Kindern: Miktions- und Stuhlregulierung 4 operativ: Indikationen . Tabelle 4 OP-Techniken: 5 endoskopische Unterspritzung mit »bulking agent« 5 laparoskopisch (wenige Zentren) 5 offen operativ (zahlreiche Techniken) 5 Belastung bei endoskopischer Unterspritzung gering, Erfolgsrate je nach Refluxgrad 75–90%, bei offener Operation 96–99%
4
Eigene Notizen
448
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Alters- und stadienabhängige Therapieempfehlung der EAU Alter
Stadium
<1 Jahr 1–5 Jahre
Therapieempfehlung konservativ
Grad I–III Grad IV–V
> 5 Jahre
4
konservativ operativ Jungen: Operation nur selten indiziert Mädchen: operativ (hohes Risiko für HWI, insbesondere während der Schwangerschaft
Altersunabhängig Febrile Durchbruchsinfekte unter antibiotischer Prophylaxe
Operation nach dem 6. Monat
Zusätzliche Malformationen (Doppelniere, Hutch-Divertikel, ektope Uretermündung)
Operation nach dem 6. Monat
4.2.3
Harnröhrenanomalien
Harnröhrenklappen Definition 4 unphysiologische obstruierende Segel in der hinteren Harnröhre bei Jungen
Inzidenz 4 1:8000 Jungen
Pathogenese 4 Auslassobstruktion in der frühen Embryonalphase führt zu massiver Schädigung des nachgeschalteten Harntrakts 4 Blasen- und Nierenfunktionsstörung 4 chronische Niereninsuffizienz 30–40% 4 terminale NI tritt meist kurz vor der Pubertät ein
Klinik 4 antenatale Sonographie: beidseitige Hydronephrose, ständig volle, dickwandige Blase 4 u.U. Oligohydramnion 4 falls nicht antenatal festgestellt zunehmende Gedeihstörung, Harnwegsinfekte, ausladendes Abdomen bei ständig gefüllter Blase, Entwicklung eines Nierenversagens
Diagnostik 4 tastbare Harnblase 4 Labor: 5 Elektrolytverschiebung 5 Kreatininerhöhung
449 4.2 · Kinderurologie
4 Sonographie: 5 Blasenwandverdickung 5 Megaureteren 5 Hydronephrosen, u.U. Nierendysplasie 4 MCU: 5 typische Erweiterung der hinteren Harnröhre 5 nur geringer Kontrastmittelübertritt in die vordere Harnröhre 5 Blase mit Pseudodivertikeln
Therapie 4 antenatal: u.U. Ableitung der Blase über einen suprapubischen Katheter 4 ggf. frühzeitige Entbindung (! Cave Lungenreifung) 4 postpartal möglichst frühzeitige Klappeninzision 4 ggf. passagere suprapubische Ableitung 4 falls nach Klappeninzision keine Erholung eintritt: 5 semikontinente Vesikostomie 5 passagere perkutane Nephrostomie 5 in Einzelfällen auch Ureterokutaneostomie für überschaubaren Zeitraum 4 frühe Refunktionalisierung der Blase ist elementar
Hypospadie Definition 4 unvollständiger Verschluss der Harnröhrenplatte mit ventral dystopem Meatus 4 zusätzlich unverschlossene dorsale Vorhautschürze, ventral offene Glans 4 u.U. Penisschaftkrümmung nach ventral, meistens durch zu kurze Schafthaut ventral bedingt, seltener auch intrinsische Verkürzung der ventralen Schwellkörper 4 sehr weit proximale Formen mit beidseits oder einseits nicht deszendierten Hoden können auf Geschlechtsdifferenzierungsanomalie (z.B. Adrenogenitales Syndrom) hinweisen
Inzidenz 4 1:250 Jungen
Klinik 4 typisches Aussehen: 5 dystoper Meatus 5 Vorhautschürze 5 offene Glans 4 ausgeprägte Formen: 5 gleichen zunehmend dem weiblichen Genitale (Pseudohermaphroditismus masculinus)
4
Eigene Notizen
450
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
Diagnostik 4 Sonographie des Harntrakts: bei ausgeprägten Formen zum Ausschluss einer Nierenfehlbildung 4 selten MCU: zur Diagnose eines Utriculus (Rest der Müller-Gänge) in der hinteren Harnröhre 4 bei nicht palpablen beidseitigen Hoden sollte idealerweise direkt postpartal eine Kerngeschlechtsbestimmung erfolgt sein (! Cave Besonders adrenogenitales Syndrom)
Therapie 4 eine Vielzahl von Operationen wurde beschrieben 4 Im Vordergrund steht eine Rekonstruktion mit Erhalt der Urethralplatte unter Verwendung von lokaler unbehaarter Vorhaut, die mittels gestielter Lappenplastiken zum Einsatz kommt 4 Transfer von nicht perfundiertem Gewebe (z.B. Mundschleimhaut) nur bei Rezidiven
4.2.4
Epispadie-Exstrophie-Komplex
Definition 4 zu dieser Fehlbildungsgruppe gehören: 5 Epispadie 5 Blasenexstrophie 5 kloakale Exstrophie
Ätiologie 4 Entwicklungsstörung der vorderen Bauchwand 4 tritt sehr früh in der Entwicklung auf 4 resultiert in einer Spaltbildung des unteren Harntrakts und des äußeren Genitale
Blasenexstrophie Inzidenz 4 1:30000 4 m:w = 2:1
Klinik 4 4 4 4 4 4
Blasenplatte liegt offen und geht direkt in die Haut über Ureteren münden in die Blasenplatte und sind refluxiv Nabelschnur am oberen Rand der Blasenplatte und damit zu tief Symphysenschenkel stehen auseinander Rektusmuskulatur gespalten Jungen: 5 Penis epispad 5 Vorhaut ventral offen 5 Harnröhrenrinne dorsal
451 4.2 · Kinderurologie
4 Mädchen: 5 gespaltene Klitoris 5 kurze kleine Labien 5 Introitus weiter vorn als normal
Therapie 4 primärer Blasenhalsverschluss früh nach der Geburt, u.U. mit Beckenkammosteotomie zur Erleichterung des Bauchdeckenverschlusses 4 nach 2 bis 5 Jahren Blasenhalsrekonstruktion, Harnleiterneueinpflanzung und Epispadiekorrektur 4 häufig sind zum Erreichen der Kontinenz mehrere weitere Eingriffe erforderlich 4 u.U. muss der Patient auch seine Blase über ein kontinentes Stoma mittels Einmalkatheterismus entleeren 4 manchmal ist auch eine andere Form von Harnableitung z.B. die Anlage einer Ersatzblase (sog. Pouch) notwendig
Epispadie Inzidenz 4 1:150.000 4 bei Mädchen sehr selten
Klinik 4 der Penis ist deformiert, die Harnröhrenplatte liegt ventral, die Schwellkörper dorsal 4 es besteht eine Penisverkrümmung nach ventral 4 es kann nur die Glans penis gespalten sein (E. glandis), die Harnröhre kann im penilen Anteil gespalten und hinten geschlossen sein (E. penilis) oder die Öffnung befindet sich Unterhalb des Os pubis (E. pubis) 4 etwa 1/3 der Kinder sind kontinent (meist E. glandis)
4.2.5
Äußeres Genitale
Phimose Definition 4 Verengung der Vorhaut, so dass eine Exposition der Glans penis nicht möglich ist
Klinik 4 bei Neugeborenen und Säuglingen physiologisch 4 Zurückziehen sollte zwischen 4. und 5. Lebensjahr möglich sein
Therapie 4 falls Zurückziehen zwischen 4. und 5. Lebensjahr nicht möglich ist, Applikation von Hydrocortisonsalbe 0,5% einmal täglich über 4 Wochen 4 Zirkumzision falls persistierende Phimose ab 6. Lebensjahr 4 in jedem Falle bei Miktionsstörungen und (selten) rezidivierenden schweren Entzündungen
4
Eigene Notizen
452
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4 sparsame oder radikale Beschneidung möglich 4 keine einfache Zirkumzision bei Hypospadie oder Penisschaftkrümmung
Maldescensus testis Definition
4
4 Hoden kann überall entlang seines natürlich Deszensusweges, aber auch ektop liegen: 5 präskrotal 5 inguinal 5 abdominal 5 superfaszial 5 femoral 5 perineal
Inzidenz 4 4 4 4
3% aller reifen Neugeborenen beidseitig: bei 1,6% Frühgeborene: 10% 1% aller Jungen am Ende des 1. Lebensjahres
Ätiologie 4 vermutlich endokrinologisch verursachte Entwicklungsstörung
Klinik 4 Hoden ist nicht im Skrotalfach tastbar 4 Pendelhoden: 5 auf Kremasterreflex zurückzuführen 5 kein pathologischer Befund, aber in einigen Fällen spätere Aszension (Kontrolle!) 4 nichttastbare Hoden: 6% der Fälle 4 beidseitig nicht tastbare Hoden machen einen HCG-Test erforderlich, bei negativem Ergebnis ist von einer Anorchie auszugehen
Diagnostik 4 Untersuchung mit warmen Händen möglichst im entspannten Sitzen (Schneidersitz), bei Säuglingen im Liegen 4 bildgebende Verfahren sind nur selten genauer als die Hand des erfahrenen Untersuchers, evtl. bei adipösen Jungen 4 bei nicht palpablen Hoden Laparoskopie mit gleichzeitiger OP-Bereitschaft
Therapie 4 definitive Behandlung sollte bis zum Ende des 1. Lebensjahres abgeschlossen sein 4 Spontandeszensus meist bis zum Ende des 3. Lebensmonates 4 erste Reifungsphase der Spermatogonien 4.–6. Lebensmonat 4 bei sehr hohen Hoden daher früher Therapiebeginn
453 4.2 · Kinderurologie
4 nach dem 6. Lebensmonat: GnRH-Nasenspray 4 wenn erfolglos Operation: 5 Mobilisation von Hoden und Samenstrang 5 Ablösen des (offenen) Processus vaginalis peritonei 4 u.U. Applikation des Fowler-Stephens-Manövers: 5 Durchtrennung der Hauptgefäße 5 Belassen des Peritoneums 5 Versorgung über A. ductus deferentis 4 bei nicht palpablem Hoden: Laparoskopie mit gleichzeitiger Operation
Processus vaginalis persistens Definition 4 Processus vaginalis: Ausstülpung des parietalen Peritoneums, entsteht während des Descensus des Hodens
Ätiologie 4 Verbindung verschließt sich in der Regel zum Ende der Schwangerschaft, verzögerter Verschluss bis zum Ende des 2. Lebensjahres 4 Folge: verschiedene Formen der Hydrozele: 5 Leistenhernie 5 Hydrocele funiculi spermatici 5 Hydrocele testis, Skrotalhernie 5 Hydrocele communicans testis
Therapie 4 operative Therapie von einer Leisteninzision aus am Ende des 2. Lebensjahres 4 frühere operative Therapie u.U. bei sehr großen Hydrozelen 4 operative Therapie immer bei Leistenhernie oder Skrotalhernie
Hodentorsion Definition 4 axiale Drehung des Hodens um den Samenstrang
Ätiologie 4 konnatale Formen möglich, keine Rettung des Hodens möglich 4 späterer Altersgipfel um die Pubertät herum und bei jungen Männern
Klinik 4 4 4 4
akut einsetzender, heftiger Schmerz Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufkollaps tritt oft aus dem Schlaf heraus auf Hoden steht hoch, schmerzhafte Palpation, Schmerz strahlt in den Samenstrang aus
Diagnostik 4 allen voran Anamnese und klinische Untersuchung 4 Dopplersonographie: verminderte Durchblutung. ! Cave Zeitverlust, falsch negative Befunde 4 im Zweifelsfall sofortige Freilegung
4
Eigene Notizen
454
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Therapie 4 Freilegung innerhalb von 4–6 Stunden 4 Pexie auch des Gegenhodens
Hydatidentorsion Definition
4
4 Stieldrehung der Morgagni-Hydatide (Rest der Müller-Gänge) 4 am häufigsten Schulkinder
Klinik 4 ähnlich starke Beschwerden bereiten wie eine Hodentorsion
Therapie 4 Analgesie 4 Antiphlogistika 4 im Zweifelsfall Hodenfreilegung mit Abtragung der Hydatide
Orchidoepidiymitis Definition 4 meist aufsteigende (über Harnröhre und Samenleiter), selten hämatogene Entzündung von Hoden und Nebenhoden
Klinik 4 schmerzhafte Schwellung und Rötung des Skrotums 4 kann ähnliche Beschwerden wie Hodentorsion und Hydatidentorsion machen 4 Entzündungszeichen in Blut und Urin nicht immer vorhanden
Therapie 4 Antibiose 4 Hochlagern 4 Kühlung 4.2.6
Urologische Tumoren
Nephroblastom (Wilms-Tumor) Inzidenz 4 8–10:1.000.000 pro Jahr 4 Altersgipfel: 3.–5. Lebensjahr
Ätiologie 4 entsteht aus primitiven metanephrogenen Stammzellen
Klinik 4 großer palpabler Tumor 4 Bauchschmerzen 4 Gedeihstörung
455 4.2 · Kinderurologie
Diagnostik 4 Sonographie 4 CT 4 MRT
Therapie 4 National Wilms Tumor Study Group (NWTS, USA): primär Operation 4 Internationale Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie (SIOP): primär Chemotherapie, danach Operation 4 je nach Ausprägung auch noch Radiatio
Metastasierung 4 in die retroperitonealen Lymphknoten 4 Lunge 4 Leber
Prognose 4 Heilungsrate durch Chemotherapie deutlich gebessert 4 Langzeitüberleben etwa 85%
Neuroblastom Inzidenz 4 9:1.000.000 pro Jahr 4 Altersgipfel 21. Lebensmonat 4 75% vor dem 4. Lebensjahr
Ätiologie 4 leitet sich vom sympathischen Nervensystem ab und kann entlang des Grenzstranges an jeder beliebigen Lokalisation auftreten 5 adrenal: 50% 5 retroperitoneal: 28% 5 intrathorakal:13% 5 zervikal: 5% 5 multifokal: 1% 5 unbekannte Primärlokalisation: 3%
Klinik 4 4 4 4
palpabler Tumor Fieber Bauchschmerzen Gewichtsverlust
Diagnostik 4 4 4 4 4
Sonographie CT MRT Knochenmarkbiopsie MIBG-Szintigraphie
4
Eigene Notizen
456
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Therapie 4 radikale Tumorresektion 4 Chemotherapie in Abhängigkeit von Histologie im Stadium I 4 alle anderen Stadien immer mit Chemotherapie
Metastasierung
4
4 4 4 4 4
retroperitoneale Lymphknoten Skelett Knochenmark seltener Leber, Lunge, Gehirn zum Zeitpunkt der Diagnose 70% metastasiert
Prognose 4 abhängig von Stadium und Lokalisation 5 Stadium I: 90–100% 5 Stadium IV: 10–24%, Kinder unterhalb eines Jahres günstiger
Urogenitales Rhabdomyosarkom Ätiologie 4 4 4 4
entsteht aus embryonalen Mesenchymzellen 15–20% aller Rhabdomyosarkome Altersgipfel: 2.–4. Lebensjahr sowie 15.–19. Lebensjahr Lokalisation: 5 Blase 5 Prostata 5 paratestikulär 5 Vagina
Klinik 4 4 4 4
Dysurie Hämaturie schmerzlose Skrotalschwellung bei paratestikulärem RMS Vaginalausfluss bei Vaginalbefall
Diagnostik 4 4 4 4 4
Biopsie Sonographie CT MRT Endoskopie
Therapie 4 multimodal mit operativer Resektion: 5 Chemotherapie und Radiatio bei paratestikulärem RMS 5 radikale inguinale Orchidektomie 5 retroperitoneale Lymphknotenentfernung
457 4.2 · Kinderurologie
Metastasierung 4 lymphogen und hämatogen (Lunge, Knochen, Knochenmark, Leber, Gehirn) 4 hämatogene Metastasen bei 20% der Kinder zum Zeitpunkt der Diagnose 4 lymphogene Metastasierung 25–33%
Prognose 4 je nach Stadium insgesamt 60% Heilungsrate
Hodentumoren Ätiologie 4 65% Keimzelltumoren 4 35% interstitielle Tumoren 4 Altersgipfel: 2.–4. Lebensjahr und 15.–19. Lebensjahr
Klinik 4 schmerzlose Hodenvergrößerung 4 harte Konsistenz 4 Aggressivität bei Kindern geringer als bei Erwachsenen
Diagnostik 4 Tumormarker 4 Sonographie 4 CT: Thorax und Abdomen
Therapie 4 Keimzelltumoren: 5 inguinale Orchidektomie 5 organerhaltend bei maturem Teratom 5 bei Metastasen (selten) Chemotherapie 5 retroperitoneale Lymphadenektomie 4 Leydig-Zell-Tumoren: 5 inguinale Orchidektomie
Prognose 4 Heilungsraten: 99%
4.2.7
Blasenentleerungsstörungen
Kindliche Harninkontinenz Definition 4 unwillkürlicher Urinverlust beim Kind, Symptomatik tags und nachts 4 kann mit Funktionsstörung der Darmentleerung einhergehen (DES: Dysfunctional elimination syndrome)
4
Eigene Notizen
458
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
Ätiologie 4 idiopathische Dranginkontinenz aufgrund kleinkapazitärer Blase 4 Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination: fehlerhafte Relaxation des Sphinkterapparates während der Miktion 4 Miktionsaufschub (lazy bladder) 4 selten anatomische Ursachen (Meatusstenose, residuelle Harnröhrenklappe) 4 wichtig bei Mädchen: ektop mündender Ureter
Diagnostik 4 4 4 4 4 4 4 4
Anamnese Miktions- und Trinkprotokoll (Wichtig! Mindestens 3 Tage) körperliche Untersuchung, auch perineal Urinstatus Sonographie Uroflow/Elektromyographie des Beckenbodens Restharnbestimmung Urodynamik mit Miktionszystourographie und Urethrozystoskopie in Ausnahmefällen nötig
Therapie 4 Urotherapie (Regulierung von Fehlverhalten, sowohl der Blase wie des Darmes) 4 bei kleiner Blase Anticholinergika 4 bei Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination oder »lazy bladder« auch Alpha-Rezeptorenblocker 4 Beseitigung anatomischer Ursachen
Differenzialdiagnose 4 neurogenen Blase (s.u.)
Monosymptomatische Enuresis nocturna Definition 4 persistierendes nächtliches Einnässen, primär (80%) von Geburt an, sekundär (20%) nach einer mindestens 6-monatigen Trockenheit 4 1% über das 18. Lebensjahr hinaus
Pathogenese 4 unklar 4 familiäre Häufung 4 oft auf kleinkapazitäre Blase und/oder falsches Trinkverhalten zurückzuführen
Therapie 4 nach Ausschluss sonstiger Ursachen wie falschem Trinkverhalten und/ oder kleinkapazitärer Harnblase 5 Gabe von antidiuretischem Hormon (DDAVP) 5 Einsatz von Alarmsystemen
459 4.3 · Andrologie
Neurogene Blase Definition 4 unterschiedlich ausgeprägte Blasen- und Darmentleerungsstörung 4 Störungen der Urinspeicherung (kleinkapazitäre/hypertone Blase) oder der Urinentleerung (Restharn, Harninkontinenz)
Ätiologie 4 im Kindesalter nahezu ausschließlich verursacht durch Spina bifida, also unvollständigen Verschluss des Neuralrohres 4 unterschiedliche Lokalisationen, 80% Meningomyelozele lumbosakral
Inzidenz 4 0,2% der Neugeborenen
Therapie 4 kann unbehandelt zu Harnstauung, vesikorenalem Reflux und Niereninsuffizienz führen 4 in Abhängigkeit der regelmäßig durchgeführten Urodynamik: 5 medikamentöse Senkung des Blasentonus 5 intermittierender Katheterismus 5 später Botoxinjektion oder komplexe operative Eingriffe 5 gleichzeitige Regulierung der Darmfunktion
4.3
Andrologie D. Pfister
4.3.1
Erektile Dysfunktion
Definition 4 peristierende Unfähigkeit eine Erektion zu erhalten oder aufrecht zu erhalten, die Geschlechtsverkehr ermöglicht 4 benigne Erkrankung mit wesentlicher psychischer Belastung und Beeinflussung der Lebensqualität
Epidemiologie 4 Prävalenz analog der Cologne Study bei 30–70-jährigen Männern knapp 20% 4 Zusammenhang mit dem Alter: 2,3% der 30-jährigen Männer versus 53% der 70-jährigen Männer
Risikofaktoren 4 wie bei kardiovaskulären Erkrankungen: 5 Bewegungsmangel 5 Übergewicht 5 Hypercholesterinämie
4
Eigene Notizen
460
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
5 Rauchen 5 Metabolisches Syndrom 4 durch körperliche Betätigung kann das Risiko einer erektilen Dysfunktion in der Gruppe der 40-jährigen Männer um 70% gesenkt werden
Diagnostik
4
4 Anamnese ist ein entscheidender Bestandteil 4 Allgemeinanamnese 5 Ätiologie: vaskulär, neurogen, hormonell, anatomisch, medikamenteninduziert, psychogen 5 Pathophysiologie: J vaskulär: kardiovaskuläre Erkrankung, Hypertonie, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Nikotinabusus, Beckenchirurgie (radikale Prostatektomie), Bestrahlung J neurogen J zentral: Multiple Sklerose, multiple Atrophie, Morbus Parkinson, Tumore, ischämischer Insult, Bandscheibenprolaps J peripher: Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Urämie, Polyneuropathie, Beckenchirurgie J hormonell: Hypogonadismus, Hyperprolaktinämie, Hyper- und Hypothyreoidismus, Morbus Cushing J anatomisch: Induratio penis plastica, Penisfraktur, Penisdeviation, Mikropenis, Hypospadie/Epispadie J medikamenteninduziert: Antihypertensiva (diuretics and betablockers are the most common causes), Antidepressants, Psychopharmaka, Antiandrogene, Antihistaminika, Drogen (Heroin, Kokain, Methadon) J psychogen 4 Sexualanamnese: Verifizierung über IIEF (International Index of Erectile Function) mit Erektion, Orgasmus, Zufriedenheit, Libido und Ejakulation) 5 frühere Partnerschaften 5 Grad der Erektion (E1–E5) 5 morgendliche Erektion 5 Libido 5 Masturbation 4 körperliche Untersuchung: 5 äußeres Genitale 5 sekundäre Geschlechtsmerkmale 5 Blutdruck 5 Puls 5 digitorektale Untersuchung bei allen Patienten >50 Jahre 5 neurologische Untersuchung 5 neurologischer Status (Kremasterreflex, Bulbokavernosusreflex und Analreflex) 4 Laboruntersuchung: 5 Nüchternblutzucker 5 Blutfette
461 4.3 · Andrologie
5 Gesamttestosteron (morgens) 5 TSH, PSA 5 bei erniedrigtem Testosteron: Prolaktin, LH und FSH 4 orale Pharmakontestung nach dem Princeton Consensus Meeting 2000 zur kardialen Risiko-Stratifizierung und erektile Dysfunktion Niedriges Risiko
Mittleres Risiko
Hohes Risiko
<3 Risikofaktoren für KHK Asymptomatisch gut eingestellter Hypertonus Stabile Angina pectoris (Klasse 1) Erfolgreiche Revaskularisation der Koronarien Milde Herzklappenfehler NYHA I
>/= 3 Risikofaktoren für KHK stabile Angina pectoris (Klasse 2–3) Myokardinfarkt >2 Wochen und <6 Wochen NYHA II pAVK oder zerebrale Vorerkrankungen
instabile oder refraktäre Angina pectoris unkontrollierte Hypertonie NYHA III–IV Myokardinfarkt <2 Wochen Hochrisikoarrhythmien hypertrophe Kardiomyopathie mäßig bis ausgeprägte Herzklappenfehler
Behandlung der ED möglich Reevaluation alle 6 Monate
Reevaluation dann Einteilung niedriges oder hohes Risiko
keine sexuelle Aktivität und keine Therapie der ED empfohlen
4 weitere invasive Diagnostik nur nach Ausschluss einer psychogenen und oder individuellen Ätiologie 4 Schwellkörperinjektion (SKIT): 5 intrakavernöse Applikation von Prostaglandinen, mit niedrigster Dosierung beginnen bis geschlechtsverkehrfähige Erektion oder max. Dosis erreicht, verschiedene Substanzen können kombiniert werden 5 nur eine Injektion pro Tag 5 bei ausreichender Rigidität bei niedriger Konzentration weitestgehender Ausschluss einer vaskulären Genese 4 Dopplersonographie: 5 direkt nach SKIT während der Tumeszenz 5 Linearschallkopf mit 5–50 MHz 5 Beurteilung der penilen arteriellen Versorgung J Normwert nach 5 μg Alprostadil: A. penis profunda 28 ± 4 cm/s oder 50 cm/s in der Summe beider A. penis profunda 4 invasive Diagnostik: 5 selten erforderlich, präoperativ 4 Pharmakophalloarteriographie: 5 bei vaskulärer Genese und auffälligem dopplersonographischem Befund zur präoperativen Stratifizierung 4 Pharmakokavernosographie-, metrie: 5 Darstellung des venösen Abflusses bei V.a. venookklusiven Dysfunktion 5 Punktion der Corpora cavernosa mit Gabe von Prostaglandinen 5 Infusion von NaCl bis zum Erreichen einer suffizienten Erektion 5 normaler Flow zur Aufrechterhaltung einer Erektion 5–22 ml/min
4
Eigene Notizen
462
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
Therapie 4 Sexualtherapie 4 somatische Therapie: 5 Phosphodiesterase-V-Inhibitoren, PDV-Inhibitoren (SildenafilViagra, Vardenafil-Levitra, Tadalafil-Cialis) J unterschiedliche Wirkungsdauer: Tadalafil bis 36 h J Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Flush, Rhinitis, Priapismus 4 Testosteronsubstitution bei primären Hypogonadismus (6% der ED Patienten): 5 Gabe: oral, transkutan, intramuskulär 4 intraurethrale Therapie: 5 Alprostadil-Muse J vasodilatatierende Wirkung J Nebenwirkungen: penile oder urethrale Schmerzen, Kopfschmerzen, Priapismus, Harnröhrenstriktur 4 Schwellkörperautoinjektionstherapie (SKAT): 5 Second-Line-Therapie bei frustraner oraler Therapie 5 Nebenwirkungen: Priapismus, kavernöse Fibrose, Penisdeviation, Infektion 4 Vakuumerektionshilfe 5 Penispumpe nach entsprechender Unterweisung der Patienten 5 Nebenwirkung: lokale Irritationen 4 chirurgische Intervention: 5 Penisprothese 5 Nebenwirkung: max. Invasivität mit irreversibler Zerstörung der Corpora cavernosa 5 Komplikationen: Infektion, Funktionsverlust eines oder mehrerer Prothesenkompartimente
4.3.2
Ejakulationsstörungen
Ejakulatio praecox Definition 4 Ejakulation vor während oder kurz nach Penetration mit entsprechendem Leidensdruck des Patienten 4 Ejakulation vor Befriedigung der Partnerin in 50% der koitalen Kontakte
Epidemiologie 4 häufigste Sexualstörung beim Mann mit einer Inzidenz von 22%
Ätiologie 4 4 4 4
ausgelöst durch psychologische Faktoren Hypersensitivität der Glans in Kombination mit ED gehäuft bei: Diabetes mellitus, Drogenabusus, Schilddrüsenfunktionsstörungen
463 4.3 · Andrologie
Diagnostik 4 Sexualanamnese 4 allgemeine Urologische Untersuchung mit digitorektaler Untersuchung 4 Urinstatus 4 Sonographie
Therapie 4 keine Standardtherapie 4 Sexualtherapie: Entspannungsübungen 4 topische Therapie: lokale Applikation von anästhesierenden Substanzen 4 medikamentöse Therapie (keine Zulassung der Präparate zur Therapie der vorzeitigen Ejakulation) 4 PD-V-Inhibitoren 4 selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (Erfolgsrate bis 80% bei Nebenwirkungsrate bis 40%) 4 Antidepressiva (nichtselektive Wiederaufnahmehemmer von Serotonin und Noradrenalin) 4 operative Therapie: 5 Durchtrennung des N. dorsalis penis (Indikation kritisch anzusehen)
Retrograde Ejakulation/Anejakulation Definition 4 bei retrograder Ejakulation sind Spermatozoen nach Masturbation im Urin nachweisbar
Ätiologie 4 Diabetes mellitus 4 Trauma 4 postoperativ (TUR-P, kleine Beckenoperationen, retroperitoneale Lymphadenektomien), angeborene Anomalien (Blasenekstrophie) 4 medikamentös (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer, trizyklische Antidepressiva, α-Blocker, Antihypertensiva)
Diagnostik 4 4 4 4 4
Anamnese (OP, endokrine Störung, Trauma, Medikamente) körperliche Untersuchung transrektaler Ultraschall Urinuntersuchung nach Masturbation Bildgebung bei unauffälligen Untersuchungen (CT/MRT des Beckens und Abdomens)
Therapie 4 Absetzen von potenziellen Medikamente soweit möglich 4 retrograde Ejakulation: 5 α-mimetische Substanzen zur Tonisierung des Blasenhalses 5 bei Kinderwunsch Aufarbeitung des postmasturbatorisch gewonnenen Urins mit Spermienasservierung und assistierte Reproduktion
4
Eigene Notizen
464
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 Anejakulation: 5 transrektale Elektrostimulation oder penile Vibrationsstimulation 4 operative Maßnahmen: bei selektierten Patienten (z.B. Utrikuluszyste)
4.3.3
Infertilität
Definition 4 Unfähigkeit bei einem sexuell aktiven Paar innerhalb eines Jahres eine Schwangerschaft zu induzieren (WHO)
Epidemiologie 4 15% der Paare sind nach WHO-Kriterien infertil 4 in 50% der Fälle männliche Infertilität in Kombination mit schlechter Samenqualität, kann durch Fertilität des Partners kompensiert werden
Ätiologie Idiopathische Infertilität
31%
Maldescensus testis
7,8%
Urogenitale Infektionen
8,0%
Ejakulationsstörungen
5,9%
Systemische Erkrankungen
3,1%
Varikozele
15,6%
Hypogonadismus
8,9%
Immunologische Faktoren
4,5%
Obtruktionen
1,7%
Andere Anomalien
5,5%
4 prognostische Faktoren: 5 Dauer der Infertilität 5 primäre oder sekundäre Infertilität 5 Ergebnisse der Samenanalyse 5 Alter und Fertilitätsstatus des Partners 4 Spermiogramm: 5 andrologische Vorstellung bei zumindest 2 auffälligen Spermiogrammen und/oder Laborparametern (LH, FSH, Testosteron und Prolaktin)
465 4.3 · Andrologie
Parameter
Unterer Referenzbereich
Ejakulatvolumen in ml
1,5 (1,2–1,7)
Absolute Spermienanzahl (106 pro Ejakulat)
39 (33–46)
Spermienkonzentration (106 pro ml)
15 (12–16)
Progressive Motilität (PR %)
32 (31–34)
Vital (lebende Spermien)
58 (55–63)
Spermienmorphologie (in %)
4 (3–4)
Andere Variablen pH
>7,2
Peroxidase pos. Leukozyten (106 pro ml)
<1,0
MAR-Test (konjugierte motile Spermien)
<50%
Immuntest (motile Spermien an Antikörper gebunden)
<50%
Zink (μmol/Ejakulat)
>2,4
Fruktose (μmol/Ejakulat)
>13
Glukosidase mU/Ejakulat)
>20
4 4 4 4
Oligozoospermie: <15 Millionen Spermien/ml Asthenozoospermie: <32% motile Spermien Teratozoospermie: <4% normale Form Oligoasthenoteratozoospermie (OAT-Syndrom): alle 3 in Kombination
4.3.4
Primärer Hypogonadismus (hypergonadotroper Hypogonadismus)
Definition 4 testikulärer Insuffizienz der endokrinen Synthese verbunden mit schwerem OAT-Syndrom oder Azoospermie
Ätiologie 4 kongenital (Anorchie, Kryptorchismus, genetische Anomalien, z.B. Klinefelter-Syndrom) 4 erworben (Trauma, Hodentorsion, Orchitis, exogene Noxen, systemische Erkrankungen, Varikozele, Chirurgie mit Affektion der vaskulären Versorgung der Hoden) 4 idiopathisch
Diagnostik 4 körperliche Untersuchung 4 Labor und Spermiogramm 4 Hodenbiopsie zur Diagnostik und möglichen assistierten Reproduktion
4
Eigene Notizen
466
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Therapie 4 je nach Restfunktion des Hodens assistierte Reproduktion möglich
4.3.5
4
Sekundärer Hypogonadismus (hypogonadotroper Hypogonadismus)
Ätiologie 4 hypophysäre hypothalamische Störung
Therapie 4 Substitution von Gonadotropin
4.3.6
Genetische Störungen
Chromosomale Anomalien Ätiologie 4 3–10% als Ursache einer Infertilität mit Chromosomenaberation 4 häufigste Störung Klinefelter-Syndrom (47,XXY oder Mosaike)
Kallmann-Syndrom Definition 4 X-chromosomal gebundener Defekt mit hypogonadotropem Hypogonadismus und Ansomie
Ätiologie 4 angeborene Fehlbildungen der Samenleiter: 5 kongenitale bilaterale (zystische Fibrose)/unilaterale Aplasie der Vasa deferentia
Klinik 4 Azoospermie oder schwere Oligoasthenoteratozoospermie (häufig mit Mikrodeletionen des langen Arms des Y-Chromosoms)
Therapie 4 assistierte Reproduktion: 5 mikrochirurgische Spermienaspiration aus dem Nebenhoden (MESA): mikrochirurgische Freilegung der Nebenhodenkanälchen und Aspiration von Spermien 5 testikuläre Spermienextraktion (TESE): atraumatische Entnahme von Gewebestücken aus dem Hoden 4 intrauterine Insemination: 5 aufgearbeitete Spermien werden in das Cavum uteri nach entsprechender hormoneller Vorbereitung eingebracht: J homologe und heterologe Insemination
467 4.4 · Funktionsstörungen des unteren Harntrakts
4 In-vitro-Fertilisierung: 5 Gewinnung von Eizellen nach hormonell stimulierten Zyklen und Koinkubation der Eizelle mit motilen Spermien extrakorporal 4 intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI): 5 Injektion eines Spermatozoen in eine Ovozyte
4.4
Funktionsstörungen des unteren Harntrakts R. Kirschner-Hermanns
4.4.1
Speicherstörungen der Blase
Instabile oder kleinkapazitäre Blase Definition 4 Syndrom der überaktiven Blase (ÜAB) mit oder ohne Urinverlust – häufig im Alter und bei neurogenen Blasenfunktionsstörungen, z.B. bei Diabetes mellitus, Morbus Parkinson, Multipler Sklerose, nach Apoplex und diversen Demenzformen
Insuffizienter Blasenverschluss Definition 4 Insuffizienz des urethralen Schließmuskels, z.B. bei Männern nach radikaler Prostatektomie 4 Beckenbodeninsuffizienz, Deszensus der Blase und/oder Harnröhre insbesondere bei Frauen 4 extraurethrale Inkontinenz bei dystop angelegten Harnleitern oder Epispadie (angeboren) oder bei Fisteln
4.4.2
Blasenentleerungsstörungen
Definition und Ätiologie 4 atone Blase, Detrusorhypotonie 5 bei neurogenen Blasenfunktionsstörungen, aber auch im Alter, bei Diabetes mellitus etc. 5 Überlaufinkontinenz 4 infravesikale Obstruktion 5 funktionell bei Detrusor/Sphinkterdyssynergie bei neurogenen Blasenfunktionsstörungen 5 organisch bei einer benignen Prostatahyperplasie bei Männern und seltener bei Frauen bei ausgeprägtem Prolaps
Klinik 4 Belastungsinkontinenz: Urinverlust bei körperlicher Bewegung, beim Husten, Niesen und Lachen 4 Pollakisurie (häufiges Wasserlassen: definiert als mehr als 8 Miktionen am Tag bei einer Trinkmenge von 1,5–2 Litern)
4
Eigene Notizen
468
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 Drangsymptomatik: überfallartiger, nicht oder nur schwer unterdrückbarer Harndrang 4 Nykturie: nächtliches Wasserlassen, >2-mal: überaktives Blasensyndrom (ÜAB) ohne oder mit Urinverlust (Dranginkontinenz) 4 neurogene Blasenstörung bei zentraler oder peripherer Nervenläsion Blasenspeicher- und Entleerungsstörungen möglich 4 ständiger Urinverlust ohne Sensorik: extraurethrale Inkontinenz
Diagnostik 4 einfache Diagnostik: 5 Anamnese: einschließlich Erfassung von Komorbidität, Trink- und Miktionsverhalten, Medikamentenanamnese 5 körperliche Untersuchung: J bei Frauen: rektovaginale Untersuchung (u.a. Identifizierung verschiedener Formen eines Prolapses: Zystozele, Enterozele, Rektozele, Gebärmuttervorfall) J beim Mann: rektale Untersuchung (Erkennen einer Prostatavergrößerung BPE, bei V.a. Prostatakarzinom oder Prostatitis weitere Diagnostik) 5 Ultraschall der Blase (RH), ggf. Nieren und Prostata 5 Vorlagenwiegetest (Padtest) 5 freier Uroflow: J sensitive aber wenig spezifische Screeningmethode: nichtinvasive Bestimmung der Harnflussrate während der Miktion (Menge pro Zeiteinheit gemessen in ml/s) 5 grob neurologische Abklärung (Sensorik, Auslösbarkeit von Sphinkter- und Bulbus cavernosus Reflex) 4 weiterführende Diagnostik: 5 (Video-)Urodynamik (Blasendruckmessung): kontinuierliche Füllung der Blase mit physiologischer, möglichst auf Körpertemperatur angewärmter, NaCl-Lösung über einen doppellumigen Blasenkatheter; dabei Messung des Blasendruckes über einen Kanal des Katheters sowie zeitgleiche Messung des abdominalen Druckes über einen rektal eingelegten Messkatheter, vesikaler und rektaler Druck werden gemessen; der Detrusordruck ist ein errechneter Druck aus der Differenz von vesikalem und rektalem Druck: pDet = pAbd - pVes 5 Zystometrie: Beurteilung der Speicherfunktion der Harnblase und der Funktion der Detrusormuskeln (insbesondere Beurteilung von Detrusorüberaktivitäten, Blasenkapazität, Compliance und Einschätzung der Blasensensorik) 5 Druckflussmessung: Beurteilung und Quantifizierung einer infravesikalen Obstruktion durch Evaluation des Detrusordrucks bei maximalem Flow (verschiedene Nomogramme für Männer mit BPH) 5 Urethradruckprofilmessung: Beurteilung der Kompetenz der Harnröhre ( in seiner Aussagekraft umstritten)
469 4.4 · Funktionsstörungen des unteren Harntrakts
5 Miktionszystourethrogramm: radiologische Darstellung der Blase und der Harnröhre während der Miktion: J Darstellung der Blasenkonfiguration (z.B. neurogene Konfiguration) J grobe Beurteilung der Blasenwand (Trabekulierung, Divertikel) J insbesondere bei Detrusor-/Sphinkter-urethrae-externumDyssynergie, Beurteilung der hinteren Harnröhre J Beurteilung der Öffnung des Blasenhalses J Detektion eines Refluxes J Identifizierung von Blasen-/Darm- oder Blasen-/Scheidenfisteln 5 bei Männern transurethraler Ultraschall: J Größenbestimmung J Beurteilung der Echogenität (Prostatasteine, Zysten, Abszess, V.a. Malignität) J Beurteilung der Samenblasen 5 bei Frauen perinealer oder intravaginaler Ultraschall: J Identifikation von Zystozele, Enterozele und Rektozele J Beurteilung der Mobilität der Harnröhre J Pathologie der Urethra: Urethraldivertikel, paraurethrale Zyste (Skene-Drüse) J gynäkologische Begleitpathologie an Uterus und Parametrien 5 retrogrades Urethrozystogramm (z.B. Identifizierung von Harnröhrenstrikturen beim Mann) 5 Doppelballonurethrogramm (Identifizierung von Harnröhrendivertikeln bei der Frau) 5 Zystoskopie: J Ausschluss von Blasentumor, Blasenstein, Fisteln, in die Blase infiltrierende Tumore, Zystitiden (z.B. Blutungsneigung bei Dehnung und/oder Hunner-Ulzera bei interstitieller Zystitis) J Beurteilung der Ureterostien (bei Verdacht auf Reflux, Ureterdoppelanlage)
Therapie 4 Belastungsinkontinenz: 5 konservativ: J Beckenbodentraining J Biofeedback zur besseren Wahrnehmung der Beckenbodenmuskulatur J Duloxitin (Serotonin-Reuptake-Hemmer) 5 operativ: J suburethral eingelegte Schlingen (tension free vaginal tape: TVT, falls transobturatorisch eingelegt: TVT-O bei Frauen, oder verschiedene Formen der suburethralen Schlingen bei Männern mit Belastungsinkontinenz) J bei nicht feststehendem Vaginalstumpf Sakrovaginopexie, ggf. mit Einlage einer suburethralen Schlinge; bei Prolaps diesen korrigierende Operation mit oder ohne alloplastischem Material J Blasenhalssuspension (wird heute seltener durchgeführt)
4
Eigene Notizen
470
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
J Unterspritzung des externen urethralen Sphinkters bei intrinsischer Sphinkterschwäche (in seiner Wirksamkeit umstritten) J Implantation eines künstlichen Schließmuskels, häufiger beim Mann nach radikaler Prostatektomie und/oder Zystektomie 4 ÜAB (Dranginkontinenz): 5 konservativ: J Miktions- und Blasentraining, bei dementen Patienten Miktion nach Aufforderung J pharmakologisch: insbesondere antimuskarinerg wirkende Medikamente J Umstellung der Lebensweise (Anpassung von Trinkmenge, Umgebungsmodifikation, Medikamentenumstellung etc.) J infravesikale Medikamentengabe in ausgesuchten Fällen (Oxybutenin, Hyaluronsäure, etc.) J Botolinumtoxin-A-Injektion (Off-Label-Therapie) J Elektrostimulationstherapie (vaginale oder rektale Elektrostimulation, Magnetstimulationstherapie, TENS, tibiale Elektrostimulation) 5 operativ: J invasive Elektostimulationstherapie (Implantation einer Sakromodulationssonde) J Blasenaugmentation mit Darm als ultimo ratio bei Patienten mit ausgeprägtem Befund, hohem Leidensdruck und längerer Lebenserwartung 4 neurogene Inkontinenz: siehe 7 Abschn. 4.4.5 4 extraurethrale Inkontinenz: 5 operativ: in Abhängigkeit von der Ursache: J Neuimplantation des Harnleiters oder J Fistelverschluss je nach Größe und Lage über einen transvaginalen oder abdominalen Zugang
4.4.3
Symptome einer benignen Prostatahyperplasie (BPS)
Klinik 4 Symptome des unteren Harntrakts beim Mann: 5 erschwerte Miktionseinleitung 5 Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung 5 abgeschwächter Harnstrahl 5 überfallartiger Harndrang 5 Pollakisurie (häufiger Harndrang) 5 Nykturie (häufiges nächtliches Wasserlassen)
Diagnostik 4 Anamnese 4 IPSS-Score 4 digitale rektale Tastung
471 4.4 · Funktionsstörungen des unteren Harntrakts
4 Restharnbestimmung (Ultraschall) 4 transrektaler Ultraschall (TRUS) zur Größenbestimmung, Beurteilung der Echogenität 4 urodynamische Messung als Zystometrie und Druck-/Flussmessung zur Quantifizierung der infravesikalen Obstruktion und Identifikation von Begleitpathologien z.B. ÜAB, Detrusorhypotonie, Complianceverlust 4 PSA zum Ausschluss eines Prostatakarzinoms 4 Miktionszystourethrogramm zur Identifizierung der Blasenkonfiguration (angehobener Blasenboden bei Vergrößerung der Prostata, Trabekulierung der Blasenwand, Divertikel (Windkesselfunktion) und Reflux
Therapie 4 konservativ: 5 Alpha-Rezeptorenblocker (wirken durch Relaxation der glatten Muskulatur des Prostatastromas und des Blasenhalses) 5 5-Alpha-Reduktasehemmer (die Hemmung der Umwandlung von Testosteron zum intraprostatisch aktivem Dehydrotestosteron führt bei größerer Prostata ca. ab 40 ml zur Größenreduktion, Wirkung nach ca. 3–6 Monaten) 5 Phytotherapeutika, z.B. Kürbissamenpräparate, Brennesselwurzelextrakte, Sägepalmenextrakte, Roggenpollenextrakte und Beta-Sitosterinextrakte (antiphlogistische und antikongestive Wirkung, wobei der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit bis heute nicht erbracht werden konnte) 4 operativ: 5 transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P): Geweberesektion mittels Hochfrequenzstrom mit Hilfe einer U-förmigen Schlingenelektrode; es werden die obstruierenden Anteile bis zur peripheren Kapsel durch die Urethra schrittweise »abgehobelt«, neuerdings als koagulierendes, intermittierendes Schneiden oder als Dry-Cut-Technik mit geringem Blutverlust (Komplikation: TUR-Syndrom durch Einschwemmung von Spülflüssigkeit in eröffnete venöse Gefäße: hypotone Hypervolämie, Hyponatriämie bis hin zum Lungenödem, deswegen heute zumeist Anwendung von Niedrigdrucktechnik) 5 alternative Resektionsverfahren: J transurethrale Laservaporisation mit dem KTP-Green-LightLaser oder anderen speziellen Lasergeräten J transurethrale Elektrovaporisation J transurethrale Mikrowellenthermotherapie J transurethrale Nadelablation der Prostata mit Radiofrequenzenergie 5 bei sehr kleiner Prostata kann ggf. statt einer Resektion eine transurethrale Inzision des Blasenhalses sinnvoll sein 5 offene Prostataadenomektomie: meist als Operation nach Millin als suprapubische transvesikale Enukleation bei deutlich vergrößerter Drüse durchgeführt 5 palliativ als Alternative zum Dauerkatheter Einlage eines intraprostatischen Metall- oder Kunststoffstents
4
Eigene Notizen
472
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4.4.4
Inkontinenz im Alter
Epidemiologie
4
4 die Deutsche Kontinenz Gesellschaft schätzt die Anzahl der Betroffenen in Deutschland auf 6–7 Millionen 5 Dranginkontinenz (ÜAB) ist die häufigste Inkontinenzform im Alter: J >60 Jahre: 11% J >80-Jährigen: nahezu 30% 4 hohe Bedeutung für Lebensqualität (z.B. Depression, Stürze, Hautkomplikationen, soziale Isolierung, Krankenhauseinweisungen, Pflegeheimaufnahmen und höhere Mortalität)
Pathophysiologie 4 im Alter: 5 nimmt die Blasenkapazität ab 5 die Kontraktilität des Detrusors nimmt ab und die Restharnmengen nehmen zu 5 bei Frauen nehmen der Harnröhrenverschlussdruck und die Harnröhrenlänge ab 5 wird die Hauptflüssigkeitsmenge in der Nacht ausgeschieden 5 sind ein bis zwei Episoden von Nykturie bei leichterem Schlaf normal 4 folgende Faktoren beeinflussen insbesondere im Alter Harninkontinenz: 5 verschiedene Medikamente J anticholinerge Medikamente (Detrusorhypotonie) J Alpha-Blocker (Verminderung des Harnröhrenwiderstandes) J Antiepileptika (Verwirrung, Ataxie) J Antihypertonika (Müdigkeit/Einschränkung der Mobilität) J Antiarrhythmika (Disopyramide) Tachykardie J Schleifendiuretika (Steigerung der Drangsymptomatik) J Schlaf-/Beruhigungsmittel (Reduktion der Vigilanz) J Narkosemedikamente, Spinalanästhesie (Detrusorhypotonie) J ACE-Hemmer (Induzieren Husten) J Alkohol, Koffein (fördern Diurese und steigern Drangsymptomatik) 5 Harnwegsinfekte 5 lokale Faktoren des unteren Genitale insbesondere bei Frauen 5 Polyurie 5 eingeschränkte Mobilität 5 Obstipation 5 zentralnervöse Störungen 5 Verwirrung 5 psychische Erkrankungen 5 Komorbidität, insbesondere Diabetes mellitus
473 4.4 · Funktionsstörungen des unteren Harntrakts
Therapie 4 konservativ: 5 Blasen- und Miktionstraining, insbesondere Miktion nach der Uhr oder nach Aufforderung 5 Beckenbodentraining zur besseren Wahrnehmung und zur Unterstützung des Blasentrainings 5 Anpassung der Trinkgewohnheit 5 Anpassung der häuslichen Umgebung (Urinflasche bei Männern, Toilettenstuhl, barrierefreier Zugang zur Toilette, angemessene Kleidung) 4 pharmakologisch: 4 antimuskarinerge Therapie: 5 ! Cave Bei einer antimuskarinergen Therapie im Alter muss insbesondere auf zentralnervöse und kardiale Nebenwirkungen geachtet werden 5 möglichst Medikamente, die die Blut-Hirn-Schranke weniger leicht passieren und/oder in der Rezeptorselektivität Vorteile bieten 5 bei der antimuskarinergen Therapie im Alter ist folgendes zu beachten: J Blut-Hirn-Schranke wird durchlässig J altersbedingte Defizite bei den Neurotransmittern J Metabolismus und Elimination von Arzneimitteln sind verlangsamt J kumulative Effekte durch Einnahme mehrerer anticholinerger Substanzen (Polypharmazie) J Gefahr der Missdeutung medikamentös bedingter Nebenwirkungen als altersbedingte Veränderungen 5 mögliche Nebenwirkungen einer antimuskarinergen Therapie: J Auge: Mydriasis, Augeninnendruckerhöhung J Gastrointestinaltrakt: Mundtrockenheit, Übelkeit, Obstipation J Herz-Kreislauf-System: Tachykardien J Urogenitaltrakt: Restharnbildung J zentrales Nervensystem: Unruhe, Verwirrtheit, Delir 4 operativ: 5 bei entsprechender Indikation auch im Alter gerechtfertigt
4.4.5
Neuropathische Blase
Definition 4 Funktionsstörungen des unteren Harntrakts infolge neurologischer Grunderkrankungen (zentrale, spinale oder periphere Läsion), die die Blasenspeicherfunktion, die Blasenentleerungsfunktion oder beides betreffen
Ätiologie 4 angeborene neurologische Störungen: 5 Dysraphiesyndrome (Spina bifida occulta, Meningozele, Meningomyelozele, Tethered-spinal-cord-Syndrom) 5 Sakralagenesie
4
Eigene Notizen
474
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
5 Hydrozephalus 5 frühkindlicher Hirnschaden (z.B. bei Kindern mit Down-Syndrom) 4 erworben: 5 zentrales Hirntrauma 5 Hirntumor 5 traumatische Rückenmarkläsion (komplette/inkomplette Querschnittslähmung): Verlauf je nach Höhe und Ausmaß der Schädigung (1. Phase: spinaler Schock mit schlaffer Blasenlähmung 1–2 Monate; 2. Phase: Übergang in Reflexblase): J Rückenmarkschädigung oberhalb des Miktionszentrums S2–4 (upper motor neuron lesion): unkoordinierter Miktionsreflex, reflektorische Detrusorkontraktion ab einer bestimmten Blasenfüllung (unwillkürliche Miktion), oft Aufhebung des Blasensensibilität, fehlender Harndrang J Rückenmarkschädigung im Bereich des Miktionszentrums (Konus-/Kaudaläsion) oder periphere Nervenläsion (lower motor neuron lesion): schlaffe atone Blase, große Restharnmenge, Überlaufinkontinenz 5 inkomplette Querschnittslähmung (gemischter Typ, oft erhaltene Sensorik): individuelles Bild 5 periphere Nervenläsion (Beckentrauma) 5 infektiös: J Herpes zoster J Poliomyelitis 5 vaskuläre Erkrankung: J spinale Zirkulationsstörungen J Diabetes mellitus 5 degenerative Erkrankung: J Multiple Sklerose J Morbus Parkinson J Demenz J Polyneuropathie
Klinik 4 klinische Komplikationen einer neurogen bedingten Blasenfunktionsstörung: 5 Inkontinenz, Beeinträchtigung der Lebensqualität 5 vegetative Dysregulation 5 Harnwegsinfekte 5 Prostatitis 5 Epididym(orch)itis 5 Pyelonephritis 5 Urosepsis 5 Niereninsuffizienz 4 Compliance (beschreibt die Beziehung zwischen Blasenvolumenveränderung und Veränderung des Blasendruck als Detrusordruck (ΔV/Δp) während der Blasenfüllung und wird als Einheit ml/cmH2O angegeben,
475 4.5 · Urolithiasis
die Compliance einer Blase beschreibt die Dehnbarkeit der Blasenwand und ist somit auch ein Maß für die Speicherkapazität der Blase) 5 <20 ml/cmH2O: erniedrigt 5 <10 ml/cmH2O: hohes Risiko für Sekundärschädigung
Therapie 4 in Abhängigkeit vom Vorliegen einer Detrusordysfunktion, einer Sphinkterdysfunktion oder einer kombinierten Fehlfunktion 4 konservativ: 5 bei hypertonem Detrusor und/oder niedriger Compliance zum Schutz des oberen Harntrakts und zur Verbesserung der Kontinenz antimuskarinerge Therapie und bei zusätzlicher Blasenentleerungsstörung falls möglich sauberer Einmalkatheterismus als Selbst- oder Fremdkatheterismus: J Ziel: Schaffung eines kontinenten Niedrigdruckreservoirs 5 verschiedene Formen der peripheren und intravesikalen Elektrostimulationstherapie 5 Injektionstherapie mit Botolinumtoxin A 5 Kondomurinal bei Harninkontinenz ohne Blasenentleerungsstörung 5 als ultima ratio Blasenkatheter, insbesondere bei Männern möglichst suprapubischer Katheter 4 operativ: 5 Blasenaugmentation mit Darmanteilen bei intaktem oberen Harntrakt und falls Patient die Fähigkeit hat, sich selber zu katheterisieren 5 sakrale Neuromodulation 5 Sphinkterotomie (nur in Einzelfällen indiziert) 5 bei Sphinkterinsuffizienz evtl. operative Sanierung, wenn Patient sich einmal katheterisieren kann 5 Implantation eines Brindley-Stimulators (sakraler Vorderwurzelstimulator mit der sakralen Deafferentation) J bei dem Vorderwurzelstimulator nach Brindley (Blasenschrittmacher) handelt es sich um ein passives lmplantat zur Steuerung der Blasenfunktion bei spastischer Blasenlähmung, in Verbindung mit der sakralen Deafferentation (SDAF) nach Professor Sauerwein (Durchtrennung der sensiblen Nerven der Harnblase), wird für die Betroffenen die Gesundheit und Lebensqualität erheblich verbessert
4.5
Urolithiasis B. Brehmer
Definition 4 Steinleiden des Harntrakts, der gesamte ableitende Harntrakt kann betroffen sein 5 Niere, Harnleiter: 97% 5 Blase, Harnröhre: 3%
4
Eigene Notizen
476
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4.5.1
Epidemiologie
4 in Deutschland nimmt sowohl die Prävalenz (Risiko im Laufe des Lebens eine Urolithiasis zu entwickeln) als auch die Inzidenz (jährliche Neuerkrankungsrate) des Harnsteinleidens zu 5 1979 wurde die Prävalenz mit 4% und Inzidenz 0,54% angegeben 5 2000 war die Prävalenz auf 4,7 und die Inzidenz auf 1,47% angestiegen, somit litten im Jahr 2000 ca. 4 Mio. Bundesbürger an einer Urolithiasis 4 die Ernährungsgewohnheiten in westlichen Industrieländern mit hohen sozioökonomischen Standard mit kochsalz- und eiweißreicher Ernährung sowie Bewegungsarmut führt zum Anstieg von Inzidenz und Prävalenz (Prävalenz in den USA 18%) 4 das Rezidivrisiko ohne Metaphylaxe beträgt in Abhängigkeit vom Steintyp 50–100% und lässt sich durch eine entsprechende Prophylaxe auf 10–15% senken 4 Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen, der Häufigkeitsgipfel liegt bei 35 Jahren, bei Frauen gibt es einen zweiten Gipfel bei 55 Jahren 4 > Memo Urolithiasis ist eine Volkserkrankung der Wohlstandsgesellschaft mit gleichem Stellenwert wie zum Beispiel Diabetes mellitus oder Rheuma.
4.5.2
Pathogenese
4 zur Steinbildung kommt es wenn der Urin mit steinbildenden Substanzen übersättigt ist 4 zum Ausfällen der steinbildenden Substanzen kommt es wenn das Löslichkeitsprodukt von einem Anion und dem dazugehörigem Kation überschritten wird (Das Löslichkeitsprodukt beschreibt die maximale stoffspezifische Konzentration einer Substanz in einem Lösungsmittel, bei der ihre Bestandsteile in Abhängigkeit vom pH-Wert gerade noch in Lösung vorliegen können.) 4 bei vielen steinbildenden Salzen steigt im sauren Milieu das Löslichkeitsprodukt: 5 je saurer der Urin-pH also ist, umso mehr Salz kann gelöst werden 5 für Harnsäure und Zystin trifft diese nicht zu, bei einem pH-Wert <6 sinkt das stoffspezifische Löslichkeitsprodukt; bei diesen Steintypen sollte der Urin-pH angehoben werden (6,5–7) um sie zu lösen 4 > Memo Das Ausfallen von Kristallen im Urin verursacht nicht automatisch eine Steinbildung. 4 ein entscheidender Faktor für die Steinbildung ist das Gleichgewicht zwischen lithogenen und inhibitorischen Faktoren: 5 erst wenn dieses Gleichgewicht gestört ist kommt es zur Steinbildung 5 auch der Mangel an Inhibitoren kann eine Steinbildung begünstigen 5 Inhibitoren einer Steinbildung sind:
477 4.5 · Urolithiasis
J Zitrat J Magnesium J Glycosaminoglykane
4.5.3
Risikofaktoren
4 prärenal: 5 Adipositas: ein Body-Mass-Index (BMI) >25 kg/m3 korreliert signifikant mit der Urolithiasis 5 Ernährungsgewohnheiten: J zu geringe Trinkmenge führt zu stark konzentrierten Urin mit Übersättigung der lithogenen Substanzen J erhöhte Zufuhr von tierischem Eiweiß bedeute erhöhte Harnsäureproduktion 4 verstärkter Knochenabbau durch zum Beispiel Immobilisation mit konsekutiver Hyperkalzurie 4 Hyperparathyreoidismus (3–5% für Steinbildung verantwortlich) führt durch verstärkte Parathormonsekretion zur verstärkten Kalzium und Phosphatausscheidung 4 chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa oder auch andere Malabsorptionserkrankungen des Darms 4 Medikamente, wie z.B. der antivirale Wirkstoff Indinavir (Therapie HIV-1 infizierter Patienten) 4 renal: 5 eine renal tubuläre Azidose (RTA) liegt bei 5% der Steinträger vor: J pathogenetisch liegt der RTA eine ungenügende Protonensekretion im Nephron vor; zur Kompensation einer metabolischen Azidose tauscht die gesunde Niere Natrium gegen saure Valenzen im distalen Tubulus aus, diese führt zu saurem Urin; durch den sauren Urin wird das Lösungsprodukt verschoben und es kommt zu einem geringeren Ausfall von Kristallen. fehlt dieser Mechanismus, findet eine verstärkte Nukleation von Phosphaten und Karbonaten statt, Steine können sich verstärkt bilden 5 Unterscheidung von 2 Typen: J Typ I: distale tubuläre Azidose: Der Urin kann trotz metabolischer Azidose nicht auf einen pH-Wert <5,8 abgesenkt werden, es liegt eine Hyperkalzurie vor die häufig zu einer Ablagerung von Kalziumphosphatkristallen im Gewebe der Niere führt; neben der Steinbildung kommt es auch zur typischen Nephrokalzinose oder auch Markschwammniere; im Urin-Tagesprofil sinkt der pH-Wert nicht unter 5,8, auch im Ammonniumchlorid-Belastungstest (0,1 g/kg oral) lässt sich der pH des Urins nicht unter 5,4 absenken J Typ II: proximale tubuläre Azidose: Hierbei handelt es sich um eine Bikarbonatverlust Azidose, im proximalen Tubulus ist die Rückresorption des Bikarbonats gestört. > Memo Diese Form der RTA führt nicht zur Steinbildung.
4
Eigene Notizen
478
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
5 Zystinurie: aufgrund eines Transporterdefektes im Tubulussystems wird Zystin, Ornithin, Lysin und Arginin nicht rückresorbiert, das Löslichkeitsprodukt ist chronisch überschritten und Zystinsteine bilden sich: Zystinurie ist in der Regel autosomal-rezessiv vererbt 4 postrenal: 5 Harnwegsobstruktionen oder andere anatomische Anomalien (Hufeisenniere) können eine Steinbildung durch stehende UrinReservoire begünstigen, entstehende Kristalle können am Abfluss gehindert werden 4 Infektionen: sie können ebenfalls eine Steinbildung begünstigen
4.5.4
Steinarten
4 Einteilung nach: 5 Lage 5 Röntgenverhalten 5 Zusammensetzung 5 Ätiologie
Lage 4 In Abhängigkeit von der Lage spricht man von Nieren-, Harnleiter-, Blasen- oder Harnröhrenstein 4 Steine in der Niere werden entsprechend der Lage als Kelchsteine oder Nierenbeckensteine bezeichnet 4 große Nierenbeckensteine mit partiellem oder komplettem Ausguss des Hohlsystems werden als Ausguss-Steine (staghorn calculi) bezeichnet 4 Verkalkungen im Parenchym der Niere zählen nicht zu der Urolithiasis und sind in der Regel asymptomatisch und nicht behandlungswürdig
Röntgenverhalten 4 Nachweis der Steine im Röntgenbild (. Tabelle): 5 schattengebend (röntgenpositiv) oder 5 nichtschattengebend (röntgennegativ) 4 in Abhängigkeit der chemischen Zusammensetzung der Steine ist der Übergang fließend (röntgenpositiv → schwach röntgenpositiv → röntgennegativ) Röntgenverhalten der Steine Schattengebend
Schwach schattengebend
Nicht schattengebend
5 Kalziumphosphat 5 Kalziumoxalat
5 Magnesiumammoniumphosphat (Struvit) 5 Zystin
5 Harnsäure 5 Xanthin 5 Drug-Stones (z.B. Indavir-Steine)
479 4.5 · Urolithiasis
4.5.5
Ätiologie
4 Unterscheidung in: 5 Infektsteine 5 genetisch-assoziierte Steine (RTA, Zystinurie) 5 medikamenteninduzierte Steine (Drug-stons) 5 metabolisch begünstigte Steine abgrenzen (Harnsäuresteine)
4.5.6
Zusammensetzung der Steine
4 neuere Einteilungen erfolgen an der chemischen Zusammensetzung der Steine 4 die makroskopische Morphologie lässt keinen sicheren Rückschluss auf die Zusammensetzung zu, daher wird mit einer Infrarotspektroskopie die Zusammensetzung ermittelt, Unterscheidung von: 5 Oxalate 5 Phosphate 5 Harnsäure 5 Zystin 5 2,8-Dihydroxyadenin 5 Xanthin
Kalziumoxalat 4 Kalziumoxalat ist in 70% aller Steine enthalten 4 häufigste Inhaltsstoff der Harnsteine 4 70% der Kalziumoxalat-Steinträger werden als idiopathisch eingestuft, bei ihnen liegen keine Stoffwechselerkrankungen (RTA, Zystinurie, Hyperparathyreoidismus) oder postrenalen Abflusshindernisse vor 4 bei ca. 5% kann man bei einem Kalziumoxalat-Steinträger einen Hyperparathyreoidismus nachweisen 4 bei bis zu 5% lässt sich ein RTA nachweisen 4 in den letzten 30 Jahren Zunahme der Inzidenz der Kalziumoxalatsteine, insbesondere in den westlichen Industrienationen aufgrund: 5 Kochsalz- und proteinreiche Ernährung 5 Bewegungsarmut (BMI >25) 5 auch Stress scheint die Steinbildung zu begünstigen 4 im Kindesalter liegt ein Kalziumoxalatstein nur in ca. 50% der Fälle vor, ! Cave Nur bei ca. 14% handelt es sich um einen idiopathische Steinerkrankung! 4 bereits sehr früh im Kindesalter können metabolische Defekte zu Steinleiden führen 4 idiopathische Kalziumoxalat-Steinbildner: im Rahmen einer 24-hSammelurin-Analyse findet man bei idiopathischen KalziumoxalatSteinträgern: 5 13–60% Hyperkalziurie 5 26-67% Hyperoxalurie 5 15–45% Hyperurikosurie
4
Eigene Notizen
480
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
5 7–23% Hypomagnesiurie 5 5–29% Hypozitraturie 5 häufig lassen sich auch mehrere dieser Veränderungen nachweisen
Kalziumphosphatstein
4
4 50% aller Harnsteine enthalten Kalziumphosphat 4 die Gruppe der Kalziumphosphatsteine ist inhomogen und beinhaltet Karbonatapatitsteine und Brushitsteine 4 Kalziumphosphat ist häufig Bestandteil von Mischsteinen, nur in <5% sind sie monomineralisch 4 Karbonapatitsteine entstehen im alkalischem Urin (pH >6,8), häufig liegt dem Steinleiden eine RTA zugrunde 4 Brushitsteine: 5 entstehen bei hoher Kalzium- und Phosphatkonzentration und einem pH 6,5–6,8 5 sie sind sehr hart und lassen sich daher nur schwer lithotripsieren
Infektsteine 4 4–9% der Harnsteine sind Struvitsteine (Magnesiumammoniumphosphat) und 0,5% Ammoniumuratsteine 4 im Rahmen von Harnwegsinfekten mit ureasepositiven Keimen (z.B. Proteus) wird Harnstoff im Urin zu Ammoniak und Bikarbonat gespalten, hierdurch wird der Urin alkalisch und durch die Überschreitung des Löslichkeitsproduktes ist die Lösung mit Magnesiumammoniumphosphat und Kalziumphosphat übersättigt, es entstehen Struvitund Karbonapatitsteine 4 in den Industrieländern nimmt die Inzidenz der Infektsteine ab, was auf die frühzeitige und effiziente Therapie der Harnwegsinfekte mit modernen Antibiotika zurückgeführt wird
Harnsäuresteine 4 15% der Harnsteine bestehen aus Harnsäure und gelten wie Kalziumoxalatsteine als Wohlstandssteine da sie durch Purinaufnahme, also tierischem Eiweiß begünstigt werden 4 die Ursache für eine Hyperurikämie ist meist die vermehrte exogene Zufuhr durch die Nahrung oder aber ein endogenes Überangebot an Purinen und Purinabbauprodukten bei Stoffwechselerkrankungen 4 die Steine entstehen bei niedrigem pH (<6)
Zystinsteine 4 Zystinsteine sind selten (1–2%) 4 zugrunde liegt ein autosomal-rezessiv vererbter Transporterdefekt im Bereich des Nierentubulus 4 die dibasischen Aminosäuren Zystin, Ornitin, Lysin und Arginin werden nicht ausreichend rückresorbiert, insbesondere Zystin ist schlecht löslich und fällt bei saurem pH (<7) schnell aus und bildet Steine
481 4.5 · Urolithiasis
4.5.7
Symptomatik
Kolik 4 die Kolik ist ein plötzlich einsetzender, krampfartiger Schmerz, anfallartig und vom Charakter wehenhaft 4 Koliken können von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden anhalten 4 die Schmerzen können mit Übelkeit und Erbrechne einhergehen 4 üblicherweise gehen die Koliken von der Flanke der entsprechenden Seite aus und können entlang des Harnleiters bis in die Blase, Genitale und Harnröhre ausstrahlen 4 eine Ausstrahlung bis in den Oberschenkel (innenseitig) kann vorkommen 4 bei der Passage des Steins durch den Harnleiter kommt es auch zur Wanderung der Schermerzlokalisation (wandernder Schmerz) 4 Patienten mit Koliken sind typischerweise unruhig und suchen Entlastung von den Beschwerden durch Bewegung (Im Gegensatz zum peritonitischen Patienten bei akutem Abdomen: er versucht still zu liegen, da jegliche Bewegung schmerzt) 4 ein starker Harndrang kann durch einen prävesikalen oder intramuralen Harnleiterstein hervorgerufen werden 4 ! Cave Nicht jeder Stein verursacht Koliken Ruhende Kelchsteine, Nierenbeckenausgusssteine oder Parenchymverkalkungen rufen üblicherweise keine Koliken hervor und wenn sie Beschwerden machen, dann eher dumpfe Flankenschmerzen 4 für den Kolikschmerz ist die Obstruktion der Harnwege mit der nachfolgenden Dilatation von Harnleiter und Nierenhohlsystem verantwortlich: 5 die Schmerzrezeptoren des Hohlsystems werden gedehnt, was ursächlich für den Kolikschmerz ist 5 weiterhin verstärkt eine lokale Irritation durch den Stein mit Ausschüttung von Schmerzmediatoren, es kommt zu einer Tonuserhöhung des Harnleiters
Makrohämaturie 4 ca. 25% der Patienten berichten über eine Makrohämaturie
Infekt 4 eine Kombination aus typischen Flankenkoliken und Fieber oder Schüttelfrost kann auf eine infizierte Nierenstauung hinweisen 4 bei ausgeprägter Infektion des abflussbehindertem Nierenbeckenkelchsystems droht eine Urosepsis 4 typische Laborveränderungen (Leukozytose, CRP-Erhöhung) 4 insbesondere bei älteren Patienten kann die voll ausgebildete Urosepsis zur Eintrübung mit reduzierter Bewusstseinslage führen 4 durch die Urosepsis werden Mediatoren freigesetzt, die zum Multiorganversagen führen können
4
Eigene Notizen
482
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 bei nicht rechtzeitiger und nicht adäquater Therapie hat die Urosepsis eine Letalität von 50% 4 die alleinige antibiotische Therapie der infizierten Nierenstauung ist nicht ausreichend, um eine drohende Urosepsis abzuwenden oder zu behandeln, muss die gestaute, superinfizierte Niere abgeleitet werden
4.5.8
Diagnostik
Akutdiagnostik 4 Patient stellt sich meist notfallmäßige mit akut aufgetretenen Koliken vor 4 die beschriebene Symptomatik des Patienten lässt meist schon frühzeitig die Verdachtsdiagnose einer Urolithiasis zu 4 Ziel der akuten Diagnostik: die Diagnose Urolithiasis zu bestätigen und differenzialdiagnostisch von anderen Erkrankungen abzugrenzen 4 durch die Untersuchungen sollte eine Fehldiagnose vermieden werden um konsekutive Fehltherapien zu vermeiden (bei Harnleiterkolik rechts: fälschlich Verdacht auf Appendizitis mit konsekutiver Appendektomie) 4 weiterhin sollte eine Harnstauung nicht unbemerkt über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, da das zum Funktionsverlust der Niere führen kann und die Gefahr der Infektion besteht
Anamnese 4 der typische wellenförmige Charakter der Koliken im Bereich der Harnwege mit evtl. begleitender Übelkeit und Erbrechen legen den Verdacht der Urolithiasis nahe 4 weiterhin sollte nach einer alten Harnsteinanamnese mit ggf. vorangegangenen Therapien gefragt werden 4 Begleiterkrankungen sind aus zweierlei Hinsicht von Interesse: 5 erstens sind genetische Erkrankungen und Stoffwechselstörungen aus pathogenetischer Sicht wichtig 5 zweitens können komplexe Begleiterkrankungen die geplante Therapie beeinflussen (Narkosefähigkeit des Patienten?) 4 eine Medikamentenanamnese ist wichtig, da einige Medikamente die Steinbildung begünstigen oder auch die Therapie beeinflussen können (z.B. ASS)
Körperliche Untersuchung 4 der Patient ist in der Regel bei akuten Koliken sehr unruhig und versucht durch häufiges Ändern der Körperhaltung die Schmerzen erträglicher zu machen 4 häufig ist der Patient kaltschweißig und blass 4 die Betroffene Flankenregion ist Druck- und Klopfschmerzhaft 4 in Abhängigkeit der Position des Steins können die palpatorischen Druckschmerzen auch im Harnleiterverlauf bei Harnleitersteinen, in der suprapubischen Blasenregion bei prävesikalen Steinen oder im Genitale bei intramuralen Steinen sein 4 eine reflektorische Paralyse des Darms mit Meteorismus kann auftreten
483 4.5 · Urolithiasis
Blutuntersuchung 4 bei der notfallmäßigen Blutentnahme zeigen sich bei der unkomplizierten Urolithiasis keine typischen Laborveränderungen: 5 eine geringfügige Leukozytose und CRP-Erhöhung sind in der Regel auf eine Stressreaktion unter den Koliken zurückzuführen, liegt jedoch eine deutlichere Erhöhung der beiden Parameter vor, muss an einen Infekt des gestauten Hohlsystems gedacht werden 5 Kreatinin ist bei der unkomplizierten Urolithiasis unverändert 5 nur wenn die gegenseitige Niere eine Pathologie aufweist kann es zur Oligo-/Anurie mit urämischer Stoffwechsellage kommen
Urinuntersuchung 4 in der Notfallambulanz wird ein Urin-Schnelltest mit einem Teststreifen durchgeführt: 5 hierbei zeigt sich in 95% eine Mikrohämaturie 5 weiterhin lässt sich eine Leukozyturie nachweisen, eine mikrobiologische Untersuchung sollte sich in diesem Falle anschließen 5 der mit dem Messstreifen ermittelte pH-Wert gibt einen Anhalt für den Steintyp
Bildgebende Diagnostik Sonographie 4 die Sonographie hat sich als Primärbildgebung etabliert 4 hierbei kann man sowohl den Stein selbst als echoreiche Struktur (weiß) mit dorsaler Schallauslöschung darstellen, als auch sekundäre Zeichen der Urolithiasis wie die Nierenbeckendilatation bei Harnleitersteinen 4 bei lang bestehender Nierenstauung kann zusätzlich eine Reduktion des Nierenparenchyms als Ausdruck einer Schädigung mit Funktionsverlustes der Niere beobachtete werden 4 je nach Auflösung des Gerätes können Steine ab einer Größe von 2–3 mm erkannt werden 4 Steine im Nierenbecken-Kelchbereich der Niere und prävesikale Steine lassen sich gut sehen 4 im Harnleiter sind Steine nur bei sehr schlanken Patienten oder Kindern einsehbar 4 mit der Sonographie ist sowohl der röntgenpositive sowie negative Stein sichtbar 4 da bei der Sonographie keine Strahlenbelastung besteht, ist es ein ideales Verfahren zur Verlaufskontrolle bei Spontanabgängen
Natives Spiral-CT 4 das native CT hat sich in den letzten Jahren als primäres Röntgenverfahren bei der Diagnostik der Harnsteine etabliert 4 es weist die gleicht oder sogar bessere Sensitivität und Spezifität auf wie das Ausscheidungsurogramm (AUG), welches für eine lange Zeit als Goldstandard bei der Diagnostik der Harnsteine galt 4 mit dem CT lassen sich auch röntgennegative Steine wie Harnsäureoder Xanthinsteine darstellen
4
Eigene Notizen
484
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 die fehlende Kontrastmittelexposition beim nativ-CT ermöglicht die Durchführung bei Allergien, bei Patienten unter Metformin-Medikation oder Schilddrüsenfunktionsstörungen 4 begleitender Meteorismus stört im Gegensatz zum AUG die CT-Diagnostik nicht 4 wenn keine Harnsteinerkrankung vorliegt, kann ein natives CT bereits Hinweise zur Differenzialdiagnostik geben
Ausscheidungsurogramm (AUG) 4 Das Ausscheidungsurogramm war die Standarduntersuchung bei Verdacht auf Harnsteine 4 trotz des Einzuges des nativ-CTs bei der bildgebenden Primärdiagnostik hat das AUG immer noch seinen Stellenwert 4 wenn kein CT zur Verfügung steht, ist das AUG immer noch die der Standard 4 beim AUG erhält man Informationen über die Ausscheidungsfunktion der Niere 4 weiterhin wird das Hohlsystem durch Kontrastmedium (KM) dargestellt und ermöglicht hierdurch gelegentlich eine bessere Planung einer Therapie (Spiegelung des Harnleiters, PCNL) 4 das AUG 5 beginnt mit einer Abdomen-Leeraufnahme, die von dem Nierenoberpol bis zur Symphyse im Liegen erfolgen sollte 5 röntgendichte Steine ab einer Größe von 2–3 mm können hier nachgewiesen werden 5 nach der KM-Gabe werden weitere Röntgenbilder in Abhängigkeit der Ausscheidung der Nieren gemacht, hierbei sind ggf. Spätaufnahmen nach mehreren Stunden erforderlich 5 röntgennegative Steine zeigen sich als KM-Aussparungen bzw. als KM-Stopp im Harnleiter 5 ! Cave Keine KM-Gabe bei akuter Kolik. KM wirkt stark diuretisch. Die erhöhte Diurese kann in diesem Fall zur einer Ruptur im Nierenbeckenkelchsystem (üblicherweise Fornix) führen. Erst nach Analgesie und abklingen der Kolik darf eine AUG durchgeführt werden. Kommt es zur Fornixruptur sollte eine Harnleiterschiene zur Entlastung der Niere eingelegt werden
Retrograde Ureterographie 4 bei speziellen Indikationen oder Versagen der anderen bildgebenden Diagnostik wird die retrograde Ureterographie angewendet: 5 im Rahmen einer Urethrozystoskopie wird das KM in den Harnleiter direkt retrograd eingespritzt 5 Harnleiter und Nierenbecken werden dabei gut dargestellt 5 Anwendung insbesondere bei Kindern wegen der fehlenden Strahlenbelastung 5 weiterhin erlaubt die Untersuchung auch eine Beurteilung der angrenzenden Organe und des Retroperitoneums
485 4.5 · Urolithiasis
Metabolische Untersuchungen bei Harnsteinträgern 4 bei den Harnsteinbildnern wird unterschieden zwischen: 5 Niedrigrisiko-Gruppe und 5 Hochrisiko-Gruppe 4 davon hängen die weiteren diagnostischen Maßnahmen ab, die notwendig sind 4 jeder Stein sollte möglichst einer Steinanalyse zugeführt werden 4 Verfahren sind: 5 Röntgendiffraktometrie oder 5 Infrarotspektrometrie 4 beide Verfahren schlüsseln das Steinmaterial mit bis zu mindestens 5% Anteil auf
Niedrigrisikogruppe 4 in diese Gruppe gehören Patienten: 5 mit der ersten Steinepisode und ohne eine der unter der Hochrisikogruppe aufgeführten Risikofaktoren 5 auch Rezidivsteinbildner mit ≤2 Steinepisoden der letzten 3 Jahre
Diagnostik 4 primärer Harnstein: 5 Anamnese: J Steinanamnese J Medikamentenanamnese J Ernährungsanamnese 5 Bildgebung: J Sonographie J Nativ-CT oder alternativ AUG 5 Blut: J Kreatinin J Harnsäure J Kalzium (ionisiert oder total mit Albumin) J CRP und Blutbild mit Leukozyten bei Fieber 5 Urin: J Sediment mit Erythrozyten, Leukozyten, Nitrit, Bakterien, pH J Urinkultur bei Infekt
Hochrisikogruppe 4 in die Hochrisikogruppe gehören Patienten mit folgenden Risikofaktoren: 5 Infektstein 5 Harnsäurestein 5 Brushitstein 5 Nephrokalzinose 5 positive Familienanamnese 5 rezidivierende Harnsteinbildung (≥3 Steine in 3 Jahren) 5 Kinder und Jugendliche 5 Hyperparathyreoidismus
4
Eigene Notizen
Kapitel 4 · Urologie
Basisdiagnostik
Harnsäure
Zystin
Steinspezifische Diagnostik
Blut
Parathormon
×
×
Natrium
×
×
Kalium
×
×
Chlorid
×
×
Volumen
×
×
×
×
pH
×
×
×
×
Dichte
×
×
×
×
Kalzium
×
×
Urin
24-hSammelurin
Phosphat
Infekt
4
5 Magen-Darm-Erkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) 5 genetische Steinbildung (Zystinurie, RTA) 4 eine weitere steinspezifische Diagnostik ist erforderlich 4 in Abhängigkeit vom Steinmaterial sollten typische Risikoparameter untersucht werden: 5 z.B. muss bei einer Markschwammniere eine Diagnostik mittels Ammoniumchlorid-Belastungstest bezüglich einer RTA erfolgen: J der Patient erhält 0,1 g/kg Körpergewicht Ammoniumchlorid oral J sinkt der Urin-pH nicht unter 5,4 ab liegt eine RTA vor
Kalziumphosphat
Eigene Notizen
Kalzimoxalat
486
×
Oxalat
×
Zitrat
×
Harnsäure
×
Magnesium
×
× ×
Zystin Urin-pH-Tagesprofil
4.5.9
× ×
×
×
×
×
Therapie
4 die Therapie der Harnsteine beginnt in der Notaufnahme mit einer suffizienten Analgesie: 5 in der Akutphase der Kolik hat sich die Gabe von Metamizol iv. bewährt 5 auch Diclofenac oder Ibuprofen sind Alternativen
487 4.5 · Urolithiasis
5 nach der Akuttherapie sollte eine Dauertherapie mit z.B. Diclofenac in Kombination mit einem α1-Rezeptorblocker (z.B. Tamsulosin) durchgeführt werden (der α1-Rezeptorblocker wirkt tonusmindernd auf den Ureter und dadurch analgetisch und begünstigt den spontanen Steinabgang) 4 bei starken Koliken, die nach NSAID nicht ausreichend behandelt sind, können zentral wirkende Analgetika wie Pentazocin oder Pethidin gegeben werden 4 ! Cave Butylscopolamin ist bei Harnsteinkoliken unwirksam 4 wenn Koliken medikamentös nicht beherrschbar sind, sollte eine DJ-Schiene eingelegt werden, diese Entlastung der Niere beseitigt die Koliken schnell
Spontaner Steinverlust 4 80% aller ≤5 mm großen Steine gehen spontan ab 4 medikamentös wird der spontane Steinabgang durch eine suffiziente Analgesie (z.B. Diclofenac) und einem α-1-Rezeptorblocker unterstützt 4 weiterhin begünstigen eine ausreichend große Diurese (1,5–2 l/d) und entsprechende Bewegung den Steinabgang 4 wenn der Stein nach 1 Woche nicht spontan verloren geht, ist eine Intervention erforderlich 4 kein Spontanabgang sollte bei gleichzeitig vorliegendem Harnwegsinfekt oder Nierenfunktionsminderung abgewartet werden 4 bei einem Stein ≥7 mm sollte wegen der geringen Wahrscheinlichkeit des Spontanabganges eine Intervention erfolgen
Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL) 4 Die in den 1980er-Jahren in Deutschland entwickelte ESWL hat einen kompletten Wandel in der Steintherapie gebracht 4 bei der ESWL werden Stoßwellen in einem Fokus gebündelt 4 die Stoßwellen können durch elektrische Entladungen, piezoelektrisch oder elektrohydraulisch erzeugt werden 4 der Fokus der Stoßwellen wird mit einer radiologischen oder sonographischen Zielvorrichtung in den Stein gelegt 4 die Stoßwelle breitet sich rasch in Flüssigkeit (also dem menschlichen Körper) aus und kann den Stein durch einen Druck- und Zugimpuls in kleinere Fragmente zerbrechen 4 die Komplikationsarmut und die geringe Belastung des Patienten haben zu einer großen Verbreitung des Verfahrens geführt 4 es kann in Sedoanalgesie oder wenn erforderlich auch Vollnarkose durchgeführt werden 4 wenn der Stein ausreichend desintegriert wurde kann er spontan abgehen 4 ca. 90% aller Harnsteine können mit der ESWL behandelt werden 4 häufig sind Mehrfachbehandlungen oder auch die Kombination mit einer endoskopischen Therapie (Harnleiterspiegelung) erforderlich 4 bleiben mehrere Desintegrate im Harnleiter stecken, spricht man von einer Steinstraße, diese kann erneut mittels ESWL oder Harnleiterspiegelung behandelt werden
4
Eigene Notizen
488
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 der Erfolg ist von der Lokalisation des Steins, dem Lithotripter, dem Steinmaterial, der Steingröße und dem Habitus des Patienten abhängig 4 Kontraindikationen: 5 Schwangerschaft 5 unbehandelte Gerinnungsstörung 5 Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmer und Cumarinen 5 unbehandelter Harnwegsinfekt 5 arterielles Aneurysma in Nachbarschaft zum Behandlungsgebiet (Aorten-, A.-renalis-Aneurysma!) 5 schwere Malformationen der LWS/BWS 5 Adipositas per magna 4 Nebenwirkungen der ESWL: 5 Koliken nach der Behandlung 5 Petechien der Haut 5 Nierentrauma mit Hämatombildung 5 Makrohämaturie 5 Herzrhythmusstörungen ESWL bei Harnsteinen Lokalisation
Steinfreiheitsrate (%)
Wiederholungsrate (%)
Nierenbecken
56–94
4–29
Ober/mittel Kelch
80–85
30–40
Unterer Kelch
14–85
10–66
Oberer Harnleiter
75–91
33–40
Unterer Harnleiter
86–100
bis 58
Ureterorenoskopie (URS) 4 bei der URS wird der Harnleiter mit einem semirigiden oder flexiblen Endoskop gespiegelt 4 die Geräte haben 5 üblicherweise einen Durchmesser von 4–9 CH 5 einen Arbeitskanal und 5 ein kontinuierliches Spülsystem 4 mit dem flexiblen Gerät können auch Steine in den mittleren und unteren Kelchen behandelt werden 4 vor der Spiegelung wird ein Draht in den Harnleiter eingelegt der als Leitschiene für die Spiegelung dient 4 bei der flexiblen Endoskopie hat sich ein Schaft (Access Sheath) bewährt, der in den Harnleiter zunächst über einen Draht eingebracht wird 4 durch dieses Röhrchen kann dann mit dem Endoskop unproblematisch in den Harnleiter eingegangen werden 4 besonders bei großen Steinmassen kann die Bergung von Fragmenten über diesen Schaft den Eingriff erleichtern
489 4.5 · Urolithiasis
4 die Desintegration der Steine durch die URS erfolgt: 5 entweder durch einen Laser oder 5 mechanisch z.B. mit dem Lithoklast 4 zum Bergen der Fragmente stehen kleine, sich im Harnleiter selbstentfaltende Körbchen oder Zangen zur Verfügung 4 schwere Komplikationen treten in 3–11% auf: 5 Harnleiterverletzungen bis hin zur Perforation und Abriss 5 Urosepsis 4 ein nicht behandelter Harnwegsinfekt ist eine Kontraindikation für eine URS, daher wird auch eine prophylaktische Gabe eines Antibiotikums präoperativ empfohlen 4 eine Spätkomplikation ist die Harnleiterstriktur in 1–3%
Perkutane Nephrolitholapaxie (PCNL) 4 bei Steinen im Nierenbeckenkelchsystem die nicht zufriedenstellend mittels ESWL oder URS behandelbar sind, wird eine PCNL durchgeführt 4 hierbei wird zunächst ein Katheter durch den Harnleiter in das Nierenbecken eingelegt, das Hohlsystem wird dadurch dilatiert 4 danach kann in Bauchlage das Nierenbeckenkelchsystem sonographisch gesteuert punktiert werden 4 ein Draht wird über die Kanüle eingebracht und der Punktionskanal aufbougiert 4 abschließend wird ein Schaft mit einem Nephroskop in das Nierenbecken eingebracht: 5 damit kann der Stein aufgesucht und desintegriert werden 5 Fragmente können über den Schaft abgesaugt werden 5 am Ende des Eingriffes wird ein Nephrostomie-Katheter über den Punktionskanal in die Niere eingelegt 4 bei Nierensteinen >2 cm wird eine PCNL empfohlen 4 auch Steine, die unter ESWL nicht desintegrieren, werden mittels PCNL behandelt 4 Vorteil der PCNL gegenüber der ESWL oder URS ist: große Steinmassen können zerkleinert und gleichzeitig entfernt werden 4 die PCNL ist jedoch deutlich invasiver: 5 postoperative Komplikationen: postoperative Blutung bis hin zum Verlust der Niere
Offene/Laparoskopische Steinentfernung 4 durch die Etablierung der neuen Therapieverfahren (ESWL, URS, PCNL) hat die offene oder laparoskopische operative Entfernung von Steinen an Bedeutung verloren 4 nur noch <5% der Harnsteine werden so entfernt 4 Indikationen für chirurgische Steinentfernung: 5 komplexe Steinmassen (z.B. mehrere Steine in mehreren peripheren Kelchen) 5 intrarenale Anomalien (z.B. Steine in Kelchdivertikeln) 5 Notwendigkeit weiterer operativer Korrekturen an der Niere
4
Eigene Notizen
490
Kapitel 4 · Urologie
J subpelvine Stenose J funktionslose Niere (Nephrektomie) J funktionslose Teilabschnitte der Niere (Heminephrektomie) 5 ektope Niere, einer PCNL nicht zugängig 5 nicht lagerbar für PCNL oder URS (Kontrakturen, Skelettdeformitäten)
Eigene Notizen
4
Harnsteinmetaphylaxe 4 nach der Therapie des Steines sollte jeder Patient eine Sekundärprävention betreiben 4 die Basisprävention besteht aus: 5 einer Diurese von mindesten 2 l/d und 5 ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung 4 weiterhin sollten allgemeine Risikofaktoren wie ein BMI >25 normalisiert werden 4 gehört der Patient in die Hochrisiko-Steingruppe, sind entsprechende weitere spezifische metabolische Therapien bzw. Sekundärpräventionen erforderlich, die sich nach der Grunderkrankung bzw. Risikofaktor und dem Steinmaterial richten 4 eine generelle Diätempfehlung kann derzeit nicht gegeben werden, es wird eine allgemeine, ausgewogene Mischkost empfohlen 4 exzessive Aufnahme von bestimmten Nahrungsmitteln (z.B. oxalathaltige Nahrungsmittel) sollte jedoch unterbleiben 4 bei einigen Stoffwechselerkrankungen und bei einigen Steintypen gelten spezifische Diätempfehlungen, z.B. sollte ein Harnsäuresteinträger nicht mehr als 500 mg Harnsäure pro Tag aufnehmen
4.6
Entzündungen des Urogenitaltrakts B. Brehmer
Epidemiologie 4 von entzündlichen Erkrankungen im Urogenitaltrakt mit rezidivierenden Harnwegsinfekten sind 95% Frauen betroffen 4 5–10% aller Frauen leiden hierunter
4.6.1
Unkomplizierte Harnwegsinfektion
Definition 4 wenn kein relevante funktionelle oder anatomische Anomalie im Harntrakt, keine relevante Nierenfunktionsstörung oder relevante Begleiterkrankung vorliegt. spricht man von einer unkomplizierten Harnwegsinfektion
491 4.6 · Entzündungen des Urogenitaltrakts
Ätiologie
4
Eigene Notizen
4 E. coli ist mit 70–95% der häufigste verursachende Keim 4 Staphylococcus saprophyticus folgt mit 5–10% 4 Enterobacteriaceae wie Proteus mirabilis und Klebsiella spp. spielen nur eine untergeordnete Rolle Komplizierende Faktoren bei Harnweginfekten Anatomisch
Funktionell
Angeborene anatomische Veränderungen: 5 Ureterabgangsstenose 5 obstruktiver, refluxiver Megaureter 5 Harnblasendivertikel 5 Harnröhrenklappen 5 Phimose
Funktionelle Veränderungen: 5 Niereninsuffizienz 5 Harntransportstörungen 5 Entleerungsstörungen der Harnblase
Erworbene anatomische Veränderungen: 5 Nierensteine 5 Harnleitersteine 5 Harnleiterstrikturen 5 Harnblasentumore 5 Prostatavergrößerung 5 Urethrastriktur 5 Schwangerschaft 5 operative Veränderungen 5 Veränderungen durch Strahlentherapie
Störungen der Immunität, z.B. 5 Leberinsuffizienz 5 HIV Fremdkörper, z.B. 5 Nephrostomie 5 Harnleiterschienen 5 Harnblasenkatheter
Patientengruppen 4 Patienten werden entsprechend ihres Alters, Geschlechts und Schwanger ja/nein in unterschiedliche Gruppen eingeteilt 4 die erforderliche Diagnostik und Therapie richtete sich nach der Gruppenzugehörigkeit
Nichtschwangere Frau, prämenopausal 4 Risikofaktoren dieser Gruppe: 5 Geschlechtsverkehr, hierbei Gebrauch von Diaphragma und Spermiziden 5 anamnestische Harnwegsinfekte 5 jugendliches Alter bei erstem Harnwegsinfekt 5 positive Familienanamnese 5 asymptomatische Bakteriurie 5 weibliche Geschlecht 4 eine asymptomatische Bakteriurie muss in dieser Gruppe nicht behandelt werden
Akute unkomplizierte Zystitis Klinik 4 typische Symptome der Zystitis sind: 5 Dysurie (Schmerzen beim Wasserlassen) 5 imperativer Harndrang
492
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
5 Pollakisurie 5 Schmerzen oberhalb der Symphyse
Diagnostik
4
4 stützt sich in dieser Patientengruppe auf die Symptomatik und den Ausschluss einer vaginalen Pathologie 4 Urinuntersuchung: nur bei Erstmanifestation erforderlich 4 Urinkultur: nicht erforderlich
Therapie 4 orales Antibiotikum 4 die Kenntnis der lokalen Resistenzen der Erreger beeinflusst die Wahl des Antibiotikums 4 eine besondere Kontrolle nach Ausheilen der Infektion ist nicht erforderlich Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Harnweginfektes in Abhängigkeit der Symptome Klinische Zeichen
Positive LR (95% KI)
Negative LR (95% KI)
Dysurie Pollakisurie Hämaturie Rückenschmerzen Pathologischer Fluor vaginalis
1,5 (1,2–2,0) 1,8 (1,1–3,0) 2,0 (1,3–3,0) 1,6 (1,2–2,1) 0,3 (0,0–0,9)
0,5 (0,3–0,7) 0,6 (0,4–1,0) 0,9 (0,9–1,0) 0,8 (0,7–0,9) 3,1 (1,0–9,3)
Kombinationen Dysurie, Pollakisurie, imperativer Harndrang bei fehlendem pathologischem Fluor vaginalis/vaginaler Irritation
22,6
Pathologischer Fluor vaginalis oder Irritation ohne Dysurie
0,1–0,2
Dysurie oder Pollakisurie und pathologischem Fluor vaginalis oder Irritation
0,3–0,5
Trüber Urin
2,32 (1,4–3,85)
Stinkender Urin
2,02 (1,05–3,90)
LR = Likelihood Ratio
Empfohlene Antibiose Substanz
Dosis
Tage
Fosfomycin trometamol
3 g einmalig
1
Nitrofurantoin
50 mg 4 × täglich
7
Nitrofurantoin macrocrystal 6
100 mg 2 × täglich
5
Mittel der ersten Wahl
493 4.6 · Entzündungen des Urogenitaltrakts
Eigene Notizen
Empfohlene Antibiose Substanz
Dosis
Tage
Ciprofloxacin
250 mg 2 × täglich
3
Levofloxacin
250 mg 1 × täglich
3
Norfloxacin
400 mg 2 × täglich
3
Mittel der zweiten Wahl
An lokale Resistenzsituation angepasst Trimethoprimsulphamethoxazol
160/800 mg 2 × täglich
3
Trimethoprim
200 mg 2 × täglich
5
Akute unkomplizierte Pyelonephritis Definition 4 die Pyelonephritis ist eine interstitielle eitrige Entzündung der Niere
Klinik 4 neben der Symptomatik der Zystitis, Flankenschmerzen und Fieber
Diagnostik 4 Urinuntersuchung einschließlich Kultur und Laboruntersuchungen (Blutbild, CRP) 4 komplizierende Faktoren sollen in einer Bildgebung (z.B. Sonographie) ausgeschlossen werden
Therapie 4 bei milden Verläufen: 5 orale ambulante Therapie möglich 4 bei schweren Verläufen mit systemischen Begleiterscheinungen (Übelkeit, Kreislaufproblemen): 5 stationäre Behandlung mit systemischer i.v. Therapie Orale empfohlene Antibiose bei leichtem bis moderatem Verlauf Substanz
4
Dosis
Tage
Ciprofloxacin
500–750 mg 2 × täglich
7–10
Levofloxacin
500 mg 2 × täglich
7–10
Levofloxacin
750 mg 1 × täglich
5
Cefpodoximproxetil
200 mg 2 × täglich
10
Ceftibuten
400 mg 1 × täglich
10
Cotrimoxazol
160/800 mg 2 × täglich
14
Amoxicillin/Clavulansäure
0,875/0,125 g 2 × täglich
14
Mittel der ersten Wahl
Mittel der zweiten Wahl
Entsprechend dem Resistogramm
494
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
Entnommen aus: S-3-Leitlinie AWMF-Register-Nr. 043/044 Harnwegsinfektionen (Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten (Abb. 4, S. 75). – Langfassung 17. Juni 2010; mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. Düsseldorf
Initiale i.v. Therapie bei schwerem Verlauf Substanz
Dosis
Mittel der ersten Wahl Ciprofloxacin
400 mg 2 × täglich
Levofloxacin
500 mg 1 × täglich
Levofloxacin 6
750 mg 1 × täglich
495 4.6 · Entzündungen des Urogenitaltrakts
Initiale i.v. Therapie bei schwerem Verlauf Substanz
Dosis
Mittel der zweiten Wahl Cefepim
1-2 g 2 × täglich
Cefotaxim
2 g 3 × täglich
Piperacillin/Tazobactam
2/0,5-4/0,5 g 3 × täglich
Gentamicin
5 mg/kg 1 × täglich
Meropenem
1 g 3 × täglich
4 nach klinischer Besserung umstellen auf orale Therapie für 1–2 Wochen
Gesunde Schwangere ohne Risikofaktoren 4 Zystitis und Pyelonephritis tritt bei Schwangeren gehäuft auf 4 die asymptomatische Bakteriurie kommt in der Schwangerschaft gehäuft vor 4 es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Harnwegsinfekt/Bakteriurie und Problemen mit der Schwangerschaft (Frühgeburt, reduziertes Geburtsgewicht, erhöhte neonatale Mortalität und Präeklampsie) 4 das Erregerspektrum ist gleich wie bei nichtschwangeren Frauen
Akute unkomplizierte Zystitis 4 typische Anamnese wie bei nichtschwangeren Patientin 4 bei Schwangeren sollte eine Urinuntersuchung und Kultur erfolgen 4 Erregereradikation muss nach erfolgter Therapie mittels Urinkultur überprüft werden 4 bei der Wahl des Antibiotikums muss auf evtl. unerwünschte Wirkungen auf Embryo/Feten geachtet werden 4 empfohlen wird Fosfomycintrometamol (Einmaltherapie), Pivmecillinam, orale Cephalosporine für 7 Tage
Akute unkomplizierte Pyelonephritis 4 die Diagnostik verläuft analog wie bei der nicht schwangeren Patientin 4 eine Urinuntersuchung und Kultur sowie die Sonographie sind obligat 4 der Therapieerfolg muss nach erfolgter Therapie mittels Urinkultur überprüft werden 4 ! Cave Stationäre Therapie! 4 Therapiestart in der Regel mit Cephalosporinen der 2 oder 3 Generation
Asymptomatische Bakteriurie 4 in Deutschland durch Mutterschaftsrichtlinien Untersuchung des Mittelstrahlurins alle 4 Wochen vorgeschrieben 4 wegen der geringen Sensitivität (50%) sollte zumindest einmal (am Ende des ersten Trimenons) eine Urinkultur angelegt werden
4
Eigene Notizen
496
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4 die antibiotische Therapie ist empfohlen 4 die Erregereradikation sollte mittels Urinkultur überprüft werden 4 erst nach Vorliegen eines Resistogramms sollte eine gezielte Therapie über 5–7 Tage erfolgen
Gesunde Frauen in der Postmenopause
4
4 der verminderte Östrogenspiegel in der Postmenopause führt zur Atrophie der vaginalen Schleimhaut, dadurch ändert sich der pH-Wert und die Besiedlung mit Laktobazillen wird zunehmend durch Enterobacteriaceae und Anaerobieren überwuchert 4 bei 25–50% der postmenopausalen Frauen liegt eine asymptomatische Bakteriurie vor, die keiner Therapie bedarf 4 die antibiotische Therapie sowohl der Zystitis als auch der Pyelonephritis unterscheidet sich nicht von den Behandlungsregimen der prämenopausalen
Gesunde junge Männer 4 in dieser Gruppe sind Harnwegsinfekte in der Regel komplizierte Infekte 4 selten werden die akuten Episoden als unkomplizierte Harnwegsinfekte eingestuft 4 die asymptomatische Bakteriurie wird nicht behandelt 4 eine differenzierte Diagnostik ist in dieser Patientengruppe immer erforderlich
Klinik 4 4 4 4 4
die Symptomatik ist wie bei der Zystitis der Frau eine Urethritis sollte mittels Harnröhrenabstrich ausgeschlossen werden das Erregerspektrum entspricht dem Spektrum bei der Frau körperliche Untersuchung einschließlich rektaler Palpation der Prostata! eine gezielte Anamnese bezüglich der Miktion und prostatischer Beschwerden sollte durchgeführt werden 4 Urinkultur ist obligat
Therapie 4 bei der unkomplizierten Zystitis werden die gleichen Antibiotika äquivalent zur Frau verordnet (außer Fosfomycintrometamol, Pivmecillinam und Nitrofurantoin) 4 die Therapie der Pyelonephritis wird äquivalent wie bei der Frau empfohlen 4 der PSA-Wert ist aufgrund des Harnwegsinfekts nicht beurteilbar, erst 6 Monate nach ausheilen des Infektes kann der PSA-Wert wieder beurteilt werden
Patienten mit Diabetes mellitus und stabiler Stoffwechsellage 4 bestehen keine weiteren Risikofaktoren, können die Harnwegsinfekte in dieser Gruppe als unkompliziert angesehen werden 4 bei mangelhaft eingestelltem Diabetes mellitus oder relevanten Spätkomplikationen wird der Harnwegsinfekt als kompliziert eingestuft
497 4.6 · Entzündungen des Urogenitaltrakts
! Cave Nota bene: Blutzuckerentgleisung unter Infekt
4 für die Diagnostik bei unkomplizierter Zystitis oder Pyelonephritis gilt gleiches wie bei nicht diabetischen Patienten 4 die antibiotische Therapie der Zystitis und Pyelonephritis erfolgt in gleicher Weise wie bei Patienten ohne Diabetes Mellitus 4 Bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus ist wegen drohender Stoffwechselentgleisung eine frühzeitige stationäre Überwachung erforderlich 4 Die asymptomatische Bakteriurie ist nicht behandlungswürdig
Urinuntersuchung/Gewinnung 4 als Grenzwert gilt die von Kass angegebene Zahl von 105 KBE/ml Urin (sogenannt »signifikante Bakteriurie«) zur mikrobiologischen Diagnose einer Harnwegsinfektion 4 bei entsprechenden klinischen Symptomen kann bereits eine Erregerzahl von 103–104 KBE/ml relevant sein, vorausgesetzt, es handelt sich um Reinkulturen (d.h. nur eine Art von Bakterien) typischer Uropathogene 4 bei einem suprapubischen Harnblasenpunktat gilt jede Erregerzahl als signifikant 4 der Morgenurin ist für die Urindiagnostik am besten geeignet 4 die Urindiagnostik (wenn sie erforderlich ist) sollte vor Beginn einer antibiotischen Therapie liegen 4 eine Kontamination soll durch Spreizen der Labien, Reinigen des Meatus urethrae und Gewinnung von Mittelstrahlurin verhindert werden 4 in Sonderfällen sollte der Urin mittels Einmalkatheterismus oder Punktion gewonnen werden: 5 Schwierigkeiten einen kontaminationsfreien Mittelstrahlurin zu gewinnen 5 unklarer mikrobiologischer Befund 5 unklare Leukozyturie 4 Urinproben sollten 5 wenn möglich unverzüglich verarbeitet werden oder 5 bei 2–8 °C gelagert werden 4 der Urinteststreifen wird durch unterschiedliche Faktoren falsch positiv oder falsch negativ beeinflusst 4 bei entsprechender Erfahrung kann die Urinmikroskopie zuverlässig zumindest einen Harnweginfekt ausschließen
4.6.2
Prostatitis
Einteilung 4 Grundlage der aktuellen Einteilung des NIH (National Institutes of Health) in 4 Kategorien sind: 5 Symptomatik 5 Erregernachweis 5 Leukozytenbefund
4
Eigene Notizen
498
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
Kategorie
Klinische Bezeichnung
Symptomatik
I
akute bakterielle Prostatitis
akuter bakterieller Infekt
II
chronisch-bakterielle Prostatitis
chronisch bakterieller Infekt
III
chronische Prostatitis/chronisches Schmerzsyndrom des Becken
kein Erregernachweis
IIIa
entzündliches chronisches Schmerzsyndrom des Becken
erhöhte Leukozyten in Prostataexprimat oder Ejakulat
IIIb
nichtentzündliches chronisches Schmerzsyndrom des Beckens
keine erhöhten Leukozytenzahlen im Prostataexprimat oder Ejakulat
IV
asymptomatisch-entzündliche Prostatitis
keine Symptome bei Nachweis von Leukozyten
Ätiologie 4 NIH-Typ I/II: 5 gleiches Erregerspektrum wie bei Harnwegsinfektion 5 vorwiegend gramnegative Enterobakter, E. coli 5 meist eine kanalikuläre Infektion durch Reflux in die Prostatakanälchen bei Harnwegsinfekt 4 NIH-Typ IIIa: 5 definitionsgemäß ist hier kein Erregernachweis möglich; abakterielle Prostatitis! 5 Ätiologie ist nicht geklärt 5 ob eine aszendierende Urethritis mit Mykoplasmen oder Chlamydien, die der Diagnostik häufig entgehen, für die Symptomatik verantwortlich ist, wird diskutiert 4 NIH-IIIb: 5 Die Ätiologie ist unklar 5 Früher als Prostatodynie bezeichnet 5 Eine Assoziation zu Rektumveränderungen, Blasenhalsstenosen, funktionellen Miktionsstörungen und psychosomatischen Erkrankungen sind bekannt
Klinik 4 Akute bakterielle Prostatitis: 5 Fieber 5 allgemeines Krankheitsgefühl 5 perineale Schmerzen 5 obstruktive Miktionsbeschwerden 5 Schmerzen bei der Miktion 4 Chronische bakterielle Prostatitis: 5 prostatische Symptome J Schmerzen, Dysurie, Pollakisurie >3 Monate 5 rezidivierende Harnwegsinfekte bei jungen Männern 5 häufig asymptomatisch zwischen Episoden
499 4.6 · Entzündungen des Urogenitaltrakts
5 Störungen der Sexualfunktion (Potenz, Ejakulation) 5 selten Allgemeinsymptome wie Rückenschmerzen, Myalgien
Diagnostik 4 Akute bakterielle Prostatitis: 5 typische Symptomatik 5 digital-rektale Untersuchung mit ödematös veränderter Prostata und starkem Druckschmerz 5 Urinkultur, Blutkultur, Urinstatus 5 erhöhtes Serum PSA 5 transrektale Sonographie (Ausschluss Prostataabszess) 4 Chronische bakterielle Prostatitis: 5 4-Gläser-Probe ist mikrobiologische Standarddiagnostik J gesonderte Abnahme von der ersten Portion der Miktion, Mittelstrahlurin, Prostatasekret und Exprimaturin 5 Ejakulat 5 bei unklarer Befundlage werden Zusatzuntersuchungen empfohlen: J Uroflowmetrie J Urethrozystoskopie J Urodynamik (Blasendruckmessung) J Proktoskopie J Psychosomatik
Therapie Die Therapie wird kategoriespezifisch durchgeführt: 4 NIH I und II: 5 zunächst Empirische antibiotische Therapie (i.v. bei milden klinischen Verläufen auch oral) 5 Mittel 1. Wahl: Fluorchinolone 5 testgerechte antibiotische Therapie (4 Wochen) 5 bei Miktionssymptomatik begleitend α-Blocker 5 Katheter bei Harnverhalt oder größeren Restharnmengen 5 Drainage bei Prostataabszess (>1 cm) 4 NIH III: 5 eine rationale Therapie ist in dieser Kategorie nicht möglich 5 bei Verdacht auf Ureaplasmen- oder Chlamydieninfekt kann ein Therapieversuch mit Tetrazyklin unternommen werden (2 Wochen) 5 medikamentös kann eine α-Blocker, Anticholinergika, nichtsteroidales Antiphlogistikum (NSAR) mit wechselndem Erfolg eingesetzt werden 5 lokale symptomatische Therapien wie Sitzbäder oder Wärmetherapie können Linderung der Symptomatik herbeiführen 5 ! Cave Bei NIH IIIb ist eine probatorische Antibiotikatherapie nicht gerechtfertigt 5 eine psychosomatische Therapie sollte mit dem Patienten bei erfolgloser Therapie der NIH IIIb erwogen werden
4
Eigene Notizen
500
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4.6.3
Urogenitale Tuberkulose (UGT)
Ätiologie 4 Haupterreger: Mycobacterium tuberculosis
Inzidenz
4
4 jährlich 9,2 Mio. Neuerkrankungen der Tuberkulose weltweit, wobei 95% in den 3.-Welt-Ländern auftreten 4 in Europa gehäuftes Vorkommen in Osteuropäischen Ländern 4 ! Cave Es besteht eine sehr hohe Assoziation mit HIV 4 Mortalität der Tuberkulose: 1,7 Mio. (18%) 4 Deutschland: 5 Inzidenz der Tuberkulose rückläufig, hat sich in den letzten 10 Jahren halbiert 5 derzeit 5,5/100.000 Einwohner; ca. 4.500 Neuerkrankungen pro Jahr 5 bei Migrationshintergrund: 6 fach erhöhtes Risiko 5 urogenitale Tbc-Erkrankungen (UGT) machen nur 2,1% aller TbcErkrankungen aus 4 ! Cave Tuberkulose ist eine meldepflichtige Erkrankung 4 Die UGT hat ein gehäuftes Vorkommen ab dem 5. Lebensjahrzehnt
Pathogenese 4 der Primärbefall der Tbc findet in der Lunge oder im Darm statt, hier entsteht der Primärkomplex: 5 Primärherd + Lymphknoten 4 bei der Spätform der Generalisation befällt der Infekt ein weiteres Organsystems, z.B. UGT 4 Erkrankung verläuft in 2 Phasen: 5 exsudative Form: Exsudation + Nekrose/Verkäsung 5 produktive Form: Tuberkelbildung: Epitheloidzellen, Lymphozyten + Langerhans-Riesenzellen um Nekrose herum → Vernarbung (enthält lebendige Tbc-Bakterien)
Klinik 4 4 4 4 4 4 4 4
chronisch-rezidivierende Harnwegsinfekte mit Drang-Symptomatik Flankenschmerzen Hypertonie im späteren Verlauf chronische, z.T. fistelnde Nebenhodenentzündungen bei vorwiegend hämatogener Streuung abakterielle Leukozyturie (70%) Mikrohämaturie (50%) fehlender Nachweis von klassischen Erregern der Harnwegsinfekte ! Cave Sterile Leukozyturie
Diagnostik 4 > Memo Den wichtigsten Hinweis auf eine UGT erhält man bei der Anamnese. 4 bis zu 30 Jahren kann die Latenzzeit zwischen Primärinfekt und sekundärer UGT betragen
501 4.6 · Entzündungen des Urogenitaltrakts
4 75% weisen einen auffälligen Röntgen-Thorax auf 4 Labor: 5 latenter Infektionsnachweis: Tuberculin-Skin-Test (TST): AntigenInjektion in die Haut → T-Lymphozyten-vermittelte verzögerte Hypersensitivitätsreaktion (48–72 h) 5 aber: ein negativer TST schließt insbesondere UGT nicht aus! 5 IFNγ-Release Assay (IGRA): Antigen-Injektion in den Blutstrom → Messen der IFNγ–Produktion durch T-Zellen (Sensitivität >80%) 4 Erregernachweis: 5 3 (besser 5) aufeinanderfolgende Morgenurin-Proben in einem Spezialmedium (Löwenstein-Jensen Medium); Dauer: 3–4 Wochen 5 die Ziehl-Neelsen-Färbung des Urins hat nur eine gering Sensitivität und gilt als unzuverlässig 5 am schnellsten und zuverlässigsten gelingt der Nachweis des Erregers mittels PCR (Dauer: 2 Tage) 4 radiologisch: 5 im AUG zeigen sich vor allem Spätkomplikationen der UGT: J Kelchdestruktionen, Kavernen, Ektasien, Harnleiterstenose, Gänsegurgelureter, Hydronephrose, stumme Niere 5 im Zystogramm ist der Bild der Schrumpfblase mit gegebenenfalls vorliegendem vesikoureteralen Reflux sichtbar
Therapie 4 da die antituberkulotische Therapie vernarbend wirkt, müssen hieraus entstehende Komplikationen frühzeitig erkannt und behandelt werden, z.B. Harnableitung bei Harnstauungsnieren 4 im Verlaufe der Therapie kann ein operatives Vorgehen Notwendig sein: 5 bei kompletter Nierendestruktion oder Schrumpfniere: Nephrektomie 5 Orchiektomie bei Hodenbefall 4 die medikamentöse Therapie erfolgt äquivalent zur Therapie der, von der WHO empfohlenen TBC-Therapie: 5 Start mit einer 2-monatigen 3- oder 4-fach-Kombination 5 gefolgt von einer 4-monatigen 2-fach-Kombination 5 bei komplizierenden Faktoren (HIV, Rezidiv) wird eine 9–12-monatige Therapie durchgeführt Medikamentöse Therapie der UGT Phase 1 (2 Monate)
Phase 2 (4 Monate)
Isoniszid (INH)
5 mg/kg
Isoniazid (INH)
Rifampicin (RMP)
10 mg/kg
Rifampicin (RMP)
Pyrazinamide (PZA)
25–35 mg/kg
Ethambutol (EMB)
25 mg/kg
4
Eigene Notizen
502
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
Nachsorge der UGT 4 innerhalb der ersten 2 Jahre: 5 halbjährliche Kontrolle: J Urinsediment J Erreger-/Resistenzbestimmung J Urinkultur auf Tbc J Kreatinin und Harnsäure im Serum J Leberwerte 4 weitere 3 Jahre: 5 jährliche Kontrolle: J Urinsediment J Serum-Kreatinin J bei pathologischem Urinbefund Urin- und Tbc-Kulturen
4.7
Verletzungen und Notfälle D. Pfister
4.7.1
Nierentrauma
Inzidenz 4 1–5% aller Traumapatienten 4 m:w = 3:1
Ätiologie 4 Art des Traumas: 5 stumpf (90–95%): J Motorrad- und Verkehrsunfälle (50%) J Stürze (16%) J Nierenlazeration Gefäßverletzungen (10–15%) 5 penetrierend (in Städten in bis zu 20%): J Schuss- und Stichverletzungen
Klassifikation 4 analog der American Association for the surgery of trauma (AAST) in Grad 1–5 (. Tabelle) AAST-Klassifikation Grad 1–5 Grad
Beschreibung der Verletzung
1
5 Kontusion oder stabiles subkapsuläres Hämatom 5 keine Lazeration
2
5 stabiles perirenales Hämatom 5 kortikale Lazeration <1 cm ohne Extravasat
3 6
5 kortikale Lazeration >1 cm ohne Extravasat
503 4.7 · Verletzungen und Notfälle
AAST-Klassifikation Grad 1–5 Grad
Beschreibung der Verletzung
4
5 Lazeration bis ins Hohlsystem oder 5 Segmentarterien oder -venen: 5 Verletzung mit Hämatom 5 Gefäßeinriss oder Gefäßthrombose
5
5 Nierendestruktion oder 5 Gefäßstielabriss
Modifiziert nach Guidelines on urological trauma, European Urology
Diagnostik 4 4 4 4
Labor und Urinanalyse (falsch negative in 3–10%) Ultraschall intravenöses Pyelogramm CT-Abdomen (Gold-Standard)
Therapie 4 konservativ: 5 alle Grad-1- und -2-Traumen 4 endourologisch (Ableitung mit DJ/perkutaner Nephrostomie) 5 Grad-3-Trauma-Extravasation, Urinom 4 absolute Indikation zur offenen Exploration (<10%): 5 hämodynamische Instabilität bei Nierenblutung 5 Grad-4- und -5-Traumen J Zugang transperitoneal empfohlen J in 13% Nephrektomie erforderlich J alternativ bei fehlender absoluter Indikation: selektive Embolisation
Komplikationen 4 4 4 4 4 4 4
Infektionen perinephritischer Abszess Urinom Urin-Fisteln Aneurysma Hypertonus Blutung
4.7.2
Uretertrauma
Inzidenz 4 <1% aller urologischen Traumen 5 75% iatrogen (73% gynäkologisch, 14% viszeralchirurgisch, 14% urologisch) 5 18% stumpfes Trauma 5 7% penetrierendes Trauma
4
Eigene Notizen
504
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Diagnostik 4 Keine spezifischen Symptome, bei verschleppter Diagnose obere Harnstauung, Urinfistel und Sepsis 4 CT-Abdomen 4 bei nicht vorhandenem CT intravenöses Pyelogramm, retrograde Darstellung
4
Klassifikation Anhand der American Association for the surgery of trauma (AAST) (. Tabelle) Klassifikation anhand der AAST Grad
Beschreibung der Verletzung
1
Hämatom
2
Lazeration <50% der Zirkumferenz
3
Lazeration >50% der Zirkumferenz
4
komplette Ruptur mit Devaskularisation <2 cm
5
komplette Ruptur mit Devaskularisation >2 cm
Modifiziert nach Guidelines on urologic trauma, European urology
Therapie 4 partielle Ruptur Grad 1 und 2: 5 Ureterstent oder perkutane Nephrostomie für 3 Wochen 5 bei iatrogener Verletzung Grad 2 und 3 Reanastomose und Stenteinlage 4 komplette Ruptur Grad 3 und 4: 5 offene Rekonstruktion in Abhängigkeit der Lokalistation J oberes Drittel: Ureteroureterostomie, Transureterostomie, Kalikoureterostomie J mittleres Drittel: Ureteroureterostomie, Boari-Flap, Transureterostomie J unteres Drittel: Harnleiterneueinpflanzung, Psoas-HitchTechnik J bei komplettem Harnleiterverlust: Autotransplantation, IleumInterponat
4.7.3
Blasentrauma
Ätiologie 4 70–97% der Patienten mit stumpfem Trauma und Blasenperforation mit begleitender Beckenfraktur 4 30% der Patienten mit Beckenfraktur haben eine Blasenperforation
505 4.7 · Verletzungen und Notfälle
Klassifikation 4 analog der American Association for Surgery of Trauma, AAST in Grad 1–5 (. Tabelle) Grad
Beschreibung der Verletzung
I
Hämatom, Kontusion
II
Lazeration extraperitoneale Blasenwandverletzung <2 cm
III
Lazeration extraperitoneale (>2 cm) oder intraperitoneale (<2 cm) Blasenwandverletzung
IV
Lazeration intraperitoneale Blasenwandverletzung >2 cm
V
Lazeration intraperitoneale oder extraperitoneale Blasenwandverletzung mit Blasenhals und Trigonumbeteiligung
Klinik 4 Makrohämaturie (85%) und abdominelle Symptomatik (62%) 4 Harnverhalt 4 skrotale und perineale Schwellung
Diagnostik 4 retrogrades Urethrogramm zum Ausschluss einer begleitenden Harnröhrenverletzung 4 Zystogramm als Standard mit mindestens 350 ml Kontrastmittel 4 CT-Zystogramm (Blasenfüllung mit mindestens 350 ml)
Therapie 4 Stabilisierung des Patienten 4 extraperitoneal: 5 konservative Therapie mit Katheterdrainage (Ausheilung von 87% innerhalb von 10 Tagen und 100% nach 3 Wochen) 5 operative Intervention nur bei Knochenfragmenten in der Blase und bei Trigonumbeteiligung 4 intraperitoneal: 5 Indikation zur operativen Therapie 5 Mortalität durch Begleitverletzungen 20–40%
4.7.4
Verletzungen der Urethra
Ätiologie 4 kombiniert mit Blasenverletzungen in 10–20% beim Mann 4 kombiniert mit Beckenfraktur in 4–19% beim Mann und 0–6% bei der Frau 4 bis 60% der posterioren Urethraruptur mit erektiler Dysfunktion als Spätkomplikation
4
Eigene Notizen
506
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Klassifikation 4 analog der American Association for Surgery on trauma, AAST Grad 1–5
4
Grad
Beschreibung der Verletzung
I
Kontusion: Blut am Meatus, normales Urethrogramm
II
Elongation der Urethra ohne Extravasation im Urethrogramm
III
partielle Ruptur: Extravasation und Kontrastmittel in der Blase
IV
komplette Ruptur: Extravasation ohne Nachweis von KM in der Blase Defekt <2 cm
V
komplette Ruptur: Defekt >2 cm oder Beteiligung der Prostata oder Vagina
Diagnostik 4 erforderlich bei: 5 Blut am Meatus 5 Hämaturie und Blut am Introitus vaginae 5 Dysurie oder Harnverhalt 5 perineales, peniles Hämatom oder Schwellung der Labien 4 retrogrades Urethrogramm als Standard
Therapie 4 Anteriore Urethra: 5 partielle Ruptur: J Dauerkatheter oder suprapubischer Katheter für 4 Wochen, Antibiose zur Vermeidung von Komplikationen insbesondere Infektion, Strikturen und Fisteln J definitive Versorgung nach Abschluss der Wundheilung nach 3 Monaten: endoskopisch bei kurzstreckigen leichten Strikturen, ausgedehnte Strikturen <1 cm penil und <2 cm bulbär mittels End-zu-End-Anastomose, längere Strikturen mittels Urethrarekonstruktion (z.B. Mundschleimhaut) 5 komplette Ruptur: End-zu-End-Anastomose oder Urethrarekonstruktion mittels Mundschleimhaut nach 6 Monaten 4 Posteriore Urethra: 5 partielle Ruptur: J Versorgung mit Zystofix-Katheter und retrograde Urethrogramme alle 14 Tage bis Ausheilung J definitive Versorgung: wie anteriore Urethra 5 komplette Ruptur: Daten kontrovers: J akut 10 Tage nach Ereignis endoskopische Herstellung der Kontinuität J direkte offene Rekonstruktion (experimentell!) J verzögerte Therapie 14 Tage nach Ereignis insbesondere bei Frauen (bei Männern sollte sie vermieden werden)
507 4.7 · Verletzungen und Notfälle
J verzögert nach Abschluss der Wundheilung begleitender orthopädischer Verletzungen, nicht früher als 3 Monate nach initialer Verletzung (Standard) »cut tot he light« als endoskopische Therapie mit hoher Rezidivrate!
4.7.5
Penisfraktur
Ätiologie 4 Stumpfes Trauma des erigierten Penis meist im Rahmen von Geschlechtsverkehr
Klinik 4 sofortige Detumeszenz 4 progredientes Hämatom 4 palpable Lücke der Tunica albuginea bei nicht zu ausgedehntem Hämatom
Diagnostik 4 selten bildgebende Verfahren erforderlich: 5 Kavernosographie/MRT
Therapie 4 operative Freilegung und Übernähung des Defekts
4.7.6
Hodentrauma
Klinik 4 Hodenruptur mit unmittelbaren Schmerzen und Übelkeit verbunden 4 Palpation des Hodens bei zunehmender Schwellung des Skrotums schwierig
Diagnostik 4 mittels hoch auflösendem Ultraschall (7,5 MHz) oder MRT
Therapie 4 bei Zweifel Freilegung des Hodens
4.7.7
Harnverhalt
Definition 4 akute mechanische oder funktionelle Störung in der Entleerung der Harnblase
Ätiologie 4 Prostatahyperplasie 4 Prostatakarzinom
4
Eigene Notizen
508
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
4
4 4 4 4 4 4
Prostatitis Blasenhalssklerose Meatusstenose Phimose neurologische Grunderkrankungen Bandscheibenvorfall
Diagnostik 4 Ultraschall
Therapie 4 sofortige Entlastung durch Dauerkathetereinlage oder Zystofix-Katheter Anlage
4.7.8
Steinkolik
Klinik 4 kolikartige Schmerzen in der Flanke mit Ausstrahlung je nach Steinlokalisation 4 begleitet von vegetativen Symptomen
Diagnostik 4 4 4 4 4 4
Urinanalyse Labor Ultraschall Abdomen-Übersicht nativ-CT (Standard) intravenöses Pyelogramm
Therapie 4 Spasmoanalgesie 4 bei Beschwerdepersistenz DJ-Katheter oder perkutane Nephrostomie
4.7.9
Hodentorsion
Inzidenz 4 Altersgipfel: zwischen 13 und 17 4 prinzipiell in jedem Lebensalter möglich 4 50% nachts
Klinik 4 plötzlich auftretendes Ereignis!
Diagnostik 4 Inspektion des Skrotalfachs: 5 hochstehender, achsenverdrehter, harter und druckdolenter Hoden 4 Dopplersonographie häufig hilfreich, aber nicht wegweisend
509 4.7 · Verletzungen und Notfälle
Therapie 4 sofortige Detorquierung mittels operativer Freilegung
4.7.10
Priapismus
Definition 4 schmerzhafte Dauererektion ohne Libido, Ejakulation und Orgasmus 4 Glans penis und Corpus spongiosum sind nicht betroffen, daher normale Miktion möglich
Ätiologie 4 4 4 4 4
60% idiopathisch Sichelzellanämie Tumore Traumen zunehmend an Bedeutung :iatrogen durch 5-PhosphodiesteraseHemmer und SKAT 4 90% Low-Flow-Priapismus mit venöser Stase und venösem oder subvenösem Typ in der Blutgasanalyse 4 10% High-Flow-Priapismus mit arteriellen Werten in der Blutgasanalyse
Diagnostik 4 4 4 4 4
Anamnese Inspektion Laborstatus neurologischer Status radiologische Untersuchung
Therapie 4 Punktion der Corpora cavernosa mit Aspiration des Blutes 4 Spülung mit NaCl 0,9% und Heparin 4 Applikation von Sympathomimetika unter intensivmedizinischer Überwachung 4 supraselektive Embolisation bei persistierendem Priapismus vom HighFlow-Typ 4 Operation mit Shunt-Anlagen zwischen: 5 Glans penis und Corpora cavernosa 5 Corpora cavernosa und Corpora spongiosum 5 Corpora cavernosum und V. saphena magna
4.7.11
Paraphimose
Definition 4 Schwellung des inneren Präputialblattes durch Einklemmung des Präputiums im Sulcus coronarius (spanischer Kragen)
4
Eigene Notizen
510
Kapitel 4 · Urologie
Eigene Notizen
Diagnostik 4 optische Inspektion
Therapie 4 manuelle Reposition in lokaler Anästhesie 4 operativ mit dorsaler Längsinzision und Quervernähung
4
511
A–C
Stichwortverzeichnis A AAST-Klassifikation 502 ABCDE-Schema 213, 258 Abrissfraktur 165 Abszess 56, 57, 265, 266, 289, 290 Achillessehnenruptur 122, 123, 247–249 Achillodynie 125, 126 Achondroplasie 2 Adenom – ACTH-produzierendes 346 – HGH-produzierendes 346 – TSH-produzierendes 346 AIS-Körperregionen 256 Aitken-Klassifikation 239, 284 Akromioklavikulargelenkverletzungen 172–174 Akromioklavikulargelenkarthrose 80 Akromioklavikulargelenksprengung 285 Algodystrophie 275 Amygdalohippokampektomie 368 Anderson-D’Alonso-Klassifikation 282 Andrews-Läsion 176 Androgenblockade 427 Androgendeprivation 425–427 Anejakulation 463, 464 Antetorsionssyndrom 144, 145 AO-Klassifikation 282 Apley-Grinding-Zeichen 116 Apophysitis calcanei 134 Apprehension-Test 87, 112 Arbeitsunfall 280 Arthritis – bakterielle 59, 60 – juvenile chronische 18, 19 – psoriatica 17 – rheumatoide 15, 16
Arthropathie – hämophile 20, 21 – metabolische 19, 20 Arthrosis deformans 81 Ashurst-Bromer-Klassifikation 238 Asthenozoospermie 465 Astrozytom, pilozytisches 347 Ataxie 159 Athetose 159 Atlasbogenfraktur 283 Atlas-Fraktur 206, 207, 283 ATLS 213, 258 Ausscheidungsurographie 386, 484 Außenrotations-Lag-Zeichen 84 Azetabulumfraktur 216–218, 283 Azoospermie 465
B Bado-Klassifikation 282 Baker-Zyste 115, 116 Bakteriurie, asymptomatische 495, 496 Balanitis xerotica obliterans 402 Ballenhohlfuß 153 Bambusstabform 16 Bandscheibenvorfall 72, 73, 332–336 – lumbaler 332–335 – zervikaler 335, 336 Bankart-Läsion 87, 176 Barlow-Zeichen 138 Beckenfraktur 211, 212 Beckenringfraktur 212–216, 285 Beckenringverletzungen 211, 212 Beckentamponade 214 Beckenverletzungen 211–218 Beckenzwinge 214 Belastungsinkontinenz 467, 469, 470 Belly-press-Test 84
H. Clusmann et al., Chirurgie IN 5 TAGEN, DOI 10.1007/978-3-642-20475-3, © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2012
Bennett-Fraktur 311 Berufskrankheit 280 Beugesehnenverletzungen 304–306 Bewusstseinsstörungen 321 Biegungsfraktur 165 Bizepssehnenruptur 91, 92 black disc 64, 71 Blase 7 Harnblase Blasenkarzinom 7 Harnblasenkarzinom Blasentumorresektion, transurethrale 386, 387 Blutung – epidurale 7 Epiduralhämatom – intrazerebrale hypertensive 353, 354 – intrazerebrale atypische 354, 355 – subarachnoidale 7 Subarachnoidalblutung – subdurale 7 Subduralhämatom Bobath-Konzept 279 Böhler-Test 116 Brachialgie 64 Bragard-Zeichen 64 brauner Tumor 34, 35 Brustwirbelsäule, Verletzungen 208–211 Burning-Feet-Syndrom 132 Bursitis – olecrani 94, 95 – praepatellaris 105
C Cam-Impingement 102, 103 Carotis-Sinus-cavernosus-Fistel 361 Catterall-Klassifikation 141 Chaissaignac-Lähmung 189 Charcot-Fuß 132
Stichwortverzeichnis
512
Charcot-Marie-Tooth-Syndrom 150 Chemonukleolyse 65 Chiari-Beckenosteotomie 140 Chiari-Malformation 324 Chiasmasyndrom 346 Chondrokalzinose 20 Chondromalacia patellae 112, 113 Chondromatose 21 – synoviale 36 Chondromblastom 29 Chondropathia patellae 112, 113 Chondrosarkom 41–43 Chondrose 64 Chopart-Gelenkluxation 241, 243, 251 Chordom 38 Chorionkarzinom 431 Claudicatio – intermittens 74 – spinalis 74 Codman-Dreieck 25 Codman-Tumor 29 Commotio 358 complex regional pain syndrome 275–277 Coxa – antetorta 99, 144 – retrotorta 99 – saltans 100, 101 – valga 98 – vara 98 Coxitis fugax 99, 143, 144 Crank-Test 86 CRPS 275–277 Cuff-Arthropathie 81
D Dandy-Walker-Fehlbildung 325, 326 Danis-Weber-Klassifikation 283 Dashboard-Verletzung 220 Defektpseudoarthrose 264 Dekompression, neurovaskuläre 369 Denis-Klassifikation 282
Dens-axis-Fraktur 207, 208 Densfraktur 282 Dermatofibrosarcoma protuberans 52 Dermatom 64 digitale rektale Untersuchung 415 Digitus quintus varus superductus 129 Diparese 159 Diskographie 68 Diskusprolaps 72, 73, 332–336 Dislokation, atlantookzipitale 206 Doppelniere 441 Dornfortsatzfraktur 205 Dornwarze 130 Dorsalgie 64 Dottersacktumor 431 Dranginkontinenz 470 Drop-Arm-Zeichen 84, 180 Drug-Stones 478 Ductus-Bellini-Karzinom 375 Dysfunktion, erektile 459–462 Dysplasie – fibröse 4, 32, 33 – kleidokraniale 3 – multiple epiphysäre 3 – osteofibröse 32 – spondyloepiphysäure 3 Dysraphie 473 Dystrophie 6
E Effendi-Klassifikation 283 Ehlers-Danlos-Syndrom 7 Ejaculatio praecox 462, 463 Ejakulation, retrograde 463, 464 Ejakulationsstörungen 462–464 Elektrotrauma 301 Ellenbogenfraktur 189, 190 Ellenbogengelenkarthrose 92 Ellenbogenluxation 187, 188 – humeroulnare 187 Empyem 59, 291 – epidurales 372 – spinales 337
– subdurales 372 Enchondrom 28 Enchondromatose 4, 28 Entenschnabel 243, 244 Enuresis nocturna 458 Ependymom 338 Epicondylitis humeri radialis et ulnaris 93 Epiduralhämatom 361, 362 Epikondylitis – laterale 93 – mediale 94 Epilepsie 367, 368 – extratemporale fokale 367 – generalisierte 368 – katastrophische 367 – Operation 368 Epiphysenfraktur 254 Epiphysiolyse 254 Epiphysiolysis capitis femoris 99, 142, 143 Epispadie 451 Epispadie-Exstrophie-Komplex 450, 451 Erb-Lähmung 157 erektile Dysfunktion 459–462 Erektionsstörungen 459–462 Erysipel 267, 268, 290 Essex-Lopresti-Klassifikation 243, 283 Essex-Lopresti-Verletzung 197, 198 Euler-Rüedi-Klassifikation 283 Ewing-Sarkom 40, 41 Exostose, multiple kartilaginäre 3, 4
F Fanconi-Syndrom 9 Fasziitis, nekrotisierende 268, 269, 292, 293 Faszillation, periphere neuromuskuläre 279 Federtest 66 Femorkopffraktur 219–221
513 Stichwortverzeichnis
Femurdefekt, proximaler fokaler 149 Femurfraktur – distale 227 – pertrochantäre 224, 225 – proximale 218, 219 Femurschaftfraktur 225–227 Fersensporn 135 Fibromatose, superfizielle 52 Fibromyalgie 21, 22 Fibrosarkom 52, 53 Fibulaaplasie 149 Fibulahypoplasie 149 Fieber, rheumatisches 18 Finger, schnellender 306 Finger-Boden-Abstand 66 Fingerfraktur 307, 308 Fluoreszenzzystoskopie 385 Fraktur – geschlossene 168 – im Kindesalter 253 – offene 168 – pathologische 164 – traumatische 164 Frakturbehandlung 166, 167, 254, 255 Frakturdislokalisation 165 Frakturheilung – primäre 165, 166 – sekundäre 165, 166 Frakturzeichen 164 Frankel-Schema 204, 283 Fremdkörpergranulom 288, 289 Frozen Shoulder 90, 91 Frykman-Klassifikation 283 Fulcrum-Test 87 Fusion, lumbale interkorporelle 65 Fuß – diabetischer 132, 133 – rheumatischer 131, 132 Fußhöcker, dorsaler 131 Fußknochen-Coalitio 135 Fußverletzungen 241–252 Fußwurzelfraktur 245, 246 Fußwurzelknochen, akzessorischer 134 Fußwurzelknochenluxation 251, 252
G Gage-Zeichen 141 Galeazzi-Fraktur 196, 197 Ganglion, intraossäres 34 ganz bump 103 Garden-Klassifikation 222 Gardner-Syndrom 26 Gasbrand 291, 292 Gehirnerschütterung 358 Gehweiler-Klassifikation 283 Gelenkchondromatose 21, 36 Gelenkfraktur 254 Gelenkinfektion 273–275 Genu – recurvatum 107, 108 – valgum 108, 109 – varum 108, 109 Gesichtsskoliose 154 Gicht 19, 20 Glasgow Coma Scale 321 Glasknochenkrankheit 5, 6 Gleason-Score 412 Glioblastom 341–343 Gliom 340–343 Glutealgie 64 Golferellenbogen 94 Gonarthrose 120–122 Granulom, eosinophiles 33 Griffelschachtel-Plastik 123 Grisel-Syndrom 155 Grünholzfraktur 165, 253 Gustilo-Anderson-Klassifikation 283
H Hackengang 66 Hagelund-Exostose 134, 135 Hallux – rigidus 128 – valgus 127 Halsband der Hundefigur 163 Halswirbelsäulendistorsion 205 Halswirbelsäulenverletzungen 204–209
C–H
Hämatom – epidurales 361, 362 – subdurales 362, 363 Hammerzehe 128, 129 Hand – Infektionen 315–317 – Nervenverletzungen 314 – Verletzungen 303, 304 Handgelenkfraktur 312 hangman’s fracture 208 Harnableitung 388, 389 – inkontinente 389 – kontinente 389 Harnblase – Entleerungsstörungen 457–459, 467 – neurogene 459, 473–475 – überaktive 470 – Seicherstörungen 467 Harnblasenexstrophie 450, 451 Harnblasenkarzinom 385–391 – 7 a. Urothelkarzinom, Harnblase – Klassifikation 382, 384 – Klinik 384, 385 – lokal fortgeschrittenes 390 – metastasiertes 390, 391 – muskelinvasives 388, 390 – nicht muskelinvasives 390 Harnblasentrauma 504, 505 Harnblasenverschluss, insuffizienter 467 Harninkontinenz – extraurethrale 470 – im Alter 472, 473 – kindliche 457, 458 Harnleiteranomalien 443–448 Harnleiterektopie 445 Harnröhrenanomalien 447–449 Harnröhrenklappe 448, 449 Harnsäurestein 478, 480 Harnsteinmetaphylaxe 490 Harnverhalt 507, 508 Harnwegsinfektion, unkomplizierte 490–497 Harrington-Klassifikation 77 Hawkins-Klassifikation 242, 283
514
Stichwortverzeichnis
Heilbehandlung – allgemeine 281 – besondere 281 Heilverfahren, berufsgenossenschaftliches 280–282 Hemikraniektomie, dekompressive 357 Hemiparese 159 Hemipelvektomie 214 Hemisphärektomie 368 Herring-Klassifikation 141 Hill-Sachs-Läsion 87, 176 Hinge-Abduktion-Phänomen 141 Hirnabszess 371, 372 Hirndruck, erhöhter 320 Hirndurchblutung 320 Hirninsult 355–357 Hirnkontusion 364, 365 Hirnmetastasen 348, 349 Hirnnerventumoren 345 Hirnstammgliom 347 Hirnstimulation, tiefe 365–367 Hirntod 321 Hirntumoren 340–343 – kindliche 347, 348 Histiozytose X 33 Hodentorsion 453, 454, 508 Hodentrauma 507 Hodentumor 429–439 – 7 a. Keimzelltumoren – Diagnostik 433, 434 – im Kindesalter 457 – Klassifikation 430–432 – Klinik 432, 433 – Metastasierung 430 – Therapie 434–439 – Tumormarker 433 Hornblower-Zeichen 84 Horner-Syndrom 157 Hufeisenniere 442 Hüfterkrankungen, degenerative 96, 97 Hüftgelenkdysplasie 99 – kindliche 138–140 Hüftgelenkinfekt, septischer 144 Hüftgelenkluxation 99 – kindliche 138–140 Hüftgelenknekrose 101, 102
Hüftschnupfen 99 Hühnerbrust 79 Humeruskopffraktur 176, 181–183, 285 Humerusschaftfraktur 183–185 Hydatidentorsion 454 Hydrocephalus – malresorptivus 328 – occlusus 328, 329 Hydrozephalus 324, 327–329 Hyperparathyreoidismus 10, 34, 35 Hypogonadismus – primärer 465, 466 – sekundärer 466 Hypophysenadenom 346 Hypophysendysfunktion 10 Hypospadie 449, 450 Hypothermie – akzidentelle 258 – permissive 258
I Ileum-Conduit 389 Ileum-Neoblase, orthotope 389 Impingement – femoroazetabuläres 102, 103 – Schulter 82, 83 Infektionen – Hirn 370–372 – spinale 337, 338 Infektstein 480 Infertilität 464, 465 Inkontinenz 7Harninkontinenz Innenrotations-Lag-Zeichen 84 Instillationstherapie 387, 396 Interosseus-anterior-Syndrom 295 Intrazerebralblutung – atypische 354, 355 – hypertensive 353, 354 Ischialgie 64
J Jäger-Breitner-Klassifikation 283 Jeanneret-Klassifikation 283 Jerk-Test 87 Jobe-Test 84, 179 Judet-Letournel-Klassifikation 283
K Kalkaneusfraktur 243, 283, 285 Kallmann-Syndrom 466, 467 Kallosotomie 368 Kalziumoxalatstein 478, 479 Kalziumphosphatstein 478, 480 Karpaltunnelsyndrom 296, 329–331 Kauda-equina-Syndrom 72 Kausalgie 275 Keilwirbel 161 Keimzelltumoren – Diagnostik 433, 434 – Klassifikation 430–432 – Klinik 432, 433 – maligne 429–439 – metastasierte 436, 437 – Metastasierung 430 – Nachsorge 438, 439 – nichtseminomatöse 434, 435, 438 – Rezidiv 437, 438 – seminomatöse 435, 436, 438 – Therapie 434–439 – Tumormarker 433 Keloid 289 Kibler-Test 86 Kielbrust 66, 79 Kinefelter-Syndrom 465 Kirkaldy-Willis-Klassifikation 69 Klavikulafraktur 170–172, 283 Klavus 129, 130 Kletterphänomen 66 Klippel-Feil-Syndrom 155, 156 Klumpfuß, angeborener 150 Klumpke-Lähmung 157 Knick-Senkfuß 151
515 Stichwortverzeichnis
Kniegelenk – Achsfehlstellungen 107–109 – Bandverletzungen 110, 111, 229 – Kontraktur 106, 107 – Untersuchung 103, 104 Kniegelenkluxation 228, 229 Knochenfibrom, nichtossifizierendes 31 Knocheninfarkt 35, 36 Knochenmetastasen 43–46 Knochennekrose, aseptische 118, 124 Knochentumoren – benigne 26–36 – maligne 38–46 – semimaligne 36–38 Knochenzyste – aneurysmatische 30, 31 – juvenile 29, 30 Kompartmentsyndrom 259–262 Kompressionsfraktur 165 Kompressions-Rotations-Test 86 Konus-Kauda-Syndrom 72 Korbhenkelriss 86 Kortikalisdefekt, fibröser 31 Koxarthrose 96, 97 Krallenhand 297 Krallenzehe 128, 129 Kraniopharyngeom 346, 347 Kraniosynostose 322, 323 Krepitation 164 Kreuzbandruptur 110, 111 Kreuzbandverletzungen 110, 111, 229, 230 Kubitaltunnelsyndrom 297 Kuchenniere 442 Kyphoplaste 65, 209, 211 Kyphose 78
L Lachman-Test 104 Lähmung, spastische 159 Langerhans-Zell-Histiozytose 33 Lasègue-Zeichen 64
Lauge-Hansen-Klassifikation 238, 283 Laugenverletzung 300, 301 Leiomyosarkom 53 Lendenwirbelsäule, Verletzungen 208–211 Leydig-Zell-Tumor 439, 440, 457 Lift-off-Test 84, 180 Lipom 48, 49 – atypisches 51 Liposarkom 52, 53 Liquorfistel, traumatische 360 Liquorzirkulation 327 Lisfranc-Gelenkluxation 251, 285 Loge-De-Guyon-Syndrom 297 Luloff-Zeichen 138 Lumbago 64, 69 Lumbalgie 64, 69 Lumbalsyndrom 69, 70 Lumboischialgie 64, 69, 70 Luxation, perilunäre 313
M Mafucci-Syndrom 4, 28 Magerl-Klassifikation 204, 283 Magnesiumammoniumphosphatstein 478 Makrohämaturie 480, 481 Maldescensus testis 430, 452, 453 Malone-Klassifikation 283 manuelle Therapie 279 Marfan-Syndrom 7 Marmorknochenkrankheit 14 Marti-Klassifikation 242, 283 Mason-Klassifikation 284 McCune-Albright-Syndrom 4, 32 Mediainfarkt, maligner 356 medizinische Trainingstherapie 279 Medulloblastom 347 Megaureter 443, 444 – sekundärer 444 Meningeom 338, 343, 344 Meningitis 337, 370, 371 Meningomyelozele 323, 473
H–M
Meniskuserkrankungen 116, 117 Meniskusganglion 117, 118 Mennel-Zeichen 66 Metatarsalfraktur 245, 246 Metatarsus varus 152, 153 migraine cervicale 70 Miktionszystourethrogramm 469 Mirels-Score 45 Mittelhandfraktur 309–311 Monteggia-Fraktur 195, 196, 282 Morbus – Ahlbäck 118 – Albers-Schönberg 14 – Baastrup 75 – Bechterew 16, 17 – Blount 148, 149 – Forestier 74 – Gaucher 101 – Hegemann 95 – Jaffé-Lichtenstein 32 – Köhler 133, 134 – Ledderhose 52 – Morquio-Brailsford 6 – Ollier 4, 28 – Osgood-Schlatter 118, 119, 147, 148 – Paget 13, 14 – Panner 96 – Parkinson 366, 367 – Perthes 99, 140–142 – Pfaundler-Hurler 6 – Recklinghausen 5 – Scheuermann 78, 161, 162 – Sinding-Larsen-Johansson 119, 148 – Sudeck 106, 275 Morton-Interdigitalneuralgie 135, 136 Motzer-Kriterien 381 Mucopolysaccharidose 6, 7 Multiorganversagen 257 Muskeldystrophie, progressive 23, 24 Myelographie 68 Myelom – multiples 46–48 – solitäres 46–48
Stichwortverzeichnis
516
Myositis ossificans 22, 49, 50 Myositis 22, 23
N Nagelkranzfraktur 307 Narbe, hypertrophe 289 Nebennierendysfunktion 10, 11 Nebennierenkarzinom 381, 382 Neer-Klassifikation 284 Neoplasie, prostatische intraepitheliale 411 Nephroblastom 454–456 Nephrolitholapaxie, perkutane 489 Nervenkompressionssyndrome 329–332 Nervenläsionen, periphere 293–298, 314 Nervenverletzungen, Hand 314 Nervus-axillaris-Läsion 176 Nervus-medianus-Läsion 294, 295 Nervus-radialis-Läsion 296 Nervus-ulnaris-Läsion 297 Neuner-Regel 299 Neurinom 338 Neuroblastom 455, 456 Neurofibromatose 5 Neutral-0-Methode 104 Niederstromverletzung 301 Nierenagenesie 441 Nierenanomalien 441–443 Nierenbeckenabgangsstenose 442, 443 Nierendystopie 441, 442 Nierenektopie 441, 442 Nierentrauma 502, 503 Nierenzellkarzinom 375–381 – chromophobes 375 – Diagnostik 376, 377 – hellzelliges 375 – Klassifikation 375, 376 – Klinik 376 – lokal begrenztes 377–379 – metastasiertes 380, 381 – papilläres 375
– Therapie 377–381 – TNM-Klassifikation 379 Nierenzyste 442 Normaldruckhydrozephalus, idiopathischer 329 Nukleotomie 65 Nykturie 467
O O’Brien-Test 86 OAT-Syndrom 465 Oberarmfraktur, distale 185–187 Oberarmkopffraktur 181–183 Olekranonfraktur 189, 190 Oligoasthenoteratozoospermie 465 Oligozoospermie 465 Omarthrose 81 Onkozytom 375 Open-Book-Verletzung 212 Opticusgliom 347 Orchidoepidymitis 454 Orchiektomie – bilaterale subkapsuläre 426 – inguinale 457 Ortolani-Zeichen 138 Osteitis 269–273 Osteitis – akute 270, 271 – chronische 271–273 – hämatogene 273 Osteoblastom 27 Osteochondrom 27, 28 Osteochondronekrose, juvenile 95 Osteochondrose 64, 71, 72 – erosive 72 – Fuß 133 Osteochondrosis dissecans 96, 119, 120 – Kniegelenk 145, 146 – Talus 124 Osteogenesis imperfecta 5, 6 Osteoid-Osteom 27 Osteoklastom 36
Osteom 26 Osteomalazie 13 Osteomyelitis – akute 58, 59 – chronische 59 Osteopathie – endokrine 10 – metabolische 8 Osteopenie 11 Osteopetrose 14 Osteoporose 11, 12 Osteosarkom 38, 39
P painful arc 179 Palm-up-Test 84 Panaritium 315, 316 Paraphimose 509, 510 Paronychie 315 Patella – alta 112 – baja 112 – partita 113, 114 Patellaluxation 114, 115 – rezidivierende 146, 147 Patellamobilität 111 Patte-Klassifikation 284 Pauwels-Klassifikation 222, 284 Payr-Zeichen 116 Penisfraktur 507 Peniskarzinom 402–409 – Ätiologie 403 – Diagnostik 406 – Klassifikation 404, 405 – Klinik 405, 406 – Metastasierung 405 – Risikofaktoren 403 – Therapie 406–409 Peroneussehnenluxation 124 Pfannendachplastik 140 Phakomatose 343 Pharmakokavernosographie 461 Pharmakophalloarteriographie 461 Phimose 451, 452
517 Stichwortverzeichnis
Phlegmone 57, 58, 266, 267, 290, 291 Phokomelie 149 Phosphatdiabetes 9 Physiotherapie 277–279 Pilon-tibiale-Fraktur 235–237 Pincer-Impingement 102, 103 Pipkin-Klassifikation 219, 284 Pivot-Shift-Test 104, 111 Plantarfasziitis 135 Plexus-brachialis-Verletzung 156, 157, 294 Plexuslähmung 156, 157 Plica mediopatellaris 115 Pollakisurie 467 Polymyalgia rheumatica 23 Polytrauma – im Kindesalter 252 – im Alter 256–259 Popeye-Test 84 Poplitealzyste 115, 116 Porenzephalie 368 Postaggressionsstoffwechsel 167 Postnukleotomie-Syndrom 73 Potter-Syndrom 441 Pouch, kontinenter 389 Priapismus 509 Processus vaginalis persistens 453 Prolaktinom 346 Pronatorsyndrom 294, 295 Prostataadenomektomie, offene 471 Prostatabiopsie 414, 417, 418 Prostatahyperplasie, benigne 470, 471 Prostatakarzinom 409–429 – Ätiopathogenese 410, 411 – Diagnostik 414–418 – duktales 411 – Früherkennung 414, 415 – hormonrefraktäres 428, 429 – Klassifikation 411–413 – Klinik 413 – lokal fortgeschrittenes 424 – lokalisiertes 420 – metastasiertes 426 – Metastasierung 413 – neuroendokrines 411
– Risikofaktoren 410, 411 – Therapie 418–429 prostataspezifisches Antigen 415–417 Prostatektomie – radikale retropubische 421, 422, 424 – transurethrale 471 Prostatitis 497–499 Protheseninfektion 60–62 Protrusio acetabuli 100 PSA 415–417 Pseudoarthrose 262–265 – angeborene 264 – atrophe 264 – Diagnostik 263, 264 – erworbene 264 – hypertrophe 264 – hypotrophe 264 – Pathogenese 262 – Therapie 264, 265 Pseudochondroplasie 2 Pseudogicht 20 Pyelonephritis, akute unkomplizierte 493–495
Q Quenu-Küss-Klassifikation 284 Querfortsatzfraktur 205 Querfraktur 165 Querschnittsyndrom 339, 340
R Rachitits 8 Radiusfraktur, distale 192, 193, 198–201, 283 Radiushalsfraktur 190–192 Radiusköpfchen – Fraktur 190–192, 285 – Subluxation 189 Reduktionsfehlbildungen 149, 150
M–S
Reflux, vesikoureterorenaler 446–448 Reiter-Syndrom 17, 18 Reithosenanästhesie 67, 72 Rhabdomyosarkom 52 – urogenitales 456, 457 Riesenzelltumor 36, 37 Rockwood-Klassifikation 284 Rolando-Fraktur 311, 312 Rotatorenmanschettenruptur 84, 85, 179–181, 285
S Sakralagenesie 473 Salter-Beckenosteotomie 139 Salter-Harris-Klassifikation 239, 284 Sanders-Klassifikation 244, 284 Säureverletzung 300, 301 Scalloping-Phänomen 28 Schädelfraktur 359, 360 Schädel-Hirn-Trauma 357–365 – Diagnostik 358 – Einteilung 357 – Klinik 357 – Subarachnoidalblutung 351 Schaftfraktur 253 Schatzker-Klassifikation 284 Scheibenmeniskus 117 Schenkelhalsanomalien 97, 98 Schenkelhalsfraktur 102, 221–224, 283 – instabile 223 – laterale 222 – mediale 222 – nach Pauwels 222 – stabile 223 Schertrauma, diffuses axonales 365 Schiefhals, angeborener muskulärer 154, 155 Schlaganfall, ischämischer 355–357 Schober-Zeichen 66 Schrägfraktur 165 Schultereckgelenkarthrose 80 Schultergelenkarthrose 81
518
Stichwortverzeichnis
Schultergelenkinstabilitäten 87, 88 Schultergelenkserkrankungen, degenerative 80–83 Schultergürtelverletzungen 168–170 Schulter-Impingementsyndrom 82, 83 Schulterluxation 87, 88, 175–178 – habituelle 176 – hintere 175 – posttraumatische 176 – rezidivierende 157, 158 – traumatische 175 – vordere 175 Schwannom 338, 345 Schwellkörperautoinjektion 462 Schwellkörperinjektion 461 Schwimmer-Aufnahme 202 SCIWORA 340 Sehnenscheidenphlegmone 316 Seitenbankruptur 109, 110 Seminom 429, 430, 438 – spermatozytäres 430 Sequestrotomie 65 Sertoli-Zell-Tumor 440 Sichelfuß 152, 153 SIRS 167 Skapulafraktur 174, 175, 283 SKAT 462 Skelettdysplasie 2, 3 Skidaumen 313 SKIT 461 Skoliose 78, 160, 161 – degenerative 72 SLAP-Läsion 85, 86, 176 Sonographie – intravaginale 469 – perineale 469 – transrektale 417 – transurethrale 469 Spalthand 149 Speed-Test 84 Spina bifida 79, 80, 323–325, 473 Spinalkanalstenose 336, 337 Spine-Test 66 Spiralfraktur 165 Spitzfuß 153, 154
Spitz-Stumpf-Diskriminationstest 314 Split-cord-Malformation 323 Spondylarthrose 64 Spondylitis 62, 63 – ankylosans 16, 17 Spondylodese 65 – ventrale 209, 210 Spondylodiszitis 62, 63, 337 Spondylolisthese 65, 75, 76, 163, 164 – Axis 208 – traumatische 208 Spondylolyse 65, 75, 76, 163 Spondyloptose 75 Spondylose 65 Spondylosis hyperostotica 74, 75 Spreizfuß 126, 127 Sprengel-Deformität 156 Sprunggelenk – Bandverletzungen 249, 250 – Fraktur 237–240, 282, 283 Sprungschanzenphänomen 163 Starkstromverletzung 301 Starter-Test 84 Steinentfernung – laparoskopische 489, 490 – offene 489, 490 Steinkolik 508 Steinmann-Zeichen 104, 116 Stenose, spinale 73, 74 Sternoklavikulargelenk – Verletzungen 168–170 – Arthrose 81, 82 Still-Syndrom 19 Stoßwellenlithotripsie, extrakorporale 487, 488 Strahlenschäden 302 Strecksehnenverletzungen 302 Stressfraktur 164 Struvit 478 Subarachnoidalblutung 350–353 – aneurysmatische 351, 352 – nichttraumatische 351 – traumatische 351, 364, 365 Subduralhämatom 362, 363 Sulcus-ulnaris-Syndrom 297 Sulcus-Zeichen 87
Sunburst-Phänomen 25 Supinatorsyndrom 296 Synovialsarkom 53 Synovitis, pigmentierte villonoduläre 50, 51 systemic inflammatory response syndrome 167
T Talokruralgelenk, Arthrose 125 Talus verticalis 152 Talusfraktur 241, 242 Talushalsfraktur 242, 283 Tarsaltunnelsyndrom 136 Temporallappenepilepsie 367 Tendinitis 24 Tendinose 24 Tendinosis calcarea 89 Tendopathie 24 Tendovaginitis – stenosans 306 – De Quervain 306, 307 Tennisellenbogen 93 Teratoid-Rhabdoid-Tumoren 347 Teratom 431 Teratozoospermie 465 Tethered-cord-Malformation 323 Tethered-cord-Syndrom 473 Tetraparese 159 Thomas-Handgriff 97 Thompson-Test 122, 247 Tibiaaplasie 149 Tibiahypoplasie 149 Tibiakopffraktur 231–233 Tibialis-posterior-SehnenInsuffizienz 136, 137 Tic doloureux 369 Tile-Klassifikation 284 Tomita-Score 45, 46 Tossy-Klassifikation 284 Transitionalzellkarzinom 411 Trichterbrust 66, 78, 79 Trigeminusneuralgie 369, 370 Trümmerfraktur 165
519 Stichwortverzeichnis
Tscherne-Oestern-Klassifikation 284 Tuberkulose, urogenitale 500–502 Tumoren – paraselläre 345–347 – selläre 345–347 – spinale 338, 339 Tumormarker 26 Tumornephrektomie, radikale 378
U Ulnarisrinnensyndrom 331, 332 Umkipp-Plastik 123 Unfallversicherung, gesetzliche 280 Unguis incarnatus 130, 131 Unterarmfraktur 192, 193 Unterarmschaftfraktur 193–195 Unterschenkel, Rotationsfehler 123, 124 Unterschenkelfraktur 230–233 Unterschenkelschaftfraktur 233–235 Ureter, Anomalien 443–448 Ureterographie, retrograde 484 Ureterokutaneostomie 389 Uretero-Pyelographie, retrograde 394 Ureterorenoskopie 394, 488, 489 Ureterozele 445, 446 Uretertrauma 503, 504 Urethra, Anomalien 447–449 Urethradruckprofilmessung 468 Urethralkarzinom 398–402 – Ätiologie 398 – bulbomembranöses 401 – Diagnostik 399, 400 – distales 401 – Klassifikation 398, 400 – Klinik 399 – Metastasen 402 – proximales 402 – Therapie 401, 402 Urethraverletzungen 505, 506 Urethrographie, retrograde 399
Urethrozystographie, retrograde 469 Urethrozystoskopie 385, 447 Urinmarker 385, 386, 394 Urinzytologie 385, 394 Urodynamik 468 Urolithiasis 475–490 – Ätiologie 479 – Diagnostik 481–486 – Epidemiologie 476 – Pathogenese 477 – Risikofaktoren 478, 479 – Steinarten 478 – Symptomatik 480 – Therapie 486–490 Urothelkarzinom 386–391 – 7 a. Harnblasenkarzinom – Diagnostik 385, 386, 393, 394 – Harnblase 382–392 – Klassifikation 383, 384, 392, 393 – Klinik 384, 385, 393 – oberer Harntrakt 392–397 – Risikofaktoren 382, 383, 392 – Therapie 395–397
V Vagusnervstimulation 368 Verbrennung 298 Verbrennungsgrad 298 Verbrühung 298 Verletzungsartenverfahren 281, 282 Vertebroplastie 65, 209, 211 vesikoureterorenaler Reflux 446–4487 Videourodynamik 468 Vorlaufphänomen 66 V-Phlegmone 316, 317
W Wachstumsstörungen 253 Waldenström-Klassifikation 141 Wartenberg-Syndrom 296
S–Z
Weber-Klassifikation 239 Wegeunfall 280 Weichteilinfektionen 289–293 Weichteiltumoren – benigne 48–51 – maligne 52–55 – semimaligne 51, 52 Wilms-Tumor 454, 455 Wintersteinfraktur 310 Wirbelsäulendeformitäten 78–80 Wirbelsäulenerkrankungen, degenerative 69–76 Wirbelsäulenmetastasen 77 Wirbelsäulentumoren 338 Wirbelsäulenverletzungen 201–211 – Diagnostik 201–203 Wulstbruch 165 Wulstfraktur 253 Wundheilung 286, 287 Wundheilungsstörungen 287, 288
X Xanthinstein 478
Z Zehenfraktur 245, 246 Zephalgie 64 Zerebralparese, infantile 158, 159 Zervikalgie 64 Zervikalsyndrom 70, 71 ZNS-Lymphom, primäres 349, 350 Zohlen-Zeichen 112 Zwei-Punkt-Diskriminationstest 314 Zwiebelschalenphänomen 25 Zwipp-Klassifikation 244, 284 Zystektomie, radikale 388 Zystenniere 442 Zystinstein 478, 480 Zystitis, akute – unkomplizierte 491–493, 495 Zystometrie 468