Doris Henne-Bruns, Michael Dürig, Bernd Kremer Duale Reihe Chirurgie
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Doris Henne-Bruns, Michael Dürig, Bernd Kremer Duale Reihe Chirurgie
Die überdurchschnittliche Ausstattung dieses Buches wurde durch die großzügige Unterstützung von einem Unternehmen ermöglicht, das sich seit langem als Partner der Mediziner versteht.
Wir danken der
MLP Marschollek, Lautenschläger & Partner AG Nähere Informationen hierzu siehe am Ende des Buches. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
Duale Reihe
Chirurgie Herausgeber: Doris Henne-Bruns Michael Dürig Bernd Kremer
mit Beiträgen von: Harald Barth Arnd Böhle Hans-Dietrich Bruhn Jochen Cremer J. Marek Doniec Michael Dürig Ronald Elfeldt Reni Ellerbeck Hinnerk Gebhardt Alexander Gerbes Horst Grimm
Doris Henne-Bruns Stefan Hirt Andreas Hückstädt Hartmut Juhl Hans-Jürgen Klomp Heike Kraemer-Hansen Bernd Kremer Thomas Kreusch Uwe Krüger Thomas Küchler Mathias Löhnert
Wolfgang Mengel Bernd Nemsmann Hans-Jörg Oestern Horst Schaube Andreas Schmid Ralf Schön Jörg Schröder Eva Schweizer Ilka Vogel Peter Vogt Hubert Voßmann
2., korrigierte Auflage 1780 Abbildungen, 230 Tabellen
Georg Thieme Verlag Stuttgart Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < http://dnb.ddb.de > abrufbar.
Für die Verfasser: Prof. Dr. Doris Henne-Bruns Abteilung für Viszeral- und Transplantationschirurgie Universitätsklinikum Ulm Steinhövelstr. 9 89075 Ulm Anschrift der Reihenherausgeber Dr. med. Alexander Bob Weschnitzstraße 4 69469 Weinheim
Dr. med. Konstantin Bob Weschnitzstraße 4 69469 Weinheim
Zeichnungen: Gay & Sender, Bremen; Emil Wolfgang Hanns, Schriesheim; Gerhard Kohnle, Bad Liebenzell Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe Umschlagfoto: Imageshop Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handele.
q 2001, 2003 Georg Thieme Verlag Rüdigerstraße 14, D-70469 Stuttgart Unsere Homepage: www.thieme.de Printed in Germany 2003 Satz: Fotosatz Sauter GmbH, 73072 Donzdorf Druck: Appl, Wemding ISBN 3-13-125292-8
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4
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Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
V
Inhalt Teil A Allgemeine Chirurgie 1
Wunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.2 1.2.1
1 1 1 2 6 6 7 10
1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.3.6 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5 1.5.6
Wundheilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechanismen der Wundheilung . Physiologie der Wundheilung . . . Formen der Wundheilung . . . . . . . Wundarten und ihre Heilung . . . . Traumatische Wunden . . . . . . . . . . Mechanische Verletzungen . . . . . Thermische Verletzungen . . . . . . . Verletzungen durch elektrischen Strom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemische Verletzungen . . . . . . . . Strahlenschäden . . . . . . . . . . . . . . . . Iatrogene Wunden . . . . . . . . . . . . . . Chronische Wunden . . . . . . . . . . . . Die Wundheilung beeinflussende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustand der Wunde . . . . . . . . . . . . . Alter des Patienten . . . . . . . . . . . . . Ernährungszustand des Patienten Begleiterkrankungen . . . . . . . . . . . Medikamente . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rauchen und Drogen . . . . . . . . . . . Wundheilungsstörungen . . . . . . . . Wundinfektion . . . . . . . . . . . . . . . . . Hämatom und Serom . . . . . . . . . . . Gestörte Gewebeneubildung . . . . Wundbehandlung . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien der Wundbehandlung Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wundvorbereitung . . . . . . . . . . . . . Wundausschneidung . . . . . . . . . . . Wundverschluss . . . . . . . . . . . . . . . . Wundverbände . . . . . . . . . . . . . . . . .
14 14 15 15 15 15 16 16 16 18 19 20 20 20 20 21 21 22
2
Asepsis und Antisepsis . . . . .
23
3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6 3.2.7 3.2.8 3.2.9 3.2.10 3.2.11 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.11.1
2.1
Methoden der Asepsis und Antisepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sterilisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Desinfektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hospitalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursachen des Hospitalismus . . . . Typische Hospitalkeime . . . . . . . . Vermeidung von Hospitalinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23 23 24 25 25 25
3.11.2 3.11.3 3.12 3.12.1 3.12.2 3.12.3 3.13
1.2.2 1.2.3 1.3
2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3
12 12 12 12 13
3
Chirurgische Infektionen . .
27
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.6 3.1.7 3.2 3.2.1
Allgemeine Infektionslehre . . . . . Allgemeine Pathophysiologie . . . Lokale Infektionen . . . . . . . . . . . . . . Systemische Infektionen . . . . . . . . Prädispositionen . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infektionsformen . . . . . . . . . . . . . . . Postoperative Infektionen . . . . . . . Wundinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . Harnwegsinfekte . . . . . . . . . . . . . . . Infektionen durch Venenkatheter Pneumonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intraabdominelle Infektionen . . . Sepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abszess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Empyem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erysipel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phlegmone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erysipeloid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Follikulitis/Furunkel/Karbunkel . Lymphangitis/-adenitis . . . . . . . . . Gangrän . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fremdkörperinfektionen . . . . . . . . Bissverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . Gasgangrän . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tetanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tuberkulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktinomykose . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nekrotisierende Fasziitis . . . . . . . . Milzbrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wunddiphtherie . . . . . . . . . . . . . . . . Syphilis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Virale Infektionen . . . . . . . . . . . . . . Human immunodeficiency virus (HIV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hepatitis B, C, D, E und G . . . . . . . . Tollwut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parasitäre Infektionen . . . . . . . . . . Echinokokkose . . . . . . . . . . . . . . . . . Amöbiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Askaridiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pilzinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 27 28 29 29 30 30 31 31 31 31 32 33 33 34 34 35 35 36 37 37 38 38 39 39 39 39 41 43 45 46 47 48 48 48 48 52 52 53 53 55 55 56
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VI
Inhaltsverzeichnis
4
Antibiotika . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7 4.3 4.4 4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.6.5 4.7 4.8 4.8.1 4.8.2 4.8.3 4.8.4
Die häufigsten Erreger . . . . . . . . . . Antibiotikaübersicht . . . . . . . . . . . . b-Lactam-Antibiotika . . . . . . . . . . . Aminoglykoside . . . . . . . . . . . . . . . . Lincosamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glykopeptide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fluorochinolone . . . . . . . . . . . . . . . . Nitroimidazole . . . . . . . . . . . . . . . . . Sulfonamide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsspektrum . . . . . . . . . . . . . Antibiogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . Resistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antibiotikatherapie . . . . . . . . . . . . . Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . Kalkulierte Therapie . . . . . . . . . . . . Gezielte Therapie . . . . . . . . . . . . . . . Synergismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . Antibiotikaprophylaxe . . . . . . . . . . Antimykotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erreger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht der Antimykotika . . . . . Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59 59 59 61 61 61 62 62 62 62 63 63 63 63 64 64 64 64 66 66 67 67 67 68
5
Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
5.1 5.1.1 5.1.2
Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Störungen der Makro- und Mikrozirkulation . . . . . . . . . . . . . . . Schockmediatoren . . . . . . . . . . . . . . Schockspezifische Organ- und Stoffwechselstörungen . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Therapierichtlinien . Schockformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volumenmangelschock . . . . . . . . . Septischer, septisch-toxischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anaphylaktischer Schock . . . . . . . Kardiogener Schock . . . . . . . . . . . . Seltene Schockformen . . . . . . . . . .
69 69
5.1.3 5.1.4 5.2 5.3 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5
6 6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3
6.1.4
6.2
Perioperativer Flüssigkeitsund Volumenersatz . . . . . . . . . Flüssigkeitstherapie . . . . . . . . . . . . Wasser- und Elektrolythaushalt . Säure-Basen-Haushalt . . . . . . . . . . Veränderungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-BasenHaushaltes in der perioperativen Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen auf den Wasser-, Elektrolyt- und Säure-BasenHaushalt bei ausgewählten chirurgischen Erkrankungen . . . . Volumentherapie . . . . . . . . . . . . . . .
69 72 73 76 77 79 79 84 88 91 93
95
6.2.1 6.2.2 6.2.3
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kristalloide Lösungen . . . . . . . . . . . Künstliche kolloidale Volumenersatzmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie mit Blutkomponenten . Transfusionsserologie . . . . . . . . . . . Durchführung einer Bluttransfusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zelluläre Präparate . . . . . . . . . . . . . Plasmapräparate (natürliche Kolloide) . . . . . . . . . . . . Gerinnungspräparate . . . . . . . . . . . Gefahren der Bluttransfusion . . . . Massivtransfusion . . . . . . . . . . . . . . Notfalltransfusion . . . . . . . . . . . . . . Autologe Transfusion . . . . . . . . . . . Präoperative Vorbereitung von Bluttransfusionen . . . . . . . . . . . . . . Blutersatz bei Tumorpatienten . . Blutersatz bei Transplantationen Rechtliche Probleme . . . . . . . . . . . .
129 130 130 131
7
Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
133
7.1
Grundlagen der parenteralen Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Substrate der Ernährung . . . . . . . . Kohlenhydrate . . . . . . . . . . . . . . . . . Aminosäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vitamine und Spurenelemente . . Parenterale Ernährung bei verschiedenen Krankheitsbildern Postaggressionsstoffwechsel . . . . Hungerstoffwechsel . . . . . . . . . . . . Parenterale Ernährung bei Niereninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parenterale Ernährung bei Leberinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infusionstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Enterale Ernährung . . . . . . . . . . . . . Sondenkost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zugangswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . Frühe enterale Ernährung . . . . . . .
6.2.4
7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.1.5 7.1.6 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 7.2.5 7.2.6 7.2.7 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5
95 95 103
8
107
8.1 8.1.1 8.1.2 8.2 8.2.1
110 110
8.2.2
Blutgerinnung, Thrombose, Embolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutgerinnung und Fibrinolyse . . Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . Pathologische Blutungsneigung . Störungen der Gerinnungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Störungen des thrombozytären Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
110 112 114 115 115 116 118 121 123 124 126 127 128
133 133 133 134 134 134 134 135 135 137 138 138 138 138 139 139 139 139 140 141 141
143 143 143 146 148 149 154
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
Inhaltsverzeichnis 8.2.3 8.3 8.3.1 8.4 8.4.1 8.4.2 8.4.3 8.4.4 8.4.5 8.4.6
8.4.7
Störungen der Blutgefäße (Vasopathien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thrombose und Embolie . . . . . . . . Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . Medikamentöse Prophylaxe und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thrombininhibitoren . . . . . . . . . . . Cumarine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapeutische Defibrinogenierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fibrinolysetherapie . . . . . . . . . . . . . Inhibitorentherapie bei Hyperfibrinolyse . . . . . . . . . . . . . . . Substitution von Gerinnungsinhibitoren bei Inhibitorenmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thrombozytenfunktionshemmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
155 156 159 163 163 166 168 168 172
10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5 10.3 10.3.1 10.3.2 10.3.3 10.4 10.4.1 10.4.2 10.4.3
172 10.4.4 172
Ileus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peritonitis/Perforation . . . . . . . . . . Blutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchblutungsstörungen . . . . . . . Traumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Retroperitoneale Erkrankungen . Gefäßchirurgisch bedingte Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urologische Erkrankungen . . . . . . Veränderungen des Lymphsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . Extraabdominelle Erkrankungen Kardiale Erkrankungen . . . . . . . . . Pulmonale Erkrankungen . . . . . . . Stoffwechselerkrankungen und Intoxikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . Veränderungen der Bauchdecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
202 209 212 213 214 216 216 217 217 217 217 217 217 217
9
Chirurgische Diagnostik . . .
175
11
Verbrennungen . . . . . . . . . . . . .
219
9.1 9.1.1
175 175 175 176 177 178 178 178 179 180 181 181 181 182 184 184 185 185
11.1 11.1.1 11.1.2 11.1.3
219 219 222
11.4.3
Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tiefenbestimmung . . . . . . . . . . . . . Oberflächenbestimmung . . . . . . . . Schweregrade der Brandverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . Lokale Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Schäden . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präklinische Versorgung . . . . . . . . Ambulante klinische Versorgung Stationäre klinische Versorgung . Verlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schockphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phase der Verbrennungskrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reparationsphase . . . . . . . . . . . . . .
187 187 190 193
12
Chirurgische Onkologie . . . .
235
10
Akutes Abdomen . . . . . . . . . . . .
195
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ätiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topographische Differenzialdiagnose des akuten Abdomens . 10.1.4 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.5 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Intraperitoneale Erkrankungen . .
195 195 196
12.1 Benigne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . 12.1.1 Charakteristika benigner Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Maligne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1 Charakteristika maligner Tumoren . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2 Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.3 Tumormarker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Tumorbiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.1 Karzinogene Faktoren . . . . . . . . . . . 12.3.2 Tumorimmunologie . . . . . . . . . . . . 12.3.3 Theorie der Tumorentstehung . . . 12.3.4 Metastasierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4 Therapie maligner Tumoren . . . . . 12.4.1 Chirurgische Therapie . . . . . . . . . . 12.4.2 Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4.3 Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . 12.4.4 Multimodale Therapiekonzepte . 12.4.5 Palliative Therapieverfahren . . . . 12.5 Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
235
9.6 9.7 9.7.1 9.7.2
Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktuelle Beschwerden . . . . . . . . . . Schmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionsstörungen . . . . . . . . . . . . Erbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dysphagie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Singultus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gastrointestinale Blutung . . . . . . . Persönliche Anamnese . . . . . . . . . . Familienanamnese . . . . . . . . . . . . . Körperliche Untersuchung . . . . . . Untersuchungsgang . . . . . . . . . . . . Lokalbefund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beurteilung der Operabilität . . . . Aufklärung und Dokumentation . Apparative Diagnostik . . . . . . . . . . Ultraschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Computertomographie (CT) . . . . . Magnetresonanztomographie (MRI, MRT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konventionelle Radiologie . . . . . . Kontrastmitteluntersuchungen . . Angiographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nuklearmedizinische Untersuchungen (Szintigraphie) . . . . . . Endoskopische Diagnostik . . . . . . Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationsstellung . . . . . . . . . . . . . Indikationsformen . . . . . . . . . . . . . .
9.1.2 9.1.3 9.2 9.2.1 9.2.2 9.3 9.4 9.5 9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.5.4 9.5.5 9.5.6 9.5.7
10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3
193 193 194 194 194
196 197 201 202
11.2 11.2.1 11.2.2 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.4 11.4.1 11.4.2
VII
223 225 225 225 226 226 228 230 232 232 233 234
235 235 235 237 241 241 242 244 246 247 247 248 250 251 252 253 255
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VIII
Inhaltsverzeichnis 12.5.1 12.5.2 12.5.3 12.5.4 12.5.5
13
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgische Therapie . . . . . . . . . . Immuntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Gentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere therapeutische Ansätze .
Aspekte der Lebensqualität
13.1 13.2
Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . Determinanten der Bewertung von Lebensqualität . . . . . . . . . . . . . 13.2.1 Erlebnisdimensionen . . . . . . . . . . . 13.2.2 Zeitdimension und Bezugsdimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Bedeutung des Lebensqualitätskonzeptes für die Chirurgie . . . . . 13.4 Methoden der Messung von Lebensqualität . . . . . . . . . . . . . . . . .
255 256 256 257 257
259 259 259 259 262 262 263
13.5 13.6
Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritische Anmerkungen . . . . . . . . .
264 264
14
Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . . . .
267
14.1 14.2
Ärztliche Aufklärungspflicht . . . . Haftpflichtversicherung . . . . . . . . .
267 269
15
Versicherungswesen und chirurgische Begutachtung . . . . 271
15.1 Versicherungswesen . . . . . . . . . . . . 15.1.1 Gesetzliche Krankenversicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1.2 Gesetzliche Unfallversicherung . 15.1.3 Gesetzliche Rentenversicherung . 15.1.4 Private Versicherungen . . . . . . . . . 15.2 Chirurgische Begutachtung . . . . . .
271 271 272 272 273 273
1.8.2 1.8.3 1.9 1.9.1 1.9.2
Traktionsdivertikel . . . . . . . . . . . . . Epiphrenales Divertikel . . . . . . . . . Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benigne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . Maligne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . .
295 296 297 297 297
2
Zwerchfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
303
2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4 2.5
Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwerchfellhernien . . . . . . . . . . . . . . Angeborene Hernien . . . . . . . . . . . . Hiatushernien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwerchfellruptur . . . . . . . . . . . . . . . Relaxatio diaphragmatica . . . . . . . Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
303 304 304 305 309 311 312
3
Magen und Duodenum . . . . .
313
3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.4 3.4.1 3.4.2
Anatomie und Physiologie . . . . . . Topographische Anatomie . . . . . . Physiologie und Pathophysiologie Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Röntgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionsuntersuchungen . . . . . . Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypertrophe Pylorusstenose . . . . Magenvolvulus . . . . . . . . . . . . . . . . . Duodenalatresien und -stenosen Duodenal- und Magendivertikel . Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mallory-Weiss-Syndrom . . . . . . . . Magen- und Duodenalruptur . . . .
313 313 314 317 317 317 319 319 319 320 320 320 321 321 321 322
Teil B Spezielle Chirurgie 1
Ösophagus . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
275
1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5 1.2.6 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.4 1.4.1 1.4.2 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3
Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topographische Anatomie . . . . . . Funktionelle Anatomie . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Röntgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endosonographie . . . . . . . . . . . . . . . CT, NMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ösophagusmanometrie . . . . . . . . . pH-Metrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Missbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Ösophagusatresie . . . . . . . . . . . . . . . Dysphagia lusoria . . . . . . . . . . . . . . Kongenitale Ösophagusstenose . . Schatzki-Ring . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ösophagitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plummer-Vinson-Syndrom . . . . . . Motilitätsstörungen . . . . . . . . . . . . Krikopharyngeale Achalasie . . . . . Achalasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Idiopathischer Ösophagusspasmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gastroösophagealer Reflux und Kardiainsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . Primärer (endogener) Brachyösophagus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spontane Ösophagusperforation . Traumatische Perforation . . . . . . . Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laugen- und Säureverätzungen . . Divertikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zenker-Divertikel . . . . . . . . . . . . . .
275 275 275 276 277 278 278 279 279 279 280 280 280 280 281 281 281 282 282 282 282
1.5.4 1.6 1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3 1.7.4 1.8 1.8.1
284 284 288 289 290 290 291 292 293 294
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Inhaltsverzeichnis 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.5 3.5.1 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3
3.6.4 3.6.5 3.7 3.7.1 3.7.2 3.8 3.8.1 3.8.2 3.9 3.9.1 3.9.2 3.9.3 3.9.4 3.9.5 3.9.6 3.9.7 3.9.8
4
Verätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezoar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzündliche Erkrankungen . . . . . Gastritiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulkuskrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akute Ulzera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronische Ulzera . . . . . . . . . . . . . . Ulcera ventriculi . . . . . . . . . . . . . . . . Ulcus duodeni . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen des Ulkusleidens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . Benigne Magentumoren . . . . . . . . Maligne Magentumoren . . . . . . . . Tumoren des Duodenums . . . . . . . Benigne Duodenaltumoren . . . . . . Maligne Duodenaltumoren . . . . . . Syndrome nach Operationen am Magen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frühdumpingsyndrom . . . . . . . . . . Spätdumpingsyndrom . . . . . . . . . . Postvagotomie-Syndrom . . . . . . . . Schlingensyndrome . . . . . . . . . . . . . Magenstumpfkarzinom . . . . . . . . . Rezidivulkus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulcus pepticum jejuni . . . . . . . . . . Refluxgastritis . . . . . . . . . . . . . . . . . .
323 323 324 325 325 327 327 328 330 330 333 334 340 343 343 344 351 351 351 352 352 352 353 353 354 354 355 356
Mesenterialverletzungen . . . . . . . Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dünndarmoperationen . . . . . . . . . Dünndarmresektion . . . . . . . . . . . . Dünndarmstomata . . . . . . . . . . . . .
376 377 378 378 379
5
Appendix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
381
5.1 5.2 5.2.1 5.2.2
381 381 385
5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4
Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Appendizitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Atypische Appendizitis . . . . . . . . . Komplikationen der Appendizitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronische Appendizitis . . . . . . . . Primäre maligne Tumoren der Appendix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karzinoid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muzinöses Zystadenokarzinom . . Adenokarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . Adenokarzinoid-Tumor . . . . . . . . .
388 388 388 389 389
6
Kolon und Rektum . . . . . . . . . .
391
6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Symptome . . . . . . . . . . Diagnostische Verfahren bei Dickdarmerkrankungen . . . . . . . . . Kongenitale Fehlentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Divertikulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Divertikulitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Colitis ulcerosa . . . . . . . . . . . . . . . . . Morbus Crohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ischämische Kolitis . . . . . . . . . . . . . Pseudomembranöse Kolitis . . . . . Dickdarmtumoren . . . . . . . . . . . . . . Kolonpolypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neoplastische Polypen . . . . . . . . . . Kolorektales Karzinom . . . . . . . . . . Karzinoid des Rektums . . . . . . . . . Intestinale Polyposis-Syndrome . Familiäre adenomatöse Polyposis-Syndrome . . . . . . . . . . . . Familiäre, hamartomatöse Polyposis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht familiäre gastrointestinale Polyposis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intestinale Non-PolyposisSyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Kolon- und Rektumerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angiodysplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . Kolonvolvulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rektumprolaps . . . . . . . . . . . . . . . . . Chronische Verstopfung des Erwachsenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rektumverletzungen . . . . . . . . . . .
391 391 392 392
5.2.3 5.3
6.2
Dünndarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
357
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physiologie und Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Malassimilationssyndrom (Maldigestion/Malabsorption) . . . 4.2.1 Blindsacksyndrom/Syndrom der blinden Schlinge . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Kurzdarmsyndrom . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Strahlenenteropathie . . . . . . . . . . . 4.3 Missbildungen/Lageanomalien . . 4.4 Dünndarmdivertikel . . . . . . . . . . . 4.4.1 Meckel-Divertikel . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Divertikulose des Dünndarms . . . 4.5 Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Morbus Crohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Dünndarmtuberkulose . . . . . . . . . . 4.6 Dünndarmulzera . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Pneumatosis cystoides intestinalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Dünndarmfisteln . . . . . . . . . . . . . . . 4.9 Dünndarmtumoren . . . . . . . . . . . . . 4.9.1 Benigne Dünndarmtumoren . . . . . 4.9.2 Maligne Dünndarmtumoren . . . . . 4.9.3 Karzinoid-Syndrom . . . . . . . . . . . . . 4.10 Intestinale Ischämie . . . . . . . . . . . . 4.11 Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.11.1 Stumpfe und perforierende Bauchverletzungen . . . . . . . . . . . . .
357 357
4.1 4.1.1 4.1.2
4.11.2 4.12 4.13 4.13.1 4.13.2
357 358 361 362 362 363 363 363 365 366 366 371 371
6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 6.3.6 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.4.4 6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.6
371 372 373 373 374 374 375 375
6.7 6.7.1 6.7.2 6.7.3 6.7.4 6.7.5
IX
387 387
393 394 394 394 395 399 404 406 407 408 408 408 409 421 421 422 424 425 426 426 426 427 429 430 431
375
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X
Inhaltsverzeichnis
7
Anus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
433
Anatomie und Physiologie . . . . . . Proktologische Untersuchung . . . Analerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . Hämorrhoiden . . . . . . . . . . . . . . . . . Perianalvenenthrombose . . . . . . . Marisken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypertrophe Analpapillen . . . . . . Kondylome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzündliche Erkrankungen des Analbereichs . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.7 Proktitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.8 Perianaldermatitis (Analekzem) . 7.3.9 Prolaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.10 Tumoren des Analbereichs . . . . . . 7.3.11 Defäkationsstörungen . . . . . . . . . . 7.3.12 Anorektale Schmerzsyndrome . .
433 434 437 439 443 444 445 446
7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.3.6
8 8.1 8.1.1
Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topographische Anatomie der Gallenblase und der Gallenwege 8.1.2 Physiologie und Pathophysiologie 8.1.3 Apparative Diagnostik . . . . . . . . . . 8.2 Anomalien der Gallenblase und Gallengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1 Gallengangszysten . . . . . . . . . . . . . . 8.2.2 Caroli-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Ikterus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Hämolytischer Ikterus (prähepatisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Hepatozellulärer Ikterus (intrahepatisch) . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.3 Cholestatischer Ikterus . . . . . . . . . 8.4 Cholezysto-/Choledocholithiasis 8.4.1 Ätiologie und Pathogenese der Steinbildung . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Cholezystolithiasis . . . . . . . . . . . . . 8.4.3 Choledocholithiasis . . . . . . . . . . . . . 8.5 Cholezystitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.1 Akute Cholezystitis . . . . . . . . . . . . . 8.5.2 Chronische Cholezystitis . . . . . . . . 8.5.3 Emphysematöse Cholezystitis . . . 8.5.4 Posttraumatische Cholezystitis . . 8.6 Cholangitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.1 Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Gallengangsstrikturen . . . . . . . . . . 8.8 Papillenstenose . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9 Tumoren der Gallenblase und der Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.9.1 Benigne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . 8.9.2 Maligne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . 8.10 Papillentumoren . . . . . . . . . . . . . . . 8.10.1 Benigne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . 8.10.2 Maligne Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . 8.11 Differenzialdiagnose des rechtsseitigen Oberbauchschmerzes . . . 8.11.1 Funktionsstörungen (Dyskinesien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
447 456 458 458 461 462 466
469 469 469 471 471 473 474 474 476 477 477 478 479 479 479 483 485 485 486 487 487 488 489 490 491 491 491 492 496 496 497 498 498
8.12 Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . 8.12.1 Cholezystektomie . . . . . . . . . . . . . . 8.12.2 Choledochotomie und Choledochusrevision . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.12.3 T-Dränage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.12.4 Biliodigestive Anastomosen . . . . . 8.12.5 Endoskopische Eingriffe an der Papille . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.12.6 Papillenplastik und Papillenresektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.12.7 Palliative operative Maßnahmen 8.12.8 Postcholezystektomiesyndrom . .
499 499 500 501 501 503 503 503 504
9
Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
505
9.1 9.2 9.3 9.3.1 9.3.2 9.3.3 9.4 9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.4.4 9.5 9.5.1 9.5.2 9.6
Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinische Untersuchung . . . . . . . . . Labordiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . Apparative Diagnostik . . . . . . . . . . Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tumorartige Läsionen . . . . . . . . . . . Benigne Lebertumoren . . . . . . . . . . Maligne Lebertumoren . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebertrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung/Schweregrade . . . . . . . Therapieverfahren . . . . . . . . . . . . . . Spezielle Komplikationen in der Leberchirurgie . . . . . . . . . . .
505 506 507 507 508 508 512 512 516 519 523 527 527 528 530
Portale Hypertension . . . . . . .
533
10 10.1
Klassifikation und Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Therapie bei gastroösophagealen Varizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4.1 Primärprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . 10.4.2 Akute Varizenblutung . . . . . . . . . . 10.4.3 Prophylaxe der Rezidivblutung . . 10.5 Therapie des Aszites . . . . . . . . . . . .
538 538 538 542 543
11
Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
547
Topographische Anatomie . . . . . . Gefäßversorgung . . . . . . . . . . . . . . . Lymphabfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pankreasgangsystem . . . . . . . . . . . Missbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Pancreas divisum . . . . . . . . . . . . . . . Pancreas anulare . . . . . . . . . . . . . . . Ektopes Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . Pankreasagenesie/Pankreashypoplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.5 Pankreaszysten . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.1 Exokrines Pankreas . . . . . . . . . . . . .
547 547 548 549 549 550 550 550
11.1 11.1.1 11.1.2 11.1.3 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.2.4
533 534 534
551 551 551 552
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
Inhaltsverzeichnis 11.3.2 Endokrines Pankreas . . . . . . . . . . . . 11.4 Angeborene Pankreaserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.1 Akute Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . 11.5.2 Chronische Pankreatitis . . . . . . . . . 11.6 Pankreasverletzungen . . . . . . . . . . 11.7 Pankreastumoren . . . . . . . . . . . . . . . 11.7.1 Benigne Pankreastumoren . . . . . . 11.7.2 Hormonaktive Tumoren . . . . . . . . 11.7.3 Maligne Pankreastumoren . . . . . .
552
13.4
552 552 552 557 565 566 566 567 568
13.4.1 13.4.2 13.4.3
Milz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
573
12.1 12.1.1 12.1.2 12.2 12.2.1 12.2.2
Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgische Anatomie . . . . . . . . . Funktionelle Anatomie . . . . . . . . . . Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen des Milzverlustes . . . . . . . . Postsplenektomiesepsis/ OPSI-Syndrom (overwhelming postsplenectomy infection) . . . . . Apparative Diagnostik . . . . . . . . . . Erkrankungen der Milz . . . . . . . . . Splenomegalie . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypersplenismus (Hyperspleniesyndrom) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenständige Erkrankungen der Milz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Milzbeteiligung an hämatologischen Erkrankungen . . . . . . . . . . . . Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP; Morbus Werlhof) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hämolytische Anämien . . . . . . . . . Maligne Lymphome, chronisch lymphatische Leukämie (CLL) und Haarzell-Leukämie . . . . . . . . . Operationen an der Milz . . . . . . . . Milzerhaltende Operationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Splenektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . .
573 573 574 575 576
12.4.3 12.5 12.6 12.6.1
12.6.2 12.6.3
12.7 12.7.1 12.7.2 12.7.3
13
Endoskopie in der Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.1 Allgemeines und Indikationen . . . 13.2 Fremdkörperentfernung . . . . . . . . 13.2.1 Art der Fremdkörperentfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.2 Spontanverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.3 Indikation zur endoskopischen Entfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.4 Vorgehen bei der endoskopischen Fremdkörperentfernung . . . . . . . . 13.2.5 Ergebnisse der Endoskopie . . . . . . 13.3 Ösophagusstenosen . . . . . . . . . . . . 13.3.1 Benigne Strikturen . . . . . . . . . . . . . 13.3.2 Maligne Stenosen . . . . . . . . . . . . . .
13.5 13.5.1 13.5.2
12
12.3 12.4 12.4.1 12.4.2
13.4.4 13.4.5
577 578 578 578
13.5.3 13.5.4 13.5.5 13.5.6 13.6 13.6.1 13.7
13.7.1 579 580 581
13.7.2 13.7.3 13.7.4 13.8
584 13.8.1 584 585
13.8.2 13.8.3 13.8.4
585 586 586 586 587
589 589 589 589 590 590 591 592 592 592 594
13.8.5 13.9
14
Therapie der Ösophagus- bzw. Fundusvarizen . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlungsverfahren . . . . . . . . . . Akute Varizenblutung . . . . . . . . . . Therapie im blutungsfreien Intervall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prophylaktische Therapie . . . . . . . Komplikationen und Kontraindikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht varizenbedingte Blutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung für die Endoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopische Befunde . . . . . . . . . Endoskopische Therapiemöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorgehen nach endoskopischer Blutstillung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) . . . . . . . . . . . . . Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopische Therapie an der Papilla Vateri und am Gallengangssystem . . . . . . . . . Endoskopische Papillotomie (ETP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopische Papillektomie . . . Endoskopische Steinextraktion . . Gallengangsdränage . . . . . . . . . . . . Endoskopische Therapie am Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopische Papillotomie (EPT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pankreasgangdränage . . . . . . . . . . . Entfernung von Pankreasgangsteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dränage von Pseudozysten und Abszessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fistelverklebung . . . . . . . . . . . . . . . . Polypektomie im Gastrointestinaltrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
597 598 600 601 601 601 601 601 602 602 603 605 605 605 606
607 607 608 609 611 615 615 615 616 616 618 619
Minimal-invasive Chirurgie
623
14.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.1 Operative Prinzipien, technische und apparative Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.2 Pathophysiologische Aspekte . . . 14.1.3 Vor- und Nachteile, laparoskopiespezifische Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Laparoskopische Cholezystektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Laparoskopische Appendektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4 Minimal-invasive Hernienreparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.4.1 Inguinal- und Femoralhernien . . 14.4.2 Narbenhernien . . . . . . . . . . . . . . . . .
623
623 625
625 626 628 630 630 632
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
XII
Inhaltsverzeichnis 14.5 14.6
Laparoskopische Adhäsiolyse . . . Laparoskopische Antirefluxchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.7 Laparoskopische Vagotomie . . . . . 14.8 Laparoskopische bzw. laparoskopisch assistierte Kolonchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.9 Laparoskopische Chirurgie des Rektumprolaps und der Beckenbodeninsuffizienz . . . . . . . 14.10 Minimal-invasive Adrenalektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.11 Weitere laparoskopische Eingriffe und Entwicklungen . . . .
632 633 634
635 637 639
Hals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
641
15.1 15.1.1 15.1.2 15.1.3 15.1.4 15.1.5 15.2 15.2.1 15.2.2 15.3 15.4 15.4.1 15.4.2 15.5 15.6 15.7
Topographische Anatomie . . . . . . Halsregionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halsfaszien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingeweidestrang . . . . . . . . . . . . . . Leitungsbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphknoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halszysten und -fisteln . . . . . . . . . Halsrippe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskulärer Schiefhals . . . . . . . . . . Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perforierende Verletzungen . . . . . Andere Verletzungsmechanismen Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tracheotomie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
641 641 642 643 643 644 645 645 647 649 649 649 650 650 652 653
Schilddrüse und Nebenschilddrüsen . . . . . . . . .
16.1 Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1.1 Anatomie und Physiologie . . . . . . 16.1.2 Schilddrüsenerkrankungen . . . . . Störungen der Schilddrüsenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Euthyreote Struma . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Autonomie . . . . . . . . Morbus Basedow . . . . . . . . . . . . . . . Thyreoitiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schilddrüsentumoren . . . . . . . . . . . 16.1.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1.4 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgische Therapie . . . . . . . . . . Medikamentöse Therapie . . . . . . . Radiojodtherapie . . . . . . . . . . . . . . . Andere Therapieformen . . . . . . . . . 16.2 Nebenschilddrüsen . . . . . . . . . . . . . 16.2.1 Anatomie und Physiologie . . . . . . 16.2.2 Erkrankungen der Nebenschilddrüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primärer Hyperparathyreoidismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sekundärer Hyperparathyreoidismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
683 684 684 685 687
17
Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . .
691
17.1 17.2 17.2.1 17.2.2
Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebennierenrinde (NNR) . . . . . . . . Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebennierenrindenüberfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom) . . . . . . . . . . . . . Primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) . . . . . . . . . . . . . . . Adrenogenitales Syndrom (AGS) . Nebennierenrindeninsuffizienz . Tumoren der Nebenniere . . . . . . . Nebennierenrindenkarzinom . . . . Tumoren des Nebennierenmarks: Phäochromozytom . . . . . . Hormoninaktive Nebennierentumoren (Inzidentalom) . . . . . . . .
691 691 691
634
15
16
MEN-Syndrome . . . . . . . . . . . . . . . . Maligne Nebenschilddrüsentumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypoparathyreoidismus . . . . . . . . 16.2.3 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2.4 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
655 655 655 658 658 659 661 662 665 666 669 673 673 676 677 678 678 678 680 680 682
17.2.3 17.3 17.3.1 17.3.2 17.3.3
18
693 693 696 698 699 701 701 701 704
Retroperitoneum . . . . . . . . . . .
707
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnose und Therapie . . . . . . . . . Spezifische Erkrankungen des Retroperitoneums . . . . . . . . . . . . . . 18.2.1 Entzündliche Erkrankungen . . . . . 18.2.2 Retroperitoneale Blutung . . . . . . . 18.2.3 Neubildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
707 707 707 709 709 710 711
19
Brustdrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
713
19.1 Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2 Fehlentwicklungen . . . . . . . . . . . . . 19.2.1 Wachstumsbedingte Fehlentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2.2 Anlagebedingte Fehlentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3 Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3.1 Laktationsbedingte Entzündungen (Mastitis puerperalis) . . . . . . . 19.3.2 Laktationsunabhängige Entzündungen (Mastitis nonpuerperalis) . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4 Gutartige Erkrankungen der weiblichen Brust . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.1 Mastopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.2 Fibroadenom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.3 Hamartom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.4 Adenom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.5 Lipom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.6 Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4.7 Sklerosierende Adenose . . . . . . . .
713 716
18.1 18.1.1 18.1.2 18.2
716 716 716 716
716 717 717 718 719 719 719 719 720
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
Inhaltsverzeichnis 19.4.8 19.4.9 19.5 19.5.1 19.5.2 19.5.3 19.5.4 19.5.5
Milchgangspapillom . . . . . . . . . . . . Milchgangsektasie . . . . . . . . . . . . . . Mammakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lokalisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathologisches Erscheinungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.5.6 Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . 19.5.7 Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . 19.5.8 TNM-Klassifikation (UICC) . . . . . . 19.5.9 Chirurgische Therapie . . . . . . . . . . 19.5.10 Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . 19.5.11 Rezidive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.5.12 Nachsorgemaßnahmen . . . . . . . . . 19.6 Erkrankungen der männlichen Brust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.1 Gynäkomastie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.6.2 Karzinom der männlichen Brust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
720 720 721 721 722 723 724 728 730 731 734 735 739 740 741 742 742
22.1.2 22.1.3 22.1.4 22.1.5 22.1.6 22.1.7 22.2 22.2.1 22.2.2 22.2.3 22.2.4 22.2.5 22.2.6 22.3 22.4 22.5
743 22.5.1
20
Hernien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
745
20.1 20.1.1 20.1.2 20.1.3
Allgemeine Hernienlehre . . . . . . . Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bruchformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle Hernienlehre . . . . . . . . . . Hernien der vorderen Bauchwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brüche der Leistenregion . . . . . . . Indirekter und direkter Leistenbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schenkelhernie (Hernia femoralis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seltene Bruchformen . . . . . . . . . . . Innere Hernien . . . . . . . . . . . . . . . . . Narbenbrüche . . . . . . . . . . . . . . . . . .
745 745 746
20.1.4 20.1.5 20.1.6 20.1.7 20.2 20.2.1 20.2.2
20.2.3 20.2.4 20.2.5
746 746 747 747 749 751 751 753 753 759 762 763 764
21
Weichteiltumoren . . . . . . . . . .
765
21.1 21.2 21.3 21.4 21.4.1 21.4.2 21.4.3 21.4.4
Definition und Einteilung . . . . . . . Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgische Therapie . . . . . . . . . . Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Therapieformen . . . . . . . . .
765 766 767 771 771 773 773 773
22
22.5.2 22.6 22.6.1 22.6.2
23
Kinderchirurgie . . . . . . . . . . . .
23.1
Erkrankungen und Missbildungen des Neugeborenenalters . . . Zystisches Lymphangiom . . . . . . Halszysten und -fisteln . . . . . . . . Schiefhals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ösophagusatresie . . . . . . . . . . . . . . Ösophagotracheale Fistel . . . . . . Tracheomalazie/Trachealstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kongenitale Lungenfehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kongenitales lobäres Emphysem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kongenitale Zwerchfelldefekte . Brustwanddeformitäten . . . . . . . Relaxatio diaphragmatica (Zwerchfelllähmung) . . . . . . . . . . Omphalozele/Gastroschisis (Laparoschisis) . . . . . . . . . . . . . . . . Gallengangsatresie . . . . . . . . . . . . Lageanomalien des MagenDarm-Trakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duplikaturen des MagenDarm-Trakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duodenalatresie/-stenose, Pancreas anulare . . . . . . . . . . . . . . Atresien des Jejunums, Ileums und Kolons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anal- und Rektumatresie . . . . . . . Anal- und Rektumprolaps . . . . . . Mekoniumileus . . . . . . . . . . . . . . . .
23.1.1 23.1.2 23.1.3 23.1.4 23.1.5 23.1.6 23.1.7 23.1.8 23.1.9 23.1.10 23.1.11 23.1.12 23.1.13 23.1.14 23.1.15 23.1.16 23.1.17
Transplantation . . . . . . . . . . . . .
775
22.1 Organspende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.1.1 Lebendorganspende . . . . . . . . . . . .
775 775
Verstorbenenorganspende . . . . . Hirntod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . Organisation der Organspende und Organtransplantation . . . . . . Organspendeoperation . . . . . . . . Gewebespende . . . . . . . . . . . . . . . . Transplantationsimmunologie . Transplantationsantigene . . . . . . Immunantwort gegen Alloantigene . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arten der Transplantatabstoßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immunsuppression . . . . . . . . . . . . Überwachung der Abstoßungsreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Differenzialdiagnosen . . . . . . . . . Nierentransplantation . . . . . . . . . Lebertransplantation . . . . . . . . . . Pankreas- und Dünndarmtransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pankreas- und Inseltransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dünndarmtransplantation . . . . . Herz-/Lungentransplantation . . Herztransplantation . . . . . . . . . . . Lungen- und Herz-Lungentransplantation . . . . . . . . . . . . . . . .
23.1.18 23.1.19 23.1.20
XIII
776 776 777 778 779 779 780 780 781 784 784 788 789 789 798 802 802 806 807 807 813
819
819 819 820 820 820 821 822 822 824 825 827 827 829 830 831 834 834 836 838 840 840
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XIV
Inhaltsverzeichnis 23.1.21 Nekrotisierende Enterokolitis (NEC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2 Kinderchirurgische Erkrankungen im Säuglingsalter . . . . . . . . . . 23.2.1 Hypertrophe Pylorusstenose . . . 23.2.2 Hiatushernie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2.3 Invagination . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2.4 Appendizitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2.5 Megacolon congenitum . . . . . . . . 23.2.6 Nabelhernie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2.7 Persistierender Ductus omphaloentericus/MeckelDivertikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2.8 Urachusfistel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2.9 Leistenhernie/Hydrozele . . . . . . . 23.2.10 Wilms-Tumor . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2.11 Neuroblastom . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3 Urologische Erkrankungen im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3.1 Zystische Nierenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3.2 Kongenitale Urethralklappen . . . 23.3.3 Ureterabgangsstenose . . . . . . . . . 23.3.4 Ureterostiumstenose . . . . . . . . . . 23.3.5 Doppelureter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3.6 Vesikoureteraler Reflux . . . . . . . . 23.3.7 Ureterozele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3.8 Hypospadie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3.9 Phimose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3.10 Maldescensus testis . . . . . . . . . . . 23.3.11 Hodentorsion . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3.12 Varikozele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
Gefäßchirurgie . . . . . . . . . . . . .
24.1
Erkrankungen des Arteriensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akute Arterienverschlüsse der Extremitäten . . . . . . . . . . . . . . Akrale Ischämiesyndrome . . . . . . Chronische Verschlussprozesse der Extremitäten . . . . . . . . . . . . . . Neurovaskuläre Kompressionssyndrome, Thoracic-outletSyndrom (TOS) . . . . . . . . . . . . . . . . Chronische Verschlussprozesse der supraaortalen Gefäße . . . . . . Zerebrovaskuläre Insuffizienz . . Vertebrobasiläre Insuffizienz . . . Ischämiesyndrome der Viszeralarterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renovaskuläre Insuffizienz . . . . . Arterienverletzungen . . . . . . . . . . Arterielle Aneurysmen . . . . . . . . . Arteriovenöse Fisteln . . . . . . . . . . Sonderform der AV-Fistel: der Hämodialyseshunt . . . . . . . . . Angiome und Angiodysplasien . Erkrankungen der Venen . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thrombophlebitis . . . . . . . . . . . . .
24.1.1 24.1.2 24.1.3 24.1.4 24.1.5
24.1.6
24.1.7 24.1.8 24.1.9 24.1.10 24.1.11 24.1.12 24.1.13 24.2 24.2.1 24.2.2
24.2.3
844 844 845 846 849 849 851
24.2.4
852 854 854 856 858
24.3 24.3.1 24.3.2
Chronische Erkrankung des oberflächlichen Venensystems, Varikosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akute Erkrankung des tiefen Venensystems, BeckenBeinvenenthrombose . . . . . . . . . . Sonderformen der tiefen Venenthrombose . . . . . . . . . . . . . . Chronische Erkrankung des tiefen Venensystems – das postthrombotische Syndrom (PTS) . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgie der Lymphgefäße . . . . Entzündliche Erkrankung des Lymphsystems . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphödeme . . . . . . . . . . . . . . . . .
859
25
Herzchirurgie . . . . . . . . . . . . . .
947
859 861 862 863 864 865 866 867 868 869 870 871
25.1 25.1.1 25.1.2 25.1.3
Grundlagen der Herzchirurgie . . Geschlossene Herzoperation . . . Operation am offenen Herzen . . Prinzip der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) . . . . . . . . . . . . . . Kongenitale Fehlbildungen . . . . . Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae) . . . . . . . . . . . . Aortenbogenanomalien . . . . . . . . Kongenitale Aortenstenosen . . . Kongenitale Pulmonalstenosen . Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene und Fehleinmündungen der Lungenvenen . . . . . . . . . . . . . . Ostium-primum-Defekt (ASD I) Ostium-secundum-Defekt (ASD II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sinus-venosus-Defekt . . . . . . . . . Partielle Lungenvenenfehleinmündung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Totale Lungenvenenfehleinmündung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt auf Ventrikelebene . . . . . . . . . . . . . . . . Ventrikelseptumdefekt (VSD) . . Ductus arteriosus Botalli . . . . . . . Aortopulmonales Fenster . . . . . . Cor triatriatum . . . . . . . . . . . . . . . . Kongenitale Herzfehler mit Rechts-links-Shunt . . . . . . . . . . . . Transposition der großen Arterien (TGA) . . . . . . . . . . . . . . . . Fallot-Tetralogie . . . . . . . . . . . . . . . Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt . . . . . . . . . . . . . . . . . Double outlet right ventricle (DORV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Truncus arteriosus communis . . Trikuspidalatresie . . . . . . . . . . . . . Ebstein-Erkrankung . . . . . . . . . . . Fehleinmündung der Hohlvenen
947 947 948
842
24.2.5 24.2.6
25.2 25.2.1 25.2.2 25.2.3 25.2.4 25.2.5
873
873 873 888 892 893
25.2.6
900 901 902 905 906 911 912 915 922 924 925 927 927 929
25.2.7
931
934 938
941 942 942 943
948 955 955 958 959 962
965 966 968 968 969 969
970 970 971 972 973 974 974 976 978 979 980 981 982 983
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
Inhaltsverzeichnis 25.3 25.3.1 25.3.2 25.3.3 25.3.4 25.3.5 25.3.6 25.3.7 25.3.8
Erworbene Herzerkrankungen . Erworbene Herzklappenfehler . Koronare Herzkrankheit (KHK) . Herzwandaneurysmen . . . . . . . . . Chirurgie bei Herzrhythmusstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herztumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erkrankungen des Perikards . . . . Thorakales Aortenaneurysma . . Verletzungen des Herzens . . . . .
984 984 987 991 992 995 995 996 999
27.1.2
27.1.3
26
Thoraxchirurgie . . . . . . . . . . . . 1001
26.1 26.1.1 26.1.2 26.2 26.2.1
Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oberflächenanatomie . . . . . . . . . . Anatomie der Brusthöhle . . . . . . Pathophysiologie der Atmung . . Verfahren zur Untersuchung der Lungenfunktion . . . . . . . . . . . . Ventilationsgrößen . . . . . . . . . . . . Störungen der Lungenfunktion . Störungen des Säure-BasenHaushaltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikoabschätzung vor lungenresezierenden Eingriffen . . . . . . . Untersuchungsmethoden . . . . . . Bildgebende Verfahren . . . . . . . . Endoskopische Verfahren . . . . . . Thoraxwand und Pleura . . . . . . . . Angeborene Thoraxdeformitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pleuraerguss . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pleuraempyem . . . . . . . . . . . . . . . . Tumoren der Thoraxwand und der Pleura . . . . . . . . . . . . . . . . Mediastinum . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thymus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bronchien und Lunge . . . . . . . . . . Fehlbildungen von Lunge und Bronchien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spontanpneumothorax . . . . . . . . Emphysem des Erwachsenen . . . Entzündliche Erkrankungen der Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tumoren der Lunge . . . . . . . . . . . . Thoraxverletzungen . . . . . . . . . . . Stumpfe Thoraxverletzungen . . Penetrierende Thoraxverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.2.2 26.2.3 26.2.4 26.2.5 26.3 26.3.1 26.3.2 26.4 26.4.1 26.4.2 26.4.3 26.4.4 26.5 26.5.1 26.5.2 26.5.3 26.6 26.6.1 26.6.2 26.6.3 26.6.4 26.6.5 26.7 26.7.1 26.7.2
1001 1001 1001 1006 1006 1007 1008
27.1.4
27.1.5
1009 1009 1011 1011 1012 1016
27.2 27.2.1
1016 1018 1021 1022 1024 1024 1025 1026 1029 1029 1032 1035 1036 1042 1054 1054
27.2.2
1058
27
Traumatologie . . . . . . . . . . . . . 1065
27.1 27.1.1
Allgemeine Traumatologie . . . . . Frakturenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . Frakturmechanismen . . . . . . . . . . Frakturformen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kompressions- oder Stauchungsbruch . . . . . . . . . . . . . . AO-Klassifizierung der Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1065 1065 1065 1065 1068 1070
27.2.3 27.2.4
Frakturen im Kindesalter . . . . . . Fraktursymptomatik . . . . . . . . . . . Begleitverletzungen . . . . . . . . . . . Knochenheilung . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der Frakturbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Untersuchungstechnik des Bewegungsapparates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenkverletzungen . . . . . . . . . . . Knorpelverletzungen . . . . . . . . . . Verletzungen der Bandstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Luxationen (Verrenkungen) . . . . Gelenkerguss . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochen- und Gelenkinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Osteitis/Osteomyelitis . . . . . . . . . Gelenkinfektionen . . . . . . . . . . . . . Verletzungen und Erkrankungen der Weichteile . . . . . . . . . . . . Verletzungen der Muskulatur . . Sehnenverletzungen . . . . . . . . . . . Schleimbeutelentzündungen . . . Spezielle Traumatologie . . . . . . . Schultergürtel und Oberarm . . . Untersuchungstechniken . . . . . . Sternoklavikulargelenkluxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klavikulafraktur . . . . . . . . . . . . . . . Akromioklavikulargelenkluxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Skapulafraktur . . . . . . . . . . . . . . . . Schultergelenkluxation . . . . . . . . Impingementsyndrom . . . . . . . . . Ruptur der Bizepssehne . . . . . . . . Distale Ruptur der Bizepssehne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Humeruskopffraktur . . . . . . . . . . . Kindliche proximale Oberarmfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Humerusschaftfrakturen . . . . . . . Distale Oberarmfrakturen . . . . . . Kindliche distale Humerusfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ellenbogengelenk und Unterarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungstechniken . . . . . . Ellenbogengelenkluxation . . . . . Epicondylitis humeri radialis . . . Olekranonfraktur . . . . . . . . . . . . . . Radiusköpfchenfraktur . . . . . . . . Radiushalsfraktur . . . . . . . . . . . . . . Unterarmschaftfraktur . . . . . . . . . Unterarmluxationsfrakturen . . . Distale Radiusfraktur . . . . . . . . . . Kindliche distale Unterarmfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handgelenk und Hand . . . . . . . . . Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungstechniken . . . . . .
XV
1072 1075 1075 1077 1079 1086
1092 1093 1096 1100 1101 1102 1103 1103 1109 1110 1110 1113 1114 1115 1115 1115 1118 1119 1120 1122 1124 1129 1130 1132 1132 1135 1136 1138 1139 1142 1142 1144 1145 1146 1147 1148 1150 1151 1153 1155 1156 1157 1157 1158
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
XVI
Inhaltsverzeichnis
27.2.5
27.2.6
27.2.7
27.2.8
Verletzungen der oberen Halswirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . Verletzungen der unteren Halswirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule . . . . . . . . . . . . Neurologische Zusatzverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Becken und Oberschenkel . . . . . . Beckenfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungstechnik Hüftgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hüftgelenkluxation . . . . . . . . . . . . Proximale Femurfrakturen . . . . . Oberschenkelschaftfraktur . . . . . Distale Oberschenkelfraktur . . . Kniegelenk und Unterschenkel . Untersuchungstechniken . . . . . . Ligamentäre Verletzungen des Kniegelenkes . . . . . . . . . . . . . . Kniegelenkluxation . . . . . . . . . . . . Meniskusverletzungen . . . . . . . . . Patellaluxation . . . . . . . . . . . . . . . . Patellafraktur . . . . . . . . . . . . . . . . . Rupturen der Quadrizeps- und Patellarsehne . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschenkelfrakturen . . . . . . . Sprunggelenk und Fuß . . . . . . . . . Untersuchungstechniken . . . . . . Achillessehnenruptur . . . . . . . . . . Bandverletzungen am Sprunggelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . Talusluxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprunggelenkfrakturen . . . . . . . . Fußwurzelfrakturen . . . . . . . . . . . Zehenfrakturen . . . . . . . . . . . . . . . . Polytrauma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Maßnahmen an der Unfallstelle . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle präklinische Maßnahmen beim Polytrauma . Diagnostik in der Klinik . . . . . . . . Therapie in der Klinik . . . . . . . . . .
1160 1164 1167 1172 1173 1173 1184 1186 1188 1198 1201 1203 1203 1205 1206 1207 1210 1211 1212 1214 1223 1223 1224 1225 1227 1227 1237 1240 1241 1242 1243 1245 1246
28.3.4 28.3.5 28.3.6 28.3.7 28.3.8 28.3.9 28.3.10 28.3.11 28.4 28.4.1 28.4.2 28.4.3 28.4.4 28.4.5 28.4.6 28.4.7 28.4.8 28.5 28.5.1 28.5.2 28.5.3 28.6 28.7 28.8 28.8.1 28.8.2
28.8.3 28.8.4
Handchirurgie . . . . . . . . . . . . . . 1249
28.1 28.1.1 28.1.2 28.1.3 28.2
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinische Untersuchung . . . . . . . . Apparative Diagnostik . . . . . . . . . Bildgebende Verfahren . . . . . . . . Allgemeine perioperative Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anästhesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Zugänge . . . . . . . . . . . . Verbände, Ruhigstellung, postoperative Maßnahmen . . . . Nachbehandlung . . . . . . . . . . . . . . Handverletzungen . . . . . . . . . . . . . Fingerspitzenverletzungen . . . . . Nagelverletzungen . . . . . . . . . . . . Haut- und Weichteilmantelverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.2.1 28.2.2 28.2.3 28.2.4 28.3 28.3.1 28.3.2 28.3.3
1249 1249 1251 1251 1253 1254 1256 1256 1257 1259 1259 1259 1260
1263 1265 1266 1274 1278 1282 1285 1285 1285 1286 1286 1286 1287 1288 1288 1288 1288 1289 1289 1290 1291 1291 1294 1295 1295
1297 1297 1298
29
Plastische Chirurgie . . . . . . . 1299
29.1 29.1.1 29.2
Wundbehandlung . . . . . . . . . . . . . Operationstechniken . . . . . . . . . . Atypische Wundheilung, Narben, Tätowierungen . . . . . . . . Keloide, hypertrophe Narbenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Narben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tätowierungen . . . . . . . . . . . . . . . . Plastisch-chirurgische Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exzisionen und Plastiken . . . . . . . Freies Hauttransplantat . . . . . . . . Spalthauttransplantate . . . . . . . . Vollhauttransplantate . . . . . . . . . Hautlappen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weichteillappen . . . . . . . . . . . . . . . Fasziokutanlappen . . . . . . . . . . . . . Muskellappen und myokutane Lappen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kombinierte Lappenplastiken . . Insellappen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rotationslappen . . . . . . . . . . . . . . . Gewebeexpander . . . . . . . . . . . . . . Lokale Lappenplastiken . . . . . . . .
29.2.1
28
Amputation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Replantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehnenverletzungen . . . . . . . . . . . Nervenverletzungen . . . . . . . . . . . Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gelenkverletzungen . . . . . . . . . . . Komplexe Handverletzungen . . Besondere Verletzungen . . . . . . . Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paronychie (Umlauf) . . . . . . . . . . . Panaritium subunguale . . . . . . . . Panaritium cutaneum . . . . . . . . . . Panaritium subcutaneum . . . . . . Panaritium articulare . . . . . . . . . . Panaritium ossale . . . . . . . . . . . . . Panaritium tendinosum (Sehnenscheidenphlegmone) . . Hohlhandphlegmone . . . . . . . . . . Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden . . . . . . . . . . . . . . . Tendovaginitis stenosans . . . . . . Tendovaginitis de Quervain . . . . Tenosynovialitis . . . . . . . . . . . . . . . Dupuytren-Kontraktur . . . . . . . . . Algodystrophie . . . . . . . . . . . . . . . . Nervenkompressionssyndrome an der Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karpaltunnelsyndrom (CTS) . . . . M.-pronator-teres- und N.-interosseus-anteriorSyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M.-ulnaris-Kompressionssyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . N.-radialis-Kompressionssyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.2.2 29.2.3 29.3 29.3.1 29.3.2
29.3.3
1299 1299 1300 1300 1301 1301 1302 1302 1303 1304 1306 1306 1306 1308 1308 1308 1308 1310 1310 1311
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Inhaltsverzeichnis 29.4 29.5 29.5.1 29.5.2 29.5.3 29.6 29.6.1 29.6.2 29.6.3 29.6.4 29.6.5
Bauchwandrekonstruktion . . . . . Plastische Chirurgie der weiblichen Brust . . . . . . . . . . . . . . Augmentationsplastik . . . . . . . . . Reduktionsplastik . . . . . . . . . . . . . Brustrekonstruktion . . . . . . . . . . . Ästhetische Chirurgie . . . . . . . . . . Blepharoplastik . . . . . . . . . . . . . . . Rhinoplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otoplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Facelift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fettabsaugung (Liposuction, Suction lipectomy) . . . . . . . . . . . .
1312 1313 1313 1314 1314 1316 1316 1317 1318 1318
31.2.8 31.3 31.3.1 31.3.2 31.3.3 31.4 31.5 31.5.1 31.5.2
1319 31.5.3
30 30.1 30.1.1 30.1.2 30.1.3 30.1.4 30.1.5 30.2 30.2.1 30.2.2 30.3 30.3.1 30.3.2 30.3.3 30.4 30.4.1
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie . . . . . . . . . . 1321
30.4.2 30.4.3 30.5 30.5.1 30.5.2 30.6 30.6.1 30.6.2
Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Furunkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Odontogene Abszesse . . . . . . . . . . Osteomyelitis . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktinomykose . . . . . . . . . . . . . . . . . Speicheldrüsenentzündungen . . Zysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kieferzysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weichteilzysten . . . . . . . . . . . . . . . Gutartige Tumoren . . . . . . . . . . . . Weichgewebetumoren . . . . . . . . . Knochentumoren . . . . . . . . . . . . . . Speicheldrüsentumoren . . . . . . . Bösartige Tumoren . . . . . . . . . . . . Haut- und Schleimhauttumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Speicheldrüsentumoren . . . . . . . Knochentumoren . . . . . . . . . . . . . . Gesichtsverletzungen . . . . . . . . . . Weichteilverletzungen . . . . . . . . . Gesichtsschädelfrakturen . . . . . . Angeborene Fehlbildungen . . . . . Lippen-Kiefer-Gaumenspalten . Pierre-Robin-Sequenz . . . . . . . . .
31
Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . 1341
31.1 31.1.1
Grundlagen der Neurochirurgie Entwicklung der Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehirnerkrankungen allgemein Neurochirurgische Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzgefasste topographische Anatomie des Gehirns . . . . . . . . . Knöcherner Schädel und kraniospinaler Übergang . . . . . . . Hirnnerven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirngefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Motorischer und sensibler Kortex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kleinhirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenhirn . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirnstamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.1.2 31.1.3 31.2 31.2.1 31.2.2 31.2.3 31.2.4 31.2.5 31.2.6 31.2.7
1321 1321 1321 1322 1323 1324 1325 1325 1326 1327 1327 1328 1329 1330 1330 1332 1332 1333 1334 1334 1339 1339 1339
31.5.4 31.6 31.6.1 31.6.2 31.6.3 31.6.4
31.6.5 31.7 31.7.1 31.7.2 31.7.3 31.7.4 31.7.5 31.8 31.8.1 31.8.2 31.8.3 31.8.4 31.8.5 31.8.6 31.9 31.9.1
1341 31.9.2 1341 1341 1342
31.9.3
1344 1345 1346
31.10 31.10.1 31.10.2 31.10.3 31.10.4 31.10.5 31.10.6
1349 1352 1352 1352
31.10.7 31.11 31.11.1 31.11.2
1344
Liquorräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik in der Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinische Diagnostik und Notfalluntersuchung . . . . . . . . . . . Spezielle Untersuchungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Apparative Diagnostik . . . . . . . . . Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . Intrakranielle Drucksteigerung . Hirnödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Medikamentöse Therapie der Hirndrucksteigerung . . . . . . . . . . . Intensivmedizinische Behandlungsansätze . . . . . . . . . . . Operative Therapiemöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schädel-Hirn-Trauma (SHT) . . . . Beurteilung des Verletzten . . . . . Bewusstseinsstörungen . . . . . . . . Klassifikation des SHT . . . . . . . . . Verletzungsfolgen . . . . . . . . . . . . . Verletzungen der Kopfschwarte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedecktes SHT . . . . . . . . . . . . . . . . Offenes SHT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten des SHT im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . Rückenmarktrauma . . . . . . . . . . . . Ätiologie und Pathogenese . . . . . Klinische Symptomatik . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplikationen, Rehabilitation, Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirntumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . Ätiopathogenese . . . . . . . . . . . . . . Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tumoren des knöchernen Schädels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Primäre Tumoren des Schädels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sekundäre Tumoren des Schädels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht neoplastische tumorähnliche Läsionen . . . . . . . . . . . . . Spinale Tumoren . . . . . . . . . . . . . . Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extradurale Tumoren . . . . . . . . . . Intradurale extramedulläre Tumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intramedulläre Tumoren . . . . . . . Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . Perkutane Strahlentherapie . . . . Interstitielle Strahlentherapie . .
XVII
1352 1353 1353 1358 1360 1363 1364 1365 1368 1370 1370 1371 1372 1375 1380 1381 1382 1383 1389 1395 1397 1399 1399 1400 1400 1402 1404 1405 1405 1405 1405 1406 1406 1406 1419 1419 1420 1421 1421 1421 1422 1423 1424 1424 1426 1428 1429 1430 1432
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XVIII
Inhaltsverzeichnis 31.12 31.13 31.13.1 31.13.2 31.13.3 31.13.4 31.14 31.14.1 31.14.2 31.14.3 31.14.4 31.14.5 31.14.6 31.15 31.15.1 31.15.2 31.15.3 31.16 31.16.1 31.16.2 31.17 31.17.1 31.17.2 31.17.3 31.17.4 31.17.5
Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . Entzündliche Erkrankung des ZNS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirnabszess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Subdurales Empyem . . . . . . . . . . . Zerebraler epiduraler Abszess . . Spinaler epiduraler Abszess . . . . Hydrozephalus . . . . . . . . . . . . . . . . Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten des Hydrozephalus im Säuglingsalter . . . . . Komplikationen nach Shuntoperation . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopische Verfahren . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlbildungen des kraniozervikalen Übergangs . . . . . . . . . . Dysrhaphische Störungen . . . . . . Kraniostenosen . . . . . . . . . . . . . . . . Zerebrale Gefäßmissbildungen . Aneurysmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arteriovenöse Angiome . . . . . . . . Spontane intrazerebrale Hämatome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ätiologie und Pathogenese . . . . . Klinische Symptomatik . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1432
31.18
1433 1433 1434 1435 1435 1436 1436 1436
31.19 31.20
1441 1442 1442 1442 1443 1444 1447 1452 1454 1454 1462 1466 1466 1467 1470 1471 1472
31.20.1 31.20.2 31.20.3 31.20.4 31.20.5 31.20.6 31.21 31.21.1 31.21.2 31.21.3 31.22 31.22.1 31.22.2 31.22.3 31.22.4 31.22.5
Arterielle Verschlusserkrankungen der Hirngefäße . . . . . . . . Therapie der Spastik . . . . . . . . . . . Neurochirurgische Schmerztherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nervenblockade . . . . . . . . . . . . . . . Neurolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimulierende Verfahren . . . . . . . Peridurale intrathekale Pharmakotherapie . . . . . . . . . . . . . Operative Verfahren . . . . . . . . . . . Trigeminusneuralgie . . . . . . . . . . . Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . Anatomie und Pathogenese . . . . Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . Spinale radikuläre Syndrome . . . Periphere Nervenkompressionssyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karpaltunnelsyndrom . . . . . . . . . Nervus-ulnaris-Kompressionssyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seltene Kompressionssyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thoracic-outlet-Syndrom . . . . . . Tumoren peripherer Nerven . . .
1473 1475 1476 1477 1477 1477 1478 1478 1479 1480 1480 1482 1483 1492 1493 1493 1493 1494 1494
Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . 1497 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1499
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XIX
Adressliste der Autoren Dr. med. Harald Barth Klinik für Neurochirurgie Universitätsklinikum Kiel Weimarer Str. 8 24106 Kiel
PD Dr. med. Horst Grimm Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel
PD med. Arnd Böhle Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel
Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns Abteilung für Viszeral- und Transplantationschirurgie Universitätsklinikum Ulm Steinhövelstr. 9 89075 Ulm
Prof. Dr. med. Hans-Dietrich Bruhn Zentrallabor Universitätsklinikum Kiel Schittenhelmstr. 12 24105 Kiel
Dr. med. Stephan Hirt Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel
Prof. Dr. med. Jochen Cremer Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel
Dr. med. Andreas Hückstädt Städtisches Krankenhaus Kiel Chemnitzer Str. 33 24116 Kiel
Dr. med. J. Marek Doniec Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel Prof. Dr. med. Michael Dürig Klinik f. Allgemein- und Viszeralchirurgie Krankenhaus St. Josef-Stift Schwachhauser Heerstr. 54 28209 Bremen PD Dr. med. Ronald Joachim Elfeldt Abteilung Thoraxchirurgie Friedrich-Ebert-Krankenhaus Friesenstr. 11 24534 Neumünster Dr. med. Reni Ellerbeck Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Universitätsklinikum Kiel Schwanenweg 21 24105 Kiel PD Dr. med. Hinnerk Gebhardt Praxis für MIC Am St. Elisabeth-Krankenhaus Kiel Königsweg 14 24103 Kiel Prof. Dr. med. Alexander Gerbes Ludwig-Maximilians-Universität München Klinikum Großhadern Medizinische Klinik II Marchioninistr. 15 81337 München
Prof. Dr. med. Hartmut Juhl Israelitisches Krankenhaus in Hamburg Orchideenstieg 14 22297 Hamburg PD med. Hans-Jürgen Klomp Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel Dr. med. Heike Kraemer-Hansen Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel Prof. Dr. med. Bernd Kremer Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel Prof. Dr. med. Dr. dent. Thomas Kreusch Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Klinikum Nord-Heidberg Tangstedter Landstr. 400 22417 Hamburg Dr. med. Uwe Krüger Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel
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XX PD Dr. phil. Thomas Küchler Referenzzentrum Lebensqualität Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel PD Dr. med. Mathias Löhnert Städtische Kliniken Bielefeld gem. GmbH Klinikum Rosenhöhe Chirurgische Klinik An der Rosenhöhe 27 33647 Bielefeld Prof. Dr. med. Wolfgang Mengel Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel Dr. med. Bernd Nemsmann Langkoppel 2 24161 Altenholz Prof. Dr. med. Hans-Jörg Oestern Allgemeines Krankenhaus Celle Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Siemensplatz 4 29223 Celle Prof. Dr. med. Horst Schaube Abteilung Chirurgie Kreiskrankenhaus St. Marienberg Conringstr. 26 38350 Helmstedt
Adressliste der Autoren Dr. med. Andreas Schmid DRK-Krankenhaus Chirurgie Röpersberg 2 23909 Ratzeburg Dr. med. Ralf Schön Städtisches Klinikum Dessau Neurochirurgie Auenweg 38 06822 Dessau PD Dr. med. Jörg Schröder Marien-Krankenhaus gGmbH Chirurgie Dr.-Robert-Koch-Str. 18 51465 Bergisch Gladbach Dr. med. Eva Schweizer † PD Dr. med. Ilka Vogel Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie Universitätsklinikum Kiel Arnold-Heller-Str. 7 24105 Kiel Prof. Dr. med. Peter Vogt Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Klinikum Hannover Oststadt Podbielskistr. 380 30659 Hannover Dr. med. Hubert Voßmann Klinik für Plastische und Handchirurgie Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße St.-Jürgen-Str. 1 28205 Bremen
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XXI
Vorwort der Bandherausgeber Ziel des vorliegenden Lehrbuchs ist es, den zunehmenden Wissensstand der Chirurgie übersichtlich zu vermitteln. Hierfür bot sich das bewährte Konzept der »Dualen Reihe« an, um eine schnelle und kompetente Orientierung zu ermöglichen. Eine großzügige Ausstattung mit einprägsamen Zeichnungen und klinischen Abbildungen sollen einen bleibenden Eindruck der wichtigsten Krankheitsbilder und aktuellen Behandlungsverfahren vermitteln. Die Integration des Repetitoriums ermöglicht darüber hinaus eine rasche Wiederholung des Prüfungsstoffes. Während einige Fachgebiete trotz ihrer Bezugspunkte zur Chirurgie aufgrund der zu erwartenden eigenen Darstellung nicht berücksichtigt wurden, fanden andere Kapitel, wie »Aspekte der Lebensqualität«, die »Chirurgische Onkologie« oder die »Transplantation« bei zunehmender Bedeutung jedoch noch fehlender Prüfungsrelevanz ihren Platz in dem vorliegenden Werk. Wir hoffen, dass das Konzept den gesetzten Erwartungen gerecht wird und dem Studenten einen einprägsamen Eindruck über die Chirurgie vermittelt. Wir hoffen darüber hinaus, dass es dem Berufsanfänger unterschiedlicher medizinischer Disziplinen als kurzes Nachschlagewerk dienen kann. Durch die enge Zusammenarbeit mit unseren Lesern haben wir Korrekturvorschläge erhalten, die wir in der 2. Auflage berücksichtigen konnten. Wir bitten auch weiterhin alle Leser regen Gebrauch von der Möglichkeit zu machen, uns Verbesserungs- und/oder Korrekturvorschläge mitzuteilen und sind allen Lesern für eine konstruktive Kritik dankbar.
Prof. Dr. D. Henne-Bruns
Prof. Dr. B. Kremer
Prof. Dr. M. Dürig
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Teil A Allgemeine Chirurgie A-1 A-2 A-3 A-4 A-5 A-6 A-7 A-8 A-9 A-10 A-11 A-12 A-13 A-14 A-15
Wunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Asepsis und Antisepsis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgische Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antibiotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutgerinnung, Thrombose, Embolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akutes Abdomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbrennungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chirurgische Onkologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aspekte der Lebensqualität . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungswesen und chirurgische Begutachtung . . . . . . . . . . . . . . .
1 23 27 59 69 95 133 143 175 195 219 235 259 267 271
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Wunde
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Wunde
Uwe Krüger
n Definition. Die Wunde ist ein pathologischer Zustand, bei dem Gewebe mit mehr oder minder ausgeprägtem Substanzverlust und entsprechender Funktionseinschränkung voneinander getrennt oder zerstört ist.
1.1
Wundheilung
n Definition. Die Wundheilung ist der Defektverschluss durch vernarbendes Bindegewebe und Epithelregeneration.
1.1.1
Mechanismen der Wundheilung
Jeder Organismus ist bestrebt, eine Wunde so schnell wie möglich zu verschließen, um die Funktion des Gewebes wiederherzustellen. Außer den Zähnen sind alle Gewebearten zur Wundheilung fähig. Sie erfolgt durch zwei Mechanismen:
Definition
1.1
Wundheilung
Definition
1.1.1 Mechanismen der Wundheilung Außer den Zähnen sind alle Gewebearten zur Wundheilung fähig. Sie erfolgt durch zwei Mechanismen:
Regeneration
Regeneration
Unter Regeneration versteht man den gewebespezifischen Ersatz, der bei Säugetieren und insbesondere beim Menschen im Bereich der Epithelien vollständig (Epidermis, Schleimhäute des Magen-Darm- und Urogenitaltraktes) und in parenchymatösen Organen eingeschränkt möglich ist.
Regeneration ist der gewebespezifische Ersatz (vollständig im Bereich der Epidermis und der Schleimhäute, eingeschränkt bei parenchymatösen Organen).
Reparation
Reparation
Während der Reparationsphase wird defektes oder fehlendes Gewebe durch unspezifisches Binde- bzw. Stützgewebe ersetzt, welches dann vernarbt. Die Knochenheilung nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als die bindegewebige Matrix später gewebespezifisch (Knochenneubildung) umgebaut wird.
Während der Reparationsphase wird defektes oder fehlendes Gewebe durch unspezifisches Binde- bzw. Stützgewebe ersetzt, welches dann vernarbt (Sonderstellung Knochen).
1.1.2
Physiologie der Wundheilung
1.1.2 Physiologie der Wundheilung
Der Heilungsvorgang einer Wunde verläuft in drei Phasen:
Der Heilungsvorgang einer Wunde verläuft in drei Phasen:
Exsudationsphase
Exsudationsphase
Im Bereich der Wunde sind kleine Blut- und Lymphgefäße eröffnet, austretendes Blut und Gewebewasser füllen die Wundlücke auf. Durch einsetzende Blutgerinnung und Vasokonstriktion wird der Blutaustritt gestoppt. Fibrin verklebt die Wunde. Aus den Kapillaren ausgetretene weiße Blutzellen (Granulozyten) und Bindegewebszellen (Histiozyten) phagozytieren abgestorbenes Gewebe sowie in die Wunde gelangte Keime. Die Exsudationsphase dauert ca. 4 Tage.
Im Wundbereich sind Blut- und Lymphgefäße eröffnet. Durch Blutgerinnung und Vasokonstriktion wird der Blutaustritt gestoppt. Fibrin verklebt die Wunde. Granulozyten und Histiozyten phagozytieren abgestorbenes Gewebe und Keime. Die Exsudationsphase dauert ca. 4 Tage.
Proliferationsphase
Proliferationsphase
Aus dem Wundrand sprießen Kapillaren in das Wundbett ein. Ortsständige Fibroblasten proliferieren und produzieren Proteoglykane und wasserunlösliche Kollagenfasern als Grundsubstanz des Bindegewebes. Ein Teil der Fibroblasten wandelt sich zu Myofibroblasten, die kontraktile Elemente ent-
Aus dem Wundrand sprießen Kapillaren ein. Ortsständige Fibroblasten produzieren Kollagenfasern. Myofibroblasten enthalten kontraktile
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1 Wunde
Elemente. Diese verursachen eine Reduktion des Wunddurchmessers bis zu 2 mm täglich. Die Proliferationsphase dauert einige Tage.
halten. Diese verursachen eine Reduktion des Wunddurchmessers bis zu 2 mm täglich. Die Proliferationsphase dauert einige Tage.
Regenerationsphase
Regenerationsphase
In der Regenerationsphase werden Kollagenfasern vernetzt und stabilisiert. Die Wundoberfläche verschließt sich durch Epithelisation, Hautanhangsgebilde fehlen. Die maximale Belastbarkeit ist nach ca. 3 Monaten erreicht.
In der Regenerationsphase werden die Kollagenfasern vernetzt und stabilisiert. Die Wundoberfläche verschließt sich durch Epithelisation. In der resultierenden Narbe fehlen die Hautanhangsgebilde. Die maximale Belastbarkeit einer Narbe ist nach ca. 3 Monaten erreicht.
1.1.3 Formen der Wundheilung
1.1.3
Gewebeneubildung, Kontraktion und Epithelisation sind abhängig von Schwere und Zustand des Defektes.
Alle Wunden heilen nach den beschriebenen Gesetzmäßigkeiten. Gewebeneubildung, Kontraktion und Epithelisation sind abhängig von Schwere und Zustand des Defektes. Man unterscheidet 4 Formen der Wundheilung: π Primärheilung (Sanatio per primam intentionem = p.p.-Heilung) π verzögerte Primärheilung π Sekundärheilung (Sanatio per secundam intentionem = p.s.-Heilung) π regenerative Heilung oberflächlicher Wunden.
Man unterscheidet 4 Formen der Wundheilung: π Primär- (p.p.-)Heilung π verzögerte Primärheilung π Sekundär- (p.s.-)Heilung π regenerative Heilung oberflächlicher Wunden.
Formen der Wundheilung
Primärheilung
Primärheilung
Primärheilung ist zu erwarten bei: π glatten, eng aneinander liegenden Wundrändern π sauberen Wunden π guter Durchblutung. Sie kommt vor bei: π chirurgischen Wunden π Verletzungen durch scharfkantige Gegenstände. Bei zerklüfteten oder nekrotischen Wunden wird die Voraussetzung für eine Primärheilung durch Wundausschneidung oder Débridement geschaffen ( 1 A-1.1 a). Die Wunde wird spannungsfrei verschlossen. Ist die Wunde älter als 6—8 Stunden, erfolgt die offene Wundbehandlung.
Primärheilung ist zu erwarten bei: π glatten Wundrändern, die eng aneinander liegen π sauberen Wunden ohne Fremdkörper, Keime oder Nekrosen π guter Durchblutung des Wundgebietes. Die Primärheilung ist die Regel bei chirurgisch gesetzten Wunden wie überhaupt bei allen, die durch saubere, scharfkantige Gegenstände verursacht wurden. Bei zerklüfteten oder nekrotischen Wunden kann durch eine operative Versorgung die Voraussetzung zur Primärheilung geschaffen werden, indem die Wundränder 1–2 mm im gut durchbluteten Gewebe en bloc ausgeschnitten werden ( 1 A-1.1 a). Unter entsprechenden Wundverhältnissen reicht eine Anfrischung der Wundränder (Débridement) aus ( 1 A-1.1 b), um die Voraussetzung für eine Primärheilung zu schaffen. Nach Mobilisation der Haut auf oberflächlichen Faszien ist ein spannungsfreier Wundverschluss möglich. Diese Methode kommt wegen zu erwartender Keimbesiedlung nur innerhalb von 6–8 Stunden nach Verletzung in Betracht. Ältere Wunden werden daher offen behandelt. Kontraindikationen für eine primäre chirurgische Wundversorgung zeigt 2 A-1.1.
Kontraindikationen für einen Primärverschluss s. 2 A-1.1.
2 A-1.1
Kontraindikationen für eine primäre chirurgische Wundversorgung
N tiefe Schnittwunden n N Bisswunden n N stark verschmutzte Wunden n N infizierte Wunden n N Wunden mit Fremdkörpern n
Für die Bereiche des Gesichts und der Gelenke sind bei Wundausschneidungen und Débridement stets mögliche Veränderungen der Physiognomie bzw. Bewegungsbeeinträchtigungen zu bedenken und evtl. ganz zu unterlassen.
Für die Bereiche des Gesichts und der Gelenke ist bei Wundausschneidung und Débridement stets zu bedenken, dass diese Eingriffe zu Veränderungen der Physiognomie bzw. Bewegungsbeeinträchtigungen führen können. Es kommt deshalb allenfalls eine äußerst sparsame Reduktion des Hautgewebes in Betracht; u. U. ist sie ganz zu unterlassen und ggf. dem Spezialisten (plastischer Chirurg) zu übertragen.
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1.1.3 Formen der Wundheilung
1 A-1.1
Synopsis Operative Versorgung von zerklüfteten oder nekrotischen Wunden
b Débridement ist das sorgfältige gewebeschonende Ausschneiden einer Wunde. a Wundausschneidung en bloc. In der Wunde vorhandene Erreger können sich im umgebenden gesunden Gewebe ausbreiten. Um ein praktisch keimfreies Wundgebiet zu gewährleisten, sollte der Zeitraum von 6–8 Stunden für die Wundausschneidung eingehalten werden.
n Merke. Größere, tiefreichende Defekte sind schichtweise in gewebeschonender Weise zu revidieren. Nach der chirurgischen Versorgung der Wunde sollte diese erst verschlossen werden, wenn keine Infektion zu erwarten ist.
Bei der Primärheilung werden die adaptierten Wundränder durch sehr wenig Bindegewebe miteinander verbunden. Das Ergebnis ist eine schmale, strichförmige, oft kaum sichtbare Narbe ( 1 A-1.2).
1 A-1.2
Primär heilende Wunde
Merke
Die adaptierten Wundränder werden durch sehr wenig Bindegewebe miteinander verbunden. Ergebnis ist eine schmale, strichförmige, oft kaum sichtbare Narbe ( 1 A-1.2).
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4
1 Wunde
Verzögerte Primärheilung
Verzögerte Primärheilung
Bei Verdacht auf Kontamination wird die Wunde mit feuchter Gaze offen gehalten. Bestehen keine Hinweise auf eine Infektion, kann die Wunde mittels vorgelegter Fäden ( 1 A-1.3) nach 2–3 Tagen adaptiert werden. Kommt es nach Wundverschluss zu einer Infektion, sind die Nähte wieder zu öffnen; die Heilung erfolgt p.s.
Bei Verdacht auf Kontamination wird die Wunde nicht sofort verschlossen, sondern mit feuchter Gaze offen gehalten; die Nähte werden bereits vorgelegt ( 1 A-1.3). Bleiben Hinweise auf eine Infektion aus, können die Wundränder nach 2–3 Tagen adaptiert werden. Die Wundheilung erfolgt per primam. Kommt es nach Wundverschluss zu einer Infektion, sind die Nähte wieder zu öffnen, die Heilung erfolgt dann per secundam.
1 A-1.3
Verzögerte Primärheilung Wunde mit verzögerter Primärheilung (Wunde mit feuchter Kompresse aufgefüllt).
Sekundärheilung
Sekundärheilung
Wunden mit großen Gewebedefekten füllen sich durch Granulationsgewebe auf, das sich in Narbengewebe umdifferenziert ( 1 A-1.4). Kontraktion führt zur Wundverkleinerung (kosmetisch unbefriedigend und funktionell störend in Gelenkbereichen).
Wunden mit großen Gewebedefekten heilen auch ohne mechanischen Verschluss spontan. Der Defekt wird durch Granulationsgewebe aufgefüllt, welches sich in Narbengewebe umdifferenziert. Hat der Wundgrund nach unterschiedlich langer Zeitspanne das Hautniveau erreicht, schließt sich der verbleibende Defekt durch Epithelisation ( 1 A-1.4). Diese Art der Wundheilung führt meist zu großflächigen, kosmetisch unbefriedigenden Narben, die insbesondere in Gelenkbereichen funktionelle Störungen verursachen. In nachstehenden Fällen kommt unter Verzicht auf den Wundverschluss die Sekundärheilung in Frage: π Wundränder klaffen fetzig weit und lassen sich nicht anfrischen π großer Gewebedefekt, bei fehlender Möglichkeit der Hauttransplantation lassen sich die Wundränder nicht spannungsfrei adaptieren π trophische Störungen, z. B. Ulcus cruris π stark eiternder Defekt π Verschmutzung mit Fremdkörpern π Infektion der primär verschlossenen Wunde π Möglichkeit eines befriedigenderen funktionellen und/oder kosmetischen Ergebnisses (z. B. kleiner Defekt an der Fingerkuppe).
Eine Sekundärheilung wird bei folgenden Wunden abgewartet: π zerfetzte, klaffende Wunden ohne Anfrischungsmöglichkeit π große, durch Hauttransplantate nicht deckbare Wunden π trophische Störungen π stark eiternde Wunden π mit Fremdkörpern verschmutzte Wunden π primär verschlossene, infizierte Wunden π bei funktionell und kosmetisch zu erwartenden besseren Ergebnissen. Regenerative Wundheilung
Regenerative Wundheilung
Oberflächliche Wunden heilen durch Regeneration des Epithels von der Basalzellschicht aus ( 1 A-1.5). Sie sind vom umgebenden Gewebe kaum zu unterscheiden.
Bei oberflächlichen Hautwunden, z. B. Schürfungen, werden nur die Epidermis und geringe Anteile der Lederhaut beschädigt. Bleiben die Basalzellen intakt, kann sich die Epidermis vollständig regenerieren ( 1 A-1.5). Dieser Vorgang entspricht der Epithelisation. Das Regenerat unterscheidet sich kaum vom umgebenden Gewebe.
Heilung unter dem Schorf
Heilung unter dem Schorf
Die Heilung unter dem Schorf kommt vor bei primär und sekundär heilenden Wunden und bei Epithelisation. Bei sekundär heilenden Wunden kann er die Granulation und den Sekretabfluss behindern.
Die schützende Schorfbildung ist erwünscht bei oberflächlichen Schürfungen, bei denen sich die Kruste nach Wiederherstellung des Epithels spontan ablöst. Heilung unter dem Schorf kommt vor bei primär und sekundär heilenden Wunden und bei Epithelisation. Probleme bereitet der Schorf bei sekundär heilenden Wunden, da er die Bildung des Granulationsge-
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1.1.3 Formen der Wundheilung
5
webes und den Sekretabfluss behindern und damit die Heilung verzögern kann.
1 A-1.4
Synopsis Sekundär heilende Wunde (nach Exzision eines malignen Melanoms)
Operationssitus.
Nach 2 Tagen ist am Wundgrund Granulationsgewebe auszumachen.
Am 21. Tag hat sich die Wundfläche durch Kontraktion deutlich verkleinert.
Nach 2 Jahren ist die Wunde verschlossen und epithelisiert. Die auf den Wundmittelpunkt zulaufenden, durch Kontraktion verursachten Spannungsstreifen sind gut zu erkennen.
1 A-1.5
Epithelisation Oberflächliche Wunde, die durch Epithelisation heilt.
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6 1.2
1 Wunde 1.2
Wundarten und ihre Heilung
Wundarten und ihre Heilung
Nach ihrer Entstehungsursache unterscheidet man 3 große Gruppen von Wunden: π traumatische π iatrogene π chronische Wunden.
Nach ihrer Entstehungsgeschichte werden 3 große Gruppen von Wunden unterschieden: π traumatische, unfallbedingte Wunden π iatrogene, z. B. operative Wunden π chronische Wunden, z. B. Dekubitalulzera.
1.2.1 Traumatische Wunden
1.2.1
Traumatische Wunden lassen sich nach morphologischen ( 2 A-1.2) und ätiologischen ( 2 A-1.3) Kriterien klassifizieren.
Traumatische Wunden lassen sich nach morphologischen ( 2 A-1.2) und ätiologischen ( 2 A-1.3) Kriterien klassifizieren.
Traumatische Wunden
2 A-1.2
Morphologische Einteilung der Wunden
N offene Verletzung n
π π π
oberflächlich penetrierend kompliziert
N geschlossene Verletzung n N Ablederung (Décollement) n N Abtrennung (Amputation) n
2 A-1.3
Ätiologische Einteilung der Wunden
N mechanische Verletzungen n π
Schürfungen
π
Stichwunden
π
Risswunden
π
Blasen
π
Hiebwunden
π
Kratzwunden
π
Schnittwunden
π
Pfählungsverletzungen
π
Prellungen und Quetschungen
π
Quetsch- und Platzwunden
π
Bisswunden
π
Insektenstiche
π
Schusswunden
π
Ablederungen
π
Amputationen
N thermische Verletzungen n π
Verbrennungen/Verbrühungen
π
Erfrierungen
N Verletzungen durch elektrischen Strom n N chemische Verletzungen n π
Säureverätzungen
π
Laugenverätzungen
N Strahlenschäden n
Bei offenen Wunden wird zwischen oberflächlichen (beschränkt auf die Epidermis), penetrierenden (in die Tiefe reichend) oder komplizierten (Mitverletzung von Nerven, Sehnen, Muskeln, Knochen) unterschieden. Geschlossene Wunden sind auf die Einwirkung stumpfer Gewalt zurückzuführen. Bei weitgehend intakter Haut resultieren Hämatome, Schwellungen und Schmerzen. Ablederungen sind Folge flacher, tangentialer Gewalteinwirkung. Eine traumatische Amputation liegt bei Abtrennung eines Körpergliedes vor.
Bei offenen Wunden ist die Haut durch äußere Einwirkung durchtrennt. Abschürfungen beschränken sich auf die Epidermis. Reicht die Wunde in die Tiefe oder werden Körperhöhlen eröffnet, bezeichnet man sie als penetrierend. Bei Mitverletzung von Nerven, Sehnen, Muskeln oder Knochen spricht man von komplizierten Wunden. Geschlossene Wunden sind auf die Einwirkung stumpfer Gewalt zurückzuführen. Bei weitgehend intakter Haut finden sich Verletzungen ihrer Gefäße, Nerven und/oder der darunterliegenden Gewebe. Hieraus resultiert die Ausbildung von Hämatomen, Schwellungen und starken Schmerzen. Bei flacher, tangentialer Gewalteinwirkung können ganze Hautlappen abgehoben werden (Ablederung oder Décollement). Liegt die Abtrennung eines Körpergliedes vor, spricht man von einer traumatischen Amputation.
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7
1.2.1 Traumatische Wunden
Mechanische Verletzungen
Mechanische Verletzungen
Wunden durch äußere Gewalteinwirkung stellen den Großteil aller Unfallverletzungen. Eine adäquate Versorgung setzt die Kenntnis von der Entstehungsursache der Verletzung voraus, um z. B. das Kontaminationsrisiko abschätzen zu können.
Schürfwunden
Schürfwunden
Schürfwunden entstehen durch Entlangstreifen eines rauhen Gegenstandes an der Haut, wobei die Epidermis weggerissen wird. Die Lederhaut und die Subkutis bleiben unverletzt. Durch in die Epidermis vorspringende Kapillaren entstehen punktförmige Blutungen.
Sie entstehen durch Entlangstreifen eines rauhen Gegenstandes an der Haut, wobei die Epidermis abgerissen wird. Die Abheilung erfolgt narbenlos.
Therapie. Nach sorgfältiger Reinigung heilen Schürfungen unter dem Schorf narbenlos ab.
Blasen
Blasen
Blasen sind auf gleichzeitigen Druck und Reibung zurückzuführen. In dem sich zwischen Epidermis und Corium bildenden Hohlraum sammelt sich Gewebeflüssigkeit, manchmal auch Blut. Diese Läsionen heilen in der Regel folgenlos ab.
Sie entwickeln sich unter gleichzeitiger Einwirkung von Druck und Reibung. Die Epidermis hebt sich ab, darunter sammelt sich Gewebeflüssigkeit. Die Läsionen heilen folgenlos ab.
Therapie. Nach Eröffnung sollte eine Blase steril abgedeckt werden.
Schnittwunden
Schnittwunden
Schnittwunden treten beim Eindringen scharfer, schneidender Gegenstände in die Haut auf. Meist liegen klaffende, oft stark blutende Wunden mit glatten Rändern vor. Sind in Abhängigkeit von der Eindringtiefe Gefäße, Nerven, Muskeln oder Sehnen mitbetroffen, spricht man von komplizierten Schnittverletzungen.
Sie treten beim Eindringen scharfer, schneidender Gegenstände in die Haut auf. Die Wundränder sind glatt. Nach Adaptation heilt der Defekt in der Regel primär. Komplizierte Schnittverletzungen liegen vor, wenn Gefäße, Nerven, Muskeln oder Sehnen mitbetroffen sind.
Therapie. Im Regelfall liegt kein wesentlicher Hautsubstanzverlust vor, sodass Schnittwunden nach Adaptation der Wundränder überwiegend primär heilen.
Hiebwunden
Hiebwunden
Hiebwunden durch scharfes Werkzeug führen zu schnittwundenartigen Verletzungen, meistens mit Knochenbrüchen; bei stumpfer Gewalt imponieren häufig Impressionsfrakturen.
Stichwunden
Hiebwunden durch scharfes Werkzeug führen zu schnittwundenartigen Verletzungen, meistens mit Knochenbrüchen; bei stumpfer Gewalt imponieren häufig Impressionsfrakturen. Stichwunden
Stichwunden werden durch tief in die Haut eindringende Gegenstände verursacht.
Sie werden durch tief in die Haut eindringende Gegenstände verursacht.
n Merke. Trotz eines äußerlich harmlos aussehenden Defekts kann durch in den Stichkanal gelangte Keime ein hohes Infektionsrisiko bestehen.
Merke
Je nach seiner Länge und Lokalisation können innere Organe mitverletzt Exzidierte Wunden heilen primär, infizierte sekundär. sein. Bei tiefen Stichwunden sowie bei Verdacht der Kontamination muss der Stichkanal exzidiert werden; Fremdkörper sind ggf. zu entfernen. Bei Stichverletzungen in Gelenknähe kommt zur Unterstützung der Heilung die Ruhigstellung der betroffenen Extremität in Betracht. Ohne Infektion heilen Stichwunden (verzögert) primär. Pfählungsverletzungen stellen eine Sonderform der Stichverletzungen dar. Pfählungsverletzungen als Sonderform der Stichverletzungen bedürfen Sie entstehen, wenn ein pfahlartiger Gegenstand in den Körper eindringt. In der operativen Versorgung, weil innere der Regel gehen diese Unfälle mit einer Verletzung innerer Organe einher; Organe mitbetroffen sind. sie bedürfen der operativen Versorgung. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
8 Merke
1 Wunde
n Merke. Bei Stich- und Pfählungsverletzungen sollte der Verletzungsgegenstand erst in der versorgenden Klinik entfernt werden, sofern dies technisch möglich ist.
Risswunden
Risswunden
Sie sind charakterisiert durch starke Blutungen und zerfetzte Wundränder. Oberflächliche Risse heilen durch Epithelisation, tiefere aufgrund des Substanzdefektes sekundär.
Häufig sind stark blutende Risswunden charakterisiert durch zerfetzte Wundränder, die beim Aufreißen der Haut und der darunter liegenden Weichteile entstehen. Oberflächliche Risswunden heilen durch Epithelisation, tiefere nach Débridement in Abhängigkeit von Kontamination und Substanzverlust primär, verzögert primär oder sekundär.
Kratzwunden
Kratzwunden
Sie entsprechen oberflächlichen Risswunden.
Kratzwunden, überwiegend von Tieren verursacht, entsprechen oberflächlichen Risswunden.
Prellungen und Quetschungen
Prellungen und Quetschungen
Geschlossene Wunden, bei denen die Haut äußerlich intakt erscheint. Folgen stumpfer Gewalt sind Hämatom, Ödem und Schmerz.
Prellungen und Quetschungen sind geschlossene Verletzungen durch stumpfe Gewalt, wobei die Haut äußerlich intakt bleibt. Bei Prellungen erfolgt die Gewalteinwirkung senkrecht zur Haut, bei Quetschungen hingegen wirkt die Gewalt aus zwei entgegengesetzten Richtungen auf die Haut ein. Blutungen und Flüssigkeitsaustritt ins Gewebe führen zu Schwellungen. Zugleich treten starke Schmerzen auf, die aus der Mitverletzung von Nerven und Nervenendigungen resultieren.
Therapie. Die Therapie besteht in Ruhigstellung, Hochlagerung und Kälteanwendung.
Therapie. Die Abheilung lässt sich durch Ruhigstellung, Hochlagerung und
Merke
Kälteanwendung günstig beeinflussen.
n Merke. Prellungen im Rumpfbereich müssen stets zu der Frage einer Mitbeteiligung innerer Organe führen, z. B. Pneumothorax bei Thoraxprellung, Milzruptur bei stumpfem Bauchtrauma.
Quetsch- und Platzwunden
Quetsch- und Platzwunden
Sie entstehen wie Prellungen. Im Zentrum der Gewalteinwirkung platzt die Haut auf ( 1 A-1.6); tiefer gelegene Strukturen werden gequetscht und zerfetzt.
Quetsch- und Platzwunden entstehen wie Prellungen, jedoch wird die Elastizitätsgrenze der Haut überschritten. Das Gewebe platzt im Zentrum der Gewalteinwirkung auf ( 1 A-1.6). Die Umgebung von Quetschwunden ist häufig durch zusätzliche Hautabschürfungen charakterisiert; in der Tiefe können Gefäße, Nerven, Muskeln, Sehnen und Faszien mitbetroffen sein.
1 A-1.6
Lippenplatzwunde
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1.2.1 Traumatische Wunden
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Platzwunden sind meist dort lokalisiert, wo die Haut ohne Weichteilpolster den Knochen aufliegt wie z. B. am Schädel und Schienbein. Quetsch- und Platzwunden bedürfen wegen der unregelmäßigen Wundränder überwiegend der operativen Versorgung (Wundausschneidung und Adaptation der Wundränder).
Platzwunden sind meist dort lokalisiert, wo die Haut ohne Weichteilpolster den Knochen aufliegt (Schädel, Schienbein). Überwiegend ist eine operative Versorgung notwendig.
Bisswunden
Bisswunden
Bisswunden, verursacht durch Tiere mit spitzen Zähnen, können wie Rissoder Stichwunden imponieren, Bisse von Tieren mit Mahlzähnen dagegen wie Quetschwunden.
Sie können wie Stich- oder Quetschverletzungen imponieren.
n Merke. Bei Bissverletzungen besteht stets eine hohe Infektionsgefahr durch hochvirulente Keime des Speichels, die in die Tiefe des Hautgewebes eingebracht werden. Dies gilt auch für Menschenbissverletzungen.
Merke
Therapie. Bisswunden sollten, wenn möglich, exzidiert werden. Nach Ver-
Therapie. Nach Exzision und Verschluss heilen die Wunden überwiegend primär. Engmaschige Kontrollen sind unverzichtbar. Der Tetanusschutz muss gewährleistet sein. Die Möglichkeit einer Tollwutübertragung ist zu bedenken. Bei Wundinfektion sind Antibiotikatherapie, Ruhigstellung und Hochlagerung der betroffenen Körperregion (sofern möglich) notwendig. Bei Infektion primär verschlossener Bisswunden sind diese wieder zu eröffnen. Bei Schlangenbissen steht die lebensbedrohende Intoxikation im Vordergrund.
Insektenstiche
Insektenstiche
Insektenstiche sind in der Regel Bagatellverletzungen, sie können jedoch chirurgisch relevant werden, wenn der Stachel in der Haut verbleibt und lokale Entzündungen verursacht. Neben Inflammation können jedoch auch schwere allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock durch Insektengifte auftreten.
Sie sind überwiegend Bagatellverletzungen. Verbleibende Stachel können lokale Entzündungen, Insektengifte allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock auslösen.
Schusswunden
Schusswunden
Bei Schusswunden handelt es sich in der Regel um komplizierte Verletzungen, deren Beschaffenheit von der Schussentfernung sowie von Kaliber, Art und Geschwindigkeit des Geschosses abhängt. Man unterscheidet Streif-, Durch- und Steckschüsse. Besondere Sorgfalt ist der Frage nach dem Verletzungsausmaß innerer Organe zu widmen, insbesondere können mehrere Organe bzw. Körperhöhlen betroffen sein. Das Infektionsrisiko ist deutlich erhöht, da das Projektil häufig weiteres Fremdmaterial (z. B. Bekleidungsfetzen) mit sich führt. Aus diesen Gründen ist in nahezu allen Fällen eine operative Revision notwendig.
Streif-, Durch- und Steckschüsse sind komplizierte Verletzungen. Es besteht ein erhebliches Infektionsrisiko. Sie bedürften stets der chirurgischen Versorgung, da mit dem Projektil meist weiteres Fremdmaterial eindringt (Bekleidungsfetzen).
schluss heilen sie oft primär, oberflächliche und nicht revidierbare Wunden per secundam. Wegen der erhöhten Infektionsgefahr ist bei allen Bisswunden eine engmaschige Kontrolle unverzichtbar. Wie bei allen Wunden ist insbesondere bei Bisswunden auf einen ausreichenden Tetanusschutz zu achten. Des weiteren muss an die Möglichkeit einer Tollwutübertragung gedacht, und ggf. entsprechende prophylaktische Maßnahmen eingeleitet werden. Bei infizierten Bisswunden sollte eine Antibiotikatherapie (nach Antibiogramm) durchgeführt werden. Der betroffene Körperteil muss ruhig gestellt und hoch gelagert werden, sofern dies möglich ist. Infiziert sich eine primär verschlossene Bisswunde, muss diese wieder eröffnet werden. Bei Schlangenbissen steht eher die lebensbedrohende Intoxikation im Vordergrund.
n Merke. Aufgefundene Projektile (auch Teile davon) sind aufzubewahren, vor Verlust zu sichern und den Strafverfolgungsbehörden zu übergeben.
Merke
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1 Wunde
Ablederungen
Ablederungen
Ablederungen (Décollement) entstehen durch tangentiale Quetschungen. Die Haut wird von der Faszie abgerissen ( 1 A-1.7); die Replantation sollte angestrebt werden. Sonderformen sind die Aushülsungsund Skalpierungsverletzungen.
Ablederungen (Décollement) entstehen durch starke tangentiale Quetschung der Haut, wobei das subkutane Fettgewebe von der Faszie abgerissen wird ( 1 A-1.7). Eine Replantation ist anzustreben; ihre Möglichkeit hängt von der Durchblutungssituation der Haut ab. Sonderformen der Ablederung sind die Aushülsungsverletzungen an den Fingern, die meist durch Hängenbleiben mit Ringen entstehen, oder Skalpierungsverletzungen.
1 A-1.7
Décollement Ausgedehntes Décollement am Bein nach einem Motorradunfall.
Amputationen
Amputationen
Das sind totale oder subtotale Abtrennungen von Gliedmaßen, die u. U. replantiert werden können.
Amputationen sind totale oder subtotale Abtrennungen ganzer Körperteile. Unter bestimmten Bedingungen ist eine Replantation möglich. Deshalb ist bei der Erstversorgung des Patienten stets zu beachten:
Merke
n Merke. Traumatisch amputierte Gliedmaßen sollten immer, auch wenn sie verschmutzt sind, steril verpackt und möglichst unter Kühlung dem Verletzten in die erstversorgende Klinik mitgegeben werden. Für die Kühlung ist zu beachten, dass kein direkter Gewebekontakt zu dem Kühlmittel besteht. Eine Replantation erfolgt in entsprechenden Spezialabteilungen.
Thermische Verletzungen
Thermische Verletzungen
Eiweiße denaturieren ab ca. +56 Ω C; als Gewebeschädigung resultiert die Verbrennung. Bei tiefen Temperaturen führen Durchblutungsstörungen zu Gewebenekrosen. Verbrennungen s. Kap. A-11.
Bei ca. +56 ΩC beginnt die Gewebeschädigung durch Denaturierung der Eiweiße, es resultiert eine Verbrennung. Sind Körperteile längere Zeit tieferen Temperaturen ausgesetzt, mindert sich in diesen Bereichen die Durchblutung und Nekrose des Gewebes ist die Folge. Wegen ihrer Bedeutung werden die Verbrennungen gesondert behandelt (Kap. A-11).
Erfrierungen
Erfrierungen
Sie werden in 3 Schweregrade unterteilt.
Die Erfrierungen werden in 3 Schweregrade unterteilt. Diese Einteilung betrifft nur die Tiefe der Verletzung, nicht ihre Ausdehnung. Für die Prognose sind beide Kriterien entscheidend. Erfrierungen 1. Grades entstehen durch kurzzeitige Kälteeinwirkung von ca. 1 Stunde; sie bleiben auf die Haut beschränkt. Meist sind die Akren betroffen. Sie erscheinen durch die Minderdurchblutung blass. Nach Wiedererwärmen löst sich der Gefäßspasmus und eine Hyperämie setzt ein, mit der eine Schwellung einhergeht.
Erfrierungen 1. Grades: Auf die Haut beschränkte Kälteeinwirkung beeinträchtigt die Durchblutung. Bei Wiedererwärmung wird die Haut hyperämisch. Therapie. Die Behandlung besteht in schonender Erwärmung.
Therapie. Es muss lediglich schonend erwärmt werden.
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1.2.1 Traumatische Wunden Bei Erfrierungen 2. Grades werden die Kapillaren durch die Kälte so sehr geschädigt, dass ihre Permeabilität steigt, Wasser- oder Blutblasen sind die Folge ( 1 A-1.8). Da Erfrierungen 2. Grades auf die Epidermis beschränkt sind, heilen sie ohne Narbenbildung ab.
1 A-1.8
Erfrierung 2. Grades
a Erfrierungen 2. Grades durch eine defekte Kältespraydose.
b Die enorme Wasserblase wurde abgetragen.
Therapie. Die Blasen müssen unter sterilen Bedingungen eröffnet werden. Die Gewebeschädigung durch Erfrierungen 3. Grades erstreckt sich weit über die Haut in die Tiefe. Infolge Minderdurchblutung kommt es zu einer Nekrose ( 1 A-1.9). Sie demarkiert sich vom gesunden Gewebe im Verlauf von Wochen.
1 A-1.9
Erfrierungen 2. Grades: Kapillarwände werden für Plasma und Blutzellen durchlässig. Es entstehen Wasser- oder Blutblasen ( 1 A-1.8).
Therapie. Die Eröffnung der Blasen muss unter sterilen Bedingungen erfolgen. Erfrierungen 3. Grades: Strukturen unter der Haut sind mitbetroffen. Es entstehen Gewebsnekrosen ( 1 A-1.9), die sich nach Wochen demarkieren.
Erfrierung 3. Grades Teile der Finger sind aufgrund der Gefäßschädigung und der damit einhergehenden Unterversorgung abgestorben.
Therapie. Die Therapie besteht in der Exzision oder Amputation. Wenn
möglich sollte das Stadium der trockenen Gangrän (Mumifizierung) abgewartet werden, da hierdurch eine limitierte Resektion (sog. Grenzzonenamputation) ermöglicht wird. n Merke. Bei gleichzeitiger Unterkühlung hat die zentrale Erwärmung Vorrang vor jeder lokalen Maßnahme.
Therapie. Meist ist eine Amputation oder Exzision notwendig. Kann das Stadium der trockenen Gangrän abgewartet werden, ist ein Grenzzonenamputation möglich. Merke
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1 Wunde
Verletzungen durch elektrischen Strom Bei Stromunfällen wird elektrische Energie in Wärme umgewandelt mit der Folge thermischer Schäden. Stromspannung, -stärke und -art spielen eine Rolle. Niederspannungsunfälle verlaufen eher tödlich, während Kontakt mit Hochspannungsströmen oft zu schweren Verbrennungen führt. Daneben können elektrisch ausgelöste Muskelkontraktionen Muskel-, Sehnenund Kapselrisse, sogar Luxationen und Frakturen verursachen. Beim Blitzschlag stehen Verbrennungen und durch die Druckwelle entstandene Begleitverletzungen im Vordergrund.
Verletzungen durch elektrischen Strom
Chemische Verletzungen
Chemische Verletzungen
Die Einwirkung von Säuren oder Laugen auf die Haut führt zu Hautverätzung.
Säuren und Laugen verursachen durch Zerstörung der Eiweiße mehr oder minder schwere Hautverätzungen, deren Umfang von der Konzentration und Einwirkzeit der Substanz abhängt. Säuren führen zu einer Koagulationsnekrose. Das betroffene Gewebe gerinnt, stirbt ab und bildet einen festen, trockenen Schorf. Laugen verursachen eine Kolliquationsnekrose. Hier verflüssigt sich das Gewebe und bildet schließlich einen weichen, weißen Schorf. Verätzungen werden in 3 Grade unterteilt und wie Verbrennungen behandelt. An erster Stelle der Behandlung steht allerdings die Neutralisation, die aber die Kenntnis von der einwirkenden Chemikalie voraussetzt. Ist sie nicht bekannt, sollte auf jeden Fall mit reichlich Wasser gespült werden, um ein weiteres Eindringen in die Tiefe zu verhindern. Die Wundheilung erfolgt per secundam.
Säuren verursachen Koagulationsnekrosen, Laugen Kolliquationsnekrosen. Erstmaßnahme sollte stets die Neutralisation sein, sofern die einwirkende Chemikalie bekannt ist; andernfalls wird mit reichlich Wasser gespült. Die Wundheilung erfolgt per secundam.
Bei Stromunfällen wird die elektrische Energie in Wärme umgewandelt mit der Folge thermischer Schäden. Die Gefährlichkeit des Stromschlags hängt von verschiedenen Bedingungen ab. Stromspannung, -stärke und -art spielen dabei vornehmlich eine Rolle. Der Kontakt mit Strömen im Niederspannungsbereich (bis 1000 V) verläuft eher tödlich, während Unfälle im Hochspannungsbereich (ab 1000 V) oft zu schweren Verbrennungen führen. Typisch für die Mehrzahl aller Unfälle sind die charakteristischen Strommarken an den Stromein- und -austrittsstellen (kleine, kreisrunde, grauweiße bis gelbliche Hautstellen). Neben den bereits erwähnten Verbrennungen können die elektrisch ausgelösten Muskelkontraktionen Muskel-, Sehnen- und Kapselrisse, sogar Luxationen und Frakturen verursachen. Beim Blitzschlag beträgt die nur einige Mikrosekunden einwirkende Spannung mehrere Kilovolt. Neben Verbrennungen treten durch die enorme Druckwelle bedingte Begleitverletzungen auf.
Strahlenschäden
Strahlenschäden
Ionisierende Strahlen verändern die chemischen Strukturen der Zellbestandteile. Die Schädigungen ähneln Verbrennungen. Es werden je nach Strahlenexposition 4 Schweregrade unterschieden: π Früherythem: Hautrötung, Abschuppung, lokaler Haarausfall π Dermatitis erythematodes: akute Dermatitis mit passagerem Haarausfall π Dermatitis bullosa: Verbrennungen 2. Grades mit irreversiblem Haarausfall und Untergang der Talgdrüsen π Dermatitis gangraenosa: Strahlenulkus
Sie werden hervorgerufen durch ionisierende Strahlen wie Röntgen-, a-, boder g-Strahlung, die die chemische Struktur der Zellbestandteile verändern, sodass das betroffene Gewebe zugrunde geht. Klinisch unterscheidet man 4 Schweregrade: π Früherythem mit Hautrötung, Abschuppung, lokalem Haarausfall, aber voller Reversibilität (Strahlenexposition < 6 Gy) π Dermatitis erythematodes mit akuter Dermatitis und passagerem Haarausfall (Strahlenexposition > 6 Gy) π Dermatitis bullosa mit Verbrennungen 2. Grades, irreversiblem Haarausfall und Untergang der Talgdrüsen (Strahlenexposition zwischen 8 und 10 Gy) π Dermatitis gangraenosa mit schwer heilendem Strahlenulkus, das Ausgangspunkt maligner Entartung sein kann (Strahlenexposition > 10 Gy). Die angegebenen Strahlendosen sind nur Richtwerte. Die Strahlenschäden können sowohl bei einmaliger als auch fraktionierter Exposition auftreten. Des weiteren spielen auch individuelle Faktoren, wie z. B. Hauttyp, Vorschädigungen und Medikamenteneinnahmen, bei der Schwere eines Strahlenschadens eine Rolle. Strahlenschäden werden im Prinzip wie Verbrennungen behandelt.
Strahlenschäden werden wie Verbrennungen behandelt.
Iatrogene Wunden
1.2.2 Iatrogene Wunden
1.2.2
Ärztlich verursachte Wunden wie Inzisionen, Punktionen, Laserungen, Spalthautentnahmen und Amputationen.
Zu den ärztlich verursachten Wunden gehören Inzisionen, Punktionen, Maßnahmen mit dem Laser, Ätzungen mit Höllenstein, Spalthautentnahmen und therapeutische Amputationen.
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1.2.3 Chronische Wunden 1.2.3
Chronische Wunden
1.2.3 Chronische Wunden
Die chronischen Wunden resultieren meistens aus einer Mangelversorgung des Hautgewebes. Diese trophischen Defekte können verschiedene Ursachen haben: π Gangrän, meist an der unteren Extremität auf dem Boden arteriosklerotischer oder diabetischer Angiopathie. Man unterscheidet die trockene, nicht infizierte und die feuchte, infizierte Gangrän. Bei einer Gangrän muß die Nekrose entfernt werden, d. h. im Regelfall Amputation, wobei die Amputationsgrenze in gut durchblutetem Gewebe liegen soll. U. U. muss zuvor eine Angiographie zur Festlegung der Amputationshöhe durchgeführt werden. π Dekubitus, bei bettlägerigen Patienten an den Aufliegestellen wie z. B. Steißbein, Wirbelsäule oder Fersen. Bei Dekubitalulzera ist die erste Maßnahme das häufige Umlagern des Patienten, um eine Druckentlastung zu erreichen. Die meist infizierten Wunden müssen gereinigt werden, dazu stehen neben der mechanischen Reinigung insbesondere Fibrinolytika und Dextromere zur Verfügung. π Ulcus cruris venosum als Folge einer chronischen venösen Insuffizienz.
Therapie. Bei sauberen Wundverhältnissen und guter Granulation lässt sich
der Heilungsverlauf in vielen Fällen durch plastische Eingriffe verkürzen. 1 A-1.10 zeigt einen Verschiebe-Schwenklappen zur Deckung eines Dekubitalulkus (s.a. Kap. B-29, 1 A-29.11).
1 A-1.10
Chronische Wunden sind trophische Defekte verschiedener Ursachen: π
Gängran (infiziert oder nicht infiziert) als Folge von Durchblutungsstörungen. Bei einer Gangrän muß eine Amputation erfolgen. Die Amputationshöhe muss u. U. durch eine Angiographie festgelegt werden.
Dekubitus bei Bettlägerigen an den Aufliegestellen. Die Behandlung der Dekubitalulzera besteht in einer konsequenten Lagerung des Patienten zur Druckentlastung sowie einer mechanischen und/oder medikamentösen Wundreinigung. π Ulcus cruris bei chronisch venöser Insuffizienz. Therapie. Bei sauberen Wunden mit guter Granulation können plastische Eingriffe zur Deckung der Defektwunden erfolgen ( 1 A-1.10, s.a. Kap. B-29, 1 A-29.11). π
Synopsis Dekubitalulkus
Dekubitalulkus mit sauberem Grund.
Vor (links) und nach (rechts) chirurgischer Deckung mit einem Verschiebe-Schwenklappen.
Bei der Ulcus-cruris-Therapie muss neben der Behandlung der Defektwunde die Therapie des Grundleidens erfolgen; d. h. im Regelfall die Durchführung gefäßchirurgischer Eingriffe, um die Blutströmungsverhältnisse möglichst wiederherzustellen. Schmierig-belegte Ulzera mit guter Heilungstendenz lassen sich z.B. mit Okklusivverbänden (CutinovaQ) behandeln. Wenn ein gut vaskularisierter Granulationsrasen erkennbar wird, kann der Defekt mit Spalthaut definitiv gedeckt werden ( 1 A-1.11).
Bei der Ulcus-cruris-Therapie muss neben der Wundbehandlung eine Therapie des Grundleidens erfolgen (gefäßchirurgische Maßnahmen). Bei schmierig-belegten Wunden kann nach Einsatz von z.B. Okklusivverbänden bei beginnender Granulation der Defekt mit Spalthaut gedeckt werden ( 1 A-1.11).
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1 Wunde
1 A-1.11
Synopsis Ulcus cruris
b Befund nach Behandlung mit Okklusivverbänden (CutinovaQ ). a Befund vor Behandlungsbeginn.
c Zur Vorbereitung des Transplantatbettes gehören die Anfrischung der Wundränder mit dem Skalpell.
d »Aufrauhen« des Wundgrundes mit dem hochtourigen Schleifgerät.
e Danach wird die Spalthaut eingepasst, zirkulär durch Einzelnähte fixiert und für den ungehinderten Sekretabfluss skarifiziert.
f Heilungsergebnis nach 3 Monaten.
Decken eines sekundär heilenden Ulcus cruris mit Spalthaut.
1.3
Die Wundheilung beeinflussende Faktoren
1.3
Die Wundheilung beeinflussende Faktoren
Der Heilungsverlauf einer Wunde hängt im Wesentlichen von ihrem Zustand und der Art der Verletzung ab.
Zustand der Wunde
1.3.1 Zustand der Wunde
1.3.1
Der Heilungsverlauf einer Wunde ist abhängig von: π der Art, Tiefe und Ausdehnung der Verletzung π der Lokalisation der Wunde π dem Verschmutzungsgrad π der Beschaffenheit des umliegenden Gewebes und π von der Durchblutung des Wundgebietes.
Hier spielen folgende Faktoren eine Rolle: π Art, Tiefe und Ausdehnung der Verletzung: Sie bestimmen die notwendigen Maßnahmen und die Dauer der Wundheilung. π Lokalisation der Wunde: Gesichtswunden heilen schneller als Wunden z. B. über dem Schienbein, da die Durchblutungssituation im Gesicht sehr gut ist. Die Heilung ist außerdem abhängig von der Art des Gewebes; bradytrophe Gewebe wie Sehnen oder Faszien haben eine langsamere Heilungstendenz. π Verschmutzungsgrad: Eingedrungene Fremdkörper können über Kontamination zu Infektionen führen, die die Heilung verzögern. π Beschaffenheit des umliegenden Gewebes: Nekrosen im Wundgebiet, Ödeme und auch dicker Schorf vermögen durch Behinderung des Blutund Nährstofftransportes die Wundheilung stark zu verzögern. U. U. sind deshalb die chirurgische Revision (Abtragung des Schorfs) und Lagerungsmaßnahmen (Druckentlastung bei Dekubitus) in Erwägung zu ziehen. π Durchblutung des Wundgebietes: Überhaupt stehen alle reparativen und regenerativen Vorgänge in Abhängigkeit von der allgemeinen Durchblutungssituation, d. h. von der Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen.
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1.3.5 Medikamente 1.3.2
Alter des Patienten
Im höheren Lebensalter laufen immunologische Reaktionen verzögert ab. Vermindert sind die Fibroblastenaktivität und die Kollagensynthese, sodass Wundkontraktion und Epithelisation langsamer erfolgen. Zusätzlich können Arteriosklerose und Stoffwechselerkrankungen die Wundheilung beeinträchtigen.
1.3.3
Ernährungszustand des Patienten
Bei kachektischen Patienten heilen Wunden aufgrund der katabolen Stoffwechsellage in der Regel schlechter. Auch der Mangel nur einer essenziellen Substanz kann Wundheilungsstörungen bedingen. π Proteine: Eiweiße und Aminosäuren werden für den Gewebeaufbau und die Synthese von Antikörpern benötigt. π Kohlenhydrate: Zucker sind als Energielieferant (Atmungskette-ATP) für alle Reaktionen essenziell. π Fette: Sie dienen ebenfalls als Energielieferant, sind daneben aber auch für den Aufbau der Zellmembranen notwendig. π Vitamine: Insbesondere wird Vitamin C im Rahmen der Kollagensynthese bei Hydroxylierungsvorgängen benötigt. π Mineralstoffe und Spurenelemente: Eisen und Kupfer sind Kofaktoren der Kollagenvernetzung. Zink ist maßgeblich für die Fibroblasten- und Epidermiszellproliferation verantwortlich.
1.3.4
Begleiterkrankungen
Alle Erkrankungen, die mit einer Gewebehypoxie einhergehen, z. B. Diabetes mellitus, Arteriosklerose, chronische Veneninsuffizienz, wirken sich negativ auf die Wundheilung aus. Bei einer Vielzahl chronischer Erkrankungen ist die zelluläre Immunantwort verzögert, was insbesondere neben der Mikroangiopathie (besonders beim Diabetes mellitus) die allgemeinen Heilungsvorgänge und die lokale Infektabwehr beeinträchtigt. Die Inzidenz, Wundinfektionen zu erleiden, ist beim Diabetiker 5-mal höher als bei stoffwechselgesunden Patienten.
1.3.5
Medikamente
Die Wundheilung kann durch Medikamente beeinflusst sein, vornehmlich wird sie durch die 4 nachfolgenden Medikamentengruppen beeinträchtigt: Immunsuppressiva unterdrücken die körpereigene Immunabwehr, sodass erhöhte Gefahr für Wundinfektionen besteht. Außerdem hemmen sie Zellproliferation und -differenzierung mit der Folge verzögerter Wundheilung. Zytostatika blockieren die Zellteilung in proliferierenden Geweben und haben einen ähnlichen wundheilungsverzögernden Effekt wie Immunsuppressiva. Antiphlogistika, insbesondere Glukokortikoide, aber auch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) haben eine entzündungshemmende Wirkung und können die Wundheilung stören. Steroide beeinflussen die Fibroblastenaktivität, nichtsteroidale Antirheumatika hemmen die Prostaglandinsynthese. Wenn möglich – dies ist jedoch nur selten medizinisch vertretbar – sollten Kortikosteroide vor einer geplanten Operation abgesetzt werden. Antikoagulanzien wie Cumarine und Heparine haben durch ihre gerinnungshemmende Wirkung Einfluss auf die Wundheilung. Bei kreislaufwirksamen Blutungen erhält der Patient ein Antidot (bei Cumarinen Vitamin K, bei Heparinen Protaminsulfat). Für die die Thrombozytenaggregation behindernde Acetylsalicylsäure (AspirinQ) steht ein Antidot nicht zur Verfügung.
1.3.2 Alter des Patienten Im höheren Lebensalter laufen alle Heilungsvorgänge verlangsamt ab.
1.3.3 Ernährungszustand des Patienten Kachexie, aber auch Mangel nur einer essenziellen Substanz kann Wundheilungsstörungen bedingen. Allgemein notwendige Substanzen sind: π Proteine π Kohlenhydrate π Fette π Vitamine (v.a. Vitamin C) π Mineralstoffe und Spurenelemente (z.B. Eisen, Kupfer, Zink).
1.3.4 Begleiterkrankungen Alle Erkrankungen, die eine Hypoxie verursachen, können die Wundheilung verzögern (z. B. Diabetes mellitus, Arteriosklerose etc.).
1.3.5 Medikamente Vornehmlich wirken 4 Medikamentengruppen negativ auf die Wundheilung: Immunsuppressiva unterdrücken die körpereigene Immunabwehr, hemmen die Zellproliferation und -differenzierung. Zytostatika blockieren die Zellteilung und haben einen ähnlichen wundheilungsverzögernden Effekt wie die Immunsuppressiva. Antiphlogistika (Kortikosteroide und nichtsteroidale Antirheumatika) haben eine entzündungshemmende Wirkung und können die Wundheilung stören.
Antikoagulanzien (Cumarine, Heparine und Thrombozytenaggregationshemmer) haben durch ihre gerinnungshemmende Wirkung Einfluss auf die Wundheilung. Bei kreislaufwirksamen Blutungen muss u. U. das Antidot appliziert werden.
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1 Wunde
Rauchen und Drogen
1.3.6 Rauchen und Drogen
1.3.6
Bei Drogenabhängigen und Alkoholikern ist die Wundheilung meist durch Mangelernährung beeinträchtigt. Nikotinabusus behindert die Wundheilung durch Vasokonstriktion.
Bei Drogenabhängigen einschließlich den Alkoholikern wird die Wundheilung durch den geschwächten Allgemeinzustand und die Mangelernährung beeinträchtigt. Nikotinabusus führt durch Vasokonstriktion und arteriosklerotische Veränderungen zu Durchblutungsstörungen, die die Wundheilung behindern.
1.4
1.4
Wundheilungsstörungen
1.4.1 Wundinfektion
1.4.1
Wundinfektion
Kontaminierte Wunden müssen sich nicht in jedem Fall infizieren. Entscheidend sind die Wundbeschaffenheit, die Immunlage des Patienten und insbesondere die Virulenz der Keime. Kardinalsymptome einer Entzündung sind: π Rötung (rubor) π Erwärmung (calor) π Schwellung (tumor) π Schmerz (dolor) π Funktionsstörung (functio laesa).
Eine kontaminierte Wunde muss sich nicht in jedem Fall infizieren. Entscheidend sind Anzahl, Art und Virulenz der eingedrungenen Keime, die Beschaffenheit der Wunde und der Immunstatus des Patienten.
Wundheilungsstörungen
Viren, Pilze und Bakterien können Wundinfektionen verursachen, wobei insbesondere den Bakterien eine Bedeutung zukommt.
Pyogene Wundinfektionen sind eitrig, sie sind meist durch Kokken verursacht ( 1 A-1.12). Putride Wundinfektionen werden durch Fäulniserreger hervorgerufen, klinisch imponieren sie als Gangrän. Anaerobe Wundinfektionen entstehen bevorzugt in Wunden mit ausgedehnten Nekrosen.
Kardinalsymptome einer Entzündung sind: π Rötung (rubor) π Erwärmung (calor) π Schwellung (tumor) π Schmerz (dolor) π Funktionsstörung (functio laesa). Ursächlich für eine Wundinfektion können Viren, Pilze und Bakterien sein: π Viren und Pilze: ihnen kommt eine untergeordnete Bedeutung zu. Die bei den Pilzen gelegentlich genannten Aktinomyzeten sind Bakterien. π Bakterien: Sie spielen mit Abstand die bedeutendste Rolle für die Entstehung von Wundinfektionen, bei denen man 3 Gruppen unterscheidet: Pyogene Wundinfektionen zeichnen sich durch starke Eiterbildung aus und sind überwiegend durch Kokken verursacht ( 1 A-1.12). Putride Wundinfektionen werden durch Fäulniserreger hervorgerufen, die die Körperzellen zersetzen, wobei sich faulig übelriechende Gase entwickeln und klinisch sich das Bild einer feuchten Gangrän bietet. Anaerobe Wundinfektionen entstehen unter Sauerstoffausschluss bevorzugt in Wunden mit ausgedehnten Nekrosen, können aber auch unter aeroben Bedingungen bei Mischinfektionen auftreten.
1 A-1.12
Gefährlich sind Clostridien als Erreger des Gasbrandes und des Tetanus. Die Erreger kommen ubiquitär vor.
Stark eiternde pyogene Wunde
Zu lebensbedrohlichen Krankheitsbildern können die ubiquitär vorkommenden Erreger des Gasbrandes (Clostridium perfringens) und des Wundstarrkrampfes (Clostridium tetani) führen.
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1.4.1 Wundinfektion
Gasbrand (vgl. Kap. A-3.3)
Gasbrand (vgl. Kap. A-3.3)
Beim Gasbrand besteht eine Wundinfektion, bei der es durch Toxämie zu einem ausgedehnten lokalen Ödem, massivem Gewebszerfall und Gasbildung kommt. Die Eintrittspforte für die Erreger liegt fast immer im Gebiet traumatisch zerstörten Gewebes, besonders der Muskulatur (typische Wundinfektion in Kriegszeiten). Die Inkubationszeit liegt zwischen 18 Stunden und 3 Tagen. Wichtiges klinisches Zeichen des Gasbrandes ist der ausgeprägte Wundschmerz. Des weiteren bestehen eine lokale Schwellung und ein Ödem. Bei Palpation lässt sich oft ein Knistern nachweisen. Aus der Wunde entleert sich wässriges, faulig stinkendes Sekret. Im Röntgenbild sieht man eine typische Fiederung der Muskulatur.
Beim Gasbrand liegt eine Wundinfektion vor, bei der durch Toxämie ein ausgedehnt lokales Ödem, massiver Gewebszerfall und Gasbildung bestehen. Mit einer Inkubationszeit von 18 Stunden bis 3 Tagen treten die Erreger meist über traumatisch zerstörtes Gewebe (Muskeln) ein. Der ausgeprägte Wundschmerz ist ein wichtiges Zeichen. Neben lokaler Schwellung und einem Ödem ist bei Palpation ein Knistern festzustellen. Aus der Wunde entleert sich faulig stinkendes Sekret. Im Röntgenbild sieht man eine Fiederung der Muskulatur. Therapie. Zuerst muss das gesamte befallene Gewebe chirurgisch entfernt werden, bis hin zur Amputation oder Exartikulation. Weiter werden eine Antibiotikatherapie (Penicillin) und alle intensivmedizinischen Maßnahmen durchgeführt. Durch eine hyperbare Oxygenation (Druckkammer) soll den obligat anaeroben Gasbranderregern die Lebensgrundlage entzogen werden. Nur durch eine rechtzeitige Wundversorgung mit sorgfältigem Débridement, sowie dem Offenlassen suspekter Wunden kann eine Gasbrandinfektion vermieden werden.
Therapie. An erster Stelle stehen chirurgische Maßnahmen, d. h. breites
Eröffnen der Wunde und Entfernung sämtlichen makroskopisch als nekrotisch erscheinenden Gewebes. Im Extremitätenbereich muß im Gesunden amputiert oder exartikuliert werden. Oft wird die Diagnose eines Gasbrandes erst bei der Operation gestellt. Zu den weiteren therapeutischen Maßnahmen gehören die Antibiotikabehandlung (Penicillin), alle intensivmedizinischen Maßnahmen und die hyperbare Oxygenation (Druckkammer). Durch Sauerstoffanreicherung im Gewebe sollen den obligat anaeroben Erregern die Lebensbedingungen entzogen werden. Diese Maßnahme kann die chirurgische Therapie nur flankieren, nicht ersetzen. Grundsätzlich sind eine rechtzeitige Wundversorgung mit sorgfältigem Wunddébridement und der Verzicht auf einen um jeden Preis erzwungenen Wundverschluss die beste Prophylaxe gegen das Virulentwerden der ubiquitären Clostridien.
Tetanus (vgl. Kap. A-3.4)
Tetanus (vgl. Kap. A-3.4)
Der Tetanus ist charakterisiert durch eine krampfartige Muskelstarre infolge Intoxikation des ZNS durch Clostridium tetani. Die Tetanuserreger sind obligate Anaerobier mit außergewöhnlicher Resistenz gegen Hitze, Trockenheit und chemische Desinfizienzien. Aus Sporen entwickeln sich in anaerobem Milieu vegetative Keime, die Exotoxine produzieren: Das Tetanolysin ist ein Hämolysin, das Tetanospasmin gehört zu den stärksten bekannten Giften. Das Tetanospasmin gelangt über die motorische Endplatte in das ZNS und verursacht eine Blockade aller an die Vorderhornzellen gehenden hemmenden Impulse. Dies bewirkt eine tonische Starre und erhöhte Krampfbereitschaft. Die Inkubationszeit schwankt zwischen Tagen und mehreren Wochen, im Schnitt liegt sie bei 1–3 Wochen. Die Schwere des Krankheitsverlaufs korreliert mit der Kürze der Inkubationszeit. Das klinische Bild bietet anfangs vegetative Allgemeinerscheinungen. Oft wird initial über Schluckstörungen geklagt. Im Verlauf steigt der Muskeltonus, meist zuerst in der Kiefer- und Schlundmuskulatur. Ist die gesamte mimische Muskulatur erfasst, entsteht das schmerzverzerrte, weinerlich grinsende Gesicht, der Risus sardonicus. Im weiteren ist der Gang spastisch, der Rücken hyperlordosiert und der Kopf nach hinten gebeugt (Opisthotonus). Bei geringsten Reizen treten äußerst schmerzhafte Krampfparoxysmen tonisch-klonischer Art hinzu. Die Diagnose wird klinisch gestellt und kann bakteriologisch gesichert werden. Für den Erkrankungs- und Todesfall besteht Meldepflicht.
Die Erreger des Tetanus sind obligate Anaerobier mit hoher Resistenz gegen Hitze, Trockenheit und chemische Desinfizienzien. Sie verursachen durch Intoxikation (Tetanolysin und Tetanospasmin) des ZNS eine krampfartige Muskelstarre. Tetanospasmin verursacht im ZNS eine Blockade aller hemmenden Impulse an die Vorderhornzellen, Folge sind eine tonische Starre und erhöhte Krampfbereitschaft. Die stark variierende Inkubationszeit beträgt im Mittel 1–3 Wochen, je kürzer sie ist, desto schwerer verläuft die Krankheit. Am Anfang der Klinik stehen vegetative Allgemeinerscheinungen und Schluckstörungen. Im Verlauf steigt der Muskeltonus, beginnend an der Kieferund Schlundmuskulatur (Risus sardonicus). Der Gang ist spastisch, der Rücken hyperlordosiert und der Kopf nach hinten gebeugt (Opisthotonus). Bei geringsten Reizen treten schmerzhafte Krampfparoxysmen tonischklonischer Art hinzu. Tetanus ist im Erkrankungs- und Todesfall meldepflichtig. Therapie. Die Therapie besteht in lokalen und allgemeinen Maßnahmen sowie in der aktiven und passiven Immunisierung zur Rezidivprophylaxe. Lokal soll eine Wundexzision erfolgen, um die Toxinquelle auszuschalten. Zu den allgemeinen Maßnahmen gehören Krampfprophylaxe und Kupierung der Krampfanfälle durch Sedierung. Bei schwerem Verlauf kommen
Therapie. Die Therapie umfasst die lokale und allgemeine Behandlung sowie die aktive und passive Immunisierung zur Rezidivprophylaxe. Bei der lokalen Therapie soll durch Wundexzision und ausgedehnte Säuberung die Toxinquelle ausgeschaltet werden. Antibiotika haben auf die Toxine keinen Einfluss, können aber durch Beseitigung einer Mischinfektion für aerobe Wundverhältnisse sorgen. Die allgemeine Behandlung besteht in der Krampfprophylaxe und Kupierung der Krampfanfälle durch Sedierung. Bei schwerem Verlauf mit generalisierten Krampfanfällen und Atem- und Kreislaufkomplikationen muss u. U. der Patient relaxiert und kontrolliert beatmet werden, wie auch alle übrigen
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18 alle intensivmedizinischen Maßnahmen zum Einsatz. Trotz der heutigen Möglichkeiten liegt die Letalität bei 10–30 %.
1 Wunde intensivmedizinischen Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die Letalität der Tetanuserkrankung liegt trotz der heutigen Möglichkeiten bei 10–30 %.
Merke
n Merke. Tetanusinfektionen können sich auch auf dem Boden von Bagatellverletzungen entwickeln, weshalb in jedem Fall der Wundversorgung die Kontrolle des Impfschutzes unerlässlich ist.
Merke
n Merke Tetanusprophylaxe π
π
π
Grundimmunisierung: 3 i.m. Gaben von je 0,5 ml Tetanus-Toxoid (Tetanol) in einem 4-Wochen-Abstand bzw. 1-Jahr-Abstand. Auffrischimpfungen sollten mindestens alle 10 Jahre vorgenommen werden. Im Verletzungsfall: Bei vollständig vorimmunisierten Patienten, deren Impfung länger als 1 Jahr zurückliegt, erfolgt eine Auffrischimpfung mit Tetanus-Toxoid bei verschmutzten oder zerfetzten Wunden und stets bei verspäteter Versorgung. Bei fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung wird regelhaft eine Simultanimpfung mit humanem Tetanus-Hyperimmunglobulin (250 IE Tetagam) und mit 0,5 ml Tetanus-Toxoid i.m. an kontralateralen Körperstellen durchgeführt. Nach 2–4 Wochen und nach 1 Jahr ist die aktive Impfung mit Tetanol zu wiederholen. Kontraindikationen: Kontraindikationen gegen eine prophylaktische (aktive) Grundimmunisierung bestehen bei eitrigen Hauterkrankungen und bei vorausgegangener Impfung gegen Gelbfieber oder Pocken. Das Impfintervall sollte hier mindestens 4 Wochen betragen. Kontraindikationen gegen eine passive Immunisierung sind nicht bekannt.
Hämatom und Serom
1.4.2 Hämatom und Serom
1.4.2
Hämatome und Serome können durch mechanisches Auseinanderdrängen der Wundränder zur Beeinträchtigung der Wundheilung führen. Die Infektionsgefahr ist erhöht. Alle größeren Operationswunden sollten mit Saugdränagen versorgt werden ( 1 A-1.13).
Hämatome infolge Trauma oder unzulänglicher Blutstillung beim chirurgischen Eingriff und Serome können die Wundheilung beeinträchtigen, da sie die Wundränder bis hin zur Wundruptur auseinanderdrängen. Außerdem stellen sie einen guten Nährboden für Keime dar. Alle Operationswunden, bei denen sich ein Hämatom bilden kann, sollten deshalb mit Saugdränagen versorgt werden ( 1 A-1.13).
1 A-1.13
Postoperatives Hämatom Ein postoperativ entstandenes Hämatom behindert die Wundheilung durch Auseinanderdrücken der Wundränder.
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1.4.3 Gestörte Gewebeneubildung 1.4.3
Gestörte Gewebeneubildung
1.4.3 Gestörte Gewebeneubildung
Wulstförmige, kosmetisch unbefriedigende Narben entstehen meist, wenn starke Zugkräfte auf das sich neu bildende Gewebe einwirken. n Merke. Die Narbenhypertrophie lässt sich vermeiden, wenn bei Operationen die Schnittführung parallel zu den Langer-Linien gewählt wird ( 1 A-1.14).
1 A-1.14
Narbenhypertrophien entstehen, wenn Zugkräfte auf eine Wunde einwirken. Merke
Synopsis Synopse zum Verlauf der Langer-Spaltlinien
Die roten/dunklen Linien markieren die wichtigsten Schnittführungen
a
b
In anderen Fällen, insbesondere bei ausgedehnten Verbrennungen, kann ein maßgefertigter Kompressionsverband eine Narbenwucherung reduzieren. Bei der Keloidbildung greifen die Narbenwucherungen auf benachbartes, gesundes Gewebe über ( 1 A-1.15). Vermutlich liegt in diesen Fällen eine Kollagensynthesestörung vor, bei der sich die Kollagenfasern kaum vernetzen und sich in das lösliche Kollagen vermehrt Wasser einlagert. Betroffen sind überwiegend junge Patienten und Farbige deutlich häufiger als Weiße. Die chirurgische Korrektur solcher Keloide ist mit einer hohen Rezidivrate behaftet.
Kompressionsverbände können u. U. Narbenwucherungen reduzieren. Narbenwucherungen werden als Keloid bezeichnet, sie greifen auf umgebendes gesundes Gewebe über ( 1 A-1.15). Keloidkorrekturen sind mit einer hohen Rezidivrate behaftet. Gelegentlich lassen sich die Ergebnisse durch maßgefertigte Kompressionsverbände verbessern.
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1 Wunde
1 A-1.15
1 A-1.16
Narbenwucherungen
Narbenkontraktur
Kontraktur im Fingermittelgelenk durch eine flächige Narbe nach Verbrennung.
Tumorähnliche Keloidbildung.
Großflächige Defektwunden heilen unter Einziehung des Gewebes. Kosmetische Probleme und Kontrakturen in Gelenknähe sind die Folgen ( 1 A-1.16).
Großflächige Defektwunden, oft nach Verbrennungen, heilen unter Einziehung des Gewebes. Kosmetische Probleme und im Gelenkbereich auch Kontrakturen sind die Folge ( 1 A-1.16). Bei Korrekturoperationen ist ebenfalls mit einer hohen Rezidivrate zu rechnen. Plastische Eingriffe in Form von Hauttransplantationen gehören in die Hand des Spezialisten.
1.5
1.5
Wundbehandlung
Wundbehandlung
Ziel ist die Vermeidung einer Wundinfektion.
Ziel der Wundbehandlung ist die Vermeidung einer Wundinfektion und Schaffung guter Voraussetzungen für eine primäre Wundheilung. Dadurch sollen funktionell und kosmetisch akzeptable Ergebnisse erzielt werden.
1.5.1 Prinzipien der Wundbehandlung
1.5.1
Prinzipien der Wundbehandlung
Der Umfang der chirurgischen Maßnahmen richtet sich nach Verletzungsart und -ausdehnung.
Alle Wundversorgungen müssen unter sterilen Bedingungen, möglichst in einem Operationssaal erfolgen. Die bei der Erste-Hilfe-Maßnahme angelegten Schutzverbände sollten erst vor der endgültigen Versorgung entfernt werden. Grundsätzlich richtet sich der Umfang der chirurgischen Maßnahmen nach der Verletzungsart und -ausdehnung, d.h. ggf. hat die Versorgung von Begleitverletzungen zu erfolgen, wie z.B. Frakturen oder innere Verletzungen.
1.5.2 Anästhesie
1.5.2
Bei einfachen Wunden reicht eine Infiltrationsanästhesie. Bei komplizierten Wunden erfolgt eine Leitungsanästhesie oder eine Allgemeinanästhesie.
Bei einfachen Wunden ist nach Desinfektion die Applikation einer Infiltrationsanästhesie oft ausreichend. Bei komplizierten Wunden beispielsweise an den Extremitäten können Leitungsanästhesien (z.B. Oberst an den Fingern) angewandt werden. Bei Verletzungen am Thorax oder Abdomen, wie auch bei kindlichen Verletzungen muss die Wundversorgung oft in Allgemeinanästhesie erfolgen.
1.5.3 Wundvorbereitung
1.5.3
Zunächst Wundreinigung mit physiologischer NaCl-Lösung, Ringer-Lösung oder H2 O2 , anschließend Hautdesinfektion und Blutstillung. Bei Wunden an Extremitäten kann die chirurgische Versorgung in Blutleere
An erster Stelle steht die Wundreinigung durch Waschen und Ausspülen mit physiologischer NaCl-Lösung, Ringer-Lösung oder H2O2. Anschließend folgt die Hautdesinfektion und Maßnahmen zur Blutstillung, um eine gute Übersicht zu erlangen. Bei Wunden an den Extremitäten kann die chirurgische Versorgung in Blutleere oder Blutsperre durchgeführt werden. Bei der Blutleere wird die Extre-
Alle Wundversorgungen müssen unter sterilen Bedingungen erfolgen.
Anästhesie
Wundvorbereitung
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1.5.6 Wundverbände mität mit einer Gummibinde von der Peripherie ausgewickelt und proximal eine Manschette mit einem Druck von 300 mmHg für Oberarm oder 500 mmHg für Oberschenkel angelegt. Die maximale Zeit sollte 1,5 Stunden nicht überschreiten. Bei der Blutsperre wird die betroffene Extremität 2 min hochgehalten und dann die Manschette angelegt.
1.5.4
Wundausschneidung
1.5.4 Wundausschneidung
Vor der Naht der Wunde muss die Exzision oder das Débridement erfolgen. In Abhängigkeit von den Wundverhältnissen muss eine verzögerte primäre oder sekundäre Wundheilung angestrebt werden (s. 5.2 ff.).
1.5.5
oder Blutsperre durchgeführt werden.
Wundverschluss
Vor der Wundnaht immer Exzision oder Débridement. Je nach Wundverhältnis ist eine verzögerte primäre oder sekundäre Wundheilung anzustreben (s. 5.2 ff.). 1.5.5 Wundverschluss
Bei jedem Wundverschluss sollen die Wundränder locker und spannungsfrei adaptiert werden. Für Hautnähte steht resorbierbares und nichtresorbierbares Nahtmaterial zur Verfügung. Letzteres kann aus Seide, Zwirn, synthetischen Stoffen oder Metall bestehen. Resorbierbare Fäden gibt es gefärbt oder ungefärbt mit unterschiedlichen Resorptionszeiten. Natürliche resorbierbare Materialien sind Katgut und Chromkatgut. Wegen häufig auftretender entzündlicher Reaktionen um das Fadenmaterial werden diese zunehmend durch hydrolytisch spaltbare, synthetische Fäden ersetzt. Grundsätzlich sollte atraumatisches Nahtmaterial Verwendung finden, bei welchem der Faden derart in die Nadel eingearbeitet ist, dass Hautschäden an den Einstichstellen gering bleiben.
Beim Wundverschluss sollen die Wundränder spannungsfrei und locker adaptiert werden. Bei Hautnähten sollte atraumatisches Nahtmaterial verwendet werden.
Nahttechniken ( 1
Nahttechniken ( 1 A-1.17)
1 A-1.17
A-1.17)
Synopsis Nahttechniken
Knopfnaht.
Rückstichnaht nach Donati. Intrakutannaht nach Halsted.
Rückstichnaht nach Allgöwer.
Knopfnaht: Einstich von außen unter Mitnahme des Coriums und der Epidermis, Rückstich auf der Gegenseite in umgekehrter Reihenfolge. π Rückstichnaht nach Donati: Einstich wie Knopfnaht, Rückstich auf der Gegenseite unter Mitnahme nur des Coriums. π
π π
Knopfnaht Rückstichnaht nach Donati
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22 π π
Rückstichnaht nach Allgöwer Intrakutannaht nach Halsted.
Alle genannten Nahttechniken können als Einzel- oder fortlaufende Naht durchgeführt werden. Weitere Möglichkeiten zum Wundverschluss liegen in der Verwendung von Klammern, Wundpflastern und speziellen Klebstoffen.
1 Wunde Rückstichnaht nach Allgöwer: Einstich transkutan, Rückstich auf der Gegenseite intradermal. Diese Methode zeitigt sehr zufriedenstellende kosmetische Ergebnisse, da die Wundränder sich gut adaptieren und Schnürfurchen auf der Haut nur einseitig auftreten. π Intrakutannaht nach Halsted: Einstich und Rückstich nur intrakutan. Alle Nähte sind in fortlaufender Form ausführbar. Der Hautverschluss ist auch mittels Metallklammern möglich (nicht im Gesicht!), wobei sich nicht immer befriedigende kosmetische Resultate erzielen lassen. Für nahtlose Wundverschlüsse stehen sog. Steristrips, die quer über die Wundränder auf die trockene Haut geklebt werden, und spezielle Klebstoffe zur Verfügung. Steristrips können insbesondere bei kleinen Wunden oder Wunden bei Kindern verwandt werden. Die Wahl der Nahttechnik richtet sich nach der Wunde und ihrer Lokalisation. π
Wundverbände
1.5.6 Wundverbände
1.5.6
Frische Gelegenheitswunden und chirurgisch primär versorgte Wunden werden mit einem sterilen Schutzverband bedeckt. Schutzverbände müssen täglich gewechselt und ärztlich kontrolliert werden.
Frische Gelegenheitswunden und chirurgisch primär versorgte Wunden werden mit einem sterilen Schutzverband bedeckt. Nach 24 Stunden sind nicht kontaminierte Wunden verklebt und somit gegen Infektionen geschützt. Weitere Schutzverbände müssen täglich gewechselt werden, zumal ohnehin eine tägliche ärztliche Wundkontrolle durchgeführt werden muss, um Komplikationen der Wundheilung rechtzeitig zu erkennen. Wenn die Hautnaht mit nicht resorbierbarem Nahtmaterial durchgeführt wurde, hängt der Zeitpunkt der Nahtentfernung von der Lokalisation ab ( 2 A-1.4).
Der Zeitpunkt der Nahtentfernung ist je nach Lokalisation unterschiedlich ( 2 A-1.4).
2 A-1.4
Um eine primäre Wundheilung zu erreichen können Gipsschienen oder Gipsverbände notwendig sein.
Richtzeiten der Hautnahtentfernung in Abhängigkeit von der Lokalisation
Lokalisation
Richtzeit der Nahtentfernung
N Hals (Kocherscher Kragenschnitt) n
N n
3– 5 Tage
N Kopf n
N n
6– 9 Tage
N Leiste (Hernien) n
N n
5– 7 Tage
N mediane Laparotomie n
N 10–12 Tage n
N Rippenbogenrandschnitt n
N n
8 Tage
N Thorakotomie n
N n
12 Tage
N Extremitäten n
N n
12 Tage
N gelenknah n
N n
14 Tage
N Hand n
N n
8–12 Tage
Um bei bestimmten Wunden, die z.B. über Gelenken liegen, eine primäre Wundheilung zu erreichen, kann es notwendig sein, eine Schienung der Extremität mittels einer Gipsschiene vorzunehmen.
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Asepsis und Antisepsis
2
2
Asepsis und Antisepsis
Uwe Krüger
n Definition. Asepsis bedeutet durch Sterilisation erzielte Keimfreiheit. Sie verhindert mikrobielle Kontamination durch asepsisgerechtes Verhalten. Antisepsis bedeutet lediglich das Unschädlichmachen der Krankheitserreger durch Desinfektion.
2.1
Methoden der Asepsis und Antisepsis
2.1.1
Sterilisation
Definition
2.1
Methoden der Asepsis und Antisepsis 2.1.1 Sterilisation
n Definition. Sterilisation heißt Abtötung aller lebenden Substanzen einschließlich der Bakteriensporen.
Die Wahl des Sterilisationsverfahrens hängt von der Materialbeschaffenheit ab. In 2 A-2.1 werden die verschiedenen Verfahren aufgeführt.
2 A-2.1
Definition
Die Wahl des Sterilisationsverfahrens hängt vom Material ab ( 2 A-2.1).
Sterilisationsverfahren
Methoden
Anwendungsbereich
Einwirkungstemperatur
Einwirkungsdruck
Einwirkungszeit
Heißluft
thermostabile Materialien
180 Ω C 160 ΩC
normaler atmosphärischer Druck
30 min 200 min
Dampf
thermostabile Materialien
134 Ω C 134 Ω C 121 Ω C
2,9 bar 2,9 bar 1,9 bar
5 min 10 min 25 min
für chirurgische Instrumente, Wäsche, Gummi, Glas, Kunststoff usw.
Gas Äthylenoxyd (EO)
thermolabile Materialien
60 min bzw. 180 min
Niederdruck (100 % EO)
60 ΩC
normaler atmosphärischer Druck 4,5 bar
120 min
Hochdruck (6 % EO, 94 % CO 2 )
Formaldehyd
thermolabile Materialien
60 ΩC
200 bar
120 min
alternierendes Vorvakuum
Kathodenstrahlung
thermolabile Materialien
55 ΩC bzw. 37 Ω C
Bemerkungen – –
Dampfsterilisation
Dampfsterilisation
Benutzt wird strömender, gesättigter und gespannter Wasserdampf, der maximal 10 % Luft enthalten darf. Zu beachten sind die unterschiedlichen Thermoresistenzstufen der Erreger, die sich aus 2 A-2.2 ergeben. Der Resistenzstufe IV kommt für den klinischen Bereich keine Bedeutung zu, da die (thermophilen) Erdsporen nicht zu den Krankheitserregern zählen.
Benutzt wird strömender, gesättigter und gespannter Wasserdampf. Die Thermoresistenzstufen der Krankheitserreger müssen beachtet werden ( 2 A-2.2).
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2 Asepsis/Antisepsis
2 A-2.2
Resistenzstufen für die Dampfsterilisation
Keime
Dampfresistenz
Resistenzstufe
Viren, Pilze, vegetative Bakterienformen
100 Ω C
s bis min
I
Milzbrandsporen
100 Ω C
15 min
II
pathogene anaerobe Sporenbildner
100 Ω C
10–50 h
III
thermophile Erdsporen
ab 120 Ω C
10 min
IV
Heißluftsterilisation
Heißluftsterilisation
Für die Heißluftsterilisation mit 180 Ω C über 30 Minuten sind nicht alle Materialien geeignet.
Heißluftsterilisation benötigt einen geringeren apparativen Aufwand, erfordert jedoch höhere Temperaturen als die Dampfsterilisation. Sie ist nicht für alle Materialien geeignet. Um die erforderliche Temperatur von 180 ΩC im gesamten Material zu erreichen, ist eine Sterilisationsdauer von 30 Minuten aufzuwenden.
Gassterilisation mit Äthylenoxyd
Gassterilisation mit Äthylenoxyd
Bei der Gassterilisation mit Äthylenoxyd ist eine Absaugung oder lange Entlüftung notwendig.
Die Gassterilisation wird mit Äthylenoxyd durchgeführt. Zur Gasentfernung ist eine Absaugung oder lange Entlüftung (mindestens 24 Stunden) erforderlich; andernfalls kann es zu Schädigungen des Patienten kommen (z.B. Schleimhautnekrosen bei Gassterilisation von Beatmungsschläuchen).
Formaldehydsterilisation
Formaldehydsterilisation
Die Formaldehydsterilisation muss wegen der Toxizität in geschlossenen Behältern erfolgen.
Die Sterilisation mit Formaldehyddampf wird in speziellen, wegen der hohen Toxizität geschlossenen Behältern mit alternierenden Vorvakuumphasen vorgenommen.
Strahlensterilisation
Strahlensterilisation
Sterilisation mit b - und g -Strahlen findet nur in der Industrie bei bestimmten Pharmazeutika, Einwegund Nahtmaterial Anwendung.
Strahlensterilisation mit Kathodenstrahlen (b- und g-Strahlen) ist mit einem erheblichen apparativen und technischen Aufwand verbunden und der Industrie vorbehalten. Das Verfahren findet bei bestimmten Pharmazeutika, Einweg- und Nahtmaterial Verwendung.
2.1.2 Desinfektion
2.1.2
Definition
Desinfektion
n Definition. Desinfektion bedeutet das Unschädlichmachen von Krankheitserregern. Sie erzielt keine Keimfreiheit, schädigt die Mikroorganismen aber so, dass sie nicht mehr infizieren können.
Desinfektion kommt in Betracht, wenn Sterilisation nicht möglich ist (Hände, Hautoberflächen des Patienten).
Desinfektion kommt in Betracht, wenn Sterilisation nicht möglich ist, z.B. Händedesinfektion des Chirurgen, Hautdesinfektion beim Patienten. Außerdem stellt sie die erste Maßnahme bei der Aufbereitung mikrobiell kontaminierter Instrumente, Geräte und Materialien dar. Flächen, Fußböden und Container müssen nach Gebrauch, ggf. nach Bedarf, desinfiziert werden.
Physikalische Desinfektion
Physikalische Desinfektion
Physikalische Desinfektion durch Auskochen ist geeignet für Instrumente, Geschirr und Wäsche.
Die physikalische Desinfektion erfolgt durch mindestens 15-minütiges Auskochen mit Wasser unter Zusatz von 0,5 % Soda. Das Verfahren eignet sich für Instrumente, Geschirr und kochbare Wäsche.
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2.2.2 Typische Hospitalkeime
Chemische Desinfektion
Chemische Desinfektion
Material einerseits und die Haut andererseits erfordern den Einsatz unterschiedlicher Mittel. Für die Flächendesinfektion und die Desinfektion von Instrumenten, Wäsche, Ausscheidungen usw. verwendet man Phenol-, Formaldehyd- oder Chlorverbindungen in wässriger Lösung. Die vorgeschriebenen Verdünnungen und Einwirkzeiten sind strikt einzuhalten. Bei der Sprühdesinfektion ist auf eine vollständige Benetzung aller Flächen zu achten. Zur Hände- und Operationsfelddesinfektion werden vorwiegend Präparate auf alkoholischer Basis oder mit organisch gebundenem Jod (Polyvidon-Jod) verwendet. Bei den Händen gibt es die hygienische und chirurgische Desinfektion. Die hygienische Händedesinfektion beseitigt die hautfremden und vermindert die Zahl der hauteigenen Keime, während diese bei der chirurgischen Händedesinfektion ebenfalls weitgehend eliminiert werden.
Für die Desinfektion von Flächen, Instrumenten, Wäsche und Ausscheidungen verwendet man Phenol-, Formaldehyd- oder Chlorverbindungen. Verdünnungsvorschriften und Einwirkzeiten sind strikt einzuhalten. Bei der Sprühdesinfektion ist auf vollständige Benetzung aller Flächen zu achten. Hände- und Operationsfelddesinfektion erfolgen mit Präparaten auf alkoholischer Basis oder mit organisch gebundenem Jod. Hygienische Händedesinfektion reduziert, chirurgische beseitigt die hauteigenen Keime fast vollständig.
Raumluftdesinfektion
Raumluftdesinfektion
Die Raumluft»desinfektion« tötet Keime nicht ab, sondern reduziert durch horizontalen und vertikalen Flow lediglich ihre Zahl.
Sie vermindert die Keimzahl durch horizontalen und vertikalen Flow.
2.2
Hospitalismus
n Definition. Hospitalismus ist die Bezeichnung für alle in Krankenhäusern, Arztpraxen und anderen Behandlungseinrichtungen erworbenen Infektionen.
2.2.1
Ursachen des Hospitalismus
Die Ursachen des Hospitalismus sind nicht so sehr in mangelhafter Asepsis und Antisepsis zu suchen, als eher im allzu reichlichen und teilweise sorglos unbedachten Gebrauch der Antibiotika. Die resistenten Keime werden hauptsächlich übertragen durch Luft, Staub, Gebrauchsgegenstände, das Essen und insbesondere das Krankenhauspersonal.
2.2.2
Typische Hospitalkeime
Häufigste Erreger von Hospitalinfektionen sind grampositive Kokken, z.B. Staphylococcus aureus und epidermidis. Eine nicht unbedeutende Rolle spielen auch gramnegative Keime, vorwiegend Enterobakterien wie Klebsiellen und Proteus-Bakterien. Pseudomonas aeruginosa ist wegen seiner leichten Übertragbarkeit ein besonders gefürchteter Infektionserreger. Bei kontaminiertem Wasser (Dusch- und Klimaanlagen) kann auch Legionella pneumophila epidemisch zu einem Hospitalkeim werden. Zur Prophylaxe sollte bei Wasserleitungen eine Vorlauftemperatur von 80 ΩC herrschen, weiterhin sollten Filteranlagen installiert sein. Allgemeine weitere Erregerreservoire in Kliniken sind u.a. Ausgüsse, Waschbecken, Abfalleimer, Urinflaschen, Katheter, medizintechnische Geräte und Feuchtkammern.
2.2
Hospitalismus
Definition
2.2.1 Ursachen des Hospitalismus Ursächlich kommt für den Hospitalismus die Übertragung antibiotikaresistenter Keime in Betracht
2.2.2 Typische Hospitalkeime Typische Hospitalkeime sind Staphylococcus aureus und epidermidis, Pseudomonas aeruginosa, Proteus-Bakterien, aber auch Klebsiellen und Legionellen. Zur Prophylaxe von Legionellen im Brauchwasser sollte die Vorlauftemperatur 80 Ω C betragen und Filteranlagen installiert sein. Erregerreservoire sind u.a. Ausgüsse, Waschbecken, Abfalleimer, Urinflaschen, Katheter, medizintechnische Geräte und Feuchtkammern (Duschund Klimaanlagen).
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26 2.2.3 Vermeidung von Hospitalinfektionen Hygienische Regeln sollten zur Vermeidung von Hospitalinfektionen stets beachtet und strikt eingehalten werden. Der zurückhaltende und gezielte Einsatz von Antibiotika hat einen ebenso hohen Stellenwert. Bei der Patientenversorgung sollte mit Schutzkleidung und Handschuhen gearbeitet werden. In Operationssälen sind Kopfbedeckung und Mundschutz zu benutzen. Für Operations- und Intensivpflegeeinheiten sind bei der Planung aseptische und antiseptische Regeln zu beachten. Die Einhaltung aseptischer und antiseptischer Regeln wird durch Hygienebeauftragte überwacht.
2 Asepsis/Antisepsis 2.2.3
Vermeidung von Hospitalinfektionen
Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehören die bakteriologische Kontrolle des Krankenhauspersonals, die regelmäßige gründliche Desinfektion der Fußböden und Flächen sowie der Betten und Wäsche. Ein besonderer Stellenwert kommt der Einschränkung im Gebrauch der Antibiotika zu (nur zurückhaltende und gezielte Anwendung!). Die hygienische Händedesinfektion ist unerlässlich. Außerdem sollte bei der Patientenversorgung konsequent mit Schutzkleidung und Handschuhen gearbeitet werden (auch zum Schutz des Personals, insbesondere im Hinblick auf Hepatitis- und HIVInfektion). In Operationssälen, auf Intensiv- und Dialysestationen ist ggf. Kopfbedeckung und Mundschutz zu benutzen. Schon die Planung von Operations- und Intensivpflegeräumen hat die baulichen Voraussetzungen für die Einhaltung der aseptischen und antiseptischen Regeln zu schaffen. Sämtliche Mitarbeiter sind mit diesen Regeln vertraut zu machen, und ihre Einhaltung ist fortlaufend zu überwachen (Hygienebeauftragte/r).
Allgemeine Infektionsursachen
Allgemeine Infektionsursachen
Grundsätzlich können neben den antibiotikaresistenten Erregern des Hospitalismus alle Keime auf der Basis mangelhafter Asepsis und Antisepsis allgemeine Infektionen verursachen.
Grundsätzlich können neben den antibiotikaresistenten Erregern des Hospitalismus alle Keime (Bakterien, Pilze, Viren) auf der Basis mangelhafter Asepsis und Antisepsis allgemeine Infektionen verursachen. In chirurgischen Einheiten sind sie vor allem für Wundinfektionen, sonst aber auch für Pneumonien, Harnwegsinfekte oder Kathetersepsis (bei liegenden Venenwegen) verantwortlich.
Übertragungswege
Übertragungswege
Erreger werden direkt durch Hände, Narkosetuben, Katheter usw. und aerogen durch Staub oder Sekrettröpfchen beim Husten, Niesen und Sprechen übertragen. Ursachen für eine Kontamination können auch beim Patienten selbst liegen.
Die Erreger werden auf dem Wege der direkten mikrobiellen Kontamination durch Hände, Narkosetuben, Katheter, Kathetergleitmittel usw. und aerogen durch Staub oder beim Husten, Niesen, Sprechen freigesetzte Sekrettröpfchen übertragen. Ursachen für eine Kontamination können auch beim Patienten liegen, z.B. durch Schmierinfektion, wenn Darmkeime in eine Wunde gelangen, bei der traumatischen Eröffnung keimhaltiger Hohlorgane, durch Schwächung der Immunabwehr bei Tumorpatienten oder Organtransplantierten, bei Durchwanderung von Darmkeimen im Rahmen einer Ileussituation.
Vermeidung von Infektionen
Vermeidung von Infektionen
Zur Operationsvorbereitung gehören die Infektsanierung, perioperativ eine kurzzeitige Antibiotikaprophylaxe und unmittelbar vor dem Eingriff Körperreinigung und Enthaarung des Operationsgebietes.
Zur Vorbereitung des Patienten auf die Operation gehört der Ausschluss bzw. die Behandlung von bestehenden Infektionen der Haut, der Atemund der ableitenden Harnwege. Perioperativ soll kurzzeitig eine Antibiotikaprophylaxe betrieben werden (»single shot«, bei länger dauernden Operationen Wiederholung nach 3 Stunden). Die Wahl des Präparates richtet sich nach der Operation. Körperreinigung und Enthaarung des Operationsgebietes gehören zu den Maßnahmen, die unmittelbar vor dem Eingriff zu erfolgen haben.
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Chirurgische Infektionen
3
3
Chirurgische Infektionen
Jörg Schröder n Definition. Eine Infektion (lat. inficere: anstecken, vergiften) beinhaltet die Anhaftung, das Eindringen sowie die Vermehrung von Mikroorganismen in einem auf die Infektion reagierenden Makroorganismus. Eine chirurgische Infektion ist eine Infektion, die in der Mehrzahl der Fälle chirurgisch behandelt wird, die inzidiert oder dräniert werden muß (z.B. Abszesse, Empyeme), die nicht vaskularisiertes Gewebe betrifft (z.B. Gasbrand) oder die als Folge einer Operation (z.B. postoperative Wundinfektionen) auftritt.
3.1
Allgemeine Infektionslehre
Ätiologie. Erreger sind die Verursacher von Infektionen. Bekannt sind Bakterien, bakterienähnliche Mikroorganismen, Pilze, Protozoen, Würmer und Viren.
Definition
3.1
Allgemeine Infektionslehre
Ätiologie. Erreger von Infektionen sind Bakterien, bakterienähnliche Mikroorganismen, Pilze, Protozoen, Würmer und Viren.
n Definitionen. Primärinfektion: Die Entstehung einer Infektion ohne erkennbare Ursache nach (Mikro-)Verletzung nennt man Primärinfektion. π Sekundärinfektion: Eine Sekundärinfektion ist eine Infektion nach akzidentell entstandener oder iatrogen gesetzter Wunde. π Mischinfektion: Eine Mischinfektion wird durch mehrere gleichzeitig im Organismus auftretende Erreger verursacht. π Pyogene Infektion: Eine pyogene Infektion ist eine durch sogenannte Eitererreger ausgelöste Entzündung. Ein schädigendes Agens wie z.B. ein Bakterium wird von phagozytierenden Leukozyten aufgenommen, die selbst zugrunde gehen und Eiter bilden.
Definitionen
π
3.1.1
Allgemeine Pathophysiologie
Eine Infektion ist eine komplexe Abwehrreaktion des Organismus auf verschiedene gewebsschädigende Reize allergischer, physikalischer (z.B. Verbrennungen), chemischer (z.B. Säuren und Laugen) oder biologischer (Mikroorganismen und ihre Produkte) Natur. Das schädigende Agens löst die Entzündungsreaktion nicht unmittelbar aus, sondern wirkt über Vermittlersubstanzen, sogenannte Mediatoren, die von den geschädigten Zellen produziert werden. Die bedeutsamsten Mediatoren sind ( 2 A-3.1): π Amine, z.B. das vasodilatierende und permeabilitätssteigernd wirkende Histamin π Kinine, z.B. Bradykinin mit ebenfalls gefäßerweiternder Wirkung und Steigerung der Permeabilität π Proteasen, z.B. Plasmin, Kallikrein, die bei der Bildung der Kinine mitwirken π Zytokine, z.B. der Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) oder verschiedene Interleukine (IL) wie IL-1, IL-6 und IL-8, die lokal und systemisch eine komplexe Abwehrreaktion hervorrufen. Die folgenden von Mikroorganismen gebildeten Produkte beeinflussen wesentlich eine Entzündung: π Exotoxine: hitzelabile Proteine, welche die Bakterienzelle durch die Zellmembran in die Umgebung abgibt π Endotoxine: hitzestabile komplexe Moleküle, die nach Zerstörung der Bakterienzelle bei gramnegativen Bakterien aus der Zellwand freigesetzt werden
3.1.1 Allgemeine Pathophysiologie Entzündungsreize können allergischer, physikalischer, chemischer oder biologischer Natur sein. Die Entzündungsreaktion wird indirekt durch Vermittlersubstanzen, sogenannte Mediatoren, ausgelöst. Die bedeutsamsten Mediatoren sind ( 2 A-3.1): π Amine π
Kinine
π
Proteasen
π
Zytokine.
Mikroorganismen können Exotoxine, Endotoxine und extrazelluläre Enzyme produzieren. Diese beeinflussen wesentlich eine Entzündung.
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3 Chirurgische Infektionen
2 A-3.1
Mediatoren der Entzündungsreaktion
Gruppe
Mediatoren
Abkürzungen
N aktivierte Komplementfaktoren n
Anaphylatoxine
C3a, C5a
N aktivierte Gerinnungs- und Fibrinolyseprodukte n
Thrombin
N aktivierte Amine und Kinine n
Histamin Bradykinin
N Proteasen n
Plasmin Kallikrein Elastase Cathepsin B
N Zytokine n
Tumor-Nekrose-Faktor a Interleukine Interferone
TNF IL-1, -6, -10, -12 g -IFN
N Phospholipide n
plättchenaktivierender Faktor Thromboxane Prostaglandine Leukotriene
PAF TxA2 PGI 2 , PGE 2 LTB 4 , LTC 4
N freie Sauerstoffradikale n
Superoxid Hydroxykation
O2— HO —
N vasoaktive Endothelfaktoren n
Stickstoffmonoxid Endothelin
NO
Der Organismus besitzt eine Vielzahl innerer und äußerer Schutzmechanismen gegen Infektionen durch Bakterien, Viren und Parasiten. Zu den äußeren Schutzmechanismen zählen z.B. die unverletzte Haut, die physiologische Bakterienflora und die Bakterizidie des sauren Magensaftes.
Innere Schutzmechanismen umfassen die unspezifische zelluläre und die spezifische humorale Abwehr.
Extrazelluläre Enzyme: zu dieser Gruppe gehört z.B. die von Staphylokokken gebildete Koagulase, welche gerinnungsaktivierend wirkt, die Fibrinbildung um Staphylokokken fördert und somit die Bakterien schützt. Der menschliche Organismus besitzt eine Vielzahl von äußeren und inneren Schutzmechanismen gegen chirurgische Infektionen durch Bakterien, Viren und Parasiten. Zu den äußeren Schutzmechanismen zählen: π Gewebedurchblutung π unverletzte Haut π Schleimhäute (z.B. Nase, Rachen) mit Flimmerhärchen π physiologische Bakterienflora π Bakterizidie des sauren Magensaftes und π Sphinkterfunktionen. Innere Schutzmechanismen umfassen die unspezifische zelluläre und die spezifische humorale Abwehr. Die unspezifische Immunität, die die Phagozytose durch Makrophagen und Granulozyten beinhaltet, dient als eine der ersten Maßnahmen zur Bekämpfung abszessformierender und nekrotisierender Infektionen. Funktion der spezifischen humoralen Abwehr ist die Synthese spezifischer Antikörper durch B-Lymphozyten nach Antigenpräsentation durch Makrophagen und Stimulation durch T-Lymphozyten. Diese Antikörper vernichten Bakterien und Viren, bevor sie in Zellen eindringen. π
Lokale Infektionen
3.1.2 Lokale Infektionen
3.1.2
Lokale Entzündungen sind durch die natürliche Gewebearchitektur begrenzt. Klassische Symptome lokaler Infektionen sind:
Lokale Entzündungen sind durch die natürliche Gewebearchitektur begrenzte Infektionen. Die Entzündungsreaktion stellt die biochemische und morphologische Antwort auf einen Entzündungsreiz dar. Die lokale Entzündungsreaktion führt zu den von Galen und Celsus beschriebenen klassischen Kardinalsymptomen: π Rubor (Rötung) π Calor (Überwärmung) π Tumor (Schwellung) π Dolor (Schmerz) und π Functio laesa (eingeschränkte Funktion). Verbunden mit den genannten Kardinalsymptomen können allgemeine Reaktionen des Organismus wie Erhöhung der Körpertemperatur, Fieber, Leukozytose, Anstieg der BSG und eine Aktivierung des Stoffwechsels auftreten.
π π π π π
Rubor Calor Tumor Dolor Functio laesa.
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29
3.1.4 Prädispositionen 3.1.3
Systemische Infektionen
3.1.3 Systemische Infektionen
Systemische Infektionen sind durch eine lebensbedrohliche Reaktion des Organismus mit Dysfunktion oder Versagen eines oder mehrerer Organsysteme (Lunge, Niere, Herz/Kreislauf, Leber usw.) charakterisiert. Die Organdysfunktion wird durch die vermehrte systemische Freisetzung verschiedener Zytokine wie z.B. Tumor-Nekrose-Faktor oder Interleukin-1 und -6 hervorgerufen. Auslösende Faktoren können bei bakteriellen Infektionen Endotoxine (z.B. diffuse Peritonitis), große Gewebstraumen (Verbrennungen, Polytrauma) oder eine abakterielle schwere Pankreatitis sein. Der Verlauf lokalisierter und systemischer Infektionen ist im Wesentlichen von 3 Faktoren abhängig: π Art und Virulenz der Erreger: Bestimmte Erreger können charakteristische Infektionen hervorrufen, z.B. Streptokokken ein Erysipel. In Mischinfektionen können verschiedene Erreger ihre virulente Wirkung, d.h. den Grad der Aggressivität gegenüber dem Makroorganismus, potenzieren. π Keimzahl der Erreger: Größere Erregerzahlen erhöhen die Schwere der Infektionen und beschleunigen den Verlauf. π Lokale und systemische Immunität des Patienten: Periphere Durchblutungsstörungen, Hämatome, postoperative Schwellungen oder Kontusionen können lokalisierte Infektionen begünstigen, Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Malignome, Bestrahlung, Steroid- und Zytostatikatherapie können lokale und systemische Infektionen begünstigen. Lokalisierte Infektionen können sich durch verschiedene Mechanismen zu einer systemischen Infektion ausbreiten, die dem Krankheitsbild der Sepsis entsprechen: π Nekrotisierende Infektionen können sich in anatomisch präformierten Wegen ausbreiten. Die Myonekrose des Gasbrandes breitet sich durch eine zunehmende Muskelnekrose und die nekrotisierende Fasziitis entlang der minderperfundierten Faszie und des Subkutangewebes aus. Toxine der Erreger können eine systemische Reaktion hervorrufen. π Phlegmonen und oberflächliche Entzündungen der Haut können sich nicht nur durch Nekrosen, sondern auch durch Metastasen ausbreiten. π Abszesse, die nicht rechtzeitig dräniert werden, können sich vergrößern, ihre Begrenzungen (Abszessmembran) überschreiten und z.B. Blutgefäße penetrieren. π Infektionen durch Streptokokken und manche Staphylokokkeninfektionen können sich entlang der Lymphabflusswege (Lymphangitis und Lymphadenitis) ausbreiten und somit Anschluss an den systemischen Kreislauf finden.
3.1.4
Prädispositionen
Risikofaktoren postoperativer Infektionen
Patientenfaktoren
Perioperative Faktoren
Intraoperative Faktoren
N Alter n
N lange Hospitalisation n
n N intraoperative Kontamination
N Antibiotikatherapie n
N Dauer der Operation n
N Unterernährung n N Übergewicht n
Der Verlauf lokaler und systemischer Infektionen ist von der Art, Zahl und Virulenz der Erreger sowie von der Abwehrlage der Patienten abhängig.
Die Ausbreitung lokalisierter Infektionen zu systemischen Entzündungen kann durch nekrotisierende Infektionen, Phlegmonen, oberflächliche Entzündungen der Haut, Abszesse, eine Ausbreitung über das Lymphsystem oder die Blutbahn (Bakteriämie) erfolgen.
3.1.4 Prädisposition
Das Risiko einer postoperativen Infektion ist neben operativen und perioperativen Faktoren von einigen Patientenfaktoren abhängig ( 2 A-3.2).
2 A-3.2
Systemische Infektionen sind durch die lebensbedrohliche Dysfunktion eines oder mehrerer Organsysteme gekennzeichnet. Die Organdysfunktion wird durch die vermehrte systemische Freisetzung verschiedener Zytokine oder Interleukine hervorgerufen.
N Immunsuppression n
N Fremdmaterial n
N Diabetes mellitus n
N Wunddränage n
Eine Vielzahl operativer, perioperativer und patientenbedingter Faktoren erhöht das postoperative Infektionsrisiko ( 2 A-3.2).
N intraoperative n Hypotonie N massive Transfusion n
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30 3.1.5
3 Chirurgische Infektionen Diagnostik
3.1.5
Diagnostik
Grundlage der Therapie chirurgischer Infektionen ist die Diagnostik mit richtiger Probenentnahme, dem richtigen Transportmedium und Kooperation mit einem mikrobiologischen Labor.
Grundlage der Therapie chirurgischer Infektionen ist die Diagnostik der auslösenden bakteriellen, viralen, parasitären Entzündungen oder der Pilzerkrankungen. Die richtige Probenentnahme, das richtige Transportmedium und vor allem die Kooperation mit dem mikrobiologischen Labor sind Voraussetzungen einer effektiven Behandlung.
π Blutkulturen: Sie sind im Temperaturanstieg bei Fieber unklarer Genese indiziert. Es sollten zwei Entnahmen erfolgen, eine für eine aerobe und eine für eine anaerobe Bebrütung.
π Blutkulturen: Blutkulturen sind bei Fieber unklarer Genese (z.B. Sepsis, infizierte Verbrennungen oder postoperativ), möglichst vor der Antibiotikagabe, indiziert. Unter aseptischen Bedingungen sollten venös zwei Entnahmen, eine für eine aerobe und eine für eine anaerobe Bebrütung, in kommerziell erhältlichen Blutkulturflaschen erfolgen. Optimale Erfolgsaussichten zum Nachweis von Erregern in einer Blutkultur bestehen im Fieberanstieg zwischen 37 ΩC und 39 ΩC. Erreger wie Mykobakterien oder Mykoplasmen werden in konventionellen Blutkulturen nicht erfasst.
π Material aus dem Respirationstrakt: Dazu gehören Rachenabstriche, Sputum, Tracheal- oder Aspirationssekret.
π
Material aus dem oberen Respirationstrakt: Nach Mundspülung mit NaCl oder Wasser können Rachenabstriche entnommen und in dem vorgesehenen Transportmedium versandt werden.
Material aus dem unteren Respirationstrakt: Materialien aus dem unteren Respirationstrakt sind Sputum, Trachealsekret oder Aspirationssekret, welches durch Bronchiallavage oder Bronchoskopie gewonnen wird.
π
Wunden/Abszesse: Aus Nekrosematerial, Flüssigkeit oder Eiter können die verursachenden Erreger von Wundinfektionen oder Abszessen isoliert werden. Nekrosematerial und Flüssigkeit können auf Medium gebracht und Eiter kann im sterilen Reagenzglas transportiert werden.
π
Wunden/Abszesse: Gewebe, Flüssigkeit oder originärer Eiter aus einer Wunde oder einem Abszess sind optimale Materialien.
π
π Urin: Mittelstrahlurin, suprapubisches Blasenpunktat und in Ausnahmefällen eine Einmalkatheterprobe sind Materialien zur Urinuntersuchung.
π
π Liquor: nach Punktion in einem sterilen Röhrchen einsenden.
π Liquor: Liquor kann nach Punktion unter streng aseptischen Bedingungen in einem sterilen Röhrchen eingesandt werden.
π Intravenöse Katheter: bei unklarem Fieber Katheterspitzen einsenden.
π Intravenöse Katheter: Katheterspitzen werden nach aseptischer Entfernung eines intravenösen Katheters abgetrennt und in einem sterilen Behälter eingesandt.
π Stuhlproben: bei Verdacht auf eine bakterielle Darmerkrankung sind Stuhlproben einzusenden.
π
π
Serologische Diagnostik: ein Antikörpernachweis im Serum kann bei Verdacht auf Legionellose, Mykoplasmen- oder Chlamydieninfektionen, Hepatitis, HIV-Infektion oder bei systemischen Mykosen erfolgen.
π
3.1.6 Therapie
3.1.6
Die Mehrzahl der chirurgischen Infektionen erfordert eine chirurgische Sanierung mit z.B. Dränage eines Abszesses oder Débridement devitalisierten Gewebes.
Die Mehrzahl der chirurgischen Infektionen erfordert eine chirurgische Therapie mit Sanierung eines Fokus (z.B. Darmperforation und Peritonitis), mit Dränage eines Abszesses (z.B. intraabdominell oder subkutan) oder Débridement devitalisierten Gewebes. Eine Abszessdränage kann chirurgisch (z.B. via Laparotomie oder Hautinzision) oder durch eine sonographisch oder CT-gesteuerte Plazierung eines großlumigen Spülkatheters in einen Abszess erfolgen.
Urin: Zur mikrobiologischen Untersuchung sind Mittelstrahlurin, suprapubisches Blasenpunktat (nach sorgfältiger Hautdesinfektion) und in Ausnahmefällen (z.B. Querschnittslähmung) die Einmalkatheterurinprobe geeignet. Aufgrund der Gefahr der Keiminvasion in die Blase sollte die Einmalkatheterprobe die Ausnahme sein.
Stuhlproben: Bei Verdacht auf eine bakterielle Darmerkrankung (z.B. Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Clostridium difficile) oder bei Darmparasiten wird eine Stuhlprobe in einem Stuhlröhrchen eingesandt. Serologische Diagnostik: Ein Antikörpernachweis im Serum kann durchgeführt werden, wenn bei bakteriellen (z.B. Legionellose, Erkrankungen durch Mykoplasmen oder Chlamydien) und viralen Infektionen (Hepatitis oder HIV) oder bei systemischen Mykosen (Candida und Aspergillus) kein direkter Erregernachweis möglich ist.
Therapie
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3.2.1 Postoperative Infektionen Chirurgische Infektionen, die durch eine Inzision oder Dränage ausreichend therapiert sind (z.B. Furunkel, unkomplizierte Wundinfektion) benötigen keine Antibiotikatherapie. Sich ausbreitende Infektionen oder solche, die persistieren, müssen zusätzlich antibiotisch therapiert werden, um entweder die lymphatische Ausbreitung oder die Bakteriämie zu verhindern. Die Therapie chirurgischer Infektionen beinhaltet neben der lokalen und antibiotischen Therapie die Ruhigstellung eines entzündeten Körperteils.
3.1.7
Fieber
Fieber ohne Allgemeinsymptome tritt häufig in der unmittelbaren postoperativen Phase auf und gibt keinen Anlass zur Therapie. Bei Fieber mit Allgemeinsymptomen können während der ersten 2 Tage folgende Ursachen vorliegen: π Atelektase oder Pneumonie π Wundinfektionen (z.B. Streptokokken) π Sepsis. Die häufigsten Ursachen von später auftretendem Fieber sind: π Wundinfektionen (z.B. durch Staphylokokken) π Pneumonien π katheterbedingte Infektionen (zentrale Katheter, Blasenkatheter) π Anastomoseninsuffizienzen, Sepsis oder Abszesse. Auch Phlebitiden, eine Cholezystitis, Kolitis, Sinusitis oder Meningitis können postoperatives Fieber verursachen. Medikamentenreaktionen sollten jedoch differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden.
3.2
Infektionsformen
3.2.1
Postoperative Infektionen
Antibiotika sind bei systemischer Reaktion oder bei sich ausdehnenden bzw. persistierenden Infektionen angezeigt.
Die Ruhigstellung eines entzündeten Körperteils unterstützt die genannten Maßnahmen. 3.1.7 Fieber Postoperatives Fieber ohne Allgemeinsymptome bedarf keiner Therapie. Ursachen von Fieber mit Allgemeinsymptomen können in den ersten 2 Tagen sein: π Atelektase oder Pneumonie π Wundinfektionen π Sepsis. Später auftretendes Fieber kann Folge sein von: π Wundinfektionen π Pneumonie π katheterbedingten Infektionen π Anastomoseninsuffizienz oder Abszess. Weitere Ursachen können Phlebitis, Cholezystitis, Kolitis, Sinusitis oder Meningitis sein. Auch Medikamentenreaktionen sind in Betracht zu ziehen. 3.2
Infektionsformen
3.2.1 Postoperative Infektionen
Der Chirurg wird mit 2 Kategorien von Infektionen konfrontiert, solchen, mit denen sich der Patient bei Aufnahme präsentiert, und solchen, die sich nach Notfall- oder Elektivoperationen entwickeln. Die letztgenannten, im Krankenhaus erworbenen (nosokomialen) Infektionen sind vorwiegend: π Wundinfektionen π Harnwegsinfekte π Infektionen durch Venenkatheter π Pneumonien π intraabdominelle Infektionen π Sepsis. Die Rate an nosokomialen Infektionen ist auf Intensivstationen 5–10-mal höher als auf chirurgischen Normalstationen. Risiken bei Intensivpatienten sind die Abwehrschwäche bei schwerer Grunderkrankung (z.B. Pankreatitis, schweres Polytrauma, Verbrennungen) und invasive intensivmedizinische Maßnahmen wie Beatmung, intravenöse bzw. intraarterielle Katheter oder Harnwegskatheter. Die häufigsten Erreger nosokomialer Infektionen sind gramnegative Enterobakterien (z.B. Escherichia coli, Klebsiella), Staphylokokken, Pseudomonas aeruginosa und Enterokokken.
Zu den postoperativen, nosokomialen Infektionen zählen Wundinfektionen, Harnwegsinfekte, Infektionen durch Venenkatheter, Pneumonien, intraabdominelle Entzündungen und die Sepsis.
Wundinfektionen
Wundinfektionen
Ätiologie und Klassifikation. Postoperative Wundinfektionen resultieren
Ätiologie und Klassifikation. Wundinfektionen sind Folge der bakteriellen Kontamination der Wunde. Abhängig von der Klassifikation einer Wunde steigt das Wundinfektionsrisiko.
aus einer bakteriellen Kontamination während oder nach einer Operation. Sie bleiben trotz aseptischer und atraumatischer Techniken ein ernsthaftes Problem und sind abhängig von der Klassifikation operativer Wunden. Man unterscheidet: π Aseptische Wunden: nichttraumatische, nichtinfizierte Wunden; elektive Operationen ohne Eröffnung des Respirations-, des Harnwegs-/Genitaloder des Gastrointestinaltraktes (z.B. Leistenhernie, Struma).
Die Rate an nosokomialen Infektionen ist auf Intensivstationen 5–10-mal höher als auf chirurgischen Normalstationen. Die häufigsten Erreger nosokomialer Infektionen sind gramnegative Enterobakterien (z.B. E. coli, Klebsiella), Staphylokokken, Pseudomonas aeruginosa und Enterokokken.
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32 Klassifiziert werden Wunden nach den Kriterien π aseptisch π bedingt aseptisch π kontaminiert und π septisch.
3 Chirurgische Infektionen π
π
π
Die Inzidenz der Infektionen steigt entsprechend der Klassifikation der Wunden ( 2 A-3.3).
Bedingt aseptische Wunden: Notfalloperation, die ansonsten sauber ist; Operation mit Eröffnung des nicht infizierten Respirations-, Harnwegs-/ Genital- oder des oberen Gastrointestinaltraktes (z.B. Cholezystektomie). Kontaminierte Wunden: offene, frische traumatische Wunden; Eröffnung der Harnwege, der Gallenwege bei infiziertem Urin bzw. infizierter Galle; akute, nicht purulente Entzündung (z.B. akute, nicht gangränöse und nicht perforierte Appendizitis). Septische Wunden: traumatische Wunden mit devitalisiertem Gewebe, Fremdkörpern, fäkaler Kontamination oder Dreck; Perforation des Gastrointestinaltraktes; purulente Entzündungen; Abszesse (z.B. perforierte Appendizitis mit Abszess).
Die Inzidenz der Infektionen steigt entsprechend der Klassifikation der Wunden ( 2 A-3.3).
2 A-3.3
Inzidenz der Wundinfektionen
Klassifikation
Wundinfektionsrate
N aseptisch n
< 2%
N bedingt aseptisch n
< 10 %
N kontaminiert n
20 %
N septisch n
40 %
Symptome. Wundinfektionen treten meist zwischen dem 5. und 7. postoperativen Tag auf. Schmerzen, eine Wundrötung, Fluktuation (Abszess!) und ein Ödem sind weitere mögliche Zeichen der Wundinfektion. Therapie. Die Behandlung der Wahl ist die Eröffnung der Wunde und Einleitung einer offenen Wundbehandlung.
Symptome. Wundinfektionen manifestieren sich meist zwischen dem 5.
Prophylaxe. Eine Antibiotikaprophylaxe ist bei aseptischen Wunden und der minimalen Infektionsrate nicht indiziert. In den Wundkategorien »bedingt aseptisch« und »kontaminiert« ist eine Antibiotikaprophylaxe empfehlenswert. »Septische Wunden« bedürfen einer längerdauernden Therapie mit Antibiotika.
Prophylaxe. Eine Antibiotikaprophylaxe ist bei aseptischen Wunden und der minimalen Infektionsrate nicht indiziert. Ausnahmen sind Prothesenimplantationen und Operationen bei alten, adipösen oder immunsupprimierten Patienten. In den Wundkategorien »bedingt aseptisch« und »kontaminiert« ist eine Antibiotikaprophylaxe empfehlenswert, da es operationsbedingt zu einer Kontamination der Wunde kommt. Die prophylaktische Gabe von Antibiotika senkt in diesen Gruppen die Rate an Wundinfektionen deutlich (< 5 % bei »bedingt aseptischen« und < 10 % bei »kontaminierten« Wunden). »Septische Wunden« bedürfen keiner Prophylaxe, sondern einer längerdauernden Therapie mit Antibiotika.
Merke
Harnwegsinfekte
und 7. postoperativen Tag. Postoperatives Fieber zu dem genannten Zeitpunkt macht eine Kontrolle der Wunde erforderlich. Schmerzen, eine Wundrötung, Fluktuation (Abszess!) und ein Ödem sind weitere mögliche Zeichen der Wundinfektion.
Therapie. Die Behandlung der Wahl ist die Eröffnung der Wunde und Einlei-
tung einer offenen Wundbehandlung. Antibiotika sind nur bei einer systemischen Ausbreitung erforderlich.
n Merke. Die Antibiotikaprophylaxe mit der nachgewiesenen Wirksamkeit, die Wundinfektionsrate zu verringern, kann eine saubere chirurgische Technik, eine strenge Asepsis und eine optimale Patientenvorbereitung nicht ersetzen.
Harnwegsinfekte
Harnwegsinfekte sind die häufigste nosokomiale Infektion (30–40 %). Abgesehen von Fällen mit Obstruktionen der Harnwege sind sie gut therapierbar. Die Infektionsrate (Bakteriurie > 105 Keime) weist eine eindeutige Relation zu der Zeit auf, die ein Harnwegskatheter in der Blase verbleibt. Die Rate steigt bereits nach einer Woche Versorgung mit einem Katheter deutlich an. Die häufigsten Erreger sind E. coli und Spülung mit Antiseptika oder Antibiotika bzw. die systemische Antibiotikaandere gramnegative Bakterien. gabe verzögern das Auftreten der katheterassoziierten Harnwegsinfekte oder verschieben das Erregerspektrum, verhindern die Infektion jedoch nicht. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden! Die Rate an Harnwegsinfekten weist eine eindeutige Relation zu der Zeit auf, die ein Katheter in der Harnblase verbleibt.
33
3.2.1 Postoperative Infektionen Ausgangspunkt der Bakteriurie sind die Perianal- und Periurethralregion. E. coli und andere gramnegative Bakterien sind die häufigsten Erreger.
Therapie. Die Inzidenz von Harnwegsinfektionen ist bei suprapubischer
Harnableitung als Alternative zum Harnwegskatheter deutlich geringer. Die Behandlung einer Bakteriurie erfolgt durch eine kalkulierte Antibiotikatherapie bzw. bei Problemkeimen durch eine gezielte Behandlung nach Antibiogramm. Bei unkomplizierten Harnwegsinfekten bietet sich eine orale Therapie mit z.B. Cotrimoxazol, Amoxicillin (+ Clavulansäure) oder Chinolone (z.B. Ciprofloxacin) an.
Therapie. Die Behandlung einer Bakteriurie erfolgt durch eine kalkulierte bzw. gezielte Antibiotikatherapie.
Unkomplizierte Harnwegsinfekte können oral z.B. mit Cotrimoxazol, Amoxicillin oder Chinolone behandelt werden.
Infektionen durch Venenkatheter
Infektionen durch Venenkatheter
Venenkatheter sind vor allem auf Intensivstationen ein wesentlicher Bestandteil der therapeutischen Maßnahmen (z.B. parenterale Ernährung, Messung des ZVD oder Hämodialyse). Mikroorganismen können intraluminal oder entlang der Katheteraußenseite in die Blutbahn gelangen und eine systemische Reaktion hervorrufen. Staphylococcus aureus und epidermidis sind die häufigsten Erreger. Bei fehlendem Nachweis anderer Infektionen weisen hohes Fieber und eine Leukozytose auf eine katheterbedingte Infektion hin.
Staphylococcus aureus und epidermidis sind die häufigsten Erreger, die intraluminal oder entlang des Katheters in die Blutbahn gelangen können.
Therapie. Die wirkungsvollste Maßnahme ist die Entfernung des Katheters
Therapie. Durch Entfernung des Katheters gehen die Symptome schnell zurück.
(Katheterspitze zur mikrobiologischen Untersuchung einsenden!). Fieberrückgang nach Entfernung bestätigt den Verdacht der katheterbedingten Infektion. n Merke. Eine klare Indikationsstellung, gute Desinfektion der Punktionsstelle bzw. aseptisches Vorgehen beim Legen und der Pflege der zentralen Katheter, regelmäßige Kontrolle der Punktionsstelle und eine befristete Liegedauer sind wirkungsvolle Maßnahmen, um katheterbedingten Infektionen vorzubeugen.
Fieber und Leukozytose sind erste Zeichen der systemischen Reaktion.
Merke
Pneumonien
Pneumonien
Pneumonien gehören zu den schweren nosokomialen Infektionen, die isoliert oder mit anderen Infektionen nach 2–3 Tagen Krankenhausaufenthalt auftreten können. Die Entstehung wird u.a. durch Hypoventilation, Atelektasen oder ein vorbestehendes Lungenleiden begünstigt. Die nosokomiale Pneumonie ist nach den Wund- und Harnwegsinfektionen die häufigste der im Krankenhaus erworbenen Infektionen. Nosokomiale Pneumonien erweisen sich als eine
Nosokomiale Pneumonien können nach 2–3 Tagen auftreten. Begünstigend sind Hypoventilation, Atelektasen oder ein chronisches Lungenleiden. Die nosokomiale Pneumonie ist nach den Wund- und Harnwegsinfektionen die häufigste der im Krankenhaus erworbenen Infektionen. (Letalität: 20–40 %).
1 A-3.1
Pneumonie rechter Unterlappen Auf der rechten Seite kommt die Kammer eines Port-Katheters zur Abbildung. Links thorakal besteht ein Zustand nach Perikardfensterung mit Dränagen bei malignem Perikarderguss.
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3 Chirurgische Infektionen zunehmende, mit einer Letalität von 20–40 % verbundene Komplikation bei einer ständig wachsenden Zahl älterer Patienten mit chirurgisch behandelbaren Erkrankungen, die an Störungen der Immunabwehr leiden oder der apparativen Intensivmedizin bedürfen.
Diagnose. Neben einer Röntgenthoraxaufnahme ( 1 A-3.1) erfolgt die Diagnose durch den Erregernachweis im Sputum oder durch eine bronchoalveoläre Lavage. Pseudomonas, Enterobakterien und Staphylokokken sind die häufigsten Erreger.
Diagnose. Neben einer Röntgenthoraxaufnahme ( 1 A-3.1) erfolgt die
Therapie. Die Therapie erfolgt mit Breitspektrumpenicillinen (+ b-Lactamase-Inhibitor) oder -cephalosporinen, die bei schweren Verläufen oder Therapieresistenz mit Aminoglykosiden kombiniert werden können.
Therapie. Die Therapie erfolgt antibiotisch mit Breitspektrumpenicillinen (+ b-Lactamase-Inhibitor) oder -cephalosporinen, die bei schweren Verläufen
Atypische und Pilzpneumonien: Die bedeutendsten Erreger sogenannter atypischer Pneumonien sind Legionella pneumophilia, Mycoplasma pneumoniae oder Chlamydia pneumoniae. Als Erreger von Pilzpneumonien kommen Hefepilze wie Candida, Cryptococcus oder Schimmelpilze wie Aspergillus in Betracht.
π
π
Merke
Diagnose durch den Erregernachweis im Sputum oder durch eine bronchoalveoläre Lavage. Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Enterobacter und Klebsiella pneumoniae sind die häufigsten gramnegativen, Staphylococcus aureus, Streptokokken und Pneumokokken die häufigsten grampositiven Erreger nosokomialer Pneumonien.
oder Therapieresistenz mit Aminoglykosiden kombiniert werden können. Pseudomonaswirksam sind z.B. Piperacillin oder Ceftazidim (+ Aminoglykosid). Als Reserveantibiotikum steht Imipenem zur Verfügung, und bei Aspirationspneumonien ist Clindamycin indiziert.
Atypische und Pilzpneumonien: Sog. atypische Pneumonien und Pilzpneumonien als nosokomiale Pneumonien spielen vor allem auf chirurgischen Intensivstationen eine zunehmende Rolle. Die bedeutendsten Erreger sind Legionella pneumophilia, Mycoplasma pneumoniae oder Chlamydia pneumoniae. Als Erreger von Pilzpneumonien kommen Hefepilze wie Candida, Cryptococcus oder Schimmelpilze wie Aspergillus in Betracht.
n Merke. Bei Patienten mit unklaren Lungenprozessen, die auf die übliche Antibiotikabehandlung nicht reagieren, sind Legionellen, Mykoplasmen, Chlamydien und Pilze ätiologisch in Betracht zu ziehen.
Intraabdominelle Infektionen
Intraabdominelle Infektionen
als postoperative Komplikationen umfassen Abszesse, Anastomoseninsuffizienzen bzw. die postoperative Peritonitis.
Diese Kategorie umfasst postoperative Komplikationen wie Abszesse, Nahtinsuffizienzen bzw. die postoperative Peritonitis. Insbesondere die postoperative Peritonitis ist ebenso wie die nosokomiale Pneumonie eine schwere Infektion, die mit einer hohen Letalität einhergeht.
Therapie. Chirurgische Intervention und Behandlung mit Breitspektrumantibiotika und anaerob wirksamen Antibiotika.
Therapie. Neben der chirurgischen Therapie erfolgt eine Behandlung mit
Sepsis
Sepsis
Definition
Breitspektrumantibiotika (z.B. Breitspektrumcephalosporine in Kombination mit Aminoglykosiden) in Kombination mit Metronidazol oder Clindamycin.
n Definition. Als Sepsis wird eine systemische Reaktion des Organismus definiert mit: π Hyper- und Hypothermie π Tachykardie π Tachypnoe/Beatmungspflichtigkeit und π systolischem Blutdruck < 90 mmHg (Schock) oder π Insuffizienz von mindestens 2 Organsystemen (z.B. Lunge, Niere, Herzkreislaufsystem, Leber).
Kennzeichnend für eine Sepsis ist das Versagen oder die Dysfunktion mehrerer Organsysteme.
Charakteristisch für die Sepsis ist das Versagen oder die Dysfunktion mehrerer Organsysteme, verbunden mit einer hohen Letalität.
Therapie. Chirurgische Intervention und/oder intensivmedizinisch und antibiotisch.
Therapie. Bei Nachweis einer infektiösen Ursache erfolgt die chirurgische
Intervention (z.B. Behandlung einer Anastomoseninsuffizienz) und/oder eine unterstützende intensivmedizinische und antibiotische Behandlung.
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3.2.3 Empyem
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Die gezielte antibiotische Behandlung ist häufig problematisch, da Blutkulturen nur in bis zu 30 % der Fälle einen positiven Befund (Bakteriämie) liefern. Bei bekanntem Erregerspektrum der jeweiligen Intensivstation erfolgt vor der Erregerisolierung eine kalkulierte Antibiotikatherapie.
Die gezielte antibiotische Behandlung ist häufig problematisch, da Blutkulturen nur in bis zu 30 % der Fälle einen positiven Befund (Bakteriämie) liefern.
3.2.2
Abszess
3.2.2 Abszess
n Definition. Die Ansammlung von Eiter in einem durch Gewebszerfall entstandenen Hohlraum wird als Abszess bezeichnet. Das geschädigte Gewebe wird durch bakterielle und körpereigene Enzyme eingeschmolzen und grenzt sich durch eine Abszessmembran gegenüber dem gesunden Gewebe ab.
Definition
Die stark reduzierte Sauerstoffversorgung schafft gute Wachstumsbedingungen für anaerobe Bakterien. Beispiele: Schweißdrüsenabszess, periproktitischer Abszess, intraabdominelle Abszesse ( 1 A-3.2).
1 A-3.2
Unterschiedlich lokalisierte Abszesse
a Hirnabzesse als seltene Foci bei einer chirurgischen Sepsis mit Multiorganversagen.
b Intraabdomineller subhepatisch gelegener Abszess unklarer Dignität im CT.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die Inzision bzw. Dränage und Spülung
eines Abszesses. Eine antibiotische Behandlung ist primär nicht erforderlich (ubi pus, ibi evacua), sie kann hingegen systemische Reaktionen kupieren. Die Therapie von Abszessen sollte möglichst in Allgemeinanästhesie erfolgen, da regionale Anästhesieverfahren zu einer Verschleppung von Keimen in gesundes Gewebe führen können.
3.2.3
Empyem
n Definition. Eine Eiteransammlung in einer präformierten, geschlossenen Höhle ohne Abflussmöglichkeit des infizierten Materials wird als Empyem bezeichnet.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die Inzision bzw. Dränage und Spülung eines Abszesses.
3.2.3 Empyem Definition
Beispiele: Pleuraempyem ( 1 A-3.3), Gallenblasenempyem, Gelenkempyem.
Therapie. Die Therapie des Empyems besteht in der Entfernung des Eiters
durch eine Dränage (z.B. Bülau-Dränage bei Pleuraempyem), Cholezystektomie bzw. Spülung eines Gelenkes unter antibiotischer Therapie (z.B. Clindamycin oder Breitspektrumpenicilline oder -cephalosporine in Kombination mit Metronidazol).
Therapie. Entfernung des Eiters durch eine Dränage, Cholezystektomie bei Gallenblasenempyem, Gelenkspülung, Antibiotika (z. B. Clindamycin).
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36
3 Chirurgische Infektionen
1 A-3.3
Postpneumonisches Pleuraempyem Linker Unterlappen im CT mit Darstellung des Hauptbronchus und begleitender Kompressionsatelektase.
3.2.4
3.2.4 Erysipel
Erysipel
n Definition. Das Erysipel ist eine scharf begrenzte, schmerzhafte intrakutane Entzündung der Lymphbahnen durch b-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A. Eintrittspforten sind meist kleine Ulzera, kleinste Hautverletzungen (Rhagaden, Schürfwunden), Mazerierungen der Haut (z.B. bei Interdigitalmykose). Besonders betroffen sind Gesicht, Beine und Hände ( 1 A-3.4).
Definition
1 A-3.4
Erysipel
b Fortgeschrittenes Erysipel des gesamten Unterschenkels.
a Beginnendes Erysipel mit mäßig ausgeprägtem entzündlichem Erythem ohne wesentliche Schwellung.
Symptome. Bei hohem Fieber und Beteiligung der regionalen Lymphknoten besteht eine ausgeprägte Allgemeinsymptomatik. Ein unbehandeltes Erysipel besitzt eine hohe Letalität.
Symptome. Das Erysipel kann bei Patienten mit einer Abwehrschwäche oder Diabetes mellitus mit einer Blasen- und Nekrosenbildung einhergehen. Bei hohem Fieber und Beteiligung der regionalen Lymphknoten besteht eine ausgeprägte Allgemeinsymptomatik und die Gefahr einer systemischen Manifestation mit Streptokokkensepsis und Endokarditis. Ein unbehandeltes Erysipel besitzt eine hohe Letalität. Bei Formen mit Lymphödem durch Obliteration der Lymphgefäße besteht eine hohe Rezidivrate (etwa 30 %).
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37
3.2.6 Erysipeloid
Therapie. Die Therapie besteht in einer konsequenten Ruhigstellung und
hochdosierten systemischen Antibiotikagabe (Mittel der Wahl: Penicillin GQoder VQ).
3.2.5
Phlegmone
3.2.5
n Definition. Die fortschreitende Ausbreitung einer Infektion, begleitet von einer Zellnekrose, bezeichnet man als Phlegmone.
1 A-3.5
Beugesehnenphlegmone mit Schwellung des Armes und unscharfer Begrenzung der Hautrötung
Phlegmone
Definition
Ätiologie und Symptome.
Ätiologie und Symptome. Ursächliche Erreger sind vorwiegend hämolysierende Streptokokken, seltener Staphylokokken. Die Phlegmone ist durch die unscharfe Abgrenzung gegenüber der Umgebung gekennzeichnet ( 1 A-3.5).
Therapie. Wichtigste Maß-
Therapie. Ruhigstellung und Antibiotika (Penicilline).
Ursächliche Erreger sind vorwiegend hämolysierende Streptokokken, seltener Staphylokokken. Die Phlegmone ist durch die unscharfe Abgrenzung gegenüber der Umgebung gekennzeichnet. Die Ausbreitung erfolgt bevorzugt im lockeren Bindegewebe der Subkutis, zwischen Muskeln, unter dem Periost und im Knochenmark. Beispiel: Hohlhandphlegmone, Beugesehnenphlegmone ( 1 A-3.5). nahmen sind die konsequente Ruhigstellung und systemische Antibiotikatherapie (Penicilline).
3.2.6
Therapie. Wichtigste Maßnahmen sind die Ruhigstellung und die hochdosierte, systemische Penicillingabe.
Erysipeloid
n Definition. Das Erysipeloid ist eine scharf begrenzte violett-rote Verfärbung der Haut mit Schwellung an den Fingern und der Hand (Schweinerotlauf), vorwiegend bei Schlachtern, Landwirten, Arbeitern der Fischindustrie und Tierärzten.
3.2.6 Erysipeloid Definition
Ätiologie und Symptome. Der Erreger ist Erysipelothrix rhusiopathiae, ein
Ätiologie und Symptome. Der Erreger ist Erysipelothrix rhusiopathiae, der bei Schweinen, Geflügel oder Fisch eine systemische Infektion verursacht, beim Menschen eine lokale Infektion mit leichtem Fieber.
Therapie. Ruhigstellung und Antibiotika (Mittel der Wahl: Penicillin V). Bei
Therapie. Ruhigstellung und Antibiotikagabe (Penicillin V).
grampositives aerobes Stäbchen. Dieser Keim ruft bei Schweinen, Geflügel, Wild oder Fisch eine systemische Infektion hervor. Die Infektion beim Menschen erfolgt über Hautläsionen im Umgang mit infiziertem Tiermaterial, geht mit leichtem Fieber einher (im Gegensatz zum Erysipel) und zeigt selten systemische Manifestationen.
einer Penicillinallergie können Tetracyclin oder Erythromycin gegeben werden. n Merke. Inzision und Dränage sind kontraindiziert und können den Verlauf verlängern.
Merke
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38 3.2.7
3 Chirurgische Infektionen Follikulitis/Furunkel/ Karbunkel
Definition
3.2.7
Follikulitis/Furunkel/Karbunkel
n Definition. Die Follikulitis ist eine Entzündung der Talgdrüsen, beim Furunkel sind der Haarbalg und die entsprechende Talgdrüse entzündet, und beim Karbunkel handelt es sich um konfluierende Furunkel mit ausgedehnter epifaszialer Nekrosenbildung. Unter einer Furunkulose versteht man das gleichzeitige und rezidivierende Auftreten von Furunkeln.
Pathogenese. Häufig besteht bei Furunkeln und Karbunkeln eine Abwehrschwäche (z.B. Diabetes mellitus).
Pathogenese. Häufig besteht bei Furunkeln und Karbunkeln eine Abwehr-
Therapie. Eine chirurgische Inzision ist bei Abszessen und Lymphangitis, eine Exzision in toto beim Karbunkel erforderlich.
Therapie. Bei Einschmelzung und lokaler Ausbreitung (Abszesse, Lymphan-
schwäche (z.B. Diabetes mellitus) oder eine mangelnde Hygiene (Autoinfektionen). Die Furunkulose bei Jugendlichen ist durch hormonelle Veränderungen mit einer verminderten Hautabwehrfunktion bedingt.
gitis) ist eine chirurgische Inzision indiziert. Beim Karbunkel erfolgt die Exzision in toto bis auf die Faszie der Muskulatur. n Merke. Oberlippen-, Wangen- und Nasenfurunkel müssen zunächst streng konservativ behandelt werden (kein Ausdrücken!). Es besteht die Gefahr des Übergreifens auf die V. angularis via V. ophthalmica zum Sinus cavernosus mit Entwicklung der gefürchteten Sinuscavernosus-Thrombose und eitriger Meningitis.
3.2.8
Lymphangitis/-adenitis
Definition
3.2.8
Lymphangitis/-adenitis
n Definition. Als Komplikation einer lokalen Entzündung an den Extremitäten kann sich ein charakteristischer roter Streifen (im Volksmund »Blutvergiftung«) im Verlauf der Hautlymphgefäße entwickeln, eine Lymphangitis ( 1 A-3.6). Schreitet die Entzündung fort und erreicht die regionalen Lymphknoten, die dann druckdolent anschwellen, handelt es sich um eine Lymphadenitis.
1 A-3.6
Lymphangiitis Streifenförmige, schmerzhafte und überwärmte Hautrötung bei Patientin mit Lymphangiitis.
Ätiologie und Pathogenese. Erreger sind vorwiegend Streptokokken, aber auch Staphylokokken. Eintrittspforten sind meist kleine Verletzungen.
Ätiologie und Pathogenese. Erreger sind vorwiegend Streptokokken, aber
Therapie. Wichtig sind Ruhigstellung der betroffenen Extremität, feuchte Verbände und Behandlung der aus
Therapie. Im Vordergrund steht die Behandlung der auslösenden Entzün-
auch Staphylokokken. Eintrittspforten sind kleine Verletzungen, Insektenstiche, Bissverletzungen an den Extremitäten, Entzündungen des Nagelwalles oder -bettes.
dung. Die Therapie der Lymphangitis erfolgt durch Ruhigstellung der betroffenen Extremität. Bei Allgemeinsymptomen, als Zeichen der systemi-
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39
3.3 Gasgangrän schen Beteiligung z.B. der Lymphadenitis, sollte ein Antibiotikum parenteral appliziert werden (Mittel der Wahl: Penicillin), um eine Sepsis zu vermeiden. Bei Einschmelzung und Abszedierung sind chirurgische Maßnahmen indiziert.
3.2.9
Gangrän
lösenden Entzündung. Bei Lymphadenitis sollte ein Antibiotikum appliziert werden, bei Abszedierungen ist eine Inzision erforderlich.
3.2.9
n Definition. Eine trockene Gangrän ist eine Nekrose des Gewebes ohne Verflüssigung bzw. Verjauchung. Die trockene Nekrose kann durch eine bakterielle Besiedlung in eine feuchte Gangrän übergehen.
Gangrän
Definition
Symptome. Kennzeichnend für eine feuchte Gangrän sind der faulige, süßli-
Symptome. Kennzeichnend für eine feuchte Gangrän sind der faulige, süßliche Geruch und die grau-grünschwarze Verfärbung. Durch Kontamination mit Erregern kommt es zur Verflüssigung des nekrotischen Gewebes.
Therapie. Bei einer trockenen Gangrän kann bis zur Demarkierung der
Therapie. Therapie der Wahl ist die Abtragung der Nekrosen bis in gesundes Gewebe. An den Extremitäten bedeutet dies oft eine Amputation.
che Geruch und die grau-grün-schwarze Verfärbung von nekrotischem Gewebe. Durch Kontamination mit Erregern wie Staphylokokken, aeroben und anaeroben Streptokokken, Clostridien und gramnegativen Keimen (z.B. Bacteroides, Proteus, Pseudomonas aeruginosa) tritt eine Verflüssigung oder Verjauchung des nekrotischen Gewebes auf.
Nekrosen abgewartet werden. Eine Abtragung der Nekrosen bis in gut durchblutetes Gewebe ist die Therapie der Wahl der feuchten Gangrän. An den Extremitäten bedeutet dieses oft eine Amputation. Eine Amputation bei zudem bestehender Arteriosklerose erfordert aufgrund der Gefahr einer Gasbrandinfektion eine perioperative Antibiotikaprophylaxe.
3.2.10
Fremdkörperinfektionen
3.2.10 Fremdkörperinfektionen
Fremdkörper führen zu einer lokalen entzündlichen Reaktion, die sich als Lymphangitis und Lymphadenitis ausbreiten kann.
Fremdkörper verursachen lokale Infektionen, evtl. auch Lymphangitis und Lymphadenitis.
Therapie. Wichtigste Maßnahme ist die Revision der Wunde. Eine Tetanus-
Therapie. Wundrevision, Tetanusprophylaxe.
prophylaxe ist obligat.
3.2.11
Bissverletzungen
3.2.11 Bissverletzungen
Tier- und Menschenbisse gelten als primär stark kontaminiert, und es besteht bei den durch die Zähne verursachten Stich-Quetsch-Wunden eine hohe Infektionsgefahr.
Bissverletzungen gelten als primär kontaminiert, und es besteht eine hohe Infektionsgefahr.
Therapie. Eine sorgfältige Wundrevision geht der offenen Wundbehandlung voraus. Extremitäten sollten, wenn möglich, ruhiggestellt werden. Tetanusimpfschutz ist obligat, ggf. muss bei Verdacht eine Tollwutprophylaxe erfolgen.
Therapie. Wundrevision und Einleitung einer offenen Wundbehandlung. Tetanusimpfschutz, evtl. Tollwutprophylaxe.
3.3
Gasgangrän
3.3
n Definition. Die eigentliche Gasgangrän bzw. der sog. Gasbrand ist eine Clostridieninfektion mit Nekrose der Muskulatur, die sich diffus ausbreitet.
Als weitere Formen sind zu unterscheiden: Lokalisierte Clostridienmyonekrose: Das betroffene Muskelgewebe wird nekrotisch wie bei der eigentlichen Gasgangrän, es fehlen jedoch die systemischen Zeichen der Entzündung. π Toxische Clostridienzellulitis: Das subkutane Gewebe einschließlich der Faszie ist nekrotisch, während die Muskulatur nicht betroffen ist. Eine π
Gasgangrän
Definition
Weiterhin werden unterschieden: lokalisierte Clostridienmyonekrose
π
π
toxische Clostridienzellulitis und
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40
π
nicht toxische Clostridienzellulitis
Ätiologie. Clostridium perfringens ist bei mehr als 90 % Erreger der eigentlichen Gasgangrän bzw. des Gasbrands.
Pathogenese. Anaerobe Bedingungen bieten ein optimales Milieu für die Erreger der Gasgangrän. Exotoxine weisen eine aggressive Wirkung gegenüber dem Gewebe auf. Tiefe, zerfetzte, verdreckte und nekrotische Wunden sind prädisponierend. Etwa 50 % der Infektionen treten posttraumatisch auf.
Symptome. Die Inkubation der Gasgangrän beträgt meist weniger als 24 Stunden. Erste Symptome sind starke Wundschmerzen. Weiterhin kommt es zur Weichteilschwellung, Entleerung von Exsudat aus der Wunde, zu Fieber, Tachykardie und Desorientiertheit. Kupfer- oder bronzefarbene Haut sowie süßlich riechendes Wundsekret sind festzustellen ( 1 A-3.7). Spätsymptome sind Krepitationen der Haut und Organinsuffizienz.
3 Chirurgische Infektionen
π
Gasbildung tritt frühzeitig auf, und die systemisch-toxischen Reaktionen gleichen der eigentlichen Gasgangrän. Nicht toxische Clostridienzellulitis: Die Zellulitis ist lokalisiert ohne systemisch-toxische Reaktionen.
Ätiologie. Mehr als 90 % aller Fälle mit der eigentlichen Gasgangrän oder
dem sog. Gasbrand werden durch Clostridium perfringens verursacht. Seltene Erreger der Gasgangrän sind Clostridium novyi und C. septicum. Clostridien sind obligat anaerobe, grampositive Sporenbildner, die ubiquitär vorkommen. Die erkrankte Gallenblase und das Kolon enthalten eine große Zahl von Clostridien, ebenso die Perianalregion bei 40 % gesunder Individuen.
Pathogenese. Die Erreger der Gasgangrän benötigen anaerobe Bedingungen und bilden verschiedene Exotoxine, die eine aggressive, enzymatisch zersetzende Wirkung gegenüber dem betroffenen Gewebe aufweisen. Das aggressivste der mehr als 20 Exotoxine ist das a-Toxin, eine Lezithinase, die die Gewebsnekrose und Hämolyse durch Zerstörung von Zellmembranen von z.B. Endothel- oder Blutzellen hervorruft. Ein optimales Milieu bieten tiefe, zerfetzte und verschmutzte Wunden. Kleine Wunden oder Laparotomiewunden nach Darmresektionen oder in der Gallenwegschirurgie können ebenfalls Ausgangspunkt einer Gasgangrän sein. Die Mehrzahl der Fälle (etwa 50 %) tritt nach einem Trauma, etwa ein Drittel postoperativ und ein geringer Teil ohne erkennbare Ursache auf. Risikopatienten sind solche nach Amputation aufgrund einer peripheren Verschlusskrankheit. Bei Patienten mit Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen oder Neoplasma kann sich die Gasgangrän spontan als primäre Infektion entwickeln. Symptome. Die Inkubationszeit der Gasgangrän ist mit weniger als 3 Tagen,
meist weniger als 24 Stunden kurz. Eines der ersten Symptome sind starke Wundschmerzen, die im Gegensatz zu einer unauffälligen Wunde stehen. Kurze Zeit später wird die Wunde ödematös, und es entleert sich ein seröses, manchmal blutig tingiertes Exsudat. Zu diesem Zeitpunkt ist der Patient bereits desorientiert, tachykard und hat Fieber bis über 40 ΩC. Im weiteren Verlauf wird die Haut kupfer- oder bronzefarben, es können sich Blasen entwickeln, und es entleert sich Wundsekret mit einem sehr charakteristischen süßlichen Geruch ( 1 A-3.7). Ein spätes Zeichen sind Krepitationen der Haut durch Gasbildung. Es bestehen lebensbedrohliche Symptome mit Ateminsuffizienz, Hypotonie, später Anurie, Anämie und Ikterus als Folge der Hämolyse.
1 A-3.7
Gasgangrän Hautnekrose einer posttraumatischen Gasgangrän am Oberschenkel bei Monoinfektion mit Clostridium perfringens.
Diagnose. Sie wird in erster Linie klinisch gestellt. Der bakteriologische Nachweis aus dem Wundsekret sichert die Diagnose.
Diagnose. In erster Linie gründet sich die Diagnose auf das beschriebene
klinische Bild mit seinen lokalen und systemischen Symptomen. Der bakteriologische Nachweis gelingt durch eine Gram-Färbung aus dem Wund-
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41
3.4 Tetanus sekret oder aus Pusteln/Bullae oder aus Probeexzisionen der betroffenen Muskulatur. Die Gasbildung führt im Röntgenbild zur typischen Muskelfiederung.
Die Gasbildung führt im Röntgenbild zur typischen Muskelfiederung.
Differenzialdiagnose. Eine Vielzahl von gasbildenden Infektionen ähneln der Gasgangrän. Der Nachweis von subkutanem Gas durch Palpation oder radiologisch ist längst nicht immer mit einer Clostridieninfektion gleichzusetzen. Auch Escherichia coli, Peptostreptokokken und Bacteroides spec. bilden unter entsprechenden metabolischen Bedingungen Gas. Differenzialdiagnostisch kommen folgende Infektionen in Frage, die sich durch den Nachweis des jeweiligen Erregers differenzieren lassen: π nekrotisierende Fasziitis (s. S. 46) π anaerobe Streptokokkenmyositis π b-hämolysierende Streptokokkengangrän π Meleneys-Gangrän (anaerobe Streptokokken im Synergismus mit Staphylokokken).
Differenzialdiagnose. Auch E. coli, Peptostreptokokken und Bacteroides spec. können subkutan Gas bilden.
Therapie
Gasgangrän/Gasbrand: Die heute geltende Behandlung besteht aus einer chirurgischen, antibiotischen und intensivmedizinischen Therapie, sowie aus einer Therapie mit hyperbarem Sauerstoff. Das wichtigste chirurgische Ziel ist die breite Freilegung der Infektion (z.B. durch Fasziotomie an den Extremitäten) und die Entfernung der Nekrosen. Eine Amputation der betroffenen Extremitäten ist bei Ausbreitung der Infektion manchmal unumgänglich. Das Problem sind jedoch die schweren systemischen Reaktionen, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, und die schnell fortschreitende Phlegmone, die mit hyperbarem Sauerstoff zu behandeln ist. Die Wirkung des hyperbaren Sauerstoffs beruht auf der Bildung freier Sauerstoffradikale, die die Toxinproduktion der Clostridien stoppen. Penicillin ist das Mittel der Wahl bei der Clostridium-perfringens-Monoinfektion. Drei Viertel der Gasgangränerkrankungen sind jedoch multimikrobielle Infektionen mit C. perfringens als Haupterreger und häufig E. coli, Bacteroides, Streptococcus faecalis und weiteren Enterobakterien. Bei diesen Mischinfektionen sollten die applizierten Antibiotika gegen anaerobe und aerobe Bakterien empfindlich sein. Mittel sind u.a. Clindamycin, Metronidazol, Gentamicin oder Tobramycin. π Lokalisierte Clostridienmyonekrose: Die lokalisierte Exzision der betroffenen Muskulatur unter der antibiotischen Therapie ist ausreichend. π Toxische Clostridienzellulitis: Die Behandlung entspricht der der eigentlichen Gasgangrän. π Nicht toxische Zellulitis: Inzision, Dränage und Antibiotikatherapie sind ausreichende Maßnahmen. π
3.4
Tetanus
n Definition. Der Erreger des Tetanus, Clostridium tetani, ist ein anaerob wachsendes, grampositives und sporenbildendes Stäbchenbakterium, welches ubiquitär im Erdreich, aber auch im menschlichen Darm zu finden ist.
Pathogenese. Sporen des ubiquitär vorkommenden Erregers gelangen über kontaminierte Wunden in den menschlichen Organismus. Weitere Eintrittspforten können Laparotomiewunden, Verbrennungen, Hautulzerationen, Otitis media oder Zahninfektionen sein. Sonderformen sind der Nabelschnurtetanus und der Tetanus post abortum. Die Toxinproduktion in Wunden wird durch Nekrosen, Fremdkörper und aerobe Mischinfektionen, die Sauerstoff verbrauchen und anaerobe Bedingungen schaffen, begünstigt.
Differenzialdiagnostisch kommen folgende Infektionen in Frage: π nekrotisierende Fasziitis (s. S. 46) π anaerobe Streptokokkenmyositis π b -hämolysierende Streptokokkengangrän π Meleneys-Gangrän.
Therapie Gasgangrän/Gasbrand: Die Behandlung besteht aus chirurgischer, antibiotischer, intensivmedizinischer Therapie und der Therapie mit hyperbarem Sauerstoff. Das wichtigste chirurgische Ziel ist die breite Freilegung der Infektion und die Entfernung der Nekrosen. Das Problem sind jedoch die schweren systemischen Reaktionen, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Penicillin ist das Mittel der Wahl bei der Clostridium-perfringens-Monoinfektion. Drei Viertel der Gasgangränerkrankungen sind jedoch multimikrobielle Infektionen. Bei diesen Mischinfektionen sollten die applizierten Antibiotika gegen anaerobe und aerobe Bakterien empfindlich sein (z.B. Clindamycin, Metronidazol, Gentamicin, Tobramycin). π Lokalisierte Clostridienmyonekrose: Exzision der betroffenen Muskulatur und Antibiotika. π Toxische Clostridienzellulitis: Die Behandlung entspricht der der Gasgangrän. π Nicht toxische Zellulitis: Inzision, Dränage und Antibiotika. π
3.4
Tetanus
Definition
Pathogenese. Kontaminierte Wunden sind die häufigste Eintrittspforte des ubiquitär vorkommenden Erregers. Die Toxinproduktion wird durch aerobe Mischinfektionen, die Sauerstoff verbrauchen, begünstigt.
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42 Merke
Tetanospasmin, das neurotoxisch wirkt, ist das verursachende Exotoxin. Das Tetanustoxin wandert zu den Vorderhörnern des Rückenmarks und hemmt die Freisetzung inhibitorisch wirkender Transmitter. Symptome. Durch Hemmung der inhibitorisch wirkenden Transmitter kommt es innerhalb von 24–72 h zu den typischen klinischen Symptomen: π Erhöhung der Muskelrigidität π Krampf der Kiefer- und Zungenmuskulatur π Kontraktion des M. masseter (Trismus) π scharf ausgezogene Mundwinkel (Risus sardonicus) π Krämpfe der Nacken-, Rücken- und Bauchmuskulatur (Opisthotonus) π Ateminsuffizienz. Schwere Verläufe (ca. 1⁄ 3 der Patienten) sind durch eine Herz-Kreislauf-Instabilität und pulmonale Komplikationen gekennzeichnet. Letalität bei manifestem Tetanus ca. 10–30 %. Merke
3 Chirurgische Infektionen
n Merke. Jede Wunde ist potenziell tetanusgefährdet. Die Mehrzahl der Infektionen tritt bei unzureichendem Impfschutz bei Patienten über 50 Jahren auf. Der unzureichende Impfschutz trifft für 25 % der Bevölkerung in Mitteleuropa zu.
Vom Erreger des Tetanus werden unterschiedliche Exotoxine gebildet, wobei das Tetanospasmin das eigentliche Tetanustoxin darstellt und neurotoxisch wirkt. Das Tetanustoxin bindet mit hoher Affinität an Nervenzellen, wandert entlang der Nervenbahnen zu den Vorderhörnern des Rückenmarks und hemmt die Freisetzung inhibitorisch wirkender Transmitter.
Symptome. Tetanusinfektionen treten gehäuft nach Bagatelltraumen (z.B.
Schnitt- oder Splitterverletzungen) auf. In 10–20 % der Fälle ist keine Ursache nachweisbar. Erregende Impulse durch Hemmung der inhibitorisch wirkenden Transmitter führen innerhalb von 24–72 Stunden zu den typischen klinischen Symptomen mit einem tonischen Krampf der Kiefer- und Zungenmuskulatur, einer kontrahierten Massetermuskulatur (Trismus), einem scharf ausgezogenen Mundwinkel (Teufelslachen oder Risus sardonicus) und Krämpfen der Nacken-, Rücken- und Bauchmuskulatur (Opisthotonus). Tonische Kontraktionen der Atemmuskulatur führen zur Hypoxie und Ateminsuffizienz. Bereits leichte akustische oder optische Reize können schmerzhafte Krämpfe auslösen. Schwere Formen des Tetanus bei etwa einem Drittel der Patienten sind durch eine Instabilität der Herz- und Kreislauffunktion sowie pulmonale Komplikationen gekennzeichnet. Bei klinisch manifestem Tetanus beträgt die Gesamtletalität ca. 10–30 %. n Merke. Je kürzer die Inkubationszeit, um so schlechter ist die Prognose.
Diagnose. Die Diagnose wird klinisch gestellt anhand der typischen Symptomatik.
Diagnose. Die Diagnose der Tetanusinfektion wird klinisch anhand der typi-
Therapie. Die primäre Therapiemaßnahme besteht in der chirurgischen Behandlung der verursachenden Läsionen. Zur Neutralisation des zirkulierenden Toxins sind 500 IE humanes Tetanusimmunglobulin in einmaliger Anwendung ausreichend. Die Gabe von Antibiotika (Penicillin oder Metronidazol) kann die Nachproduktion von Tetanustoxin verhindern. Weitere Maßnahmen sind Sedierung, Muskelrelaxierung und bei Bedarf Beatmung.
Therapie. Die primäre Therapiemaßnahme besteht in der chirurgischen
Prophylaxe (s. Kap. A-1.4, S. 18).
schen Symptomatik gestellt. Der kulturelle Nachweis von Clostridium tetani ist ebenso wie der Tierversuch mit Gewebeproben oder Serum zweitrangig.
Behandlung der verursachenden Läsionen, der Entfernung von Nekrosen, von Fremdkörpern oder in der Dränage von Abszessen. Zur Neutralisation des zirkulierenden Toxins sind 500 IE humanes Tetanusimmunglobulin in einmaliger Anwendung ausreichend. Die Therapie mit Antibiotika wie Penicillin, alternativ Cephalosporine bzw. Doxycyclin oder mit Metronidazol kann die Nachproduktion von Tetanustoxin durch Abtötung der Erreger verhindern. Bei Hypoxie und Ateminsuffizienz ist eine Beatmung notwendig. Um den Effekt sensorischer Stimuli zu verringern, sollte neben der Sedierung eine Muskelrelaxierung erfolgen. Die kardialen Komplikationen werden durch eine erhöhte Katecholaminfreisetzung hervorgerufen, die erfolgreich mit hochdosierter Gabe von Magnesium zu therapieren ist.
Prophylaxe (s. Kap. A-1.4, S. 18).
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
43
3.5 Tuberkulose
3.5
Tuberkulose
3.5
Tuberkulose
Epidemiologie. Nach deutlichem Rückgang der Tuberkulose in den Indus-
Epidemiologie. Die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen ist seit 1980 wieder beträchtlich angestiegen. Ursachen sind eine zunehmende Zahl von immunsupprimierten Patienten, u.a. durch HIV-Infektionen. Mehrfachresistenzen der Erreger kommen komplizierend hinzu.
Ätiologie. Mycobacterium tuberculosis ist für die Mehrzahl aller Erkran-
Ätiologie. Mycobacterium tuberculosis ist der häufigste Erreger, M. bovis und M. africanum treten vereinzelt und regional auf.
Pathogenese. Die Lunge stellt in den meisten Fällen die Eintrittspforte und
Pathogenese. Die Lunge ist in der Mehrzahl der Fälle Erstmanifestationsort der Tuberkulose. Innerhalb einiger Wochen bilden sich kleine Granulome oder Tuberkulome (Primärkomplex) aus, von denen aus lymphogen die regionären Lymphknoten befallen werden. Die Erreger persistieren bei intakter Abwehr lange im Organismus. Knochen- und Gelenktuberkulose oder eine Peritonealtuberkulose können durch eine lymphogene oder hämatogene Aussaat entstehen. Die gastrointestinale Tuberkulose wird meist durch Ingestion von Mycobacterium tuberculosis verursacht. Die Symptomatik ist unspezifisch. Komplikationen sind Blutungen, Ileus, Perforationen oder Fisteln. Der häufigste Manifestationsort ist die Ileozäkalregion.
trieländern durch den Einsatz effektiver Antituberkulostatika in den 60er und 70er Jahren hat die Zahl der Erkrankungen seit 1980 wieder beträchtlich zugenommen. Ursachen sind eine zunehmende Zahl von Einwanderern aus Ländern mit einer hohen Tuberkuloseprävalenz, die ansteigende Zahl von Patienten mit AIDS, von Immunsupprimierten anderer Genese (z.B. Alkoholoder Drogenabhängigkeit, verbunden mit einem schlechten Ernährungszustand), die zunehmende Armut, Obdachlosigkeit und die Zahl an alten und gebrechlichen Menschen. Verschärft wird die Situation durch eine rasche Zunahme an resistenten Erregerstämmen.
kungen in den Industrieländern verantwortlich. Mycobacterium bovis ruft in Ländern mit Rinderdurchseuchung häufig Tuberkulose hervor. Mycobacterium africanum kommt in einigen Ländern Afrikas als Erreger in Frage.
den Manifestationsort der Tuberkulose dar. Innerhalb einiger Wochen bilden sich kleine Granulome oder Tuberkulome (Primärkomplex) aus, von denen aus lymphogen die regionären Lymphknoten befallen werden. Ein Gleichgewicht zwischen Abwehrkräften und Persistenz der Mykobakterien kann über Jahre bestehen bleiben. Bei einer Schwächung des Immunsystems wird die Tuberkulose klinisch apparent. Eine lymphogene oder hämatogene Streuung von Tuberkelbakterien kann zu einer Knochen- und Gelenktuberkulose oder zur Peritonealtuberkulose führen. Die Lungentuberkulose ist der häufigste Primärherd der Spondylitis tuberculosa als hämatogen streuende Infektion. Hauptlokalisationen des entzündlichen Befalls der Wirbelsäule sind die untere BWS und LWS, während die HWS nur selten befallen ist. Das Krankheitsbild der gastrointestinalen Tuberkulose wird in den meisten Fällen durch Ingestion von Mycobacterium tuberculosis verursacht. Bei einer unspezifischen Symptomatik wird die Diagnose sehr spät und vor allem bei Komplikationen wie Blutungen, Ileus, Perforation oder Fistelbildung gestellt. Häufigster Manifestationsort ist die Ileozäkalregion. Jejunum, Kolon, Magen und Duodenum sind weniger häufig befallen.
Symptome. Bei einer Schwächung des Immunsystems, insbesondere des spezifischen Systems, kann die Erkrankung auch Jahre nach der Infektion ausbrechen. Bei Immunsupprimierten (z.B. AIDS) hingegen liegen Infektion und Erkrankung zeitlich eng zusammen. Die Initialsymptome sowohl der Lungen- als auch der gastrointestinalen Tuberkulose sind unspezifisch mit Fieber, Husten, Bauchschmerzen, Nachtschweiß oder einem tastbaren Bauchtumor. Die pulmonale Form kann sich als Pneumonie, Pleuritis, als lokalisierte Kaverne oder generalisiert als Miliartuberkulose äußern, die gastrointestinale, ulzerierende Form mit Blutungen, häufig mit aktiver Lungentuberkulose vergesellschaftet, die hypertrophische Form mit Stenosen, Obstruktionen oder Perforationen. Nicht selten findet sich auch als Erstmanifestation einer Wirbelsäulen- oder Urogenitaltuberkulose ein Senkungsabszess entlang des M. psoas. Die Röntgenbefunde sind vielfältig ( 1 A-3.8). Diagnose. Die Diagnose einer Tuberkulose erfolgt mikroskopisch durch
Nachweis säurefester Stäbchen (Ziehl-Neelsen-Färbung) im Wundsekret, im Sputum, im Magensaft oder histologisch durch Nachweis spezifischer Granulome. Ein empfindliches Nachweisverfahren ist heutzutage die PCRAnalyse. Der Tuberkulintest hat in den Ländern mit hoher Tuberkulosedurchseuchung bezüglich der Diagnose einer aktiven Form wenig Aussagekraft. Bei
Symptome. Bei einer Schwächung der Immunabwehr kann die Erkrankung klinisch apparent werden. Die Initialsymptome sind unspezifisch mit Fieber, Husten, Bauchschmerzen oder einem tastbaren Bauchtumor. Die pulmonale Form der Tuberkulose kann sich als Pneumonie, Pleuritis, Kaverne oder Miliartuberkulose äußern, die gastrointestinale Form mit Blutungen, Stenosen, Obstruktionen oder Perforationen. Ein Senkungsabszess ist nicht selten Erstmanifestation einer Wirbelsäulenoder Urogenitaltuberkulose. Die Röntgenbefunde sind vielfältig ( 1 A-3.8). Diagnose. Der Nachweis säurefester Stäbchen, die PCR-Analyse oder der histologische Nachweis spezifischer Granulome sichern die Diagnose. Der Tuberkulintest hat eine hohe Rate falsch negativer Reaktionen.
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3 Chirurgische Infektionen pulmonaler Tuberkulose kann die Rate falsch negativer Reaktionen 20–25 % betragen. Der Nachweis auf Spezialnährböden oder der Nachweis im Tierversuch sind weitere diagnostische Möglichkeiten.
1 A-3.8
Radiologische Befunde des Thorax bei Tuberkulose
a Residuen einer Tuberkulose mit verkalkten Granulomen und einer Pleuraschwarte rechtsseitig.
b Tuberkulöse Kaverne rechts pulmonal mit Abszess, Spiegelbildung in der Kaverne als Zeichen der Grenzfläche von Luft und Flüssigkeit.
Röntgenologische Untersuchungen und Biopsien sind weitere diagnostische Hilfsmittel.
Die röntgenologische Kolonuntersuchung ist bei gastrointestinaler Tuberkulose für die Lokalisation unentbehrlich, Biopsien können durch Endoskopie, Laparoskopie oder operative Verfahren gewonnen werden.
Therapie π Chirurgie: Operative Verfahren sind Teilresektionen von Lunge oder Darm. Blutungen können endoskopisch oder operativ gestillt werden, Abszesse werden dräniert und Fisteln operativ saniert.
Therapie
π Chemotherapie: Die kausale Therapie der Tuberkulose erfolgt medikamentös mit einer Drei- oder Vierfachtherapie (Isoniacid, Rifampicin, Pyrazinamid, Streptomycin, Ethambutol).
Prophylaxe. Die BCG-Impfung wird von der STIKO nicht mehr empfohlen (Stand: 1/2000). Für gefährdete Personenkreise wird eine Chemoprophylaxe mit INH empfohlen.
Chirurgie: Zum differenzialdiagnostischen Ausschluss eines Malignoms kommen sowohl Lungenteil- als auch Darmteilresektionen in Frage. Bei pulmonalen oder gastrointestinalen Blutungen sind endoskopische und operative Verfahren möglich. Bei Stenosen oder Obstruktionen sind Resektionen des betroffenen Darmabschnittes Mittel der Wahl. Abszesse werden operativ oder sonographisch bzw. CT-gesteuert dräniert und Fisteln operativ saniert. π Chemotherapie: Die Kausaltherapie der Tuberkulose erfolgt medikamentös. Bei einer hohen Spontanresistenz gegen Antituberkulostatika werden bei einer Monotherapie Mutanten selektioniert. Bei einer langfristigen (6–12 Monate) Dreifach- oder Vierfachtherapie ist die Gefahr der Resistenzentwicklung gering. Die wichtigsten Antituberkulostatika sind: π Isoniazid π Rifampicin π Pyrazinamid π Streptomycin π Ethambutol. π
Prophylaxe. Aufgrund der epidemiologischen Situation in Deutschland, der
nicht sicher belegbaren Wirksamkeit der BCG-Impfung und den nicht selten auftretenden schweren unerwünschten Arzneimittelwirkungen wird die BCG-Impfung in Deutschland von der STIKO nicht mehr empfohlen (Stand: 7/2002) Für gefährdete Personenkreise, z. B. bei abwehrgeschwächten Kontaktpersonen Tuberkulose-Infizierter oder bei Tuberkulintest-Konvertern, wird eine Chemoprophylaxe über 3–6 Monate mit Isoniazid (5 mg/kg/d) empfohlen.
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45
3.6 Aktinomykose
3.6
Aktinomykose
3.6
n Definition. Die Aktinomykose ist eine chronisch verlaufende, mit Nekrosen und Fisteln einhergehende Entzündung.
Aktinomykose
Definition
Ätiologie. Erreger ist Actinomyces Wolff-Israel, ein grampositives anaerobes Bakterium (kein Pilz). Der Keim kommt ubiquitär auf den Schleimhäuten des Mund-, Nasen- und Rachenraumes, der Luftwege sowie des Verdauungstraktes vor. Die Infektion manifestiert sich zu 60 % oro-faszial und zervikal, zu 20 % in der Lunge und zu weiteren 20 % im Gastrointestinaltrakt.
Ätiologie. Erreger ist das anaerobe grampositive Bakterium Actinomyces Wolff-Israel (kein Pilz). Die Infektion manifestiert sich am häufigsten orozervikal, seltener in der Lunge oder im Gastrointestinaltrakt.
Pathogenese. Voraussetzung einer Infektion sind z.B. Mundschleimhaut-
Pathogenese. Voraussetzung einer Infektion sind z.B. Mundschleimhautverletzungen, Zahnfleischtaschen mit Periodontitis oder Läsionen nach Zahnextraktion, Ulzera und Divertikel.
Symptome. Die Entzündung verläuft chronisch, indurierend, tumorähnlich, drusenbildend mit Tendenz zu Abszess- und Fistelbildung ( 1 A-3.9). Charakteristisch sind brettharte Infiltrate, livide Verfärbung der Haut und zahlreiche Fisteln. Im Gesicht und den Halsweichteilen entstehen harte, knotige Infiltrate, die meist per continuitatem durch eine Infektion der Tonsillen, der Zähne oder des Zahnfleisches entstehen (s.a. Kap. B-30.1.4).
Symptome. Die Entzündung verläuft chronisch, indurierend, drusenbildend und erscheint tumorähnlich wachsend ( 1 A-3.9). Im Gesicht und den Halsweichteilen entstehen knotige Infiltrate, die meist aus einer Tonsillitis oder aus Infektionen der Zähne bzw. des Zahnfleisches entstehen (s.a. Kap. B-30.1.4).
verletzungen, Zahnfleischtaschen mit Periodontitis (=ˆ Parodontitis apicalis) oder Läsionen nach Zahnextraktion. Im Verdauungstrakt können Ulzera und Divertikel Ursachen der Infektion sein. Die häufigste Lokalisation im Verdauungstrakt ist die Zäkalregion. Bei Frauen mit einem Intrauterinpessar können auch die Beckenorgane betroffen sein.
1 A-3.9
Aktinomykose bei einer jungen Frau mit Intrauterinpessar als Ursache der Infektion
a Im CT des Abdomens zeigt sich ein Tumor ( Á), der das kleine Becken ausfüllt und als maligner Tumor imponiert.
b Intraoperativ wurde im histologischen Schnellschnitt die Diagnose einer Aktinomykose gestellt. Unter der antibiotischen Therapie heilte dieser »Tumor« (Á) vollständig aus.
Die thorakale Form kann Symptome wie Husten, Fieber, Gewichtsverlust, Hämoptysen und Pleuritis hervorrufen. Rippen werden bei einer lokalen Ausbreitung infiltriert, und chronische Fisteln können sich ausbilden. Die abdominelle Aktinomykose entwickelt sich häufig nach Appendektomien, bei perityphlitischen Abszessen oder nach traumatischen Perforationen des Darmes. Häufigste Lokalisation ist die Ileozäkalregion. n Merke. Bei chronischen Fisteln orozervikal, thorakal und abdominal muss eine Aktinomykose in Betracht gezogen werden.
Unspezifische Symptome beim Lungenbefall sind u.a. Husten, Fieber, Hämoptysen und Pleuritis. Die häufigste Lokalisation im Abdomen ist die Ileozäkalregion.
Merke
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46
3 Chirurgische Infektionen
Diagnose. Die Diagnose erfolgt histologisch oder mikrobiologisch.
Differenzialdiagnose. Bei Therapieversagen kommt die klinisch und mikroskopisch ähnliche Nokardiose differenzialdiagnostisch in Betracht.
Diagnose. Die Diagnose erfolgt histologisch durch den Nachweis von gelb-
lichen Granula im Eiter (Drusen) oder den mikrobiologischen Erregernachweis.
Differenzialdiagnose. Bei Versagen der Therapie muss an die sehr seltene
Nokardiose gedacht werden, die klinisch und mikroskopisch ähnlich ist. Die Therapie der Nokardiose wird mit Sulfonamiden, Cotrimoxazol und selten auch mit Imipenem durchgeführt.
Therapie. Zunächst wird Penicillin intravenös für 4–6 Wochen und anschließend für 2–6 Monate oral verabreicht.
Therapie. Die intravenöse Penicillin-GQ-Gabe erfolgt über 4–6 Wochen, dann sollte Penicillin VQ für mindestens 2–6 Monate verabreicht werden. Bei Mischinfektionen mit anderen Anaerobiern sind z.B. Penicillin mit Metronidazol, Flucloxacillin, Clindamycin oder bei Penicillinallergie Doxycyclin empfehlenswert.
3.7
3.7
Nekrotisierende Fasziitis
Definition
Nekrotisierende Fasziitis
n Definition. Die nekrotisierende Fasziitis ist eine schwere Weichteilinfektion mit hoher Letalität (etwa 30 %), die durch eine Nekrose der Faszie ohne primäre Muskelbeteiligung charakterisiert ist.
Ätiologie. Erreger sind Streptokokken der Gruppe A.
Ätiologie. Streptokokken der Gruppe A sind die Erreger der nekrotisieren-
Symptome. Eine schmerzhafte Rötung der Haut mit Ödem, die bis zur Gangrän fortschreitet, ist das initiale Symptom ( 1 A-3.10). Die Patienten sind schwerkrank mit hohem Fieber. Schmerzlosigkeit ist ein Zeichen der fortgeschrittenen Entzündung.
Symptome. Die klinischen Zeichen der nekrotisierenden Fasziitis sind eine
den Fasziitis. Ausgangspunkt sind Verletzungen der Haut.
charakteristische schmerzhafte Rötung der Haut ohne Randsaum, Ödem und Induration, eine livide landkartenartige Mangeldurchblutung der Haut bis zur Gangrän, hohes Fieber und eine Leukozytose ( 1 A-3.10). Eine schmerzlose Entzündung ist Zeichen der fortgeschrittenen Nekrose mit Zerstörung der sensiblen Neurone. In diesem Stadium dominieren septische Komplikationen mit Bewusstseinseintrübung und Organdysfunktion.
1 A-3.10
Bläulich livide Verfärbung mit Hautnekrose am Fußrücken nach einer Lymphographie Diese Hautverfärbung gilt als pathognomonisches Zeichen einer nekrotisierenden Fasziitis und erfordert eine sofortige operative Revision.
Diagnose. Die nekrotisierende Fasziitis ist eine klinische Diagnose, die bei Fasziennekrose beweisend ist. Differenzialdiagnose. Die progressive bakterielle Gangrän betrifft nie die Faszien, die Myonekrose (z.B. Gasbrand) weist eine primäre Muskelbeteiligung auf. Die Fournier-Gangrän ist eine Sonderform der nekrotisierenden Fasziitis mit Beteiligung der Hodenfaszien.
Diagnose. Die nekrotisierende Fasziitis ist eine klinische Diagnose
( 1 A-3.10). Die intraoperativ festgestellte Nekrose der Faszie beweist die Diagnose.
Differenzialdiagnose. Abzugrenzen sind differenzialdiagnostisch die pro-
gressive bakterielle Gangrän, eine langsam fortschreitende Mischinfektion, die die Haut und Subkutis, aber nie die tiefen Faszien betrifft. Die nekrotisierende Fasziitis befällt primär nicht die Muskulatur, sodass die Unterscheidung zur Myonekrose (z.B. Gasbrand) eindeutig ist. Eine Sonderform der nekrotisierenden Fasziitis stellt die Fournier-Gangrän dar, die die Faszien des Hodens betrifft. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
47
3.8 Milzbrand
Therapie. Die unverzügliche operative Therapie mit konsequenter Exzision
des nekrotischen Gewebes ist die Therapie der Wahl. Unterstützend erfolgt die intensivmedizinische Behandlung und Antibiotikatherapie, die in erster Linie Streptokokken eliminieren muss (z.B. durch Penicilline oder Clindamycin). Innerhalb von 24 Stunden sollte das betroffene Infektionsgebiet in Narkose revidiert werden, um ein Fortschreiten frühzeitig zu therapieren. Amputationen sind bei rechtzeitiger Therapie die Ausnahme, Weichteilinfekte können sekundär plastisch gedeckt werden.
3.8
Milzbrand
Therapie. Die unverzügliche Operation und radikale Exzision der nekrotischen Faszie und Weichteile ist die Therapie der Wahl. Unterstützend erfolgt die intensivmedizinische Behandlung inklusive Antibiotikatherapie.
3.8
Milzbrand
Synonym: Anthrax
Synonym: Anthrax
Ätiopathogenese. Bacillus anthracis ist der Erreger des Milzbrandes. Der
Ätiopathogenese. Erreger des Milzbrandes ist der grampositive Sporenbildner Bacillus anthracis. Oberflächliche Hautverletzungen und Staubinhalation sind die häufigsten Infektionswege. Unterschieden werden Haut-, Lungenund Darmmilzbrand.
Symptome. In über 95 % manifestiert sich der Milzbrand an der Haut mit
Symptome. Die Haut ist Hauptmanifestationsort mit Pusteln und einem bläulichschwarzen zentralen Bläschen ( 1 A-3.11). Systemische Infektionen mit Fieber, Schüttelfrost bis hin zur Sepsis mit ZNS-Beteiligung können auftreten.
grampositive aerobe Sporenbildner findet sich bei Rind, Ziege, Pferd und Schwein. Gefährdet sind daher in erster Linie Veterinäre, Landwirte und Arbeiter in der tierverarbeitenden Industrie (z.B. Schlachthof). Infektionswege sind oberflächliche Hautverletzungen oder die Inhalation von sporenhaltigem Staub. Entsprechend der Eintrittspforte kann Hautmilzbrand, Lungenmilzbrand oder Darmmilzbrand auftreten.
Pusteln, deren zentrales Bläschen bläulich-schwarz verschorft. Pusteln oder auch kleine Knötchen breiten sich schnell zu einer hämorrhagisch-nekrotisierenden Läsion mit Satellitenbläschen aus (Pustula maligna), begleitet von einer Lymphangitis und -adenitis ( 1 A-3.11). Bei systemischer Infektion mit Fieber, Schüttelfrost bis hin zur seltenen Sepsis können das ZNS (Meningitis) und die Lunge befallen sein. Namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod sowie bei direktem oder indirektem Erregernachweis (§ 6, § 7 IfSG).
1 A-3.11
Milzbrand
a Beginnendes Milzbrandkarbunkel mit zentraler Ulzeration und schwärzlicher Schorfbildung, die von einem konfluierenden Pustelsaum umgeben ist.
b Schwarze, festhaftende tiefe Nekrose, von einem noch teilweise erkennbaren Pustelsaum sowie Rötung und Schwellung umgeben.
Diagnose. Der Erregernachweis erfolgt mikroskopisch und kulturell in
Diagnose. Der Erregernachweis erfolgt mikroskopisch oder kulturell.
Therapie. Patienten sind im Krankenhaus zu isolieren. Ein chirurgisches
Therapie. Wichtigste Maßnahmen sind Isolation im Krankenhaus, ruhigstellende Verbände und Penicilline.
Wundsekret, Blutkultur, Liquor oder Sputum.
Vorgehen kann zur Ausbreitung der Infektion führen. Die Behandlung besteht in der Ruhigstellung der betroffenen Region und einer antibiotischen Behandlung mit Penicillinen. n Merke. Inzisionen sind kontraindiziert und können den Verlauf verlängern.
Merke
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48 3.9
3 Chirurgische Infektionen Wunddiphtherie
3.9
Wunddiphtherie
Schmutzig-graue Beläge und Nekrosen auf schlecht heilenden Wunden sind charakteristisch. Erreger ist Corynebacterium diphtheriae.
Die durch Corynebacterium diphtheriae verursachte Wundinfektion ist heute extrem selten. Schmutzig-graue Beläge und eine tiefreichende Nekrose bei schlecht heilenden Wunden sind charakteristisch. Der Erreger kann mittels Abstrich nachgewiesen werden. Die Therapie besteht in der Gabe von Antitoxinen und Antibiotika bei Ruhigstellung der betroffenen Region.
3.10
3.10
Syphilis
Syphilis
Synonyme: Lues, harter Schanker Ätiopathogenese. Der Erreger der Syphilis ist Treponema pallidum. Die Infektion entsteht durch Kontakt mit erregerhaltigen Läsionen über Hautoder Schleimhautverletzungen.
Ätiopathogenese. Der Erreger der Syphilis ist Treponema pallidum. Die
Symptome. Im Primärstadium entsteht das Ulcus durum häufig im Gesicht, an den Genitalien und am Anus.
Symptome. Im Primärstadium (Lues I) entsteht 2–4 Wochen nach der Infektion eine derbe, indolente, bald geschwürig zerfallende Infiltration, das Ulcus durum (harter Schanker). Häufige Lokalisationen sind das Gesicht, die Genitalien und der Anus. 4–8 Wochen nach Auftreten des Primäraffektes beginnt das Sekundärstadium (Lues II) mit u.a. Fieber, Gliederschmerzen, Lymphadenopathie, Splenomegalie und typischen, vielgestaltigen Hautausschlägen (sogenannte Syphilide). Das Sekundärstadium erstreckt sich mit erscheinungsfreien Intervallen über Monate bis Jahre. Das Tertiärstadium (Lues III) kann sich an Haut und Schleimhäuten sowie an fast allen Organen manifestieren. Typisch ist das kutane Syphilid. Ferner können sich an Haut, Subkutis, Muskulatur, Knochen und an inneren Organen (z.B. Mesaortitis luica mit Manifestation an Aorta ascendens und Aortenbogen) Granulome, sogenannte Gummen, manifestieren.
Im Sekundärstadium sind vielgestaltige Hautausschläge (Syphilide) charakteristisch. Zudem u. a. Fieber, Gelenkschmerzen, Lymphadenopathie. Im Tertiärstadium manifestieren sich kutane Syphilide und Gummen an den Organen.
Infektion wird meist sexuell übertragen und entsteht durch direkten Kontakt mit erregerhaltigen Läsionen über feine Verletzungen der Haut oder Schleimhaut.
Diagnose. Mikroskopischer Nachweis der Treponemen im Dunkelfeldmikroskop. Ein Antikörpernachweis ist im Sekundär- und Tertiärstadium möglich.
Diagnose. Die Diagnose wird durch den mikroskopischen Nachweis der Tre-
Therapie. Die antibiotische Therapie der Wahl ist die intravenöse Penicillingabe.
Therapie. Das Antibiotikum der Wahl ist in jedem Stadium Penicillin GQ.
3.11
3.11
Virale Infektionen
3.11.1 Human immunodeficiency virus (HIV) HIV-Infektionen und AIDS konfrontieren Chirurgen in zunehmendem Maße.
3.11.1
Human immunodeficiency virus (HIV)
Klassifikation. Die Infektion mit HIV wird in verschiedene Stadien eingeteilt ( 2 A-3.4).
Klassifikation. Die Infektion mit HIV wird in verschiedene Stadien einge-
Virale Infektionen
ponemen (Dunkelfeldmikroskopie) sowie durch Bestimmung von Antikörpern, vor allem im Sekundär- und Tertiärstadium, gestellt.
Alternativen bei Penicillinallergie sind Cephalosporine, Tetracycline oder Erythromycin. Die Syphilis ist selten eine chirurgisch zu behandelnde Infektion (Ausnahme: Mesaortitis luica).
Die Zunahme an HIV-Infektionen und Manifestation von AIDS (acquired immune deficiency syndrome) konfrontiert Chirurgen in zunehmendem Maße mit HIV-positiven Patienten und mit AIDS-spezifischen Komplikationen wie z.B. Organperforationen. teilt ( 2 A-3.4):
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3.11.1 Human immunodeficiency virus (HIV)
2 A-3.4
49
AIDS-Klassifikationen nach der Centers-of-Disease-Control-(CDC-) Einteilung
CDC-Stadium
Beschreibung
Gruppe I akute Infektion
akute HIV-Infektion
Gruppe II (positive Serologie) A
asymptomatisch
asymptomatisch
B
+ pathologische Laborbefunde
Lesser-AIDS (bei Thrombopenie)
Gruppe III (positive Serologie) A
generalisierte Lymphadenopathie (Lymphadenopathie-Syndrom; LAS)
B
+ pathologische Laborbefunde
LAS
Gruppe IV A
Allgemeinsymptome
ARC (AIDS-related Complex)
B
neurologische Symptome
C1
opportunistische Infektionen (z.B. Pneumocystis-carinii-Pneumonie, Tuberkulose, Aspergilluspneumonie, Cryptococcus-Abszesse, Viruspneumonien wie Zytomegalie)
AIDS
C2
andere Infektionen (z.B. Herpes zoster, Candida-Stomatitis)
Lesser-AIDS
D
Malignome (Kaposi-Sarkom, Lymphome)
AIDS
E
anderes
Epidemiologie. Homosexuelle oder bisexuelle Männer und Drogenabhängige stellen zur Zeit 80–90 % aller HIV-Infizierten dar, von denen Frauen etwa 10 % ausmachen. Kinder von infizierten Müttern sowie heterosexuelle Partner stellen Gruppen mit erhöhtem Infektionsrisiko dar. Ätiologie. Die Infektion erfolgt mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV), einem RNS-Virus aus der Gruppe der Retroviren. Das Virus kann bei infizierten Patienten aus Blut und Körperflüssigkeiten isoliert und durch diese übertragen werden. Unterschieden werden HIV-1- und -2-Viren. Die meisten Erkrankungen werden durch HIV 1 verursacht, während HIV-2Infektionen selten sind. Die Zeit zwischen Infektion und dem Auftreten von Antikörpern beträgt im allgemeinen 6–12 Wochen. Die Latenzzeit bis zur Ausbildung des klinischen Bildes von AIDS kann Monate bis Jahre betragen. In der Chirurgie spielt die Übertragung durch Blut, Blutbestandteile, kontaminierte Sekrete und Organtransplantate eine Rolle. Der sicherste Weg des Patienten, sich vor dem Infektionsrisiko durch Blutkonserven zu schützen, ist die Eigenblutspende. Das Infektionsrisiko für medizinisches Personal ist gering, jedoch nicht zu vernachlässigen. 0,4 % aller registrierten Nadelstich- und Schnittverletzungen mit HIV-kontaminiertem Material führten zu einer Infektion.
Epidemiologie. Homo- und bisexuelle Männer und Drogenabhängige machen den größten Anteil der HIV-Infizierten aus. Kinder infizierter Mütter sowie heterosexuelle Partner besitzen ein erhöhtes Infektionsrisiko. Ätiologie. Die Infektion erfolgt mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV), einem RNS-Virus aus der Gruppe der Retroviren. Die Infektion erfolgt durch infiziertes Blut oder Körperflüssigkeiten. Die Latenzzeit bis zum Auftreten von Symptomen kann Monate bis Jahre betragen. In der Chirurgie spielt die Übertragung durch Blut, Blutbestandteile, kontaminierte Sekrete und durch Organtransplantate eine Rolle. Der sicherste Weg des Patienten sich vor dem Infektionsrisiko durch Blutkonserven zu schützen, ist die Eigenblutspende.
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3 Chirurgische Infektionen
Symptome. Nach einem asymptomatischen Stadium entwickelt sich bei den meisten Patienten ein Lymphadenopathie-Synrom (LAS). In der schweren Ausprägung wird dieses Krankheitsbild als AIDS-related Complex (ARC) bezeichnet ( 1 A-3.12). Fortgeschrittene HIV-Infektionen, die durch opportunistische und neurologische Erkrankungen charakterisiert sind, werden als AIDS bezeichnet. AIDS-Manifestationen in der Chirurgie Manifestationen von AIDS-Erkrankungen sind die akute Cholezystitis, die Splenomegalie, die akute Appendizitis, Hohlorganperforationen und Lymphome. π
1 A-3.12
Chirurgische Therapie. Die häufigsten Indikationen zur Operation sind:
π
π
Tumorobstruktion mit Ileus oder Ikterus Tumorblutungen aus Lymphomen
Dünn- und Dickdarmblutungen, hämorrhagische Nekrosen mit Perforation, toxisches Megakolon
π
gangränöse Appendizitis
π
akute Cholezystitis
π
den, welches einer Mononukleose, selten einer aseptischen Meningitis ähnelt. Nach einem asymptomatischen Stadium entwickelt sich bei den meisten Patienten ein Lymphadenopathie-Syndrom (LAS) mit Fieber, Lymphknotenschwellung, Schwächegefühl und bereits opportunistischen Infektionen (z.B. Mundsoor, Zoster, Pneumonien, z. B. mit Pneumocystis carinii). In der schweren Ausprägung wird dieses Krankheitsbild als AIDSrelated Complex (ARC) bezeichnet ( 1 A-3.12). Fortgeschrittene HIV-Infektionen, die durch opportunistische und neurologische Erkrankungen charakterisiert sind, werden als AIDS bezeichnet. π AIDS-Manifestationen in der Chirurgie Klinische Krankheitsbilder im Endstadium (AIDS) spielen in der Chirurgie eine vorrangige Rolle. Biopsien, operativ entnommene Probeexzisionen, die Anlage zentral-venöser Katheter sind einige der chirurgischen Maßnahmen bei Patienten mit HIV-Infektionen. Manifestationen von AIDS-Erkrankungen sind die akute Cholezystitis, die Splenomegalie, die akute Appendizitis, Hohlorganperforationen und Lymphome.
Synopsis Typische opportunistische Infekte bei AIDS
Soor von Zunge und Rachen.
π
Symptome. Wochen nach Ansteckung kann sich ein Krankheitsbild ausbil-
perianale Abszesse, Fisteln, Analfissuren, Kondylome
Thorax-Röntgenbild a.p. unspezifisch, diffuse Dichteerhöhung perihilär (Á) bei einem Patienten mit PCP (Pneumocystis-carinii-Pneumonie) und AIDS.
CT der Lunge einer PCP bei AIDS. Über die ganze Lunge verteilte diffuse inhomogene Dichteerhöhung mit dazwischen liegenden Bereichen normalen Lungengewebes.
Chirurgische Therapie. Eine chirurgische Intervention ist angezeigt, wenn
z.B. ein Kaposi-Sarkom zur Obstruktion des Dünn- oder Dickdarmes mit mechanischem Ileus führt. Kaposi-Sarkome verlegen gelegentlich die Gallengänge mit konsekutivem Ikterus. Tumorblutungen aus Lymphomen des Magens, Ileums und rechtsseitigen Hemikolons sowie aus Kaposi-Sarkomen können zu Komplikationen führen, die eine chirurgische Therapie erfordern. Eine Indikation zur Splenektomie kann bei einer therapierefraktären Thrombozytopenie bestehen. Zytomegalie-Virus-(CMV-)induzierte Ulzerationen vorwiegend im Ileum und rechten Hemikolon können Massenblutungen, hämorrhagische Nekrosen, ein toxisches Megakolon oder Hohlorganperforationen auslösen, die akut chirurgisch behandelt werden müssen. Mycobacterium avium oder tuberculosis und Cryptococcus neoformans können ebenfalls eine Perforation mit Peritonitis hervorrufen. Zirkulationsstörungen und/oder eine Obstruktion der Appendix mit gangränöser Appendizitis erfordern eine Appendektomie. Eine Cholezystitis ohne Konkremente durch z.B. Candida oder CMV kann eine Indikation zur Cholezystektomie sein. Die Inzidenz anorektaler Manifestationen wie perianale Abszesse, Fisteln, Proktitis, Analfissuren, Kondylome und Karzinome liegt bei etwa einem Drittel. Die Komplikationsrate ist mit etwa 90 % Wundheilungsstörungen und einer Letalität von 20 % ausgesprochen hoch.
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3.11.1 Human immunodeficiency virus (HIV) Im Rahmen der bei zwei Drittel der AIDS-Patienten vertretenen pulmonalen Affektionen können z.B. durch Pneumocystis-carinii-Pneumonie induzierte Pneumothoraxe oder der Verschluss persistierender Bronchialfisteln chirurgische Maßnahmen sein. n Merke. Chirurgische Maßnahmen sind mit einer hohen Komplikationsrate und einer Krankenhausletalität von 30–70 % (Ausnahmen: Cholezystektomie, Appendektomie und Splenektomie mit einer Letalität unter 20 %) assoziiert. Dies sollte bei Notfalloperationen Anlass zu dem kleinstmöglichen Eingriff sein, und Elektivoperationen sollten nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden.
Infektionsprophylaxe. Ein erhöhtes Kontaminationsrisiko besteht für chirurgisches Personal durch den Kontakt mit Blut und durch Verletzungen mit scharfen oder spitzen Instrumenten (z.B. Skalpelle, Nadeln, scharfe Haken). Die Aufklärung des Personals und ein eingespieltes Operationsteam sind neben den in 2 A-3.5 genannten Maßnahmen im Umgang mit HIV-infizierten Patienten eine wesentliche Voraussetzung, das Risiko einer Kontamination gering zu halten.
2 A-3.5
π π
Pneumothorax persistierende Bronchialfisteln.
Merke
Infektionsprophylaxe. Ein Kontaminationsrisiko besteht für chirurgisches Personal durch Blutkontakt und Verletzungen mit Instrumenten. Maßnahmen und Voraussetzungen, um das Kontaminationsrisiko gering zu halten zeigt 2 A-3.5.
Maßnahmen zur Minimierung des HIV-Kontaminationsrisikos
N beim Umgang mit Schleimhäuten, Sekreten und Blut Handschuhe tragen n N Tragen eines Mundschutzes und einer Schutzbrille bei Kontaminationsgefahr n durch Aerosole N vorsichtiger Umgang mit Skalpellen, Nadeln und anderen scharfen oder n spitzen Instrumenten. Nach Gebrauch müssen scharfe Instrumente in verletzungssicheren Behältern gesammelt werden (Injektionsnadeln nach Verwendung nicht wieder mit der Schutzkappe versehen)
N intraoperativ doppelte Handschuhe, Schutzmasken und wasserdichte n Operationskleidung verwenden N kein Einsatz von medizinischem Personal bei Eingriffen von HIV-infizierten n Patienten oder in der Patientenversorgung, wenn offene Hautläsionen oder Dermatitiden vorliegen Vorgehensweise bei Stichverletzung: N Tätigkeit sofort unterbrechen n N Stichkanal und Wunde zum Bluten bringen n N mit den üblichen Desinfektionsmitteln desinfizieren n N Verletzung als Arbeitsunfall aufnehmen lassen (D-Arzt-Bericht) n N bei akzidenteller HIV-Exposition Vorstellung in einer HIV-Ambulanz innerhalb n von 2 Stunden und Empfehlung einer anti-retroviralen Therapie
n Merke. Im Gegensatz zu dem relativ geringen Risiko der HIV-Infektion von 0,4 % ist das Risiko einer Hepatitisinfektion nach Stichverletzungen (Hepatitis B, C und D) für medizinisches Personal mit 10–30 % deutlich höher.
Merke
Die aufgeführten allgemeinen Hygienemaßnahmen zur Verhinderung der HIV-Infektion gelten auch zum Schutz vor Hepatitisinfektionen.
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3 Chirurgische Infektionen
Hepatitis B, C, D, E und G
3.11.2 Hepatitis B, C, D, E und G
3.11.2
Ein Infektionsrisiko besteht bei Bluttransfusionen, Applikation von Blutprodukten und bei Verletzungen mit infiziertem Material oder bei infizierten Patienten.
Hepatitis B und C, früher auch als Non-A-non-B-Hepatitis bezeichnet, können durch Transfusionen, Applikation von Blutprodukten oder nach Hautverletzungen mit einem durch ein Virus verunreinigtes Instrument, z.B. intraoperativ durch Perforation der Handschuhe mit Instrumenten oder beim Umgang mit infiziertem Material übertragen werden. Eine weitere durch Blut übertragbare Form ist die wesentlich seltenere Hepatitis D, die bei 5 % der Hepatitis-B-Träger als Ko- oder als Superinfektion auftritt. Hepatitis E wird wie Hepatitis A fäkal-oral übertragen, während eine Kontamination mit Hepatitis G parenteral erfolgt. π Hepatitis B: Hepatitis B wird durch ein DNA-Virus verursacht, das serologisch nachgewiesen werden kann. 90 % der Infektionen heilen spontan aus. π Hepatitis C: Erreger ist das C-Virus, ein RNA-Virus, welches sich ebenfalls serologisch nachweisen lässt. 30–70 % der Infektionen sind durch chronische Verläufe gekennzeichnet. π Hepatitis D: Koinfektionen des serologisch nachweisbaren Hepatitis-DVirus mit Hepatitis B verlaufen in bis zu 30 % der Infektionen als fulminante Hepatitis. Chronische Formen sind ebenfalls vermehrt beschrieben. π Hepatitis E: Das Hepatitis-E-(RNA-)Virus wird fäkal-oral übertragen und tritt vorwiegend in Nepal, Indien und Afrika und nur gelegentlich in Europa auf. Diese akute Form der Hepatitis kann fulminant verbunden mit einer hohen Letalität bei schwangeren Frauen verlaufen. π Hepatitis G: Hepatitis G (RNA-Virus) tritt mit einer hohen Inzidenz bei hämodialysierten und nierentransplantierten Patienten in einer akuten Form auf. Es existiert eine im Serum nachweisbare chronische Viruspräsenz, aber keine chronische Verlaufsform dieser Hepatitisform.
π Hepatitis B: heilt in 90 % der Fälle spontan aus. π Hepatitis C: verläuft in 30–70 % der Infektionen chronisch.
π Hepatitis D: weist in Koinfektion mit Hepatitis B vermehrt chronische und fulminante Verläufe auf. π Hepatitis E: fäkal-oral, akut, schwerer Verlauf bei schwangeren Frauen.
π Hepatitis G: häufig akut, bei hämodialysierten und nierentransplantierten Patienten.
Prophylaxe. Bei Exposition kann eine passive Immunisierung mit einem Hepatitis-B-Immunglobulin erfolgen. Eine aktive Immunisierung zur Induktion protektiver Antikörper sollte bei medizinischem Personal erfolgen. Die Antikörperproduktion kann serologisch kontrolliert werden.
3.11.3 Tollwut
Prophylaxe. Bei Stichverletzungen oder Schleimhautkontakt mit virushal-
tigem Material (z.B. Blut) sollte innerhalb von 12 (maximal 36) Stunden eine passive Immunisierung mit einem Hepatitis-B-Immunglobulin erfolgen. Eine Impfung mit inaktivierten, hochgereinigten Partikeln des Hepatitis-BAntigens (z.B. Gen-HB-VaxQ) oder mit einem Impfstoff, der aus rekombinanter DNA hergestellt wird, induziert protektive Antikörper. Eine Impfung und ein ausreichender Impfschutz sollten bei Personen mit erhöhtem Risiko der Infektion, bei ärztlichem und Pflegepersonal selbstverständlich sein. Die Impfung besteht aus 3 Injektionen, wobei die 1. Impfung nach 1 und 6 Monaten wiederholt werden muss. Der ausreichende Impfschutz kann serologisch durch Bestimmung der Antikörperspiegel überprüft werden.
3.11.3
Tollwut
Synonyme: Lyssa, Rabies Definition
Epidemiologie. Sehr selten.
n Definition. Die Tollwut ist eine sehr seltene Infektionskrankheit und verläuft nach Beginn klinischer Symptome tödlich.
Epidemiologie. Zwischen 1977 und 1992 sind in den alten und neuen Bundesländern 4 Todesfälle durch diese seltene Infektion aufgetreten.
Ätiologie. Erreger ist ein Rabiesvirus aus der Gruppe der Rhabdoviren. Pathogenese. Erregerreservoir sind Wildtiere. Eintrittspforten für den Menschen können Läsionen der Haut, z.B. durch Bissverletzungen, aber auch intakte Schleimhäute sein.
Ätiologie. Erreger ist ein Rabiesvirus aus der Gruppe der Rhabdoviren. Pathogenese. Erregerreservoir sind Wildtiere, insbesondere Füchse, aber in
Endemiegebieten auch Haustiere wie Katzen und Hunde. Bei infizierten Tieren befindet sich der Erreger im zentralen Nervensystem, im Speichel, im Urin oder auch in der Milch. Die Pathogenität ist für den Menschen geringer als für die Tiere. Eintrittspforte können Verletzungen der Haut, z.B. Bissverletzungen, aber auch intakte Schleimhäute sein. Das Virus tritt nach Befall in die Nervenbahnen über und verursacht eine akute Entzündung. Bei der
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3.12.1 Echinokokkose
53
aggressiven Form ist vornehmlich das Gehirn, bei der paralytischen (stillen) Form ist das Rückenmark befallen.
Die aggressive Form befällt vornehmlich das Gehirn, die paralytische (stille) Form das Rückenmark.
Symptome. Die Inkubationszeit beträgt 10 Tage bis zu 1 Jahr, meistens 1–3
Symptome. Die Inkubationszeit beträgt meistens 1–3 Monate. Nach unspezifischen Symptomen treten Wesensveränderungen (u.a. Speichelfluss, Schluckstörungen, Hydrophobie, Schlingkrämpfe, Lähmungen) auf.
Diagnose. Die Diagnose der Tollwut erfolgt nach Krankheitsbeginn anhand
Diagnose. Die Diagnose der Tollwut erfolgt klinisch. Ein Antikörpernachweis ist nach Krankheitsbeginn erst 7–10 Tage verzögert möglich.
Monate. Nach unspezifischen Reaktionen an der Verletzung mit Schmerzen, Fieber und einer Leukozytose treten Wesensveränderungen wie Nervosität, Depression, Speichelfluss, Schluckstörungen, Hydrophobie, Schlingkrämpfe und Lähmungen auf.
des klinischen Bildes. Bei anfänglich unspezifischen Symptomen ist die Diagnose schwierig. Bei Patienten mit Aufenthalten in einem Endemiegebiet sollte bei verdächtigen neurologischen Symptomen die Tollwut differenzialdiagnostisch bedacht werden. Bei klinisch manifester Infektion besteht die Möglichkeit des spezifischen Nachweises von Antikörpern im Serum und Liquor. Antikörper sind jedoch erst verzögert 7–10 Tage nach Krankheitsbeginn nachweisbar. Haustiere sollten bei Verdacht 10 Tage unter tierärztlicher Überwachung und Quarantäne beobachtet werden. Bei klinischen Zeichen der Tollwut müssen die Tiere getötet werden, und das Rabiesantigen muss im Hirn nachgewiesen werden.
n Merke. Es ist bislang nicht möglich, einen Exitus nach Beginn der klinischen Symptome zu verhindern, so dass die beste Therapie in einer konsequenten Tollwutprophylaxe besteht.
Therapie. Wunden müssen gründlich versorgt, gereinigt und bei Bissverlet-
zungen offen behandelt werden. Die Impfung mit einem inaktivierten Tollwutimpfstoff induziert schnell und zuverlässig hohe Titer neutralisierender Antikörper. Die Impfung kann postexponentiell als Simultanimpfung mit einem Tollwutimmunglobulin und dem Tollwutimpfstoff (Wiederholung am 3., 7., 14., 30. und 90. Tag) oder bei gefährdeten Personen (u.a. Tierärzte, Jäger, Metzger) auch präexponentiell (3 Injektionen des Impfstoffes in wöchentlichem Abstand und nach 1 Jahr) erfolgen.
Haustiere sollten bei Verdacht 10 Tage unter tierärztlicher Überwachung und Quarantäne beobachtet werden.
Merke
Therapie. Wunden gründlich versorgen und reinigen. Bissverletzungen offen behandeln. Die Impfung mit einem inaktivierten Tollwutimpfstoff induziert schnell und zuverlässig hohe Titer neutralisierender Antikörper. Sie kann postexponentiell als Simultanimpfung erfolgen (Tollwutimmunglobulin und Tollwutimpfstoff).
3.12
Parasitäre Infektionen
3.12
3.12.1
Echinokokkose
3.12.1 Echinokokkose
Ätiologie und Pathogenese. Die alveoläre Echinokokkose wird durch die
Eier des kleinen Fuchsbandwurms (Echinococcus multilocularis/alveolaris) hervorgerufen. Die Eier des Hundebandwurms (Echinococcus granulosus/cysticus/unilocularis) verursachen die zystische Echinokokkose. Die Erkrankungen unterscheiden sich durch das morphologische Bild. Die Echinococcus-granulosus-Infektion dominiert als scharf begrenzte, zystische Raumforderung (zystische Echinokokkose) und findet sich insbesondere in den Mittelmeerländern. Die Echinococcus-multilocularis-Infektion mit einer Inkubationszeit von über 10 Jahren findet sich in Süddeutschland bzw. den Alpenländern und ist durch eine schwammartige, bläschenreiche Wucherung mit tumorähnlichem Wachstum charakterisiert, die sich primär in der Leber findet. Der Erreger lebt im Darm von Hunden, Katzen und Füchsen. Die Finnen von Echinococcus multilocularis bzw. granulosus entwickeln sich im Darm ihres Wirtes zum Adultwurm. Über den Kot gelangen Eier, vom Wurm abgestoßene Endglieder oder ganze Würmer in den Verdauungstrakt des Zwischenwirtes (Mensch, Schaf, Schwein, Rind). Die freigesetzten Onkosphären, die Larvenform des Parasiten, durchdringen die Darmwand und gelangen via Portalvene in die Leber, selten auch in Gehirn, Milz, Niere, Knochen oder
Parasitäre Infektionen
Ätiologie und Pathogenese. Die alveoläre Echinokokkose tritt endemisch in Süddeutschland und den Alpenländern auf und wird durch die Eier des Echinococcus multilocularis (kleiner Fuchsbandwurm) verursacht. Die Eier des Echinococcus granulosus (Hundebandwum) verursachen die zystische Echinokokkose. Beide Formen unterscheiden sich durch das unterschiedliche morphologische Bild mit einer schwammartigen, bläschenreichen bzw. zystischen Raumforderung. Die Finnen von Echinococcus multilocularis bzw. granulosus entwickeln sich im Darm ihres Wirtes (Hunde, Katzen und Füchse) zum Adultwurm. Über den Kot gelangen Eier, Endglieder oder ganze Würmer in den Verdauungstrakt des Zwischenwirtes (Mensch, Schaf, Schwein, Rind).
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3 Chirurgische Infektionen
In der Leber erfolgt die Differenzierung zur flüssigkeitsgefüllten Hydatide.
Brustdrüse. In der Leber erfolgt die Differenzierung zur flüssigkeitsgefüllten Hydatide. Im Inneren der Bläschen entwickeln sich Kopfanlagen, sogenannte Protoscolices (Vorköpfe), die die Strukturen des Adultwurmes erkennen lassen.
Symptome. Ein Drittel der Patienten klagt über uncharakteristische Oberbauchschmerzen, ein Drittel weist Cholestasezeichen mit und ohne Ikterus auf, und bei dem restlichen Drittel ist die Diagnose zufällig.
Symptome. Ein Drittel der Patienten klagt über uncharakteristische Oberbauchschmerzen, Appetitverlust und Gewichtsabnahme bzw. bei pulmonalem Befall über Husten, Dyspnoe oder Thoraxschmerzen. Ein weiteres Drittel weist Cholestasezeichen mit oder ohne Ikterus bei Lokalisation der Tumoren im Leberhilus auf. Bei dem restlichen Drittel der Patienten ist die Diagnose zufällig. Symptome der Raumforderung durch die Zysten sind typisch für die zystische Echinokokkose ( 1 A-3.13).
Zysten können bei Größenzunahme lokale Schmerzen verursachen ( 1 A-3.13).
1 A-3.13
Echinokokkuszyste Intraoperatives Bild einer Echinokokkuszyste der Leber bei Echinococcus-granulosus-Infektion.
Diagnose. Die Diagnose kann durch das typische morphologische Bild mittels Sonographie oder CT mit Kontrastmittel gestellt werden.
Ein serologischer Antikörpernachweis ergänzt die diagnostischen Maßnahmen.
Diagnose. Verkalkungen, Fibrosen sowie Zerfallshöhlen ergeben ein uni-
oder multizystisches Bild bei der alveolären Echinokokkose, welches nicht mit der zystischen Echinokokkose zu verwechseln ist. Die Ultraschalldiagnostik lässt frühzeitig überwiegend echoreiche Veränderungen mit echoarmem Randsaum erkennen. Die Abgrenzung vom gesunden Lebergewebe ist schwer, Gefäße können infiltriert und die Gallenwege komprimiert sein. Zur Abgrenzung infiltrativer oder organüberschreitender Prozesse stellt die Computertomographie (CT) mit Kontrastmittel die Methode der Wahl dar. Serologische Untersuchungsmethoden wie der Hämagglutinationstest oder die Komplementbindungsreaktion sind weitere diagnostische Maßnahmen. n Merke. Eine Zystenpunktion ist wegen der Gefahr einer Keimverschleppung bzw. Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion absolut kontraindiziert.
Merke
Therapie (s.a. Kap. B-9.4.1, S. 513 ff.) π Alveoläre Echinokokkose: Die operative Entfernung durch eine radikale En-bloc-Resektion ist die einzige kurative Maßnahme. Durch die Kombination mit einer medikamentösen Dauertherapie (Albendazol, Mebendazol) konnte die Prognose deutlich verbessert werden (5-Jahres-Überlebensrate > 90 %). π Zystische Echinokokkose: Die Entfernung der Hydatide ist die Therapie der Wahl.
Therapie (s.a. Kap. B-9.4.1, S. 513 ff.)
Alveoläre Echinokokkose: Die Prognose der alveolären Echinokokkose hat sich im letzten Jahrzehnt durch die Kombination chirurgischer Maßnahmen mit medikamentöser Dauertherapie mit Albendazol oder Mebendazol deutlich verbessert. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt über 90 %. Die radikale operative En-bloc-Resektion der Parasitengeschwulst, entsprechend einer onkologisch-kurativen Entfernung, ist die einzige kurative Maßnahme. π Zystische Echinokokkose: Grundprinzip der Therapie ist die Entfernung der Hydatide, die Hydatektomie. π
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3.12.3 Askaridiasis 3.12.2
Amöbiasis
3.12.2 Amöbiasis
Epidemiologie und Ätiologie. Die besonders in Regionen mit mangelhafter Hygiene verbreiteten Parasiten Entamoeba histolytica gelangen auf fäkaloralem Weg in den menschlichen Darm. Die Amöbiasis ist in Deutschland selten. Insbesondere Urlauber infizieren sich in (sub)tropischen Ländern und stellen sich mit dem Krankheitsbild hier vor.
Epidemiologie und Ätiologie. Die Infektion mit Entamoeba histolytica erfolgt fäkal-oral, insbesondere in (sub)tropischen Ländern (Urlaubsreise!).
Symptome. Nach Infektion kommt es in einem Teil der Fälle zur Bildung invasiver Formen, die in die Dickdarmwand eindringen, Ulzera bzw. eine Kolitis hervorrufen und Diarrhöen (Amöbenruhr) auslösen können. Als Komplikation kann sich bei Ausbreitung über die Pfortader ein Leberabszess (< 10 % der Patienten mit Amöbenruhr; bei 90 % im rechten Leberlappen) ausbilden ( 1 A-3.14), bei schwerer Kolitis können Perforationen mit Peritonitis entstehen. Bei Befall eines Darmsegmentes, gewöhnlich Zäkum oder Sigma, können Stenosen bei granulomatösen Massen auftreten.
Symptome. Invasive Formen rufen Dickdarmulzera und Diarrhöen (Amöbenruhr) hervor. Bei Ausbreitung über die Pfortader können sich Leberabszesse bilden ( 1 A-3.14).
1 A-3.14
Mehrkammeriger Amöbenabszess des rechten Leberlappens im CT
Diagnose. Die Symptome sind meist unspezifisch mit Fieber, Leukozytose
Diagnose. Unspezifische Symptome und anamnestisch Urlaubsreise bieten Hinweise, Serologie, Stuhluntersuchungen, Sonographie oder CT können die Erkrankung bestätigen.
Therapie. Die Mehrzahl der Abszesse kann medikamentös behandelt wer-
Therapie. In der Mehrzahl der Fälle kann medikamentös behandelt werden (Mittel der Wahl ist Metronidazol). Bei großen Abszessen ist die Einlage einer Dränage sinnvoll, bei Therapieresistenz erfolgt eine operative Freilegung.
und rechtsseitigen Oberbauchschmerzen. Ein Aufenthalt in den Tropen ist ein wichtiger anamnestischer Hinweis. Die Serologie (85–100 % positiv bei einem Leberabszess), Stuhluntersuchungen (frischer Stuhl, der zum Nachweis der invasiven Form innerhalb einer Stunde untersucht werden muss), Abdomensonographie oder Computertomographie (CT) können die Diagnose erhärten. den. Mittel der Wahl ist Metronidazol. Alternativen sind Tinidazol oder bei Unverträglichkeit bzw. Therapieversagen Resochin. Bei großen Abszessen ist die sonographisch- oder CT-gesteuerte Einlage eines Spülkatheters indiziert. Als Komplikation können sich (rechts)thorakale, peritoneale oder perikardiale Fisteln ausbilden. Ein operativer Eingriff kann bei medikamentöser Therapieresistenz notwendig werden (s. Kap. B-9.4.1, S. 515 ff.).
3.12.3
Askaridiasis
Der Spulwurm Ascaris lumbricoides kann zum sogenannten Askaridenileus führen oder selten zur Verlegung der Gallenwege mit Ikterus. Bei Ileus und Ikterus besteht die Therapie in der Notfalllaparotomie und Ausstreichen des Darmes bzw. der Gallenwege. Konservativ wird mit Anthelminthika behandelt.
3.12.3 Askaridiasis Ascaris lumbricoides kann zum Askaridenileus oder -ikterus führen.
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56 3.13
3 Chirurgische Infektionen
Pilzinfektionen
3.13
Pilzinfektionen
Die Inzidenz der Pilzinfektionen nimmt in der Chirurgie besonders bei Patienten mit einer Abwehrschwäche bzw. auf Intensivstationen zu.
Die Inzidenz von Pilzinfektionen nimmt in der Chirurgie zu, wobei Infektionen im allgemeinen chirurgischen Patientengut seltener sind als bei abwehrgeschwächten Patienten bzw. Patienten auf Intensivstationen. Die Letalität ist jedoch in beiden Gruppen, wenn eine systemische Infektion vorliegt, mit 40–80 % sehr hoch.
Ätiologie. Die häufigsten Erreger sind Candidaspezies. Selten verursachen Aspergillus fumigatus oder Cryptococcus neoformans eine Infektion.
Ätiologie. Die Erreger sind primär apathogene saprophytäre Keime. Die häufigsten Pilzerreger, die bei einer systemischen Infektion im Blut identifiziert werden, sind in der Chirurgie Candida albicans, Candida parapsilosis, Candida tropicalis, Candida glabrata, selten sind Aspergillus (Aspergillus fumigatus) und Cryptococcus (Cryptococcus neoformans).
Pathogenese. Der Übertritt von Pilzen in die portale Zirkulation bei unzureichender Filterung in der Leber wird als Pathomechanismus angenommen (Fungämie). Prädisponierende Faktoren einer Pilzinfektion zeigt 1 A-3.6.
Pathogenese. Der Übertritt von Pilzen durch die Darmwand in die portale
Zirkulation (Translokation) und in den systemischen Kreislauf bei insuffizienter Filterung in der Leber führt bei schwerkranken Patienten zu einer Fungämie. Prädisponierende Faktoren einer Pilzinfektion zeigt 2 A-3.6.
2 A-3.6
Prädisponierende Faktoren einer Pilzinfektion
N Dreifach-Antibiotikatherapie über > 7 Tage n N Diabetes mellitus n N Behandlung mit Steroiden n N Vorliegen eines Neoplasmas n N Alter (> 50 Jahre) n
N intensivmedizinische Therapie/Verweilkatheter n N Alkoholabusus n N Organtransplantation n N Operationen des Gastrointestinaltraktes n
Die großzügige Therapie mit Breitspektrumantibiotika führt zu einer Überwucherung von Pilzen im Darm durch Suppression der normalen bakteriellen Flora. Eine häufige Ursache einer Candida-Infektion und -Fungämie sind intravaskuläre Katheter. Symptome π Candidainfektionen: Klar unterschieden werden müssen mukokutane Formen (Mundsoor, Soorvaginitis, etc.) ( 1 A-3.15) und Kolonisationen von systemischen, invasiven Infektionen (Candidasepsis, Meningitis, Leberabszess, Pneumonie oder Augenfundusbefall).
Symptome
Candidainfektionen: Candidainfektionen manifestieren sich in einer mukokutanen Form, mit Beteiligung von Haut und Schleimhäuten (z.B. Mundsoor, Soorvaginitis, Soorbalanitis, Kolonisation des Ösophagus oder des Tracheostomas bei Intensivpatienten [ 1 A-3.15]). Diese Form zeigt keinen Hinweis auf eine Allgemeinerkrankung, im Gegensatz zu der systemischen Form, die sich als Candidasepsis, Meningitis, Leberabszess, Pneumonie oder Augenfundusbefall äußern kann. Candida albicans lässt sich mit einer Prävalenz von 20 % in Abstrichen verschiedener Körpersekrete nachweisen. Dabei handelt es sich um eine reine Kolonisation ohne Krankheitszeichen. π
Aspergillusinfektionen: Bei schwerer Abwehrschwäche können Aspergilluspneumonien oder eine Aspergillussepsis vorkommen. Ein Aspergillom ist keiner Chemotherapie zugänglich und muss operiert werden.
π
Aspergillusinfektionen: Die seltenen Aspergillusinfektionen können sich als Aspergillom, Pneumonie oder Sepsis äußern.
π
Cryptococcusinfektionen: Ebenfalls selten als Pneumonie oder Meningitis, vor allem bei Immunsuppression (z.B. AIDS).
Cryptococcusinfektionen: Die häufigsten Formen der seltenen Cryptococcusinfektionen sind Pneumonien und Meningitis. Als opportunistische Infektion bei AIDS sind diese Formen häufig zu finden.
π
π
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3.13 Pilzinfektionen
1 A-3.15
Mundsoor Mundsoor bei einem immunsupprimierten Patienten nach Lebertransplantation.
Diagnose. Die Grenzen zwischen Kolonisation und Infektion sind nicht immer scharf zu trennen, sodass eine sichere Diagnose nach wie vor schwierig ist. Die folgenden Bedingungen werden heute für die Diagnose einer systemischen Mykose, im speziellen der Candidiasis, gefordert: π 2 positive Blutkulturen innerhalb von 24 Stunden π Pilznachweis in einem Organparenchym (z.B. Leber) π Nachweis in einer primär sterilen Körperhöhle (z.B. Blase). n Merke. Eine positive Blutkultur hat immer Krankheitswert und darf nicht als transiente Fungämie verharmlost werden.
Diagnose. Bei Nachweis von Pilzen in zwei Blutkulturen innerhalb von 24 Stunden und bei Pilznachweis in einem Organ oder in einer primär sterilen Körperhöhle wird eine systemische Infektion angenommen.
Merke
Die serologische Diagnostik mit Nachweis eines Antikörpertiters ist für die Diagnose einer systemischen Infektion und Differenzierung gegenüber einer Kolonisation unzureichend. Der Antigentiter hat ebenfalls eine hohe Fehlerquote, ist jedoch aussagekräftiger als der Antikörpernachweis.
Die serologische Diagnostik mit Nachweis von Antigen oder Antikörper weist eine hohe Fehlerquote auf.
Therapie. Die medikamentöse Standardtherapie der Pilzinfektionen ist die
Therapie. Standardtherapie ist die Kombination von Amphotericin B mit Flucytosin. Fluconazol besitzt eine nachgewiesene Wirkung bei mukokutanen Formen und in der kontrovers diskutierten Prophylaxe.
systemische Gabe von Amphotericin B. Die Kombination mit Flucytosin vermindert die Rate der Nebenwirkungen, besonders die der Nephrotoxizität, und zeigt einen Synergismus mit einer verbesserten therapeutischen Wirkung. Fluconazol hat eine nachgewiesene Wirkung bei der mukokutanen Form der Candidainfektionen und wird in der kontrovers diskutierten Prophylaxe bei Immunsupprimierten (z.B. Organtransplantationen) verwendet. Bei nicht immunsupprimierten Patienten scheinen Fluconazol mit geringeren Nebenwirkungen und Amphotericin B gleichwertig. Bei katheterassoziierten Candidainfektionen ist die Entfernung des Katheters häufig als Therapie ausreichend.
Fluconazol als Alternative zu Amphotericin B bei nicht immunsupprimierten Patienten. Bei katheterassoziierter Infektion reicht die Katheterentfernung oft aus.
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Antibiotika
4
4
Antibiotika
4.1
Die häufigsten Erreger
Jörg Schröder
Die häufigsten Erreger
4.1
Bakterielle chirurgische Infektionen werden am häufigsten von grampositiven Staphylokokken, gramnegativen E. coli und anaeroben Bacteroides fragilis verursacht. Die 2 A-4.1 gibt einen Überblick über die wichtigsten Erreger chirurgischer Infektionen:
2 A-4.1
Die wichtigsten Erreger chirurgischer Infektionen
Grampositiv
Gramnegativ
Anaerobier
N n
Staphylokokken
N n
E. coli
N n
Bacteroides fragilis
N n
Enterokokken
N n
Klebsiellen
N n
Peptostreptokokken
N n
Streptokokken
N n
Proteus
N n
Pseudomonas
4.2
Antibiotikaübersicht
Antibiotika werden nach der chemischen Struktur, ihrer biologischen Herkunft und der therapeutischen Anwendung klassifiziert. Antibiotika der gleichen Gruppe ähneln sich im Wirkungsspektrum, im Wirkungsmechanismus und besitzen eine ähnliche Toxizität. Eine Übersicht der in der Chirurgie wichtigsten Antibiotikagruppen zeigt 2 A-4.2.
4.2.1
Die häufigsten Erreger chirurgischer Infektionen sind Staphylokokken, E. coli und Bacteroides fragilis ( 2 A-4.1).
b -Lactam-Antibiotika
4.2
Antibiotikaübersicht
Antibiotika der gleichen Gruppe ähneln sich in ihrem Spektrum, ihrem Wirkungsmechanismus und der Toxizität ( 2 A-4.2).
4.2.1 b -Lactam-Antibiotika
Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme sind die wichtigsten Vertreter der b-Lactam-Antibiotika, die die Peptidoglykansynthese in der Bakterienzellwand hemmen.
Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme sind Vertreter der b -Lactam-Antibiotika.
Penicilline
Penicilline
Die verschiedenen Gruppen von Penicillinen unterscheiden sich hinsichtlich des Erregerspektrums und der Empfindlichkeit gegenüber b-Lactamasen. b-Lactamasen sind Enzyme (z.B. Penicillinasen oder Cephalosporinasen), die ein Antibiotikum hydrolysieren und somit unwirksam machen. Benzylpenicillin hat die stärkste Wirkung gegen grampositive Bakterien, ist jedoch gegenüber b-Lactamasen empfindlich. Isoxazolylpenicilline sind resistent gegen die von Staphylokokken gebildeten b-Lactamasen (penicillinasefest), haben hingegen eine schwächere Wirksamkeit gegenüber anderen grampositiven Erregern. Aminopenicilline sind nicht penicillinasefest und besitzen eine erweiterte Wirksamkeit gegenüber gramnegativen Stäbchen. Acylaminopenicilline weisen eine noch stärkere antibakterielle Aktivität gegenüber gramnegativen Stäbchen einschließlich Pseudomonas aeruginosa auf und sind ebenfalls nicht penicillinasefest. Das Wirkspektrum der Penicilline lässt sich durch b-Lactamase-Hemmer (Clavulansäure in Kombination mit Amoxicillin [AugmentanQ], Sulbactam [CombactamQ] als Einzelsubstanz oder in Kombination mit Ampicillin [UnacidQ] oder Tazobactam kombiniert mit Piperacillin [TazobacQ]), die keine eigene antibakterielle Wirkung aufweisen, erweitern.
Penicilline unterscheiden sich hinsichtlich des Erregerspektrums und der Empfindlichkeit gegenüber b-Lactamasen. Benzylpenicillin hat die stärkste Wirkung gegen grampositive Bakterien (nicht penicillinasefest). Isoxazolylpenicilline sind penicillinasefest, aber weniger wirksam gegenüber anderen grampositiven Erregern. Aminopenicilline und Acylaminopenicilline sind nicht penicillinasefest, haben jedoch erweiterte Wirksamkeit gegenüber gramnegativen Stäbchen. b -Lactamase-Hemmer können das
Wirkspektrum von Penicillinen erweitern.
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4 Antibiotika
2 A-4.2
Die wichtigsten Antibiotikagruppen und deren in der Chirurgie am meisten verwendeten Derivate
Gruppe N Penicilline n π Benzylpenicilline
Derivate (Handelsname als Beispiel)
Wirkungsspektrum
Penicillin G (diverse)
insbesondere Streptokokken, Pneumokokken, Meningokokken
π
Aminobenzylpenicilline
Ampicillin (Binotal Q) Amoxicillin (Amoxypen Q )
grampositive (wie Penicillin G, zusätzlich Enterokokken, nicht Staph. aureus) und gramnegative Keime (z.T. E. coli, Proteus, nicht Klebsiella, Pseudomonas)
π
Acylaminopenicilline
Mezlocillin (BaypenQ )
wie Ampicillin, erweitert um Proteusstämme, Enterobacter, Klebsiella, Pseudomonas, Anaerobier (nicht Staph. aureus) speziell Pseudomonas, Proteus, E. coli, z.T. Klebsiella, Enterobacter, Bacteroides
Piperacillin (PiprilQ ) π
Oxacillin (StapenorQ) Flucloxacillin (Staphylex Q )
penicillinasebildende Staphylokokken
Cefazolin (GramaxinQ , ElzogramQ )
grampositive (nicht Enterokokken) und gramnegative Bakterien (z.B. E. coli, Proteus, Klebsiella, nicht Pseudomonas, Enterobacter)
Intermediärcephalosporine
Cefuroxim (ZinacefQ ) Cefotiam (Spizef Q )
wirksamer bei gramnegativen Erregern, unwirksam bei Enterokokken, Pseudomonas
Breitspektrumcephalosporine
Cefotaxim-Gruppe (ClaforanQ )
bei grampositiven Bakterien weniger wirksam, wesentlich wirksamer bei gramnegativen
Isoxazolylpenicilline
N Cephalosporine n π Basiscephalosporine
π
π
N Carbapeneme n
Ceftazidim-Gruppe (FortumQ)
wie Cefotaxim, insbesondere Pseudomonas
Cefepim (MaxipimeQ )
4. Generationscephalosporin mit breiter Wirkung gegenüber grampositiven und -negativen Erregern
Imipenem (Zienam Q)
grampositive (nicht oxacillinresistente Staph. aureus) und gramnegative Keime (einschließlich Pseudomonas)
Meropenem (Meronem Q ) N b -Lactamase-Hemmer n
Clavulansäure Sulbactam Tazobactam
s. Text
N Aminoglykoside n
Gentamicin (Refobacin Q)
grampositive (nicht Streptokokken, Enterokokken, Pneumokokken) und gramnegative Erreger wie Gentamicin, besonders wirksam bei Pseudomonas aeruginosa
Tobramycin (Gernebcin Q ) N Lincosamide n
Clindamycin (Sobelin Q )
Streptokokken, Staphylokokken, Pneumokokken, Bacteroides u.a. Anaerobier (nicht Enterokokken)
N Glykopeptide n
Vancomycin (VancomycinQ ) Teicoplanin (Targocid Q )
vor allem oxacillinresistente Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken, Clostridium difficile
N Fluorochinolone n
Norfloxacin (Barazan Q ) Ofloxacin (TarividQ ) Ciprofloxacin (Ciprobay Q ) Levofloxacin (Tavanic Q )
nahezu alle grampositive und -negative Erreger von Harnwegsinfekten (nicht Anaerobier, geringe Wirksamkeit gegen Pseudomonas, Enterokokken, Streptokokken, Staphylokokken)
N Nitroimidazole n
Metronidazol (ClontQ )
Anaerobier, Amöben
N Sulfonamide n
Cotrimoxazol (BactrimQ , EusaprimQ)
Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, E. coli, Proteus, Klebsiellen (nicht Enterokokken, Enterobacter, Pseudomonas)
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4.2.4 Glykopeptide In der Praxis stößt dieses Konzept schnell an seine Grenzen, da optimale Dosierungen nicht immer erzielt werden und andere Formen der Resistenz eine Rolle spielen oder b-Lactamasen selbst induziert werden können.
Cephalosporine
Cephalosporine
Bei den Cephalosporinen werden Basiscephalosporine, Intermediär- und Breitspektrumcephalosporine unterschieden. Basiscephalosporine haben eine gute Wirksamkeit gegen grampositive Erreger, während Intermediärund Breitspektrumcephalosporine eine stärkere antibakterielle Wirksamkeit gegenüber gramnegativen Erregern besitzen und die Aktivität gegenüber grampositiven Bakterien reduziert ist. Der Vorteil der neuen Breitspektrumcephalosporine wie z.B. Ceftazidim liegt in der besseren Wirksamkeit gegen gramnegative Problemkeime wie z.B. Pseudomonas aeruginosa. Cephalosporine hemmen die Zellwandsynthese sensibler Mikroorganismen und sind wie Penicilline im allgemeinen bakterizid auf proliferierende, aber nicht auf ruhende Keime wirksam. Cephalosporine sind überwiegend gegenüber Penicillinasen stabil, weshalb sie gegenüber penicillinresistenten Keimen wirksam sein können.
Bei den Cephalosporinen werden Basiscephalosporine, Intermediär- und Breitspektrumcephalosporine unterschieden. Basiscephalosporine haben eine gute Wirksamkeit gegen grampositive Erreger, während Intermediärund Breitspektrumcephalosporine eine stärkere antibakterielle Wirksamkeit gegenüber gramnegativen Erregern besitzen und die Aktivität gegenüber grampositiven Bakterien reduziert ist.
Carbapeneme
Carbapeneme
Carbapeneme erfassen fast das gesamte Erregerspektrum (Ausnahmen: Enterokokken, oxacillinresistente Staph. aureus), vereinigen die Wirkung von Penicillinen und Cephalosporinen in sich und sind zusätzlich gegen Anaerobier wirksam. Diese Substanzen gelten als Reservemittel bei komplizierten Infektionen (z.B. Pneumonien, Peritonitis, Sepsis), evtl. in Kombination mit einem Aminoglykosid.
Carbapeneme erfassen nahezu alle grampositiven und -negativen Erreger.
4.2.2
Aminoglykoside
Aminoglykoside hemmen die ribosomale Proteinsynthese in der Bakterienzelle und wirken besonders gegen Enterobakterien und Staphylokokken. Die neueren Substanzen wie z.B. Gentamicin und Tobramycin besitzen zudem eine Aktivität gegen Pseudomonas aeruginosa. Aminoglykoside wirken im Gegensatz zu b-Lactam-Antibiotika nicht nur in der Proliferation der Bakterien, sondern auch in der Ruhephase.
4.2.3
Lincosamide
Clindamycin hemmt die Proteinsynthese von Bakterien wie Streptokokken, Staphylokokken, Pneumokokken und Bacteroides fragilis und wirkt konzentrationsabhängig bakteriostatisch oder bakterizid. Clindamycin ist ein wichtiges Antibiotikum bei Anaerobiermischinfektionen (z.B. Empyem, Abszesse, Peritonitis) und aufgrund seiner guten Knochengängigkeit bei ossären Infektionen.
4.2.4
Glykopeptide
Die Glykopeptide Vancomycin und Teicoplanin sind Mittel der Wahl bei oxacillinresistenten Staphylokokkeninfektionen. Die zunehmende Zahl von Staphylokokkeninfektionen ist schwerer therapierbar geworden, da koagulasenegative Staphylokokken zu etwa 40 % oxacillinresistent sind, und die Häufigkeit von oxacillinresistenten Staphylococcus-aureus-Stämmen deutlich angestiegen ist.
4.2.2 Aminoglykoside Aminoglykoside besitzen eine antibakterielle Aktivität gegenüber Enterobakterien und Staphylokokken, neuere Substanzen wie Gentamicin und Tobramycin auch gegen Pseudomonas aeruginosa.
4.2.3 Lincosamide Clindamycin ist ein bedeutsames Antibiotikum bei Mischinfektionen mit anaeroben Erregern sowie bei ossären Infektionen.
4.2.4 Glykopeptide Vancomycin und Teicoplanin sind Mittel der Wahl bei oxacillinresistenten Staphylokokkeninfektionen.
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62
4 Antibiotika
Fluorochinolone
4.2.5 Fluorochinolone
4.2.5
Fluorochinolone (Norfloxacin, Ciprofloxacin, Ofloxacin, Levofloxacin) wirken bakterizid und sind wirksam gegenüber Pseudomonas aeruginosa.
Fluorochinolone hemmen die bakteriellen DNA-Gyrasen, die zur Nukleinsäuresynthese notwendig sind. Die neuen Gyrasehemmer wie Norfloxacin, Ciprofloxacin oder Ofloxacin bzw. Levofloxacin als linksdrehende Form des Ofloxacin wirken bakterizid und besitzen eine Wirksamkeit gegen Pseudomonas aeruginosa. Bevorzugtes Einsatzgebiet der »Chinolone« sind Harnwegsinfektionen, wobei neben einer parenteralen Applikationsform auch eine orale Gabe mit ausreichenden Wirkspiegeln möglich ist.
4.2.6 Nitroimidazole
4.2.6
Metronidazol wirkt bakterizid gegenüber anaeroben Erregern.
Metronidazol weist eine starke bakterizide Wirkung bei anaeroben Bakterien durch Hemmung der Nukleinsäuresynthese auf. Die vorwiegende Indikation für die Applikation dieser Substanz sind Anaerobierinfektionen. Da es sich jedoch häufig um aerobe/anaerobe Mischinfektionen handelt, wird zusätzlich zum Metronidazol ein aerobierwirksames Breitspektrumantibiotikum wie z.B. Cephalosporin eingesetzt.
4.2.7 Sulfonamide
4.2.7
Die Kombination von Trimethoprim mit dem Sulfonamid Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol) spielt vorwiegend in oraler Form bei Harnwegsinfektionen in der Chirurgie eine Rolle.
Die Kombination von Trimethoprim mit dem Sulfonamid Sulfamethoxazol (= Cotrimoxazol) spielt vorwiegend in oraler Form bei Harnwegsinfektionen in der Chirurgie eine Rolle. Trimethoprim gehört wie das Malariamittel Pyrimethamin zur Gruppe der Diaminopyrimidine. Beide Substanzen hemmen die Folsäuresynthese von Bakterien, wirken alleine nur bakteriostatisch und in Kombination teilweise bakterizid.
4.3
Wirkungsspektrum
Es gibt kein Antibiotikum, welches alle Erreger erfasst ( 2 A-4.3).
4.3
Nitroimidazole
Sulfonamide
Wirkungsspektrum
Die bei chirurgischen Infektionen therapeutisch eingesetzten Antibiotika erfassen die häufigsten pathogenen Bakterien, was in 2 A-4.3 nochmals in der Übersicht dargestellt ist. Es existiert kein Antibiotikum, welches alle entzündungsverursachenden Erreger erfassen kann.
2 A-4.3
Antibiotikaübersicht nach Wirkungsspektrum
Erreger
Antibiotika
N Streptokokken n
N Penicillin G n
N Staphylokokken n
n N N n N n N n
N Enterokokken n
n Ampicillin N N Amoxicillin n
N Darmbakterien (E. coli, n Klebsiellen, Proteus, Anaerobier)
n Cephalosporine N N Metronidazol n
N Pseudomonas aeruginosa n
n Piperacillin N N Ceftazidim n N Aminoglykoside n
Flucloxacillin Basiscephalosporine Vancomycin Teicoplanin
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63
4.6.1 Therapieprinzipien
4.4
Antibiogramm
Die Empfindlichkeit von Erregern, aus infektiösem Material (z.B. Eiter, Sekret, Urin, Blut) isoliert, gegenüber Antibiotika zeigt das Antibiogramm. Die Untersuchungen geben an, ob Bakterien sensibel, intermediär oder resistent auf bestimmte Antibiotikakonzentrationen reagieren. Als Referenzmethode gilt die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK).
4.5
Resistenz
Resistenzen gegenüber Antibiotika können auf Veränderungen in der Zellwand, der Zellmembran (erschwerte Penetration zum Wirkort) oder auf der Inaktivierung von b-Lactamasen beruhen. Bakterien können durch Chromosomenmutationen oder Plasmide resistent werden. Mutationen treten spontan auf und breiten sich von einer Bakteriengeneration zur nächsten aus. Die Mutanten sind häufig instabil, sodass nach Absetzen der Antibiotikatherapie (Wegfall des Selektionsdruckes) eine empfindliche Restpopulation die Infektion bestimmen kann. Bei einer plasmidvermittelten Resistenz kann sich diese innerhalb einer Population ausbreiten und unabhängig vom Selektionsdruck lange bestehen bleiben. Bei einer primären oder »natürlichen« Resistenz liegt eine genetisch bedingte Unempfindlichkeit einer Bakterienart gegen ein bestimmtes Antibiotikum vor. Die seltene sekundäre Resistenz entsteht während der Therapie. Durch den Kontakt mit dem Antibiotikum kommt es zur Selektion resistenter Varianten. Bestimmte »lückenhafte Antibiotika« begünstigen die Selektion resistenter Bakterienarten, die zum Auftreten von Sekundärinfektionen führen können. Antibiotika mit einem hohen Selektionsdruck wie z.B. Ampicillin oder Amoxicillin müssen daher gezielt eingesetzt werden.
4.4
Antibiogramm
Das Antibiogramm gibt die Empfindlichkeit klinisch isolierter Erreger gegenüber bestimmten Antibiotika an.
4.5
Resistenz
Resistenzen gegenüber Antibiotika können auf Veränderungen in der Zellwand, der Zellmembran (erschwerte Penetration zum Wirkort) oder auf der Inaktivierung von b -Lactamasen beruhen. Bakterien können durch Chromosomenmutationen oder Plasmide resistent werden.
Primäre Resistenz: »natürliche«, genetisch bedingte Unempfindlichkeit. Sekundäre Resistenz: entsteht während der Antibiotikatherapie.
4.6
Antibiotikatherapie
4.6
4.6.1
Therapieprinzipien
4.6.1 Therapieprinzipien
Aus chirurgischer Sicht müssen u. a. die Infektionen antibiotisch behandelt werden, die nicht komplett operativ saniert werden können (z. B. eine Phlegmone), die nicht primär chirurgisch behandelbar sind (z. B. postoperative Pneumonie) und jede Form einer bakteriellen Sepsis. π Bei klinischen Zeichen einer manifesten mikrobiellen Infektion sollte ein Antibiotikum so rasch wie möglich intravenös verabreicht werden.
Aus chirurgischer Sicht müssen u. a. die nicht komplett operativ sanierbaren und primär chirurgisch behandelbaren Infektionen sowie jede bakterielle Sepsis antibiotisch behandelt werden. π Bei einer manifesten mikrobiellen Infektion sollte eine rasche intravenöse Antibiotikagabe erfolgen.
n Merke. Fieber allein ist keine Indikation, ein Antibiotikum zu verabreichen, da dieses kein Antipyretikum ist.
Bei jedem unklaren Fieber sollten Blutkulturen entnommen werden. Die Erregerisolierung aus infektiösem Material sollte immer vor Gabe des Antibiotikums erfolgen, wozu die richtige Probeentnahme und ein suffizientes Transportmedium (z.B. Blutkulturflaschen) unabdingbare Voraussetzungen sind. π Nach parenteraler Gabe eines Antibiotikums werden rasch dosisabhängig hohe und lang andauernde Serumkonzentrationen erzielt. Die parenterale Gabe ist daher bei schweren Infektionen (z.B. Pneumonien, Peritonitis, Sepsis) die Applikationsform der Wahl, um einen sicheren und schnellen Effekt zu erzielen. Bei Harnwegsinfektionen ist auch eine orale Gabe von z.B. Fluorochinolonen oder Cotrimoxazol indiziert, die einen ausreichenden Wirkspiegel bei dieser Applikationsform erzielen. π Bei fehlender Ansprechbarkeit der Therapie muss überprüft werden, ob das gewählte Antibiotikum sensibel ist, ob es den Ort der Infektion erreicht π π
Antibiotikatherapie
Merke
Bei jedem unklaren Fieber sollten Blutkulturen entnommen werden. π Die Erregerisolierung sollte vor Gabe des Antibiotikums erfolgen. π
Die parenterale Gabe eines Antibiotikums ist zur raschen Erregerelimination bei schweren Infektionen notwendig (Ausnahme: orale Gabe bei Harnwegsinfekten).
π
Bei Ausbleiben einer Reaktion an Abszesse, Viren, Legionellen,
π
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64 Chlamydien, Mykoplasmen und Pilze denken. π Antibiotika sollten nicht zu kurz gegeben und nicht zu häufig gewechselt werden. Eine Wirkung mit Entfieberung wird meist erst nach 2–3 Tagen erzielt. Merke
4 Antibiotika (z.B. Abszess), ob virale Infektionen oder seltene Infektionen mit Erregern wie Legionellen, Chlamydien, Mykoplasmen bzw. ob Pilzinfektionen vorliegen. π Eine Therapie versagt, wenn Antibiotika zu kurz gegeben und zu häufig gewechselt werden (z.B. alle 2 Tage). Eine Wirkung mit Entfieberung wird meist erst nach 2–3 Tagen erzielt. n Merke. Die gezielte, zeitlich optimale antibiotische Behandlung chirurgischer Infektionen senkt zudem die Behandlungskosten.
Kalkulierte Therapie
4.6.2 Kalkulierte Therapie
4.6.2
Eine kalkulierte Therapie erfasst die wahrscheinlichsten Erreger einer Infektion vor Kenntnis der bakteriologischen Untersuchung.
Eine Antibiotikatherapie sollte erregerorientiert sofort nach der Diagnose einer Infektion als sogenannte kalkulierte Behandlung erfolgen, bevor das Ergebnis der bakteriologischen Untersuchung vorliegt, und richtet sich gegen die wahrscheinlichsten Erreger einer bestimmten Erkrankung. Die typischen Keimspektren der verschiedensten Infektionen müssen durch eine mikrobiologische Testung unter optimaler Erregerisolierung bekannt sein.
4.6.3 Gezielte Therapie
4.6.3
Die genaue Erfassung der verursachenden Erreger und der wirksamen Antibiotika im Antibiogramm erlaubt eine gezielte Therapie.
Die gezielte Erfassung von Erregern und wirksamen Antibiotika im Antibiogramm erlaubt eine Bekämpfung der Bakterien, die u. U. durch die kalkulierte Therapie ausgespart wurden und für eine Persistenz der Symptome verantwortlich sind.
Merke
Gezielte Therapie
n Merke. Eine Therapie bis zu 5 Tagen nach Entfieberung ist in den meisten Fällen (Ausnahme z.B. Tuberkulose) ausreichend. Dann sollte die Antibiotikagabe abgeschlossen werden, um der Selektion von Pilzen, von resistenten Bakterien und Nebenwirkungen entgegenzuwirken.
Synergismus
4.6.4 Synergismus
4.6.4
Synergismus beinhaltet die sich gegenseitig verstärkende antibakterielle Wirkung von z.B. Aminoglykosiden mit b -Lactam-Antibiotika. Dieser Mechanismus vermindert Nebenwirkungen und verzögert die Resistenzentwicklung.
Unter Synergismus versteht man die sich gegenseitig verstärkende antibakterielle Wirkung zweier Substanzen. Aminoglykoside als Beispiel wirken in Kombination mit bestimmten b-Lactam-Antibiotika (z.B. Piperacillin oder Ceftazidim) bei einigen Bakterien wie Pseudomonas, Enterobakterien oder Enterokokken synergistisch. Dieser Wirkungsmechanismus verzögert die Resistenzentwicklung und vermindert die u.a. nephrotoxischen Nebenwirkungen.
4.6.5 Nebenwirkungen
4.6.5
Lokale, systemisch-toxische, allergische und biologische Nebenwirkungen sind bei Antibiotika bekannt.
Antibiotika sind im Allgemeinen gut verträglich und weisen leichte und vorübergehende lokale oder systemische Nebenwirkungen auf, die selten einen vorzeitigen Therapieabbruch erfordern. Einige wenige Antibiotika sind durch eine erhöhte Toxizität und Nebenwirkungsrate gekennzeichnet. Neben toxischen sind allergische und biologische Nebenwirkungen bedeutsam. Lokale Unverträglichkeiten können nach intravenöser Anwendung auftreten. Schmerzen und Phlebitiden bis hin zur Thrombophlebitis bilden sich meist nach Venenkatheterwechsel und unspezifischen Maßnahmen (z.B. kühle Umschläge) zurück. Bei rascher intravenöser Gabe können Hitzegefühl, Schwindel und Übelkeit auftreten. Paravenöse Injektionen führen zu lokalen entzündlichen Reaktionen. Bei Antibiotika mit geringer therapeutischer Breite wie Aminoglykoside oder Vancomycin können toxische Nebenwirkungen (z.B. Nephro- oder
Phlebitiden, Schmerzen und lokale entzündliche Reaktionen in den Weichteilen sind lokale Unverträglichkeitsreaktionen.
Toxische Nebenwirkungen können durch Konzentrationsbestimmung
Nebenwirkungen
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65
4.6.5 Nebenwirkungen Ototoxizität) durch Serumspiegelbestimmungen vor bzw. nach Gabe minimiert werden. Effektive Spiegel sind auch Voraussetzung einer optimalen Therapie bei z.B. schwerkranken Patienten in der Sepsis. Bei Patienten mit einer Niereninsuffizienz, bei Säuglingen und Kindern können Nebenwirkungen vermindert werden. Bei Antibiotika, die renal ausgeschieden oder in der Leber verstoffwechselt werden, müssen die Substanzen bei Insuffizienz der Organe in ihrer Dosierung drastisch reduziert werden, um nephro- oder hepatotoxische Nebenwirkungen zu verhindern. Eine Verschlechterung der Nierenfunktion mit Verminderung der Kreatinin-Clearance oder ein Anstieg der Leberfunktionsparameter (GOT, GPT, alkalische Phosphatase) können bei z.B. Penicillinen, Cephalosporinen und Imipenem auftreten. Allergische Nebenwirkungen in Form von Exanthemen in Verbindung mit Hitzegefühl und Pruritus, Arzneimittelfieber, Gelenkschwellungen, Gesichts-, Zungen- oder Glottisschwellungen bis hin zum anaphylaktischen Schock sind bei Penicillinen häufig und kommen bei Cephalosporinen selten vor. Sie müssen vor Beginn einer erneuten Therapie anamnestisch erfragt werden. Biologische Nebenwirkungen entstehen durch Beeinflussung der normalen Bakterienflora auf Haut und Schleimhäuten mit Störung der Bakterienhomöostase und können z.B. eine Kolitis als Folge dieser Störung induzieren. Potente Antibiotika wie z.B. Breitspektrumcephalosporine oder Imipenem bewirken eine Selektion von Pilzen, da es aufgrund der breiten Wirksamkeit gegen aerobe und anaerobe Darmbakterien zu einer Imbalance und intestinalen Pilzüberwucherung kommt. In unterschiedlicher Häufigkeit können nahezu alle Antibiotika gastrointestinale Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Meteorismus oder Diarrhöen (mehr als 3 Entleerungen eines ungeformten Stuhls pro Tag) auslösen. Vor allem kommen Aminopenicilline und andere b-Lactam-Antibiotika mit breitem Wirkungsspektrum und hoher biliärer Ausscheidung in Betracht. Diarrhöen treten bei bis zu 10 % aller Patienten auf. Sie sind in den allermeisten Fällen eine harmlose Begleiterscheinung, können aber auch Ausdruck einer schweren pseudomembranösen Kolitis sein. Eine Differenzierung zwischen blander Diarrhö und einer pseudomembranösen Kolitis erfolgt durch eine Koloskopie. Clostridium difficile gilt als bedeutendster Erreger der Kolitis und das Enterotoxin von C. difficile als Hauptverursacher. Eine Kolonisierung und Infektion mit C. difficile ist u.a. Folge der Beseitigung von hemmender Darmflora, z.B. Enterokokken oder Laktobazillen, durch Antibiotika. Die pseudomembranöse Kolitis wird bei weit weniger als 1 % aller Patienten beobachtet. Die Symptomatik zeigt unterschiedliche Schweregrade mit Meteorismus, Erbrechen, schmerzhaften Diarrhöen bis zu schleimigen, wässrigen, eitrigen oder blutigen Durchfällen während oder bis 1 Monat nach der Therapie. Ein toxisches Megakolon oder Kolonperforationen sind selten. Die auslösenden Antibiotika sollten umgehend abgesetzt werden. Schwere Verläufe einer Kolitis werden mit Vancomycin oder Metronidazol oral therapiert. Allergische oder toxische Wirkungen auf das Blutbild mit Leukopenie, Anämie, Agranulozytose oder hämolytischer Anämie sind nach Absetzen des Antibiotikums (z.B. Cephalosporine, Aminoglykoside, Clindamycin, Vancomycin) reversibel. Blutgerinnungsstörungen (z.B. bei Cephalosporinen) oder neurotoxische Veränderungen wie Sehstörungen, Schwindel, Schlaflosigkeit, Krämpfe (z.B. bei Ciprofloxacin) sind weitere mögliche Nebenwirkungen von Antibiotika.
der Substanzen verringert werden.
Bei Nieren- oder Leberinsuffizienz müssen renal bzw. über die Leber ausgeschiedene Antibiotika in der Dosierung reduziert werden, um nephro- oder hepatotoxische Nebenwirkungen zu verhindern. Allergische Nebenwirkungen sind besonders bei Penicillinen bekannt.
Biologische Nebenwirkungen entstehen durch eine Störung der Bakterienhomöostase auf Haut und Schleimhäuten (z.B. Kolitis). Bei Antibiotika mit breiter Wirksamkeit gegen aerobe und anaerobe Darmbakterien kann eine Selektion von Pilzen hervorgerufen werden.
Diarrhöen und die pseudomembranöse Kolitis sind Ausdruck der veränderten Bakterienhomöostase unter Antibiotikatherapie mit Kolonisierung und Infektion durch Clostridium difficile. Bei der pseudomembranösen Kolitis sollen auslösende Antibiotika sofort abgesetzt werden.
Schwere Verläufe einer Kolitis werden mit Vancomycin oder Metronidazol oral therapiert. Allergische oder toxische Nebenwirkungen können sich in Blutbildveränderungen, Störung der Gerinnung oder neurotoxischen Veränderungen äußern.
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66 4.7
4 Antibiotika
Antibiotikaprophylaxe
Aufgabe der perioperativen Prophylaxe ist die Senkung der Wundinfektionsrate. Eine Eindosisprophylaxe mit Basiscephalosporinen bei Narkoseeinleitung erfüllt diese Aufgabe. Eine Kombination mit Metronidazol bei Anaerobierbeteiligung ist empfehlenswert.
4.7
Antibiotikaprophylaxe
Zur Prävention von Infektionen in der Chirurgie gelten primär die Regeln der Asepsis und Antisepsis. Durch eine perioperative Antibiotikaprophylaxe kann zudem bei Operationen mit erhöhtem Infektionsrisiko die Rate an Wundinfektionen signifikant gesenkt werden. Eine Eindosisprophylaxe bei Narkoseeinleitung bzw. eine wiederholte Gabe bei langandauernden Eingriffen (nach 2–3 Stunden) mit Basiscephalosporinen erfüllt das genannte Ziel, zum Zeitpunkt des chirurgischen Eingriffs, eine ausreichende Antibiotikakonzentration im Gewebe zu erreichen, um die Wundinfektionsrate zu senken. Eine Kombination mit z.B. Metronidazol bei Beteiligung von Anaerobiern ist empfehlenswert. n Merke. Eine einmalige Gabe ist ebenso effektiv wie eine mehrfache bzw. mehrtägige Gabe. Basiscephalosporine haben sich gegenüber Intermediär- oder Breitspektrumcephalosporinen als gleich wirksam erwiesen und erfassen alle zu erwartenden Erreger. Die kurze Dauer der Prophylaxe vermindert die Resistenzentwicklung sowie toxische Reaktionen und ist kostengünstig.
Merke
Eine Antibiotikaprophylaxe gegen Katheter- oder Dränageinfektion ist unmöglich, da eine Besiedlung mit Mikroorganismen nicht verhindert werden kann. Indikationen zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe zeigt 2 A-4.4.
Eine Antibiotikaprophylaxe gegen Katheter- oder Dränageinfektionen ist unmöglich, da eine Besiedlung mit Mikroorganismen nicht verhindert werden kann. 2 A-4.4 gibt eine Übersicht der anerkannten Indikationen zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe in der Chirurgie.
2 A-4.4
Indikationen zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe in der Chirurgie
n Operationen an Ösophagus und Magen/Duodenum N N Pankreas-, Leberresektionen (Operationen > 4 h) n n N N n N n N n N n N n
elektive Dickdarmchirurgie Appendektomie (akute Appendizitis) komplizierte Gallenwegschirurgie penetrierende abdominelle Verletzungen offene Frakturen Osteosynthesen bei Infektionsvorgeschichte, bei Operationen > 2 h
n Fremdkörperimplantation N N Risikofaktoren: n π Alter über 70 Jahre π Adipositas π Diabetes mellitus π Immunsuppression (z.B. Radiatio, Chemotherapie, Unterernährung)
4.8
Antimykotika
Pilzinfektionen gewinnen in der Chirurgie vor allem bei Immunsuppression und langandauernder Intensivtherapie an Bedeutung. Wesentlicher Risikofaktor der Intensivtherapie ist die Veränderung der Darmflora durch Antibiotika mit folgender Pilzselektion.
4.8
Antimykotika
Pilzinfektionen gewinnen in der Chirurgie insbesondere bei immunsupprimierten Patienten (z.B. Karzinomleiden, Zytostatikatherapie, nach Transplantation) und bei langandauernder Intensivtherapie zunehmend an Bedeutung. Ein wesentlicher Risikofaktor der Intensivtherapie ist die Veränderung der Darmflora durch Antazida zur Ulkusprophylaxe und vor allem durch Antibiotika mit der Folge einer Pilzselektion.
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4.8.3 Nebenwirkungen 4.8.1
Erreger
4.8.1 Erreger
Folgende fakultativ pathogene Pilze spielen bei Infektionen in der Chirurgie eine Rolle: π fakultativ pathogene Hefen (z.B. Candidaspezies) π fakultativ pathogene Schimmelpilze (z.B. Aspergillus).
4.8.2
Übersicht der Antimykotika
4.8.2 Übersicht der Antimykotika
Bei den Antimykotika ist zwischen einer lokalen, oralen/lokalen (z.B. Mund, Rachen) und einer systemischen Applikation zu unterscheiden. Eine Übersicht der bei Pilzinfektionen in der Chirurgie verwendeten Antimykotika gibt 2 A-4.5.
2 A-4.5
Handelsname (Beispiel)
N Amphotericin B n (in Kombination mit 5-Flucytosin)
Amphotericin BQ »Squibb« (+ AncotilQ )
N Nystatin n
MoronalQ
N Azole n oral/systemisch:
π π π
Itraconazol Fluconazol Clotrimazol
π π
Eine Übersicht der bei Pilzinfektionen in der Chirurgie verwendeten Antimykotika gibt 2 A-4.5.
π
Sempera Q DiflucanQ Canesten Q
Nystatin und Amphotericin B wirken durch eine Veränderung der Permeabilität der Zytoplasmamembran von Pilzen. Azole sind chemisch sehr unterschiedliche Derivate, die alle das Cytochrom-P 450-System hemmen. Die fungistatische Wirkung von Flucytosin beruht auf der Umwandlung in das Zytostatikum 5-Fluorouracil in der Pilzzelle. Mit Amphotericin B kombiniert wirkt es synergistisch. Nystatin kann aufgrund seiner Toxizität nur lokal oder oral verabreicht werden. Amphotericin B und Azole wie z.B. Itraconazol oder Fluconazol können sowohl oral als auch parenteral appliziert werden, während das Azol Clotrimazol z.B. nur zur lokalen Behandlung geeignet ist. In der systemischen Therapie bei lebensbedrohlichen Pilzinfektionen gilt Amphotericin B in Kombination mit Flucytosin als Therapie der Wahl. Azole wie z.B. das fungistatische Fluconazol stellen eine Alternative bei weniger schweren Infektionen dar. Amphotericin B muss aufgrund der hohen Toxizität langsam in der Dosis gesteigert werden und sollte einer strengen Indikationsstellung unterliegen. Eine parenterale Gabe von Amphotericin B bei Besiedlung von Haut oder Schleimhäuten ohne Hinweis einer systemischen Infektion ist aufgrund der Toxizität nicht indiziert.
4.8.3
Antimykotika werden lokal und systemisch appliziert.
Übersicht der Antimykotika
Generikum
lokal:
Candida- und Aspergillusspezies spielen eine Rolle.
Nebenwirkungen
Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen, Thrombophlebitis, nephrotoxische Nebenwirkungen wie z.B. Hämaturie, Proteinurie, Hyperkaliurie, Hypokaliämie, selten Arrhythmien, Blutbildungsstörungen oder Hepatotoxizität sind mögliche Nebenwirkungen von Amphotericin B. Aufgrund der hohen Toxizität sollte nach einer Initialdosis eine tägliche Dosissteigerung bis zur Höchstdosierung (cave: Niereninsuffizienz) erfolgen. Flucytosin kann reversible Blutbildungsstörungen, einen Anstieg der Leberenzyme und selten gastrointestinale oder ZNS-Nebenwirkungen hervorrufen. Nebenwirkungen von Fluconazol sind vorwiegend gastrointestinale und ZNS-Symptome, Exantheme und selten Leberfunktionsstörungen. Itracon-
Amphotericin B (+ Flucytosin), Nystatin und Azole werden bei Pilzinfektionen verwendet.
Nystatin kann aufgrund seiner Toxizität nur lokal oder oral verabreicht werden. Amphotericin B sowie Itraconazol und Fluconazol dagegen sowohl oral als auch parenteral. Clotrimazol ist nur lokal geeignet. Amphotericin B in Kombination mit Flucytosin gilt als das Mittel der Wahl bei schweren systemischen Pilzinfektionen.
4.8.3 Nebenwirkungen Amphotericin B: Fieber, Erbrechen, nephrotoxische und hepatotoxische Nebenwirkungen sowie Blutbildungsstörungen.
Flucytosin: Blutbildungsstörungen, Leberenzymanstieg, gastrointestinale und ZNS-Symptome. Fluconazol: gastrointestinale und ZNS-Symptome, Exantheme.
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4 Antibiotika
Itraconazol: Bluthochdruck, Hypokaliämie, Nebenniereninsuffizienz.
azol kann ferner bei hoher Dosierung Bluthochdruck, schwere Hypokaliämien und eine Nebenniereninsuffizienz verursachen.
4.8.4 Therapie
4.8.4
Einen Überblick der Indikationen zur Antimykotikatherapie gibt 2 A-4.6.
Einen Überblick der Indikationen zur Antimykotikatherapie bei lokalen und systemischen Infektionen gibt 2 A-4.6.
Therapie
2 A-4.6
Indikationen zur Antimykotikatherapie
Erreger
Infektionsort
Medikament
Candidaspezies
N Haut n
π π π
N Schleimhaut n
π π π
N Atemwege n
π
π
N Harntrakt n
π
π
N Sepsis n
π
π
Aspergillus
π
π
Nystatin Amphotericin B Clotrimazol Azole Nystatin Amphotericin B Amphotericin B + 5-Flucytosin Fluconazol Amphotericin B + 5-Flucytosin Fluconazol Amphotericin B + 5-Flucytosin Fluconazol Amphotericin B + 5-Fluorcytosin Itraconazol
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Schock
5
5
Schock
Pathophysiologie
Andreas Hückstädt 5.1
Pathophysiologie
5.1
5.1.1
Einführung
5.1.1 Einführung
n Definition. Der Schock ist definiert als akute Minderdurchblutung (Ischämie) des Gesamtorganismus und beruht auf einem – durch körpereigene Gegenregulation nur kurzfristig kompensierbaren – Ungleichgewicht von Sauerstoffangebot und Sauerstoffbedarf.
Das Vollbild des Schocks geht mit einer Sauerstoff- und Substratminderversorgung der Zellen lebenswichtiger Organe einher und führt unbehandelt zum Multiorganversagen und zum Tod. Entsprechend der Ätiologie und der zugrunde liegenden Pathophysiologie unterscheidet man folgende Schockformen ( 2 A-5.1): π Volumenmangelschock π septischer, septisch-toxischer Schock π anaphylaktischer Schock π kardiogener Schock π seltene Schockformen. Ob ein Schock reversibel verläuft oder ob er irreversibel bzw. therapierefraktär ist, d.h. ob sich durch die Therapie das Organversagen nicht verhindern lässt, hängt von der Dauer der einwirkenden Noxe, der individuellen Reaktion des Organismus und dem Zeitpunkt der einsetzenden Therapie ab. Mit der Möglichkeit des frühzeitigen, präklinischen Beginns der Therapie trägt das moderne Rettungswesen sehr viel zur Vermeidung von Folgeschäden durch Schockzustände bei. n Merke. Versäumnisse am Anfang der Therapie haben schwere Organschäden, einen langwierigen Krankheitsverlauf und eine schlechte Prognose zur Folge.
Vom Schock abzugrenzen ist der orthostatische Kollaps. Er geht zwar mit Blutdruckabfall einher, ist aber spontan reversibel und führt nicht zu bleibenden Organschäden.
5.1.2
Störungen der Makro- und Mikrozirkulation
Störungen der Makro- und Mikrozirkulation im Schock zeigt
1
Definition
Der Schock führt unbehandelt zum Multiorganversagen und zum Tod. Man unterscheidet ( 2 A-5.1): π π π π π
Volumenmangelschock septischer, septisch-toxischer Schock anaphylaktischer Schock kardiogener Schock seltene Schockformen.
Ein Schock kann reversibel oder irreversibel, d.h. therapierefraktär sein. Entscheidend für den Verlauf sind die Dauer der Noxe, die Reaktion des Organismus und der Zeitpunkt des Therapiebeginns.
Merke
Abzugrenzen ist die orthostatische Dysregulation. Sie ist kein Schockzustand und führt nicht zu Organschäden. 5.1.2 Störungen der Makro- und Mikrozirkulation ( 1 A-5.1).
A-5.1.
Makrozirkulationsstörung
Makrozirkulationsstörung
Im Schock liegt ein im Verhältnis zum Bedarf des Körpers reduziertes Herzminutenvolumen vor. Ursächlich sind eine verringerte Herzleistung, eine Verminderung des Blutvolumens und/oder ein Verlust des Gefäßtonus. Es kommt zu einer Minderperfusion der kapillaren Strombahn. Der Organismus versucht durch sympathoadrenerge Gegenregulation dem verminderten Herzzeitvolumen und der Hypotonie entgegenzusteuern. Die vermehrte Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin, die neben anderen »Stresshormonen« (ADH, STH, Renin-Angiotensin, Glukokortikoide u.a.) exzessiv ausgeschüttet werden, bewirkt eine periphere Vasokonstriktion. Dies führt zur Zentralisation des Kreislaufes: Das verminderte Herzzeitvolumen wird auf Kosten der Durchblutung des Splanchnikusgebietes, der
Dem Schock liegt ein reduziertes Herzzeitvolumen mit kapillarer Minderperfusion zugrunde. Die Ursachen sind eine Verringerung der Herzleistung, Verminderung des Blutvolumens und/oder der Verlust des Gefäßtonus. Die sympathoadrenerge Gegenregulation verursacht eine periphere Vasokonstriktion mit Umverteilung der Durchblutung zugunsten von Herz und Gehirn auf Kosten von Splanchnikus-
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5 Schock
2 A-5.1
Die verschiedenen Schockformen und ihre Ursachen
Schockform
Ursachen
Volumenmangelschock N hypovolämischer Schock n
N Verluste von Wasser und Elektrolyten, Plasma und/oder n Blut ohne wesentliches Trauma π prolongiertes Erbrechen π Diarrhö π Ileus π Aszitesbildung π gastrointestinale Blutung π Blutungen bei Gerinnungsstörungen π Blutungen in der Geburtshilfe π intra- und postoperative Blutverluste
N traumatisch-hämorrhagischer Schock n
N Verluste von Blut bei schwerem Trauma n π Polytrauma π Rupturen innerer Organe π Frakturen des Beckens oder großer Röhrenknochen π Gefäßverletzungen, Aneurysmarupturen
N Verbrennungsschock n
N Verbrennungen (2.–3. Grades > 15–20 % der Körperobern fläche)
N septischer, septisch-toxischer Schock n
N Infektionen durch Mikroorganismen, Toxinwirkung n π Peritonitis π Pankreatitis π Cholezystitis, Cholangitis π Pyelonephritis π Pneumonie π Infektionen durch Fremdmaterial (z.B. Venenkatheter) π Infektionen bei Immunsuppression π Verbrennungskrankheit
N anaphylaktischer Schock n
N anaphylaktisch-anaphylaktoide Reaktionen n π Fremdeiweiß (Blutprodukte, Antisera) π Insektengifte π Medikamente (Antibiotika, Analgetika, Lokalanästhetika u.v.a.) π Röntgenkontrastmittel
N kardiogener Schock n
N kardiale Ursachen n π Myokardinfarkt π Kardiomyopathie π maligne Herzrhythmusstörungen π Herzvitien π low cardiac output nach Herzoperation N extrakardiale Ursachen n π Lungenembolie π Perikardtamponade π Spannungspneumothorax
seltene Schockformen N neurogener Schock n
N endokriner Schock n
N Intoxikationsschock n
N ZNS-Dysfunktionen n π Trauma (Rückenmark, Hirnstamm) π Tumoren π Meningitis, Enzephalitis π totale Spinal- oder Epiduralanästhesie N Hormonunter- oder -überfunktionen n π Addison-Krise π akute Hypophysenvorderlappeninsuffizienz π Coma diabeticum π thyreotoxische Krise π akutes Cushing-Syndrom π Diabetes insipidus π akuter Hypoparathyreoidismus N Vergiftungen n π Medikamente, Gifte u.a.
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71
5.1.2 Störungen der Makro- und Mikrozirkulation
1 A-5.1
Synopsis Pathophysiologie des Schocks
Volumenverlust
Vasodilatation (Sepsis)
Verminderung des venösen Rückstromes
Plasmaverlust Pooling
Vasomotion Dilatation der präkapillaren Sphinkter
Freisetzung von Kininen, Zytokinen (Interleukine, TNF), PAF, Arachidonsäuremetaboliten
kardiales Versagen
reduziertes Herzzeitvolumen (in Relation zum Bedarf)
Stress, Schmerz
ZNS
Makrozirkulationsstörung
sympathoadrenegene Reaktion (Konstriktion der prä- und postkapillaren Sphinkter)
Zellfunktionsstörung
disproportionale Verteilung des HZV
Mikrozirkulationsstörung
Abnahme der Zellnutrition
Gerinnungsaktivierung DIC Reaktion der Leukozyten Endothelschädigung
Hypoxie, Azidose
Organdysfunktion (Niere, Lunge, Leber, Darm, ZNS)
irreversibles Multiorganversagen (MOV)
Unabhängig von der Ursache mündet der unbehandelte Schock infolge von Störungen der Makro- und Mikrozirkulation über Organdysfunktionen in das irreversible Multiorganversagen.
Muskulatur, der Haut und der Nieren zugunsten von Gehirn und Herz umverteilt ( 1 A-5.1). Die Zentralisation kann aber einen Abfall des Herzzeitvolumens und die resultierende Hypotonie nur kurzfristig kompensieren. Sie verstärkt die Störungen der Makrozirkulation in den jetzt minderperfundierten Organen.
gebiet, Haut, Muskulatur und Nieren. (Zentralisation) ( 1 A-5.1).
Mikrozirkulationsstörung
Mikrozirkulationsstörung
Anfänglich findet sich eine kombinierte (prä- und postkapillare) Vasokonstriktion mit drastischer Einschränkung der Kapillardurchblutung. Es resultieren eine inhomogene Verteilung und eine Verlangsamung des Blutstromes. Dabei kommt es – als körpereigene Kompensation des verminderten Blutvolumens – zum Einstrom von Gewebeflüssigkeit in das Gefäßsystem.
Zu Beginn des Schockgeschehens kommt es zu einer prä- und postkapillaren Vasokonstriktion. Gewebeflüssigkeit strömt in das Kapillarbett. Ohne Therapie entwickelt sich eine zuneh-
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72 mende metabolische Azidose durch in großen Mengen anfallendes Laktat. Die Ansprechbarkeit der Rezeptoren auf Katecholamine nimmt stark ab. Im weiteren Verlauf resultiert eine präkapillare Vasodilatation bei fortbestehender postkapillarer Vasokonstriktion. Der Strom der Gewebeflüssigkeit kehrt sich bei länger andauernder Gewebehypoxie um: es entwickelt sich ein Gewebeödem, und der Blutfluss stagniert. Der Schock wird therapierefraktär ( 1 A-5.2).
5 Schock Wenn die Schockursache persistiert oder die Kompensationsmechanismen nicht ausreichen, führt die zunehmende Minderversorung der Zellen mit Sauerstoff und Substraten zur metabolischen Azidose. Die Azidose ist Ausdruck der Umstellung des Zellstoffwechsels von der aeroben zur anaeroben Glykolyse. Das in großer Menge anfallende Laktat löst die Konstriktion der präkapillaren Sphinkter, da die Ansprechbarkeit der a-Rezeptoren auf Katecholamine im sauren Milieu stark nachlässt. Bei gleichzeitigem Fortbestehen der postkapillaren Vasokonstriktion (Ausstrombehinderung durch Aggregation von Zellen im Blutstrom) und einer hypoxisch bedingten Steigerung der Gefäßpermeabilität entwickelt sich durch Flüssigkeits-, Protein- und Ionenverlust in das Interstitium ein Gewebeödem, welches die Zellhypoxie weiter verstärkt. In dem Kapillargebiet kommt es zur Stase des Blutflusses. Das Schockgeschehen mündet in einen Circulus vitiosus, und der Schock geht vom reversiblen in den therapierefraktären Zustand über ( 1 A-5.2).
1 A-5.2
Synopsis Schockspezifische Vasomotion
Kapillarbett Arteriolen
Venolen
Normalzustand: Der Flüssigkeitseinstrom aus dem Gewebe in das Kapillarbett steht mit dem Flüssigkeitsausstrom aus dem Gefäßsystem in das Gewebe im Gleichgewicht.
Phase der kombinierten Vasokonstriktion im Schock: Der Flüssigkeitsstrom ist als Kompensation der intravasalen Volumenverminderung aus dem Gewebe in das Kapillarbett gerichtet.
Phase der präkapillaren Vasodilatation im Schock: Bei Fortbestehen der postkapillaren Vasokonstriktion tritt Flüssigkeit aus dem Kapillarbett in das Gewebe mit Ödembildung, Stase und Zellhypoxie.
Schockmediatoren
5.1.3 Schockmediatoren
5.1.3
Als Schockfolge kommt es neben der Aktivierung der Gerinnung (lokal, später auch disseminiert) zu einer Aggregation von Thrombozyten und
Im Gefolge der Stase, der Gewebsazidose und der Einschwemmung von Gewebsthromboplastin kommt es zu einer – zunächst nur lokalen – Aktivierung des Gerinnungssystems. Durch ein gestörtes Gleichgewicht pro- und antikoagulatorischer Aktivität kann im weiteren Verlauf eine disseminierte
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73
5.1.4 Schockspezifische Organ- und Stoffwechselstörungen intravasale Gerinnung (DIC) ausgelöst werden. Aus Thrombozytenaggregaten, aktivierten Leukozyten und geschädigten Endothelzellen werden hochwirksame, zelltoxische Substanzen freigesetzt, die man zusammenfassend Schockmediatoren nennt. Diesen Substanzen (z.B. Gerinnungsfaktoren, Komplementfaktoren, Kinine, Zytokine [Interleukine, Tumornekrosefaktor – TNF], plättchenaktivierender Faktor [PAF], Arachidonsäuremetabolite [Thromboxan, Prostaglandine], Endorphine) kommt eine zentrale Rolle in der Entstehung der schockbedingten Organfunktionsstörungen zu, die bis zum terminalen Multiorganversagen führen können. Die Funktionsminderung oder der Funktionsverlust eines oder mehrerer Organe tritt meist mit einer Verzögerung von Stunden oder Tagen nach dem auslösenden Schockereignis auf.
5.1.4
Schockspezifische Organ- und Stoffwechselstörungen
n Merke. Das Organversagen nach einem Schockereignis betrifft die Lunge, die Nieren, die Leber, den Magen-Darm-Trakt, das Gehirn und das Immunsystem. Man unterscheidet Einschränkungen der Organstoffwechselleistung im Schock (Organ im Schock), die funktionell und reversibel sind, und strukturelle Veränderungen der Organe bei protrahiertem Schockgeschehen (Schockorgan, z.B. Schocklunge, Schockniere), die schwer oder gar nicht reversibel sind.
Leukozyten mit Schädigung von Endothelzellen und der Freisetzung zelltoxischer Substanzen (Schockmediatoren). Diese Mediatoren (z.B. Gerinnungsfaktoren, Komplementfaktoren, Kinine, Zytokine, plättchenaktivierender Faktor, Arachidonsäuremetabolite) sind mitverantwortlich für schockbedingte Organfunktionsstörungen oder Organversagen.
5.1.4 Schockspezifische Organund Stoffwechselstörungen Merke
Lunge
Lunge
In der Frühphase des Schocks ist das Ventilations-Perfusions-Verhältnis infolge pulmonaler Hypoperfusion (HZV-Reduktion) verändert. Mit sinkendem arteriellen PO2 setzt eine kompensatorische Hyperventilation (Abfall des PCO2, Hypokapnie) ein. Bei anhaltender Erniedrigung des Herzzeitvolumens, Azidose, Stase und Hyperventilation mit kleinen Atemzugvolumina kommt es über Ausbildung von Atelektasen zu einer weiteren Abnahme des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses mit Erhöhung des intrapulmonalen Rechts-links-Shunts. Die arterielle Hypoxie nimmt zu. Die pulmonale Vasokonstriktion setzt zusammen mit einer Thrombozytenund Granulozytenaggregation und Mikrothrombenbildung (klinisch: Anstieg des Pulmonalarteriendruckes) als Reaktion auf die Hypoxie ein. Verminderung des Surfactant fördert weitere Atelektasenbildung (klinisch: ausgeprägte arterielle Hypoxie bei deutlich reduzierter pulmonaler Compliance). Die Mediatorenaktivierung mit Kapillarendothelschädigung (klinisch: diffuses interstititelles und alveoläres Lungenödem) führt zu einer strukturellen, nur schwer reversiblen Lungenschädigung, dem ARDS (adult respiratory distress syndrome; früher bezeichnet als »Schocklunge«). Im weiteren Verlauf imponiert neben der gestörten O2-Aufnahme eine zunehmende Beeinträchtigung der CO 2-Abgabe mit Entwicklung einer Hyperkapnie. Wird das Lungenödem nicht therapiert und persistiert die arterielle Hypoxie, entwickelt sich ein Circulus vitiosus mit morphologischer Schädigung: Das Lungengerüst verändert sich schließlich im Sinne einer Lungenfibrose. Diesem Verlauf kann iatrogen durch falsche Therapiestrategie (unter der Beatmung hohe inspiratorische Drücke und unnötig hohe Sauerstoffkonzentration) Vorschub geleistet werden. Das ARDS hat bei voll ausgebildetem Krankheitsbild auch heute noch eine Letalität von 50–80 %. Die frühzeitige, adäquate Therapie ist für Prognose und Verlauf entscheidend. Wird das ARDS überlebt, können alle Veränderungen der Lunge nach Monaten bis Jahren komplett reversibel sein.
Die funktionellen Veränderungen in der Lunge im Schock führen über eine anfänglich milde Hypoxie zur Hyperventilation, im weiteren Verlauf zur massiven Hypoxie.
Bei anhaltender Schädigung der Lunge bildet sich das ARDS (früher: Schocklunge) aus, das mit schwerer arterieller Hypoxie, drastischer Einschränkung der pulmonalen Compliance und deutlich erhöhten Pulmonalarteriendrücken einhergeht.
Im Spätstadium verändert sich das Lungengerüst.
Die Letalität des ARDS beträgt 50–80 %. Bei Überlebenden können die Lungenveränderungen komplett reversibel sein.
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5 Schock
1 A-5.3
Röntgenaufnahme bei ARDS (»weiße Lunge«) Thorax im Liegen a.p.
Klinischer Fall 1 A-5.3 zeigt ein Röntgenbild des Thorax bei vollausgeprägtem ARDS (»weiße Lunge«). Der 28-jährige Patient (180 cm, 85 kg) war 48 Stunden zuvor mit beidseitiger Oberschenkelfraktur, Milzruptur und Lungenkontusion im Schock aufgenommen worden. Primär wurden eine Splenektomie und die Fixation der Frakturen durchgeführt. Beatmungsparameter zu Beginn der Therapie: inspiratorische O2-Konzentration 80 %, pinsp 33 mmHg, Atemzeitverhältnis 2,5:1, PEEP 12 mmHg, Atemfrequenz
22/min, Atemzugvolumen 470 ml. Arterielle Blutgasanalyse als Ausdruck schwerer Störung des pulmonalen Gasaustausches: PO2 70 mmHg, PCO2 54 mmHg, SaO2 92,7 %. Bei druckgesteuerter Beatmung mit positivem endexspiratorischem Druck (PEEP), forcierter Diurese und Lagerungstherapie (intermittierende Bauchlage) ist das ARDS innerhalb von 6 Tagen reversibel, und der Patient kann am 9. Tag der Spontanatmung zugeführt werden.
Nieren
Nieren
Ein akutes Nierenversagen ist zu 80 % schockbedingt. Durch renale Vasokonstriktion (Vas afferens) sistiert die Urinauscheidung als wichtige Kompensation in der Frühphase des Schocks (Niere im Schock). Eine Ischämie von 60–120 Minuten kann von gesunden Nieren bei guter Reversibilität toleriert werden. Längere Hypoperfusion der Nieren (> 2 h) führen zu Obstruktion der Tubuli, Einblutungen und Tubuluszellnekrosen (Schockniere).
Ein akutes Nierenversagen (ANV) ist zu 80 % schockbedingt. Die renale Hypoperfusion durch die sympathoadrenerge Konstriktion des Vas afferens führt schnell zu einem Sistieren der Urinausscheidung und ist in der Frühphase des Schocks ein wichtiger Kompensationsmechanismus (Niere im Schock). Gesunde Nieren tolerieren eine inkomplette Ischämie im Schock bei normaler Körpertemperatur über 60–120 Minuten bei voller Reversibilität der Funktionseinschränkung. Bei weiterbestehendem Schockgeschehen werden aus den funktionellen Veränderungen strukturelle Schäden (Schockniere). Die tubuläre Hypoxie führt zur Obstruktion der Tubuli mit Zylinderbildung, Hemmung der Natriumrückresorption und Aktivierung des Renin-Angiotensin-AldosteronSystems, das die Vasokonstriktion des Vas afferens unterhält. Es folgen interstitielle Einblutungen und Tubuluszellnekrosen.
Leber
Leber
Die im Schock verminderte Durchblutung der Leber führt zuerst zur Funktionseinschränkung (verminderte Produktion von Gerinnungsfaktoren, herabgesetzte Elimination von Toxinen), dann zu zellulären Schädigungen wie Verfettung und Nekrosen (Schockleber). Klinisches Leitsymptom der Schockleber ist der »postaggressive« Ikterus.
Die Leberdurchblutung wird durch den reduzierten Zufluss sowohl über die A. hepatica als auch über die V. portae im Schock gedrosselt. Die Reduktion der Leberperfusion beeinträchtigt wichtige Leberfunktionen. Sie führt zur Verminderung der Synthese von Gerinnungsfaktoren, Herabsetzung der Laktataufnahme und -metabolisierung (Unterhaltung der metabolischen Azidose) sowie Einschränkung der Clearancefunktion des RES für Bakterien und Toxine. Länger anhaltender Sauerstoffmangel der Leber (hier gibt es keine feste zeitliche Zuordnung) führt zu zentraler Verfettung, Vakuolisierung und lobulärer Nekrose (Schockleber). Klinisches Leitsymptom der Schockleber ist der »postaggressive« Ikterus.
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5.1.4 Schockspezifische Organ- und Stoffwechselstörungen
Gastrointestinaltrakt Die Durchblutung des Splanchnikusgebietes wird vor allem durch a-adrenerge Innervation gesteuert. Daher ist das Versorgungsgebiet der A. mesenterica superior von der sympathoadrenergen Reaktion des Organismus im Schock besonders stark betroffen. Als Folge der Mikrozirkulationsstörung und Endothelläsion erhöht sich die Permeabilität der Intestinalgefäße, und es bildet sich ein interstitielles Ödem der gesamten Darmwand aus. Große Flüssigkeitsmengen (mehrere Liter!) können in die Darmwand, das Darmlumen und sogar in die Peritonealhöhle übertreten und eine bestehende Hypovolämie verstärken. Hiermit sind häufig ausgeprägte Motilitätsstörungen des Magen-Darm-Traktes (Darmatonie) verbunden. Im oberen Gastrointestinaltrakt kann es zu ischämisch bedingten Ulzerationen und sekundär zu Blutungen kommen. Ebenso können eine ischämische Kolitis, eine akute Pankreatitis oder eine Cholezystitis als Schockfolge auftreten. Die Minderdurchblutung der Darmwand verursacht einen Zusammenbruch der Mukosabarriere, wodurch die Möglichkeit des Übertrittes von Bakterien und Endotoxinen aus dem Darmlumen in die Blutbahn gegeben ist. In Verbindung mit der reduzierten Clearancefunktion des RES in der Leber kann sich aus einem primär nichtseptischen Zustandsbild (z.B. kardiogener oder traumatisch-hämorrhagischer Schock) eine Sepsis oder sogar ein septischtoxischer Schock entwickeln. Dieser als Translokation bezeichnete Vorgang wird beim Menschen als mögliche Mitursache eines Multiorganversagens nach einem Schock angesehen. n Merke. Eine nach Trauma und Schock frühzeitig wiederhergestellte normale gastrointestinale Funktion mit Beseitigung einer bestehenden Darmatonie und alsbaldiger enteraler Ernährung ist geeignet, Häufigkeit und Schwere posttraumatischer Infektionen zu verringern.
Gastrointestinaltrakt Der Gastrointestinaltrakt reagiert sehr ausgeprägt auf die sympathoadrenerge Reaktion im Schock mit Ausbildung eines interstitiellen Ödems der gesamten Darmwand (dadurch weitere Verstärkung der Hypovolämie) und mit Störung der Darmmotilität. Der Übertritt von Flüssigkeit in das Darmlumen und die Peritonealhöhle verstärkt die Hypovolämie.
Ein Schock kann zu Ulzerationen, Blutungen und Veränderungen an Kolon, Pankreas und Gallenblase führen. Infolge der Ischämie der Darmepithelien kommt es zum Zusammenbruch der Mukosabarriere und somit zum Übertritt von Toxinen und Bakterien in die Blutbahn (sog. Translokation). Sie scheint Mitursache eines Multiorganversagens nach einem Schock zu sein.
Merke
Immunsystem
Immunsystem
Postoperativ und posttraumatisch ist die humorale Abwehr geschwächt und das retikulohistiozytäre System durch den vermehrten Anfall von Gewebetrümmern überlastet. Es entsteht eine Immunsuppression mit dem Risiko nachfolgender Infektionen und Sepsis (insbesondere nach traumatischhämorrhagischem Schock).
Als Schockfolge tritt eine Störung der Immunabwehr im Sinne einer Immunsuppression auf (Risiko: nachfolgende Infektionen und Sepsis).
Gehirn
Gehirn
In der Frühphase des Schocks bleibt die Gehirndurchblutung infolge der Autoregulation konstant, die einen gleichbleibenden zerebralen Blutfluss bei arteriellen Mitteldrücken zwischen 60 und 150 mmHg gewährleistet. Durch die Kreislaufzentralisation nimmt der relative Anteil der Gehirndurchblutung am verminderten Herzzeitvolumen zu. Durch zusätzlich vermehrte O2-Ausschöpfung kann die Sauerstoffversorgung anfänglich gewährleistet werden. Bei weiterem Abfall des arteriellen Blutdrucks mit Zunahme der arteriellen Hypoxie und der Azidose wird die Autoregulation aufgehoben und die Durchblutung des Gehirns erfolgt perfusionsdruckabhängig. Die resultierende zerebrale Minderperfusion führt zu Bewusstseinsstörungen und ohne suffiziente Therapie im weiteren Verlauf zu irreversiblen Schädigungen des Gehirns.
Anfänglich hält die Autoregulation der Hirnperfusion die zerebrale Durchblutung konstant. Durch Zentralisation nimmt ihr Anteil am (verminderten) HZV zu. Die O2 -Ausschöpfung ist anfänglich gesteigert. Wird die Autoregulation bei weiterbestehendem Schock aufgehoben, treten Bewusstseinsstörungen und irreversible Hirnschäden auf.
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5 Schock
5.2
Diagnostik
Klinische Diagnose. Sie erfolgt durch die Erhebung von: π Pulsqualität und Herzfrequenz π Blutdruck und Blutdruckamplitude π Beurteilung der Kapillarfüllungszeit π Venenfüllung π Hautfarbe π Atemfrequenz und -tiefe π Bewusstseinslage π Eigen- oder Fremdanamnese. Kardinalsymptome des Schock sind Tachykardie und verminderte Blutdruckamplitude. Hinzu kommen blasszyanotische kaltschweißige Haut (nicht beim hyperdynamen septischen Schock), Tachypnoe, verlängerte kapillare Füllungszeit und reduzierte Venenfüllung. Der Patient ist unruhig, ängstlich und wird zunehmend somnolent. Apparative Diagnose. Die Anlage eines Pulmonalarterienkatheters ermöglicht die Differenzialdiagnose einzelner Schockformen ( 2 A-5.2) und dient der Therapieüberwachung.
2 A-5.2
Diagnostik
Klinische Diagnose. Auf den folgenden mit wenigen Hilfsmitteln zu erfas-
senden Parametern fußt die frühzeitige Diagnose: Pulsqualität und Herzfrequenz π Blutdruck und Blutdruckamplitude π Beurteilung der Kapillarfüllungszeit π Venenfüllung π Hautfarbe π Atemfrequenz und Atemtiefe π Bewusstseinslage π Eigen- oder Fremdanamnese. Frühe Kardinalsymptome des Schocks sind die Tachykardie (HF > 100–120/ min) und die verminderte Blutdruckamplitude (< 30 mmHg), während der systolische Blutdruck noch im Normalbereich liegen kann. Ferner ist der Schockzustand erkennbar an einer blasszyanotischen, schlecht durchbluteten, kaltschweißigen Haut (nicht beim hyperdynamen septischen Schock; s. S. 86) und tachypnoische, flache Atmung. Der Patient sieht »schockig« aus, ist unruhig, ängstlich und verwirrt. Die kapillare Füllungszeit ist deutlich verlängert, die Venenfüllung reduziert. Im weiteren Verlauf trübt das Bewusstsein des Patienten ein. π
Apparative Diagnose. Es ist oftmals notwendig, die Differenzialdiagnose
der einzelnen Schockformen und den Grad der Schockausprägung mit der Anlage eines Pulmonalarterienkatheters (PAK) zu erfassen. Über diesen werden das Herzzeitvolumen, der Herzindex, das Schlagvolumen, der Schlagindex, der pulmonalarterielle Druck, der pulmonalkapillare Verschlussdruck (»Wedge-Druck«), die gemischtvenöse Sauerstoffsättigung und ggf. die rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion ermittelt. Die Befunde bei den verschiedenen Schockformen zeigt 2 A-5.2.
Hämodynamische Parameter im Schock. Veränderungen hämodynamischer Größen bei den verschiedenen Schockformen
Normalwerte N Volumenmangeln schock
Intravasales Volumen
MAP
HF
70–80 ml/kg KG
80–95 mmHg
80–95/ min
CI
TPR
2,5–3,5 900–2000 l/min/m2 KOF dyn « s « cm –5
4–8 mmHg
12–18 mmHg
/
hypodynam
N anaphylaktischer n Schock
PCWP
/
N septischer Schock n π hyperdynam π
ZVD
/ /
N kardiogener n Schock
/
/
MAP = mittlerer arterieller Blutdruck, HF = Herzfrequenz, CI = Herzindex, TPR = total-peripherer Gefäßwiderstand, ZVD = zentralvenöser Druck, PCWP = pulmonalkapillarer Verschlußdruck. /
Merke
: erniedrigt oder stark erniedrigt,
: unverändert, /
: erhöht oder stark erhöht.
n Merke. Die arterielle und pulmonalarterielle Druckmessung sowie die Bestimmung des Herzzeitvolumens ermöglichen die Analyse der meisten Kreislaufstörungen und die Überwachung ihrer Therapie.
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5.3 Allgemeine Therapierichtlinien Ferner sollten zur Abschätzung der Schwere eines Schockzustandes folgende Laboruntersuchungen durchgeführt werden: π arterielle und/oder zentral- bzw. gemischtvenöse Blutgasanalyse mit Bestimmung von pH, Sauerstoffsättigung, PO2 und PCO2 π Hämatokrit bzw. Hämoglobinkonzentration π Laktat. Laborparameter, die durch Schock ausgelöste Organinsuffizienzen anzeigen, haben in der Akutphase keine Aussagekraft und werden erst nach 12–24 Stunden relevant. Dann sind Enzymdiagnostik (GOT, GPT, GLDH) für die Einschätzung des Ausmaßes eines Leberschadens und Bestimmung von Kreatinin- und Harnstoffkonzentration im Serum für die Einschätzung der Nierenfunktion wichtig.
5.3
Allgemeine Therapierichtlinien
n Merke. Die Vermeidung des Schocks durch frühzeitige Diagnosestellung und rasche sowie effektive Behandlung der Frühstadien ist das entscheidende therapeutische Prinzip. Je eher die Therapie zum Erfolg führt, desto weniger Folgeschäden treten bei einem Schockpatienten auf. Nach zügiger Statuserhebung ist sofort mit einer effektiven Therapie zu beginnen!
Das Ziel einer jeden Schockbehandlung ist die Beseitigung der Ursache und die Wiederherstellung einer ausreichenden Versorgung der Gewebe mit Sauerstoff. Das Sauerstoffangebot des Organismus, das abhängig ist von π Herzzeitvolumen π arterieller Sauerstoffsättigung π Hämoglobinkonzentration sollte in der Frühphase nach einem Schock bis 30 % oberhalb des Normalen liegen (Normalwert: 550–650 ml/min/m2 KOF). Zugleich muss zur Sicherstellung der Perfusion der Organe und zur Vermeidung von Organversagen ein ausreichender mittlerer arterieller Blutdruck vorliegen. n Merke. Die Zielgrößen sind: mittlerer arterieller Druck > 70 mmHg π pulmonalkapillarer Verschlußdruck 14–18 mmHg π zentralvenöser Druck 10–12 mmHg π Hämoglobinkonzentration 10–12 g/dl π arterielle Sauerstoffsättigung ≥ 96 % π Herzindex im nichtseptischen Schock > 2,2 l/min/m 2 , im septischen Schock > 4,5 l/min/m2 π Laktatspiegel im Blut < 1,8 mmol/l π Urinausscheidung > 1 ml/kg KG/h.
An Laboruntersuchungen sind Blutgasanalysen und Bestimmungen von Hämatokrit und Laktatkonzentration wichtig.
Die Enzymdiagnostik bzw. die Bestimmung von Kreatinin- und Harnstoffkonzentration im Serum zur Feststellung von Leber- oder Nierenschäden durch Schock sind erst nach 12–24 Stunden relevant.
5.3
Allgemeine Therapierichtlinien
Merke
Die Beseitigung der Schockursache und die Wiederherstellung einer ausreichenden Sauerstoffversorgung der Gewebe sind Ziel der Schocktherapie. Ein Sauerstoffangebot bis 30 % oberhalb der Norm sollte in der Frühphase nach einem Schock angestrebt werden. Ausreichender arterieller Blutdruck ist essenziell.
Merke
π
Sauerstofftherapie
Sauerstofftherapie
Als erste Maßnahme der Schockbehandlung wird eine Sauerstoffzufuhr durchgeführt, um eine bestehende arterielle Hypoxie zu beheben. Dies erfolgt über eine Sauerstoffmaske mit Zufuhr von 8–10 l O2 pro Minute oder nach endotrachealer Intubation durch kontrollierte Beatmung mit einer inspiratorischen Sauerstoffkonzentration von 100 %.
Über Maske oder durch kontrollierte Beatmung wird für eine ausreichende Sauerstoffzufuhr gesorgt.
Volumentherapie
Volumentherapie
Die einfachste Form der Volumentherapie besteht in Beinhochlagerung, Kopftieflage und der Anwendung von Kompressionshosen. Nach Anlegen mehrerer großlumiger peripherer Venenzugänge wird eine Volumentherapie mittels Infusionen durchgeführt, um einen absoluten (z.B. traumatisch-
Anschließend wird eine rasche Volumensubstitution zum Ausgleich eines absoluten oder relativen Volumenmangels durchgeführt. Ausnahme ist der kardiogene Schock.
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5 Schock
Präklinisch kommen kristalline oder kolloidale Lösungen, in der Klinik bei Bedarf Blutkomponenten zur Anwendung.
hämorrhagischer Schock) oder relativen (z.B. septischer Schock) Volumenmangel auszugleichen. Hier kommen im präklinischen Bereich kristalline (NaCl, Ringer-Lösung) oder kolloidale Volumenersatzmittel (Dextrane, Gelatine, Hydroxyäthylstärke, Plasmaproteinlösung), in der Klinik dann zusätzlich nach Bedarf Erythrozytenkonzentrate und Frischplasmapräparate zur Anwendung (s. Kap. A-6.2.4, S. 119, 121). Eine Ausnahme bildet der kardiogene Schock, bei dem eine Volumentherapie primär in der Regel nicht angezeigt ist.
Medikamentöse Therapie
Medikamentöse Therapie
Katecholamine mit unterschiedlichen Wirkungen auf Herz- und Gefäßsystem sind zur differenzierten Therapie der verschiedenen Schockformen indiziert ( 2 A-5.3).
Nach suffizienter Volumentherapie kommen zur Aufrechterhaltung von Herzzeitvolumen und arteriellem Blutdruck vasoaktive und positiv inotrop wirkende Medikamente (Katecholamine) zur Anwendung. Die genaue Kenntnis der unterschiedlichen Wirkung der verschiedenen Katecholamine auf das Herz einerseits und das Gefäßsystem andererseits ist zur differenzierten Therapie der einzelnen Schockformen unabdingbar ( 2 A-5.3).
2 A-5.3
Wirkung verschiedener Katecholamine auf Herz- und Gefäßsystem Wirkung Herz
Substanz
N Dopamin n
Gefäßsystem
Dosisbereich
1–4 m g/kg KG/min 4–10 mg/kg KG/min
Frequenz
Kontraktilität
Vasokonstriktion
Vasodilatation
( b1 -Rezeptoren)
(b 1 - und a Rezeptoren)
(a -Rezeptoren)
( b 2 -Rezeptoren)
mesenteriale und renale Vasodilatation (Dopaminrezeptoren [DA1 ])
+
+
0
++
++++
> 10 m g/kg KG/min
++++ ++
++ +++
+ +++
+ 0
++ +
N Dobutamin n
1–10 mg/kg KG/min
++
++++
+
++
0
N Adrenalin n
1–2 m g/min 2–10 mg/min
+++ ++++
+++ ++++
++ +++
+++ ++
0 0
> 10 m g/min
++++
++++
++++
+
0
2–8 m g/min
++
++
++++
0
0
N Noradren nalin
Erläuterung: Wirkstärke von 0 (keine Wirkung) bis ++++ (sehr starke Wirkung). Ist für einen Dosisbereich eines Katecholamins, z.B. für Vasodilatation ++ und für Vasokonstriktion + angegeben, so liegt zusammen eine schwache vasodilatatorische Wirkung vor.
Zur medikamentösen Therapie des Schocks gehören Analgetika und Sedativa.
Merke Die metabolische Azidose bessert sich unter suffizienter Therapie oft spontan. Bei andauernder Kreislaufinsuffizienz mit Zunahme der metabolischen Azidose ist einer Puffertherapie – unter Kontrolle der Säure-Basen-Parameter – indiziert. Ziel ist eine pH-Erhöhung auf > 7,2.
Eine suffiziente Schmerztherapie und eine Stressabschirmung des Patienten durch Analgetika und Sedativa gehören ebenso zur initialen Schocktherapie. Aus diesem Grunde ist die Durchführung einer Narkose, z.B. am Unfallort bei polytraumatisierten Patienten, eine Maßnahme zur Prävention späterer Organschäden. n Merke. Die Korrektur einer metabolischen Azidose sollte erst nach Bestimmung ihres Ausmaßes erfolgen.
Unter suffizienter Schocktherapie bessert sich die Azidose oft spontan. Bei andauernder Kreislaufinsuffizienz kommt es jedoch zu einer Zunahme der metabolischen Azidose, welche die Gabe von Puffersubstanzen (Natriumbikarbonat) erforderlich macht. Die Puffertherapie sollte immer unter Kontrolle der Säure-Basen-Parameter erfolgen. Ziel dieser Korrektur ist das Anheben des pH-Wertes auf > 7,2. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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5.4.1 Volumenmangelschock
n Merke. Medikamente wie Glukokortikoide, Naloxon, nichtsteroidale Antiphlogistika, TRH, Glukagon, Prostaglandine, Pentoxifyllin und Immunglobuline haben sich in der Akuttherapie des Schocks nicht als vorteilhaft erwiesen.
Merke
Monitoring
Monitoring
Die Überwachung des Schockpatienten erfolgt im präklinischen Bereich durch EKG, nichtinvasive Blutdruckmessung, Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung duch Pulsoxymetrie und klinische Beobachtung, wozu auch die regelmäßige Kontrolle der Pupillenreaktion auf Licht gehört. In der Klinik wird das Monitoring durch invasive Blutdruckmessung, Messung des zentralvenösen Drucks, Kontrolle der Diurese, ggf. Anlage eines Pulmonalarterienkatheters (PAK) sowie durch laborchemische Blutuntersuchungen (Hämatokrit, Blutgasanalysen, Elektrolyte, Laktat u.a.) ergänzt.
Zur Überwachung gehören EKG, Blutdruckmessung, Pulsoxymetrie und klinische Beobachtung. In der Klinik kommen invasive Blutdruckmessung, ZVD-Messung, Diuresekontrolle, Laborkontrollen und ggf. Messungen über einen PAK hinzu.
Reanimation
Reanimation
Bei Eintreten eines schockbedingten Herz-Kreislauf-Stillstandes muss unverzüglich mit der kardiopulmonalen Reanimation begonnen werden.
Bei Herz-Kreislauf-Stillstand muss unverzüglich mit der kardiopulmonalen Reanimation begonnen werden.
5.4
Schockformen
5.4
5.4.1
Volumenmangelschock
5.4.1 Volumenmangelschock
Hypovolämischer Schock n Definition. Der »einfache« hypovolämische Schock entsteht durch akute Reduktion des zirkulierenden Blutvolumens, ausgelöst durch Wasser-, Plasma- und/oder Blutverluste ohne wesentliche Traumatisierung des Organismus. Sein Verlauf ist nach Beseitigung der Ursache und adäquater Volumentherapie rasch positiv zu beeinflussen.
Pathophysiologie. Wasser- und Plasmaverluste können eine Schocksymp-
tomatik hervorrufen (auch bezeichnet als Dehydratationsschock). In Frage kommen π schwere Enteritis mit Diarrhö π nicht stillbares Erbrechen π Ileus π Aszites π gastrointestinale Fisteln. Akute Blutverluste können für einen hypovolämischen Schock (dann auch bezeichnet als hämorrhagischer Schock) die Ursache sein. Beispiele sind π Blutungen in der Geburtshilfe (Placenta praevia, Uterusruptur u.a.) π Blutungen bei Gerinnungsstörungen π gastrointestinale Blutungen (Ulzera, Ösophagusvarizen u.a.) π intra- und postoperative Blutungen. Infolge des akuten Volumenverlustes führt die Verminderung des Herzzeitvolumens (HZV) über sympathoadrenerge Stimulation zu Tachykardie, Tachypnoe, peripherer Vasokonstriktion und Zentralisation. Durch rechtzeitige Therapie können in dieser Phase die Schockauswirkungen ohne strukturelle Organschäden problemlos abgefangen werden. Reichen die körpereigenen Kompensationsmechanismen nicht aus, fallen HZV und arterieller Blutdruck ab, die Zentralisation nimmt zu, und die Perfusionsstörungen verschiedener Organe verstärken sich. Ohne therapeutische Maßnahmen tritt das Stadium der Vasoplegie mit Stase in den Kapillaren ein, der Schock wird therapierefraktär und mündet in das Multiorganversagen.
Schockformen
Hypovolämischer Schock Definition
Pathophysiologie. Wasser- und Plasmaverluste werden z.B. durch Diarrhö, Erbrechen, Ileus, Aszites oder Fistelverluste verursacht (Dehydratationsschock).
Akute Blutverluste können perioperativ oder als gastrointestinale Blutungen, im Rahmen der Geburtshilfe sowie bei Gerinnungsstörungen zu Hypovolämie und Schock führen (hämorrhagischer Schock).
Die Verminderung des HZV führt zur sympathoadrenergen Gegenregulation mit Tachykardie und Zentralisation. Ohne Therapie nehmen die Perfusionsstörungen zu, und es kommt zu strukturellen Organschäden.
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5 Schock
Diagnose. Sie erfolgt mit einfachen klinischen Mitteln (Puls- und Blutdruckmessung, Atmung, Hautdurchblutung, Venenfüllung). Die Beziehung von Volumenverlust und klinischem Bild zeigt 2 A-5.4.
Diagnose. Sie erfolgt mit einfachsten Hilfsmitteln klinisch. Die Tachykardie (HF > 100/min), die Tachypnoe (AF > 20/min), die blasse, kaltschweißige, evtl. marmorierte Haut mit deutlich verlängerter Kapillarfüllungszeit und die verringerte Blutdruckamplitude sowie eine fehlende Halsvenenfüllung weisen auf eine bestehende Hypovolämie hin. Die Beziehung zwischen klinischem Bild und Höhe des Volumenverlusts zeigt 2 A-5.4. n Merke. Der »Schockindex« (Quotient von Herzfrequenz und systolischem arteriellem Blutdruck) bietet keine sinnvolle diagnostische Hilfe und sollte nicht mehr angewendet werden! Noch bei einem Wert < 1,4 kann das HZV bereits um über 50 % vermindert sein. Der systolische arterielle Blutdruck kann, insbesondere bei jungen Patienten, lange unverändert bleiben und über das wahre Ausmaß eines Volumenmangels hinwegtäuschen!
Merke
Weitere Kennzeichen sind niedriger ZVD und pulmonalkapillarer Verschlussdruck bei erniedrigtem HZV. Hilfreich ist die Bestimmung der gemischtvenösen Sauerstoffsättigung. Später folgen Oligo- bzw. Anurie, Azidose und Gerinnungsstörung.
2 A-5.4
Weitere hämodynamische Parameter sind niedriger ZVD und pulmonalkapillarer Verschlussdruck sowie ein erniedrigtes HZV. Die kontinuierliche Messung der gemischtvenösen Sauerstoffsättigung zeigt frühzeitig einen Abfall unter 72 % bei beginnendem Absinken des HZV an. Die renale Vasokonstriktion und die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Mechanismus führen zur Oligurie bis hin zur Anurie. Im fortgeschrittenen Stadium des Schocks kommt es zu einer ausgeprägten metabolischen Azidose und Störung der Gerinnung.
Beziehung zwischen Volumenverlusten und klinischem Bild beim hypovolämischen Schock
Volumenverlust (ml)
Schweregrad des Schocks
Klinische Zeichen des Schocks
N 0–500 n
N kein Schock n
N keine n
N 500–1200 n
N kompensierter Schock n
n geringer Blutdruckabfall N N Herzfrequenzanstieg n N leichte periphere Vasokonstriktion n
N 1200–1800 n
N mäßiger Schock n
n fadenförmiger Puls N N Herzfrequenz 100–120/min n N systolischer Blutdruck ä 90 mmHg n n Schwitzen, Angst, Unruhe N N verminderte Urinausscheidung n
N 1800–2500 n
N schwerer Schock n
n fadenförmiger Puls N N Herzfrequenz > 120 min n N systolischer Blutdruck < 60 mmHg n N starke Vasokonstriktion und Schwitzen n n Verwirrtheit N N Anurie n
Therapie. Die Volumensubstitution ist der Grundpfeiler der Therapie und muss direkt nach Diagnosestellung in ausreichendem Maße erfolgen. Zusätzlich muss die inspiratorische Sauerstoffkonzentration erhöht werden, entweder über die Zufuhr von 6–10 l/min Sauerstoff mittels einer Maske oder, falls dies nicht ausreicht, über eine Respiratortherapie.
Therapie. Die konsequente, ausreichende Volumensubstitution ist der
erste und wichtigste Schritt in der Therapie des hypovolämischen Schocks. Auch bei Blutverlusten ist die Reexpansion des intravasalen Volumens (z.B. durch Volumenersatzmittel) primär wichtiger als die Gabe von Erythrozyten. Bei ausreichend hohem HZV wird eine kurzfristige Anämie bis zu einem Hämatokrit von 18 (Hb Ä 6 g/dl) von ansonsten gesunden Patienten ohne Schaden überstanden. Wird während der Gabe von Volumen (Elektrolytlösungen, kolloidale Plasmaersatzmittel, Blutprodukte) die Ursache behoben (z.B. Stillung einer oberen gastrointestinalen Blutung), so ist die Dekompensation des Schocks gut zu verhindern. Die begleitende Gabe von erhöhten inspiratorischen Sauerstoffkonzentrationen über eine Sauerstoffmaske (6–10 l/min) oder eine Respiratortherapie ist immer angezeigt.
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5.4.1 Volumenmangelschock
n Merke. Die Prognose des Patienten hängt weit mehr vom Zeitintervall zwischen Schockbeginn und Einsatz einer adäquaten Therapie ab als vom Ausmaß des Volumenverlustes!
Traumatisch-hämorrhagischer Schock n Definition. Der traumatisch-hämorrhagische Schock entsteht aus der Kombination von ausgedehnten Weichteilverletzungen und massivem Blutverlust und ist wegen seines dramatischen Verlaufes vom »einfachen« hypovolämischen Schock zu unterscheiden.
Merke
Traumatisch-hämorrhagischer Schock Definition
Pathophysiologie. Die häufigste Ursache des traumatisch-hämorrhagischen Schocks ist das Polytrauma. Ein Polytrauma liegt vor bei der gleichzeitig entstandenen Verletzung von 2 oder mehr Organsystemen, wenn mindestens 1 Verletzung oder die Kombination mehrerer Verletzungen als für den Patienten lebensbedrohlich anzusehen ist. Der Ablauf des Schockgeschehens ist neben großen Blutverlusten durch starke bis stärkste Schmerzen und ausgedehnte Gewebstraumatisierungen gekennzeichnet. Diese Kombination führt schon in der Frühphase zur Aktivierung diverser Mediatoren. Es wurde als Ausdruck der Eigenständigkeit dieses Krankheitsbildes der Begriff der Verletzungskrankheit geprägt. Der in 1 A-5.1 dargelegte Circulus vitiosus setzt bei dieser Schockform sehr schnell und dramatisch ein, sodass bei ausbleibender, adäquater Therapie der traumatisch-hämorrhagische Schock rasch einen irreversiblen Verlauf mit konsekutivem Organversagen nimmt. Eine Besonderheit im Verlauf eines Polytraumas ist das Fettemboliesyndrom (FES), das nach multiplen Frakturen (insbesondere langer Röhrenknochen, speziell der unteren Extremitäten und des Beckens) mit einer Latenz von bis zu 48 Stunden posttraumatisch auftreten kann. Eine massive arterielle Hypoxie und Verwirrtheit sind die frühesten Symptome. Die Wechselwirkung von Schock und FES bedingt eine erhebliche Gefährdung des Patienten. Der genaue Pathomechanismus ist noch ungeklärt.
Pathophysiologie.Die häufigste Ursache des traumatisch-hämorrhagischen Schocks ist das Polytrauma. Kennzeichen der Verletzungskrankheit ist die Kombination von Blutverlust, starken bis stärksten Schmerzen sowie ausgedehnten Gewebstraumatisierungen.
Symptome und Diagnose. Die Diagnose erfolgt klinisch unter denselben
Symptome und Diagnose. Die Diagnose erfolgt nach denselben Kriterien wie beim einfachen hypovolämischen Schock. Sofort zu Beginn ist durch eine orientierende klinische Untersuchung grob das Ausmaß des Blutverlustes abzuschätzen ( 1 A-5.4).
Aspekten wie beim einfachen hypovolämischen Schock! Schon zu Beginn der Therapie ist die Abschätzung des Blutverlustes beim polytraumatisierten Patienten essenziell. Nach zügiger, orientierender klinischer Untersuchung ist anhand des Verletzungsmusters und der beteiligten Organsysteme grob das Ausmaß des Blutverlustes und somit der Bedarf an Volumenersatz abzuschätzen ( 1 A-5.4). n Merke. In dieser frühen Phase des Schocks gibt eine Bestimmung des Hämatokrits keinerlei Aufschluss über das tatsächliche Ausmaß des Blutverlustes!
Die Kompensation des intravasalen Volumenmangels durch Einstrom von Flüssigkeit aus dem Gewebe setzt gerade erst ein, sodass der Hämatokrit in dieser Phase einen falsch hohen Wert aufweist. Erst wenn durch angemessene Infusionstherapie das Blutvolumen reexpandiert wird, demaskiert sich über das Absinken des Hämatokrits der eigentliche Blutbedarf. Die Störung der Nierenfunktion setzt bereits nach 15 Minuten mit Stagnation der Urinproduktion ein. Die Minderperfusion der Lunge durch Vasokonstriktion (Volumenmangel, Mediatorenwirkung), Stase und Minderbelüftung (Schmerzen, Bewusstlosigkeit nach Schädel-Hirn-Trauma) führt schnell zur arteriellen Hypoxie.
Der traumatisch-hämorrhagische Schock nimmt ohne adäquate Therapie sehr schnell einen fatalen Verlauf (s. 1 A-5.1). Die Kombination von Schock und Fettemboliesyndrom, das insbesondere nach Frakturen langer Röhrenknochen auftritt, stellt eine besondere Gefährdung des polytraumatisierten Patienten dar (Latenz bis zu 48 Stunden).
Merke
Erst nach angemessener Infusionstherapie zur Wiederherstellung des Blutvolumens sinkt der Hämatokrit auf die Werte, die dann das wahre Ausmaß des Blutmangels zeigen. Rasch einsetzende arterielle Hypoxie, extreme Zentralisation mit Hypothermie und frühe Einschränkung der Urinproduktion sind Kennzeichen des traumatisch-hämorrhagischen Schocks.
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5 Schock
1 A-5.4
Synopsis Ausmaß der Blutverluste bei Verletzungen verschiedener Organsysteme (Organrupturen und Frakturen)
Lungeneinriss (Hämatothorax) 1000–2000 ml Leberruptur, Milzruptur, Nierenruptur, Mesenterialgefäßeinriss (einzeln oder kombiniert) 500–5000 ml Beckenfraktur 500–4000 ml
Oberarmfraktur 100–800 ml
Unterarmfraktur 50–400 ml
Oberschenkelfraktur 1000–2000 ml
Unterschenkelfraktur 100–1000 ml
Therapie Merke
Erste therapeutische Maßnahme ist die neben der Blutstillung entschlossen durchzuführende Volumentherapie.
Am Unfallort werden Ersatzlösungen, in der Klinik Blutprodukte unter kontinuierlicher Messung arterieller, zentralvenöser und ggf. pulmonalarterieller Blutdrücke infundiert.
Therapie n Merke. Die Sicherung der Herz-Kreislauf-Funktion des Polytraumatisierten erfolgt initial durch Wiederherstellung eines ausreichenden zirkulierenden Kreislaufvolumens, Sicherung der Oxygenierung und effektive Schmerztherapie.
Bereits mit Beginn der Infusionstherapie muß die Stillung relevanter Blutungen versucht werden. Dies ist bei offenen Extremitätenverletzungen machbar, bei intrakavitären Blutungen (z.B. intraabdominelle Blutung bei Leberruptur) jedoch unmöglich. Die Volumentherapie muß entschlossen durchgeführt werden und erfolgt am Unfallort durch Plasmaersatzpräparate und Elektrolytlösungen. In der Klinik kommen Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrate als Blutzellenersatz sowie Frischplasmapräparate zur Stabilisierung der Gerinnung zur Anwendung. Im weiteren Verlauf wird die Therapie differenziert durch invasive arterielle Blutdruckmessung, Bestimmung von ZVD und ggf. pulmonalarteriellen Druckwerten sowie durch die Erfassung verschiedener Laborwerte (Hkt, Laktat, Gerinnungsparameter, Blutgasanalysen u.a.) gesteuert.
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5.4.1 Volumenmangelschock Zur erweiterten Kreislauftherapie kommen neben Volumengabe auch Katecholamine zur Anwendung. Dopamin (Dosierung 4–10 mg/kg KG/min) und Adrenalin als Infusion (Dosierung 2–5 mg/min) oder Bolusgabe (fraktioniert 0,1 mg/Bolus) sind Medikamente erster Wahl. Reine Vasokonstriktoren (Noradrenalin) kommen bei der Therapie des traumatisch-hämorrhagischen Schocks nur als kurzfristig einzusetzende Überbrückungsmaßnahme bei ausgeprägter Kreislaufinstabilität zur Anwendung. Vasodilatatoren (z.B. Nitrate, Nifedipin) werden in der klinischen Versorgung unter weiterer Volumenzufuhr angewendet mit der Zielsetzung, die Zentralisation zu durchbrechen und die Erwärmung des meist hypothermen Patienten zu unterstützen. Diese Therapie darf jedoch nur unter kontinuierlich hämodynamischem Monitoring bei stabiler Makrohämodynamik durchgeführt werden. Im weiteren Verlauf ist zu vermeiden, dass es bei zu forcierter Volumengabe zur Überladung des Kreislaufs kommt. Da durch die überschießende sympathoadrenerge Reaktion die Compliance des gesamten Gefäßsystems stark erniedrigt ist, kann der zentrale Venendruck deutlich ansteigen, obwohl das verlorengegangene Blutvolumen noch nicht vollständig ersetzt ist. Die Sicherstellung der Ventilation und der Oxygenierung ist der zweite Pfeiler in der Therapie des traumatisch-hämorrhagischen Schocks. n Merke. Eine in der Frühphase des Schocks auftretende, schwere Hypoxie ist fatal für den weiteren Verlauf und beeinflusst die Prognose ausgesprochen negativ.
Deshalb erfolgt die Oxygenierung durch die frühzeitige endotracheale Intubation mit anschließender kontrollierter Beatmung mit hoher inspiratorischer Sauerstoffkonzentration (initial 100 %). Die adäquate Schmerztherapie ist der dritte Schwerpunkt der Therapie, da Schmerzen und Stress die Schocksymptomatik unterhalten und verschlimmern. Über eine analgetische und sedative Medikation hinausgehend, ist oftmals die Durchführung einer Narkose bis zur endgültigen klinischen Versorgung notwendig. Dazu werden Medikamente mit den nachgewiesenermaßen geringsten kardiodepressiven Nebenwirkungen ausgewählt. Sie sollten in ihrer Wirkung gut steuerbar sein. Als Hypnotikum wird Etomidat, als Analgetika werden synthetische, stark wirksame Opioide (Fentanyl, Piritramid) oder Ketamin, als Sedativa kurzwirksame Benzodiazepine (Midazolam) appliziert. n Merke. Die Dosierungen von Analgetika und Sedativa müssen immer vorsichtig nach Wirkung titriert werden.
Neben der Volumentherapie kommen zur Stabilisierung des Kreislaufes Katecholamine, in der weiteren klinischen Versorgung nach ausreichender Volumensubstitution zusätzlich mit Vasodilatatoren zur Anwendung.
Zu vermeiden ist eine Überladung des Kreislaufs bei forcierter Volumengabe.
Die Sicherstellung der Ventilation und der Oxygenierung des Patienten parallel zur Volumentherapie ist essenziell. Merke
Es erfolgt eine frühzeitige endotracheale Intubation mit anschließender kontrollierter Beatmung. Der dritte Schwerpunkt der Therapie liegt in der adäquaten Schmerztherapie, die bis zur Durchführung einer Narkose geht. Zur Anwendung kommen Opioide, Etomidat, Ketamin und als Sedativa kurzwirksame Benzodiazepine.
Merke
Klinischer Fall Ein 50-jähriger Mann verunglückt mit seinem Pkw ohne Beteiligung weiterer Fahrzeuge auf einer Landstraße. Der 14 Minuten nach der Meldung eintreffende Notarzt findet den Fahrer des Wagens angegurtet, hinter der Lenksäule eingeklemmt vor. Er blutet mäßig aus verschiedenen kleinen Gesichtswunden. Er ist ansprechbar, klagt über Atemnot und gibt Schmerzen im Abdomen an. Sein Hautkolorit ist blass ohne Zyanose, der Puls tachykard (HF 135/min) und kaum tastbar (RR ca. 60 mmHg, palpatorisch gemessen). Noch im Fahrzeug werden 2 großlumige periphere Venenzugänge gelegt und 1000 ml Plasmaexpander infundiert. Nach Bergung durch die Feuerwehr unter analgetischer Therapie (0,15 mg Fentanyl i.v.) und Verbringung des Patienten in den Rettungswagen wird der Patient zunehmend somnolent, und es bestehen alle
Anzeichen eines massiven hämorrhagischen Schocks (HF 145/min; RR ca. 70 mmHg systolisch) mit zunehmender Zyanose. Die Palpation des Abdomens ergibt einen heftigen, diffusen Druckschmerz. Es werden folgende vorläufige Diagnosen gestellt: Polytrauma mit schwerem traumatisch-hämorrhagischem Schock, dringender Verdacht auf intraabdominelle Blutung, Thoraxtrauma, SchädelHirn-Trauma 1.–2. Grades, multiple Prellungen mit ausgedehnten Weichteilhämatomen, diverse Schnittverletzungen im Gesicht. Unter Zufuhr von 100 % Sauerstoff und weiterer Infusion von 1000 ml Plasmaexpander (HAES 6 %) und 1000 ml Ringer-Lösung wird umgehend eine Narkose eingeleitet (20 mg Etomidat, 5 mg Midazolam und 0,2 mg Fentanyl), der Patient wird intubiert und mit reinem Sauerstoff kontrolliert beatmet. 20 ml Blut werden zur Kreuzprobe
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5 Schock
mit der Polizei in das aufnehmende Krankenhaus vorausgeschickt. Wegen Abschwächung des Atemgeräusches auf der linken Thoraxseite wird eine Pleuradränage unter dem Verdacht auf Hämatopneumothorax angelegt, zugleich erfolgt die Anlage von 2 weiteren Venenzugängen. Da der Kreislauf weiter instabil bleibt, werden auf dem inzwischen gestarteten Transport weitere 3000 ml Humanalbumin 5 % und Ringer-Lösung infundiert und Katecholamine (Dopamin über Perfusor in der Dosis von 8 mg/kg KG/min und intermittierende Bolusgaben von 0,1 mg Adrenalin) gegeben. In der Klinik wird der Patient mit den Diagnosen Leberruptur (Hb bei Aufnahme 3,8 g/dl), Lungenkontusion mit Hämatothorax und Rippenserienfraktur rechts sowie
blutende Kopfplatzwunden unter der Massivtransfusion von 14 Erythrozytenkonzentraten, 10 Frischplasmen und 6 Thrombozytenkonzentraten umgehend operativ versorgt. Der Ersatz erfolgt mit Blutkomponenten, bis der Hämatokrit 30 erreicht, die Aktivität der Gerinnungsfaktoren II und V 40 % und die Zahl der Thrombozyten 50 000/ml überschreiten. Es werden Erythrozytenkonzentrate und Plasmen nicht im festen Verhältnis, sondern nach Laborkontrollen substituiert. Der Kreislauf stabilisiert sich noch im Verlauf der Operation, der Patient kann am 3. postoperativen Tag extubiert und weitere 13 Tage später ohne Schockfolgeschäden der Organe nach Hause entlassen werden.
Verbrennungsschock
Verbrennungsschock
Pathophysiologie. Ein durch thermische Schädigung verursachtes KapillarLeck-Syndrom führt zu massiven Plasma- und Wasserverlusten mit der Ausbildung eines hypovolämisch-toxischen Schocks (Verbrennungskrankheit).
Pathophysiologie. Durch ausgedehnte Verbrennungen 2.–3. Grades (ab
Therapie. Nach Abschätzung der zu infundierenden Menge (ParklandFormel: 4 ml/kg KG/% VKOF in den ersten 24 Stunden) wird unter Überwachung der Urinproduktion die Infusionstherapie durchgeführt.
Sicherstellung der Oxygenierung und die adäquate Schmerztherapie sind essenzielle Therapiemaßnahmen im Verbrennungsschock.
5.4.2 Septischer, septisch-toxischer Schock Definition
Pathophysiologie. Auslöser des septischen Schocks sind Infektionen durch Bakterien, Pilze und Viren oder ausgedehnte Gewebstraumatisierungen über die Aktivierung verschiedener Mediatorsysteme.
15–20 % verbrannter Körperoberfläche [VKOF]) wird eine Vielzahl von Mediatoren aktiviert, die über die Ausbildung eines Kapillar-Leck-Syndroms neben einem lokalen zu einem generalisierten Ödem führen (Verbrennungskrankheit). Es resultiert ein Eiweiß- und Flüssigkeitsverlust, der zu einem hypovolämisch-toxischen Schock führt.
Therapie. Der intravasale Flüssigkeitsverlust ist so erheblich, dass schon ab einer verbrannten Körperoberfläche von 10 % eine parenterale Substitution erfolgen muss. Zur Abschätzung der zu verabreichenden Menge in der Erstversorgungsphase wird z.B. die Parkland-Formel herangezogen: Die Infusionsmenge beträgt in den ersten 24 Stunden 4 ml/kg KG/% VKOF, wovon die Hälfte in den ersten 8 Stunden infundiert wird. Diese Berechnung dient nur der groben Orientierung, denn in der Praxis muss die zuzuführende Menge oft nach oben korrigiert werden. Als Ersatz sollten in den ersten 24 Stunden nur Kristalloide (Ringer-Laktat) gegeben werden. Als Indikator einer ausreichenden Flüssigkeitstherapie dient die Urinproduktion, die in der akuten Phase 1 ml/kg KG/h betragen sollte. Die weitere Schocktherapie (Beatmung, Analgesie) wird nach denselben Kriterien durchgeführt, die für die Therapie des traumatisch-hämorrhagischen Schocks gelten. 5.4.2
Septischer, septisch-toxischer Schock
n Definition. Der septische Schock ist definiert als Hypotension (systolischer Blutdruck < 90 mmHg) in Kombination mit Zeichen verminderter Organperfusion oder Organfunktionsstörungen bei Vorliegen einer Sepsis oder eines SIRS (systemic inflammatory response syndrome). SIRS ist das Syndrom der systemischen entzündlichen Antwort des Organismus auf verschiedene Schädigungen auch ohne nachgewiesene Infektion (z.B. nekrotisierende Pankreatitis, multiple Weichteilverletzungen, Massivblutung oder Verbrennung). Sepsis ist die systemische inflammatorische Antwort des Organismus auf eine Infektion durch Bakterien (meistens), Viren, Pilze oder Parasiten.
Pathophysiologie. Schwere Gewebstraumatisierung oder Einschwemmung von Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze u.a.) bzw. deren Endo- oder Exotoxine aktivieren verschiedene Mediatorkaskaden und führen über die Ausschüttung vasoaktiver und zelltoxischer Substanzen eine Reaktion des Körpers im Sinne einer systemischen Entzündungsreaktion herbei. Auslöser sind gramnegative Bakterien (z.B. E. coli, Klebsiellen, Pseudomonas) in 30–80 %, grampositive Bakterien (z.B. Streptokokken, Staphylokokken) in 6–24 % und seltener Pilze in 1–16 %. Virale Infektionen (z.B. Zytome-
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5.4.2 Septischer, septisch-toxischer Schock galie) spielen als Auslöser eines septischen Schocks bei Patienten unter immunsuppressiver Therapie eine bedeutsame Rolle. Die hochgradige, oft schwer therapierbare Vasodilatation ist eine für den septischen Schock charakteristische Grundstörung. Sie wird durch abnorm hohe Konzentrationen von Stickstoffmonoxid (NO) in den Zellen der Gefäßmuskulatur hervorgerufen, die einen regional unterschiedlich ausgeprägten, teilweise kompletten Verlust des Vasomotorentonus nach sich ziehen (Vasoplegie). Es kommt zu einer pathologischen Umverteilung des Blutvolumens (Maldistribution) mit der Ausbildung von arteriovenösen Kurzschlüssen (AV-Shunts) und charakteristischen Störungen der Mikrozirkulation (Fibrinablagerungen, Zellaggregationen, Schädigung der Gefäßwand). Durch Endothelläsionen entsteht eine ausgeprägte Permeabilitätssteigerung mit massiver Extravasation von Plasma und Proteinen in das Interstitium (Kapillar-Leck-Syndrom). Der Rückstrom zum Herzen ist daher vermindert; es besteht ein erheblicher Volumenmangel. Trotz gesteigerter Makrozirkulation des Organismus (hohes HZV) kommt es zu einer unzureichenden nutritiven Versorgung der Gewebe. Zusätzlich findet man eine mangelhafte Sauerstoffextraktion. Aus diesem Grund entwickeln sich intrazelluläre Sauerstoffschuld und metabolische Azidose. Die kardiale Insuffizienz, ausgelöst durch myokarddepressive Wirkungen von Toxinen bzw. zelltoxischen Substanzen, ist eine weitere wichtige Grundstörung. Auch in der Hyperzirkulation ist regelmäßig eine biventrikuläre Dilatation nachweisbar, d.h. die Pumpfunktion des Herzens ist eingeschränkt. Es liegt eine septische Kardiomyopathie vor ( 1 A-5.5).
1 A-5.5
Die charakteristische Grundstörung im septischen Schock ist eine exzessive, regional unterschiedlich ausgeprägte Vasodilatation mit pathologischer Umverteilung des Blutvolumens mit Ausbildung von AV-Shunts und Störungen der Mikrozirkulation.
Durch Endothelläsionen entsteht eine massive Extravasation von Plasma und Proteinen. Der Rückstrom zum Herzen ist daher vermindert, es besteht eine Hypovolämie. Die unzureichende nutritive Versorgung der Zellen geht mit Sauerstoffmangel, metabolischer Azidose und Zellschädigung einher. Eine weitere Grundstörung ist die ausgeprägte Myokarddepression im septischen Schock (septische Kardiomyopathie, 1 A-5.5).
Synopsis Pathogenese des septischen Schocks
Infektquelle • Peritonitis • Pneumonie, Fremdmaterial u.a.
Mikroorganismen
Toxine (Endotoxin, Exotoxin, Wandbestandteile u.a.)
Myokard • negative Inotropie • biventrikuläre Dilatation
Schock relativ zum Bedarf erniedrigtes HZV
Tod
endogene Mediatoren (Kinine, Zytokine, plättchenaktivierender Faktor [PAF], Komplement u.a.)
kardiovaskuläre Insuffizienz
Multiorganversagen
Gefäßsystem • Dilatation • Maldistribution • Endothelläsion Erholung
Beim septischen Schock unterscheidet man die hyperdyname und die hypodyname Verlaufsform. Bei der hyperdynamen Form liegen ein hohes HZV (Herzindex > 4 l/min/m2) und ein deutlich erniedrigter totalperipherer Gefäßwiderstand (TPR < 600 dyn « s « cm–5) vor. Zunehmende Myokarddepression und schwere transkapillare Volumenverluste führen zur hypodynamen Form des septischen Schocks mit erniedrigtem HZV (Herzindex 2,5 l/min/m2) und erhöhtem totalperipherem Gefäßwiderstand (TPR > 1500 dyn « s « cm–5). Sie kann auch ohne vorausgehende hyperdyname Phase isoliert auftreten. Die Prognose des hypodynamen septischen Schocks ist sehr schlecht. Hypodyname Verlaufsformen wie auch die biphasische Verlaufsform (Übergang von der hyperdynamen in die hypodyname Form) werden aufgrund rasch einsetzender symptomatischer Therapie nur noch selten gesehen.
Man unterscheidet 2 Formen der Dekompensation im septischen Schock: die hyperdyname Form mit hohem HZV und die hypodyname Form mit niedrigem HZV und sehr schlechter Prognose.
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86 Können die Störungen des Zellstoffwechsels nicht ausgeglichen werden, kommt es zum irreversiblen Sauerstoffdefizit mit Entwicklung eines Multiorganversagens. Eine fulminant verlaufende Form des septischen Schocks ist das Toxic shock syndrome. Es wird durch exotoxinbildende Staphylokokken (aureus) oder Streptokokken ausgelöst.
Symptome und Diagnose. Der Patient im hyperdynamen Schock hat warme Extremitäten, eine rote Gesichtsfarbe und erfüllt die Kriterien der Sepsis, verbunden mit Hypotension und Organinsuffizienz. Merke
5 Schock Kommt zu den ischämischen und metabolisch-toxischen Schädigungen noch eine fulminante disseminierte intravasale Gerinnung, so kann das fatale Zusammenspiel von Entzündungs- und Schockmediatoren zu akutem Lungenversagen (ARDS), Nierenversagen, Leberversagen, kardiogenem Schock und septischer Enzephalopathie, also zum Multiorganversagen (MOV) führen. Eine besondere Form des septischen Schocks ist das 1978 beschriebene Toxic shock syndrome (TSS). Es wird ausgelöst durch Infektion mit exotoxinbildenden Staphylococcus-aureus-Stämmen. Der Verlauf ist außerordentlich dramatisch mit früh einsetzendem Organversagen und hoher Letalität. Ein ähnlich schwer verlaufendes Krankheitsbild wird seit 1987 bei systemischen Streptokokkeninfekten beobachtet und aufgrund einer vergleichbaren Klinik als Streptokokken-TSS (streptococcal toxic shocklike syndrome) bezeichnet.
Symptome und Diagnose. Der Patient im hyperdynamen septischen
Schock hat rote und warme (scheinbar gut durchblutete) Extremitäten, eine rote Gesichtsfarbe und erfüllt die Kriterien der Sepsis, d.h., er zeigt mindestens 2 der folgenden Symptome: n π π π π
Als Zeichen der Organinsuffizienz sind Oligurie, Hypoxie, Gerinnungsstörung und Laktatazidose zu werten. Eine einsetzende Thrombopenie und ein Abfall des Quick-Wertes sowie des Antithrombins III (AT III) sind Hinweise auf eine Gerinnungsstörung im Sinne einer Verbrauchskoagulopathie (DIC) und Störung der Leberfunktion. Beim Patient im hypodynamen septischen Schock steht neben der Sepsis die Myokardinsuffizienz im Vordergrund, mit blasszyanotisch-kühlen Extremitäten. Die Differenzierung zwischen der hyper- und hypodynamen Dekompensation erfolgt durch hämodynamische Messungen mittels PAK. Leitsymptome des TSS sind: hohes Fieber, Exanthem, Erbrechen, Hypotension, respiratorische Insuffizienz und Desquamation der Handflächen und Fußsohlen. Therapie. Ziele sind die Erhöhung des globalen Sauerstoffangebotes und ein ausreichender Perfusionsdruck.
Merke
Merke. Kriterien der Sepsis sind Körpertemperatur > 38 ΩC oder < 36 ΩC Tachykardie (HF > 100/min) Tachypnoe (AF > 20/min oder PCO2 < 32 mmHg) Leukozytose (> 12 000 Zellen/ml) oder Leukopenie < 4000 Zellen/ml).
Hinzu kommen eine Hypotension mit systolischem Blutdruck < 90 mmHg und Zeichen von zumindest einem Parameter inadäquater Organfunktion. Als Zeichen der Niereninsuffizienz ist der Patient oligo- oder anurisch, Verwirrtheit oder Somnolenz deuten auf eine zerebrale Funktionseinschränkung hin, arterielle Hypoxie auf eine akute respiratorische Insuffizienz. Eine einsetzende Thrombopenie und ein Abfall des Quick-Wertes sowie des Antithrombins III (AT III) sind Hinweise auf eine Gerinnungsstörung im Sinne einer Verbrauchskoagulopathie (DIC) und Störung der Leberfunktion. Als Ausdruck der Maldistribution des Blutflusses und des Sauerstoffdefizites sind die arteriovenöse O2-Differenz erniedrigt und der Laktatspiegel im Blut erhöht (über 3 mmol/l) mit Zeichen einer metabolischen Azidose. Beim Patienten im hypodynamen septischen Schock steht neben den Zeichen der Sepsis die Myokardinsuffizienz im Vordergrund. Seine Extremitäten sind eher blasszyanotisch und kühl. Die genaue Differenzierung erfolgt über hämodynamische Messungen mittels eines Pulmonalarterienkatheters (PAK). Leitsymptome des Toxic shock syndrome (TSS) sind hohes Fieber, Exanthem, Erbrechen, Diarrhö, Hypotension und früh einsetzende respiratorische Insuffizienz mit im Verlauf auftretender Desquamation im Bereich der Handflächen und Fußsohlen.
Therapie. Ein Ziel der Behandlung des septischen Schocks ist die Erhöhung des globalen Sauerstoffangebotes, da dies oft zu einer Steigerung der Sauerstoffausschöpfung und somit zu einer Reduktion des Sauerstoffdefizites führt. Liegt keine Sauerstoffschuld vor, kann der Entwicklung eines Defizites so vorgebeugt werden. Weiterhin muss ein ausreichender Perfusionsdruck erreicht werden. n Merke. In der Behandlung des septischen Schocks werden folgende Werte angestrebt: π Herzindex > 4,5 l/min/m 2 π Sauerstoffangebot > 750 ml/min/m2 π mittlerer arterieller Druck > 70 mmHg.
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5.4.2 Septischer, septisch-toxischer Schock Eine großzügige Volumentherapie ist aufgrund des relativen und absoluten Volumenmangels durch Vasodilatation sowie des kapillaren Lecks mit Sequestration von Wasser und Plasmaproteinen frühzeitig einzuleiten. Es sollte eine sinnvolle Kombination aus Proteinersatz (Plasmaersatzstoffe, Plasmaproteinlösungen, ggf. Frischplasma) auf der einen und kristallinem Volumenersatz (Ringer-Lösung) auf der anderen Seite gefunden werden. In den ersten 3 Tagen der Therapie können durchaus Mengen von 10–20 Litern zur Volumensubstitution notwendig sein. Daneben ist auf die Erhaltung eines ausreichenden Erythrozytengehaltes zu achten. Der optimale Hämatokrit liegt zwischen 32 und 35. Hier liegt der beste Kompromiss zwischen Sauerstofftransportkapazität auf der einen und einer wünschenswerten günstigen Rheologie des Blutes durch niedrige Viskosität auf der anderen Seite. Ist ein Patient stark blutungsgefährdet (z.B. postoperativ), so ist bei einem Thrombozytenabfall auf Werte < 50 000/ml der Thrombozytenersatz angezeigt. Liegt keine akute Gefahr einer Blutung vor, sind Thrombozytenkonzentrationen im Blut bis 20 000/ml tolerabel. Aufgrund der nicht seltenen Ausbildung von Antikörpern gegen Thrombozyten ist die Indikation der Substitution eng zu stellen. Die Katecholamintherapie muss parallel zur Volumentherapie (auch in der hyperdynamen Phase mit initial hohem HZV) begonnen werden. Derzeit wird die Kombination von Dobutamin in einer Dosis von 5–10 mg/kg KG/min (Steigerung des HZV) und Noradrenalin in einer Dosis von 2–8 mg/min (Steigerung des arteriellen Mitteldruckes durch Vasokonstriktion) eingesetzt. Die zur Kreislaufstabilisierung notwendigen Dosierungen der Katecholamine können individuell sehr verschieden sein und durchaus auch noch höher liegen. Die Katecholamintherapie muss unter kontinuierlicher system- und pulmonalarterieller Blutdruckkontrolle, zusätzlichen hämodynamischen Messungen über einen Pulmonalarterienkatheter (HZV, kapillarer Verschlussdruck, gemischtvenöse Sauerstoffsättigung) und Kontrolle respiratorischer und metabolischer Parameter (Blutgase, Säure-Basen-Haushalt) erfolgen. Bei nicht ausreichendem Erfolg ist auch der Einsatz von Adrenalin indiziert. Der Wert des neu eingeführten synthetischen Katecholamins Dopexamin und der Phosphodiesterasehemmer (Inodilatoren) in der Therapie des septischen Schocks ist noch nicht abschließend zu beurteilen. Die Indikation zur kontrollierten Beatmung ist sehr frühzeitig zu stellen (PO2 < 60 mmHg in Verbindung mit einer Tachypnoe), da im septischen Schock die verschiedenen Störungen im pulmonalen Gasaustausch regelhaft zu einer Abnahme des arteriellen O2-Partialdruckes führen! Eine ausreichende Oxygenierung des arteriellen Blutes (Ziel: arterielle Sauerstoffsättigung > 96 %) von Beginn der Therapie an ist essenziell. n Merke. Die Fokussanierung steht unmittelbar nach der Kreislaufstabilisierung als wichtigste therapeutische Maßnahme an, wenn eine chirurgisch therapierbare Infektion (z.B. Abszess, Peritonitis) der Ausgangsort einer Sepsis oder eines septischen Schocks ist.
Sollte sich trotz ausreichender Flüssigkeitssubstitution und Kreislauftherapie ein akutes Nierenversagen einstellen, so ist frühzeitig mit der kontinuierlichen venovenösen Hämofiltration (CVVH) als Nierenersatztherapie zu beginnen. Der CVVH ist aufgrund der kontinuierlichen Elimination von Wasser und harnpflichtigen Substanzen gegenüber dem diskontinuierlichen Verfahren der Hämodialyse (wegen der mit der Hämodialyse verbundenen erheblichen Volumenschwankungen) der Vorzug zu geben. Die Gabe von Antibiotika muss begleitend zur Schocktherapie bei Verdacht auf mikrobielle Genese der Sepsis erfolgen. Bei Nachweis von Keimen in Wundabstrichen oder Blutkulturen ist eine gezielte Therapie nach Resistenzbestimmung erforderlich. Liegt kein Erregernachweis vor, sollten Antibiotika mit breitem Spektrum (z.B. Penicilline, Cephalosporine, Imipenem) in Kombination mit einem Aminoglykosid (z.B. Gentamicin, Tobramycin) gegeben werden.
Die Volumentherapie besteht aus der Kombination von synthetischen Plasmaersatz-, Protein- und Elektrolytlösungen. Gegebenenfalls müssen auch Erythrozyten und Thrombozyten ersetzt werden.
Der optimale Hkt liegt zwischen 32 und 35.
Ist ein Patient stark blutungsgefährdet, ist bei Thrombozytenkonzentrationen < 50 000/m l die Substitution von Thrombozyten angezeigt.
Die Katecholamintherapie sollte mit Dobutamin und Noradrenalin erfolgen. Bei Bedarf ist auch der Einsatz von Adrenalin indiziert. Die Therapie ist unter erweitertem hämodynamischem Monitoring (PAK) durchzuführen.
Die Indikation zur kontrollierten Beatmung zur Therapie der respiratorischen Insuffizienz ist sehr frühzeitig zu stellen.
Merke
Bei beginnender Niereninsuffizienz muss rechtzeitig mit einer Ersatztherapie in Form der kontinuierlichen venovenösen Hämofiltration (CVVH) begonnen werden.
Begleitend zur Schocktherapie müssen bei Verdacht auf mikrobielle Genese der Sepsis Antibotika verabreicht werden.
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88 Eine hochdosierte AT-III-Gabe in der Frühphase der Sepsis und im septischen Schock scheint von Vorteil zu sein.
5 Schock Die hochdosierte Substitution von AT III in der frühen Phase der Sepsis und im septischen Schock scheint nach neueren Untersuchungen vorteilhaft für das Outcome der Patienten zu sein. Liegt der Wert des AT III unter dem Normbereich (70–100 %), so sollte mit der Gabe von 6 000 bis 12 000 Einheiten in den ersten 3 Tagen die Serumkonzentration auf 120–140 % angehoben werden. Die genauen Gründe für die bessere Prognose unter dieser Therapie sind bislang jedoch noch nicht hinreichend bekannt. Eventuell spielt die frühzeitige Unterbindung einer DIC eine Rolle. Der Einsatz von Immunglobulinen, monoklonalen Antikörpern (z.B. gegen Endotoxin, TNF, Interleukine), C1-Esterase-Inhibitor oder Pentoxifyllin im septischen Schock wird kontrovers diskutiert.
Klinischer Fall Eine 55-jährige Patientin mit bekanntem Gallensteinleiden kommt mit akuten Oberbauchschmerzen, Fieber (38,9 ΩC) und ausgeprägtem Krankheitsgefühl zur Aufnahme. Anamnestisch gibt die Patientin über Monate hinweg rezidivierende Oberbauchschmerzen an. Die akute Symptomatik begann 3 Tage vor Aufnahme. Die körperliche Untersuchung zeigt eine Tachykardie (HF 130/min), Hypotonie (RR 95/60 mmHg), eine Tachypnoe (AF 25/min) und ein geblähtes, druckschmerzhaftes Abdomen ohne Darmgeräusche. In der Sonographie des Oberbauches sieht man eine vergrößerte Gallenblase mit deutlicher Wandverdickung und mehreren, verschieden großen Gallensteinen. Das Pankreas stellt sich deutlich geschwollen mit Verdacht auf Nekrosezonen im Schwanzbereich dar. Das CT zeigt Nekrosen im Pankreasschwanz mit peripankreatischer Ausdehnung in das Retroperitoneum. Laborchemisch sind folgende Befunde auffällig: Hämatokrit (Hkt) 47 %, Leukozyten 22 000/ml, Lipase 1300 U/l. Unter der Diagnose akut-nekrotisierende lithogene Pankreatitis mit septischem Schock erfolgt noch am Aufnahmetag die Laparotomie mit Ausräumung der
5.4.3 Anaphylaktischer Schock Definition
Pathophysiologie. Die anaphylaktischanaphylaktoide Reaktion wird durch Freisetzung verschiedener Mediatoren aus Mastzellen ausgelöst.
5.4.3
Nekrosen und Anlage einer Spüldränage. Mit Diagnosestellung wurde die Patientin umgehend intubiert und beatmet. In den folgenden Stunden entwickelt sich das Vollbild eines hyperdynamen septischen Schocks mit folgenden hämodynamischen Befunden: HF 140/min, RR 75/40 mmHg, Herzindex 4,2 l/min, PCWP 12 mmHg. Zur adäquaten Volumensubstitution sind 8750 ml Hydroxyäthylstärke (HAES), Humanalbumin 5 % und Frischplasmen (aufgrund einer vorliegenden Gerinnungsstörung: Quickwert 33 %, Aktivität Faktor V 28 %) sowie 10 500 ml Ringer-Lösung innerhalb der ersten 60 Stunden notwendig. Unter Katecholamintherapie mit Dobutamin (8 mg/kg KG/min) und Noradrenalin (3 mg/min) und Respiratortherapie mit inspiratorischen O2-Konzentrationen von anfänglich 80 % bessert sich der Zustand von Tag zu Tag. Nach einer Phase der Oligurie in den ersten 24 Stunden (Urinproduktion 200 ml) normalisiert sich die Nierenfunktion. Nach 3 Tagen kann die Katecholamintherapie beendet werden, weitere 4 Tage später wird die Patientin nach kurzer Entwöhnungsphase vom Respirator extubiert und am folgenden Tag auf die Allgemeinstation verlegt.
Anaphylaktischer Schock
n Definition. Der anaphylaktische Schock ist die Maximalvariante einer Sofortreaktion aus immunologischer (Anaphylaxie) oder auch, seltener, nichtimmunologischer (Pseudoallergie) Ursache. Alle unerwünschten Reaktionen des Körpers, die unter dem klinischen Bild einer Anaphylaxie ablaufen, kann man ungeachtet ihres ursächlichen Pathomechanismus als anaphylaktisch-anaphylaktoide Reaktion bezeichnen.
Pathophysiologie. Eine anaphylaktisch-anaphylaktoide Reaktion wird durch die Liberation von Histamin, Serotonin, Bradykinin und verschiedenen weiteren Mediatoren durch Degranulation von Mastzellen in Blut und Gewebe ausgelöst. Diese kann über verschiedene Wege erfolgen: π durch Einwirkung von IgE-Antikörpern nach spezifischer Sensibilisierung (Reaktion erst nach der 2. Exposition) π durch Einwirkung von Komplementfaktoren (Anaphylatoxinen), nach Aktivierung über IgG- und IgM-Globuline (vorherige Exposition nicht immer nachweisbar) π durch direkte Einwirkung eines Agens (z.B. Medikament) ohne vorherige Sensibilisierung oder Komplementaktivierung.
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5.4.3 Anaphylaktischer Schock Diese Mediatoren vermitteln in der Endstrombahn eine weitgehend einheitliche Reaktion, wobei dem Histamin eine Schlüsselstellung zukommt. Innerhalb von Sekunden kommt es zu einer Permeabilitätserhöhung der Kapillaren mit nachfolgender Plasmaexsudation in das Interstitium und einer überwiegend präkapillaren Vasodilatation. Die initiale Vasodilatation wird durch H1-Rezeptoren vermittelt, während die lang anhaltende Vasodilatation durch H2-Rezeptorstimulierung verursacht ist. Es resultieren eine relative und absolute Hypovolämie mit einer im Verhältnis zum Volumen des Gefäßsystems zu geringen Blutmenge. Die Symptome manifestieren sich im Wesentlichen an Haut, Lunge, Herz-Kreislauf-System und Gastrointestinaltrakt. Auslösende Agenzien für eine anaphylaktisch-anaphylaktoide Reaktion können sein: π Medikamente (Antibiotika, nichtsteroidale Antiphlogistika, Lokalanästhetika, Muskelrelaxanzien, Chemotherapeutika, Enzyme u.a.) π Blutprodukte und Antisera (Blutkonserven, Immunglobuline, Impfstoffe, Antitoxine) π Kontrastmittel π Nahrungsmittel π tierische und pflanzliche Stoffe.
Sie führt zu Permeabilitätssteigerung der Kapillaren und präkapillarer Vasodilatation. Die Symptome manifestieren sich an Haut, Lunge, Herz und Kreislauf sowie Gastrointestinaltrakt.
Symptome und Diagnose. An Haut und Schleimhäuten zeigen sich Urtikaria, Erythem und Ödem. An der Lunge führen die verschiedenen Mediatoren zur Bronchokonstriktion bis hin zum Status asthmaticus mit begleitender respiratorischer Insuffizienz. Die Kreislaufsymptomatik variiert von leichter Hypotension über Schock bis hin zum Herz-Kreislauf-Stillstand. Im Gastrointestinaltrakt führt die Permeabilitätserhöhung zu einer Verstärkung der Hypovolämie. Über Stimulation der Histaminrezeptoren wird die Darmmotorik gesteigert (Harn- bzw. Stuhldrang, Blasenentleerung, Defäkation, Uteruskrämpfe). Zentralvenöse Symptome sind Unruhe, zerebrale Krämpfe, Somnolenz bis hin zur Bewusstlosigkeit.
Symptome und Diagnose. Die klinische Symptomatik besteht in Haut- und Schleimhautreaktionen bis zu Ödembildung, Bronchospastik, Hypotension bis zum Kreislaufstillstand sowie Störungen der Darmmotorik. Hinzu kommen zentralnervöse Symptome.
n Merke. Bei fulminantem Verlauf eines anaphylaktischen Schocks kann primär ein Kreislaufstillstand eintreten, ohne dass zuvor kutane oder pulmonale Reaktionen zu beobachten wären.
Therapie. Einfache klinische Kriterien ermöglichen eine schnelle Orientie-
rung über die Schwere der Reaktion und erleichtern den frühzeitigen Beginn einer adäquaten Therapie ( 2 A-5.5). Für das Therapiekonzept spielt die Unterscheidung zwischen immunologisch bedingten und nicht immunologisch bedingten Reaktionen keine Rolle. Die Therapie richtet sich nach dem vorliegenden Stadium und den im jeweiligen Stadium vorherrschenden Organfunktionsstörungen. n Merke. Die Unterbrechung der Zufuhr des auslösenden Agens muss als erste Maßnahme erfolgen.
Schon im Stadium I sollte man bei drohender Progredienz der Symptomatik einen großlumigen Venenzugang anlegen. Die Volumentherapie mittels Plasmaersatz- oder Elektrolytlösungen muss frühzeitig begonnen werden. Sauerstoffzufuhr über Maske bei erhaltener, unbehinderter Spontanatmung oder nach erfolgter Intubation ist obligat. Sollte der Pharynx durch massive Ödembildung verlegt sein, kann zum Sichern der Atemwege eine Koniotomie notwendig werden. H1-Rezeptorantagonisten (z.B. Clemastin, Dimetinden) und H2-Rezeptorantagonisten (z.B. Cimetidin, Famotidin), blockieren die Histaminwirkung. Die Kombination beider Substanzgruppen kommt sowohl in der Prävention als auch in der Therapie anaphylaktisch-anaphylaktoider Reaktionen zur Anwendung. Glukokortikoide sind spezifisch als Inhibitoren einer immunologischen Reaktion (Hemmung der IgE-induzierten Histamin- und Arachidonsäureli-
Auslösende Agenzien einer anaphylaktisch-anaphylaktoiden Reaktion können sein: π Medikamente π Blutprodukte, Antisera π Kontrastmittel π Nahrungsmittel π tierische und pflanzliche Stoffe.
Merke
Therapie. Sie richtet sich nach dem Schweregrad der Symptomatik ( 2 A-5.5).
Merke
Neben Volumentherapie und Sauerstoffzufuhr kommen im Stadium I und II Histaminrezeptorantagonisten, Glukokortikoide, b -Mimetika und Theophyllin zur Anwendung.
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5 Schock
2 A-5.5
Stadieneinteilung, Symptomatik und Therapie anaphylaktisch-anaphylaktoider Reaktionen
Stadieneinteilung und Symptomatik Stadium
Symptomatik
Maßnahmen in der Akuttherapie anaphylaktisch-anaphylaktoider Reaktionen bei kutaner Reaktion
0
lokal
lokal begrenzte kutane Reaktion
I
leichte Allgemeinreaktion
disseminierte kutane Reaktion, Schleimhautreaktion, Allgemeinreaktion
H 1 - und H 2 -Antagonisten (Glukokortikoide; bei bekannter Disposition)
II ausgeprägte Allgemeinreaktion
Hypotonie, Luftnot, Harnund Stuhldrang
H 1 - und H 2 -Antagonisten (Glukokortikoide bei bekannter Disposition)
III bedrohliche Allgemeinreaktion
Schock, Bronchospastik mit Dyspnoe, Bewusstseinstrübung
IV vital bedrohliches Organversagen
Atem- und Kreislaufstillstand
In der medikamentösen Therapie des anaphylaktischen Schocks ist Adrenalin das Medikament erster Wahl. Es führt über Stimulation von a -Rezeptoren zur Vasokonstriktion und über die b -mimetische Wirkung zur Bronchodilatation. In der weiteren Kreislauftherapie kann es mit Dopamin kombiniert werden, bei fehlender Kreislaufstabilisierung auch mit Noradrenalin.
bei pulmonaler Reaktion
bei Herz-Kreislauf-Reaktion
bei Progredienz der Symptomatik
i.v. Zugang, Sauerstoff, Glukokortikoide i.v. i.v. Zugang, Sauerstoff 1. b-Mimetika inhalativ 2. Glukokortikoide i.v.
i.v. Zugang, Sauerstoff 1. Ringer-Laktat 2. Kolloide
Kortikoide i.v. Adrenalin i.v.,
i.v. Zugang, Sauerstoff 1. b-Mimetika/ Adrenalin inhalativ 2. Glukokortikoide i.v. 3. Theophyllin i.v.
i.v. Zugang, Sauerstoff 1. Kolloide 2. Ringer-Laktat 3. Katecholamine (Adrenalin, Dopamin i.v.)
nach 1 mg Adrenalin: 1. Noradrenalin 2. H 1 - und H 2 Antagonisten
Reanimation allgemeine Maßnahmen π Adrenalin, Dopamin (Noradrenalin) π Volumentherapie π
Reanimation allgemeine Maßnahmen π Adrenalin, Dopamin (Noradrenalin) π Volumentherapie π
beration) und unspezifisch »membranstabilisierend« und antiödematös wirksam. Sie werden in hoher Dosierung (500–1000 mg) i.v. appliziert. Da die spezifische Wirkung frühestens nach 1–2 Stunden klinisch bedeutsam wird, müsste der prophylaktische Einsatz frühzeitig, d.h. einige Stunden vor der Exposition, erfolgen. In der Akuttherapie der anaphylaktisch-anaphylaktoiden Reaktion ist die antiödematöse Wirkung vorrangig, die mit einer Latenz von 10–30 Minuten einsetzt. b-Mimetika (z.B. Fenoterol, Salbutamol, Terbutalin) werden bei Auftreten einer Bronchospastik im Stadium II und III als Aerosole gegeben. Theophyllin ist in seiner Anwendung bei anaphylaktisch-anaphylaktoiden Reaktionen auf die adjuvante Therapie der Bronchospastik begrenzt. Man beginnt mit einer Dosis von 5 mg/kg KG und setzt die Therapie, falls erforderlich, mit 10 mg/kg KG über 24 Stunden fort. Die Nebenwirkungen bei Entwicklung einer Tachykardie begrenzen die Dosis. Katecholamine kommen im anaphylaktischen Schock (Stadium III der anaphylaktisch-anaphylaktoiden Reaktion) zur Anwendung. Das Medikament erster Wahl ist Adrenalin. Es führt über eine Stimulation der a-Rezeptoren zur Vasokonstriktion und über die b-mimetische Wirkung zur Bronchodilatation. Sein Einsatz ist bei zunehmender Hypotension schon im Stadium II indiziert (fraktioniert 0,5–1 mg mit 0,1 mg/min). Vor Anlage eines Venenzuganges kann Adrenalin zur Schocktherapie auch direkt über einen Endotrachealtubus verdünnt in die Trachea gegeben werden. In der weiteren Kreislauftherapie kann Adrenalin mit Dopamin (4–8 mg/kg KG/min) kombiniert
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5.4.4 Kardiogener Schock werden. Ist durch Adrenalin oder Dopamin keine Kreislaufstabilisierung zu erzielen, empfiehlt sich nach spätestens 10 Minuten zusätzlich der Einsatz von Noradrenalin. n Merke. Kalzium i.v. ist bei systemischen anaphylaktisch-anaphylaktoiden Reaktionen nicht indiziert.
Merke
Kalzium kann im Schock unter hochdosierter Adrenalintherapie Myokardkontraktur, irreversibles Kammerflimmern und eine Verstärkung der zerebralen Minderperfusion verursachen. Angesichts dieser potenziell gefährlichen Folgen muss von einer Anwendung von Kalzium dringend abgeraten werden.
5.4.4
Kardiogener Schock
n Definition. Dem kardiogenen Schock liegt eine direkte oder indirekte Beeinträchtigung der Pumpfunktion des Herzens zugrunde. Ursächlich sind kardiale oder extrakardiale Faktoren.
Pathophysiologie. Im kardiogenen Schock liegt eine ausgeprägte Ein-
schränkung der Kontraktilität des Myokards (z.B. Myokardinfarkt) oder eine Behinderung der Ventrikelfüllung oder des Auswurfes (z.B. Perikardtamponade, Lungenembolie) vor. Bei vielen Menschen ist die Kompensationsmöglichkeit eines erhöhten myokardialen Sauerstoffverbrauchs infolge koronarer Herzkrankheiten stark eingeschränkt; es kommt rasch zu einem Sauerstoffdefizit der Herzmuskelzelle. Wird die bestehende Sauerstoffimbalance des Myokards nicht innerhalb kurzer Zeit ausgeglichen, werden weitere Anteile kontraktilen Gewebes geschädigt, und das kardiogene Kreislaufversagen wird therapierefraktär. Der kardiogene Schock wird durch einen Circulus vitiosus unterhalten: Myokardischämie, Kontraktilitätsstörung, Blutdruckabfall, Abnahme der Koronardurchblutung und Zunahme der Ischämie. n Merke. Der akute Myokardinfarkt ist die häufigste Ursache des kardiogenen Schocks (10–15 % aller Infarktpatienten).
5.4.4
Kardiogener Schock
Definition
Pathophysiologie. Dem kardiogenen Schock liegt eine Einschränkung der myokardialen Kontraktilität, eine Behinderung der ventrikulären Füllung oder eine Behinderung des Auswurfes zugrunde.
Merke
Bei chirurgischen Patienten ist die akute, massive Lungenembolie meist im Gefolge einer tiefen Becken-Beinvenenthrombose eine häufige Ursache für die Entwicklung eines kardiogenen Schocks. Ein Fünftel aller postoperativen Todesfälle wird durch eine Lungenembolie verursacht. Frühzeitige Diagnose und sofortige Therapie können die Letalität der schweren Lungenembolie von 40 % auf 8 % senken. Im kardiogenen Schock ist das Herzzeitvolumen drastisch reduziert, und es kommt zu einer exzessiven sympathoadrenergen Gegenregulation mit frühzeitiger Kreislaufzentralisation.
Bei chirurgischen Patienten ist die akute, massive Lungenembolie eine häufige Ursache für einen kardiogenen Schock.
Symptome und Diagnose. Das klinische Bild zeigt die klassische Symptomatik des Schocks. Der Patient ist somnolent, die Haut blasszyanotisch und kaltschweißig. Es liegt oft eine Tachykardie oder Tachyarrhythmie mit Herzfrequenzen deutlich >100/min (seltener auch Bradykardie) bei fadenförmigem, kaum tastbarem Puls mit geringer Blutdruckamplitude vor. Dem Schockzustand geht häufig ein akutes Schmerzereignis mit Vernichtungsgefühl als Ausdruck eines Myokardinfarktes oder einer Lungenembolie voraus. Der Patient ist oligurisch (Urinmenge < 20 ml/h) oder anurisch. Ausdruck der gestörten Pumpleistung des Herzens sind ein erniedrigter Herzindex (CI) < 2 l/min/m2, ein ZVD > 15 mmHg, ein pulmonalkapillarer Verschlussdruck (PCWP) > 20 mmHg und eine Ejektionsfraktion (EF) < 35 %. Der totale periphere Gefäßwiderstand (TPR) ist deutlich erhöht. Die Messung erfolgt über einen Pulmonalarterienkatheter. Laborchemisch liegt eine
Symptome und Diagnose. Klinische Symptome sind: π Somnolenz π blasszyanotische und kaltschweißige Haut π Tachyarrhythmie mit geringer Pulsamplitude (selten auch Bradykardie) π Oligurie oder Anurie. Hämodynamische und laborchemische Kriterien sind: 2 π CI < 2 l/min/m π PCWP > 20 mmHg π ZVD > 15 mmHg π EF < 35 %
Das HZV ist drastisch reduziert. Durch eine exzessive sympathoadrenerge Gegenregulation setzt frühzeitig eine Zentralisation ein.
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92 π π π
TPR > 2200 dyn « s « cm —5 Laktat > 3 mmol/l Hypokapnie, arterielle Hypoxie.
Therapie. Die Therapieziele im kardiogenen Schock sind: HZV-Steigerung, Sicherung des koronaren Perfusionsdrucks und Senkung der Herzarbeit.
Merke
An erster Stelle der Therapie steht die Sauerstoffzufuhr.
Die Kombination von Katecholaminen und Vasodilatatoren sowie der Einsatz von Phosphodiesterasehemmern (Inodilatoren) sind zur Stabilisierung des Kreislaufes geeignet.
Merke
Tachykarde und bradykarde Herzrhythmusstörungen sollten behandelt werden. Zur Senkung des myokardialen Sauerstoffverbrauchs ist die ausreichende Analgesie und Sedierung wichtig (vorsichtig titrieren aufgrund hämodynamischer und respiratorischer Nebenwirkungen!).
Als kausale Ansätze der Therapie kommen die Lyse von Thromben und operative Verfahren zur Anwendung.
5 Schock schwere metabolische Azidose mit arterieller Hypoxie, Hypokapnie und einem pH < 7,25 vor. Der Laktatwert im Serum beträgt > 3 mmol/l.
Therapie. Die Ziele der Therapie des kardiogenen Schocks sind Erhöhung
des HZV, Sicherung eines ausreichenden koronaren Perfusionsdrucks (Steigerung des myokardialen O2-Angebotes) und Senkung der Herzarbeit (Senken des myokardialen O2-Verbrauchs). Die Herzfrequenz sollte um 100/min liegen. Die Vorlast des Herzens (Preload) sollte optimiert und der periphere Gefäßwiderstand (Afterload) gesenkt werden. Zugleich muss die sympathoadrenerge Reaktion gedämpft werden. Der Sauerstoffgehalt des Blutes sollte im hochnormalen Bereich liegen. n Merke. Beim kardiogenen Schock ist die primäre Volumensubstitution in der Regel kontraindiziert. Eine Volumengabe in der weiteren Therapie darf nur vorsichtig unter engmaschigem Monitoring erfolgen.
Als erste Maßnahme wird dem Patienten Sauerstoff über eine Maske (6–10 l/min) oder nach endotrachealer Intubation in hoher Konzentration (initial 100 %) über ein Beatmungsgerät zugeführt. Liegen Stauungszeichen vor, so ist eine Oberkörperhochlagerung von 20 Ω–30 Ω hilfreich. Durch Vasodilatatoren (z.B. Nitrate, Nifedipin) kann über eine Senkung des peripheren Gefäßwiderstandes die Herzarbeit durch Abnahme des Sauerstoffverbrauches vermindert werden. Unter dieser Therapie ist die kontinuierliche, blutige Messung des arteriellen Blutdruckes und des pulmonalkapillaren Verschlussdruckes (PCWP) erforderlich. n Merke. Der über den Pulmonalarterienkatheter gemessene PCWP ermöglicht durch seine enge Korrelation mit dem linken Vorhofdruck eine gute Aussage über das Preload.
Die Gabe von Vasodilatatoren wird mit der Applikation von Katecholaminen (z.B. Dopamin, Dobutamin) kombiniert. Auch die Anwendung von Inodilatoren, den Phosphodiesterasehemmern (z.B. Amrinon, Enoximon, Milrinon u.a.) kommt in Frage, deren Wirkung in einer Kombination aus positiver Inotropie mit pulmonaler und peripherer Vasodilatation besteht. Digitalis hat in der Akuttherapie des kardiogenen Schocks nur eine Indikation in der Behandlung einer Tachyarrhythmia absoluta. Tachykarde wie auch bradykarde Rhythmusstörungen sollten korrigiert werden (Kardioversion, Antiarrhythmika, Vagolytika, Schrittmacheranlage u.a.). Analgesie und Sedierung dienen der Senkung des gesamten und myokardialen Sauerstoffverbrauchs. Sie erfolgen in erster Linie durch synthetische, stark wirksame Opioide (z.B. Piritramid oder Fentanyl) und Benzodiazepine (z.B. Midazolam). Die jeweilige Dosis muss nach Wirkung unter kontinuierlichem hämodynamischem Monitoring vorsichtig titriert werden. Zur kurzfristigen Überbrückung eines therapierefraktären Herzversagens werden intra- und extrakorporale Unterstützungssysteme eingesetzt (z.B. intraaortale Ballonpumpe, Kunstherz u.a.). Kausale Therapie. Wenn möglich, wird der kardiogene Schock parallel zur symptomatischen Therapie auch kausal therapiert. Kausale Therapieansätze stellen bei einem Myokardinfarkt die Lysetherapie, bei einer akuten Lungenembolie die Lyse oder die pulmonalarterielle Thrombektomie, bei einer Perikardtamponade die Entlastung durch Punktion oder Dränage dar. Bei einem akut dekompensierten Herzklappenvitium kann der sofort durchgeführte Herzklappenersatz lebensrettend sein.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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5.4.5 Seltene Schockformen 5.4.5
Seltene Schockformen
5.4.5 Seltene Schockformen
Neurogener Schock
Neurogener Schock
Pathophysiologie und Symptome. Der neurogene Schock wird durch eine Läsion der vegetativen Zentren der Medulla oblongata ausgelöst, die für die zentrale Steuerung des Herz-Kreislauf-Systems verantwortlich sind. Das medulläre Vasomotorenzentrum, dessen aktivierende Impulse über sympathische Bahnen zu den Gefäßen und zum Herzen verlaufen, ist in seiner Funktion gestört. Der Schädigung können Blutungen im Bereich des Hirnstammes im Rahmen von Schädel-Hirn-Traumata oder Gefäßschäden, Ödembildung (lokal oder generalisiert) oder infiltratives oder komprimierendes Tumorwachstum zugrunde liegen. Die Kreislaufsituation im neurogenen Schock ist gekennzeichnet durch eine Erniedrigung des Gefäßtonus im arteriellen wie im venösen Schenkel (Sympathikolyse) mit Reduktion des Herzminutenvolumens bei stabiler oder nur leicht erhöhter Herzfrequenz. Dies ist der wesentliche Unterschied zu anderen Schockformen mit erniedrigtem Gefäßwiderstand (anaphylaktischer Schock, septischer Schock). Die myokardiale Kontraktilität ist als Folge der Sympathikolyse reduziert.
Pathophysiologie und Symptome. Der neurogene Schock wird durch eine Schädigung des Kreislaufzentrums des Hirnstammes ausgelöst. Ursächlich für eine Läsion in diesem Bereich sind Blutungen, Ödembildung oder Tumoren.
Therapie. Bei Vorliegen eines Hirnödems mit Bewusstseinseinschränkung
Therapie. Ein Hirnödem wird durch entwässernde und hirndrucksenkende Maßnahmen behandelt, ein Tumor oder eine Blutung werden durch operative Entlastung therapiert.
werden frühzeitig Intubation und kontrollierte Beatmung durchgeführt. Gleichzeitig wird mit einer Osmotherapie zur Abschwellung des Gehirngewebes begonnen. Eingesetzt wird hierzu eine 20 %ige Mannitlösung in der Dosierung von 3–6 « 125 ml unter Kontrolle des intrakraniellen Drucks. Bietet der Patient Zeichen des erhöhten intrakraniellen Drucks, erfolgt die kontinuierliche Hirndrucküberwachung mittels einer intrakraniellen Sonde. Das Monitoring der zerebralen Sauerstoffversorgung kann ergänzend durch die jugularvenöse Sauerstoffsättigungsmessung vorgenommen werden. Alle weiteren Maßnahmen zur Schocktherapie unterscheiden sich nicht von denen der Therapie des Schocks im Allgemeinen. Sind Tumor oder Blutung die Ursache des Schocks, erfolgt soweit möglich eine operative Entlastung.
Die Kreislaufsituation ist gekennzeichnet durch einen Abfall des peripheren Gefäßwiderstandes mit eingeschränkter myokardialer Kontraktilität bei normaler Herzfrequenz.
Alle Therapiemaßnahmen des Schocks im Allgemeinen kommen zur Anwendung.
Spinaler Schock
Spinaler Schock
Pathophysiologie und Symptome. Eine Sonderform des neurogenen
Der spinale Schock entwickelt sich durch eine komplette Schädigung des Rückenmarks.
Schocks ist der spinale Schock. Er entwickelt sich im Rahmen eines Rückenmarkstraumas, wenn eine komplette Schädigung des Rückenmarkes vorliegt. Durch Sympathikusdenervation distal der Läsion tritt eine Dilatation der Kapazitätsgefäße sowie der Arteriolen ein. Klinisch imponieren eine Hypotension, die sich bei Aufrichten des Oberkörpers verstärkt, eine Bradykardie, manchmal verbunden mit AV-Blockierungen, und mit zunehmender Dauer ein Abfall der Körperkerntemperatur. Bei Schädigung des Rückenmarkes in Höhe C3–C5 kommt es durch Funktionsausfall der Nn. phrenici zu schweren Atemfunktionsstörungen (Ausfall der Zwerchfellatmung).
Er ist gekennzeichnet durch Hypotension, Bradykardie und Hypothermie.
Eine Schädigung in Höhe von C3–C5 führt zu respiratorischer Insuffizienz.
Therapie. Die allgemeinen Therapiemaßnahmen im Schock (Sicherung der
Ventilation, Sauerstoffgabe, Volumensubstitution und Gabe von vasoaktiven Medikamenten) kommen zum Einsatz.
Therapie. Die allgemeinen Therapiemaßnahmen im Schock kommen zum Einsatz.
Endokriner Schock
Endokriner Schock
Pathophysiologie. Endokrin-metabolische Krisen durch Funktionsausfall
Pathophysiologie. Endokrin-metabolische Krisen mit dominierender Schocksymptomatik liegen vor bei: π Addison-Krise π akuter Hypophysenvorderlappeninsuffizienz. Folgende endokrin-metabolische Krisen führen erst später zu einer akzessorischen Schocksymptomatik: π Coma diabeticum
eines oder mehrerer endokriner Organe können primär zu einer Schocksymptomatik führen. Krisen mit dominierender Schocksymptomatik sind: π akute Nebennierenrindeninsuffizienz (Addison-Krise) π akute Hypophysenvorderlappeninsuffizienz. Bei der Mehrzahl der endokrin-metabolischen Krisen tritt ein Schock erst im späteren Verlauf als akzessorische Schocksymptomatik ein. Dies gilt für folgende Störungen: π ketoazidotisches oder hyperosmolares Coma diabeticum
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94 π π π π
thyreotoxische Krise Cushing-Syndrom Diabetes insipidus akuter Hypoparathyreoidismus.
5 Schock π π π π
thyreotoxische Krise akutes Cushing-Syndrom Diabetes insipidus akuter Hypoparathyreoidismus.
Symptome und Therapie. Die Symptomatik wird durch Hypotonie und Hypovolämie bestimmt. Die Therapie erfolgt durch Hormonsubstitution oder -blockade und symptomatische Schockbehandlung. Intoxikationsschock
Symptome und Therapie. Neben metabolischen Veränderungen stehen die
Pathophysiologie und Symptome. Medikamentenintoxikationen durch Barbiturate, Narkotika oder Tranquilizer führen zu Myokarddepression, Ateminsuffizienz mit arterieller Hypoxie und Hypovolämie.
Pathophysiologie und Symptome. Intoxikationen zeichnen sich durch
CO und Zyanid führen über Störungen des Sauerstofftransportes bzw. der -verwertung zum Schock.
Merke
Therapie. Sie erfolgt durch Entgiftung, Beatmung, Volumensubstitution und Gabe von vasoaktiven und positiv inotropen Medikamenten.
schwer beherrschbare Hypotonie und eine meist ausgeprägte Hypovolämie im Vordergrund. Die Therapie erfolgt kausal durch Hormonsubstitution oder -blockade in Verbindung mit einer symptomatischen Schocktherapie.
Intoxikationsschock unterschiedliche pathophysiologische Angriffspunkte aus. So führt die Zufuhr hoher Dosen von Barbituraten, Narkotika oder Tranquilizern zur Myokarddepression mit Abfall des Herzzeitvolumens. Eine Lähmung des Atemzentrums (häufig bei Opioid- oder Barbituratintoxikationen) kann zu einer die Schocksymptomatik drastisch verstärkenden arteriellen Hypoxie führen. Tritt eine medikamentös bedingte Darmatonie ein, kommt es über eine Sequestration von Flüssigkeit zu einer absoluten Hypovolämie. Diese nimmt mit Steigerung der Kapillarpermeabilität in druckgeschädigten Körperzonen bei längerem Liegen und durch Flüssigkeitsverluste infolge Erbrechens verbunden mit fehlender Flüssigkeitszufuhr in der Zeit zwischen Medikamenteneinnahme und Auffinden des Patienten zu. Bei Vergiftung durch Kohlenmonoxid liegt der Schockentwicklung eine verminderte Sauerstofftransportkapazität durch Hb-gebundenes CO zugrunde, bei der Zyanidvergiftung eine Hemmung der Sauerstoffutilisation der Zelle durch Blockade der Zytochromoxidase in den Mitochondrien. n Merke. Der Verlauf der Schocksymptomatik ist abhängig von der Substanz, mit der die Intoxikation herbeigeführt wurde, von der Dosis, die aufgenommen wurde, von der Zeit zwischen Aufnahme des Giftes und Therapiebeginn sowie von Organvorschäden.
Therapie. Grundlagen der Therapie sind die zügige Entgiftung (Magenspülung, forcierte Diurese, Hämodialyse, Hämoperfusion, Antidotgabe), die symptomatische Behandlung einer Ateminsuffizienz durch kontrollierte Beatmung sowie die Kreislauftherapie durch Volumensubstitution und Gabe von vasoaktiven und positiv inotropen Medikamenten (Katecholamine).
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95 6
Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
6
Perioperativer Flüssigkeitsund Volumenersatz
6.1
Flüssigkeitstherapie
Reni Ellerbeck 6.1
Flüssigkeitstherapie
6.1.1
Wasser- und Elektrolythaushalt
6.1.1 Wasser- und Elektrolythaushalt
Wasserhaushalt
Wasserhaushalt
Der prozentuale Wassergehalt eines Mannes mittleren Alters schwankt bei unterschiedlichem Depotfettanteil von 40 % (sehr adipös) bis 65 % (mager). Der prozentuale Wassergehalt bei Frauen ist, durch den höheren Depotfettanteil bedingt, etwas geringer. Das Gesamtkörperwasser verteilt sich auf verschiedene Kompartments, zwei Drittel sind im Intrazellulärraum (IZR), ein Drittel ist im Extrazellulärraum (EZR) gebunden. Während sich im IZR die Stoffwechselvorgänge der Zellen abspielen, gilt der EZR als Transportmedium und Vermittler zwischen den Zellen und der Außenwelt. Den EZR unterteilen wir dabei in 3 Kompartments, den intravasalen (Blut- und Lymphgefäßsystem), interstitiellen und transzellulären Raum ( 1 A-6.1). Der intravasale Anteil entspricht dem Plasmavolumen (Blutvolumen minus Erythrozytenvolumen gleich Plasmavolumen) und beträgt etwa ein Fünftel des EZR. Das interstitielle Kompartment (ca. vier Fünftel des EZR) dient dabei als Volumenpuffer des Intravasalraumes. Der transzelluläre Anteil umfasst die Flüssigkeiten in den Hohlräumen des Organismus wie Liquor cerebrospinales, Gallenflüssigkeit und Flüssigkeiten im Magen-Darm-Trakt, wobei die Flüssigkeitssekretion in den Magen-Darm-Trakt mit ca. 8 l/Tag den größten Teil ausmacht. Dieser Teil wird jedoch fast vollständig wieder rückresorbiert. Bei einigen Krankheiten nimmt dieses sonst zu vernachlässigende 3. Kompartment erheblich zu. Beispiele hierfür sind Ileus, Aszites und Pleuraergüsse. Eine Wasserbilanz des menschlichen Körpers können wir erstellen, indem wir Einfuhr und Ausfuhr miteinander vergleichen ( 2 A-6.1). Bei der Einfuhr müssen neben der Aufnahme durch Getränke noch versteckte Flüssigkeiten in den Nahrungsmitteln und das sogenannte Oxidationswasser (Entstehung durch Oxidation von Wasserstoff bei den Stoffwechselvorgängen) berücksichtigt werden. Die durchschnittliche Wassereinfuhr eines Erwachsenen beträgt ca. 2,5 l und setzt sich wie folgt zusammen: Getränke ca. 1 100 ml, Speisen 1100 ml und Oxidationswasser ca. 300 ml.
Der Wasserhaushalt eines Menschen schwankt zwischen 40 und 60 % der Gesamtkörpermasse.
1 A-6.1
Das Gesamtkörperwasser teilt sich in verschiedene Kompartments auf: π Intrazellulärraum (IZR): enthält 2 ⁄ 3 des Gesamtkörperwassers π Extrazellulärraum (EZR): enthält 1 ⁄ 3 des Gesamtkörperwassers Der EZR wird unterteilt in 3 Kompartments ( 1 A-6.1): π intravasaler Raum (ein Fünftel des EZR) π interstitieller Raum (vier Fünftel des EZR) π transzellulärer Raum (zu vernachlässigen).
Die durchschnittliche Wasserzufuhr/ Tag (2,5 l) setzt sich wie folgt zusammen: Getränke 1100 ml, Speisen 1100 ml, Oxidationswasser 300 ml.
Synopsis Verteilung des Gesamtkörperwassers
Gesamtkörperwasser
Intrazellulärraum (2/3)
Extrazellulärraum (1/3)
intravasal (1/5 EZR)
interstitiell (4/5 EZR)
transzellulär (zu vernachlässigen)
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96 Der Wasserverlust/Tag ergibt sich aus: 1500 ml über die Niere, 500 ml über die Lunge, 300 ml über die Haut, 200 ml über den Darm ( 2 A-6.1). Verluste über Lunge und Haut werden als Perspiratio insensibilis bezeichnet.
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz Der menschliche Körper verliert Flüssigkeiten nicht nur über Niere und Darm, sondern auch durch Lunge und Haut (Perspiratio insensibilis). In 24 Stunden werden durchschnittlich 1 500 ml über die Niere, 500 ml über die Lunge, 300 ml über die Haut und ca. 200 ml über den Darm abgegeben, sodass wir im Normalfall von einer ausgeglichenen Flüssigkeitsbilanz ausgehen können.
2 A-6.1
Tägliche Wasserbilanz des menschlichen Körpers
N Wassereinfuhr n davon als
π π π
N Wasserverluste n über
π π π π
Elektrolythaushalt Im menschlichen Körper sind im Wesentlichen folgende Elektrolyte vorhanden: π Kationen: Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium π Anionen: Chlorid, Hydrogenkarbonat und -phosphat, Sulfat, Proteine, organische Säureanionen. Die Verteilung der Elektrolyte in den Kompartments zeigt 1 A-6.2.
Getränke Speisen Oxidationswasser
ca. 2 500 ml ca. 1100 ml ca. 1100 ml ca. 300 ml
Niere Lunge Haut Darm
ca. 2 500 ml ca. 1500 ml ca. 500 ml ca. 300 ml ca. 200 ml
Elektrolythaushalt Im menschlichen Körper sind im Wesentlichen folgende Elektrolyte vorhanden: π Kationen: Natrium, Kalium, Kalzium und Magnesium π Anionen: Chlorid, Hydrogenkarbonat und -phosphat, Sulfat, Proteine und organische Säureanionen wie z.B. Acetat, Pyruvat und Laktat. Die Verteilung der verschiedenen Elektrolyte in den einzelnen Kompartments ist in 1 A-6.2 zu sehen.
1 A-6.2
Synopsis Verteilung der Kationen und Anionen in den einzelnen Kompartments des menschlichen Körpers
mval/l
180
HCO3– Cl– HPO42– (H2PO4–) 2– SO4
Na+ K+ Ca2+ Mg2+
160
HCO3– 24
140
organische Säuren Protein HCO3–
HCO3– 27
120 K+
HPO42– H2PO4–
100
80
Na+ 142
Cl– 104
Na+ 146
60
Cl– 117
SO42–
Mg2+
40
Protein
20
+
Ca2+
Na
Protein 15
0 Plasma mval/l
interstitielle Flüssigkeit mval/l
Extrazellulärraum (EZR)
zelluläre Flüssigkeit mval/l Intrazellulärraum (IZR)
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6.1.1 Wasser- und Elektrolythaushalt
97
Im Extrazellulärraum sind vorwiegend Natrium, Chlorid und Hydrogenkarbonat zu finden. Die zelluläre Flüssigkeit beinhaltet im wesentlichen Kalium (160 mval/kg), Magnesium (26 mval/kg), Phosphat (100 mval/kg) und Proteine (65 mval/kg).
Im EZR sind vorwiegend Natrium, Chlorid und Hydrogenkarbonat zu finden. Die zelluläre Flüssigkeit beinhaltet im wesentlichen Kalium, Magnesium, Phosphat und Proteine.
Natrium
Natrium
Natrium befindet sich zu 98 % im EZR und zu 2 % im IZR. Es ist für die Osmolarität und das Volumen des EZR verantwortlich. Die Plasmakonzentration beträgt 135–150 mmol/l. Bei schneller Veränderung der Natriumplasmakonzentration verändert sich der IZR durch Wasserentzug oder -aufnahme. Es können sowohl Dehydratationen (hyper- und hypoton) als auch Hyperhydratationen (hyper- und hypoton) entstehen. Das Natriumion ist von großer Bedeutung für das Aktionspotenzial des Herzens, der Nerven und der Muskulatur. Über die Na+ /K+ -ATPase regelt es auch den Ein- und Ausstrom von Ionen in die Zellen. Die Ausscheidung des Natriums erfolgt zu 95 % über die Nieren.
Natrium ist vorwiegend im EZR zu finden. Die Plasmakonzentration beträgt 135–150 mmol/l. Es hat wesentliche Bedeutung für die Regulations des Wasserhaushalts und für das Aktionspotenzial des Herzens, der Nerven und der Muskulatur.
Kalium
Kalium
Kalium befindet sich im Gegensatz zum Natrium zu 98 % intrazellulär und nur zu 2 % im EZR. Somit ist Kalium verantwortlich für die Größe des IZR. Die tägliche Kaliumaufnahme beträgt ca. 70 mmol. Die normale Plasmakonzentration wird laborabhängig mit 3,6–5,0 mmol/l angegeben. Eine wesentliche Bedeutung hat Kalium für das Membranpotenzial und somit für die Erregbarkeit des Herzens und der Muskulatur. Veränderte K+-Konzentrationen können zu Rhythmusstörungen führen. Hypokaliämische Lähmungen der quergestreiften Muskulatur sind ebenfalls bekannt. Das Kaliumion hat ebenso Einfluss auf transepitheliale Transportprozesse und über die Na+ /K+ -ATPase auf den Natrium-Wasserstoffionen-Austausch und somit den Säure-Basen-Haushalt. Die Kaliumaufnahme und -abgabe der Zellen ist dabei vom Energiestoffwechsel der Zelle abhängig. Eine Abgabe in den EZR erfolgt z.B. bei katabolen Zuständen, Diabetes, Azidose und Zelluntergang, während eine vermehrte intrazelluläre Aufnahme von Kalium bei verbesserter Glukoseverwertung unter Insulin, anabolen Zuständen, Alkalose und zellulärer Rehydratation beobachtet wird. Die Ausscheidung des Kaliums erfolgt zu 90 % renal und zu 10 % über die Fäzes.
Kalium ist vorwiegend im IZR zu finden. Die Plasmakonzentration beträgt 3,6–5 mmol/l.
n Merke. Bei der Interpretation der Plasmakaliumkonzentration ist Vorsicht geboten, da trotz allgemeinen Kaliummangels die Werte im Plasma erhöht sein können. Dies ist z.B. bei katabolen Stoffwechselzuständen oder Zelluntergängen der Fall. Die Plasmakonzentration ist abhängig von der Verteilung des Kaliums im EZR und IZR.
Kaliummangel kann verursacht sein durch mangelhafte Aufnahme, Verluste über den Magen-Darm-Trakt (Erbrechen, Fisteln, Laxanzien) oder renale Verluste (z.B. sekundärer Aldosteronismus bei Leberzirrhose). Symptome sind Veränderungen der Erregungsausbreitung des Herzens (Vorhofflimmern, Extrasystolen), Tonusverlust der Skelettmuskulatur sowie des MagenDarm-Traktes, Konzentrationsschwäche der Nieren und Apathie. Die Kaliumsubstitution kann entweder als Kaliumsalz oral oder per Infusion erfolgen, wobei molare Kaliumlösung intravenös nie unverdünnt gegeben werden sollte und engmaschige Plasmakontrollen notwendig sind. Zur Substitution einer schweren Hypokaliämie können je nach Schweregrad 20–40 mmol Kalium/h infundiert werden. Wegen der Gefahr von Herzrhythmusstörungen darf die Zufuhr 40 mmol/h nicht überschreiten. Hyperkaliämie (d.h. Plasmakonzentrationen > 5,5 mmol/l) können ihre Ursache im Nierenversagen, einer Nebennierenrindeninsuffizienz und vermehrter Freisetzung aus dem Gewebe haben (Trauma, Verbrennung). Symptome sind dabei schwere Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstill-
Es hat wesentliche Bedeutung für das Membranpotenzial, Einfluss auf transepitheliale Transportprozesse und die Na+ /K + -ATPase sowie den Säure-Basen-Haushalt.
Eine Kaliumaufnahme in die Zellen erfolgt bei Alkalose, anabolen Zuständen, in Verbindung mit Insulin, eine Kaliumabgabe der Zellen bei katabolen Zuständen, Schock, Diabetes und Azidose.
Merke
Hypokaliämie entsteht bei Verlusten über den Magen-Darm-Trakt. Symptome sind Vorhofflimmern, Extrasystolen des Herzens, Tonusverlust der quergestreiften und glatten Muskulatur, evtl. Apathie und Somnolenz. Therapie: Kaliumsubstitution p.o. oder per Infusion mit engmaschigen Laborkontrollen (nie unverdünnt). Bei schwerer Hypokaliämie Infusion von 20–40 mmol/h möglich. Wegen Gefahr der Herzrhythmusstörung darf die Zufuhr 40 mmol/h nicht überschreiten. Hyperkaliämie entsteht bei Niereninsuffizienz, Verbrennungen und Nebennierenrindeninsuffizienz. Symptome sind Herzrhythmusstörungen bis zum Herzstillstand, Erbrechen, Durchfälle,
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98
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
Müdigkeit. Therapie: Kalziumgabe, Infusion von 40 %iger Glukoselösung mit Insulinzusatz, Hämofiltration oder -dialyse, Klysma mit Kationenaustauscher.
stand, Erbrechen, Durchfälle, Müdigkeit sowie Verwirrtheitszustände. Eine Azidose verstärkt eine Hyperkaliämie. Neben der Behandlung der Grundkrankheit sind die Injektion von Calcium gluconicum 10 %, die Infusion 40 %iger Glukoselösung mit Insulinzusatz, die Hämodialyse und evtl. Kationenaustauscher (Polystyrensulfat) in Form eines Klysmas (Kontraindikation: Ileus) als Therapie zu wählen.
Kalzium
Kalzium
Die Plasmakonzentration des Gesamtkalziums beträgt 2,2–2,5 mmol/l, die des ionisierten Kalziums 1,1–1,4 mmol/l. Biologisch wirksam ist nur das ionisierte Kalzium. Wesentliche Funktionen sind Kontraktion der Muskulatur, Blutgerinnung, Aktivierung von Enzymen. Regulation durch Parathormon, Kalzitonin, Vitamin D.
Kalzium liegt im menschlichen Körper zu 50 % ionisiert, also diffusabel durch Membranen, und zu 45 % nicht ionisiert, an Eiweiß gebunden, vor. In diesem Fall kann es nicht durch Membranen diffundieren. 5 % des Kalziums ist an organische Säure gebunden (nicht ionisiert, aber diffusabel). Zwischen den einzelnen Kalziumfraktionen besteht ein labiles Gleichgewicht. Biologisch wirksam ist nur das ionisierte Kalzium. Demzufolge wäre es sinnvoll, auch dieses zu bestimmen. Die Plasmakonzentration des Gesamtkalziums beträgt 2,2–2,5 mmol/l, die des ionisierten Kalziums sollte 1,1–1,4 mmol/l betragen. Kalzium hat im menschlichen Körper mannigfaltige Aufgaben, die bis heute noch nicht vollständig geklärt sind. Bei der Muskelkontraktion ist es ein wichtiger Mittler zwischen Erregung und Kontraktion. Außerdem ist es ein wichtiger Faktor bei der Blutgerinnung. Kalzium ist bei der Aktivierung von Enzymen beteiligt und in den Metabolismus des cAMP eingebunden. Parathormon, Kalzitonin und Vitamin D regulieren die Kalziumaufnahme und -abgabe sowie den Metabolismus zwischen den einzelnen Fraktionen. Hypokalzämien können als Ursachen Nierenerkrankungen, Vitamin-DMangel, herabgesetzte enterale Aufnahme oder Parathormoninkretion (primärer Hypoparathyreoidismus), eine akute Pankreatitis oder Transfusionen großer Mengen zitrathaltigen Blutes haben. Symptome sind dabei Hyperreflexie, Muskelkrämpfe, verringerte Muskelkraft des Herzens und evtl. Chvostek-Zeichen. Als Therapie werden Kalziumionen i.v. appliziert (Calcium gluconicum, Kalziumchlorid). Die Ursachen für eine Hyperkalzämie können vielfältig sein. Primärer und tertiärer Hyperparathyreoidismus, Morbus Addison und das paraneoplastische Syndrom sind hierbei nur einige wenige. Das Nervensystem reagiert mit einer Verminderung der neuromuskulären Erregung. Übelkeit, Erbrechen und paralytischer Ileus von gastroenterologischer Seite und eine Arrhythmieneigung des Herzens sind neben der vermehrten Nierensteinbildung weiter zu erwähnen. Eine Hyperkalzämie > 4 mmol/l ist durch die allgemeine Muskelschwäche und Somnolenz lebensgefährlich. Eine Therapie der Hyperkalzämie ist – neben der Beseitigung der Grundkrankheit – mit ausgiebiger Flüssigkeitszufuhr (0,9 %ige NaCl-Lösung, 3–6 l/Tag), Förderung der Diurese (z. B. durch Furosemid), der Gabe von Kalzitonin, Phosphatinfusion oder Hämodialyse durchzuführen.
Hypokalzämie entsteht bei Vitamin-DMangel, primärem Hypoparathyreoidismus, Massentransfusionen. Symptome sind Hyperreflexie, Muskelkrämpfe, verringerte Muskelkraft des Herzens, Chvostek-Zeichen. Therapie: Kalziumionen i.v. (Calcium gluconicum) oder p.o. Hyperkalzämie entsteht bei primärem und tertiärem Hyperparathyreoidismus, Morbus Addison und paraneoplastischem Syndrom. Symptome sind Verminderung der neuromuskulären Erregung, Übelkeit, Erbrechen, paralytischer Ileus, Arrhythmieneigung des Herzens. Eine Hyperkalzämie > 4 mmol/l ist durch Muskelschwäche und Somnolenz lebensgefährlich. Therapie: ausgiebige Flüssigkeitszufuhr mit Infusion von 0,9 %iger NaClLösung (3–6 l/Tag), Förderung der Diurese, Kalzitonin, Phosphatgabe, Hämodialyse. Magnesium
Magnesium
Die normale Plasmakonzentration beträgt 0,8–1,0 mmol/l. Magnesium hat eine wichtige Funktion bei der neuromuskulären Übertragung. Hypermagnesiämie entsteht bei Nierenerkrankungen und Hyperparathyreoidismus. Symptome sind Übelkeit, Obstipation, Lethargie und verminderte kardiale Reizleitung. Therapie: Applikation von Kalzium oder Glukose mit Insulin. Hypomagnesiämie entsteht bei chronischem Alkoholabusus, Symptome sind gesteigerte neuromuskuläre Erregbarkeit mit Tachykardie und intestinale Spasmen. Therapie: Applikation von Magnesiumsulfat.
Der tägliche Basisbedarf eines Menschen beträgt 10–20 mmol. Magnesium ist ein wichtiger Elektrolyt bei der neuromuskulären Übertragung. Die normale Plasmakonzentration beträgt 0,8–1,0 mmol/l. Hypermagnesiämien, vor allen Dingen verursacht durch Nierenerkrankungen, übermäßige orale Aufnahme, Hyperparathyreoidismus und Nebenniereninsuffizienz können zu Übelkeit, Obstipation, Herabsetzung der kardialen Reizleitung und Lethargie führen. Als Therapie wäre außer der Behandlung des Grundleidens Calcium gluconicum oder eine Glukoseinfusion mit Insulinzusatz zu nennen. Magnesiummangel kann verursacht sein durch chronischen Alkoholismus und vermehrte intestinale oder renale Verluste. Eine gesteigerte neuromuskuläre Erregbarkeit mit Tetanie, tachykarde Rhythmusstörungen und intestinale Spasmen können die Folgen sein. Neben der Behandlung der Grundkrankheit ist die parenterale oder enterale Gabe von Magnesiumsulfat die Therapie der Wahl.
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6.1.1 Wasser- und Elektrolythaushalt
Chlorid Chlorid kommt im menschlichen Organismus nur in ionisierter Form vor, dabei sind 88 % im EZR zu finden. Es ist das wichtigste Gegenion des Natriums und so mitverantwortlich für die Größe des Extrazellulärraumes. Die normale Plasmakonzentration beträgt 95–112 mmol/l. Eine Erniedrigung des Chloridwertes finden wir bei intestinalen Verlusten von HCl, exzessiver Alkalizufuhr und Applikation von Diuretika, die die tubuläre Rückresorption von Chlorid beeinflussen. Große Verluste bikarbonathaltiger Sekrete mit folgender systemischer Azidose wie z.B. bei Durchfällen, Pankreas- und Dünndarmfisteln können zu einer Erhöhung des Chloridwertes im Serum führen.
Chlorid Chorid kommt vorwiegend extrazellulär vor. Die Plasmakonzentration beträg 95–112 mmol/l. Erniedrigung bei intestinalen Verlusten von HCl oder Alkalizufuhr. Erhöhung bei großem Verlust bikarbonathaltiger Sekrete mit folgender Azidose wie bei Durchfällen, Pankreasund Dünndarmfisteln.
Phosphat
Phosphat
Das anorganische Phosphat im Organismus liegt zu über 85 % im Skelettsystem und den Zähnen in Form des Hydroxylapatits vor. Reguliert wird der Phosphatstoffwechsel durch Parathormon, Kalzitonin und Vitamin D. Die Plasmakonzentration beträgt 0,8–1,6 mmol/l. Wichtige Aufgaben sind u.a. mit Kalzium zusammen die Stützfunktion für den Knochen, der Einbau des Phosphats in ATP sowie als cAMP die enzymatische Funktion in den Zellmembranen. Außerdem ist Phosphat ein wichtiger intrazellulärer Puffer. Phosphatmangel tritt bei verminderter Aufnahme (Malabsorption, chronisches Erbrechen), erhöhten renalen Verlusten (Hyperparathyreoidismus, Phosphatdiabetes) und chronischem Alkoholabusus auf. Außer neuromuskulären Symptomen (Parästhesien, Apathie) und hämatologischen Störungen wie Verschlechterung der Sauerstoffabgabe der Erythrozyten und Thrombozytopenien können auch Osteomalazien auftreten. Die intravenöse Phosphatapplikation sollte dann engmaschig laborchemisch kontrolliert werden (cave: Nierenfunktion). Hyperphosphatämien treten u.a. bei Niereninsuffizienz, Zelluntergang (Hämolyse, Zytostatikatherapie) und Mobilisation von Phosphat aus dem Knochen auf. Die Therapie richtet sich nach der Ursache der Erkrankung. Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz können neben der phosphatreduzierten Diät mit Kalziumacetat behandelt werden. Weitere Phosphatbinder sind Kalziumkarbonat, Kalziumzitrat und Magnesiumsalze.
Die Regulation erfolgt durch Parathormon, Kalzitonin und Vitamin D. Die Plasmakonzentration beträgt 0,8–1,6 mmol/l. Wichtige Aufgaben hat es bei der Stützfunktion im Knochen, dem Energiestoffwechsel (ATP, cAMP) und als intrazellulärer Puffer. Hyperphosphatämien entstehen bei Niereninsuffizienz und Zelluntergang. Therapie: Phosphatbinder, Kalziumkarbonat, Kalziumzitrat und Magnesiumsalze.
Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes Die Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes dient zur Aufrechterhaltung der Homöostase. Angriffspunkt der Regulation ist der Extrazellulärraum. Beteiligt an der Regulation sind vorrangig die Nieren, das Endokrinium und das Gehirn (Durstgefühl).
Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes Die Aufrechterhaltung der Homöostase erfolgt über die Nieren, das Gehirn (Durstgefühl) und das Endokrinium.
Nieren
Nieren
Sie sind das wichtigste Organ zur Aufrechterhaltung der Homöostase und der Osmolarität. Die Nieren können durch die Produktion eines verdünnten oder konzentrierten Urins (Urinosmolarität von 150–1 400 mosmol/kg) entscheidend in den Wasser- und Elektrolythaushalt eingreifen.
Sie erhalten die Homöostase und Osmolarität aufrecht durch Veränderung der Urinosmolarität (Produktion eines verdünnten oder konzentrierten Urins).
Hormonelle Regulationsmechanismen
Hormonelle Regulationsmechanismen
Endokrine Regulationsmechanismen regeln den osmotischen Druck und das Volumen des Extrazellulärraumes. Die Rezeptoren zur Überwachung der Osmolarität befinden sich im Hypothalamus. Dort wird auch das antidiuretische Hormon (ADH) produziert, gespeichert und bei steigender Plasmaosmolarität freigesetzt. ADH hat seinen Angriffspunkt am distalen Tubulussystem und den Sammelrohren der Niere. Die Wasserdurchlässigkeit wird erhöht. Steigender osmotischer Druck führt zur vermehrten ADH-Sekretion und zur Wasserretention und somit wieder zum Absinken der Osmolarität. Zusätzlich befinden sich Volumenrezeptoren im linken Herzvorhof. Eine Volumenzunahme führt über diese zu verminderter ADH-Sekretion und somit zu vermehrter Diurese.
Hypophosphatämien entstehen bei Malabsorption und erhöhten renalen Verlusten. Symptome sind Parästhesien, Apathie, Osteomalazie und Blutbildveränderungen. Therapie: intravenöse Phosphatgabe.
Endokrine Regulationsmechanismen regeln den osmotischen Druck und das Volumen des Extrazellulärraumes. Im Hypothalamus wird ADH produziert, gespeichert und bei steigender Plasmaosmolarität freigesetzt. Steigender osmotischer Druck führt zur vermehrten ADH-Sekretion und zur Wasserretention und somit wieder zum Absinken der Osmolarität.
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100 Mit dem Renin-Angiotensin-Kreislauf besitzt der menschliche Körper einen weiteren Regulationsmechanismus des Wasserhaushaltes ( 1 A-6.3).
Die myoendokrinen Zellen der Herzvorhöfe produzieren das ANH, das die Natrium- und Wasserdiurese fördert. Zusätzlich existiert ein endogener Hemmstoff der Na+ /K + -ATPase, der über Enzymhemmung Na + aus dem extrazellulären Raum entfernt (funktioneller Aldosteronantagonist).
Zwischen den einzelnen Regulationsmechanismen gibt es Interaktionen.
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz Mit dem Renin-Angiotensin-Kreislauf besitzt der menschliche Körper einen weiteren Regulationsmechanismus des Wasserhaushaltes ( 1 A-6.3). Das zirkulierende Blutvolumen reguliert über die renale Perfusion die Reninfreisetzung des juxtaglomerulären Apparates der Nieren. Das in der Leber produzierte Angiotensinogen wird durch Renin in Angiotensin I und durch das im Plasma befindliche »Angiotensin converting enzyme« (ACE) in das aktive Angiotensin II umgewandelt. Durch Angiotensin II wird Aldosteron, ein Mineralkortikoid, welches im Tubulussystem der Nieren die Na+-Rückresorption gegen K+- und H+ -Ionen fördert, aus der Nebennierenrinde freigesetzt. Die myoendokrinen Zellen der Herzvorhöfe produzieren ein weiteres Hormon, das Atriale Natriuretische Hormon (ANH), welches die Natrium- und Wasserdiurese fördert über eine Hemmung der Aldosteronsekretion. In den letzten Jahren wurde zusätzlich ein endogener Hemmstoff der Na+ /K+ -ATPase entdeckt. Dieser führt über die Hemmung des Enzyms zu einer Entfernung von Natrium aus dem extrazellulären Raum. Er gilt als funktioneller Aldosteronantagonist. Bei Anstieg der Plasmaosmolarität (Entwässerung der Zellen oder rasche Abnahme des EZR) entsteht über eine Reizung der Osmorezeptoren des Hypothalamus das Durstgefühl. Zwischen den einzelnen Regulationsmechanismen gibt es Interaktionen.
1 A-6.3
Synopsis Renin-Angiotensin-System
Blutvolumen
Natriurese der Niere
Aldosteronfreisetzung aus der Nebenniere
durch ACE Umwandlung von Angiotensin I in Angiotensin II
Pathologische Veränderungen und Therapie im Wasser- und Natriumhaushalt Wir unterscheiden 6 Störungen. Dehydratation und Hyperhydratation können jeweils hyperton, isoton und hypoton sein.
Perfusion des juxtaglomerulären Apparates
Reninfreisetzung
Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I
Pathologische Veränderungen und Therapie im Wasser- und Natriumhaushalt Je nach der Osmolarität und Größe des Wasserbestandes unterscheiden wir 6 verschiedene Störungen des Wasser-Natrium-Haushaltes. Sowohl die Dehydratation (Wassermangel) als auch die Hyperhydratation (Wasserüberschuss) können hyperton, isoton und hypoton sein.
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6.1.1 Wasser- und Elektrolythaushalt
Hypertone Dehydratation n Definition. Verlust von Wasser, aber kein Verlust gelöster Teilchen: erhöhte Plasmaosmolarität.
Ätiologie. Verluste hypotoner Flüssigkeiten durch Fieber und Schweißausbrüche oder wässrige Stühle, polyurisches Stadium des akuten Nierenversagens, Coma diabeticum hyperosmolare, Diabetes insipidus. Symptome. Die Patienten haben ein großes Durstgefühl. Apathie oder Som-
nolenz können ebenso wie geistige Verwirrtheit und Halluzinationen im Vordergrund stehen. Haut und Schleimhäute sind trocken. Die Nieren reagieren mit einer Oligurie. Die Kreislaufwirkung ist zunächst gering, da wegen der erhöhten Osmolarität Flüssigkeit aus dem IZR nachgeliefert wird. Als Laborbefunde finden wir eine Plamaosmolarität > 295 mosmol/kg und Natriumwerte > 150 mmol/l.
Therapie. Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Dehydrata-
tion und sollte mit Voll- bzw. Zweidrittelelektrolytlösungen, nicht mit elektrolytfreien Lösungen (z.B. Glukose 5 %), durchgeführt werden. n Merke. Bei zu raschem Abfall der Plasmanatriumkonzentration besteht die Gefahr eines Hirnödems. Je höher die Natriumkonzentration ist, desto langsamer sollte der Ausgleich erfolgen (bei Natriumwerten um 170 mmol/l 2–3 Tage für den Ausgleich).
Isotone Dehydratation n Definition. Verlust von Wasser und gelösten Teilchen im physiologischen Verhältnis: normale Plasmaosmolarität.
Hypertone Dehydratation Definition
Ätiologie. Verlust hypotoner Flüssigkeiten bei Fieber und Schweißausbrüchen, polyurisches Stadium des Nierenversagens, Coma diabeticum hyperosmolare, Diabetes insipidus. Symptome. Durstgefühl, Apathie, Somnolenz, Halluzinationen, Oligurie, geringe Kreislaufwirkung, Plasmaosmolarität > 295 mosmol/kg, Na > 150 mmol/l.
Therapie. Infusion von Voll- bzw. Zweidrittelelektrolytlösungen (keine elektrolytfreien Lösungen).
Merke
Isotone Dehydratation Definition
Ätiologie. Verluste isotoner Flüssigkeit bei Erbrechen, Durchfällen oder
Ätiologie. Ursachen können sein: Erbrechen, Durchfälle, Fisteln im MagenDarm-Trakt, Ileus.
Symptome. Da nur der EZR betroffen ist, treten schnell Kreislaufdepressio-
Symptome. Symptome sind Müdigkeit, Apathie, Kreislaufdepression, Schock.
Therapie. Da der Schock im Vordergrund des Krankheitsbildes steht, ist dessen Behandlung (s. Kap. A-5.3) die Therapie der 1. Wahl.
Therapie. Behandlung des Schocks (s. Kap. A-5.3).
Hypotone Dehydratation
Hypotone Dehydratation
Fisteln des Magen-Darm-Traktes sowie Sequestrierung in den sog. transzellulären Raum bei Ileus können ebenso die Ursache sein wie größere Blutverluste oder isosthenurische Verluste über die Nieren.
nen und Schock auf. Müdigkeit und Apathie mit anschließendem Koma können ebenfalls die Folge sein.
n Definition. Verlust von Wasser und im Verhältnis dazu ein noch größerer Verlust an gelösten Teilchen: Abfall der Plasmaosmolarität.
Definition
Ätiologie. Hypotone Dehydratationen können durch Verluste von Körper-
Ätiologie. Hoher Verlust von Körperflüssigkeiten mit nachfolgend elektrolytfreiem Flüssigkeitsersatz. Auch ein Morbus Addison kann Ursache sein.
Symptome. Da der Extrazellulärraum bei gleichbleibendem IZR verkleinert
Symptome. Desorientiertheit, Verwirrtheit, Kreislaufdepression und Tachykardie.
flüssigkeiten mit nachfolgendem Ersatz durch elektrolytfreies Wasser entstehen. Beispiele hierfür sind starke Schweißausbrüche und Flüssigkeitsersatz mit Wasser oder Tee. Eine Nebenniereninsuffizienz (Morbus Addison) kann ebenfalls Ursache großer Salzverluste sein.
ist, stehen die Kreislaufprobleme wie bei der isotonen Dehydratation im Vordergrund (Blutdruckabfall mit Tachykardie). Zerebrale Symptome mit
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz Desorientiertheit und Verwirrtheitszuständen können ebenfalls die Folge sein. Die Nieren reagieren mit einer Oligurie.
Therapie. Vollelektrolytlösungen. Das Natriumdefizit lässt sich berechnen:
Therapie. Die Behandlung der Grundkrankheit steht im Vordergrund. Die
Na-Defizit = [Na + -Istwert] – [NA+ -Sollwert] « 0,2 kg KG
Natriumdefizit = [Na+-Istwert] – [Na+ -Sollwert] « 0,2 kg KG
Zunächst wird nur die Hälfte langsam (< 10 mmol/l Na+ -Anstieg in 24 h) ersetzt, da es sonst zu einer zentralen pontinen Myelinolyse kommen kann.
Zunächst wird hierbei nur die Hälfte langsam (< 10 mmol/l Na+ -Anstieg in 24 h) ersetzt, da ein zu schneller Anstieg des Natriums zu einer zentralen pontinen Myelinolyse (neurologisches Erkrankungsbild mit Sprachstörungen, Schluckbeschwerden und psychischer Alteration) führen kann. Das extrazelluläre Wasserdefizit kann nach folgender Formel berechnet werden:
Das EZR-Wasserdefizit wird berechnet:
Wasserdefizit (EZR) = [Na+ -Istwert] – [NA+ -Sollwert] « 0,2 kg KG geteilt durch [Na + -Sollwert]
Hypertone Hyperhydratation Definition
Therapie wird mit Vollelektrolytlösungen durchgeführt. Das Natriumdefizit des EZR berechnet sich hierbei nach folgender Formel:
Wasserdefizit (EZR) = [NA+ -Istwert] – [Na+-Sollwert] « 0,2 kg KG [Na+-Sollwert]
Hypertone Hyperhydratation n Definition. Überschuss an Wasser und ein im Verhältnis dazu noch größerer Überschuss an gelösten Teilchen: erhöhte Plasmaosmolarität.
Ätiologie. Die hypertone Hyperhydratation kann postoperativ durch Anstieg der ADH- und Aldosteronsekretion entstehen.
Ätiologie. Die hypertone Hyperhydratation kann durch das Trinken salzreicher Lösungen und postoperativ oder posttraumatisch durch Erhöhung von ADH und Aldosteron entstehen.
Symptome. Lungenödem, Herzinsuffizienz, Durst, Hautrötung, zerebrale Erregungszustände.
Symptome. Die klinischen Symptome werden durch die Erhöhung der Osmolarität im EZR verursacht. Lungenödem, kardiales Versagen, Durst, Hautrötung mit Hyperthermie und zerebrale Erregung können klinisch auf die hypertone Hyperhydratation hinweisen.
Therapie. Diuretika, Halb- bzw. Drittelelektrolytlösungen, evtl. Hämofiltration oder Dialyse.
Therapie. Neben der medikamentösen Therapie mit Diuretika steht die
Isotone Hyperhydratation
Isotone Hyperhydratation
Definition
Gabe von Halb- bzw. Drittelelektrolytlösungen unter laborchemischer Kontrolle des osmotischen Druckes des Plasmas im Vordergrund. Bei schweren Störungen ist eine Hämofiltration oder Dialyse angezeigt.
n Definition. Überschuss an Wasser und gelösten Teilchen im physiologischen Verhältnis: normale Plasmaosmolarität.
Ätiologie. Ursachen sind Herz- und Niereninsuffizienz, Leberzirrhose mit portaler Hypertension.
Ätiologie. Bei diesem Krankheitsbild ist im wesentlichen der EZR mit dem
Symptome. Ödeme und Aszites.
Symptome. Leitsymptome sind Ödeme und Aszites.
Therapie. Diuretika, Ausgleich des Plasmaalbumins.
Therapie. Bei der Behandlung sollte zunächst die auslösende Ursache beseitigt werden. Eine Förderung der Wasser- und Salzausscheidung durch Diuretikagabe mit eventuellem Ausgleich des Plasmaalbumindefizites, besonders bei Leberzirrhose oder Hungerödem, ist hierbei die Therapie der Wahl.
interstitiellen Anteil betroffen. Ursachen können eine parenterale übermäßige Zufuhr von Vollelektrolytlösungen, eine Herz- oder Niereninsuffizienz oder eine Leberzirrhose mit portaler Hypertension sein.
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6.1.2 Säure-Basen-Haushalt
Hypotone Hyperhydratation n Definition. Überschuss an Wasser, jedoch ohne Vermehrung der gelösten Teilchen: Abfall der Plasmaosmolarität.
Hypotone Hyperhydratation Definition
Ätiologie. Die Überwässerung betrifft vorrangig den Intrazellulärraum. Als
Ätiologie. Ursachen können sein: Polydipsie, TUR-Syndrom oder Erhöhung der ADH-Sekretion bei Pankreas- oder Bronchialkarzinom.
Symptome. Die klinischen Symptome sind hauptsächlich durch Vergröße-
Symptome. Müdigkeit, Erbrechen, evtl. Koma sind die wichtigsten Symptome.
Therapie. Neben der Behandlung der Grundkrankheit mit Einschränkung
Therapie. Einschränkung der Wasserzufuhr, Applikation einer molaren Natriumchloridlösung mit Furosemid. Bei schwerem Verlauf evtl. Dialyse.
Ursache kann die vermehrte Zufuhr hypotoner Flüssigkeiten, z.B. bei Polydipsie mit eingeschränkter Nierenleistung oder beim TUR-Syndrom (vermehrtes Einschwemmen der elektrolytfreien Spüllösung bei transurethraler Resektion der Blase oder Prostata), in Frage kommen. Krankheiten mit erhöhter ADH-Sekretion, z.B. bei Pankreas- oder Bronchialkarzinomen, führen ebenfalls zur »Wasservergiftung«.
rung des IZR bedingt. Die zerebralen Zeichen wie Müdigkeit, Erbrechen, Verwirrungszustände bis hin zum Koma und zerebrale Krämpfe stehen im Vordergrund. Krankheiten mit Ödembildung sind zunächst meist durch eine isotone Hyperhydratation bedingt. Diese kann jedoch durch zu reichliche Gabe reiner Glukoselösungen in die hypotone Form übergehen. Die Diagnostik, welche Hyperhydratationsform vorliegt, ist oft schwierig. Zerebrale Symptome sprechen dabei meistens für die hypotone Form der Störung.
der Wasserzufuhr ist die Gabe einer molaren Natriumchloridlösung mit Furosemidgabe zur Entfernung des überschüssigen freien Wassers als Therapie angezeigt. Bei schweren Verlaufsformen kann auch eine Dialyse (Dialysat mit hohem Glukosegehalt) angezeigt sein.
6.1.2
Säure-Basen-Haushalt
Regulation des Säure-Basen-Haushaltes Die chemischen Reaktionen im menschlichen Körper können nur regelrecht ablaufen, wenn die Wasserstoffionenkonzentration der Gewebe in engen Grenzen gehalten wird (pH 6,9–7,7). Im Stoffwechsel fallen Wasserstoffionen und Anionenreste dissoziierender Säuren an. Intra- und extrazellulär stehen verschiedene Puffersysteme zur Verfügung, die die Wasserstoffionen binden und zu den Eliminationsorganen Lunge und Niere transportieren. Die wichtigsten Puffersysteme im menschlichen Organismus sind der Kohlensäure-Hydrogenkarbonat-Puffer, Phosphate (vorwiegend intrazellulär), Proteine und das Hämoglobin. Wasserstoffionen treten mit Hydrogenkarbonat nach dem Massenwirkungsgesetz ins Gleichgewicht mit Kohlendioxid. Dieses wird über die Lunge ausgeschieden. Natrium- und Bikarbonationen werden in der Niere rückresorbiert, während Wasserstoffionen sezerniert und somit der Urin gesäuert wird. Entscheidende Parameter zur Beurteilung des Säure-Basen-Haushaltes sind der pH des arteriellen Blutes (7,37-7,42), der Kohlensäurepartialdruck PaCO2 (36–44 Torr) für die respiratorische und der Basenüberschuss bzw. das Basendefizit (Base exzess, BE = –2,5 – +2,5 mmol/l H+ -Äquivalent) sowie Standardbikarbonat (HCO3— = 22—26 mmol/l) für die metabolische Komponente, wobei letzterer Berechnungsgrundlage für die Therapie ist.
Störungen und Therapie des Säure-Basen-Haushaltes Die Störungen des Säure-Basen-Haushaltes können metabolisch und respiratorisch bedingt sein. Sie können jeweils zu einer Azidose (pH < 7,37) bzw. zu einer Alkalose (pH > 7,42) führen.
6.1.2 Säure-Basen-Haushalt Regulation des Säure-Basen-Haushaltes Die chemischen Reaktionen im menschlichen Körper können nur regelrecht ablaufen, wenn die Wasserstoffionenkonzentration der Gewebe in engen Grenzen gehalten wird (pH 6,9–7,7). Puffersysteme des menschlichen Körpers sind Kohlensäure-Hydrogenkarbonat, Phosphate, Proteine und Hämoglobin. Die Aufgabe der Puffersysteme ist die Eliminierung der Wasserstoffionen über Lunge und Niere. Wichtige Laborparameter des SäureBasen-Haushaltes mit Normbereichen sind: π pH: 7,37–7,42, PaCO : 36–44 Torr 2 — π Standardbikarbonat (HCO 3 ): 22–26 mmol/l π Basenüberschuss bzw. -defizit (Base exzess, BE): –2,5 bis +2,5 mmol/l. Störungen und Therapie des SäureBasen-Haushaltes Die Störungen können metabolisch und respiratorisch bedingt sein. Sie können zu einer Azidose bzw. Alkalose führen.
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104 Metabolische Azidose Definition
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
Metabolische Azidose n Definition. Bei der metabolischen Azidose ist der pH < 7,37, das Basendefizit (BE) < –2,5 mmol/l, das Standardbikarbonat < 22 mmol/l und der PaCO2 normal bzw. bei Kompensation vermindert.
Ätiologie. Ursachen sind entgleister Diabetes, Schock (Laktatazidose), Urämie, Massentransfusion, Pankreasund Dünndarmfisteln.
Ätiologie. Ursachen können ein erhöhter Anfall von Säuren wie bei diabetischer Azidose oder im Schock (Laktatazidose) sein. Eine urämische Azidose finden wir bei Niereninsuffizienz. Eine erhöhte Zufuhr fixer Säuren wie z.B. bei Massentransfusion mit ACD-stabilisierten Konserven kann ebenfalls der Grund für eine metabolische Azidose sein. Eine Verlustazidose entsteht dagegen durch hohe Bikarbonatverluste (Pankreas- und Dünndarmfisteln).
Symptome. Die Patienten neigen zu Rhythmusstörungen, Hyperkaliämie und Hyperventilation. Die Kompensation erfolgt über: Hyperventilation (PaCO2 ), Niere (Abgabe von H+ -Ionen, Bildung von H2 CO 3 ) und Pufferung. Therapie. Natriumhydrogenkarbonat oder Trometamol. Die Berechnung der Korrekturlösungen richtet sich nach folgenden Formeln: BE « kg KG « 0,3 = ml der molaren Lösung (z.B. NaHCO 3 8,4 %) oder BE « kg KG = ml der 0,3molaren Lösung Trometamol.
Symptome. Die Patienten neigen zu Rhythmusstörungen, Hyperkaliämie und Hyperventilation. Kompensationsmechanismen des Körpers sind die Lunge (Hyperventilation und dadurch Senkung des PaCO 2-Wertes), die Niere (vermehrte Abgabe von H+-Ionen und Bildung von Hydrogenkarbonat) und Pufferung durch die genannten Puffersysteme.
Merke
Therapie. Neben der Behandlung der Grundkrankheit erfolgt die Gabe von Natriumhydrogenkarbonat oder Trometamol (organische Base mit der Fähigkeit, H+-Ionen aufzunehmen, danach renale Elimination des ionisierten Anteils). Die Berechnung der zu applizierenden Menge erfolgt nach folgenden Formeln: Basendefizit (BE) (mmol H+ -Äquivalent) « kg KG « 0,3 = ml der molaren Lösung (z.B. NaHCO3 8,4 %) oder Basendefizit (BE) « kg KG = ml der 0,3molaren Lösung Trometamol. n Merke. Zunächst sollte nur die Hälfte des errechneten Basendefizites ersetzt werden, da eine metabolische Alkalose für die Zellen ungünstiger ist. Die Applikation muss langsam erfolgen (maximal 1,5 mmol/kg KG). Eine Kontraindikation für Trometamol ist die Niereninsuffizienz.
Beispiel: Metabolische Azidose bei einem beatmeten Patienten (70 kg) im septischen Schock: pH: 7,13 PCO2: 25,8 mmHg (Torr) HCO3: 10,3 mmol/l BE: –19,1 mmol/l Nach der angegebenen Formel müssten 400 ml einer molaren Lösung Natriumbikarbonat appliziert werden. Es werden jedoch zunächst nur ca. 200 ml einer molaren Natriumbikarbonatlösung infundiert, und es wird eine neue Gasanalyse durchgeführt. Danach erfolgt gegebenenfalls eine langsame erneute Gabe von Natriumbikarbonat. Metabolische Alkalose Definition
Ätiologie. Ursachen sind Magensaftverluste oder sekundärer Aldosteronismus.
Metabolische Alkalose n Definition. Eine metabolische Alkalose ist gekennzeichnet durch folgende Laborparameter: pH > 7,42, Basenüberschuss > +2,5 mmol/l und Standardbikarbonat > 26 mmol/l. Der PaCO2 befindet sich im Normbereich. Bei der respiratorischen Kompensation mit Hypoventilation erhalten wir für den PaCO2 erhöhte Werte.
Ätiologie. Als Ursachen sind neben der Additionsalkalose durch reichliche
Zufuhr von Hydrogenkarbonat bzw. Laktat, Zitrat oder Acetat auch Wasserstoffionenverluste anzusehen. Diese sogenannte Verlustalkalose kann durch große Verluste sauren Magensaftes, sekundären Aldosteronismus mit rena-
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105
6.1.2 Säure-Basen-Haushalt len Wasserstoff- und Kaliumverlusten oder Kaliummangelzustände entstehen.
Symptome. Das klinische Bild dieser Stoffwechselstörung ist uneinheitlich.
Symptome. Die Kompensation erfolgt über Hypoventilation oder vermehrte Hydrogenkarbonat- und Kaliumausscheidung der Niere.
Therapie. Neben der Behandlung der Grundkrankheit steht die Korrektur
Therapie. Molare HCl-Lösung, molare NaCl- bzw. KCl-Lösung. Die Berechnung der Korrekturlösung richtet sich nach folgender Formel: BE « kg KG « 0,3 = ml einer molaren Lösung.
Der Körper versucht, die Alkalose mit verschiedenen Mechanismen zu kompensieren. Eine Verringerung der Ventilation führt zu einem Anstieg des PaCO2-Wertes. Die Niere reagiert mit vermehrter Hydrogenkarbonat- und Kaliumausscheidung.
des Flüssigkeits- und Elektrolytdefizits im Vordergrund. Die Berechnung der zu infundierenden molaren Elektrolytlösung wird nach folgender Formel vorgenommen: Basenüberschuss (BE) « kg KG « 0,3 = ml einer molaren Korrekturlösung. Als Korrekturlösungen stehen molare Salzsäurelösungen und molare Natrium- bzw. Kaliumchloridlösungen zur Verfügung. Regelmäßige Laborkontrollen sind hierbei unerlässlich. n Merke. Die Salzsäuregabe sollte verdünnt (50–100 mmol/l) über einen zentralen Venenzugang erfolgen. Die Infusionsgeschwindigkeit darf 0,25 mmol/kg KG/h nicht überschreiten.
Merke
Beispiel: Metabolische Alkalose bei einem 70 kg schweren Patienten (spontan atmend) mit hohen Magensaftverlusten nach großer Bauchoperation: pH: 7,52 PCO2: 36,7 mmHg (Torr) HCO3: 28,1 mmol/l BE: +5,1 mmol/l Nach der angegebenen Formel müßten 100 ml einer molaren HCl-Lösung zum vollständigen Ausgleich des Basenüberschusses appliziert werden. Auch hier ersetzen wir zunächst nur die Hälfte (50 ml) und kontrollieren den Säure-Basen-Status des Patienten erneut.
Respiratorische Azidose n Definition. Die respiratorische Azidose ist durch folgende Laborparameter gekennzeichnet: pH < 7,37, der PaCO2-Wert ist erhöht. BE und Standardbikarbonat befinden sich zunächst im Normbereich, steigen jedoch nach Kompensation an.
Respiratorische Azidose Definition
Ätiologie. Ursachen dieser Azidoseform sind entweder Ventilationsstörun-
Ätiologie. Ursachen liegen meist in Störungen der Lungenfunktion (ARDS) oder einer Depression des Atemzentrums (Medikamente).
Symptome. Die Nieren versuchen, diesen Zustand mit erhöhter Bikarbonat-
Symptome. Kompensation erfolgt über erhöhte Bikarbonatrückresorption der Nieren.
Therapie. Die Behandlung der respiratorischen Störung steht im Vorder-
Therapie. Behandlung der respiratorischen Störung (z.B. künstliche Beatmung).
gen und Diffusionsstörungen der Lunge (ARDS) oder eine Depression des Atemzentrums, die medikamentös bedingt sein kann, bzw. muskuläre Erkrankungen.
rückresorption und vermehrter Wasserstoffionenabgabe zu kompensieren. Ein völliger Ausgleich wird jedoch auch nach Tagen nicht erreicht.
grund (z. B. künstliche Beatmung).
n Merke. Die teilweise medikamentöse Neutralisation der respiratorischen Azidose ist nur in Ausnahmefällen, z.B. beim Kreislaufstillstand als Ausdruck einer gemischten respiratorischen und metabolischen Störung, durchzuführen.
Merke
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz Beispiel: Respiratorische Azidose eines spontan atmenden Patienten mit schwerer Pneumonie: pH: 7,31 PO2: 55 PCO2: 56,2 HCO3: 27,1 BE: 1,5 In diesem Fall sollte nicht ein medikamentöser Ausgleich der Azidose, sondern evtl. eine künstliche Beatmung erfolgen
Respiratorische Alkalose
Respiratorische Alkalose n Definition. Die respiratorische Alkalose ist durch folgende Laborparameter gekennzeichnet: der pH-Wert ist erhöht (> 7,42), der PaCO2Wert erniedrigt, das Standardbikarbonat und der BE sind zunächst normal, nach Kompensation erniedrigt.
Definition
Ätiologie. Ursachen können Fieber, Hyperventilation oder künstliche Beatmung sein. Die Kompensation erfolgt über eine erhöhte Natriumbikarbonatausscheidung über die Nieren.
Ätiologie. Ursachen der Hyperventilation sind z.B. Fieber, psychische Fakto-
Symptome. Die Patienten fallen klinisch durch eine schnelle vertiefte Atmung auf.
Symptome. Die Patienten fallen klinisch durch eine schnelle vertiefte
Therapie. Kausal, z.B. Sedierung bei Übererregbarkeit des Atemzentrums.
Therapie. Sie erfolgt kausal, z.B. Sedierung bei Übererregbarkeit des Atem-
ren (Hyperventilationstetanie) oder eine künstliche Beatmung. Der Körper versucht diese Form der Alkalose durch vermehrte Ausscheidung von Natriumbikarbonat über die Nieren zu kompensieren.
Atmung auf. Eine Tetanie kann die Folge sein.
zentrums.
Beispiel: Respiratorische Alkalose einer Patientin mit Hyperventilation: pH: 7,51 PO2: 97,1 PCO2: 29,4 HCO3: 22,6 BE: 0,7 Auch hier steht nicht der medikamentöse Ausgleich der Alkalose, sondern die Therapie der Hyperventilation, z.B. durch Sedierung, im Vordergrund.
2 A-6.2
Laborveränderungen bei verschiedenen Störungen des Säure-Basen-Haushaltes
Störung
pH
PaCO2
Standardbikarbonat
BE
Kompensation
N respiratorische n Alkalose (
)
( )
( )
( )
metabolisch pH Bikarbonat
(
)
( )
( )
( )
metabolisch pH Bikarbonat
(
)
( )
( )
( )
respiratorisch pH PCO2
(
)
( )
( )
( )
respiratorisch pH PCO2
N respiratorische n Azidose
N metabolische n Alkalose
N metabolische n Azidose
(
)
= Dekompensation = Kompensation
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6.1.2 Säure-Basen-Haushalt Die verschiedenen Störungen des Säure-Basen-Haushaltes können sowohl aus respiratorischen als auch gleichzeitig metabolischen Anteilen bestehen. Die Behandlung wird anhand der Klinik und der Laborergebnisse vorgenommen. 2 A-6.2 zeigt die Veränderungen der Laborparameter der verschiedenen Störungen im Säure-Basen-Haushalt im Stadium der Dekompensation und Kompensation, Ziel der Kompensation ist hierbei die Normalisierung des pH-Wertes (die Kompensationsmechanismen sind hierbei vereinfacht dargestellt). 2 A-6.3 zeigt eine Übersicht therapeutischer Maßnahmen bei Störungen im Wasser- sowie Säure-Basen-Haushalt.
2 A-6.3
2 A-6.2 zeigt die Laborveränderungen bei verschiedenen Störungen des Säure-Basen-Haushalts im Stadium der Dekompensation (Kompensation). Ziel der Kompensationsmechanismen ist die Normalisierung des pH-Wertes.
Therapeutische Maßnahmen bei Störungen im Wasser- sowie Säure-Basen-Haushalt
Wasserhaushalt N hypertone Dehydratation n
Voll- bzw. Zweidrittelelektrolytlösungen (auf keinen Fall elektrolytfreie Lösungen wie Glukose 5 %, cave: Hirnödem!)
N isotone Dehydratation n
Schocktherapie (s. Kap. A-5.3)
N hypotone Dehydratation n
Vollelektrolytlösungen (cave: neurologische Störungen durch Wasserentzug aus den Hirnzellen bei zu rascher Natriumkorrektur)
N hypertone Hyperhydratation n
Diuretika, Halb- bzw. Zweidrittelelektrolytlösungen, in schweren Fällen Hämofiltration bzw. Dialyse
N isotone Hyperhydratation n
Diuretika, Beschränkung der Natrium- und Wasserzufuhr, Ausgleich des Plasmaalbumins
N hypotone Hyperhydratation n
Einschränkung der Wasserzufuhr, Gabe einer einmolaren Natriumchloridlösung sowie eines Diuretikums, evtl. Dialyse
Säure-Basen-Haushalt N metabolische Azidose n
Natriumhydrogenkarbonat oder Trometamol
N metabolische Alkalose n
molare HCl-Lösung oder NaCl- bzw. KCl-Lösungen
N respiratorische Azidose n
Behandlung der respiratorischen Störung (Hypoventilation) durch künstliche Beatmung
N respiratorische Alkalose n
Behandlung der respiratorischen Störung (Hyperventilation) durch z. B. Sedierung
6.1.3
Veränderungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes in der perioperativen Phase
Die pathophysiologischen Veränderungen des Stoffwechsels nach chirurgischen Eingriffen oder Traumata sind heute weitgehend bekannt. Durch eine verbesserte intensive präoperative Behandlung können somit viele intrabzw. postoperative Komplikationen vermieden werden. Auf die veränderten Bedingungen des Energiestoffwechsels (z.B. Postaggressionssyndrom) soll in diesem Kapitel nicht näher eingegangen werden. Gegenstand dieses Abschnitts sollen lediglich die Veränderungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes sein. Die perioperative Phase zeichnet sich durch eine erhöhte Aldosteronsekretion aus. Präoperativ können Erbrechen oder Durchfälle durch die entscheidende Hyponatriämie und Hypovolämie zu einer Stimulierung der Nebennieren und Aldosteronfreisetzung mit nachfolgender Wasser- und Natriumretention führen. Intraoperativ können Schmerzreize, Narkose oder Blutund Flüssigkeitsverluste ebenfalls über eine Stimulierung des sympathikoadrenergen Systems über die Nieren zu vermehrter Reninausschüttung und somit ansteigender Aldosteronsekretion führen. Postoperativ sind als Faktoren für einen Hyperaldosteronismus z.B. Dränagen- und Fistelverluste anzuführen. Zusätzlich führt eine Erhöhung der Adiuretinsekretion zu einer vermehrten Natrium- und Wasserretention.
6.1.3 Veränderungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes in der perioperativen Phase Durch eine verbesserte intensive präoperative Behandlung können viele intra- bzw. postoperative Komplikationen vermieden werden.
Die perioperative Phase zeichnet sich durch eine erhöhte Aldosteronsekretion aus. Präoperativ können Erbrechen oder Durchfälle, intraoperativ Schmerzreize, Narkose oder Blut- und Flüssigkeitsverluste zu einer Aldosteronfreisetzung führen. Postoperativ sind als Faktoren für einen Hyperaldosteronismus z.B. Dränagen- und Fistelverluste anzuführen.
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
In der perioperativen Phase sind sowohl metabolische als auch respiratorische Veränderungen des SäureBasen-Haushaltes zu beobachten. Metabolische Veränderungen: Entstehung einer metabolischen Azidose durch den Postaggressionsstoffwechsel. Respiratorische Veränderungen: Eine Azidose entsteht durch Narkoseüberhang und Wundschmerz, eine Alkalose durch Hyperventilation bei Angstzuständen.
Eine übermäßige Zufuhr der genannten Substanzen verursacht dann die Ausbildung von Ödemen. Natrium kann in die Zellen diffundieren. Im Urin wird in dieser Phase vermehrt Kalium und Magnesium ausgeschieden. Erniedrigte plasmatische Werte beider Elektrolyte können die Folge sein. In der perioperativen Phase sind sowohl metabolische als auch respiratorische Veränderungen des Säure-Basen-Haushaltes zu beobachten. Metabolisch steht eine Azidose, ausgelöst durch den Postaggressionsstoffwechsel mit verminderter Glukoseverwertung, gesteigertem Fettabbau und Steigerung des Proteinabbaus und somit vermehrtem Anfall saurer Stoffwechselprodukte im Vordergrund. Respiratorische Veränderungen können sowohl zur Azidose als auch zur Alkalose führen. Eine Azidose kann ausgelöst werden durch einen Überhang von Sedativa, Analgetika und Muskelrelaxanzien. Wundschmerzen, besonders bei chirurgischen Eingriffen im Oberbauch oder Thorax, sind ursächlich für eine Hypoventilation anzusehen. Alkalotische Stoffwechselveränderungen treten z.B. bei postoperativen Angstzuständen mit Hyperventilation auf.
Erhaltungstherapie
Erhaltungstherapie
Definition
n Definition. Die Erhaltungstherapie dient zur Deckung des normalen täglichen Bedarfs an Wasser, Elektrolyten, Spurenelementen, Vitaminen und einem Minimum an Nährstoffen. Sie berücksichtigt den physiologischen Verlust durch Urin, Stuhl und Perspiratio insensibilis.
Basisflüssigkeitsbedarf eines Erwachsenen: 40 ml/kg KG. Basisbedarf der Elektrolyte: Natrium 2 mmol/kg KG, Kalium 1 mmol/kg KG, Kalzium 0,1–0,2 mmol/kg KG, Phosphat 0,2–0,5 mmol/ kg KG und Magnesium 0,1–0,2 mmol/ kg KG. Als Infusionslösungen stehen Voll-, Zweidrittel-, Halb- und Drittelelektrolytlösungen sowie elektrolytfreie Infusionslösungen zur Verfügung.
Der Basisflüssigkeitsbedarf eines Erwachsenen beträgt 1,5 l/m2 Oberfläche = 40 ml/kg KG. Der Tagesbasisbedarf der Elektrolyte ist unterschiedlich und wird in der Literatur wie folgt angegeben: Natrium 2 mmol/kg KG, Kalium 1 mmol/kg KG, Kalzium 0,1–0,2 mmol/kg KG, Magnesium 0,1–0,2 mmol/kg KG und Phosphat 0,2–0,5 mmol/kg KG. Als Infusionslösungen stehen Voll-, Zweidrittel-, Halb- und Drittelelektrolytlösungen sowie elektrolytfreie Infusionslösungen zur Verfügung. Spurenelemente, Vitamine und Nährstoffe sind dieser Therapie hinzuzufügen (s. Kap. A-7).
Ersatzbehandlung
Ersatzbehandlung
Definition
n Definition. Die Ersatzbehandlung soll zusätzliche pathologische Wasser- und Elektrolytverluste decken, die durch die Erhaltungsbehandlung nicht erfasst werden.
Bei Fieber und starkem Schwitzen wird hypotone Flüssigkeit ausgeschieden. Diese Verluste können mit einer Halbelektrolytlösung ersetzt werden. Magensaftverluste > 500 ml sollten mit einer Vollelektrolytlösung ersetzt werden.
Bei Fieber und starkem Schwitzen wird hypotone Flüssigkeit ausgeschieden. Ein Temperaturanstieg von 1 ΩC über den Normalwert (37 ΩC) hat einen zusätzlichen Flüssigkeitsverlust von ca. 500 ml zur Folge. Diese Verluste müssen unbedingt, z.B. mit einer Halbelektrolytlösung, ersetzt werden. Eine Ersatzbehandlung muss ebenfalls bei hohen Magensaftverlusten (> 500 ml) erfolgen. Die Infusion sollte hierbei mit einer Vollelektrolytlösung, z.B. Ringerlösung vorgenommen werden. Verluste von Darmsekreten, z.B. bei Fisteln und Diarrhö oder Verlust von Galleflüssigkeit über die T-Drainage, werden ebenfalls mit einer Vollelektrolytlösung ersetzt. Zu beachten ist hierbei der Elektrolyt- sowie der Säure-Basen-Status des Patienten. Die Ersatzbehandlung bei Blutverlusten wird auf S. 110ff näher erläutert.
Korrektivbehandlung
Korrektivbehandlung
Merke
n Merke. Die präoperative Korrektivbehandlung spielt für die Vorbereitung eines Patienten zur Operation eine entscheidende Rolle.
Bei einer großen Anzahl von Patienten, die an schweren konsumierenden Erkrankungen (z.B. Tumorleiden) oder Erkrankungen mit Umverteilungen
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109
6.1.2 Säure-Basen-Haushalt des Flüssigkeitshaushaltes (z.B. Ileus) leiden, finden wir korrekturbedürftige pathologische Befunde des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes. Eine Mangel- bzw. Fehlernährung bedarf dabei ebenfalls der Therapie durch parenterale Ernährung (s. Kap. A-7). Das Ziel der Korrektivbehandlung besteht somit in folgenden Punkten: π Korrektur des intravasalen Volumens π Korrektur des Säure-Basen-Haushaltes π Korrektur des Elektrolythaushaltes π Korrektur des Wasserhaushaltes π Korrektur einer Mangelernährung.
Ziele der Korrektivbehandlung π Korrektur des intravasalen Volumens π Korrektur des Säure-Basen-Haushaltes π Korrektur des Elektrolythaushaltes π Korrektur des Wasserhaushaltes π Korrektur einer Mangelernährung.
Perioperative Infusionstherapie
Perioperative Infusionstherapie
Präoperative Therapie
Präoperative Therapie
Die präoperative Therapie stützt sich im Wesentlichen auf die Korrekturbehandlung pathologischer Veränderungen. Bei Patienten ohne Zeichen einer Malnutrition oder pathologischer Befunde im Wasser-, Elektrolyt- oder Säure-Basen-Haushalt, die nicht essen dürfen oder können, wie z.B. vor Ösophagusresektionen, ist durch die präoperative Infusionstherapie das Entstehen pathologischer Zustände (wie z.B. Malnutrition) zu vermeiden.
Bei pathologischen Zuständen ist präoperativ eine Korrekturbehandlung dringend erforderlich. Die Entstehung einer Malnutrition, z.B. infolge oraler Nahrungskarenz, ist ebenfalls durch geeignete Infusionstherapie zu vermeiden.
Intraoperative Therapie
Intraoperative Therapie
Die intraoperative Infusionstherapie dient zur Sicherung des zirkulierenden Blutvolumens, der Erhaltung des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens und der Erhaltung einer ausreichenden Diurese. Bei thorax- und bauchchirurgischen Eingriffen erfolgt eine Flüssigkeitssubstitution (ca. 300 ml/h) mit einer Vollelektrolytlösung zum Ersatz von Flüssigkeitsverlusten aus dem operierten Bereich. Arterieller Blutdruck, ZVD, Hämatokrit und die Diurese geben weitere Anhaltspunkte für die intraoperative Therapie und sind situationsbedingt zu variieren.
Sie dient zur Sicherung des zirkulierenden Blutvolumens und zur Erhaltung einer ausreichenden Diurese. Bei großen thorax- und bauchchirurgischen Eingriffen ist Flüssigkeitssubstitution von ca. 300 ml/h mit Vollelektrolytlösung nötig.
Postoperative Therapie
Postoperative Therapie
Eine postoperative Infusionstherapie ist notwendig, wenn, durch die Operation oder den Zustand des Patienten bedingt, eine längere orale Flüssigkeitsund Nahrungsaufnahme nicht möglich ist (z.B. bei großen bauchchirurgischen Eingriffen). Die Gefahr der postoperativen Infusionstherapie liegt in der Entstehung einer hypotonen Hyperhydratation (s. S. 103).
Die Gefahr der postoperativen Infusionstherapie liegt in der Entstehung einer hypotonen Hyperhydratation.
n Merke. Postoperative Antidiurese und Katabolie können eine Überdosierung der postoperativen Infusionsmenge verstärken und so zu Ödemen (z.B. der Lunge) führen.
Eine Dosierung von 1,5 l/m 2 = 40 ml/kg KG Flüssigkeitsersatz mit Lösungen, die einen geringen Wasserüberschuss aufweisen, ist als ausreichender Basisersatz für den 0. und 1. postoperativen Tag bei vorherbestehender Isohydratation anzusehen (Ersatzbedarf ausgenommen). Durch die Katabolie anfallende Stoffwechselprodukte können so auch bei leicht eingeschränkter Nierenfunktion eliminiert werden. Eine stufenweise dem Postaggressionssyndrom angepasste Ernährung erfolgt dann in den nächsten postoperativen Tagen (s. Kap. A-7.2.1).
Merke
40 ml/kg KG Flüssigkeitsersatz mit Lösungen, die einen geringen Wasserüberschuss aufweisen, sind für die ersten beiden postoperativen Tage ausreichend. Ein zusätzlicher Ersatzbedarf, z.B. bei größeren Verlusten in Dränagen, muss gedeckt werden. Eine dem Postaggressionsstoffwechsel angepasste Ernährung (s. Kap. A-7.2.1) erfolgt dann in den nächsten Tagen.
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
Auswirkungen auf den Wasser-, Elektrolytund Säure-Basen-Haushalt bei ausgewählten chirurgischen Erkrankungen
6.1.4 Auswirkungen auf den Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt bei ausgewählten chirurgischen Erkrankungen
6.1.4
Akute Pankreatitis und Peritonitis
Akute Pankreatitis und Peritonitis
Große Flüssigkeitsverluste bis zu mehreren Litern in den sog. dritten Raum. Entstehung einer metabolischen Azidose als Schockfolge oder einer metabolischen Alkalose bei hohen Magensaftverlusten.
Durch Flüssigkeitsverluste bis zu mehreren Litern in die freie Bauchhöhle und in das Darmlumen kann es zu einer schweren Dehydratation bis zum Schock kommen. Natrium- und Kaliumverluste durch Transmineralisation können die Dehydratation begleiten (hypotone Dehydratation). Eine metabolische Azidose (Laktatanfall durch Störung der Mikrozirkulation sehen wir ebenfalls oft bei diesen Krankheitsbildern. Durch erhöhte Magensaftverluste kann jedoch auch eine metabolische Alkalose entstehen.
Ileus
Ileus
Große Flüssigkeitsverluste in Peritoneum und Darm. Natrium- und Kaliummangel durch Verlust von Verdauungssekreten.
Metabolische Alkalosen (Magensaftverluste) und Azidosen (Bikarbonatverluste) sind möglich.
Wie schon bei der Pankreatitis und Peritonitis beschrieben, ist der Ileus durch eine Umverteilung des Körperwassers in den Darm, die Darmwand und das Peritoneum gekennzeichnet. Ein Schockzustand kann auch hier die Folge sein. Ein Anstieg des Hämatokrits und somit der Blutviskosität führt zu einer Störung der Kapillarperfusion. Natrium- und Kaliumverluste entstehen u.a. durch Verlust von Verdauungssekreten. Der Kaliummangel verstärkt dann wiederum die Darmatonie. Sowohl metabolische Alkalosen (durch hohe Magensaftverluste) als auch metabolische Azidosen (Bikarbonatverluste) können die Folge eines Ileus sein.
6.2
6.2
Volumentherapie
6.2.1 Grundlagen
6.2.1
Grundlagen
Anhand des in 1 A-6.4 dargestellten Nomogramms lässt sich das Sollblutvolumen eines Erwachsenen bestimmen.
Das Blutvolumen, bestehend aus Plasma- und Erythrozytenvolumen, macht ca. 6 % der Körpermasse eines erwachsenen Menschen aus. Anhand von Diagrammen kann mit Hilfe der Größe, des Gewichts und somit der Körperoberfläche relativ genau das Sollblutvolumen bestimmt werden. Mit dem in 1 A-6.4 dargestellten Nomogramm lässt sich z.B. das Blutvolumen eines Erwachsenen ermitteln. Eine vereinfachte Formel zur Berechnung des Blutvolumens lautet: 67 ml/kg KG für Frauen und 77 ml/kg KG für Männer. Das heißt, eine 60 kg schwere Frau besitzt ein Blutvolumen von ca. 4 000 ml, ein Mann mit einem Gewicht von 80 kg eines von 6 000 ml. Landerer führte 1881 die erste erfolgreiche Kochsalzinfusion am Menschen durch. Eine hochgradige Schwellung interstitieller Gewebe war jedoch als unerwünschte Nebenwirkung zu verzeichnen. Die Kochsalzinfusion mit nicht vorhandener kolloidosmotischer Wirkung wurde dann in späteren Jahren durch Infusionslösungen mit kolloidosmotischer Wirkung ersetzt. Wir unterscheiden heute natürliche (Humanalbumin, Plasmaproteinlösung) und künstliche Kolloide (Dextrane, Gelatine, Hydroxyäthylstärke). Nach Bekanntwerden des AB0- und Rhesusblutgruppensystems 1901 bzw. 1940 durch Landsteiner konnte der Volumenersatz auch mit Blutpräparaten durchgeführt werden. Über den Ersatz mit Vollblut hat sich in den letzten Jahren die Therapie mit Blutkomponenten durchgesetzt. Es soll nur das ersetzt werden, was »wirklich gebraucht« wird. Dabei führte gerade die Ausweitung der Infektion mit dem HIV-Virus zu einer sehr restriktiven Handhabung der einzelnen Komponenten. In den letzten Jahren konnten erhebliche Neuerungen zur Vermeidung von viralen Infektionen eingeführt werden. Lundsgaard-Hansen stellte bereits 1980 das Konzept der abgestuften elektiven Komponententherapie akuter Blutverluste vor (sog. »Berner Konzept«) ( 1 A-6.5). Dieses Therapiekonzept richtet sich nach kritischen Schwellenwerten für einzelne Blutbestandteile. Die Hämatokritschwelle von 80 % des Ausgangs-
Volumentherapie
Eine vereinfachte Formel zur Berechnung des Blutvolumens lautet: 67 ml/kg KG für Frauen und 77 ml/kg KG für Männer.
Man unterscheidet natürliche (Humanalbumin, Plasmaproteinlösung) und künstliche Kolloide (Dextrane, Gelatine, Hydroxyäthylstärke). Über den Ersatz mit Vollblut hat sich in den letzten Jahren die Therapie mit Blutkomponenten durchgesetzt. Es soll nur das ersetzt werden, was »wirklich gebraucht« wird. 1 A-6.5 zeigt das Konzept der abgestuften elektiven Komponententherapie akuter Blutverluste (sog. »Berner Konzept«).
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6.2.1 Grundlagen
1 A-6.4
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Synopsis Nomogramm zur Ermittlung des Sollblutvolumens in ml bei Erwachsenen
Eine direkte Verbindung zwischen Gewicht und Größe ergibt die Körperoberfläche (KOF), waagerecht wird dann eine Verbindung zum Sollblutvolumen (SV) des Mannes (`) bzw. der Frau (´) hergestellt. Beispiel: Im Nomogramm eingezeichnet ist das Beispiel eines 170 cm großen und 70 kg schweren Menschen. Die Körperoberfläche beträgt 1,8 m 2 , das Sollblutvolumen einer Frau ca. 4 l, das eines Mannes ca. 4,8 l.
Größe cm
SV ml
200 7 000 190 6 500 180 6 000
KOF m2 2,8 2,7 2,5
5 500
5 000
150
4 500
4 000
110 100
4 500 90 4 000
3 500
80
70
1,5 60
1,4 130
130
1,7 1,6
140
5 000
1,9 1,8
140
120
2,1 2,0
160
5 500
2,4 2,3
Gewicht kg 150
6 000
2,6
2,2 170
SV ml
3 000 3 500
1,3 50 1,2
120 3 000
2 500 1,1 40 1,0
110 2 500
0,9 100
2 000 30
wertes kommt bei einem normalen Durchschnitt des Zellanteils von 43 % einem gemessenen Hämatokrit von 35 % gleich. Ein Serumgesamteiweiß von 67 % der Norm, entsprechend 50 g/dl, hat sich ebenfalls als ausreichend erwiesen, ebenso eine 35 %ige Aktivität der Gerinnungsfaktoren. Mindestens 50 000 Thrombozyten/ml Blut werden ebenfalls als kritische Grenze für Operationen mit flächenhaften Sickerblutungen angesehen.
Als kritische Schwellenwerte der einzelnen Blutbestandteile gelten: π Hämatokrit: 80 % des Ausgangswertes (ca. 35 % Hkt) π Serumgesamteiweiß: 67 % der Norm (50 g/dl) π Gerinnungsfaktor: 35 % der Norm π Thrombozyten: 50 000/ m l.
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
1 A-6.5
Synopsis Ursprüngliches »Berner Konzept« der Komponententherapie
kritische Schwellenwerte
Sollblutvolumen (SV) in %
Therapie
100 Ersatz mit kristalloiden und künstlichen 90 Kolloiden Ersatzlösungen (½ kristalloid, Verhältnis 3:1) Ersatzlösungen (½ kolloidal, Verhältnis 1:1) 80 kritische Grenze des 70 künstliche Kolloide und Kristalloide zusätzlich Erythrozytenkonzentrate Hämatokrits ca. 80% der Norm 60 kritische Grenze des Gesamteiweißes ca. 67% der Norm (50g/l)
Erythrozytenkonzentrate und natürliche 50 Kolloide wie PPL und Humanalbumin 40
kritische Grenze des Gerinnungsfaktoren ca. 35%
35 30 Erythrozytenkonzentrate und Frischplasma 20
kritische Grenze der Thrombozyten ca. 50 000/μl
bei Verlusten von > 75% des Sollblutvolumens 10 zusätzliche Gabe von Thrombozyten 0
Merke
n Merke. Bei einem Verlust bis zu 20 % des Sollblutvolumens (SV) wird die Substitution mit Kristalloiden und künstlichen Kolloiden durchgeführt. Weitere Verluste bis zu 40 % des SV werden mit Erythrozytenkonzentraten vorgenommen. Eine Therapie mit Humanalbumin ist zusätzlich bei Verlusten von 60 % angezeigt. Erst ab 65 % Verlust ist die Therapie mit Frischplasma zur Substitution von Gerinnungsfaktoren und ab ca. 75 % Verlust des SV der Ersatz von Thrombozyten durchzuführen.
Die Komponententherapie muss jedoch dem einzelnen Patienten individuell angepasst werden. Bei nicht vorerkrankten jüngeren Patienten tolerieren wir heute sogar Verluste von zirkulierenden Erythrozyten bis zu 35 % (d.h. ca. 1000–2000 ml) und führen den Ersatz stattdessen mit künstlichen und natürlichen Kolloiden wie z.B. Humanalbumin und Plasmaproteinlösung durch (nicht jedoch mit Frischplasma, wegen der möglichen Übertragung von Infektionen und der Gefahr von Transfusionsreaktionen.
Kristalloide Lösungen
6.2.2 Kristalloide Lösungen
6.2.2
Intraoperative Volumenverluste bis zu 1000 ml können bei präoperativ normalem Hämatokrit mit isotoner Vollelektrolytlösung (z.B. Ringerlaktat) ersetzt werden.
Nach Ahnefeld und Schmitz können intraoperative Volumenverluste bis zu 1000 ml bei präoperativ normalem Hämatokrit mit isotoner Vollelektrolytlösung, z.B. Ringerlaktat, ersetzt werden. Ein gesunder Organismus kann den plötzlichen Verlust von 430 ml Blut im Verlauf von 4 Minuten ohne pathologische Veränderungen alleine durch Vasokonstriktion und Mobilisierung von Blut aus dem venösen Anteil kompensieren.
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6.2.2 Kristalloide Lösungen
n Merke. Durch den Verlust von Plasma und Erythrozyten kommt es jedoch intravasal zu einem onkotischen Defizit, welches durch die alleinige Gabe kristalloider Lösungen nicht verhindert werden kann. Für 1 ml Plasmaverlust sind ca. 3 ml einer isotonen kristalloiden Lösung zu applizieren.
Merke
Es kommt durch die Absenkung des kolloidosmotischen Druckes (KOD) zum raschen Austritt der kristalloiden Lösung in den extravasalen Raum mit anschließender renaler Elimination, sodass die Volumenverluste auf längere Sicht weiter ersetzt werden müssen. Deshalb hat sich die Verwendung künstlicher Kolloide in Kombination mit kristalloiden Lösungen im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel bewährt.
Durch Absenkung des KOD kommt es zu einem raschen Austritt der kristalloiden Lösung in den extravasalen Raum. Deshalb hat sich die Kombination von kristalloiden Lösungen mit künstlichen Kolloiden im Verhältnis 2 ⁄3 : 1 ⁄ 3 bewährt.
Ringerlaktat
Ringerlaktat
Ringerlaktat enthält 130 mmol/l Natrium, ca. 5,4 mmol/l Kalium, je nach Präparat zwischen 1,8–3,7 mmol/l Kalzium, 112 mmol/l Chlorid und 27 mmol/l Laktat. Die Lösung ist leicht hypoton, pH-neutral, preisgünstig und schnell verfügbar. Sie normalisiert nicht die Hypoproteinämie, fördert somit evtl. die Ödembildung und kann durch Laktatabbau zu einer metabolischen Alkalose führen.
Ringerlaktat enthält: 130 mmol/l Natrium, 5,4 mmol/l Kalium, 1,8–3,7 mmol/l Kalzium, 112 mmol/l Chlorid und 27 mmol/l Laktat. Ringerlaktat ist leicht hypoton, normalisiert nicht die Hypoproteinämie und kann zu einer metabolischen Alkalose führen.
n Merke. Bei Leberinsuffizienz wird das Laktat dagegen nicht abgebaut, und es entsteht eine Laktatazidose.
Merke
Small volume resuscitation
Small volume resuscitation
Das Ziel einer optimalen Primärtherapie sollte es sein, eine rasche Normalisierung der Makro- und Mikrohämodynamik zu erreichen. Es muss schnell ein Fortbestehen des Volumenmangels, aber ebenso eine Überwässerung vermieden werden. Das neue Konzept der Small volume resuscitation soll beiden Anforderungen Rechnung tragen. Das Konzept sieht eine Gabe kleiner Volumina einer hochkonzentrierten Kochsalz-Dextranlösung vor. Die Applikationsdauer sollte 2 Minuten betragen. Studien haben gezeigt, dass bei schwerer hämorrhagisch bedingter Hypotension mit Verlust von 50 % des Blutvolumens eine Infusion von 4 ml/kg 7,2–7,5 %iger hypertoner Kochsalzlösung in 2–5 Minuten ausreicht, um das Herzzeitvolumen zu normalisieren. Wird dem Natriumchlorid noch 6 %iges bzw. 10 %iges Dextran 60 zugesetzt, kann so eine Verlängerung des Kreislaufeffektes erzielt werden. Folgende Wirkmechanismen liegen hierbei zugrunde: π Der osmotische Druck des Plasmas wird erhöht, es kommt zu einer Verschiebung von Flüssigkeit aus dem extra- in den intravasalen Raum. π Durch den intravasalen Zustrom und die somit erzielte Hämodilution kommt es zu einer verbesserten Kapillardurchblutung. π Hypertone Lösungen bewirken durch einen Anstieg der Plasmaosmolarität einen positiv inotropen Effekt am Herzen. Eine Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur ist ebenfalls beschrieben. Die Small volume resuscitation stellt in Hinblick auf Praktikabilität, Effektivität und Sicherheit (Vermeidung von Volumenüberladung) ein neues Konzept in der Primärtherapie des hämorrhagischen Schocks dar. Eine bilanzierte Volumentherapie muss jedoch im weiteren Verlauf folgen. Weitere Studien müssen in der Zukunft zeigen, ob dieses neue Konzept zu einer Senkung des multiplen Organversagens und der Letalität nach einem Trauma mit schwerem hämorrhagischem Schock führen kann.
Dies ist ein neues Therapiekonzept zur schnellen Beseitigung des Volumenmangels unter Vermeidung einer Überwässerung. Es werden kleine Volumina (4 ml/kg KG) einer hochkonzentrierten (7,2–7,5 %igen) hypertonen Kochsalzlösung, welcher Dextran 60 zugesetzt wird, appliziert.
Wirkmechanismen sind: Flüssigkeitsverschiebung vom extrain den intravasalen Raum π Hämodilution und verbesserte Kapillardurchblutung π durch Anstieg der Plasmaosmolarität positiv inotroper Effekt auf das Herz. π
Eine bilanzierte Volumentherapie muss der Small volume reuscitation angeschlossen werden. Weitere Studien müssen zeigen, ob dieses neue Konzept des Volumenersatzes wirklich zu einer Senkung des multiplen Organversagens und der Letalität nach einem Trauma führt.
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114 6.2.3 Künstliche kolloidale Volumenersatzmittel Dextrane Dextrane bestehen aus Glukosemolekülen in kettenartiger Verbindung. Die Lösungen sind hyperonkotisch. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren, der Rest wird in Leber und Milz abgebaut. Die Volumenwirkung hängt vom kolloidosmotischen Druck und dem Wasserbindungsvermögen der Lösung ab. Die intravasale Persistenz beträgt 3,5–5 h. Wirkungen: Senkung des Hämatokrits und der Viskosität und dadurch Verbesserung der peripheren Zirkulation, antithrombotische Wirkung.
Nebenwirkungen: Es können anaphylaktische Reaktionen bis zum schweren Schock auftreten.
Merke
Die Höchstdosis beträgt 1,5 g Dextran/ kg KG/Tag (wegen der Wirkung auf das Gerinnungssystem).
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz 6.2.3
Künstliche kolloidale Volumenersatzmittel
Dextrane Dextrane bestehen aus 200–450 kettenartig aufgebauten Glukosemolekülen mikrobieller Herkunft in a-1,6-glykosidischer Bindung. Die Molekülmasse liegt zwischen 40 000 und 200 000 Dalton. Die Lösungen sind hyperonkotisch und elektrisch neutral. Die Ausscheidung erfolgt bis zu 50 000 Dalton über die Nieren (ca. 64 %), der Rest wird in Leber, Milz und Nieren zu CO2 abgebaut. Nach ca. 10 Tagen sind 90 % eliminiert. Die Volumenwirkung hängt vom kolloidosmotischen Druck und dem Wasserbindungsvermögen der Lösung ab. 1 g Dextran bindet ca. 25 ml Wasser. Der Volumenfülleffekt beträgt für Dextran 60 ca. 1,0 und für Dextran 40 ca. 1,35 im Verhältnis zum zugeführten Volumen. Dextran 60 hat jedoch aufgrund der höheren Molekülgröße einen länger anhaltenden Volumeneffekt mit ca. 5 Stunden im Gegensatz zum Dextran 40 mit 3,5 Stunden. Da der Hämatokrit und die Blutviskosität sinken und sich somit die periphere Zirkulation verbessert, werden Dextrane auch bei peripheren und zentralen Durchblutungsstörungen eingesetzt. Weiter besitzen Dextrane eine antithrombotische Wirkung über eine Aggregationsminderung von Thrombozyten und eine Verminderung der Freisetzung des Plättchenfaktors 3. Die plasmatische Gerinnung wird ebenfalls beeinflusst, wobei es sowohl zu einer Hemmung einiger Faktoren als auch einer Aktivierung des Gerinnungssystems kommen kann. Nierenfunktionsstörungen bei vorher bestehender Nierenerkrankung bzw. dehydrierten Patienten sind ebenfalls beschrieben. Künstliche Kolloide führen ebenfalls zur Hemmung der Proteinsynthese, vor allem des Albumins. Deswegen ist eine längere Anwendung obsolet. Nebenwirkungen: Die dextraninduzierte anaphylaktische Reaktion wird mit bis zu 4,7 % in der Literatur angegeben und kann von leichten Hauterscheinungen bis zum schweren Schock mit Herz- und Kreislaufstillstand führen. Bei 70 % der Menschen finden wir dextranreaktive Antikörper, die z.B. gegen Verunreinigungen in Lebensmitteln entstanden sind. Weiter besitzen einige Bakterienkapseln die gleichen antigenen Determinanten wie Dextrane. n Merke. Diese Antigen-Antikörper-Reaktionen können durch vorherige Gabe von 20 ml eines monovalenten Haptens (z.B. PromitQ) verhindert oder abgeschwächt werden. Die Bindungsstellen möglicher Antikörper werden dabei blockiert.
Die Haptene wirken selbst nicht immunogen, Unverträglichkeitsreaktionen sind äußerst selten und nicht stark ausgeprägt. Wegen der Wirkungen auf das Gerinnungssystem und die Nierenfunktion sollte nicht mehr als 1,5 g Dextran/kg KG/Tag verabreicht werden.
Gelatine
Gelatine
Gelatine besteht aus Peptidketten mit einer Molekülmasse von 30 000–35 000 Dalton. Die Lösung hat keinen volumenexpandierenden Effekt, da sie isoonkotisch ist. Die Ausscheidung erfolgt renal. Die intravasale Persistenz beträgt 2–3 Stunden.
Gelatinelösungen bestehen aus Peptidketten mit unterschiedlicher Vernetzung. Die mittlere Molekülmasse beträgt 30 000–35 000 Dalton. Die Lösungen werden 3–5 %ig hergestellt, sind isoonkotisch und besitzen somit keinen volumenexpandierenden Effekt. Die Elimination erfolgt vorwiegend renal, ein kleiner Teil wird über den Darm ausgeschieden oder durch Peptidasen abgebaut. Die intravasale Persistenz ist mit 2–3 Stunden kürzer als bei anderen künstlichen Kolloiden. Hämatokrit und Plasmaviskosität werden gesenkt, die Nierenfunktion wird nicht beeinflusst. Eine Wirkung auf das Gerinnungssystem konnte bis jetzt nicht nachgewiesen werden. Nebenwirkungen: Schwere Unverträglichkeitsreaktionen durch Histaminfreisetzung sind beschrieben worden. Eine Vorbehandlung mit H1- und H2-Blockern kann die Reaktion vermindern. Gelatine-Antikörper wurden ebenfalls gefunden. Das Auftreten einer Unverträglichkeitsreaktion wird in der Literatur mit 0,064–21,3 % angegeben.
Wirkungen: Senkung von Hämatokrit und Plasmaviskosität, keine Wirkung auf die Blutgerinnung. Nebenwirkungen: schwere Unverträglichkeitsreaktionen sind beschrieben worden, jedoch sehr selten. Eine Vorbehandlung mit H1 - und H2 Blockern kann die Reaktion vermindern.
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6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten
Hydroxyäthylstärke (HAES) Hydroxyäthylstärke besteht aus hochverzweigten kugeligen Stärkemolekülen mit einer Masse von 200 000–450 000 Dalton. Die Glukosemoleküle sind in unterschiedlichen Substitutionsgraden hydroxyäthyliert. Die a-Amylase in der Blutbahn spaltet die HAES-Moleküle. Die Elimination erfolgt dann über die Nieren. HAES-Moleküle werden auch im RES gespeichert und können sich in Hepatozyten und Tubuluszellen der Niere befinden. Negative Auswirkungen auf das RES konnten bis jetzt jedoch nicht nachgewiesen werden. Der volumenexpandierende Effekt von HAES wird mit 1,3–1,4 angegeben. Die Auswirkungen auf die Hämodynamik und die plasmatische Gerinnung sind denen des Dextrans vergleichbar, jedoch wird von HAES nur die kollageninduzierte Thrombozytenaggregation gehemmt. Nebenwirkungen: In der Literatur weist HAES die geringste Nebenwirkungsrate der künstlichen Kolloide auf. Unverträglichkeitsreaktionen sind mit einer Häufigkeit von 0,005–2,7 % selten und erreichen nie den Schweregrad wie bei den Dextranen. Der Mechanismus der Reaktionen ist unbekannt. Nach langdauernder Therapie wie z.B. im HNO-Bereich kann es zu Juckreiz durch Ansammlung von HAES-Molekülen in der Haut kommen. Die maximale Dosierung liegt bei 1,5–2 g Kolloid/kg KG/Tag. Die Nierenfunktion wird durch die niedrig- und mittelmolekularen, niedrig substituierten HAES-Präparate (z.B. HAES 200 000) nicht beeinträchtigt. Unter der Anwendung hochmolekularer und hoch substituierter HAES (z.B. 450 000) können Schädigungen der Niere auftreten. Die Therapie der Unverträglichkeitsreaktionen der künstlichen Kolloide richtet sich nach dem Schweregrad. Die Gabe von Antihistaminika, H1- und H2-Blockern, Kortikosteroiden und evtl. eine Schockbehandlung (s. Kap. A-5.3) sind in schweren Fällen durchzuführen. Zusammenfassende Beurteilung: HAES ist das derzeit in Deutschland am häufigsten eingesetzte künstliche kolloidale Volumenersatzmittel wegen der niedrigsten Inzidenz allergischer Reaktionen. Gelatine hat den Vorteil, dass es keine Begrenzung der täglichen Dosierung gibt bei dem Problem der kurzen Wirksamkeit und dem eher niedrigen Volumeneffekt. Dextran hat aufgrund hoher Nebenwirkungsraten in der operativen Medizin keinen Stellenwert.
Hydroxyäthylstärke (HAES) HAES besteht aus Stärkemolekülen mit einer Molekülmasse von 200 000– 450 000 Dalton. Die Ausscheidung erfolgt renal.
Der volumenexpandierende Effekt beträgt 1,3–1,4. Wirkungen: wie die des Dextrans, jedoch wird nur die Thrombozytenaggregation gehemmt. Nebenwirkungen: Unverträglichkeitsreaktionen sind selten und verlaufen zumeist leicht. In schweren Fällen Gabe von H 1 - und H2 -Blockern, Kortikosteroiden. Die maximale Dosierung beträgt 1,5–2 g Kolloid/kg KG/Tag.
Künstliches Blut: Fluorocarbon (FC), »Stroma-free Hemoglobin« (SFH-Lösungen)
Künstliches Blut: Fluorocarbon (FC) »Stroma-free Hemoglobin« (SFH-Lösungen)
In den letzten Jahren wurde vermehrt nach einem sicheren und effektiven Erythrozytenersatz gesucht, um u.a. das Infektionsrisiko bei Bluttransfusionen zu senken. Diese Substanz müsste Sauerstoff und Kohlendioxid transportieren, nicht toxisch, temperaturstabil und universell kompatibel sein. Außerdem sollte sie eine lange intravasale Verweildauer besitzen. 2 chemische Produkte sind in den letzten Jahren näher untersucht worden: Fluorocarbon (FC) und zellfreie Hämoglobinlösungen (SFH-Lösungen).
Fluorocarbon (FC) und »Stroma-free Hemoglobin« (SFH) sind zur Zeit in der Erprobung als Blutersatzstoffe. Zum jetzigen Zeitpunkt steht jedoch kein »künstliches Blut« mit Sauerstoffträgerfunktion zur Verfügung.
6.2.4
Therapie mit Blutkomponenten
6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten
Grundlage für die Vorbereitung und Durchführung der Therapie mit Blutkomponenten sind die »Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion«, aufgestellt vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer.
Transfusionsserologie
Transfusionsserologie
Blutgruppen werden durch Alloantigene auf den roten Blutkörperchen bestimmt. Sie sind mit spezifischen Antikörpern nachweisbar. Die für die Transfusion wichtigsten Systeme sind das AB0- und das Rhesussystem. Im
Die wichtigsten Blutgruppensysteme für die Transfusion sind das AB0- und das Rhesussystem.
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
Im AB0-System werden 4 Blutgruppen unterschieden ( 2 A-6.4).
AB0-System können mit spezifischen Antiseren 4 Blutgruppen unterschieden werden ( 2 A-6.4).
2 A-6.4
Blutgruppen im AB0-System Blutgruppe
Anti-A-Serum
Anti-B-Serum
A (44 %)
+
–
B (14 %)
–
+
0 (36 %)
–
–
AB ( 6 %)
+
+
Eine Agglutination ist durch + gekennzeichnet; erfolgt keine Agglutination, ist ein – angegeben. Die Angabe in % hinter den Blutgruppen gibt die prozentuale Verteilung in Mitteleuropa an.
Im Rhesussystem liegen mehrere über 3 gekoppelte Genorte gesteuerte Merkmale vor. Das Merkmal D ist wegen seiner starken Immunität von größter klinischer Bedeutung. Liegt es vor, ist der Patient rhesuspositiv. (83 % der Europäer sind Rh-positiv).
Bluttransfusionen müssen AB0- und Rhesus-D-identisch durchgeführt werden. Ein zusätzlicher Antikörpertest (indirekter Coombs-Test) wird beim Empfänger durchgeführt. Bei der Transfusion von Erythrozyten ist die zusätzliche »Kreuzprobe« zwischen Empfänger- und Spenderblut notwendig ( 1 A-6.6).
1 A-6.6
Im Rhesussystem liegen mehrere Merkmale vor, die über 3 gekoppelte Genorte gesteuert sind. Das Merkmal D ist wegen seiner starken Immunität von größter klinischer Bedeutung. Beim Vorliegen dieses Merkmals wird der Patient als »rhesuspositiv« (»Rh-positiv«) bezeichnet, anderenfalls als »rhesusnegativ« (»Rh-negativ«). Eine schwache Variante ist das Merkmal Du, es kann bei der Transfusion auf Rh-negative Patienten zur Antikörperbildung führen. Deshalb wird Blut mit dem Merkmal Du als »Rh-positiv« bezeichnet; als Empfänger werden Patienten mit dem Merkmal Du als »Rh-negativ« angesehen. 83 % der Mitteleuropäer sind Rh-positiv, 17 % Rh-negativ. Auf weitere Systeme wie Kell, Duffy oder Kidd soll in diesem Rahmen nicht näher eingegangen werden. Bluttransfusionen müssen AB0- und Rhesus-D-identisch durchgeführt werden. Bei den Empfängern sollte zusätzlich ein Antikörpersuchtest (indirekter Coombs-Test) durchgeführt werden, da Antikörper der Klassen IgM und IgG gegen Blutgruppenmerkmale existieren. Bei der Transfusion von Erythrozyten ist zusätzlich eine serologische Verträglichkeitsprobe (sog. »Kreuzprobe«) zwischen Spendererythrozytenkonzentrat und Empfängerblut durchzuführen ( 1 A-6.6).
Blutgruppentest
a AB0- und D-(Rhesus-)Identitätstest (A, Rh+).
b Wiederholung des AB0-Idenitätstests vor der Transfusion.
Durchführung einer Bluttransfusion
Durchführung einer Bluttransfusion
Blutbestandteile sind verschreibungspflichtige Arzneimittel. Die Identität von Empfänger, Blutprobe und Konserve muss eindeutig sein.
Blut- und Blutbestandteilkonserven sind verschreibungspflichtige Arzneimittel. Die Indikation ist kritisch zu stellen. Durchführung und Überwachung einer Transfusion fallen in den Verantwortungsbereich des transfundierenden Arztes. Die Regeln der ärztlichen Aufklärungspflicht sind zu
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6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten beachten. Die Identität von Empfänger, Blutprobe und Konserve muss stets eindeutig und gesichert sein. Verwechslungen, besonders auf der Station bei Entnahme des Blutes zur Blutgruppenbestimmung oder des Kreuzblutes, sind mit die häufigste Komplikation bei Bluttransfusionen. Vor Beginn der Transfusion hat der verantwortliche Arzt den AB0- und Rhesus-Identitätstest (Bedside-Test) am Empfänger auf speziellen Testkarten vorzunehmen. Somit werden die AB0- und Rhesusmerkmale des Empfängers erneut bestätigt. Dieser Test ist ebenfalls bei der zu transfundierenden Konserve durchzuführen. (In neuerer Zeit wird über die Notwendigkeit dieses Tests diskutiert.) Die Konservennummer ist neben den Patientendaten auch auf dem Begleitschein der Kreuzprobe zu überprüfen. Vor der Transfusion müssen noch das Verfallsdatum und die Beschaffenheit der Konserve überprüft werden. Die Konserve darf nicht hämolytisch sein. Bei bakterieller Kontamination sehen wir eine violette Plasmaverfärbung. Dann erst kann mit der Transfusion begonnen werden. Die Einleitung der Transfusion erfolgt wegen evtl. Transfusionsreaktionen durch einen Arzt. Der Blutbehälter ist für 24 Stunden aufzubewahren. n Merke. Alle Blutbestandteilkonserven sowie alle Präparate, die aus Blut hergestellt werden, unterliegen der Chargendokumentationspflicht. Eine patienten- und produktbezogene Dokumentation ist erforderlich (Name des Präparates, Unternehmen, Chargenbezeichnung, Name des Empfängers, Dosis und Datum der Applikation).
Die Durchführung des Bedside-Tests von Patient und Konserve vor jeder Transfusion ist obligat. Konservennummer und Patientendaten sind zu überprüfen, wie auch Verfallsdatum und Beschaffenheit der Konserve. Die Einleitung der Transfusion muss wegen evtl. Transfusionsreaktionen durch einen Arzt erfolgen. Der Blutbehälter ist danach für 24 Stunden aufzubewahren. Merke
Transfusionsbestecke
Transfusionsbestecke
Da sich trotz der Zuführung der Stabilisatoren während der Lagerung Mikroaggregate aus Fibrin, Leukozyten, Thrombozyten und Erythrozyten bilden, sollten Erythrozytenkonserven mit speziellen Transfusionsbestecken und Filtern eingesetzt werden. Wir verwenden für die Transfusion vereinzelter Konserven Filter mit einer Porengröße von 170–230 m. Die Verwendung sog. Mikrofilter (Porengröße 10–40 m) ist nach neuesten Erkenntnissen obsolet, da die buffycoatfreien Erythrozytenkonzentrate (EK) keine klinisch bedeutenden Mengen an Mikroaggregaten enthalten und außerdem deren klinische Bedeutung nicht gesichert ist. Die Transfusion über spezielle Leukozytenfilter ermöglicht die Reduktion der Leukozyten in den Erythrozytenkonzentraten auf unter 1 %. Dadurch wird das Risiko einer Immunisierung gegen leukozytäre Antigene stark vermindert und die Gefahr der Übertragung bestimmter intrazellulärer Viren wie z.B. Zytomegalieviren verhindert.
Die Transfusion erfolgt über spezielle Filter mit der Porengröße 170–230 m . Mikrofilter der Größe 40 m sind heute obsolet.
Konservierung von Blutbestandteilen
Konservierung von Blutbestandteilen
Die Verhinderung der Blutgerinnung ist für die Blutkonservierung eine wichtige Voraussetzung. 1914 wurde erstmals Natriumzitrat zur Hemmung der Blutgerinnung eingesetzt. Es folgte das Heparin, welches aber wegen seiner starken hämolytischen Wirkung nicht für die Langzeitkonservierung geeignet ist. Über den ACD-Stabilisator (bestehend aus Zitronensäure, Natriumzitrat und Dextrose) und den CPD-Stabilisator (Zitrat, Phosphat, Dextrose) wurden die Blutkonserven in den 50er Jahren durch den Zusatz von Purinbasen (Adenin, Inosin) stabilisiert (sog. CPDA-1-Stabilisator). Somit konnte die Lebensfähigkeit der Erythrozyten verlängert werden. Heute wird die Konservierung z.T. durch eine Zweistufenmethode vorgenommen. Die Hämolyserate nach 6 Wochen Lagerung konnte so auf weniger als 1 % reduziert werden. Die Erythrozyten haben bei dieser Methode eine 24-Stunden-Überlebenszeit in vivo von über 75 %. Das Blut wird zunächst in einen CPD-Beutel (Zitrat, Phosphat, Dextrose gefüllt, danach werden die Erythrozyten vom Plasma getrennt und in einer SAGM-Lösung (Sodium, Adenin, Glukose, Mannitol) auf einen Hämatokrit von 62 % aufgeschwemmt. Das freie Hämoglobin steigt nach 4 Wochen an, sodass auch diese Konserven nur 42–49 Tage gelagert werden sollten.
Heute wird die Konservierung z.T. durch eine Zweistufenmethode vorgenommen. Die Hämolyserate nach 6 Wochen Lagerung konnte so auf weniger als 1 % reduziert werden. Die Erythrozyten haben bei dieser Methode eine 24-Stunden-Überlebenszeit in vivo von über 75 %. Das Blut wird zunächst in einen CPD-Beutel (Zitrat, Phosphat, Dextrose) gefüllt, danach werden die Erythrozyten vom Plasma getrennt und in einer SAGM-Lösung (Sodium, Adenin, Glukose, Mannitol) auf einen Hämatokrit von 62 % aufgeschwemmt.
Zur Reduktion der Leukozyten können bei speziellen Indikationen spezielle Leukozytenfilter eingesetzt werden.
Das freie Hämoglobin steigt nach 4 Wochen an, sodass auch diese Konserven nur 42–49 Tage gelagert werden sollten.
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
Ein weiteres Konservierungssystem (PAGGS-Sorbit) mit 78 % Überlebenszeit der Erythrozyten nach 24 Stunden und niedrigeren Hämolyseraten kommt demnächst auf den Markt.
Neben der Konservierung in diesem CPD/SAGM-System wird in nächster Zeit ein weiteres Konservierungssystem, PAGGS-Sorbit (saure Phosphate, Adenin, Guanosin, Glukose, Sorbit), mit einer 78 %igen Überlebenszeit der Erythrozyten nach 24 Stunden und niedrigerer Hämolyserate freigegeben werden. Auf die Möglichkeit der Tiefkühlkonservierung wird bei den Erythrozytenkonzentraten (s. S. 120) eingegangen.
Lagerung
Lagerung
Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden. Kühlschränke müssen schüttelfrei sein.
Bei der Lagerung von Blut und Blutbestandteilen ist auf die Dauer der Verwendbarkeit und bestimmte Lagertemperaturen sowie -bedingungen zu achten. Die Temperaturen müssen dabei fortlaufend gemessen und dokumentiert werden. Die Kühlschränke zur Aufbewahrung der Präparate müssen schüttelfrei sein. Die Kühlkette darf bei Blutkonserven nicht unterbrochen werden. Die genauen Lagertemperaturen und die Lagerzeit werden bei den einzelnen Präparaten angegeben.
Blutwärmegeräte
Blutwärmegeräte
Bei vereinzelter Gabe sollten EK aufgrund einer Schädigung der Erythrozyten durch Hämolyse und Eiweißdenaturierung nicht angewärmt werden. Gabe von mehreren EK macht die Anwärmung erforderlich (nicht über 38 Ω C). Mikrowellengeräte zur Erwärmung zellhaltiger Präparate sind obsolet.
Bei der vereinzelten Gabe von Erythrozytenkonzentraten sollten diese wegen evtl. Schädigungen der Erythrozyten nicht angewärmt werden. Die schnelle Gabe mehrerer EK macht jedoch eine Anwärmung notwendig, da sonst mit einer Unterkühlung des Patienten zu rechnen ist. Mikrowellengeräte sind heute für zellhaltige Konserven obsolet. Elektrische Blutwärmer dürfen wegen möglicher Denaturierung von Eiweißen nicht über 38 ΩC wärmen.
Zelluläre Präparate
Zelluläre Präparate Erythrozytenpräparate
Erythrozytenpräparate
Die Hauptaufgabe der roten Blutkörperchen ist der O2- und CO2-Transport im Rahmen der »inneren Atmung«. Sauerstoff wird dabei an Hämoglobin gebunden. Die O2-Transportkapazität oder O2-Verfügbarkeit hängt laut folgender Formel von verschiedenen Faktoren ab: DO2 = (SaO2 « 1,39 « Hb) + (PaO2 « 0,0031) « CI « 10 ml/m2/min DO2 = O2-Transportkapazität SaO2 = O2-Sättigung des Blutes PaO2 = arterieller O2-Partialdruck CI = Herzindex. Merke
Wichtig für die Indikation zur Erythrozytentransfusion sind klinischer Zustand, Ursache der Anämie und Alter des Patienten.
n Merke. Für die Indikation zur Erythrozytentransfusion lassen sich keine universell anwendbaren unteren Grenzwerte für Hämoglobin oder Hämatokrit festlegen.
Bei nicht vorerkrankten Patienten kann nach heutigen Gesichtspunkten der Verlust von 25–35 % der Erythrozyten (d.h. 1000–2000 ml) ohne Blut- oder Blutkomponenten ersetzt werden. Entscheidend für die Indikation zur Transfusion von Erythrozyten ist neben den Labordaten (Hb, Hkt) die Dauer, Schwere und Ursache der Anämie, der klinische Zustand sowie das Alter. Niereninsuffiziente Patienten tolerieren durch einen 2,3-DPG-Anstieg wesentlich niedrigere Hb- und Hkt-Werte. Bei Störung der Lungenfunktion sowie kardialen oder schwer konsumierenden Erkrankungen sollte die Indikation zur Transfusion dagegen eher gestellt werden. Ein Hb von 10 g/dl kann u.U. für einen Patienten mit schwerer koronarer Herzkrankheit für die Sauerstoffversorgung des Herzens nicht ausreichend sein. Bei jungen Patienten ohne klinische Zeichen des Sauerstoffmangels der Organe ist dagegen bei einem Hb von 6 g/dl und einem Hkt von 20 % die Indikation zur Transfusion noch nicht gegeben. Gerade in der letzten Zeit haben Patienten, die z.B. aus Glaubensgründen die Transfusion verweigern, Hb-Werte von 2–3 g/dl mit Hilfe der modernen Intensivmedizin (z.B. künstliche Beatmung) überlebt.
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6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten Die Indikation zur Gabe von Erythropoetin (früher Behandlung der Anämie bei Niereninsuffizienz) ist auf die schnellere Anhebung des Hämoglobins bei Eigenblutspende und zur Vermeidung von Transfusionen bei größeren Operationen erweitert worden. Diese Möglichkeit wird besonders von den Zeugen Jehovas präoperativ genutzt. Die Behandlung ist jedoch kostenintensiv und nicht risikolos. Hypertonus, sensomotorische Störungen und eine Thrombozytose können die Folge sein.
Durch Erythropoetin kann der Hämoglobingehalt des Blutes präoperativ angehoben werden. Mit der Entstehung eines Hypertonus muss jedoch gerechnet werden.
Vollblut, Frischblut, Warmblut
Vollblut, Frischblut, Warmblut
Nach den neuesten Richtlinien dürfen Vollblut- (eine bestimmte Menge Vollblut mit Stabilisator versetzt), Frischblut- (Vollblut mit Stabilisator, maximal 72 Stunden alt), Warmblut- (Vollblut mit Stabilisator, jedoch nicht gekühlt, maximal 4 Stunden alt) und Heparinblutkonserven (Vollblut ohne Stabilisator, jedoch mit 500 IE Heparin/500 ml versetzt, 12 Stunden haltbar) in Deutschland nicht mehr hergestellt werden, denn sie sind medizinisch entbehrlich und mit erheblichem Risiko verbunden. Die Therapie mit Einzelbestandteilen ist gezielter, risikoärmer und besser. Die Transfusion von homologem Vollblut ist in Deutschland ebenfalls obsolet.
Die Herstellung von Vollblut, Warmblut und Frischblut ist heute in Deutschland obsolet. Heutzutage wird die Therapie mit Blutkomponenten durchgeführt.
Erythrozytenkonzentrate (EK)
Erythrozytenkonzentrate (EK)
Folgende Erythrozytenkonzentrate werden heute hergestellt: π buffycoatfreies EK π buffycoatfreies EK in additiver Lösung π leukozytenarmes EK π gewaschenes EK π kryokonserviertes EK.
Folgende Erythrozytenkonzentrate werden heute hergestellt: π buffycoatfreies EK π buffycoatfreies EK in additiver Lösung π leukozytenarmes EK π gewaschenes EK π kryokonserviertes EK.
Buffycoatfreie Erythrozytenkonzentrate: Sie enthalten den größten Teil der Erythrozyten einer Blutspende. Nach Zentrifugation wird der Buffycoat (Plasma, Leukozyten und Thrombozyten) soweit wie möglich entfernt. Die Stabilisierung erfolgt mit CPD (Zitrat, Phosphat, Dextrose) bzw. CPD mit Zusatz von Adenin (CPDA-1). Zur Verbesserung der Konservierung wird dem EK 40–70 ml des autologen Plasmas wieder zugesetzt. Die Leukozyten sind in diesen EK auf ca. 50 % reduziert. Der Hkt liegt zwischen 60 und 80 %. Für die Lagerung und Transfusion gelten die gleichen Bestimmungen wie für die buffycoatfreien EK in additiver Lösung (s.u.). Die Lagerungsfähigkeit beträgt 28–35 Tage bei +2 bis +6 ΩC.
Die Therapie mit Einzelbestandteilen ist gezielter, risikoärmer und besser.
Buffycoatfreies EK: besteht aus Erythrozyten einer Volblutspende mit CPD-Stabilisator und 40–70 ml Plasma. Die Leukozyten sind auf 50 %, das Plasma ist auf 20–30 % reduziert. Die Lagerungsfähigkeit beträgt 28–35 Tage bei +2 – +6 Ω C. Die EK sind AB0und rhesuskompatibel zu transfundieren.
π
π
Buffycoatfreie Erythrozytenkonzentrate in additiver Lösung: Sie werden durch Zentrifugation und teilweise Entfernung des Buffycoats (Plasma, Leukozyten und Thrombozyten) aus der Erythrozytenschicht hergestellt. Sie enthalten 170–210 ml Humanerythrozyten einer einzelnen Blutspende, 3–5 ml CPD-Stabilisatorlösung, 12–20 ml Plasma und 100 ml Additivlösung SAGM (s. S. 117). Der Hämatokrit beträgt ca. 50–70 %. Die Leukozyten sind auf ca. 20 % reduziert. Bei sachgerechter Lagerung (+2 – +6 ΩC) sind diese EK ca. 42–49 Tage haltbar, ab dem 10. Tag kommt es durch eine Abnahme des 2,3-DPG-Gehaltes zu einer Linksverschiebung der Sauerstoffdissoziationskurve. Im Organismus wird jedoch der 2,3-DPG-Gehalt in den transfundierten Zellen wiederhergestellt. Granulozyten verlieren ihre Wirkung innerhalb von Stunden ebenso wie Thromobozyten, die bei +4 ΩC aggregieren. EK müssen AB0- und rhesuskompatibel transfundiert werden (Ausnahme s. Notfalltransfusion). Durch die niedrigere Leukozyten- und Thrombozytenkonzentration konnte die Frequenz febriler Transfusionsreaktionen gesenkt werden.
Buffycoatfreies EK in additiver Lösung: besteht aus Erythrozyten einer Vollblutspende mit weniger CPD-Stabilisator und weniger Plasma als die EK ohne additive Lösung. Sie enthalten 100 ml SAGM-Lösung. Die Leukozyten sind auf 20 %, das Plasma auf 15 % reduziert. Die Lagerungsfähigkeit beträgt bei +2 – +6 ΩC ca. 42–49 Tage. Die EK sind AB0- und rhesuskompatibel zu transfundieren.
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Gewaschene Erythrozytenpräparate: Diese werden durch mehrmaliges Aufschwemmen und Zentrifugieren in geeigneter Waschlösung (z.B. NaCl) hergestellt. Dabei wird der größte Teil des Plasmas (ca. 99 %), der Leukozyten (ca. 95 %) und der Thrombozyten entfernt. Die gewaschenen EK sind indiziert bei Plasmaproteinunverträglichkeit, besonders bei Patienten mit IgA-Mangel durch Reaktion mit Anti-IgA und bei paroxysmal nächtlicher Hämolyse (PNH).
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Gewaschene EK: Indikation: Plasmaunverträglichkeit, IgA-Mangel. Lagerung: nach Waschen maximal 6 Stunden, da Kontaminationen möglich sind. Durch das Waschen wird der größte Teil des Plasmas (ca. 99 %), der Leukozyten (ca. 95 %) und der Thrombozyten entfernt.
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz Da das Konservensystem zum Waschen geöffnet werden muss und somit eine Kontamination nicht auszuschließen ist, sind diese Präparate nur 6 Stunden lagerfähig und müssen danach verworfen werden.
Leukozytenarme EK: enthalten < 3 Leukozyten/m l. 99 % der Leukozyten und 98 % der Thrombozyten sind entfernt. Hierdurch wird das Risiko einer Immunisierung gegen leukozytäre Antigene vermindert. Indikation: Patienten vor oder nach Transplantationen und solchen, bei denen eine Immunisierung gegen HLA vermieden werden soll oder Gefahr nichthämolytischer Transfusionsreaktion besteht. CMV wird nach Filtration durch die speziellen Leukozytenfilter nicht übertragen.
π Leukozytenarme Erythrozytenkonzentrate: Sie können aus buffycoatfreien EK mit und ohne additive Lösung mittels Filtration hergestellt werden. Es werden bis zu 99 % der Leukozyten und 98 % der Thrombozyten abfiltriert. Dadurch wird das Risiko einer Immunisierung gegen leukozytäre Antigene, vor allem des HLA-Systems vermindert und die Gefahr der Übertragung bestimmter Viren wie z.B. des Zytomegalievirus (CMV) weitgehend ausgeschaltet. Dies ist besonders wichtig bei immunsupprimierten CMVnegativen Patienten. Die Indikation für die Herstellung dieser Präparate sind Patienten vor oder nach Transplantationen und Patienten, bei denen eine Immunisierung gegen HLA vermieden werden soll oder leukozytäre Antikörper schwere febrile nichthämolytische Transfusionsreaktionen hervorrufen.
Tiefgefrorene EK: Die Lagerung erfolgt bei < –80 Ω C in flüssigem Stickstoff nur in speziellen Zentren. Die Haltbarkeit beträgt 10 Jahre. Leukozyten und Thrombozyten sind zu 99 % entfernt. Indikation: 0-Universalblut im Katastrophenfall, sehr spezielle Genotypformeln, autologes Blut für Empfänger mit ubiquitären Antikörpern, Eigenblutspende zur Vermeidung der Übertragung von Infektionen.
Tiefgefrorene (kryokonservierte) Erythrozytenkonzentrate: Sie werden mit der »low glycerol/Schnellgefriermethode« (16–20 % Glyzerin, Lagerung < –80 ΩC in flüssigem Stickstoff) hergestellt und können mehrere Jahre gelagert werden. Proteine, Leukozyten und Thrombozyten sind bis zu 99 % entfernt. Vor der Anwendung müssen die Konzentrate einem umständlichen Auftauprozess unterzogen werden. Die Kosten für die Herstellung dieser Konserven sind beträchtlich höher als für normale Erythrozytenkonzentrate. Das Indikationsspektrum umfasst seltene Genotypformeln, autologes Blut für Empfänger mit ubiquitären Antikörpern, die Bereithaltung von 0-Universalblut im Katastrophenfall und evtl. die Eigenblutspende zur Vermeidung der Übertragung von Infektionen wie z.B. HIV. Das Hepatitisrisiko soll bei der Gabe tiefgefrorener Konzentrate vermindert sein. Die Herstellung und Lagerung dieser Präparate wird nicht in jedem transfusionsmedizinischen Institut, sondern nur in einigen speziellen Zentren vorgenommen. Die Lagerungsfähigkeit beträgt 10 Jahre.
Thrombozytenkonzentrate (TK)
Thrombozytenkonzentrate (TK)
Sie können aus plättchenreichem Plasma einer Konserve gewonnen werden und enthalten ca. 50–80 « 10 9 Thrombozyten/50 ml. TK aus Hämopherese enthalten ca. 200–400 « 109 Thrombozyten/300 ml. Lagerung bei Raumtemperatur. Die Haltbarkeit beträgt ca. 5 Tage bei Agitation (leichter Bewegung).
Thrombozytenkonzentrate können aus plättchenreichem Plasma einer Frischblutkonserve hergestellt werden. Weiterhin können TK durch Hämopherese gewonnen werden (Zellseparationsverfahren zur Abtrennung von Thrombo- und Leukozyten, wobei die übrigen Blutbestandteile dem Spender wieder zugeführt werden). Erstere enthalten ca. 50–80 « 109 Thrombozyten/ 50 ml, letztere je nach Spender 200–400 « 109 Thrombozyten/300 ml Plasma. Die Lagerung erfolgt bei Raumtemperatur (22 ± 2 ΩC) und Agitation (leichter Bewegung) in PVC-Beuteln mit erhöhter Durchlässigkeit für O2 und CO2. Die maximale Lagerzeit beträgt 5 Tage, wobei nach 5 Tagen nur ca. 77 % der Thrombozyten im menschlichen Organismus wieder funktionsfähig werden. Die Indikation für die Gabe von Thrombozyten ist relativ eng umrissen und umfasst Thrombozytopenien und Thrombozytopathien. Die Thrombozytopenie kann dabei durch Mangelbildung wie bei akuter Leukämie, nach Zytostatikabehandlung oder als Folge von Verdünnung (Massivtransfusion) oder durch Verbrauch (DIC, Sepsis) entstanden sein. Thrombozytopathien durch Fehlbildung (z.B. Thrombasthenie) oder durch Medikamentengabe (wie ein Zustand bis zu 2 Tagen nach dem Absetzen von Acetylsalicylsäure) zählen ebenfalls zu den Indikationen. Die Konzentrate sollten AB0-kompatibel transfundiert werden, da diese Antigene auf der Thrombozytenoberfläche vorhanden sind. Das D-Antigen ist nicht auf den Thrombozyten zu finden, einige Studien jedoch zeigen, dass eine Bildung von Anti-D-Antikörpern stattfinden kann. So sollten die Konzentrate bei rhesusnegativen Patienten auch Rh-kompatibel transfundiert werden. Als Grenzwerte sind im internistischen Bereich 20 000, im chirurgischen Bereich 50 000 Thrombozyten/ml Plasma anzusehen.
π
π
Indikation: Thrombozytopenien (Zytostatikatherapie, Massivtransfusion), Thrombozytopathien (Thrombasthenie, Zustand bis zu 2 Tage nach Absetzen von Acetylsalicylsäuregabe vor akuter Operation).
Die Konzentrate sollten AB0-kompatibel transfundiert werden, da diese Antigene auf der Thrombozytenoberfläche vorhanden sind. Da Bildung von Anti-D-AK stattfinden kann, sollte auch Rh-kompatibel transfundiert werden. Als Grenzwerte sind im internistischen Bereich 20 000, im chirurgischen Bereich 50 000 Thrombozyten/ m l Plasma anzusehen.
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Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten
n Merke. Besteht kein erhöhter Umsatz von Thrombozyten, so rechnet man bei einem Patienten mit 70 kg Körpergewicht bei der Gabe eines Pherese-TK bzw. 4–6 Einheiten frischer Einzelspende-TK mit einem Anstieg der Thrombozytenzahl um 20 000 – 30 000/ml 1 Stunde nach Substitution.
Merke
Da die Präparate nicht leukozytenfrei sind, ist bei wiederholter Anwendung von Thrombozyteninfusionen mit einer HLA-Immunisierung zu rechnen. n Merke. Steigt die Thrombozytenzahl 1 Stunde nach Applikation eines Pherese-TK bzw. 4–6 Einheiten frischer Einzelspende-TK nicht um 20 000–30 000/ml an, muss mit einem erhöhten Umsatz oder einer HLAImmunisierung gerechnet werden. Im letzten Fall sind HLA-gekreuzte TK zu transfundieren. Der Leukozytenanteil der Präparate ist über spezielle Filter um mehr als 99 % zu reduzieren.
Merke
Granulozytenpräparate
Granulozytenpräparate
Granulozytenpräparate können durch Hämopherese mit Zellseparatoren hergestellt werden. Sie sind nicht lagerungsfähig und müssen sofort AB0und Rh-kompatibel (falls möglich, auch HLA-kompatibel) transfundiert werden. Als Indikation gelten heute nur Granulozytopenien mit weniger als 500 Zellen/ml durch reversible Bildungsstörungen wie nach Chemotherapie oder bei Leukämie, wenn länger als 3 Tage Sepsis, Fieber über 39 ΩC oder schwere Organinfekte bestehen, die mit Hilfe von Antibiotika nicht zu beherrschen sind. Der Herstellungsaufwand der Präparate ist beträchtlich und für den Spender nicht ungefährlich. Durch das Zusetzen von Erythrozyten-Sedationsbeschleunigern, z.B. Hydroxyäthylstärke oder niedermolekularem Dextran, kann es bei der Pherese zu anaphylaktoiden Reaktionen des Spenders kommen. Beim Empfänger sind schwere pulmonale Komplikationen, eine Alloimmunisierung gegen HLA-Antigene und u.a. eine Graft-versus-hostReaktion möglich. Da die Granulozyten im Empfänger nur eine biologische Halbwertszeit von 6 Stunden haben, konnten in einigen Studien 1 Stunde nach Transfusion nur noch 3–11 % der zugeführten Granulozyten nachgewiesen werden. Eine Anhebung der Zellzahl von ca. 350/ml war die Folge. Granulozytenpräparate werden deshalb heute nur noch äußerst selten hergestellt und transfundiert und meist durch Gabe von granulozytenstimulierendem Faktor ersetzt.
Transfusion: AB0- und Rh-kompatibel. Granulozytenpräparate sind nicht lagerungsfähig und müssen sofort transfundiert werden.
Plasmapräparate (natürliche Kolloide) Frischgefrorenes Plasma (FFP) Frischgefrorenes Plasma kann entweder aus einer Vollblutkonserve oder durch Plasmapherese (die bei der Entnahme gewonnenen zellulären Anteile des Blutes werden dem Spender retransfundiert) hergestellt werden. Die Lagerungstemperatur sollte –30 ΩC oder tiefer und die Lagerdauer maximal 1 Jahr betragen. Nach dem Auftauen ist Plasma sofort AB0-kompatibel (der Rhesusfaktor kann vernachlässigt werden) zu transfundieren. Frischplasma enthält alle Plasmaproteine (Immunglobuline, Kolloide, Gerinnungsfaktoren) und Elektrolyte.
Indikation: Granulozytopenien mit < 500 Zellen/m l durch reversible
Bildungsstörung (z. B. Chemotherapie), wenn länger als 3 Tage Sepsis, Fieber über 39 ΩC oder schwere Organinfekte bestehen, die nicht antibiotisch beherrschbar sind. Die Überlebenszeit im Empfänger beträgt ca. 6 Stunden. Nebenwirkungen: anaphylaktische Reaktionen beim Spender und schwere pulmonale Komplikationen sowie Graft-versus-host-Krankheit oder Immunisierung gegen HLA-Antigene beim Empfänger. Granulozytenpräparate werden heute nur noch selten eingesetzt und meist durch Gabe von granulozytenstimulierendem Faktor ersetzt.
Plasmapräparate (natürliche Kolloide) Frischgefrorenes Plasma (FFP) Herstellung aus einer Vollblutkonserve oder durch Plasmapherese. Lagerung bei –30 ΩC. Lagerdauer max. 1 Jahr. Transfusion AB0-kompatibel. FFP enthält alle Plasmaproteine und Elektrolyte.
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122 Merke
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
n Merke. Da bei der Gabe von FFP mit dem Auftreten von Transfusionsreaktionen gerechnet werden muss und das Präparat bis auf das sog. neu eingeführte »Quarantäneplasma« nicht infektionssicher ist, sollte die Indikation zur Applikation sehr eng gestellt werden. Auf keinen Fall ist die Gabe von FFP als reine kolloidale Volumentherapie oder als Proteinnahrung gerechtfertigt.
Indikationen: Globale Gerinnungsdefekte wie bei der Verbrauchskoagulopathie, Faktor-V- und -XI-Mangel und Massivtransfusion.
Globale Gerinnungsdefekte wie bei der disseminierten intravasalen Gerinnung oder ein Faktorenmangel, der nicht durch Konzentrate behoben werden kann (Faktor XI oder V), sind heute ebenso als Indikation anzusehen wie die Gabe bei Massivtransfusion im Rahmen der gezielten Komponententherapie. Dabei wird keine Empfehlung wie in früherer Zeit über die Anzahl der zu transfundierenden FFP im Verhältnis zu Erythrozytenkonzentraten mehr gegeben. Die Entscheidung erfolgt im Einzelfall nach Klinik und Labordaten (Hb, Hkt, Gerinnungsparameter).
Virussichere Plasmapräparate
Virussichere Plasmapräparate
»Quarantäneplasma« wird vor Verwendung 6 Monate gelagert. Der Spender wird erneut getestet (Hepatitis, HIV), um das sog. »diagnostische Fenster« auszuschließen. »Virusinaktiviertes Plasma« (VIP) wird durch Zugabe von Methylenblau und Bestrahlung mit sichtbarem Licht virusinaktiviert. Das Virusinaktivierungsverfahren SDI wird in modifizierter Form neuerdings ebenfalls zur Herstellung »virussicherer« FFP eingesetzt.
Unter dem Begriff »Quarantäneplasma« wird FFP, welches zunächst 6 Monate gelagert und nicht verwendet werden darf, verstanden. Nach 6 Monaten werden die Spender erneut auf HIV, Hepatitis usw. getestet, um das sog. »diagnostische Fenster« auszuschalten. Fallen alle Untersuchungsbefunde negativ aus, wird das Plasma freigegeben. Neben dem »Quarantäneplasma« wird neuerdings »virusinaktiviertes Plasma« (VIP) hergestellt. Durch die Zugabe von Methylenblau (auf 250 ml ca. 5 ml einer 50-mM-Lösung) und Bestrahlung mit sichtbarem Licht (1 Stunde bei 50 000 lx) sollen besonders lipidumhüllte Viren inaktiviert und so die Übertragung von HIV, Hepatitis usw. vermieden werden. Durch den Zusatz von Methlyenblau treten nach Angaben des Herstellers (DRK Niedersachsen) keine zusätzlichen Nebenwirkungen beim Empfänger auf. Das Virusinaktivierungsverfahren SDI (solvent detergent inactivation) für Gerinnungskonzentrate wurde in jüngster Zeit auch zur Virusinaktivierung für Frischplasmen in modifizierter Form angewandt (Verfahren nach Horowitz), sodass zur Zeit ein weiteres Plasmapräparat zur Verfügung steht, welches »virussicher« sein soll.
Humanalbumin (5 % und 20 %)
Humanalbumin (5 % und 20 %)
Bestehend aus Albumin, Entstehung durch »Pooling« mehrerer Plasmapräparate.
Humanalbuminlösungen bestehen aus Albuminen mit einem Reinheitsgrad von 96 %; alle Moleküle besitzen die gleiche Masse und Eigenschaften. Sie werden durch das »Pooling« mehrerer Plasmapräparate hergestellt.
Merke
Die Präparate sind blutgruppenunspezifisch, virussicher und bei Lagerung von +2 – +20 Ω C 3–5 Jahre haltbar. Indikation: Volumenmangel mit Hypalbuminämie. Kritische Grenze des Serumalbumins 25 g/l. Anaphylaktische Reaktionen sind selten. Auf die Möglichkeit der Entstehung einer Hypervolämie mit kardialer Belastung sollte geachtet werden.
n Merke. Albumine sind zu 70 % Träger des kolloidosmotischen Druckes und üben wichtige Transportfunktionen für Hormone, Vitamine und Arzneimittel aus.
Humanalbuminlösungen expandieren das Plasmavolumen und senken die Viskosität des Blutes. Die Präparate sind blutgruppenunspezifisch und nach heutigem Kenntnisstand durch spezielle Reinigungsverfahren virussicher. Die Lagerung sollte bei +2 – +20 ΩC erfolgen. Die Haltbarkeit beträgt 3–5 Jahre. Indikation: Anwendungsgebiete der 5 %igen (isoonkotischen) Humanalbuminlösung sind der Volumenmangel mit Hypalbuminämie aufgrund verschiedenster Ursachen und internistischen Krankheitsbilder wie das nephrotische Syndrom oder das chronische Leberversagen. Auf die Möglichkeit der Entstehung einer Hypervolämie mit kardialer Belastung, besonders bei herzinsuffizienten Patienten, sollte jedoch bei der Infusion geachtet werden. 20 %ige Lösungen eignen sich zur Ödemtherapie bei Hypalbuminämie. Als kritische Grenzen werden Serumalbuminwerte < 25 g/l, ein Serum-
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6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten gesamteiweiß < 50 g/l und ein kolloidosmotischer Druck von 20 mmHg angesehen. Anaphylaktische Reaktionen nach Humanalbumingaben sind selten und werden mit < 0,014 % angegeben.
Gerinnungspräparate
Gerinnungspräparate
Durch Plasmafraktionierung werden heutzutage hochkonzentrierte virusinaktivierte Gerinnungsfaktorkonzentrate hergestellt. In diesem Kapitel sollen nur einige für das chirurgische Krankengut wichtige Präparate erörtert werden.
Durch Plasmafraktionierung werden heutzutage hochkonzentrierte virusinaktivierte Gerinnungsfaktorkonzentrate hergestellt.
Faktor-VIII-Komplex
Faktor-VIII-Komplex
Er besteht aus 2 Molekülen mit 2 verschiedenen Funktionen, der Faktor-VIIIclotting-Aktivität (fehlt oder vermindert bei Hämophilie A) und dem FaktorVIII-related-Antigen (Träger der Von-Willebrand-Aktivität). Die »Virussicherheit« wird durch eine Viruselimination während der Herstellung und eine Pasteurisierung bei 60 ΩC (10 Stunden) erreicht (spezielles »SolventDetergent-Verfahren«). Als Indikation gilt die Hämophilie A. Am Op-Tag sollte die Faktor-VIII-Aktivität mindestens 50 % betragen. Als Dosierungsrichtlinie kann die Zunahme um 1 % Aktivität je Einheit pro kg Körpergewicht angenommen werden.
Indikation: bei Hämophilie A Anhebung der Aktivität um 1 % bei Gabe von 1 IE/kg KG.
Prothrombinkonzentrat
Prothrombinkomplex (PPSB)
Es besteht aus den Faktoren II, VII, IX und X sowie den antikoagulatorischen Faktoren Protein C, S und Z. Als Indikation zur Gabe des Präparates werden u.a. Patienten mit MarcumarQ-Therapie angesehen, die sich einer akuten Operation unterziehen müssen sowie Gerinnungsstörungen wie z.B. die disseminierte intravasale Gerinnung (DIC). Als Dosierungsrichtlinie gilt auch hier 1 IE/kg KG, um den Quickwert um 1 Punkt anzuheben.
Faktoren II, VII, IX und X. Indikation präoperativ bei marcumarisierten Patienten, die sich einer akuten Operation unterziehen müssen oder Patienten mit Gerinnungsstörungen. Anhebung des Quickwertes um 1 Punkt bei der Gabe von 1 IE/kg KG.
Antithrombin III (AT III)
Antithrombin III (AT III)
Dieser Inhibitor der Gerinnung wirkt mit Heparin synergistisch und ist bei der Thromboseprophylaxe in der operativen Medizin von großer Bedeutung.
Wirkt mit Heparin synergistisch im Sinne einer Thromboseprophylaxe.
n Merke. Heparin wirkt nur in Anwesenheit ausreichender AT-III-Konzentrationen. Als Grenzwert wird eine Aktivität um 70 % der Norm angesehen.
Merke
Nach neuesten Untersuchungen spielt AT III auch im septischen Schock eine große Rolle (s. Kap. A-5.4.2). Die Infektionsrisiken und Dosierungen sind vergleichbar mit Faktor VIII und dem Prothrombinkomplex.
Wichtige Position im septischen Schock. Infektionsrisiken und Dosierungen wie PPSB.
Faktor-XIII-Konzentrat
Faktor-XIII-Konzentrat
Es wird ebenfalls aus menschlichem Plasma hergestellt und ist für die Stabilisierung des Fibringerinnsels durch Quervernetzung verantwortlich. Intraund postoperative sekundäre Blutungen können bei Aktivitäten < 30 % der Norm auftreten. Wundheilungsstörungen sind bei Aktivitäten < 10 % beschrieben, bei höheren Aktivitäten fraglich.
Dies ist wichtig für die Quervernetzung der Fibringerinnsel. Fragliche Indikation bei schweren Wundheilungsstörungen.
n Merke. Da in jüngster Zeit wieder Unsicherheiten bezüglich Virussicherheit der Faktorenkonzentrate der verschiedenen Hersteller aufgekommen sind, sind alle diese Präparate nur unter strengster Indikationsstellung zu verabreichen.
Merke
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
Gefahren der Bluttransfusion
Gefahren der Bluttransfusion
Man unterscheidet immunologisch und nicht immunologisch ausgelöste Reaktionen.
Transfusionsreaktionen lassen sich in immunologisch ausgelöste und nicht immunologisch bedingte Reaktionen einteilen.
Immunreaktionen
Immunreaktionen
Hämolytische Reaktionen werden durch Alloantikörper gegen Erythrozyten ausgelöst. Man unterscheidet: Sofortreaktionen (0,014 %): ausgelöst durch reguläre IgM-Antikörper gegen A und B. Klinik: Atemnot, Brechreiz, Unruhe, Tachykardie, Schüttelfrost, Kreuz- und Kopfschmerzen, Blutdruck , evtl. Schock, Hämolyse, K , LDH , Bilirubin , Verbrauchskoagulopathie, Nierenversagen. Therapie: Abbruch der Transfusion, Asservieren von Blut zur Labordiagnostik (Antikörperbestimmung), Behandlung des Schocks, der Verbrauchskoagulopathie, Diuresesteigerung mit Mannitol oder Furosemid.
Hämolytische Reaktionen: Sie werden durch Alloantikörper gegen Erythrozyten ausgelöst und in Sofortreaktionen und Reaktionen vom verzögerten Typ eingeteilt. Die Sofortreaktionen (Häufigkeit 0,014 %), ausgelöst durch reguläre IgMAntikörper gegen A und B, sind zu 80 % auf Zuordnungsfehler (Verwechslung von Kreuzblut oder Konserven) zurückführen. Klinische Zeichen dieser erythrozytären Unverträglichkeit sind Wärmegefühl, Hautblässe, Frösteln mit Temperaturanstieg, Kreuz- und Kopfschmerz, Brustschmerz, Atemnot, Brechreiz, Unruhe, Tachykardie, Blutdruckabfall, evtl. Schock und letaler Ausgang. Bei den Laborbefunden sehen wir einen Abfall der Hb-Konzentration, Bilirubinämie, erhöhte Hämolyse, erhöhte Kalium- und LDH-Werte durch die Zerstörung der Erythrozyten mit nachfolgender Hämoglobinurie (der Coombs-Test ist positiv). Dadurch bedingt sind schwere Gerinnungsstörungen und ein Nierenversagen. Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen (Häufigkeit 0,15 %) werden ausgelöst durch irreguläre Antikörper der IgG-Klasse und treten im Verlauf von ca. 3–8 Tagen nach der Transfusion auf. Klinische Symptome sind Fieber, Hämoglobinabfall und leichter Ikterus. Ein akutes Nierenversagen tritt selten auf, doch sind auch letale Ausgänge bei dieser Reaktion beschrieben. Während bei der Reaktion vom verzögerten Typ außer labordiagnostischen (Antikörperbestimmung) selten therapeutische Maßnahmen durchgeführt werden müssen, ist die akute Reaktion sofort zu behandeln. Nach dem Abstellen der Transfusion und dem Asservieren von Blut zur Labordiagnostik (Testung von Patienten- und Konservenblut mit Frage der Verwechslung) steht die Behandlung des Schocks (s. Kap. A-5.3) und der metabolischen Azidose im Vordergrund. Eine Heparinisierung bei beginnender Verbrauchskoagulopathie wird ebenso empfohlen wie ein Versuch der Diuresesteigerung durch Furosemid oder Mannitol. Ist dies nicht möglich, sollte eine Hämofiltration oder Hämodialyse durchgeführt werden. Die Therapie richtet sich dabei nach der Schwere der Symptome.
π
Reaktionen vom verzögerten Typ (0,15 %): ausgelöst durch irreguläre Antikörper der IgG-Klasse. Klinik: Fieber, Hämoglobinabfall und leichter Ikterus einige Stunden nach Transfusion. Therapie: selten notwendig, Labordiagnostik zur Antikörperbestimmung.
π Febrile, nicht hämolytische Reaktionen: (0,5–1 %) werden durch Alloantikörper ausgelöst. Klinik: Fieberanstieg von mehr als 1 Ω C 30 min bis 2 h nach Transfusion. Therapie: Abbruch der Transfusion, Labordiagnostik zur Antikörperbestimmung, Antipyretikagabe. Die Transfusion leukozytenarmer Erythrozytenkonzentrate (gewaschene oder filtrierte EK) kann das Auftreten febriler Reaktionen verhindern. π Allergische Reaktionen (1–3 %): Das klinische Bild entspricht der einer anaphylaktischen Reaktion unterschiedlicher Ausprägung. Therapie: Abbruch der Transfusion, H1 - und H2 -Antagonisten, Kortikosteroide, evtl. Adrenalingabe. π Graft-versus-host-Krankheit (GVHD): Ursache: Ansiedlung immunkompetenter Spenderlymphozyten beim immunsupprimierten Empfänger. Klinik: Fieber, Hautausschläge, Hepatitis, Darmkrämpfe, allergieartige Symptome. Als vorbeugende Maßnahme kommt die Bestrahlung der zellhaltigen Blutkomponenten in Betracht.
π
Febrile, nicht hämolytische Reaktionen: Diese (0,5–1 %) werden durch Alloantikörper ausgelöst. Das klinische Bild zeigt 30 Minuten bis 2 Stunden nach Transfusionsbeginn einen plötzlichen Temperaturanstieg um mindestens 1 ΩC. Die Transfusion muss sofort unterbrochen werden. Zwischenfälle mit Hämolyse oder bakterieller Kontamination sind auszuschließen. Das Fieber spricht gewöhnlich gut auf die Gabe von Antipyretika an. Die Transfusion leukozytenarmer Erythrozytenkonzentrate (gewaschene und filtrierte EK) kann das Auftreten febriler Reaktionen verhindern. π
Allergische Reaktionen: Diese (1–3 % bei Transfusion) werden durch Alloantikörper gegen Plasmaproteine oder andere Plasmabestandteile ausgelöst. Das klinische Bild entspricht dem anderer anaphylaktischer Reaktionen. Die Transfusion ist zu unterbrechen und die Behandlung der allergischen Reaktion nach üblichen Maßstäben einzuleiten (H1-, H2-Antagonisten, Kortikosteroide, evtl. Adrenalin, wenn notwendig). π
Graft-versus-host-Krankheit (GVHD): Sie kann eine weitere Reaktion auf eine Transfusion sein. Sie ist eine Folge der Ansiedlung immunkompetenter Spenderlymphozyten bei immundefizienten oder immunsupprimierten Empfängern. Klinische Symptome sind Fieber, Hautausschläge, Hepatitis, Darmkrämpfe und allergieartige Erscheinungen sowie Infekte. Der Ausgang kann letal sein. Als Diagnostik wird der Nachweis von Spenderlymphozyten im Empfänger über genetische Marker durchgeführt. Die GVHD kann verhindert werden durch Bestrahlung aller zellhaltigen Blutkomponenten mit 30 Gy. So wird die Replikationsfähigkeit von 85–95 % der Lymphozyten ausπ
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6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten geschaltet, ohne die Funktion der anderen Blutbestandteile zu verändern. Besonders bei Patienten mit Immundefekten (z.B. Knochenmarksempfängern oder Patienten mit Chemotherapie und Bestrahlung bei Leukämien oder malignen Lymphomen) ist diese Maßnahme indiziert. π TRALI-Syndrom: Eine weitere Reaktion auf eine Transfusion ist das TRALISyndrom (transfusion related acute lung injury). Ausgelöst wird dieses Syndrom vermutlich durch Leukozytenantikörper. In welchem Ausmaß welche Kaskadensysteme bei dieser Reaktion mitbeteiligt sind, ist nicht bekannt. Klinische Symptome sind Husten, Kurzatmigkeit und häufig Fieber. Die respiratorische Insuffizienz mit Lungenödem kann im extremsten Fall bei dieser Transfusionsreaktion entstehen. Therapeutische Maßnahmen sind neben dem Abbruch der Transfusion die Gabe von H1- und H2-Antagonisten sowie evtl. eine Kortikoidtherapie. Eine Stabilisierung des Kreislaufs mit Katecholaminen sowie eine Sauerstoffapplikation bis zur künstlichen Beatmung sind in besonders schweren Fällen notwendig. Zu vermeiden ist diese Reaktion durch die Verringerung der Leukozyten in den Blutkomponenten, z.B. durch Waschen, Filtern oder Einfrieren der Erythrozyten.
Posttransfusionelle Purpura (PTP): Sie kann innerhalb einer Woche nach Transfusion thrombozytenhaltiger Präparate in Erscheinung treten und ist durch eine akute Thrombozytopenie mit Blutung gekennzeichnet. Die Reaktion ist sehr selten und wird mit hochdosierter IgG-Gabe oder Plasmapherese therapiert. Verantwortlich für die Reaktionen sind Thrombozytenautoantikörper.
TRALI-Syndrom (transfusion related acute lung injury): Ursache: vermutlich Leukozytenantikörper. Klinik: Husten, Kurzatmigkeit, respiratorische Insuffizienz mit Lungenödem. Therapie: Kortikosteroide, H1 - und H2 -Blocker, Diuretika, Katecholamine und künstliche Beatmung.
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Die Reaktion ist durch eine Verringerung der Leukozyten in den Blutkomponenten zu vermeiden.
Posttransfusionelle Purpura (PTP): Klinik: Es kommt zur akuten Thrombozytopenie mit Blutung. Therapie: IgG-Gabe und Plasmapherese. Ursache sind Thrombozytenautoantikörper.
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Nicht immunologisch ausgelöste Transfusionsreaktionen
Nicht immunologisch ausgelöste Reaktionen π Bakterielle Kontaminationen: sind insgesamt selten. Die Klinik ist unterschiedlich und reicht vom leichten Fieber bis zum schweren septischen Schock. Therapie: s. Kap. A-5.4.2.
π Bakterielle Kontaminationen von Blutderivaten: Sie sind selten. Endotoxine und gramnegative Keime in den Präparaten können jedoch über Fieber bis zum Schock mit Nierenversagen und Verbrauchskoagulopathie führen. Zur Diagnostik sollten Blutkulturen der Konserve und vom Patientenblut angefertigt werden. Die Therapie besteht in der Schockbehandlung. Sterile Kautelen und vorschriftsmäßige Lagerung der Blutkonserven sind die wichtigste Prävention. Therapie s. Kap. A-5.4.2. π Physikalische und chemische Reaktionen nach Transfusionen: Sie sollen hier nur kurz erwähnt werden. Eine zu schnelle Transfusion kann zur Hypervolämie führen, Detritus-Mikroembolien können ebenfalls auftreten. Durch das Einfrieren von Erythrozyten ohne kryoprotektiven Zusatz oder eine Erwärmung über 50 ΩC kann es zur Hämolyse kommen. Die Zitratintoxikation durch Senkung des verfügbaren ionisierten Kalziums kann bei Massivtransfusionen auftreten. Die Transfusions hämosiderose entsteht bei Patienten, die oft Erythrozyten erhalten, ohne zu bluten (z.B. bei aplastischen Anämien). Außerdem wird der im Plastikmaterial der Blutbeutel vorhandene Weichmacher für toxische Reaktionen verantwortlich gemacht.
Physikalische und chemische Reaktionen nach Transfusion wie Hypervolämie, Mikroembolie, Hämolyse, Zitratintoxikation und Hämosiderose können auftreten.
Übertragung von Infektionen: Eine weitere Gefahr bei der Gabe von Blutkomponenten ist die Übertragung von Mikroorganismen (Bakterien, Viren und Protozoen). Albumin und die Kryopräzipitate (Gerinnungsfaktoren) gelten nach heutigem Kenntnisstand, obwohl diese Präparate »gepoolt« sind, durch spezielle Reinigungsverfahren als »sichere« Präparate. Da in letzter Zeit jedoch wieder Zweifel bezüglich der Sicherheit entstanden sind, sollte auch hier die Indikationsstellung für eine Anwendung sehr eng gestellt werden. Alle zellulären Präparate und frischgefrorenes Plasma (FFP) können jedoch Mikroorganismen übertragen.
Übertragung von Infektionen: Durch Blutkomponenten ist die Übertragung von Bakterien, Viren und Protozoen möglich. Als sog. »sichere« Präparate gelten Albuminlösungen und Gerinnungsfaktoren.
π
n Merke. Jede Konserve muss deswegen auf Malariaantikörper, HBsAg (Hepatitis B), HCV-Antigen (Hepatitis C), Lues- und HIV-Antikörper sowie auf das Zytomegalievirus untersucht werden.
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Merke
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126 Mögliche parasitäre Infektionen: Malariaplasmodien und Toxoplasmose. Mögliche bakterielle Infektionen: Treponema pallidum.
Mögliche virale Infektionen: Zytomegalie (CMV), Posttransfusionshepatitis (Hepatitis B, Hepatitis C), HIV-Virus. Durch Verwendung von Leukozytenfiltern kann die CMV-Infektion verhindert werden.
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz Mögliche parasitäre Infektionen: Malariaplasmodien und Toxoplasmen können mit Blutbestandteilen transfundiert werden. Die Inzidenz liegt bei 0,2–0,8 pro 106 Transfusionen. Mögliche bakterielle Infektionen: Unter den durch Transfusionen übertragenen Bakterien spielt Treponema pallidum die größte Rolle. Durch Seroteste beim Spender und die Einführung der Blutkonservierung ist die Übertragung sehr selten. Mögliche virale Infektionen: Ca. 50 % der Bevölkerung weisen Anti-CMVAntikörper auf, aber 10 % beherbergen das CMV-Virus in den Granulozyten und können es an immundefiziente Patienten weitergeben. Deswegen sollten die Risikogruppen wie z.B. auch CMV-negative Transplantatempfänger nur CMV-negative Konserven erhalten. Eine Alternative ist die konsequente Verwendung von Leukozytenfiltern. Die Posttransfusionshepatitis (PTH) wird in weniger als 10 % der Fälle durch das Hepatitis-B-Virus ausgelöst. Die Erkrankungsrate an Hepatitis B liegt bei 1–2 pro 1000 Transfusionsbehandlungen und ist seit Einführen des Spenderscreenings stark zurückgegangen. Für ca. 90 % der PTH-Fälle wird die Hepatitis C angeschuldigt. Die Angaben zur Inzidenz, bezogen auf die Transfusionen, variieren hierbei zwischen 0,2 % und 20 %. Das HCV-Virus ist ebenso widerstandsfähig wie das HBV-Virus und bis jetzt durch kein Verfahren aus zellulären Blutprodukten und FFP zu eliminieren. Ein neuerer Test auf HCV-Antikörper scheint jedoch die Anzahl der Hepatitis-C-Virusübertragungen zu verringern.
Merke
n Merke. Bei frischen Hepatitis-B- bzw. Hepatitis-C-Infektionen sind die Blutspender bereits einige Tage bis Wochen kontagiös, bevor der Nachweis der Antikörper gelingt. Es besteht also eine sog. »diagnostische Lücke«. Deshalb wird durch besondere Auswahl und Betreuung der Spender versucht, ein Kollektiv mit möglichst niedriger Inzidenz transfusionsbedingter Infektionen sicherzustellen.
Merke
n Merke. Das HIV-Virus wird durch alle zellulären Blutkomponenten einschließlich des Frischplasmas übertragen und verursacht die Immunschwäche AIDS. Durch HIV-Antikörperuntersuchungen der Spender konnte das Risiko der Übertragung erheblich verringert, aber nicht ausgeschlossen werden, da die Serokonversion ebenfalls erst einige Wochen nach der Infektion auftritt und die Viren nicht direkt nachgewiesen werden können. Demzufolge entsteht eine sog. »diagnostische Lücke«. Das Risiko der Übertragung wird heute mit 1:300 000 bzw. 1:3 000 000 angegeben.
Massivtransfusion Definition
Mögliche Nebenwirkungen einer Massivtransfusion sind: Abfall der Körpertemperatur, passagere Zitratintoxikation mit Hypokalzämie und Hypomagnesiämie, Abnahme des 2,3-DPG-Gehaltes der Erythrozyten mit folgender Zunahme der Sauerstoffaffinität des Hämoglobins und Entstehung einer Azidose mit Hyperkaliämie.
Massivtransfusion n Definition. Die Übertragung des 1,5fachen körpereigenen Blutvolumens innerhalb von 24 Stunden bezeichnet man als Massivtransfusion.
Trotz der heute durchzuführenden Komponententherapie kann eine Massivtransfusion mit erheblichen Folgeschäden für den Patienten verbunden sein. Die Ursache der Massivtransfusion mit Art und Ausdehnung der Gewebsverletzung, die Schockphase und die Funktion der vitalen Organe sind dabei von entscheidender Bedeutung. Durch die Lagerung der einzelnen Komponenten müssen wir u.a. mit einem Abfall der Körpertemperatur rechnen. Falls es zeitlich möglich ist, sollten die Blutbestandteile in speziellen Geräten angewärmt werden. Eine passagere Zitratintoxikation mit Hypokalzämie und Hypomagnesiämie kann ebenfalls durch die Stabilisatoren bedingt sein. Lagerungsbedingt sinkt der 2,3-DPG-Gehalt der Erythrozyten ab, sodass es zu einer Zunahme der Sauerstoffaffinität des Hämoglobins kommt (Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve). Die gleichzeitig auftretende Azidose (infolge der anaeroben Stoffwechselre-
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6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten aktion des Blutes) sollte deshalb als Ausgleich nicht überkorrigiert werden. Von besonderer klinischer Relevanz sind die stetig zunehmende Aggregationsbereitschaft und der Zellzerfall von Leukozyten, Thrombozyten und Erythrozyten. Hierdurch kommt es zur Freisetzung von Mediatoren wie Histamin, Serotonin, ADP und Leukotrienen und zum Entstehen eines endothelialen Lecks der Lunge und der Kapillarstrombahn. Eine Hyperkaliämie kann ebenfalls als Folge des Zellzerfalls angesehen werden. Herzrhythmusstörungen sind die Folge. Nierenfunktionsstörungen sind nach Massivtransfusionen ebenfalls beschrieben. Hämolyse und Mediatorenfreisetzung in Kombination mit Schock können als Ursache angesehen werden. Wie schon bei den Plasmapräparaten erwähnt, erfolgt die Gabe der einzelnen Blutkomponenten (EK, FFP, TK) rein nach klinischen Gesichtspunkten (Labordaten: Hb, Hkt, Thrombozytenanzahl, Gerinnungsparameter) und nicht mehr in einem starren Verhältnis (die alte Regel lautete: FFP : EK = 2 : 1).
Durch Zellzerfall und Freisetzung von Mediatoren können endotheliale Lecks in der Lunge und der Kapillarstrombahn entstehen. Nierenfunktionsstörungen sind ebenfalls beschrieben.
Notfalltransfusion
Notfalltransfusion
Es wird ca. 1 Stunde benötigt, um Erythrozytenkonzentrate für einen Patienten bereitzustellen, von dem weder Blutgruppe noch Testblut für die Kreuzung der Konserven verfügbar sind. Steht dieser Zeitraum im Notfall, z.B. bei einem Polytrauma mit schwerer intraabdomineller Blutung, nicht zur Verfügung, sind die in 1 A-6.7 beschriebenen Maßnahmen zu ergreifen.
Es wird ca. 1 Stunde benötigt, um Erythrozytenkonzentrate für einen Patienten bereitzustellen, von dem weder Blutgruppe noch Testblut für die Kreuzung der Konserven verfügbar sind. Maßnahmen in Notfällen zeigt 1 A-6.7.
Hämolyse und Mediatorenfreisetzung in Kombination mit Schock können als Ursache angesehen werden. Die Gabe der einzelnen Blutkomponenten erfolgt nach rein klinischen Gesichtspunkten.
n Merke. Ist die Blutgruppe eines Patienten nicht bekannt und können vor einer Transfusion das Ergebnis der Blutgruppenbestimmung und die Kreuzprobe nicht abgewartet werden, sind Erythrozytenkonzentrate der Gruppe 0 rh-negativ zu transfundieren.
1 A-6.7
Merke
Synopsis Vorgehen bei Transfusionen in der Notfallsituation
Notfall: Polytrauma im schweren hämorrhagischen Schock mit >20 % Verlust des Sollblutvolumens
Bedside-Test nicht möglich
Transfusion 0 rh-neg. EK
Bedside-Test möglich
Bedside-Test eindeutig
Bedside-Test nicht eindeutig durch Gabe künstlicher Kolloide Blutdepot vorhanden
kein Blutdepot vorhanden
Transfusion 0 rh-neg. EK Gabe ungekreuzter EK AB0 und Rh-kompatibel
, jung (im gebärfähigen Alter)
und älter
Transfusion Rh-kompatibel, AB0 auf 0 ändern
Transfusion AB0-kompatibel, Rh-Faktor ändern
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6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz Chirurgische Kliniken ohne eigenes Blutgruppendepot sollten auf alle Fälle Erythrozytenkonzentrate der Blutgruppe 0 rh-negativ auf Vorrat halten.
Autologe Transfusion
Autologe Transfusion
Präoperative isovolämische Hämodilution, maschinelle Autotransfusion, Plasmapherese und Eigenblutspende stellen die heutigen Möglichkeiten der autologen Transfusion dar.
Trotz der erheblichen Verbesserungen im Bereich der Transfusionsmedizin in den letzten Jahren ist jede Transfusion mit einem Risiko verbunden (s. S. 124 ff.). Fremdblutsparende Maßnahmen können zu erheblichen Risikoeinschränkungen beitragen. Es wird eine durch Fremdblut induzierte Immunsuppression diskutiert. Hierbei kann noch nicht ausgeschlossen werden, dass die Metastasierung bei Karzinomen der Mamma, der Lunge und des Kolons durch Fremdblut begünstigt wird. Präoperative isovolämische Hämodilution, maschinelle Autotransfusion, Plasmapherese und Eigenblutspende stellen die heutigen Möglichkeiten der autologen Transfusion dar. Auf eine weitere fremdblutsparende Maßnahme durch präoperative Erhöhung des Hämoglobins mit Hilfe des Erythropoetins wurde bereits auf S. 119 eingegangen.
Präoperative isovolämische Hämodilution Abnahme von 500–1500 ml Warmblut in einen mit Stabilisatorlösung vorgefüllten Eigenblutbeutel bei Narkoseeinleitung. Vorteil: Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes, Verminderung des Thromboembolierisikos, Verminderung des Infektionsrisikos. Kontraindikationen: Anämie, Gerinnungsstörungen, Hypovolämie, Einschränkung der Koronarreserve, ausgeprägte Lungenfunktionseinschränkung.
Präoperative isovolämische Hämodilution Im Rahmen der Narkoseeinleitung werden bei Operationen, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Blut transfundiert werden müsste, 500–1500 ml Warmblut in einen mit Stabilisatorlösung vorgefüllten Eigenblutbeutel gefüllt. Der Volumenverlust wird mit künstlichen kolloidalen Lösungen ersetzt, sodass eine Normovolämie erreicht wird. Die Vorteile dieser Methode sind neben einer Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes und einer verbesserten O2-Utilisation ein vermindertes Thromboembolierisiko. Kontraindikationen sind in einer vorbestehenden Anämie, Gerinnungsstörungen, Hypovolämie, einer ausgeprägten Einschränkung der Koronarreserve und einer ausgeprägten Lungenfunktionseinschränkung zu sehen.
Maschinelle Autotransfusion
Maschinelle Autotransfusion
Intra- oder auch postoperativ verlorenes Blut wird unter Heparinzugabe abgesaugt, gefiltert und zentrifugiert, sodass ein gewaschenes EK entsteht. Vorteil: schnelle Verfügbarkeit, Verminderung des Infektionsrisikos. Kontraindikation: Absaugen von infiziertem und tumorhaltigem Material bei Patienten mit vorliegenden malignen Tumoren.
Bei der maschinellen Autotransfusion wird intraoperativ oder auch postoperativ verlorenes Blut mittels eines Doppellumensaugers unter Heparinzugabe abgesaugt, gefiltert und zentrifugiert, sodass ein gewaschenes Erythrozytenkonzentrat entsteht. Vorteile sind in der schnellen Verfügbarkeit, z.B. bei Polytraumen oder Aortenaneurysmen, und dem Ausschluss von Verwechslungen neben den sonstigen Vorteilen der autologen Transfusion zu sehen. Als Kontraindikation gilt das Absaugen infizierten und tumorzellenkontaminierten Materials, da Tumorzellen beim Zentrifugieren, Waschen und auch mit Leukozytenfiltern nicht mit absoluter Sicherheit zurückgehalten werden. Neuere Studien zeigen jedoch, dass eine zusätzliche Bestrahlung des gewonnenen Erythrozytenkonzentrates mit 50 Gy eine Teilung von Karzinomzellen unmöglich macht. Über die Kontraindikation der maschinellen Autotransfusion bei Karzinompatienten muss somit unter der Voraussetzung der zusätzlichen Bestrahlung in nächster Zeit erneut diskutiert werden. Die durch Autotransfusion gewonnenen Erythrozytenkonzentrate weisen geringere Veränderungen auf, als nach längerer Lagerung mit Stabilisatorzusatz.
Eigenplasmapherese
Eigenplasmapherese
Präoperative Plasmapherese im Abstand von mindestens 10 Tagen mit Entnahme von max. 900 ml Plasma pro Sitzung. Das mit Antikoagulans versetzte Plasma wird sofort schockgefroren und wie FFP gelagert. Vorteil: Komplette Substitution von Gerinnungsfaktoren und Immunglobulinen.
Bei Patienten wird im Abstand von mindestens 10 Tagen jeweils eine Plasmapherese durchgeführt (max. 900 ml pro Sitzung), wobei das mit Antikoagulans versetzte Plasma sofort schockgefroren und wie FFP bei –30 ΩC gelagert wird. Am Operationsende wird das so gewonnene Plasma retransfundiert. Vorteile dieser Methode sind in der kompletten Substitution von Gerinnungsfaktoren und der Gabe von Immunglobulinen zu sehen.
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129
6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten Durch die längere Haltbarkeit dieser Präparate bis zu 1 Jahr ist die Terminplanung einfacher zu gestalten als bei der Eigenblutspende. Kontraindikationen sind Gerinnungsstörungen, Sepsis und Hypoproteinämien.
Lange Haltbarkeit dieser Präparate bis zu 1 Jahr (dadurch einfachere Terminplanung). Kontraindikationen: Gerinnungsstörungen, Sepsis, Hypoproteinämien.
Eigenblutspende
Eigenblutspende
Bei chirurgischen Wahleingriffen mit einem zu erwartenden Blutverlust von > 1000 ml (bzw. der Wahrscheinlichkeit der Bluttransfusion > 5 %) ist die Indikation für eine Eigenblutspende gegeben, wenn der Operationstermin 5–6 Wochen im Voraus festzulegen ist. Der technische Ablauf entspricht einer normalen Blutspende. Je nach zu erwartendem perioperativen Blutverlust werden im Abstand von mindestens 1 Woche 450 ml Eigenblut entnommen und in Komponenten (Erythrozytenkonzentrate und FFP aufgeteilt. Nach der 1. Blutspende wird ein Eisenpräparat verabreicht. Auch Eigenblutkonserven durchlaufen die an jeder Blutkonserve routinemäßig durchgeführten Untersuchungen. Absolute Kontraindikationen der Eigenblutspende sind Anämie (Hb < 11 g/dl), frischer Herzinfarkt (< 3 Monate), instabile Angina pectoris, koronare Hauptstammstenose, klinisch wirksame Aortenstenose, dekompensierte Herzinsuffizienz und Infektionen mit der Möglichkeit der hämatogenen Streuung. Starre Altersgrenzen existieren nicht. Bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) kann mit Hilfe besonderer Überwachungsmethoden auch Eigenblut entnommen werden. Gravidität und Tumorleiden mit schnellem Wachstum bedürfen ebenso wie Hypertonie, zerebrale Durchblutungsstörungen, Herzrhythmusstörungen und Asthma bronchiale einer strengen Risikoabwägung (Fremdblut versus Eigenblut). Der Nutzen der Eigenbluttransfusion liegt neben der Reduzierung der Infektionsrisiken und der Antigen-Antikörper-Reaktion in einer Stimulation der Erythropoese. Ein Risiko bei der Blutentnahme ist der vasovagale Kollaps. Die Letalität infolge einer vasovagalen Reaktion bei Eigenblutspende wird mit 1:10 000 000 Spenden angegeben. Ein weiteres Risiko ist in der Verwechslung der Konserven anzusehen. Dies ist nicht anders als bei Fremdblut. Nach einem BGH-Urteil vom Dez. 1991 sind Patienten, für welche die Möglichkeit einer Eigenblutspende besteht, auf diese hinzuweisen. Der organisatorische Ablauf, die Koordination zwischen Spende und Operation, ist sehr personalintensiv und besonders in größeren Häusern mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
Im Abstand von mindestens 1 Woche werden 450 ml Eigenblut entnommen und in Komponenten (EK, FFP) aufgeteilt. Die Anzahl der Eigenblutspenden richtet sich dabei nach dem zu erwartenden Blutverlust und dem Hb des Patienten. Verabreichung eines Eisenpräparates zwischen den Spenden. Indikation: Wahleingriffe mit einem zu erwartenden Blutverlust > 1000 ml bzw. der Wahrscheinlichkeit der Bluttransfusion > 5 %. Vorteil: wie bei allen fremdblutsparenden Maßnahmen. Nachteil: genaue Op-Planung notwendig, da Erythrozytenkonzentrate nur 35 Tage haltbar sind. Absolute Kontraindikationen: Anämie (Hb < 11 g/dl), frischer Herzinfarkt (< 3 Monate), instabile Angina pectoris, koronare Hauptstammstenose, klinisch relevante Aortenstenose, dekompensierte Herzinsuffizienz, Infektion mit hämatogener Streuung. Strenge Indikationsstellung bei Gravidität, schnell wachsendem Tumorleiden, Hypertonie, zerebralen Durchblutungsstörungen, Herzrhythmusstörungen, Asthma bronchiale. Risiken: vasovagaler Kollaps, Verwechslung der Konserven.
Präoperative Vorbereitung von Bluttransfusionen
Präoperative Vorbereitung von Bluttransfusionen Die präoperative Bereitstellung liegt in der Hand des Chirurgen und des Anästhesisten. Besteht keine Einigkeit über die Anzahl der Blutkomponenten, wird die größere Anzahl bereitgestellt.
Die präoperative Bereitstellung der Blutkomponenten liegt sowohl in der Hand des Chirurgen als auch des Anästhesisten. Der Patient ist in einem präoperativen Aufklärungsgespräch über die Möglichkeit und die Risiken einer Bluttransfusion aufzuklären. Wie viele Blutkomponenten für die jeweilige Operation bereitgestellt werden sollen, entscheiden Anästhesist und Chirurg gemeinsam. Besteht keine Einigkeit, wird die größere Anzahl der Blutkomponenten bereitgestellt. Die Bedarfsplanung bereitgestellter Komponenten wird von Klinik zu Klinik unterschiedlich gehandhabt. 2 A-6.5 gibt einen Überblick über die heute gängigen Präparationen der einzelnen Blutkomponenten mit Lagerung, Haltbarkeit sowie den notwendigen Transfusionskompatibilitäten.
2 A-6.5 gibt einen Überblick über die heute gängigen Präparationen der einzelnen Blutkomponenten.
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130
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz
2 A-6.5
Präparationen der einzelnen Blutkomponenten
Präparat
Volumen (ml)
Hkt (%)
Leukozytenreduktion %
Lagerungsfähigkeit, Lagerungstemperatur
Kompatibilität
N buffycoatfreies n EK
200–300
60–80
> 50
28–35 Tage +2 – +6 Ω C
AB0 und Rh
N buffycoatfreies n EK in additiver Lösung
250–350
50–70
> 80
42–49 Tage +2 – +6 Ω C
AB0 und Rh
N leukozytenn armes EK
200–350
50–80
> 99
+2 – +6 Ω C
AB0 und Rh
N gewaschenes EK n
200–300
50–70
> 95
keine +2 – +6 Ω C
AB0 und Rh
N kryokonsern vierte EK
200–300
50–70
> 99
10 Jahre
AB0 und Rh
ca. 50
–
Leukozytenzahl < 0,2 « 109 pro TK
5 Tage 22 ± 2 Ω C
AB0 und, wenn möglich, auch Rh
bis zu 300
–
Leukozytenzahl 0,1–5 « 10 8 pro TK
5 Tage 22 ± 2 Ω C
AB0 und, wenn möglich, auch Rh
50–300
–
< 500/ m l
1 Jahr –30 Ω C
AB0
N Humanalbumin n 5%
meistens 250
–
keine
3–5 Jahre +2 – +20 Ω C
nein
N Humanalbumin n 20 %
meistens 50
–
keine
3–5 Jahre +2 – +20 Ω C
nein
N Thrombozytenn konzentrat (TK) aus Einzelspende N Thrombozytenn konzentrat (TK) durch Pherese N Frischplasma n
< –80 Ω C
Blutersatz bei Tumorpatienten
Blutersatz bei Tumorpatienten
Vermutlich durch Immunsuppression bei Gabe homologen Blutes ist die Remetastasierungsrate erhöht. Zur Diskussion steht der Einsatz der maschinellen Autotransfusion in der Tumorchirurgie, wobei die EK bestrahlt und mit Leukozytenfiltern transfundiert werden sollten.
Nicht nur die Anästhesie und die Operation selbst, sondern auch die Gabe homologen Blutes soll eine perioperative Immunsuppression verursachen und somit das Metastasierungsrisiko erhöhen. Evtl. ist die vermehrte Gabe von Antigenen mit der homologen Transfusion für die Immunmodulation verantwortlich. Einige Autoren befürworten deshalb die Transfusion mit Leukozytenfiltern bei Tumorpatienten. Auch wird der Einsatz der maschinellen intraoperativen Autotransfusion in der Tumorchirurgie diskutiert. Zusammen mit dem Blut abgesaugte Zellen werden mit den heutigen Apparaturen nicht vollständig zurückgehalten. Über das Schicksal retransfundierter Tumorzellen und deren Metastasierungspotenzial ist jedoch bis jetzt wenig bekannt. Evtl. könnte die Retransfusion lebensfähiger maligner Zellen durch g-Bestrahlung (50 Gy) der Erythrozytenkonzentrate und den Einsatz geeigneter Filtersysteme (z.B. Leukozytenfilter) verhindert werden. Erst weitere Studien müssen in nächster Zeit Klarheit über den Nutzen der autologen Transfusion (präoperative Eigenblutentnahme eingeschlossen) bringen.
Blutersatz bei Transplantationen
Blutersatz bei Transplantationen
Wie bereits erwähnt, führen homologe Bluttransfusionen zu einer Immunmodulation. In einigen Studien wird eine günstigere Transplantatfunktion bei
Wie bereits erwähnt, führen homologe Bluttransfusionen zu einer Immunmodulation. In einigen Studien wird eine günstigere Transplantatfunktion bei homologen Transfusionen im Gegensatz zu autologen Transfusionstechniken beschrieben. In multizentrischen Studien wurde sogar eine Korrela-
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131
6.2.4 Therapie mit Blutkomponenten tion zwischen der Anzahl der Transfusionen und dem Transplantationserfolg nachgewiesen. Jedoch sollten die negativen Auswirkungen (Infektionen, GVH-Krankheit usw.) einer homologen Blutübertragung nicht außer Acht gelassen werden. Durch eine heutzutage verbesserte immunsuppressive Therapie sind die positiven Nebeneffekte der homologen Bluttransfusion auf das Immunsystem aufzuheben und autologe Transfusionsmethoden vorzuziehen. Kontraindiziert ist jedoch auf alle Fälle z. Z. die maschinelle Autotransfusion bei immunsupprimierten transplantierten Karzinompatienten.
homologen Transfusionen im Gegensatz zu autologen Transfusionstechniken beschrieben.
Rechtliche Probleme
Rechtliche Probleme
Für die vorsorgliche Bereitstellung von Blutkomponenten vor Operationen sind Chirurg und Anästhesist gleichermaßen verantwortlich. Kann über die Anzahl der bereitzustellenden Einheiten keine Einigkeit erzielt werden, so ist die größere Anzahl zu bestellen. Soweit der erforderliche zeitliche Spielraum besteht und sofern keine Kontraindikationen vorliegen, ist bei der Vorbereitung von Operationen zu bedenken, ob Eigenblut in ausreichender Menge bereitgestellt werden kann. Ggf. muss der primär behandelnde Fachvertreter (d.h. der Chirurg) die Eigenblutspende veranlassen. Er hat auch dafür zu sorgen, dass die Information über verfügbares Eigenblut anderen Fachdisziplinen, soweit sie im Krankheitsverlauf hinzugezogen werden (z.B. Anästhesiologie), rechtzeitig und auf geeignete Weise zur Kenntnis gelangen. Intraoperativ entscheidet der Änasthesist, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Bluttransfusion angezeigt ist. In der postoperativen Phase ist die Zuständigkeit davon abhängig, ob der Patient im Aufwachraum, auf der Intensivstation oder der chirurgischen Bettenstation liegt. Der Patient ist vor einer Transfusion vom Chirurgen und Anästhesisten über diesbezügliche Risiken aufzuklären, sofern sein Gesundheitszustand und die Dringlichkeit dies zulassen. Vor Operationen ist ggf. mit dem Patienten zu erörtern, ob er eine Eigenblutspende wünscht. Dies hat rechtzeitig durch den Fachvertreter der primär behandelnden Fachdisziplin (im allgemeinen also dem Chirurgen) zu geschehen. In diesen Fällen ist der Patient vom primär behandelnden Fachvertreter auch auf die Grenzen der Eigenblutspende und auf die Möglichkeit, dass dennoch eine Fremdbluttransfusion erforderlich werden könnte, aufmerksam zu machen. Sofern der Wunsch einer Eigenblutspende erst gegenüber dem Anästhesisten im Rahmen der unmittelbaren anästhesiologischen Vorbereitung einer Allgemein- oder Regionalanästhesie geäußert wird, ist der Patient darauf hinzuweisen, dass diesem Wunsch nicht entsprochen werden kann, ohne die Operation aufzuschieben. Wünscht der Patient die Operation dennoch zum geplanten Zeitpunkt, ist die Einwilligung zu einer Transfusion von Fremdblut im anästhesiologischen Aufklärungsbogen ausdrücklich zu vermerken. Sollte der Patient dagegen wegen unterbliebener Eigenblutspende nicht in eine Fremdbluttransfusion einwilligen, so ist die Operation aufzuschieben.
Präoperative Vorbereitung und Aufklärung erfolgen durch Chirurg und Anästhesist.
n Merke. Wird jegliche Bluttransfusion vom Patienten abgelehnt, so ist diese Ablehnung selbst dann bindend, und zwar für alle an der Behandlung beteiligten Ärzte, wenn sie aus rational nicht nachvollziehbaren Gründen geschieht wie etwa bei den Zeugen Jehovas. Steht es außerhalb jedes vernünftigen Zweifels fest, dass intra- oder postoperativ ein Blutverlust eintreten wird, der ohne Bluttransfusion tödlich ist, so muss die Operation unterbleiben, wenn der Patient trotz eingehender Belehrung auf seiner Verweigerung der Bluttransfusion beharrt. Dies gilt auch dann, wenn die Operation vital indiziert und dringend ist.
Kontraindiziert ist jedoch auf alle Fälle z. Z. die maschinelle Autotransfusion bei immunsupprimierten transplantierten Karzinompatienten.
Die Möglichkeit der Eigenblutentnahme ist rechtzeitig vom Chirurgen zu erörtern.
Merke
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132 Erfordert eine Operation nicht mit absoluter Sicherheit eine Transfusion, so kann sie durchgeführt werden, auch wenn der Patient eine Transfusion ablehnt.
Jugendliche (14.–18. Lebensjahr) können über Transfusionen selbst entscheiden. Bei Minderjährigen ist bei Verweigerung der Transfusion das Vormundschaftsgericht einzuschalten.
6 Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenersatz Soll eine Operation durchgeführt werden, die zwar im Allgemeinen Blutersatz erfordert, bei der jedoch im konkreten Fall die Aussicht besteht, unter dem Vorbehalt gewisser Risiken eine Transfusion vermeiden zu können, so kann die Operation durchgeführt werden, sofern darüber Einvernehmen zwischen den an der Operation beteiligten Fachgebieten, z.B. dem Chirurgen und dem Anästhesisten, besteht. Dieses Einvernehmen ist von der primär behandelnden Fachdisziplin rechtzeitig herbeizuführen. Auf Eingriffe, bei denen eine Bluttransfusion zwingend notwendig ist, muss der Arzt verzichten. Diese Operationen sind beim Zeugen Jehovas kontraindiziert. Manche Zeugen Jehovas tolerieren die autologe Transfusion mit Hilfe eines CellSavers, falls das Blut innerhalb eines geschlossenen Kreislaufes retransfundiert wird. In einem solchen Fall ist vor Operationen das Einverständnis des Patienten zur Retransfusion mittels Cell-Saver schriftlich festzuhalten. Bei Minderjährigen oder bei fehlender geistiger Reife ist bei Verweigerung der Erziehungsberechtigten in lebensgefährdenden Situationen das Vormundschaftsgericht einzuschalten. Da mit Vollendung des 14. Lebensjahres Religionsmündigkeit besteht, können Jugendliche zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr bei normaler geistiger Konstitution und entsprechender Darlegung des Sachverhaltes selbst eine Entscheidung treffen. Die rechtlichen Probleme des Bluttransfusionswesens sind jedoch inzwischen so vielschichtig, dass ihre Aufarbeitung einer sehr viel umfassenderen Darstellung vorbehalten bleiben muss.
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133
Ernährung
7
7
Ernährung
7.1
Grundlagen der parenteralen Ernährung
Jörg Schröder 7.1
Grundlagen der parenteralen Ernährung
n Definition. Parenterale Ernährung bedeutet eine an die Stoffwechselsituation angepasste intravenöse Zufuhr der Komponenten der täglichen Ernährung.
Die Form der parenteralen Ernährung ist abhängig vom Ernährungszustand π von der Dauer der Nahrungskarenz und π von der Schwere der Verletzung, der Operation oder Erkrankung. Indikationen zur parenteralen Ernährung sind gegeben, wenn π der Gastrointestinaltrakt nicht funktionsfähig ist (z.B. nach großen operativen Eingriffen) π eine orale Ernährung nicht möglich ist (z.B. bei Stenosen, Verätzungen).
Definition
π
7.1.1
Substrate der Ernährung
Die Wahl der eingesetzten Substrate der Ernährung erfolgt in Abhängigkeit von der pathophysiologischen Situation des Patienten (z.B. Operation, Trauma, Leber- oder Niereninsuffizienz). Unterschieden werden: π Kohlenhydrate – Glukose – Nicht-Glukose-Kohlenhydrate (Fruktose, Xylit) π Aminosäuren – essenzielle Aminosäuren – nichtessenzielle Aminosäuren π Fette – langkettige Triglyzeride – mittelkettige Triglyzeride. Alle genannten Energieträger können bei einer vollständigen parenteralen Ernährung zugeführt werden. Die Zusammensetzung des Nährstoffangebotes muss an Art und Ausmaß der vorhandenen Stoffwechselveränderung angepasst werden (bedarfsadaptierte Ernährung).
7.1.2
Kohlenhydrate
Indikationen zur parenteralen Ernährung sind gegeben, wenn π der Gastrointestinaltrakt nicht funktionsfähig ist π eine orale Ernährung nicht möglich ist.
7.1.1 Substrate der Ernährung Substrate der parenteralen Ernährung sind Kohlenhydrate in Form von Glukose oder sog. Nicht-GlukoseKohlenhydraten, Fette und Aminosäuren.
Die Zusammensetzung des Nährstoffangebotes muss an Art und Ausmaß der vorhandenen Stoffwechselveränderung angepasst werden (bedarfsadaptierte Ernährung). 7.1.2 Kohlenhydrate
Glukose
Glukose
Glukose ist das wichtigste und am schnellsten verfügbare Substrat im Energiehaushalt. Das Zentralnervensystem, Blutzellen und partiell die Nieren decken unter normalen Bedingungen ihren Energiebedarf fast ausschließlich mit Glukose. Glukose stimuliert die Insulinfreisetzung und wirkt unter normalen Stoffwechselbedingungen anabol.
Glukose ist das bedeutendste Substrat im Energiehaushalt. Das ZNS, Blutzellen und partiell die Nieren decken unter normalen Bedingungen ihren Energiebedarf fast ausschließlich mit Glukose.
Nicht-Glukose-Kohlenhydrate
Nicht-Glukose-Kohlenhydrate
Nicht-Glukose-Kohlenhydrate sind alternative Energielieferanten, die Glukose teilweise ersetzen können und insulinunabhängig verstoffwechselt werden. Unter bestimmten Stoffwechselveränderungen wie z.B. im Postaggressionsstoffwechsel führen diese Substanzen in Kombination mit Glukose zu einer niedrigeren Katabolierate. π Fruktose ist als Bestandteil des Rohrzuckers (Haushaltszucker) täglicher Nahrungsbestandteil. Cave: Fruktoseintoleranz!
Nicht-Glukose-Kohlenhydrate werden insulinunabhängig verstoffwechselt und können als alternative Energielieferanten Glukose zum Teil ersetzen. Dazu zählen: π Fruktose (cave: Fruktoseintoleranz!)
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7 Ernährung
π
Xylit
π
π
Sorbit.
π
Merke
Xylit wird als Zwischenprodukt des Pentosephosphatzyklus der Glykolyse zugeführt. Sorbit wird im Organismus in Fruktose umgewandelt und über den Zitratzyklus und die Atmungskette oxidiert. n Merke. Fruktose und Sorbit sind bei bekannter Fruktoseintoleranz und bei bewusstlosen Patienten, bei denen möglicherweise eine Intoleranz vorliegen könnte, kontraindiziert.
Aminosäuren
7.1.3 Aminosäuren
7.1.3
Aminosäuren sind wesentliche Bestandteile von Proteinen. Unterschieden werden essenzielle von nichtessenziellen Aminosäuren.
Aminosäuren sind Bestandteil von Strukturproteinen (z.B. Zellwandproteine, Kollagen), von Hormonen, von Mediatoren, von Enzymen und von Transportproteinen. Aminosäuren werden u.a. in essenzielle, vom Körper nicht synthetisierbare und nichtessenzielle Aminosäuren eingeteilt. Unter pathophysiologischen Bedingungen müssen neben den essenziellen auch nichtessenzielle Aminosäuren substituiert werden, da die Synthese der nichtessenziellen Aminosäuren sehr energieaufwendig und z.T. gestört ist. Zu den klassischen essenziellen Aminosäuren, die vom Körper nicht synthetisiert werden können und zugeführt werden müssen, gehören: π Isoleuzin π Phenylalanin π Leuzin π Threonin π Lysin π Tryptophan und π Methionin π Valin.
Essenzielle Aminosäuren sind Isoleuzin, Leuzin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin.
7.1.4 Fette
7.1.4
Fette in der parenteralen Ernährung werden vorwiegend aus Sojaöl gewonnen und mit Ei- oder Sojaphosphatidemulgatoren als Emulsionen hergestellt, die sich hinsichtlich der Fettsäuren (mittel- oder langkettig), der Art des Emulgators und der Fettkonzentration (10 % oder 20 %) unterscheiden.
Parenteral verwendbare Fette werden vorwiegend aus Sojaöl gewonnen und mit Ei- oder Sojaphosphatidemulgatoren als Emulsion appliziert. Diese Transportform der Fette sind sog. Liposomen, die aus einem Triglyzeridkern und einer Phospholipidhülle bestehen. Die kommerziell erhältlichen Fettemulsionen unterscheiden sich prinzipiell hinsichtlich der Fettkonzentration (10 % oder 20 %), hinsichtlich ihrer Grundsubstanz, der Fettsäuren, und der Art und Menge des Emulgators. Unterschieden werden bei den mit einem Glyzerolmolekül veresterten Fettsäuren langkettige (LCT) von mittelkettigen (MCT) Fettsäuren. Eine 20 %ige Fettemulsion ist durch ein günstigeres Emulgator-Fett-Verhältnis besser geeignet als eine 10 %ige Emulsion. Mit einem hohen Brennwert von 9 kcal/g sind Fette sehr ergiebige Energieträger, auf die neben der gestreiften Muskulatur und der Herzmuskulatur vor allem die Leber angewiesen ist. Durch die hohe Energiedichte kann mit Fett eine große Energiemenge pro zugeführtem Volumen appliziert werden, was sowohl bei der parenteralen als auch bei der enteralen Ernährung wichtig ist.
Mit einem hohen Brennwert von 9 kcal/g sind Fette sehr ergiebige Energieträger, auf die neben der gestreiften Muskulatur und der Herzmuskulatur vor allem die Leber angewiesen ist.
Fette
7.1.5 Elektrolyte S. Kap. A-6.1.1
7.1.5 Elektrolyte S. Kap. A-6.1.1
7.1.6 Vitamine und Spurenelemente
7.1.6
Wasserlösliche und fettlösliche Vitamine sind ebenso essenziell in der parenteralen Ernährung wie die Spurenelemente. Ein Mangel an Vitaminen und Spurenelementen kann bei langfristiger parenteraler Ernährung metabolische Störungen induzieren. Zu den Spurenelementen gehören Arsen, Chrom, Kobalt, Kupfer, Fluor,
Vitamine sind organische Verbindungen, die der Organismus nicht oder nur in unzureichendem Maße synthetisieren kann. Lang andauernde und schwere Mangelzustände (z.B. Mangel an Thiamin, Vitamin B1) können zu irreversiblen und schweren metabolischen Störungen führen. Wasserlösliche Vitamine (B-Komplex und Vitamin C) und fettlösliche Vitamine (Vitamine A, D, E und K) sollten daher bei parenteraler Ernährung von Beginn an täglich appliziert werden. Spurenelemente sind wie Vitamine wichtige Koenzyme oder Kofaktoren einer Vielzahl von Steuer- oder Regelstoffen (z.B. Zink für RNA- und DNA-
Vitamine und Spurenelemente
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7.2.1 Postaggressionsstoffwechsel
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Polymerase, alkalische Phosphatase usw.) im Organismus. Zu den Spurenelementen gehören Arsen, Chrom, Kobalt, Kupfer, Fluor, Eisen, Jod, Mangan, Molybdän, Nickel, Selen, Silizium, Vanadium, Zink und Zinn.
Eisen, Jod, Mangan, Molybdän, Nickel, Selen, Silizium, Vanadium, Zink und Zinn.
7.2
7.2.1
Parenterale Ernährung bei verschiedenen Krankheitsbildern Postaggressionsstoffwechsel
7.2
Parenterale Ernährung bei verschiedenen Krankheitsbildern
7.2.1 Postaggressionsstoffwechsel
Stoffwechselveränderungen
Stoffwechselveränderungen
Belastungen wie Unfall, Verbrennungen, Sepsis oder Operationen rufen über bestimmte Regulationsmechanismen (neuroendokrin, Hormone, Mediatoren) metabolische Veränderungen im Körper hervor, welche die Vitalfunktionen sichern und Energie bereitstellen sollen. Nach der initialen Akutoder Stressphase, die einige Stunden anhält, folgt die Postaggressionsphase oder adrenerg-kortikoide Phase, die 1–3 Tage, bei Komplikationen aber auch Wochen andauern kann. Daran schließt sich zwischen dem 4. und 10. Tag die anabole Phase an. Im Postaggressionsstoffwechsel wird der Energiebedarf vorwiegend durch Fettoxidation gedeckt, die Glukoneogenese aus z.B. Laktat oder Aminosäuren wird gesteigert und über eine verminderte Insulinwirksamkeit der Verbrauch an Glukose, welche für die auf S. 133 genannten Organe wesentlich ist, gebremst. Einen Überblick über die Stoffwechselveränderungen im Postaggressionsstoffwechsel gibt 2 A-7.1.
Postaggressionsstoffwechsel beinhaltet die metabolische Antwort auf Operationen, Traumen, Verbrennungen oder Sepsis. Nach der initialen Akut- oder Stressphase (Stunden) folgt die Postaggressionsphase (1–3 Tage). Daran schließt sich die anabole Phase an (4–10 Tage).
2 A-7.1
Einen Überblick über die Stoffwechselveränderungen im Postaggressionsstoffwechsel gibt 2 A-7.1.
Stoffwechselveränderungen im Postaggressionsstoffwechsel
N Glukoseverwertungsstörung n π Hyperglykämie π Glukosurie π verminderte Insulinwirksamkeit N Proteinstoffwechselstörung n π vermehrte Harnstoffbildung π Stickstoffverlust π Eiweißkatabolie N Fettstoffwechselstörung n π vermehrte Lipolyse π Ketonkörperbildung N Elektrolythaushalt n π Wasserretention π Natriumretention π vermehrte Kaliumausscheidung
Hormone
Hormone
Ein Konzentrationsanstieg von Adrenalin, Noradrenalin, ACTH und Kortisol ist schon während einer Operation messbar und dient der Energiebereitstellung von Glukose, Fettsäuren und Aminosäuren durch Glykogenolyse, Glukoneogenese, Lipolyse und Proteolyse. Die Katecholaminkonzentrationen normalisieren sich meist innerhalb eines Tages, während die ACTH- und Kortisolproduktion mehrere Tage (z.B. 2–4 Tage nach Magenteilresektion) andauern kann. Adrenalin wirkt durch eine Steigerung der Glykogenolyse und Lipolyse ebenso antiinsulinär wie Kortisol, welches überwiegend auf den Kohlenhydrat- und Eiweißstoffwechsel wirkt. Glukagon wird verzögert nach 24–48 Stunden vermehrt ausgeschüttet und erhöht durch Glykogenolyse, Glukoneogenese und Lipolyse die Konzentration von Glukose. Durch den erhöhten Katecholaminspiegel kommt es in der Frühphase zu einer Steigerung der Herzfrequenz, des Herzminutenvolumens und des Blutdrucks.
Adrenalin, Noradrenalin, ACTH und Kortisol dienen der Energiebereitstellung von Glukose, Fettsäuren und Aminosäuren durch Glykogenolyse, Glukoneogenese, Lipolyse und Proteolyse. Glukagon wird zeitlich verzögert (nach 24–48 Stunden) vermehrt ausgeschüttet und erhöht die Konzentration von Glukose. Durch den erhöhten Katecholaminspiegel kommt es in der Frühphase zu einer Steigerung der Herzfrequenz, des Herzminutenvolumens und des Blutdrucks.
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7 Ernährung
Renin, Angiotensin II, Aldosteron und ADH werden im Postaggressionsstoffwechsel vermehrt freigesetzt und dienen der Natrium- und Wasserretention (Á Oligurie). Kohlenhydratstoffwechsel
Renin, Angiotensin II, Aldosteron und ADH werden im Postaggressionsstoffwechsel vermehrt freigesetzt und dienen der Natrium- und Wasserretention bei vermehrter Kaliumausscheidung (s. a. Kap. A-6, S. 99 ff.).
Eine Einschränkung der Insulinwirkung ist für den Kohlenhydratstoffwechsel im Postaggressionsstoffwechsel charakteristisch. Bei Steigerung der Glykogenolyse und Glukoneogenese mit Einschränkung der Glukoseverwertung kommt es zu Hyperglykämie und Hyperinsulinämie.
Eine Einschränkung der Insulinwirkung ist für den Kohlenhydratstoffwechsel im Postaggressionsstoffwechsel charakteristisch. Bei Steigerung der Glykogenolyse und Glukoneogenese mit Einschränkung der Glukoseverwertung kommt es zu Hyperglykämie und Hyperinsulinämie. Die Organaufnahme der Glukose ist ungestört, Ursache der veränderten Glukoseverwertung ist die Antagonisierung der vorhandenen Insulinmenge durch den Einfluss der antiinsulinären Faktoren wie Adrenalin, Noradrenalin, Glukokortikoide oder Glukagon, vor allem in der Muskulatur. Bei vermehrt zirkulierenden Fettsäuren ist zudem die Insulinwirksamkeit vermindert. Die exogene Glukosezufuhr in dieser Phase kann die Glukosebildung aus Aminosäuren nicht verhindern. Glukose wird nicht energetisch im Gewebe verstoffwechselt und führt bei erhöhter Zufuhr zur Leberverfettung, besonders unter erhöhter externer Insulinzufuhr (keine Insulinzufuhr in dieser Phase!).
Die exogene Glukosezufuhr in dieser Phase kann die Glukosebildung aus Aminosäuren nicht verhindern und führt bei erhöhter Zufuhr zur Leberverfettung, besonders unter erhöhter externer Insulinzufuhr (keine Insulinzufuhr in dieser Phase!).
Kohlenhydratstoffwechsel
Fettstoffwechsel
Fettstoffwechsel
Im Postaggressionsstoffwechsel kommt es zu einer Zunahme an freien Fettsäuren, die in der Leber die Bildung von Ketonkörpern induzieren.
Im Postaggressionsstoffwechsel wird der Stoffwechsel zunehmend auf die Verwertung von Substraten aus dem Fettstoffwechsel umgestellt. Dies bedingt eine Zunahme an freien Fettsäuren, die in der Leber die Bildung von Ketonkörpern induzieren.
Eiweißstoffwechsel
Eiweißstoffwechsel
Der Umsatz im Eiweißstoffwechsel ist von der Schwere einer Operation bzw. Verletzung oder Erkrankung abhängig und lässt sich mit Hilfe der Stickstoffausscheidung im Urin als Maß der Eiweißkatabolie messen.
Der Umsatz im Eiweißstoffwechsel ist von der Schwere einer Operation bzw. Verletzung oder Erkrankung abhängig und lässt sich mit Hilfe der Stickstoffausscheidung im Urin als Maß der Eiweißkatabolie messen. Bei kleinen Eingriffen beträgt die Ausscheidung > 5–10 g/d, nach schweren Eingriffen > 15 g/d. Verantwortlich für die Proteinkatabolie sind vor allem Glukagon und Glukokortikoide. Sie inhibieren die Proteinsynthese in der Muskulatur, wirken katabol, d.h. bewirken je nach Dauer und Ausmaß der Postaggressionsveränderungen einen z.T. erheblichen Muskelschwund. In der Leber wirken sie durch die Synthese von Akutphase-Proteinen hingegen anabol.
Parenterale Ernährung im Postaggressionsstoffwechsel Bei einer kurzfristigen oralen Nahrungskarenz ist ein Wasser- und Elektrolytersatz ausreichend.
Parenterale Ernährung im Postaggressionsstoffwechsel
Bei einer Nahrungskarenz über 3–6 Tage sollte eine parenterale niedrigkalorische Ernährung mit Lösungen (2- oder 3-Liter-Kombinationslösungen) erfolgen, die den Bedarf an Kohlenhydraten, Aminosäuren und Elektrolyten decken.
Bei einer kurzfristigen oralen Nahrungskarenz (z.B. nach Leistenhernien-, Schilddrüsen- oder Mammaoperationen, nach kleinen gefäßchirurgischen oder unfallchirurgischen Eingriffen) ist ein Wasser- und Elektrolytersatz (s. Kap. A-6.1) ausreichend. Eine orale Flüssigkeitszufuhr ist bei den aufgeführten Operationen am Operationstag oder oft am 1. postoperativen Tag möglich. Bei einer Nahrungskarenz über 3–6 Tage bei größeren operativen Eingriffen (z.B. Magenteilresektion) ist eine niedrigkalorische parenterale Ernährung empfehlenswert, die peripher-venös appliziert werden kann. 1–1,5 g Aminosäuren/kg KG und 150 – max. 200 g Kohlenhydrate/d werden neben Elektrolyten bei der niedrigkalorischen Ernährung appliziert. Der restliche Kalorienbedarf wird aus körpereigenen Fettdepots gedeckt. Niedrigkalorische Infusionslösungen, die dem speziellen postoperativen Kohlenhydrat-, Aminosäure- und Elektrolytbedarf angepasst sind, werden kommerziell hergestellt und angeboten. In der täglichen Praxis stehen 2und 3-Liter-Kombinationslösungen zur Verfügung, die den postoperativen Bedarf eines 60–70 kg schweren Patienten decken. Die Verwendung des Zuckeraustauschstoffes Xylit anstelle von Glukose bietet sich an, um glukoseinduzierte Stoffwechselveränderungen zu verhindern. Das Konzept der niedrigkalorischen Ernährung ist auch bei großen abdominalchirurgischen Operationen als günstig zu betrachten, vorausgesetzt, dass
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137
7.2.2 Hungerstoffwechsel keine postoperativen Komplikationen auftreten und nach einem Zeitraum von 5–8 Tagen eine ausreichende enterale Ernährung möglich ist. Eine Nahrungskarenz bis zu 1 Woche und länger erfordert eine totale parenterale Ernährung, die nach Beendigung der Postaggressionsphase, nach 2–4 Tagen, begonnen werden sollte. Die maximale Zufuhr sind 4–6 g Glukose/kg KG. Höhere Mengen führen zur kohlenhydratinduzierten Fettleber. Fett (1–2 g/kg KG/d, entspricht etwa 30–40 % der Nichteiweißkalorien) ist als weiterer Energieträger ein fester Bestandteil der totalen parenteralen Ernährung. Bei einer Aminosäuresubstitution von 1–1,5 g/kg KG/d kann eine ausgeglichene Stickstoffbilanz erreicht werden. Eine Relation der Energieträger Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß von 50 : 30 : 20 gilt als optimal.
7.2.2
Hungerstoffwechsel
Eine Nahrungskarenz von 1 Woche und länger erfordert eine totale parenterale Ernährung, die nach Beendigung der Postaggressionsphase, nach 2–4 Tagen, begonnen werden sollte. Die totale parenterale Ernährung sollte eine Relation der Energieträger Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß von 50 : 30 : 20 aufweisen. Maximal sollten 4–6 g Glukose 1–2 g Fett und 1–1,5 g Aminosäuren pro kg KG/d zugeführt werden. 7.2.2 Hungerstoffwechsel
Stoffwechselveränderungen
Stoffwechselveränderungen
Der Hungerstoffwechsel ist charakterisiert durch das Fehlen oder die unzureichende Zufuhr von Energie und Nahrungsbestandteilen. Der Metabolismus wird in seinem Umfang reduziert, um vitale Funktionen aufrechtzuerhalten. Dies geschieht durch Verminderung des Blutzuckerspiegels, vermehrte Ketonkörperproduktion, Verminderung der Proteinsynthese, Absenken der Körpertemperatur, des Muskeltonus und der Herzleistung. Das unterschiedliche Stoffwechselverhalten im Hungerstoffwechsel im Vergleich zum Postaggressionsstoffwechsel zeigt 2 A-7.2.
Der Hungerstoffwechsel zeichnet sich im Vergleich zum Postaggressionsstoffwechsel durch Reduktion des Stoffwechsels mit verminderter Blutzuckerund Harnstoffproduktion sowie erhöhter Ketonkörperbildung aus ( 2 A-7.2).
2 A-7.2
Stoffwechselverhalten im Hunger- und im Postaggressionsstoffwechsel Hungerstoffwechsel
N Kohlenhydrate n π Blutzucker π Harnzucker π Ketonkörper
Postaggressionsstoffwechsel
/ /
N Proteine n π Harnstoffproduktion π kurzlebige Proteine N Fette n π Triglyzeride π freie Fettsäuren
Parenterale Ernährung im Hungerstoffwechsel Mangelernährte, kachektische Patienten, z.B. Karzinompatienten, weisen perioperativ eine erhöhte Komplikationsrate mit Wundheilungsstörungen, Pneumonien oder intraabdominellen Infektionen auf. Verbunden mit einer Mangelernährung sind Stoffwechselveränderungen ( 2 A-7.2), Gewichtsabnahme, Erniedrigung der Kreatininausscheidung und Erniedrigung der Konzentrationen von Funktionsproteinen (z.B. Albumin). Die Komplikationsrate bei mangelernährten Patienten kann durch eine präoperative parenterale Ernährung nicht gesenkt werden. Allenfalls ist es möglich, das Ausmaß der Stoffwechselveränderungen, z.B. eine ausgeprägte Hypalbuminämie, zu reduzieren. Die präoperative Ernährung muss bedarfsorientiert erfolgen und dauert meist 8–10 Tage. Einen positiven Effekt der präoperativen Ernährung in Bezug auf eine Reduktion der Komplikationen scheint es nur bei extrem kachektischen Patienten zu geben, bei denen postoperativ auch mit einer längeren Nahrungskarenz zu rechnen ist.
Parenterale Ernährung im Hungerstoffwechsel Eine Mangelernährung mit Veränderungen des Hungerstoffwechsels ist mit einer erhöhten Komplikationsrate verbunden (z. B. Wundheilungsstörungen, Pneumonie). Eine präoperative parenterale Ernährung ist nicht in der Lage, die Komplikationsrate zu senken. Allenfalls gelingt es, das Ausmaß der Stoffwechselveränderungen zu reduzieren. Die präoperative Ernährung muss bedarfsorientiert erfolgen und dauert meist 8–10 Tage.
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138 7.2.3 Parenterale Ernährung bei Niereninsuffizienz Die Energiezufuhr im akuten Nierenversagen sollte 35–45 kcal/kg KG/d betragen mit bis zu 6 g Glukose, 1–2 g Fett und 1–1,5 g Aminosäuren pro kg KG und Tag.
Im Gegensatz zur chronischen Niereninsuffizienz ist bei der akuten Niereninsuffizienz keine Reduktion der Aminosäuren bzw. von Eiweiß notwendig.
7 Ernährung 7.2.3
Parenterale Ernährung bei Niereninsuffizienz
Beim akuten Nierenversagen muss der Organismus ausreichend mit energiereichen Substraten (35–45 kcal/kg KG/d) versorgt werden. Glukose dient als Hauptenergieträger beim akuten Nierenversagen. In Abhängigkeit vom Blutzuckerspiegel kann Glukose in einer Menge von bis zu 6 g/kg KG/d appliziert werden. Aminosäurelösungen, die neben essenziellen Aminosäuren Histidin, Arginin, Glyzin, Serin und Tyrosin enthalten, sind gegenüber der Gabe von Lösungen mit nur essenziellen Aminosäuren vorteilhaft, da der Organismus auch unspezifische Stickstoffträger benötigt. Die empfohlene Menge an Aminosäuren beträgt 1–1,5 g/kg KG/d, die an Fett 1–2 g/kg KG/d. Im Gegensatz zur chronischen Niereninsuffizienz ist bei der akuten Niereninsuffizienz keine Reduktion der Aminosäuren bzw. von Eiweiß notwendig.
Parenterale Ernährung bei Leberinsuffizienz
7.2.4 Parenterale Ernährung bei Leberinsuffizienz
7.2.4
In der Leberinsuffizienz beträgt der Energiebedarf 30–35 kcal/kg KG/d.
Der Energiebedarf bei Patienten mit Lebererkrankungen beträgt 30–35 kcal/ kg KG/d. Die Umsatzkapazitäten für Xylit und Fett sind bei Insuffizienz der Leber erhalten, so dass diese energieliefernden Substrate genutzt werden sollten. Eine Imbalance der Aminosäuren mit Abfall der verzweigtkettigen Aminosäuren und Anstieg der aromatischen Aminosäuren, die in der Leber verstoffwechselt werden (z.B. Phenylalanin, Tyrosin), tritt bei chronischer Leberinsuffizienz auf. Spezifische Leberlösungen mit einem hohen Anteil verzweigtkettiger und einem niedrigen Anteil aromatischer Aminosäuren scheinen einen günstigen Einfluss auf die hepatische Enzephalopathie zu haben. Bei normalem Ammoniakspiegel sind 0,8–1,3 g Aminosäuren/kg KG/d empfehlenswert. Ferner sollte die Glukosemenge auf 2–4 g/kg KG/d und die Applikation von Fett auf 0,5–1 g/kg KG/d reduziert werden.
Aminosäurelösungen mit einem hohen Anteil verzweigtkettiger und einem niedrigen Anteil aromatischer Aminosäuren scheinen einen günstigen Einfluss auf die hepatische Enzephalopathie zu haben. Bei normalem Ammoniakspiegel sind 0,8–1,3 g Aminosäuren/kg KG/d empfehlenswert. Die Glukosemenge sollte auf 2–4 g/kg KG/d, die Applikation von Fett auf 0,5–1 g/kg KG/d reduziert werden.
Infusionstechnik
7.2.5 Infusionstechnik
7.2.5
Infusionslösungen können π periphervenös oder π zentralvenös appliziert werden.
Infusionslösungen können periphervenös oder zentralvenös (z.B. V. subclavia, V. jugularis externa oder interna) appliziert werden. Die Infusion sollte pumpengesteuert kontinuierlich über 24 Stunden erfolgen. Die Katheter sind regelmäßig zu kontrollieren, um katheterbedingte Infektionen (s. a. Kap. A-3) frühzeitig zu erkennen.
7.2.6 Komplikationen
7.2.6
Bei den Komplikationen der parenteralen Ernährung sind vor allem katheterbedingte und metabolische Störungen zu unterscheiden. Katheterbedingte Komplikationen sind Fehllagen, Thrombosen oder Infektionen. Zu den metabolischen Komplikationen gehören: π Flüssigkeitsbelastung π Elektrolytentgleisungen π Hyperosmolarität π Hyperglykämie π Harnstoffbelastung π Hypertriglyzeridämie π Mangelsymptome π Cholestase π Fettleber.
Bei der parenteralen Ernährung können zum einen katheterbedingte Komplikationen wie Fehllagen, Thrombosen und Infektionen auftreten oder bei Anlage arterielle Blutungen oder ein Pneumothorax verursacht werden. Zum anderen können metabolische Komplikationen, eine mikrobielle Kontamination der Lösungen oder Inkompatibilitäten von Medikamenten mit Infusionslösungen vorkommen. Metabolische Komplikationen sind: π Flüssigkeitsbelastung (z.B. bei Niereninsuffizienz) π Elektrolytentgleisungen (bei Störung des Säure-Basen-Haushaltes) π Hyperosmolarität (bei erhöhtem Blutzuckerspiegel) π Hyperglykämie (durch Veränderung der Insulinwirkung im Postaggressionsstoffwechsel und bei erhöhter Glukosezufuhr) π Harnstoffbelastung (bei zu rascher Aminosäurezufuhr) π Hypertriglyzeridämie (bei zu rascher Fettapplikation) π Mangelsymptome (z.B. durch Mangel an Aminosäuren, Vitaminen, Spurenelementen)
Komplikationen
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7.3.2 Indikationen π
π
Cholestase (durch fehlende orale Nahrungsaufnahme, toxische Aminosäurenwirkung bei Imbalancen oder einen überhöhten Fettanteil der Ernährung) Fettleber (bei inadäquater Glukosezufuhr, z.B. im Postaggressionsstoffwechsel).
7.2.7
Monitoring
Das sorgfältige Monitoring mit klinischer Überwachung und Kontrolle der Laborparameter bei der parenteralen Ernährung erhöht die Effizienz der Infusionsbehandlung und vermindert die Komplikationsrate. Körpergewicht, Blutbild (Hämatokrit), kolloidosmotischer Druck und Natriumspiegel im Serum geben über den Flüssigkeitshaushalt Auskunft. Die unmittelbare postoperative Ernährung verlangt eine Kontrolle von Blutzucker (bis max. 250 mg/dl werden toleriert), Elektrolyten (Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium und Phosphat) und vor Gabe von Fett eine Kontrolle der Triglyzeridkonzentrationen (bis 300 mg/dl). Die Effektivität der Proteinzufuhr kann mit der Bestimmung der Stickstoffbilanz und dem Verhalten kurzlebiger Proteine wie z.B. Transferrin und Prothrombin überwacht werden.
7.2.7 Monitoring Das Monitoring des Flüssigkeits-, Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fetthaushaltes mit klinischer Überwachung und Kontrolle der Laborparameter erhöht die Effizienz der Therapie und vermindert die Komplikationsrate.
7.3
Enterale Ernährung
7.3
7.3.1
Sondenkost
7.3.1 Sondenkost
Grundsätzlich werden folgende Formen der Sondenkost unterschieden: π Chemisch definierte Sondenkost, bei der es sich um eine chemisch definierte Diät aus Oligopeptiden, monomolekularen Kohlenhydraten, essenziellen Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen handelt. Als Stickstoffquelle enthalten sie Oligopeptide, wodurch die Diäten niedermolekular sind. Bei zudem ballaststofffreier Zusammensetzung können die einzelnen Bausteine unabhängig von Verdauungsfermenten in den oberen Dünndarmabschnitten absorbiert werden. π Nährstoffdefinierte Sondenkost besteht aus Nahrungsgemischen, die in optimaler Relation intakte Nährstoffe wie Proteine, Fette oder Kohlenhydrate enthalten, hochmolekular sind und mit oder ohne Ballaststoffe hergestellt werden. Sie sollten isoosmolar sein, um Diarrhöen zu vermeiden. Durch Zusatz von Geschmackskomponenten eignen sie sich auch zur oralen Applikation.
7.3.2
Indikationen
Bei einem funktionsfähigen Gastrointestinaltrakt sollte grundsätzlich, falls keine Kontraindikationen bestehen, eine enterale Ernährung bevorzugt werden, da diese im Vergleich zur parenteralen Ernährung die physiologische Form darstellt. Indikationen zur enteralen Sondenernährung sind zum einen Erkrankungen, bei denen der normale Schluckvorgang nicht möglich ist oder vermieden werden soll (z.B. neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Apoplex oder postoperativ z.B. nach Ösophagusresektionen, nach Trauma, bei Langzeitbeatmung. Eine künstliche Ernährung wird zum anderen notwendig bei irresektablen Tumoren z.B. des Pharynx, des Ösophagus und des Magens, die keine regelrechte Nahrungspassage erlauben. Kontraindikationen sind z.B. eine Obstruktion des Darmes, ein Ileus, schwere Diarrhöen oder eine massive gastrointestinale Blutung.
Enterale Ernährung
Folgende Formen der Sondenkost werden unterschieden: π Chemisch definierte Sondenkost, bei der es sich um eine Diät aus Oligopeptiden, monomolekularen Kohlenhydraten, essenziellen Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen handelt.
Nährstoffdefinierte Sondenkost besteht aus Nahrungsgemischen, die in optimaler Relation intakte Nährstoffe wie Proteine, Fette oder Kohlenhydrate enthalten.
π
7.3.2 Indikationen Bei einem funktionsfähigen Gastrointestinaltrakt sollte grundsätzlich, falls keine Kontraindikationen bestehen, eine enterale Ernährung bevorzugt werden. Indikationen zur enteralen Sondenernährung sind gegeben bei π Störung des normalen Schluckvorganges π irresektable Tumoren, die keine regelrechte Nahrungspassage erlauben. Kontraindikationen sind z.B. eine Obstruktion des Darmes, ein Ileus, schwere Diarrhöen oder eine massive gastrointestinale Blutung.
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140
7 Ernährung
Zugangswege
7.3.3 Zugangswege
7.3.3
Als Zugangswege kommen π nasogastrale π nasoduodenale π nasojejunale Sonden π PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) oder π Katheterjejunostomie in Frage.
Als Zugangswege kommen vorübergehend und zeitlich begrenzt nasogastrale, nasoduodenale oder nasojejunale Sonden aus Polyurethan oder Silikonkautschuk zur Anwendung, die endoskopisch oder röntgenologisch kontrolliert gelegt werden. Weitere Möglichkeiten sind perkutan gelegte Katheter im Magen (perkutane endoskopische Gastrostomie = PEG), die endoskopisch platziert werden, oder die intraoperativ eingelegte, submukös getunnelte und am Peritoneum fixierte Katheterjejunostomie.
Nasoenterale Ernährungssonden
Nasoenterale Ernährungssonden
Das distale Ende nasoenteraler Sonden kann im Magen, im Duodenum oder im Jejunum platziert werden. Die Positionierung von Sonden postpylorisch mittels Endoskopie oder durch aufblasbare Ballons, die durch die Peristaltik vorwandern, vermindert das Problem des Erbrechens bei Dysfunktion des Pylorus. Magensonden sollten nur bei wachen und nicht bewusstseinsgetrübten Patienten verwendet werden.
Das distale Ende nasoenteraler Sonden kann im Magen, im Duodenum oder im Jejunum platziert werden. Die Positionierung von Sonden postpylorisch mittels Endoskopie oder durch aufblasbare Ballons, die durch die Peristaltik vorwandern, vermindert das Problem des Erbrechens bei Dysfunktion des Pylorus (z.B. postoperativ bei Intensivpatienten). Eine enterale Sondenernährung über Magensonden sollte nur bei wachen und nicht bewusstseinsgetrübten Patienten durchgeführt werden, da regelrechte laryngeale Reflexe bei diesen Patienten Aspirationen verhindern. Eine gastrale Sondenernährung erfolgt als Bolusgabe diskontinuierlich mit der Hand ohne Infusionspumpe, da der Magen als Speisereservoir erhalten ist. Eine duodenale oder jejunale Ernährung erfolgt hingegen mit Infusionspumpen, die kontinuierlich mit konstanten oder pulsativen Pumpflusssystemen arbeiten.
Merke
Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) Die beste Technik der langfristigen enteralen Ernährung ist die PEG. (s. a. Kap. B-13.6 ).
Kontraindikationen sind: π Gerinnungsstörungen π Peritonitis π Ileus π Anorexia nervosa. Komplikationen sind selten und beinhalten vorwiegend lokale Infektionen (3–15 %) oder Schmerzen (10 %).
n Merke. Die Lage der Sonden sollte röntgenologisch kontrolliert bzw. dokumentiert werden, um eine Fehllage der Sonden (z.B. endotracheal) zu erkennen.
Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) Die beste Technik der langfristigen enteralen Ernährung ist die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG), die in Lokalanästhesie durchgeführt werden kann. Unter endoskopischer Sicht wird der Magen perkutan punktiert, ein Faden von außen eingeführt, vom Endoskop gefasst, herausgezogen und der Gastrostomiekatheter eingeführt, der an der Haut fixiert wird (s. Kap. B-13.6). Kontraindikationen sind: π Gerinnungsstörungen π Peritonitis π Ileus π Anorexia nervosa. Komplikationen sind selten und beinhalten vorwiegend lokale Infektionen (3–15 %) oder Schmerzen (10 %). Blutungen oder Fisteln sind sehr selten.
Katheterjejunostomie
Katheterjejunostomie
Diese Technik ist für eine längerfristige Ernährung geeignet und erfordert eine Laparotomie. Sie minimiert die Risiken der Fehllage und der intraperitonealen Leckage. Eine weitere Indikation ist die frühe enterale Ernährung postoperativ.
Diese Technik ist für eine längerfristige Ernährung geeignet und erfordert eine Laparotomie, um den Katheter durch einen etwa 10 cm langen submukösen Tunnel im Jejunum zu platzieren. Die Technik minimiert die Risiken der Fehllage und der intraperitonealen Leckage. Als weitere Indikation wird die frühe enterale Ernährung postoperativ z.B. nach Ösophagusresektionen oder bei polytraumatisierten Patienten, die laparotomiert wurden, angesehen.
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7.3.5 Frühe enterale Ernährung 7.3.4
Komplikationen
Bei den Komplikationen der enteralen Ernährung sind sondenbedingte von sondenkostassoziierten zu unterscheiden. Sondenbedingte Komplikationen sind: π Reflux in den Magen bei enteralen Sonden π Säurereflux bei Kardiainsuffizienz durch gastrale Sonden π Retention der Kost im Magen, Regurgitation, Erbrechen, Aspirationsgefahr π Sondenperforation. Ein Fremdkörpergefühl im Rachen ist für wache Patienten oft störend. Sondenkostassoziierte Komplikationen sind: π Durchfälle durch osmotischen Reiz (z.B. bei chemisch definierten Diäten) oder durch mangelnde Verträglichkeit der Bestandteile π hyperosmolar oder hyponatriämisch wirkende Flüssigkeitsverluste in den Darm durch konzentrierte Sondenkost.
7.3.5
Frühe enterale Ernährung
Eine frühzeitige enterale Ernährung, schrittweise ab dem 1. posttraumatischen Tag begonnen, reduziert den Hypermetabolismus im Postaggressionsstoffwechsel, erhält die normale Darmschleimhaut, verhindert dadurch eine Mukosaatrophie und kann die Rate infektiöser Komplikationen senken. Studien zeigten diese Effekte bei schwerverletzten, polytraumatisierten Patienten. Eine Indikation kann sich jedoch auch postoperativ z.B. nach Ösophagusresektionen ergeben. Als Zugangsweg bietet sich die Katheterjejunostomie bei einer Laparotomie an. Eine möglichst frühzeitige posttraumatische oder postoperative, wenn auch nur partielle enterale Ernährung als natürliche Art der Nahrungsaufnahme zeigt gegenüber der totalen parenteralen Ernährung eindeutige Vorteile, die sich in einer Reduktion von Komplikationen ausdrücken. Ein positiver Effekt durch Zusatz von immunstimulierenden Substanzen wie Arginin, Ribonukleinsäure oder v-3-Fettsäuren wird in klinischen Studien überprüft.
7.3.4 Komplikationen Komplikationen der enteralen Ernährung sind zum einen Retention und Reflux der Kost mit Aspirationsgefahr (sondenbedingte Komplikationen) und zum anderen Durchfälle oder Flüssigkeitsverluste in den Darm (sondenkostassoziierte Komplikationen).
7.3.5 Frühe enterale Ernährung Eine frühzeitige enterale Ernährung reduziert den Hypermetabolismus im Postaggressionsstoffwechsel, erhält die normale Darmschleimhaut, verhindert dadurch eine Mukosaatrophie und kann die Rate infektiöser Komplikationen senken.
Die Vorteile zeigen sich in einer Reduktion von Komplikationen.
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143
Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
8
8
Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
Blutgerinnung und Fibrinolyse
Hans-Dietrich Bruhn 8.1
Blutgerinnung und Fibrinolyse
8.1
8.1.1
Physiologie
8.1.1 Physiologie
Unter den Bedingungen der Gesundheit garantiert ein gut funktionierendes Gerinnungssystem eine rasche und wirkungsvolle Stillung einer Blutung nach Verletzungen. 1 A-8.1 zeigt, dass hierbei sowohl die Faktoren des endogenen als auch die Faktoren des exogenen Gerinnungssystems wirksam werden. Bei einer Verletzung wird vor allem das exogene Gerinnungssystem durch Freisetzung von Gewebethromboplastin aktiviert. Das Gewebethromboplastin aktiviert zusammen mit Faktor VII seinerseits den Faktor X zu Faktor Xa, der wiederum zusammen mit Kalziumionen und Faktor V das Prothrombin in das Gerinnungsenzym Thrombin umwandeln kann, welches die proteolytische Abspaltung von Fibrinopeptid A und B vom Fibri-
1 A-8.1
Bei Stillung einer Blutung nach Verletzungen werden sowohl die Faktoren des endogenen als auch die Faktoren des exogenen Gerinnungssystems wirksam ( 1 A-8.1).
Synopsis Schematische Darstellung des endogenen und exogenen Gerinnungssystems
exogene Aktivierung
endogene Aktivierung
Verletzung
gerinnungsaktive Oberfläche
Ca 2+ XIIa Gewebethromboplastin VII a
XI a
IXa
VII
Ca 2+- VIIa-P-Lip
X
XII
XI
IX
P-Lip-Ca 2+- IXa-VIIIa
VIII
Xa
Fibrinbildung P-Lip-Ca 2+- Xa-Va
II Prothrombin
V
IIa Thrombin
XIII
Fibrinogen
Fibrinmonomer
XIIIa vernetztes Fibrin
Fibrinopeptide
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144 Eine katalytische Beschleunigung der Reaktionen des exogenen Gerinnungssystems erfolgt durch Gewebethromboplastin, die des endogenen Gerinnungssystems durch Phospholipide aus Thrombozyten (Thrombozytenfaktor 3) ( 2 A-8.1).
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie nogenmolekül bewirkt und dadurch die Bildung von Fibrin induziert. Dieses Fibrin wird in Form seiner Fibrinmonomere durch Faktor XIII zu einem festen Fibringerinnsel verknüpft und dadurch stabilisiert. Das endogene Gerinnungssystem kann auch ohne äußerliche Aktivierung des Faktors XII zu Faktor XIIa an einer entsprechenden gerinnungsaktiven Oberfläche, z.B. im Bereich einer Arterienwandveränderung durch Arteriosklerose aktiviert werden. Der Faktor XIIa aktiviert seinerseits nun den Faktor XI zu XIa, der wiederum den Faktor IX zu IXa, der wiederum Faktor VIII zu Faktor VIIIa, der schließlich – wie schon im exogenen Gerinnungssystem besprochen – Faktor X zu Faktor Xa aktivieren kann. Während im exogenen Gerinnungssystem das Gewebethromboplastin (welches biochemisch ein Lipoprotein darstellt) eine katalytische Funktion ausübt, ist im endogenen Gerinnungssystem die Freisetzung von Phospholipiden aus Thrombozyten (Thrombozytenfaktor 3) katalytisch und damit beschleunigend für den Reaktionsablauf wirksam. Üblicherweise wirken die entscheidenden Gerinnungsfaktoren als Enzyme (Proteinasen) ( 2 A-8.1).
2 A-8.1
Gerinnungsfaktoren: enzymatische Klassifizierung
N Enzyme n π
π
Proteinasen F II Prothrombin F VII Prokonvertin F IX Christmas-Faktor FX Stuart-Faktor
ƒ © ª
Prothrombinkomplex
F XI F XII PK
ƒ © ª
Kontaktfaktoren
Plasma-Thromboplastin-Antezedens Hagemann-Faktor Präkallikrein
Transglutaminase F XIII fibrinstabilisierender Faktor (FSF)
N Kofaktoren n FV Proakzelerin F VIII antihämophiles Globulin HMW-K hochmolekulares Kininogen N Katalysatoren n Kalziumionen Phospholipide Gewebefaktor (TF) Thrombozyten N Substrate n FI
Die Regulation der Blutgerinnung erfordert das Zusammenwirken verschiedener Elemente ( 2 A-8.2). Die Regulation der Blutgerinnung soll dafür sorgen, dass nur eine erwünschte Gerinnselbildung eintritt (z.B. Blutstillung während einer Operation), eine unerwünschte Gerinnselbildung (Thrombosebildung) nicht stattfindet. 2 A-8.3 gibt einen Überblick über die Inhibitoren des Hämostasesystems.
Fibrinogen
Die Regulation der Blutgerinnung (Regulation der Hämostase) erfordert ein Zusammenwirken von Gerinnungsfaktoren (Proteinasen), Kofaktoren, katalytisch wirksamen Phospholipiden und Hemmkörpern der Blutgerinnung (z.B. Heparin, aktiviertes Protein C, exogener Pathway-Inhibitor) ( 2 A-8.2). So erwünscht eine effiziente Blutstillung unter den Bedingungen einer Verletzung während einer Operation ist, so unerwünscht ist eine unkontrolliert und überschießend ablaufende Blutgerinnung, welche die Gefahr einer unerwünschten Gerinnselbildung, d.h. Thrombosebildung beinhalten würde. Hier müssen also hemmende Mechanismen eingreifen, die eine unkontrollierte Gerinnselbildung verhindern. Die wichtige Funktion der Inhibitoren der plasmatischen Gerinnung ist hierin begründet. 2 A-8.3 gibt einen Überblick über die Proteinaseinhibitoren des Hämostasesystems. Allen voran ist hier der globale Gerinnungshemmkörper Antithrombin III anzuführen, der die Faktoren des endogenen Gerinnungsweges hemmen kann.
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145
8.1.1 Physiologie
2 A-8.2
Regulation der Hämostase, Regulationsproteine und Regulationsmechanismen
Steuerungselemente N Proteinasen n (PK, F XII, XI, X, IX, VII, II) N Kofaktoren n (F πVa, F VIIIa)
π
N exogener Pathway-Aktivator n (TF-F VII/F VIIa)
2 A-8.3
π
π
N Phospholipide n π F II-Aktivator (Prothrombinase) π F X-Aktivator π Phospholipasen
PK = Präkallikrein;
Regulation durch
π
Wirkungsprinzip
Proteinaseinhibition z.T. mit Heparin als Kofaktor aktiviertes Protein C Proteinase Annexine (Ca2+ -abhängige Lipidbindung)
π
Neutralisation der Proteinasen
π
proteolytische Inaktivierung
π
π
π
EPI (exogener Pathway-Inhibitor)
TF = Gewebefaktor, als Lipidkomplex (Thromboplastin);
π
Verdrängung des Prothrombinkomplexes Hemmung der ThromboxanBildung gekoppelte Neutralisation von F Xa und TF-F VII/F VIIa
F = Gerinnungsfaktor
Regulation der Hämostase, Proteinaseinhibitoren
Proteinaseinhibitoren
Wirkungsspektrum
N Antithrombin III (Heparin-Kofaktor I) n
Faktoren des endogenen Gerinnungsweges
N C1-Inaktivator n
Faktoren der Kontaktphase
N a 2 -Makroglobulin n
polyvalent
N Heparin-Kofaktor II n
Thrombin
N Kunitz-Inhibitor (aus Thrombozyten und Hep-G2-Zellen n isoliert, MG 120 kD)
F XIa, Thromboplastin-Antezedens
N hochmolekulares Kininogen (HMW-K) n
SH-Proteinaseninhibitor
Ein weiteres wichtiges proteolytisches System übt seine Kontrollfunktion im Hinblick auf das unerwünschte Auftreten von Gerinnseln dadurch aus, dass es diese Gerinnsel sofort nach ihrer Entstehung proteolytisch wieder abbaut: Es handelt sich um das System der Fibrinolyse mit seinem Enzym Plasmin, welches aus dem Proenzym Plasminogen entsteht, und welches in der Lage ist, Fibringerinnsel proteolytisch abzubauen. 1 A-8.2 zeigt schematisch die Umwandlung von Plasminogen zu Plasmin durch einen entsprechenden Aktivator (u-PA = urokinaseähnlicher Plasminogen-Aktivator). Aber auch Faktor XIIa sowie Kallikrein können Plasminogen aktivieren. Das dabei entstehende Plasmin räumt einerseits Blutgerinnsel auf, wirkt aber auch in Bereichen einer entzündlichen Reaktion, d.h. im Entzündungsfeld, proteolytisch bzw. thrombolytisch. Die Aktivierung von Plasminogen durch Urokinase beispielsweise wird durch einen Plasminogen-Aktivator-Inhibitor (= PAI, 1 A-8.2) gehemmt, sodass unter physiologischen Bedingungen keine überschießende Plasminogenaktivierung zustande kommen kann. Im Übermaß entstandenes Plasmin kann durch einen weiteren Inhibitor, nämlich durch a-Antiplasmin, ebenfalls gehemmt werden, um eine überschießende plasminvermittelte Proteolyse unter Kontrolle zu halten. Zusammenfassend ist also im Hinblick auf die Physiologie des Blutgerinnungs- und des Fibrinolysesystems festzuhalten, dass sowohl Aktivatoren als auch Inhibitoren beide Systeme je nach den Bedürfnissen der Aufrechterhaltung eines ungestörten Hämostasesystems im Dienste der Gesundheit des Gesamtorganismus beeinflussen und kontrollieren.
Das Fibrinolysesystem wirkt antagonistisch zum Gerinnungssystem, indem es ein einmal entstandenes Gerinnsel wieder proteolytisch durch Plasmin abbauen kann ( 1 A-8.2).
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146
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
1 A-8.2
Synopsis Schema der plasminvermittelten Proteolyse
Fibrinolyse
u-Pa Plasminogen
Plasmin PAI
Aktivierung von
Kollagenase Proteoglykanase
perizelluläre Proteolyse
• Zellmigration • Einschmelzung und Umbau von Gewebe • invasives Wachstum
u-Pa = urokinaseähnlicher Plasminogen-Aktivator PAI = Plasminogen-Aktivator-Inhibitor
8.1.2
Pathophysiologie
Bei einer Störung des Gleichgewichts der Hämostase kann es zu einer Blutungsneigung oder zu einer Thromboseneigung kommen.
Ursächlich sowohl für eine Blutungsneigung als auch für eine Thromboseneigung kommen Störungen des Thrombozytensystems, Störungen der Gerinnungsfaktoren, Gefäßwandstörungen und krankhafte Veränderungen des Fibrinolysesystems in Betracht ( 1 A-8.4). Folgende Trias der Thromboseentstehung formulierte Virchow (VirchowTrias): π gestörte Blutströmung π Gefäßwandschädigung π veränderte Blutzusammensetzung.
8.1.2
Pathophysiologie
Sobald es zu einer krankhaften Störung sowohl im System der Aktivatoren und Inhibitoren der plasmatischen Gerinnung als auch der Aktivatoren und Inhibitoren der Fibrinolyse kommt, kann es zu einer Blutungsneigung, aber auch zu einer Thromboseneigung kommen. Das Gleichgewicht der hämostaseologischen Regulation ist hierbei gestört, sodass entweder eine Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese) oder eine Thromboseneigung (thrombotische Diathese) resultiert. 1 A-8.4 zeigt schematisch, dass eine solche Blutungsneigung oder auch Thrombosierung bei Störungen des Thrombozytensystems, der Gerinnungsfaktoren, bei Gefäßwandstörungen und bei krankhaften Veränderungen des Fibrinolysesystems resultieren kann. Hinzu kommen noch Einflüsse des Herz-Kreislauf-Systems (z.B. Thromboseneigung bei verlangsamter Blutströmung) und der Blutviskosität (z.B. Thromboseneigung bei krankhaft erhöhter Erythrozytenzahl, beispielsweise auf dem Boden einer Polycythaemia vera). Der Pathologe Rudolf Virchow hat 1865 seine Trias der Thromboseentstehung formuliert: gestörte Blutströmung, Gefäßwandschädigung und Änderung der Zusammensetzung des Blutes führen danach zu einer Gerinnselbildung, die unerwünscht ist, das heißt zu einer »Blutstillung am falschen Orte«. Zwischenzeitlich sind unter modernen Gesichtspunkten all jene Ursachen einer Thrombose weitgehend definiert und charakterisiert worden, die aufgrund neuerer Untersuchungen zu berücksichtigen sind (s. S. 156 ff.). Wie 1 A-8.4 zeigt, ist eine Thromboseneigung auf dem Boden einer erheblichen Vermehrung der Thrombozytenzahl aber auch einer Steigerung der Thrombozytenfunktion möglich, eine Zunahme der Aktivitäten von Gerinnungsfaktoren (aber auch eine Abnahme von Hemmkörpern der Gerinnungsfaktoren) kann in gleicher Weise zur Thromboseneigung führen, wie eine verminderte fibrinolytische Aktivität (Hypofibrinolyse, angeboren oder erworben). Entzündliche (Endangiitis) oder degenerative (Arteriosklerose) Gefäßwandveränderungen bedingen ebenfalls eine Thromboseneigung. Verlangsamte Blutströmungsgeschwindigkeit (bei Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, bradykarden Herzrhythmusstörungen) führt ebenfalls zur Thromboseneigung. Eine gesteigerte Blutviskosität (Polyglobulie, Polycythaemia vera, Diuretika) bedingt in gleicher Weise eine thrombotische Diathese. Im chirurgischen Bereich sind folgende Risikofaktoren, besonders für das venöse Thromboembolierisiko, relevant: bekannte Varikosis, früher schon durchgemachte venöse Thrombosen (postthrombotisches Syndrom), fortge-
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8.1.2 Pathophysiologie schrittenes Lebensalter, Übergewicht, körperliche Immobilisierung, Operationen im Bereich besonders gerinnungsaktiver Gewebe (Lungenoperationen, Kolonchirurgie). Wie 1 A-8.4 zeigt, kann die Blutungsneigung einmal bedingt sein durch einen Thrombozytenmangel, aber auch durch eine Thrombozytenfunktionsstörung; ein Mangel an Gerinnungsfaktoren ist ebenso relevant für eine Blutungsneigung wie eine Zunahme von Gerinnungshemmkörpern (z.B. Heparin-Therapie oder Gerinnungshemmkörper bei Autoimmunerkrankung). Eine Hyperfibrinolyse (z.B. bei Prostatakarzinom, Leberzirrhose) bedingt ebenfalls eine Blutungsneigung. Eine Vasopathie (Gefäßwandfunktionsstörung) ist als Blutungsursache gleichfalls nach Ausschluss anderer Blutungsursachen zu diskutieren. Liegt ein Mangel an Gerinnungsfaktoren bzw. an einem Gerinnungsfaktor vor (plasmatisch bedingte hämorrhagische Diathese = Koagulopathie), so sind einerseits Synthesestörungen von Gerinnungsfaktoren zu diskutieren, wobei angeborene Synthesestörungen (Defektkoagulopathien) von erworbenen Koagulopathien (z.B. Störungen der Leberfunktion) zu unterscheiden sind. Von diesen Koagulopathien auf dem Boden einer Synthesestörung von Gerinnungsfaktoren ist ein Mangelzustand an Gerinnungsfaktoren als Folge einer Umsatzstörung zu unterscheiden. Bei manchen Zuständen einer verstärkten Aktivierung des Gerinnungssystems, beispielsweise infolge einer Sepsis mit Aktivierung und Zerfall der Thrombozyten, kommt es zu einer generalisierten Gerinnung, besonders im Bereich der Kapillaren (disseminierte intravaskuläre Koagulation). Diese generalisierte Gerinnung mit der Ausbildung von Mikrothrombosen besonders im Kapillarbereich (z.B. bei einer Sepsis) resultiert in einem verstärkten Verbrauch von Gerinnungsfaktoren. Dieser Verbrauch durch generalisierte Gerinnung wird auch als Verbrauchskoagulopathie bezeichnet, wobei also Mikrothromben im Bereich der Kapillaren einerseits und eine Blutungsneigung andererseits nachweisbar sind. Von der Pathophysiologie her liegt in diesen Fällen eine Umsatzstörung vor im Sinne der Verbrauchskoagulopathie (s. a. S. 152). Auf dem Boden einer Verbrauchskoagulopathie kann es zu einer reaktiven Hyperfibrinolyse mit zusätzlicher Inaktivierung von Fibrinogen und anderen Gerinnungsfaktoren kommen (s. S. 154). 1 A-8.3 zeigt Mikrothrombosen im Bereich der Niere, und zwar in Glomerulumkapillaren, die dort auf dem Boden einer Staphylokokken-Sepsis entstanden sind (Mikrothrombosen und Verbrauchskoagulopathie).
1 A-8.3
147 Auf chirurgischem Gebiet sind folgende Risikofaktoren für die Entstehung einer venösen Thrombose oder Embolie von Bedeutung: π Varikosis π früher schon einmal durchgemachte venöse Thrombosen π fortgeschrittenes Lebensalter π Übergewicht π körperliche Immobilisierung π Operationen im Bereich besonders gerinnungsaktiver Gewebe wie Lungen- und Kolonoperationen. Ursache einer Blutungsneigung können sein: π Thrombozytenmangel π Thrombozytenfunktionsstörung π Mangel an Gerinnungsfaktoren π Zunahme von Gerinnungshemmkörpern (z.B. Heparin, Gerinnungshemmkörper bei Autoimmunerkrankung) π Hyperfibrinolyse π Gefäßwandfunktionsstörung (Vasopathie). Bei den Synthesestörungen von Gerinnungsfaktoren (Koagulopathie) sind angeborene von erworbenen Ursachen zu unterscheiden. Durch generalisierte Gerinnung, besonders im Kapillarbereich mit der Ausbildung von Mikrothrombosen (z.B. bei einer Sepsis) resultiert ein Verbrauch von Gerinnungsfaktoren (= Verbrauchskoagulopathie, DIC) ( 1 A-8.3).
Mikrothromben in der Niere bei Staphylokokken-Sepsis mit Verbrauchskoagulopathie 23-jährige Patientin nach septischem Abort mit Staphylokokken-Sepsis: Die im Rahmen der disseminierten intravasalen Koagulation (DIC) entstandenen Mikrothromben befinden sich in den Glomerulumkapillaren. Durch HE-Färbung (Hämatoxylin-Eosin) wurde das thrombotische Material rot angefärbt.
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148 8.2
Pathologische Blutungsneigung
Merke
Mit dem sog. kleinen Gerinnungsstatus (Quickwert, PTT, Thrombinzeit, Thrombozytenzahl, Fibrinogenspiegel) wird präoperativ die Frage einer systemischen Blutungsursache abgeklärt.
Nicht erfasst werden: π Faktor-XIII-Mangel π Störung der Gefäßwandfunktion π Thrombozytenfunktionsstörungen (z.B. Von-Willebrand-JürgensSyndrom).
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
8.2
Pathologische Blutungsneigung
n Merke. Besonders bei der Blutungsneigung auf dem Gebiet der Chirurgie muss in jedem Einzelfall exakt differenziert werden, ob es sich um eine Blutung auf dem Boden einer lokalen Blutungsursache handelt, z.B. aus einem operativ eröffneten Blutgefäß, ob es sich um eine systemische Blutungsneigung durch einen Mangel an Gerinnungsfaktoren, durch einen Mangel an Thrombozyten, um eine durch gesteigerte fibrinolytische Aktivität (Hyperfibrinolyse) bedingte Blutungsneigung oder um eine Blutungsneigung durch Gefäßwandschaden handelt. Vor jedem chirurgischen Eingriff muss durch Analyse des sog. Gerinnungsstatus eine systemische Blutungsneigung zuverlässig ausgeschlossen werden, um ein intraoperatives Blutungsrisiko zu vermeiden!
Hierzu dient der sog. kleine Gerinnungsstatus, bei dem die Thromboplastinzeit (Quickwert) zur Analyse des exogenen Gerinnungssystems, die partielle Thromboplastinzeit (= PTT) zur Erfassung des endogenen Gerinnungssystems, die Thrombinzeit als Globaltest der Endphase des Gerinnungsablaufs sowie Fibrinogenspiegel und Thrombozytenzahl im Blut bestimmt werden. Durch Analyse dieses sog. kleinen Gerinnungsstatus werden die wichtigsten Blutungsursachen vor, während und nach einer Operation erfasst, sodass bei perioperativen Blutungen eine Aussage über deren Ursache (systemische oder lokale Blutungsursache, s.o.) gemacht werden kann. Nicht erfasst werden die folgenden Blutungsursachen: Faktor-XIII-Mangel (Mangel an fibrinstabilisierendem Faktor, FSF), Störung der Gefäßwandfunktion, bestimmte Thrombozytenfunktionsstörungen (z.B. Von-WillebrandJürgens-Syndrom mit seinem Mangel an Faktor-VIII-assoziiertem Protein). Hier sind dann zusätzliche Analysen in einem spezialisierten Gerinnungslaboratorium erforderlich!
Klinischer Fall Bei einem 18-jährigen Patienten wird eine Tonsillektomie wegen chronisch rezidivierender Tonsillitiden mit chronisch entzündlichen Veränderungen der Tonsillen durchgeführt. Die Blutstillung ist zunächst intraoperativ problemlos und scheinbar unauffällig. Postoperativ kommt es zu einer erheblichen Nachblutung. Eine zunächst befürchtete operative Eröffnung eines arteriellen Gefäßes der Nachbarschaft kann angiographisch ausgeschlossen werden. Der Gerinnungsstatus (Quick, PTT, Thrombinzeit und Fibrinogen) ist unauffällig. Die genauere Befragung ergibt jedoch eine Neigung zu Nachblutungen, auch nach Bagatellverletzungen. Angehörige des Patienten (Vater und ein Bruder) hatten bei vergleichbaren operativen Eingriffen schwerste Blutverluste Merke
Bei Blutungsnotfällen ist parallel zur Blutgruppe und zum Blutbild auch der Gerinnungsstatus bei Aufnahme des Patienten in eine chirurgische Abteilung sofort zu analysieren.
erlitten. Eine spezielle Gerinnungsanalyse zeigt dann einen Faktor-XIII-Mangel von 5 % der Norm, der durch den normalen Gerinnungsstatus nicht erfasst worden war. Eine bessere Erhebung der Blutungsvorgeschichte hätte zweifellos zu einer genaueren präoperativen Analyse des Gerinnungsstatus geführt. Typisch für den Faktor-XIII-Mangel ist intraoperativ eine zunächst scheinbar regelrechte Blutstillung, der dann jedoch erhebliche Nachblutungen folgen. Therapeutisch ist die Substitution des Faktors XIII durch entsprechende Hochkonzentrate, die schon präoperativ verabreicht werden, jederzeit möglich. Darüber hinaus können auch Fibrinolysehemmer zusätzlich therapeutisch eingesetzt werden.
n Merke. Grundsätzlich gilt als oberste Regel vor geplanten operativen Eingriffen, dass der Patient genau befragt werden muss, ob er an einer Blutungsneigung leidet, d.h. ob er schon bei Bagatellverletzungen oder sogar spontan in früheren Jahren geblutet hat, ob bei früheren Operationen schon eine unerwünschte verstärkte Blutungsneigung beobachtet wurde, oder ob in der Familie des Patienten Familienmitglieder mit einer verstärkten Blutungsneigung bekannt sind.
Bei Notfällen mit starkem Blutverlust (z.B. offene schwere Oberschenkelfraktur, traumatologische Patienten nach schweren Unfällen) ist bei der Klinikaufnahme sofort parallel zur Blutgruppe und zum Blutbild auch der Gerinnungsstatus zu analysieren und – soweit möglich – die Blutungsvor-
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149
8.2.1 Störungen der Gerinnungsfaktoren geschichte zu erfragen (bei Bewusstlosen müssen Angaben der Angehörigen und die Ergebnisse des sofort ermittelten Gerinnungsstatus verwertet werden). In den ersten Stunden nach einem starken Blutverlust stellen Hb- und Hkt-Wert keine verlässlichen Werte zur Beurteilung des tatsächlichen Ausmaßes der Blutung dar. Auch nach der derzeitigen Rechtsprechung wird von einem Chirurgen erwartet, dass er präoperativ die Frage abklärt, ob eine Blutungsneigung besteht bzw. ob der vorgesehene operative Eingriff duch eine Blutungsgefahr kompliziert werden könnte. Liegen entsprechende Analysen nicht vor, und kommt es intraoperativ oder postoperativ zu einer schweren Blutung mit Komplikationen (z.B. Schocksyndrom) als Folge einer bis dahin nicht erkannten Blutungsneigung, so wird dem Operateur zur Last gelegt werden, dass er sich nicht schon präoperativ über das Vorliegen einer Blutungsneigung anhand entsprechender Gerinnungsanalysen informiert hat. Sowohl für den Chirurgen als auch für den Anästhesisten gehört also der Gerinnungsstatus zu den unverzichtbaren präoperativen Analysen, welche der Feststellung der Operabilität eines Patienten dienen! Nachfolgend abgehandelte Ursachen einer systemischen Blutungsneigung müssen – nach Ausschluss einer lokalen Blutungsursache – jeweils differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden ( 1 A-8.4).
1 A-8.4
Der Gerinnungsstatus gehört zu den unverzichtbaren präoperativen Analysen zur Klärung der Operabilität eines Patienten. 1 A-8.4 führt die Ursachen einer systemischen Blutungsneigung auf.
Synopsis Schematische Darstellung der Ursachen einer Blutungsund Thromboseneigung
Blutungsneigung
Thromboseneigung Thrombozyten Gerinnungsfaktoren Gefäßwand Fibrinolyse
Blutungsneigung durch: π verminderte Thrombozytenzahl oder -funktion ( ) π verminderte oder nicht funktionierende Gerinnungsfaktoren ( ) π Gefäßwandstörungen ( ) π Hyperfibrinolyse ( ). Thromboseneigung durch: erhöhte Thrombozytenzahl oder -funktion ( ) π erhöhte Gerinnungsfaktorenkonzentration oder Faktorenaktivierung ( ) π thrombogene Gefäßwandfunktion (Arteriosklerose, Endangiitis), ( ) π verminderte Fibrinolyse ( ). π
8.2.1
Störungen der Gerinnungsfaktoren
Defektkoagulopathien
8.2.1
Störungen der Gerinnungsfaktoren Defektkoagulopathien
Ein Mangel an Gerinnungsfaktoren kann angeboren oder erworben auftreten.
Ein Mangel an Gerinnungsfaktoren kann angeboren oder erworben auftreten.
Angeborene Defektkoagulopathien
Angeborene Defektkoagulopathien
Angeborene Mangelzustände an einem Gerinnungsfaktor sind z.B. die Hämophilie A (Mangel an Faktor VIII), die Hämophilie B (Mangel an Faktor IX) und die Hämophilie C (Mangel an Faktor X). Als Suchtest für diese Hämophilien kann die partielle Thromboplastinzeit (PTT) zum Einsatz kommen.
Angeborene Mangelzustände an einem Gerinnungsfaktor (z.B. Hämophilie A = Mangel an Faktor VIII, Hämophilie B = Mangel an Faktor IX) sind durch die
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150 Vorgeschichte des Patienten (Blutungsneigung in frühester Jugend) und durch die Familienvorgeschichte zu erfassen. Beim Fehlen des Faktor-VIII-assoziierten Proteins liegt das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom als Blutungsursache vor, wobei die Symptomatologie durch Kombination des hämophilen mit dem petechialen Blutungstyp charakterisiert ist.
Charakteristisch für den Blutungstyp bei Hämophilie sind Gelenkblutungen, intraperitoneale Blutungen, Blutungen im Mund- und Nierenbereich, zerebrale Blutungen usw. Der angemessene Ersatz (Substitution) eines fehlenden Gerinnungsfaktors z.B. bei einer Hämophilie orientiert sich am Körpergewicht des Patienten und an der für die Durchführung einer Operation als notwendig erachteten Anhebung der Faktorenaktivität im Patientenplasma bzw. -blut.
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie Bei deutlicher Verlängerung der PTT muss dann die jeweilige Einzelfaktorenanalyse (Faktor-VIII-Aktivität, Faktor-IX-Aktivität, Faktor-X-Aktivität) folgen. Im Allgemeinen wird die individuelle Vorgeschichte des Patienten oder die Familienvorgeschichte Hinweis auf eine angeborene Blutungsneigung bei diesen Hämophilien geben. Aber auch alle anderen Gerinnungsfaktoren können grundsätzlich von Geburt an stark vermindert sein oder gar fehlen (Fibrinogen, Faktor II, Faktor V, Faktor VII sowie die Faktoren XI, XII und Faktor XIII). Besonders hervorzuheben ist das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom, welches eine pathogenetisch uneinheitliche Blutungsneigung auf dem Boden eines Fehlens oder einer fehlerhaften Struktur des Von-Willebrand-Faktors (des Faktor-VIII-assoziierten Proteins) darstellt, wobei die Symptomatologie durch Kombination des hämophilen mit dem petechialen Blutungstyp charakterisiert ist. Charakteristisch für den Blutungstyp bei Hämophilie A und B sind vor allem Gelenkblutungen, aber auch intraperitoneale Blutungen (Differenzialdiagnose des akuten Abdomens), Blutungen im Mundbereich, Blutungen im Nierenbereich, zerebrale Blutungen usw. Präoperativ und bei Blutungskomplikationen ist bei Patienten mit Hämophilie A oder B oder C eine adäquate Substitution des fehlenden Gerinnungsfaktors durchzuführen. Die Dosierung erfolgt in Einheiten, wobei eine Einheit der mittleren Aktivität von 1 ml Normalplasma entspricht. Die erforderliche Initialdosis bei der Substitution wird aus der Formel A « G « F berechnet, wobei A den gewünschten Anstieg in Einheiten, G das Körpergewicht in Kilogramm und F einen Faktor bedeutet, der bei der Hämophilie A 0,6, bei der Hämophilie B 1,0 beträgt. Als Erhaltungsdosis wird die Hälfte der Initialdosis bei Hämophilie A alle 6–12 Stunden, bei Hämophilie B alle 12–14 Stunden verabreicht (bedingt durch die unterschiedlichen Halbwertszeiten der verabreichten Gerinnungsfaktoren). Kontrollen der Faktoren-Blutspiegel bzw. der partiellen Thromboplastinzeit sind parallel zur Substitution erforderlich. Das gilt auch für die seltene Hämophilie C, bei der mit einem Prothrombinkonzentrat der erforderliche Faktor X substituiert wird. Dabei dürfen nur virusinaktivierte Substitutionspräparate verwendet werden! Die Übertragung der Hepatitis B sowie der Hepatitis C und der HIV-Infektion durch infektiöse Faktor-VIII- bzw. Faktor-IX-Präparate sollte auf jeden Fall durch Auswahl geeigneter virusinaktivierter Faktorenpräparationen vermieden werden. Bei der Hämophilie A oder B sind bei Gelenkblutungen und kleinen Hämatomen Faktor-VIII- bzw. Faktor-IX-Aktivitäten von 5–15 % zu erzielen, bei Zahnextraktionen und kleinen chirurgischen Eingriffen sollten 30–40 % Faktor-VIII- bzw. Faktor-IX-Aktivität im Blut erreicht werden, bei Mundhöhlenblutungen, gastrointestinalen Blutungen sowie bei Schädeltraumata müssen 50–80 % Faktorenaktivität erzielt werden und bei großen chirurgischen Eingriffen sollte die Faktorenaktivität 100 % betragen! Kleinere Eingriffe wie Zahnextraktionen (1–2 Zähne) können auch durch zusätzlichen Einsatz eines Antifibrinolytikums (z.B. Tranexamsäure; s. S. 154) im Hinblick auf das Blutungsrisiko optimiert werden.
Erworbene Defektkoagulopathien
Erworbene Defektkoagulopathien
Von den angeborenen müssen die erworbenen Defektkoagulopathien abgegrenzt werden. Blutungen vom Hämophilie-Typ werden durch Störungen der Leberfunktion verursacht.
Von den angeborenen müssen die erworbenen Defektkoagulopathien abgegrenzt werden. Blutungen vom Hämophilie-Typ werden durch Störungen der Leberfunktion verursacht. Diese führen in Abhängigkeit von ihrem Schweregrad zu komplexen Gerinnungsstörungen. Am empfindlichsten reagieren bei gestörter Leberfunktion die Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren VII, IX, X und II sowie Protein C und Protein S, sodass aus dem Verhalten dieser Gerinnungsfaktoren Rückschlüsse auf die Intensität der Leberschädigung gezogen werden können. Bei schweren Leberparenchymschäden kommen dann auch Verminderungen der übrigen Gerinnungsfaktoren, besonders des Faktors V und des Antithrombin III, gelegentlich auch des Fibrinogens vor. Die Kontrolle des Plasmaspiegels der Faktoren II, V, VII und X kann mit Hilfe des Quickwerts erfolgen, der Faktor-IX- und Faktor-X-Mangel werden auch anhand der PTT-Verlängerung empfindlich erfasst. Bei schweren Leberfunktionsstörungen kann auch das Antithrombin III substitutionsbedürftig werden. Bei niedrigen AT-III-Werten (Normwert 70–120 %)
Bei schweren Leberschäden kommt es zur Verminderung der Gerinnungsfaktoren II, V, VII, IX und X sowie zu einem Abfall von Antithrombin III. Ein alimentärer oder antibiotikabedingter Vitamin-K-Mangel führt zum Abfall der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X.
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8.2.1 Störungen der Gerinnungsfaktoren besteht ein erhöhtes Thromboserisiko. Heparin benötigt zur Entfaltung einer antithrombotischen Wirkung AT III als Kofaktor. Ein alimentärer Vitamin-K-Mangel kann zu vergleichbaren Mangelzuständen der Faktoren II, VII, IX und X führen infolge einer totalen parenteralen Ernährung, bei gestörter Resorption, bei heftigen Durchfällen, bei Malabsorptionssyndromen jeder Genese, bei Gallengangsverschluss und Änderungen der Darmflora durch Antibiotika. Hier ist dann der Versuch einer oralen Substitution mit Vitamin K1 (10–20 mg) zu machen. n Merke. Die intravenöse Vitamin-K-Applikation (KonakionQ) kann zu schweren allergischen Reaktionen führen und sollte daher Notfällen sowie Intensivpatienten mit totaler parenteraler Ernährung vorbehalten bleiben. Die Injektion sollte unter Bereithaltung von Antihistaminika, Kortison und Notfallmedikamenten langsam erfolgen.
Vitamin-K-Antagonisten (Cumarinderivate wie z.B. MarcumarQ) blockieren die Vitamin-K-abhängige Karboxilierung der Faktoren II, VII, IX und X in der Leber und führen zum Absinken dieser Faktoren im Plasma. Die orale Antikoagulation auf dem Boden einer oralen Cumarinapplikation ist also auch durch den Quickwert zu überwachen ( 1 A-8.5) (s. S. 166).
1 A-8.5
Merke
Vitamin-K-Antagonisten (Cumarinderivate) führen zum Absinken (Abnahme der Funktionsfähigkeit) der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X im Plasma (Kontrolle durch Quickwertanalyse) ( 1 A-8.5) (s. S. 166).
Hämatombildung bei Cumarinlangzeitbehandlung Hämatombildung am Oberschenkel nach Bagatelltrauma bei Langzeitbehandlung mit Cumarinen (Quickwert des Patienten zum Zeitpunkt der Traumatisierung 12 %).
Patienten, die unter einer oralen Antikoagulation mit Cumarinderivaten stehen, die einen schweren Unfall oder einen anderen akuten Blutungsnotfall erleiden, bedürfen der sofortigen Unterbrechnung der Wirkung dieser oralen Antikoagulation vom Cumarintyp, indem intravenös entsprechende Faktorenkonzentrate appliziert werden, welche die abgesenkten Faktoren II, VII, IX und X in ausreichender Menge enthalten (z.B. PPSB = Prothrombin, Proconvertin, Stuart-Faktor B). Der Effekt der Substitution muss anhand des Faktoranstieges, hier am besten durch Analyse des Quickwerts, dokumentiert werden. n Merke. Vor einer geplanten Operation muss die Cumarinbehandlung so rechtzeitig abgesetzt werden, dass am Operationstag ein Quickwert von mindestens 40 % erreicht wird, wobei dann überlappend sicherheitshalber niedrig dosiertes Heparin appliziert wird (in niedriger prophylaktischer Dosierung von ca. 15 000–20 000 Einheiten Heparin intravenös als Dauerinfusion). Eine Steuerung dieser überlappenden Heparinprophylaxe mit der partiellen Thromboplastinzeit (PTT) ist unverzichtbar.
Bei schweren Verletzungen bzw. Blutungen während einer oralen Antikoagulation mit Cumarinderivaten ist die sofortige Normalisierung des Gerinnungsstatus durch Substitution der Faktoren II, VII, IX und X (z.B. PPSB) notwendig.
Merke
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8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
Bei Patienten, die unter einer Heparinbehandlung stehen, kann die entsprechende Blutungsneigung durch intravenöse Applikation von Protaminchlorid neutralisiert werden (s. S. 165).
Bei Patienten, die unter einer Heparinbehandlung stehen, kann die entsprechende Blutungsneigung durch intravenöse Applikation von Protaminchlorid neutralisiert werden. Die Heparinwirkung wird anhand der Verlängerung der Thrombinzeit und der partiellen Thromboplastinzeit (PTT) erkannt. Nach Neutralisation durch Protaminchlorid müssten diese beiden Parameter sich dann wieder normalisieren (s. S. 165).
Immunkoagulopathien
Immunkoagulopathien
Immunkoagulopathien entstehen durch Antikörper gegen Gerinnungsfaktoren oder Thrombozyten bei Autoimmunerkrankungen (LE, rheumatoide Arthritis). Diese sog. Hemmkörperhämophilien werden mit Prednisolon oder Cyclophosphamid, ggf. auch durch Plasmapherese behandelt.
Immunkoagulopathien werden durch Antikörper (IgG oder IgM) verursacht, die entweder einen Gerinnungsfaktor oder einen Rezeptor an der Thrombozytenmembran, der für einen Gerinnungsfaktor wirksam ist, inaktivieren. Ursächlich handelt es sich häufig um Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes (LE), rheumatoide Arthritis usw. Man spricht auch von einer Hemmkörperhämophilie. Nach längerer Substitution mit Faktor-VIII- oder Faktor-IX-Konzentraten können auch bei Patienten mit Hämophilie A oder Hämophilie B Hemmkörper entstehen, die mit Prednisolon oder Cyclophosphamid, in schweren Fällen auch durch Plasmapherese, zu behandeln sind.
Verbrauchskoagulopathie, disseminierte intravaskuläre Koagulation (DIC)
Verbrauchskoagulopathie, disseminierte intravaskuläre Koagulation (DIC)
Definition
n Definition. Hierbei handelt es sich um eine Umsatzstörung im Sinne eines erhöhten Umsatzes an Gerinnungsfaktoren auf dem Boden einer intravasalen Gerinnungsaktivierung mit resultierender Thrombose- und Blutungsneigung. Wie schon im Kap. Pathophysiologie (s. S. 146) dargestellt, kommt es hierbei zur Ausbildung von Mikrothromben und Mikrozirkulationsstörungen mit Organnekrosen und einem Schocksyndrom.
Ätiologie. In der Chirurgie kommen DIC besonders nach schweren Unfällen und Sepsis vor.
Ätiologie. Auf dem Gebiet der Chirurgie kommen charakteristische Verbrauchskoagulopathien besonders nach schweren Unfällen (traumatologische Patienten) und bei Sepsis vor. Aufgrund der generellen Heparinprophylaxe sind heutzutage große chirurgische Eingriffe meist keine Ursache mehr für die Entstehung einer Verbrauchskoagulopathie.
Symptome. Bei Autounfällen kann es durch Muskelquetschungen und Zerreißungen parenchymatöser Organe zur Freisetzung von Thromboplastin kommen. Folge ist letztendlich eine DIC. Bei einer Sepsis schädigen die Erreger die Thrombozyten, wodurch diese ihr gerinnungsaktives Material (PF 3) freisetzen und eine DIC resultiert (s. 1 A-8.3).
Symptome. Bei schweren Autounfällen kommt es z.B. zu Muskelquetschungen und Zerreißungen parenchymatöser Organe mit der Freisetzung von Thromboplastin, sodass eine generalisierte Gerinnungsaktivierung mit der Ausbildung einer Verbrauchskoagulopathie und dem Bild einer disseminierten intravaskulären Koagulation (DIC) resultiert. Bei schweren eitrigen Prozessen mit resultierender Sepsis können die Eitererreger (z.B. Staphylokokken) die zirkulierenden Thrombozyten schädigen, sodass diese Thrombozyten ihr gerinnungsaktives Material (Phospholipide = Plättchenfaktor 3, PF 3) freisetzen. Es resultiert eine generalisierte Gerinnungsaktivierung mit der Folge einer schweren Verbrauchskoagulopathie (s. 1 A-8.3).
Diagnose. Sie orientiert sich am π Abfall der Thrombozytenzahl π Abfall des AT III π Abfall des Fibrinogenspiegels π gleichzeitigen Anstieg der Thrombinmarker ( 1 A-8.6).
Diagnose. Die Diagnose einer akuten Verbrauchskoagulopathie gründet sich einerseits auf dem rasch (innerhalb weniger Stunden) erfolgenden Abfall der Thrombozytenzahl, des Antithrombin III und ggf. auch des Fibrinogenspiegels bei gleichzeitigem Anstieg der Thrombinmarker (Fibrinopeptid A, Thrombin-Antithrombin-III-Komplexe [TAT] und Fibrinmonomere = Fibrinspaltprodukte). Diese sog. Thrombinmarker, welche die Anwesenheit von Thrombin höchst empfindlich nachzuweisen gestatten, gelten heutzutage als die empfindlichsten Parameter zum Nachweis einer Verbrauchskoagulopathie ( 1 A-8.6).
Prophylaxe. Die Prophylaxe der Verbrauchskoagulopathie erfolgt durch Heparingabe, ggf. durch Substitution von Antithrombin III.
Prophylaxe. Zur Prophylaxe einer Verbrauchskoagulopathie ist eine recht-
zeitige Heparingabe – soweit möglich – anzustreben. Beim Abfall von Antithrombin III (= Kofaktor von Heparin) und gleichzeitigem Anstieg der Thrombinmarker als Ausdruck der Thrombinämie ist ebenfalls Antithrombin III zu substituieren.
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153
8.2.1 Störungen der Gerinnungsfaktoren
1 A-8.6
Synopsis Diagnostische Hinweise auf eine DIC
Plasmakonzentration Fibrinopeptid A TAT Fibrinmonomere
Thrombozytenzahl Antithrombin III Fibrinogen 1
2
3
h
Für eine disseminierte intravasale Koagulation (DIC = Verbrauchskoagulopathie) ist das sog. »Kreuzungsphänomen« charakteristisch: Thrombozytenzahl, Fibrinogen- und Antithrombin-III-Konzentration fallen ab, die Thrombinmarker (Fibrinopeptid A, Thrombin-Antithrombin III-Komplexe = TAT, Fibrinmonomere) steigen als Hinweis auf das generalisierte intravaskuläre Gerinnungsgeschehen an.
π Chronische Verbrauchskoagulopathien: Sie finden sich bei malignen Tumoren, wobei die Verbrauchskoagulopathien durch operative Eingriffe akzentuiert werden können, ebenfalls durch Strahlentherapie und durch Chemotherapie. Auch hier sind die Thrombinmarker als Nachweismethode sehr empfindlich und können zur Dokumentation dieses Zustandsbildes eingesetzt werden. Der Wert einer Heparinprophylaxe der chronischen Verbrauchskoagulopathie auf dem Boden maligner Prozesse wird je nach Tumorart und Krankheitsverlauf unterschiedlich beurteilt.
n Merke. Gelegentlich kann es auf dem Boden einer Verbrauchskoagulopathie über besondere biochemische Mechanismen (z.B. über das Kontaktsystem der Blutgerinnung mit seinem Faktor XII) zur Aktivierung des Fibrinolysesystems mit einer Hyperfibrinolyse kommen.
Chronische Verbrauchskoagulopathien: Sie finden sich bei malignen Tumoren und können durch Operationen, Strahlen- und Chemotherapie akzentuiert werden.
π
Merke
Hier kann das metastasierende Prostatakarzinom als Beispiel angeführt werden. Bei schweren Hyperfibrinolysen auf dem Boden chronischer Verbrauchskoagulopathien ist besonders die Behandlung der Ursache der Verbrauchskoagulopathie anzustreben, also die operative oder chemotherapeutische Beeinflussung des Prostatakarzinoms. Fibrinolysehemmer bringen keinen Erfolg und können sogar die Verbrauchskoagulopathie gefährlich verstärken. Heparin kann in vorsichtiger niedriger Dosierung indiziert sein.
Hyperfibrinolysen finden sich z.B. beim Prostatakarzinom. Operationen oder Chemotherapie des Prostatakarzinoms können die DIC günstig beeinflussen.
Therapie. Durch Beseitigung der Ursache einer Verbrauchskoagulopathie ist die beste therapeutische Möglichkeit zur Beseitigung der Verbrauchskoagulopathie gegeben. Wird z.B. bei Vorliegen einer Sepsis durch eine entsprechende erfolgreiche Antibiotikabehandlung die Sepsis beseitigt, evtl. die Sepsisursache (z.B. eine vereiterte Gallenblase bei Cholezystolithiasis) erfolgreich operativ entfernt, so verschwinden die Symptome der Verbrauchskoagulopathie, der Gerinnungsstatus normalisiert sich wieder. Auch
Therapie. Die durch Sepsis hervorgerufene DIC kann durch eine erfolgreiche Antibiose beseitigt werden. Auch die operative Entfernung eines bösartigen Tumors kann eine bestehende DIC positiv beeinflussen.
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Zusätzliche symptomatische Maßnahmen wie die Substitution von AT III bei dessen Abfall in Kombination mit Heparin können zur Normalisierung des Gerinnungsstatus führen. Eine Fibrinolysetherapie zur Beseitigung vorhandener Mikrothrombosen der Lunge bei ARDS kann erfolgreich sein.
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie durch vollständige operative Entfernung eines bösartigen Tumors (z.B. eines Kolonkarzinoms) kann die chronische Verbrauchskoagulopathie auf dem Boden des Karzinoms erfolgreich zum Verschwinden gebracht werden. Neben der Beseitigung der Ursache einer Verbrauchskoagulopathie sind weiterhin symptomatische Maßnahmen zusätzlich bei der Behandlung manchmal von entscheidender Bedeutung. Beim Abfallen des wichtigsten Gerinnungsfaktors, des Antithrombin III, auf dem Boden einer Verbrauchskoagulopathie kann durch Substitution des Antithrombin III (Dosierung: z.B. Kybernin HSQ initial 1000 IE als Bolus i.v.) und gleichzeitiger Heparingabe (Dosierung: Low-dose-Heparinisierung mit ca. 400 IE/h über Perfusor i.v.; engmaschige TZ- und PTT-Kontrolle, ggf. Dosisreduktion) der Gerinnungsstatus nachhaltig im Sinne einer Normalisierung beeinflusst werden. Eine Fibrinolysetherapie zur Beseitigung vorhandener Mikrothrombosen, z.B. im Lungenbereich bei der schweren Schocklunge, ist immer wieder versucht worden und kann in entsprechenden Fällen Erfolg bringen.
Hyperfibrinolyse
Hyperfibrinolyse
Die induzierte Hyperfibrinolyse beim therapeutischen Einsatz von Urokinase, Streptokinase oder von rtPA führt zur Blutungsneigung. Nach operativen Eingriffen ist daher eine Fibrinolysetherapie, z.B. zur Beseitigung einer Beinvenenthrombose in den ersten 12 postoperativen Tagen nicht möglich.
Beim therapeutischen Einsatz von Urokinase, Streptokinase oder Gewebsplasminogenaktivator (rtPA = recombinant tissue plasminogen activator) kommt es im Rahmen der induzierten Hyperfibrinolyse zu einer z.T. erheblichen Blutungsneigung. Dieser Aspekt ist besonders zu berücksichtigen, wenn beispielsweise nach einem operativen Eingriff eine Fibrinolysetherapie wegen einer Beinvenenthrombose oder wegen Lungenarterienembolie durchgeführt werden soll. Aufgrund von Tierversuchen (Kaninchen) ist bekannt, dass nach operativen Eingriffen, z.B. im Abdominalbereich, mit einer Fibrinolysetherapie mindestens 12 Tage gewartet werden muss, damit es nicht zu erheblichen Blutungen im Bereich der frischen Wunde kommt. Natürlich besteht auch umgekehrt unter einer laufenden Fibrinolysetherapie das Problem, dass ein operativer Eingriff akut wegen der bestehenden Blutungsgefahr nicht durchgeführt werden kann. Hier ist vorerst durch Applikation von Fibrinolyseinhibitoren (Tranexamsäure; Aprotinin [z.B. TrasylolQ], Dosierung: einmalig 200 000 IE) die fibrinolytische Aktivität zu unterbrechen und ggf. auch eine Faktorensubstitution durchzuführen, bevor notfallmäßig ein operativer Eingriff durchgeführt werden kann. Hyperfibrinolysen können auch auf dem Boden einer Verbrauchskoagulopathie (disseminierte intravaskuläre Koagulation = DIC), entstehen.
Bei akut notwendiger Operation unter laufender Fibrinolysetherapie kann die Fibrinolyse durch Gabe von Inhibitoren (z.B. Aprotinin) unterbrochen werden.
Eine Hyperfibrinolyse kann auch auf dem Boden einer DIC entstehen.
8.2.2 Störungen des thrombozytären Systems Bei Thrombozytopenien von < 50 000/ m l sowie bei Funktionsstörungen der Thrombozyten (Thrombozytopathien) kommt es zur Blutungsneigung ( 1 A-8.7).
Eine durch Acetylsalicylsäure (ASS) induzierte Thrombozytenfunktionsstörung führt zur Blutungsneigung. Daher sollte ASS möglichst 5 Tage vor einem operativen Eingriff abgesetzt werden.
8.2.2
Störungen des thrombozytären Systems
Blutungsneigungen bei Störungen des thrombozytären Systems sind bedingt durch Verminderung der Thrombozytenzahl (Thrombozytopenie) auf < 50 000 Thrombozyten/ml Blut, aber auch durch Funktionsstörungen der Thrombozyten (Thrombozytopathien) ( 1 A-8.7). Gelegentlich können auch hämatologische Erkrankungen mit Vermehrung der Thrombozytenzahl (z.B. Thrombocythaemia haemorrhagica) eine Blutungsneigung verursachen. Wichtig ist vor allem, dass trotz normaler Thrombozytenzahl auch eine Blutungsneigung auf dem Boden einer ausschließlichen Thrombozytenfunktionsstörung zustande kommen kann. Hierbei sind nicht nur angeborene Thrombozytopathien und immunologisch ausgelöste Störungen der Thrombozytenfunktion zu berücksichtigen, sondern auch iatrogen induzierte Funktionsstörungen der Blutplättchen. In diesem Zusammenhang ist besonders die durch Acetylsalicylsäure (ASS) induzierte Thrombozytenfunktionsstörung hervorzuheben! Die ASS-Wirkung auf die Thrombozytenfunktion kann auch zu verstärkter Blutungsneigung bei Operationen führen! Auch nach Absetzen von ASS hält die dadurch ausgelöste Thrombozytenfunktionsstörung noch mindestens 5 Tage an, so dass vor geplanten operativen Eingriffen das Absetzen der ASS-Medikation rechtzeitig erfolgen soll.
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8.2.3 Störungen der Blutgefäße (Vasopathien)
1 A-8.7
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Thrombozytopenische Purpura Punktförmige Blutungen bei einem 54-jährigen Patienten nach Einnahme des Antiarrhythmikums Chinidin (medikamentös-toxisch induzierte Thrombozytopenie).
8.2.3
Störungen der Blutgefäße (Vasopathien)
Vasopathien beruhen entweder auf umschriebenen morphologischen Wandveränderungen oder auf generalisierten Veränderungen der Gefäßpermeabilität und -fragilität. Der Blutungstyp ist dabei häufig petechial (Purpura) an Haut, Schleimhäuten und Serosa. Angeborene Vasopathien sind selten (z.B. hämorrhagische Teleangiektasie des Morbus Osler: vorwiegend an Mund, Lippe ( 1 A-8.8) und Nase finden sich petechienähnliche blutende Läsionen, aber auch Magenblutungen und Lungenblutungen sowie Hämaturien kommen vor). Eine Blutungsneigung findet sich auch beim EhlersDanlos-Syndrom sowie beim Marfan-Syndrom. Eine schwere Blutungsneigung kann bei diesen Erkrankungen vorliegen, bei Operationen ist besondere Vorsicht am Platz. Erworbene Vasopathien sind gelegentlich medikamentös und infektiöstoxisch bedinge Vaskulitiden, aber auch bei Dys- und Paraproteinämien kann es zu entsprechenden vergleichbaren petechialen Blutungen kommen. Die Purpura Schoenlein-Henoch ist eine akute allergische Vaskulitis klei-
1 A-8.8
8.2.3 Störungen der Blutgefäße (Vasopathien) Gefäßwandfunktionsstörungen finden sich als Vasopathien angeboren (z.B. Morbus Osler, 1 A-8.8) oder erworben nach Streptokokkeninfekten (Purpura Schoenlein-Henoch) meist vom petechialen Blutungstyp (= punktförmige Hautblutungen) oder gelegentlich medikamentös bedingt. Auch beim Ehlers-Danlos-Syndrom und beim Marfan-Syndrom ist aufgrund einer möglichen gefäßbedingten Blutungsneigung bei Operationen Vorsicht geboten.
Morbus Osler Charakteristischer Befund bei einem 49-jährigen Patienten mit Telangiektasien (stecknadelkopfgroße, flache, rote, petechienähnliche, aber wegdrückbare Läsionen) im Bereich der Lippe und Wangenhaut. Es handelt sich hier um umschriebene Ausweitungen der Kapillaren und Arteriolen.
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8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
Auch die thrombotische Mikroangiopathie Typ Moschcowitz (thrombotischthrombozytopenische Purpura) und das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) können petechiale Blutungen induzieren. Differenzialdiagnostisch ist jeweils eine Verbrauchskoagulopathie auszuschließen.
ner Kapillaren und Arteriolen mit erhöhter Permeabilität und Blutungsneigung nach Streptokokkeninfekten der oberen Luftwege, aber auch nach Viruserkrankungen, bei Nahrungs- und Arzneimittelallergien. Im akuten Stadium des Streptokokkeninfekts können Penicillin und Glukokortikoide helfen. Auch die thrombotische Mikroangiopathie Typ Moschcowitz (thrombotischthrombozytopenische Purpura) und das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) können petechiale Blutungen induzieren. Differenzialdiagnostisch ist jeweils eine Verbrauchskoagulopathie auszuschließen. Erworbene Vasopathien durch Vitamin-C-Mangel (Skorbut) oder durch Alterungsprozess (Purpura senilis) sind jeweils entsprechenden Krankheitsbildern zuzuordnen.
8.3
8.3
Thrombose und Embolie
Definition
Thrombose und Embolie
n Definition. Unter einer Thrombose versteht man die intravitale Ausbildung eines Blutpfropfes in der Blutstrombahn. Vor allem im arteriellen oder im venösen Gefäßsystem, aber auch in den Herzhöhlen können sich solche Blutpfropfbildungen etablieren. Nach dem Ort der Entstehung unterscheidet man arterielle, venöse, intrakardiale und – z.B. bei der Verbrauchskoagulopathie – kapillare Thrombosen.
Die teilweise vollständige Verlegung des Gefäßlumens durch einen Thrombus behindert die Blutzirkulation. Das Ausmaß der Strömungsbehinderung und die organbezogene Lokalisation des thrombotischen Gefäßverschlusses bestimmen Art und Schwere der klinischen Symptomatik. Definition
n Definition. Eine Embolie ist definiert als der plötzliche Verschluss einer Gefäßlichtung durch thrombotisches Material, das über die Blutbahn verschleppt wurde und aus einer anderen Körper- bzw. Organregion stammt.
Das Auftreten einer Lungenembolie bei tiefer Beinvenenthrombose sowie das Auftreten arterieller Embolien, z.B. kardiogener Hirnembolien, sind von großer klinischer Bedeutung.
Das Auftreten einer Lungenarterienembolie beim Vorliegen venöser Thrombosen der unteren Extremitäten sowie das Auftreten arterieller Thromboembolien sind von großer klinischer Bedeutung, wenn sie z.B. von Thromben in den Herzhöhlen abgelöst in die Hirnarterien verschleppt werden. Auch die Verschleppung von Thromben im Bereich arteriosklerotischer Wandläsionen, z.B. der Aorta, in die unteren Extremitäten ist klinisch bedeutsam.
Häufigkeit. Venöse Thrombosen und Lungenarterienembolien gehören zu den häufigsten und am meisten gefürchteten postoperativen Komplikationen.
Häufigkeit. Venöse Thrombosen, besonders der unteren Extremitäten, und
In der inneren Medizin sind arterielle Thromboembolien (Herzinfarkte, Schlaganfälle) gefürchtete Krankheitsbilder. Ätiopathogenese. Die Entstehung venöser und arterieller Thrombosen und Embolien folgt den Gesetzen der Virchow-Trias:
daraus resultierende Lungenartierenembolien gehören zu den häufigsten und am meisten gefürchteten postoperativen Komplikationen in der Chirurgie. Die Häufigkeit venöser Thrombosen wird im operativen Bereich wie folgt angegeben: Abdominalchirurgie 3–51 %, Thoraxchirurgie 20–45 %, Gynäkologie 7–45 %, Prostataoperationen transurethral 7–10 %, Prostataoperationen transvesikal 29–51 %, Hüftgelenksendoprothetik 30–65 %, Schenkelhalsfraktur 40–49 %. In der inneren Medizin finden sich demgegenüber venöse Thrombosen beim Myokardinfarkt in 10–38 %, beim zerebralen Insult mit Hemiplegie in 33–53 %. Sämtliche hier angegebenen Zahlen gelten für Patienten, die keine Thromboseprophylaxe erhielten. Im Gegensatz zum venösen Bereich sind arterielle Thromboembolien ebenfalls von großer praktischer Bedeutung: 36 % der Bundesbürger mit Z.n. arterieller Thromboembolie sterben am Myokardinfarkt, d.h. an einer Koronarthrombose, 12 % an einer zerebralen Zirkulationsstörung.
Ätiopathogenese. Virchow postulierte die folgende Trias der Pathogenese
von Thrombosen: gestörte Blutströmung – Gefäßwandschädigung – Änderung der Zusammensetzung des Blutes. Bettlägerigkeit, Herzinsuffizienz sowie bradykarde Herzrhythmusstörungen führen zu einer solchen Verlang-
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8.3 Thrombose und Embolie samung der Blutströmung. Auch lokale Ursachen (Aneurysmen, Beckenvenensporn) können die Blutströmung im Sinne einer Thromboseneigung beeinflussen. Auch die Blutviskosität (erhöhter Hämatokritwert, erhöhte Fibrinogenspiegel) ist als Thromboseursache anzuschuldigen. Bei den Gefäßwandveränderungen sind Endothelveränderungen als Thromboseursache zu diskutieren: verminderte Synthese von heparinähnlichen Substanzen im Endothel, verminderte Freisetzung des Fibrinolyseaktivators. Eine Gerinnungsaktivierung bzw. Thromboseneigung durch »Übergerinnbarkeit« (Hyperkoagulabilität) ist ebenfalls in der Pathogenese der venösen und arteriellen Thrombosen zu berücksichtigen. Folgende Faktoren können Ursachen venöser Thrombosen sein: π hohes Lebensalter π Immobilisation π Operationen π Traumen und Verbrennungen π Malignome π vorbestehende Venenerkrankungen, z.B. Varikosis π frühere venöse Thromboembolien π Adipositas π Gravidität π Wochenbett π Einnahme hormonaler Kontrazeptiva π angeborener Inhibitorenmangel (s.u.). Ein angeborener Mangel an Inhibitoren der Blutgerinnung (Mangel an Protein C, Protein S, Antithrombin III) kann zu einer Thromboseneigung auch bei jüngeren Erwachsenen, d.h. vor dem 30. Lebensjahr, führen. Patienten mit einem solchen Inhibitorenmangel haben ein ebenso erhöhtes Thromboserisiko wie Patienten mit ausgeprägtem Faktor-XII-Mangel, einem Mangel an Fibrinolyseaktivator oder Patienten mit einem Lupus-Antikoagulans. n Merke. Alle Patienten der genannten Risikogruppen mit erhöhter Neigung zu venösen Thrombosen müssen einer konsequenten perioperativen Thromboseprophylaxe unterzogen werden.
π π π
gestörte Blutströmung Gefäßwandschädigung veränderte Blutzusammensetzung.
Bettlägerigkeit, Herzinsuffizienz und erhöhte Blutviskosität sind Ursache verlangsamter Blutströmung. Bei den Gefäßwandschäden sind Endothelveränderungen zu nennen. Eine Hyperkoagulabilität ist ebenfalls als Ursache zu berücksichtigen. Ursachen venöser Thrombosen sind vor allem: π hohes Lebensalter π Immobilisation π Operationen π Traumen und Verbrennungen π Malignome π vorbestehende Venenerkrankungen, z.B. Varikosis π frühere venöse Thromboembolien π Adipositas π Gravidität π Wochenbett π Einnahme hormonaler Kontrazeptiva π angeborener Inhibitorenmangel. Ein angeborener Mangel an Inhibitoren der Blutgerinnung (Protein C, Protein S, AT III) kann zu einer erhöhten Thromboseneigung führen.
Merke
Die häufigste angeborene Ursache für venöse Thromboembolien stellt die Resistenz des durch Mutation veränderten Gerinnungsfaktors V (= Faktor-VMutation) gegenüber seinem Hemmkörper Protein C dar. Man nennt diese Resistenz des Faktors V gegenüber Protein C auch abgekürzt APC-Resistenz. Andere nennen den durch Mutation veränderten Faktor V nach dem Ort der Entdeckung dieser Faktor-V-Mutation in der Stadt Leiden in Holland auch Faktor-V-Leiden. 6–7 % der Bevölkerung haben eine solche APC-Resistenz (diese Häufigkeit entspricht der Häufigkeit des Vorkommens des Diabetes mellitus). Da diese angeborene Thromboseneigung im Gerinnungslabor festgestellt werden kann, wird zur Zeit diskutiert, ob die APC-Resistenz z.B. vor Einnahme von Kontrazeptiva analysiert werden sollte, um thromboembolische Komplikationen zu vermeiden, besonders bei Häufung thromboembolischer Komplikationen in der Familienvorgeschichte. In der 1 A-8.4 wurde bereits zusammenfassend dargestellt, dass eine Zunahme der Thrombozytenzahl, aber auch eine Aktivierung der thrombozytären Funktion in gleicher Weise zur Thromboseneigung führt wie eine Zunahme (quantitativ) oder Aktivierung von Gerinnungsfaktoren sowie eine Veränderung der Gefäßwand, z.B. durch Arteriosklerose oder Endangiitis. Weiterhin ist eine Hypofibrinolyse (verminderte Freisetzung des Fibrinolyseaktivators aus dem Venenendothel, Erhöhung von Hemmkörpern der Fibrinolyse) ätiologisch in der Thrombogenese von Bedeutung.
Die häufigste angeborene Ursache für venöse Thromboembolien stellt die Resistenz des durch Mutation veränderten Faktors V gegenüber seinem Hemmkörper Protein C dar (APCResistenz).
Symptome. Ein thrombotischer (oder auch embolischer) akuter Verschluss einer größeren (aber auch kleineren) Schlagader, der oberen oder unteren Extremitäten, führt zu einem akuten Schmerzereignis. Ist eine größere Schlagader thrombotisch oder embolisch verschlossen, so kann es zur aus-
Symptome. Arterielle Embolien führen an den Extremitäten zu einem akuten Schmerzereignis, zur Blässe der Extremität distal vom Verschluss, zum
6–7 % der Bevölkerung haben eine solche APC-Resistenz.
1 A-8.4 zeigt, dass Thrombozytose, Aktivierung thrombozytärer Funktionen, Zunahme oder Aktivierung von Gerinnungsfaktoren und andere Veränderungen zu einer Thromboseneigung führen.
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158 Fehlen tastbarer Pulse. Die komplette peripher-arterielle Ischämie ist gekennzeichnet durch die 6 P’s (s. a. Kap. B24.1.2, S. 889 ff.). Zerebrale Embolien verursachen Schlaganfälle, mesenteriale Embolien Abdominalschmerzen mit blutigen Diarrhöen.
Venöse Thrombosen verursachen eine Blauverfärbung, Umfangsvermehrung und ein Schwere- oder Spannunsgefühl im Arm oder Bein ( 1 A-8.9).
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie geprägten Blässe der Extremität distal vom Verschluss kommen, mit dem Fehlen tastbarer Pulse und einer palpablen Abkühlung der nicht mehr durchbluteten Hautpartien. Eine komplette Ischämie ist gekennzeichnet durch Schmerz (Pain), Blässe (Paleness), Gefühlsstörungen (Paraesthesia), Pulsverlust (Pulslessness), Bewegungsverlust (Paralyses) und Schock/ Erschöpfung (Prostration) (s. a. Kap. B-24.1.2, S. 889 ff.). Zerebrale Embolien in die Schlagadern des Gehirns, z.B. ausgehend von krankhaft veränderten Herzklappen oder von Thrombosen der Herzhöhlen, führen zu plötzlichen Schlaganfällen mit Lähmungen. Embolien in die Mesenterialarterien können zu heftigen Abdominalschmerzen mit blutigen Diarrhöen führen. Venöse Thrombosen der oberen oder unteren Extremitäten führen zur charakteristischen Blauverfärbung der betroffenen Extremität bei gleichzeitiger Umfangsvermehrung. Die Patienten klagen dabei über ein Schwere- oder Spannungsgefühl im Arm oder Bein. Gelegentlich können oberflächliche Venen als Ausdruck eines sich ausbildenden Kollateralkreislaufes hervortreten ( 1 A-8.9).
1 A-8.9
Beinvenenthrombose links Verschluss der V. iliaca und V. femoralis links bei einer 43-jährigen Patientin mit Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 vor 8 Tagen. Die übliche perioperative Prophylaxe mit niedrig dosiertem Heparin war durchgeführt worden; die Gerinnungsanalyse ergab einen AT-III-Mangel von 50 %. Familienanamnestisch konnte eine Häufung venöser Thrombosen (Mutter und Schwester der Patientin) eruiert werden.
Diagnostik. Arteriographie und Phlebographie gelten als Referenzmethoden der Thrombosediagnostik. Die Kompressionssonographie ist weniger belastend, und beliebig oft wiederholbar.
Therapie. Eine Fibrinolysetherapie hat den besten Erfolg bei Becken-Beinvenenthrombosen in den ersten 5 bis maximal 7 Tagen nach Entstehung einer solchen Thrombose. Bei arteriellen Thrombosen und Embolien muss selbstverständlich sofort fibrinolysiert, operiert oder interventionell (Lysetherapie über liegenden Katheter) behandelt werden (s. a. Kap. B-24.1.1, S. 881 ff). Bei venösen Thrombosen wird heute in den meisten Fällen eine Fibrinolysetherapie der unteren (ggf. auch der oberen) Extremität durchgeführt. Bei Kontraindikationen gegen die Fibrinolysetherapie (Schlaganfall, Gravidität) ist der venösen Thrombektomie der Vorzug zu geben.
Diagnostik. Die Arteriographie bzw. Phlebographie gilt als Referenzme-
thode der Thrombosediagnostik. Sie erlaubt neben dem Nachweis eine exakte Beurteilung der Lokalisation und Ausdehnung eines Thrombus und ist in der Regel unerlässlich, wenn ein aktives therapeutisches Vorgehen wie Operation (Thrombektomie) oder Fibrinolysetherapie geplant ist. In jüngster Zeit gewinnt die Fibrinolysetherapie auch beim Nachweis von Thrombosen und Embolien als nicht belastendes und beliebig wiederholbares Verfahren zunehmend an Bedeutung (Realtime-Sonographie, Duplexsonographie). Mit der Doppler-Sonographie werden funktionelle Auswirkungen eines Abflusshindernisses im arteriellen oder venösen Blutstrom und damit hämodynamisch wirksame Thrombosen erfasst.
Therapie. Eine Fibrinolysetherapie hat den besten Erfolg bei Becken-Bein-
venenthrombosen in den ersten 5 bis maximal 7 Tagen nach Entstehung einer solchen Thrombose. Bei arteriellen Thrombosen und Embolien muss selbstverständlich sofort fibrinolysiert, operiert oder interventionell (Lysetherapie über liegenden Katheter) behandelt werden (s. a. Kap. B-24.1.1, S. 881 ff). Venöse Thrombosen können ohne Behandlung in späteren Jahren zu einem unangenehmen postthrombotischen Syndrom mit chronischer Schwellungsneigung des betroffenen Beines und Ausbildung eines Ulcus cruris führen. Daher ist zur Vermeidung derartiger Folgezustände entweder der Fibrinolysetherapie (s. S. 168) oder – bei Kontraindikationen gegen eine Fibrinolysetherapie, z.B. bei Schlaganfall oder während einer Gravidität – der venösen Thrombektomie der Vorzug zu geben.
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8.3.1 Lungenembolie
Phlegmasia coerulea dolens
Phlegmasia coerulea dolens
n Definition. Eine besonders dramatische Verlaufsform der tiefen Bein- und Beckenvenenthrombosen ist die Phlegmasia coerulea dolens mit akutem thrombotischem Verschluss der gesamten venösen Abflussbahn eines Beines.
Symptome. Das klinische Bild der Phlegmasia coerulea dolens ist durch bretthartes Ödem, ausgeprägte Zyanose und persistierende Schmerzen charakterisiert. Zusätzlich treten Zeichen der arteriellen Ischämie auf, die auf Gefäßspasmus und -kompression zurückzuführen sind. Folge ist die distale Nekrose, die sog. »venöse Gangrän«. Das Krankheitsbild kann durch eine hypovolämische Schocksymptomatik (Blutversacken, Flüssigkeitsextravasation) kompliziert sein.
Definition
Symptome bretthartes Ödem π ausgeprägte Zyanose π persistierende Schmerzen π Zeichen der arteriellen Ischämie. π
Therapie. Therapeutisch ergibt sich eine absolute und dringliche Indikation
Therapie. Absolute, dringliche Indikation zur venösen Thrombektomie.
Paget-von-Schroetter-Syndrom
Paget-von-Schroetter-Syndrom
zur venösen Thrombektomie bei diesem Krankheitsbild, das durch hohe Letalität und Amputationsrate belastet ist. Bei fehlender Operabilität kann auch einmal eine Fibrinolysetherapie in Frage kommen.
n Definition. Hierbei handelt es sich um die tiefe Venenthrombose der oberen Extremität. Die Axillar-Subklaviavenen-Thrombose ist im Vergleich zur tiefen Bein-Beckenvenenthrombose ein seltenes Ereignis.
Definition
Ätiologie. Tumoröse Erkrankungen (lokale Kompression und/oder para-
Ätiologie. Tumoröse Erkrankungen, Schultergürtelkompressionssyndrom und katheterinduzierte Phlebitis kommen in Betracht.
Symptome. Die klinische Symptomatik ist oft wenig eindrucksvoll und
Symptome. Schwellung, Schweregefühl, evtl. Schmerz und Zyanose in der Arm- und Schulterregion.
Diagnose. Die Diagnose wird durch Doppler- und/oder Realtime-Sonogra-
Diagnose. Doppler- und/oder Realtime-Sonographie, ggf. Phlebographie.
Therapie. Sie besteht im Allgemeinen in einer Heparin-Antikoagulation
Therapie. Initial Heparin-Antikoagulation, anschließend orale Antikoagulation für 3–6 Monate. Kurzfristige Ruhigstellung, Hochlagerung, Kompressionsverband.
neoplastische Thromboseneigung), Schultergürtelkompressionssyndrom und eine katheterinduzierte Phlebitis (diese Fälle nehmen in letzter Zeit zu) kommen in Betracht. Anamnestisch besteht häufig ein Zusammenhang mit Tätigkeiten in Provokationsstellung der Arme wie Über-Kopf-Arbeiten mit erhobenen Armen.
besteht in Schwellung, Schweregefühl, evtl. Schmerz und Zyanose in der Arm- und Schulterregion. Bei älteren Thrombosen sind oberflächliche venöse Kollateralen im Schulter-, Brust- und Halsbereich erkennbar.
phie, ggf. phlebographisch gesichert. Lungenarterienembolien und schwere postthrombotische Spätschäden sind selten.
initial, anschließend dann fortgesetzt durch eine orale Antikoagulation für 3–6 Monate nach initial kurzfristiger Ruhigstellung, Hochlagerung und Anlegen elastischer Kompressionsverbände. Eine Fibrinolysetherapie ist nur ausnahmsweise bei jüngeren Patienten bei frischer Thrombose und erheblicher Symptomatik indiziert. Nach erfolgreicher Rekanalisation und bei Nachweis eines Schultergürtelkompressionssyndroms ist zur Vermeidung von Rezidiven die Resektion einer Halsrippe bzw. der 1. Rippe zu erwägen.
8.3.1
Lungenembolie
n Definition. Unter einer Lungenembolie (Lungenarterienembolie) versteht man den akuten Verschluss einer Lungenarterie durch embolisch verschlepptes venös-thrombotisches Material.
8.3.1 Lungenembolie Definition
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160 Eine Lungenembolie entsteht durch embolisch verschlepptes venös-thrombotisches Material, meist der unteren Extremitäten und des Beckens.
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie Der Embolus besteht dabei meistens aus losgelösten venösen Thromben der unteren Extremität und des Beckens, seltener aus dem rechten Herzen. Pulmonale Thromboembolien sind in den chirurgischen Fächern, aber auch in der inneren Medizin sehr häufig: Kleinere und ältere Embolien werden bei 64 % von Sektionsfällen nachgewiesen. Es ist anzunehmen, dass ca. 80 % aller Lungenarterienembolien klinisch nicht erkannt werden, da sie symptomlos verlaufen bzw. die Symptome verkannt werden. Als Todesursache ist eine Lungenarterienembolie bei ca. 2–15 % der Verstorbenen anzunehmen.
Klinischer Fall Eine 20-jährige Patientin gerät aus vollem Wohlbefinden heraus in einen Schockzustand und wird reanimationspflichtig. Auf dem Boden des begleitenden Bewusstseinsverlustes wird zunächst an eine Intoxikation gedacht. Durch Analyse der denkbaren Medikamentenspiegel im Blut kann jedoch das Vorliegen einer Intoxikation ausgeschlossen werden. Trotz einer versuchten intensivmedizinischen Therapie verstirbt die Patientin im Kreislaufschock. Bei der Sektion finden sich mehrere Thrombosen in den Beckenvenenplexus, die zu keiner venös-thrombotischen Beinschwellung geführt hatten. Todesursache waren mehrere Lungenembolien. Die nachträglich aus dem venös entnommenen Zitratblut durchgeführte Pro-
Merke
tein-C-Analyse ergab einen Protein-C-Mangel als Thromboseursache. Zusätzlich hatte die Patientin orale Kontrazeptiva eingenommen, sodass Protein-C-Mangel und orale Kontrazeptiva hier als Thromboseursache anzusehen waren. Der Patientin war die orale Kontrazeption verordnet worden, obwohl die Mutter der Patientin und eine Schwester der Mutter der Patientin ebenfalls im mittleren Lebensalter Beinvenenthrombosen durchgemacht hatten (wahrscheinlich auch auf dem Boden eines Protein-C-Mangels). Eine verantwortungsvolle Erhebung der Familienanamnese vor Verordnung der oralen Kontrazeptiva hätte das familiäre Thromboserisiko aufgedeckt und eine Gerinnungsanalyse initiiert.
n Merke. Lungenembolien können aus völligem Wohlbefinden heraus, d.h. ohne vorangehende Symptomatik einer Bein-Beckenvenenthrombose, auftreten. Die Verordnung von Kontrazeptiva erfordert daher stets eine vorherige sorgfältige Erhebung der Eigen- und Familienanamnese der Patientin im Hinblick auf das Thromboembolierisiko.
Klinischer Fall Ein 42-jähriger Mann erkrankt akut mit einem rechtsseitigen Brustkorbschmerz. Die Lungenszintigraphie ergibt die Diagnose einer akuten Lungenembolie. Aus der Vorgeschichte des Patienten ist von Bedeutung, dass er vor 4 Wochen eine Fußgelenkprellung mit Anriss von Bändern
Merke
Symptome. Akut auftretende Atemnot, atemabhängige Thoraxschmerzen (Entwicklung einer Pleuritis), Husten, Hämoptyse, Zyanose, Tachykardie und Tachypnoe sowie Zeichen der akuten Rechtsherzbelastung. Akutes Rechtsherzversagen kann zum plötzlichen Tode führen. Eine chronische Rechtsherzinsuffizienz ist nach Lungenembolie Folge der pulmonalen Hypertonie. Schweregrade ( 2 A-8.4).
erlitt und daher eine Immobilisierung des betroffenen Beines durch einen entsprechenden Stützverband durchführen musste. Eine antithrombotische Prophylaxe mit Heparin war bei dem Patienten nicht durchgeführt worden.
n Merke. Auch sog. Bagatelltraumen wie z.B. Sprunggelenksdistorsionen, die zur Anlage immobilisierender Verbände führen, sollten stets Anlass zu einer Thromboseprophylaxe, z.B. mit niedrig dosiertem Heparin geben, um die Entwicklung einer Ober- oder Unterschenkelthrombose mit nachfolgender Lungenembolie zu verhindern.
Symptome. Leitsymptom ist häufig die Atemnot. Atemabhängige Schmer-
zen und die Entwicklung einer Pleuritis können folgen. Weitere mögliche Symptome sind Husten, Hämoptyse und Zyanose. Im Allgemeinen entwickeln sich eine Tachykardie und Tachypnoe. Es kommt zu den Zeichen der akuten Rechtsherzbelastung, die sogar zum akuten Rechtsherzversagen führen kann. Nach Überleben einer Lungenembolie kann sich dann eine chronische Rechtsherzbelastung entwickeln, evtl. auch mit chronischer Rechtsherzinsuffizienz und Entstehung eines Hochdrucks im Bereich der Pulmonalarterien. Die Schweregrade der Lungenembolie zeigt 2 A-8.4.
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161
8.3.1 Lungenembolie
2 A-8.4
Schweregrade der Lungenembolie (nach Grosser)
Schweregrad
klein I
submassiv II
massiv III
fulminant IV
N Klinik n
unauffällig
Angst Tachykardie Hyperventilation
Dyspnoe Kollaps
Dyspnoe Schock
N systemischer n arterieller Druck
normal
normal oder leicht erhöht
erniedrigt
stark erniedrigt
N pulmonalarterieller n Druck
normal
normal oder leicht erhöht
> 30 mmHg
> 30 mmHg
N PO 2 n (Raumluft)
normal
< 80 mmHg
< 65 mmHg
< 50 mmHg
N PCO 2 n (Raumluft)
normal
< 35 mmHg
< 30 mmHg
< 30 mmHg
N Score nach Miller n
< 10
10–16
17–24
> 24
N Spontanprognose n
nicht tödlich: ohne Reduktion der kardiopulmonalen Reserven
nicht tödlich: mit Reduktion der kardiopulmonalen Reserven
tödlich: protrahiertes Rechtsherzversagen
tödlich: akutes Rechtsherzversagen
Diagnose. Im EKG kann sich ein P-pulmonale ( 2 A-8.5) und eine Rechtsach-
senabweichung entwickeln. Ein normales EKG schließt eine Lungenembolie keineswegs aus. Die Analyse des Röntgen-Thorax ist bei der Lungenembolie wenig aussagekräftig! Eine keilförmige Verschattung basal kann charakteristischerweise auftreten, meist sind es jedoch nur wenig aussagekräftige basale Belüftungsstörungen, Pleuraergussbildungen und evtl. auch ein Zwerchfellhochstand auf der betroffenen Seite, die dokumentiert werden können. In der Echokardiographie finden sich ein vergrößerter und dilatierter rechter Vorhof und Ventrikel sowie paradoxe Septumbewegungen. Darüber hinaus kann die Dilatation des Pulmonalarterienhauptstammes und der Pulmonalarterien erfasst werden. Die Blutgasanalyse zeigt einen Abfall des PO2 und PCO2.
2 A-8.5
Diagnose. Im EKG ( 2 A-8.5) können sich ein P-pulmonale und eine Rechtsachsenabweichung entwickeln.
Mögliche EKG-Befunde bei akutem Cor pulmonale
N S I – Q III Typ n N ST-Hebung mit terminal negativem T in III n
ƒ © ª
McGinn-White-Syndrom
N P-dextroatriale n N Rechtsschenkelblock n N T-Inversion in V1 – V3 n
Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch die Pulmonalisangiographie (Füllungsdefekte, Gefäßabbrüche) und die Lungenperfusionsszintigraphie mit 99m Technetium-markierten Humanalbuminmikrosphären. Die Dignität der Perfusionsausfälle kann noch durch ein zusätzliches Ventilationsszintigramm erhöht werden. Bei Patienten mit schwerer klinischer Symptomatologie (Schock!) kann im Hinblick auf die rasche Einleitung therapeutischer Schritte die Anfertigung einer digitalen Subtraktionsangiographie (DSA) entscheidend sein.
Pulmonalisangiographie und Lungenperfusionsszintigraphie sichern die Diagnose einer Lungenembolie.
Differenzialdiagnose. Folgende Erkrankungen sind von einer Lungenembo-
Differenzialdiagnose. Abzugrenzen sind: π Myokardinfarkt π Pneumonie
lie abzugrenzen: π Myokardinfarkt π Pneumonie
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162 π π π
Pneumothorax schwerer Asthmaanfall andere Formen der Lungenembolie (Fettembolie, Fruchtwasserembolie, Luftembolie).
Therapie. Entweder hochdosierte Heparinbehandlung mit 30 000– 50 000 IE/24 Stunden oder – bei lebensbedrohlichen Fällen – chirurgische Beseitigung des Embolus aus der verschlossenen Lungenarterie (Trendelenburg-Operation).
Häufig wird auch eine systemische oder lokale Fibrinolysetherapie durchgeführt! Die bekannten Kontraindikationen einer Fibrinolysetherapie sind zu berücksichtigen.
Bei Kontraindikationen zur Thrombolysetherapie muss eine chirurgische Embolektomie Vorrang haben.
Bei mittelschweren Embolien wird im Allgemeinen (bei fehlenden Kontraindikationen) eine systemische Fibrinolysetherapie bevorzugt.
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie π π π
Pneumothorax schwerer Asthmaanfall andere Formen der Lungenembolie (Fettembolie, Fruchtwasserembolie, Luftembolie).
Therapie. Sie richtet sich nach dem Schweregrad der Lungenembolie! Sind
die Kreislaufverhältnisse sowie die Blutgase im Normbereich geblieben, so ist in der Regel eine Antikoagulanzientherapie mit Heparin als Therapie der Wahl anzusehen. Heparin verhütet ein appositonelles Wachstum der in die Lungenstrombahn verschleppten Thromben, verhindert die Neuentstehung venöser Thromben und dient damit der Rezidivprophylaxe. Nach einem intravenösen Bolus von 5000–10 000 IE Heparin folgt eine Dauerinfusion mit 30 000–50 000 IE Heparin pro 24 Stunden. Die partielle Thromboplastinzeit (PTT) als Kontrollmethode der Heparintherapie sollte dabei auf das 1,5fache des Ausgangswertes verlängert sein. Bei massiver bzw. fulminanter Lungenarterienembolie (Blutdruckabfall, Schocksymptomatik, erniedrigter PO2) ist eine rasche Desobliteration der betroffenen verlegten Lungenarterie vordringlich. Dies kann auf chirurgischem Wege geschehen (Trendelenburg-Operation!) oder durch eine systemische oder lokale Thrombolysetherapie. Bei der lokalen Fibrinolysetherapie wird das Fibrinolytikum, z.B. Streptokinase, Urokinase, HPA, lokal über einen Katheter, der vor dem Embolus platziert wird, zugeführt. Kontraindikationen der Fibrinolysetherapie (und damit Indikationen für ein chirurgisches Vorgehen) sind: chirurgischer Eingriff innerhalb der letzten 10 Tage vor Fibrinolysetherapie, schlecht eingestellte arterielle Hypertonie, zerebrovaskulärer Insult innerhalb der letzten 3 Monate, akute Blutungen bei hämorrhagischer Diathese, schwere Leber- und Niereninsuffizienz, Gravidität, frische bakterielle Endokarditis und proliferative diabetische Retinopathie. Bei Verschlechterung des Zustandes trotz thrombolytischer Therapie oder bei Kontraindikationen zur Thrombolysetherapie muss eine chirurgische Embolektomie Vorrang haben. Durch die Trendelenburg-Operation können in solchen Fällen die embolischen Massen erfolgreich aus der A. pulmonalis entfernt werden. Dadurch kann besonders die akute Rechtsherzinsuffizienz, aber auch die resultierende chronische Rechtsherzbelastung günstig beeinflußt werden. Bei mittelschweren Embolien wird man im Allgemeinen (bei fehlenden Kontraindikationen) der Fibrinolysetherapie den Vorzug geben: initial werden 250 000 IE Streptokinase oder Urokinase über 20 Minuten intravenös infundiert, anschließend erfolgt die intravenöse Gabe von jeweils 100 000 IE Streptokinase oder Urokinase stündlich über 24 Stunden. In schweren Akutsituationen mit Schocksymptomatik kann auch eine Boluslyse mit bis zu 1,5 Mio. IE Streptokinase oder Urokinase als Kurzinfusion über 30 Minuten durchgeführt werden. Bei der neueren thrombolytischen Therapie mit Gewebsplasminogenaktivator (HPA) werden 100 mg intravenös über 2 Stunden appliziert.
Komplikationen. Tod durch akutes Rechtsherzversagen, chronische Rechtsherzbelastung.
Komplikationen. Die akute Lungenembolie kann durch ein akutes Rechts-
Prognose. Sie hängt vom Schweregrad der Lungenembolie und vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen ab.
Prognose. Die Prognose der akuten Lungenembolie hängt vom Schweregrad
herzversagen kompliziert werden, welches zum Exitus letalis führen kann. Wird die akute Lungenembolie überlebt, so kann in der Folge eine chronische Rechtsherzbelastung mit sog. chronischen Cor pulmonale resultieren. Chronische restriktive Ventilationsstörungen und Rechtsherzinsuffizienzen können auftreten.
des Krankheitsbildes sowie von zusätzlich vorbestehenden Erkrankungen des kardiopulmonalen Systems ab. Lungenembolien mit Schocksymptomatik und schweren respiratorischen Störungen (stark herabgesetzter PO2) haben eine schlechte Prognose.
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163
8.4.1 Thrombininhibitoren
8.4
Medikamentöse Prophylaxe und Therapie
8.4.1
Thrombininhibitoren
Besonders geeignet zur Prophylaxe und Therapie der Thromboembolien sind die sog. Thrombininhibitoren, zu denen Heparin und Hirudin gehören. Heparin verbindet sich mit dem in menschlichem Blutplasma enthaltenen Eiweißkörper Antithrombin III (AT III = Gerinnungsinhibitor) zum HeparinAntithrombin-III-Komplex, der eine antithrombotische Wirkung sowohl auf das Gerinnungsenzym Thrombin als auch auf die einzelnen Gerinnungsfaktoren XII, XI, X, IX hat. Für den klinischen Gebrauch stehen unfraktioniertes Standard-Heparin (Molekulargewicht 10 000–20 000 Dalton) und niedermolekulares Heparin (MG 4000–9000 Dalton) zur Verfügung. Das unfraktionierte Standard-Heparin wirkt vorwiegend auf Thrombin, das niedermolekulare Heparin hemmt vorwiegend den Faktor Xa (d.h. den aktivierten Faktor X). Bei Gabe von unfraktioniertem Heparin ist daher vorwiegend die Thrombinzeit verlängert, bei Gabe von niedermolekularem Heparin ist die Analyse des Faktors Xa die Kontrollmethode der Wahl. Der aus Blutegeln (Hirudo medicinalis) stammende Thrombininhibitor Hirudin wird ebenfalls in seiner Wirkung durch Analyse der Thrombinzeit kontrolliert. Hirudin hemmt Thrombin selektiv, ohne dass eine Bindung des Hirudins an Antithrombin III erfolgt.
8.4
Medikamentöse Prophylaxe und Therapie 8.4.1 Thrombininhibitoren Heparin übt seine Hemmwirkung auf die Gerinnung (auf Thrombin und die Einzelfaktoren XII, XI, X und IX) nach Bindung an einen Plasmaeiweißkörper (AT III) aus.
Unfraktioniertes Standard-Heparin wirkt vorwiegend auf Thrombin, niedermolekulares Heparin hemmt vorwiegend den Faktor Xa. Kontrollmethode für unfraktioniertes Heparin ist die Thrombinzeit, für niedermolekulares Heparin die Analyse des Faktors Xa. Hirudin hemmt Thrombin selektiv (ohne sich an Antithrombin III zu binden).
n Merke. Hirudin ist in seiner Wirkungsweise unabhängig vom Vorhandensein eines normalen Antithrombin-III-Spiegels im Blut, im Gegensatz zum Heparin, das zu einer optimalen Wirkung einen normalen Antithrombin-III-Spiegel im Plasma (70–120 %) benötigt.
Prophylaktische Dosierung. Unfraktioniertes Standard-Heparin wird in einer tägliche Dosierung von 3 « 5 000 IE (d.h. 8-stündlich) bzw. von 2 « 7 500 IE (d.h. 12-stündlich) subkutan appliziert. Vom niedermolekularen Heparin wird eine 1-malige tägliche Dosis von 2 500 IE (s.c. = Anti-Xa-Einheiten) zur prophylaktischen Gabe empfohlen. Dabei sind bei den niedermolekularen Heparinen unterschiedliche Molekulargewichte und Dosierungen zu beachten! Durch eine niedrig dosierte Heparinprophylaxe (Lowdose-Heparin) kann in der Chirurgie eine erfolgreiche Reduzierung postoperativ auftretender tiefer Beinvenenthrombosen von 24,9 % auf 6,4 % erreicht werden, in der Gynäkologie von 23,8 % auf 2,5 % sowie in der inneren Medizin von 30,5 % auf 6,2 %. Bei Hüftgelenksoperationen sind wegen einer erhöhten Thromboemboliegefahr 3 « 7 500 IE unfraktioniertes Heparin täglich subkutan erforderlich. Damit kann das Auftreten tiefer Venenthrombosen von 60 % in der Kontrollgruppe auf 10,5 % in der Prophylaxegruppe reduziert werden.
Merke
Prophylaktische Dosierung unfraktioniertes Standard-Heparin: 3 x 5 000 IE s.c. (8-stündlich) oder 2 x 7500 IE s.c. (12-stündlich) π niedermolekulares Heparin: 1 x 2 500 IE s.c. π
Durch das niedrig dosierte Heparin kommt es zur Reduzierung postoperativ auftretender tiefer Beinvenenthrombosen.
Therapeutische Dosierung. Die therapeutische Heparindosierung beträgt täglich ca. 30 000–50 000 IE (high-dose). Sie erfolgt im allgemeinen als intravenöse Dauerinfusion, kann jedoch auch in 3 Dosen subkutan appliziert werden. Die partielle Thromboplastinzeit (PTT) soll dabei auf das 1,5–2fache verlängert werden. Bei einer derartigen Verlängerung der PTT ist von einer effizienten antithrombotischen Therapie auszugehen. Indikationen für eine solche therapeutische Dosierung sind: π akute Becken-Beinvenenthrombose π akute Lungenarterienembolie π akuter Myokardinfarkt.
Therapeutische Dosierung. Sie erfolgt mit unfraktioniertem Standard-Heparin 30 000–50 000 IE/d (high-dose). Kontrollmethode zum Nachweis einer effizienten Heparinisierung ist die partielle Thromboplastinzeit (PTT), die 1,5–2fach verlängert sein sollte.
Nebenwirkungen. Auch bei prophylaktischer Dosierung der angeführten
Nebenwirkungen. Heparin und Hirudin
können eine schon vorhandene Thrombininhibitoren kann eine schon vorhandene hämorrhagische Diahämorrhagische Diathese verstärken these jederzeit erheblich verstärkt werden, sodass es zu gefährlichen Bluund zu Blutungskomplikationen tungskomplikationen kommen kann. Für die therapeutische Dosierung gilt führen. diese Aussage in noch stärkerem Maße. Insofern sind sowohl bei der prophyDie Kontraindikationen sind daher laktischen als auch bei der therapeutischen Heparinapplikation die jeweils streng zu beachten. geltenden Kontraindikationen streng zu beachten! Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
164 Heparininduzierte Thrombozytopenien Ermittlung in 2 Verlaufsformen: Typ I: harmlose Form, kurzfristig reversibel π
Typ II: klinisch relevante Form mit arteriellen und venösen Thromboembolien.
Merke
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie Heparininduzierte Thrombozytopenien: Die heparininduzierten Thrombozytopenien werden neuerdings in 2 Verlaufsformen eingeteilt: Die heparininduzierte Thrombozytopenie Typ I ist harmlos, weil sie kurzfristig reversibel ist und sich unter laufender Heparinbehandlung sogar normalisiert. Mechanismus dieser Thrombozytopenie Typ I ist eine heparininduzierte Aktivierung des cAMP der Thrombozyten. Die Plättchen fallen nicht unter 100 000/ml Blut ab! Die heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II ist klinisch relevant und kann sogar für den Patienten gefährlich sein: es kommt zu einer immunologisch ausgelösten Plättchen-Zerfallsreaktion mit Ablaufen von Gerinnungsprozessen, d.h. die Thrombozytopenie wird begleitet von venösen Thrombosen, Lungenembolien, aber auch von arteriellen Komplikationen (Herzinfarkte und Schlaganfälle sind möglich. π
n Merke. Die heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II kann durch einen ELISA-Test nachgewiesen werden und sollte zum sofortigen Absetzen des Heparins Anlass geben!
Das Krankheitsbild kann auch bei scheinbar normalen Thrombozytenzahlen auftreten, wenn nämlich vorher eine Thrombozytose bestand. Merke
Niedermolekulare Heparine führen seltener zu heparininduzierten Thrombozytopenien als unfraktionierte Standardheparine und sollten daher bei Risikopatienten bevorzugt therapeutisch eingesetzt werden. Bei Diagnose einer heparininduzierten Thrombozytopenie Typ II muss Heparin sofort abgesetzt und statt dessen eine Hirudininfusion verabreicht werden.
Merke
Alternativ zum Hirudin kann bei heparininduzierter Thrombozytopenie Typ II auch Orgaran R eingesetzt werden.
n Merke. Aufgrund der gefährlichen Komplikationen bei heparininduzierter Thrombozytopenie Typ II sollte bei Heparinbehandlungen regelmäßig, mindestens 2 « wöchentlich, die Thrombozytenzahl kontrolliert werden!
Da niedermolekulare Heparine seltener (0,5 %) als unfraktionierte Standardheparine (2,5 %) zu derartigen heparininduzierten Thrombozytopenien führen, sollten bei Risikopatienten (Schock, Sepsis) bevorzugt niedermolekulare Heparine therapeutisch eingesetzt werden (oder auch Hirudin, welches neuerdings ebenfalls zur subkutanen Applikation zugelassen ist). Bei Diagnose einer heparininduzierten Thrombozytopenie Typ II muss das Heparin sofort abgesetzt werden. Es wird dann eine Hirudininfusion angesetzt in folgender Dosierung: Zur Behandlung von arteriellen oder venösen thromboembolischen Komplikationen wird ein initialer i.v. Bolus von 0,4 mg Hirudin/kg KG verabreicht, gefolgt von einer kontinuierlichen i.v. Infusion von 0,15 mg Hirudin/kg KG/Stunde für 2–10 Tage. Diese Hirudindosierung gilt also für die alleinige Hirudintherapie bei arteriellen oder venösen thromboembolischen Erkrankungen. Sofern das Hirudin begleitend parallel zu einer Thrombolysetherapie verabreicht wird, wird der intravenöse initiale Hirudinbolus niedriger dosiert, und zwar mit 0,2 mg Hirudin/kg KG, gefolgt von einer kontinuierlichen i.v. Infusion von 0,1 mg Hirudin/kg KG/Stunde für 2–10 Tage. Hirudin und thrombolytische Medikation sollten über separate intravenöse Zugänge appliziert werden. n Merke. Da Hirudin hauptsächlich renal eliminiert wird, ist während der Therapie mit Hirudin ein Monitoring der Nierenfunktion unerlässlich!
Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist die Hirudindosis anzupassen, d.h. bei Kreatininwerten von 1,6–2,0 mg/dl werden nur noch 50 % der Hirudindosis appliziert, bei Kreatininwerten von 2,1–2,5 mg/dl nur noch 25 % Hirudin der üblichen Dosierung und bei höheren Kreatininwerten nur noch 10 % der üblichen Dosierung. Alternativ zum Hirudin kann bei heparininduzierter Thrombozytopenie Typ II auch Orgaran R eingesetzt werden in folgender Dosierung:
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8.4.1 Thrombininhibitoren Bei akuter heparininduzierter Thrombozytopenie ohne Thromboembolie wird Orgaran bei Patienten mit einem Gewicht von ≤ 90 kg in einer Dosierung von 750 Anti-Xa-Einheiten subkutan appliziert 2- oder 3-mal täglich eingesetzt, und zwar für 10 Tage. Bei Patienten mit einem Gewicht von > 90 kg ist die Dosierung auf 1 250 Anti-Xa-Einheiten subkutan täglich, 2- oder 3-mal appliziert, zu erhöhen. Die Entscheidung, das Medikament 2- oder 3-mal täglich zu verabreichen, hängt von dem Thromboserisiko ab. Ein Monitoring kann mit Hilfe des Anti-Xa-Spiegels erfolgen (die Anti-Xa-Spiegel im Plasma sollte 0,4 Einheiten/ml nicht übersteigen). Hat ein Patient im Rahmen einer heparininduzierten Thrombozytopenie eine tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie erlitten, so wird Orgaran R maximal 5 Tage nach dem Auftreten der Thromboembolie in einer Dosierung von 2 500 Anti-Xa-Einheiten zunächst intravenös als Bolus appliziert, danach 4 Stunden lang intravenöse Infusion von 400 Einheiten Orgaran R pro Stunde, dann über weitere 4 Stunden 300 Einheiten pro Stunde, anschließend eine Erhaltungsinfusion von 150–200 Einheiten pro Stunde für 5–7 Tage. Dieses Dosierungsschema wird für Patienten mit einem besonders hohen Risiko der Thromboseausdehnung empfohlen. Nach mehrtägiger intravenöser Erhaltungstherapie kann der Patient entweder auf orale Antikoagulanzien oder auf Orgaran R mit 750 Anti-Xa-Einheiten subkutan 2oder 3-mal täglich umgestellt werden. π Weitere Nebenwirkungen: Eine harmlose Nebenwirkung nach längerer Heparinbehandlung ist ein meist wenig ausgeprägter, temporärer, immer reversibler Haarausfall bei 5–40 % der Patienten. Selten sind auch gelegentliche Temperaturanstiege und Urtikaria, abdominelle und kolitische Beschwerden, Symptome im Sinne eines Asthma bronchiale oder eines Quincke-Ödems während einer Heparinbehandlung zu beobachten. Eine hochdosierte Heparinbehandlung, die länger als 6 Monate durchgeführt wird, kann Knochenveränderungen im Sinne einer Osteoporose herbeiführen. Diese Problematik gilt besonders bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die im Hämodialyseprogramm stehen, wobei auch die Niereninsuffizienz schon eine Osteopathie hervorrufen kann. Selten treten Kopfschmerzen, Übelkeit, vegetative Sensationen, Pruritus und rheumatoide Schmerzen unter einer Heparinbehandlung auf.
Weitere mögliche Nebenwirkungen sind: π reversibler Haarausfall π Temperaturanstieg π Urtikaria π abdominelle Beschwerden π Bronchospastik π Quincke-Ödem π Osteoporose π Kopfschmerzen π Übelkeit π vegetative Sensationen π Pruritus π rheumatoide Schmerzen.
Kontraindikationen
Kontraindikationen
n Merke. Besonders im chirurgischen Bereich sind manifeste lokale Blutungsquellen bei Einleitung einer Behandlung mit Thrombininhibitoren auszuschließen, weil es sonst zu unerwünschten schweren Blutungskomplikationen kommen kann!
Als Kontraindikationen der Behandlung mit Thrombininhibitoren haben zu gelten: π manifeste hämorrhagische Diathese π blutende Magen-Darm-Ulzera π manifeste schwere Hypertonie, v.a. bei hypertoner Enzephalopathie und Blutungen des Augenhintergrunds π bakterielle Endokarditis π unmittelbar vorangegangene operative Eingriffe an Gehirn oder Rückenmark bei gleichzeitig bestehender signifikanter Blutungsneigung.
Antagonisierung. Bei allen gefährlichen oder gar lebensbedrohlichen Blu-
tungskomplikationen während einer Heparinbehandlung ist diese sofort abzubrechen und das zirkulierende Heparin durch Gabe von Protaminhydrochlorid zu inaktivieren. Dosierung: 1000 IE Protamin neutralisieren 1000 IE Heparin. Bei sofortiger Antagonisierung nach i.v. Gabe wird Protamin entsprechend 100 % der Heparindosis verabreicht, nach 60 Minuten werden 50 %, nach 120 Minuten 25 % der i.v. Heparindosis gegeben. Nach subkutaner Heparingabe wird Protaminsulfat (50 % der letzten Heparindosis) verabreicht.
Merke
Kontraindikationen sind: manifeste hämorrhagische Diathese π blutende Magen-Darm-Ulzera π manifeste schwere Hypertonie π bakterielle Endokarditis π unmittelbar vorausgegangene Operationen an Gehirn oder Rückenmark. π
Antagonisierung. Als Antidot gegen Heparin wird Protaminhydrochlorid i.v. verabreicht.
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8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
Bei hirudininduzierten Blutungen wird die Gabe von Prothrombinkonzentraten empfohlen. Dabei ist zu beachten, dass die Halbwertszeit von Hirudin durchschnittlich zwischen 1,6–2,6 Stunden beträgt. Durch Hämodialyse kann das Hirudin auch kurzfristig aus dem zirkulierenden Blut eliminiert werden. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist zu beachten, dass das Hirudin eine deutlich verlängerte Halbwertszeit hat, da Hirudin über die Nieren eliminiert wird.
Auch beim Einsatz von niedermolekularem Heparin kann Protaminchlorid als Antidot verwendet werden. Bei hirudininduzierten Blutungen wird die Gabe von Prothrombinkonzentraten empfohlen. Dabei ist zu beachten, dass die Halbwertszeit von Hirudin durchschnittlich zwischen 1,6–2,6 Stunden beträgt. Durch Hämodialyse kann das Hirudin auch kurzfristig aus dem zirkulierenden Blut eliminiert werden (als Notfalltherapie bei Hirudinüberdosierung mit Blutungsfolgen). Je nach Körpergewicht und je nach PTT-Verlängerung in Folge einer Hirudinüberdosierung und -blutung sollten mindestens 4–6 Prothrombinkonzentrate (zu jeweils 500 IE Gerinnungsfaktorenaktivität) im Notfall intravenös appliziert werden. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz ist zu beachten, dass das Hirudin eine deutlich verlängerte Halbwertszeit hat, da Hirudin über die Nieren eliminiert wird.
8.4.2
8.4.2
Cumarine
Cumarine
Cumarinderivate verdrängen das Vitamin K aus den Leberzellen und führen dadurch zu einer Synthesestörung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Dadurch fällt der Quickwert ab, der die Cumarinwirkung kontrolliert.
Cumarinderivate wie z.B. das Phenoprocoumon (MarcumarQ) verdrängen das Vitamin K aus den Leberzellen und führen dadurch zu einer Synthesestörung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Durch den Mangel an Vitamin K wird die Karboxilierung von Glutaminsäureresten der angeführten Gerinnungsfaktoren nicht mehr katalysiert, so dass diese Gerinnungsfaktoren ihre Funktionsfähigkeit einbüßen. Es kommt also zu einem messbaren Abfall der Aktivität der Faktoren II, VII, IX und X im Plasma, welche durch Analyse der Thromboplastinzeit (= Quickwert) erfasst werden kann.
Prophylaktische Dosierung. Angestrebte therapeutische Bereiche zur Rezidivprophylaxe ( 2 A-8.6): π Becken-Beinvenenthrombose: QuickWert um 30 % π Mitralklappenvitien: Quick-Wert 20–25% π Aortenklappenvitien: Quick-Wert 25–30%.
Prophylaktische Dosierung. Bei verschiedenen Indikationen sind verschie-
Statt des Quick-Wertes wird heute häufig die INR angegeben ( 2 A-8.7).
dene therapeutische Bereiche der Cumarintherapie anzustreben: Bei der Becken-Beinvenenthrombose reichen im Allgemeinen zur Rezidivprophylaxe Quick-Werte um 30 % aus. Bei Mitralklappenvitien sind QuickWerte um 20–25 % zur antithrombotischen Thromboembolieprophylaxe einzustellen, bei Aortenklappenvitien Quick-Werte um 25–30 %. Diese Aussagen gelten für die Kunstklappen in den angeführten Positionen ( 2 A-8.6).
2 A-8.6
Empfehlungen zu den verschiedenen indikationsabhängigen therapeutischen Bereichen der oralen Antikoagulation
Indikation
INR
Quick-Wert (Thromborel Q S)
N primäre venöse Thromboembolieprophylaxe n (z.B. perioperativ)
1,5–2,5
ca. 30–40 %
N sekundäre venöse Thromboembolieprophylaxe n Herzklappenbioprothesen (nichtrheumatisches Vorhofflimmern)
2,0–3,0
ca. 25–35 %
N kardiale und arterielle Thromboembolien prophylaxe (z.B. mechanische Herzklappen)
3,0–4,5
ca. 15–25 %
Statt des Quick-Wertes wird heutzutage häufig die International Normalized Ratio (INR) angegeben ( 2 A-8.7).
2 A-8.7
Bestimmung der International Normalized Ratio (INR) TPZ des Patientenplasmas in s
PR
=
ISI
= International Sensitivity Index, bezogen auf das jeweilige WHO-Referenzthromboplastin
INR
= PR ISI
TPZ von Normalplasma in s
PR = Prothrombinzeit-Ratio
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8.4.2 Cumarine Bei normalem Quickwert (als Ausgangswert) kann bei Erwachsenen die Dosierung z.B. nach folgendem Schema erfolgen (MarcumarQ, 1 Tabl. = 3 mg): π 1. Behandlungstag: 4 Tabletten π 2. Behandlungstag: 3 Tabletten π 3. Behandlungstag: Dosierung nach Quickwert, INR. Überlappend ist eine Heparintherapie bis zur erfolgreichen Einstellung des Quickwertes notwendig.
Interaktionen. 1⁄3 der mit oralen Antikoagulanzien behandelten Patienten
nehmen aufgrund anderer Indikationen interferierende Medikamente ein. Eine Wirkungssteigerung der Cumarine erfolgt z.B. durch: π NSAR (Verdrängung aus der Eiweißbindung) π Antibiotika (verminderte enterale Vitamin-K-Bildung und Resorption) π Thrombozytenaggregationshemmer π Heparin π Pyrazolderivate π Clofibrat π Cimetidin π Lokalanästhetika. Eine Wirkungsminderung der Cumarine erfolgt z.B. durch: Barbiturate (Enzyminduktion in der Leber) π Antiepileptika (Enzyminduktion in der Leber) π Rifampicin (Enzyminduktion in der Leber) π Digitalis π Diuretika π Kortikosteroide π Vitamin-K-reiche Ernährung.
Interaktionen. Bei der oralen Antikoagulation mit Cumarinderivaten sind Interaktionen mit anderen Medikamenten möglich. Wirkungssteigerung: π NSAR π Antibiotika π Thrombozytenaggregationshemmer π Heparin π Pyrazolderivate π Clofibrat π Cimetidin π Lokalanästhetika. Wirkungsverminderung: Barbiturate π Antiepileptika π Rifampicin π Digitalis π Diuretika π Kortikosteroide π Vitamin K.
π
π
Eine regelmäßige Kontrolle der Wirkung der Cumarinderivate durch eine Quickwertanalyse ist notwendig. Auf diese Weise sind unerwünschte Interaktionen mit anderen Medikamenten am besten zu erfassen.
Über- oder Unterdosierungseffekte können durch eine regelmäßige Quickwertkontrolle erfasst werden.
Kontraindikationen. Vergleichbar der Heparintherapie sind folgende wesentliche Kontraindikationen einer Cumarinprophylaxe anzuführen: π manifeste hämorrhagische Diathesen π manifeste Magen-Darm-Ulzera mit aktueller Blutungsneigung π Lebererkrankungen mit signifikanter Faktorensynthesestörung (Faktoren II, VII, IX und X) π manifeste, schwere, therapieresistente Hypertonie ( 1 A-8.10 ). π wenige Wochen zurückliegender zerebraler Insult π intrazerebrale Metastasen π blutende Nephrolithiasis π Gravidität (vor allem in den ersten Monaten wegen der Gefahr von Missbildungen) π blutende Hämorrhoiden π Malabsorptionssyndrome π kavernöse und ggf. blutende Lungentuberkulose π Retinopathie mit Fundusblutungen π bakterielle Endokarditis π traumatische Blutungen oder chirurgische Eingriffe am ZNS (innerhalb der ersten 8–10 Tage) π mangelnde Mitarbeit des Patienten (Debilität) π Dauerkatheter mit Blutungsneigung π schwerer Alkoholismus π Leukämien.
Kontraindikationen. Wesentliche Kontraindikationen einer Cumarinprophylaxe sind: π manifeste hämorrhagische Diathesen π manifeste Magen-Darm-Ulzera mit Blutungsneigung π Lebererkrankungen mit signifikanter Faktorensynthesestörung π manifeste schwere, therapieresistente Hypertonie ( 1 A-8.10). π Z.n. zerebralem Insult π intrazerebrale Metastasen π blutende Nephrolithiasis π Gravidität (1. Trimenon) π blutende Hämorrhoiden π Malabsorptionssyndrome π blutende Lungentuberkulose π Retinopathie mit Fundusblutungen π bakterielle Endokarditis π traumatische Blutungen oder chirurgische Eingriffe am ZNS π mangelnde Mitarbeit des Patienten π Dauerkatheter mit Blutungsneigung π schwerer Alkoholismus π Leukämien.
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8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
1 A-8.10
Linkshirnige Massenblutung unter oraler Antikoagulation Pathologischanatomisches Hirnpräparat einer 74-jährigen Patientin mit schlecht eingestellter arterieller Hypertonie.
Antagonisierung. Vitamin K wirkt der Cumarintherapie entgegen, hat jedoch keinen Soforteffekt. Erst nach 36 Stunden sind relevante Erhöhungen des Quick-Wertes nach oraler Vitamin-K-Gabe zu verzeichnen.
Merke
Antagonisierung. Durch Vitamin-K-Gabe kann die Wirkung der Cuma-
rinderivate aufgehoben bzw. weitgehend reduziert werden. Dabei hat Vitamin K keinen Soforteffekt! Erst nach 36 Stunden sind relevante Erhöhungen des Quick-Wertes nach oraler Vitamin-K-Gabe zu verzeichnen (eine intravenöse Gabe ist wegen Nebenwirkungen vom Hersteller als gefährlich eingestuft worden, angeblich sind nach intravenöser Vitamin-K-Applikation Schockzustände aufgetreten). n Merke. Bei Blutungen unter Cumarintherapie bei zu niedrigen Quick-Werten ist als einzige Sofortmaßnahme die Applikation von Prothrombinkonzentraten anzusehen.
Dosierung PPSB: Substitutionseinheiten = (Differenz zwischen aktuellem Quickwert und gewünschtem Quickwert) « kg KG. Beispiel: Um bei einem 70 kg schweren Patienten den Quickwert um 20 % zu erhöhen, sind 1400 IE PPSB notwendig. Langsame intravenöse Applikation über 5 Minuten.
8.4.3 Therapeutische Defibrinogenierung Ziel der Therapie mit Ancrod und Batroxobin ist die langsame Senkung des Fibrinogenspiegels und damit Senkung der Blutviskosität zur Behandlung peripherer arterieller Verschlüsse der unteren Extremitäten.
Diese Therapie wird vor allem bei der Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit eingesetzt.
8.4.3
Therapeutische Defibrinogenierung
Die aus Schlangengiften gewonnenen Fraktionen Ancrod (ArwinQ) und Batroxobin (DefibraseQ) wirken prokoagulatorisch, indem sie nur das Fibrinopeptid A vom Fibrinogen abspalten. Dadurch entstehen leicht lösliche Fibrinmonomere, die vom körpereigenen fibrinolytischen Potenzial rasch eliminiert werden. Ziel der Therapie ist die langsame Senkung des Fibrinogenspiegels durch subkutane Injektionen und damit Senkung der Blutviskosität (Plasmaviskosität) mit entsprechender Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes. Diese Therapie wird vor allem bei der Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit eingesetzt. Zur Verlaufskontrolle genügt hierbei die Fibrinogenbestimmung; Messungen der Blutviskosität (Plasmaviskosität) sind natürlich auch geeignet.
Fibrinolysetherapie
8.4.4 Fibrinolysetherapie
8.4.4
Folgende Fibrinolyseaktivatoren können Plasminogen in Plasmin umwandeln, welches Fibrinthromben proteolytisch abbaut: Streptokinase, Urokinase und rt-PA.
Durch die Fibrinolyseaktivatoren Streptokinase, Urokinase oder rt-PA (= recombinant tissue plasminogen activator, Fibrinolyseaktivator aus Gewebszellen) kann das Proenzym Plasminogen, das im menschlichen Blut bzw. Plasma enthalten ist, in seine aktive Enzymform, das Plasmin, umgewandelt werden. Plasmin ist in der Lage, Fibrinthromben fibrinolytisch aufzulösen und dadurch bei der Beinvenenthrombose, bei der Lungenarterienembolie und beim Herzinfarkt therapeutisch wirksam zu werden. Wichtig ist bei den
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8.4.4 Fibrinolysetherapie angeführten drei Indikationen, dass der Patient der fibrinolytischen Therapie rasch zugeführt wird, dass also unnötige Verzögerungen, die den therapeutischen Erfolg verhindern können, unterbleiben.
Voraussetzungen. Wichtigste Voraussetzungen zur Durchführung einer Thrombolysetherapie ist die sofortige Diagnosestellung nach Auftreten der ersten Symptome bei akutem Herzinfarkt ( 1 A-8.11), akuter Becken-Beinvenenthrombose, Lungenembolie und akutem arteriellen (thrombotischen oder embolischen) Verschluss. Die rasche Diagnosestellung mit der Konsequenz einer sofortigen Therapie ist von großer praktischer Bedeutung, da das Ausmaß akuter ischämischer Organschäden bei arteriellen Verschlüssen (z.B. Myokardnekrose beim Herzinfarkt) durch eine sofort einsetzende Fibrinolysetherapie (z.B. schon präklinisch im Notarztwagen) signifikant gesenkt werden kann. Bei venösen Becken-Beinvenenthrombosen ist eine rasch einsetzende Thrombolysetherapie wesentlich, da mit zunehmender Organisation des Thrombus durch einwachsende Fibroblasten eine Lyse erschwert bzw. unmöglich wird.
1 A-8.11
Voraussetzungen. Wichtigste Voraussetzung ist die sofortige Diagnosestellung bei akutem Herzinfarkt ( 1 A-8.11), akuter Becken-Beinvenenthrombose, Lungenembolie und akutem arteriellen Verschluss.
Lokale Fibrinolysetherapie bei Hinterwandinfarkt
a Koronarangiographisch dargestellter Verschluss (Á) der A. coronaria dextra.
b Z.n. lokaler koronarer Fibrinolyse über liegenden Koronarkatheter mit Wiedereröffnung der A. coronaria dextra.
n Merke. Wird mit einer Thrombolysetherapie erst nach dem 5. Tag nach Entstehung einer Thrombose begonnen, ist die Prognose im Hinblick auf den Behandlungserfolg eingeschränkt im Vergleich zu einem sofortigen Behandlungsbeginn.
Dies gilt auch für die alternativ zur Verfügung stehende chirurgische Methode der venösen Thrombektomie. Da die charakteristische Symptomatik (Schwellung, Blauverfärbung, Druckschmerz im Verlauf der betroffenen Vene) nur in ca. 50 % zu beobachten ist, sollte stets eine Phlebographie zur Diagnosestellung bzw. Dokumentation von Lokalisation und Größe des Thrombus bereits im Verdachtsfall durchgeführt werden. Zusätzlich kann der Einsatz der Duplex-Sonographie erfolgen.
Techniken. Neben der systemischen Fibrinolyse kommt heute zunehmend
auch die lokale Fibrinolysetherapie mittels eines vor den Thrombus bzw. Embolus platzierten Katheters zum Einsatz ( 1 A-8.12). Die perkutane transluminale Angioplastie (PTA) in Kombination mit einer lokalen Fibrinolysetherapie gewinnt bei der Therapie der chronisch-arteriellen Verschlusskrankheit zunehmend an Bedeutung. Eine lokale intraarterielle Fibrinolyse hirnversorgender Arterien befindet sich noch im Stadium der experimentellen Therapie. Erste Erfolge konnten bei vertebrobasilären Verschlüssen, Verschlüssen im Karotisstromgebiet und Zentalarterien- oder Zentralarterienastverschlüssen erzielt werden.
Merke
Die rasche Diagnosestellung bei venösen Becken-Beinvenenthrombosen erfolgt mittels Phlebographie.
Techniken. Zum Einsatz kommen systemische Fibrinolyse π lokale Fibrinolyse ( 1 A-8.12). π
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170 1 A-8.12
8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
Fibrinolysetherapie bei Beinvenenthrombose rechts
a Frische rechtsseitige venöse Thrombosierung der V. femoralis und V. saphena magna.
b Nach 3-tägiger Fibrinolysetherapie mit Streptokinase teilweise Wiedereröffnung der V. saphena, jedoch nicht der V. femoralis.
c Nach 6-tägiger Fibrinolysetherapie vollständige Wiedereröffnung der V. saphena und V. femoralis; phlebographische Dokumentation der intakten Venenklappen.
48-jährige Patientin mit Z. n. 2-wöchiger Immobilisation aufgrund eines grippalen Infektes.
Therapieschemata. Die systemische Lyse bei Becken-Beinvenenthrombosen kann als π konventionelle StreptokinaseTherapie π oder ultrahochdosierte Streptokinase-Therapie π oder konventionelle UrokinaseTherapie π oder als rt-PA-Therapie erfolgen.
Therapieschemata. Systemische Lyse bei Becken-Beinvenenthrombosen:
Die Lysetherapie bei akutem Herzinfarkt (systemische Notfall-Lyse) erfolgt mit rt-PA. Ab dem 2. Behandlungstag wird bei konventioneller Streptokinase- und Urokinasetherapie zusätzlich Heparin verabreicht.
Lysetherapie bei akutem Herzinfarkt (systemische Notfall-Lyse): initiale Gabe von 15 mg rt-PA i.v. als Bolus über 2 Minuten, anschließend zunächst Infusion von 50 mg rt-PA über 30 Minuten, dann Infusion von 35 mg rt-PA über 1,5 Stunden (= sog. »2-Stunden-Lyse«). Bei den konventionellen Streptokinase- und Urokinase-Dosierungsschemata wird im Allgemeinen ab dem 2. Lysetag (bei rückläufiger Verlängerung der zur Kontrolle eingesetzten Thrombinzeit) zusätzlich Heparin verabreicht. Die Dosierung des Heparins beträgt je nach Thrombinzeit, PTT oder auch Reptilasezeit 15 000–20 000–30 000 IE/24 h, wobei sich die jeweilige Heparindosis an der ausreichenden oder unzureichenden Verlängerung von Thrombinzeit oder PTT orientieren muss. Dieser Gesichtspunkt gilt besonders für niedriger dosierte Urokinase- oder rt-PA-Lysetherapien.
Bei der lokalen Fibrinolyse erfolgt initial die Applikation von Heparin, eine Kompressionstherapie und Hochlagerung der Extremität. Um das Fibrinolytikum am Wirkort der phlebographisch lokalisierten Thrombose zu konzentrieren, werden am Bein verschiedene »Staustufen« mit unterschiedlichen Druckmanschetten und unterschiedlichen Drücken eingerichtet.
Lokale Fibrinolysetherapie: Nach Sicherung der Diagnose erhalten alle Patienten sofort Heparin intravenös (30 000 IE/24 Stunden), eine Kompressionstherapie (Thrombosestrümpfe) sowie eine Hochlagerung der betroffenen Extremität. Um das Fibrinolytikum am Wirkort der phlebographisch lokalisierten Thrombose zu konzentrieren, werden am Bein verschiedene »Staustufen« mit unterschiedlichen Druckmanschetten und unterschiedlichen Drücken eingerichtet, wobei der proximale Abfluss zumindest teilweise offen sein muss, da der freie Blutfluss eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Lyse ist. So kommen bei einer Oberschenkelvenenthrombose drei verschiedene Stauebenen in Frage: auf der Höhe des Knöchels, der
π
π
π
π
konventionelle Streptokinase-Therapie mit initial 250 000 IE/20–30 Minuten, dann Erhaltungsdosis von 100 000 IE/h i.v. über 3–6 Tage alternativ ultrahochdosierte Streptokinase-Therapie mit 1,5 Mio. IE/h i.v. in 1–3 Zyklen über 6 Stunden alternativ konventionelle Urokinase-Therapie mit initial 500 000 IE/20 Minuten, dann Erhaltungsdosis von 100 000 IE/h i.v. über 7–14 Tage. alternativ Lysetherapie mit rt-PA mit initial 5–15 mg/1–2 Minuten, dann Erhaltungsdosis von ca. 0,3–0,5 mg/kg KG/d über 7 Tage.
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8.4.4 Fibrinolysetherapie Boyd- und der Dodd-Perforansvenen, wobei Kinder-, Normal- und Großmanschetten eingesetzt werden. Die Patienten erhalten pro Lysezyklus innerhalb von 8 Stunden 20 mg Alteplase zusammen mit 8 000 IE Heparin über einen venösen Zugang am Fußbzw. Handrücken. Zwischen den einzelnen Zyklen wird Heparin intravenös in einer Dosis von ca. 1500–2000 IE pro Stunde gegeben, bzw. anhand der Verlängerung der PTT gesteuert, bis diese auf das 1,5- bis 2fache der Norm verlängert ist. Nach dem ersten Behandlungszyklus wird die Therapie am nächsten Tag wiederholt, danach erfolgt eine phlebographische Kontrolle. Bleibt der Lyseerfolg aus, so folgen weitere Zyklen, bei denen die rt-PA-Dosis auf 40 mg pro Zyklus erhöht werden kann.
Therapiekontrolle. Die Kontrolle der Fibrinolysetherapie erfolgt durch
Messung der Fibrinspaltprodukte und der Thrombinzeit (Ziel 2–3fache Erhöhung gegenüber dem Ausgangswert) unter gleichzeitiger Kontrolle der PTT (Ziel 1,5–2fache Erhöhung gegenüber dem Ausgangswert) und des Quickwertes. Bei gleichzeitiger Gabe von Fibrinolytika und Heparin können fibrinolytischer Effekt und Heparinwirkung durch die parallele Bestimmung von Thrombinzeit und Reptilasezeit voneinander abgegrenzt werden: Heparin verlängert die Thrombinzeit, nicht jedoch die Reptilasezeit, während Fibrinolytika sowohl Thrombinzeit als auch Reptilasezeit verlängern.
Pro Lysezyklus werden Alteplase und Heparin über einen venösen Zugang am Fuß- bzw. Handrücken appliziert. Zwischen den Zyklen wird Heparin PTT-gesteuert verabreicht.
Therapiekontrolle. Die Kontrolle der Fibrinolysetherapie erfolgt durch Messung der Fibrinspaltprodukte und der Thrombinzeit unter gleichzeitiger Kontrolle der PTT und des Quickwertes. Fibrinolytischer Effekt und Heparinwirkung können durch die parallele Bestimmung von Thrombinzeit und Reptilasezeit voneinander abgegrenzt werden.
Nachbehandlung. Nach fibrinolytischer Therapie eines akuten Herzinfarktes sowie nach lokaler oder systemischer Thrombolyse arterieller Verschlüsse erfolgt entweder unter überlappender Heparintherapie die Einstellung auf ein Cumarinderivat (Ziel: Quick 15–30 %) oder die Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg/d. Nach fibrinolytischer Behandlung venöser Thrombosen, v.a. im BeinBeckenbereich, wird eine mindestens 3-monatige Cumarintherapie angeschlossen. Bei schlechtem Erfolg der Fibrinolyse mit noch bestehenden Thrombosen kann eine Cumarintherapie von bis zu mehreren Jahren notwendig werden. Die Gabe von ASS ist hier wirkungslos! Auch nach einer Lungenembolie erfolgt die Durchführung einer Cumarinprophylaxe für 3–6 Monate.
Nachbehandlung π Z.n. Herzinfarkt: Cumarinderivat oder ASS π Z.n. arteriellem Verschluss: Cumarinderivat oder ASS π Z.n. venöser Thrombose: Cumarinderivat π Z.n. Lungenembolie: Cumarinderivat.
Kontraindikationen. Entscheidend für den Erfolg einer fibrinolytischen Therapie ist auch die Beachtung der Kontraindikationen, die für alle Fibrinolytika gelten. Absolute Kontraindikationen sind: π hämorrhagische Diathese π gastroduodenale Ulzera π Hämaturie π manifeste Hypertonie (fixierte diastolische Werte > 110 mmHg oder Fundus hypertonicus III–IV) π Retinopathia diabetica III–IV π vorausgegangene enzephalomalazische Insulte π Mitralvitien mit nachgewiesenen Vorhofthromben π Z.n. frischen operativen Eingriffen (in Abhängigkeit von Art und Dauer; Fibrinolyse meist erst nach 12 Tagen möglich) π Z.n. konventioneller Arteriographie (Fibrinolyse nach 7 Tagen möglich) π Gravidität im 1. Trimenon (Gefahr eines Aborts).
Kontraindikationen. Absolute Kontraindikationen sind: π hämorrhagische Diathese π gastroduodenale Ulzera π Hämaturie π manifeste Hypertonie π Retinopathia diabetica III–IV π vorausgegangene enzephalomalazische Insulte π Mitralvitien mit nachgewiesenen Vorhofthromben π Z.n. frischen operativen Eingriffen π Z.n. konventioneller Arteriographie π Gravidität im 1. Trimenon.
Zu den relativen, wenig beachteten Kontraindikationen gehören intramuskuläre Injektionen während der zurückliegenden 7 Tage, wobei in diesen Fällen individuell über das Vorgehen entschieden werden muss.
Relative Kontraindikationen sind eine intramuskuläre Injektion während der zurückliegenden 7 Tage.
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8 Blutgerinnung, Thrombose, Embolie
8.4.5
Inhibitorentherapie bei Hyperfibrinolyse Indikation zur Verabreichung von Aprotinin oder Tranexamsäure ist vor allem die hyperfibrinolytische Blutung, z.B. nach Einsatz der Herz-LungenMaschine.
8.4.6
Substitution von Gerinnungsinhibitoren bei Inhibitorenmangel
Einer durch AT-III-Mangel induzierten Thrombosegefahr kann durch AT-IIISubstitution entgegengewirkt werden.
Auch bei Protein-C- oder Protein-SMangel kann eine entsprechende Substitution die Entstehung einer Thrombose verhindern.
8.4.7
Thrombozytenfunktionshemmer Sie wirken der Thromboseneigung durch gesteigerte Thrombozytenfunktion, besonders im arteriellen Gefäßsystem, entgegen. Am wirksamsten ist die Acetylsalicylsäure (ASS). Tägliche Gaben von 100 mg ASS schützen vor zerebralen Durchblutungsstörungen und Herzinfarkt. Auch als Rezidivprophylaxe nach Operationen peripherer arterieller Gefäße ist ASS in der genannten Dosierung wirksam.
Nebenwirkungen. ASS kann zu einer erosiven Gastritis führen. Auch in anderen Bereichen (z.B. Darm) können Blutungskomplikationen auftreten, jedoch deutlich seltener als bei Heparin- oder Cumarintherapie. Merke
8.4.5
Inhibitorentherapie bei Hyperfibrinolyse
Fibrinolytische Blutungen können mittels Antifibrinolytika zum Stehen gebracht werden. Im Bereich der Chirurgie sind vor allem die hyperfibrinolytischen Blutungen nach Einsatz der Herz-Lungen-Maschine eine Indikation zum Einsatz der Fibrinolysehemmer Aprotinin (z.B. TrasylolQ), ein Serinproteaseninhibitor, und Tranexamsäure (z.B. Ugurol). Das Aprotinin wird wegen seiner gleichzeitig plättchenstabilisierenden Wirkung seit einigen Jahren vermehrt bei Operationen, insbesondere in der Thoraxchirurgie, eingesetzt.
8.4.6
Substitution von Gerinnungsinhibitoren bei Inhibitorenmangel
Besonders bei vorangegangenen Verbrauchskoagulopathien oder Leberschäden kann es zum Antithrombin-III-Mangel (< 70 %) kommen, der wiederum eine vermehrte Thrombosegefahr darstellt. Hierbei ist heute eine Antithrombin-III-Substitution möglich, um einen solchen Inhibitorenmangel und die daraus resultierende Thromboseneigung zu verhindern. Bei AT-IIISubstitution (z.B. mit KyperninQ) bewirkt die Gabe von 1 IE/kg KG eine Anhebung des AT-III-Spiegels um 1 %. In gleicher Weise können heute auch andere Gerinnungsinhibitoren, deren Mangel (angeboren oder bei Leberschaden) zu einer Thromboseneigung führt (Protein-C-Mangel, Protein-S-Mangel), durch entsprechende therapeutische Präparate substituiert werden. Die jeweilige Indikationsstellung sollte sich an entsprechenden Spezialanalysen orientieren.
8.4.7
Thrombozytenfunktionshemmer
Eine krankhaft gesteigerte Thrombozytenfunktion kann wesentlich zur Thromboseneigung, besonders im Bereich des arteriellen Gefäßsystems beitragen. Thrombozytenfunktionshemmer sind also in der Lage, die dadurch ausgelöste Thromboseneigung antithrombotisch zu beeinflussen. Am bekanntesten und weltweit am besten untersucht ist als Thrombozytenfunktionshemmer die Acetylsalicylsäure (ASS). Acetylsalicylsäure (ASS) hemmt die Zyklooxygenase, so dass die thrombosefördernde Substanz Thromboxan weniger gebildet wird, d.h. antithrombotischer Effekt erreicht wird. Zwischenzeitlich konnte in großen klinischen Studien nachgewiesen werden, dass die tägliche Gabe von 100 mg Acetylsalicylsäure einen wirksamen Schutz gegen das Auftreten einer zerebralen Zirkulationsstörung oder eines Herzinfarktes darstellt. Aber auch nach der Operation peripherer Gefäße wird als Rezidivprophylaxe Acetylsalicylsäure verabreicht. Im venösen Bereich ist die Acetylsalicylsäure allerdings weniger wirksam und sollte daher in der Prophylaxe venöser Thrombosen nicht eingesetzt werden, da hierbei Heparin und Cumarine deutlich überlegen sind. Weitere Thrombozytenfunktionshemmer sind: Dextran (wird intravenös verabreicht, z.B. bei Thrombosen im Bereich des Augenhintergrundes), Dipyridamol und Ticlopidine.
Nebenwirkungen. ASS kann zu einer erosiven (hämorrhagischen) Gastritis
führen. Auch in anderen Bereichen (z.B. Darm) können Blutungskomplikationen auftreten, jedoch deutlich seltener als bei Heparin- oder Cumarintherapie.
n Merke. ASS sollte 5 Tage vor operativen Eingriffen abgesetzt werden, da die ASS-induzierte Blutungsneigung nach Absetzen noch mindestens 5 Tage andauert.
Bei prädisponierten Patienten kann es zur Auslösung eines Bronchospasmus (asthmoide Überempfindlichkeitsreaktion) kommen. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
8.4.7 Thrombozytenfunktionshemmer
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Antagonisierung von ASS präoperativ durch Desmopressin (DDAVP)
Antagonisierung von ASS präoperativ durch Desmopressin (DDAVP)
Eine Normalisierung der Thrombozytenfunktion wurde bei Patienten mit ASS-induzierter Thrombopathie unter DDAVP-Gabe mehrfach beschrieben. Die Normalisierung der Plättchenfunktion erfolgte schon eine Stunde nach i.v. Gabe von DDAVP (0,3 mg/kg KG), d.h. eine Ampulle pro 10 kg Körpergewicht. In gleicher Weise kann die Gabe von Desmopressin (MinirinQ) nicht nur bei ASS-Therapie antagonistisch wirken, sondern auch beim Von-Willebrand-Syndrom die Plättchenfunktion normalisieren.
Durch Gabe von DDAVP kann eine Normalisierung der Thrombozytenfunktion erreicht werden.
Neuere Thrombozytenfunktionshemmer nach kardiovaskulären Eingriffen
Neuere Thrombozytenfunktionshemmer nach kardiovaskulären Eingriffen
Der Einsatz der neueren Plättchenfunktionshemmer erfolgt zur Zeit vorwiegend noch im kardiologischen Bereich. Nach Stent-Implantationen, nach Einsatz von Gefäßprothesen usw. wird sich die Therapie mit diesen neueren Thrombozytenfunktionshemmern in absehbarer Zeit auch im kardiovaskulären chirurgischen Bereich durchsetzen, wobei erste Studien positive Ergebnisse signalisieren ( 1 A-8.13).
Der Einsatz der neueren Plättchenfunktionshemmer erfolgt zur Zeit vorwiegend noch im kardiologischen Bereich.
1 A-8.13
Synopsis Sequenzielle Schritte der Plättchenaktivierung und ihre pharmakologische Beeinflussung durch Acetylsalicylsäure (ASS), Thienopyridine (Ticlopidin, Clopidogrel) und GP-IIb-IIIa-Antagonisten (Abciximab, Integrilin, Tirofiban)
endotheliale Dysfunktion
GP Ib-IX vWF GP IIb-IIIa
Plättchenadhäsion Clopidogrel Ticlopidin
ADP Plättchenaktivierung
ASS
TXA2 Plättchensekretion
GP IIb-IIIa
Plättchenaggregation
Abciximab Integrilin Tirofiban
GP = Glykoprotein vWF = von-Willebrand-Faktor ADP = Adenosindiphosphat TXA2 = Thromboxan A2 (nach Schrör 1998).
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Chirurgische Diagnostik
9
9
Chirurgische Diagnostik
Michael Dürig Die chirurgische Diagnostik umfasst: π die Erhebung der Vorgeschichte einschließlich der aktuellen Beschwerden π die gezielte Untersuchung des lokalen Krankheitsbefundes π die allgemeine körperliche Untersuchung π die befundbezogene bildgebende Untersuchung π die endoskopische Darstellung des krankhaften Befundes π die Beurteilung der Operabilität und Überprüfung der Operationsindikation.
9.1
Anamnese
Aus dem ersten Kontakt zwischen Arzt und Patient ergeben sich wichtige psychodynamische Interaktionen, die das weitere Verhältnis wesentlich bestimmen. Erst durch Vertrauen in die ärztliche Fachkompetenz als auch durch die persönliche Akzeptanz wird der Patient die Compliance gewährleisten, die unabdingbare Voraussetzung jeder Therapie ist. Der Kontakt zwischen Arzt und Patient wird am schnellsten aufgebaut, wenn der Patient den Grund seines Arztbesuches, nämlich die aktuellen Beschwerden, zuerst frei schildern kann und später auf die π persönliche Anamnese π Familienanamnese π das soziale Umfeld eingegangen wird. n Merke. Der exakten Anamneseerhebung ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen, da ca. 50 % aller Diagnosen aufgrund der Anamnese und 30 % aufgrund der klinischen Untersuchung gestellt werden.
9.1.1
Aktuelle Beschwerden
Sie umfasst die π Erhebung der Vorgeschichte einschließlich der aktuellen Beschwerden π gezielte Untersuchung des lokalen Krankheitsbefundes π die allgemeine körperliche Untersuchung π die befundbezogene bildgebende Untersuchung π die endoskopische Darstellung des krankhaften Befundes π die Beurteilung der Operabilität. 9.1
Anamnese
Zunächst sollte der Patient seine aktuellen Beschwerden frei schildern, danach sollte auf die π persönliche Anamnese π die Familienanamnese π das soziale Umfeld eingegangen werden. Merke
9.1.1
Aktuelle Beschwerden
Schmerzen
Schmerzen
Für die Beurteilung von Schmerzangaben geben der Beginn, die Intensität, der Schmerzverlauf (Dauerschmerz, rezidivierender Schmerz), die Lokalisation, die Schmerzausstrahlung und gegebenenfalls Begleitsymptome richtungweisende Anhaltspunkte für die differenzialdiagnostischen Überlegungen. Bei der Beurteilung von Schmerzempfindungen muss berücksichtigt werden, dass sie über zwei Systeme vermittelt werden.
Der viszerale Schmerz wird über die Fasern des vegetativen Nervensystems aus Eingeweiden und Peritoneum viscerale vermittelt. Hauptursachen sind rasche, massive Druckerhöhung oder Ischämie in Hohlorganen, Kapselspannung parenchymatöser Organe sowie intensive Kontraktionen der glatten Muskulatur. Zu den vegetativen Nebenerscheinungen gehören Unruhe, Nausea, Erbrechen, Blässe und Schwitzen. Die Schmerzempfindung ist diffus und nicht organbezogen ( 1 A-9.1 a). Der somatische Schmerz findet seine Ursache im Peritoneum parietale und dem Mesenterialansatz. Die Schmerzleitung erfolgt segmental und seitengetrennt und kann gut lokalisiert werden ( 1 A-9.1 b). Durch Bewegung und Palpation kann eine Intensivierung des Schmerzes ausgelöst werden. Ursache ist eine lokale Reizung des Peritoneums oder Mesenterialansatzes (z.B. Entzündung, Tumorinfiltration, Verletzung).
Viszeraler Schmerz: Er wird über die Fasern des vegetativen Nervensystems aus Eingeweiden und Peritoneum viscerale vermittelt. Hauptursachen sind rasche, massive Druckerhöhung oder Ischämie in Hohlorganen, Kapselspannung parenchymatöser Organe sowie intensive Kontraktionen der glatten Muskulatur. Zu den vegetativen Nebenerscheinungen gehören Unruhe, Nausea, Erbrechen, Blässe und Schwitzen. Die Schmerzempfindung ist diffus und nicht organbezogen ( 1 A-9.1 a). Somatischer Schmerz: Er findet seine Ursache im Peritoneum parietale und dem Mesenterialansatz. Die Schmerzleitung erfolgt segmental, seitengetrennt und kann gut lokalisiert werden ( 1 A-9.1 b). Durch Bewegung und Palpation kann eine Intensivierung des Schmerzes ausgelöst werden. Ursache ist eine lokale Reizung des Peritoneums oder Mesenterialansatzes (z.B. Entzündung, Tumorinfiltration, Verletzung).
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9 Chirurgische Diagnostik
1 A-9.1
Synopsis Schmerzleitungsbahnen
Von den Bauchorganen ausgehende Schmerzqualitäten sind der (a) viszerale Anfangs- und der somatische (b) Folgeschmerz. Die Schleimhautentzündung des Wurmfortsatzes ist Ursache des viszeralen Oberbauchschmerzes. Erreicht die Entzündung die Serosa der Appendix, tritt über den Peritonealreiz der somatische Schmerz im rechten Unterbauch auf.
a
b
1 A-9.2 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Synopsis Zuordnung der Head-Zonen zu Organen
Zwerchfell (C 4) Herz /Th 3–4 ) Ösophagus (Th4–5 ) Magen (Th8) Leber–Gallenblase (Th8–11 ) Dünndarm (Th 10 ) Dickdarm (Th11 ) Harnblase (Th 11 –L 1) Niere und Hoden (Th 10 –L 1)
1
Th 4
2 3
Th 8 4 Th 10 Th 12 L1
5 6 7 8 9
Übertragene Schmerzen (referred pain) sind Schmerzreize, die von inneren Organen auf entsprechende Dermatome der Haut (Head-Zonen) projiziert und dort fälschlicherweise empfunden werden (Abb. A-9.2).
Da afferente, vegetative Fasern aus den inneren Organen mit den afferenten somatischen Fasern aus entsprechenden Dermatomen gemeinsam in das Hinterhorn einstrahlen, können Schmerzreize auf entsprechende Dermatome der Haut (Head-Zonen) projiziert und dort fälschlicherweise als übertragener Schmerz (referred pain) empfunden werden (Abb. A-9.2).
Funktionsstörungen
Funktionsstörungen
Hierzu gehören Unregelmäßigkeiten des willkürlichen Systems, als auch Funktionsstörungen des vegetativen Systems.
Hierzu gehören Unregelmäßigkeiten des willkürlichen Systems wie Gang, Körperhaltung und Kraftübertragung auf die Muskulatur als auch Funktionsstörungen des vegetativen Systems wie Atmung, Verdauung, Miktion und Kreislauf.
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9.1.1 Aktuelle Beschwerden
Erbrechen
Erbrechen
n Definition. Unter Erbrechen (Vomitus) wird der retrograde Transport von Magen- oder Dünndarminhalt über Speiseröhre und Mund nach außen verstanden. Der Vorgang wird durch Übelkeit (Nausea) und Würgen eingeleitet.
Abdominalerkrankungen und Störungen anderer Organsysteme können akutes oder chronisches Erbrechen verursachen. Um das klinische Bild einer Erkrankung zuordnen zu können, ist es wichtig, Qualität und Quantität des Erbrochenen zu erfassen ( 2 A-9.1).
2 A-9.1
Definition
Die Qualität und Quantität des Erbrochenen können dem klinischen Bild einer Erkrankung zugeordnet werden ( 2 A-9.1).
Erbrechen bei gastrointestinalen Passagehindernissen in Relation zur Lokalisation des Hindernisses
Zeitpunkt des Erbrechens
Passagehindernis
Aussehen/Geruch des Erbrochenen
N bei Nahrungsaufnahme n
n Ösophaguskarzinom N N peptische Ösophagusstriktur n N Achalasie n
unverdaute Nahrung/ neutral
N während oder direkt nach n den Mahlzeiten
n Ulcus ad pylorum N N psychogen n
angedaute Nahrung/ sauer
N bis 1 h postprandial n
N Syndrom der zuführenden n und abführenden Schlinge
angedaute Nahrung/ gallig
N Intervalle bis 12 h n
n Postvagotomiestase N N stenosierendes Magenkarzinom n N Duodenalstenose n
angedaute Nahrung/ gallig-faulig
N Intervall > 12 h n
n Magenausgangsstenose N N diabetische Gastroparese n N Dünndarmileus n
alte Nahrungsreste/ faulig-fäkulent
Zeitintervall zwischen Erbrechen und Nahrungsaufnahme Erbrechen während oder kurz nach der Nahrungsaufnahme spricht für psychogenes Erbrechen, kann jedoch auch bei Patienten mit einem pylorusnahen peptischen Ulkus beobachtet werden. Verzögertes Erbrechen (> 1 Stunde nach Nahrungsaufnahme) ist, insbesondere wenn es wiederholt auftritt, charakteristisch für eine Magenausgangsstenose oder eine Motilitätsstörung des Magens (z.B.: Diabetes mellitus, Gastroparese nach Vagotomie), während Erbrechen 12 Stunden nach der Nahrungsaufnahme ein sicherer Hinweis auf eine Magenausgangsstenose oder Magenatonie ist. Morgendliche Übelkeit und Erbrechen vor der Nahrungsaufnahme sind Zeichen einer bestehenden Schwangerschaft, können jedoch auch bei Patienten nach einer totalen Gastrektomie, bei einer Urämie, erhöhtem Hirndruck und bei Alkoholikern auftreten.
Wichtig sind: das Zeitintervall zwischen Erbrechen und Nahrungsaufnahme π eine Schmerzlinderung nach dem Erbrechen π die Zusammensetzung des Erbrochenen π der Geruch des Erbrochenen. π
Schmerzlinderung Schmerzlinderung nach dem Erbrechen ist vornehmlich bei der peptischen Ulkuskrankheit zu beobachten. Schmerzen, die ihre Ursache in einer Pankreatitis oder im biliären System finden, lassen hingegen nicht nach.
Zusammensetzung Die Zusammensetzung des Erbrochenen kann wesentliche Hinweise auf die Ursache geben, Beimengungen von Nahrungsresten deuten auf eine Magenausgangsstenose, Motilitätsstörung des Magens oder einen hohen Dünndarmverschluss hin. Vollständig unverdaute Nahrungsreste beruhen in
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9 Chirurgische Diagnostik der Regel auf einer Ösophagusstenose (z.B. Karzinom, Achalasie) oder einem Zenker-Divertikel. Beimengung von Galle lässt eine Magenausgangsstenose oder einen proximalen Verschluss des Duodenums ausschließen. Bluterbrechen (Hämatemesis), sei es in frischer oder hämatinisierter Form (Kaffeesatzerbrechen), deutet auf eine obere gastrointestinale Blutung hin.
Geruch Ein fäkulenter Geruch kann durch einen Ileus, eine gastrokolische Fistel, eine Dünndarmischämie oder eine Magenausgangsstenose mit bakterieller Überwucherung verursacht werden.
Dysphagie
Dysphagie
n Definition. Die Dysphagie ist eine schmerzlose Behinderung des Schluckakts. Schmerzen beim Schlucken wird als Odynophagie bezeichnet.
Definition
Von chirurgischer Bedeutung ist die ösophageale Dysphagie, bei der das Passagehindernis im Ösophagus liegt und immer an ein Ösophaguskarzinom gedacht werden muss ( 2 A-9.2).
2 A-9.2
Von chirurgischer Bedeutung ist die ösophageale Dysphagie, bei der das Passagehindernis im Ösophagus liegt, wobei immer an ein Ösophaguskarzinom gedacht werden muss ( 2 A-9.2).
Ursachen von Dysphagien
Mechanische Läsionen
Neuromuskuläre Motilitätsstörungen
Schleimhautläsionen (Odynophagie)
N Ösophagustumoren n
N neurogene und myogene Funktionsn störungen
N Ösophagusulkus n
N mediastinale Prozesse n N peptische Stenosen n N Narben, Membranen n N Zenker-Divertikel n
N Achalasie n
N Ösophagitis n
N diffuser Ösophagusspasmus n N Kollagenosen n
N Osteophyten n N Hiatushernie n
Bei einer Dauer von wenigen Wochen besteht der Verdacht auf einen malignen Prozess.
Bei einer Dauer von mehr als einem Jahr ist ein Karzinom eher unwahrscheinlich. Demgegenüber besteht bei Beschwerden von wenigen Wochen der dringende Verdacht auf einen malignen Prozess, insbesondere dann, wenn beim Schluckakt zusätzlich Schmerzen auftreten.
Singultus
Singultus
Er ist in der Regel harmlos. Jedoch kann er auch Ausdruck einer schweren Erkrankung sein. Ursache sind meist zwerchfellnahe Prozesse wie ein subphrenischer Abszess, eine Cholangitis, eine Magendilatation, eine Hiatushernie, Pleuritis oder Perkarditis.
Er ist in der Regel harmlos. Peripher ausgelöst und damit oft therapierefraktär kann er Ausdruck einer schweren Erkrankung sein. Ursache sind meist zwerchfellnahe Prozesse, wie ein subphrenischer Abszess, eine Cholangitis, eine Magendilatation, eine Hiatushernie, Pleuritis oder Perikarditis. Er kann jedoch auch erstes Zeichen einer intraabdominalen Sepsis (z.B. Anastomoseninsuffizienz) sein.
Gastrointestinale Blutung
Gastrointestinale Blutung
Man unterscheidet obere von unteren gastrointestinalen (GI) Blutungen. 90 % aller GI-Blutungen entwickeln sich oberhalb des Treitz-Bandes (= obere GI-Blutung), nur 10 % distal davon (= untere Blutung) ( 2 A-9.3). Blutungen des Gastrointestinaltraktes treten in 5 unterschiedlichen Manifestationsarten auf ( 1 A-9.3).
Blutungen des Magen-Darm-Traktes werden in obere und untere gastrointestinale (GI) Blutungen eingeteilt. Zu den oberen GI-Blutungen werden alle Blutungen proximal des Treitz-Bandes gerechnet. Sie machen ca. 90 % aller GI-Blutungen aus. Alle Blutungen distal des Treitz-Bandes zählen zu den unteren GI-Blutungen ( 2 A-9.3). Eine genaue Blutungsanamnese ist, da diagnostisch richtungweisend, unerlässlich. Neben Dauer, Häufigkeit, Menge und Farbe der Blutung ist gezielt nach Bluterbrechen oder Absetzen von
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9.1.2 Persönliche Anamnese Teerstuhl zu fragen, da je nach Lokalisation und Stärke der Blutung diese in unterschiedlichen Manifestationsarten auftritt ( 1 A-9.3).
2 A-9.3
Blutungsquellen und ihre Häufigkeit
Obere GI-Blutungen 50 % 30 % 10 % 5%
Ulcus ventriculi/duodeni erosive Gastritis Ösophagusvarizen Mallory-Weiss-Syndrom Ï Ösophagus-/Magenkarzinom Ösophagusdivertikel 5 % Ì Ösophagusverletzungen Ösophagitis Ó u.a. seltene Ursachen
Untere GI-Blutungen (s. S. 330, 333) (s. S. 325) (s. S. 533) (s. S. 321) (s. S. 297, 345) (s. S. 293) (s. S. 289) (s. S. 281)
(s. S. 439) (s. S. 394) Angiodysplasien (s. S. 426) Morbus Crohn, Colitis ulcerosa (s. S. 366, 399) Kolon-/Rektumkarzinom (s. S. 409) 20 % Ì Analfissuren (s. S. 447) Mesenterialinfarkt (s. S. 906) infektiös: z.B. Shigellen, Salmonellen Ó u.a. seltene Ursachen 80 %
Hämorrhoiden
Ï Divertikulose
Hämatemesis ist Erbrechen frischen, hellroten oder braunen, bereits präzipitierten (»Kaffeesatz«) Blutes. Alleiniges Kaffeesatzerbrechen deutet auf eine relativ geringgradige Blutung proximal des Pylorus oder eine massive Blutung distal des Pylorus hin. Hierbei fließt das Blut jedoch vorwiegend in den Dünndarm und das Kolon ab. Als Meläna wird der peranale Abgang schwarz gefärbten Blutes bezeichnet (Teerstuhl). Die Schwarzfärbung beruht auf der bakteriellen Umwandlung des Blutes im Dickdarm. Sie darf nicht auf exogene Einflüsse wie z.B. Eisensubstitution oder eine Wismuttherapie zurückgeführt werden. Teerstuhl findet sich meist bei oberen GI-Blutungen, kann bei verlängerter Darmpassage aber auch bei unteren GI-Blutungen vorkommen. Hämatochezie ist der peranale Abgang von Frischblut in Form von Blutkoageln, blutigen Diarrhöen oder Blutbeimengungen im Stuhl. In der Regel tritt sie bei unteren GI-Blutungen auf, aber auch massive Blutungen des oberen Gastrointestinaltrakts können zur Hämatochezie führen. Eine okkulte Blutung ist Zeichen eines chronischen Blutverlusts und wird häufig durch Neoplasmen (z.B. Kolonkarzinom) ausgelöst. Bei der okkulten Blutung kann der Blutverlust nur durch chemischen Nachweis gesichert werden. Schließlich kann eine Blutung ohne objektivierbare Zeichen vorliegen und sich nur durch die Symptome des Blutverlustes manifestieren (Kollaps, Dyspnoe, Angina oder Schock). Hinsichtlich der Altersverteilung gastrointestinaler Blutungen ist beim Kind primär an eine Invagination, Meckel-Divertikel oder einen Ileus zu denken, beim jungen Erwachsenen an einen Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Polypen oder Hämorrhoiden und beim älteren Erwachsenen (> 60 Jahre) an Angiodysplasien, Hämorrhoiden, eine Divertikulose oder an eine ischämische Darmerkrankung.
9.1.2
Persönliche Anamnese
Nach Erfassung der führenden Symptome sollte der Patient frühere Erkrankungen und deren Folgezustände einschließlich Kinderkrankheiten schildern. Aus chirurgischer Sicht sind insbesondere vorausgegangene Operationen und gegebenenfalls deren Komplikationen von Bedeutung. Darüber hinaus muss sich der Chirurg über evtl. Risikofaktoren wie Alkohol-, Nikotin-, Drogen-, Medikamentenabusus und Allergien informieren. Die persönliche Anamnese wird durch Fragen über die familiären, beruflichen (Berufskrankheiten) und sozialen Verhältnisse vervollständigt.
Hämatemesis ist Erbrechen von frischem, hellroten ober braunen, bereits präzipitierten (»Kaffeesatz«) Blut π Als Meläna wird der peranale Abgang schwarz gefärbten Blutes bezeichnet (Teerstuhl). π Hämatochezie ist der peranale Abgang von Frischblut in Form von Blutkoageln, blutigen Diarrhöen oder Blutbeimengungen im Stuhl π okkulte Blutung π Blutung ohne objektivierbare Zeichen, die sich nur durch die Symptome des Blutverlustes manifestieren (Kollaps, Dyspnoe, Angina oder Schock). π
9.1.2
Persönliche Anamnese
Sie bezieht sich auf vorausgegangene Erkrankungen, Operationen und eventuelle Komplikationen, die Risikofaktoren (Drogenabusus, Allergien), Berufskrankheiten und die sozialen Verhältnisse.
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9 Chirurgische Diagnostik
1
A-9.3 Synopsis Lokalisation und Aspekt von Blutungsquellen
Hämatemesis
massive Blutung
Ösophagus
• hellrotes Blut (geringer peranaler Blutabgang)
• Kaffeesatzerbrechen (okkultes Blut im Stuhl)
Magen
• hell- bis dunkelrotes Blut, Koagel möglich (peranaler Blutabgang fakultativ)
• Kaffeesatzerbrechen (Meläna)
Duodenum
• dunkelrotes Blut mit Koageln (peranale Blutabgänge massiv)
• Kaffeesatzerbrechen (Meläna)
Hämatochezie
massive Blutung
a
Familienanamnese
Die Familienanamnese erstreckt sich auf Erbkrankheiten in der Familie, unlängst in der Familie aufgetretene Erkrankungen, das Alter und die Todesursache naher Verwandter.
9.1.3
geringe Blutung • geformte Meläna
Duodenum
• dunkelrot bis schwarz (geringer peranaler Blutabgang)
Kolon
• hell- bis dunkelrotes Blut
Sigma
• hellrotes Blut mit Tenesmen
• Blutkoagel auf normalem Stuhl oder okkultes Blut
Rektum
• hellrot mit starken Tenesmen
• Blutauflagerungen auf braunem Stuhl (evtl. okkult)
Analkanal
• hellrote Spontanblutung
• Spontanabgang • Kontaktblutung • Nachtropfen
b
9.1.3
geringe Blutung
Familienanamnese
Die Familienanamnese erstreckt sich auf Erbkrankheiten in der Familie, unlängst in der Familie aufgetretene Erkrankungen, das Alter und die Todesursache naher Verwandter.
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181
9.2.2 Lokalbefund
9.2
Körperliche Untersuchung
9.2
Körperliche Untersuchung
Bei der klinischen Untersuchung ist es vorrangig, die Privatsphäre des Patienten zu respektieren. Entkleiden in unpassender Umgebung muss, ebenso wie die Anwesenheit unbeteiligter Personen, vermieden werden. n Merke. Um kein Misstrauen beim Patienten hervorzurufen, sollten ihm alle Untersuchungen angekündigt und erläutert werden.
9.2.1
Untersuchungsgang
Der Untersuchungsgang beinhaltet folgende Schritte: π Inspektion: Allgemeinzustand, Ernährungszustand, Bewusstseinslage, Atemexkursionen, Hautkolorit, Farbe der Lippen und Fingernägel (Zyanose, Anämie), Symmetrie der Bauchdecken (Hernien, Tumoren), Genitalien, neurologische Ausfälle (z.B. Fallhand bei Radialisparese) π Auskultation: Lunge, Herz, Abdomen, Gefäße π Perkussion: Lunge, Herz, Abdomen (Aszites) π Palpation: bimanuell (Verschieblichkeit pathologischer Befunde gegen die Umgebung oder Unterlage, Schluckakt am Hals bei Schilddrüsenveränderungen), digital (Mund, Rektum, Vagina) π Messungen: Puls, Blutdruck, Atemfrequenz (Vitalzeichen). Temperatur, Körpermaße, Bauchumfang, Umfangsmessung an Extremitäten, Gelenkmessungen (s. Kap. B-27.1.2). n Merke. Jede Untersuchung muss die Symmetrie zahlreicher Organe berücksichtigen und immer im Seitenvergleich erfolgen. Die digitale, rektale Untersuchung ist ungeachtet der primär beklagten Beschwerden unabdingbar.
9.2.2
Lokalbefund
Die Erhebung des Lokalbefundes wird zeitlich von der aktuellen Situation bestimmt. Bei einem Notfallpatienten kann sie, um Zeitverlust zu vermeiden und erforderliche Zusatzuntersuchungen einzuleiten, allen anderen Untersuchungen vorausgehen. n Merke. Bei der Palpation eines schmerzhaften Befundes muss beachtet werden, dass diese immer am Schluss der Untersuchung erfolgt, um durch unnötige Abwehr den weiteren Untersuchungsgang nicht zu behindern.
Diagnose oder Verdachtsdiagnose werden sich aus der Synthese von unspezifischen Befunden (z.B.: Schwellung, Hypertrophie, Krepitation, Fisteln) und spezifischen Befunden (z.B.: Entzündung, Kontusion, Fraktur, Distorsion, Luxation, Tumor) ergeben.
Merke
9.2.1
Untersuchungsgang
Der Untersuchungsgang beinhaltet folgende Schritte: π Inspektion: Allgemeinzustand, Ernährungszustand, Bewusstseinslage, Atemexkursionen, Hautkolorit, etc. π Auskultation: Lunge, Herz, Abdomen, Gefäße π Perkussion: Lunge, Herz, Abdomen (Aszites) π Palpation: bimanuell und digital π Messungen: Puls, Blutdruck, Atemfrequenz (Vitalzeichen) etc.
Merke
9.2.2
Lokalbefund
Die Erhebung des Lokalbefundes wird zeitlich von der aktuellen Situation bestimmt. Bei einem Notfallpatienten kann sie allen anderen Untersuchungen vorausgehen. Merke
Diagnose oder Verdachtsdiagnose werden sich aus der Synthese von unspezifischen Befunden und spezifischen Befunden ergeben.
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182 9.3
9 Chirurgische Diagnostik
Beurteilung der Operabilität
Sie stützt sich auf begleitende pathologische Organveränderungen, allgemeine und organspezifische Risikofaktoren.
Eine grobe Risikoeinschätzung der Morbidität bietet die ASA-Klassifizierung mit der Einteilung in 5 Risikogruppen.
9.3
Beurteilung der Operabilität
Ist ein operativer Eingriff erforderlich, gilt es begleitende pathologische Organveränderungen zu erfassen und sie entsprechend der Dringlichkeit der Operation zu behandeln, um den präoperativen Zustand des Patienten zu verbessern. Neben den allgemeinen Risikofaktoren (s.o.) können organspezifische Risikofaktoren, insbesondere kardiale (z.B. Angina pectoris, abgelaufener Myokardinfarkt) und pulmonale Vorerkrankungen (z.B. obstruktive und restriktive Lungenveränderungen) von Bedeutung sein und weitere Untersuchungen erforderlich machen. Eine grobe Risikoeinschätzung der Morbidität bietet die ASA-Klassifizierung mit der Einteilung in 5 Risikogruppen: π ASA I: gesunder Patient π ASA II: leichte Systemerkrankung π ASA III: schwere Systemerkrankung und Leistungseinschränkung π ASA IV: schwerste Systemerkrankung, konstante Lebensbedrohung π ASA V: moribunder Patient, der voraussichtlich mit und ohne Operation 24 Stunden nicht überlebt.
Die ASA-Klassifikation berücksichtigt nicht Art und Umfang des geplanten Eingriffs. Eine diesbezügliche Risikoerfassung kann nur durch die organbezogene Funktionsanalyse erfolgen.
Dieser Einteilung gelingt es jedoch nicht, das präoperative Risiko der Art und dem Umfang des geplanten Eingriffs zuzuordnen. Aus diesem Grund werden sowohl die Therapieplanung als auch die postoperative Behandlung wesentlich von den aktuellen Organfunktionen des einzelnen Patienten beeinflusst.
Lungenfunktion
Lungenfunktion
Die Häufigkeit pulmonaler Komplikationen beträgt durchschnittlich 5 %. Sie kann sich in Relation zum Eingriff auf 30 % erhöhen. Im Vordergrund stehen hierbei Atelektasen, Bronchospasmen, Sekretretention und die Infektion. Je nach Ausmaß der geplanten Operation kann eine erweiterte Diagnostik erforderlich werden. Hierzu gehören: π Blutgasanalyse (PaO , PaCO und 2 2 O2 -Sättigung) bei Raumluft π Vitalkapazität (VC).
Die Häufigkeit pulmonaler Komplikationen beträgt, bezogen auf alle operativen Eingriffe annähernd 5 %. Vorbestehende Erkrankungen des Respirationstraktes, thorakale Eingriffe, Operationen am oberen Gastrointestinaltrakt oder Kombinationseingriffe erhöhen die Komplikationsrate auf 30 %. Im Vordergrund stehen hierbei Atelektasen, Bronchospasmen, Sekretretention und die Infektion. Da in Abhängigkeit von der Größe des Eingriffs unvermeidlich mit Funktionseinschränkungen unterschiedlichen Ausmaßes zu rechnen ist, kann eine erweiterte Diagnostik erforderlich sein. Hierzu gehören: π Blutgasanalyse (PaO , PaCO und O -Sättigung) bei Raumluft. 2 2 2 π Vitalkapazität (VC).
Grenzwerte: π VC ≥ 90 % π PaO > 70 mmHg. 2
Grenzwerte: π VC ≥ 90 % π PaO > 70 mmHg. 2
Bei Unterschreiten der Grenzwerte ist eine Ganzkörperplethysmographie zur Objektivierung der Ventilationsstörung erforderlich.
Bei Unterschreiten der Grenzwerte ist eine Lungenfunktionsprüfung (Ganzkörperplethysmographie) zur Objektivierung der Ventilationsstörung erforderlich.
Kardiovaskuläre Funktion
Kardiovaskuläre Funktion
Kardiale Vorerkrankungen stellen ein ausgesprochen hohes Risiko dar. In 3 % aller operationsabhängigen Todesfälle liegt eine ischämische Herzerkrankung zugrunde. Folgende Untersuchungen sind sinnvoll: π Belastungs-EKG (Objektivierung einer koronaren Herzkrankheit) π Herzkatheter (bei pathologischem EKG) π Langzeit-EKG (Rhythmusstörungen) π Herzecho (Klappenfunktion, Perikarderguss). Ein zusätzliches Risiko stellt die arterielle Hypertension dar.
Kardiale Vorerkrankungen stellen insbesondere beim älteren Patienten ein ausgesprochen hohes Risiko dar. In 3 % aller operationsabhängigen Todesfälle liegt eine ischämische Herzerkrankung zugrunde. Ein postoperativer Herzinfarkt ist beim Mann in 30 % und bei der Frau zu 25 % letal. Bei entsprechender Anamnese sind folgende Untersuchungen ratsam: π Belastungs-EKG (Objektivierung einer koronaren Herzkrankheit) π Herzkatheter (bei pathologischem EKG) π Langzeit-EKG (Rhythmusstörungen) π Herzecho (Klappenfunktion, Perikarderguss). Ein zusätzliches Risiko stellt die arterielle Hypertension dar (Normwert nach WHO systolisch: ≤ 135, diastolisch: ≤ 85 mmHg). Sie ist bei 10–20 % aller Erwachsener diagnostizierbar und nicht selten Ursache kardiovaskulärer Komplikationen (z.B. Myokardischämie, Schlaganfall).
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9.3 Beurteilung der Operabilität
Nierenfunktion
Nierenfunktion
Als Grenzwerte einer normalen Nierenfunktion gelten: π Kreatinin: < 1,3 mg/dl π Harnstoff: < 20 mg/dl π Kreatininclearance > 40 ml/dl.
Als Grenzwerte einer normalen Nierenfunktion gelten: π Kreatinin: < 1,3 mg/dl π Harnstoff: < 20 mg/dl π Kreatininclearance > 40 ml/dl.
Liegt eine Niereninsuffizienz vor, ist es erforderlich, die ätiologische Klassifikation zu erfassen. Die Ursachen werden unterteilt in: π prärenal (z.B. Hypovolämie, Schock) π renal (z.B. Intoxikation, Medikamente, Myoglobin!, genuine Nierenerkrankungen) π postrenal (z.B. retroperitoneale Fibrose, Blasenmalignome, Tumoren im kleinen Becken, Steine, Prostatahyperplasie).
Die Ursachen der Niereninsuffizienz werden unterteilt in: π prärenal (z.B. Hypovolämie, Schock) π renal (z.B. Intoxikation, Medikamente, Myoglobin!) π postrenal (z.B. retroperitoneale Fibrose, Blasenmalignome).
Leberfunktion
Leberfunktion
Funktionseinschränkungen der primär gesunden Leber sind selten (< 1 %). Sie lassen sich ätiologisch in drei Gruppen einteilen: π Überproduktion von Bilirubin (z.B. hämolytische Anämie, Bluttransfusionen, Resorption großer Hämatome, Sepsis mit Hämolyse [Clostridium perfringens], offene Herzchirurgie) π hepatozelluläre Fehlfunktion (z.B. Hepatitis, totale parenterale Ernährung, Medikamente) π extrahepatische biliäre Obstruktion (z.B. Gallengangsverletzungen, Choledochussteine, postoperative Pankreatitis).
Funktionseinschränkungen der primär gesunden Leber sind selten ( < 1 %). Sie lassen sich ätiologisch in drei Gruppen einteilen: π Überproduktion von Bilirubin (z.B. hämolytische Anämie, Bluttransfusionen, Resorption großer Hämatome) π hepatozelluläre Fehlfunktion (z.B. Hepatitis, Medikamente) π extrahepatische biliäre Obstruktion (z.B. Gallengangsverletzungen, Choledochussteine). Quick (> 60 %), Bilirubin ( < 2 mg/dl) und Gesamteiweiß ( > 5 g/dl) geben einen Hinweis auf die aktuelle Leberfunktion, die bei Nachweis einer manifesten Funktionsstörung der Abklärung bedarf.
Weit folgenschwerer können Operationen bei vorbestehenden Lebererkrankungen verlaufen. Zu den Hauptkomplikationen gehören die peri- und postoperative Blutung und die Infektion. Unter den einfachen Laborparametern geben Quick (> 60 %), Bilirubin (< 2 mg/dl) und das Gesamteiweiß (> 5 g/dl) einen Hinweis auf die aktuelle Leberfunktion. Bei Nachweis einer manifesten Funktionsstörung muss eine weitergehende Abklärung erfolgen.
Vorbehandlung
Vorbehandlung
Ziel der präoperativen Risikoerfassung muss es sein, therapeutischen Einfluss auf vorbestehende Erkrankungen nehmen zu können. Pulmonale Störungen im Sinne restriktiver Ventilationsstörungen sind therapeutisch kaum zugänglich. Bei diesen Patienten ist es jedoch sinnvoll, bereits präoperativ die Atemtechnik auf die postoperativen Bedürfnisse anzuleiten (z.B. apparative Unterstützung der Spontanatmung). Liegen obstruktive Lungenerkrankungen (z.B. Asthma, COPD) vor, ist in Abhängigkeit von der Lungenfunktionsprüfung eine medikamentöse antiobstruktive Therapie (b-2-Sympathomimetika, Anticholinergika) in Kombination mit antientzündlichen und sekretolytischen Medikamenten erforderlich. Der Therapieerfolg sollte nach einer Woche durch eine Lungenfunktionskontrolle überprüft werden. Unter den kardialen Risiken nimmt die koronare Herzkrankheit eine hervorragende Stellung ein. Die Vorbereitung einer bereits bekannten Erkrankung wird sich auf die Überprüfung oder Ergänzung der bestehenden Medikation beschränken müssen. Die neu entdeckte Ischämie muss in Abhängigkeit von der Dringlichkeit des Eingriffs einer weiteren Diagnostik gegebenenfalls mit einem Revaskularisationsversuch unterzogen werden. Die präoperative Behandlung einer manifesten Herzinsuffizienz und von Herzrhythmusstörungen sollte dem Kardiologen anvertraut werden. Die Behandlung der Leberfunktionsstörung führt zu einer signifikanten Reduktion der operativen Morbidität und Mortalität. Sie erstreckt sich auf: π die Korrektur von Gerinnungsstörungen (z.B. Vitamin K, fresh-frozen plasma – FFP) π die Verbesserung des Ernährungsstatus (Gesamteiweiß)
Ziel der präoperativen Risikoerfassung muss es sein, therapeutischen Einfluss auf vorbestehende Erkrankungen nehmen zu können. Pulmonale Störungen im Sinne restriktiver Ventilationsstörungen sind therapeutisch kaum zugänglich. Die Patienten können jedoch zu einer geeigneten Atemtechnik angeleitet werden. Liegen obstruktive Lungenerkrankungen vor, ist in Abhängigkeit von der Lungenfunktionsprüfung eine medikamentöse antiobstruktive Therapie in Kombination mit antientzündlichen und sekretolytischen Medikamenten erforderlich. Der Therapieerfolg sollte nach einer Woche durch eine Lungenfunktionskontrolle überprüft werden. Unter den kardialen Risiken nimmt die koronare Herzkrankheit eine hervorragende Stellung ein. Die Vorbereitung einer bereits bekannten KHK beschränkt sich auf eine optimale medikamentöse Einstellung, wohingegen die neu entdeckte Ischämie – je nach Dringlichkeit des Eingriffs – einer weiteren Abklärung bedarf (z.B. Revaskularisationsversuch).
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
184 Die präoperative Behandlung einer manifesten Herzinsuffizienz und von Herzrhythmusstörungen sollte dem Kardiologen anvertraut werden. Die Behandlung der Leberfunktionsstörung führt zu einer signifikanten Reduktion der operativen Morbidität und Mortalität. Sie erstreckt sich auf: π Korrektur von Gerinnungsstörungen π Verbesserung des Ernährungsstatus π Behandlung einer begleitenden Niereninsuffizienz π Therapie eines Infektes. Laboruntersuchungen vor Elektiveingriffen ( 2 A-9.4).
9 Chirurgische Diagnostik π π π
die Behandlung einer begleitenden Niereninsuffizienz das Ausschwemmen eines bestehenden Aszites und die Therapie eines Infektes.
Laboruntersuchungen vor Elektiveingriffen Das Standardprogramm zu bestimmender Laborwerte vor einem Elektiveingriff zeigt 2 A-9.4.
2 A-9.4
Laboruntersuchungen vor elektiven Eingriffen
N Blutbild (Hb, Hkt, Leukozyten, Thrombozyten) n N Gerinnung (Quick, INR, PTT, Fibrinogen) n N Elektrolyte (K, Na, Ca) n N Blutzucker, Ck, Harnstoff, Kreatinin n N Bilirubin, Transaminasen, g -GT, alkalische Phosphatase n N Blutgruppe n N Blutgasanalyse in Abhängigkeit von der Art des Eingriffs n
9.4
Aufklärung und Dokumentation
Merke
Die Aufklärungspflicht betrifft diagnostische Maßnahmen, die Krankheit, Behandlungsmöglichkeiten einschließlich Alternativmethoden und mögliche Konsequenzen eines operativen Eingriffs. Die Einzelheiten des Aufklärungsgesprächs müssen zur Absicherung eventueller Rechtsansprüche in der Krankengeschichte mit Datum dokumentiert werden. Auch der Krankheitsverlauf ist dokumentationspflichtig, um Veränderungen des Krankheitsbildes für nachfolgende Untersucher beurteilbar zu machen. 9.5
Apparative Diagnostik
Nach einer eingehenden Untersuchung des Patienten können weitergehende, apparative Untersuchungen zur topographischen Lokalisation eines pathologischen Befundes oder zur Bestimmung des Verletzungsausmaßes erforderlich werden. Im Vordergrund stehen die nicht invasiven bildgebenden Verfahren (Ultraschall, Computertomographie, Magnetresonanztomographie etc.) mit unterschiedlicher Aussagekraft.
9.4
Aufklärung und Dokumentation
n Merke. Die Aufklärung ist heute ein fester Bestandteil jeder ärztlichen Handlung.
Die Aufklärungspflicht betrifft diagnostische Maßnahmen, die Krankheit, Behandlungsmöglichkeiten einschließlich evtl. vorhandener Alternativmethoden und mögliche Konsequenzen eines operativen Eingriffs. Die Informationen müssen dem Intellekt und dem aktuellen psychischen Zustand des Patienten angepasst werden, wobei sich der Arzt versichern muss, dass die angesprochene Problematik vom Patienten verstanden wurde. Die Einzelheiten des Aufklärungsgesprächs müssen in der Krankengeschichte mit Datum dokumentiert werden. Bei evtl. Rechtsansprüchen durch den Patienten ist diese Dokumentation wichtiger als die vom Patienten unterschriebene Einwilligungserklärung. Da sich Krankheitsbilder im Verlauf erheblich verändern können, müssen auch der klinische Befund und diagnostisch relevante Erhebungen schriftlich dokumentiert werden, um Veränderungen des Krankheitsbildes auch für nachfolgende Untersucher beurteilbar zu machen.
9.5
Apparative Diagnostik
Nach einer eingehenden Untersuchung des Patienten können weitergehende apparative Untersuchungen zur topographischen Lokalisation eines pathologischen Befundes oder zur Bestimmung des Verletzungsausmaßes erforderlich werden. Im Vordergrund stehen die nicht invasiven bildgebenden Verfahren (Ultraschall, Computertomographie, Magnetresonanztomographie in Ergänzung der konventionellen Röntgenuntersuchung, Kontrastmitteluntersuchungen von Hohlorganen und Anigiographie) mit unterschiedlicher Aussagekraft. Hierbei muss dem anfordernden Arzt klar sein, ob die gewünschte Untersuchung die klinische Diagnose sichern oder erweitern und eine Behandlung beeinflussen kann. Ferner ist die Belastung des Patienten durch das jeweilige Verfahren abzuwägen und eine unnötige Strahlenbelastung (Kinder, Schwangere) bei gleicher Aussagekraft durch alternative Methoden zu verhindern. Um Wiederholungsuntersuchungen zu vermeiden, müssen Vorbefunde erfragt bzw. angefordert werden.
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9.5.2 Computertomographie (CT)
185
Grundsätzlich sollte jeder weiteren Untersuchung eine klare klinische Diagnose oder Verdachtsdiagnose mit einer gezielten Fragestellung zugrunde liegen.
Jeder zusätzlichen Untersuchung muss eine gezielte Fragestellung zugrunde liegen.
n Merke. Für alle Untersuchungen gilt, dass sie nur dann indiziert sind, wenn sie die klinische Behandlung beeinflussen können. Das heisst, dass sie dem klinischen Problem angepasst werden müssen.
9.5.1
Ultraschall
Als primär nicht invasive Untersuchung mit hoher Sensitivität und Spezifität hat die Sonographie einen hohen diagnostischen Stellenwert im Rahmen der bildgebenden Verfahren. Mit den Vorteilen der Ökonomie und der Strahlenhygiene ist sie die Untersuchung der ersten Wahl. Die Treffsicherheit in der pathologisch sonographischen Detailerfassung ist von der Untersuchungsbedingung (z.B. Adipositas des Patienten, Darmgasüberlagerungen) und der Erfahrung des Untersuchers abhängig, beträgt in der Regel jedoch 90–95 %. Durch die Kombination von Endoskopie und Sonographie können Ultraschallköpfe unter Sicht in den Gastrointestinaltrakt eingeführt werden. Die Endosonograpie gestattet es, die Ausdehnung gastrointestinaler Tumoren am oberen (Ösophagus, Magen, oberen Duodenum, Pankreas, Gallengang) und unteren (Kolorektum) Gastrointestinaltrakt präziser als mit anderen Verfahren darzustellen, sodass diese Befunde wesentlichen Einfluss auf die Therapieentscheidung, die Verlaufskontrolle und prognostische Aussage haben. die Korrelation zwischen endosonographischem Befund und der histologischen Klassifikation beträgt bei Rektumtumoren 81 % und erhöht sich bei Kolontumoren auf 93 %. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit bietet die intraoperative Sonographie mit sterilen Ultraschallköpfen an parenchymatösen Organen wie Leber und Pankreas. Insbesondere bei Lebertumoren können mit diesem Verfahren 40 % perioperativ nicht palpabler Veränderungen zusätzlich gesichert werden. Mit der interventionellen Sonographie ist es möglich, perkutan Flüssigkeitsansammlungen wie Abszesse in Thorax und Abdomen zu dränieren. Eine chirurgische Intervention mit ihrer größeren Morbidität, Mortalität und den höheren Kosten kann oft vermieden oder aber so weit verzögert werden bis der Allgemeinzustand des Patienten einen Eingriff gestattet. Die Erfolgsrate liegt bei 75–85 %. Sie gestattet ferner perkutane Biopsien, Nephrostomien, Gallengangsdränagen und Pankreatographien. Am peripheren arteriellen und venösen Gefäßsystem hat die Doppler-Sonographie erheblichen Einfluss auf angiographische Verfahren genommen und bei der Diagnostik der Beinvenenthrombose die Venographie weitestgehend verdrängt. Die diagnostische Sicherheit bei Erkrankungen der extrakraniellen A. carotis beträgt 92–95 %.
9.5.2
Computertomographie (CT)
Der Vorteil der CT ist es, dass sie eine gute Darstellung des Gewebes ohne Überlagerungen bietet und Krankheitsprozesse in einem früheren Stadium als herkömmliche Verfahren erfassen kann. Da keine organspezifische Einschränkung besteht, kann sie für die Suche nach krankhaften Prozessen eingesetzt werden. Obwohl Erkrankungen diagnostiziert und lokalisiert werden können, ist aufgrund der CT-Darstellung keine artspezifische Diagnose möglich, sodass Biopsien erforderlich werden. Kontrastmittelgaben während der Untersuchung können auf spezifische Prozesse unterschiedlicher Durchblutung hinweisen. Ähnlich wie beim Ultraschall sind mit der CT interventionelle Eingriffe möglich, mit dem Vorteil, Gebiete erreichen zu können, die dem Ultraschall nicht zugänglich sind.
Merke
9.5.1
Ultraschall
Mit den Vorteilen der Ökonomie und der Strahlenhygiene ist sie die Untersuchung der ersten Wahl. Die Treffsicherheit in der pathologisch sonographischen Detailerfassung ist von der Untersuchungsbedingung und der Erfahrung des Untersuchers abhängig, beträgt in der Regel jedoch 90–95 %. Die Endosonographie gestattet es, die Ausdehnung gastrointestinaler Tumoren am oberen und unteren Gastrointestinaltrakt präziser als mit anderen Verfahren darzustellen. Die Korrelation zwischen endosonographischem Befund und der histologischen Klassifikation beträgt bei Rektumtumoren 81 % und erhöht sich bei Kolontumoren auf 93 %. Mit der intraoperativen Sonographie können ca. 40 % perioperativ nicht palpabler Veränderungen zusätzlich gesichert werden. Mit der interventionellen Sonographie ist es möglich, perkutan Flüssigkeitsansammlungen wie Abszesse in Thorax und Abdomen zu dränieren. Die Erfolgsrate liegt bei 75–85 %. Sie gestattet ferner perkutane Biopsien, Nephrostomien, Gallengangsdränagen und Pankreatographien. Am peripheren arteriellen und venösen Gefäßsystem hat die Doppler-Sonographie erheblichen Einfluss auf angiographische Verfahren genommen. Die diagnostische Sicherheit bei Erkrankungen der extrakraniellen A. carotis beträgt 92–95 %.
9.5.2
Computertomographie (CT)
Die CT bietet die Möglichkeit, Krankheitsprozesse in einem früheren Stadium als herkömmliche Verfahren zu erfassen. Kontrastmittelgaben während der Untersuchung können auf spezifische Prozesse unterschiedlicher Durchblutung hinweisen.
Mit der CT sind interventionelle Eingriffe möglich, die Gebiete erreichen können, die dem Ultraschall nicht zugänglich sind.
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9 Chirurgische Diagnostik
Spiral-CT Neben einer deutlich verminderten Strahlenbelastung gegenüber der herkömmlichen CT ist sie in der Lage, pathologische Befunde dreidimensional darzustellen ( 1 A-9.4).
1 A-9.4
Eine erweiterte Indikationsstellung kann die CT duch Spiral-CT erfahren. Neben einer deutlich verminderten Strahlenbelastung gegenüber der herkömmlichen CT ist sie bei geringerem Zeitaufwand in der Lage, pathologische Befunde dreidimensional so aufzurichten, dass eindeutige Organbeziehungen erkennbar werden. Dieser Vorteil dürfte Konsequenzen auf die rekonstruktive Traumatologie, insbesondere der Gelenke und bei Frakturen des Gesichtsschädels haben ( 1 A-9.4).
Synopsis Radiologische Diagnostik bei Tibiakopfimpressionsfraktur Der Patient beklagt Kniegelenksschmerzen nach einem Fahrradsturz bei unbehinderter Beweglichkeit des Gelenkes. Die Nativaufnahme des Gelenkes (a) gibt keinen sicheren Anhalt für eine Fraktur (Á), während die Spiral-CT eine tiefe Tibiakopfimpression ( Á) nachweist (b).
a
b
c Das gesamte Ausmaß des Defektes wird in der dreidimensionalen Rekonstruktion der Gelenkfläche erkennbar (Á).
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187
9.5.4 Konventionelle Radiologie
9.5.3
Magnetresonanztomographie (MRI, MRT)
Die MRT bleibt speziellen Fragestellungen überlassen.
9.5.4
Konventionelle Radiologie
9.5.3
MRI, MRT
Die MRT bleibt speziellen Fragestellungen überlassen. 9.5.4
Konventionelle Radiologie
Die radiologische Übersichtsaufnahme hat in der chirurgischen Praxis auch heute nicht an Bedeutung verloren. Das Thoraxbild stellt den Schlüssel für die präoperative kardiopulmonale Risikoabklärung und den postoperativen Verlauf dar. Es unterrichtet ferner über: π primäre und sekundäre Tumoren von Lunge, Pleura und Mediastinum π Infektionen der Lunge (Pneumonie, Tuberkulose, Abszesse) π obstruktive Lungenerkrankungen π Herzerkrankungen π Ergüsse, pathologische Luftansammlungen (Pneumothorax, Pneumoperitoneum). Das postoperative Thoraxbild ist indiziert bei: π respiratorischer Insuffizienz (Belüftungsstörungen: »Plattenatelektase«, Aspiration, Pneumothorax, ARDS = Adult respiratory distress syndrome) π kardialer Insuffizienz (Lungenödem, Hyperhydratation, deren Folge schließlich eine respiratorische Insuffizienz sein kann) π unklarem Temperaturanstieg (Belüftungsstörungen, Pneumonie, subphrenische Infektion mit Zwerchfellhochstand) π zur Verlaufskontrolle nach thorakalen und thorakoabdominalen Eingriffen (Erguss, Pneumothorax, Zwerchfellhochstand durch Phrenikusparese). Die Abdomenübersichtsaufnahme kann bei Patienten mit gastrointestinalen Erkrankungen wichtige diagnostische Hinweise liefern. Die Aufnahme im Stehen ist ein wichtiger Anteil der Untersuchung, evtl. kombiniert mit einer Thoraxübersicht, da Erkrankungen von Lunge und Pleura abdominale Schmerzen auslösen können. Die Aufnahme in Linksseitenlage kann bei Verdacht auf freie Luft im Abdomen zusätzliche Informationen liefern.
Das Thoraxbild stellt den Schlüssel für die präoperative kardiopulmonale Risikoabklärung und den postoperativen Verlauf dar. Es unterrichtet ferner über: π Tumoren von Lunge, Pleura und Mediastinum π Infektionen der Lunge π obstruktive Lungenerkrankungen π Herzerkrankungen π Ergüsse, pathologische Luftansammlungen. Das postoperative Thoraxbild ist indiziert bei: π respiratorischer Insuffizienz π kardialer Insuffizienz π unklarem Temperaturanstieg π zur Verlaufskontrolle nach thorakalen und thorakoabdominalen Eingriffen.
Pneumoperitoneum
Pneumoperitoneum
Das spontane Pneumoperitoneum weist auf die Perforation eines Hohlorganes (Magen- oder Duodenalulkus, Divertikel, akute Kolitis, Karzinom, Trauma) hin. Eine spontane Dünndarmperforation ist ungewöhnlich. Mit dieser Aufnahmetechnik kann in 60–90 % freie intraperitoneale Luft nachgewiesen werden. In Abhängigkeit von der radiologischen Technik kann bereits 1 ml Luft nachgewiesen werden. Sie präsentiert sich in der stehenden Thoraxaufnahme als kleine Luftsichel zwischen Leberkuppe und Zwerchfell, in der liegenden Position als Luftansammlung zwischen Leber und Abdominalwand ( 1 A-9.5).
Das spontane Pneumoperitoneum weist auf die Perforation eines Hohlorgans (z.B. Magen- oder Duodenalulkus) hin. Die Luft präsentiert sich in der stehenden Thoraxaufnahme als kleine Sichel zwischen Leberkuppe und Zwerchfell, in liegender Position als Luftansammlung zwischen Leber und Abdominalwand ( 1 A-9.5).
1 A-9.5
Die Abdomenübersichtsaufnahme im Stehen kann bei Patienten mit gastrointestinalen Erkrankungen wichtige diagnostische Hinweise liefern. Die Aufnahme in Linksseitenlage kann bei Verdacht auf freie Luft im Abdomen zusätzliche Informationen liefern.
Pneumoperitoneum Thoraxübersicht mit pathologischer Luftsichel unter dem Zwerchfell bei gastrointestinaler Perforation.
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9 Chirurgische Diagnostik
Dünndarmverschluss
Dünndarmverschluss
Die häufigsten Ursachen für einen Dünndarmverschluss sind Verwachsungen, Briden, Hernien, entzündliche Veränderungen und Tumoren. Charakteristisch sind distendierte, luftgefüllte Darmschlingen, die in der Regel die Mittellinie überkreuzen. Sind die Darmschlingen mit Flüssigkeit gefüllt, zeigt sich durch kleine Gasansammlungen über dem Flüssigkeitsspiegel das klassische Bild der »Perlschnur« als diagnostisches Zeichen bei fehlender Distension ( 1 A-9.6).
Die häufigsten Ursachen für einen Dünndarmverschluss sind Verwachsungen, Briden, Hernien, entzündliche Veränderungen (periappendizitischer Abszess, Divertikulitis, Morbus Crohn) und Tumoren. 60–70 % derartiger Verschlüsse können in der stehenden Übersicht nachgewiesen werden. Charakteristisch sind distendierte, luftgefüllte Darmschlingen, die in der Regel die Mittellinie überkreuzen. Der Luftgehalt des Kolons ist aufgrund der Passagestörung vermindert. Sind die Darmschlingen mit Flüssigkeit gefüllt, zeigt sich durch kleine Gasansammlungen über dem Flüssigkeitsspiegel das klassische Bild der »Perlschnur« als diagnostisches Zeichen bei fehlender Distension ( 1 A-9.6).
1 A-9.6
Dünndarmileus
a Bridenileus mit distendierten und luftgefüllten Darmschlingen ( Á).
Der isolierte Verschluss einer einzelnen Darmschlinge stellt sich radiologisch als eine luft- und/oder flüssigkeitsgefüllte, runde oder ovale Schlinge in konstanter Position dar. Charakteristische Erscheinungsform eines Gallensteinileus: Bild des Darmverschlusses mit einem kalkdichten Gallenstein an atypischer Stelle sowie evtl. Luft in den Gallenwegen ( 1 A-9.7).
b Ileus. Die Darmschlingen sind mit Flüssigkeit gefüllt (Á). In den Scheitelpunkten zeigen sich kleine Gasansammlungen, die zum Bild der »Perlschnur« (Á Á) führen.
Bei einem hohen Verschluss mit Erbrechen oder einem rezidivierenden Verschluss kann das Röntgenbild jedoch einen normalen Eindruck machen. Liegt ein isolierter Verschluss einer einzelnen Darmschlinge vor, findet sich radiologisch eine luft- und/oder flüssigkeitsgefüllte, runde oder ovale Schlinge in konstanter Position. Die charakteristische Erscheinungsform eines Gallensteinileus (Dünndarmobstruktion durch einen perforierten Gallenstein) zeigt neben dem Bild des Darmverschlusses meist den kalkdichten Gallenstein an atypischer Stelle und bei einem Drittel der Patienten Luft in den Gallenwegen (Aerobilie) ( 1 A-9.7). Es kann schwierig sein, den mechanischen vom paralytischen Ileus zu differenzieren. Als auslösende Ursachen kommen die intestinale Ischämie, Sepsis, intraperitoneale Entzündung (akute Appendizitis, Cholezystitis, Pan-
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9.5.4 Konventionelle Radiologie
1 A-9.7
Gallensteinileus Pneumcholangiogramm ( Á) bei Gallensteinileus (Ausschnitt aus einer Abdomenübersichtsaufnahme, stehend).
kreatitis), das retroperitoneale Hämatom, Wirbelfrakturen, Ureterkoliken, die basale Pneumonie, Rippenfrakturen und der Myokardinfarkt in Betracht. Die Anamnese und der klinische Befund sind für das weitere Vorgehen ausschlaggebend.
Aus auslösende Ursachen für einen paralytischen Ileus kommen verschiedene Ursachen wie intestinale Ischämie, Sepsis, intraperitoneale Entzündung etc. in Betracht.
Dickdarmverschluss
Dickdarmverschluss
Das radiologische Erscheinungsbild des Dickdarmileus wird durch die Suffizienz der Bauhin-Klappe bestimmt. Bei suffizienten Klappenverhältnissen liegt eine beachtenswerte Dilatation des Dickdarms einschließlich des Zäkums ohne Dünndarmdilatation vor. Ist die Klappe wie in den meisten Fällen insuffizient, liegt eine Dilatation sowohl des Dünn- als auch des Dickdarms vor, wobei das Zäkum nur gering distendiert ist. Flüssigkeitsansammlungen zeigen sich dann, wenn der Verschluss proximal der linken Kolonflexur liegt. Grundsätzlich lässt der Übergang von luft- oder flüssigkeitsgefülltem, distendiertem Darmlumen zu weniger gefüllten Dickdarmanteilen die Lokalisation des Hindernisses vermuten. In Zweifelsfällen ist ein Kontrasteinlauf erforderlich. Ein Zäkumvolvulus darf angenommen werden, wenn auf der Übersichtsaufnahme eine große distendierte Darmschlinge in das Abdomen verlagert ist, eine geblähte Dünndarmschlinge rechts vom Zäkum liegt und der rechte untere Quadrant radiologisch leer erscheint (hochgeschlagenes, mobiles Zäkum). Auch der Sigmavolvulus sollte keine weitere Abklärung erforderlich machen. Charakteristisch ist eine distendierte, luftgefüllte Sigmaschlinge, die sich vom kleinen Becken gegen die rechte oder linke Flanke erhebt und das Zwerchfell anheben kann. Im Bereich der Stenose können häufig drei Darmwände identifiziert werden ( 1 A-9.8).
Bei suffizienter Bauhin-Klappe liegt eine Dilatation des Dickdarms und Zäkums ohne Dünndarmdilatation vor. Liegt der Verschluss proximal der linken Kolonflexur, zeigen sich Flüssigkeitsansamlungen.
Grundsätzlich lässt der Übergang von luft- oder flüssigkeitsgefülltem, distendiertem Darmlumen zu weniger gefüllten Dickdarmanteilen die Lokalisation des Hindernisses vermuten. In Zweifelsfällen ist ein Kontrasteinlauf erforderlich. Charakteristisch für einen Zäkumvolvulus ist: große distendierte Darmschlinge, geblähte Dünndarmschlinge, »leerer« rechter unterer Quadrant. Charakteristisch für ein Sigmavolvulus ist eine distendierte, luftgefüllte Sigmaschlinge, die sich gegen die rechte oder linke Flanke erhebt ( 1 A-9.8).
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9 Chirurgische Diagnostik
1 A-9.8
Sigmavolvulus Zur Demonstration des Drehpunktes ( Á) wurde wasserlösliches Kontrastmittel eingeführt.
Akute Kolitis
Akute Kolitis
Bei der akuten Colitis ulcerosa liegt ein luftgefüllter, distendierter Dickdarm mit Verlust der Haustrierung vor.
Bei der akuten Colitis ulcerosa liegt ein luftgefüllter, distendierter Dickdarm mit Verlust der Haustrierung vor. In Abhängigkeit vom Schweregrad der Entzündung ist in dem befallenen Dickdarmsegment kein Stuhl nachweisbar.
Mesenterialinfarkt (s. a. Kap. B-24.1.7) Kurz nach Einsetzen der Symptome lassen sich distendierte Dünndarmschlingen nachweisen. Allmählich bilden sich die spezifischen Zeichen von Wandödem, Luftansammlung in der Darmwand und im portalen System aus.
Mesenterialinfarkt (s. a. Kap. B-24.1.7)
9.5.5
9.5.5
Kontrastmitteluntersuchungen Kontrastmitteluntersuchungen des Gastrointestinaltrakts dienen der Beurteilung von Ösophagus, Magen, Duodenum sowie Kolon und stellen ergänzende Verfahren zur endoskopischen Diagnostik dar.
Kurz nach Einsetzen der Symptome lassen sich distendierte Dünndarmschlingen nachweisen. Anzahl und Größe der Schlingen nehmen mit zunehmendem zeitlichen Abstand vom Grundereignis zu, wobei sich die spezifischen Zeichen von Wandödem, Luftansammlung in der Darmwand und präfinal im portalen System ausbilden.
Kontrastmitteluntersuchungen
Konstrastmitteluntersuchungen des Gastrointestinaltrakts dienen der Beurteilung von Ösophagus, Magen, Duodenum sowie Kolon und stellen ergänzende Verfahren zur endoskopischen Diagnostik dar. Sie gelten als Verfahren der Wahl, wenn endoskopisch unpassierbare Organstenosen vorliegen. Als Kontrastmittel dient in der Regel eine Bariumsulfatsuspension, die in Kombination mit luft- oder CO2-freisetzenden Substanzen zur Doppelkontrastdarstellung führt. n Merke. Bei Verdacht auf Perforation, bei Aspirationsgefahr, bei frischen Verätzungen, bei ösophagomediastinalen oder ösophagobronchialen Fisteln und unmittelbar nach chirurgischen Eingriffen ist Bariumsulfatsuspension kontraindiziert und muss durch wasserlösliche Kontrastmittel ersetzt werden.
Merke
Ösophagus
Ösophagus
Indikationen π Dysphagie π gutartige Strikturen π Hiatushernien π Lage- und Verlaufsanomalien.
Indikationen π
π π π
Dysphagie (Divertikel, Ösophaguskarzinom, Magenfunduskarzinom oder auf den Ösophagus übergreifendes Karzinom) gutartige Strikturen (gastroösophagealer Reflux) Hiatushernien Lage- und Verlaufsanomalien (Veränderungen des Ösophagus infolge von Erkrankungen der Nachbarorgane, Impression, Verformung, Infiltration).
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9.5.5 Kontrastmitteluntersuchungen
Magen, Duodenum
Magen, Duodenum
Die endoskopischen Untersuchungsverfahren haben die Indikation zur Röntgenuntersuchung des Magens wesentlich verändert. Tumorsuche und Ulkusdiagnostik werden primär endoskopisch erfolgen. Erst bei unklaren Befunden oder einer Behinderung der endoskopischen Technik kann die sekundäre, ergänzende radiologische Untersuchung erforderlich werden. Aus chirurgischer Sicht kann jedoch Lage und Umgebungsbeziehung des Magens von wesentlicher Bedeutung sein und damit eine Röntgenuntersuchung erforderlich machen.
Die endoskopischen Untersuchungsverfahren haben die Indikation zur Röntgenuntersuchung des Magens wesentlich verändert. Erst bei unklaren Befunden oder einer Behinderung der endoskopischen Technik kann die sekundäre, ergänzende radiologische Untersuchung erforderlich werden.
Indikationen π π π
π
Entwicklungs- und Lageanomalien Motilitäts- und Entleerungsstörungen raumfordernde, infiltrierende und penetrierende Prozesse der Magenwand oberflächliche Schleimhautveränderungen.
Indikationen π Entwicklungs- und Lageanomalien π Motilitäts- und Entleerungsstörungen π raumfordernde, infiltrierende und penetrierende Prozesse der Magenwand π oberflächliche Schleimhautveränderungen.
Dünndarm
Dünndarm
Da der Dünndarm endoskopisch nicht erreichbar ist, hat die Kontrastmitteluntersuchung bei bekannten oder vermuteten Erkrankungen in diesem Bereich eine besondere Bedeutung. Technisch hat sich die selektive Dünndarmpassage über eine im Duodenum platzierte Sonde bewährt ( 1 A-9.9).
Da der Dünndarm endoskopisch nicht erreichbar ist, hat die Kontrastmitteluntersuchung bei bekannten oder vermuteten Erkrankungen in diesem Bereich eine besondere Bedeutung. Technisch bewährt hat sich die selektive Dünndarmpassage über eine im Duodenum platzierte Sonde ( 1 A-9.9).
1 A-9.9
Selektive Dünndarmpassage Distension des Magens (Á) bei endoskopisch nicht passierbarer Duodenalstenose. Zur weiteren Abklärung erfolgte die Kontrastmitteldarstellung über eine in den Dünndarm eingelegte Sonde (Verfahren nach Sellink). Als Ursache stellt sich hinter dem Bulbus duodeni ( Á Á) eine extreme Verengung der Pars descendens (Á Á Á) des Duodenums durch einen Morbus Crohn heraus. Die Sonde wurde bereits entfernt.
Indikationen π
π π
Abklärung von morphologischen Veränderungen (entzündliche Darmerkrankungen, Tumoren, Strahlenenteritis, Meckel-Divertikel, Dünndarmdivertikel, Ischämie) abdominale Raumforderungen mit Lageveränderungen des Dünndarms Passagebehinderungen.
Indikationen π Abklärung von morphologischen Veränderungen π abdominale Raumforderungen mit Lageveränderungen des Dünndarms π Passagebehinderungen.
Dickdarm
Dickdarm
Die Kolonkontrastuntersuchung stellt ebenfalls ein ergänzendes Verfahren zur endoskopischen Diagnostik dar. Jeder Kontrastmitteldarstellung des Kolons sollten eine digitale Untersuchung des Rektums und eine Sigmoidoskopie vorangestellt werden.
Jeder Kontrastmitteldarstellung des Kolons sollten eine digitale Untersuchung des Rektums und eine Sigmoidoskopie vorangestellt werden.
Indikationen π π π π
endoskopisch unpassierbare Stenosen Verdacht auf organische Kolonerkrankungen Motilitätsstörungen Abgang von Schleim, Blut, Eiter
Indikationen endoskopisch unpassierbare Stenosen π Verdacht auf organische Kolonerkrankungen π Motilitätsstörungen π Abgang von Schleim, Blut, Eiter π
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192 π π
π
9 Chirurgische Diagnostik
palpable Raumforderungen entzündliche Darmerkrankungen ( 1 A-9.10). Planung des operativen Vorgehens.
π π π π
palpable Raumforderungen entzündliche Darmerkrankungen (innere Fistelbildungen 1 A-9.10). Polyposis- und Non-Polyposissyndrome Planung des operativen Vorgehens (z.B. langstreckige Crohn-Stenosen des Kolons, innere Fistelbildungen, Organverdrängungen).
1 A-9.10
Crohn-Stenose Crohn-Stenose (Á) des terminalen Ileums mit enterokolischer Fistelbildung (Á Á).
n Merke. Als Kontraindikationen für eine Kolonkontrastuntersuchung gelten: π das toxische Megakolon π die akute Colitis ulcerosa π der Verdacht auf Dickdarmperforation π die akute Divertikulitis. In diesen Fällen muss eine Bariumsuspension und Luftinsufflation vermieden werden (wasserlösliche Kontrastmittel).
Merke
1 A-9.11
Superselektive Angiographie bei unklarer gastrointestinaler Blutungsquelle
b Ausschnitt aus a: Selektive Darstellung der Angiodysplasie. a Akute Kolonblutung bei einem 18-jährigen Patienten, die endoskopisch nicht lokalisiert werden konnte. Die anschließende Zöliakographie weist als Blutungsquelle eine Angiodysplasie in Höhe der rechten Kolonflexur nach.
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9.6 Endoskopische Diagnostik 9.5.6
Angiographie
Eine Indikation zur Angiographie besteht neben Herz- und Gefäßerkrankungen, Gefäßverletzungen und gastrointestinalen Blutungen, wenn die Blutungsquelle endoskopisch nicht gesichert werden konnte. Bei persistierender Blutung ist mit einer Treffsicherheit von 90 % zu rechnen. Zusätzlich ergibt sich die Möglichkeit der Embolisation, wenn der Zustand des Patienten keinen operativen Eingriff gestattet. Einen besonderen Stellenwert genießt die superselektive Angiographie bei Blutungen im Dünndarm, da sie endoskopisch nicht zugänglich sind und derartige Blutungen operativ nur schwer zu lokalisieren sind sowie bei Verdacht auf eine intestinale Ischämie ( 1 A-9.11).
9.5.7
Nuklearmedizinische Untersuchungen (Szintigraphie)
Die Szintigraphie verlangt eine exakte Fragestellung, da je nach Organ und Organfunktion unterschiedliche Radiopharmazeutika erforderlich sind.
9.6
Endoskopische Diagnostik
Die endoskopische Untersuchung ist im oberen Gastrointestinaltrakt radiologischen Verfahren an Sensitivität und Spezifität überlegen. Die Möglichkeit der gezielten Biopsie erhöht ihren diagnostischen Wert.
Indikationen
persistierende Oberbauchbeschwerden (in Kombination mit Anorexie, Gewichtsverlust, Anämie) π therapieresistenter gastroösophagealer Reflux π Schluckbeschwerden π persistierendes Erbrechen unklarer Ursache π Verlaufskontrolle maligner Tumoren bei Hochrisikopatienten π Abklärung unklarer Anämien π Abklärung unklarer Befunde (Ulkus, Striktur, Tumor), die mit Kontrastmitteluntersuchungen erhoben wurden. Zu den Kontraindikationen gehören die Perforation, schwere respiratorische Insuffizienz und die Gerinnungsstörung. Eine spezielle Form der endoskopischen Diagnostik ist die endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP). Die ERCP ist eine kombinierte endoskopische und radiologische Untersuchung, die bei Erkrankungen der Gallenwege (extrahepatische Gallengangsverschlüsse) und des Pankreas (z.B. Pankreastumoren, Gangverschlüsse) eingesetzt wird. Eine vorausgehende Ultraschalluntersuchung ist erforderlich. Absolute Kontraindikationen bestehen nicht. π
9.5.6
Angiographie
Eine Indikation zur Angiographie besteht neben Herz- und Gefäßerkrankungen, Gefäßverletzungen und gastrointestinalen Blutungen, wenn die Blutungsquelle endoskopisch nicht gesichert werden konnte. Zusätzlich ergibt sich die Möglichkeit der Embolisation ( 1 A-9.11).
9.5.7
Nuklearmedizinische Untersuchungen (Szintigraphie)
Die Szintigraphie verlangt eine exakte Fragestellung, da je nach Organ und Organfunktion unterschiedliche Radiopharmazeutika erforderlich sind. 9.6
Endoskopische Diagnostik
Die endoskopische Untersuchung ist im oberen Gastrointestinaltrakt radiologischen Verfahren an Sensitivität und Spezifität überlegen. Die Möglichkeit der gezielten Biopsie erhöht ihren diagnostischen Wert. Indikationen π persistierende Oberbauchbeschwerden π therapieresistenter gastroösophagealer Reflux π Schluckbeschwerden π persistierendes Erbrechen unklarer Ursache π Verlaufskontrolle maligner Tumoren bei Hochrisikopatienten π Abklärung unklarer Anämien. Zu den Kontraindikationen gehören die Perforation, schwere respiratorische Insuffizienz und die Gerinnungsstörung. Die ERCP ist eine kombinierte endoskopische und radiologische Untersuchung, die bei Erkrankungen der Gallenwege und des Pankreas eingesetzt wird.
Die endoskopische Diagnostik des unteren Gastrointestinaltrakts erfolgt mit der Prokto-, Rekto-, Sigmoido- und Koloskopie. Diese Methoden sind den radiologischen Verfahren insofern überlegen, als sie kleine Tumoren (< 1 cm) und Schleimhautveränderungen besser nachweisen lassen und diagnostische Biopsien erlauben.
Die endoskopische Diagnostik des unteren Gastrointestinaltrakts erfolgt mit der Prokto-, Rekto-, Sigmoido- und Koloskopie.
Indikationen
Indikationen π Abklärung wichtiger klinischer Veränderungen oder Abnormitäten eines Kolonkontrasteinlaufs π Überwachung von Risikopatienten π Abklärung okkulter Blutabgänge oder unklarer Anämien π Überwachung im Rahmen der Tumornachsorge π Abklärung chronischer Diarrhöen π Abklärung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen.
π
π
π π π π
Abklärung wichtiger klinischer Veränderungen oder Abnormitäten eines Kolonkontrasteinlaufs Überwachung von Risikopatienten (Tumoranamnese, familiäre Belastung, Polyposis, Non-Polyposis Syndrome, Colitis ulcerosa) Abklärung okkulter Blutabgänge oder unklarer Anämien Überwachung im Rahmen der Tumornachsorge Abklärung chronischer Diarrhöen Abklärung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen.
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9 Chirurgische Diagnostik
Zu den Kontraindikationen gehören die akute Kolitis und die akute Sigmadivertikulitis wegen der Perforationsgefahr durch Luftinsufflation und der Verdacht auf eine Perforation.
Zu den Kontraindikationen gehören die akute Kolitis und die akute Sigmadivertikulitis wegen der Perforationsgefahr durch Luftinsufflation. Die Koloskopie darf ebenfalls nicht bei Verdacht auf eine Perforation eingesetzt werden und ist bei verunreinigtem Darm ohne Aussagewert.
9.7
Indikation
9.7
Indikation
9.7.1
Indikationsstellung
9.7.1
Indikationsstellung
n Merke. Bei allen Maßnahmen müssen Risiko und Aufwand im Vergleich zu alternativen Verfahren gegeneinander abgewogen werden, insbesondere dann, wenn durch andere Methoden das spezifische Risiko des Eingriffs vermindert werden kann. Dieses Grundprinzip gilt für alle diagnostischen und operativen Eingriffe
Merke
Merke Im Wesentlichen wird die Indikationsstellung durch π das krankheitsspezifische Risiko π die Risikofaktoren des Patienten π die spezifischen Risiken des Eingriffs π die Prognose der Krankheit unter konservativem oder operativem Vorgehen beeinflusst.
Das Gleiche gilt für die alternative Abwägung zwischen konservativen und operativen Maßnahmen. Im Wesentlichen wird die Indikationsstellung durch π das krankheitsspezifische Risiko π die Risikofaktoren des Patienten (Anamnese, Begleiterkrankungen) π die spezifischen Risiken des Eingriffs π die Prognose der Krankheit unter konservativem oder operativem Vorgehen beeinflusst.
9.7.2
9.7.2
π
π
π
π
π
π
Indikationsformen
Elektiv sind Eingriffe, die zum Zeitpunkt der Wahl vorgenommen werden können. Eine vitale Indikation liegt dann vor, wenn der geringste zeitliche Aufschub die Überlebenschancen des Patienten in Frage stellt. Als absolut wird die Indikation betrachtet, wenn die zugrunde liegende Erkrankung nur durch einen operativen Eingriff geheilt oder Organfunktionen erhalten werden können. Relativ ist die Indikation dann, wenn auch andere als chirurgische Maßnahmen oder gar keine Therapie zur Heilung führen. Eine soziale Indikation kann dann gegeben sein, wenn ohne chirurgische Intervention die Grundversorgung einer Familie nicht mehr gewährleistet ist. Als präventive (prophylaktische) Indikation werden Eingriffe betrachtet, die funktionelle oder organische Störungen oder Veränderungen beheben, bevor sie zu einem Dauerschaden oder einer Komplikation führen.
Indikationsformen
Der Zeitpunkt eines operativen Eingriffs wird durch seine Dringlichkeit bestimmt, wobei die Übergänge fließend sein können. Hieraus ergeben sich folgende Indikationen: π Elektiv sind Eingriffe, die zum Zeitpunkt der Wahl vorgenommen werden können. π Eine vitale Indikation liegt dann vor, wenn der geringste zeitliche Aufschub die Überlebenschancen des Patienten in Frage stellt (z.B. perforiertes abdominales Aortenaneurysma, akute hämodynamisch wirksame Blutung, Gasbrand). π Als absolut wird die Indikation betrachtet, wenn die zugrunde liegende Erkrankung nur durch einen operativen Eingriff geheilt oder Organfunktionen erhalten werden können (z.B. Magenausgangsstenose, Verschlussikterus, progrediente Einengung des Wirbelkanals). π Relativ ist die Indikation dann, wenn auch andere als chirurgische Maßnahmen oder gar keine Therapie zur Heilung führen (z.B. Cholezystolithiasis, unkomplizierte Hämorrhoiden). π Eine soziale Indikation kann dann gegeben sein, wenn ohne chirurgische Intervention (wie z.B. Tubenligatur oder Vasektomie) die Grundversorgung einer Familie nicht mehr gewährleistet ist. Sie kann auch unter forensischen Gesichtspunkten gestellt werden. π Als präventive (prophylaktische) Indikation werden Eingriffe betrachtet, die funktionelle oder organische Störungen oder Veränderungen beheben, bevor sie zu einem Dauerschaden oder einer Komplikation führen (z.B. Inguinalhernie zur Vermeidung der Inkarzeration, Entfernung des Kolon bei familiärer adenomatöser Polyposis).
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195 10
Akutes Abdomen
10
Akutes Abdomen
Bernd Nemsmann
n Definition. Eine Vielzahl von Erkrankungen können einen Symptomenkomplex verursachen, der unter dem Begriff »Akutes Abdomen« subsummiert wird. Charakteristisch für das akute Abdomen ist eine zunehmend lebensbedrohliche Situation, die mit plötzlich auftretenden starken Bauchschmerzen einhergeht und rasches Handeln erfordert. Dieses ist meistens, aber nicht generell chirurgisch.
Das akute Abdomen stellt kein eigenes Krankheitsbild dar, sondern ist eine Reaktion des Organismus auf Veränderungen mit hohem Krankheitswert. Läsionen des Abdomens mit eindeutigem Befund und primär sicherer Diagnose, wie z.B. akute Appendizitis, Uretersteinkolik oder akute gastrointestinale Blutung gehören streng genommen nicht zu dem Symptomenkomplex des akuten Abdomens. Jedes akute Abdomen erfordert eine sofortige diagnostische Abklärung und schnelles therapeutisches Handeln.
Definition
Bei eindeutigem Organbefund oder primär sicherer Diagnose liegt streng genommen kein akutes Abdomen vor. Jedes akute Abdomen erfordert eine sofortige diagnostische Abklärung und Therapie.
10.1
Allgemeines
10.1
10.1.1
Ätiologie
10.1.1 Ätiologie
Die Ursachen, die für die Entstehung eines akuten Abdomens verantwortlich sind, können sehr mannigfaltig sein. Die wesentlichen lassen sich fünf Gruppen zuordnen: π lleus π Blutungen π Perforation/Peritonitis π Durchblutungsstörungen π Traumen. Anatomisch-topographisch werden diese Ursachen dem Intraperitonealraum zugeordnet. Mögliche retroperitoneale Ursachen eines akuten Abdomens sind: π gefäßchirurgisch bedingte Erkrankungen π urologische Erkrankungen π Veränderungen des Lymphsystems. Zu den extraperitonealen Ursachen zählen: π kardiale Erkrankungen π pulmonale Erkrankungen π Stoffwechselerkrankungen und Intoxikationen π Veränderungen der Bauchdecken. Extraperitoneale Ursachen täuschen allerdings nur die Symptome eines akuten Abdomens vor, daher handelt es sich hier um ein »pseudo-akutes Abdomen«.
Allgemeines
Die fünf wichtigsten, dem Intraperitonealraum zuzuordnenden Ursachen eines akuten Abdomens sind: π Ileus π Blutungen π Perforation/Peritonitis π Durchblutungsstörungen π Traumen. Mögliche retroperitoneale Ursachen sind: π gefäßchirurgische Erkrankungen π urologische Erkrankungen π Lymphsystemveränderungen. Zu den extraperitonealen Ursachen zählen: π kardiale Erkrankungen π pulmonale Erkrankungen π Stoffwechselerkrankungen/Intoxikationen π Veränderungen der Bauchdecken. Extraperitoneale Ursachen sind bei nur vorgetäuschter Symptomatik eines akuten Abdomens als »pseudo-akutes Abdomen« zu bezeichnen.
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10 Akutes Abdomen
Symptomatik
10.1.2 Symptomatik
10.1.2
Als Leitsymptome mit unterschiedlicher Ausprägung gelten Schmerzen, Peristaltikstörungen und vegetative Begleitsymptome. Abdominalschmerzen, die sich fast ausnahmslos finden, lassen eine Unterscheidung in einen viszeralen und somatischen Schmerz zu (s. Kap. A-9, S. 175 ff.).
Die Symptome eines akuten Abdomens gestalten sich so vielfältig wie dessen Ursachen. Als Leitsymptome, die beinahe immer auftreten, aber je nach Ätiologie der Erkrankung unterschiedlich ausgeprägt sein können, gelten Schmerzen, Peristaltikstörungen und vegetative Begleitsymptome. Bei einem akuten Abdomen dominieren fast ausnahmslos Schmerzen. Im Abdominalbereich ist hierbei der sog. viszerale vom sog. somatischen Schmerz zu unterscheiden (s. Kap. A-9, S. 175 ff.)
10.1.3 Topographische Differenzialdiagnose des akuten Abdomens
10.1.3
Eine Zuordnungshilfe für abdominelle Läsionen teilt das Abdomen horizontal in 3 Etagen ein. π die kranial liegende Etage π die mittlere Etage π die kaudal liegende Etage.
Bezüglich der Schmerzlokalisation von abdominellen Läsionen lassen sich diese entsprechend der topographischen Lage intraabdomineller Organe verschiedenen Regionen zuordnen. Eine dieser Zuordnungshilfen teilt das Abdomen horizontal in 3 Etagen ein. In die kranial liegende Etage werden Schmerzen ausgehend von den Oberbauchorganen Leber, Galle, Magen, Duodenum projiziert. Der mittleren Etage sind Schmerzen von Dünndarm und rechtem Kolonanteil zuzuordnen. Im kaudalen Drittel äußern sich Läsionen von Nieren und ableitenden Harnwegen, vom linken Hemikolon und Sigma sowie von den Adnexen. Eine modernere Aufgliederung teilt das Abdomen in 4 Quadranten ein. Zusätzlich wird noch ein Bereich des mittleren Abdomens (periumbilikal) berücksichtigt. In den rechten Oberbauch werden Schmerzen bedingt durch Duodenalläsionen, Gallenwegerkrankungen oder Leberaffektionen, Pfortaderthrombosen oder entzündliche Nierenerkrankungen rechts projiziert; in den linken Oberbauch Schmerzen durch Abszesse, Milzerkrankungen oder durch Nierenaffektionen links; in den rechten Unterbauch Schmerzen durch eine Appendizitis, Adnexitis oder andere rechtsseitige Adnexveränderungen und inkarzerierte Leistenhernien rechts; in den linken Unterbauch Sigmaveränderungen und Erkrankungen der linken Adnexe und der linken Leiste; schließlich werden in den Mittelbauch (periumbilikal) Veränderungen des Pankreas und der intra- und retroperitonealen Gefäße projiziert ( 1 A-10.1).
Eine modernere Aufgliederung teilt das Abdomen in 4 Quadranten ein: π rechter Oberbauch π linker Oberbauch π rechter Unterbauch π linker Unterbauch π mittleres Abdomen (periumbilikal) ( 1 A-10.1).
Topographische Differenzialdiagnose des akuten Abdomens
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10.1.4 Diagnostik
1 A-10.1
Synopsis Zuordnung der intraabdominellen Schmerzangaben nach dem »Quadrantenschema«
1 rechter Oberbauch Cholezystitis Cholelithiasis Choledocholithiasis Papillenstenose Courvoisier-Zeichen Stauungsleber Pfortaderthrombose Ulcus duodeni Nephrolithiasis Niereninfarkt
2 linker Oberbauch akute Pyelitis Pyelonephritis Pankreaskopftumor Kolontumor subphrenischer Abszess basale Pleuritis Pneumonie atypische Appendizitis Divertikulitis
Magenulkus Pankreatitis Pankreasnekrose Milzinfarkt Milzruptur Kolontumor
1
3
4 rechter Unterbauch Appendizitis perityphlitischer Abszess Ileitis Kolontumor Divertikulitis Adnexitis
2
4
Ovarialzysten Torsionsovar Extrauteringravidität Uretersteine inkarzerierte Leistenhernien Hodentorsion
5
Myokardinfarkt rupturiertes Aortenaneurysma Nephrolithiasis Niereninfarkt akute Pyelitis Pyelonephritis subphrenischer Abszess basale Pleuritis Pneumonie
5 linker Unterbauch Divertikulitis Kolontumor Kolitiskomplikationen Adnexitis Ovarialzysten
Torsionsovar Extrauteringravidität Uretersteine inkarzerierte Leistenhernien Hodentorsion
3 periumbilikal
Appendizitis Pankreasnekrose
10.1.4
Pankreatitis Nabelhernie
rupturiertes Aortenaneurysma
Diagnostik
Meckel-DivertikelKomplikationen
10.1.4 Diagnostik
Zur Diagnostik eines akuten Abdomens bedarf es für den Erfahrenen weniger Hilfsmittel. Viele kleine »versteckte« Hinweise sichern die Diagnose, welche klinisch zu stellen ist. Nur ausnahmsweise kann die Diagnose allein auf Grund von laborchemischen Ergebnissen und von bildgebenden Verfahren gestellt werden.
Die Diagnose des akuten Abdomens ist klinisch zu stellen.
Klinische Untersuchung
Klinische Untersuchung
Vor der klinischen Untersuchung eines Patienten mit einem akuten Abdomen wird eine exakte Anamnese erhoben. Hierbei kann schon häufig die Ursache des akuten Abdomens eruiert werden. Dabei ist die Dauer der Symptome sowie die Intensität und Charakteristik des Schmerzes zu erfragen. Die Schmerzqualität kann Aufschluss über die Erkrankungsursache geben. Die anschließende körperliche Untersuchung mit Inspektion des Abdomens zeigt den Zustand der Bauchdecken, ggf. Veränderungen, wie z.B. Narben von Voroperationen oder bereits eine sichtbare spastische Steife von Darmschlingen vor einer Stenose (Wahl-Zeichen). Die Palpation des Abdomens kann weitere richtungweisende Erkenntnisse bringen und sollte zunächst die als besonders schmerzhaft empfundenen Regionen meiden. Ein bestehender Druckschmerz kann auf einen nicht fortgeleiteten Prozess hindeuten, der lokale Peritonismus auf einen fortgeleiteten entzündlichen Prozess (z.B. bei Appendizitis), während das brettharte Abdomen Zeichen
Im Rahmen einer exakten Anamnese ist die Dauer der Symptome und Charakteristik des Schmerzes zu erfragen.
Die anschließende körperliche Untersuchung mit Inspektion des Abdomens zeigt ggf. vorliegende Veränderungen (z.B. Narben oder bereits eine sichtbare spastische Steife von Darmschlingen vor einer Stenose [Wahl-Zeichen]). Die folgende Palpation des Abdomens kann richtungweisend sein. Der lokale Peritonismus deutet auf einen fortgeleiteten entzündlichen Prozess hin, das
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198 brettharte Abdomen auf eine Peritonitis. Bei letzterer kann die Untersuchung des Patienten infolge der schmerzhaften Bauchdecke unmöglich sein, und eine apparative Diagnostik erforderlich werden. Die Auskultation erlaubt eine Beurteilung der Darmperistaltik. So finden sich beim mechanischen Ileus hochgestellte klingende Darmgeräusche, wohingegen die sog. »Grabesstille im Abdomen« den paralytischen Ileus kennzeichnet.
Unerlässlich ist die rektal digitale Untersuchung, unter Beachtung des Douglas-Raumes, der Ampullenfüllung und evtl. tastbarer Resistenzen.
Laborchemische Diagnostik Die notfallmäßige laborchemische Diagnostik umfasst die Bestimmung von: π Hb (Blutung?) π Leukozyten (Entzündung?) π Elektrolyte (Substitution?) π Gerinnungsstatus (Blutungsneigung?) π Amylase (Pankreatitis?) Bildgebende Verfahren (s.a. Kap. A-9.5) Mit verhältnismäßig einfachem apparativen Aufwand ist eine aussagekräftige Information zur Ergänzung der klinischen Untersuchung zu bekommen. Die Einführung der Sonographie in die Diagnostik des akuten Abdomens hat eine wesentliche Erleichterung und Sicherheit gebracht, weil sie rasch durchführbar und ubiquitär anwendbar ist. Besonders in der Diagnostik von freier Flüssigkeit im Abdomen besitzt sie einen hohen Stellenwert.
Die Sonographie ermöglicht eine Organdiagnostik, die jedoch bei adipösen Patienten eingeschränkt ist. Im Rahmen der Ileusdiagnostik erlaubt sie ggf. die Differenzierung zwischen einem mechanischen und einem paralytischen Darmverschluss.
10 Akutes Abdomen einer Peritonitis ist. Bei letzterer ist eine Untersuchung des Patienten bei schmerzhafter, abwehrgespannter Bauchdecke häufig nicht mehr möglich. In diesen Fällen muss in Abhängigkeit vom Handlungszwang auf apparative Diagnosemaßnahmen zurückgegriffen werden. Die Auskultation des Abdomens lässt eine Beurteilung der Darmperistaltik zu. So finden sich z.B. beim mechanischen Ileus hochgestellte klingende Darmgeräusche, eine Hypoperistaltik lässt an einen entzündlichen Herd im Abdominalbereich denken und die sog. »Grabesstille im Abdomen« bei aufgehobener Peristaltik kennzeichnet den paralytischen Ileus. Der bei der Auskultation erhaltene Eindruck einer Hypo- oder Hyperperistaltik unterliegt der individuellen Erfahrung. Zwar lassen sich peristaltische Kontraktionen apparativ definieren und dokumentieren, im klinischen Alltag jedoch erlangt die Empirie des Untersuchers eine ausreichende Sicherheit zur Beschreibung einer nicht »normalen« Peristaltik. Unerlässlich ist die rektal digitale Untersuchung im Rahmen der Notfalldiagnostik. Hierbei sind der Douglas-Raum, der Füllungszustand der Ampulle und evtl. tastbare Resistenzen zu beachten. An einen möglichen Harnverhalt, der schnell zum Vollbild des akuten Abdomens führen kann, ist zu denken. Sollte das Ergebnis der klinischen Untersuchung eine eingeschränkte Dringlichkeit der operativen Therapie ergeben, kann die Möglichkeit der apparativen Diagnosehilfen ausgeschöpft werden.
Laborchemische Diagnostik Die notfallmäßige laborchemische Diagnostik umfasst die Bestimmung des Hb (Blutung?), der Leukozyten (Entzündungsparameter?) – wobei die Leukozytenzahl nicht notwendigerweise mit dem Schweregrad der Erkrankung korreliert –, der Elektrolyte (Substitution?), des Gerinnungsstatus (Blutungsneigung?) und der Amylase (Pankreatitis?).
Bildgebende Verfahren (s. a. Kap. A-9.5) Bildgebende Verfahren sind heute in der Diagnostik akuter Zustände nicht mehr wegzudenken. Mit den zur Verfügung stehenden Verfahren ist es möglich, mit verhältnismäßig einfachem apparativem Aufwand aussagekräftige Informationen zur Ergänzung der klinischen Untersuchung zu bekommen. Die Einführung der Sonographie in die Diagnostik des akuten Abdomens hat eine wesentliche Erleichterung und Sicherheit gebracht. Der Erfolg dieses Verfahrens ist in der raschen Durchführbarkeit und ubiquitären Anwendung begründet. Generell kann gesagt werden, dass die Sonographie an die erste Stelle aller Verfahren der bildgebenden Diagnostik getreten ist. Besonders die Diagnostik von freier Flüssigkeit im Abdomen (Aszites oder Blut) zeigt den Wert der Sonographie. Wird in Folge eines Traumas oder einer anderen Läsion freies Blut im Abdomen vermutet, wird als erste diagnostische Maßnahme eine Sonographie mit Inspektion des »Morrison-Pouches« (Spatium zwischen Leber und rechter Niere) durchgeführt. Mit Hilfe der Sonographie ist es heute möglich, organspezifische Informationen zu erhalten. Die Organdiagnostik ist bei meteoristischen und sehr adipösen Patienten eingeschränkt. Im Rahmen der Ileusdiagnostik erlaubt sie ggf. die Differenzierung zwischen einem mechanischen und einem paralytischen Ileus (s.u.).
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10.1.4 Diagnostik
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Neben der Sonographie ist die Röntgenthorax- und Abdomenübersichtsaufnahme Standard bei Vorliegen eines akuten Abdomens. Je nach Zustand der Patienten werden diese Bilder liegend oder stehend angefertigt. Beide Verfahren zeigen Vor- und Nachteile, sodass in Abhängigkeit vom Zustand des Patienten und je nach Fragestellung eine Röntgenart favorisiert werden kann. Wird bei Verdacht auf Perforation eines lufthaltigen Hohlorgans freie Luft im Abdomen gesucht, lässt sich diese im Abdomenbild des auf der linken Seite liegenden Patienten in geringeren Mengen nachweisen als beim stehenden Patienten, weil die freie Luftmenge, die nachgewiesen werden soll, unter den Zwerchfellkuppen größer sein muss als die freie Luftmenge zwischen Leberkuppe und lateraler Bauchdecke. Sollen röntgenologische Zeichen eines IIeus dokumentiert werden, ist eine Darstellung des Abdomens auch in Rechtsseitenlage aussagekräftig.
Neben der Sonographie ist bei Vorliegen eines akuten Abdomens die Röntgenthorax- und Abdomenübersichtsaufnahme Standard. Wird bei Verdacht auf Perforation eines lufthaltigen Hohlorgans freie Luft im Abdomen gesucht, lässt sich diese im Abdomenbild des auf der linken Seite liegenden Patienten in geringeren Mengen nachweisen, als beim stehenden Patienten. Sollen röntgenologische Zeichen eines Ileus dokumentiert werden, ist eine Darstellung des Abdomens in Rechtsseitenlage aussagekräftig.
1 A-10.2
Enterothorax bei traumatischer Zwerchfellruptur
a Vor Beseitigung des Hämatothorax links.
b Nach Beseitigung des Hämatothorax links. (Die gelegte Magensonde projiziert sich in den Bereich des linken Ventrikels.)
Durch eine Thoraxübersichtsaufnahme lassen sich Veränderungen erkennen, die in den Thoraxorganen selbst liegen oder sich in den Thorax projizieren, wie z.B. der Enterothorax ( 1 A-10.2). Besonders beim traumatisierten Abdomen kann die Röntgenaufnahme des Thorax oder Abdomens Hinweise für eine unfallbedingte intraabdominelle Schädigung geben. Bei basalen Rippenfrakturen kann eine Milz- oder Leberruptur vorliegen; bei Zwerchfellhochstand, obliteriertem Zwerchfellwinkel oder einer nach kranial verlagerten Magenblase eine Zwerchfellruptur; freie Luft intra- oder retro-peritoneal ist ein Hinweis auf eine Hohlorganperforation ( 2 A-10.1).
n Merke. Zur Dokumentation der Durchgängigkeit oder Perforation eines Hohlorgans darf die Röntgendarstellung nur mit wasserlöslichem Kontrastmittel (z.B. Gastrografin) vorgenommen werden. Ein Gebrauch von Barium verbietet sich bei unklarem Abdomen, da Barium im Falle einer Hohlorganperforation intensiv auf dem Peritoneum haftet und dadurch die gefürchtete »Bariumperitonitis« verursacht.
Durch eine Thoraxübersichtsaufnahme lassen sich Veränderungen erkennen, die in den Thoraxorganen selbst liegen oder sich in den Thorax projizieren, wie z.B. der Enterothorax ( 1 A-10.2). Die Röntgenaufnahme des Thorax oder Abdomens kann Hinweise auf intraabdominelle Schädigungen geben ( 2 A-10.1).
Merke
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200
10 Akutes Abdomen
2 A-10.1
Radiologische Hinweise auf mögliche abdominelle Läsionen
Röntgenbefund
Mögliche Schäden
N basale Rippenfraktur links n n basale Rippenfraktur rechts N
N Milzruptur n n Leberruptur N
N Zwerchfellhochstand n n obliterierter Rippen-Zwerchfellwinkel N
N Zwerchfellruptur n n Zwerchfellruptur N
N Verlagerung der Magenblase n π nach links oben π nach rechts medial
n Zwerchfellruptur N N Milzruptur n
N Verdrängung der linken Kolonflexur n
N Milzruptur n
N retroperitoneale Luft n
N Duodenum- oder Rektumruptur n
N verwaschener Psoasschatten rechts n n verwaschener Psoasschatten links N
N Duodenum- oder Nierenruptur n n Pankreasschwanz- oder Nierenruptur N
N freie intraabdominelle Luft n
N Perforation des Magen-Darm-Traktes (außer Rektum) n
Die Peritoneallavage ist durch die Sonographie zwar in den Hintergrund getreten, stellt aber bei unklaren Sonographiebefunden zum Ausschluss einer intraperitonealen Blutung immer noch eine entscheidende Ergänzung dar. In der Notfallchirurgie hat die Endoskopie einen hohen Stellenwert erlangt. Sie wird sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eingesetzt. Sehr selten ist die Endoskopie Ursache eines akuten Abdomens (iatrogene Perforation).
Gefäßbedingte Ursachen eines akuten Abdomens können angiographisch diagnostiziert werden. Mit zunehmend verbesserter Technik lässt sich die Laparoskopie zur Diagnostik und Therapie des akuten Abdomens einsetzen.
Der Nachweis einer Perforation eines Hohlorgans kann mittels Kontrastdarstellung mit Gastrografin erfolgen, wobei Gastrografin-Kristalle im Sedimentbefund laborchemisch nachgewiesen werden können. Diese Methode hat sich jedoch nicht durchgesetzt. Die Peritoneallavage besitzt eine hohe Sensitivität, ist jedoch durch Einführung der (nicht invasiven) Sonographie in den Hintergrund getreten. Bei unklaren Sonographiebefunden stellt sie zum Ausschluss einer intraperitonealen Blutung immer noch eine entscheidende Ergänzung dar. Vor ihrer Durchführung müssen die bekannten Kontraindikationen (Verwachsungen, Schwangerschaft) und Voraussetzungen (Blasenkatheterisierung) berücksichtigt werden. Durch die technische Weiterentwicklung der Geräte hat die Endoskopie auch in der Notfallchirurgie einen hohen Stellenwert erlangt. Sie wird sowohl diagnostisch (V.a. Perforation) als auch therapeutisch (Entfernung von ingestierten Fremdkörpern) eingesetzt. So ermöglicht die Gastroskopie das Entfernen verschluckter Fremdkörper aus Magen und Duodenum (s. a. Kap. B-13.2) und stellt damit eine effektive Prophylaxe eines akuten Abdomens dar, da verschluckte Fremdkörper eine Perforation eines Hohlorgans auslösen können. Sehr selten ist die Endoskopie Ursache eines akuten Abdomens (iatrogene Perforation). Gefäßbedingte Ursachen eines akuten Abdomens können angiographisch diagnostiziert werden. Da dieses Röntgenverfahren apparativ und zeitlich aufwendig ist, lässt es sich nur in Situationen anwenden, die von minderer Dringlichkeit sind. Mit zunehmend verbesserter Technik und wachsendem Know-how lässt sich die Laparoskopie zur Diagnostik und Therapie des akuten Abdomens einsetzen. Auf diesem Weg kann das Ausmaß einer Traumaschädigung (z.B. perforierende Verletzung) erkannt werden. Ebenso kann ein Ileus oder eine lokalisierte Durchblutungsstörung z.B. durch eine Bride erkannt und effektiv therapiert werden.
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10.1.5 Therapie 10.1.5
Therapie
Das therapeutische Ziel bei Vorliegen eines akuten Abdomens ist ein möglichst endgültiges Beheben des Schadens mit Wiederherstellung stabiler Lebensfunktionen. Ggf. muss eine dadurch bedingte passagere Einschränkung der Lebensqualität in Kauf genommen werden, wie z.B. die passagere Anlage eines protektiven Anus praeter bei einer Kolonperforation.
10.1.5 Therapie Das therapeutische Ziel bei Vorliegen eines akuten Abdomens ist ein möglichst endgültiges Beheben des Schadens mit Wiederherstellung stabiler Lebensfunktionen.
Allgemeine Therapieprinzipien Die allgemeinen Parameter der Therapie richten sich im Rahmen der Operationsvorbereitung nach dem Ausmaß des Schockgeschehens (s. Kap. A-5). Jeder Patient mit dem Bild eines akuten Abdomens benötigt eine Infusionstherapie (s. Kap. A-6), da sich eine enterale Ernährung über kurz oder lang verbietet. Darüber hinaus ist das Legen einer Magensonde sowie eines Blasenkatheters Standard und sollte nur in Ausnahmefällen unterbleiben. In den meisten Fällen ist die perioperative Antibiotika-Prophylaxe indiziert. Je nach Konstellation der Blutwerte sind Elektrolytdefizite oder Blutmengendefizite auszugleichen. Es darf nicht vergessen werden, dass ein Patient mit einem akuten Abdomen schmerzbedingt einer Therapie mit Analgetika bedarf. Werden diese Analgetika im Rahmen einer notfallmäßigen Erstversorgung gegeben, so ist zur Information des weiterbehandelnden Arztes Art, Dosis und Zeit des verabreichten Schmerzmittels zu übermitteln. Da in der Regel die Therapie eines Patienten mit akutem Abdomen einen Notfall darstellt, hat hier Aufklärungspflicht und Einverständniserklärung eine andere Wertigkeit als bei Wahleingriffen.
Neben den therapeutischen Maßnahmen die sich nach dem Ausmaß des Schockgeschehens zu richten haben (s. Kap. A-5), benötigt jeder Patient mit einem akuten Abdomen eine Infusionstherapie (s. Kap. A-6), da sich eine enterale Ernährung verbietet. Darüber hinaus ist das Legen einer Magensonde und eines Blasenkatheters Standard. Je nach Konstellation der Blutwerte sind Elektrolytdefizite oder Blutmengendefizite auszugleichen. An Analgetikagaben zur Schmerzbekämpfung ist zu denken.
Operative Therapie
Operative Therapie
Das Standardvorgehen bei Vorliegen eines akuten Abdomens ist die Operation. In begründeten Fällen gibt es jedoch Ausnahmen. Eine dieser Ausnahmen stellt die Therapie des paralytischen Ileus dar. Die Therapieform dieser funktionellen Passagebehinderung richtet sich nach der dafür verantwortlichen Ursache. Als Zugangsweg für eine Laparotomie stellt die mediane Inzision die vielseitigste Möglichkeit dar. Es sind jedoch Varianten je nach vermutetem Ort der Läsion möglich. Bei Vorliegen einer akuten Gallenblasenaffektion wird z.B. der rechtsseitige Rippenbogenrandschnitt favorisiert, bei einer Milzruptur ein Rippenbogenrandschnitt links. Je nach Ursache stehen verschiedene operative Versorgungsmöglichkeiten zur Verfügung ( 2 A-10.2). In Ausnahmen kann bei einem aktuen Abdomen eine Thorakotomie notwendig werden, wie z.B. bei Vorliegen eines Enterothorax oder einer Ösophagusläsion.
Das Standardvorgehen bei Vorliegen eines akuten Abdomens ist die Operation. Eine Ausnahme hiervon stellt der paralytische Ileus dar. Als Zugangsweg für eine Laparotomie stellt die mediane Inzision die vielseitigste Möglichkeit dar. Je nach Ursache stehen verschiedene operative Versorgungsmöglichkeiten zur Verfügung ( 2 A-10.2). In Ausnahmen kann bei einem akuten Abdomen eine Thorakotomie notwendig werden (z.B. Enterothorax).
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202
10 Akutes Abdomen
2 A-10.2
Möglichkeiten der operativen Versorgung bei verschiedenen abdominellen Läsionen Ileus
Blutung
Perforation
Peritonitis
Trauma
N Magen n
Stenteinlage, Ernährungsfistel
(1. Wahl: endoskopische Blutstillung) Umstechung, Teilresektion, Y-Roux, Gastrektomie
Exzision, Übernähung
Herdsanierung, Lavage
Übernähung, Teilresektion, Gastrektomie
N Duodenum n
Gastroenterostomie (GE)
Umstechung, BI, Y-Roux
Übernähung
Herdsanierung, Lavage
Übernähung, Gastroenterostomie (GE)
N Dünndarm n
Enteroanastomose, Segmentresektion
Segmentresektion
Übernähung, Resektion
Herdsanierung, Lavage
Übernähung, Segmentresektion
N Leber n
Übernähung, Teilresektion
Übernähung
Herdsanierung, Lavage
Übernähung, Kompression, Resektion
N Galle n
Exstirpation
Exstirpation
Herdsanierung, Lavage
Exstirpation
N Milz n
Exstirpation, Erhaltungsversuch
Übernähung, Exstirpation
Herdsanierung, Lavage
Erhaltungsversuch, Exstirpation
N Appendix n
Exstirpation
Exstirpation
Herdsanierung, Lavage
Exstirpation
Segmentresektion
Übernähung, Resektion
Herdsanierung, Lavage
Übernähung, Resektion, Anus praeter (AP)
Herdsanierung, Lavage
Übernähung, (Teil-)Resektion, Dränage
N Kolon n
Anus-praeterAnlage, Resektion, Enteroanastomose
N Pankreas n
N Gefäße n
10.2
Intraperitoneale Erkrankungen 10.2.1 Ileus Definition
(Teil-) Exstirpation s. Kap. B-24
Herdsanierung, Lavage
10.2
Intraperitoneale Erkrankungen
10.2.1
Ileus
n Definition. Unter einem Ileus versteht man einen mechanischen oder funktionellen Darmverschluss. Das bedeutet eine lebensbedrohliche Unterbrechung der Darmpassage durch Verengung oder Verlegung der Darmlichtung oder durch eine Darmlähmung. Je nach Lage des Passagestopps spricht man von einem hohen (Duodenal- oder Dünndarmileus) oder einem tiefsitzenden (Dickdarmileus) Darmverschluss ( 1 A-10.3). Eine unvollständige Ausprägung des Darmverschlusses bezeichnet man als Subileus. Dieser unterscheidet sich vom Ileus durch eine röntgenologisch nachweisbare Darmmotilitätsstörung (Spiegelbildung) ohne klinische Zeichen eines Passagestopps.
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203
10.2.1 Ileus
1 A-10.3
Synopsis Differenzierung der Ileuslokalisation
hoher Dünndarmileus
tiefer Dünndarmileus
a Schematische Darstellung unterschiedlicher Ileuslokalisationen.
b Meteoristisch geblähte Dünndarmschlingen mit Spiegelbildung (Á) bei Ileus in der Adomenleeraufnahme.
Paralytischer Ileus Ätiologie. Der paralytische Ileus kann in eine primäre und sekundäre Form
unterteilt werden. Der primär paralytische Ileus wird bei Gefäßverschlüssen durch Mesenterialgefäßthrombosen oder -embolien mit hämorrhagischer Infarzierung der Darmwand gefunden. Seltener ist er Ausdruck von Gefäßkompressionen durch Mesenterialwurzelhämatom, -hämangiom oder -tumordruck. Die häufiger vorkommenden sekundären Formen sind reflektorisch (z.B. nach Koliken, Laparotomien, stumpfen Bauchtraumen, Peritonitis, Sepsis), bei Stoffwechselerkrankungen (z.B. akute intermittierende Porphyrie, Diabetes mellitus, Urämie, Hypokaliämie) nach Medikamentenapplikationen (z.B. Spasmolytika) oder toxisch im Endstadium eines mechanischen Ileus (s. u.). Darüber hinaus ist auch ein idiopathischer paralytischer Ileus (Synonym: Ogilvie-Syndrom) von Ogilvie beschrieben worden. Dieser tritt überwiegend bei älteren Menschen besonders im Bereich des Zäkum und Colon ascendens auf, ohne dass eine Ursache gefunden wird. Deshalb wird diese Ileusform auch als »idiopathische Pseudoobstruktion« bezeichnet. Das Ogilvie-Syndrom zeigt als Leitsymptom eine massive Kolondilatation ( 1 A-10.4), die unbehandelt zu einer Zäkumperforation führen kann. Im Gegensatz zu Ogilvie (1948), der ursächlich ein Überwiegen der parasympathischen Impulse aus dem Plexus sacralis annahm, wird heutzutage ätiologisch ein Überwiegen des Sympathikotonus mit konsekutiver Peristaltikhemmung angenommen. Dadurch ließe sich das Vorkommen eines Ileus z.B. nach operativen Eingriffen im Wirbelsäulen-Beckenbereich, bei Polytraumen, bei septischen Zuständen oder bei Affektionen des Retroperitoneums erklären.
Paralytischer Ileus Ätiologie. Der primär paralytische Ileus kommt bei Gefäßverschlüssen der Mesenterialgefäße, seltener bei Gefäßkompressionen vor.
Der häufiger auftretende sekundäre paralytische Ileus tritt reflektorisch, bei Stoffwechselerkrankungen, nach Medikamentenapplikation oder toxisch auf. Eine Sonderform stellt der idiopathische paralytische Ileus dar, der ohne erkennbare Ursache auftritt. Deshalb wird diese Ileusform auch als idiopathische Pseudoobstruktion bezeichnet (Synonym: OgilvieSyndrom)) ( 1 A-10.4).
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204
10 Akutes Abdomen
1 A-10.4
Extrem geblähtes Colon ascendens und Zäkum bei einem Patienten mit Ogilvie-Syndrom
b Intraoperativer Situs.
a Abdomenleeraufnahme.
Mechanischer Ileus
Mechanischer Ileus
Ätiologie. Als Ursache eines mechanischen Ileus kommt die Strangulation und Obstruktion in Frage. π Strangulation bezeichnet die Abschnürung eines Darmabschnittes mit gleichzeitiger Durchblutungsstörung der Darmwand infolge: – Darmabknickung bei Verwachsungen ( 1 A-10.5) – Einklemmung in eine innere oder äußere Hernie ( 1 A-10.6) – Ausbildung eines Volvulus – Invagination ( 1 A-10.7).
Ätiologie. Ein mechanischer Ileus wird durch ein Hindernis in der Darmpassage ausgelöst. Als Ursachen für ein solches Hindernis kommen Strangulation und Obstruktion in Frage. π Strangulation : Die Abschnürung eines Darmabschnittes mit gleichzeitiger Durchblutungsstörung der Darmwand wird als Strangulation bezeichnet. Diese Situation kann auftreten: – infolge einer Darmabknickung bei Verwachsungen (Adhäsionen bzw. Briden oder Peritonealkarzinosen) ( 1 A-10.5) – durch Einklemmung in eine innere oder äußere Hernie (Inkarzeration) ( 1 A-10.6) – durch Ausbildung eines Volvulus – durch Invagination ( 1 A-10.7).
1 A-10.5
Strangulationsileus durch Bride
a Deutlich sichtbare Einschnürung (Á) mit Ileusdarm links und Hungerdarm rechts davon.
b Nach Durchtrennung der Bride deutlich sichtbare Schnürfurche mit Angleichen des unterschiedlich dicken Darmdurchmessers.
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205
10.2.1 Ileus
1 A-10.6
Bauchnarbenbruch
a Seitenansicht.
1 A-10.7
b Kontrastdarstellung des Bruchinhaltes.
Strangulationsileus durch eine ileo-ileale Invagination
a Die eingeführte Klemme demonstriert die Invaginationstiefe.
b An dem Dünndarmpräparat deutet die Pinzette die Tiefe des Invaginats an, das schon Zeichen einer irreversiblen Durchblutungsstörung hat.
Die häufigsten Ursachen des mechanischen Ileus sind Briden und Adhäsionen (50 %), gefolgt von Hernien (25 %) und Tumoren (10 %). Andere Ursachen (z.B. Invagination, Volvulus, Fremdkörper) sind selten. π Obstruktion: Die Verlegung des Darmes ohne Durchblutungsstörung wird als Obstruktion bezeichnet. Auch hierbei sind mehrere Ursachen möglich. – Verlegung der Darmlichtung z.B. durch Fremdkörper (Haare, unverdaute Nahrungsmittel, Parasiten, Gallen- oder Kotstein, Atresien (Obturationsileus) ( 1 A-10.8) – Verdickung der Darmwand, z.B. durch Tumoren oder Entzündungen ( 1 A-10.9) – durch Kompression von außerhalb der Darmwand, wie z.B. durch Lymphome oder gynäkologische Tumoren (Okklusionsileus) ( 1 A-10.10).
Pathophysiologie. Gemeinsames Merkmal der verschiedenen Ileusformen ist die Stase. In Abhängigkeit von der Höhe des Verschlusses sowie seiner primären Ursache (z.B. Strangulationsileus) kommt es zu einer unterschiedlichen Reihe von pathophysiologischen Abläufen, die unbehandelt jeweils zum Multiorganversagen führen. Während bei hohen Dünndarmileusformen die Gefährdung des Patienten hauptsächlich durch den Flüssigkeits- und Elektrolytverlust (u.a. durch stasebedingten Reflux und Erbrechen) bedingt ist, kommt es bei den anderen
Häufigste Ursachen des mechanischen Ileus sind: – Briden, Adhäsionen (50 %) – Hernien (25 %) – Tumoren (10 %). π Obstruktion ist die Verlegung des Darmes ohne Durchblutungsstörungen durch: – Verlegung der Darmlichtung z.B. durch Fremdkörper, Parasiten, Gallen-oder Kotsteine, Atresien (Obturationsileus) ( 1 A-10.8) – Verdickung der Darmwand, z.B. durch Tumoren oder Entzündungen ( 1 A-10.9) – Kompression von außerhalb der Darmwand, z.B. durch Lymphome oder gynäkologische Tumoren (Okklusionsileus) ( 1 A-10.10). Pathophysiologie. Eine schematische Darstellung der wichtigsten pathophysiologischen Vorgänge bei unterschiedlichen Ileusformen zeigt 1 A-10.11.
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10 Akutes Abdomen Ileusformen hauptsächlich zu einer durch Mukosaschädigung bedingten Endotoxinämie und/oder Durchwanderungsperitonitis. Die einzelnen pathophysiologischen Abläufe sind in 1 A-10.11 zusammengestellt.
1 A-10.8
Dünndarmileus durch einen Gallenstein im Jejunum
a Der Gallenstein wird von einer Overholt-Klemme in einer Dünndarmeröffnung gefasst.
1 A-10.9
Dickdarmileus
Dickdarmileus durch einen entzündlichen Sigmatumor (Divertikulitis) mit entsprechendem Röntgenkontrastbild.
b Obstruktionsileus durch Darmwandverdickung mit fast totaler Verlegung des Darmlumens durch Entzündung im aufgeschnittenen Dünndarmsegment.
1 A-10.10
Okklusionsileus
Okklusionsileus durch einen Desmoidtumor in der Mesenterialwurzel mit dadurch saitenartig aufgespanntem Dünndarm.
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10.2.1 Ileus
1 A-10.11
Synopsis Wichtige pathophysiologische Vorgänge bei unterschiedlichen Ileusformen Stase
hoher Dünndarmileus
tiefer Dünndarmileus
Strangulationsileus
Dickdarmileus
Abnahme Resorption, Zunahme Sekretion
Abnahme Resorption, Zunahme Sekretion
Durchblutungsstörung, Darmwandhypoxie
Darmdistension
Wasser- und Elektrolytverlust
Zunahme fäkulenter bakterieller Flora
Mukosaschädigung
Hypovolämie
Mukosaschädigung
Niereninsuffizienz, Schock
Endotoxinämie
Mikrozirkulationsstörung
intraabdominelle Drucksteigerung
Zwerchfellhochstand
Durchwanderung, Perforation
verminderter kardialer Rückstrom
respiratorische Insuffizienz
Peritonitis
Hypovolämie
Multiorganversagen
Symptome. Führende Symptome der Ileuskrankheit sind abdominelle
Schmerzen, Erbrechen, Meteorismus, Stuhl- und Windverhalt. In Abhängigkeit von Ursache und Lokalisation des Ileus stellen sie sich in unterschiedlicher Ausprägung und Reihenfolge dar ( 2 A-10.3).
2 A-10.3
Symptome. Die führenden Symptome der Ileuskrankheit und den Grad ihrer Ausprägung zeigt 2 A-10.3.
Symptomatik bei unterschiedlichen Ileusformen Schmerz
Erbrechen
Stuhl-/ Windverhalt
Meteorismus
Peristaltik
N hoher Dünndarmileus n
eher gering
sofort, voluminös
fehlt
fehlt
regelrecht
N tiefer Dünndarmielus n
kolikartig
vorhanden
vorhanden
vorhanden
hochgestellt, klingend, Durchspritzgeräusche
N Dickdarmileus n
krampfartig
spät
vorhanden
vorhanden
hochgestellt, klingend, Durchspritzgeräusche
Strangulation
oft plötzlicher Beginn
oft anfangs
zunehmend
zunächst gesteigert, später fehlend
Paralyse
fehlt
vorhanden
vorhanden
fehlt (Grabesstille)
Obstruktion
vorhanden
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10 Akutes Abdomen
Diagnose. Die Sonographie und die Abdomenübersichtsaufnahme gehören zu den diagnostischen Standardverfahren (s.a. Kap. A-9).Die Sonographie lässt ggf. eine Differenzierung in paralytischen oder mechanischen Ileus zu. Letzterer zeigt im Frühstadium eine Hyperperistaltik und Luft und flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen ( 1 A-10.12 a), im Spätstadium ist bei aufgehobener Peristaltik die Unterscheidung zum paralytischen Ileus nicht mehr möglich. Durch distendierte Dünndarmschlingen kann sonographisch das Bild eines Strickleitermusters entstehen ( 1 A-10.12 b). Radiologisch kann die Anordnung der Flüssigkeitsspiegel auf die Verschlusslokalisation hinweisen.
1 A-10.12
Diagnose. Die Sonographie und die Abdomenübersichtsaufnahme – in Linksseitenlage oder im Stehen – gehören zu den diagnostischen Standardverfahren (s. a. Kap. A-9.5). Die Sonographie lässt eine Beurteilung der Peristaltik, und damit ggf. eine Differenzierung in paralytischen oder mechanischen Ileus zu. Im Frühstadium des mechanischen Ileus zeigt sich eine Hyperperistaltik (Pendelperistaltik) und mit Luft und Flüssigkeit gefüllte Darmschlingen ( 1 A-10.12a ). Im Spätstadium des mechanischen Ileus lässt sich dieser nicht mehr vom paralytischen unterscheiden. In beiden Fällen zeigen sich extrem dilatierte Darmschlingen bei aufgehobener Peristaltik. Gelegentlich findet sich im Sonographiebild ein sog. Strickleitermuster ( 1 A-10.12 b), ein Phänomen, das bei ditendierten Dünndarmschlingen beobachtet wird, letztlich aber keine ileusspezifische Bedeutung besitzt. Die radiologische Darstellung kann bei charakteristischer Anordnung der Flüssigkeitsspiegel einen Rückschluss auf die Verschlusslokalisation zulassen (z.B. hoher Verschluss: wenig Spiegel, tiefer Verschluss: multiple Spiegel, Dickdarmverschluss: Kolonrahmen).
Ultraschalluntersuchung des Abdomens bei Ileus
a Sonographisch sichtbare distendierte und flüssigkeitsgefüllte Dünndarmschlingen ( Á).
Therapie. Die Häufigkeit der Ileusoperationen liegt bei 0,3 % aller Laparotomien. Die postoperative Letalität ist mit 25 % hoch, entscheidend ist der frühzeitige operative Eingriff (Ausnahme: paralytischer Ileus).
Merke
Die therapeutischen Möglichkeiten der operativen Therapie zeigt 2 A-10.2.
Beim paralytischen Ileus steht die Ursachenbeseitigung an erster Stelle. Daneben besteht die konservative Therapie in einer Dekompression des Darmes und ggf. in der medikamentösen Peristaltikanregung. Bei den meisten funktionellen Ileusformen handelt es sich streng genommen um
b Die Kerckring-Falten zeigen das Bild des »Strickleitermusters« ( Á).
Therapie. Im chirurgischen Krankengut wird die Häufigkeit der Ileusoperationen mit 0,3 % aller Laparotomien angegeben. Die postoperative Letalität ist mit 25 % heute immer noch hoch. Bei der Behandlung des Ileus ist der möglichst frühzeitige operative Eingriff (Ausnahme: paralytischer Ileus) entscheidend, um die Entwicklung einer bakteriellen Peritonitis zu vermeiden. n Merke. Auf keinen Fall darf bei einem mechanischen Ileus eine Therapie mit peristaltikanregenden Medikamenten (z.B. Neostigmin) durchgeführt werden. Dies würde einen desolaten Verlauf beschleunigen.
Die therapeutischen Möglichkeiten und Notwendigkeiten der operativen Therapie sind in 2 A-10.2 zusammengefasst. Vorbereitend zur operativen Therapie stehen die allgemeinen Maßnahmen für Patienten mit akutem Abdomen wie sie oben dargestellt wurden (Elektrolytsubstitution, Magen-, Blasendränage usw.). Beim paralytischen Ileus steht die primäre Ursachenbeseitigung an erster Stelle. Die Therapieform muss sich dabei nach der verantwortlichen Ursache richten. Daneben besteht die konservative Therapie in einer Dekompression des paralytisch gestauten Darms und ggf. in der medikamentösen Peristaltikanregung. Streng genommen liegt bei den meisten funktionellen IIeusformen, dem paralytischen Ileus (nach Traumen, Laparotomien, Peritonitiden), keine echte Paralyse vor, sondern eine sympathikotone Hemmung
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10.2.2 Peritonitis/Perforation u.a. der Rezeptoren des Auerbach-Plexus. Deshalb sollte der erste therapeutische Schritt die Lösung dieser Hemmung darstellen und nicht die Stimulation einer Paralyse. Diese Hemmung lässt sich nachhaltig durch eine Spinaloder Periduralanästhesie beheben. Alternativ ist eine medikamentöse Sympathikolyse (z.B. durch Dihydroergotamin) mit evtl. anschließender Gabe von Peristaltika (z.B. Neostigmin) möglich. Eine absolute Operationsindikation ergibt sich z. B. bei fortgeschrittenem Krankheitsbild mit bestehender Peritonitis.
10.2.2
Peritonitis/Perforation
n Definition. Eine Peritonitis stellt eine entzündliche Erkrankung des Bauchfells dar.
Physiologie und Pathophysiologie. Das Peritoneum überzieht alle intraab-
dominellen Organe (P. viscerale) sowie alle diese Organe begrenzenden Strukturen (P. parietale). Das Peritoneum besteht aus einer Schicht sog. Mesothelzellen, die infolge ihres besonderen histologischen Aufbaus (einschichtiger, mikrovillireicher Zellverband mit reichlich Blut- und Lymphgefäßen sowie Nervenfasern) und der großen Oberfläche (ca. 2 m2) für eine Resorption und Exudation prädestiniert sind. Infolge des Zusammenwirkens der Mesothelzellschicht mit den angrenzenden Zellschichten (Kapillaren, RES, vegetative Nerven) entsteht ein gerichteter Flüssigkeitsstrom. Bei einer Peritonitis bewirkt dieser Flüssigkeitsstrom, dass dadurch bevorzugte Lokalisationsorte der Abszessbildung entstehen: Der Oberbauch wird nach kranial, der Mittel- und Unterbauch nach kaudal dräniert. Außer der Unterscheidung in eine primäre und eine sekundäre Peritonitis lässt diese sich in akut oder chronisch-exsudativ differenzieren, durch Hinweis auf ihre Ätiologie unterscheiden (gallig, purulent, karzinomatös), oder nach der Ausdehnung in lokalisiert oder generalisiert (diffus) einteilen.
Ätiologie. Die primäre Peritonitis ist ein seltenes Krankheitsbild und
betrifft nur ca. 1 % aller Peritonitiden. Dieses Krankheitsbild wird gehäuft bei Kindern, besonders bei Mädchen beobachtet. Die Erreger, meist Streptokokken oder Pneumokokken, gelangen hämatogen oder aszendierend via Adnexe in das Peritoneum. Darüber hinaus wird eine primäre Peritonitis infolge einer Tuberkelinfektion beobachtet. Diese betrifft alle Altersgruppen. Der Nachweis dieser Diagnose bedarf im Verdachtsfall einer peritonealen Punktion zur Keimgewinnung mit folgender bakteriologischer Untersuchung. Im Gegensatz zur sekundären Peritonitis erfolgt die Therapie der ersten Wahl bei der primären Peritonitis ausschließlich konservativ, antibiotisch. Bei den weitaus häufigsten Peritonitisformen handelt es sich um eine sog. sekundäre Peritonitis. Diese Form der Peritonitis setzt also eine weitere Schädigung im Abdomen mit folgender Keimbesiedlung voraus. In der Regel stellt der Gastrointestinaltrakt das Erregerreservoir dar ( 1 A-10.13). Die Kontamination kann durch Perforation eines Hohlorgans, iatrogen (z.B. durch Nahtinsuffizienz oder direkt durch Abklatsch) oder infolge einer Durchwanderung stattgefunden haben. Die mit dem Peritoneum in Kontakt gekommenen Erreger werden auf verschiedenen Wegen eliminiert: Im Bereich des lymphatischen Endothels kann eine direkte Absorption der Bakterien durch Lücken der Zellgrenzen besonders an der kranialen Begrenzung des Abdomens stattfinden. Daraus kann eine Sepsis resultieren, da die Keime nach Einschwemmen in die Blutbahn über mediastinale Lymphbahnen bzw. Ductus thoracicus der systemischen Abwehr zugeführt werden. Die zweite Möglichkeit der Elimination von Erregern bei der sekundären Peritonitis stellt die Phagozytose von Bakterien dar. Vereinfacht dargestellt kommt es nach Fremdkörperreiz durch die eingedrungenen Bakterien zur Freisetzung einer Kaskade von Mediatoren (s. Kap. A-5.1.3). Aus der dadurch initiierten Permeabilitätserhöhung der mesothelnahen Gefäße wird durch Einstrom von Granulozyten die Phagozytose von Keimen
eine sympathikotone Hemmung. Erste therapeutische Maßnahme sollte daher deren Beseitigung sein (z.B. Spinalanästhesie). Alternativ ist eine medikamentöse Sympathikolyse möglich. Eine absolute Operationsindikation ergibt sich z.B. bei fortgeschrittenem Krankheitsbild mit bestehender Peritonitis.
10.2.2 Peritonitis/Perforation Definition
Physiologie und Pathophysiologie. Das Peritoneum ist für die Resorption und Exsudation gut geeignet. Bei entzündlichen Prozessen kommt es durch den gerichteten Flüssigkeitsstrom zur Abszessbildung an prädisponierten Lokalisationen: Der Oberbauch wird nach kranial, Mittel- und Unterbauch nach kaudal dräniert.
Man unterscheidet eine primäre und sekundäre Peritonitis, neben einer akuten oder chronisch-exsudativen Form. Ätiologie. Die primäre Peritonitis ist selten. Die Erreger, Streptokokken oder Pneumokokken, gelangen hämatogen oder aszendierend, z.B. via Adnexe in das Peritoneum. Auch Tuberkel können eine primäre Peritonitis auslösen. Im Gegensatz zur sekundären Peritonitis erfolgt die Therapie bei der primären Form konservativ mittels Antibiotikagabe.
Die weitaus häufigere sekundäre Peritonitis setzt eine weitere Schädigung im Abdomen mit folgender Keimbesiedlung voraus. In der Regel stellt der Gastrointestinaltrakt das Erregerreservoir dar ( 1 A-10.13). Die Kontamination kann durch Perforation eines Hohlorgans, iatrogen (z.B. durch Nahtinsuffizienz oder direkt durch Abklatsch) oder infolge einer Durchwanderung stattgefunden haben.
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10 Akutes Abdomen
1 A-10.13
Schwere Peritonitis mit putriden Fibrinbelägen
begonnen. Letztlich kann durch Permeabilitätssteigerung eine Exsudation eiweißreichen Ödems eingeleitet werden. Dadurch kann es infolge der großen Oberfläche des Peritoneums zu einem erheblichen intravasalen Volumenmangel kommen. Durch die Ödembildung findet eine Abgrenzung der peritonealen Infektion mit Abszessbildung statt. Die dadurch gestartete lokalisierte Fibrinbildung kann in Verbindung mit einer völlig aufgehobenen fibrinolytischen Komponente zu einer generalisierten Fibrinbildung im Peritoneum führen. Dadurch kommt es zwar zum Abkapseln der Bakterienrasen ggf. mit Abszessbildung, aber auch zum erschwerten Phagozytieren der Keime oder zu fehlender Medikamentenwirkung. Symptome. Je nach Ausdehnung der Peritonitis reichen die Symptome von einer lokalisierten, willentlich durchbrechbaren Abwehrspannung (Défense) bis zu brettharten Bauchdecken mit Allgemeinsymptomen und Schockzeichen.
Therapie. Die drei Säulen der Peritonitisbehandlung sind: π operative Herdsanierung π intensivmedizinische Nachbehandlung π suffiziente Antibiotikatherapie.
Symptome. Je nach Ausdehnung der Peritonitis reichen die Symptome von
einer lokalisierten, willentlich durchbrechbaren Abwehrspannung (Défense) bis zu brettharten, äußerst berührungsempfindlichen Bauchdecken mit begleitenden Allgemeinsymptomen und Schockzeichen. Um eine Aussage über die Intensität der Peritonitiserkrankung machen zu können, sind sog. Prognose-Indizes erstellt worden. Diese sind der Mannheimer Peritonitis Index und der APACHE-II-Score. Der Wert des MPI und des APACHE-Scores rekrutiert sich aus klinischen Angaben über den Patienten (MPI), kombiniert mit Laborwerten (APACHE).
Therapie. Knapp 90 % aller Peritonitiden lassen sich durch einen einmaligen
operativen Eingriff erfolgreich behandeln. Außer dieser operativen Herdsanierung kommt der anschließenden intensivmedizinischen Nachbehandlung ein hoher Stellenwert zu. Diese beiden Parameter ergeben zusammen mit einer suffizienten Antibiotikatherapie die drei Säulen der Peritonitisbehandlung.
Abszesse
Abszesse
Bei lokalisierten Peritonitiden des Oberbauches ist ein subphrenischer oder subhepatischer Abszess zu erwarten, bei Mittel- oder Unterbauchperitonitiden ein Douglasabszess ( 1 A-10.14). Das Keimspektrum der bakteriellen Peritonitis besteht zu ca. 2 ⁄ 3 aus Stämmen der Kolibakterien, gefolgt von Streptokokken, Anaerobiern und Mischinfektionen. Die abakterielle Peritonitis tritt z.B. bei Peritonealkarzinose, Fremdkörperkontakt oder Stoffwechselerkrankungen auf.
Die Bildung eines intraabdominellen Abszesses zeigt typische Lokalisationen: bei lokalisierten Peritonitiden des Oberbauches wird ein subphrenischer oder subhepatischer Abszess zu erwarten sein, bei Mittel- oder Unterbauchperitonitiden ein Douglasabszess ( 1 A-10.14). Das Keimspektrum, das durch Abstriche bei einer bakteriellen Peritonitis gefunden wird, besteht zu ca. 2⁄3 aus Stämmen der Kolibakterien, gefolgt von Streptokokken, Anaerobiern und Mischinfektionen. Dieses Keimspektrum ist aber nicht mit der physiologischen Flora des Magen-Darm-Traktes identisch. Außer diesen, bakteriellen sekundären Peritonitiden sind auch sekundäre abakterielle Peritonitiden bekannt. Diese werden z.B. bei einer Peritonealkarzinose, bei Fremdkörperkontakt (z.B. Galle, Puder, Barium) oder bei Stoffwechselerkrankungen beobachtet.
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10.2.2 Peritonitis/Perforation
1 A-10.14 1 2 3 4 5 6 7
Synopsis Typische Lokalisationen von intraabdominellen Abszessen
subphrenischer Abszess rechts (mit Pleuraerguss) subhepatischer Abszess perityphlitischer Abszess subphrenischer Abszess links (mit Pleuraerguss) Schlingenabszesse parasigmoidaler Abszess (auch retroperitoneal) Douglas-Abszess
1
4
2 5 6 3
7
Perforationen
Perforationen
Bezüglich der Perforationen eines Hohlorgans sollen in diesem Kapitel nicht traumatisch entstandene Perforationen besprochen werden.
Ätiologie. Die Ulkusperforation betrifft fast ausschließlich den Magen und
das Duodenum. Nach der Definition eines »Ulkus« (= Epitheldefekt) ist natürlich auch jeder andere Darmabschnitt geschaffen, eine Perforation auszubilden. Die Perforationshäufigkeit eines Ulkus wird mit ca. 10 % angegeben ( 1 A-10.15). Außer Magen- und Duodenalperforationen im Rahmen einer Ulkuserkrankung sind Perforationen besonders im proximalen Dünndarm bekannt, die Folge von Medikamentengaben (z.B. Kaliumdragees), iatrogen (z.B. bei ERCP), von lokalen Durchblutungsstörungen und von Peritonitiden sein können. In fortgeschrittenen Stadien einer Malignomerkrankung kann es zu freien Perforationen des Tumors kommen ( 1 A-10.16). Ebenso sind gedeckte Perforationen in ein Nachbarorgan möglich. Auf diese Art und Weise entstehen Fistelbildungen unterschiedlichster Kombination: gastrokolisch, cholezystoduodenal bzw. cholezystokolisch usw.
Symptome. Die Symptome einer Hohlorganperforation zeigen sich im All-
gemeinen mit schlagartiger Heftigkeit. Jedoch wird gelegentlich eine zeitlich verzögerte und sich allmählich steigernde Schmerzsymptomatik beobachtet. Diese kann beispielsweise nach einer Polypektomie eines Kolonpolypen mit der Diathermieschlinge nach ca. 3–5 Tagen auftreten. Erst dann wird die Kolonperforation auf Grund der Wandnekrose im Diathermiebereich relevant.
Ätiologie. Die Ulkusperforation betrifft fast ausschließlich den Magen und das Duodenum ( 1 A-10.15). Außer dieser Möglichkeit sind Perforationen besonders im proximalen Dünndarm, z.B. als Folge von Medikamentengaben (Kaliumdragees), iatrogen (ERCP) oder als Folge von Peritonitiden bekannt.
Im fortgeschrittenen Stadium einer Malignomerkrankung kann es zur freien Perforation kommen ( 1 A-10.16). Ebenso sind gedeckte Perforationen in ein Nachbarorgan möglich (Cave: Fistelbildung). Symptome. Die Symptome zeigen sich meist mit schlagartiger Heftigkeit. Gelegentlich wird eine zeitlich verzögerte und sich allmählich steigernde Schmerzsymptomatik beobachtet.
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212
10 Akutes Abdomen
1 A-10.15
Perforiertes Magenulkus Große Perforationsöffnung eines präpylorischen Magenulkus.
1 A-10.16
Perforiertes Magenkarzinom Spontanperforation eines Magenkarzinoms (aufgehaltene Perforationsöffnung).
Therapie. In der Regel ist die operative Sanierung Methode der Wahl.
Therapie. In der Regel wird die Methode der Wahl die operative Sanierung
10.2.3 Blutungen
10.2.3
Ätiologie. Isolierte intraabdominelle Blutungen sind selten. Freies Blut in der Peritonealhöhle kann ein akutes Abdomen auslösen ( 1 A-10.17).
Ätiologie. Isolierte intraabdominelle Blutungen sind selten. Da freies Blut in
der Läsion darstellen. Denkbar sind jedoch auch in Ausnahmen konservative Behandlungskonzepte.
Blutungen
der Peritonealhöhle wie ein Fremdkörper wirkt, wird nur diese Form der Blutung ein akutes Abdomen auslösen ( 1 A-10.17).
1 A-10.17
Isolierte intraabdominelle Blutung Intraabdominelle Einblutung nach Perforation eines Lebertumors.
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10.2.4 Durchblutungsstörungen
1 A-10.18
213
Rupturierte Zyste Rupturierte »Schokoladenzyste« bei einer 60-jährigen Patientin.
Es ist jedoch möglich, dass Blutungen aus dem Retroperitoneum ein akutes Abdomen erzeugen. Dabei kann es durch Ruptur des Peritoneums oder durch Diapedese zur intraabdominellen Ansammlung freien Blutes kommen. Entsprechendes gilt für massive Blutungen in die Bauchdecken: Rektusscheidenhämatome können ein akutes Abdomen vortäuschen. Als nicht traumatische Ursachen für eine intraperitoneale Blutung kommen Spontanrupturen von Tumoren in Frage. Hierbei handelt es sich besonders um Veränderungen parenchymatöser Organe, wie Leber (z.B. Hämangiome, Adenome), Milz (z.B. zweizeitige Milzruptur, Perforation bei Milztumoren) oder um gynäkologische Erkrankungen (z.B. rupturierte Zysten, Extrauteringravidität) ( 1 A-10.18) ( 2 A-10.4).
2 A-10.4
Ursachen intra- und retroperitonealer Blutungen
N häufige Ursache n
Follikelsprung, Extrauteringravidität, traumatische Milz- oder Leberruptur
N seltene Ursachen n
traumatischer Mesenterialeinriss, rupturiertes Aneurysma, Nierenlagerblutung
Symptome und Diagnose. Die Symptome eines akuten Abdomens durch freie Blutmengen im Peritonealraum unterscheiden sich nicht spezifisch von denen anderer Ursachen. Die Diagnose lässt sich im Idealfall durch Kombination von Sonographiebefunden und Laborbefunden erhalten. Die Therapie ist fast ausnahmslos operativ. 10.2.4
Auch Blutungen aus dem Retroperitoneum können ein akutes Abdomen erzeugen. Entsprechendes gilt für massive Blutungen in die Bauchdecken. Als nicht traumatische Ursache intraperitonealer Blutungen kommen Spontanrupturen von Tumoren in Frage ( 1 A-10.18). Die Ursachen intra- und retroperitonealer Blutungen sind in 2 A-10.4 dargestellt.
Durchblutungsstörungen (s. a. Kap. B-24)
Die gefäßchirurgisch bedingten Ursachen eines akuten Abdomens sind fast ausschließlich in Veränderung der Arterien begründet. Hier steht das Aortenaneurysma im Vordergrund (s.S. 915), gefolgt von zentral liegenden Gefäßverschlüssen der Viszeralarterien.
Ätiologie. Ätiologisch kommen Embolien, akute Thrombosen, Gefäßtraumata und disseziierende Aneurysmen in Frage.
Symptome und Diagnose. Obgleich das Intestinum infolge der Gefäßarka-
denbildung in ganzer Länge eine gute Durchblutung garantiert, können zentral liegende Arterienverschlüsse relevante Durchblutungsstörungen auslösen. Haben diese Durchblutungsstörungen eine Toleranzzeit von 2–3 Stunden überschritten, werden sie klinisch manifest. Sie zeigen sich dann unter dem Bild eines Mesenterialinfarktes ( 1 A-10.19) Hierbei besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem schlechten Zustand des Patienten und dem klinischen Untersuchungsbefund. Daher ist die Indikation zur Exploration, ggf. auch laparoskopisch, großzügig zu stellen.
Symptome und Diagnose. Die Symptome unterscheiden sich nicht von denen anderer Ursachen eines akuten Abdomens. Die Diagnose kann im Idealfall durch Sonographie und Labor gestellt werden. Die Therapie ist operativ. 10.2.4 Durchblutungsstörungen (s.a. Kap. B-24) Die gefäßchirurgisch bedingten Ursachen eines akuten Abdomens sind fast ausschließlich in Veränderungen der Arterien begründet. Ätiologie. Embolien, akute Thrombosen, Gefäßtraumata und disseziierende Aneurysmen. Symptome und Diagnose. Überschreiten die Durchblutungsstörungen eine Toleranzzeit von 2–3 Stunden, zeigt sich das Bild eines Mesenterialinfarktes ( 1 A-10.19). Hierbei besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem schlechten Zustand des Patienten und dem allgemeinen Untersuchungsbefund. Die Indikation zur Exploration ist großzügig zu stellen.
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10 Akutes Abdomen
Therapie. Sie reicht von der Segmentresektion über eine Gefäßembolektomie bis zur alleinigen Exploration.
1 A-10.19
Therapie. Die operativen Möglichkeiten reichen von einer Segmentresektion eines Darmabschnittes über eine Gefäßembolektomie, -thrombektomie bis zur reinen Exploration ohne Möglichkeit einer sinnvollen operativen Therapie.
Durchblutungsstörung des Darmes
a Segmentaler (peripherer) Gefäßverschluss.
10.2.5 Traumen Definition
10.2.5
b Zentraler Gefäßverschluss.
Traumen
n Definition. Ein traumatisch bedingtes akutes Abdomen liegt dann vor, wenn eine äußere Gewalt auf die Bauchwände eingewirkt und zu Verletzungen der Bauchorgane geführt hat. Je nach Art und Ursache dieser Gewalteinwirkung wird ein stumpfes Trauma von einer perforierenden Verletzung unterschieden.
Das Verhältnis zwischen stumpfen zu perforierenden Bauchverletzungen beträgt ca. 8 : 1.
Das Verhältnis zwischen stumpfen und perforierenden Bauchverletzungen beträgt im »normalen« Umfeld (keine Kriegsereignisse) ca. 8 : 1. Allgemein sind Männer häufiger betroffen als Frauen.
Stumpfe Bauchverletzungen
Stumpfe Bauchverletzungen
Ätiologie. Wirken physikalische Kräfte auf die Abdominalwände ein, können diese, angefangen mit dem Auffangen durch Verformung der Bauchwände bis zum Bersten, eine breite Palette von Schäden hervorrufen ( 1 A-10.20).
Ätiologie. Wirken physikalische Kräfte auf die Abdominalwände ein, können diese, angefangen mit dem Auffangen durch Verformung der Bauchwände bis zum Bersten, eine breite Palette von Schäden hervorrufen ( 1 A-10.20). Als Kriterium für die Schadensintensität müssen z.B. die Oberfläche des traumatisierenden Gegenstandes (Fuß- oder Pferdetritt, Fahrrad-
1 A-10.20
Stumpfe Bauchverletzung Gurtprellmarken einer verunfallten Pkw-Fahrerin mit intraabdominellen Verletzungen (blutiger Lavage-Katheterschlauch).
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10.2.5 Traumen lenker), die Aufprallgeschwindigkeit (Lenkrad beim Dezelerationstrauma, Sturz aus unterschiedlich großer Höhe) und der Aufprallort am Rumpf (paravertebral, paraumbilikal) berücksichtigt werden. Der Unfallmechanismus bedingt, dass bei stumpfen Bauchtraumen häufig weitere Verletzungen außerhalb des Abdomens vorliegen.
Symptome. Die Symptome sind abhängig vom Verletzungsausmaß und
Symptome. Die intraperitoneale Blutung oder die Organperforation bestimmen vorrangig die Symptomatik.
Diagnose. Besonders die parenchymatösen Organe in der Reihenfolge Milz,
Diagnose. Besonders die parenchymatösen Organe in der Reihenfolge Milz, Leber, Pankreas, Dünndarm mit Mesenterialwurzel und Nieren sind betroffen. Wesentliches diagnostisches Hilfsmittel ist die Sonographie.
werden vorrangig durch die bestehende intraperitoneale Blutung (Cave: Schock) oder Organperforation bestimmt.
Leber, Pankreas, Dünndarm mit Mesenterialwurzel und Nieren können bei stumpfen Bauchtraumen verletzt sein. Ein wesentliches diagnostisches Hilfsmittel zur Erkennung intraabdomineller Läsionen stellt die Sonographie dar. Sie zeigt eine hohe Sensitivität und Spezifität für Flüssigkeiten (ca. 90 %). n Merke. Engmaschige Kontrollen von Hb und Bauchumfang können keine suffiziente Aussage über eine intraabdominelle Verletzung geben und sollten für diese Indikation nicht mehr verwendet werden!
Merke
Mithilfe der Sonographie ist besonders der schmale Raum zwischen Leberrand und Peritoneum ventral der Nierenkapsel (Morrison-Pouch), der Bereich zwischen linkem Zwerchfell und Milz sowie der Douglas-Raum zu untersuchen.
Therapie und Prognose. Sofern die Diagnostik den Verdacht einer intraab-
Therapie und Prognose. Eine intraabdominelle Blutung verlangt eine operative Intervention. Neben der Blutungsquellensuche müssen alle Bauchorgane inspiziert werden. Stumpfe Bauchverletzungen zeigen eine Letalität zwischen 20 % und 60 %.
Perforierende Bauchverletzungen
Perforierende Bauchverletzungen
Ätiologie. Bei einer perforierenden Bauchverletzung hat der Fremdkörper
Ätiologie. Hierbei hat ein Fremdkörper die Bauchdecken durchstoßen und das Peritoneum verletzt, damit ergibt sich die Indikation zur operativen Revision.
Diagnose und Therapie. Selbst bei scheinbar harmlosen Läsionen der
Diagnose und Therapie. Auch scheinbar harmlose Läsionen bedürfen bei fehlender totaler Sondierbarkeit des Stichkanals der weiteren Abklärung.
dominellen Blutung erhärtet, besteht die Indikation zur operativen Intervention. Außer der Suche nach der vermuteten Blutungsquelle sind alle Bauchorgane zu inspizieren, kombiniert mit dem bestmöglichen Ausschluss traumatisch bedingter Läsionen im Retroperitoneum. Allein auf die stumpfen Bauchverletzungen bezogen wird allgemein eine Letalität zwischen 20 % und 60 % angegeben.
die Bauchdecken durchstoßen und das Peritoneum verletzt. Allein aus dieser Tatsache heraus ergibt sich die Indikation zur operativen Revision.
Bauchdecken wie z.B. Messerstichverletzungen in einem Schlachtereibetrieb, ist eine oberflächliche Wundversorgung bei fehlender totaler Sondierbarkeit des Stichkanals ein grober Fehler. Die gute Verschiebbarkeit der Bauchwandschichten lässt nur in Ausnahmefällen eine Sondierbarkeit bis zum Ende des Stichkanals zu. n Merke. Eine mangelnde Sondierbarkeit eines Stichkanals schließt eine perforierende Bauchdeckenverletzung nicht aus.
Prinzipiell muss jeder Patient mit Verdacht auf ein perforierendes Bauchtrauma laparotomiert werden. Alternativ kann bei fehlendem diagnostischen Hinweis einer intraabdominellen Läsion bei perforierenden Bauchtraumen eine Laparoskopie durchgeführt werden. n Merke. Ist ein die Bauchdecken perforierender Gegenstand in situ verblieben, darf dieser nicht vom Notarzt oder von dem Arzt, der die Erstversorgung durchführt, entfernt werden.
Merke
Prinzipiell muss jeder Patient mit Verdacht auf ein perforierendes Bauchtrauma laparotomiert werden.
Merke
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10 Akutes Abdomen
Perforierende Gegenstände dürfen erst im Rahmen der operativen Revision herauspräpariert werden ( 1 A-10.21). Prolabierte Organe dürfen erst intraoperativ reponiert werden ( 1 A-10.22). Als notfallmäßige Erstversorgungsmaßnahme werden sie keimarm bzw. keimfrei abgedeckt.
1 A-10.21
Dieser Gegenstand soll im Rahmen einer operativen Revision herauspräpariert werden. Nur so sind die Läsionen, die durch die Perforation entstanden sind, sofort erkennbar und behandelbar ( 1 A-10.21). Entsprechendes gilt für prolabierte Organe ( 1 A-10.22). Diese werden als Erstversorgungsmaßnahme bis zur definitiven chirurgischen Versorgung keimarm bzw. keimfrei abgedeckt. Erst im OP erfolgt die Reposition der prolabierten Organe.
Perforierende Bauchdeckenverletzung
In situ belassener Gegenstand (Küchenmesser) wird intraoperativ aus dem Abdomen herauspräpariert.
Die allernotwendigsten diagnostischen Verfahren vor Operation sind die Abdomenübersichtsaufnahme und die Sonographie.
Retroperitoneale Erkrankungen Veränderungen im Retroperitoneum können eine abdominelle Symptomatik hervorrufen.
1 A-10.22
Organprolaps
Netzprolaps bei Nabelperforation (Aszites).
Die Vordiagnostik der perforierenden Bauchverletzungen erstreckt sich auf das Allernotwendigste: Abdomenübersichtsaufnahme bei röntgendichten Fremdkörpern, evtl. Sonographie zur Abschätzung des Fremdkörperendes. Im Rahmen der standardisierten Op-Vorbereitung (s.o.) ist eine perioperative Antibiotikagabe sowie ggf. Tetanusprophylaxe indiziert.
10.3
10.3
Retroperitoneale Erkrankungen
Infolge der engen Verflechtung mit den Zielorganen und der topographischen Lage des autonomen Nervensystems lässt sich eine Abgrenzung von intraabdominellen und extraabdominellen Läsionen manchmal nicht herstellen. Aus diesem Grund ist es möglich, dass Veränderungen im Retroperitoneum eine abdominelle Symptomatik hervorrufen. Je nach Intensität der retroperitonealen Läsion ist folglich die Ausbildung eines akuten Abdomens möglich. Diesbezüglich ist die akute bzw. nekrotisierende Pankreatitis zu erwähnen. Hierbei finden sich die Symptome eines akuten Abdomens. Die Diagnose lässt sich außer an einer (meist) typischen Laborkonstellation (Erhöhung der Pankreasenzyme) aussagekräftig nur noch in der CT erhärten.
Gefäßchirurgisch bedingte Ursachen
10.3.1 Gefäßchirurgisch bedingte Ursachen
10.3.1
Die gefäßchirurgisch bedingten Ursachen eines akuten Abdomens sind fast ausschließlich in Veränderungen der Arterien begründet.
Die gefäßchirurgisch bedingten Ursachen eines akuten Abdomens sind fast ausschließlich in Veränderungen der Arterien begründet (s.a. Kap. B-24). Bei den retroperitoneal bedingten Ursachen steht das Aortenaneurysma im Vordergrund. Ausgehend von der Aorta können Rupturen eines Aneurysmas, dissezierende Aneurysmen und akute Aortenverschlüsse ein akutes Abdomen auslösen. Von den Aortenästen sind Embolien oder akute Thrombosen bzw. Aneurysmarupturen mögliche Ursachen eines akuten Abdomens. Im venösen System kann durch Beteiligung des Portalkreislaufes durch Thrombose der V. mesenterica superior, der Pfortader oder durch Pyophlebitis ein akutes Abdomen entstehen.
Im venösen System kann z.B. durch Beteiligung des Portalkreislaufes durch Thrombose ein akutes Abdomen entstehen.
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10.4.4 Veränderungen der Bauchdecken 10.3.2
Urologische Erkrankungen
Für das Zustandekommen eines akuten Abdomens sind Erkrankungen aus dem urologischen Fachbereich selten. Diese sind z.B. spontane oder traumatisch bedingte Blutungen ins Nierenlager, Organrupturen oder akute Organeinblutungen der ableitenden Harnwege. Auch ist es möglich, dass eine prall gefüllte Harnblase – als palpabler Unterbauchtumor – eine deutliche Symptomatik mit Peritonismus produziert. Kommt es zur Blasenruptur, entsteht dadurch eine urämische Peritonitis mit akutem Abdomen.
10.3.3
Veränderungen des Lymphsystems
Retroperitoneal liegende Veränderungen des Lymphsystems sind mögliche, aber seltene Ursachen für die Ausbildung eines akuten Abdomens. Durch Tumorkompression oder -zerfall bei Lymphomen oder Lymphknotenmetastasen ist eine Begleitreaktion des Peritoneums mit konsekutivem akutem Abdomen denkbar. Häufiger wird ein akutes Abdomen bei einer Pankreatitis in höheren Schweregraden beobachtet. Bei Ausbildung einer nekrotisierenden Pankreatitis, gleichgültig ob diese idiopathisch, äthylisch oder lithogen entstanden ist, kann durch eine Durchwanderungsperitonitis ein akutes Abdomen entstehen.
10.4
Extraabdominelle Erkrankungen
Im Folgenden werden Beispiele von Veränderungen gegeben, die außerhalb des Abdomens liegen. Diese können Symptome wie bei einem akuten Abdomen vortäuschen. Deshalb wird dieser Zustand mit dem Begriff »Pseudoperitonitis« bezeichnet. Die Therapie eines solchen Zustandes richtet sich natürlich nach den Bedürfnissen der Grunderkrankung.
10.4.1
Kardiale Erkrankungen
Aus dem Bereich der kardialen Erkrankungen sind die Koronarthrombose (Rechtsherzinfarkt), die akute Perikarditis und das Rechtsherzversagen mit Leberstauung als Ursache für Symptome zu nennen, die ein akutes Abdomen vortäuschen können.
10.4.2
Pulmonale Erkrankungen
Die basale Pneumonie, die zwerchfellnahe Pleuritis und die Lungenembolie bzw. der Lungeninfarkt basaler Lungensegmente können ein akutes Abdomen vortäuschen.
10.4.3
Stoffwechselerkrankungen und Intoxikationen
Die akute intermittierende Porphyrie wie auch ein erhöhter Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) können ein akutes Abdomen vortäuschen. Ebenso können Schwermetallvergiftungen (v.a. Blei) die Symptomatik eines akuten Abdomens auslösen.
10.4.4
Veränderungen der Bauchdecken
Bezüglich Veränderungen der Bauchdecken müssen Kontusionen, sub- oder epifasziale Einblutungen sowie Herpesbefall bzw. andere neurale Läsionen als Ursache für Symptome, die ein akutes Abdomen vortäuschen können, angegeben werden.
10.3.2 Urologische Erkrankungen Erkrankungen aus dem urologischen Fachbereich sind für das Zustandekommen eines akuten Abdomens selten: z.B. durch spontane oder traumatisch bedingte Blutungen ins Nierenlager, Organrupturen oder akute Organeinblutungen der ableitenden Harnwege.
10.3.3 Veränderungen des Lymphsystems Durch Tumorkompression oder -zerfall bei Lymphomen oder Lymphknotenmetastasen ist eine Begleitreaktion des Peritoneums mit konsekutivem akuten Abdomen denkbar. Eine nekrotisierende Pankreatitis kann durch eine Durchwanderungsperitonitis ein akutes Abdomen verursachen.
10.4
Extraabdominelle Erkrankungen Diese Erkrankungen können Symptome wie bei einem akuten Abdomen vortäuschen, weshalb man in diesen Fällen von einer Pseudoperitonitis spricht. Die Therapie hat sich nach der Grunderkrankung zu richten. 10.4.1 Kardiale Erkrankungen Die Koronarthrombose (Rechtsherzinfarkt), die akute Perikarditis unddas Rechtsherzversagen mit Leberstauung können ein akutes Abdomen vortäuschen. 10.4.2 Pulmonale Erkrankungen Die basale Pneumonie, die zwerchfellnahe Pleuritis und die Lungenembolie bzw. der Lungeninfarkt basaler Lungensegmente können ein akutes Abdomen vortäuschen. 10.4.3 Stoffwechselerkrankungen und Intoxikationen Die akute intermittierende Porphyrie, eine Hyperglykämie wie auch Schwermetallvergiftungen (Blei) können die Symptomatik eines akuten Abdomens auslösen. 10.4.4 Veränderungen der Bauchdecken Kontusionen, sub- oder epifasziale Einblutungen, Herpesbefall und andere neurale Läsionen können ebenfalls ein akutes Abdomen vortäuschen.
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219 11
Verbrennungen
11
Verbrennungen
Bernd Nemsmann n Definition. Unter einer Verbrennung versteht man eine Gewebsschädigung unter Hitzeeinwirkung von mehr als ca. 50 ΩC Hauttemperatur.
Definition
In Deutschland werden jährlich ca. 15 000–18 000 Brandverletzte behandelt, wovon ca. 1600 als Schwerbrandverletzte eingestuft werden müssen. Je nach Ausdehnung und Intensität der Verbrennungen reicht die Therapiespanne von der ambulanten Behandlung durch den Hausarzt bis zu intensivmedizinischen Maßnahmen in spezialisierten Verbrennungszentren. Da die Hautveränderungen bei einer Verbrennung mit den Schäden vergleichbar sind, die bei Verbrühungen, Verätzungen, Starkstrom- sowie aktinischen Schäden (Strahlenschäden) gefunden werden, beinhaltet die Darstellung der Verbrennungen in Grenzen auch diese Schäden.
11.1
Klassifikation
11.1
11.1.1
Tiefenbestimmung
11.1.1 Tiefenbestimmung
Die Tiefe der Verbrennung wird in 3 Schweregrade eingeteilt ( 2 A-11.1). Die Erstbeschreibung einer solchen Einteilung findet sich bei Fabritius Hildanus (1510–1590). Die Einteilung in 3 Schweregrade ergibt sich aus dem Aspekt der Schädigung und der Sensibilitätsprüfung. Im Hinblick auf eine Therapie ist jedoch eine weitere Differenzierung des Verbrennungsschadens notwendig geworden. So werden die Verbrennungen 2. Grades in eine oberflächliche (2a) und eine tiefe Schädigung (2b) unterteilt.
2 A-11.1
Klassifikation
Die Verbrennungstiefe wird in 3 Schweregrade eingeteilt ( 2 A-11.1).
Verbrennungsgrade
Verbrennung 1. Grades
Verbrennung 2. Grades: 2a (oberflächlich)
2b (tief)
Verbrennung 3. Grades
Erythem
Erythem (wegdrückbar)
Erythem (kaum wegdrückbar)
Wunde gelblich bis schwarz, prall-hart
Ödem
Blasenbildung
Blasenbildung
Haut trocken, glänzend
Schmerz
Schmerz
Schmerz
keine Schmerzempfindung
Nadelstichtest positiv
Nadelstichtest bedingt positiv
Nadelstichtest negativ
Haarverankerung intakt
Haarverankerung bedingt intakt
Hautanhangsgebilde ohne Haftung
Verbrennungen 1. Grades
Verbrennungen 1. Grades
Erstgradige Verbrennungen zeichnen sich außer einer Schmerzhaftigkeit durch ein Erythem und ein Ödem aus ( 1 A-11.1).
Erstgradige Verbrennungen zeichnen sich außer Schmerzhaftigkeit durch Erythem und Ödem aus ( 1 A-11.1).
Verbrennungen 2. Grades
Verbrennungen 2. Grades
Generell finden sich bei Verbrennungen 2. Grades außer dem Erythem mit Ödem Flüssigkeitsansammlungen zwischen Epidermis und Corium, die als Blasenbildung imponieren.
Die zweitgradige Verbrennung zeigt außer Erythem und Ödem eine Blasenbildung.
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220
11 Verbrennungen
1 A-11.1
Verbrennung 1. Grades Verbrennung 1. Grades am Beispiel des Sonnenbrands.
Man unterteilt eine oberflächliche (2a) und eine tiefe (2b) Verbrennung 2. Grades. Durch die »Nadelprobe« lassen sich beide Verbrennungstiefen (2a und 2b) differenzieren ( 1 A-11.2).
1 A-11.2
Bei der oberflächlich dermalen Verbrennung (Grad 2a) sind die Hautanhangsgebilde intakt. Ebenso ist die Kapillardurchblutung und die Elastizität der Haut annähernd normal. Daraus resultiert die Tiefenbestimmung mit Hilfe der »Nadelprobe«. Ein Nadelstich wird als schmerzhaft empfunden und hinterlässt eine deutliche Blutung ( 1 A-11.2).
Synopsis Nadelstichtest zur Differenzierung der Verbrennungstiefe
a Verbrennung Grad 2a (schmerzhaft, deutliche Stichkanalblutung) b Verbrennung Grad 2b (kaum schmerzhaft, zögerliche Blutung) c Verbrennung 3. Grades (keine Schmerzen, keine Blutung) c b
a
1. Grades 2. Grades (oberflächlich) Epidermis
Dermis
2. Grades (tief)
3. Grades
Subkutis
Muskel
Wird bei einer Verbrennung mittels »Nadelstichtest« keine deutliche Blutung und Schmerzhaftigkeit provoziert, liegt eine tiefe dermale Verbrennung vor (Grad 2 b).
Wird bei einer Verbrennung mittels »Nadelstichtest« keine deutliche Blutung und Schmerzhaftigkeit provoziert, liegt eine tiefe dermale Verbrennung vor (Grad 2b). Natürlich werden auch die Veränderungen wie oben beschrieben gefunden. Die Hautelastizität hat jedoch abgenommen, und die Rötung des Grundes ist nach Abtragen der entstandenen Blasen nur schwer wegdrückbar. Die Haare lassen sich ohne physiologischen Widerstand auszupfen.
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11.1.1 Tiefenbestimmung
n Merke. Die Beurteilung der Farbe des Wundgrundes zur Einschätzung einer Verbrennungstiefe stellt ein unsicheres Kriterium dar, da die Farbe u.a. durch die Art der Noxe (Verbrühung: gelblich, Verpuffung: schwarz usw.) bestimmt wird.
Bei 2a-Verbrennungen ist innerhalb von 14 Tagen eine spontane Heilung aus den intakten Hautanhangsgebilden möglich. Im Gegensatz zur 2a-Verbrennung heilen 2b-Verbrennungen spontan nur unter ausgeprägter hypertropher Narbenbildung aus ( 1 A-11.3).
1 A-11.3
Merke
Im Gegensatz zur 2a-Verbrennung heilen 2b-Verbrennungen spontan nur unter ausgeprägter hypertropher Narbenbildung aus ( 1 A-11.3).
Narbenbildung bei einem 3jährigen unter »Spontanheilung«
a Ca. 14 Tage nach dem unbehandelt gebliebenen Ereignis.
b Ca. 6 Monate später zeigt sich die deutliche Narbenkeloidbildung.
Verbrennungen 3. Grades
Verbrennungen 3. Grades
Die Verbrennung 3. Grades zeichnet sich dadurch aus, dass weder eine Schmerzempfindung angegeben wird, noch eine solche durch die Nadelprobe provoziert werden kann. Die teilweise sichtbaren subkutanen Gefäße weisen eine Stase bzw. Thrombose auf, sodass hier keine Blutung provoziert werden kann. Die Nägel und Haare liegen der denaturierten Haut ohne Halt auf. Diese zeigt je nach Ursache der Verbrennung eine gelblichweiße bis braunschwarze Verfärbung. Die Oberfläche der denaturierten Haut ist unterschiedlich strukturiert, von glatt bis aufgeplatzt-gerissen. Sofern die Verbrennungstiefe die Subkutis überschritten hat und auf Faszie oder Muskulatur übergreift, wird der Begriff der Verbrennung 4. Grades gebraucht. Diese Bezeichnung ist historisch begründet und wegen fehlender Konsequenzen weitgehend verlassen worden ( 1 A-11.4, 2 A-11.1).
Bei der drittgradig verbrannten Haut fehlen Schmerzempfindungen, die Gefäße in der wachsartig wirkenden Haut zeigen eine Stase bzw. Thrombose.
1 A-11.4
Die frühere Bezeichnung der Verbrennung 4. Grades entfällt wegen fehlender therapeutischer Konsequenzen ( 1 A-11.4, 2 A-11.1).
Verbrennung 3. Grades Verbrennung 3. Grades infolge brennender Synthetikwäsche.
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11 Verbrennungen
Oberflächenbestimmung
11.1.2 Oberflächenbestimmung
11.1.2
Neunerregel
Neunerregel
Die Bestimmung des Verbrennungsschadens bezüglich der Körperoberfläche (KOF) wird überschlagsmäßig nach der Neunerregel nach Wallace bestimmt ( 1 A-11.5).
Das Ausmaß eines Verbrennungsschadens und damit die Prognose hängt neben der unterschiedlichen Eindringtiefe von der flächenhaften Ausdehnung ab. Die gesamte Körperoberfläche (KOF) wird mit 1,8–1,9 m 2 angegeben. Um sich einen raschen Überblick über die geschädigte KOF zu verschaffen, bedient man sich der sog. »Neunerregel« nach Wallace (Alistar B. Wallace, Edinburgh 1947). Bei dieser Faustregel wird die KOF des Erwachsenen in ein Vielfaches von »9« aufgeteilt ( 1 A-11.5).
1 A-11.5
Synopsis Aufteilung der Körperoberfläche nach der Neunerregel
Kopf 19 % Kopf 9 % Rumpf je 16 % vorn und hinten Arme je je 9,5 Arme 9%
Beine je 15 %
Rumpf je 18 % vorn und hinten
a
Arme je 9 %
Kopf 15 %
(Genitale 1 %) Arme je 9,5 % Rumpf je 16 % vorn und hinten
Beine je 18 %
Beine je 17 %
b
c
a Kleinkind (ca. 1 Jahr) b Kind (ca. 5 Jahre) c Erwachsener ( > ca. 15 Jahre)
Handflächenregel Eine weitere Differenzierung ist durch die Handflächenregel möglich: Die Handfläche entspricht 1 % der (eigenen) KOF ( 1 A-11.6).
Handflächenregel In praxi ist die Anwendung der Neunerregel deshalb nur als Übersichtsmaß verwendbar, weil die kleinste Schätzeinheit – 9 % – noch zu grob ausfällt. Es bietet sich als nächst kleinere praktikable Einheit die Handfläche an, die 1 % der KOF ausmacht. Bei dieser meist ausreichend genauen Methode zur Einschätzung einer geschädigten KOF muss jedoch berücksichtigt werden, dass nur die Größe der Hand des geschädigten Individuums selbst mit 1 % veranschlagt werden darf ( 1 A-11.6).
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11.1.3 Schweregrade der Brandverletzungen
1 A-11.6
Synopsis Handflächenregel Die Handfläche des Messenden beträgt ca. 1 % seiner eigenen Körperoberfläche (bei Maßangaben für Kinder berücksichtigen).
1%
BG-Verbrennungsbogen
BG-Verbrennungsbogen
Zur noch exakteren Bestimmung der verbrannten KOF dienen Erhebungsbögen, die von den Berufsgenossenschaften (BG) erstellt wurden. Auf diesen Bögen wird u.a. die unterschiedliche prozentuale Verteilung der KOF bezüglich Rumpf, Kopf und Extremitäten in unterschiedlichem Alter berücksichtigt ( 1 A-11.7).
Für eine exakte Bestimmung der brandgeschädigten Körperoberfläche dienen Erhebungsbögen (z.B. der Berufsgenossenschaften) ( 1 A-11.7).
11.1.3
Schweregrade der Brandverletzungen
Zur Beschreibung und Beurteilung eines Verbrennungsschadens lässt sich bezüglich der Tiefe die Gradigkeit und bezüglich der Ausdehnung eine der Oberflächenregeln anwenden. Vereinfacht werden beide Kriterien mit den Begriffen »leicht«, »mittelschwer«, »schwer« und »schwerst« kombiniert. Leichte Brandverletzungen sind: π Verbrennungen 1. Grades bis ca. 20 % KOF beim Erwachsenen und ca. 10 % KOF bei Kindern π Verbrennungen 2. Grades bis max. 10 % KOF bei Erwachsenen und max. 5 % KOF bei Kindern π Verbrennungen 3. Grades von < 2 % KOF. Mittelschwere Brandverletzungen sind: π Verbrennungen 1. Grades > 20 % KOF beim Erwachsenen und > 10 % KOF bei Kindern π Verbrennungen 2. Grades von 10–20 % KOF bei Erwachsenen und 5–10 % KOF bei Kindern π Verbrennungen 3. Grades bis zu 10 % KOF bei Erwachsenen und Kindern π Verbrennungen an Händen, Füßen, Gesicht, Hals oder im Genitalbereich.
Als schwere Brandverletzungen werden Verbrennungen der Grade 2b und 3 mit einer Ausdehnung von > 20 % KOF bei Erwachsenen und > 10 % KOF bei
11.1.3 Schweregrade der Brandverletzungen Zusammenfassend werden Verbrennungsschäden unter Berücksichtigung der KOF und Tiefenausdehnung durch 4 Begriffe subsummiert: Leichte, mittelschwere, schwere und schwerste Verbrennungen.
Als schwere Brandverletzungen werden Verbrennungen der Grade 2b und 3 mit einer Ausdehnung von > 20 % KOF bei Erwachsenen und > 10 % KOF bei Kindern sowie alle Verletzungen durch elektrischen Strom oder ätzende chemische Substanzen verstanden.
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224 1 A-11.7
11 Verbrennungen
Synopsis Verbrennungsbogen der BG zur exakten Bestimmung des Verbrennungsschadens Anlage zum D-Arzt-Bericht Nr. Stempel des Durchgangsarztes
Ergänzungsbericht bei schweren Verbrennungen
Zuname: Verbrennung
Vorname: 1 bis 4 Jahre 17 2 13 13 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 1 4 4 3 3 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 6 1⁄ 2 6 1⁄ 2 5 5 3 1⁄ 2 3 1⁄ 2
5 bis 9 Jahre 13 2 13 13 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 1 4 4 3 3 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 8 8 5 1⁄ 2 5 1⁄ 2 3 1⁄ 2 3 1⁄ 2
10 bis 14 Jahre 11 2 13 13 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 1 4 4 3 3 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 8 1⁄ 2 8 1⁄ 2 6 6 3 1⁄ 2 3 1⁄ 2
Alter: 15 Jahre 9 2 13 13 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 1 4 4 3 3 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 9 9 6 1⁄ 2 6 1⁄ 2 3 1⁄ 2 3 1⁄ 2
Erwachsene 7 2 13 13 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 1 4 4 3 3 2 1⁄ 2 2 1⁄ 2 9 1⁄ 2 9 1⁄ 2 7 7 3 1⁄ 2 3 1⁄ 2
1Ω *)
2 Ω *)
J. 3Ω *)
Kopf Hals Rumpf (vorn) Rumpf (hinten) R. Gesäßhälfte L. Gesäßhälfte Genitalien R. Oberarm L. Oberarm R. Unterarm L. Unterarm R. Hand L. Hand R. Oberschenkel L. Oberschenkel R. Unterschenkel L. Unterschenkel R. Fuß L. Fuß Summe: Gesamtverbrennung: *) Ausmaß und Schweregrad der Verbrennungen in entsprechender Spalte eintragen!
1° = grün* 2° = blau* 3° = rot* *in Skizze einfügen
Unterschrift des D-Arztes
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225
11.2.2 Systemische Schäden Kindern sowie alle Verletzungen durch elektrischen Strom oder ätzende chemische Substanzen verstanden. Schwerste Brandverletzungen entsprechen schweren Brandverletzungen mit zusätzlichem Inhalationstrauma.
11.2
Pathophysiologie
Die Hitzeeinwirkung bei Verbrennungen stellt nicht nur ein physikalisches Phänomen dar, sondern äußert sich auch in einer entzündlichen Reaktion mit Ödem, Erythem, Schmerzen und Funktionsverlust. Die Funktionen der Haut sind: Schutz, Ausscheidung, Wahrnehmung und Regulation ( 2 A-11.2).
2 A-11.2
Schwerste Brandverletzungen entsprechen schweren Brandverletzungen mit zusätzlichem Inhalationstrauma.
11.2
Pathophysiologie
Die Haut als Organ hat überwiegend 4 Funktionen, nämlich: π Schutz π Ausscheidung π Wahrnehmung π Regulation ( 2 A-11.2).
Funktionen der Haut
N Wärmeregulation n N Regulation des Wasserhaushaltes n N Barriere gegen mechanische, thermische und chemische Schäden n N immunologische Barriere n N Tast-, Temperatur- und Schmerzempfinden n
11.2.1
Lokale Schäden
Die Haut verliert durch die Verbrennungsnoxe ihre vielfältigen Aufgaben: Schutzorgan mit Barrierefunktion, Ausscheidungsorgan, Sinnesorgan und Regulationsorgan. Der auslösende Mechanismus für die Entstehung dieser entzündlichen Reaktion ist trotz der intensiven tierexperimentellen Forschung noch nicht endgültig bekannt. Es zeichnet sich jedoch ab, dass freie Sauerstoffradikale eine erhebliche Rolle bei der Entstehung der Entzündungsreaktion spielen. Diese Freisetzung von Hydroxylradikalen bewirkt einerseits ein Ausschütten von Proteinen, die ein Kapillarleck verursachen (Arachidonsäure, Prostaglandine usw.), und andererseits eine Aktivierung des Komplementsystems durch Bildung unphysiologischer Proteine im hitzegeschädigten Gewebe (u.a. Histamin bzw. Serotonin). Dieser komplexe Mechanismus scheint für das beobachtete Kapillarleck besonders in den postkapillaren Venolen verantwortlich zu sein. Deshalb wird in der möglichst frühen Entfernung des verbrannten Gewebes ein wesentliches therapeutisches Prinzip gesehen.
11.2.2
11.2.1 Lokale Schäden Nach der Verbrennungsnoxe finden sich lokal Zeichen entzündlicher Reaktionen. Es kommt zum Kapillarleck und zur Bildung unphysiologischer Proteine. Diese ziehen durch Permeabilitätsveränderung eine Volumenverschiebung des intra- und extraluminären Volumens nach sich.
Systemische Schäden 11.2.2 Systemische Schäden
Die Volumenverschiebung vom intravasalen Raum in das Interstitium wirkt sich auf den Gesamtorganismus des Brandgeschädigten aus. Es kommt zur Ausbildung eines Circulus vitiosus, bestehend aus: π Anstieg der Gefäßpermeabilität π Absinken des Plasmavolumens π Abnahme des onkotischen Druckes π Erhöhung des peripheren Widerstandes π Zunahme der Vasokonstriktion π Zunahme der Gewebsschädigung im Grenzbereich π Abnahme des Herzzeitvolumens. Dieser Circulus vitiosus muss zur Prophylaxe eines Schocksyndroms durchbrochen werden ( 1 A-11.8). Der Zustand der lokalen Schädigung der Haut bei Vorliegen eines ausgedehnten Verbrennungstraumas in Kombination mit den Folgeschäden in Form von komplexen Regulations- und Funktionsstörungen aller Organsysteme wird als Verbrennungskrankheit bezeichnet.
Durch die lokal ausgelöste Volumenverschiebung in der Verbrennungswunde wird ein Circulus vitiosus gestartet, der auf den Gesamtorganismus wirkt und in einem drastischen Sinken des Herzzeitvolumens endet: π Gefäßpermeabilität π Plasmavolumen π onkotischer Druck π peripherer Widerstand π Vasokonstriktion π weitere Gewebsschädigung im Grenzbereich π Herzzeitvolumen . Dieser Circulus vitiosus muss zur Prophylaxe eines Schocksyndroms durchbrochen werden ( 1 A-11.8).
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11 Verbrennungen
1 A-11.8
Synopsis Pathophysiologische Veränderungen nach Verbrennungsschäden
Verbrennung
Gefäßpermeabilität
Katecholamine
Ödem
Hämatokrit
Plasmavolumen
Viskosität
Vasokonstriktion
Peripherer Widerstand
Herzzeitvolumen
11.3
Therapie
11.3
Therapie
Die Primärversorgung des Brandverletzten am Unfallort durch den Notarzt hat Vorrang vor einem schnellen Transport in die Klinik.
Die Primärversorgung des Brandverletzten am Unfallort durch den Notarzt hat Vorrang vor einem schnellen Transport in eine Klinik oder ein Verbrennungszentrum. Sie stellt in Verbindung mit der Versorgung im Krankenhaus die entscheidende Phase für den weiteren Krankheits- und Heilungsverlauf dar.
11.3.1 Präklinische Versorgung
11.3.1
Sofortmaßnahmen im Rahmen der Ersten Hilfe π Brennende Kleidung muss gelöscht und entfernt werden (anklebende Kleidung belassen) π Notfall-ABC beherzigen: Atmung, Bewusstseinslage, Blutdruck, Zirkulation müssen überwacht werden π Kühlen des erhitzten Gewebes mit Leitungswasser.
Sofortmaßnahmen im Rahmen der Ersten Hilfe
Präklinische Versorgung
Brennende oder glimmende Kleidung muss sofort durch Übergießen mit Wasser, Wälzen des Verletzen oder mit Wolldecken gelöscht und entfernt werden. Anklebende Kleidungsstücke sollten belassen werden. Der Verletzte ist anschließend aus dem Gefahrenbereich zu entfernen. Die weitere primäre Behandlungsstrategie eines akut Brandverletzten betrifft die Beherzigung des Notfall-ABC: das heißt Atmung, Bewusstseinslage, Blutdruck und Zirkulation müssen überwacht werden. Eine weitere wichtige Sofortmaßnahme stellt das Kühlen des erhitzten Gewebes mit Leitungswasser dar, welches bis zum Eintreffen des Notarztes oder Rettungsdienstes durchgeführt werden sollte.
Primärversorgung durch den Notarzt
Primärversorgung durch den Notarzt
Legen großlumiger Zugänge Infusionstherapie (kristalloide Lösung) π begleitende Kaltwassertherapie, um das »Afterburning« zu reduzieren (s.u.) π frühzeitige Schmerztherapie (s.u.) π erforderlichenfalls O -Zufuhr und 2 Intubation (bei V.a. Inhalationstrauma). Verbrennungen 1. Grades bedürfen im Grunde keiner Therapie, alle anderen Brandverletzten müssen nach der oben dargestellten präklinischen Versorgung meist stationär behandelt werden.
Schon am Unfallort ist die Einschätzung der Intensität des Verbrennungsschadens von großer Bedeutung. Mit Ausnahme von Verbrennungen 1. Grades (z. B. Sonnenbrand), die außer kühlender Externa wie Gels, zur Linderung der Beschwerden keinerlei Therapie bedürfen ist bei allen anderen Brandverletzten meist eine stationäre Behandlung erforderlich. Noch an der Unfallstelle muss nach Legen möglichst mehrerer großlumiger Zugänge mit einer Infusionstherapie (kristalloide Lösung) zur Schockbehandlung begonnen werden. Daneben ist die begleitende Kaltwassertherapie indiziert. Diese reduziert das »Afterburning« und stellt die einzige Möglichkeit dar, ein Fortschreiten mikrozirkulatorischer Störungen in der Verbrennungswunde zu stoppen (s.u.). Weiterhin ist an eine frühzeitig ausreichende Schmerztherapie (s.u.) und erforderlichenfalls O2-Zufuhr und Intubation zu denken.
π π
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11.3.1 Präklinische Versorgung Für eine endotracheale Intubation am Unfallort sprechen folgende Kriterien: Verbrennungen im Gesicht- und Halsbereich (Möglichkeit eines Inhalationstraumas), Verbrennungen kombiniert mit einem Polytrauma sowie eine vom Verletzten subjektiv angegebene Atemnot. n Merke. Die systemische Verabreichung kolloidaler Lösungen wie auch die Gabe von Kortison (kontraindiziert), Dopamin oder Digitalis sind, wie auch das Legen eines ZVK, an der Unfallstelle nicht indiziert.
Merke
Der verbrannte Hautbereich wird mit sauberen Tüchern (z.B. Leinen, keine Wolldecken) oder besser noch mit MetallineQ in funktionsgerechter Lagerung abgedeckt.
Der verbrannte Hautbereich wird mit sauberen Tüchern (z.B. Leinen, keine Wolldecken) bzw. mit MetallineQ in funktionsgerechter Lagerung abgedeckt.
Kaltwasserbehandlung
Kaltwasserbehandlung
Bis vor einigen Jahren war die Erstversorgung der Verbrennung uneinheitlich. Die heute angegebene Therapie: »Kaltes Wasser auf alle Verbrennungen« wird erst seit ca. 15 Jahren praktiziert. Historisch gesehen ist diese Empfehlung schon sehr alt. Bereits in der arabischen Medizin war die Kälteanwendung bekannt; hierzulande wurde Ende des 18. Jahrhunderts Eis als erfolgreiches Behandlungsmittel bei Verbrennungen beschrieben. Die Kaltwasserbehandlung beginnt direkt nach der Verbrennung. Wenn möglich, ist die Kleidung über der verbrannten Haut zu entfernen, dies soll generell nach Verbrühungen geschehen. Zur Kühlung der Haut ist Leitungswasser mit einer Temperatur von ca. 10–20 ΩC ausreichend, letztlich jede andere »saubere« Wasserquelle der angegebenen Temperatur. Vor einer Verwendung von Eispackungen oder Wasser niedriger Temperatur muss wegen der Provokation einer Unterkühlung gewarnt werden. Ziel der Kaltwasserbehandlung ist die rasche Reduktion der Gewebstemperatur, die besonders nach Verbrennungen mit offenen Flammen noch lange pathologisch hoch ist, da verbranntes Gewebe ein schlechter Wärmeleiter ist und dadurch die Wärmeenergie gespeichert bleibt und ohne Wärmeableitung durch Kühlung zur weiteren Ausweitung des Verbrennungsschadens führen würde. Die Dauer der Kaltwasserbehandlung richtet sich nach den Schmerzangaben des Verbrannten. Im Allgemeinen reichen ca. 30 Minuten zur deutlichen Schmerzreduktion aus, ein therapeutischer Effekt wird nach ca. 45 Minuten Kaltwasserbehandlung nicht mehr beobachtet. Falls eine Kaltwassertherapie direkt nach der Verbrennung nicht möglich ist, ist trotzdem ein Effekt der Kühltherapie zu erwarten, wenn diese bis zu 30 Minuten nach der Verbrennung beginnt. Die gefürchtete Verschmutzung der frischen Verbrennungswunde durch Kontamination mit Wasserkeimen kann bei Gebrauch von Leitungswasser außer acht gelassen werden.
Das heutige therapeutische Prinzip bei Verbrennungsschäden besagt: Kaltwasserbehandlung bei allen Verbrennungen!
Die Kaltwasserbehandlung beginnt direkt nach der Verbrennung. Wenn möglich, ist die Kleidung über der verbrannten Haut zu entfernen. Zur Kühlung der Haut ist Leitungswasser mit einer Temperatur von ca. 10–20 Ω C ausreichend. Ziel der Kaltwasserbehandlung ist die rasche Reduktion der Gewebstemperatur, um eine Ausweitung des Verbrennungsschadens zu verhindern.
Die Dauer der Kaltwasserbehandlung richtet sich nach den Schmerzangaben des Verbrannten. Im Allgemeinen reichen 30 min zur deutlichen Schmerzreduktion aus; ein therapeutischer Effekt wird nach 45 min nicht mehr beobachtet.
Analgetikatherapie Reicht trotz Anwendung der Kaltwassertherapie die Analgesie nicht aus bzw. kann die Kaltwassertherapie infolge anderer Verletzungen nicht wirken, ist eine großzügige Analgetikatherapie indiziert. Dabei muss berücksichtigt werden, dass aufgrund einer unsicheren Resorption intramuskulär oder subkutan applizierter Medikamente nur intravenöse Gaben in Frage kommen. Medikamente mit nur sedierender oder muskelrelaxierender Wirkung stellen keinen Analgetikaersatz dar.
Analgetikatherapie Bei Verbrennungen kann großzügig intravenös analgetisch therapiert werden, jedoch nicht durch i.m. oder s.c. Applikation.
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228 11.3.2 Ambulante klinische Versorgung
Die Vermittlung eines zur Verfügung stehenden Verbrennungsbettes kann in der zentralen Anlaufstelle in Hamburg erfragt werden. Die Prognose einer Brandverletzung hängt von den Faktoren »Alter« sowie »Verbrennungen 2. und 3. Grades« ab. Verbrennungsindex: In eine Summenformel werden das Alter des Brandverletzten in voller Höhe mit den zweitgradig verbrannten Arealen zu 50 % und den drittgradig verbrannten Arealen in voller Höhe addiert. Liegt die Indexzahl < 60, kann man von einer günstigen Prognose ausgehen. Bei einer Indexzahl > 90 ist eine schlechte Prognose zu erwarten. Bei der primären Vorstellung eines Brandverletzten in einer Klinik richtet sich die Therapie nach der Prognose.
Merke
11 Verbrennungen 11.3.2
Ambulante klinische Versorgung
Unter Berücksichtigung der oben gegebenen Kriterien der Intensität des Verbrennungsschadens werden alle Brandverunglückten außer jenen mit leichten Verbrennungen in einer Klinik vorgestellt. Hier kann mit optimalen Möglichkeiten sowohl der entstandene Schaden abgeschätzt als auch eine Kurzzeitprognose gegeben und eine effektive Therapie eingeleitet werden. Je nach apparativer, personeller und räumlicher Ausstattung ist ein Verbleiben des Brandverletzten möglich und sinnvoll; ggf. ist ein Transfer des Verletzten in ein Verbrennungszentrum notwendig. Die Vermittlung eines zur Verfügung stehenden Bettes für Schwerbrandverletzte kann in der zentralen Anlaufstelle in Hamburg (Tel. 0 40/28 82 39 98/-99) erfragt werden. Bezüglich der Prognose eines Brandverletzten dient eine »Faustregel«, die das Alter des Verunfallten und die Schwere der Verbrennung berücksichtigt. In eine Summenformel werden das Alter des Brandverletzten in voller Höhe mit den zweitgradig betroffenen Hautpartien zu 50 % und den drittgradig betroffenen Arealen, ebenso in voller Höhe, addiert. Liegt diese Summe – Indexzahl/Verbrennungsindex – < 60, kann von einer günstigen Prognose ausgegangen werden. Eine Indexzahl zwischen 60 und 90 stellt eine »Grauzone« dar, bei der die Prognose unsicher ist. Eine schlechte Prognose ist bei einer Indexzahl > 90 zu erwarten. Bei der primären Vorstellung eines Brandverletzten in einer Klinik richtet sich die Therapie nach der erwarteten Prognose. Patienten mit Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Überwachung werden mit den dafür erforderlichen Voraussetzungen versorgt wie z.B. ZVK, Magensonde, Blasenkatheter und Monitoring unter Einbeziehen engmaschiger Laborkontrollen von Blutgasen, Blut und Urin. Medikamentös wird die Therapie optimiert bzw. ergänzt. n
Merke. Bei allen Brandverletzten muss ein Tetanusschutz bestehen.
Die Empfehlungen der lokalen Wundbehandlung bei Verbrennungen zeigen trotz der intensiven Grundlagenforschung und reichhaltigen Erfahrungen der Verbrennungszentren noch keine einheitliche Linie. So wird z.B. darüber diskutiert, ob das Eröffnen der entstandenen Brandblasen dem Belassen vorzuziehen ist ( 1 A-11.9).
1 A-11.9
Brandverletzung Teils rupturierte, teils intakte Brandblasen nach Verzicht einer primären, chirurgischen Abtragung.
Meistens werden die Brandblasen ( 1 11.9) unter sterilen Kautelen eröffnet und entfernt.
Verbliebene Reste verbrannter Kleidung oder Rußpartikel sollen
Beide Therapieprinzipien zeigen Vor- und Nachteile. Einen Kompromiss stellt möglicherweise die Empfehlung dar, die Blasen abzupunktieren und das abgehobene Epithel zu belassen. Eine Tendenz der Empfehlungen scheint sich zugunsten der Befürworter der Blasenentfernung abzuzeichnen. Diese hat in ausreichender Analgesie unter sterilen Kautelen stattzufinden. Ein mechanisches Säubern in Form von Bürsten verschmutzter oder verrußter Hautareale ist obsolet. Es sollen jedoch schonend ggf. Reste ver-
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11.3.2 Ambulante klinische Versorgung brannter Kleidung oder Rußpartikel entfernt werden. Darüber hinaus erfolgt bei allen ausgedehnten Verbrennungen die Entfernung der Körperhaare im geschädigten Areal mit Ausnahme der Wimpern und Augenbrauen. Bei zirkulären Verbrennungen 3. Grades im Bereich der Extremitäten müssen Entlastungsschnitte angelegt werden, um nicht eine lokale Zirkulationsstörung im Sinne eines Kompartmentsyndroms zu provozieren. Ebenso sind diese Entlastungsschnitte bei drittgradigen Verbrennungen des Thorax erforderlich, da sonst keine ausreichenden Atemexkursionen möglich sind. Entlastungsschnitte (Escharotomie) werden bis in den Bereich des vitalen Gewebes gelegt, sodass es manchmal nötig ist, außer der Subkutis auch die Faszie mit zu spalten. Derartige Fasziotomien werden besonders bei elektrischen Verbrennungen notwendig. n Merke. Verbrennungsschäden im Bereich des Gesichtes müssen besonders sorgfältig kontrolliert werden, um weder ein Inhalationstrauma (Laryngoskopie/Bronchoskopie) noch eine Augenbeteiligung zu übersehen.
Falls eine Augenbeteiligung nicht auszuschließen ist, muss ein Ophthalmologe den aktuellen Status erheben und ggf. Therapievorschläge unterbreiten. Bezüglich eines etwaigen Inhalationstraumas weisen Ursache und Lokalisation der Verbrennung auf diese Komplikation hin: Verbrennungen in geschlossenen Räumen, giftige oder verrußte Verbrennungsgase, rußiges Sputum, Heiserkeit, Rasselgeräusche. Eine Bronchoskopie kann den Verdacht eines Inhalationstraumas erhärten oder ausräumen. Im Anschluss an die Blasenentfernung sind 2 unterschiedliche Therapieverfahren möglich, die als offene und geschlossene Wundbehandlung bezeichnet werden. Die offene Wundbehandlung stellt eine bloße Freiluftbehandlung ggf. in Form einer Salbenauflage ohne Verband dar. Diese Methode hat den Vorteil der möglichen ständigen Wundkontrolle und uneingeschränkten funktionellen Behandlung ( 1 A-11.10).
1 A-11.10
Offene Wundbehandlung nach Verbrennung
entfernt werden, ebenso wie die Körperhaare im Bereich des gesamten geschädigten Areals. Bei zirkulären Verbrennungen 3. Grades im Bereich der Extremitäten und des Thorax müssen Entlastungsschnitte (Escharotomie) angelegt werden (Gefahr der Zirkulationsstörung bzw. Atmungsbehinderung).
Merke
Ein Inhalationstrauma kann bei Verbrennungen in geschlossenen Räumen, bei giftigen oder verrußten Verbrennungsgasen, rußigem Sputum, Heiserkeit oder Rasselgeräuschen vorliegen. Eine Bronchoskopie gibt über ein Inhalationstrauma Auskunft. Es wird eine offene von einer geschlossenen Verbrennungsbehandlung unterschieden. Die offene Wundbehandlung stellt eine bloße Freiluftbehandlung ggf. in Form einer Salbenauflage ohne Verband dar. Diese Methode hat den Vorteil der möglichen ständigen Wundkontrolle und uneingeschränkten funktionellen Behandlung ( 1 A-11.10).
Konzept der offenen Verbrennungsbehandlung mit frühfunktioneller Therapie.
Diesem Verfahren steht jedoch als Nachteil ein vermehrter Wärmeverlust und ein erhöhtes Infektionsrisiko entgegen. Um diesen Nachteil auszugleichen, liegen in manchen Verbrennungszentren die Raumlufttemperaturen bei ca. 28–35 ΩC, kombiniert mit hoher Luftfeuchtigkeit (50–60 %) und einem aseptischen Umfeld. Das Prinzip der geschlossenen Wundbehandlung liegt in der Vorstellung, zeitweise (d.h. bis zur Versorgung der Verbrennungswunde durch Frühexzision) ein Medium als Hautersatz zu verwenden. Als »Medium« dient für diesen Zweck z.B. ein Salbenverband, eine Gerbung der Haut oder eine Ersatzhaut aus menschlichem, tierischem oder industriell hergestelltem Material ( 2 A-11.3).
Diesem Verfahren steht jedoch als Nachteil ein vermehrter Wärmeverlust und ein erhöhtes Infektionsrisiko entgegen. Das Prinzip der geschlossenen Wundbehandlung liegt in der Vorstellung, zeitweise (d.h. bis zur Versorgung der Verbrennungswunde durch Frühexzision) ein Medium als Hautersatz zu verwenden. Als »Medium« dient für diesen Zweck z.B. ein Salbenverband, eine Gerbung der Haut oder eine Ersatzhaut aus menschlichem, tierischem oder industriell hergestelltem Material ( 2 A-11.3).
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11 Verbrennungen
2 A-11.3
Lokal applizierbare Medikamente sind: π Silbersulfadiazinsalbe π Polyvidon-(PVP-)Jod-Lösung π Silbernitratlösung π Kombinationsmethoden (Gerbung).
π
π π
Heute werden überwiegend Silbersulfadiazin-Verbände verwendet.
11.3.3 Stationäre klinische Versorgung
Alle Schwer- und Schwerstverbrannte gehören in intensivmedizinische Überwachungseinheiten. Über die verschiedenen Hautdeckungsmöglichkeiten gibt 2 A-11.3 Auskunft. Das Ziel aller therapeutischen Bemühungen ist eine Reintegration des Brandverletzten. Dafür wird eine interdisziplinäre Kooperation verschiedener Fachdisziplinen benötigt.
N autologe Transplantation n
n Vollhaut N N Meshgraft n N Keratinozytenzüchtung n
N homologe Transplantation n
n N N n N n N n
N xenologe Transplantation n
N Schweinehaut n
N synthetischer Hautersatz n
N Epigard Q , GelipermQ usw. n
frische Haut kryo-/glykolkonservierte Haut Amnion allogene Keratinozytenzüchtung
Die geschlossene Behandlung mit Salbenverbänden ist regional sehr unterschiedlich und häufigen Änderungen unterzogen; ein Zeichen, dass noch keine allseitig befriedigende Behandlungsart gefunden wurde. Zur Zeit werden folgende lokal applizierbare Medikamente therapeutisch angewandt: π
Die Behandlung mit Sulfamylonsalbe, Gentamicinsalbe und Merbrominlösung gilt heute als überholt.
Hautdeckungsmöglichkeiten
Silbersulfadiazinsalbe Polyvidon-(PVP-)Jod-Lösung Silbernitratlösung Kombinationsmethoden (Gerbung).
Die Behandlung mit Sulfamylonsalbe, Gentamicinsalbe und Merbrominlösung gilt heute als überholt. Von jeder der oben genannten Anwendung lassen sich Vor- und Nachteile nennen: z.B. färbt die Silbernitratlösung alle benetzten Flächen schwarz, die Sulfamylonsalbe bewirkt außer einer schmerzhaften Applikation durch Resorption eine Azidose, bei der Gentamicinsalbe werden Keimresistenzen gezüchtet usw. Von der oben genannten Auswahl der angewendeten Therapiearten werden überwiegend Silbersulfadiazin-Verbände verwendet. Diese Spezifität hat auch Nachteile. Bei Gebrauch von Silbersulfadiazin entsteht durch Silbersalzfällung des Wundexsudates ein »Wundschorf«. Dieser hat das Aussehen von schmutzig-gelber Farbe wie die der Abszessmembranen, sodass diese Beläge leicht mit kontaminierten Wunden verwechselt werden und zu falschen Konsequenzen Anlass geben können.
11.3.3
Stationäre klinische Versorgung
Die Behandlung von Brandverletzten richtet sich nach der Schädigung wie sie auf S. 223 ff. definiert wurde. Danach sollen alle Brandverletzten mit Ausnahme leicht verbrannter Patienten stationär behandelt werden. Alle Schwer- und Schwerstbrandverletzten gehören primär in intensivmedizinische Überwachungseinheiten. Seit Ende des 2. Weltkrieges hat sich die Prognose der Schwerverbrannten deutlich gebessert, was außer in der besseren Kenntnis der Verbrennungsschädigung in einer effektiveren intensivmedizinischen Betreuung und verbesserten Deckungsmethoden begründet ist ( 2 A-11.3). Das Ziel der Behandlung auf der Intensivstation ist letztlich die Reintegration des Brandverletzten. Diese lässt sich jedoch nur über die Stadien der hämodynamischen Stabilisierung, frühen Exzision und parenteralen Ernährung sowie Rehabilitation und Rekonstruktion erreichen. Bei dieser modernen Verbrennungsbehandlung wird eine interdisziplinäre Kooperation verschiedener Fachspezialisten aus Anästhesie, Chirurgie/Plastischer Chirurgie, Labormedizin, Bakteriologie und Psychologie sowie Physiotherapie und Ergotherapie benötigt.
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11.3.3 Stationäre klinische Versorgung Bei dem heutigen Konzept der tangentialen bzw. epifaszialen Exzision wird möglichst früh – mit Beendigung der Schockphase – die betroffene Haut tangential bzw. epifaszial bis in nicht geschädigte Tiefen entfernt. Die verbrannten Areale der Grade 2b und 3 werden mit wenigen Ausnahmen (Mamille, Gesäß) bis auf die Faszie exzidiert ( 2 A-11.4).
2 A-11.4
Bei Verbrennungen der Grade 2b und 3 soll die operative Exzisionsbehandlung direkt nach Beendigung der Schockphase durchgeführt werden ( 2 A-11.4).
Vor- und Nachteile der Möglichkeiten der Wundkonditionierung Vorteile
Nachteile
N tangentiale Nekrosektomie: n schichtweises Abtragen bis zur »gesunden« Wundoberfläche
N guter Transplantationsn grund der intakten dermalen Anteile N gute kosmetische Ergebnisse n
N relativ hoher Blutverlust n
N epifasziale Nekrosektomie: n radikales Entfernen der Subkutis bis auf gesunde Muskelfaszie
n einfaches Verfahren N N geringer Blutverlust n N gute Einheilung auf der Faszie n
N sichtbare kosmetische Beeinn trächtigung N schlechtere funktionelle Ergebnisse n
In diesem Bereich ist der Blutverlust geringer und das »Angehen« transplantierter Haut besser als im Subkutanbereich. Der entstandene Hautdefekt wird möglichst autolog gedeckt. Ist eine autologe Deckung nicht oder nicht vollkommen möglich, stehen homologe oder heterologe Deckungsmöglichkeiten zur Verfügung: Aus »Hautbanken« Leichenhaut (frisch, gefroren, glyzerolkonserviert, lyophilisiert) oder Keratinozyten, aufgearbeitete Schweinehaut oder industriell hergestellte Produkte wie z.B. EpigardQ, GelipermQ. Zur besseren Ausnutzung der zur Deckung verwandten nicht geschädigten Haut wird diese bei der am häufigsten angewandten Methode netzgitterartig aufbereitet, um dadurch eine möglichst große Fläche ersetzen zu können (Meshgraft) ( 1 A-11.11).
1 A-11.11
Der entstandene Hautdefekt wird möglichst autolog gedeckt. Falls eine autologe Deckung nicht oder nicht vollkommen möglich ist, stehen homologe oder heterologe Deckungsmöglichkeiten zur Verfügung (Leichenhaut, aufgearbeitete Schweinehaut oder industriell hergestellte Produkte). Die Hautoberfläche kann durch Meshgraft-Bildung vergrößert werden ( 1 A-11.11).
Meshgraft Deckung von großflächigen Hautdefekten durch netzgitterartig veränderte Hautstreifen (Meshgraft).
Die Maschen dieses Netzgitters (Meshgraft) können in unterschiedlicher Weite hergestellt werden, wodurch sich der Vergrößerungsfaktor ändert. Am häufigsten werden Gittermaschen mit dem Vergrößerungsfaktor von 1 : 1,5 und 1 : 3 benutzt. Es stehen jedoch auch Schablonen bis zu einem Vergrößerungsfaktor bis 1 : 12 zur Verfügung. Diese selten vorkommende Expansion findet in der sog. »chinesischen Methode« Anwendung: Große exzidierte Flächen werden mit »gemeshter« Fremdhaut gedeckt; in die entstandenen hautlosen Inseln werden autologe Hautplättchen fixiert. Diese beiden Methoden werden vielfältig variiert. Die Tendenz der operativen Therapie geht dahin, autologe Haut zu züchten und in Epithelkulturen zu vermehren. Es werden Epithelzüchtungen auf einer mit Fibroblasten durchsetzten Kollagenmatrix angestrebt, die der physiologischen Hautstruktur nahe kommen (composite grafts). Das funktionelle und ästhetische Ergebnis dieses neuen Hautersatzes ist den konventionellen Verfahren, erst recht der Spontanheilung, vielfach überlegen.
Am häufigsten werden Gittermaschen mit dem Vergrößerungsfaktor von 1 : 1,5 und 1 : 3 benutzt.
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11 Verbrennungen
Die Meshgraft-Deckung soll im Bereich der Hände und des Gesichtes nicht angewendet werden. Hier sind ungemeshte Hautstreifen vorzuziehen, da diese ein besseres funktionelles und kosmetisches Resultat ergeben. Als Spenderareale für die Transplantation gesunder Hautstreifen lassen sich Prioritäten erkennen: Für Vollhautlappen werden Hautstreifen aus der Leistenregion bevorzugt, da hier ein sehr elastischer Bezirk einen primären Hautverschluss zulässt. »Gemeshte« Haut wird hauptsächlich von den Oberschenkeln oder von der sehr dick ausgebildeten Kopfhaut gewonnen (s.a. Kap. B-29, S. 1304 ff.).
Die Meshgraft-Deckung sollte im Bereich der Hände und des Gesichtes nicht angewendet werden. Hier sind ungemeshte Hautstreifen vorzuziehen, da diese ein besseres funktionelles und kosmetisches Resultat ergeben. Als Spenderareale für die Transplantation gesunder Hautstreifen lassen sich Prioritäten erkennen: Für Vollhautlappen werden Hautstreifen aus der Leistenregion bevorzugt, da hier ein sehr elastischer Bezirk einen primären Hautverschluss zulässt. »Gemeshte« Haut wird hauptsächlich von den Oberschenkeln oder von der sehr dick ausgebildeten Kopfhaut gewonnen. Zuletzt erst greift man auf intakte Rückenhaut zurück, da hier die pflegerisch aufwendigste Region liegt. Bei tiefen, scharf abgegrenzten Schäden wie nach Elektroverbrennungen oder Blitztrauma kommen nach einer sofortigen Fasziotomie als definitive Operation Deckungsverfahren sowohl lokaler Art als auch freie Haut- bzw. Muskellappen mit mikrovasuklären Anastomosen zur Anwendung (s.a. Kap. B-29, S 1304ff.). Zusätzlich zu diesen invasiven Therapieformen werden additive Behandlungskonzepte erarbeitet. Diese beziehen sich z.B. auf die Anwendung von Wachstumsfaktoren oder Immuntherapeutika. Ein allgemein gebrauchsfähiges Therapiekonzept existiert jedoch diesbezüglich noch nicht. Eine Phase der Behandlung auf einer Allgemeinstation ergibt sich entweder aus dem Ausmaß der Verbrennungsschädigung oder im Anschluss an eine abgeschlossene intensivmedizinische Behandlung. Das Behandlungsziel ist auf der Allgemein- und Intensivstation das Gleiche: eine möglichst frühe und möglichst komplette Rehabilitation. Dazu gehört sowohl eine frühzeitige Physiotherapie als auch eine frühe enterale Belastung. Zunehmend soll die tägliche Versorgung dem Patienten selbst überlassen werden.
11.4
11.4
Verlauf
Verlauf
Der Krankheitsablauf von Brandverletzten lässt sich in 3 Phasen einteilen: π Schockphase π Stabilisierungsphase (Phase der Verbrennungskrankheit) π Reparationsphase.
Aufgrund von klinischen Beobachtungen bei Schwer- und Schwerstverbrannten lässt sich der Krankheitsablauf in 3 Phasen einteilen: π Schockphase π Stabilisierungsphase (Phase der Verbrennungskrankheit) π Reparationsphase.
11.4.1 Schockphase
11.4.1
Die posttraumatischen Veränderungen können infolge ihrer enormen Verschiebung intravasaler Flüssigkeit einen hypovolämischen Schock auslösen (s. a. Kap. A-5). Evans entwickelte 1952 eine Formel für den Flüssigkeitsersatz zur Schockprophylaxe, die sich an der verbrannten Körperoberfläche (KOF) und dem Körpergewicht (KG) orientierte.
Die posttraumatischen Veränderungen können infolge ihrer enormen Verschiebung intravasaler Flüssigkeit einen hypovolämischen Schock auslösen (s. a. Kap. A-5). Die Vermeidung bzw. rasche Behandlung einer solchen Schocksituation wurde als Prognosefaktor lange unterschätzt. Als erster entwickelte Evans 1952 eine Formel für den Flüssigkeitsersatz zur Schockprophylaxe, die sich an der verbrannten Körperoberfläche (KOF) und dem Körpergewicht (KG) orientierte. Zusätzlich zum Flüssigkeitsverlust durch Schädigung der Haut – vor allem in dem Bereich der Blasenbildung – entsteht bei Verbrennungen > 20 % Körperoberfläche nach ca. 30 Minuten ein generalisiertes Ödem. Dieses »capillary leak« beeinflusst nicht nur einzelne Organe (Nieren, Lunge) oder Organsysteme (Gastrointestinaltrakt), sondern auch übergreifende Systeme (Immunsystem, Hormonsystem, Wärmeregulation, Stoffwechsel). Außer den auf diese Weise verlorenen Flüssigkeitsmengen müssen auch verlorene Energieträger ersetzt werden. Sowohl die Zusammensetzung der Flüssigkeitsmengen zum Volumenersatz als auch die Art der Energieträger zeigen eine weite Variationsbretie. Von den ca. 20 veröffentlichten Schemata haben sich wenige als vielseitig brauchbar herauskristallisiert. Die Mehrzahl der Verbrennungszentren differenziert in der Zusammensetzung der Infusionslösungen nach einem Schema, das die Anzahl der Tage nach dem Trauma zu dem Körpergewicht (KG) und der verbrannten Körperoberfläche (vKOF) in Beziehung setzt (Parkland-Formel):
Das »capillary leak« beeinflusst nicht nur einzelne Organe (Nieren, Lunge) oder Organsysteme (Gastrointestinaltrakt), sondern auch übergreifende Systeme. Die Mehrzahl der Verbrennungszentren differenziert in der Zusammensetzung der Infusionslösungen nach einem Schema entsprechend der ParklandFormel, die die Anzahl der Tage nach dem Trauma zu dem Körpergewicht (KG) und der verbrannten Körperoberfläche (vKOF) in Beziehung setzt:
Schockphase
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11.4.2 Phase der Verbrennungskrankheit 1. Tag: 4 ml/kg KG/% vKOF Ringer-Laktat 2. Tag: 1 ml/kg KG/% vKOF Albumin mit 50 ml/kg KG Glukose/Lävulose 3. Tag: wie 2. Tag. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Hälfte der Flüssigkeitsmenge des ersten Tages in den ersten 8 Stunden gegeben werden sollen. Für Kinder müssen diese Mengenberechnungen modifiziert und dem Alter angeglichen werden. Ein Kriterium für die Effizienz der Infusionsmenge während der Schockphase stellt die stündlich produzierte Urinmenge dar, die nicht unter 50 ml absinken sollte (0,5–1 ml/kg KG/h). Der für die Kontrolle notwendige Blasenkatheter sollte nach Möglichkeit suprapubisch gelegt werden. Ein weiterer Parameter stellt ein kontinuierliches Gewichtsmonitoring dar. Die beobachtete deutliche Gewichtsreduktion nach Beherrschung der Schockphase wurde bislang durch hochkalorische Infusionen therapiert. Heute geht jedoch die Tendenz dahin, den benötigten Energiebedarf durch enterale Applikation zu bestreiten, sodass schon frühzeitig (ab 2.–3. Tag) Sondennahrung eingesetzt wird.
11.4.2
Phase der Verbrennungskrankheit
Nach Beherrschung der Schockphase und Stabilisierung der Kreislaufparameter ist bei den Schwer- und Schwerstverbrannten die Versorgung der verbrannten Haut vordringlich. Ca. 24 Stunden nach dem Unfall wird das Ausmaß der Schädigung neu beurteilt, da erst jetzt nach Abschluss des »Nachbrennens« eine endgültige Einschätzung möglich ist. Verbrennungsbereiche der Grade 1 und 2a werden konservativ behandelt, solche vom Schweregrad 2b und natürlich 3 müssen möglichst innerhalb der ersten 3 Tage operativ therapiert werden. Wenngleich noch bis vor ca. 20 Jahren die operative Strategie sehr zögerlich gehandhabt wurde, stellt sie sich nach Einführung der »tangentialen Exzision« deutlich aggressiver dar. Das alte, inzwischen verlassene Therapiekonzept basierte auf der Sekundärversorgung der Hautnekrosen, sodass lange Behandlungszeiten und häufige Sekundäreingriffe unumgänglich waren. Durch die operative Therapie konnte die Überlebensrate schwer- und schwerstverbrannter Patienten deutlich gesteigert werden. Das früher häufiger beobachtete Lungen- und Nierenversagen als Ausdruck einer generalisierten Infektion tritt heute nicht so gehäuft auf. Die beobachteten Infektionen konnten durch Antibiotika nicht befriedigend kupiert werden. Deshalb besteht heute die Empfehlung, Antibiotikagaben nicht prophylaktisch, sondern nur bei mikrobiell nachgewiesenen pathogenen Keimen zu verabreichen. Auch die wiederholt gemachte Beobachtung der subfebrilen Temperatur und der Leukozytose während der Behandlung Brandverletzter stellt keine Indikation der Antibiotikatherapie dar. Man kann davon ausgehen, dass jede Verbrennungswunde über kurz oder lang bakteriell kontaminiert ist. Die beste Infektionsprophylaxe ist daher in einer Frühexzision und -deckung zu sehen. Für die Antibiotikagabe ist der Nachweis pathogener Keime – auch im Urinsediment oder Trachealabstrich sowie auf der Haut – entscheidend. Es wird heute diskutiert, dass diese pathogenen Keime (meist Pseudomonaden und Proteus) vom Patienten selbst stammen, wahrscheinlich durch Translokation von Darmbakterien. Deshalb wird eine frühzeitige enterale Ernährung angestrebt. Andererseits soll bei Nachweis pathogener Keime die Antibiotikatherapie konsequent durchgeführt werden, um das noch bestehende labile Gleichgewicht der Anabolie – Katabolie des Branntverletzten nicht in eine vital bedrohliche Sepsis abgleiten zu lassen.
1. Tag: 2. Tag: 3. Tag:
4 ml/kg KG/% vKOF RingerLaktat 1 ml/kg KG/% vKOF Albumin mit 50 ml/kg KG Glukose/ Lävulose wie 2. Tag.
Ein Kriterium für die Effizienz der Infusionsmenge in der Schockphase stellt die stündlich produzierte Urinmenge dar. Ein weiterer Parameter wird in einem kontinuierlichen Gewichtsmonitoring gesehen. Heute geht die Tendenz dahin, den benötigten Energiebedarf durch enterale Applikation (Sondennahrung) zu bestreiten. 11.4.2
Phase der Verbrennungskrankheit Ca. 24 Stunden nach dem Unfall wird das Ausmaß der Schädigung neu beurteilt, da erst jetzt nach Abschluss des »Nachbrennens« eine endgültige Einschätzung möglich ist. Verbrennungsbereiche der Grade 1 und 2a werden konservativ behandelt, solche vom Schweregrad 2b und natürlich 3 müssen operativ therapiert werden. Die operative Strategie stellt sich nach Einführung der »tangentialen Exzision« deutlich aggressiver dar.
Heute besteht die Empfehlung, Antibiotikagaben nicht prophylaktisch, sondern nur bei mikrobiell nachgewiesenen pathogenen Keimen zu verabreichen. Jede Verbrennungswunde ist über kurz oder lang bakteriell kontaminiert. Die beste Infektionsprophylaxe ist daher in einer Frühexzision und -deckung zu sehen. Um eine Translokation von Darmbakterien zu vermeiden wird eine frühzeitige enterale Ernährung angestrebt. Andererseits soll bei Nachweis pathogener Keime die Antibiotikatherapie konsequent durchgeführt werden.
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234 11.4.3
11 Verbrennungen Reparationsphase
Durch eine konsequente Operationsstrategie lässt sich erreichen, dass nach definitiver Hautdeckung die Mobilisation des Brandverletzten früher und intensiver einsetzen kann. Kompressionsbandagen helfen, die Ausbildung von hypertrophen Narben zu minimieren ( 2 A-11.5).
11.4.3
Reparationsphase
Einen wesentlichen Bestandteil der Rehabilitation stellt die Verkürzung der instabilen Phase dar. Dieses Ziel lässt sich durch eine konsequente Operationsstrategie erreichen, da dadurch nach definitiver Hautdeckung die Mobilisation des Brandverletzten früher und intensiver einsetzen kann. Nach stabiler Einheilung der Hauttransplantate sollen, sobald es die transplantierten Areale zulassen, Kompressionsbandagen getragen werden, um die Ausbildung von hypertrophen Narben zu minimieren ( 2 A-11.5).
2 A-11.5
Prophylaxe hypertropher Narben- und Keloidbildung
N operative Verbrennungsbehandlung bei Schäden > Grad 2a n N Hautdeckung möglichst durch Streifentransplantate n N Transplantate geringgradig überdimensionieren n N frühzeitige aktive Mobilisation n N langfristige (ca. 1 Jahr) Kompressionsbehandlung (24 h) n N ggf. plastisch-chirurgischer Zweiteingriff n
Besonders bei Kindern ist diese Nachbehandlung wichtig, da diese gehäuft mit Keloidbildung reagieren. Die Akzeptanz dieser »Jobst«-Trikotagen ist unterschiedlich, weil sie Tag und Nacht ca. 6–12 Monate getragen werden müssen. Bei Kindern können Narben Deformierungen des Skelettsystems auslösen.
Exulzerationen und maligne Entartungen von Narben sind beobachtet worden.
Besonders bei Kindern ist diese Nachbehandlung wichtig, da diese gehäuft mit Keloidbildung reagieren. Die Kompressionsbandagen müssen individuell angepasst werden und ggf. einem Wachstum Rechnung tragen. Die Akzeptanz dieser »Jobst«-Trikotagen ist unterschiedlich, weil sie Tag und Nacht ca. 6–12 Monate getragen werden müssen. Nach dieser Zeit wurde keine Veränderung von Narbenkeloiden durch die Kompression mehr beobachtet. Bei Kindern sind Spätveränderungen der Narben im Rahmen des Wachstums beobachtet worden. Diese können Deformierungen des Skelettsystems auslösen, da das Narbengewebe in Perioden des raschen Wachstums zurückbleibt. Spätveränderungen hypertropher Narben bei Erwachsenen lassen sich an Stellen starker mechanischer Beanspruchung finden. Hier sind außer Exulzerationen auch maligne Entartungen beobachtet worden. Diese werden in der Häufigkeit von 2 % für das Plattenepithelkarzinom und von 0,3 % für das Basaliom angegeben.
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235 12
Chirurgische Onkologie
12
Chirurgische Onkologie
Benigne Tumoren
Hartmut Juhl Die chirurgische Onkologie befasst sich mit der Entwicklung, dem Wachstum sowie der chirurgischen Therapie von Geschwülsten (Synonym: Tumoren). Es werden benigne und maligne Tumoren unterschieden.
12.1
Benigne Tumoren
12.1
12.1.1
Charakteristika benigner Tumoren
12.1.1 Charakteristika benigner Tumoren
n Definition. Benigne Tumoren wachsen verdrängend und nicht infiltrativ. Sie sind in der Regel von einer bindegewebigen Kapsel umgeben, respektieren Organgrenzen und metastasieren nicht.
Eine Gefährdung des Patienten kann eintreten, wenn Organe (z.B. Gehirn) durch Verdrängung in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. In den meisten Fällen können benigne Tumoren chirurgisch entfernt werden. In der Praxis am häufigsten anzutreffen sind Papillome (Warzen), Lipome, Fibroadenome (z.B. Mamma) und Adenome im Kolon (Polypen). Manche benignen Tumoren entwickeln sich nach einer gewissen Zeit und in Abhängigkeit vom histologischen Typ zu einem malignen Tumor und sind als Präkanzerose anzusehen. Die malignen Geschwülste stellen den Schwerpunkt der chirurgischen Onkologie dar und werden in den folgenden Abschnitten besprochen.
12.2
Maligne Tumoren
12.2.1
Charakteristika maligner Tumoren
n Definition. Maligne Tumoren (Synonym: Malignom oder Neoplasie) wachsen invasiv und destruktiv in das umgebende Gewebe. Sie respektieren keine Organgrenzen und metastasieren. Die Metastasierung kann entweder über Lymphbahnen in Lymphknoten (lymphogene Metastasierung) oder über Blutgefäße in andere Organe (hämatogene Metastasierung) erfolgen. Von den malignen Tumoren werden die semimalignen Tumoren unterschieden, die invasiv und destruktiv wachsen, aber nicht oder zumindest nur sehr selten und spät metastasieren (z.B. Basaliom der Gesichtshaut).
Das charakteristische invasive Wachstum lässt sich mikroskopisch am Durchbrechen der Basalmembran erkennen. Weitere histologische Merkmale maligner Tumoren sind erhöhte Mitoseraten, Zellen mit abnormen, stark wechselnden Kerngrößen (Kernpolymorphie) sowie wechselnden Zellgrößen und Zellformen (Zellpolymorphie). Malignome führen zur Tumorkrankheit, die sich durch unspezifische Symptome, wie Abgeschlagenheit, Leistungsschwäche, Appetitmangel und Gewichtsverlust äußern kann. Treten bei einem Malignom spezifische Krankheitsbilder auf (z.B. Thrombosen bei bestimmten Karzinomen oder ein Cushing-Syndrom bei ACTH-bildenden kleinzelligen Bronchialkarzinomen), spricht man von einem paraneoplastischen Syndrom. In 2 A-12.1 sind die häufigsten paraneoplastischen Syndrome zusammengestellt. Eine Tumorkrankheit kann z.B. durch Zytokine (Botenstoffe der Immunzellen), die in unphysiologisch hoher Konzentration durch die Interaktion von Immun- und Tumorzellen gebildet werden, ausgelöst werden. Dieser Mechanismus wurde für den sog. Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) nachgewie-
Definition
Eine Gefährdung des Patienten kann durch die Lokalisation (z.B. Gehirn) auftreten. Die häufigsten benignen Tumoren sind Papillome (Warzen), Lipome, Fibroadenome (z.B. Mamma) und Adenome im Kolon (Polypen). Einige benigne Tumoren können sich zu Malignomen entwickeln (Präkanzerosen). Die malignen Geschwülste werden nachstehend besprochen.
12.2
Maligne Tumoren
12.2.1 Charakteristika maligner Tumoren Definition
Mikroskopisch sind maligne Tumoren charakterisiert durch: π invasives Wachstum (Durchbrechen der Basalmembran) π erhöhte Mitoseraten π Kernpolymorphie π Zellpolymorphie. Unspezifische Symptome der Tumorkrankheit sind Abgeschlagenheit, Leistungsknick, Appetitmangel und Gewichtsverlust. Treten mit dem Tumorwachstum verknüpfte spezifische Krankheitsbilder auf, spricht man von einem paraneoplastischen Syndrom ( 2 A-12.1). Der Tumor-Nekrose-Faktor, ein Zytokin, kann bei Tumorpatienten in unphysiologisch hoher Menge
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236
12 Chirurgische Onkologie
produziert werden und zur Kachexie führen (Hemmung der Lipoproteinlipase, einem im Rahmen der Fettspeicherung essenziellen Enzym).
2 A-12.1
sen, der von Makrophagen gebildet wird und in hoher Dosierung zu einer Kachexie führt. Diese wird zumindest teilweise durch die Hemmung der Lipoproteinlipase, einem Enzym, welches eine essenzielle Rolle im Rahmen der Fettspeicherung spielt, erklärt.
Paraneoplastische Syndrome
Syndrom
Tumor
Ursache
N Cushing-Syndrom n
Lungenkarzinom (kleinzellig) Karzinoid Phäochromozytom Neuroblastom
ACTH und Prohormone
N Schwartz-Bartter-Syndrom n
Lungenkarzinom (kleinzellig) kleinzellige Pankreaskarzinome
ADH
N Gynäkomastie, n Hyperthyreose
Trophoblastentumoren Keimzelltumoren (Hoden/Ovar) Lungenkarzinome (großzellig) und Adenokarzinome
Gonadotropine
N Hyperglykämie n
Hepatome Mesotheliome adrenale Karzinome
Insulin
N Thrombozytose n
Karzinome Leukämien Lymphome
Thrombopoetin
N Thrombopenie n Hämorrhagie
CLL Morbus Hodgkin Lymphome verschiedene Karzinome
idiopathische thrombozytopenische Purpura
N Hyperkoagulation n (Thrombosen)
Pankreaskarzinome Karzinome der Lunge Ovarialkarzinom Prostatakarzinom
Thrombophlebitis migrans Verbrauchskoagulopathien
N nephrotisches Syndrom n
Morbus Hodgkin verschiedene Karzinome Lymphome
Lipoidnephrose Immunkomplexnephritis
N renale Insuffizienz n
Myelom
Amyloidose
N Pigmentierungen n Keratosen
abdominale Karzinome Lymphome verschiedene Karzinome
Acanthosis nigricans (TGF-a ) Leser-Trelat-Syndrom (TGF- a)
N Flush n
Karzinoide
Serotonin vasoaktive Peptide
N Erythrozytose n
Hypernephrom Hepatome Hämangioblastome
Erythropoetin Prostaglandine
N Granulozytose n
Lungen-, Magen-, Pankreaskarzinome Melanom u.a.
Colony Stimulating Factor (CSF) Interleukin-1 und -3
N Anorexie-Kachexien Syndrom
zahlreiche Tumoren bei großer Tumormasse
TNF-a Interleukin-1 b
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237
12.2.2 Klassifikation Malignome führen vor allem aufgrund der Kachexie, die mit einer Schwächung der Kreislauffunktionen und des Immunsystems einhergeht, zum Tode. Neben dadurch vermehrt auftretenden und letal verlaufenden Infekten (z.B. Pneumonien), kann das lokale Wachstum zum Tode führen. So kann eine schwere Blutung durch Gefäßarrosion auftreten oder ein Ileus zu einer Peritonitis und Sepsis führen. Paraneoplastische Syndrome (z.B. Thrombosen und Lungenembolien) können weitere Todesursachen sein.
12.2.2
Klassifikation
Malignome führen durch die Kachexie, lokale Komplikationen (Gefäßarrosion, Ileus) oder paraneoplastische Syndrome (z.B. Thrombosen und Lungenembolien) zum Tode.
12.2.2 Klassifikation
Die Einteilung solider maligner Tumoren richtet sich nach dem Ursprungsgewebe. Man unterscheidet drei Hauptgruppen: π Karzinome, die sich vom epithelialen Gewebe herleiten π Sarkome, die mesenchymalen Ursprungs sind π Sonderformen.
Solide Malignome werden unterteilt in: π Karzinome (epitheliale Tumoren) π Sarkome (mesenchymale Tumoren) π Sonderformen.
Karzinome
Karzinome
90 % aller Malignome sind Karzinome. Bei Frauen werden z.Z. am häufigsten Mammakarzinome (27 %), Kolonkarzinome (16 %) und Lungenkarzinome (11 %), bei Männern hingegen Lungen- und Prostatakarzinome (je 20 %), sowie Kolonkarzinome (14 %) beobachtet. Epidemiologische Untersuchungen zeigen eine seit 40 Jahren kontinuierliche Zunahme des Lungenkarzinoms. In den letzten zwanzig Jahren tritt es zunehmend häufig bei Frauen auf, da sich deren Rauchgewohnheiten seit den 50er Jahren denen der Männer angeglichen haben. An Häufigkeit zugenommen hat weiterhin das maligne Melanom, das Kolonkarzinom und das Pankreaskarzinom. Hingegen treten Magen- und Zervixkarzinome mit abnehmender Inzidenz auf.
90 % aller Malignome sind Karzinome, wobei am häufigsten Mamma-, Prostata-, Lungen- und Kolonkarzinome auftreten.
Sarkome
Sarkome
Zu den Sarkomen zählen sämtliche Tumoren mesenchymaler Herkunft, d.h. Malignome, die sich von Bindegewebe, Muskulatur oder Knochengewebe herleiten. Insgesamt sind weniger als 10 % aller Malignome Sarkome. Sie werden nach ihrem Ursprungsgewebe unterteilt in: π Weichteilsarkome (u.a. Leiomyosarkome, Rhabdomyosarkome oder Liposarkome), s. Kap. B-21 π Sarkome, die vom Knochen ausgehen (z.B. Osteosarkom).
Sarkome sind maligne Tumoren mesenchymaler Herkunft.
Epidemiologische Untersuchungen zeigen eine Zunahme des Lungenkarzinoms (Raucher), des malignen Melanoms, des Kolonkarzinoms und des Pankreaskarzinoms.
Entsprechend dem Ursprungsgewebe unterscheidet man: π
Weichteilsarkome
π
vom Knochen ausgehende Sarkome.
Sonderformen
Sonderformen
Teratome
Teratome
Zu den Sonderformen gehören Teratome, die vor allem in den Keimdrüsen auftreten. Sie entstehen aus pluripotenten Zellen, sodass sich häufig gleichzeitig Anteile verschiedener Gewebstypen (z.B. Weichteile, Haare, Zähne) in einem Tumor finden.
Teratome entwickeln sich aus pluripotenten Zellen und treten vor allem in Keimdrüsen auf.
Embryonale Tumoren
Embryonale Tumoren
Embryonale Tumoren entstehen aus nicht differenzierten Zellen einer Organanlage und treten meist im frühen Kindesalter (bis 5 Jahre) klinisch in Erscheinung. Die häufigsten Tumoren dieser Gruppe sind das Nephroblastom (Wilms-Tumor), das vom Nierenblastem ausgeht und epitheliale sowie mesenchymale Anteile hat, sowie das Neuroblastom, das sich vom Nebennierenmark oder Grenzstrang herleitet. Das Medulloblastom des Gehirns, das Retinoblastom (Retina), das Hepatoblastom (Leber) und das embryonale Rhabdomyosarkom (Urogenitaltrakt und Augenbereich) sind weitere extrem seltene embryonale Tumoren.
Embryonale Tumoren entwickeln sich in den ersten Lebensjahren aus nicht differenzierten Zellen einer Organanlage. Die häufigsten Tumoren sind das Nephroblastom (Wilms-Tumor) und das Neuroblastom. Weitere extrem seltene Tumoren sind: π Medulloblastom π Retinoblastom π Hepatoblastom π embryonales Rhabdomyosarkom.
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238
12 Chirurgische Onkologie
Tumorgrading
12.2.3 Tumorgrading
12.2.3
Das Grading beschreibt den histopathologischen Differenzierungsgrad eines Tumors: π G1: hoch differenziert π G2: mittelgradig differenziert π G3: niedrig differenziert π G4: entdifferenziert.
Das Grading (G) beschreibt den histopathologischen Differenzierungsgrad von Karzinomen und Sarkomen. Mit G1 wird ein hoch differenzierter, mit G2 ein mittelgradig differenzierter und mit G3 ein niedrig differenzierter Tumor bezeichnet. G4 kennzeichnet einen entdifferenzierten Tumor, bei dem morphologisch das Herkunftsgewebe nicht mehr zu erkennen ist. n Merke. Die Prognose eines Tumors korreliert bei den meisten Tumoren mit dem Differenzierungsgrad und nimmt mit zunehmender Entdifferenzierung ab.
Merke
Bei bestimmten Tumoren wird die Mitoserate beurteilt. Eine hohe Mitoserate spricht für ein aggressives Tumorwachstum.
Zusätzlich wird bei bestimmten Tumoren (z.B. Sarkome) die Mitoserate beurteilt. Eine hohe Mitoserate spricht für ein schnelles, aggressives Wachstum, was mit einer schlechten Prognose korreliert.
12.2.4 Tumorstaging
12.2.4
Das Staging beschreibt die Tumorausdehnung und Metastasierung. Bei der TNM-Klassifikation erfolgt die Einteilung der Tumoren nach der lokalen Ausdehnung (T), der Streuung in Lymphknoten (N) und der Bildung von Fernmetastasen (M). Entsprechend der Prognose werden Malignome mit unterschiedlichen TNM-Klassifikationen, aber vergleichbarer Prognose verschiedenen Stadien (I–IV) zugeteilt ( 2 A-12.1 und 1 A-12.2).
Beim Staging wird die Ausdehnung des Tumors und das Vorliegen von lymphogenen oder hämatogenen Metastasen beschrieben. Als international einheitliches Verfahren wird das TNM-System verwendet, das die Tumorgröße (T), die Streuung in die Nodi lymphatici (N) und die Bildung von Metastasen (M) beschreibt. Basiert die Klassifikation auf der histopathologischen Untersuchung des Tumorresektates, wird ein »p« (= pathology) der TNM-Einteilung vorgestellt (pTNM). 1 A-12.1 veranschaulicht die Einteilung des TNM-Systems, 2 A-12.2 zeigt das TNM-Schema einiger häufiger Tumoren. Für einige Tumoren existieren weitere Untergruppen (z.B. T1a, T1b und T1c bei Mammakarzinomen), die nicht angegeben sind und in entsprechenden Fachbüchern nachgeschlagen werden können. Die Stadien werden z.T. zusätzlich unterteilt (A, B), um eine genauere Prognoseabschätzung geben zu können. Für die kolorektalen Karzinome ist in Klammern die Dukes-Klassifikation angegeben, die allerdings inzwischen auch eine genauere Unterteilung erfährt (z.B. Dukes B1 und B2, in der Tabelle nicht angegeben). Aktuelle Informationen zum TNM-Schema können im Internet abgerufen werden unter http://www.uicc.ch/tnm.
1 A-12.1
Tumorstaging
Synopsis TNM-Klassifikation (UICC 1997)
TNM-Klassifikation Tumorgröße
Lymphknotenmetastasen
(Fern-)Metastasen
T
N
M
Tis: Carcinoma in situ T1–T4: lokale Ausdehnung T0: Primärtumor nicht auffindbar (z.B. Metastasennachweis) TX: Primärtumor nicht beurteilbar (z.B. keine Resektion)
N0: kein Lymphknotenbefall N1: Befall regionärer Lymphknoten N2: Befall mehrerer regionärer Lymphknoten oder in entfernteren Lymphknoten N3: Befall tumorferner Lymphknoten NX: Lymphknoten nicht beurteilbar
Die Untersuchungsmethoden, auf denen die Klassifikation beruht, werden durch einen kleinen Buchstaben angegeben:
M0: keine Fernmetastasen M1: Organmetastasen Pleurakarzinose Peritonealkarzinose
klinische Diagnose: c (clinical-diagnostic) intraoperativer Befund: s (surgery) histologische Untersuchung: p (pathology)
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12.2.2 Klassifikation
Klinischer Fall Ein Patient wird an einem Sigmakarzinom operiert. Die präoperative Diagnostik ergab keine Hinweise auf eine Metastasierung, bei der Endosonographie reicht der Tumor bis in die Serosa (cT3N0M0). Intraoperativ können ebenfalls keine Fernmetastasen gefunden werden, ein Lymphknoten am Tumor ist pathologisch vergrößert, der
2 A-12.2
Tumor wächst nicht in die Umgebung ein (sT3N1M0). Die histologische Aufarbeitung des Präparates zeigt, dass der Tumor die Serosa der Darmwand durchbrochen hat. Weiterhin finden sich in 6 der untersuchten Lymphknoten Metastasen. TNM-Klassifikation: pT3N2M0, Stadium III ( 2 A-12.2).
TNM-Klassifikationskriterien der häufigsten soliden Tumoren (UICC 1997) N Lunge n
N Mamma n
N Pankreas n
T1
< — 3 cm
< — 2 cm
auf Pankreas begrenzt < 2 cm
T2
> 3 cm
> 2–5 cm
auf Pankreas begrenzt, > 2 cm
T3
Nachbarstrukturen
> 5 cm
peripankreatisch oder direktes Übergreifen auf Duodenum/Gallengang
T4
Mediastinum, maligner Erguss
Brustwand/Haut
Übergreifen auf Magen, Milz, Kolon, angrenzende große Gefäße
N1
ipsilateral peribronchial/hilär
axillär + beweglich
regionär
N2
ipsilateral mediastinal
axillär + fixiert
N3
kontralateral, supraklavikulär
A. mammaria interna
Stadium I
T1-2 N0
T1 N0
T1-2 N0
Stadium II
T1-2 N1, T3 N0
A: T1 N1, T2 N0; B: T2 N1, T3 N0
T3 N0
Stadium III
A: T1-2 N2, T3 N1-2; B: T1-4 N3, T4 N0-3
A: T1-2 N2, T3 N1-2; B: T4 N0-3, T1-4 N3
T1-3 N1
Stadium IV
alle M1
alle M1
A: T4, N0-1, M0 B: alle M1
N Ösophagus n
N Magen n
N Kolon/Rektum n
T1
Submukosa
Submukosa
Submukosa
T2
Muscularis propria
bis Subserosa
Muscularis propria
T3
Aventitia
Penetration der Subserosa
Subserosa, perikolisch/-rektal im extraperitonealen Darmabschnitt
T4
Nachbarstrukturen
Nachbarstrukturen
Nachbarstrukturen
N1
regionär
1–6 regionäre Lymphknoten
bis zu 3 positive Lymphknoten
N2
7–15 regionäre Lymphknoten
> 3 positive Lymphknoten
N3
> 15 regionäre Lymphknoten
Stadium I
T1 N0
A: T1 N0; B: T2 N0, T1 N1
T1-2 N0 (= Dukes A)
Stadium II
A: T2-3 N0; B: T1-2 N1
T1 N2, T2 N1, T3 N0
T3-4 N0 (= Dukes B)
Stadium III
T3 N1, T4 N0-1
A: T2 N2, T3 N1, T4 N0; B: T3 N2
T1-4 N1-2 (= Dukes C)
Stadium IV
alle M1
T1–3 N3, T4 N1–3, alle M1
alle M1 (= Dukes D)
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240 1 A-12.2
12 Chirurgische Onkologie
Synopsis Einteilung des Kolonkarzinoms nach Dukes/Tumorstadien Tumorgröße ( Invasionstiefe)
TNM-Stadien (Dukes-Klassifikationen)
Nodi lymphatici
Metastasen
Mukosa
Stadium I ( Dukes A)
Submukosa Muscularis Serosa T1
N0
M0
N0
M0
T2
Stadium II ( Dukes B)
T3
T4
T1
T2 N1
Stadium III ( Dukes C)
M0
T3
T4
T1
T2
Stadium IV ( Dukes D)
N2
N2
N0
N1
M1
T3
T4
N2
N2
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241
12.3 Tumorbiologie Tumoren mit verschiedenen TNM-Klassifikationen, aber vergleichbarer Prognose werden in Stadien (I–IV) zusammengefasst, welche ihrerseits, zur genaueren Prognoseabschätzung, z.T. zusätzlich unterteilt werden (A, B). Neben dem TNM-System werden noch verschiedene, ältere Klassifikationsmethoden, wie die Dukes-Klassifikation kolorektaler Karzinome, angewandt. Deren Einteilung von A–D entspricht weitestgehend den WHO-Stadien I–IV ( 1 A-12.2).
Tumormarker
12.2.5
12.2.5 Tumormarker
Als Tumormarker werden im Serum messbare Substanzen bezeichnet, die auf ein Malignom hindeuten, wie z.B. Hormone, die von Tumorzellen produziert werden (z.B. HCG bei Hodentumoren, ACTH bei Bronchialkarzinomen). Als Tumormarker im engeren Sinne bezeichnet man tumorassoziierte Antigene (TAA), die von malignen Zellen exprimiert und sezerniert werden, aber auch (in geringerem Umfang) bei nichtmalignen Zellen auftreten können. Je nach Ursprungsgewebe des Tumors treten unterschiedliche Tumormarker auf. So findet sich bei gastrointestinalen Karzinomen und Mammakarzinomen häufig eine Erhöhung des karzinoembryonalen Antigens (CEA), bei Pankreas- und Magenkarzinomen des Antigens CA-19-9, bei Leberzellkarzinomen des a -Fetoproteins (AFP) und bei gynäkologischen Tumoren des Antigens CA-12-5 und CA-15-3. 2 A-12.3 zeigt eine Aufstellung verschiedener Tumormarker.
2 A-12.3
Als Tumormarker werden im Serum messbare Substanzen bezeichnet, die auf ein Malignom hindeuten. Im engeren Sinne versteht man darunter tumorassoziierte Antigene (TAA), die von malignen Zellen sezerniert werden. Je nach Lokalisation des Tumors treten unterschiedliche Marker auf ( 2 A-12.3): π CEA π CA-19-9 π a -Fetoprotein (AFP) π CA-12-5 π CA-15-3.
Tumormarker
Organ
Tumormarker
N Bronchialkarzinom n
CEA, NSE, SCC
N Magenkarzinom n
CEA, CA-19-9, CA-50
N Dickdarmkarzinom n
CEA, Ca 19-9, CA-50
N Pankreaskarzinom n
CA-19-9, CEA, CA-50
N Leberzellkarzinom n
AFP
N Mammakarzinom n
CA-15-3, CEA
N Ovarialkarzinom n
Ca-12-5, CEA
N Prostatakarzinom n
PSA
Tumormarker können auch bei gesunden Menschen erhöht sein. So sind die Serumspiegel von CEA und CA-19-9 bei Rauchern häufig oberhalb der Normwerte. n Merke. Ein niedriger Tumormarkerwert schließt das Vorliegen einer malignen Erkrankung nicht aus. Aufgrund der geringen Sensitivität und Spezifität ist die Bestimmung der Tumormarker weder zur Krebsvorsorge noch zur primären Diagnostik eines Karzinoms sinnvoll. Einen hohen Nutzen hat die Bestimmung der Tumormarker im Rahmen der Verlaufskontrolle tumormarkerpositiver Patienten zur frühzeitigen Diagnostik eines Tumorrezidivs.
12.3
Neben der TNM-Einteilung existieren verschiedene ältere Klassifikationen wie die Dukes-Klassifikation kolorektaler Karzinome ( 1 A-12.2).
Tumorbiologie
Grundlage der Entstehung bösartiger Tumoren sind Veränderungen der DNA, die in einer Deregulation des Wachstums von Zellen münden (maligne Transformation). Zahlreiche Faktoren sind bekannt, die DNA-Schäden verursachen und damit Tumoren induzieren.
Erhöhte Tumormarker können auch bei Gesunden vorkommen.
Merke
12.3
Tumorbiologie
Grundlage der Entstehung bösartiger Tumoren sind Veränderungen an der DNA, die durch karzinogene Faktoren herbeigeführt werden können.
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242
12 Chirurgische Onkologie
Karzinogene Faktoren
12.3.1 Karzinogen Faktoren
12.3.1
Chemikalien und Strahlung
Chemikalien und Strahlung
Die Identifikation chemischer Karzinogene erfolgt mit Hilfe von: π epidemiologischen Studien π Tierversuchen π Zellkulturen. 2 A-12.4 zeigt einige bekannte Karzinogene. Die karzinogene Wirkung radioaktiver Strahlung besteht vor allem in der Induktion von Leukämien.
Chemische Karzinogene können eine Vielzahl verschiedener Tumoren hervorrufen. Ihre Identifikation erfolgt mit Hilfe von epidemiologischen Studien, Tierversuchen und neuerdings auch an Zellkulturen. In 2 A-12.4 sind einige der bekannten Karzinogene und die von ihnen induzierten Tumoren zusammengefasst. Durch die Entdeckung und den Umgang mit Radium wurde in den 20er Jahren die krebsauslösende Wirkung radioaktiver Strahlen entdeckt, die insbesondere zu Leukämie führt.
2 A-12.4
Karzinogene mit induzierten Tumorlokalisationen
Karzinogen
Tumorlokalisation
chemische Karzinogene N aromatische Amine ( b-Naphthylamin) n
π
Harnwege
N Benzol n
π
Blut/lymphatisches System
N Teer, Tabak n
π
Haut, Larynx, Bronchien
N Petroleum, Paraffinöl, Teer n
π
Haut
N Asbest n
π
Bronchien, Pleura
N Aflatoxine n
π
Magen/Darm
physikalische Karzinogene N ionisierende Strahlen n
π
N UV-Strahlen n
π
Haut, Schilddrüse, Zunge, Tonsillen, Knochen, Blut Haut
UV-Strahlung wirkt auf die Haut und induziert gehäuft Hauttumoren.
UV-Strahlung kann Hauttumoren, wie z.B. das maligne Melanom, hervorrufen. Dessen Inzidenz ist in den letzten Jahren bei Nord- und Mitteleuropäern, korrelierend mit dem Massentourismus in südliche Regionen und der damit verbundenen vermehrten Sonnenexposition, angestiegen. Durch das an Größe zunehmende Ozonloch wird die schädigende Wirkung der UV-Strahlung, wie bereits erste Untersuchungen in Australien zeigen, weiter an Bedeutung zunehmen.
Viren
Viren
Viren können durch den Einbau ihrer DNA in humane DNA eine maligne Transformation bewirken. Beispiele für potenziell karzinogene Viren sind: π Epstein-Barr-Virus (BurkittLymphom, Nasopharynxkarzinom) π Hepatitis-B-Virus (Leberzellkarzinom) π humanes T-Zell-Leukämie-Virus (T-Zell-Leukämie, -Lymphom).
Viren können zur eigenen Replikation notwendige Genabschnitte in die DNA humaner Zellen einbauen. Erfolgt dies in der Nähe humaner, wachstumsregulierender Gene, kann deren Funktion beeinträchtigt werden und zu einem malignen Wachstum führen. Ferner gibt es onkogene Viren, deren DNA direkt eine maligne Transformation der Zelle bewirkt. Ein Zusammenhang mit der Malignomentstehung konnte u.a. für das Epstein-Barr-Virus (Burkitt-Lymphom, Nasopharynxkarzinom), das Hepatitis-B-Virus (Leberzellkarzinom) und das humane T-Zell-Leukämie-Virus (T-Zell-Leukämie und -Lymphom) gezeigt werden.
Präkanzerosen
Präkanzerosen
Präkanzerosen sind Veränderungen, die mit einer erhöhten Karzinominzidenz einhergehen ( 2 A-12.5). Zur Verhinderung einer Malignombildung ist deren Behandlung oder die regelmäßige Überwachung obligat.
Als Präkanzerosen bezeichnet man sichtbare Veränderungen oder Krankheitsbilder, die mit einer erhöhten Karzinominzidenz einhergehen. Beispiele hierfür sind die Leukoplakie, Darmpolypen, Neurofibromatosen, Dysplasien an der Zervix, Colitis ulcerosa und familiäre Polyposis coli ( 2 A-12.5). Um einer Malignombildung vorzubeugen, ist die Behandlung oder die regelmäßige Überwachung von Präkanzerosen obligat.
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243
12.3.1 Karzinogene Faktoren
2 A-12.5
Präkanzerosen
N Leukoplakie n N Poylpen im Magen-/Darmtrakt n N atrophische Gastritis n N Neurofibromatosen n N Dysplasien der Zervix n N Colitis ulcerosa n N Barrett-Ösophagus n
Familiäre Disposition
Familiäre Disposition
Für bestimmte Malignome konnte eine familiäre Disposition nachgewiesen werden. Verantwortlich für diese hereditären (angeborenen) Erkrankungen sind: π DNA-Defekte, die direkt zu einer malignen Transformation von Zellen führen π Enzymschäden des DNA-Reparatursystems π Schädigung des Immunsystems. Zusätzliche exogene Faktoren (UV-Strahlen, Karzinogene in der Nahrung, ionisierende Strahlen) ermöglichen oder beschleunigen bei diesen Patienten die Krebsentstehung. Bei der familiären Polyposis coli kommt es aufgrund eines Gendefektes zu einer diffusen Adenombildung im Kolon, aus denen sich langfristig bei allen Patienten ein Kolonkarzinom entwickelt. Ein weiteres Beispiel ist das Retinoblastom, dem ursächlich ein zur Karzinombildung führender dominanter Gendefekt zugrunde liegt. 2 A-12.6 gibt eine Übersicht über regelhaft vererbte Syndrome, die mit großer Häufigkeit zur Malignombildung führen. 2 A-12.7 zeigt eine Zusammenstellung von malignen Erkrankungen (z.B. Mammakarzinome und Kolonkarzinome), die zwar familiär gehäuft, aber nicht regelhaft auftreten, sodass neben angeborenen Gendefekten exogenen Komponenten eine größere Bedeutung zuzuschreiben ist.
Die Ursache familiär gehäuft auftretender Malignome liegt in: π DNA-Defekten π Enzymschäden im DNA-Reparatursystem π Schädigungen des Immunsystems.
2 A-12.6
Beispiele hereditärer Erkrankungen sind die familiäre Polyposis coli, die zu Kolonkarzinomen führt, und das Retinoblastom ( 2 A-12.6). Verschiedene Karzinome (z.B. Mamma- und Kolonkarzinome) treten zwar familiär gehäuft aber nicht regelhaft auf, sodass neben angeborenen Gendefekten exogenen Komponenten eine größere Bedeutung zukommt ( 2 A-12.7).
Hereditäre Syndrome, die gehäuft zur Malignombildung führen
Syndrom
Tumorlokalisation
N familiäre Polyposis coli n
π
N multiple endokrine Neoplasie n Typ 1 (MEN 1)
π π π π
N multiple endokrine Neoplasie n Typ 2 (MEN 2) N von Hippel-Lindau-Syndrom n
π π
π π π
N Basal-Zell-Nävus-Syndrom n
π π
N Retinoblastom n
π π
N Neurofibromatosis Typ 1 (NF-1) n
π π
N Neurofibromatosis Typ 2 (NF-2) n
π π
Kolon Hypophyse Nebenschilddrüse Pankreas-Inselzellen Nebennierenrinde C-Zellen der Schilddrüse Nebennierenmark Niere Hämangioblastom des Kleinhirns Nebennierenmark Haut Gehirn (Medulloblastom) Retina Knochen (Osteosarkom) Schwann-Zellen Glia Schwann-Zellen des VIII. Hirnnervs Meningen
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12 Chirurgische Onkologie
2 A-12.7
Familiär gehäufte Tumoren erstgradiger Verwandter
Tumorlokalisation
Therapiebedingte Tumoren Merke
Diesem Nebeneffekt kommt große Bedeutung bei der Krebsbehandlung von Kindern zu, die langfristig engmaschig nachuntersucht werden müssen. Die in der Transplantationsmedizin notwendige immunsuppressive Therapie führt zu einer erhöhten Inzidenz von Malignomerkrankungen.
relatives Risiko
N Mamma n
2,2
N Ovarien n
3,0
N Endometrium n
2,7
N Melanom n
2,5
N Lunge n
2,7
N Kolon n
3,4
N Magen n
2,6
Therapiebedingte Tumoren n Merke. Die meisten in der Krebsbehandlung verwendeten Therapeutika (Zytostatika, ionisierende Strahlen) schädigen die DNA und wirken damit potenziell karzinogen.
Dies zeigt sich z.B. durch die hohe Inzidenz von Lymphomen bei Erwachsenen, die als Kind an einer Leukämie behandelt worden sind. Angesichts fehlender therapeutischer Alternativen kann gegenwärtig nur eine engmaschige Nachsorge helfen, diese Folgeerkrankungen rechtzeitig zu erkennen. Auch in der Transplantationsmedizin wird eine Zunahme der Inzidenz maligner Erkrankungen beobachtet, da eine effektive Immunsuppression einen wesentlichen Bestandteil der Behandlung darstellt. Dadurch ist das Immunsystem in seiner Fähigkeit, Tumorzellen frühzeitig zu identifizieren und zu eliminieren, beeinträchtigt.
Psychische Faktoren
Psychische Faktoren
Durch die Interaktion der Psyche mit dem Immunsystem ist ein Einfluss im Rahmen der Karzinogenese vorstellbar.
Der Nachweis psychischer Faktoren ist im Rahmen der notwendigen randomisierten und prospektiven Studien extrem schwierig zu führen. Man muss aber vermuten, dass ein solcher Zusammenhang besteht, der u.a. über die Interaktion der Psyche mit dem Immunsystem erklärt werden kann.
12.3.2 Tumorimmunologie
12.3.2
Das Immunsystem kann Karzinome, die Fremdantigene exprimieren, eliminieren. Die Aktivierung des Immunsystems verläuft in mehreren Schritten: 1. Phagozytose durch NK-Zellen und Makrophagen. 2. Antigenpräsentation auf Makrophagen und Aktivierung von T-Helferzellen. 3. T-Helferzellen aktivieren B-Lymphozyten, die Antikörper bilden. 4. Die an die Tumorzelle gebundenen Antikörper wirken durch eine Komplementaktivierung oder eine ADCC zytotoxisch. 5. Aktivierung von T-Killerzellen.
Obwohl täglich in jedem gesunden Organismus Tausende maligner Zellen entstehen, stellt die Entwicklung eines Karzinoms die Ausnahme dar. Dies ist u.a. dem Immunsystem zu verdanken, das Tumorzellen aufgrund der Expression von körperfremden Antigenen erkennen und eliminieren kann. Mit der Expression von Fremdantigenen wird das Immunsystem über mehrere Schritte aktiviert: 1. Abwehrzellen (Natürliche Killerzellen [NK-Zellen], Makrophagen) gelangen an die Tumorzelle und phagozytieren sie. 2. Makrophagen präsentieren die Tumorantigene auf ihrer Oberfläche den T-Lymphozyten (Antigenpräsentation), wodurch diese mit Hilfe bestimmter Zytokine aktiviert werden. 3. T-Helferzellen aktivieren spezifische B-Lymphozyten, die eine Antikörperproduktion einleiten. 4. Antikörper können sowohl über die Aktivierung von Komplement als auch durch die Induktion einer antikörperabhängigen zellvermittelten Zytotoxizität (ADCC = antibody dependent cellular cytotoxicity) eine Zell-Lyse bewirken. 5. Zytotoxische T-Lymphozyten (T-Killerzellen) werden aktiviert, die die Tumorzelle angreifen und eliminieren.
Tumorimmunologie
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12.3.2 Tumorimmunologie Dieses komplexe Geschehen wird durch die Interaktion der beteiligten Zellen und deren Regulation über ein Netzwerk verschiedener Zytokine gesteuert ( 1 A-12.3). Tumorzellen können sich mit Hilfe verschiedener Mechanismen diesem Angriff des Immunsystems entziehen: π Die Karzinomzellen exprimieren kein Fremdantigen, die Antigendichte ist zu niedrig, um eine Antwort auszulösen, oder die Antigene sind durch andere Oberflächenstrukturen maskiert und können vom Immunsystem als solche nicht erkannt werden. π Fremdantigene werden durch Antikörper, die an das Membranantigen binden, aber keine Effektorfunktion haben, blockiert, sodass sie vom Immunsystem nicht mehr erkannt werden können. π Tumorzellen weisen eine verringerte Expression von MHC-I-Antigenen (major histocompatibility complex I) an der Zellmembran auf. T-Lymphozyten können nur durch das kombinierte Erkennen von MHC I und Fremdantigen an Tumorzellen binden.
1 A-12.3
Die Interaktion der verschiedenen Immunzellen wird durch Zytokine gesteuert ( 1 A-12.3). Tumorzellen überleben die körpereigene Abwehr durch: π fehlendes, niedrig exprimiertes oder maskiertes Antigen π Antigenblockade durch Antikörper ohne Effektorfunktion π Verringerung der MHC-I-Antigene auf der Oberfläche π Antigenmodulation π hohe Zellteilungsraten.
Synopsis Tumorimmunologie
Tumorzellen (TU) werden von Makrophagen (M) phagozytiert, ein Prozess, der zur Antigenpräsentation auf den Makrophagen führt. Stimuliert durch Zytokine (u.a. Interleukin-1, TNF) werden an das Antigen bindende T-Lymphozyten (T-Helferzellen, T-H) aktiviert und zur Bildung von Zytokinen (u.a. Interleukin-2) angeregt. Hierdurch erfolgt eine Selbststimulierung als auch Aktivierung anderer T-Lymphozyten (T-Helfer- und T-Killerzellen [T-K], B-Lymphozyten [B]).
B-Lymphozyten (B) bilden spezifische Antikörper, die nach Bindung an die Tumorzelle über eine Komplementaktivierung Tumorzellen lysieren (complement dependent cytotoxicity = CDC) oder eine zelluläre Tumorzellelimination (antibodydependent cellular cytotoxicity = ADCC) durch NK-Zellen, Makrophagen und T-Lymphozyten induzieren (Mediatoren C3a/C5a). Zytotoxische T-Killerzellen können auch unabhängig von einer Antikörperbindung Tumorzellen eliminieren.
Tu
1. Phagozytose
Tu M
Tu
M
2. Antigenpräsentation
Zytokine (u.a. IL-1, TNF)
T-H 3. Aktivierung und Proliferation von B- und T-Lymphozyten
Zytokine (u.a. IL-1, TNF)
M
T-H
Zytokine (u.a. IL-2) 4. Antikörperbildung
Zytokine
B
5. Komplement-Zelllyse
7. Aktivierung zytotoxischer T-Killer-Zellen
T-K 8. zelluläre Zytotoxität
Tu Tu Tu
T-K
T-K
Tu Tu
6. ADCC
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12 Chirurgische Onkologie π
π
12.3.3 Theorie der Tumorentstehung Merke
Molekulare Grundlagen
Tumorzellen sind in der Lage, ihre Oberflächenantigene zu verändern (Antigenmodulation). Hierdurch können Subpopulationen von Zellen entstehen, die vom Immunsystem nicht erkannt werden. Die Zellteilungsrate liegt höher als die Eliminationsrate des Abwehrsystems. Hierdurch entgehen einige Zellen mit geringer Antigenität dem Immunsystem und bilden als solide und damit zunehmend schwer angreifbare Zellformation die Grundlage des Karzinoms.
12.3.3
Theorie der Tumorentstehung
n Merke. Damit es zur Malignombildung kommt, müssen zunächst verschiedene, sich ergänzende DNA-Schäden eintreten. Diese dürfen durch Reparaturenzyme nicht korrigiert werden. Die maligne transformierte Zelle muss dem Immunsystem entgehen und schließlich in der Lage sein, ihr eigenes Gefäßsystem (Angiogenese) aufzubauen.
Molekulare Grundlagen 2 verschiedene Gentypen sind für die Wachstumsregulation von Zellen und damit auch die Tumorentstehung von entscheidender Bedeutung: die Protoonkogene und die Tumor-Suppressorgene.
Protoonkogene
Protoonkogene
Protoonkogene und deren Genprodukte steuern die Zellvermehrung und deren Interaktion mit der Umgebung. Ein mutiertes Protoonkogen, das zu einer malignen Transformation führt, wird als Onkogen bezeichnet.
Über 100 verschiedene Protoonkogene und deren Genprodukte steuern die Zellvermehrung und deren Interaktion mit der Umgebung, indem sie z.B. die Produktion von Wachstumsfaktoren oder deren Rezeptoren codieren. Ein Protoonkogen kann durch karzinogene Faktoren (s.o.) oder Replikationsfehler im Zellzyklus mutieren. Bewirkt das mutierte Gen eine maligne Transformation, wird es als Onkogen bezeichnet.
Tumor-Suppressorgene
Tumor-Suppressorgene
Sie bewirken die Hemmung von Zellteilungsvorgängen. Besondere Bedeutung kommt dem p53-Gen zu, dessen Aktivität die Reparatur der DNA ermöglicht oder ggf. den programmierten Zelltod (Apoptose) einleitet.
Die ebenfalls zahlreichen Tumor-Suppressorgene bewirken die Bildung von Regulationsproteinen oder Enzymen, die Zellteilungsvorgänge hemmen. Dem p53-Tumor-Suppressorgen kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Dessen Aktivierung bewirkt entweder einen Zellzyklusarrest in der G1- bzw. G2-Phase oder postmitotisch. Dadurch werden Reparationsvorgänge der DNA zur Elimination von Gendefekten ermöglicht. Kann ein DNA-Defekt nicht behoben werden, so leitet p53 ggf. den programmierten Zelltod (Apoptose) ein. Bevor eine maligne Zelle und ein Karzinom entstehen, müssen mehrere verschiedene und sich ergänzende Mutationen in Protoonkogenen und TumorSuppressorgenen aufgetreten sein. Hieraus erklärt sich, warum die meisten Malignome erst im höheren Alter, nach einer langen Latenzzeit, entstehen.
Die Entstehung von malignen Zellen und Karzinomen basiert auf zahlreichen Mutationen in Protoonkogenen und Tumor-Suppressorgenen.
Angiogenese
Angiogenese
Tumoren können durch eine Gefäßneubildung (Angiogenese) eine Größe von 2 mm überschreiten.
Bis zu einer Größe von 2 mm können sich Tumoren über Diffusion von Nährstoffen ernähren. Zu einem weiteren Größenwachstum bedarf es einer autarken Nährstoffversorgung, die durch Induktion einer Gefäßneubildung (Angiogenese) erreicht wird. Die Endothelproliferation und Angiogenese wird durch Angiogenesefaktoren vermittelt (u.a. b-FGF [basic-fibroblast growth factor], VEGF [vascular endothelial growth factor]), die entweder direkt von den Tumorzellen oder (über die Sezernierung von Mediatoren) von umgebenden Stromazellen freigesetzt werden. Durch die Angiogenese wird die hämatogene Metastasierung des Tumors wesentlich erleichtert.
Die hämatogene Metastasierung wird durch die Angiogenese erleichtert.
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12.4 Therapie maligner Tumoren
Tumor-Stroma-Interaktion
Tumor-Stroma-Interaktion
Zwischen Tumorzellen und dem sie umgebenden Stroma (extrazelluläre Matrix, Bindegewebszellen, Lymphbahnen, Gefäße, Entzündungszellen etc.) besteht eine enge Wechselbeziehung. Tumorzellen beeinflussen dabei nicht nur ihre Umgebung, sondern können auch vom Stroma Proliferationsreize erhalten. Über diesen Synergismus von Tumorzellen und Stroma könnte auch die Organpräferenz bei der Metastasierung bestimmter Malignome erklärt werden. So metastasieren z.B. Mamma- und Bronchialkarzinome am häufigsten in die Knochen oder das Gehirn.
Tumorzellen stehen in einer engen Wechselbeziehung mit dem umgebenden Stroma. Sie können auch vom Stroma Proliferationsreize erhalten. Dieser Synergismus könnte die Organpräferenz bei der Metastasierung bestimmter Malignome erklären.
12.3.4
Metastasierung
Durch DNA-Schäden (u.a. Mutationen in den ras- und myc-Protoonkogenen, sowie dem p 53-Tumor-Suppressorgen) entsteht innerhalb eines Primärtumors eine Zellsubpopulation, die zur Metastasierung fähig ist. Diese metastatischen Zellen nutzen für die Lösung und Wanderung aus dem Zellverband physiologischerweise vorkommende Mechanismen. Zunächst exprimieren sie Rezeptoren, mit denen sie selektiv an das umgebende Stroma binden (u.a. Laminin-, Kollagen-IV- und Fibronektinrezeptor). Ausgelöst durch diese Bindung sezernieren sie gerichtet verschiedene proteolytische Enzyme (Kollagenase-IV, Plasminogen-Aktivator u.a.), die die Basalmembran und Teile der extrazellulären Matrix lysieren und dadurch passierbar gestalten. Gleichzeitig verlieren sie andere Oberflächenstrukturen, die für die Einbindung in das Stroma von Bedeutung sind (Adhäsionsmoleküle, CAM = cellular adhesion molecule). Die Zellen wandern bzw. ziehen sich durch das Stroma, indem sie Pseudopodien oder entsprechende Veränderungen im Zytoskelett ausbilden (Lokomotion), und gelangen in Lymph- oder Gefäßbahnen. Mit Hilfe spezifischer Rezeptoren können Tumorzellen im Kapillarsystem an Endothelzellen haften (Adhäsion) und durch die Gefäßwand in das Stroma des Zielorgans gelangen (Translokation). Dieser Prozess wird erleichtert, wenn mehrere von einem Thrombus abgekapselte Zellen am Endothel haften bleiben. Können diese Zellen zusätzlich eine Angiogenese induzieren, entwickeln sich aus den Mikrometastasen (Zellhaufen < 2 mm) Metastasen. Tierversuche haben gezeigt, dass nur ca. 0,01 % der metastatischen Zellen eines Primärtumors sämtliche Metastasierungsschritte durchlaufen können. Ein großer Teil der Zellen wird im Gefäßsystem durch Turbulenzen und das Immunsystem zerstört. Die zellbiologischen Prozesse der Metastasierung ähneln sehr stark denen, die bei der Wanderung von Zellen des Immunsystems auftreten. Dies zeigt sich bei der Lokomotion im Stroma (Bildung proteolytischer Enzyme, Pseudopodien, Veränderungen im Zytoskelett) und der Translokation (Expression des CD44-Adhäsionsmoleküls, das bei Leukozyten eine wichtige Funktion zur Adhäsion an Endothelzellen und Translokation hat). 1 A-12.4 fasst die Tumorentstehung und Metastasierung zusammen.
12.4
Therapie maligner Tumoren
Die Therapie maligner Tumoren basiert auf der chirurgischen Tumorentfernung, der Strahlentherapie und der medikamentösen Behandlung, wobei diese Therapieverfahren häufig im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte kombiniert angewendet werden. In der Behandlung solider Tumoren kommt der Chirurgie die größte Bedeutung zu.
12.3.4 Metastasierung Mutationen führen zur Bildung einer metastatischen Zellsubpopulation, die zur Metastasierung fähig ist. Metastatische Zellen nutzen für die Lösung aus dem Zellverband physiologischerweise vorkommende Mechanismen. Sie sezernieren proteolytische Enzyme, die die extrazelluläre Matrix lysieren, wodurch diese von den Zellen passiert werden kann.
Durch den gleichzeitigen Verlust von Adhäsionsmolekülen wird die Einbindung in das Stroma aufgehoben. Über die Mechanismen der Lokomotion gelangen die Zellen zu den Gefäßen und damit in den Lymph- oder Blutstrom. Über spezifische Rezeptoren haften Tumorzellen am Endothel des Zielorgans (Adhäsion) und durchwandern die Gefäßwand (Translokation). Kommt es zur Angiogenese, entwickeln sich aus den Mikrometastasen (Zellhaufen < 2 mm) Metastasen. Nur ca. 0,01 % der metastatischen Zellen eines Primärtumors können alle Metastasierungsschritte durchlaufen. Die zellbiologischen Prozesse der Metastasierung ähneln sehr stark denen, die zur Wanderung von Zellen des Immunsystems führen. 1 A-12.4 fasst die Tumorentstehung und Metastasierung zusammen.
12.4
Therapie maligner Tumoren
Die Therapie maligner Tumoren basiert auf: π chirurgischer Tumorentfernung π Strahlentherapie π medikamentöser Behandlung.
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12 Chirurgische Onkologie
Chirurgische Therapie
12.4.1 Chirurgische Therapie
12.4.1
Eine individuelle Behandlungsstrategie erfordert eine umfassende Diagnostik und eine interdisziplinäre Kooperation. Die Diagnostik soll die Tumorausdehnung und Histologie ermitteln.
Ziel der chirurgisch-onkologischen Therapie ist die vollständige Entfernung eines malignen Tumors. Eine individuelle Behandlungsstrategie sollte in enger Zusammenarbeit mit Onkologen und Strahlentherapeuten festgelegt werden, wofür eine umfassende Diagnostik erforderlich ist. Deren Ziel ist die Erfassung der lokalen Tumorausdehnung, die histologische Klassifizierung des Malignoms sowie die Detektion von Metastasen. Der Nachweis eines Malignoms und dessen Typisierung erfolgt präoperativ über die histologische Klassifizierung, die anhand einer Probeexzision (PE) aus dem Tumor (z.B. im Rahmen einer Endoskopie) oder einer zytologischen Untersuchung (Punktionszytologie) durchgeführt wird. Auf diese Untersuchungen kann verzichtet werden, wenn unabhängig vom histologischen Befund eine Operationsindikation besteht (z.B. stenosierender Kolonprozess mit der Gefahr des Ileus).
Der Nachweis und die Typisierung eines Malignoms erfolgt über die histologische Klassifizierung (PE aus dem Tumor, z.B. im Rahmen einer Endoskopie) oder über eine zytologische Untersuchung (Punktionszytologie).
1 A-12.4
Synopsis Tumorentstehung und Metastasierung
Grundlage der fortschreitenden Kaskade bilden Mutationen insbesondere der Protoonkogene und Tumor-Suppressorgene, die zunächst zu einer Deregulation und Proliferation der Zellen führen (1). Das maligne Wachstum erkennt man am Durchbrechen der Basalmembran (2). Eine Größenzunahme über 2 mm erfolgt durch eine Angiogenese, die durch die Freisetzung von Angiogenese-Faktoren (AF) induziert wird (3). Hierdurch kann eine Subpopulation
metastatischer Zellen in den Blutstrom gelangen und metastasieren (4). Die Translokation in das Gewebe des Zielorgans erfolgt über die Expression bestimmter Adhäsionsmoleküle (z.B. CD44), die auch von Leukozyten zur Wanderung aus dem Gefäßsystem benötigt werden (5). Durch die Interaktion mit dem Stroma im Zielorgan kann es zur Proliferation, Angiogenese (6) und erneuten Metastasierung kommen (7).
Normalgewebe
7. Proliferation der Metastase, weitere Metastasierung
1. Deregulation des Wachstums, Proliferation expansives Wachstum Basalmembran intakt 2. maligne Transformation
u.a. Wachstumsfaktoren, AF
infiltratives Wachstum, Basalmembran durchbrochen
4. metastatische Subpopulation
6. Interaktion Tumor-/Stromazellen, Proliferation, Angiogenese
3. Angiogenese, AF (u.a. b-FGF, VEGF)
5. Metastasierung, Translokation in Zielorgan
u.a. CD 44
AF
u.a. Collagenase IV, Abbau von Adhäsionsmolekülen, Lokomotion
Zur Diagnostik stehen neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung folgende Methoden zur Verfügung: π endoskopische Techniken π radiologische Verfahren π nuklearmedizinische Techniken π laborchemische Untersuchungsverfahren.
Für die Diagnostik und Beurteilung des Tumorstadiums werden, neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung, folgende Untersuchungsmethoden verwendet: π endoskopische Techniken (Gastrokoloskopie, Endosonographie, ERCP [endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie]) π radiologische Verfahren (Sonographie, Röntgenaufnahmen ggf. mit Kontrastmittelgabe [Darm-Röntgen, Angiographien], Computertomographie, Magnetresonanztomographie) π nuklearmedizinische Techniken (Szintigraphie, Immunszintigraphie und
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12.4.1 Chirurgische Therapie laborchemische Untersuchungsverfahren (z.B. Tumormarkerbestimmung zur Verlaufskontrolle). Der Erfolg einer onkologischen Therapie wird anhand des rezidivfreien Überlebens beurteilt. Bei den meisten Malignomen treten Rezidive bzw. Metastasen innerhalb der ersten 5 Jahre auf, sodass Patienten nach diesem Zeitraum in der Regel als geheilt gelten (5-Jahres-Überlebensrate). Bestimmte Tumoren (z.B. Mammakarzinom, malignes Melanom) entwickeln so spät Metastasen, dass man bei ihnen erst nach 10 Jahren von einer Heilung sprechen kann (10-Jahres-Überlebensrate).
Bei den meisten Tumoren wird eine Heilung mit der 5-Jahres-Überlebensrate (rezidivfreies Überleben) definiert.
Grundprinzipien
Grundprinzipien
Um eine radikale Tumorentfernung zu erreichen, muss die Resektion mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand im Gesunden durchgeführt werden. Die Resektionsgrenze richtet sich nach den anatomischen Gegebenheiten, der Tumorart und Lokalisation. Natürliche anatomische Grenzen in einem Organ oder Organteil (z.B. Bindegewebssepten zwischen Lungensegmenten, Muskelfaszien) werden von Tumoren meist lange Zeit respektiert. Sofern das Malignom nicht zu nahe an der Grenzschicht liegt, können sie als Resektionsgrenze dienen. Liegen keine anatomischen Grenzen vor, wie z.B. beim Kolonkarzinom, richtet sich die Resektionsgrenze nach dem Verlauf der Lymph- und Blutgefäße. Die radikale Lymphadenektomie wird bei den meisten onkologischen Operationen mit durchgeführt und beinhaltet die Entfernung sämtlicher regionärer Lymphknoten. Durch sie soll nicht nur die Prognose des Tumorleidens verbessert werden, sie dient auch dem Staging im Rahmen multimodaler Therapieverfahren. So ist der Tumorbefall regionärer Lymphknoten z.B. beim Mamma- oder Kolonkarzinom ein entscheidendes Kriterium für die Indikation zur postoperativen, adjuvanten Chemotherapie oder Bestrahlung. In der onkologischen Chirurgie wird das Prinzip des schonenden Operierens (»No-touch-Technik«) seit Generationen propagiert. Ob hierdurch tatsächlich eine für die Prognose relevante Ausschwemmung von Tumorzellen verhindert werden kann, ist angesichts der aktuellen Ergebnisse der Metastasierungsforschung fraglich. Gesichert ist, dass durch die intraoperative Eröffnung eines Tumors Karzinomzellen freigesetzt werden, die zu Frührezidiven führen. Bei onkologischen Eingriffen sollte darauf geachtet werden, dass der Blutverlust so niedrig wie möglich gehalten wird, da Untersuchungen zeigen, dass Fremdbluttransfusionen zu einer passageren Immunsuppression führen. Diese Immunsuppression begünstigt möglicherweise die Entwicklung von Metastasen. Die Qualität bzw. Radikalität der Tumorresektion wird postoperativ, nach Vorliegen des histologischen Ergebnis, mittels der R-Klassifikation festgelegt (R = Resttumor). Als R0-Resektion bezeichnet man eine makroskopisch und histologisch vollständige Tumorexstirpation (»kurative Resektion«). Bei einer R1-Resektion sind mikroskopisch nachweisbare Tumorreste (z.B. Infiltration des peripankreatischen Fettgewebes bei einem Pankreaskarzinom) und bei einer R2-Resektion makroskopisch Tumorreste verblieben.
Die Resektionsgrenze richtet sich nach den anatomischen Gegebenheiten, der Tumorart und Lokalisation und liegt mit einem Sicherheitsabstand im gesunden Gewebe. Natürliche anatomische Grenzen (Bindegewebssepten) können als Resektionsgrenze dienen.
π
Bestimmte Tumoren gelten erst nach einer 10-Jahres-Überlebensrate als geheilt (z.B. Mammakarzinom, Melanom).
Fehlen anatomische Grenzen (Kolon), erfolgt die Orientierung an dem Lymph- und Blutabflussgebiet. Eine radikale Lymphadenektomie wird bei den meisten onkologischen Operationen durchgeführt. Sie soll die Prognose verbessern und dient dem Staging (Indikationsstellung für eine postoperative, adjuvante Chemo-/ Strahlentherapie). Ob es durch Manipulation am Tumor zu einer für die Prognose relevanten Zellausschwemmung kommt, ist fraglich. Gesichert ist, dass bei einer intraoperativen Tumoreröffnung Zellen freigesetzt werden, die zum Frührezidiv führen. Fremdbluttransfusionen bewirken eine passagere Immunsuppression, die möglicherweise die Entwicklung von Metastasen begünstigt. Die Radikalität des chirurgischen Eingriffs wird mit der R-Klassifikation beschrieben: π R0 = kein Resttumor π R1 = mikroskopisch Tumorreste π R2 = makroskopisch Tumorreste.
Metastasenchirurgie
Metastasenchirurgie
Das Auftreten von Metastasen bedeutet in den meisten Fällen eine chirurgisch nicht mehr beeinflussbare Generalisierung des Tumorleidens. Einige Tumoren und deren Metastasen bilden hiervon eine Ausnahme. So kann die Resektion einzelner (solitärer) Lungen- ebenso wie die solitärer Lebermetastasen eines kolorektalen Karzinoms bei 20 % der Patienten zu einer Heilung führen (rezidivfreie 5-Jahres-Überlebensrate). Leider treten solitäre Metastasen selten auf und machen bei den kolorektalen Karzinomen weniger als 5 % aller metastasierenden Tumoren aus. Mit zunehmender Metastasenzahl nimmt die Heilungswahrscheinlichkeit ab. Eine Indikation zur Metastasenresektion, die nicht aus rein palliativen Gründen erfolgt, sollte nur dann gestellt werden, wenn bei der Resektion
In Ausnahmefällen können Metastasen chirurgisch kurativ behandelt werden. Solitäre Metastasen eines kolorektalen Karzinoms in der Leber und Lunge sind bei 20 % der Patienten chirurgisch heilbar. Mit zunehmender Metastasenzahl nimmt die Heilungsrate ab. Die Metastasenresektion erfordert einen ausreichenden Sicherheits-
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12 Chirurgische Onkologie
abstand, da die alleinige Enukleation die Überlebenszeit nicht verlängert.
ein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten werden kann, da Untersuchungen u.a. bei der Behandlung von Lebermetastasen gezeigt haben, dass deren alleinige Enukleation die Überlebenszeit nicht verlängert.
Psychische Betreuung
Psychische Betreuung
Die Diagnose »Krebs« konfrontiert die meisten Menschen zum ersten Mal mit der Endlichkeit des eigenen Lebens. Die Patienten müssen neue Wege des Umganges mit der Lebenskrise »Krebs« finden, da eine Verdrängung, zumindest für die Zeit der Behandlung, nicht möglich ist. Bei der Gesprächsführung muss der Patient angemessen aufgeklärt werden und Raum bekommen, um über seine psychische Befindlichkeit zu sprechen. Die hiermit verknüpfte Krisenbewältigung sollte in Zusammenarbeit mit speziell geschulten Psychologen erfolgen. Die Einbeziehung der Familie in die Aufklärung ist von großer Bedeutung. Häufig führt der schwere psychische Konflikt der Patienten zu Phasen der Aggression und Depression. Dies erschwert den Kontakt und die besonders notwendige intensive Zuwendung (s. Kap. A-13). Die Aufklärung sollte wahrheitsgemäß erfolgen, aber Raum für Hoffnung belassen.
Die Diagnose »Krebs« konfrontiert die meisten Menschen zum ersten Mal mit der Endlichkeit des eigenen Lebens und mit Gedanken an Tod und Sterben unabhängig von der realen Prognose im Einzelfall. Dieser »Sturz aus der normalen Wirklichkeit«, wie es der Soziologe Gerdes ausdrückte, führt zu individuell höchst unterschiedlichen psychischen Reaktionen. Gemeinsam ist aber allen Patienten, dass neue Wege des Umganges mit der Lebenskrise »Krebs« gefunden werden müssen, denn Verdrängung ist, zumindest für die Zeit der Behandlung, nicht mehr möglich. Wesentliche Determinanten dieser Anpassung sind die soziale (familiäre) Unterstützung, die Möglichkeiten über (auch unrealistische) Ängste sprechen zu können, die psychische Stabilität des jeweiligen Patienten, die Vorerfahrung mit anderen Krebspatienten und deren Leidensweg, sowie die individuelle Lebensperspektive. Es gehört daher heute zum Standard ärztlicher Gesprächsführung, dass der Patient nicht nur angemessen aufgeklärt wird, sondern auch Raum erhält, über seine psychische Befindlichkeit zu sprechen. Die hiermit verknüpfte Krisenbewältigung sollte, sofern die Möglichkeit besteht, in Zusammenarbeit mit speziell geschulten Psychologen erfolgen. Bei der Aufklärung des Patienten sollten Angehörige mit einbezogen und ihnen auch der schwere psychische Konflikt des Patienten vermittelt werden, der häufig zu Phasen der Aggression und Depression führt. Insbesondere in diesen Zeiten benötigt der Patient eine intensive Zuwendung, die schwierig sein kann, da die Patienten einem häufig ablehnend und verschlossen gegenüberstehen (s. Kap. A-13). Im Rahmen der Aufklärung erfolgt eine wahrheitsgemäße Information über das Tumorleiden, die allerdings auch in scheinbar aussichtslosen Fällen Raum für Hoffnung lassen sollte, da die Situation für den Patienten sonst unerträglich wird.
12.4.2 Chemotherapie
12.4.2
Eine hohe Zellteilungsrate unterscheidet Tumoren von Normalgewebe und stellt den Ansatzpunkt für eine Zytostatikatherapie dar ( 2 A-12.8).
Tumoren verfügen über eine hohe Zellteilungsrate, wodurch sie sich von den meisten Normalgeweben unterscheiden. Diesen Unterschied im Wachstumsverhalten macht man sich bei der Behandlung mit Zytostatika zunutze. Verschiedene Substanzgruppen werden eingesetzt und hemmen auf unterschiedliche Weise den Zellstoffwechsel und die Replikation von Zellen. 2 A-12.8 gibt einen Überblick über verschiedene Substanzgruppen und einige der verwendeten Zytostatika.
Chemotherapie
2 A-12.8
In der Chemotherapie verwendete Substanzgruppen
N Antibiotika n π Bleomycin π Doxorubicin/Adriamycin π Mitomycin
N Antimetabolite n π 5-Fluorouracil (5-FU) π Methotrexat π Dacarbacin
N Vincaalkaloide n π Vincristin N andere n π Carboplatin π Cisplatin π Etoposid π Procarbazid
N Alkylanzien n π Cyclophosphamid π Chlorambucil π Lomustin Meist werden Kombinationsbehandlungen verwendet, die die Nebenwirkungen senken, die Ansprechrate
In den meisten Fällen erfolgt eine Kombinationsbehandlung mit unterschiedlich wirkenden Zytostatika. Hierdurch werden die Nebenwirkungen der einzelnen Präparate gesenkt und durch den Synergismus der Medika-
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12.4.3 Strahlentherapie mente eine Steigerung der Ansprechrate erreicht. Zugleich wird die Gefahr der Resistenzentwicklung vermindert. Durch die Applikation der Medikamente in Gefäße des Tumors (intraarterielle Perfusion), können hohe lokale Wirkspiegel erzielt werden. Mit Hilfe dieser Methode kann man z.B. die Remissionsrate bei Lebermetastasen von kolorektalen Karzinomen erhöhen. Den Erfolg einer Tumortherapie beurteilt man nach dem Ausmaß der Tumorverkleinerung (»Remission«). Als partielle Remission wird eine Tumorverkleinerung um wenigstens 50 % bezeichnet. Kann der Tumor vollständig eliminiert werden, so spricht man von einer Vollremission. Zytostatika greifen auch Normalzellen mit hoher Zellteilungsrate an (blutbildende Zellen, Darmepithelien, Haarfollikel u.a.). Die toxische Wirkung auf Knochenmarkszellen steht dabei im Vordergrund. Um hohe (effektivere) Dosierungen applizieren zu können, wird deswegen auch eine Knochenmarkstransplantation als Bestandteil einer onkologischen Therapie solider Tumoren (z.B. Neuroblastom, Mammakarzinom) diskutiert. Neben den Zytostatika stehen für einige Tumoren Medikamente zur Verfügung, die durch Bindung an wachstumsregulierende Membranrezeptoren therapeutisch eingesetzt werden können. So lässt sich das Wachstum östrogenrezeptorpositiver Mammakarzinome mit Hilfe von Antiöstrogenen (Tamoxifen) blockieren.
12.4.3
Strahlentherapie
Physikalische Grundlage der Strahlentherapie ist die Fähigkeit energiereicher Strahlen, durch Ionisation und Anregung von Atomen und Molekülen, Energie auf biologisches Gewebe zu übertragen. Hierdurch werden biologisch aktive Moleküle wie die DNA, Enzyme und Membranbestandteile direkt oder über die Entstehung von Radikalen geschädigt. Zellen mit hoher Teilungsrate und Stoffwechselaktivität werden dabei vermehrt angegriffen. Man unterscheidet verschiedene Strahlungsformen: π Röntgenstrahlen, die nur noch bei einigen Hauttumoren Anwendung finden π Photonenstrahlen, die überwiegend mit Hilfe eines Linearbeschleunigers erzeugt werden und für die perkutane, externe Bestrahlung verwendet werden. Zunehmend seltener werden natürliche Isotopen (z.B. Co60) zur Bestrahlung genutzt π »High-LET-Strahlen« (LET = Linear energy transfer), z.B. Neutronenstrahlen, für deren Einsatz eine Indikation bei Speicheldrüsentumoren, einigen Weichteiltumoren und Knochentumoren besteht. Bei einigen Tumorformen können radioaktive Isotope, die von Tumorzellen spezifisch aufgenommen werden, eingesetzt werden. Z.B. kann das papilläre und follikuläre Schilddrüsenkarzinom durch intravenöse Gabe von Jod131 in einigen Fällen auch im metastasierten Stadium geheilt werden. Radioaktive Isotope können auch in Körperhöhlen (z.B. bei einer Pleurakarzinose) appliziert werden, um so eine hohe lokale Wirkung zu erzielen.
erhöhen und einer Resistenzentwicklung entgegenwirken. Durch die intraarterielle Perfusion mit Zytostatika können hohe lokale Wirkspiegel im Tumor erreicht werden. Eine Tumorverkleinerung von > 50 % wird als partielle Remission, eine vollständige Elimination als Vollremission bezeichnet. Die Applikation wirksamer Dosierungen kann aufgrund der toxischen Wirkung auf das Knochenmark eine Knochenmarkstransplantation notwendig machen.
Eine Hemmung des Tumorwachstums kann über Substanzen erfolgen, die wachstumsregulierende Membranrezeptoren blockieren (z.B. Antiöstrogene beim Mammakarzinom).
12.4.3 Strahlentherapie Ionisierende Strahlen schädigen direkt oder über die Bildung von Radikalen biologisch aktive Moleküle. Stoffwechselaktive und sich teilende Zellen werden vermehrt geschädigt.
Zur Strahlentherapie werden Röntgenstrahlen π Photonenstrahlen π »High-LET-Strahlen« (z.B. Neutronenstrahlen) verwendet. π
Einige Isotope werden therapeutisch genutzt, da sie spezifisch von Tumorgewebe aufgenommen werden (z.B. Jod 131 beim Schilddrüsenkarzinom). Radioaktive Isotope können in Körperhöhlen zur lokalen Therapie appliziert werden.
Nebenwirkungen und Komplikationen
Nebenwirkungen und Komplikationen
Sie treten in allen Geweben, die im Strahlenfeld liegen und eine hohe Zellteilungsrate besitzen, auf. Dabei werden akute Nebenwirkungen, die innerhalb von 4–6 Wochen abklingen, von chronischen Nebenwirkungen unterschieden, die erst nach Monaten auftreten können. Im Bereich der Haut treten z.B. Dermatitiden und Ulzerationen auf. Bestrahlungen des Bauchraumes können Komplikationen, wie eine Entzündung des Darmepithels (z.B. Kolitis), Fisteln (z.B. Rektum-Blasen-Fistel) oder Adhäsionen (Darmmotilitätsstörungen, Ileusentwicklung), zur Folge haben. Im Bereich des Brustkorbes sind vor allem Pneumonien und die Entwicklung von Lungenfibrosen als wesentliche Nebenwirkungen zu nennen.
Sie treten bei allen Geweben im Strahlenfeld auf und werden in akute und chronische Nebenwirkungen unterteilt. Sie zeigen sich in der Haut durch Dermatitiden und Ulzerationen. Bei Bestrahlungen des Bauchraumes können entzündliche Komplikationen wie Enteritiden, Adhäsionen und Fisteln auftreten. Im Bereich des Brustkorbes treten Pneumonien und Lungenfibrosen als Strahlenschäden auf.
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12 Chirurgische Onkologie
Die Bestrahlung von Lymphbahnen kann zum Lymphödem führen. Nebenwirkungen lassen sich durch eine computerunterstützte Therapieplanung, die Strahlenapplikation über mehrere Strahlenfelder und eine fraktionierte Bestrahlung reduzieren. Die Gesamtdosis sollte 60–70 Gy nicht überschreiten (Toleranzgrenze der Haut und des Gefäßbindegewebes).
Die Bestrahlung von Lymphbahnen kann durch den fibrotischen Umbau des Gewebes zu Lymphabflussstörungen und einem Lymphödem führen. Die Nebenwirkungen können durch eine computerunterstützte, individuelle Therapieplanung, die Mehrfelderbestrahlung (Verteilung der Dosis im gesunden Gewebe durch Applikation über mehrere Strahlenfelder) und durch eine fraktionierte Bestrahlung (Applikation der Gesamtdosis über mehrere Wochen in kleinen Einzeldosierungen) reduziert werden. Im Rahmen der externen Bestrahlung ist bei einer Gesamtdosis von 60–70 Gy die Toleranzgrenze der Haut und des Gefäßbindegewebes erreicht, sodass diese Dosis nicht überschritten werden sollte.
12.4.4 Multimodale Therapiekonzepte Die Tumortherapie erfordert häufig multimodale Therapiekonzepte.
12.4.4
Definition
Multimodale Therapiekonzepte
Zur Therapie maligner Tumoren ist häufig die kombinierte Anwendung verschiedener Behandlungsformen im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte notwendig. n Definition. Unter dem multimodalen Konzept in der Behandlung maligner Tumoren versteht man die zusätzliche (additive) Anwendung verschiedener Therapieverfahren vor, während oder nach einem operativen Eingriff.
Adjuvante Therapie
Adjuvante Therapie
Unter einer adjuvanten Therapie versteht man eine unterstützende, ergänzende Behandlung, mit der verbliebene Tumorzellen postoperativ eliminiert werden. Beispiele adjuvanter Therapien sind die postoperative Chemotherapie von Patienten mit einem Kolonkarzinom Stadium III, sowie die kombinierte Radio-/Chemotherapie bei Rektumkarzinompatienten (Stadium III).
Mit der gegenwärtigen Radio- und Chemotherapie können aufgrund ihres Wachstumsverhaltens mikrometastatische Zellen, die sich häufig in einem ruhenden Stadium befinden, nicht angegriffen werden.
Unter adjuvanter Therapie versteht man eine unterstützende, ergänzende Behandlung. Diesem Ansatz kommt in der Krebstherapie zunehmende Bedeutung zu, da die chirurgische Entfernung des Primärtumors oder auch einzelner Metastasen nur selten ein Problem darstellt. Ziel der adjuvanten Therapie ist die Elimination disseminierter Tumorzellen, bevor diese zu einer Metastasenbildung führen. Eine etablierte adjuvante Therapie ist die postoperative Kombinationsbehandlung mit 5-Fluorouracil (5-FU) und Leucovorin bei Patienten mit einem Kolonkarzinom Stadium III, sowie die postoperativ durchgeführte kombinierte Radio-/Chemotherapie bei Rektumkarzinompatienten (Stadium III). Für die meisten Tumoren gibt es bisher keine effektive adjuvante Chemotherapie. Dies erklärt sich durch das Verhalten mikrometastatischer Zellen, die sich häufig im ruhenden Stadium befinden (»dormant cells«) und deswegen durch Zytostatika und Strahlen nicht angegriffen werden. Immuntherapeutische Ansätze (s.u.) bieten die Aussicht auf neue adjuvante Behandlungsformen.
Neoadjuvante Therapie
Neoadjuvante Therapie
Bei der neoadjuvanten Behandlung wird die Voraussetzung für eine evtl. heilende Behandlung geschaffen (z.B. präoperative Chemotherapie eines Ösophaguskarzinoms).
Unter einer neoadjuvanten Therapie versteht man eine unterstützende Behandlung bei fortgeschrittenen Tumoren, die die Voraussetzung für einen evtl. heilenden Eingriff schafft. Ösophaguskarzinome können z.B. chemotherapeutisch verkleinert und Lymphknotenmetastasen eliminiert werden, sodass eine Ösophagusresektion möglich wird.
Interventionelle Radiologie
Interventionelle Radiologie
Im Rahmen einer Angiographie können Tumorgefäße selektiv dargestellt und embolisiert werden (z.B. Lebertumoren, 1 A-12.5).
Angiographische Techniken ermöglichen dem Radiologen Tumorgefäße selektiv über einen Katheter darzustellen und zu embolisieren. Mit dieser Technik können insbesondere inoperable Lebertumoren, wie z.B. ein Leberzellkarzinom in einer zirrhotischen Leber, palliativ behandelt werden. Die Embolisation kann auch zur partiellen Tumorverkleinerung genutzt werden, wodurch evtl. eine Resektabilität erzielt wird ( 1 A-12.5).
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12.4.5 Palliative Therapieverfahren
1 A-12.5
Lebertumor in der Angiographie Über den Katheter ( Á) kann eine Embolisation der Tumorgefäße erfolgen.
12.4.5
Palliative Therapieverfahren
Palliative Therapieverfahren dienen der Linderung von Beschwerden und Symptomen bei nicht heilbaren Tumoren.
12.4.5 Palliative Therapieverfahren Sie dienen der Linderung von Beschwerden.
Schmerztherapie
Schmerztherapie
Die Schmerztherapie hat einen hohen Stellenwert in der palliativen Behandlung maligner Tumoren, da das Tumorwachstum zu erheblichen Schmerzen führen kann (z.B. Pleura- oder Periostinfiltration, Leberkapselspannung). Mit einer adäquaten Therapie können Schmerzen bei Tumorerkrankungen vermieden oder zumindest auf ein erträgliches Maß reduziert werden. Hierfür stehen in schwierigen Fällen auch spezialisierte »Schmerzkliniken« zur Verfügung. Im Vordergrund steht die medikamentöse Therapie, wobei neben Nichtopioidanalgetika (Acetylsalicylsäure [AspirinQ], Metamizol [NovalginQ], Paracetamol [Ben-u-ronQ], Diclofenac [VoltarenQ]), vor allem Opioide zum Einsatz kommen. Eine Auflistung einiger häufig verwendeter Präparate, empfohlene Dosierungen und wesentliche Nebenwirkungen zeigt 2 A-12.9. Die Medikamente werden als Dauermedikation, entsprechend ihrer Halbwertszeit, nach einem Stufenschema appliziert (s. 1 A-12.6). Dabei ist das Ziel der Behandlung, dass Schmerzen möglichst gar nicht erst aufkommen. Zunächst wird versucht mit Nichtopioidanalgetika Schmerzfreiheit zu erzielen. Je nach Bedarf erfolgt die zusätzliche Gabe stärker und sehr stark wirksamer Opioide. Dabei ist die Lokalisation der Tumoren bei der Analgetikaauswahl zu berücksichtigen. So hat z.B. Diclofenac eine besonders gute Wirkung bei Schmerzen durch Knochenmetastasen. Bei der medikamentösen Einstellung sollten in jedem Fall oral applizierbare Medikamente bevorzugt werden, da der Patient auf diese Weise seine Unabhängigkeit von medizinischem Personal behält. Neben der systemisch-medikamentösen Therapie, können Kathetersysteme an Nervenstränge platziert werden, die dann durch Medikamente gezielt blockiert werden (z.B. Periduralkatheter). Ferner besteht auch die Möglichkeit, Nerven bzw. Ganglien durch Injektion lysierender Substanzen selektiv zu zerstören.
Das Tumorwachstum kann zu erheblichen Schmerzen führen (z.B. Periost-/ Pleurainfiltration, Leberkapselspannung).
Im Vordergrund der Schmerzbehandlung steht die medikamentöse Therapie ( 2 A-12.9). Die Applikation des Medikamentes erfolgt als Dauermedikation nach einem Stufenschema 1 A-12.6), wobei die Lokalisation eines Tumors für die Analgetikaauswahl von Bedeutung ist (z.B. Diclofenac bei Schmerzen aufgrund von Knochenmetastasen).
Die Gabe oral applizierbarer Medikamente ist zu bevorzugen, damit der Patient seine Unabhängigkeit von medizinischem Personal behält. Über Kathetersysteme (Periduralkatheter) können Nervenstränge blockiert oder durch Injektion lysierender Substanzen gezielt zerstört werden.
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12 Chirurgische Onkologie
2 A-12.9
Analgetikaübersicht
Wirkstoff (Handelsname)
Einzeldosis (mg)
Intervall (h)
Nebenwirkungen
N Acetylsalicylsäure n (z. B. Aspirin Q )
500–1000
5–6
Ulzerationen Magen/ Duodenum, gerinnungshemmend
N Paracetamol n (z. B. Ben-u-ronQ)
500–1000
4–6
lebertoxisch
N Metamizol n (z. B. Novalgin Q) N Diclofenac n (z. B. VoltarenQ )
500–1000
Nichtopioide
50
Anaphylaxie, Agranulozytose 8
Ulzerationen Magen/ Duodenum, Alopezie, leber-/nierentoxisch
Opioide
alle: Abhängigkeit, Erbrechen, Obstipation, Miktionshemmung, Atemdepression, Bronchiospasmen
schwache Opioide: N Pentazocin n (z. B. FortralQ ) N Tramadol n (z. B. TramalQ) N Tilidin n (z. B. ValoronQ ) N Pethidin n (z. B. DolantinQ) stark wirksame Opioide N Buprenorphin n (z. B. Temgesic Q ) N Morphinsulfat n (z. B. MST Q)
1 A-12.6
50–100
2–3
Blutdruckschwankungen, Kopfschmerzen Müdigkeit, Schwitzen, Schwindel
50–100
4–6
50–100
6–8
50–100
2–4
Schwindel, stark euphorisierend Müdigkeit
0,2–0,4
4–8
Schwindel
10–100
4–12
Müdigkeit
Synopsis WHO-Stufenschema der Schmerztherapie 3. Stufe
2. Stufe
1. Stufe
Stark wirksame Opioide: Morphin, Buprenorphin, Levomethadon, transdermales Fentanyl
Schwach wirksame Opioide: Codein, Dihydrocodein, Tramadol, Tilidin + Naloxon, Dextropropoxyphen
Antipyretika – Antiphlogistika: Diclofenac, Ibuprofen, Metamizol, Acetylsalicylsäure Adjuvanzien: Steroide, Neuroleptika, Antidepressiva, Sedativa, Antikonvulsiva, Antiemetika Die Analgetika sollten grundsätzlich nach festem Zeitschema mit fixierten Dosisintervallen verabreicht werden
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12.5.1 Diagnostik
Endoskopische Verfahren
Endoskopische Verfahren
Endoskopische Verfahren werden bei Tumoren des Gastrointestinaltraktes eingesetzt, um z.B. Stenosen zu erweitern oder zu überbrücken (z.B. Wiederherstellung oder Erhaltung der Nahrungspassage bei Ösophaguskarzinomen durch Einlegen eines Celestintubus oder Einlage eines Stents in den Gallengang bei Pankreaskopf- oder Gallengangskarzinomen). Eine Erweiterung von Stenosen kann durch Bougierungen oder durch eine partielle Tumorabtragung mit Hilfe eines Lasers erfolgen. Bei der Behandlung eines stenosierenden, inoperablen Rektumkarzinoms ermöglicht die Kryotherapie eine Tumorverkleinerung durch Vereisung. Diese erfolgt über einen lokal platzierten Stab, der auf –180 ΩC abgekühlt wird.
Eine endoskopische Therapie (Bougierung, Laser, Einlage eines Tubus oder Stent) ermöglicht die Erweiterung und Überbrückung von Stenosen im Gastrointestinaltrakt. Die Kryotherapie ermöglicht z.B. eine Verkleinerung inoperabler, stenosierender Rektumkarzinome.
Chemotherapie/Strahlentherapie
Chemotherapie/Strahlentherapie
Eine Chemo- oder Strahlentherapie kann zu einer Tumorverkleinerung führen. Diese Wirkung kann genutzt werden, um z.B. die Nahrungspassage bei gastrointestinalen Karzinomen (z.B. Ösophaguskarzinom) zu erhalten. Weiterhin können durch eine Tumorverkleinerung Schmerzen vermindert werden, die z.B. durch eine von Metastasen verursachte Leberkapselspannung oder eine Periostinfiltration bei Knochenmetastasen auftreten. Durch eine lokale Bestrahlung können Tumorblutungen gestoppt werden, ein Effekt, der z.B. in der Behandlung inoperabler Rektumkarzinome ausgenutzt wird, allerdings erst einige Tage bis Wochen nach Behandlung eintritt.
Die Chemo-/Strahlentherapie kann palliativ zur Tumorverkleinerung verwendet werden (Wiederherstellen der Nahrungspassage, Schmerztherapie). Tumorblutungen können durch eine lokale Bestrahlung gestoppt werden.
Chirurgische Verfahren
Chirurgische Verfahren
Palliative chirurgische Verfahren haben das Ziel, lokale Auswirkungen des Tumorwachstums zu vermindern. Dabei werden absolute und relative Op-Indikationen unterschieden. Eine absolute Op-Indikation besteht z.B. bei einer zum Ileus führenden Tumorstenose. Umgehungsanastomosen an Magen bzw. Darm, oder die Anlage eines künstlichen Darmausganges stellen in diesem Zusammenhang typische palliativ-chirurgische Operationsverfahren dar. Bei relativen Op-Indikationen muss geprüft werden, ob das mit einem Eingriff verbundene Risiko und die zumindest temporäre Reduktion der Lebensqualität angesichts der begrenzten Lebenserwartung gerechtfertigt ist. So können z.B. durch eine Gastrektomie Beschwerden eines Magenkarzinoms (behinderte Nahrungspassage, Schmerzen, Tumorblutungen) verhindert werden. Auch wenn keine Heilung erzielt wird, kann dadurch die Lebensqualität verbessert werden. Eine palliative Resektion von Metastasen kann zur Vermeidung von Komplikationen wie pathologischen Frakturen oder Tumorblutungen sinnvoll sein. So kann z.B. die Entfernung oder operative Stabilisierung von Wirbelkörpern notwendig werden, bei denen eine Metastase andernfalls zur Fraktur und Querschnittslähmung führt.
Palliativ-chirurgische Verfahren haben das Ziel, lokale Auswirkungen des Tumorwachstums zu vermindern. Eine absolute Indikation besteht z.B. bei einem Ileus, wobei Umgehungsanastomosen und die Anlage eines künstlichen Darmausganges häufige palliativ-chirurgische Verfahren darstellen. Liegen relative Op-Indikationen vor, muss abgewogen werden, ob das Operationsrisiko und die temporäre Verminderung der Lebensqualität einen operativen Eingriff rechtfertigt. Die Resektion von Metastasen kann zur Prophylaxe von Komplikationen notwendig sein. Auch ausgedehnte Resektionen (Gastrektomie) können zur palliativen Behandlung gehören.
12.5
Perspektiven
Die derzeitigen onkologischen Therapieformen sind an ihre Grenzen gestoßen. Eine Senkung der Morbidität kann z.B. durch eine bessere Aufklärung der Bevölkerung über vermeidbare Karzinogene (Antiraucherkampagne) und Arbeitsschutzmaßnahmen (Asbestvermeidung) erreicht werden. Bessere Heilungsergebnisse sind nur durch eine frühere Diagnose (ScreeningVerfahren) oder neue Therapieansätze zu erzielen.
12.5.1
Diagnostik
Molekularbiologische Techniken, wie die »cDNA-microarray-chip«-Technologie, ermöglichen innerhalb kürzester Zeit den Nachweis jedes in der Zelle gebildeten Moleküls und damit eine umfassende molekulare Diagnostik ein-
12.5
Perspektiven
Eine Senkung der Morbidität kann durch Vermeiden von Karzinogenen erreicht werden. Die Heilungsergebnisse könnten durch eine frühere Diagnose und neue Therapieansätze verbessert werden.
12.5.1 Diagnostik Die »cDNA-microarray-chip«-Technologie bietet die Aussicht auf eine umfassende Analytik einzelner
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12 Chirurgische Onkologie
Tumoren im Hinblick auf die Bildung prognose- und therapierelevanter Moleküle (z.B. Wachstumsfaktoren, Membranrezeptoren, Antigene). Eine individualisierte Therapie, die sich nach den Notwendigkeiten der Erkrankung des einzelnen Patienten ausrichtet, könnte so durchgeführt werden. Einen weiteren vielversprechenden Ansatz stellt die phenotypische Charakterisierung disseminierter Tumoreinzelzellen dar.
zelner Tumoren. So kann z.B. die Bildung bestimmter Wachstumsfaktoren, Membranrezeptoren oder die Expression immuntherapeutisch relevanter Antigene in einem Tumor mit geringem Aufwand bestimmt werden. Mit dieser Technik lässt sich bei jedem Patienten individuell der molekulare Aufbau des Tumors ermitteln, sodass Therapeutika nach den individuellen Notwendigkeiten des Patienten eingesetzt werden könnten. In diesem Zusammenhang stellt auch die phenotypische Charakterisierung einzelner disseminierter Tumorzellen, die mit Hilfe immunologischer (z.B. Immunzytologie) und molekularbiologischer Techniken (z.B. Polymerase-Ketten-Reaktion) bereits in frühen Tumorstadien bei manchen Patienten nachgewiesen werden, einen vielversprechenden neuen diagnostischen Ansatz dar.
12.5.2
12.5.2
Chirurgische Therapie
Chirurgische Therapie
Mit Hilfe der intraoperativen Szintigraphie können insbesondere kleine Tumoren oder Metastasen (1 cm) mit Hilfe einer g -Kamera identifiziert werden. Die intraoperative Sonographie ermöglicht die Identifikation kleiner Lebermetastasen oder endokriner Pankreastumoren > 1 cm Durchmesser.
Mit der intraoperativen Szintigraphie und Sonographie stehen neue Techniken zur Verfügung, die ein radikales operatives Vorgehen erleichtern. Bei der intraoperativen Szintigraphie kann mit Hilfe einer g-Kamera die Identifikation makroskopisch nicht sichtbarer Tumorherde erfolgen, die zuvor durch Gabe von spezifisch anreichernden Nukliden oder radioaktiven Antikörpern (Immunszintigraphie) markiert wurden. Insbesondere die Identifikation kleiner Tumoren oder Metastasen (1 cm) kann hierdurch ermöglicht werden, sofern eine gute Anreicherung der Nuklide erfolgt. Makroskopisch nicht sichtbare und palpierbare Tumoren (kleine Lebermetastasen oder endokrine Pankreastumoren ab 1 cm Durchmesser) können mittels intraoperativer Sonographie gefunden werden.
12.5.3
12.5.3
Immuntherapie
Die Erkenntnisse der immunologischen Forschung der letzten 20 Jahre haben die Voraussetzungen für eine rationale Immuntherapie geschaffen, die gegenwärtig in verschiedenen Formen entworfen und angewendet wird.
Der Hauptanwendungsbereich immuntherapeutischer Ansätze liegt konzeptionell in der adjuvanten, postoperativen Therapie nach R0- oder R1-Resektion. Monoklonale Antikörper (unterscheiden mit hoher Spezifität zwischen Tumor- und Normalzellen) können durch Aktivierung des Immunsystems oder als »Carriermolekül« für toxische Substanzen therapeutisch genutzt werden. Bei der aktiven, spezifischen Immunisierung werden dem Patienten abgetötete Tumorzellen reinjiziert, um einen »Impfeffekt« zu erzielen.
Zytokine lassen sich aufgrund ihrer immunmodulatorischen Wirkung zur Therapie bestimmter Tumoren nutzen. Durch Reinjektion lymphokinaktivierter Killerzellen (LAK-Zellen),
Immuntherapie
Seit langem wird versucht Tumoren durch eine Aktivierung des Immunsystems zu behandeln. Bereits die seit Jahrhunderten angewandte Misteltherapie basiert auf diesem Mechanismus. Neuzeitlichere Verfahren verwenden andere Immunstimulanzien wie das BCG (Bacille Calmette-Guérin), von dem jetzt gezeigt werden konnte, dass es bei lokaler Applikation die Behandlungserfolge des Blasenkarzinoms verbessert. Erst die Erkenntnisse der immunologischen Forschung der letzten 20 Jahre haben die Voraussetzungen für eine rationale Immuntherapie geschaffen. Diese werden gegenwärtig in verschiedenen Formen entworfen und angewendet. Die Indikation für immuntherapeutische Ansätze liegt konzeptionell in der adjuvanten, postoperativen Therapie nach R0- oder R1-Resektion, da bei diesen Patienten nur kleine Zellmengen eliminiert werden müssten. Gleichzeitig würden auch Tumorzellen angegriffen, die sich in einem ruhenden Stadium befinden und deswegen der konventionellen Chemotherapie entgehen. Durch die Entwicklung monoklonaler Antikörper stehen erstmals Substanzen zur Verfügung, die mit hoher Spezifität zwischen Tumorzellen und Normalzellen unterscheiden. Monoklonale Antikörper können über die Aktivierung des Immunsystems Tumorzellen eliminieren (z.B. Komplementaktivierung). Weiterhin können sie mit Toxinen (»Immunotoxine«) oder radioaktiven Isotopen gekoppelt werden, deren toxische Wirkung sie als »Carriermoleküle« selektiv zu den Tumorzellen tragen. Bei der aktiven, spezifischen Immunisierung werden dem Patienten seine eigenen, durch Bestrahlung abgetöteten und mit einem Immunstimulans behandelten, Tumorzellen postoperativ injiziert. Dadurch soll ein »Impfeffekt« gegen Tumorzellen erzielt werden. Die Immunisierung mit isolierten Tumorantigenen (z.B. sog. »Peptidvakzinierung«) stellt einen weiteren Ansatz dar. Der immunmodulatorische Effekt von Zytokinen wird ausgenutzt, um eine Immunantwort zu steigern. Insbesondere Interleukin-2 und a-Interferon werden klinisch bereits eingesetzt (u.a. Haarzell-Leukämie, Melanom und Hypernephrom). Bei der Behandlung mit lymphokinaktivierten Killerzellen (LAK-Zellen) werden infiltrierende, gegen den Tumor gerichtete T-Lymphozyten aus dem
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12.5.5 Weitere therapeutische Ansätze resezierten Primärtumor isoliert und durch Gabe von Interleukin-2 aktiviert. Die so hergestellten LAK-Zellen werden dem Patienten zur Elimination verbliebener Tumorzellen reinjiziert.
12.5.4
Gentherapie
Verschiedene Ansätze zur Gentherapie maligner Tumoren werden derzeit bezüglich einer klinischen Einsetzbarkeit erforscht: π Aktivierung des Immunsystems: Tumorinfiltrierende T-Lymphozyten können aus einem Tumorresektat isoliert und mit einem Gen versehen werden, welches eine Interleukin-2-Bildung bewirkt. Werden diese Zellen reinjiziert, greifen sie verbliebene Tumorzellen über eine verstärkte Immunantwort an. π Manipulation von Onkogenen oder Tumorsuppressorgenen: Dieser therapeutische Ansatz zielt auf eine kausale Krebstherapie, indem versucht wird, die Wirkung von Onkogenen oder mutierten Tumorsuppressorgenen aufzuheben. In Zellkulturversuchen ist es bereits gelungen, durch Genmanipulation maligne Zellen zu einem benignen Phänotyp zurückzuführen. π Einfügen eines Suizidgens: In Tumorzellen wird ein Gen eingeschleust, welches in Normalzellen nicht vorhanden ist. Dieses Gen kodiert ein Enzym, welches z.B. das Virustatikum Ganciclovir in eine toxisch wirkende Substanz umsetzt. Durch die Behandlung mit Ganciclovir werden auf diese Weise selektiv Tumorzellen eliminiert. Ein Hauptproblem in der Anwendung der Gentherapie stellt die unspezifische Transfektion dar, wodurch die verwendeten Gene auch in Normalzellen und insbesondere Keimzellen gelangen können. Hieraus ergeben sich erhebliche ethische Bedenken gegen diese Therapieformen.
12.5.5
Weitere therapeutische Ansätze
Mit der Entdeckung von Angiogenese-Inhibitoren (u.a. Endostatin, TNP470, VEGF-Inhibitoren) besteht ein neuartiger Ansatz zur adjuvanten Therapie. Durch die Blockade der Angiogenese wird dem Tumor die Nährstoffzufuhr entzogen und das Wachstum unterbunden. Die Entdeckung, dass sich Endothelzellen in malignen Tumoren von Normalendothelien in der Antigenität unterscheiden, eröffnet einen weiteren Angriffspunkt in der Anti-Angiogenese-Behandlung. Andere Ansätze versuchen die Metastasierung durch Inhibition verschiedener Adhäsionsmoleküle oder durch Blockade proteolytischer Enzyme zu unterbinden.
die aus dem Resektat eines Primärtumors isoliert werden, können verbliebene Tumorzellen eliminiert werden.
12.5.4 Gentherapie Durch Einfügen von Genen, die eine Zytokinproduktion bewirken, können Immunzellen moduliert und deren Wirkung gesteigert werden.
π
Manipulation von Onkogenen und Tumor-Suppressorgenen bietet erstmals die Aussicht auf eine kausale Krebstherapie.
π
Durch die Transfektion mit einem Suizidgen können Tumorzellen einer spezifischen medikamentösen Therapie zugeführt werden.
π
Ein Hauptproblem dieser Therapie ist die unspezifische Transfektion von Normalzellen (z.B. Keimzellen).
12.5.5 Weitere therapeutische Ansätze Angiogenese-Inhibitoren bieten einen neuen adjuvanten Therapieansatz. Die Blockade metastasierungsrelevanter Adhäsionsmoleküle oder proteolytischer Enzyme sind weitere in der Entwicklung befindliche Therapieverfahren.
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259 13
Aspekte der Lebensqualität
13
Aspekte der Lebensqualität
13.1
Begriffsbestimmung
Thomas Küchler 13.1
Begriffsbestimmung
n Definition. Lebensqualität hat eine somatische, eine psychische, eine interpersonelle, eine sozioökonomische und eine spirituelle Dimension. Diese Dimensionen sind im subjektiven Erleben konditional miteinander verbunden.
Entwicklung des Begriffes: Der Begriff Lebensqualität oder »Quality of life« hat in den letzten Jahren in der Medizin eine erstaunliche Karriere gemacht. Erstaunlich insofern, als ihm jegliche wissenschaftliche Präzision fehlt, umgekehrt hingegen die mit dem Begriff verbundenen Assoziationsmöglichkeiten nahezu unbegrenzt sind. Anders ausgedrückt: Lebensqualität (LQ) ist ein philosophischer, ein politischer, ein ökonomischer, ein sozialwissenschaftlicher und neuerdings eben auch ein medizinischer Begriff. In der Philosophie hat bereits Aristoteles das zentrale messtheoretische Problem der LQ-Forschung formuliert: ». . . und oft ändert derselbe Mensch seine Meinung. Wird er krank, so ist es Gesundheit, und wenn er gesund ist, so ist es das Geld.«
Definition
Entwicklung des Begriffes: Der Begriff Lebensqualität hat eine erstaunliche Karriere gemacht.
Lebensqualität ist ein philosophischer, ein politischer, ein ökonomischer, ein sozialwissenschaftlicher und auch ein medizinischer Begriff.
Anders ausgedrückt: n Merke Lebensqualität bedeutet für Kranke etwas grundsätzlich Anderes als für Gesunde. π Die Bedeutung (Bewertung) einzelner Aspekte von Lebensqualität (LQ) ist individuell höchst unterschiedlich.
Merke
π
Aus sozialpsychologischer Sicht hat Hofstätter 1986 diese intra- und interindividuellen Unterschiede in der Bewertung dessen, was »Lebenszufriedenheit« – ein verwandter, aber nicht mit Lebensqualität gleichzusetzender Begriff – ausmacht, mit folgender Formel beschrieben: Bewertung dessen, was einer hat
=
Intra- und interindividuelle Unterschiede in der Bewertung von Lebensqualität lassen sich mit Hilfe der »Zufriedenheitsformel« verstehen.
Zufriedenheit
Erwartung
13.2
13.2.1
Determinanten der Bewertung von Lebensqualität Erlebnisdimensionen
13.2
Determinanten der Bewertung von Lebensqualität
13.2.1 Erlebnisdimensionen
Entsprechend dem eingangs erwähnten Grundkonsens bestimmt sich Lebensqualität aus (mindestens) 5 Dimensionen, nämlich der somatischen, der psychischen, der interpersonellen, der sozioökonomischen und der spirituellen Dimension. Diese sind im Erleben konditional verbunden ( 1 A-13.1). Jede dieser Dimensionen lässt sich detailliert beschreiben.
Lebensqualität besteht aus (mindestens) 5 Dimensionen, die im Erleben konditional verbunden sind ( 1 A-13.1).
Somatische Erlebnisdimension
Somatische Erlebnisdimension
Als Faktoren der somatischen Dimension sind zu differenzieren: π der funktionelle Status (z.B. mit dem Karnofsky-Index abgebildet und häufig [zu Unrecht] mit Lebensqualität gleichgesetzt) π allgemeine körperliche Beschwerden (z.B. Leistungsknick, Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Verdauungsbeschwerden usw.)
Sie umfasst: den funktionellen Status
π
π
allgemeine körperliche Beschwerden
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260
13 Aspekte der Lebensqualität
diagnosespezifische Symptome
π
therapiebedingte Symptome Schmerzen
π
π
π
geistige Leistungsfähigkeit
π
π
Sexualität.
π
π
π
π
diagnosespezifische Symptome (z.B. Gelbfärbung von Augen und Haut beim Gallenwegstumor oder die Schluckbeschwerden beim Ösophaguskarzinom) therapiebedingte Symptome (z.B. Übelkeit, Diarrhö) Schmerzen (als wohl wichtigste erlebbare Einschränkung der Lebensqualität), geistige Leistungsfähigkeit (z.B. eingeschränkt durch die Nebenwirkungen der Schmerztherapie) Sexualität im Sinne sexueller Funktionsfähigkeit (z.B. eingeschränkt durch das generelle Krankheitserleben oder durch spezifische Therapiemaßnahmen). Synopsis Dimensionen der Lebensqualität im Modell
F sc rem hä d tz ein un g
Be zu gs dim en sio n
1 A-13.1
Ku ltu r( zia polit le isc Gr up he) Ind Fa p e mi ivi l du u m ie so
interindividuell unterschiedliche Gewichtung
Zeitdimension
Vergangenheit Gegenwart nahe Zukunft
lic h ps yc hi sc in te h rp er so so zio ne ök ll on om isc h sp iri tu el l
er kö rp
S sc elb hä ste tz in un g
ferne Zukunft
Erlebnisdimension
Psychische Erlebnisdimension
Psychische Erlebnisdimension
Sie lässt sich beschreiben u.a. anhand von:
Als wichtigste Kategorien der im Laufe der Lebensgeschichte erworbenen psychischen Eigenschaften sind zu nennen: π Verhaltensmuster im Sinne von Anpassungsmöglichkeiten (»Coping«) an sich verändernde Lebensumstände π Wahrnehmungsmuster im Sinne von mehr oder weniger eingeschränkter »An-Erkennung« von Realität (z.B. verzerrt unter Stressbedingungen) π emotionales Erleben (z.B. von Freude, Ärger/Wut, Angst, Trauer bzw. Depression) π kognitive Fähigkeiten (als Begabung ebenso wie erlernte Fähigkeiten) π Motivation (z.B. als Wunsch und Wille, den Heilungsprozess aktiv mitzubestimmen, bzw. bei fehlender Motivation resignatives Sich-Fügen) π kommunikative Kompetenz (als Möglichkeit, sich anderen verständlich zu machen ebenso wie andere zu verstehen).
π
Verhaltensmustern
π
Wahrnehmungsmustern
π
emotionalem Erleben
π
kognitiven Fähigkeiten Motivation
π
kommunikativer Kompetenz.
π
Interpersonelle Erlebnisdimension
Interpersonelle Erlebnisdimension Die interpersonelle Dimension, die in der Literatur häufig unter der sozialen Dimension subsummiert wird, gesondert zu betrachten, begründet sich vor allem aus den vorliegenden Forschungsergebnissen zum Einfluss der sozialen Unterstützung auf den Gesundheitsstatus bzw. den Krankheitsverlauf.
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261
13.2.1 Erlebnisdimensionen Sie umfasst im Einzelnen: π die erlebte Qualität der signifikanten Beziehungen (also zu Ehepartnern, Eltern, eigenen Kindern und guten Freunden) π die erlebte eigene Fähigkeit, Beziehungen herzustellen (als Funktion der lebensgeschichtlich gelernten Beziehungsmuster) π die erlebten Beziehungsstrukturen (z.B. bilden sich hier die Beziehungen zu Ärzten und Pflegepersonal als abhängige oder in Grenzen symmetrisch strukturierte Beziehungen ab) π das übergreifende Netzwerk sozialer Kontakte und Bindungen.
Sie umfasst: π die erlebte Qualität der signifikanten Beziehungen π die erlebte eigene Fähigkeit, Beziehungen herzustellen π die erlebten Beziehungsstrukturen
π
n Merke. Gerade die psychische und die interpersonelle Dimension beeinflussen die Arzt-Patient-Interaktion in erheblichem Maße.
Sozioökonomische Erlebnisdimension Die sozioökonomische Dimension (ebenfalls häufig als soziale Dimension bezeichnet) umfasst die folgenden Bereiche: π Arbeit und Leistung (als häufig verwandtes Maß der Rehabilitation und indirektes Kriterium für Lebensqualität verwandt) π finanzielle Situation π Umwelt (als ökologischer Lebensraum) π Wohnverhältnisse π Freizeitmöglichkeiten usw.
das übergreifende Netzwerk sozialer Kontakte. Merke
Sozioökonomische Erlebnisdimension Sie umfasst die Bereiche: Arbeit und Leistung π Finanzen π Umwelt π Wohnverhältnisse π Freizeitmöglichkeiten. π
Spirituelle Erlebnisdimension
Spirituelle Erlebnisdimension
Hier finden Bereiche wie Religiosität, Lebenssinn, Umweltbewusstsein sowie ethisch motivierte Haltungen und Wertvorstellungen, die in unserem säkularisierten Zeitalter oft stellvertretend die stabilisierende Funktion von Religion übernehmen oder ergänzen, ihren Platz. Umweltbewusstsein wird hier verstanden als eigenständige Werthaltung im Sinne einer über den engen persönlichen Lebensrahmen hinausgehenden Verantwortlichkeit. Die faktisch vorgegebenen Umweltbedingungen und ihre Einflüsse auf die Lebensqualität, z.B. Asbestexposition, sind eher der sozioökonomischen Dimension zuzurechnen. Die Bedeutsamkeit dieser Dimension stellt sich in der täglichen psychosozialen Betreuung von Tumorpatienten immer wieder dar: Die Diagnose Krebs konfrontiert die Betroffenen mit der Endlichkeit ihres Lebens. Dies stellt die Fragen nach Lebenssinn in den Vordergrund. Der wohl häufigste Satz, der in Gesprächen mit Krebspatienten geäußert wird, lautet: »Warum gerade ich?«.
Sie umfasst Bereiche wie Religiosität, Lebenssinn, Umweltbewusstsein sowie ethisch motivierte Haltungen und Wertvorstellungen.
n Merke. Glauben und persönliche Wert- und Sinnvorstellungen werden durch den mit der Krebsdiagnose verbundenen »Sturz aus der normalen Wirklichkeit« (Gerdes 1986) in Frage gestellt.
Die individuelle Qualität dieser Frage lässt sich nicht mit dem Hinweis auf Statistiken, also Zufallswahrscheinlichkeiten beantworten. Vielmehr ist eben diese spirituelle Dimension von Lebensqualität angesprochen. Gerade Schwerstkranke setzen sich oftmals intensiv mit Fragen des Lebenssinns, der persönlichen Lebensbilanz usw. auseinander. Gleichzeitig vermag eine gelungene Neuorientierung in Fragen des Lebenssinns nicht zu unterschätzende Selbstheilungskräfte zu mobilisieren, in jedem Fall aber die Lebensqualität insgesamt zu verbessern. Diese hier überblickartig skizzierten Erlebnisdimensionen beeinflussen sich gegenseitig: sichere religiöse Überzeugung und stabile zwischenmenschliche Beziehungen können sich ebenso wie eine gelungene berufliche Rehabilitation positiv auf die psychische Verfassung auswirken.
Merke
Sinnfragen lassen sich nicht mit dem Hinweis auf statistische Befunde beantworten.
Sichere religiöse Überzeugung und stabile zwischenmenschliche Beziehungen können sich ebenso wie eine gelungene berufliche Rehabilitation positiv auf die psychische Verfassung auswirken.
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262 13.2.2 Zeitdimension und Bezugsdimension
13 Aspekte der Lebensqualität 13.2.2
Zeitdimension und Bezugsdimension
Die Subjektivität des Erlebens von Lebensqualität wird zusätzlich durch die Zeitdimension sowie die Bezugsdimension beeinflusst. n Merke. Lebensqualität hat neben der Ebene des subjektiven Erlebens als weitere Determinanten die Zeitdimension sowie die Bezugsdimension, die über das Individuum hinausweist: die Familie, die soziale Gruppe bis hin zu den (kultur-)politischen Gegebenheiten sind einzubeziehen.
Merke
Zeitdimension
Zeitdimension
Die Zeitdimension von Lebensqualität verweist auf die individuelle Lebensgeschichte (Vergangenheit), die den gegenwärtigen Status bestimmt und die Erwartungen an die nahe wie an die fernere Zukunft mitbestimmt.
Die aktuelle Lebensqualität in der Gegenwart bestimmt sich durch die Gesamtheit der persönlichen Erfahrungen, letztlich der Lebensgeschichte. Die Unterscheidung in nahe und fernere Zukunft ist allein schon deshalb wichtig, weil sie bei der Therapieindikation und der entsprechenden Aufklärung des Patienten eine wichtige Rolle spielt: bei fehlender kurativer Therapiemöglichkeit steht die Linderung (Palliation) der akuten und/oder kurzfristig zu erwartenden Symptome im Vordergrund. Ist hingegen langfristig eine echte Heilungschance gegeben, so sind Patienten natürlich eher bereit, kurzfristig erhebliche Einbußen ihrer Lebensqualität hinzunehmen.
Bezugsdimension
Bezugsdimension
Zur Bezugsdimension von Lebensqualität gehört nicht nur das Individuum, sondern die Familie, die soziale Gruppe sowie der politische und kulturelle Hintergrund.
Schließlich ist Lebensqualität natürlich nicht nur vom Individuum abhängig, sondern auch von der Familie und der sozialen Gruppe, in der dieser Mensch lebt, schließlich natürlich auch von kulturellen und politischen Rahmenbedingungen. Das sozialpsychologische Großexperiment der deutschen Wiedervereinigung hat hierfür positive wie negative Beispiele im Übermaß mit sich gebracht.
13.3
13.3
Bedeutung des Lebensqualitätskonzeptes für die Chirurgie
Für den Chirurgen ist die Abschätzung der Operationsfolgen in Hinblick auf die Lebensqualität Alltag. Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung von Funktionen sind ein zentraler Aspekt von Lebensqualität.
Hintergründe für das neue Interesse an Lebensqualitätsfragen: Überlebensqualität: Die Frage nach den Folgen einer Therapie nicht nur für die Überlebenszeit, sondern auch für die Qualität dieses Überlebens rückt in den Vordergrund.
π
π Psychosoziale Aspekte: Ihre Beachtung im Rahmen der medizinischen Behandlung wird heute als Qualitätsmerkmal angesehen.
Bedeutung des Lebensqualitätskonzeptes für die Chirurgie
Für den Chirurgen ist die Abschätzung der Operationsfolgen in Hinblick auf die Lebensqualität der Patienten Alltag: neben den immer vorrangigen Überlegungen zum Überleben des Kranken zielen operative Maßnahmen vor allem auf die Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung von Funktionen und damit auf einen zentralen Aspekt von Lebensqualität. Dabei sollte es immer um die Erweiterung des Blickfeldes über den funktionalen Status hinaus gehen. Auch der naturwissenschaftlich orientierte Arzt muss erkennen, dass, bei aller Anerkennung medizinischer Fortschritte, menschliche Existenz nicht nur in Labordaten, bildgebenden Verfahren, Operationsberichten und auch nicht nur in der Dauer von Überlebenszeiten reflektiert wird. Heute bilden 3 wesentliche Tendenzen der Medizin den Hintergrund für das neu belebte Interesse an Lebensqualitätsfragen: π Überlebensqualität: Die alles in allem betrachtet eher stagnierenden, wenngleich auch z.T. beachtlich besser werdenden kurativen Erfolge in der Krebsbehandlung rücken im Zusammenhang mit dem Ziel der bestmöglichen kurativen oder palliativen Behandlung die Frage nach den Folgen einer Therapie (oder deren Unterlassung!) nicht nur für die Überlebenszeit, sondern eben auch für die Qualität dieses Überlebens in den Vordergrund. π Psychosoziale Aspekte: Als Folge der ambivalenten Haltung der Öffentlichkeit gegenüber einer modernen Hochleistungsmedizin (mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der von der Medizin eine Garantie für uneingeschränkte »Reparatur« aller nur denkbarer Leiden erwartet wird, wird ihre Praxis oft genug als inhuman beklagt) werden psychosoziale Aspekte in der
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263
13.4 Methoden der Messung von Lebensqualität Medizin nicht mehr als »Gefühlsduselei« abgetan, sondern als qualitative Merkmale betrachtet. π Kosten-Nutzen-Analyse: Vor dem Hintergrund der sog. Kostenexplosion im Gesundheitswesen richtet sich der kritische Blick auf Fragen nach dem Nutzen des medizinischen Fortschritts und damit auch auf die systematische Erfassung von kurz-, mittel- und langfristigen Folgen therapeutischer Maßnahmen auf die Lebensqualität.
13.4
Methoden der Messung von Lebensqualität
Für die Praxis der Messung von Lebensqualität ist methodisch zwischen Fremdeinschätzung (z.B. durch den Arzt) und der Selbsteinschätzung (durch den Patienten) zu unterscheiden. Keine von beiden Methoden ist per se besser oder schlechter, manchmal ist jedoch die eine Form realistischer als die andere: Schmerz lässt sich nur sehr eingeschränkt von »außen« beurteilen, Partialfunktionen der Leber können sich einer validen Selbsteinschätzung durch den Patienten entziehen. Sinnvollerweise kommen beide Arten der Messung zusammen und ergänzen sich. Diese Überlegungen sind in die praktische Auswahl der Untersuchungsinstrumente mit einzubeziehen. Als Empfehlungen für systematische Analysen der Lebensqualität definierter (Patienten-)Gruppen lässt sich heute Folgendes sagen: Für eine hinreichend komplexe und gleichzeitig klinisch gut praktikable Messung der Lebensqualität auf der Basis von Fremdeinschätzung ist der Spitzer-Index (erfasst Gesundheitsstatus, tägliche Aktivität, Stimmung, Selbstständigkeit und soziale Interaktion) zu favorisieren, vor allem auch weil er im angloamerikanischen Sprachraum der gebräuchlichste ist ( 2 A-13.1).
2 A-13.1
Kosten-Nutzen-Analyse: Vor dem Hintergrund der sog. Kostenexplosion im Gesundheitswesen richtet sich der kritische Blick auf Fragen nach dem Nutzen des medizinischen Fortschritts.
π
13.4
Methoden der Messung von Lebensqualität
Für die Praxis der Messung von Lebensqualität ist methodisch zwischen Fremdeinschätzung (z.B. durch den Arzt) und der Selbsteinschätzung (durch den Patienten) zu unterscheiden.
Als Messinstrument zur Erfassung von Lebensqualität wird empfohlen: zur Fremdeinschätzung: der Spitzer-Index mit den Bereichen π Gesundheitsstatus, π tägliche Aktivität ( 2 A-13.1) π Stimmung π Selbstständigkeit und π soziale Interaktion.
Fremdeinschätzung des Bereiches »Aktivität« (Spitzer-Index)
Während der letzten Woche hat der Patient N ganztägig oder überwiegend in seinem Beruf/Haushalt oder anderen n freiwilligen Aktivitäten (ob berentet oder nicht) gearbeitet . . . . . . . . . . . . . . 2 N in seinem Beruf/Haushalt/freiwilligen Aktivitäten gearbeitet, jedoch war n größere Hilfe nötig oder die Aktivität musste gekürzt werden . . . . . . . . . . . . 1 N nicht arbeiten oder seinen Haushalt führen können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0 n
Für den Bereich der Selbsteinschätzung ist der im Rahmen der E.O.R.T.C.Study-Group-on-Quality-of-Life entwickelte Lebensqualitätsfragebogen EORTC-QLQ-C30 (Aaronson et. al.) aus folgenden Gründen zu empfehlen: π er ist multidimensional (s. 1 A-13.1 ) π er ist relativ kurz (ca. 30 Items, ca. 15 Minuten Aufwand für den Patienten) π er hat hinreichend gute Meßgüte-Eigenschaften π er wird in 15 europäischen Ländern angewandt und liegt in standardisierter Übersetzung in den entsprechenden Sprachen vor. Damit ist die Möglichkeit des so wichtigen Vergleiches internationaler Studien praktisch gegeben. Weiter sind durch das »Modul-Konzept« dieses Fragebogens zwei immer wieder kontrovers diskutierte methodische Ansätze integriert: Generalisierbarkeit und Spezifität. Es ist sinnvoll, verschiedene Diagnosegruppen unter dem Aspekt der Lebensqualität zu vergleichen, gleichzeitig aber die spezifischen Aspekte der unterschiedlichen Krebserkrankungen nicht zu vernachlässigen (hier liegt eine Schwäche des Spitzer-Index). Daher gliedert sich der E.O.R.T.C.-Fragebogen in einen allgemeinen, für alle Diagnosen gültigen Teil (»core-questionnaire«) und ein diagnosespezifisches Modul. Diese Module sind derzeit in verschiedenen Studien entweder schon erprobt oder in Entwicklung.
Für die Selbsteinschätzung: Lebensqualitätsfragebogen EORTCQLQ-C30
Dieser Fragebogen kann verschiedene Diagnosegruppen unter dem Aspekt der Lebensqualität vergleichen, vernachlässigt aber die spezifischen Aspekte der unterschiedlichen Krebserkrankungen nicht. Diese Zusammenfassung von Generalisierbarkeit und Spezifität wird in der Gliederung des Fragebogens in ein allgemeines und diagnosespezifisches Modul deutlich.
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13 Aspekte der Lebensqualität
Skalen des EORTC-QLQ-C30: allgemeines Modul: π funktioneller Status π Arbeitsfähigkeit π allgemeine somatische Symptome (Fatigue, Nausea, Schmerzen, gastrointestinale Symptome) π emotionale Funktion π kognitive Funktion π soziale Funktion π finanzielle Funktion
Skalen des EORTC-QLQ-C30: allgemeines Modul: π funktioneller Status π Arbeitsfähigkeit π allgemeine somatische Symptome (Fatigue, Nausea, Schmerzen, gastrointestinale Symptome) π emotionale Funktion π kognitive Funktion π soziale Funktion π finanzielle Belastung
+ diagnosespezifisches Modul.
+ diagnosespezifisches Modul.
13.5
13.5
Ausblick
Es geht darum, im 1. Schritt mehr über die kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen der chirurgischen und meist chemotherapeutischen und radiologischen Krebstherapie auf den ganzen Menschen zu lernen. Der nächste Schritt ist dann die regelrechte Einbeziehung von Lebensqualitätsaspekten in die Therapieentscheidung.
Messung ist kein Selbstzweck. Sonst wäre die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Lebensqualität einschließlich der jahrelangen Entwicklungen im Bereich der Messinstrumente nicht mehr als ein intellektuell-philosophisches Glasperlenspiel. Es geht darum, im 1. Schritt mehr über die kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen der chirurgischen, aber natürlich auch der internistischen, also meist chemotherapeutischen und radiologischen Krebstherapie auf den ganzen Menschen, also nicht nur auf seine Krankheit zu lernen. Langfristig sollten auch die sog. alternativen Therapieformen mit einbezogen werden. Dies geschieht zur Zeit, wenn auch noch unsystematisch. Der nächste Schritt ist dann die regelrechte Einbeziehung von Lebensqualitätsaspekten in die Therapieentscheidung. Hier ist festzustellen, dass solche Überlegungen heute vor allem dem Engagement des behandelnden Arztes überlassen sind. Hieraus ist der nächste, gleichzeitig schwierigste und verantwortungsvollste Schritt konsequent abzuleiten: n Merke. Es gilt, im Rahmen der Therapieentscheidung im Dialog mit dem Patienten die prognostisch zu erwartende Überlebenszeit in ein sinnvolles Verhältnis zur prognostizierbaren Qualität dieses Überlebens zu setzen.
Merke
Lebensqualität und Überlebenzeit sollen stärker als bisher in die Therapieentscheidung einbezogen werden.
13.6
Ausblick
Kritische Anmerkungen
Es besteht die Gefahr der Orientierung am Normalitätsbegriff.
Lebensqualität hat Gegenstand ärztlicher Kommunikation, nicht allein Gegenstand der Messung zu sein.
Zu betonen ist dabei, dass es nicht darum gehen wird, im Sinne einer »Allesoder-nichts-Entscheidung« sich für oder gegen eine Therapie zu entscheiden. Es ist jedoch vorstellbar, dass, bei annähernder Gleichheit der zu erwartenden Überlebenszeit, die Fähigkeit und Bereitschaft des Patienten zu erwartende Einschränkungen seiner Lebensqualität in Kauf zu nehmen stärker als bisher und vor allem auf der Basis gesicherter Daten in die Therapieentscheidung einbezogen wird. Je weniger Zeit sich der Arzt im Rahmen der modernen Hochleistungsmedizin für das über die angemessene Diagnostik hinausgehende persönliche Gespräch mit dem Patienten nimmt, desto wichtiger wird hierfür die (Weiter-)Entwicklung von validen und klinisch handhabbaren Messinstrumenten.
13.6
Kritische Anmerkungen
In dem Ausmaß, in dem Lebensqualität messbar wird, ist auch eine kritische Auseinandersetzung mit Konzept und Praxis notwendig. Gerdes weist zu Recht auf eine Gefahr hin, die im Konzept selbst liegt: es orientiert sich am Gesunden, am sogenannten »Normalen«, und mag somit dem betroffenen Patienten indirekt, aber umso schmerzlicher bewusst machen, wie weit er sich durch seine Krankheit von den Normen unserer Gesellschaft entfernt. Diese Kritik ist berechtigt, wenn als Lebensqualität in Forschung und medizinischer Praxis lediglich die körperlichen Aspekte in den Blick genommen
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13.6 Kritische Anmerkungen werden. Wird der Patient auch im Stadium der fortgeschrittenen Metastasierung nicht allein gelassen, sondern seine Verzweiflung, seine Wut, seine Zweifel und seine sich immer wieder neu konstituierende Hoffnung im Dialog mit dem behandelnden Arzt angenommen, verliert die Kritik an Substanz, wenn auch nicht an ihrer grundsätzlichen Berechtigung. Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich dadurch, dass mit der »Vermessung« des Kranken seine Verfügbarkeit und letztlich auch Manipulierbarkeit disponiert wird. Lebensqualitätsdaten sind intime Daten und unterliegen somit einer besonderen Aufmerksamkeit hinsichtlich Datenschutz und Schweigepflicht. Solche Daten sind für den behandelnden Arzt eine zusätzliche Möglichkeit, seinen Patienten besser zu verstehen, eben in seiner realen Ganzheit (s.o.). Sie eignen sich ebensowenig für eine neue Katalogisierung wie sie sich – aus umgekehrtem Blickwinkel – für eine am Ende juristisch einklagbare Fremdbeurteilung chirurgischer Leistungen eignen! Die eigentliche Gefahr liegt in der Schlagworthaftigkeit des Begriffes Lebensqualität selbst. Wird er nur oberflächlich in die Konvention gehoben und nicht inhaltlich gefüllt, wird er gar als Alibifunktion in ein sonst ungebrochen technizistisches Medizinverständnis übernommen, dann wird er mehr Schaden als irgendjemandem Nutzen bringen, am wenigsten den betroffenen Patienten. Trotz aller Bedenken bezüglich der Schlagworthaftigkeit des Begriffes »Lebensqualität« kann seine Integration in den medizinischen Alltag nutzbringend sein, sei es auch nur dadurch, dass die Aufmerksamkeit für alte Selbstverständlichkeiten wieder neue Gewichtungen erhält. Die mit »Lebensqualität« verbundenen Konzepte bieten die Möglichkeit, nicht nur in der Chirurgie neben den somatischen auch psychische und soziale Aspekte beim Patienten in den Blick zu nehmen. Im optimalen Fall kann der Begriff auch das gemeinsame Dach bieten, unter dem wirkliche Interdisziplinarität, deren Notwendigkeit heute ja kaum noch jemand in Frage stellt, zum Besten des Patienten praktiziert wird. Lebensqualität in der modernen Medizin ist in keinem Fall in optionaler »Luxusbegriff«, sondern verweist auf die reale Ganzheit des Menschen. Dies ist gewiss nicht neu, aber vielleicht doch in Hinblick auf die Attraktivität des technisch Machbaren in der modernen Hochleistungsmedizin wieder neu zu betonen.
265
Lebensqualitätsdaten sind datenschutzrechtlich sensible Daten!
Lebensqualitätsdaten sind subjektive Daten!
Lebensqualität sollte weder Schlagwort sein noch schlichte Alibifunktion haben!
Im optimalen Fall kann der Begriff auch das gemeinsame Dach bieten, unter dem wirkliche Interdisziplinarität zum Besten des Patienten praktiziert wird.
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267 14
Rechtsfragen
14
Rechtsfragen
14.1
Ärztliche Aufklärungspflicht
Heike Kraemer-Hansen 14.1
Ärztliche Aufklärungspflicht
Trotz mancher Kritik hält die Rechtsprechung daran fest, dass der ärztliche Eingriff, gleich ob er nun zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken erfolgt, als Körperverletzung anzusehen ist. Sanktionsfrei bleibt die Körperverletzung nur, wenn der Patient in die Behandlung eingewilligt hat. Zum ärztlichen Eingriff in diesem Sinne gehören alle Maßnahmen, die die körperliche Integrität des Patienten verletzen, also nicht nur Operationen, sondern z.B. auch Injektionen, Gewebeentnahmen, Bestrahlungen und die Applikation von Medikamenten mit erheblichen Nebenwirkungen. Unter diesen Voraussetzungen ist die ärztliche Aufklärungspflicht zu sehen. Der Arzt – es ist ihm nicht erlaubt, die Aufklärung nichtärztlichem Personal zu überlassen – hat den Patienten demnach über den Befund zu unterrichten und zu erläutern, was er für die Zukunft des Betroffenen bedeutet oder bedeuten kann. Ebenso ist zu erörtern, aus welchen Gründen der Eingriff vorgesehen ist, inwieweit er also ggf. notwendige diagnostische Erkenntnisse ermöglicht bzw. Heilung oder Besserung des Leidens erwarten lässt. Auf erprobte alternative Therapien oder Diagnoseverfahren ist hinzuweisen. Die Technik des Eingriffs braucht nicht in allen Einzelheiten dargelegt zu werden, wohl aber muss der Patient in groben Zügen über das geplante Vorgehen unterrichtet sein. Auch belastende Begleitumstände des Eingriffs, so etwa der Aufenthalt auf einer Intensivstation, die Intubation, der längerdauernde Anschluss an Infusionsgeräte oder Monitore, Schmerzen und andere Missbefindlichkeiten, vorübergehende Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten, sollten dem Patienten genannt werden. Auch auf die Prognose der Erkrankung bei Spontanverlauf bzw. unter konservativer Therapie ist hinzuweisen. Ganz herausragende Bedeutung kommt der Aufklärung über die sicheren und möglichen Folgen der ärztlichen Maßnahme sowie über die typischen und speziell mit diesem Eingriff an gerade diesem Patienten verbundenen Risiken zu, wobei an den Umfang der Aufklärungspflicht unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. n Merke. Typische Folgen müssen auch schon bei einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 % erwähnt werden.
Die Spannweite liegt zwischen der kosmetischen Operation auf der einen und der vitalen Indikation auf der anderen Seite. An den Umfang der Aufklärungspflicht werden, in Abhängigkeit der vorliegenden Indikationsstufe, unterschiedliche Anforderungen gestellt ( 2 A-14.1). Grundsätzlich gilt für den Umfang der Aufklärung: je dringlicher der Eingriff, desto entbehrlicher die Aufklärung, je elektiver der Eingriff, desto ausführlicher die Aufklärung. Bei kosmetischen Operationen werden die strengsten Maßstäbe angelegt. Selbst entfernteste Gefahren des Misslingens und die seltensten Risiken sind dem Patienten aufzuzeigen. Ähnliches gilt bei den diagnostischen Eingriffen. Auch hier stellt die Rechtsprechung höchste Anforderungen an die Hinweise auf Risiken und Komplikationen. Bei angezeigten, aber nicht notwendigen ärztlichen Eingriffen sinkt die Anforderungsschwelle. Trotzdem muss der Umfang der Aufklärung so bemessen sein, dass der Patient selbst entscheiden kann, ob er die gesundheitliche Beeinträchtigung weiterhin in Kauf nehmen oder sie trotz bestehender Risiken beseitigen lassen will. Eingriffe mit absoluter oder vitaler Indikation – Fälle also, in denen dem Patienten keine echte Wahlmöglichkeit verbleibt – grenzen die Aufklärungspflicht weiterhin ein.
Der ärztliche Eingriff zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken gilt rechtlich als Körperverletzung. Sanktionsfrei bleibt die Körperverletzung nur bei Einwilligung des Patienten in die Behandlung. Zum ärztlichen Eingriff gehören alle in die körperliche Integrität des Patienten eingreifenden Maßnahmen.
Die Aufklärung muss durch den verantwortlichen Operateur erfolgen. Dem Patienten sind die Befunde und Gründe des vorgesehenen Eingriffs zu erläutern. Auf alternative Therapien oder Diagnoseverfahren sowie auf die Prognose der Krankheit bei Spontanverlauf bzw. unter konservativer Therapie ist hinzuweisen. Über die Technik des Eingriffs muss der Patient in groben Zügen unterrichtet sein, ebenso über belastende Begleitumstände. Die Aufklärung hat die sicheren und möglichen Folgen sowie die typischen und speziell gerade mit diesem Patienten verbundenen Risiken des Eingriffs zu erläutern.
Merke
An den Umfang der Aufklärungspflicht werden – je nach Indikationsstufe – unterschiedliche Anforderungen gestellt ( 1 A-14.1). Vorgesehene kosmetische, aber auch diagnostische Eingriffe erfordern detaillierte Hinweise auch auf seltenste Komplikationen. Bei angezeigten, aber nicht notwendigen ärztlichen Eingriffen muss die Aufklärung dem Patienten mindestens die eigene Entscheidung ermöglichen, ob er die gesundheitliche Beeinträchtigung in Kauf nehmen oder sie trotz bestehender Risiken beseitigen lassen will. Geringste Anforderungen werden an die Aufklärung bei vitaler Indikation gestellt.
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14 Rechtsfragen
2 A-14.1
Indikationen für operative Eingriffe
Indikationsstufe
Umfang
Beispiel
N absolute Indikation n π absolut sofort π absolut dringlich
vitale Gefährdung, Notfälle
π
N relative Indikation n (= elektive)
Wahleingriff (es bestehen mehrere alternative Behandlungsmöglichkeiten)
Bypass-Operation, Koronardilatation, endoskopische Eingriffe
N palliative Indikation n
symptomatische Therapie ohne direkte Behandlung des Grundleidens (lebensverlängernde Maßnahme), Linderung der Beschwerden
Resektion eines Bronchialkarzinoms bei Luftnot durch Bronchuskompression
N prophylaktische Indikation n
operativer Eingriff vor Beginn einer Symptomatik
Kolektomie bei familiärer Polyposis coli
N diagnostische Indikation n
operativer Eingriff zu Diagnosezwecken
explorative Laparoskopie
N kosmetische Indikation n
operative Beseitigung subjektiv störender Befunde
Mamma-Silikon-Implantat
Merke
Der Zeitpunkt der Aufklärung ist so früh wie möglich zu wählen, um dem Patienten eine ausreichende Überlegungsfrist einzuräumen. Aufklärung unmittelbar vor dem Eingriff reicht nicht aus, ebensowenig nicht die an seinem Vorabend. Aufklärung am Vortage ist bei weniger komplizierten und risikoärmeren Maßnahmen zulässig.
Eine ausreichende Überlegungsfrist ist dem Patienten im Regelfall einzuräumen. Einwilligen kann nur der bewusstseinsklare, einsichts- und urteilsfähige Patient. Vital indizierte Eingriffe gegen den erklärten Willen eines bewusstseinsklaren und geschäftsfähigen Patienten sind strafbar (Selbstbestimmungsrecht). Minderjährige ab 14 Jahren können selbst entscheiden. Ihre Entscheidung geht vor, ein anderslautender Wille der gesetzlichen
π
sofort: SHT, Aneurysmaruptur, Spannungspneumothorax dringlich: Fraktur 3. Grades
n Merke. Missverstandene oder in ihrer Bedeutung nicht erfasste medizinische Fachausdrücke oder Zusammenhänge können die Einverständniserklärung unwirksam machen. Das Aufklärungsgespräch muss deshalb dem Bildungsstand des Patienten angepasst sein und der Arzt sich ständig vergewissern, dass der Patient zu folgen versteht.
Auch der Zeitpunkt der Aufklärung vermag Einfluss auf die Wirksamkeit der Einwilligung auszuüben. Feste, insbesondere schriftlich fixierte Regeln über den für die Risikoaufklärung zu wählenden Termin gibt es nicht. Der sehr umfangreichen Rechtsprechung sind indessen folgende Grundsätze zu entnehmen. Danach reicht eine Aufklärung unmittelbar vor dem Eingriff ebensowenig aus wie eine an seinem Vorabend. Eine Aufklärung am Vortage ist jedenfalls dann noch rechtzeitig, wenn es sich um einen einfachen Eingriff oder um einen solchen mit geringen bzw. weniger einschneidenden Risiken handelt. Gleiches gilt für Notoperationen und Eingriffe, bei denen die für die Operationsindikation entscheidenden Voruntersuchungen nicht früher vorliegen. Soll ein Patient einem Arzt gegenüber definitiv seine Bereitschaft erklären, sich bei ihm zu einem genau festgelegten und in absehbarer Zeit liegenden Termin einem bestimmten operativen Eingriff zu unterziehen, ohne dass dies noch von den Ergebnissen weiterer wichtiger Untersuchungen abhängig gemacht wird, hat die Risikoaufklärung zu diesem Zeitpunkt zu erfolgen; es sind keine medizinischen Interessen erkennbar, die es generell geboten erscheinen lassen, mit der Aufklärung etwa bis zur Aufnahme des Patienten ins Krankenhaus zu dem vorbestimmten Termin zu warten. Im Regelfall ist dem Kranken also eine ausreichende Überlegungsfrist einzuräumen, die ihm Gelegenheit geben muss, das Für und Wider, Nutzen und Risiken des Eingriffs in Ruhe abzuwägen, sich mit Menschen seines Vertrauens zu beraten und Erkundigungen einzuholen. Wirksam einwilligen kann nur, wer bewusstseinsklar uneingeschränkt einsichts- und urteilsfähig ist. Vital indizierte Eingriffe gegen den erklärten Willen eines bewusstseinsklaren und geschäftsfähigen Patienten sind strafbar (Selbstbestimmungsrecht). Diese Voraussetzungen erfüllt in vielen Fällen auch der nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften nicht voll geschäftsfähige minderjährige Patient. Hier geht seine Entscheidung vor, ein anderslautender Wille der gesetzlichen Vertreter wäre unbeachtlich. Deren Zustimmung ist aber in Zweifelsfällen einzuholen wie überhaupt bei Kindern unter 14 Jahren.
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14.2 Haftpflichtversicherung
269
Schwierigkeiten treten auf, wenn ein Sorgeberechtigter aus Uneinsichtigkeit oder weltanschaulichen bzw. religiösen Gründen dem Eingriff nicht zustimmen will. Hier kommt als Ultima ratio die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts in Betracht.
Vertreter wäre unbeachtlich. Stimmt ein Sorgeberechtigter einem Eingriff nicht zu, kommt als Ultima ratio die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts in Betracht.
Klinischer Fall Nach Straßenverkehrsunfall wird ein 8-jähriges Kind mit offensichtlich erheblichen inneren Verletzungen stationär aufgenommen. Die anwesenden Eltern verweigern strikt die Einwilligung in jede ärztliche Behandlungs-
maßnahme mit der Begründung, wenn es Gottes Wille sei, werde das Kind auch ohne medizinische Hilfe überleben; andernfalls sei sich seiner Entscheidung zu beugen.
Ist der zur Einwilligung berechtigte Patient ohne Bewusstsein oder der gesetzliche Vertreter nicht erreichbar, rechtfertigt sich der Eingriff unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung. Dieser Rechtfertigungsgrund greift ein, wenn die Würdigung der Sachlage die Annahme zulässt, dass der Rechtsgutinhaber seine Zustimmung erteilt hätte. Bei vorher geäußertem entgegenstehenden Willen ist die Berufung auf die mutmaßliche Einwilligung aber ausgeschlossen.
Ein Eingriff rechtfertigt sich unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung, wenn der zur Einwilligung berechtigte Patient ohne Bewusstsein ist.
Klinischer Fall Ein Tumorpatient erklärt, er wünsche keine palliativen oder kurzfristig lebensverlängernden Maßnahmen, wenn sich bei seiner geplanten Operation die Inkurabilität des Karzinoms herausstellen sollte. Hier ist der Arzt intraoperativ an einem entsprechenden Vorgehen gehindert,
14.2
da er den entgegenstehenden Willen des Patienten kennt. Anders liegt der Fall bei einem bewusstlos eingelieferten Suizidanten. Hier geht man davon aus, dass der Patient – nunmehr ärztlich versorgt – seinen Willen geändert hat und jetzt doch seine Rettung wünscht.
Haftpflichtversicherung
Wer regelwidrig und schuldhaft einem anderen einen Vermögens-, Sachoder Körperschaden zufügt, ist verpflichtet, dem Geschädigten Ersatz zu leisten. Der Arzt haftet für einen Behandlungsfehler, der bei einem Patienten zu einem konkreten Schaden geführt hat. Die mit einer solchen Verpflichtung zur Schadensersatzleistung verbundenen z.T. erheblichen finanziellen Risiken lassen sich über eine entsprechende Berufshaftpflichtversicherung decken.
14.2
Haftpflichtversicherung
Eine Berufshaftpflichtversicherung deckt im Falle eines Behandlungsfehlers die finanziellen Risiken des Arztes ab.
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271 15
Versicherungswesen und chirurgische Begutachtung
15
Versicherungswesen und chirurgische Begutachtung
15.1
Versicherungswesen
Heike Kraemer-Hansen 15.1
Versicherungswesen
Das Gesundheitswesen wird in Deutschland von einem komplexen Versicherungssystem getragen und finanziert. Speziell der Chirurg sollte Kenntnis und Orientierung über nachstehend genannte Versicherungen haben.
15.1.1
Gesetzliche Krankenversicherung
Die staatlich betriebene Sozialpolitik hat im Bereich Sozialversicherung (Kranken-, Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) seit Ende des letzten Jahrhunderts das System der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelt. Es soll dem Schutz vornehmlich von Arbeitnehmern gegen Mehraufwand und wirtschaftliche Nachteile dienen, die durch Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft entstehen können. Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind gem. § 4 des V. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) die π Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) π Betriebskrankenkassen (BKK) π Innungskrankenkassen (IKK) π Knappschaftliche Versicherung (Bundesknappschaft) π landwirtschaftlichen Krankenkassen π See-Krankenkasse π Ersatzkassen. Die Mitgliedschaft in einer dieser Krankenkassen ist für bestimmte Personengruppen Pflicht. Versicherungspflichtig sind u.a. die Mehrzahl der Arbeiter und Angestellten, gegen Arbeitsentgelt zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, Behinderte in besonderen Anstellungsverhältnissen sowie Studenten, diese regelmäßig nur bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters bzw. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (§ 5 SGB V). Mitversichert sind im Allgemeinen der Ehegatte und die Kinder des Versicherungspflichtigen (§ 10 SGB V). Versicherungsfrei sind u.a. Selbstständige, Arbeiter und Angestellte nach Überschreiten einer bestimmten Jahresarbeitszeitentgeltsgrenze, Beamte, Richter, Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit sowie Beschäftigte, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben (§ 6 SBG V). Im Regelfall tragen die versicherungspflichtig Beschäftigten und ihre Arbeitgeber die nach der Höhe des Arbeitsentgelts bemessenen Beiträge jeweils zur Hälfte (§ 249 SBG V) (paritätische Finanzierung). Die gesetzliche Krankenversicherung arbeitet nach dem Solidaritätsprinzip, d.h. die Beiträge sind für alle Mitglieder, entsprechend ihrem Einkommen, gleich (prozentual festgesetzter Teil des Einkommens). Auch die Leistungen der Krankenversicherung für die versicherten Mitglieder sind gleich. Zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehören u.a. solche zur Förderung der Gesundheit, zur Verhütung und zur Früherkennung von Krankheiten, bei Krankheit ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, Zahlung von Krankengeld, bei Schwangerschaft und Mutterschaft ärztliche Betreuung, stationäre Entbindung, Mutterschaftsgeld, bei Tod Sterbegeld (§ 21 SBG I, § 11 SBG V).
Das Gesundheitswesen wird in Deutschland von einem komplexen Versicherungssystem getragen und finanziert. Speziell der Chirurg sollte Kenntnis und Orientierung über nachstehend genannte Versicherungen haben. 15.1.1 Gesetzliche Krankenversicherung Die gesetzliche Krankenversicherung dient dem Schutz der Arbeitnehmer vor wirtschaftlichen Nachteilen durch Krankheit, Unfälle oder Schwangerschaft. Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind die π Allgemeinen Ortskrankenkassen π Betriebskrankenkassen π Innungskrankenkassen π Knappschaftliche Versicherung π landwirtschaftliche Krankenkassen π See-Krankenkasse π Ersatzkassen. Pflichtmitgliedschaft besteht für die Mehrzahl der Arbeiter und Angestellten. Mitversichert sind im Allgemeinen der Ehegatte und die Kinder des Versicherungspflichtigen (§ 10 SBG V). Versicherungsfrei sind Selbstständige, Arbeiter und Angestellte nach Überschreiten einer bestimmten Einkommensgrenze. Arbeitgeber und Beschäftigte tragen im Regelfall die Beiträge je zur Hälfte (paritätische Finanzierung). Die gesetzliche Krankenversicherung arbeitet nach dem Solidaritätsprinzip, d.h. die Beiträge sind für alle Mitglieder, entsprechend ihrem Einkommen, gleich. Auch die Leistungen der Krankenversicherung für die versicherten Mitglieder sind gleich. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung: π Gesundheitsvorsorge π ärztliche und zahnärztliche Behandlung π Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln π Krankenhausbehandlung π Zahlung von Krankengeld, Mutterschaftsgeld und Sterbegeld.
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272 15.1.2 Gesetzliche Unfallversicherung Sie versichert den Arbeitnehmer gegen Folgen von Arbeitsunfällen, zu denen auch die Berufskrankheiten zählen. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind: π gewerbliche und landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften π See-Berufsgenossenschaft π Gebietskörperschaften als Eigenunfallversicherungsträger (Bund, Länder, Städte und Gemeinden).
Versichert sind alle Beschäftigten in einem Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis, auch Künstler und Artisten sowie Kindergartenkinder, Schüler und Studierende während der Ausbildung. Versicherungsfrei sind Beamte und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer, selbstständige Ärzte, Zahnärzte und Apotheker und Mitglieder geistlicher Genossenschaften. Die Versicherungsbeiträge entrichtet ausschließlich der Unternehmer. Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherungen: π Unfallverhütung π Überwachung von Unfallverhütungsvorschriften π Rehabilitation nach Arbeitsunfall π Rentenzahlungen an Verletzte, Angehörige und Hinterbliebene. Rente wird nur bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um mind. 20 % gezahlt, eine Dauerrente erst 2 Jahre nach dem Unfall.
Beruflich Unfallverletzte sind dem Durchgangsarzt vorzustellen. Diese sind von den Berufsgenossenschaften ausgewählte Fachärzte (Chirurgen, Orthopäden). Ihnen obliegt die Entscheidung, ob für den Patienten ein berufsgenossenschaftliches Heilverfahren in Betracht kommt.
15.1.3 Gesetzliche Rentenversicherung Die gesetzliche Rentenversicherung leistet Rentenzahlung bei Alter, Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Todes. Träger der Rentenversicherung sind: π Landesversicherungsanstalten π Bundesbahn-Versicherungsanstalt π Seekasse π Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
15 Versicherungswesen und chirurgische Begutachtung 15.1.2
Gesetzliche Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung ist als Teil der Sozialversicherung (§ 1 SGB IV) die Versicherung gegen die Folgen von Arbeitsunfällen, zu denen gemäß § 551 der Reichsversicherungsordnung (RVO) auch die Berufskrankheiten zählen. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind für die allgemeine Unfallversicherung die (gewerblichen) Berufsgenossenschaften (§ 646 RVO), für die landwirtschaftliche Unfallversicherung die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (§ 790 RVO) und für die See-Unfallversicherung die SeeBerufsgenossenschaft (§ 850 RVO). Daneben bestehen die Eigenunfallversicherungsträgerschaften z.B. des Bundes, der Länder, einzelner Großstädte und der in Gemeindeunfallversicherungsverbänden zusammengeschlossenen Städte und Gemeinden (§ 766 ff. RVO). Versichert sind u.a. die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten, Heimarbeiter, Künstler und Artisten unter bestimmten Voraussetzungen, landwirtschaftliche Unternehmer, Personen, die bei Unglücksfällen Hilfe leisten, Kinder während des Besuchs von Kindergärten, Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen, Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen (§ 539 RVO). Von der Versicherungspflicht ausgenommen sind u.a. Personen, für die beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften oder entsprechende Grundsätze gelten, selbstständige Ärzte, Zahnärzte und Apotheker und Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen, Schwestern vom Roten Kreuz, wenn ihnen nach den Regeln ihrer Gemeinschaft lebenslange Versorgung gewährleistet ist (§ 541 RVO). Die Mittel für die Ausgaben der Versicherungsträger werden ausschließlich von den Unternehmern aufgebracht (§§ 723, 802, 870 RVO). Vorrangige Aufgabe der Versicherungsträger ist die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten u.a. durch Erlass (§ 708 RVO) und Überwachung (§ 712 RVO) von Unfallverhütungsvorschriften. Nach eingetretenem Arbeitsunfall bildet die Rehabilitation von Gesetzes wegen das Ziel der Leistungen (§§ 537, 556 RVO). Die Heilbehandlung umfasst u.a. ärztliche und zahnärztliche Betreuung, Arznei- und Verbandmittel, Heilmittel einschließlich Krankengymnastik, Bewegungs-, Sprach- und Beschäftigungstherapie, Ausstattung mit Körperersatzstücken, Belastungserprobung und Arbeitstherapie (§ 557 RVO). Weitere Leistungen bestehen u.a. in Geldzahlungen (bis hin zur Rente) an den Verletzten, seine Angehörigen und seine Hinterbliebenen (§§ 537, 547 RVO). Rente wird von der Berufsgenossenschaft nur bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 % gezahlt. Eine Dauerrente kann erst 2 Jahre nach Unfall gewährt werden (vorher: Übergangsrente). Zu beachten ist, dass beruflich Unfallversicherte vom Erstbehandler (H-Arzt, der nur spontan in Anspruch genommen werden kann, insofern an der Heilbehandlung beteiligt ist, dem aber kein Verletzter überwiesen werden darf) einem Durchgangsarzt vorzustellen sind, wenn er weiterer ärztlicher Versorgung bedarf. Durchgangsärzte sind von den Berufsgenossenschaften ausgewählte Fachärzte (Chirurgen, Orthopäden), denen die Entscheidung obliegt, ob für den Patienten ein besonderes berufsgenossenschaftliches Heilverfahren in Betracht kommt oder ob die gewählte Art der Behandlung ausreicht.
15.1.3
Gesetzliche Rentenversicherung
Die gesetzliche Rentenversicherung leistet Renten wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und wegen Todes (§ 33 SBG VI). Träger der Rentenversicherung sind die π Landesversicherungsanstalten (LVAen) π Bundesbahn-Versicherungsanstalt π Seekasse π Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA)
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273
15.2 Chirurgische Begutachtung Bundesknappschaft landwirtschaftlichen Alterskassen. (§§ 127, 132, 136 SBG VI, § 32 I SBG IV). Versicherungspflichtig sind u.a. Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, Behinderte, die in bestimmten Einrichtungen tätig sind oder Leistungen erbringen (§ 1 SGB VI), selbstständig Tätige unter bestimmten Voraussetzungen (§ 2 SGB VI). Versicherungsfrei sind u.a. Beamte und Richter, Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, andere Beschäftigte, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung sowie Hinterbliebenenversorgung gewährleistet ist und Selbstständige (§ 5 SGB VI). Generell tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beiträge je zur Hälfte (paritätische Finanzierung mit Bundeszuschuss) (§ 168 I Ziff. 1 SBG VI), jedoch gibt es eine Vielzahl abweichender Regelungen (§ 168 ff. SGB VI). Finanzierung und Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen nach dem Solidaritätsprinzip. Die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird geleistet als Rente wegen Berufsunfähigkeit, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder als Rente für Bergleute (§ 33 III SGB VI).
Bundesknappschaft landwirtschaftliche Alterskassen. Versicherungspflichtig sind gegen Entgelt Beschäftigte, in der Berufsausbildung Befindliche, Behinderte und selbstständig Tätige unter bestimmten Voraussetzungen. Versicherungsfrei sind Beamte und ihnen gleichgestellte Beschäftigte.
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n Merke. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 II SBG VI).
n Merke. Erwerbsunfähig ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in gesetzlich näher bestimmter Mindesthöhe zu erzielen (§ 44 II SGB VI).
Leistungen zur Rehabilitation haben indessen Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreicher Rehabilitation nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen wären (§ 9 I SGB VI). Zu den Rehabilitationsleistungen zählen u.a. ärztliche Behandlung, Arznei-, Verband- und Heilmittel, Krankengymnastik, Bewegungs-, Sprach- und Beschäftigungstherapie, Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel (§ 15 SGB VI).
15.1.4
Private Versicherungen
Die in den aufgeführten gesetzlichen Versicherungen nicht pflichtversicherten Personen haben die Möglichkeit, die entsprechenden Risiken bei privaten Versicherungen abzudecken (z.B. private Krankenversicherungen mit Leistungen nach dem Kostenerstattungsprinzip und Finanzierung nach dem Äquivalenzprinzip). Zu Haftpflichtversicherung s. Kap. A-14.2.
15.2
Chirurgische Begutachtung
Insbesondere Gerichte, Staatsanwaltschaften, Verwaltungsbehörden und Versicherungen benötigen häufig und in vielfacher Hinsicht für die rechtliche Beurteilung der Folgen von Ereignissen, die zu chirurgischer Intervention führten oder führen können, die sachverständige Beratung durch den Arzt. In diesen Fällen erteilen sie einen Gutachtenauftrag, der einen präzisen Fragenkatalog enthalten muss.
Die Versicherungsbeiträge werden je zur Hälfte von Arbeitgeber und -nehmer getragen (zahlreiche Ausnahmen). Finanzierung und Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen nach dem Solidaritätsprinzip. Rentenzahlung erfolgt bei Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), bei Berufsunfähigkeit, als Rente für Bergleute. Merke
Merke
Es gilt der Grundsatz: Rehabilitation vor Rentenleistung. Rehabilitationsleistungen sind u.a.: ärztliche Behandlung, Heilmittel, Krankengymnastik, Körperersatzstücke.
15.1.4 Private Versicherungen Private Versicherungen kommen für nicht pflichtversicherte Personen in Betracht.
15.2
Chirurgische Begutachtung
Gutachtenaufträge mit einem präzisen Fragenkatalog werden häufig von Gerichten, Staatsanwaltschaften oder Versicherungen angefordert.
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274 Zu unterscheiden sind Formulargutachten (nur wenig Raum für Antworten) und freie Gutachten, bei welchen der Gutachter den Umfang seiner Ausführungen selbst bestimmt. Form und Aufbau eines freien Gutachtens erfolgt nach bestimmten Regeln.
Einleitend sind der Auftraggeber, dessen Aktenzeichen, das Datum des Auftrags und das Eingangsdatum sowie die Personalien des zu Begutachtenden anzugeben. Die Fragestellung des Gutachtenauftrages ist wörtlich zu wiederholen. Es folgt eine knappe Sachverhaltsdarstellung aus den Aktenunterlagen. Die anschließende Anamnese des zu Begutachtenden berücksichtigt die gegenwärtigen Beschwerden und die Vorund Nebenerkrankungen. Die vom Gutachter durchgeführten Untersuchungen und erhobenen Befunde werden ohne jede Wertung wiedergegeben. Die Untersuchung umfasst den ganzen Körper, jede mögliche Verletzungsfolge muss berücksichtigt werden. Danach ist Raum für Diagnose(n), kritische Würdigung und Stellungnahmen. Das Ende des Gutachtens wiederholt die gestellten Fragen und gibt darauf knappe, eindeutige Antworten. Fremdwörter und insbesondere medizinische Fachausdrücke sind zu vermeiden.
15 Versicherungswesen und chirurgische Begutachtung Abgesehen von den oft verwendeten Formulargutachtenaufträgen, die meistens nur wenig Raum für die Antworten lassen, erfordern ausführliche Beurteilungen das freie Gutachten, das dem Gutachter überlässt, den Umfang der von ihm für notwendig erachteten Untersuchungen und seiner Ausführungen selbst zu bestimmen. Für die Form und den Aufbau des Gutachtens haben sich indessen gewisse Regeln gebildet, deren Beachtung dem Auftraggeber – fast ausnahmslos handelt es sich um medizinische Laien – Transparenz verschaffen und die Nachvollziehbarkeit medizinischer Beweisführung ermöglichen soll. Einleitend sind der Auftraggeber, sein Aktenzeichen, das Datum des Auftrags und seines Einganges beim Gutachter sowie die Personalien des zu begutachtenden Probanden zu benennen. Sodann ist die Fragestellung des Gutachtenauftrages wörtlich zu wiederholen. Es folgt eine knappe Darstellung des Sachverhalts, wie er sich aus den Aktenunterlagen ergibt. Der Auftraggeber kann daraus ersehen, ob der Gutachter für seine Beurteilung von denselben »Anknüpfungstatsachen« ausgeht wie er selbst. Danach ist die Anamnese des zu Begutachtenden wiederzugeben, die besonders seine Klagen über gegenwärtige Beschwerden und – soweit feststellbar – Angaben über Vor- und Nebenerkrankungen enthalten muss. Der nächste Abschnitt stellt – ohne jede Wertung – die vom Gutachter durchgeführten Untersuchungen und erhobenen Befunde dar. Beim freien Gutachten wird stets der ganze Körper untersucht, und jede denkbare Verletzungsfolge muss berücksichtigt werden. Erst in der Beurteilung ist Raum für die Diagnose(n), kritische Würdigungen und abschließende Stellungnahmen. Zum Schluss sind die gestellten Fragen zu wiederholen und die Antworten darauf knapp und eindeutig zu erteilen. Es sei noch einmal betont, dass sich das Gutachten fast immer an medizinische Laien richtet und auch für den Begutachteten selbst verständlich sein muss. Es ist deshalb von Fremdwörtern und insbesondere medizinischen Fachausdrücken frei zu halten; statt dessen sind die deutschen Begriffe zu verwenden (z.B. Blinddarmentzündung anstelle von Appendizitis).
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Teil B Spezielle Chirurgie B-1 B-2 B-3 B-4 B-5 B-6 B-7 B-8 B-9 B-10 B-11 B-12 B-13 B-14 B-15 B-16 B-17 B-18 B-19 B-20 B-21 B-22 B-23 B-24 B-25 B-26 B-27 B-28 B-29 B-30
Ösophagus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwerchfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magen und Duodenum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dünndarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Appendix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kolon und Rektum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gallenblase und Gallenwege . . . . . . . . . . . . . Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Portale Hypertension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Milz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Endoskopie in der Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . Minimal-invasive Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . Hals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schilddrüse und Nebenschilddrüsen . . Nebenniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Retroperitoneum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brustdrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hernien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weichteiltumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kinderchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefäßchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herzchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thoraxchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Traumatologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plastische Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B-31 Neurochirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
275 303 313 357 381 391 433 469 505 533 547 573 589 623 641 655 691 707 713 745 765 775 819 873 947 1001 1065 1249 1299 1321 1341
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
275 1
Ösophagus
1
Ösophagus
Anatomie
Mathias Löhnert, Horst Schaube 1.1
Anatomie
1.1
1.1.1
Topographische Anatomie
1.1.1 Topographische Anatomie
Der Ösophagus beginnt distal des Krikoidknorpels und ist 25–30 cm lang. Er schwankt in seinem Lumendurchmesser je nach Kontraktionszustand seiner Muskularis stark und wird in 3 Abschnitte unterteilt. Das proximale Ösophagusdrittel (Pars cervicalis), das sich vom oberen Ösophagussphinkter (OÖS) bis zur Trachealbifurkation erstreckt, das mittlere Drittel (Pars thoracica) von der Bifurkation bis zum Hiatus oesophagei im Zwerchfell und das distale Drittel (Pars abdominalis), das vom Hiatus bis zur Einmündung in den Magen reicht. In jedem Ösophagusdrittel finden sich umschriebene Einengungen des Lumens, die auch Ösophagusengen genannt werden. Die obere Ösophagusenge (Ösophagusmund) stellt die engste Stelle der Speiseröhre überhaupt dar, das Lumen kann hier einen maximalen Durchmesser von 1,5 cm erreichen. Sie wird durch die fehlende Dehnbarkeit des Ösophagus durch den Ringknorpel bedingt. Die mittlere Ösophagusenge befindet sich in Höhe der Bifurkation der Trachea und ist durch die Überkreuzung von linkem Hauptbronchus und Aortenbogen ausgelöst. Die untere Ösophagusenge entsteht beim Durchtritt der Speiseröhre durch das Zwerchfell. Wie bei dem gesamten Rumpfdarm unterscheidet man beim Ösophagus eine typische Wandschichtung: lumenwärts gelegen findet sich die Mukosa mit der Lamina epithelialis mucosae, der Lamina propria mucosae und der Lamina muscularis mucosae. Daran anschließend liegt die Submukosa gefolgt von der Muskularis, die in ein innen liegendes Stratum circulare und ein außen liegendes Stratum longitudinale unterteilt wird. Außen schließt sich die Adventitia oder Subserosa an. Eine Serosa fehlt. Die arterielle Gefäßversorgung der Speiseröhre erfolgt über Rr. oesophageales im proximalen Drittel aus Ästen der A. thyreoidea inferior, im mittleren Drittel direkt aus der Aorta thoracica und im abdominellen Abschnitt aus der A. gastrica sinistra. Der venöse Abfluss geschieht über einen ausgedehnten intra- und submukös gelegenen venösen Plexus, der über die Vv. oesophageales in die V. azygos abfließt und durch den Venenplexus Verbindung zu den Magenvenen hat (portokavale Anastomose). Die Lymphgefäße des Ösophagus bilden in der gesamten Wand ein engmaschiges, langgestrecktes Netz mit reichlich Queranastomosen. Dies begünstigt im Falle einer malignen Erkrankung der Speiseröhre die Absiedlung von Lymphknotenmetastasen auch in tumorferne Lymphknoten. Der Lymphabfluss erfolgt im oberen Drittel über zervikale, mediastinale, bronchiale und subklavikuläre Lymphknoten. Im mittleren und distalen Drittel dränieren sich die Lymphgefäße in Lymphknoten entlang der A. gastrica sinistra und des Truncus coeliacus. Die Innervation der Speiseröhre wird im proximalen Drittel durch Rr. oesophagei aus dem N. laryngeus recurrens beidseits vorgenommen. Im übrigen Ösophagus wird die nervale Steuerung durch den Plexus oesophageus übernommen, in den beide Nn. vagi einstrahlen.
1.1.2
Funktionelle Anatomie
Die Muskularis der Speiseröhre wird im oberen Drittel durch quergestreifte, in den unteren zwei Dritteln durch glatte Muskulatur gebildet. Die quergestreiften Muskeln im Halsteil stellen Ausläufer des M. constrictor pharyngis dar, der oberhalb des M. cricopharyngeus (oberer Ösophagussphinkter, OÖS) den Abschluss der Schlundmuskulatur bildet. Am Übergang vom M. constrictor pharyngis zum M. cricophayngeus entsteht an der dorsalen
Der Ösophagus ist 25–30 cm lang und schwankt in seinem Lumendurchmesser je nach Kontraktionszustand seiner Muskularis stark. Er wird in 3 Abschnitte unterteilt: π Pars cervicalis π Pars thoracica π Pars abdominalis. In jedem Ösophagusdrittel finden sich umschriebene Einengungen des Lumens: π obere Ösophagusenge (= Ösophagusmund; gebildet durch den Ringknorpel) π mittlere Ösophagusenge (Überkreuzung von linkem Hauptbronchus und Aortenbogen) π untere Ösophagusenge (Durchtritt durch den Hiatus oesophagei). Man findet im Ösophagus die für den gesamten Rumpfdarm typische Wandschichtung: Lumenwärts gelegen findet sich die Mukosa, daran anschließend liegt die Submukosa, gefolgt von der Muskularis. Außen schließt sich die Adventitia oder Subserosa an. Eine Serosa fehlt. Die arterielle Gefäßversorgung der Speiseröhre erfolgt über Rr. oesophageales aus der A. thyreoidea inferior, der Aorta thoracica und aus der A. gastrica sinistra. Der venöse Abfluss geschieht über einen venösen Plexus mit Dränage in die V. azygos und Verbindung zu den Magenvenen (portokavale Anastomose). Die Art der Lymphversorgung des Ösophagus begünstigt die Absiedlung von Lymphknotenmetastasen auch in tumorferne Lymphknoten. Der Lymphabfluss erfolgt dabei in zervikale, mediastinale, bronchiale und subklavikuläre Lymphknoten und in Lymphknoten entlang der A. gastrica sinistra und des Truncus coeliacus. Die Innervation der Speiseröhre erfolgt im proximalen Drittel durch den N. laryngeus recurrens beidseits, distal durch den Plexus oesophageus, in den beide Nn. vagi einstrahlen. 1.1.2 Funktionelle Anatomie Die Muskularis der Speiseröhre wird im oberen Drittel durch quergestreifte, in den unteren zwei Dritteln durch glatte Muskulatur gebildet. Am Übergang vom M. constrictor pharyngis (Schlundmuskel) zum M. cricopharyngeus
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276
1 Ösophagus
1 B-1.1
Synopsis Darstellung des Killian-Dreiecks
M. constrictor pharyngis inferior M. cricopharyngeus (sog. oberer Ösophagussphinkter)
Killian-Dreieck Laimer-Dreieck Ösophagus
Am Übergang von M. constrictor pharyngis inferior zum M. cricopharyngeus (OÖS) besteht ein muskelschwaches Dreieck = Killian-Dreieck. Hier liegt die Durchtrittsstelle des Zenker-Divertikels.
(oberer Ösophagussphinkter, OÖS) entsteht eine muskelschwache Stelle, das Killian-Dreieck. Hier liegt die Durchtrittsstelle des Zenker-Divertikels ( 1 B-1.1). Der untere Ösophagussphinkter (UÖS) entsteht durch eine spiralförmige Anordnung der Muskelzüge der Längsmuskelschicht und hat einen Ruhetonus von ca. 20 mmHg. Unter primärer Peristaltik versteht man Propulsivmotorik im Ösophagus mit gleichzeitiger schluckreflektorischer Erschlaffung der Sphinkteren, während die sekundäre Peristaltik propulsive Kontraktionen sind, die durch lokale Dehnungsreize im Ösophagus ausgelöst werden. Tertiäre Peristaltik besteht aus ungeordneten, nicht propulsiven Kontraktionen der Ösophaguswand.
Wand eine muskelschwache Stelle, an der nur Ringfasern vorliegen, das Killian-Dreieck. Hier liegt als Locus minoris resistentiae die Durchtrittsstelle des Zenker-Divertikels ( 1 B-1.1). Der untere Ösophagussphinkter (UÖS) entsteht durch eine spiralförmige, sich überkreuzende Anordnung der Muskelzüge der Längsmuskelschicht unmittelbar kranial des ösophagogastrischen Überganges, ohne Ausbildung einer eigentlichen Sphinktermuskulatur. Er besitzt in Ruhe einen Tonus von ca. 20 mmHg und verhindert so, dass saurer Mageninhalt in ständigen Kontakt mit der säureempfindlichen Ösophagusschleimhaut gelangt. Kommt es im Rahmen eines Schluckaktes zu einer propulsiven Welle im Ösophagus, so entsteht eine nach distal wandernde Hochdruckzone von bis zu 60 mmHg. Gleichzeitig erfolgt eine schluckreflektorische Erschlaffung der Sphinkteren. Diese Propulsionsmotorik wird zusammen mit der reflektorischen Sphinktererschlaffung auch als primäre Peristaltik bezeichnet. Unter einer sekundären Peristaltik versteht man propulsive Kontraktionen, die durch lokale Dehnungsreize im Ösophagus ausgelöst werden. Die tertiäre Peristaltik besteht aus ungeordneten, nicht propulsiven Kontraktionen der Ösophaguswand.
1.2
1.2
Diagnostik
Die Anamnese ist für die richtige Weichenstellung zur invasiven Diagnostik der Ösophaguserkrankungen von ausschlaggebender Bedeutung. Das Leitsymptom von Erkrankungen des Ösophagus ist die Dysphagie (schmerzlose Passagehemmung geschluckter Nahrung) oder seltener die Odynophagie (schmerzhafte Dysphagie). Charakteristisch ist die Zunahme der Dysphagie bei Progredienz der zugrunde liegenden Erkrankung.
Diagnostik
Wie bei allen Krankheiten ist auch bei Erkrankungen des Ösophagus die Anamnese mit genauer Erfassung der typischen Beschwerden für die richtige Weichenstellung zur invasiven Diagnostik von ausschlaggebender Bedeutung. Das Leitsymptom von Erkrankungen des Ösophagus ist die Dysphagie (schmerzlose Passagehemmung geschluckter Nahrung) oder seltener die Odynophagie (schmerzhafte Dysphagie) bedingt durch die Passagebehinderung der Speisen. Die Patienten bemerken typischerweise ein Druckgefühl retrosternal, wenn Nahrung geschluckt wurde. Charakteristisch ist die Zunahme der Dysphagie z.B. bei Progredienz der zugrunde liegenden Erkrankung: Zunächst muss die feste Nahrung nur sorgfältig gekaut werden, während später nur noch passierte Kost, Breikost oder flüssige Kost die Speiseröhre passieren kann. Erstaunlich ist in vielen Fällen, wie lange Passagestörungen von Patienten toleriert werden und welche Adaptationsmechanismen angewendet werden, ehe ein Arztbesuch erfolgt.
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277
1.2.1 Röntgen
n Merke. Jede Dysphagie muss diagnostisch weiter abgeklärt werden (Röntgen, Endoskopie).
Weitere Symptome ösophagealer Erkrankungen sind Globusgefühl (Fremdkörpergefühl), retrosternale Schmerzen oder Druckgefühl, Sodbrennen, Regurgitation von Nahrung und seltener Husten (z.B. bei Aspiration oder Fisteln zum Trachealsystem), Foetor ex ore oder Singultus ( 2 B-1.1). Jedes dieser Symptome sollte den behandelnden Arzt an eine Erkrankung des Ösophagus denken und diese durch weitergehende Diagnostik ausschließen lassen.
2 B-1.1
Merke
Weitere Symptome ösophagealer Erkrankungen sind Globusgefühl, retrosternale Schmerzen oder Druckgefühl, Sodbrennen, Regurgitation von Nahrung und seltener Husten, Foetor ex ore oder Singultus ( 2 B-1.1). Jedes dieser Symptome sollte weiter abgeklärt werden.
Leitsymptome ösophagealer Erkrankungen und deren häufigste Ursachen
Symptom
Krankheit
N Dysphagie n π π
π
Phase I: Mund bis Ösophagus Phase II: Ösophagus
neuromuskuläre Erkrankungen Ösophagitis Divertikel oder Ulzera im Ösophagus Tumoren Strikturen Verätzungen Spasmen Kompression von außen
Phase III: distaler Ösophagus bis Magen
Achalasie peptische Stenose Striktur, distales Ösophaguskarzinom Kardiakarzinom
N Regurgitation, Erbrechen n
N Schmerz n π Sodbrennen π retrosternaler Schmerz
N Husten n
1.2.1
peptische Stenose Tumorstenose Zenker-Divertikel Achalasie gastroösophagealer Reflux bei Kardiainsuffizienz Fremdkörperingestion Ösophagitis Tumor paraösophageale Hernie Aspiration bei neuromuskulären Erkrankungen, Ösophagusatresie, Achalasie ösophagotracheale Fistel nach Fremdkörperingestion, Ösophagusatresie nach Radiatio von Tumoren, iatrogen nach endoskopischen Manövern
Röntgen
Die Röntgenuntersuchung des Ösophagus erfolgt idealerweise mit Bariumsulfatbrei (Breischluck), um eine optimale Darstellung der Schleimhautoberfläche zu erhalten. Besteht klinisch der Verdacht auf eine Erkrankung mit hochgradiger Stenose (Aspirationsgefahr!) oder auf eine die gesamte Wandschicht durchsetzende Läsion (V.a. gedeckte Perforation oder Fistel), so sollte aus Sicherheitsgründen trotz der schlechteren Bildqualität die Untersuchung mit wasserlöslichen Kontrastmitteln durchgeführt werden (z.B. Gastrografin). Durch das Kontrastmittelröntgen lassen sich neben Lage und Form des Ösophagus auch Stenosen, Divertikel, Hiatushernien, Wanddefekte und einige funktionelle Störungen nachweisen. In 1 B-1.2 sind neben einem Normalbefund typische röntgenologische Befunde schematisch dargestellt, die zu Passagestörungen führen können.
1.2.1 Röntgen Die Röntgenuntersuchung des Ösophagus erfolgt idealerweise mit Bariumsulfatbrei. Bei Verdacht auf eine Erkrankung mit hochgradiger Stenose (Aspirationsgefahr!) oder auf eine die gesamte Wandschicht durchsetzende Läsion (v.a. gedeckte Perforation oder Fistel), sollte die Untersuchung mit Gastrografin durchgeführt werden. Durch das Kontrastmittelröntgen lassen sich neben Lage und Form des Ösophagus auch Stenosen, Divertikel, Hiatushernien, Wanddefekte und einige funktionelle Störungen nachweisen ( 1 B-1.2).
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278
1 Ösophagus
1 B-1.2
Synopsis Schematische Darstellung typischer Röntgenbefunde am Ösophagus
a Normalbefund.
b Idiopathischer Ösophagusspasmus.
c Achalasie.
d Karzinom.
Endoskopie
1.2.2 Endoskopie
1.2.2
Der Vorteil der Endoskopie liegt in der Möglichkeit, die Schleimhaut direkt zu beurteilen und ggf. Biopsien zu entnehmen. Die flexible ÖsophagoGastro-Duodenoskopie (ÖGD) stellt eine einfache und komplikationsarme Untersuchung dar, die die Röntgenuntersuchung mittlerweile als wichtigstes diagnostisches Verfahren für den oberen Gastrointestinaltrakt abgelöst hat. Therapeutische Ansätze in der flexiblen Endoskopie sind z. B. die Primärbehandlung akuter Blutungen (durch Obliteration, Sklerosierung, Gummiligatur, Unterspritzung und Klippung), die Bougierung von Stenosen, Einlage von Tuben, Lasertherapie und die pneumatische Dilatation bei Achalasie.
Der Vorteil der Endoskopie gegenüber der Röntgenkontrastdarstellung liegt in der Möglichkeit, die Schleimhaut direkt zu beurteilen und ggf. Biopsien zu entnehmen. Da mit Einführung der flexiblen Geräte die Ösophago-GastroDuodenoskopie (ÖGD) zu einem einfachen und in den Händen eines erfahrenen Untersuchers komplikationsarmen diagnostischen Verfahren wurde, hat die flexible Endoskopie die Röntgenuntersuchung mittlerweile als wichtigstes diagnostisches Verfahren für den oberen Gastrointestinaltrakt abgelöst. Die starre Ösophagoskopie ist wegen der Komplikationsgefahren nur noch selten indiziert. Die flexible Endoskopie des oberen Gastrointestinaltraktes (GIT) dient nicht nur der Diagnostik der ösophagealen Erkrankungen, sondern auch deren Therapie: Hierzu gehört z.B. die Blutstillung bei Ösophagusvarizenblutungen, Blutungen bei Mallory-Weiss-Syndrom oder bei Magenulzera. Die Blutstillung wird dabei durch Obliteration von frisch blutenden Varizen mit Histoacryl-Gewebekleber, Sklerosierung von blutenden Gefäßen im Ösophagus oder Magen durch Injektion von Poldocanol (ÄthoxysklerolQ) mit Induktion einer Fibrosierung, Unterspritzung von Ulzera (z.B. mit Suprarenin, Thrombin oder Fibrin) oder Klippung von Gefäßstümpfen mittels speziell hierfür entwickelter Clips durchgeführt. Endoskopische Techniken werden ferner zur Bougierung von Ösophagusstenosen, zur palliativen Einlage von Tuben bei malignen Stenosen, zur Lasertherapie bei Ösophaguskarzinomen und zur pneumatischen Dilatation bei Achalasie eingesetzt.
1.2.3 Endosonographie
1.2.3
Die Endosonographie des Ösophagus lässt sich mit 2 Schallgeräten durchführen: zum einen mit flexiblen Endoskopen, an deren Spitze zusätzlich ein Ultraschallscanner angebracht ist (endoskopische Ultraschalluntersuchung = EUS). Zum anderen kommen Geräte zum Einsatz, die vom Patienten geschluckt werden und ohne endoskopische Führung im Ösophagus platziert werden (ES).
Die Endosonographie des Ösophagus ist zum einen mit flexiblen Endoskopen durchführbar, an deren Spitze zusätzlich ein Ultraschallscanner angebracht ist (endoskopische Ultraschalluntersuchung = EUS). Zum anderen kommen Geräte zum Einsatz, die vom Patienten geschluckt werden und ohne endoskopische Führung im Ösophagus platziert werden (ES). Der Nachteil dieser meist zur internen Echokardiographie verwendeten Sonden liegt darin, dass die Lage der Sonde in einem pathologischen Schleimhautgebiet nicht optisch überprüft werden kann. Außerdem können diese Endosonosonden Stenosen z.B. bei Karzinomen oft nicht überwinden.
Endosonographie
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1.2.6 pH-Metrie Aus diesen Gründen hat sich bei der Endosonographie des Ösophagus die EUS durchgesetzt. Bei dieser aufwendigen Untersuchungsmethode werden flexible Endoskope benutzt, an deren Gerätekopf Schallwandler sitzen. Diese Schallwandler (Scanner) arbeiten mit Frequenzen zwischen 7 und 20 MHz und ermöglichen so eine sehr genaue Darstellung der Ösophaguswand und deren Umgebung. Während der Ultraschalluntersuchung kann der Untersucher gleichzeitig die korrekte Lage des Schallkopfes mit der Glasfaseroptik kontrollieren und ggf. das Endoskop unter Sicht durch Stenosen lenken. Mit der EUS lassen sich Ösophagustumoren genauer als mit jeder anderen bildgebenden Untersuchung orientiert an der TNM-Klassifikation in Tumorstadien einteilen, Lymphknotenmetastasen entdecken und Infiltrationen in Nachbarorgane darstellen.
1.2.4
CT, MRT
Die Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT, NMR, MRI) erlauben die Darstellung größerer Tumoren der Speiseröhrenwand und die Unterscheidung auf die Ösophaguswand begrenzter und die Wand überschreitender Tumoren. Außerdem können diese bildgebenden Verfahren extraluminale Lymphknoten und Tumoren ab einer Größe von ca. 1 cm nachweisen. Sowohl CT als auch NMR liegen beim Tumorstaging nach dem TNM-System in ihrer Genauigkeit deutlich hinter der Endosonographie.
1.2.5
Ösophagusmanometrie
Bei der Manometrie des Ösophagus werden Katheter verwendet, die mit einer definierten Flüssigkeitsmenge je Zeiteinheit perfundiert werden (Perfusionsmanometrie). Man unterscheidet dabei die stationäre Manometrie, bei der der Katheter an einer bestimmten Stelle im Ösophagus liegen bleibt, und die Durchzugsmanometrie, bei der der Katheter mit einer definierten Geschwindigkeit im Ösophagus zurückgezogen wird. Die stationäre Manometrie ermöglicht funktionelle und qualitative Aussagen über die Ösophagusmotilität, während die Durchzugsmanometrie in der Lage ist, den unteren Ösophagussphinkter zu lokalisieren, dessen Länge zu messen und seine Funktion zu analysieren. Indikationen für die Ösophagusmanometrie ergeben sich somit bei Verdacht auf funktionelle Erkrankungen der Speiseröhre (z.B. Achalasie) und bei Refluxkrankheit.
1.2.6
pH-Metrie
Die Bestimmung des pH-Wertes in der Speiseröhre erfolgt am sinnvollsten im Rahmen einer 24-Stunden-pH-Metrie, bei der über einen in den Ösophagus eingelegten Sondenkatheter über 24 Stunden der pH-Wert im Ösophagus gemessen und aufgezeichnet wird. Die 24-Stunden-pH-Metrie bietet die Möglichkeit, den gastroösophagealen Reflux direkt zu erfassen und somit subjektive Refluxbeschwerden, die endoskopisch kein organpathologisches Korrelat zeigen, zu verifizieren.
Die EUS hat sich im oberen GIT durchgesetzt, da mit ihr eine optische Kontrolle der Schallkopflage und eine Passage von Stenosen einfacher möglich ist. Mit der EUS lassen sich Ösophagustumoren genauer als mit jeder anderen bildgebenden Untersuchung orientiert an der TNM-Klassifikation in Tumorstadien einteilen. Lymphknotenmetastasen entdecken und Infiltrationen in Nachbarorgane darstellen.
1.2.4 CT, MRT Die Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT, NMR, MRI) erlauben die Darstellung größerer Tumoren der Speiseröhrenwand und extraluminaler Lymphknoten und Tumoren ab ca. 1 cm Größe. CT und NMR liegen beim Tumorstaging nach dem TNM-System in ihrer Genauigkeit hinter der Endosonographie. 1.2.5 Ösophagusmanometrie Bei der Perfusionsmanometrie der Speiseröhre unterscheidet man die stationäre Manometrie (funktionelle und qualitative Aussagen über die Ösophagusmotilität) und die Durchzugsmanometrie (Lokalisation und Funktionsmessung des unteren Ösophagussphinkters). Indikationen für die Ösophagusmanometrie ergeben sich bei Verdacht auf funktionelle Erkrankungen der Speiseröhre (Achalasie) und bei Refluxkrankheit.
1.2.6 pH-Metrie Die pH-Metrie erfolgt am sinnvollsten im Rahmen einer 24-Stunden-pHMetrie. Sie bietet die Möglichkeit, den gastroösophagealen Reflux direkt zu erfassen und somit subjektive Refluxbeschwerden, die endoskopisch kein organpathologisches Korrelat zeigen, zu verifizieren.
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280 1.3
Missbildungen
1.3.1 Ösophagusatresie Definition
Die Ösophagusatresien werden nach Vogt eingeteilt (s. a. Kap. B-23.1.4). Die häufigste Form ist die Atresie nach Vogt III B mit proximalem Blindverschluss und distaler ösophagotrachealer Fistel. Symptome. Pränatal liegt ein Hydramnion vor, post partum fällt ein schaumiger Speichelfluss auf. Es besteht Aspirationsgefahr. Merke
1 Ösophagus
1.3
Missbildungen
1.3.1
Ösophagusatresie
n Definition. Die Ösophagusatresie tritt mit einer Häufigkeit von ca. 1:2000–3000 Geburten auf und beruht auf einer Differenzierungsstörung des primären Vorderdarmes, aus dem sich in der frühen Fetalphase Trachea, Lunge und Ösophagus differenzieren. Sie ist meist mit einer ösophagotrachealen Fistelbildung und zusätzlichen Fehlbildungen kombiniert.
Die Ösophagusatresien werden je nach Fistelbildung und Atresielage nach Vogt eingeteilt (s. a. Kap. B-23.1.4). Die mit 90 % häufigste Form ist die Atresie nach Vogt III B, bei der ein proximaler Blindsack des Ösophagus und Anschluss des distalen Ösophagusteiles über eine Fistel an das Trachealsystem vorliegt. Symptome. Die Diagnose lässt sich bereits durch den Nachweis eines Hydramnions stellen. Post partum fällt ein schaumiger Speichelfluss aus dem Mund auf, bei Fütterungsversuchen kommt es zur Aspiration. n Merke. Die Diagnose einer Atresie muss möglichst frühzeitig gestellt werden, um eine Aspiration zu vermeiden. Deshalb ist bei jedem Neugeborenen eine Sondierung des Ösophagus dringend notwendig!
Therapie. Präoperativ wichtig ist die Vermeidung einer Aspiration (Lagerung mit aufrechtem Oberkörper, Einbringen einer Sonde in den proximalen Ösophagussack, parenterale Ernährung). Die operative Therapie besteht in der Anlage einer End-zu-End-Anastomose.
Therapie. Präoperativ sollte möglichst eine Aspiration verhindert werden (Lagerung mit aufrechtem Oberkörper, Einbringen einer Sonde in den proximalen Ösophagussack, parenterale Ernährung, Flüssigkeits- und SäureBasen-Bilanzierung). Die endgültige Therapie erfolgt durch eine operative Korrektur, wobei eine primäre End-zu-End-Anastomose angestrebt werden sollte.
1.3.2 Dysphagia lusoria
1.3.2
Definition
Dysphagia lusoria
n Definition. Lumeneinengung des Ösophagus im oberen Drittel durch Kompression von außen durch eine Gefäßanomalie (z.B. doppelter Aortenbogen, aberrierende A. subclavia dextra).
Symptome. Es kann zu Schluckstörungen und seltener auch Atembeschwerden kommen.
Symptome. Durch die Kompression kann es zu Schluckstörungen und selte-
Diagnose. Wird mittels Röntgenbreischluck oder Endoskopie gestellt.
Diagnose. Die Diagnose lässt sich durch einen Röntgenbreischluck oder
Therapie. Therapeutisch ist eine gefäßchirurgische Korrektur der Anomalie angezeigt.
Therapie. Therapeutisch ist eine gefäßchirurgische Korrektur der Anomalie
1.3.3 Kongenitale Ösophagusstenose
1.3.3
Definition
Symptome. Regurgitation und Dysphagie sind typische, oft erst Wochen nach der Geburt auftretende Symptome.
ner auch Atembeschwerden kommen.
Endoskopie stellen.
(Gefäßligatur, Gefäßplastik oder -transposition) angezeigt.
Kongenitale Ösophagusstenose
n Definition. Diese seltene Anomalie entsteht durch eine fibröse oder fibromuskuläre Wandverdickung, die in jeder Höhe des Ösophagus auftreten kann. Man unterscheidet je nach radiologischem Befund die Sanduhrstenose von der Einengung durch eine umschriebene Membran oder exzentrische Stenosen.
Symptome. Es treten die typischen Symptome einer Ösophagusstenose auf
(Regurgitation, Dysphagie), jedoch oft erst einige Wochen nach der Geburt.
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281
1.4.1 Ösophagitis
Diagnose. Die Diagnose wird durch die Endoskopie oder Röntgenuntersuchung verifiziert.
Diagnose. Wird mittels Röntgenuntersuchung oder Endoskopie verifiziert.
Therapie. Sie orientiert sich am Stenosetyp. Es kommen die endoskopische Bougierung/Spaltung oder die operative Resektion bei langstreckigen oder hochgradigen Stenosen in Frage.
Therapie. Therapeutisch kommen die endoskopische Bougierung/Spaltung oder die operative Resektion in Frage.
1.3.4
Schatzki-Ring
1.3.4 Schatzki-Ring
Synonyme: unterer Ösophagusring n Definition. Bei Vorliegen einer axialen Hiatushernie kann es im Übergangsbereich von Zylinder- zum Plattenepithel zu einer segelartigen ringförmigen Einengung des Lumens kommen ( 1 B-1.3).
1 B-1.3
Definition
Schatzki-Ring Endoskopisches Bild einer Hiatusgleithernie mit Membranbildung (sog. »SchatzkiRing«).
Symptome. Bei engem Durchmesser des Ringes sind Dysphagiesymptome möglich.
Symptome. Dysphagiesymptome sind möglich.
Diagnose. Die Diagnose wird mittels Endoskopie gestellt.
Diagnose. Erfolgt endoskopisch.
Therapie. Die Therapie besteht in der endoskopischen Spaltung des Ringes.
Therapie. Endoskopische Spaltung des Ringes.
1.4
Entzündungen
Die häufigste Form der Ösophagitis ist die Refluxösophagitis (s. a. S. 284 ff.). Andere Ösophagitiden treten im Rahmen spezifischer Erkrankungen des Ösophagus auf.
1.4.1
Ösophagitis
Nach der Refluxösophagitis ist die Soorösophagitis die häufigste Entzündung, die in der Speiseröhre angetroffen wird. Sie tritt bei immunsupprimierten Patienten sowie nach Antibiotikatherapie, Zytostatikagabe und Behandlung mit Steroiden auf. Weitere Formen sind Enzündungen im Rahmen von Tuberkulose, Herpes, Diphtherie und Lues. Die Therapie richtet sich jeweils nach der Grunderkrankung.
1.4
Entzündungen
Die häufigste Form der Ösophagitis ist die Refluxösophagitis (s. a. S. 284 ff.).
1.4.1 Ösophagitis Nach der Refluxösophagitis ist die Soorösophagitis die häufigste Entzündung. Weitere Formen sind Entzündungen im Rahmen von Tuberkulose, Herpes, Diphtherie und Lues. Die Therapie richtet sich jeweils nach der Grunderkrankung.
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282 1.4.2 Plummer-Vinson-Syndrom Definition
1 Ösophagus 1.4.2
Plummer-Vinson-Syndrom
n Definition. Erkrankung unbekannter Ätiologie bei Eisenmangelanämie mit Ausbildung von fibrinösen Membranen am Ösophaguseingang, begleitet von einer Glossitis.
Epidemiologie. Betroffen sind besonders Frauen über 40 Jahre.
Epidemiologie. Diese Erkrankung befällt überwiegend Frauen, die älter als
Symptome. Dysphagie
Symptome. Klinisch imponiert eine Dysphagie.
Komplikationen. Es besteht ein Entartungsrisiko von 10 %.
Komplikationen. Bei ca. 10 % der Patienten ist eine karzinomatöse Entar-
Therapie. Sie besteht in EisenSubstitution.
Therapie. Die klinischen Beschwerden bessern sich nach Eisen-Substitu-
1.5
1.5
Motilitätsstörungen
1.5.1
Krikopharyngeale Achalasie
Motilitätsstörungen
1.5.1 Krikopharyngeale Achalasie
40 Jahre sind.
tung zu erwarten.
tion.
Synonym: hohe Achalasie Definition
n Definition. Der krikopharyngealen Achalasie liegt eine Funktionsstörung der Muskulatur am oberen Ösophagussphinkter (OÖS) zugrunde. Beim Übertritt von Nahrung im Rahmen des Schluckaktes aus dem Schlund in den Ösophagus erschlafft die Muskulatur des OÖS nicht, sodass die Passage des Nahrungsbreies durch den Ösophagusmund erschwert wird (Öffnungslähmung).
Man unterscheidet eine primäre Form (idiopathische Innervationsstörung) von einer sekundären Form (im Rahmen genereller neuromuskulärer Erkrankungen, z.B. bei Morbus Parkinson, multipler Sklerose, oft vergesellschaftet mit einem ZenkerDivertikel). Symptome. Typische Symptome sind Schluckstörungen, Globusgefühl und rezidivierende Aspirationen.
Hierbei liegt kein Spasmus (= Tonuserhöhung) der Sphinktermuskulatur vor, es fehlt lediglich die physiologische Relaxierung des OÖS. Man unterscheidet dabei eine primäre Form (idiopathische Innervationsstörung) von einer sekundären Form (im Rahmen genereller neuromuskulärer Erkrankungen, z.B. bei Morbus Parkinson, multipler Sklerose, oft vergesellschaftet mit einem Zenker-Divertikel (s. S. 294 ff.).
Diagnose. Sie wird durch eine Röntgenkinematographie oder Manometrie nach Ausschluss eines zervikalen Bandscheibenprolaps gestellt.
Diagnose. Sie wird radiologisch durch die Kinematographie oder mittels der Ösophagusmanometrie gestellt. Differenzialdiagnostisch müssen zervikale Bandscheibenvorfälle ausgeschlossen werden.
Therapie. Therapeutisch wird eine Myotomie des OÖS durchgeführt.
Therapie. Therapeutisch wird – wie bei einem Zenker-Divertikel eine Myo-
1.5.2 Achalasie
1.5.2
Definition
Symptome. Die Patienten klagen über Schluckstörungen und Globusgefühl,
oft lassen sich anamnestisch rezidivierende Hustenanfälle oder Bronchopneumonien als Ausdruck rezidivierender Aspiration erfragen.
tomie des OÖS durchgeführt.
Achalasie
n Definition. Die Achalasie entsteht durch eine Degeneration des Plexus myentericus Auerbach der glatten Muskulatur des Ösophagus. Durch diese Degeneration kommt es zu einer ungeordneten Propulsivmotorik der Ösophagusmuskulatur und einer gestörten schluckreflektorischen Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters (UÖS).
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1.5.2 Achalasie Bei der Achalasie handelt es sich somit, genau wie bei der krikopharyngealen Achalasie, nicht um einen Spasmus, sondern um eine Öffnungslähmung der Sphinktermuskulatur. Durch den Rückstau der Nahrung, die den nicht erschlafften Sphinkter nicht passieren kann, kommt es sekundär zu einem Megaösophagus, der sich radiologisch in der tpyischen Weitstellung vor einer trichterförmigen distalen Einengung des Ösophagus manifestiert.
Ätiologie. Anscheinend spielen psychische Faktoren bei der Auslösung der
Krankheit eine Rolle; es werden aber auch infektiöse Faktoren sowie Störungen im autonomen Nervensystem als Ursachen diskutiert. Eine symptomatische Form der Achalasie ist im Rahmen der Chagas-Krankheit beschrieben.
Symptome. Die Achalasie kann in jedem Alter auftreten, wird aber gehäuft
im 3.–6. Dezennium beobachtet. Das Leitsymptom stellt die Dysphagie dar, oft in Verbindung mit Regurgitation direkt nach dem Essen. Durch die Regurgitationen und Aspiration kann es zu rezidivierenden Atemwegsinfekten bis hin zu chronischen Bronchopneumonien kommen. Postprandial klagen die Patienten über retrosternale Schmerzen. Bei langfristigem Bestehen sind Untergewicht und Zeichen einer Mangelernährung möglich. Bei langjährigem Bestehen ist das Risiko der Karzinomentstehung erhöht.
Diagnose. Mittels einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) lässt sich der Megaösophagus, oft mit einer Retentionsösophagitis durch die retinierten Speisereste vergesellschaftet, diagnostizieren. Die Stenose selbst kann als funktionelle Enge problemlos mit dem flexiblen Gerät passiert werden. Durch sog. Stufenbiopsien sollte ein malignes Geschehen ausgeschlossen werden. Bei der Röntgen-Breischluckdarstellung fällt die typische trichterförmige Verengung im Bereich des distalen Ösophagus auf, während der oral davon gelegene Ösophagus dilatiert ist. Nach Gabe von 1 ml Glukagon i.v. lässt sich unter Durchleuchtung eine Erweiterung des engen Segmentes erkennen und eine organische Stenose ausschließen. Die Manometrie zeigt die Öffnungslähmung im Bereich des UÖS. Je nach Peristaltik im dilatierten Ösophagus werden durch die Manometrie eine hyper-, eine hypo- und eine amotile Achalasieform unterschieden. Differenzialdiagnose. Ein Malignom, eine Chagas-Krankheit und ein idiopathischer Ösophagusspasmus müssen ausgeschlossen werden.
Therapie. Da die Ursache der Achalasie nicht bekannt ist, gibt es auch keine
kausalen Therapieansätze. Die Dysphagiebeschwerden lassen sich symptomatisch durch Medikamente bessern, die relaxierend auf die glatte Muskulatur wirken (Nitroglycerin, Amylnitrit). Die hypermotilen Formen sprechen oft gut auf eine Behandlung mit Nifidepin an, während hypo- oder amotile Formen medikamentös schlechter zu behandeln sind. Lässt sich medikamentös kein oder eine nur unzureichende Beschwerdebesserung erreichen, so ist eine endoskopische pneumatische Dilatation indiziert. Bei dieser Behandlung wird der UÖS durch einen Ballon unter endoskopischer oder radiologischer Kontrolle so dilatiert, dass die Sphinktermuskulatur nur noch niedrige Ruhedrücke aufrechterhalten kann. Bei erneuten Beschwerden ist eine Wiederholung der Dilatation möglich. Führt die pneumatische Dilatation nicht oder nur für kurze Zeit zu einer Besserung, ist die Operation angezeigt. Als Verfahren der Wahl hat sich die transabdominelle extramuköse Ösophagokardiomyotomie nach Heller bewährt, die jedoch zunehmend durch das laparoskopische Vorgehen verdrängt wird. Bei dieser Operation wird die Muskulatur des UÖS in Längsrichtung ohne Eröffnung des Lumens von außen gespalten. Da in ca. 20 % der Fälle postoperativ eine Refluxösophagitis beobachtet wurde, sollte in gleicher Sitzung eine Antirefluxplastik durchgeführt werden (s. S. 287).
283 Die Achalasie ist eine Öffnungslähmung des UÖS. Sekundär kommt es zu einem Megaösophagus.
Ätiologie. Psychische und infektiöse Faktoren sowie Störungen im autonomen Nervensystem werden als Ursache diskutiert. Eine symptomatische Form der Achalasie ist im Rahmen der Chagas-Krankheit beschrieben. Symptome. Die Achalasie wird besonders im 3.–6. Dezennium beobachtet. Das Leitsymptom stellt die Dysphagie dar, oft in Verbindung mit Regurgitation, Aspiration und pulmonalen Komplikationen sowie retrosternalen Schmerzen. Bei langfristigem Bestehen sind Untergewicht und Zeichen einer Mangelernährung möglich. Bei langjährigem Bestehen erhöhtes Karzinomrisiko. Diagnose. Die ÖGD zeigt einen Megaösophagus, oft auch eine Retentionsösophagitis. Die Stenose selbst ist mit dem Gerät problemlos zu passieren. Mit Stufenbiopsien sollte ein malignes Geschehen ausgeschlossen werden. In der Röntgen-Breischluckdarstellung fällt die typische trichterförmige Verengung im Bereich des distalen Ösophagus auf, die sich nach Glukagongabe erweitert. Die Manometrie zeigt die Öffnungslähmung im Bereich des UÖS und differenziert je nach Peristaltik in eine hypo-, eine hyper- und eine amotile Achalasieform. Differenzialdiagnose. Malignom, Chagas-Krankheit und idiopathischer Ösophagusspasmus. Therapie. Die symptomatische medikamentöse Therapie erfolgt mit Medikamenten, die relaxierend auf die glatte Muskulatur wirken (Nitroglycerin, Amylnitrit, Nifedipin). Hypermotile Formen der Achalasie sprechen hierauf am besten an, hypo- oder amotile Formen sind medikamentös schlechter zu behandeln. Lässt sich medikamentös keine oder eine nur unzureichende Beschwerdebesserung erreichen, so ist eine endoskopische pneumatische Dilatation indiziert. Bei Versagen der pneumatischen Dilatation ist eine transabdominelle extramuköse Ösophagokardiomyotomie nach Heller in Kombination mit einer Antirefluxplastik (s. S. 287) durchzuführen.
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284 1.5.3
1 Ösophagus Idiopathischer Ösophagusspasmus
1.5.3
Idiopathischer Ösophagusspasmus
Synonym: diffuser Ösophagusspasmus Definition
n Definition. Bei einem idiopathischen Ösophagusspasmus liegt eine unkoordinierte spastische Kontraktion des Ösophagus nach einem Schluckakt vor (tertiäre Peristaltik). Die Ätiologie ist unklar.
Symptome. Im Vordergrund steht die Dysphagie mit retrosternalen Schmerzen.
Symptome. Auch bei dieser Form der Motilitätsstörung der Speiseröhre, die
Diagnose. Radiologisch zeigt sich eine typische korkenzieherartige Veränderung der Speiseröhre. Manometrisch finden sich tertiäre Kontraktionen bei normalem Ruhedruck im UÖS.
Diagnose. Bei der Röntgen-Breischluckaufnahme zeigt sich eine typische korkenzieherartige Veränderung der Speiseröhre und eine Hyperperistaltik, die aber auch fehlen kann. Manometrisch finden sich tertiäre Kontraktionen bei normalem Ruhedruck im unteren Ösophagussphinkter (UÖS).
Therapie. Die konservative Behandlung mit Spasmolytika, Nitroglycerin und Sedativa steht im Vordergrund des Behandlungskonzeptes. Chirurgische Maßnahmen (Myotomie, Antireflux-Op) sind unbefriedigend.
Therapie. Die konservative Behandlung mit Spasmolytika, Nitroglycerin
1.5.4
1.5.4
Gastroösophagealer Reflux und Kardiainsuffizienz
meist Patienten im höheren Alter betrifft, steht die Dysphagie mit retrosternalen Schmerzen im Vordergrund. Die klinischen Beschwerden beginnen ohne nachweisbaren auslösenden Reiz oder z.B. nach Nahrungsaufnahme.
und Sedativa steht im Vordergrund des Behandlungskonzeptes. Die chirurgische Myotomie des gesamten mittleren und distalen Ösophagus in Kombination mit einer Antireflux-Operation sollte für Patienten mit stärksten Beschwerden vorbehalten bleiben, da die Ergebnisse unbefriedigend sind.
Gastroösophagealer Reflux und Kardiainsuffizienz
Definition
n Definition. Als Kardiainsuffizienz wird der mangelhafte Verschluss des Magens gegen den Ösophagus bezeichnet. Aufgrund des insuffizienten Verschlusses der distalen Speiseröhre kommt es zu einem übermäßigen gastroösophagealen Reflux, wodurch die Ösophagusschleimhaut verstärkt mit saurem Mageninhalt in Kontakt kommt. Entstehen durch diese vermehrte Säureexposition klinische Beschwerden (meist durch die so induzierte Refluxösophagitis ausgelöst), so spricht man von Refluxkrankheit.
Merke
n Merke. Die Unterscheidung zwischen gastroösophagealem Reflux und Refluxkrankheit ist von großer Bedeutung, da ein Reflux in gewissem Ausmaß physiologisch ist, das Auftreten von Symptomen (Refluxkrankheit) jedoch stets pathologisch und somit behandlungsbedürftig ist.
Pathogenese. Der Ösophagus kann den physiologischen gelegentlich auftretenden sauren Reflux von Mageninhalt wieder ausgleichen (Selbstreinigungsfunktion oder Clearance). Dieser Mechanismus ist bei verstärktem Reflux aufgrund einer Kardiainsuffizienz überfordert. Physiologischerweise wird der vermehrte Übertritt von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre durch eine vom UÖS erzeugte Hochdruckzone verhindert.
Pathogenese. Der Ösophagus ist durch seine Propulsivmotorik in der Lage,
den physiologischerweise gelegentlich auftretenden sauren Reflux von Mageninhalt im Sinne einer Selbstreinigungsfunktion (Clearance) wieder auszugleichen, bevor Schleimhautschäden in der Speiseröhre manifest werden. Dieser Mechanismus ist bei verstärktem Reflux aufgrund einer Kardiainsuffizienz überfordert. Bei physiologischem Verschluss der Kardia wird der vermehrte Übertritt von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre durch eine Hochdruckzone verhindert, die von dem unteren Ösophagussphinkter (UÖS) erzeugt wird (Ruhetonus von ca. 20 mmHg). Neben diesem rein muskulären Verschlussmechanismus wird eine Refluxprävention durch folgende Faktoren gewährleistet:
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285
1.5.4 Gastroösophagealer Reflux und Kardiainsuffizienz Bei einer intakten Aufhängung der Kardia und des Ösophagus durch einen stützenden Bandapparat im Hiatus oesophagei entsteht ein spitzer Winkel zwischen distalem Ösophagus und Magenfundus, der His-Winkel genannt wird. Er bewirkt wie ein Ventilmechanismus einen zusätzlichen Verschluss der Speiseröhre – analog zum Puborektalwinkel beim Verschluss des Analkanals. Erschlafft der Bandapparat (z.B. bei ausgeprägter Adipositas oder raschen Gewichtsänderungen), so stumpft dieser Winkel ab und die Ventilklappenfunktion erlischt. Einen zusätzlichen Verschlussmechanismus bewirkt der positive intraabdominelle Druck, der auf den intraabdominellen Teil des Ösophagus einwirkt und so im Vergleich zum intrathorakal gelegenen Ösophagus mit seinen negativen Druckverhältnissen die muskulär bedingte Hochdruckzone im distalen Speiseröhrenanteil unterstützt.
Ätiologie. Die Refluxkrankheit kann in jedem Lebensalter auftreten und kommt bei Männern häufiger als bei Frauen vor. Liegt eine axiale Hiatushernie vor, so findet man bei 40 % der Patienten eine Kardiainsuffizienz, jedoch nur bei ca. 25 % der Fälle eine Refluxkrankheit, Prädisponierend wirken außerdem Adipositas, starker Alkohol- und Nikotingenuss, heftiges Betätigen der Bauchpresse oder Gravidität. Entgegen früheren Erwartungen konnte kein Zusammenhang zwischen einer Refluxkrankheit und einer Hyperazidität oder Hypersekretion von Magensaft beobachtet werden. Symptome. Die Refluxkrankheit beginnt typischerweise mit Sodbrennen,
das besonders nach reichhaltigen Mahlzeiten oder im Liegen auftritt. Durch die fortschreitende Entzündung kann es zur Ausbildung einer Anämie kommen. Später treten retrosternal gelegene Schmerzen und Dysphagie hinzu. Es findet sich dabei aber keine Korrelation zwischen der Stärke der Beschwerden und der Ausprägung der endoskopischen Befunde. n Merke. Das Leitsymptom der Refluxkrankheit ist Sodbrennen, welches sich im Liegen verstärkt.
Das endoskopische Bild der klinischen Diagnose »Refluxkrankheit« ist geprägt durch die Refluxösophagitis. Entsprechend werden die Stadien der Refluxkrankheit nach dem endoskopischen Befund eingeteilt ( 2 B-1.2): Stadium 0 wird das Vorliegen von Refluxbeschwerden ohne endoskopische Zeichen der Refluxösophagitis genannt. Bei dem Stadium I liegen fleckförmige Entzündungen der Schleimhaut vor ( 1 B-1.4 a), die im Stadium II konfluieren und im Stadium III die Ösophagusschleimhaut zirkulär befallen. Als Stadium IV werden die Komplikationen der Refluxösophagitis bezeichnet: Ulzera des Ösophagus, Stenosen ( 1 B-1.4 b), Blutungen bei Ösophagitis, Perforationen und sekundärer Brachyösophagus.
2 B-1.2
Durch die Aufhängung im Hiatus oesophagei entsteht ein spitzer Winkel zwischen distalem Ösophagus und Magenfundus, der His-Winkel genannt wird. Er bewirkt wie ein Ventilmechanismus einen zusätzlichen Verschluss der Speiseröhre. Erschlafft der Bandapparat, so stumpft dieser Winkel ab und die Ventilklappenfunktion erlischt. Zusätzlich bewirkt der positive intraabdominelle Druck einen Verschlussmechanismus, der die muskulär bedingte Hochdruckzone im distalen Speiseröhrenanteil unterstützt. Ätiologie. Die Refluxkrankheit tritt in jedem Lebensalter auf, bei Männern häufiger als bei Frauen. Bei 40 % der Patienten mit Hiatushernie findet man eine Kardiainsuffizienz, jedoch nur bei ca. 25 % der Fälle eine Refluxkrankheit. Prädisponierend wirken Adipositas, starker Alkohol- und Nikotingenuss, heftiges Betätigen der Bauchpresse oder Gravidität. Symptome. Typische Symptome der Refluxkrankheit sind: Sodbrennen, retrosternale Schmerzen, Dysphagie und Anämie.
Merke
Die Refluxkrankheit wird je nach endoskopischem Befund in 5 Stadien mit fortschreitenden entzündlichen Veränderungen der Speiseröhre eingeteilt ( 2 B-1.2). Im Stadium 0 liegen dabei Refluxbeschwerden ohne endoskopische Entzündungszeichen vor, im Stadium IV sind Komplikationen der Refluxösophagitis eingetreten. Komplikationen der Refluxösophagitis sind Ulzera, Stenosen, Blutungen, Perforationen und sekundärer Brachyösophaghus ( 1 B-1.4).
Stadien der Refluxösophagitis. Bei den Stadien I–III kann bei entsprechender Therapie noch eine Restitutio ad integrum eintreten, bei Stadium IV dagegen nicht mehr.
N Stadium 0 n
N Refluxbeschwerden ohne organopathologisches Korrelat n
N Stadium I n
N oberflächliche Schleimhauterosionen, die nicht konfluieren n
N Stadium II n
N konfluierende oberflächliche Schleimhautläsionen, die aber nicht zirkulär vorliegen n
N Stadium III n
N zirkulärer Befall des Ösophagus durch Erosionen n
N Stadium IV n
N alle Komplikationen der Ösophagitis (Ulkus, Barrett-Ulkus, Stenose, Brachyösophagus, n Epithelmetaplasien)
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286
1 Ösophagus
1 B-1.4
Refluxösophagitis Stadium I und IV
a Endoskopisches Bild einer erstgradigen Refluxösophagitis.
b Endoskopisches Bild einer peptischen Stenose des distalen Ösophagus im Rahmen einer schweren Refluxösophagitis.
Als Brachyösophagus wird eine Verkürzung der Speiseröhre mit all ihren Wandschichten bezeichnet, in deren Folge es zur Ausbildung einer Hiatushernie mit Kardiainsuffizienz kommt. Am häufigsten kommt der sekundäre oder erworbene Brachyösophagus vor, meist im Rahmen rezidivierender Refluxösophagitiden.
Als Brachyösophagus wird eine Verkürzung der Speiseröhre mit all ihren Wandschichten bezeichnet, wodurch der gastroösophageale Übergang nicht intraabdominell, sondern intrathorakal im Sinne einer Hiatushernie zu liegen kommt. Durch die Verlagerung des UÖS nach intrathorakal und Aufhebung des His-Winkels kommt es meist zu einer Kardiainsuffizienz. Am häufigsten kommt dieser sekundäre oder erworbene Brachyösophagus im Rahmen rezidivierender Refluxösophagitiden vor. Er ist von dem endogenen Brachyösophagus (s. S. 288 ff.) abzugrenzen.
Diagnose. Die Diagnose der Refluxkrankheit ist eine klinische Diagnose. Die Diagnosestellung der Refluxösophagitis erfolgt jedoch erst durch die Endoskopie, die in der Lage ist, die Stadieneinteilung und Differenzialdiagnose vorzunehmen
Diagnose. Die Diagnose der Refluxkrankheit ist eine klinische Diagnose. Das Auftreten der typischen Refluxbeschwerden berechtigt zur Diagnosestellung, da auch Symptome ohne organpathologisches Korrelat auftreten können (Stadium 0 der Refluxkrankheit). Die Diagnosestellung der Refluxösophagitis erfolgt jedoch erst durch die Endoskopie. Sie alleine ist in der Lage, die Stadieneinteilung und Differenzialdiagnose (Stenose durch ein Karzinom?) vorzunehmen.
Merke
Radiologisch ist der Nachweis eines Reflux in Kopftieflage möglich. Bei der Ösophagusmanometrie findet sich als Zeichen der Kardiainsuffizienz ein verkürzter UÖS und/oder eine im Druckniveau reduzierte Hochdruckzone im Bereich des UÖS.
Die 24-Stunden-Manometrie zeichnet alle Refluxepisoden über 24 Stunden auf und ermöglicht so die Differenzierung zwischen physiologischem und pathologischem Reflux. Therapie. Die Therapie der Refluxkrankheit sollte stadienorientiert durchgeführt werden. Konservative Behandlungsansätze sind Verzicht auf Alkohol, Nikotin, Gewichtsreduktion, Vermeidung von stark gewürzten Speisen und engen Kleidungsstücken sowie Schlafen mit erhöhtem Oberkörper.
n Merke. »Refluxkrankheit« ist eine klinische Diagnose, »Refluxösophagitis« ist eine endoskopische Diagnose.
Bei fehlenden endoskopischen Zeichen einer Refluxösophagitis lassen sich die klinischen Beschwerden der Refluxkrankheit durch den radiologischen Nachweis eines Reflux in Kopftieflage verifizieren. Da ein gastroösophagealer Reflux auch physiologisch auftritt, ist dieses radiologische Kriterium kein pathognomonisches Zeichen der Refluxkrankheit. Eine größere diagnostische Sicherheit bietet die Ösophagusmanometrie. Sie kann durch den Nachweis eines verkürzten UÖS und/oder einer im Druckniveau reduzierten Hochdruckzone im Bereich des UÖS die Kardiainsuffizienz reproduzierbar belegen, nicht aber den erhöhten pathologischen Reflux beweisen. Der sichere Nachweis eines pathologischen gastroösophagealen Reflux gelingt nur durch die 24-Stunden-Manometrie. Sie zeichnet alle Refluxepisoden über 24 Stunden auf und ermöglicht so die Differenzierung zwischen physiologischen und pathologischen Refluxepisoden.
Therapie. Die Therapie der Refluxkrankheit wird stadienorientiert durchge-
führt, wobei primär konservative Maßnahmen wie eine Umstellung bisheriger Lebens- und Ernährungsgewohnheiten erwogen werden sollte. Hierzu gehört der Verzicht auf Alkohol und Nikotin, um zum einen eine direkte toxische Wirkung auf die Schleimhaut zu reduzieren und zum anderen die den Sphinkterdruck reduzierende Wirkung des Nikotins zu vermeiden. Bei Adipositas ist eine Gewichtsreduktion anzustreben, auf stark gewürzte oder scharfe Nahrungsmittel sollte verzichtet werden. Die Nahrungsaufnahme direkt vor dem Zubettgehen ist zu unterlassen. Ferner sollte der Patient beim Schlafen mit erhöhtem Oberkörper liegen und keine beengenden Kleidungsstücke wie Gürtel oder Mieder tragen.
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1.5.4 Gastroösophagealer Reflux und Kardiainsuffizienz Kann mit diesen Änderungen der Lebensführung keine ausreichende Besserung der Symptome erreicht werden, so können Patienten mit einer Refluxösophagitis Stadium I oder II zusätzlich mit Antazida, Schleimhautprotektiva (z.B. Sucralfat) oder H2-Antihistaminika (z.B. Cimetidin, Ranitidin, Famotidin) behandelt werden. Sprechen die Patienten auch auf diese Medikation nicht an, so ist ein weiterer konservativer Therapieversuch mit Protonenpumpenblockern (z.B. Omeprazol) indiziert. Unter diesen heilen bis dahin therapieresistente Ösophagitiden aus, sodass auch in den Stadien III und IV ein konservativer Therapieversuch indiziert ist. Eine Operation ist nach der Einführung von Protonenpumpenblockern den Patienten mit rezidivierenden Ösophagitiden und den Fällen vorbehalten, bei denen mit der konservativen Therapie keine Besserung zu erreichen ist. Die klassische Operationsmethode ist die Fundoplikation nach Nissen ( 1 B-1.5), bei der zunächst die axiale Hernie reponiert wird. Anschließend erfolgt die Bildung einer Manschette aus dem Magenfundus um den distalen Ösophagus herum. Die Operation kann mit einer Lig.-teres-Plastik kombiniert werden, bei der zur Aufrechterhaltung des His-Winkels und zusätzlichen Fixierung des Magens im Abdomen die Kardia durch das nach oben geschlagene Lig. teres hepatis fixiert wird. Das Operationsverfahren erfolgt heute zunehmend in laparoskopischer Technik (s. Kap. B-14.6). Weitere operative Techniken sind die Fundopexie mit Hiatoplastik (Wiederherstellung des His-Winkels und hintere oder vordere Einengung des Hiatus oesophagei), die Implantation einer Kunststoffmanschette um die Kardia herum (z.B. Angelchick-Prothese) und die transthorakal durchgeführte Manschettenbildung um den Ösophagus (Belsey Mark IV). Kommt es im Rahmen von Narbenbildungen zu peptischen Stenosen, so sind diese meist durch endoskopische Bougierung zu behandeln (Kap. B-13.3.1). Lediglich Stenosen, die endoskopisch nicht oder nicht ausreichend bougiert oder offen gehalten werden können, müssen operativ behandelt werden.
1 B-1.5
287 Bei den Stadien I und II ist die additive Gabe von Antazida, Schleimhautprotektiva (z.B. Sucralfat) oder H 2 -Antagonisten (z.B. Cimetidin, Ranitidin, Famotidin) möglich. Bei Therapieresistenz ist die Gabe von Protonenpumpenblockern (z.B. Omeprazol) indiziert.
Bei rezidivierenden oder gegenüber der konservativen Therapie resistenten Ösophagitiden ist die operative Korrektur indiziert. Das klassische Verfahren ist die Fundoplikation nach Nissen ( 1 B-1.5) zur Rekonstruktion des His-Winkels. Zusätzlich kann eine Fixierung des Magens durch eine Lig.-teres-Plastik vorgenommen werden. Das Operationsverfahren erfolgt heute zunehmend in laparoskopischer Technik (s. Kap. B-14.6). Weitere operative Techniken sind die Fundopexie mit Hiatoplastik, die Implantation einer Kunststoffmanschette um die Kardia herum (Angelchick-Prothese) und die transthorakale Operation (Belsey Mark IV). Bei peptischen Stenosen erfolgt eine endoskopische Bougierung. Lediglich Stenosen, die endoskopisch nicht oder nicht ausreichend bougiert oder offen gehalten werden können, müssen operativ behandelt werden.
Röntgenbreischluck nach Fundoplikation Darstellung des postoperativen Zustandes nach Fundoplikation nach Nissen durch Röntgenbreischluck. Es zeigt sich der Übertritt des Kontrastmittels in den Magen, in Kopftieflage kann aber kein Reflux in den Ösophagus provoziert werden. Die Einschnürung am Magen ( Á) entspricht einer peristaltischen Welle.
Prognose. Die Operationsletalität liegt bei 1–2 % für die Fundoplikation und steigt geringfügig an, wenn intraoperativ die Milz verletzt und eine Splenektomie notwendig wird.
Prognose. Die Operationsletalität liegt bei 1–2 %, bei zusätzlicher Splenektomie etwas höher.
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288
1 Ösophagus
Bis zu 80 % der Patienten sind postoperativ subjektiv beschwerdefrei. Bei 10 % der Fälle treten postoperativ Rezidive der Refluxkrankheit auf. Je nach Operationstechnik wird postoperativ in 10–40 % das Postfundoplikationssyndrom beobachtet, ein dem RoemheldSyndrom ähnlicher Symptomenkomplex. Das Postfundoplikationssyndrom (Denervationssyndrom) entsteht durch die intraoperative Verletzung des N. vagus und äußert sich in Diarrhöen gepaart mit Blähungen. Das »Gas-bloat«-Phänomen ist ein Symptomenkomplex, bei dem Patienten präoperativ zum Ausgleich des Refluxes viel Luft schlucken und diese Angewohnheit postoperativ beibehalten. Da die Luft jedoch nicht mehr durch Aufstoßen entweichen kann, können Magenbeschwerden, epigastrisches und retrosternales Druckgefühl, Nausea, Stenokardien und Herzrhythmusstörungen auftreten.
Bei bis zu 80 % der operierten Patienten ist das Operationsergebnis zufriedenstellend, das heißt, die Patienten sind subjektiv beschwerdefrei. In ca. 10 % der Fälle treten postoperative Rezidive der Refluxkrankheit auf, meistens ausgelöst durch Lockerung oder Abgleiten der Fundusmanschette (Teleskopphänomen). Je nach Operationstechnik kann postoperativ in 10–40 % der Operationen ein Symptomenkomplex entstehen, der klinisch dem Roemheld-Syndrom ähnelt und Postfundoplikationssyndrom genannt wird. Das Postfundoplikationssyndrom (Denervationssyndrom) entsteht durch die intraoperative Verletzung des N. vagus. Typisch hierfür sind Diarrhöen gepaart mit vermehrten Blähungen. Hiervon ist das »Gas-bloat«-Phänomen abzugrenzen. Zu diesem Symptomenkomplex kommt es, wenn Patienten präoperativ zum Ausgleich des Refluxes reflektorisch viel Luft geschluckt haben und diese Angewohnheit postoperativ beibehalten. Da der Magenverschluss zum Ösophagus postoperativ jedoch suffizient ist, kann es zu einer Ansammlung der geschluckten Luft im Magen und oberen Dünndarm kommen, da die Luft nicht mehr durch Aufstoßen entweichen kann. Klinisch äußert sich das »Gas-bloat«-Phänomen durch Magenbeschwerden, epigastrisches und retrosternales Druckgefühl, Nausea und bei extremen Formen gelegentlich auftretende Stenokardien und Herzrhythmusstörungen. Ein »Gas-bloat«-Phänomen ist in jedem Fall Ausdruck einer Überkorrektur, da die korrekt weite und richtig sitzende Fundusmanschette ein Aufstoßen zulassen soll.
1.6
1.6
Primärer (endogener) Brachyösophagus
Primärer (endogener) Brachyösophagus
Synonyme: Barrett-Ösophagus, primärer Brachyösophagus, endogener Brachyösophagus Definition
Beim sekundären Brachyösophagus befindet sich Magenschleimhaut aufgrund von Längsschrumpfung im distalen Bereich der Speiseröhre. Beim primären Brachyösophagus erfolgt die arterielle Gefäßversorgung segmental aus der thorakalen Aorta heraus, bei der sekundären Form aus Ästen der A. gastrica sinistra ( 1 B-1.6).
n Definition. Im Gegensatz zum sekundären Brachyösophagus liegt beim primären (endogenen) Brachyösophagus eine normal lange Speiseröhre vor. In ihr finden sich metaplastisch in Drüsenepithel veränderte Schleimhautinseln.
Beim sekundären Brachyösophagus befindet sich Magenschleimhaut aufgrund von Längsschrumpfung im distalen Bereich der Speiseröhre. Ein weiteres Differenzierungsmerkmal zwischen primärer und sekundärer Form ist die Gefäßversorgung. Während beim primären Brachyösophagus die arterielle Gefäßversorgung segmental aus der thorakalen Aorta heraus erfolgt, ernähren bei der häufigeren sekundären Form Äste der A. gastrica sinistra die distale Speiseröhre bis in den thorakalen Anteil hinein ( 1 B-1.6). Diese Situation stellt das Ergebnis der sekundären Längsschrumpfung unter Mitnahme der versorgenden Gefäße aus dem Bauchraum dar.
1 B-1.6
Synopsis Formen des Brachyösophagus und deren Gefäßversorgung
Gefäßversorgung aus thorakalen Aorta-Segmentarterien
Gefäßversorgung aus den Magengefäßen
a Primärer (endogener) Brachyösophagus.
durch Schrumpfung des Ösophagus in den Thorax verlagerter Magenanteil
b Sekundärer Brachyösophagus.
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289
1.7 Verletzungen
Symptome. Der Brachyösophagus ist klinisch oft asymptomatisch und wird
in den meisten Fällen erst als Zufallsbefund im Rahmen einer Endoskopie mit Biopsie diagnostiziert. Treten Beschwerden auf, so ähneln sie denen der Refluxkrankheit. Bei lang anhaltenden und chronisch rezidivierenden Entzündungsepisoden kann es als Komplikation zur Ausbildung von peptischen Stenosen, in 10–15 % der Fälle auch zu einer malignen Entartung kommen ( 1 B-1.7).
1 B-1.7
Symptome. Der Brachyösophagus ist klinisch oft asymptomatisch. Wenn Beschwerden auftreten, so ähneln sie denen der klassischen Refluxkrankheit. Komplikationen sind die Ausbildung von peptischen Stenosen, in 10 bis 15 % der Fälle auch eine maligne Entartung ( 1 B-1.7).
Barrett-Ösophagus Endoskopisches Bild eines Barrett-Ösophagus (histologischer Befund: Anteile eines Barrett-Karzinoms) . Typisch ist das Fehlen der blassen Ösophagusschleimhaut, die durch eher rötlich erscheinende transformierte Barrett-Schleimhaut ersetzt ist.
Diagnose. Die Diagnose wird endoskopisch gestellt und durch eine Biopsie
Diagnose. Die Diagnose wird endoskopisch gestellt und durch eine Biopsie verifiziert, bei Stenosen ist eine Röntgenkontrastmitteldarstellung notwendig.
Therapie. Eine Therapie ist nur bei klinisch manifesten Refluxbeschwerden
Therapie. Eine Therapie ist nur bei Beschwerden indiziert. Zunächst sollte ein Versuch mit Antazida, Schleimhautprotektiva und H2 -Antihistaminika vorgenommen werden, bei Versagen erfolgt die Operation (Fundoplikation). Endoskopische Kontrollen sind nötig, da bei schweren Dysplasien eine Ösophagektomie zur Karzinomprophylaxe indiziert ist.
verifiziert. Bei hochgradigen, endoskopisch nicht passierbaren Stenosen ist eine Röntgenkontrastmitteldarstellung mit einem wasserlöslichen Kontrastmittel (Gastrografin) angezeigt.
indiziert. Zunächst sollte ein konservativer Therapieversuch mit Antazida, Schleimhautprotektiva und H2-Antihistaminika vorgenommen werden. Ist konservativ keine Beschwerdebesserung erzielbar, so ist eine Fundoplikation notwendig. Auch bei klinisch blandem Verlauf sind jährliche endoskopische Kontrollen mit Biopsien wegen der Entartungsgefahr indiziert. Bei nachgewiesenen schweren Dysplasien ist eine Ösophagektomie indiziert, um der Entstehung eines Karzinoms vorzubeugen. n Merke. Bei einem Brachyösophagus sind auch bei klinisch blandem Verlauf jährliche endoskopische Kontrollen mit Biopsien wegen der Entartungsgefahr indiziert.
1.7
Verletzungen
Merke
1.7
Verletzungen
Die klinischen Symptome, diagnostischen Schritte und therapeutischen Maßnahmen bei perforierenden Verletzungen des Ösophagus sind, unabhängig von der Ätiologie, gleich. In allen Fällen entscheidet die frühzeitige Diagnosestellung und sofortige Einleitung therapeutischer Maßnahmen über die Prognose des Krankheitsbildes.
Die klinischen Symptome, diagnostischen Schritte und therapeutischen Maßnahmen bei perforierenden Verletzungen des Ösophagus sind, unabhängig von der Ätiologie, gleich.
Symptome. Die Hauptsymptome sind retrosternale Schmerzen, Fieber,
Symptome. Die Hauptsymptome sind retrosternale Schmerzen, Fieber, Tachykardie und Hypotension. Diese Beschwerden können sich bis zum Vollbild des septischen Schocks entwickeln. Weitere Symptome sind: Hautemphysem im Bereich des Jugulums bei Mediastinalemphysem. Bei Ausbildung eines (meist linksseitigen) Pneumothorax kommt es zur Dyspnoe.
Tachykardie und Hypotension. Diese Beschwerden können sich bis zum Vollbild des septischen Schocks entwickeln. Neben der Anamnese (z.B. heftiges Erbrechen, Alkoholabusus, verschluckter Fremdkörper, vorhergehende Endoskopie) führt der plötzlich auftretende Schmerz im Thoraxraum und Epigastrium zur Verdachtsdiagnose. Zusätzliche klinische Anzeichen sind ein Hautemphysem im Bereich des Jugulums als Zeichen des Mediastinalemphysems. Entwickelt sich bei Pleurabeteiligung ein (meist linksseitiger) Pneumothorax, so tritt eine Dyspnoe auf. Im weiteren Krankheitsverlauf entwickelt sich eine Mediastinitis.
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1 Ösophagus
Diagnose. In der Thoraxübersichtsaufnahme zeigt sich evtl. ein linksseitiger Pneumothorax und ein Mediastinalemphysem, bei der Kontrastmitteldarstellung mit wasserlöslichem Kontrastmittel der Austritt des Kontrastmittels nach mediastinal.
Diagnose. Bei der notfallmäßig durchgeführten Thoraxübersichtsauf-
Therapie. Frische Perforationen sollten primär übernäht werden (innerhalb von 6 Stunden), wobei immer eine Dränage erfolgen muss. Bei Perforationen, die mehr als 6, aber weniger als 24 Stunden zurückliegen, ist eine Übernähung noch möglich, aber mit einem höheren Risiko verbunden. Nach 24 Stunden wird nur noch operativ dräniert. Frische kurzstreckige Rupturen können endoskopisch überbrückt werden (Celestin-Tubus). Zusätzlich ist eine breitgefächerte Antibiotikatherapie und parenterale Ernährung notwendig. Bei älterer Perforation muss die Perforationsstelle und Abszesshöhle dräniert werden. Zusätzlich erfolgt eine endoskopische Überbrückung oder alternativ eine zervikale Ösophagostomie und eine Gastrostomie. Die Ultima ratio ist die Ösophagektomie.
Therapie. Frische Perforationen (innerhalb von 6 Stunden post perforatio-
Prognose. Bei frühzeitiger Diagnosestellung ist die Prognose gut, bei spätem Therapiebeginn liegt die Letalität bei 50 % und mehr. 1.7.1 Spontane Ösophagusperforation
nahme zeigt sich evtl. ein linksseitiger Pneumothorax und ein Mediastinalemphysem. Mittels einer Kontrastmitteldarstellung der Speiseröhre, die nur mit wasserlöslichem Kontrastmittel durchgeführt werden darf (cave Mediastinitis), kann der Kontrastmittelaustritt an der Rupturstelle ins Mediastinum nachgewiesen werden. Bei tiefen, subdiaphragmalen Perforationen lässt sich freie Luft unter den Zwerchfellkuppen im Stehen nachweisen.
nem) sollten primär übernäht werden, wobei immer die Pleurahöhle und das Mediastinum zu dränieren und bereits präoperativ mit der Antibiotikagabe zu beginnen ist. Bei Perforationen, die mehr als 6, aber weniger als 24 Stunden zurückliegen, ist eine Übernähung noch möglich, aber mit einem höheren Risiko verbunden. Nach 24 Stunden wird nur noch operativ dräniert. Bei frischen kurzstreckigen Perforationen ist alternativ die endoskopische Einbringung eines Celestin-Tubus zur Überbrückung der Perforationsstelle möglich, wenn ein erfahrener Endoskopiker erreichbar ist (s. a. Kap. B-13.3, S. 594ff.). Zusätzlich muss eine breitgefächerte Antibiotikatherapie und parenterale Ernährung durchgeführt werden. Liegen zwischen Ruptur und Diagnosestellung mehr als 24 Stunden, so erfolgt die Dränage der Perforationsstelle und der Abszesshöhle. Zusätzlich sollte durch einen erfahrenen Endoskopiker eine endoskopische Überbrückung oder eine zervikale Ösophagostomie zur Entlastung und eine Gastrostomie zur enteralen Ernährung angelegt werden. Die Ultima ratio ist die Ösophagektomie.
Prognose. Bei frühzeitiger Diagnosestellung und Therapiebeginn ist die Prognose gut. Liegen bereits Zeichen der fortgeschrittenen Entzündung (Schock, Mediastinitis, Pleuraaempyem, Sepsis) vor, so wird die Prognose ernst. In solchen Fällen liegt die Letalität der Ösophagusperforation bei 50 % und mehr. 1.7.1
Spontane Ösophagusperforation
Synonyme: Boerhaave-Syndrom, postemetische Ösophagusperforation Definition
n Definition. Nach heftigem Würgen, Erbrechen (besonders nach Alkoholexzessen) oder Hustenanfällen kommt es ohne vorbestehende Ösophaguserkrankungen zur spontanen Ruptur aller Wandschichten der Speiseröhre.
Die Ruptur liegt fast immer im distalen Ösophagusdrittel posterolateral links, seltener im mittleren Drittel in Höhe der V. azygos rechts lateral. Ursache sind wahrscheinlich intraluminale Druckerhöhungen im distalen Ösophagus.
Die Rupturstelle liegt fast immer im distalen Ösophagusdrittel posterolateral links. Seltener tritt sie im mittleren Drittel in Höhe des V. azygos rechts lateral auf. Die genaue Ursache ist noch ungeklärt, jedoch wird vermutet, dass die Perforation durch extreme intraluminale Druckerhöhungen im distalen Ösophagus ausgelöst wird.
1.7.2 Traumatische Perforation
1.7.2
Definition
Traumatische Perforation
n Definition. Als traumatische Perforation werden Verletzungen bezeichnet, die nach Einwirken eines von außen (extrakorporal) oder innen (intraluminal) auftretenden Traumas die gesamte Wand des Ösophagus rupturieren. Ursächlich kommen Schuss-, Stich- und Akzelerationsverletzungen sowie iatrogene Traumata in Frage.
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291
1.7.3 Fremdkörper Die iatrogene Ösophagusperforation durch endoskopische (diagnostische und therapeutische) Manipulationen ist heutzutage die häufigste Ursache traumatischer Speiseröhrenverletzungen. Instrumentelle Perforationen sind aber auch durch tamponierende Ballonsonden (Senkstaken-Sonde, LintonNachlas-Sonde) oder auch bei dem Einlegen einfacher Magensonden beobachtet worden. Endoskopische Perforationen sind meist im distalen Drittel an der dorsalen Zirkumferenz gelegen, die übrigen Perforationen finden sich meist im krikopharyngealen Bereich.
1.7.3
Fremdkörper
n Definition. Das Verschlucken von Fremdkörpern kann akzidentell oder in suizidaler Absicht erfolgen. Am häufigsten geschieht dies durch Kinder oder geistig behinderte Personen. Münzen, Gebissteile, Spielzeug, Knochen und Gräten stellen die häufigsten Corpora aliena im Ösophagus dar. Bei suizidalen Patienten muss auch mit scharfen Gegenständen wie Rasierklingen oder Nadeln gerechnet werden.
Die häufigste Ursache der traumatischen Ösophagusperforation ist die endoskopische Perforation nach diagnostischer oder therapeutischer Manipulation. Instrumentelle Läsionen durch in den Ösophagus eingebrachte Sonden sind ebenfalls möglich.
1.7.3 Fremdkörper Definition
Diagnose und Therapie. Bei dem Verdacht auf Ingestion eines Fremdkör-
Diagnose und Therapie ( 1 B-1.8). Die Endoskopie nach Röntgenaufnahmen (Thorax- und Abdomenübersicht) dient zur Diagnosesicherung und zur endoskopischen Fremdkörperentfernung (s. a. Kap. B-13.2).
Komplikationen. Kann der Fremdkörper nicht entfernt werden, drohen
Komplikationen. Druckulzera, Bolusverschluss, Perforation und Fistelbildung sind typische Komplikationen.
pers ist neben einer Röntgen-Thorax- ( 1 B-1.8 b) und Abdomenübersichtsaufnahme eine sofortige Endoskopie indiziert ( 1 B-1.8 a). Im Rahmen dieser Untersuchung kann auch die endoskopische Bergung des Fremdkörpers erfolgen (s. a. Kap. B-13.2).
Druckulzera, Bolusverschluss, Perforation und Fistelbildung zum Tracheobronchialsystem.
1 B-1.8
Diagnostik nach Fremdkörperingestion
a Endoskopisches Bild eines Bolusverschlusses des Ösophagus durch schlecht gekaute Speisereste (Schaschlikstücke). Solche Fremdkörper sind im Nativröntgenbild meist nicht darstellbar und sind röntgenologisch somit nur einer Kontrastmitteldarstellung zugänglich (cave: Aspirationsgefahr!). b Nativröntgenaufnahme bei einem dreijährigen Kind, das zwei Münzen verschluckt hat. Es zeigen sich zwei schattengebende runde bis ovale Strukturen im distalen Ösophagus und im Magen.
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292 1.7.4 Laugen- und Säureverätzungen Definition
1 Ösophagus
1.7.4
Laugen- und Säureverätzungen
n Definition. Als Verätzungen bezeichnet man die Verletzung der Speiseröhre durch Säuren und Laugen. Während die Säuren zu Koagulationsnekrosen führen, erzeugen Laugen Kolliquationsnekrosen, die tiefer in die Wand eindringen.
Bei Laugenverätzungen entsteht durch den alkalischen pH zusätzlich ein Kardiaspasmus mit einer verlängerten Verweildauer in der Speiseröhre. Die 3 physiologischen Ösophagusengen werden meist am stärksten geschädigt. Die Ösophagusverätzung wird in 3 Schweregrade eingeteilt: π Grad I: Hyperämie und Ödem π Grad II: Ulzeration mit Fibrinbelägen π Grad III: Ulzerationen und Nekrosen, die alle Wandschichten durchdringen und Perforationen ( 1 B-1.9).
Zusätzlich wird bei Laugenverätzungen durch den stark alkalischen pH reflektorisch ein Kardiaspasmus ausgelöst, der zu einer verlängerten Verweildauer der Lauge in der Speiseröhre führt. Die Schädigung der Ösophaguswand durch die chemische Noxe ist im Bereich der physiologischen Ösophagusengen am größten. Verätzungen der Speiseröhre werden nach ihrer Schwere in 3 Grade eingeteilt: π Grad I: Schleimhauthyperämie und Ödem π Grad II: Ulzerationen mit Fibrinbelägen π Grad III: Ulzerationen und Nekrosen, die alle Wandschichten durchdringen und Perforationen ( 1 B-1.9). Verätzungen Grad III heilen aufgrund der Narben, die die gesamte Ösophaguswand durchziehen und somit durch narbige Schrumpfung Strikturen erzeugen, unter Ausbildung von Stenosen aus.
Symptome. Typisch sind Brennen und vernichtungsartige Schmerzen im Rachen, Schlund und retrosternal sowie Ätzwunden an Lippen, Zunge und Mundschleimhaut.
Symptome. Brennen und vernichtungsartige Schmerzen im Rachen,
Diagnose und Therapie. Sofort nach Stellung der Verdachtsdiagnose ist eine Notfallendoskopie zur Beurteilung der Wandschädigung, Absaugung von Laugen-, bzw. Säureresten und gezielten Spülung mit Wasser einzuleiten. Ersatzweise ist vorsichtig die Gabe von Wasser zur Verdünnung und das Absaugen der ingestierten Flüssigkeit über eine Magensonde möglich, falls keine Notfallendoskopie durchführbar ist und radiologisch eine Perforation oder Fistel ausgeschlossen werden konnte.
Diagnose und Therapie. Sofort nach Stellung der Verdachtsdiagnose ist
Schlund und retrosternal sind die Beschwerden, die zusammen mit den Ätzwunden an Lippen, Zunge und Mundschleimhaut und der Anamnese die Diagnosestellung ermöglichen.
eine Notfallendoskopie einzuleiten. Sie ermöglicht zum einen die genaue Beurteilung des Ausmaßes der Schleimhautschädigung, die Erkennung von Perforationen und zum anderen die gezielte Absaugung von Säure- bzw. Laugenresten und die gezielte Spülung über das Endoskop. Steht keine Einheit zur Notfallendoskopie zur Verfügung, so kann nach Ausschluss einer freien Perforation oder einer ösophagobronchialen oder -trachealen Fistel durch eine Röntgenuntersuchung mit wasserlöslichem Kontrastmittel der Versuch unternommen werden, mit großen Mengen an Wasser die ätzenden Flüssigkeiten zu verdünnen und sie über eine Magensonde (cave: iatrogene Perforation!) abzusaugen.
1 B-1.9
Säureverätzung des Ösophagus Endoskopisches Bild einer schweren Säureverätzung nach suizidaler Ingestion von HCI. Die gesamte Schleimhaut ist zirkulär weißlich im Sinne einer Koagulationsnekrose verändert.
n Merke. Bei dem Versuch, blind eine Sonde zum Absaugen von Mageninhalt in den Magen vorzuschieben, besteht die große Gefahr einer iatrogenen Ösophagusperforation, die die Prognose schlagartig drastisch verschlechtert. Die gezielte endoskopische Therapie ist in jedem Fall vorzuziehen.
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293
1.8 Divertikel Parallel dazu ist eine sofortige Schockprophylaxe mit konsequenter Analgesie einzuleiten und eine parenterale Breitbandantibiotikagabe zu beginnen. Der Patient muss intensivmedizinisch betreut werden, um die oft instabilen Vitalfunktionen kontrollieren und stabilisieren zu können. Eine parenterale Ernährung ist durchzuführen. In schweren Fällen kann eine systemische Kortisongabe notwendig werden. In allen Fällen sollte bereits frühzeitig mit endoskopischen Kontrollen begonnen werden (ab dem 3. Tag), um tiefergehende Nekrosebildungen zu erkennen. Zusätzlich wird durch die frühzeitig einsetzende Endoskopiekontrolle einer Strikturbildung im Sinne einer Frühbougierung vorgebeugt. Durch die Gerätepassage im Rahmen dieser endoskopischen Kontrollen erfolgt eine Dehnung der Speiseröhre mit deutlich geringerer Peforationsgefahr als bei blinden Bougierungen. Bei schweren, konservativ nicht beherrschbaren Verätzungen ist eine operative Intervention mit Thorakotomie und ggf. auch Laparotomie notwendig. Ist die Wand der Speiseröhre nicht mehr ausreichend durchblutet, so muss der entsprechende Ösophagusabschnitt reseziert werden, evtl. mit temporärer kollarer Ausleitung des proximalen Ösophagusstumpfes und Anlage einer Witzel-Fistel zum Magen. Die Rekonstruktion erfolgt nach klinischer Stabilisierung durch Magenhochzug oder ein Koloninterponat.
Komplikationen. Typische Frühkomplikationen der Ösophagusverätzung sind Blutungen, Perforationen mit Mediastinitis und ösophagotracheale Fisteln. Ist das akute Krankheitsbild überwunden, so kann es zu Spätkomplikationen im Sinne von narbigen Strikturen kommen. Nach 10–20 Jahren ist die Gefahr der Entstehung eines Narbenkarzinoms gegeben. Aus diesem Grund sind regelmäßige endoskopische Kontrollen angezeigt. Prognose. Die Letalität der akuten Verätzung ist von der Konzentration der
chemischen Substanz und der Einwirkdauer abhängig. Im Mittel liegt die Letalität bei 10 %. Bei 5–10 % aller Ösophagusverätzungen entstehen behandlungsbedürftige narbige Strikturen, die teilweise lebenslang regelmäßig endoskopische Bougierungen notwendig machen. Bei therapieresistenten Strikturen oder Narbenkarzinomen ist die späte Ösophagusresektion indiziert.
1.8
Divertikel
n Definition. Als Divertikel wird die Ausstülpung umschriebener Wandanteile von Hohlorganen bezeichnet. Es wird dabei das echte Divertikel vom falschen oder Pseudodivertikel unterschieden. Die Wand des echten Divertikels besteht aus allen Wandschichten des betreffenden Hohlorganes einschließlich der Muskelschicht, während sich bei einem falschen Divertikel die Mukosa und Submukosa des Hohlorganes durch eine muskuläre Lücke nach außen vorstülpt ( 1 B-1.10).
Neben der Unterscheidung in echte und falsche werden Divertikel in Pulsionsdivertikel und Traktionsdivertikel differenziert. Bei den Pulsionsdivertikeln handelt es sich um Wandausstülpungen, die durch erhöhten intraluminalen Druck bei angeborener oder erworbener lokaler Muskelschwäche entstehen und zu einer Schleimhautvorwölbung durch die Muskellücke hindurch führen (falsche Divertikel). Die Traktionsdivertikel werden dagegen durch eine Ausziehung sämtlicher Wandschichten nach außen gebildet, meist durch Adhäsionen bei entzündlichen oder postentzündlichen Vorgängen in der Umgebung, z. B. bei Lymphknotentuberkulose im Hilusbereich.
Parallel dazu ist eine Schockprophylaxe mit konsequenter Analgesie und Breitbandantibiotikagabe und eine intensivmedizinische Betreuung mit parenteraler Ernährung einzuleiten. In schweren Fällen kann eine systemische Kortisongabe notwendig werden. Endoskopische Frühkontrollen (ab dem 3. Tag) reduzieren durch gezielte Bougierung die Gefahr einer Strikturentstehung.
Bei schwersten Verätzungen ist eine operative Intervention mit Resektion des nicht durchbluteten Ösophagusabschnittes indiziert, evtl. mit temporärer kollarer Ausleitung und Anlage einer Witzel-Fistel zum Magen. Die Rekonstruktion erfolgt nach klinischer Stabilisierung durch Magenhochzug oder ein Koloninterponat. Komplikationen. Frühkomplikationen sind die Blutung, Peforationen und Fisteln. Nach Ausheilung kann es zur Ausbildung von Strikturen kommen. Nach 10–20 Jahren ist die Gefahr der Entstehung eines Narbenkarzinoms gegeben. Prognose. Die Letalität der akuten Verätzung liegt – abhängig von Konzentration und Einwirkzeit der Chemikalie – bei ca. 10 %. Bei 10–15 % persistieren behandlungsbedürftige narbige Strikturen. Bei therapieresistenten Strikturen oder Narbenkarzinomen ist die späte Ösophagusresektion indiziert. 1.8
Divertikel
Definition
Zusätzlich werden Pulsions- und Traktionsdivertikel unterschieden. Erstere entstehen durch erhöhten intraluminalen Druck bei angeborener oder erworbener lokaler Muskelschwäche, letztere bilden sich als Ausziehung sämtlicher Wandschichten nach außen, meist im Rahmen von Schrumpfungen oder Adhäsionen bei entzündlichen oder postentzündlichen Vorgängen in der Umgebung (z.B. Hilustuberkulose).
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294
1 Ösophagus
1 B-1.10
Synopsis Schematische Darstellung der Ösophagusdivertikel
Muscularis propria
70 % zervikales Divertikel (Zenker)
Mukosa u.und Submukosa Mukuosa Submukosa 20 % parabronchiales Divertikel
a Echtes Divertikel.
Muscularis propria
Mukosa u.und Submukosa Mukuosa Submukosa
10 % epiphrenales Divertikel
b Falsches Divertikel. c Lokalisation und Häufigkeit der Ösophagusdivertikel.
1.8.1 Zenker-Divertikel
1.8.1
Zenker-Divertikel
Synonyme: pharyngoösophageales Divertikel, Grenzdivertikel Definition
n Definition. Beim Zenker-Divertikel handelt es sich um ein falsches (Pulsions-)Divertikel, das sich durch eine muskuläre Schwachstelle im Bereich der Pars horizontalis des M. cricopharyngeus (Killian-Muskellücke) am Übergang von willkürlicher Pharynxmuskulatur zur unwillkürlichen Ösophagusmuskulatur nach dorsal vorwölbt ( 1 B-1.11 b).
Ätiopathogenese. Die Ursache liegt in einer Koordinationsstörung des oberen Ösophagussphinkters (OÖS), die zu einer intraluminalen Druckerhöhung und so zu einer Ausstülpung von Mukosa und Submukosa führt.
Ätiopathogenese. Ursächlich liegt eine Koordinationsstörung des oberen
Symptome. Das Leitsymptom ist die Dysphagie. Zusätzlich können Druckschmerzen, Globusgefühl, gurgelnde Geräusche beim Trinken, Hustenreiz oder Pneumonien durch Aspiration nach Regurgitation und ein Foetor ex ore auftreten. Bei einer Entzündung aufgrund der Nahrungsretention kann es zu Schmerzen kommen.
Symptome. Das Leitsymptom des Zenker-Divertikels ist die Dysphagie. Je
Diagnose. Zur Diagnosesicherung kann eine Ösophagusbreischluck-Untersuchung ( 1 B-1.11 a) oder eine Endoskopie (cave: Perforationsgefahr!) durchgeführt werden. Die Manometrie des oberen Sphinkters zeigt Fehlfunktionen des OÖS.
Diagnose. Die Diagnose wird meist im Rahmen einer Ösophagusbrei-
Ösophagussphinkters (OÖS) vor. Aufgrund einer intraluminalen Druckerhöhung im Bereich des OÖS kann es im Bereich der Killian-Muskellücke zu einer Ausstülpung von Mukosa und Submukosa durch diese Lücke hindurch, meist nach links dorsal paravertebral kommen.
nach Größe des Divertikels können Druckschmerzen, Globusgefühl, gurgelnde Geräusche beim Trinken und durch Zersetzung von retinierten Speiseresten ein Foetor ex ore auftreten. Eine Regurgitation von Speisen, die im Divertikel verblieben sind, kann zur Aspiration mit Hustenreiz oder Ausbildung einer Pneumonie führen. Durch die Nahrungsretention ist die Ausbildung einer Entzündung möglich, die dann Schmerzsymptome auslösen kann.
schluck-Untersuchung mit wasserlöslichem Kontrastmittel gestellt ( 1 B-1.11 a). Hierbei zeigt sich ein Divertikelsack, der links paravertebral gelegen ist. Bei der Endoskopie besteht die Gefahr der Perforation aufgrund der dünnen Divertikelwandung. Durch eine Manometrie des oberen Ösophagussphinkters kann die Fehlfunktion des OÖS nachgewiesen werden. Dies hat jedoch auf die Operationsindikation keinen Einfluss.
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295
1.8.2 Traktionsdivertikel
1 B-1.11
Zenker-Pulsionsdivertikel
b Intraoperativer Situs: Armierung des Divertikels mit einer Organfasszange und Luxation nach lateral.
a Radiologische Darstellung: Das Divertikel füllt sich direkt unterhalb des Kehlkopfes mit Kontrastmittel.
Therapie. Aufgrund der Komplikationsmöglichkeiten (s.u.) ist die Indikation zur Operation gegeben. Operativ wird eine kollare Freilegung des Divertikels von links mit anschließender Divertikelabtragung und Myotomie des OÖS durchgeführt.
Therapie. Um Komplikationen zu vermeiden, wird eine kollare Freilegung mit Divertikelabtragung und Myotomie des OÖS durchgeführt.
Komplikationen. Das Divertikel selbst kann sich bei Nahrungsretention
Komplikationen. Im Rahmen von Entzündungen bei Nahrungsretention kann es zu Blutungen, Ulzerationen und Perforationen mit der Gefahr der Mediastinitis kommen. Eine maligne Entartung ist unwahrscheinlich. Postoperative Komplikationen sind selten. Es kann zur Rekurrensparese kommen, seltener entstehen kleine Speichelfisteln, die sich meist spontan verschließen.
entzünden. Die Entzündung kann über Ulzerationen bis zur Perforation mit Gefahr der Mediastinitis fortschreiten. Außerdem sind Blutungen aus entzündlich veränderten Divertikeln nicht selten. Eine maligne Entartung ist unwahrscheinlich, Einzelfälle sind jedoch beschrieben. Postoperative Komplikationen sind selten. Es kann zur Rekurrensparese durch Verletzung des Nervs bei der Präparation kommen, seltener entstehen kleine Speichelfisteln im Bereich der Hautwunde, die sich jedoch meist spontan verschließen.
1.8.2
Traktionsdivertikel
n Definition. Traktionsdivertikel sind echte Divertikel, die fast ausschließlich im mittleren Ösophagusdrittel lokalisiert sind. Sie entstehen durch narbigen oder entzündlichen Zug von paratrachealen oder bifurkalen Lymphknoten und bilden so einen zipfeligen Auszug der gesamten Ösophaguswand.
Symptome. Traktionsdivertikel sind meist kleiner als Zenker-Divertikel
oder epiphrenale Divertikel und finden sich am häufigsten bei Männern und Frauen bevorzugt jenseits des 40. Lebensjahres. Sie sind meist asymptomatisch und bilden oft einen Zufallsbefund bei der Röntgendarstellung des Ösophagus. Kommt es zu Entzündungen, so kann es durch die Fixierung der Trachea oder Bronchien zu Hustenanfällen oder Dysphagie kommen. Perforation und Fistelbildung sind selten.
1.8.2 Traktionsdivertikel Definition
Symptome. Traktionsdivertikel finden sich meist bei Männern und Frauen, die älter als 40 sind. Sie sind meist asymptomatisch. Kommt es zu Entzündungen, so kann es durch die Fixierung der Trachea oder Bronchien zu Hustenanfällen oder Dysphagie kommen. Perforation und Fistelbildung sind selten.
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296
1 Ösophagus
Diagnose. Durch die Röntgenbreischluckuntersuchung wird – meist als Zufallsbefund – die Diagnose gestellt. Endoskopie und CT schließen andere Ursachen oder Begleiterkrankungen aus.
Diagnose. Im Röntgenbreischluck finden sich zipfelige Ausziehungen der
Therapie. Bei Komplikationen (Fistelbildung, Perforation, Dysphagie, rezidivierende Hustenanfälle) ist die Divertikelabtragung indiziert.
Therapie. Traktionsdivertikel, die keine Beschwerden verursachen, werden
1.8.3 Epiphrenales Divertikel
1.8.3
Definition
Speiseröhre. Durch die Endoskopie werden Tumoren oder andere Speiseröhrenerkrankungen ausgeschlossen. Eine Computertomographie des Thorax hilft bei der differenzialdiagnostischen Abklärung, ob extraluminal entzündliche oder tumoröse Geschehen das Divertikel verursacht haben.
nicht therapiert. Bei Komplikationen (Fistelbildung, Perforation, Dysphagie, rezidivierende Hustenanfälle) ist die Divertikelabtragung und ggf. Fistelgangsexstirpation über eine rechtsseitige Thorakotomie indiziert.
Epiphrenales Divertikel
n Definition. Epiphrenale Divertikel liegen im distalen Ösophagusdrittel, in den meisten Fällen direkt oberhalb des Zwerchfelles. Sie sind (falsche) Pulsionsdivertikel und entstehen auf dem Boden einer Funktionsstörung des unteren Ösophagussphinkters (UÖS), besonders im Rahmen einer Achalasie oder einer axialen Hiatusgleithernie. Diese Divertikel haben ihre Basis meist an der rechten Ösophaguswand ( 1 B-1.12).
1 B-1.12
Epiphrenales Pulsionsdivertikel
a Radiologische Kontrastmittel- b Intraoperativer Situs. darstellung.
Symptome. Die klinischen Symptome können von Symptomfreiheit über Dysphagie und retrosternalem Druckgefühl bis hin zu Oberbauchbeschwerden reichen.
Symptome. Das klinische Beschwerdebild der epiphrenalen Divertikel ist untypisch. Es kann von völliger Symptomfreiheit über Dysphagie und retrosternalem Druckgefühl, das besonders nachts auftritt, bis hin zu Oberbauchbeschwerden reichen.
Therapie. Bei Beschwerden ist eine Thorakotomie oder Laparotomie mit Divertikelabtragung indiziert.
Therapie. Eine Behandlung von epiphrenalen Divertikeln ist nur indiziert, wenn sie klinisch Beschwerden verursachen, die eindeutig auf das Divertikel zurückgeführt werden können. Als operativer Eingriff kommt die Thorakotomie oder Laparotomie mit Divertikelabtragung in Frage.
Hernien s. Kap. B-2.2 (Zwerchfell).
Zu Hernien s. Kap. B-2.2 (Zwerchfell).
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297
1.9.2 Maligne Tumoren
1.9
Tumoren
1.9
1.9.1
Benigne Tumoren
1.9.1 Benigne Tumoren
n Definition. Die gutartigen Tumoren des Ösophagus sind – mit absteigender Häufigkeit aufgezählt – Leiomyome, enterogene Zysten, Adenome, Hamartome, Lipome oder Fibrome. Sie stellen insgesamt nur ca. 2 % der Neubildungen im Ösophagus dar und werden bei Männern etwa doppelt so häufig wie bei Frauen beobachtet.
Tumoren
Definition
Symptome. Bei der Hälfte aller Patienten mit benignen Ösophagusneoplasien ist der Tumor symptomlos. Er tritt besonders im unteren und mittleren Drittel der Speiseröhre auf. Kommt es dagegen zu klinischen Beschwerden, so stehen Dysphagie und seltener Schmerzen im Vordergrund.
Symptome. Die benignen Tumoren treten besonders im mittleren und unteren Drittel auf und sind in 50 % symptomlos. Ansonsten werden Dysphagie und Schmerzen beobachtet.
Diagnose. Die Endoskopie ist nicht nur in der Lage, die Lokalisation des
Diagnose. Die Endoskopie stellt vor der Röntgenuntersuchung die Untersuchungsmethode der ersten Wahl dar, da sie auch die Entnahme einer Biopsie zur Dignitätsbeurteilung ermöglicht. Durch die Endosonographie lassen sich intramurale Befunde den Wandschichten zuordnen.
Therapie. Die Entfernung des Tumors ist stets indiziert, da nur durch die
Therapie. Die Entfernung des Tumors ist zur sicheren Abgrenzung zu Malignomen stets indiziert. Wenn möglich, sollte eine endoskopische Abtragung angestrebt werden. Ist diese nicht möglich, so erfolgt eine Ausschälung des Tumors über eine Thorakotomie.
Befundes zu beschreiben, sondern ermöglicht in gleicher Sitzung die Entnahme einer Biopsie zur Dignitätsbeurteilung. Aus diesem Grunde stellt sie vor der Röntgenbreischluckuntersuchung die Untersuchungsmethode der Wahl dar. Die Endosonographie ermöglicht darüber hinaus bei intramuralen Prozessen die exakte Zuordnung des Tumors zu den einzelnen Wandschichten.
histologische Untersuchung des gesamten Tumors eine sichere Abgrenzung zu malignen Veränderungen möglich ist. Wenn möglich, sollte eine endoskopische Abtragung angestrebt werden. Ist diese nicht möglich, so lässt der Tumor sich in den meisten Fällen über eine Thorakotomie ohne Eröffnung der Mukosa ausschälen.
1.9.2
Maligne Tumoren
n Definition. Ca. 5 % aller Malignome des Gastrointestinaltraktes sind im Ösophagus gelegen. Davon finden sich etwa 15 % im oberen, 50 % im mittleren und 35 % im unteren Drittel. Es handelt sich dabei meist um Plattenepithel- oder entdifferenzierte Karzinome, sehr selten um Sarkome. Im distalen Drittel finden sich in ca. 30 % Adenokarzinome.
Ätiopathogenese. Die Ätiologie des Ösophaguskarzinoms ist unbekannt. Als exogene Faktoren, die die Entstehung eines Ösophaguskarzinoms fördern können, werden Tabakabusus, der Genuss von hochprozentigen Alkoholika, heiße Getränke und kanzerogene Nahrungsbestandteile wie z. B. Nitrosamine genannt. Chronische Refluxösophagitiden mit Endobrachyösophagusbildung, Verätzungsstrikturen, das Plummer-Vinson-Syndrom und die Achalasie stellen Präkanzerosen für das Ösophaguskarzinom dar. Das Ösophaguskarzinom wächst typischerweise zunächst innerhalb der Speiseröhrenwand und breitet sich besonders in longitudinaler Richtung intramural aus. Aufgrund der engmaschigen Versorgung der Speiseröhre mit Lymphwegen, die ebenfalls vorwiegend in Längsrichtung verlaufen, erfolgt oft frühzeitig die lymphogene Metastasierung in die zervikalen, paraösophagealen, mediastinalen und parapankreastischen Lymphknoten. Bei hämatogener Metastasierung sind meist Leber, Lunge und Skelett befallen. Zum Diagnosezeitpunkt haben oft auch Frühstadien des Ösophaguskarzinoms bereits Lymphknotenmetastasen gesetzt.
1.9.2 Maligne Tumoren Definition
Ätiopathogenese. Die Ätiologie des Ösophaguskarzinoms ist unbekannt. Exogene Faktoren sind Tabakabusus, der Genuss von hochprozentigen Alkoholika, heiße Getränke und kanzerogene Nahrungsbestandteile. Chronische Refluxösophagitiden, Verätzungsstrikturen, das PlummerVinson-Syndrom und die Achalasie stellen Präkanzerosen dar. Das Ösophaguskarzinom breitet sich besonders in longitudinaler Richtung intramural aus. Es erfolgt oft frühzeitig die lymphogene Metastasierung in die paraösophagealen, mediastinalen, zöliakalen und parapankreatischen Lymphknoten. Bei hämatogener Metastasierung sind meist Leber, Lunge und Skelett befallen.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
298 Malignome der Speiseröhre treten bei Männern ca. 3-mal häufiger als bei Frauen auf, besonders im Alter von 50–60 Jahren. In China, Japan, Skandinavien, Russland und bei der schwarzen Bevölkerung Südafrikas kommen sie häufiger vor als in Mitteleuropa. Symptome. Das klassische Symptom des Ösophaguskarzinoms ist die Dysphagie, zunächst mit Schluckstörungen für feste Speisen, später auch für Flüssigkeiten. Merke
1 Ösophagus Maligne Tumoren der Speiseröhre treten bei Männern 2–3-mal häufiger als bei Frauen auf. Das Prädilektionsalter liegt bei 50–60 Jahren, wobei geographische Inzidenzunterschiede beobachtet werden können: Ösophaguskarzinome werden in China, Japan, Skandinavien, Russland und bei der schwarzen Bevölkerung Südafrikas deutlich häufiger entdeckt als z.B. in Mitteleuropa. Die Ursache für diese Unterschiede ist noch nicht geklärt.
Symptome. Das klassische Symptom des Ösophaguskarzinoms ist die
zunehmende Dysphagie, zunächst mit Schluckstörungen für feste Speisen, später auch für Flüssigkeiten. Die Dysphagie wird als Spätsymptom gewertet, auch wenn sie meist das erste Symptom überhaupt darstellt. n Merke. Dysphagie ist meist schon ein Spätsymptom des Ösophaguskarzinoms, da bereits eine Infiltration der Ösophaguswand vorliegt.
Klinischer Fall In der Sprechstunde erscheint ein 48 Jahre alter Mann mit deutlich reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand. Er gibt an, seit kurzem nicht mehr richtig essen zu können, die Speise würde nach kurzer Zeit wieder regurgitiert, ohne dass dabei ein saurer Geschmack im Mund auffällt. Bei genauer Anamneseerhebung stellt sich heraus, dass bereits vor 1 Jahr das Schlucken von Fleisch nicht mehr möglich war und der Patient auf passierte
Diagnose. Bis vor kurzem galt die Röntgenbreischluckuntersuchung als diagnostische Methode der Wahl ( 1 B-1.13 a). Heute ist der Endoskopie der Vorzug zu geben ( 1 B-1.13 c), da durch Stufenbiopsien intramuköse Tumoranteile, die von der Haupttumormasse getrennt sein können und der radiologischen Diagnostik entgehen, erkannt werden. Die Endosonographie dient zur Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung und des Lymphknotenbefalls ( 1 B-1.13 d). Durch die Computertomographie werden dagegen lymphogene und hämatogene Fernmetastasen gesucht. Besteht der Verdacht, dass das Tracheobronchialsystem infiltriert ist, so ist zusätzlich eine Bronchoskopie vorzunehmen. Therapie. Das Ziel jeder therapeutischen Bemühung sollte in erster Linie die Kuration des Patienten sein. In zweiter Linie ist die rasche Wiederherstellung der Schluckfähigkeit des Patienten anzustreben. Im Prinzip besteht bei jedem Patienten mit einem Ösophaguskarzinom die Indikation zur radikalen operativen Therapie ( 1 B-1.13 b).
Kost umgestiegen war. Seit mehreren Monaten ernähre er sich nur noch von Suppen, habe aber seit kurzem auch Schwierigkeiten, diese zu schlucken. Schmerzen werden verneint, lediglich nach dem Essen würde ein vorübergehendes Druckgefühl retrosternal auftreten. Die daraufhin durchgeführte Ösophagoskopie ergibt ein stenosierendes Ösophaguskarzinom im mittleren Drittel.
Diagnose. Während bis vor kurzem die Röntgenbreischluckuntersuchung
( 1 B-1.13 a) mit der typischen Darstellung von irregulär begrenzten Füllungsdefekten die diagnostische Methode der Wahl war, so ist heute der Endoskopie der Vorzug zu geben ( 1 B-1.13 c). Durch Stufenbiopsien im Rahmen der diagnostischen Endoskopie lassen sich intramuköse Tumoranteile, die auch durch intakte Schleimhaut von der Haupttumormasse getrennt sein können und der radiologischen Diagnostik entgehen, erkannt werden. Ist der Ösophagustumor endoskopisch noch passierbar, so ist die Endosonographie zur Beurteilung der intra- und extramuralen Tumorausdehnung sowie zur Darstellung paraösophagealer Lymphknoten die aussagefähigste diagnostische Methode ( 1 B-1.13 d). Sie ist in der Lage, den Tumor im Rahmen des präoperativen Stagings mit hoher Genauigkeit nach dem TNMSystem einzuteilen. Die Suche nach lymphogenen und hämatogenen Fernmetastasen sollte durch Computertomographie von Thorax und Oberbauch erfolgen. Besteht der Verdacht, dass das Tracheobronchialsystem infiltriert ist, so ist zusätzlich eine Bronchoskopie vorzunehmen.
Therapie. Das Ziel jeder therapeutischen Bemühung sollte in erster Linie die
Kuration des Patienten sein. In zweiter Linie ist die rasche Wiederherstellung der Schluckfähigkeit des Patienten anzustreben, um eine weitgehend normale Ernährung zu gewährleisten, selbst wenn eine Heilung nicht mehr möglich erscheint. Im Prinzip besteht bei jedem Patienten mit einem Ösophaguskarzinom die Indikation zu einer radikalen operativen Therapie ( 1 B-1.13 b). Keine Indikation zur operativen Behandlung sehen die meisten Zentren bei Infiltrationen in Nachbarorgane (T4-Stadien) und diffuser Fernmetastasierung (M1-Stadien), da in diesen Fällen eine Ösophagusresektion nicht mehr in kurativer Intention durchgeführt werden kann. Zusätzlich ist der Eingriff als reine palliative Operation eine zu große Belastung/Risiko in Bezug auf die zu erwartende kurze Überlebenszeit der Patienten.
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299
1.9.2 Maligne Tumoren
1 B-1.13
Distales Ösophaguskarzinom
a Radiologische Darstellung des Karzinoms mittels Kontrastmittelbreischluck in 2 Ebenen: die prästenotische Dilatation des Ösophagus und die unregelmäßige Schleimhautoberfläche im stenotischen Tumorbereich sind erkennbar.
b Aufgeschnittenes Operationsresektat: Man erkennt deutlich die tumoröse Wandverdickung und die prästenotische Dilatation.
Aorta
c Endoskopisches Bild eines flächigen Ösophaguskarzinoms im distalen Ösophagus.
d Endosonographisches Bild eines die Wand überschreitenden Ösophaguskarzinoms ( Á Á) ohne benachbarten Lymphknotenbefall (T3N0) Im unteren Bildanteil ist die normale Ösophaguswandschichtung gut erkennbar (Á).
π Operative Therapie: Da das Ösophaguskarzinom sich intramural besonders in longitudinaler Richtung ausbreitet, ist für eine radikale Resektion ein Sicherheitsabstand von mindestens 6–10 cm notwendig. Hieraus ergibt sich, dass heute der Ösophagus praktisch immer subtotal reseziert wird. Wegen der häufig auch schon bei frühen Tumorstadien vorliegenden Lymphknotenmetastasen wird in gleicher Sitzung eine radikale Lymphadenektomie angeschlossen. Die Kontinuität der Speisepassage wird dabei durch Magenhochzug nach Bildung eines Magenschlauches oder eine Koloninterposition mit Anastomosen im zervikalen Anteil der Speiseröhre (kollare Anastomose) sowie am Duodenum erreicht ( 1 B-1.14).
π Operative Therapie: Zur Kuration eines Ösophaguskarzinoms muss eine operative Resektion mit einem Sicherheitsabstand von mindestens 6–10 cm durchgeführt werden. Deshalb wird heutzutage der Ösophagus praktisch immer subtotal reseziert. In gleicher Sitzung erfolgt eine radikale Lymphadenektomie. Die Kontinuität wird durch einen Magenhochzug oder eine Koloninterposition (kollare Anastomose) erreicht ( 1 B-1.14).
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300
1 Ösophagus
1 B-1.14
Synopsis Ösophagusersatzoperationen
retrosternal hochgezogener Magenschlund
interponiertes Kolontransversum Restmagen Kolonanastomose (AscendoDescendostomie) Pyloroplastik
a
b
a Ösophagusersatz durch Magenhochzug.
b Ösophagusersatz durch Koloninterposition.
Der Ösophagusersatz lässt sich im Thorakalbereich im ehemaligen Ösophagusbett, retrosternal oder prästernal-subkutan positionieren. Der Verlauf außerhalb des ehemaligen Ösophagusbettes soll die Gefahr einer erneuten Speisepassagebehinderung durch einen Rezidivtumor reduzieren ( 1 B-1.15). Um eine Magenentleerungsstörung nach trunkulärer Vagotomie zu vermeiden, sollte eine Pyloroplastik durchgeführt werden.
Der Ösophagusersatz lässt sich an unterschiedlichen Stellen im Thorakalbereich positionieren. Die beste Lokalisation ist die Lage im ehemaligen Ösophagusbett ( 1 B-1.15 a). Um die Möglichkeit einer Passagebehinderung durch einen Rezidivtumor, der aus verbliebenen befallenen Lymphknoten im ehemaligen Ösophagusbett hervorgeht und sekundär erneut in den Ösophagusersatz einwachsen kann, zu reduzieren, kann in einigen Fällen die Indikation zur retrosternalen oder prästernal-subkutanen Platzierung der Ersatzspeiseröhre gestellt werden ( 1 B-1.15 b, c). Da mit der Ösophagusresektion eine trunkuläre Vagotomie durchgeführt wird, resultiert eine Magenentleerungsstörung. Aus diesem Grund sollte die Ösophagektomie immer mit einer Pyloroplastik kombiniert werden.
π Adjuvante oder neoadjuvante Therapie: Zusätzlich zur operativen Therapie kann neoadjuvant oder adjuvant eine Radio- oder Radiochemotherapie durchgeführt werden. Der Sinn des neoadjuvanten Konzeptes liegt darin, präoperativ durch die Behandlung ein Down-Staging, das heißt eine Verkleinerung des Tumorstadiums, zu erreichen. Als adjuvante Therapien werden dabei die postoperativen Radio-/Chemotherapien bezeichnet, die bereits bestehende Mikrometastasen eliminieren sollen.
π Adjuvante oder neoadjuvante Therapie: Zusätzlich zur operativen Therapie kann neoadjuvant eine Radio- und/oder Radiochemotherapie erwogen werden. Neoadjuvant werden Radio- und/oder Chemotherapie bezeichnet, wenn sie bereits präoperativ zum Einsatz kommen. Der Sinn des neoadjuvanten Konzeptes liegt darin, präoperativ durch die Behandlung ein DownStaging, das heißt eine Verkleinerung des Tumorstadiums, zu erreichen oder das Risiko einer perioperativen Tumorstreuung zu reduzieren. Als adjuvante Therapien werden postpoperative Radio-/Chemotherapien bezeichnet. Sie sollen Mikrometastasen, die bereits zum Operationszeitpunkt bestehen, eliminieren. Ob es durch solche multimodalen Behandlungskonzepte jedoch zu einer Steigerung der Heilungsrate kommt, konnte bis jetzt noch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Aus diesem Grunde werden neoadjuvante/adjuvante Therapiekonzepte bisher nicht routinemäßig, sondern nur im Rahmen von Studienprotokollen durchgeführt.
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301
1.9.2 Maligne Tumoren
1 B-1.15
Synopsis Platzierungsmöglichkeiten des Ösophagusersatzes
Ösophagus
Ösophagus
Ösophagus
a
b
c
a Platzierung des Ösophagusersatzes im Ösophagusbett.
b Retrosternale Platzierung des Ösophagusersatzes.
c Prästernale Platzierung des Ösophagusersatzes.
Bei Infiltrationen in Nachbarorgane oder diffuser Fernmetastasierung ist eine radikale Ösophagusresektion mit Lymphadenektomie mit dem Ziel der vollständigen Entfernung des Tumors nicht mehr möglich. In diesen Fällen sollte, ebenso wie bei Patienten mit deutlich reduziertem Allgemeinzustand, individuell das nicht unerhebliche Risiko der radikalen Operation gegen den voraussichtlichen Gewinn für den Patienten abgewogen werden. Erscheint die Operation nicht indiziert, so stehen palliative Behandlungskonzepte zur Verfügung. Ziel dieser Verfahren ist die Wiederherstellung der Nahrungspassage oder – falls dies nicht mehr möglich ist – die Ermöglichung einer enteralen Sondenernährung zur Hebung der Lebensqualität.
Bei weit fortgeschrittenem Tumorstadium oder deutlich reduziertem Allgemeinzustand ist eine radikale Ösophagusresektion mit Lymphadenektomie nicht mehr möglich. In solchen Fällen sollte die Wiederherstellung der Nahrungspassage oder – falls dies nicht mehr möglich ist – die Ermöglichung einer enteralen Ernährung zur Hebung der Lebensqualität angestrebt werden.
Radiotherapie: Während das Adenokarzinom im distalen Ösophagus wenig strahlensensibel ist, lässt sich durch die Strahlentherapie oftmals zumindest eine Teilremission eines Plattenepithelkarzinoms erreichen. Für die Strahlentherapie stehen 2 Verfahren zur Verfügung: Die perkutane oder lokale Applikation der Strahlung, die aber auch kombiniert angewandt werden können. Besonders die perkutane Applikation von schnellen Neutronen oder die Bestrahlung in Form von einem endoluminalen Afterloading (Einführung einer Afterloadingsonde in den Ösophagus und Bestrahlung von innen) erbringen mitunter gute Remissionsergebnisse. Ist der Patient aufgrund kardiopulmonaler oder anderer Begleiterkrankungen nicht kurativ operabel, kann bei kleinen Tumoren durch die Bestrahlung eine Kuration erreicht werden. Bei fortgeschrittenen Ösophagustumoren ist die Strahlentherapie als palliativer Ansatz zu betrachten.
Radiotherapie: Das Adenokarzinom ist wenig strahlensensibel. Bei Plattenepithelkarzinomen lassen sich jedoch Remissionen erzielen. Die Bestrahlung kann perkutan oder in Form einer lokalen Applikation (Afterloading) durchgeführt werden.
Endoskopische Therapie: Durch eine endoskopische Lasertherapie (Abtragung von stenosierenden Tumoranteilen unter endoskopischer Sicht mittels eines Lasers) lassen sich Tumorstenosen vorübergehend partiell beseitigen. Ein Nachteil dieses Verfahrens ist die Tatsache, dass es aufgrund von neuem Tumorwachstum zu Rezidivstenosen kommt, sodass die Laserbehandlungen in regelmäßigen Intervallen wiederholt werden müssen (s. a. Kap. B-13.3.2).
Endoskopische Therapie: Durch die endoskopische Lasertherapie lassen sich Tumorstenosen vorübergehend beseitigen. Aufgrund von erneutem Tumorwachstum sind jedoch erneute Laserbehandlungen in regelmäßigen Intervallen notwendig (s. a. Kap. B-13.3.2).
Bei kleinen Tumoren kann durch die Bestrahlung eine Kuration erreicht werden, fortgeschrittene Ösophagustumoren sind durch die Strahlentherapie nur palliativ zu behandeln.
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302 Außerdem ist die endoskopische Implantation von Tuben möglich. Zur Anwendung kommen dabei starre (Celestin- oder Häring-Tuben) oder selbstexpandierende Tuben (s. a. Kap. B-13.3.2, S. 596ff.). Bei weit fortgeschrittenem Tumorleiden ist die Anlage einer gastralen Ernährungsfistel (= Gastrostoma oder Witzel-Fistel) oder eines Jejunostomas, alternativ eine PEG zur enteralen Ernährung möglich. Chemotherapie: Die Chemotherapie wird neoadjuvant zur präoperativen Tumorverkleinerung und adjuvant zur Eliminierung von Mikrometastasen oder zur Optimierung der Strahlentherapie angewandt. Komplikationen. Typische Frühkomplikationen sind die Anastomoseninsuffizienz und Interponatnekrose, evtl. mit Ausbildung enterokutaner oder enterotrachealer Fisteln, Mediastinitis und Bronchopneumonie. Die Anastomosenstenose ist eine typische Spätkomplikation.
Prognose. Die mittlere Überlebenszeit von Patienten mit Ösophaguskarzinom ohne Therapie liegt bei etwa 6–12 Monaten nach Diagnosestellung. Nach radikaler Operation beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate nur 10–15 %. Die Letalität einer radikalen Ösophagusresektion ist im Bereich von 10–15 % anzusiedeln.
1 Ösophagus Eine weitere endoskopische Behandlungsmethode von malignen Ösophagusstenosen besteht in der Implantation von starren (Celestin- oder Häring-)Tuben, neuerdings auch von selbstexpandierenden Tuben, die aus einem Gitterdrahtgeflecht bestehen (s. a. Kap. B-13.3.2, S. 596ff.) und das Lumen offen halten. Ist das Tumorleiden weit fortgeschritten und eine Befundverbesserung durch andere palliative Maßnahmen nicht mehr möglich, so kann die enterale Ernährung durch die operative Anlage einer gastralen Ernährungsfistel (= Gastrostoma oder Witzel-Fistel) oder eines Jejunostomas, alternativ durch Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) sichergestellt werden. Chemotherapie: Die Chemotherapie wird neoadjuvant zur präoperativen Tumorverkleinerung und adjuvant zur Eliminierung von Mikrometastasen oder zur Zellsynchronisation angewandt. Ziel dieses adjuvanten Ansatzes ist es, möglichst viele Tumorzellen gleichzeitig in strahlensensible Zellzyklusstadien zu transferieren, um den Erfolg der Strahlentherapie zu optimieren.
Komplikationen. Durch Zirkulationsstörungen kann eine Anastomoseninsuffizienz auftreten, die zur Ausbildung von enterokutanen oder enterotrachealen Fisteln und Mediastinitis führen kann. Im weiteren Verlauf kann eine Bronchopneumonie entstehen. Erfolgt die Anastomosierung nicht spannungsfrei oder ist die Gefäßversorgung des Interponats gestört, so kann es zu einer Interponatnekrose mit Mediastinitis, Peritonitis und Sepsis kommen. Die Anastomosenstenose – sowohl durch narbige Schrumpfung als auch nach Bestrahlung oder Anastomoseninsuffizienz – ist eine typische Spätkomplikation der Ösophagusresektion, die meist mittels endoskopischer Bougierung behandelt wird. Prognose. Die spontane mittlere Überlebenszeit von Patienten mit Ösopha-
guskarzinom liegt ohne Therapie bei etwa 6–12 Monaten nach Diagnosestellung. Da die meisten Karzinome jedoch erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert werden, liegt selbst bei radikaler Tumorentfernung die 5-Jahres-Überlebensrate nur bei ca. 10–15 %. Die Letalität einer radikalen Ösophagusresektion ist im Bereich von 10–15 % anzusiedeln. Eine Verbesserung der Prognose lässt sich momentan nur durch eine verbesserte Früherkennung erhoffen, sodass mehr Patienten bereits im symptomfreien Stadium erfasst und therapiert werden können.
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303
Zwerchfell
2
2
Zwerchfell
2.1
Anatomie
Mathias Löhnert, Horst Schaube 2.1
Anatomie
n Definition. Das kuppelförmige Zwerchfell trennt Thorax und Abdomen in funktionell und räumlich abgegrenzte Einheiten. Durch präformierte Lücken treten Gefäße, Nerven und Organe hindurch. Das Zwerchfell besteht aus einer Muskelsehnenplatte, die am Rippenbogen (Pars costalis), den ersten 3 Lendenwirbelkörpern (Pars lumbalis) und dem Brustbein (Pars sternalis) ansetzt und im Zentrum auf beiden Seiten des Zwerchfells in eine Sehnenplatte – auch Centrum tendineum genannt – übergeht. Die motorische Innervation erfolgt über den N. phrenicus.
Direkt prävertebral in der Pars lumbalis befindet sich eine muskelfreie Lücke als Durchtrittspforte für die Aorta (Hiatus aorticus) und den Ductus thoracicus. Dieser Aortenschlitz ist von einem Sehnenbogen (Lig. arcuatum medianum) umrandet, damit bei Zwerchfellkontraktionen das Aortenlumen nicht eingeengt werden kann. Ventral des Hiatus aorticus tritt der Ösophagus zusammen mit den Vagusstämmen durch den Hiatus oesophageus in das Abdomen über, während die V. cava im Centrum tendineum rechts paramedian im Foramen v. cavae verläuft. Die V. cava wird dabei durch Sehnenbündel, die zum Foramen ziehen, so aufgespannt, dass das Gefäßlumen dauernd offen gehalten wird. Die Durchtrittsstellen der einzelnen Nerven, Gefäße und Organe durch das Diaphragma sind aus 2 B-2.1 ersichtlich. Zwischen den Ansatzstellen der einzelnen muskulären Zwerchfellschenkel bestehen muskelfreie Areale, die nur durch bindegewebige Platten verschlossen sind und als Locus minoris resistentiae Prädilektionsstellen für Zwerchfellhernien darstellen.
2 B-2.1
Definition
Der Hiatus aorticus wird von einem Sehnenbogen umrandet, der bei Zwerchfellkontraktionen eine Einengung des Aortenlumens verhindert. Durch den Hiatus oesophageus zieht der Ösophagus zusammen mit den Vagusstämmen in das Abdomen. Die V. cava durchtritt das Centrum tendineum rechts paramedian im Foramen v. cavae. Die Durchtrittsstellen der einzelnen Nerven, Gefäße und Organe durch das Diaphragma sind aus 2 B-2.1 ersichtlich.
Durchtrittsstellen durch das Zwerchfell mit den dazugehörigen Strukturen
Zwerchfelldurchtritt
Strukturen
N Foramen venae cavae n
V. cava inferior, R. phrenicoabdominalis des rechten N. phrenicus
N Hiatus oesophagici n
Ösophagus, R. phrenico-abdominalis des linken N. phrenicus, Trunci vagales anterior et posterior
N Hiatus aorticus n
Aorta, Ductus thoracicus
N medialer Zwerchfellschenkel n
V. azygos, N. splanchnicus major
N Übergang zwischen medialem und n lateralem Zwerchfellschenkel
Truncus sympathicus und N. splanchnicus minor
Eine dieser bindegewebigen Platten befindet sich beidseits am Übergang von der Pars lumbalis zur Pars costalis und wird als Bochdalek-Dreieck bezeichnet. Das Bochdaleck-Dreieck grenzt distal direkt an den oberen Nierenpol. Am Übergang von Pars costalis zur Pars sternalis entsteht ebenfalls auf beiden Seiten ein muskelfreies Areal, das Larrey-Spalte genannt wird ( 1 B-2.1).
Am Übergang von der Pars lumbalis zur Pars costalis liegt das BochdalekDreieck. Das muskelfreie Areal am Übergang von Pars costalis zur Pars sternalis wird Larrey-Spalte genannt ( 1 B-2.1).
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304
2 Zwerchfell
1 B-2.1
Synopsis Anatomie des Zwerchfells
Foramen Venae cavae
Larrey-Spalten
Hiatus aorticus
2.2
Zwerchfellhernien
2.2
Hiatus oesophagei
BochdalekDreieck
Zwerchfellhernien
Bei den Zwerchfellhernien werden angeborene, die aufgrund von Hemmungsmissbildungen, Anlageanomalien oder durch angeborene Loci minores resistentiae entstehen, von den erworbenen Formen unterschieden.
Bei den Hernienbildungen des Zwerchfells werden die Hernien, die aufgrund von Anlageanomalien oder Hemmungsmissbildungen oder durch angeborene Loci minores resistentiae entstehen (angeborene Hernien), von den erworbenen Formen unterschieden.
2.2.1 Angeborene Hernien
2.2.1
Angeborene Zwerchfellhernie des Neugeborenen
Angeborene Zwerchfellhernie des Neugeborenen
Definition
Angeborene Hernien
n Definition. Bei der angeborenen Zwerchfellhernie des Neugeborenen handelt es sich um eine Hemmungsmissbildung, die während der 8.–10. Schwangerschaftswoche auftritt und die vollständige räumliche Abtrennung von Thoraxraum und Abdominalhöhle verhindert.
Die Zwerchfellhernie tritt am häufigsten als lumbokostale Hernie (Bochdalek-Hernie) linksseitig auf. Die Prognose der angeborenen Hernie wird von dem Ausmaß der begleitenden Lungenhypoplasie bestimmt.
Am häufigsten ist die lumbokostale Hernie, die auch als Bochdalek-Hernie bezeichnet wird, da sie dort auftritt, wo sich bei normal ausgebildetem Zwerchfell das Bochdalek-Dreieck befindet. Sie tritt fast immer links auf, da auf der rechten Seite die Leber eine Herniation in den Thorax verhindert. Durch die Muskellücke kann es zum Durchtritt von Magen, Milz, Dünn- und Dickdarm kommen. Die angeborenen Hernien gehen oft mit einer Lungenhypoplasie einher, für deren Entstehung es z. Z. drei Theorien gibt: 1. Die Organe, die sich durch die Hernie in den Thoraxraum verlagern, komprimieren die Lunge und führen so zur Lungenhypoplasie. 2. Die Lungenhypoplasie ist eine eigenständige, synchron auftretende Fehlbildung. 3. Die Lungenhypoplasie resultiert aus einer frühen Lageveränderung der embryonalen Leberanlage. Die Prognose der angeborenen Hernie wird vom Ausmaß der begleitenden Lungenhypoplasie bestimmt.
Symptome. Das Neugeborene fällt durch Dyspnoe und Zyanose – oft schon kurz nach der Geburt beginnend – auf. Der Zustand verschlechtert sich rasch.
Symptome. Das Neugeborene fällt durch Dyspnoe und Zyanose – kurz nach
der Geburt – auf. Der Zustand verschlechtert sich rasch, da durch das Schreien des Kindes Magen und Dünndarm zunehmend mit Luft angefüllt werden, was zu einer verstärkten Kompression der Thoraxorgane führt.
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305
2.2.2 Hiatushernien
Therapie. Bei Verdacht auf eine angeborene Zwerchfellhernie ist das Neugeborene auf die betreffende Seite zu lagern und als Erstes eine Magensonde zu legen, um die Luft aus dem oberen Gastrointestinaltrakt ablassen zu können. Weiter vorrangige Maßnahme ist die endotracheale Intubation. Es darf keinesfalls eine Maskenbeatmung durchgeführt werden. Nach Ausgleich der Azidose sollte schnellstens der transabdominelle Bruchlückenverschluss angestrebt werden. (Vgl. auch Kap. B-23)
Therapie. Bei einer angeborenen Zwerchfellhernie wird das Neugeborene auf die betroffene Seite gelagert, durch eine Magensonde die Luft aus dem oberen Gastrointestinaltrakt abgelassen und intubiert (keine Maskenbeatmung!). Anschließend sollte schnellstens der transabdominelle Bruchlückenverschluss angestrebt werden.
Bochdalek-Hernie
Bochdalek-Hernie
Synonym: lumbokostale Hernie n Definition. Bei dieser Form der Bochdalek-Hernie handelt es sich um eine Hernienbildung meist durch das linke Trigonum lumbocostale, die jedoch im Gegensatz zur Neugeborenen-Form kleiner ist und sich auf das Bochdalek-Dreieck beschränkt. Sie tritt meist erst im späteren Kindes- oder auch im Erwachsenenalter auf.
Definition
Je nach Größe der Bruchlücken kommt es zu Einklemmungsbeschwerden oder Tachykardie und Dyspnoe durch Kompression der Thoraxorgane.
Typisch sind Einklemmungsbeschwerden oder Tachykardie und Dyspnoe durch Kompression der Thoraxorgane.
Therapie. Sie besteht im operativen Bruchlückenverschluss bei insgesamt guter Prognose.
Therapie. Sie besteht im operativen Bruchlückenverschluss.
Morgagni-Hernie
Morgagni-Hernie
Synonym: Larrey-Hernie, parasternale Hernie, retrosternale Hernie n Definition. Die Morgagni-Hernie entsteht durch eine Erweiterung des muskelfreien Larrey-Dreiecks zur Bruchpforte, durch die Abdominalorgane in den Thorax eintreten können.
Definition
Sie tritt meistens im Erwachsenenalter auf, Frauen sind häufiger als Männer betroffen. Die klinischen Beschwerden bestehen aus retrosternalem Druckgefühl oder entsprechen denen der Bochdalek-Hernie.
Die klinischen Beschwerden bestehen aus retrosternalem Druckgefühl oder entsprechen denen der BochdalekHernie.
Therapie. Auch bei dieser Form der Zwerchfellhernie ist der operative
Therapie. Der operative Bruchpfortenverschluss ist die Therapie der Wahl.
Bruchpfortenverschluss die Therapie der Wahl.
2.2.2
Hiatushernien
Die Hiatushernien stellen mit ca. 90 % die häufigste Form aller Zwerchfellhernien dar. Es werden dabei 3 Formen unterschieden: π axiale Gleithernie π paraösophageale Hernie π Mischformen. In 1 B-2.2 wird zur Verdeutlichung der anatomischen Beziehungen der jeweilige Zustand schematisch dargestellt.
2.2.2 Hiatushernien Die Hiatushernien stellen die häufigste Form aller Zwerchfellhernien dar. Man unterscheidet: π axiale Gleithernie π paraösophageale Hernie π Mischformen. ( 1 B-2.2).
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306
2 Zwerchfell
1 B-2.2
Synopsis Normalbefund und Formen der Hiatushernie
Peritoneum
His-Winkel
Normalbefund. Axiale Hiatushernie.
Paraösophageale Hernie.
Axiale Hiatushernie
Definition
Die kardiofundale Fehllage ist eine Vorstufe der axialen Hernie, bei der der His-Winkel größer als 90Ω wird ( 1 B-2.2). Als His-Winkel wird dabei der Winkel zwischen dem intraabdominellen Abschnitt des Ösophagus und des Magenfundus bezeichnet. Die meisten axialen Hiatushernien finden sich bei Patienten älter als 50 Jahre, und bei Frauen. Als begünstigend werden eine Adipositas und Emphysemerkrankungen angesehen. Symptome. 60–70 % der Patienten mit nachgewiesener axialer Hiatusgleithernie sind asymptomatisch. Bei ca. 20 % treten Sodbrennen, retrosternale Schmerzen, Dysphagie, Anämie und Schmerzzunahme im Liegen als Zeichen einer Refluxkrankheit auf. In 10 % der Fälle bestehen retrosternale
Mischbruch (partieller Thoraxmagen).
Upside-down Stomach (Thoraxmagen).
Axiale Hiatushernie n Definition. Die axiale Hernie bildet etwa 80 % aller Hiatushernien. Sie ist ein typischer Gleitbruch, das heißt, die Kardia stellt nicht einen Bruchsackinhalt, sondern einen Teil der Bruchsackwand dar. Sie entsteht durch eine Lockerung der Kardiaaufhängung, die ein Eintreten der oberen Magenanteile in das hintere Mediastinum ermöglicht.
Als kardiofundale Fehllage wird eine Vorstufe der axialen Hernie bezeichnet, die durch eine beginnende Insuffizienz der ligamentären Kardiafixierung zu einem stumpfen His-Winkel (> 90Ω) führt ( 1 B-2.2). Als His-Winkel wird dabei der Winkel zwischen dem intraabdominellen Abschnitt des Ösophagus und des Magenfundus bezeichnet. Die meisten axialen Hiatushernien finden sich bei Patienten älter als 50 Jahre, und bei Frauen. Als begünstigend werden eine Adipositas und Emphysemerkrankungen angesehen, da hierdurch die Lockerung der Kardiaaufhängung im Bereich des Hiatus oesophageus verstärkt wird.
Symptome. 60–70 % der Patienten mit endoskopisch oder radiologisch
nachgewiesener axialer Hiatusgleithernie sind asymptomatisch. Bei 20 % werden die klinisch führenden Symptome (Sodbrennen, retrosternale Schmerzen, Dysphagie, Anämie und Schmerzzunahme im Liegen) durch eine Refluxkrankheit ausgelöst (s. a. Kap. B-1.5.4). Bei diesen Patienten lässt sich im Rahmen einer Ösophagusmanometrie oder einer pH-Metrie eine Insuffizienz des unteren Ösophagussphinkters und ein gastroösophagealer Reflux nachweisen. In 10 % der Fälle treten retrosternale Beschwerden, die
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307
2.2.2 Hiatushernien im Rahmen einer mechanischen Reizung durch die im Mediastinum befindliche unphysiologische Raumforderung ausgelöst werden, in den Vordergrund. Beachtenswert erscheint, dass bei 30–40 % der Patienten eine Koinzidenz von Cholelithiasis und axialer Hiatusgleithernie beobachtet werden kann.
Beschwerden durch mechanische Reizung. Bei 30–40 % der Patienten besteht eine Koinzidenz von Cholelithiasis und axialer Hiatusgleithernie.
Diagnose. Axiale Hiatushernien und deren Komplikationen (Refluxösopha-
Diagnose. Zur Diagnosesicherung sind eine Gastroskopie oder eine Röntgenkontrastmitteluntersuchung des oberen Magen-Darm-Traktes notwendig.
Therapie. Asymptomatische Hernien sind nicht therapiebedürftig. Treten
Therapie. Asymptomatische Hernien sind nicht therapiebedürftig. Bei Refluxbeschwerden ist ein konservativer Therapieversuch mit Antazida, H 2 -Rezeptor-Antagonisten und Medikamenten, die die Propulsivmotorik im Gastrointestinaltrakt fördern, indiziert.
gitis, mechanische Irritation) lassen sich durch eine Gastroskopie oder eine Röntgenkontrastmitteluntersuchung des oberen Magen-Darm-Traktes nachweisen.
refluxbedingte Beschwerden auf, so sollte zunächst wie bei der Refluxkrankheit ein konservativer Therapieversuch mit Antazida, H2-RezeptorAntagonisten und Medikamenten wie Propulsin oder Paspertin, die die Propulsivmotorik im Gastrointestinaltrakt fördern, unternommen werden. n Merke. Da nur 30–40 % aller Hiatushernien klinische Beschwerden verursachen, ist auch nur bei jeder 3.–4. Hiatushernie eine Therapie indiziert.
Merke
Bei therapieresistenten Refluxbeschwerden oder rezidivierend auftretenden mechanischen Irritationen ist eine operative Intervention im Sinne einer Fundoplikation (s. a. Kap. B-1.5.4, S. 287) oder eine operative Einengung des vergrößerten Hiatus oesophageus (Hiatoplastik) zusammen mit einer Rekonstruktion des His-Winkels (Fundopexie) sinnvoll.
Als operative Verfahren kommen bei Therapieversagern oder rezidivierenden mechanischen Irritationen die Fundoplikation oder die Hiatoplastik mit Fundopexie in Frage.
Paraösophageale Hernie
Paraösophageale Hernie
n Definition. Bei der paraösophagealen Hernie handelt es sich um einen echten Bruch, da es zur Ausbildung eines Bruchsacks mit Peritonealüberzug kommt. Die Kardia befindet sich bei dieser Hernienform an regelrechter Stelle, ihre Fixierung und somit auch der His-Winkel sind intakt.
Der Bruch wird von Magenanteilen – meist dem Fundus – gebildet, die zusammen mit dem peritonealen Überzug neben dem Ösophagus in die Thoraxhöhle prolabieren ( 1 B-2.2, 1 B-2.3). In seltenen Fällen gelangen durch die Bruchpforte auch die Milz, Teile vom Kolon, Dünndarm oder Netz in den Thoraxraum. Eine besondere Form der paraösophagealen Hernie stellt der Thoraxmagen (Upside-down Stomach) dar. Hier handelt es sich um eine Extremvariante, bei der der Magen um seine Längsachse rotiert ist und vollständig in den Thoraxraum verlagert ist. Lediglich die Kardia befindet sich noch intraabdominell ( 1 B-2.2, 1 B-2.4), der übrige Magenrest steht kopfüber (»upsidedown«) in der Thoraxhöhle. Meistens werden paraösophageale Hernien als Zufallsbefund entdeckt. Sie sind häufig asymptomatisch und fallen oft erst durch eintretende Komplikationen auf.
Symptome. Bei komplikationslosem Verlauf können ein retrosternales
Druckgefühl, das nach dem Essen zunimmt, Herzbeschwerden, ausgelöst durch die direkt mechanische Kompression des Herzens durch den Bruchsackinhalt, Dysphagiesymptome und vermehrtes Aufstoßen ein erster Hinweis auf das Vorliegen einer paraösophagealen Hernie sein.
Komplikationen. Typische, wenn auch relativ seltene Komplikationen sind
Schleimhauterosionen des Magens bis hin zur Ulkusentstehung im Bereich des Schnürringes im Durchtrittsbereich durch den Hiatus oesophageus, die Inkarzeration von Bruchsackinhalten, die Strangulation von her-
Definition
Bei dem Upside-down Stomach handelt es sich um eine Extremvariante, bei der der Magen um seine Längsachse rotiert ist und vollständig in den Thoraxraum verlagert ist. Lediglich die Kardia befindet sich noch intraabdominell ( 1 B-2.2, 1 B-2.4). Paraösophageale Hernien sind häufig asymptomatisch und fallen oft erst durch eintretende Komplikationen auf. Symptome. Typische Symptome sind: retrosternales Druckgefühl π Herzbeschwerden π Dysphagiesymptome π vermehrtes Aufstoßen. π
Komplikationen. Falls Komplikationen eintreten (Ulkus, Inkarzeration, Strangulation, Ileus), so können sich die Beschwerden bis zum Vollbild eines akuten Abdomens ausweiten.
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308
2 Zwerchfell
1 B-2.3
Paraösophageale Hernie Röntgenkontrastmitteldarstellung des Ösophagus bei paraösophagealer Hernie: Das Kontrastmittel bildet im intrathorakalen Magenfundus einen Spiegel ( Á).
a A.-p.
1 B-2.4
b Seitlich.
Upside-down Stomach
a P.-a. Thoraxaufnahme: luftgefüllte Magenblase links lateral des Herzschattens im Recessus costodiaphragmaticus (Á).
b Seitliche Thoraxaufnahme: retrokardial gelegener Magen mit Spiegelbildung über flüssigem Mageninhalt ( Á).
nierten Magen-Darm-Abschnitten, sowie das Vollbild eines Ileus, der im Rahmen einer Strangulation entstehen kann. Im Falle von Komplikationen nehmen die klinischen Beschwerden zu, der Zustand kann sich bis zum Vollbild eines akuten Abdomens ausweiten. Diagnose. Bei der Röntgenuntersuchung des Thorax kann die Verdachtsdiagnose bereits aufgrund der intra-
Diagnose. Bei der Röntgenuntersuchung des Thorax kann die Verdachtsdiagnose bereits aufgrund der intrathorakal gelegenen Luftblase gestellt werden. Eine Diagnosesicherung erfolgt durch die Röntgenkontrastunter-
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309
2.3 Zwerchfellruptur suchung oder eine Endoskopie, die die intrathorakal gelegenen MagenDarm-Abschnitte darstellen.
Therapie. Bei jeder, auch der komplikations- und beschwerdefreien paraösophagealen Hernie ist eine Operationsindikation gegeben, da auch bei unauffälligem Verlauf jederzeit die Gefahr einer schweren Komplikation besteht. Als einfachste und risikoärmste operative Vorgehensweise ist die transabdominelle Fixierung des Magens an der vorderen Bauchwand (ventrale Fundo- oder Gastropexie) zu nennen. Das Risiko eines Hernierezidives liegt bei etwa 20 %.
Mischformen n Definition. Bei den Mischformen der Hiatushernien handelt es sich um das gleichzeitige Vorliegen einer axialen Gleithernie und einer paraösophagealen Hernie ( 1 B-2.2). Die Kardia befindet sich aufgrund einer Insuffizienz ihrer Haltestrukturen intrathorakal, der His-Winkel ist stumpf.
thorakal gelegenen Luftblase gestellt werden und durch eine Röntgenkontrastuntersuchung oder eine Endoskopie gesichert werden. Therapie. Bei jeder, auch der komplikations- und beschwerdefreien paraösophagealen Hernie ist eine Operationsindikation gegeben, da auch bei unauffälligem Verlauf jederzeit die Gefahr einer schweren Komplikation besteht. Die Therapie besteht in einer ventralen Fundo- oder Gastropexie. Mischformen Definition
Gleichzeitig sind neben der Kardia weitere Anteile des Magens oder andere intraabdominelle Organe durch den Hiatus in den Thoraxraum eingetreten.
Therapie. Alle Mischformen der Hiatushernien stellen eine Indikation zur
operativen Intervention dar, da durch den paraösophagealen Hernienanteil eine Inkarzerationsgefahr gegeben ist. Die operative Therapie entspricht der kombinierten Vorgehensweise wie beim Vorliegen von Gleithernien oder paraösophagealen Hernien.
2.3
Zwerchfellruptur
n Definition. Eine plötzlich auftretende abrupte intraabdominelle Druckerhöhung kann zur Ruptur des Zwerchfells und zu einem Prolaps von Baucheingeweiden durch die so entstandene Lücke in den Thorax hinein führen.
Therapie. Alle Mischformen der Hiatushernien stellen eine Indikation zur operativen Intervention dar. Die operative Therapie entspricht der kombinierten Vorgehensweise beim Vorliegen von Gleithernien oder paraösophagealen Hernien. 2.3
Zwerchfellruptur
Definition
Ätiologie. Die häufigste Ursache solcher Druckerhöhungen ist ein stumpfes
Ätiologie. Die häufigste Ursache ist ein stumpfes Bauchtrauma. Seltener kommen perforierende oder penetrierende Verletzungen oder stumpfe Thoraxtraumen als Auslöser in Frage.
Pathogenese. Die traumatische Zwerchfellruptur tritt in 95 % der Fälle links
Pathogenese. Die traumatische Zwerchfellruptur tritt in 95 % der Fälle links auf. Eine beidseitige Ruptur ist extrem selten. Die Rupturstelle liegt meist im Centrum tendineum oder am Übergang vom muskulären zum sehnigen Anteil der Zwerchfellplatte. Aufgrund des negativen intrathorakalen Drucks kommt es zum Vorfall von Bauchorganen (Milz, Magen, Netz, Dünndarm, Kolon, selten auch von Leberanteilen) in die Thoraxhöhle.
Bauchtrauma. Seltener kommen perforierende oder penetrierende Verletzungen wie etwa durch Schuss- oder Stichverletzungen oder stumpfe Thoraxtraumen als Auslöser in Frage.
auf, da die Leber bei stumpfen Traumen stoßdämpfend wirkt. Eine beidseitige Ruptur ist extrem selten. Die Rupturstelle liegt dort, wo der Widerstand gegen die Druckerhöhung am geringsten ist (Locus minoris resistentiae), im Centrum tendineum oder am Übergang vom muskulären zum sehnigen Anteil der Zwerchfellplatte. Aufgrund des negativen intrathorakalen Drucks kommt es zum Vorfall von Bauchorganen (Milz, Magen, Netz, Dünndarm, Kolon, selten auch von Leberanteilen) in die Thoraxhöhle. Da bei der Zwerchfellruptur nicht nur der muskuläre und sehnige Anteil des Zwerchfells zerreißt, sondern auch der Peritonealüberzug zerstört wird, liegt hierbei keine Hernie sondern ein Prolaps vor. Die traumatische Zwerchfellruptur gehört zu den Unfallfolgen, die am häufigsten übersehen werden. Als Ursache hierfür können zwei Umstände angeführt werden: Zum einen kann die Ruptur selbst symptomarm verlaufen und der Prolaps von Bauchorganen sich erst langsam entwickeln. Zum anderen stehen bei den meist polytraumatisierten Patienten andere Verletzungen im Vordergrund, sodass die Zwerchfellruptur in der primären Notfalldiagnostik nicht erkannt wird.
Die traumatische Zwerchfellruptur gehört zu den Unfallfolgen, die am häufigsten übersehen werden, da die Ruptur selbst symptomarm verlaufen kann und sich der Prolaps von Bauchorganen langsam entwickelt. Die Symptomatik wird zudem meist durch schwere Begleitverletzungen überlagert.
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310 Merke
Symptome. Der Organprolaps entsteht innerhalb von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Tagen nach dem Trauma. Akute klinische Beschwerden, die als Komplikation auftreten können, sind: π kardiale Arrhythmien π Dyspnoe π intraabdominelle Blutungen π Ileus π gastrointestinale Blutungen. Übersehene Zwerchfellrupturen manifestieren sich in Form von uncharakteristischen Beschwerden (Schmerzen, Völlegefühl oder Dyspnoe). Diagnose. Ein tympanitischer (luftgefüllter Magen oder Kolon) oder gedämpfter Klopfschall, Darmgeräusche im Thorax sowie abgeschwächte Atemgeräusche können erste Hinweise auf eine Zwerchfellruptur geben. In der Röntgenübersicht des Thorax fällt eine unscharfe Begrenzung der betroffenen Zwerchfellkuppe auf, begleitet von basalen Verschattungen oder intrathorakalen Dünndarmspiegeln ( 1 B-2.5). Eine MDP, Sonographie oder eine CT sichern die Diagnose.
2 Zwerchfell
n Merke. Bei Patienten, die ein schweres linksseitiges abdominelles, thorakales oder thorakoabdominelles Trauma erlitten haben, muss stets eine Zwerchfellruptur ausgeschlossen werden.
Symptome. Der Organprolaps entsteht innerhalb von wenigen Minuten bis
hin zu mehreren Tagen nach dem Trauma. Akute klinische Beschwerden werden meist durch die Verdrängung von Cor oder Pulmo in Form von Arrhythmien oder Dyspnoe ausgelöst. Außerdem kann es durch das Trauma zu Verletzungen von Milz, Mesenterialgefäßen oder Leber, die in den Thorax prolabieren, bzw. zu intraabdominellen Blutungen kommen. Seltener tritt durch eine Inkarzeration der prolabierten Organe ein Ileus oder eine gastrointestinale Blutung ein. Primär übersehene Zwerchfellrupturen manifestieren sich in Form von uncharakteristischen Beschwerden wie retrosternalen Schmerzen, Völlegefühl oder Dyspnoe.
Diagnose. Bereits die gründliche klinische Untersuchung kann erste Hin-
weise auf eine Zwerchfellruptur geben: Bei der Perkussion des Thorax kann es je nach prolabiertem Organ zu einem tympanitischen (luftgefüllter Magen oder Kolon) oder gedämpften Klopfschall (Milz, Leber) kommen. Auskultatorisch können evtl. Darmgeräusche im Thorax oder abgeschwächte Atemgeräusche wahrgenommen werden. In der Röntgenuntersuchung des Thorax fällt eine unscharfe Begrenzung der betroffenen Zwerchfellkuppe auf. Zusätzlich können basale Verschattungen oder intrathorakale Dünndarmspiegel zu sehen sein ( 1 B-2.5). Die Diagnose eines Enterothorax kann durch eine Kontrastmittelröntgenuntersuchung (MDP) verifiziert werden, während Verlagerungen von Milz oder Leber oft sonographisch darstellbar sind. Die Computertomographie (CT) bringt in unklaren Fällen eine Klärung.
1 B-2.5
Zwerchfellruptur mit Enterothorax Raumforderung ohne Lungenparenchymzeichnung in der linken Thoraxhöhle nach stumpfem Bauchtrauma.
Therapie. Bei der Behandlung der zumeist polytraumatisierten Patienten steht zuerst die Schockbekämpfung und Dekompression des luftgefüllten Magens durch eine Magensonde im Vordergrund.
Therapie. Bei der Behandlung der zumeist polytraumatisierten Patienten
steht zuerst die Schockbekämpfung im Vordergrund. Zur Vermeidung einer zunehmenden Kompression von Herz und Lunge durch Luft, die durch die Beatmung in den Magen gelangen kann, ist eine Dekompression mit einer Magensonde angezeigt.
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311
2.4 Relaxatio diaphragmatica
n Merke. Bei Thoraxverletzungen sollte eine blinde Pleurapunktion oder Bülau-Dränage nur bei Verdacht auf einen Spannungspneumothorax durchgeführt werden, ehe durch eine Röntgen-Thoraxübersichtsaufnahme eine Zwerchfellruptur ausgeschlossen ist. Nur so lässt sich eine iatrogene Perforation von in den Thorax prolabierten Magen-DarmAnteilen sicher vermeiden.
Ist der klinische Verdacht auf eine Zwerchfellruptur durch weitere Untersuchungen erhärtet worden, so ist nach Kreislaufstabilisierung eine Explorativlaparotomie indiziert. Neben der Reposition der prolabierten Organe und Verschluss der Ruptur durch primäre Naht ist eine Exploration des gesamten Abdomens zur Erkennung und Behandlung weiterer intraabdomineller Verletzungen notwendig.
2.4
Relaxatio diaphragmatica
n Definition. Unter einer Relaxatio diaphragmatica versteht man die extreme Erschlaffung einer Zwerchfellhälfte mit konsekutivem hochgradigem Zwerchfellhochstand.
Merke
Die operative Therapie besteht in einer Explorativlaparotomie mit Reposition der prolabierten Organe, Verschluss der Ruptur und Exploration des gesamten Abdomens.
2.4
Relaxatio diaphragmatica
Definition
Die angeborene Form lässt sich auf eine Defektmissbildung meist des N. phrenicus zurückführen. Die erworbenen Formen beruhen auf einer – wahrscheinlich degenerativen – Gefügedilatation des Zwerchfells mit einem bis zur Aufhebung der Kontraktilität reichenden Muskeltonusverlust des Zwerchfells. Dieses führt zu einer massiven Überdehnung und paradoxen Zwerchfellatmungsbewegungen. Bei der Relaxation ist der Zwerchfellhochstand meist ausgeprägter als bei einer gleichseitigen Phrenikusparese, da bei der Parese die Zwerchfellmuskulatur noch ihren Eigentonus behält. Die Relaxatio diaphragmatica tritt überwiegend auf der linken Seite auf.
Die angeborene Form lässt sich auf eine Defektmissbildung, die erworbenen Formen auf eine Gefügedilatation des Zwerchfells zurückführen. Bei der Relaxation ist der Zwerchfellhochstand meist ausgeprägter als bei einer gleichseitigen Phrenikusparese, da bei der Parese die Zwerchfellmuskulatur noch ihren Eigentonus behält. Die Relaxatio diaphragmatica tritt überwiegend auf der linken Seite auf.
Symptome. Ca. 50 % aller Patienten sind klinisch beschwerdefrei. Als füh-
Symptome. Als führende Symptome treten auf: π Dyspnoe π Tachypnoe π rezidivierende einseitige Pneumonien π Herzrhythmusstörungen. In schweren Fällen kommt es zu einer Mediastinalverdrängung mit akuter kardiorespiratorischer Insuffizienz. Durch den extremen Zwerchfellhochstand der linken Zwerchfellseite kann es zu einer übermäßigen Luftansammlung im Magen mit Überblähung der Magenblase und der linken Kolonflexur kommen. Die Relaxatio diaphragmatica ist differenzialdiagnostisch oft schwer von Zwerchfellrupturen zu trennen. Therapie. Die Indikation zur Operation ist dann gegeben, falls kardiopulmonale Komplikationen auftreten oder das subjektive Wohlbefinden des Patienten tiefgreifend gestört ist. Rezidive sind nicht selten. Als operative Verfahren kommen die Zwerchfellraffung oder die Implantation von alloplastischem Material in Frage.
rende Symptome treten Dyspnoe, Tachypnoe, rezidivierende einseitige Pneumonien und Herzrhythmusstörungen auf. In schweren Fällen kommt es zu einer vollständigen Ausfüllung einer Pleurahöhle durch die Relaxatio, was eine Mediastinalverdrängung mit akuter kardiorespiratorischer Insuffizienz bewirken kann. Durch den extremen Zwerchfellhochstand der (meist) linken Zwerchfellseite kann es zu einer übermäßigen Luftansammlung im Magen mit Überblähung der Magenblase und der linken Kolonflexur – ähnlich einem Roemheld-Syndrom – kommen. Im Gegensatz zum Roemheld-Syndrom ist in diesem Fall der Zwerchfellhochstand Ursache und nicht Resultat des Oberbauchmeteorismus. Die Relaxatio diaphragmatica ist differenzialdiagnostisch oft schwer von Zwerchfellrupturen zu trennen. Eine genaue Differenzierung ist meistens erst intraoperativ möglich.
Therapie. Die Indikation zur Operation ist dann gegeben, wenn kardiopul-
monale Komplikationen auftreten oder das subjektive Wohlbefinden des Patienten tiefgreifend gestört ist. Rezidive sind nicht selten. Als operative Verfahren kommen die transthorakale oder transabdominelle Zwerchfellraffung oder bei zu ausgedünntem Zwerchfell eine zusätzliche Verstärkung mit alloplastischem Material in Frage.
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312 2.5
Tumoren
2 Zwerchfell
2.5
Tumoren
Die häufigsten Tumoren des Zwerchfells sind Malignome der Nachbarorgane oder Metastasen. Die primären Zwerchfelltumoren sind sehr selten.
Die häufigsten Tumoren des Zwerchfelles sind Malignome der Nachbarorgane, die das Zwerchfell per continuitatem mit einbeziehen oder Metastasen von entfernt gelegenen Tumoren. Primäre Zwerchfelltumoren sind sehr selten, wobei Malignome (Sarkome) und benigne Tumoren (Lipome, Angiome, Fibrome) in etwa gleich häufig vorkommen.
Symptome und Therapie. Die Symptome, die von Zwerchfelltumoren hervorgerufen werden, sind unabhängig vom Tumortyp unspezifisch. Bei unklarer Artdiagnose erfolgt eine Explorativlaparotomie und – soweit chirurgisch radikal möglich – eine Exzision zur histologischen Abklärung.
Symptome und Therapie. Die Symptome, die von Zwerchfelltumoren her-
vorgerufen werden, sind unabhängig vom Tumortyp unspezifisch. So wird die Diagnose in den meisten Fällen als Zufallsbefund gestellt. Bei einem generalisierten Tumorleiden wird meistens auf eine Therapie verzichtet, während bei unklarer Artdiagnose eine Explorativlaparotomie und – soweit chirurgisch radikal möglich – eine Exzision zur histologischen Abklärung vorgenommen wird. Die Prognose ist abhängig von der Histologie und dem Tumorstadium.
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313
Magen und Duodenum
3
3
Magen und Duodenum
Anatomie und Physiologie
Mathias Löhnert, Horst Schaube 3.1
Anatomie und Physiologie
3.1
3.1.1
Topographische Anatomie
3.1.1 Topographische Anatomie
Magen
Magen
Der Magen wird anatomisch/funktionell in 5 Abschnitte eingeteilt: Kardia, Fundus, Korpus, Antrum und Pylorus ( 1 B-3.1). Die Magenwand besteht aus Serosa, Muscularis propria, Submukosa und Mukosa (von außen nach innen). Im Fundus und Korpus finden sich in der Mukosa Belegzellen und
Der Magen besteht aus Kardia, Fundus, Korpus, Antrum und Pylorus ( 1 B-3.1). Die Wand baut sich aus Serosa, Muscularis propria, Submukosa und Mukosa
1 B-3.1
Synopsis Anatomie des Magens A. gastrica sinistra Truncus coeliacus
Fundus
A. hepatica communis
Kardia
A. gastrica dextra
kleine Kurvatur Angulus
A. lienalis
A. gastroduodenalis
Korpus große Kurvatur Antrum
A. gastroepiploica dextra
Pylorus Makroanatomie des Magens.
A. gastroepiploica sinistra A. mesenterica superior
Arterielle Gefäßversorgung des Magens.
6 3 1 7
5
4
2 8
Vegetative Nervenversorgung des Magens. Sympathische Fasern (blau), parasympathische Fasern (gelb).
Lymphabflussgebiet des Magens. Kompartment I: Lymphknoten direkt entlang der kleinen (1) und großen (2) Kurvatur des Magens; Kompartment II: Lymphknoten entlang der Gefäße A. gastrica sinistra (3), A. hepatica communis (4), Truncus coeliacus (5), A. lienalis (6), am Milzhilus (6) und am Lig. hepatoduodenale (7); Kompartment III: Lymphknoten hinter dem Pankreaskopf (8), an der Mesenterialwurzel und entlang der Aorta abdominalis.
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314
3 Magen und Duodenum
auf. Im Fundus und Korpus finden sich Beleg- und Hauptzellen, in der Kardia und Antrum Nebenzellen, im Antrum auch G-Zellen. Der Magen wird an der kleinen Kurvatur aus den Aa. gastricae sinistra et dextra, an der großen Kurvatur über die Aa. gastroepiploicae sinistra et dextra versorgt. Der Blutabfluss erfolgt über gleichnamige Venen in die V. portae. Über die Rr. gastrici breves besteht an den proximalen Abschnitten der großen Kurvatur eine Verbindung zur V. lienalis. Über die Venen der Magenwand besteht die Verbindung zu den Venen des Ösophagus. Die regionären Lymphknoten des Magens werden in 4 Gruppen zusammengefasst: π proximale kleine Kurvatur π distale kleine Kurvatur π distale große Kurvatur mit Pylorus π proximale große Kurvatur mit Milzhilus. Die nervale Versorgung des Magens erfolgt sympathisch über das Ganglion coeliacum, parasympathisch direkt über den N. vagus. Die Trunci vagales treten durch den Hiatus oesophagei in den Bauchraum ein und geben die Rr. hepatici und Rr. antrales (Latarjet) ab.
Hauptzellen, in der Kardiaregion und dem Antrum Nebenzellen und im Antrum zusätzlich G-Zellen. Die arterielle Blutversorgung erfolgt an der kleinen Kurvatur über die Aa. gastricae sinistra et dextra, an der großen Kurvatur über die Aa. gastroepiploicae sinistra et dextra. Der venöse Blutabfluss wird über gleichnamige Venen hauptsächlich in die V. portae gewährleistet. An den proximalen Abschnitten der großen Kurvatur erfolgt der Abfluss über die Rr. gastrici breves zur V. lienalis. Über die Venen der Magenwand besteht die Verbindung zu den Venen des Ösophagus. Hierdurch kann es bei portaler Hypertension zur Ausbildung von sog. Fundusvarizen kommen, die ebenso wie Ösophagusvarizen ein Zeichen der venösen Druckerhöhung sind. Der Lymphabfluss des Magens erfolgt zunächst über subserös gelegene Lymphbahnen, die sich in 4 magennahe Lymphknotengruppen dränieren: π Lymphknoten an der proximalen kleinen Kurvatur und Kardia π Lymphknoten an der distalen kleinen Kurvatur π Lymphknoten an der unteren großen Kurvatur π Lymphknoten an der oberen großen Kurvatur. Von hier aus bestehen innige Verbindungen zu zöliakalen, hepatischen, suprapankreatischen, linealen, paraaortalen, mesenterialen und mediastinalen Lymphknotenstationen. Die nervale Versorgung des Magens erfolgt sympathisch über das Ganglion coeliacum. Parasympathisch wird der Magen direkt vom N. vagus stimuliert, wobei eine Vagusstimulation eine vermehrte Sekretion von Magensaft und Motorik des Magen- und Darmtrakts auslöst. Der Vagus tritt dabei aufgeteilt in seine Trunci vagales durch den Hiatus oesophagei in den Bauchraum ein. Nach Abgabe der Rr. hepatici und Rr. antrales (Latarjet) teilen sich die Vagusäste in die sekretorischen Fasern an der Magenvorder- und Hinterwand auf.
Duodenum
Duodenum
Das Duodenum wird in Pars superior, Pars descendens, Pars horizontalis und Pars ascendens eingeteilt. In der Pars descendens münden Pankreasund Gallengang in das Duodenum. Die Wand besteht aus Serosa, M. propria, Submukosa und Mukosa. In der Mukosa liegen die Brunner-Drüsen, die das Duodenalsekret produzieren.
Das Duodenum beginnt direkt hinter dem Pylorus mit der Pars superior, an die sich die Pars descendens anschließt. Am duodenalen Knie folgt die Pars horizontalis. Die Pars ascendens mündet am Treitz-Band (Flexura duodenojejunalis) in das Jejunum. Bis auf die Pars superior liegt das Duodenum retroperitoneal. An der Hinterwand der Pars descendens münden Pankreasund Gallengang in das Duodenum ein. Die Wand des Duodenums ist ebenso wie die Magenwand aus einer Serosa, Muscularis propria, Submukosa und Mukosa aufgebaut. Im Gegensatz zur Magenschleimhaut gibt es hier Brunner-Drüsen in der Schleimhaut, die das Duodenalsekret produzieren. Die Blutversorgung des Duodenums erfolgt durch die A. gastroduodenalis, die A. pancreaticoduodenalis und die A. supraduodenalis, die aus dem Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior entspringen. Der venöse Blutabstrom wird durch gleichnamige Venen in das portale Stromgebiet gewährleistet. Die nervale Versorgung geschieht wie beim Magen sympathisch über den Plexus coeliacus und parasympathisch über den N. vagus.
Die Blutversorgung erfolgt durch die Aa. gastroduodenalis, pancreaticoduodenalis und supraduodenalis. Der venöse Blutabfluss erfolgt über gleichnamige Venen in die V. porta. Das Duodenum wird sympathisch über den Plexus coeliacus und parasympathisch über den N. vagus versorgt. 3.1.2 Physiologie und Pathophysiologie Die Speicherung oder der Transport (Reservoirfunktion, Transportfunktion), die Zerlegung (Verdauungs- und Sekretionsfunktion) und Aufnahme von Nahrungsbestandteilen (Resorptionsfunktion) unterliegen einem komplizierten Steuermechanismus. Dieser wird vom vegetativen Nervensystem, Hormonen, Enzymen, Proenzymen oder anderen Transmitterstoffen geregelt (neurohumorale Steuerung).
3.1.2
Physiologie und Pathophysiologie
Die Speicherung oder der Transport von Nahrung durch den Gastrointestinaltrakt (Reservoirfunktion, Transportfunktion), die Zerlegung (Verdauungs- und Sekretionsfunktion) und die anschließende Aufnahme von Nahrungsbestandteilen (Resorptionsfunktion) unterliegen einem komplizierten Steuermechanismus. Steuerfunktion übernehmen dabei zum einen das vegetative Nervensystem, zum anderen aber auch Hormone, Enzyme, Proenzyme oder andere Transmitterstoffe, die teilweise in den Erfolgsorganen selbst hergestellt oder freigesetzt werden. Dies wird als neurohumorale Steuerung bezeichnet.
Transport- und Reservoirfunktion
Transport- und Reservoirfunktion
Der Magen hat die Aufgabe, aufgenommene Speisen zu speichern und zu durchmischen, um diese dann zeit-
Der Magen hat die Aufgabe, aufgenommene Speisen zu speichern und zu durchmischen, um diese dann zeitgerecht und portionsweise an die nachfolgenden Abschnitte des Verdauungstraktes weitergeben zu können. Um zum
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
315
3.1.2 Physiologie und Pathophysiologie einen sowohl den Zeitpunkt der Nahrungsweitergabe festlegen zu können, zum anderen auch eine Transportrichtung nach aboral vorgeben zu können, besitzt der Magen am Eingang, der Kardia, und am Ausgang, dem Pylorus, Verschlusssegmente, die Ventilfunktionen übernehmen. Das orale Ventil wird durch den unteren Ösophagussphinkter (UÖS) gebildet, der einen gastroösophagealen Reflux verhindert (s. a. Kap. B-1.1.2). Der distale Verschluss wird durch den Pylorus erreicht, der so seinerseits einen duodenogastralen Reflux verhindert. Die motorische Steuerung von Pendel-(Durchmisch-) und Propulsiv-(Transport-)Peristaltik erfolgt über die sympathische und parasympathische Innervation. Eine Vagusreizung führt zur Kontraktion der Wandmuskulatur und Steigerung der Propulsivmotorik, während der Sympathikus eine Erschlaffung und somit Dilatation von Magen und Duodenum bewirkt und gleichzeitig die Pendelperistaltik fördert.
gerecht an die nachfolgenden Abschnitte des Verdauungstraktes weitergeben zu können. Hierzu besitzt er an Ein- und Ausgang Ventilmechanismen (unterer Ösophagussphinkter [UÖS] und Pylorus).
Sekretionsfunktion
Sekretionsfunktion
Der Magen sezerniert ungefähr 1500–3000 ml Sekret am Tag, wobei 70–80 % dieser Menge von der Schleimhaut des Korpus und Fundus gebildet wird. Der Schutz der Schleimhaut von Magen und Zwölffingerdarm vor Autodigestion ist maßgeblich von einer intakten neurohumoralen Steuerung der Sekretion und Motorik und einer ungestörten Regenerationsfähigkeit des Oberflächenepithels abhängig. Die Sekretionsleistung des Magens wird von spezialisierten Zellen der Mukosa übernommen. Die Belegzellen, die in Fundus- und Korpusregion lokalisiert sind, bilden die Salzsäure, sowie den Intrinsic factor. Die ebenfalls in der Fundus- und Korpusregion vorhandenen Hauptzellen sezernieren Pepsinogen und Kathepsin, während die Nebenzellen im Kardia- und Pylorusbereich für die Produktion von Magenschleim zuständig sind. Die G-Zellen im Antrum synthetisieren Gastrin. Die Säureproduktion und die Zahl der Belegzellen korrelieren positiv miteinander, wobei die Salzsäure in einer Konzentration von ca. 0,1 mol/l (dies entspricht einem pH-Wert von 1–2) in das Magenlumen sezerniert wird. Die Anreicherung der Wasserstoffionen im Magenlumen erfolgt über aktive, d.h. energieverbrauchende Transportvorgänge. Um den Konzentrationsunterschied dieser Ionen zwischen Magenlumen und Serum aufrechtzuerhalten, werden aktive (Ionenaustausch) und passive (Kittleisten-Schleimschicht) Schutzmechanismen benötigt. Diese ergeben zusammen die sog. Magenschleimhautbarriere. Wird sie z.B. durch chemische Substanzen (sog. »barrier breakers«) zerstört, so kann es zur Entstehung von Magenschleimhautschäden kommen. Zu diesen »barrier breakers« gehören ASS, nichtsteroidale Antiphlogistika, Detergenzien, Alkohol und Gallensäuren und Lysolecithin aus dem Duodenalsekret. Der Intrinsic factor ist ein Mukoprotein (MG 55000) und wird von den Belegzellen im Fundus gebildet. Er bildet mit Vitamin B12 einen Komplex, der die intestinale Resorption von Vitamin B12 im distalen Ileum erst ermöglicht. Die Protease Pepsin entsteht im sauren Magenmilieu aus dem von den Hauptzellen sezernierten Pepsinogen. Pepsin stellt einen wichtigen Initiator der Proteolyse dar. Gastrin wird vorwiegend in den G-Zellen des Antrums synthetisiert, aber auch extragastral (z.B. in duodenalen Zellen) gebildet. Es handelt sich hierbei um ein sekretorisch wirksames Polypeptid, dessen Freisetzung durch mechanische Antrumdehnung, Vagusstimulation oder chemische Reize ausgelöst wird. Besonders Aminosäuren, Alkohol, Acetylcholin und Gallensäuren führen eine Sekretionssteigerung von Gastrin herbei. Das synthetisch hergestellte Pentagastrin (GastrodiagnostQ) wird für diagnostische Zwecke, z.B. im Rahmen der Magensaftanalyse verwendet (s. S. 319). Die Regulation der Magensaftsekretion erfolgt über einen Regelkreis mit sekretionshemmenden und -stimulierenden Einflussgrößen mechanischer, chemischer, nervaler und hormoneller Natur ( 2 B-3.1). Der wichtigste physiologische Stimulus zur Magensaftsekretion ist die Aufnahme einer Mahlzeit, wobei sich nervale (Vagusreizung) und hormonale (Gastrinfreisetzung durch Antrumdehnung) Faktoren potenzieren.
Der Magen sezerniert ungefähr 1500–3000 ml Sekret am Tag, 70–80 % davon alleine in Korpus und Fundus. Der Schutz vor Autodigestion wird durch eine intakte Sekretionsregulation und normale Regenerationsfähigkeit des Epithels gewährleistet. Sekretionsorte im Magen: π Belegzellen (Fundus, Korpus): HCl, Intrinsic factor π Hauptzellen (Fundus, Korpus): Pepsinogen und Kathepsin π Nebenzellen (Kardia, Pylorus): Magenschleim π G-Zellen (Antrum): Gastrin. Die Säureproduktion und die Zahl der Belegzellen korrelieren positiv miteinander.
Eine Vagusreizung führt zur Kontraktion der Wandmuskulatur und Steigerung der Propulsivmotorik, während der Sympathikus eine Erschlaffung und somit Dilatation von Magen und Duodenum bewirkt und gleichzeitig die Pendelperistaltik fördert.
Um den Konzentrationsunterschied der Wasserstoffionen aufrechtzuerhalten, werden aktive und passive Schutzmechanismen benötigt (Magenschleimhautbarriere). Sogenannte »barrier breakers« (ASS, nichtsteroidale Antiphlogistika, Detergenzien, Alkohol, Gallensäuren und Lysolecithin aus dem Duodenalsekret) können die Magenschleimhautbarriere zerstören. Der Intrinsic factor bildet mit Vitamin B 12 einen Komplex, der die intestinale Resorption von Vitamin B 12 im distalen Ileum erst ermöglicht. Die Protease Pepsin entsteht aus Pepsinogen. Sie stellt einen wichtigen Initiator der Proteolyse dar. Gastrin ist ein sekretorisch wirksames Polypeptid, dessen Freisetzung durch mechanische Antrumdehnung, Vagusstimulation oder chemische Reize (Aminosäuren, Alkohol, Acetylcholin und Gallensäuren) ausgelöst wird. Das synthetisch hergestellte Pentagastrin (Gastrodiagnost Q) wird für diagnostische Zwecke verwendet (s. S. 319). Die Regulation der Magensaftsekretion erfolgt über einen Regelkreis mit mechanischen, chemischen, nervalen und hormonellen Einflussgrößen ( 2 B-3.1).
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316
3 Magen und Duodenum
2 B-3.1
Faktoren der Magensäureregulation
Modus
sekretionshemmend
sekretionsfördernd
N chemischer Reiz n
saures Milieu im Antrum oder Duodenum
Aufnahme von Alkohol, Eiweiß, Koffein, gerösteten Speisen, Gewürzen, Bikarbonat, Gallensäuren im Magen
N mechanischer Reiz n
–
Dehnung des Antrums
N autonomes Nervensystem n
Sympathikusaktivität
Vagusaktivität
N hormonelle Steuerung n
Sekretin, GIP, VIP, Pankreozymin, Glukagon, Enterogastron, Bulbogastron
Gastrin, Kortikoide, LTH, Parathormon, Androgene, Insulin, ACTH, STH, Histamin
Phasen der Verdauung ( 1 B-3.2): 1. Interdigestivphase 2. Verdauungsphase π zephale Phase π gastrale Phase π intestinale Phase.
Bei der mit der Nahrungsaufnahme eingeleiteten Verdauung werden folgende Phasen unterschieden ( 1 B-3.2): 1. Nüchtern- oder Interdigestivphase zwischen vollständiger Magenentleerung und erneuter Magenfüllung 2. Verdauungsphase, die nach Nahrungsaufnahme in: π zephale π gastrale π intestinale Phase unterteilt wird.
1 B-3.2
Synopsis Phasen der Magensekretion
1. zephale Phase (0–180 Minuten)
ZNS zentraler Nahrungsreiz
HCL-Pepsin N. vagus Belegzelle
Gastrin
2. gastrale Phase (20–240 Minuten)
G-Zelle antraler Nahrungsreiz Gastrin ?
intestinaler Reiz
3. intestinale Phase (über 3 Stunden)
Interdigestivphase
Interdigestivphase
Nüchternzustand der Magensekretion. Eine pathologisch gesteigerte Sekretion findet man beim Zollinger-EllisonSyndrom und bei hypersekretorischen Formen des Ulcus duodeni.
Sie entspricht dem Nüchternzustand der Magensekretion mit basaler Säureund Fermentproduktion. Pathologisch gesteigerte Sekretionswerte in der Nüchternphase findet man beim Zollinger-Ellison-Syndrom und bei den hypersekretorischen Formen des Ulcus duodeni.
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317
3.2.2 Röntgen
Verdauungsphase Zephale Phase: Durch sensorischen Nahrungskontakt (Sehen, Riechen, Schmecken) erfolgt eine Stimulation des Zwischenhirns, wodurch eine Vagusreizung mit konsekutiver Stimulation der Belegzellen und G-Zellen ausgelöst wird. Diese wiederum führt mit einer Latenz von ca. 5 Minuten nach sensorischem Nahrungskontakt zu einer Freisetzung von Wasserstoffionen und Gastrin. Die Dauer der zephalen Stimulation beträgt ca. 180 Minuten. Der Effekt der zephalen Phase lässt sich mittels Insulin-Test (insulinbedingte Hypoglykämie) oder durch Applikation von 2-Desoxyglukose (2-DOG) experimentell simulieren. π
Gastrale Phase: Der chemische, mechanische und thermische Kontakt der Nahrung mit der antralen Schleimhaut bewirkt eine vermehrte Freisetzung von Gastrin. Dies führt wiederum zur verstärkten Stimulation von Belegzellen mit Steigerung der Säureproduktion. Die gastrale Phase beginnt ca. 20 Minuten nach Nahrungsaufnahme und dauert bis zu 240 Minuten.
π
Intestinale Phase: Ca. 2–3 Stunden postprandial kommt es durch Freisetzung intestinalen Gastrins aus der Dünndarmschleimhaut erneut zu einem Anstieg der Sekretion des Magens. Im Duodenum kommt es zur Durchmischung des Nahrungsbreis mit Galle- und Pankreassekret.
π
3.2
Diagnostik
Bei der Anamneseerhebung ist insbesondere auf Nahrungsunverträglichkeiten (Kaffee, Alkohol, scharfe Gewürze, Widerwillen gegen Fleisch) zu achten. Die vom Patienten geklagten Beschwerden sollten genau differenziert (Völlegefühl, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen, Lokalisation) und wenn möglich im zeitlichen Kontext zur Nahrungsaufnahme erfasst werden (Regelmäßigkeit, Nüchternschmerz, postprandialer Schmerz).
Verdauungsphase Zephale Phase: Sensorischer Nahrungskontakt (Sehen, Riechen, Schmecken) führt über eine Stimulation des Zwischenhirnes zur Vagusreizung und Stimulation der Belegzellen und G-Zellen. Der Effekt beginnt ca. 5 Minuten nach sensorischem Nahrungskontakt und hält ca. 180 Minuten an. Er ist durch den InsulinTest oder mit 2-Desoxyglukose (2-DOG) experimentell simulierbar.
π
Gastrale Phase: Chemischer, mechanischer und thermischer Kontakt der Nahrung mit antraler Schleimhaut führt zur Gastrinfreisetzung mit verstärkter Stimulation der Belegzellen (ca. 20–240 Minuten postprandial).
π
Intestinale Phase: Ca. 2–3 Stunden postprandial kommt es durch Freisetzung intestinalen Gastrins erneut zu einem Anstieg der Sekretion.
π
3.2
Bei der Anamneseerhebung ist insbesondere auf Nahrungsunverträglichkeiten, genaue Differenzierung des Beschwerdebilds, seiner Lokalisation und dem zeitlichen Kontext zu achten.
n Merke. Wie bei jeder ärztlichen Untersuchung stellt eine exakte Anamneseerhebung und gewissenhafte körperliche Untersuchung die Voraussetzung für eine korrekte Verdachtsdiagnosestellung dar. Diese Verdachtsdiagnose sollte dann gezielt durch weitere Untersuchungen abgeklärt werden.
3.2.1
Endoskopie
Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD): Die Spiegelung von Speiseröhre, Magen und proximalem Duodenum stellt bei Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltraktes die Untersuchungsmethode der Wahl dar. Sie ermöglicht nicht nur die direkte optische Beurteilung von Schleimhautbefunden, sondern auch die gezielte Entnahme von Biopsien zur histologischen Abklärung des Befundes. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, endoskopisch therapeutisch tätig zu werden (z.B. Bougierung von Stenosen, Lasertherapie, s. Kap. B-13.3). Laparoskopie: Die Laparoskopie kann beim Staging zur Erfassung extramuraler Tumoranteile oder einer peritonealen Tumoraussaat sowie Metastasierung besonders im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte eingesetzt werden.
3.2.2
Röntgen
Die Abdomenübersichtsaufnahme a.p. oder in Linksseitenlage ermöglicht im Rahmen der Notfalldiagnostik den Nachweis freier Luft unter dem Zwerchfell, was für eine freie Perforation spricht.
Diagnostik
Merke
3.2.1 Endoskopie Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD): Die ÖGD ermöglicht neben der direkten optischen Beurteilung auch die gezielte Entnahme von Biopsien zur histologischen Abklärung des Befundes und stellt somit die diagnostische Methode der Wahl für Erkrankungen des oberen Gastrointestinaltraktes dar.
π
Laparoskopie: Die Laparoskopie kann zur Erfassung extramuraler Tumoranteile oder einer peritonealen Tumoraussaat sowie Metastasierung eingesetzt werden.
π
3.2.2 Röntgen Die Abdomenübersichtsaufnahme a.p. oder in Linksseitenlage ermöglicht im Rahmen der Notfalldiagnostik den Nachweis freier Luft.
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318
3 Magen und Duodenum
Im Rahmen der Magen-Darm-Passage (MDP) erfolgt die Darstellung des Magens mit Kontrastmittelbrei (cave: bei Stenose-, Perforations- oder Penetrationsverdacht nur mit wasserlöslichen Kontrastmitteln). Es lassen sich Ulkusnischen, Wanddefekte, Stenosen oder Lageanomalien des Magens darstellen. Die Doppelkontrastdarstellung des Magens erlaubt eine verbesserte Darstellung des Schleimhautreliefs ( 1 B-3.3).
1 B-3.3
Im Rahmen der Magen-Darm-Passage (MDP) erfolgt die Darstellung des Magens mit Kontrastmittelbrei. Liegt klinisch der Verdacht auf einen stenosierenden Prozess, einen perforierenden oder penetrierenden Prozess vor, so sollte diese Untersuchung mit wasserlöslichem und somit resorbierbarem Kontrastmittel erfolgen. Als pathologische Korrelate lassen sich Ulkusnischen, Wanddefekte, Stenosen oder Lageanomalien des Magens darstellen. Die Doppelkontrastdarstellung des Magens durch zusätzliche Luftapplikation erlaubt eine verbesserte Darstellung des Schleimhautreliefs und somit eine subtilere Diagnostik ( 1 B-3.3).
Synopsis MDP und CT bei Magenkarzinom
b CT des Tumors. Es ist eine Infiltration des linken Leberlappens (Á) durch das Magenkarzinom zu erkennen.
a MDP eines proximalen Magenkarzinoms mit typischer Kontrastmittelaussparung kleinkurvaturseitig ( Á) und Verlust des typischen Schleimhautreliefs.
Die CT ermöglicht die Darstellung großer Tumoren und den Nachweis von Infiltrationen in Nachbarorgane ( 1 B-3.3). Sie wird außerdem zur Beurteilung der Lymphknotenstationen und zum Nachweis von Fernmetastasen, insbesondere von Leber und Lunge eingesetzt. Bei der Beurteilung der abdominellen Hohlorgane ist der Stellenwert der MRT z. Z. noch gering. Hier ist jedoch eine Verbesserung der Diagnostik durch Weiterentwicklung der Geräte für die Zukunft zu erwarten. Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der dynamischen und quantitativen Nuklearmedizin ermöglichen die Bestimmung der Magenentleerungszeit und des duodenogastralen Refluxes mittels der Szintigraphie nach Verabreichung von Mahlzeiten, die mit radioaktiven Isotopen versetzt sind.
Die Computertomographie (CT) des Oberbauchs ermöglicht bei fortgeschrittenen Malignomen die Darstellung eines Tumors und gegebenenfalls den Nachweis von Infiltrationen in Nachbarorgane ( 1 B-3.3). Bei der Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung ist die CT der Endoskopie und der Endosonographie (s. u.) unterlegen. Die CT wird außerdem zur Beurteilung der Lymphknotenstationen und zum Nachweis von Fernmetastasen, insbesondere der Leber und der Lunge, eingesetzt. Bei der Beurteilung der abdominellen Hohlorgane ist der Stellenwert der Kernspintomographie (MRT) zur Zeit noch gering. Aufgrund der relativ langen Messzeiten kommt es zu Bewegungsartefakten, die eine Beurteilung pathologischer Befunde der Magenwand erschwert. Hier ist jedoch eine Verbesserung der Diagnostik durch Weiterentwicklung der Geräte in Zukunft zu erwarten. Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der dynamischen und quantitativen Nuklearmedizin ermöglichen die Bestimmung der Magenentleerungszeit und des duodenogastralen Refluxes mittels Szintigraphie. Nach Verabreichung von Mahlzeiten, die mit radioaktiven Isotopen versetzt sind, können »Passagezeiten« und »Portionierungsverhalten« des Magens beurteilt werden. Die Erfahrungen mit diesen Methoden sind zur Zeit jedoch noch gering, sodass noch keine Aussagen über die klinische Wertigkeit dieser Untersuchungen gemacht werden kann.
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319
3.3 Fehlbildungen 3.2.3
Sonographie
Perkutane Sonographie: Die perkutane Sonographie stellt eine wichtige diagnostische Methode im Rahmen der Metastasensuche bei Magenkarzinomen oder dem Ausschluss differenzialdiagnostisch in Frage kommender Erkrankungen bei unklaren Oberbauchbeschwerden dar.
π
Endosonographie: Die Endosonographie des Magens und Duodenums erfolgt mittels Ultraschallsonden, die an der Spitze flexibler Endoskope angebracht sind. Sie erlaubt bei Patienten mit Magentumoren, die lokale Tumorausdehnung mit hoher Genauigkeit bereits präoperativ festzulegen und evtl. vorhandene lokale Lymphknotenmetastasen zu entdecken. Im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte kann das Ansprechen eines z.B. neoadjuvanten Therapieversuchs objektiviert werden und so die Art des nachfolgenden Therapieverfahrens unmittelbar beeinflussen.
π
3.2.4
Funktionsuntersuchungen
3.2.3
Sonographie
π Perkutane Sonographie: Sie stellt eine wichtige diagnostische Methode bei der Metastasensuche bei Malignomen oder differenzialdiagnostischem Ausschluss anderer Erkrankungen bei unklaren Oberbauchbeschwerden dar. π Endosonographie: Die Endosonographie erlaubt bei Patienten mit Magentumoren, das lokale Tumorwachstum mit hoher Genauigkeit festzulegen und evtl. vorhandene lokale Lymphknotenmetastasen zu entdecken).
3.2.4
Funktionsuntersuchungen
Die Funktionsuntersuchungen des Magens bestehen in der Testung der Sekretionsleistung in Ruhe (basal acid output, BAO) und nach Stimulation (maximal acid output, MAO). Sie sind für die Routinediagnostik nur selten notwendig, da sich lediglich beim Nachweis eines Zollinger-Ellison-Syndroms therapeutische Konsequenzen ergeben.
Die Funktionsuntersuchungen des Magens bestehen in der Testung der Sekretionsleistung in Ruhe (basal acid output, BAO) und nach Stimulation (maximal acid output, MAO).
π Pentagastrintest: Der Pentagastrintest dient der Erfassung der Sekretionsleistung des Magens. Über eine Magensonde wird nach einer mindestens 12-stündigen Nahrungskarenz der Magen vollständig von Magensekret entleert. Anschließend werden 4 Portionen Magensaft gesammelt, die sich in jeweils 15 Minuten gebildet haben. Dies entspricht der basalen Magensekretion (BAO, Normalwert: ≤ 15mval/h). Nach s.c. Injektion von 6 mg/kg KG Pentagastrin werden 4 weitere Portionen (MAO) gesammelt und anschließend titriert. Der Peak acid output (PAO) errechnet sich aus den 2 konsekutiven Maximalwerten der Stimulationsphase. Der Quotient aus BAO zu MAO lässt Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Hypersekretionssyndroms zu (Normalwert: 0,1–0,2; Hyperazidität z.B. bei Ulcus duodeni: 0,2–0,4; bei Zollinger-EllisonSyndrom > 0,6).
Pentagastrintest: Er dient zur Erfassung der Sekretionsleistung des Magens. Hierzu werden die Magensekretmengen jeweils über eine Stunde ohne und mit Pentagastrinstimulation gesammelt und titriert. Aus diesen Messwerten ergeben sich der BAO und MAO.
Insulintest: Durch den Insulintest lässt sich postoperativ die Vollständigkeit einer Vagotomie überprüfen. Der Test beruht auf der zentralen Auslösung eines Sekretionsreizes auf den Magen durch den N. vagus, sobald eine Hypoglykämie auftritt. Bei vollständig durchgeführter Vagotomie bleibt somit diese Reaktion aus. Die Durchführung verläuft wie beim Pentagastrintest, nur dass 0,2 IE Insulin/kg KG i.v. injiziert werden. Bei vollständiger Vagotomie darf die Sekretionsleistung nicht über 20 mmol/l ansteigen. Da der Test nur gültige Ergebnisse liefert, wenn der Blutzuckerwert unter 40 mg % abfällt, ist er wegen der Gefahr von Komplikationen bei Patienten mit Koronarinsuffizienz, Diabetes melitus, Epilepsie oder Hyperinsulinismus kontraindiziert und kommt deshalb nur noch selten zur Anwendung.
π
3.3
Fehlbildungen
Fehlbildungen des Magens sind insgesamt selten. Agastrie, Mikrogastrie, Gastromegalie und Doppelbildungen sind nur vereinzelt beschrieben worden. Häufiger sind dagegen die hypertrophe Pylorusstenose, Magenvolvulus oder Duodenalatresien, -stenosen oder -divertikel zu finden.
π
Der Peak acid output (PAO) lässt sich aus Maximalwerten der Stimulationsphase errechnen. Der Quotient aus BAO zu MAO erlaubt Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Hypersekretionssyndroms. Insulintest: Der Insulintest überprüft die Vollständigkeit einer Vagotomie. Der Test beruht auf der zentralen Auslösung eines Sekretionsreizes auf den Magen durch den N. vagus, sobald eine Hypoglykämie auftritt. Bei vollständiger Vagotomie darf die Sekretionsleistung nicht über 20 mmol/l ansteigen. Der Test ist bei Patienten mit Koronarinsuffizienz, Diabetes mellitus, Epilepsie oder Hyperinsulinismus kontraindiziert.
π
3.3
Fehlbildungen
Fehlbildungen des Magens sind insgesamt selten.
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320 3.3.1 Hypertrophe Pylorusstenose
3 Magen und Duodenum 3.3.1
Hypertrophe Pylorusstenose
Synonym: Magenpförtnerkrampf Definition
n Definition. Bei der hypertrophen Pylorusstenose handelt es sich um eine Hypertrophie der Pylorusmuskulatur unklarer Genese, die zu einer Magenausgangsstenose führt.
Symptome. Typisch ist das explosionsartige Erbrechen kurz nach der Nahrungsaufnahme bei sichtbarer Magenperistaltik im Epigastrium. Durch rezidivierendes Erbrechen kann es zu Gewichtsverlust, Exsikkose, Säure-Basen- und Elektrolytentgleisung kommen.
Symptome. Die hypertrophe Pylorusstenose kommt bei ca. 3 von 1000
Diagnose. Die Diagnosesicherung erfolgt durch den sonographischen Nachweis des hypertrophen Pylorusmuskels.
Diagnose. Das charakteristische Bild des explosionsartigen Erbrechens
Merke
Lebendgeborenen vor. Sie ist bei Jungen häufiger als bei Mädchen anzutreffen. Klinische Symptome entstehen meist zwischen 2. und 6. Lebenswoche und äußern sich in explosionsartigem Erbrechen kurz nach der Nahrungsaufnahme. Im Epigastrium ist die Magenperistaltik sichtbar. Durch rezidivierendes Erbrechen kann es zu Gewichtsverlust, Exsikkose und Säure-Basenund Elektrolytentgleisung kommen.
zusammen mit einer hypochlorämischen Alkalose führen zur Verdachtsdiagnose, die durch die sonographische Darstellung des hypertrophen Pylorusmuskels gesichert wird. n Merke. Aufgrund der Magenausgangsstenose besteht eine erhöhte Aspirationsgefahr. Zur Entlastung des Magens ist aus diesem Grunde eine Magensonde indiziert.
Therapie. Nachdem Elektrolyt- und Säure-Basen-Entgleisungen ausgeglichen worden sind, ist die Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt indiziert (s. Kap. B-23.2.1, S. 845).
Therapie. Nachdem evtl. vorhandene Elektrolyt- und Säure-Basen-Entglei-
3.3.2 Magenvolvulus
3.3.2
Definition
sungen ausgeglichen worden sind, ist die Operation indiziert. Bei der operativen Therapie wird eine Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt durchgeführt (s. Kap. B-23.2.1, S. 845).
Magenvolvulus
n Definition. Ein Volvulus des Magens besteht dann, wenn das Organ um mindestens 180Ω gedreht ist. Die Magendrehung kann dabei um die Längs- oder Querachse erfolgen.
Symptome. Diese reichen von leichten Oberbauchschmerzen bis zum akuten Abdomen.
Symptome. Reichen in Abhängigkeit vom Ausmaß der Drehung von leichten Oberbauchbeschwerden bis zum hohen Ileus mit akutem Abdomen. Abgang von blutigem Schleim ist möglich.
Diagnose. Sie wird durch eine MDP gesichert, alternativ ist eine ÖGD möglich. Selten ist eine Explorativlaparotomie indiziert.
Diagnose. Die Diagnose wird radiologisch durch eine MDP gesichert. Alter-
Therapie. Operative Derotation und Gastropexie.
Therapie. Die operative Therapie besteht in einer Derotation und Gastro-
3.3.3 Duodenalatresien und -stenosen
3.3.3
Definition
Symptome. Bei Verschluss distal der Einmündung des Gallenganges
nativ zur MDP kann eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) durchgeführt werden. Bei umklarem Befund ist in seltenen Fällen eine Explorativlaparotomie indiziert.
pexie.
Duodenalatresien und -stenosen
n Definition. Duodenalatresien und -stenosen kommen bei ca. 1:5000 Geburten vor. Sie treten gehäuft bei Kindern mit Trisomie 21 auf. Der Duodenalverschluss ist in den meisten Fällen in Höhe der Papilla Vateri (Papilla duodeni major) lokalisiert.
Symptome. Es werden verschiedene Formen der Duodenalatresie unterschieden (s. Kap. B-23.1.16), die aber alle durch das typische gallige Erbre-
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321
3.4.1 Mallory-Weiss-Syndrom chen auffallen, wenn die Stenose distal der Einmündung des Gallenganges liegt. Bei der klinischen Untersuchung fällt der durch den prall gefüllten Magen vorgewölbte Oberbauch auf.
kommt es zu dem typischen galligen Erbrechen. Bei der klinischen Untersuchung fällt der durch den prall gefüllten Magen vorgewölbte Oberbauch auf.
Diagnose. Eine Bestätigung der Verdachtsdiagnose ergibt sich durch die
Diagnose. Bei der Abdomenübersichtsaufnahme im Hängen zeigt sich der typische Doppelspiegel im Magen und Duodenum.
Therapie. Die Therapie orientiert sich an der Art der Stenose. Bei vollständi-
Therapie. Bei vollständigen Unterbrechungen der Darmkontinuität oder einem Pancreas anulare erfolgt eine Seit-zu-Seit-Duodeno-Duodenostomie, während membranöse Engen exzidiert werden.
Anfertigung einer Abdomenübersichtsaufnahme im Hängen, die den typischen Doppelspiegel (»double bubble«) im Magen und Duodenum zeigt. gen Unterbrechungen der Darmkontinuität oder bei einem Pancreas anulare erfolgt eine Seit-zu-Seit-Duodeno-Duodenostomie, während membranöse Engen exzidiert werden.
3.3.4
Duodenal- und Magendivertikel
n Definition. Es handelt sich hierbei um Wandaussackungen, die im Magen seltener als im Duodenum auftreten. Dabei werden echte (Ausstülpung der gesamten Wand) von Pseudodivertikeln (Schleimhautausstülpung durch eine muskuläre Lücke hindurch) unterschieden. Magendivertikel sind meist an der Fundushinterwand, Duodenaldivertikel an der Innenseite des duodenalen »C« lokalisiert.
Symptome. Divertikel im Magen und Duodenum bleiben meist symptomfrei. 2–5 % der Divertikel entwickeln Komplikationen, die dann klinische Beschwerden hervorrufen (Entzündung, mechanische Lumeneinengung, Blutung, Perforation). Juxtapapillär gelegene Divertikel können durch Kompression von Gallen- oder Pankreasgang zu intermittierenden Ikterusschüben oder Pankreatitiden führen. Diagnose. Duodenal- oder Magendivertikel werden meist als Zufallsbefund im Rahmen einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) oder MagenDarm-Passage (MDP) diagnostiziert. Therapie. In den meisten Fällen ist keine Therapie notwendig. Treten jedoch Komplikationen wie eine Behinderung des Galle- oder Pankreassaftabflusses, eine Divertikulitis oder Perforation auf, so ist eine Resektion des Divertikels oder des den Divertikel tragenden Wandabschnitts indiziert.
3.3.4 Duodenal- und Magendivertikel Definition
Symptome. Divertikel des Magens und Duodenums sind meist symptomfrei, können aber in 2–5 % der Fälle durch Komplikationen (Entzündung, mechanische Lumeneinengung, Blutung, Perforation, Kompression von Gallenoder Pankreasgang bei juxtapapillärer Lage) klinische Beschwerden verursachen. Diagnose. Die Diagnose wird meist als Zufallsbefund im Rahmen einer ÖGD oder MDP gestellt. Therapie. Bei Komplikationen (Galleoder Pankreassaftstau, Divertikulitis, Perforation) ist die Resektion des Divertikels oder des den Divertikel tragenden Wandabschnitts indiziert.
3.4
Verletzungen
3.4
3.4.1
Mallory-Weiss-Syndrom
3.4.1 Mallory-Weiss-Syndrom
n Definition. Es handelt sich um Schleimhauteinrisse am ösophagokardialen Übergang, welche durch forciertes Erbrechen hervorgerufen werden. Das Mallory-Weiss-Syndrom stellt die Vorstufe des BoerhaaveSyndroms dar.
Verletzungen
Definition
Symptome und Diagnose. Nach heftigem Erbrechen kommt es zu einer akut auftretenden oberen gastrointestinalen Blutung. Zur Diagnosesicherung muss eine sofortige Gastroskopie durchgeführt werden (Notfallendoskopie).
Symptome und Diagnose. Nach heftigem Erbrechen kommt es zur akuten oberen gastrointestinalen Blutung. Notfallmäßige Gastroskopie erforderlich.
Therapie. Therapie der Wahl ist die endoskopische Blutstillung mit Clips
Therapie. Endoskopische Blutstillung, ggf. Ballontamponade oder Gastrotomie mit Umstechung.
oder die Injektion von vasoaktiven Substanzen (z.B. Suprarenin 1 : 10 000) oder Fibrin. Hierdurch lässt sich regelmäßig eine definitive Blutstillung erreichen (s.a. Kap. B-13.5). Wenn eine primäre endoskopische Blutstillung nicht gelingt, kann kurzfristig durch eine Kompression mittels einer Ballonsonde die Stabilisation des Patienten erreicht werden, um eine Verlegung in ein endoskopisches Zentrum oder als Ultima ratio eine Umstechung über
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3 Magen und Duodenum eine Gastrotomie zu ermöglichen. Die Kompression durch eine Ballonsonde darf auf keinen Fall als Therapie an sich angesehen werden, da nach Kompressionszeiten von mehreren Stunden bis Tagen bei gefülltem oder geblocktem Ballon Durchblutungsstörungen des Ösophagus auftreten, die Ulzerationen mit noch schwereren Blutungen oder gar Perforationen induzieren können.
Merke
n Merke. Die Blutstillung durch Kompression mittels einer Ballonsonde darf nur kurzfristig bei frustranem endoskopischen Blutstillungsversuch bis zur definitiven (endoskopischen oder operativen) Versorgung erfolgen!
Magen- und Duodenalruptur
3.4.2 Magen- und Duodenalruptur
3.4.2
Die Ruptur oder Berstung tritt nach stumpfem Bauchtrauma, bei Insufflation von Luft unter Druck in den Magen (Fehlintubation, Maskenbeatmung) oder bei direkter Gewalteinwirkung auf (perforierende Schuss- und Stichverletzungen). Bei Quetsch- oder Prelltraumen kommt es zur Ausbildung von intramuralen Hämatomen. Diese können sekundär perforieren (typisch: symptomfreies mehrtägiges Intervall) oder mit einer narbigen Striktur ausheilen.
Eine Ruptur oder Berstung kann nach stumpfem Bauchtrauma, bei Insufflation von Luft unter Druck in den Magen (Fehlintubation, Maskenbeatmung) oder bei direkter Gewalteinwirkung auftreten (perforierende Schuss- und Stichverletzungen). Eine Magenruptur nach stumpfem Bauchtrauma ist selten und wird fast ausschließlich bei prall gefülltem Magen beobachtet. Beim Duodenum sind meist die Pars descendens oder horizontalis betroffen. Abzugrenzen von diesen zu einer sofortigen Perforation führenden Verletzungsmechanismen sind Quetsch- oder Prelltraumen, die zu der Ausbildung eines intramuralen Hämatoms führen. Im Bereich des Hämatoms kann es sekundär durch eine Drucknekrose zur Spätperforation (typisch: symptomfreies mehrtägiges Intervall) oder bei narbiger Ausheilung zur Narbenstriktur des Duodenums kommen.
Symptome. Bei intraperitonealen Rupturen (freie Ruptur) bestimmen Vernichtungsschmerz, Abwehrspannung und Schocksymptomatik das klinische Bild. Extra- oder retroperitoneale Rupturen (gedeckte Ruptur) äußern sich in uncharakteristischen Schmerzen im Oberbauch und Fieber. Diagnose. Bei freier Ruptur liegt als Zeichen der Peritonitis eine Abwehrspannung vor. Zusätzlich finden sich die Symptome eines Schocks (Blässe, Tachykardie, Hypotonie, Kaltschweißigkeit), im Blutbild eine Leukozytose. Die Abdomenübersicht im Stehen oder Linksseitenlage zeigt freie intraperitoneale Luft.
Symptome. Wenn die Rupturstelle des Magens oder Duodenums intraperi-
Eine gedeckte Ruptur (selten) kann durch den Nachweis eines Pneumoretroperitoneums in der seitlichen Abdomenübersichtsaufnahme bewiesen werden. Man findet eine Leukozytose, eine Erhöhung der BSG und des CRP, bei Beteiligung des Pankreas eine Erhöhung der Pankreasenzyme. Die MDP zeigt Fisteln, Einengungen oder Verziehungen des oberen Gastrointestinaltrakts oder einen Kontrastmittelaustritt. Im Zweifelsfall ist eine CT oder die diagnostische Probelaparotomie indiziert.
toneal gelegen ist (freie Ruptur), gleicht die Symptomatik der der frischen Magenperforation: Vernichtungsschmerz im Oberbauch, Abwehrspannung und Schocksymptomatik bestimmen das klinische Bild. Bei extra- oder retroperitonealer (gedeckter) Ruptur entwickelt sich langsam ein Beschwerdebild, das von uncharakteristischen Schmerzen im Oberbauch und Fieber bestimmt wird.
Diagnose. Bei Patienten mit isolierter freier Ruptur findet der Untersucher als Zeichen der Peritonitis eine Abwehrspannung, die zunächst lokal auf den Oberbauch beschränkt ist, bei länger zurückliegender Ruptur jedoch diffus ausgebildet sein kann. Die Patienten zeigen die Symptome eines Schocks (Blässe, Tachykardie, Hypotonie, Kaltschweißigkeit), im Blutbild findet sich eine Leukozytose. In einer Abdomenübersicht in Linksseitenlage finden sich freie intraperitoneale Luftansammlungen. Die Kombination mit anderen Oberbauchverletzungen wird häufiger als die isolierte Ruptur beobachtet. In diesen Fällen führen die übrigen Verletzungen das klinische Beschwerdebild an. Liegt der sehr seltene Fall einer gedeckten Ruptur vor, so ist die Diagnosefindung schwieriger. Sie wird am häufigsten bei iatrogenen Perforationen – etwa nach einer ERCP – beobachtet. Ein Pneumoretroperitoneum in der seitlichen Abdomenübersichtsaufnahme beweist die Ruptur, ist aber nur selten darstellbar. Laborchemisch lässt sich eine Leukozytose sowie eine Erhöhung der BSG und des CRP nachweisen, bei Beteiligung des Pankreas kann es zur Erhöhung der Pankreasenzyme kommen. Die Diagnose lässt sich durch eine MDP mit wasserlöslichem Kontrastmittel durch den Austritt von Kontrastmittel in den Retroperitonealraum oder Nachweis einer Fistel sichern. Oft finden sich jedoch radiologisch nur Einengungen oder Verziehungen des oberen Gastrointestinaltraktes ohne Kontrastmittelaustritt. In diesem Fall ist eine Computertomographie (CT) sinnvoll, die Abszedierungen oder Lufteinschlüsse im Retroperitonealraum zeigt. Im Zweifelsfall ist die diagnostische Probelaparotomie indiziert.
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3.4.4 Fremdkörper
323
Therapie. Die Therapie der Magen- oder Duodenalruptur besteht in der sofortigen Laparotomie und Übernähung oder Resektion des Defektes und einer Dränage. Zusätzlich ist eine Antibiotikatherapie einzuleiten und der Patient parenteral zu ernähren.
Therapie. Die Therapie der Magenoder Duodenalruptur besteht in der Übernähung oder Resektion des Defektes mit Dränage, Antibiotikatherapie und parenteraler Ernährung.
3.4.3
Verätzungen
n Definition. Es handelt sich hierbei um eine Magen- eventuell auch Duodenalwandschädigung durch versehentlich oder absichtlich (suizidal) oral zugeführte Laugen oder Säuren. Die Verätzung des Magens oder Duodenums tritt meist zusammen mit schweren Ösophagusverätzungen auf (s. Kap. B-1.7.4), die auch das klinische Bild und die Prognose bestimmen. Laugenverätzungen sind potenziell gefährlicher, da sie durch die Ausbildung einer Kolliquationsnekrose eine größere Tiefenwirkung erreichen als die Säureverätzung mit Bildung einer Koagulationsnekrose.
Symptome. Der Patient klagt über Brennen in Mund und Rachen. Bei kompletter Nekrose der Magen- oder Duodenalwand entsteht das klinische Bild wie bei einer Magen- oder Duodenalruptur. Diagnose. Die Inspektion des Rachens zeigt je nach Verätzungsgrad Rötun-
gen, weißliche Beläge oder Nekrosen der Schleimhaut. Eine Abdomenübersichtsaufnahme soll freie intraabdominelle Luft als Zeichen einer Perforation ausschließen. Liegt keine Perforation vor, so ist in jedem Fall eine Notfallendoskopie durchzuführen, um das Ausmaß der Schleimhautschäden beurteilen und verbliebene Säure- oder Laugenreste absaugen zu können. n Merke. Blinde Sondierungsversuche nach Laugen- oder Säureverätzungen sind aufgrund der hohen Perforationsgefahr kontraindiziert.
3.4.3 Verätzungen Definition
Symptome. Der Patient klagt über Brennen in Mund und Rachen. Bei kompletter Nekrose der Magen- oder Duodenalwand entsteht das klinische Bild einer Magen- oder Duodenalruptur. Diagnose. Die Inspektion des Rachens zeigt Rötungen, weißliche Beläge oder Nekrosen der Schleimhaut. Eine Abdomenübersichtsaufnahme zeigt freie intraabdominelle Luft bei Perforation. Mit einer Notfallendoskopie wird das Ausmaß der Schleimhautschäden beurteilt und Säure- oder Laugenreste abgesaugt. Merke
Therapie. Bei oberflächlichen Schleimhautschäden wird bei der endoskopi-
Therapie. Im Rahmen der endoskopischen Untersuchung wird die Schleimhaut mit Wasser gespült. Zusätzlich ist eine breitgefächerte Antibiotikatherapie, parenterale Ernährung und evtl. systemische Kortikoidgabe einzuleiten. Magensonden sollten wegen der Gefahr von Drucknekrosen vermieden werden. Bei Perforation ist eine operative Intervention mit Dränage und/oder Resektion des Defektes durchzuführen.
Komplikationen. Frühkomplikationen der Verätzung sind Wandnekrose und Perforation. Als Spätkomplikationen sind Strikturbildung und darauffolgende Magenausgangsstenosen anzuführen. Die Therapie aller Komplikationen ist in erster Linie die operative Intervention.
Komplikationen. Frühkomplikationen sind Wandnekrose und Perforation, Spätkomplikationen Strikturbildung und Magenausgangsstenosen. Therapie ist die operative Intervention.
schen Untersuchung die Schleimhaut gezielt mit Wasser gespült, um durch die Verdünnung des chemischen Agens weitere Schädigungen der Schleimhaut zu reduzieren. Zusätzlich ist eine breitgefächerte Antibiotikatherapie einzuleiten und der Patient parenteral zu ernähren. Bei schweren Schleimhautschäden kann die systemische Gabe von Kortikosteroiden diskutiert werden. Magensonden sollten wegen der Gefahr von Drucknekrosen vermieden werden. Liegt eine Perforation vor, so ist unverzüglich eine operative Intervention mit Dränage und Resektion des Defektes wenn möglich durchzuführen.
3.4.4
Fremdkörper
3.4.4 Fremdkörper
Synonym: Corpora aliena
Symptome. Fremdkörper, die den Ösophagus passieren, verursachen in der
Regel keine Beschwerden, klinische Symptome entstehen meist nur bei den Komplikationen (Obstruktion, Perforation oder Blutung). Bei größeren oder sperrigen Gegenständen kann die Passage durch den Pylorus behindert sein, sodass diese im Magen über längere Zeit hinweg verbleiben können, ohne Beschwerden zu bereiten. Weitere Prädilektionsstellen des Gastrointestinaltraktes, die ein Passagehindernis darstellen können sind Ileozäkalklappe, Treitz-Band, rektosigmoidaler Übergang und Anus.
Symptome. Verschluckte Fremdkörper verursachen klinische Symptome meist nur bei Komplikationen (Obstruktion, Perforation, Blutung). Größere, sperrige Gegenstände können über längere Zeit hinweg im Magen verbleiben, ohne Beschwerden zu bereiten.
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324 Diagnose. Eine Abdomenübersichtsaufnahme kann röntgendichte Corpora aliena lokalisieren oder Perforationen durch den Nachweis freier intraabdomineller Luft beweisen. Bei nicht schattengebenden Gegenständen ist eine ÖGD durchzuführen.
3 Magen und Duodenum
Diagnose. Besteht anamnestisch der Verdacht, dass ein Fremdkörper ver-
schluckt wurde, so sollte eine Abdomenübersichtsaufnahme im Stehen durchgeführt werden. Sie ist in der Lage, röntgendichte Corpora aliena zu lokalisieren. Bei entsprechender klinischer Symptomatik kann eine Perforation durch den Nachweis freier intraabdomineller Luft bewiesen werden. Bei nicht schattengebenden Gegenständen ist eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) durchzuführen.
1 B-3.4
Fremdkörper im Magen Bild einer endoskopischen Extraktion einer Münze, mit der Fasszange aus dem Magen bei einem dreijährigen Kind.
Therapie. Ist der verschluckte Gegenstand endoskopisch erreichbar, sollte er entfernt werden ( 1 B-3.4). Anderenfalls kann eine Passage per vias naturales abgewartet werden. Der Stuhlgang ist bis zum Nachweis des Fremdkörperabganges zu untersuchen, der Patient klinisch und radiologisch zu überwachen. Unterstützend kann schlackenreiche Kost (z.B. Sauerkraut) gegeben werden.
Therapie. Befindet sich der verschluckte Gegenstand noch in endoskopi-
Komplikationen. Bei Behinderung der Passage entsteht eine Magenektasie, die klinisch durch Druck- und Völlegefühl mit saurem Erbrechen kurz nach der Mahlzeit imponiert. Spitze oder scharfe Fremdkörper können die Magenwand verletzen. Oberflächliche Verletzungen führen zur Blutung (Teerstühle, Hb-Abfall mit Schocksymptomatik oder Bluterbrechen), tiefer gehende zur häufiger auftretenden Perforation (Oberbauchschmerz, Übelkeit, Abwehrspannung und Schock). Die Blutung wird endoskopisch durch Fremdkörperentfernung und Blutstillung (s. Kap. B-13.2), die Perforation durch Übernähung/Resektion mit Dränage behandelt.
Komplikationen. Durch Verlegung des Pylorus kann es zur Behinderung der
3.4.5 Bezoar Definition
scher Reichweite, sollte er endoskopisch entfernt werden ( 1 B-3.4). Hat er den Magen verlassen und das Duodenum passiert, so kann eine Passage per vias naturales abgewartet werden. Zur Sicherstellung der Ausscheidung des Fremdkörpers ist der Stuhlgang bis zum Nachweis des Fremdkörperabgangs zu untersuchen. Unterstützend kann schlackenreiche Kost (z.B. Sauerkraut) gegeben werden. Zusätzlich sind der klinische Zustand des Patienten täglich zu kontrollieren und bei röntgendichten Gegenständen radiologische Kontrollen durchzuführen.
Nahrungspassage mit Ausbildung einer Magenektasie kommen. Diese äußert sich klinisch durch Druck- und Völlegefühl im Oberbauch mit saurem Erbrechen kurz nach der Mahlzeit. Zu den häufigsten Komplikationen nach Fremdkörperingestion zählen die Obstruktion und Perforation. Durch spitze oder scharfe Fremdkörper kommt es bei der Perforation zu einer tiefer gehenden Verletzung der Magen- und Duodenalwand mit den typischen Symptomen wie akut einsetzender Oberbauchschmerz, Übelkeit, Abwehrspannung und Schock. Die Therapie der Wahl ist die sofortige operative Revision mit Entfernung des Fremdkörpers und Übernähung mit Dränage. Seltener führen spitze Fremdkörper zu oberflächlichen Verletzungen der Magenwand, die zur Blutung führen können. Die Blutung kann sich je nach Stärke durch Teerstühle, Hb-Abfall mit Schocksymptomatik oder Bluterbrechen klinisch bemerkbar machen. Die Behandlung besteht in der endoskopischen Entfernung des Fremdkörpers und endoskopischer Blutstillung (s. Kap. B-13.2).
3.4.5
Bezoar
n Definition. Der Bezoar ist ein Fremdkörper im Magen, der aus Faserbestandteilen besteht. Je nach Bestandteilen unterscheidet man Tricho(Haar), Myko- (Pilz), Phyto- und kombinierte Bezoare.
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325
3.5.1 Gastritiden
Pathogenese. Bezoare entstehen durch Störungen der Nahrungsaufnahme,
Pathogenese. Bezoare entstehen durch Störungen der Nahrungsaufnahme (unzureichendes Kauen), der Verdauung (Hypoazidität) und des Ernährungsverhaltens (Trichophagie).
Symptome. Die meisten Patienten sind beschwerdefrei, der Bezoar wird als
Symptome. Die meist beschwerdefreien Patienten können bei sehr großen Bezoaren postprandial Völlegefühl, Druckgefühl oder Oberbauchschmerzen entwickeln.
Diagnose. Oft ist der Bezoar bereits als Raumforderung im Oberbauch auf
Diagnose. Der Bezoar kann als Raumforderung auf der Röntgenübersicht des Abdomens gesehen werden. Die Diagnose lässt sich durch die ÖGD sichern. Therapie. Die Methode der Wahl ist die endoskopische Entfernung des Bezoars. Eine Gastrotomie und Ausräumung ist heutzutage nur noch selten indiziert.
der Verdauung und des Ernährungsverhaltens. So kann durch unzureichende Zerkleinerung faserreicher Kost (unzureichendes Kauen), durch Hypoazidität, Fermentmangel oder psychopathologischer Auffälligkeiten (Trichophagie) die Entstehung begünstigt werden.
Zufallsbefund oder bei gezielter Ausschlussdiagnostik bei entsprechenden psychopathologischen Auffälligkeiten diagnostiziert. Bei sehr großen Bezoaren kann es postprandial zu Völlegefühl, Druckgefühl oder Oberbauchschmerz durch intermittierende Passagebehinderung kommen.
der Röntgenübersichtsaufnahme des Abdomens zu sehen. Die Diagnose lässt sich durch die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) sichern.
Therapie. In den meisten Fällen lässt sich der Bezoar endoskopisch entfernen. Bei großen Bezoaren muss die Endoskopie gegebenenfalls mehrfach bis zur vollständigen Entfernung wiederholt werden. Eine Gastrotomie und Ausräumung ist heute nur noch selten indiziert.
3.5
Entzündliche Erkrankungen
3.5
3.5.1
Gastritiden
3.5.1 Gastritiden
n Definition. Bei der Gastritis handelt es sich um eine Entzündungsreaktion der Magenschleimhaut, wobei je nach Ursache spezifische und unspezifische Gastritiden unterschieden werden.
Spezifische Gastritis n Definition. Spezifische Gastritiden sind selten. Unter einer spezifischen Gastritis versteht man die stets gleiche (spezifische) Entzündungsreaktion der Magenschleimhaut auf ein bestimmtes die Entzündung auslösendes Agens oder eine Grunderkrankung. Als Ursache kommen die Tuberkulose, Lues, Aktinomykose, Histoplasmose und der Morbus Crohn in Frage.
Entzündliche Erkrankungen
Definition
Spezifische Gastritis Definition
Symptome. Je nach Grunderkrankung, Lokalisation und Ausprägung der
Symptome. Je nach Ursache treten Schmerzen, gastrointestinale Blutungen (Teerstuhl, Bluterbrechen, Hb-Abfall, Schock), Ulzera, Stenosen oder Fisteln auf.
Diagnose. Die Untersuchungsmethode der Wahl stellt die Ösophago-
Diagnose. Die ÖGD mit Biopsie ist die Untersuchungsmethode der Wahl. Im Rahmen der Crohn-Diagnostik ist eine MDP (Fistelbildung?) oder eine hypotone Dünndarmdarstellung (weitere Crohn-Läsionen?) indiziert.
Therapie. Diese richtet sich nach der Grunderkrankung.
Therapie. Sie richtet sich nach der Grunderkrankung.
Unspezifische Gastritis
Unspezifische Gastritis
Erosive Gastritis
Erosive Gastritis
Die erosive Gastritis ist die häufigste akute Entzündung des Magens. Bei der erosiven Gastritis findet man multiple, punktförmige oberflächliche Schleimhautdefekte (Erosionen), die meist im Antrum lokalisiert sind. Als Ursache für die erosive Gastritis wird heute im Wesentlichen eine Besied-
Man findet multiple oberflächliche Schleimhautdefekte, meist im Antrum lokalisiert! Ursache ist meist die Besiedelung mit Helicobacter pylori.
Entzündung treten die klinischen Beschwerden in Form von Ober- und Mittelbauchschmerzen, gastrointestinaler Blutung (Teerstuhl, Bluterbrechen, Hb-Abfall, Schock), Ulkusentstehung, Stenosierung oder Fistelbildung auf.
Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) mit Biopsie zur histologischen und gegebenenfalls auch mikrobiologischen Untersuchung dar. Im Rahmen der CrohnDiagnostik ist die Durchführung einer MDP mit wasserlöslichem Kontrastmittel (Fistelbildung?) oder einer hypotonen Dünndarmdarstellung (weitere Crohn-Läsionen?) indiziert.
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326 und eine Minderdurchblutung der Schleimhaut, z.B. bei Schock, Polytrauma, Verbrennungen, Sepsis. Gefahr des Übergangs in Stressulzera. Erosive Gastritiden zeigen oft unspezifische Symptome und können eine obere gastrointestinale Blutung erzeugen. Sie werden durch eine ÖGD und Helicobactertest diagnostiziert ( 1 B-3.5).
3 Magen und Duodenum lung mit Helicobacter pylori angesehen, der insbesondere bei einer Antritis regelmäßig nachweisbar ist. Daneben kann ursächlich die Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. NSAR) eine Minderdurchblutung der Schleimhaut, ausgelöst durch ein Schockgeschehen, ein Polytrauma, schwere Verbrennungen oder eine Sepsis vorliegen. Bei unzureichender Therapie besteht die Gefahr des Übergangs in Stressulzera. Erosive Gastritiden zeigen oft unspezifische Symptome wie Übelkeit, Schmerzen und Druckbeschwerden im Oberbauch. Sie können auch Ursache einer oberen gastrointestinalen Blutung sein, die je nach Ausmaß durch Blutbeimengungen in der Magensonde, Blut- oder Kaffeesatzerbrechen, Hb-Abfall oder Teerstuhl auffallen kann. Sie werden durch eine ÖGD und Durchführung eines Helicobactertests diagnostiziert ( 1 B-3.5).
1 B-3.5
Gastritis Typisches endoskopisches Bild einer Antrumgastritis mit fleckigen Rötungen. Durch Biopsie konnte ein Helicobacterbefall nachgewiesen werden.
Therapie. Bei umschriebener Blutung erfolgt die gezielte endoskopische Therapie, sonst die Gabe von Protonenpumpenblockern, Schleimhautprotektiva oder alternativ von H2 -Rezeptorenblockern und Antazida. Bei schweren diffusen Blutungen ist neben dem Ersatz von Gerinnungsfaktoren die Spülung mit Eiswasser möglich. Bei nachgewiesener Helicobacterbesiedlung ist eine Eradikation mit der Tripletherapie indiziert (s.u.).
Therapie. Bei stärkerer umschriebener Blutung erfolgt die gezielte endosko-
pische Therapie (s. Kap. B-13.5), sonst ist die Gabe von Protonenpumpenblockern (z.B. AntraQ), Schleimhautprotektiva (z.B. UlcogantQ) oder alternativ von H2-Rezeptorenblockern (z.B. SostrilQ, PepdulQ) und Antazida (z.B. MaaloxanQ, Gelusil LacQ) indiziert. Bei persistierenden diffusen Blutungen ist neben einem Ausgleich gestörter Gerinnungsparameter die Spülung des Magens mit Eiswasser möglich. Bei Nachweis einer Helicobacterbesiedlung ist wie beim Ulcus ventriculi oder duodeni eine Eradikation mit der Tripletherapie indiziert (s.u.). Sehr selten ist bei endoskopisch nicht beherrschbarer Blutung eine Laparotomie mit Ulkusumstechung notwendig. Da in den meisten Fällen die kausale Therapie in der Eradikation der Helicobacterinfektion besteht, sollte die Indikation zur Vagotomie bzw. Magen-(teil) resektion kritisch überdacht werden.
Phlegmonöse Gastritis
Phlegmonöse Gastritis
Bei immuninkompetenten Patienten kommt es durch bakterielle Überwucherung mit Aerobiern und Anaerobiern zur Peritonitis und Sepsis. Die Diagnose erfolgt gastroskopisch (Biopsien zur mikrobiologischen Untersuchung!). Therapie. Sie erfolgt mit Antibiotika, parenteraler Ernährung und Magensonde. Bei Komplikationen (Perforation) ist die Magenteilresektion oder Gastrektomie indiziert.
Sie ist selten und entsteht bei immuninkompetenten Patienten durch bakterielle Überwucherung des Magens mit aeroben und anaeroben Keimen und führt zur Peritonitis bei einem septischen Gesamtbild. Die Diagnose wird durch die Gastroskopie gestellt, bei der unbedingt Biopsien zur mikrobiologischen Untersuchung entnommen werden müssen.
Chronisch atrophische Gastritis
Chronisch atrophische Gastritis
Es werden Autoimmunprozesse, Helicobacterinfektion, Alterungsvorgänge, ein vermehrter duodenogastraler
Hierbei handelt es sich um eine chronische Atrophie der Magendrüsen mit zunehmender Achlorhydrie. Als Ursache werden Autoimmunprozesse, Überwucherung mit Helicobacter pylori, ein vermehrter duodenogastraler Reflux
Therapie. Die phlegmonöse Gastritis wird durch eine Antibiotikatherapie –
möglichst nach Austestung –, parenterale Ernährung und Magensonde zur Dekompression von Gasen behandelt. Bei Komplikationen (Perforation) ist die Magenteilresektion oder Gastrektomie indiziert.
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327
3.6.1 Pathogenese und ein Fortfall des trophischen Gastrineffektes nach Magenresektionen diskutiert. Die chronisch atrophische Gastritis verläuft in den meisten Fällen symptomfrei. Es können aber Dyspepsie, Völlegefühl, Inappetenz und eine perniziöse Anämie bei Vitamin-B12-Mangel auftreten. Die Diagnose wird endoskopisch gestellt, wobei aufgrund des erhöhten Karzinomrisikos Biopsien entnommen werden müssen und jährliche Kontrollen durchgeführt werden sollten. n Merke. Bei der chronisch atrophischen Gastritis ist ein erhöhtes Karzinomrisiko gegeben. Jährliche endoskopische Kontrollen!
Therapie. Sie ist konservativ symptomatisch. Bei Nachweis von schweren Zellatypien bei endoskopischen Kontrolluntersuchungen ist eine prophylaktische Gastrektomie zu erwägen.
3.6
Ulkuskrankheit
n Definition Erosion: oberflächliche, ausschließlich auf die Mukosa beschränkte Nekrose (intakte Muscularis mucosae) π Ulkus: tiefergehende Nekrose der Wand, die die Muscularis mucosa überschreitet und alle Wandschichten betreffen kann π kallöses Ulkus: chronisches Ulkus mit fibrinösem Randwall und derbem Ulkusgrund, meist alle Wandschichten betreffend π kissing ulcus: 2 einander gegenüberliegende Ulzera, z.B. an Vorderund Hinterwand von Antrum oder Bulbus duodeni π peptisches Ulkus: alle Ulzerationen im oberen Gastrointestinaltrakt, an deren Entstehung Salzsäure und Pepsin beteiligt sind.
Reflux und fehlender Gastrineffekt nach Magenresektionen als Ursache diskutiert. Die chronisch atrophische Gastritis ist meist symptomfrei, es können aber Dyspepsie, Völlegefühl, Inappetenz und perniziöse Anämie auftreten. Die Diagnose erfolgt durch eine ÖGD mit Biopsie. Jährliche Kontrollen sind wegen des erhöhten Karzinomrisikos notwendig. Merke Therapie. Sie ist konservativ symptomatisch. Beim Nachweis von Zellatypien ist eine Gastrektomie zu erwägen.
3.6
Ulkuskrankheit
Definition
π
Die Ulkuskrankheit umfasst die häufigsten pathologischen Veränderungen des oberen Gastrointestinaltraktes. Während früher die Ulkuschirurgie mit resezierenden und nicht resezierenden Verfahren die Therapie der Ulkuskrankheit bestimmte, sind seit der Einführung der H2-Rezeptorenblocker (z.B. TagametQ, ZanticQ, SostrilQ, PepdulQ) konservative Therapieansätze in den Vordergrund getreten. Diese Entwicklung wurde durch Protonenpumpenblocker und die Eradikation des Helicobacter pylori weiter verstärkt, sodass sich die Chirurgie der Ulkuskrankheit heute im Wesentlichen auf die operative Behandlung der Ulkuskomplikationen beschränkt.
3.6.1
Pathogenese
Die gesunde Magen- und Duodenalschleimhaut ist durch protektive Faktoren vor einer Autodigestion durch aggressive Faktoren geschützt. Die Intaktheit und ungestörte Regenerationsfähigkeit des Epithels ist dabei von einem Gleichgewicht zwischen den aggressiven und protektiven Faktoren abhängig, wobei selbst bei mechanischer Schleimhautläsion beträchtliche Kompensationsmechanismen zur Verfügung stehen. So heilen postbioptische Schleimhautläsionen normalerweise innerhalb von einer Woche folgenlos aus. Die aggressiven Faktoren werden je nach ihrer Ursache in endogene und exogene unterteilt. Endogene Aggressionsfaktoren sind die Salzsäure und proteolytischen Enzyme (insbesondere das Pepsin), die vom Organismus selbst produziert werden. Exogene Aggressionsfaktoren werden von außen zugeführt. Hier sind in erster Linie Nikotin, Steroide, nichtsteroidale Antirheumatika, Stress und eine Infektion des Magens mit Helicobacter pylori zu nennen. Ob die Helicobacter-pylori-Infektion ursächlich für die Ulkusentstehung verantwortlich gemacht werden kann oder nur eine Koinzidenz besteht, ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Fest steht, dass H. pylori bei 60–75 %
Seit der Einführung der H2 -Rezeptorenblocker sind konservative Therapieansätze in den Vordergrund der Ulkusbehandlung getreten. Die Chirurgie der Ulkuskrankheit beschränkt sich heute im Wesentlichen auf die operative Behandlung der Ulkuskomplikationen.
3.6.1 Pathogenese Die gesunde Magen- und Duodenalschleimhaut ist durch protektive Faktoren vor einer Autodigestion durch aggressive Faktoren geschützt. Bei mechanischen Schleimhautverletzungen stehen beträchtliche Kompensationsmechanismen zur Verfügung, die eine Heilung ermöglichen. Aggressive Faktoren: π endogen (Salzsäure, proteolytische Enzyme, z.B. Pepsin) π exogen (Nikotin, Steroide, nichtsteroidale Antirheumatika, Stress, Infektion mit Helicobacter pylori). Es ist ungeklärt, ob die Helicobacterpylori-Infektion ursächlich für die Ulkusentstehung verantwortlich
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328 gemacht werden kann oder nur eine Koinzidenz besteht. Bei Patienten mit Ulcus duodeni, bei denen H. pylori eliminiert wurde, ist die Rezidivrate signifikant niedriger als bei Patienten ohne Helicobactereradikation. Protektive Faktoren: π Schleimschicht π Zellmauserung π Bikarbonatsekretion π gute Blutversorgung π duodenale Säureneutralisation. Vorübergehende Störungen des Gleichgewichts der protektiven und aggressiven Faktoren führen zur Entstehung von akuten Magen- oder Duodenalschleimhautnekrosen. Besteht ein persistierendes Ungleichgewicht, so können mechanische Läsionen nicht ausheilen, bzw. es kommt zur Entstehung chronischer Ulcera ventriculi/ duodeni (Ulkuskrankheit).
3 Magen und Duodenum aller Patienten mit einem Ulcus ventriculi und bei 90–100 % der Patienten mit einem Ulcus duodeni nachgewiesen werden kann. Bei Patienten mit Ulcus duodeni, bei denen H. pylori eliminiert wurde, ist die Rezidivrate signifikant niedriger als bei Patienten ohne eine Helicobactereradikation. Protektive Faktoren: Die die Schleimhaut schützenden Faktoren sind die Schleimschicht, die eine direkte Einwirkung der Salzsäure und des Pepsins auf das Epithel verhindert, die hohe Zellmauserungsrate, die lokale Bikarbonatsekretion zur Neutralisierung der Salzsäure, die ungewöhnlich gute Blutversorgung und die duodenale Säureneutralisation durch Sekretin und Enterogastron. Vorübergehende Störungen des Gleichgewichts durch Abnahme der protektiven Faktoren und/oder Zunahme der aggressiven Faktoren kann zur Entstehung von akuten Magen- oder Duodenalschleimhautnekrosen führen. Die akuten Ursachen können im Rahmen einer anderen Erkrankung auftreten (Stressulkus bei Intensivpatienten), anatomisch verursacht sein (Gefäßanomalie bei dem Ulkus Dieulafoy) oder chemisch induziert sein (Arzneimittelulkus). Besteht ein persistierendes Ungleichgewicht, so können mechanische Läsionen nicht ausheilen, bzw. es kommt zur Entstehung chronischer Ulcera ventriculi/duodeni. Das Krankheitsbild, das auf einem persistierenden Missverhälnis von Schutz- und Aggressionsfaktoren beruht, wird auch als Ulkuskrankheit bezeichnet.
Akute Ulzera
3.6.2 Akute Ulzera
3.6.2
Ulkus Dieulafoy
Ulkus Dieulafoy Synonym: Exulceratio simplex
Definition
n Definition. Bei dem Ulkus Dieulafoy handelt es sich um eine oberflächliche Schleimhautläsion, die meist in proximalen Magenabschnitten lokalisiert ist. Am Boden dieser Läsion findet sich als Gefäßfehlanlage eine submukös gelegene dicklumige Arterie, die bei Arrosion zu heftigen arteriellen, lebensbedrohenden Blutungen führen kann.
Symptome. Das Ulkus Dieulafoy macht sich durch die Symptome einer akuten Blutung bemerkbar.
Symptome. Das Ulkus Dieulafoy macht sich durch akute Blutung mit Teer-
Diagnose und Therapie. Die Diagnose wird im Rahmen einer Notfallendoskopie gestellt. In gleicher Sitzung erfolgt die endoskopische Blutstillung (s. Kap. B-13.5).
Diagnose und Therapie. Die Diagnostik besteht – wie bei jeder akuten oberen Gastrointestinalblutung – in einer Notfallendoskopie, bei der auch gleichzeitig die Therapie mittels endoskopischer Blutstillung (z.B. durch Hämoclips oder Unterspritzung, s. Kap. B-13.5) erfolgen kann.
Arzneimittelulkus
Arzneimittelulkus
Definition
Symptome. Das Beschwerdebild ist geprägt von Verläufen ohne wesentliche klinische Symptome über Oberbauchbeschwerden, Appetitlosigkeit bis hin zu Symptomen der Ulkuskomplikationen (s. u.).
stühlen, Hämatin- oder Bluterbrechen mit Hb-Abfall bis hin zur Schocksymptomatik bemerkbar.
n Definition. Unter einem Arzneimittelulkus versteht man eine Schleimhautläsion, die durch ulzerogene Medikamente ( 2 B-3.2) hervorgerufen wird. Diese Medikamente führen für die Dauer ihrer Einnahme zu einem Ungleichgewicht zwischen protektiven und aggressiven Faktoren im Magen.
Symptome. Das Beschwerdebild, das von Arzneimittelulzera ausgelöst werden kann, ist vielgestaltig. Es gibt Verläufe, die ohne wesentliche klinische Symptome erfolgen, über unspezifische Oberbauchbeschwerden (Druckgefühl, Völlegefühl, vermehrtes Aufstoßen), Appetitlosigkeit und Oberbauchschmerzen bis hin zu den Symptomen der Ulkuskomplikationen (s. u., z.B. Blutung, Perforation).
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3.6.2 Akute Ulzera
2 B-3.2
Wirkmechanismus und Beispiele unterschiedlicher ulzerogener Medikamente
Wirkmechanismus
Stoffgruppe
N Veränderung der Beschaffenheit n und/oder Menge des Magenschleims
»barrier breakers« π Alkohol π nichtsteroidale Antiphlogistika π Gallensäuren π Lysolezithin
N Änderung der Exfoliationsrate n des Epithels
π π π
N erhöhte H + -Ionenanreicherung n im Epithel durch gesteigerte Rückdiffusion
Kortikoide Chemotherapeutika Immunsuppressiva
»barrier breakers« π Alkohol π nichtsteroidale Antiphlogistika
pharmakologische Beispiele π π π π
π π π
π π π π
N Thrombozytenfunktionsstörung n N Hypersekretion von Säure n (sehr selten) durch Gastrinfreisetzung oder gastrinähnliche Wirkung
π
π π π π π π π
Thrombozytenaggregationshemmer Parasympathomimetika Alkohol Gallensäuren Kortikoide ACTH Androgene Reserpin
π
π π π π
Acetylsalicylsäure Phenylbutazon Indometacin Detergenzien Dexamethason Mitomycin C Azathioprin Acetylsalicylsäure Phenylbutazon Indometacin Detergenzien Acetylsalicylsäure Acetylcholin Pentagastrin STH Dexamethason
Diagnose und Therapie. Bei dem klinischen Verdacht auf ein Arzneimittel-
Diagnose und Therapie. Diagnostisch ist eine ÖGD mit Biopsieentnahme und Helicobactertest durchzuführen. Die Therapie erfolgt konservativ (s. S. 334 ff.).
Stressulkus
Stressulkus
ulkus ist eine ÖGD mit Biopsieentnahme und Durchführung eines Helicobactertests durchzuführen. Die Therapie erfolgt in erster Linie konservativ (s. S. 334 ff.). Eine Röntgendarstellung des Magens erfolgt heute nur noch selten, da die Gastroskopie die Möglichkeit der Probeentnahme bietet.
n Definition. Das Stressulkus entsteht im Rahmen schwerer Verletzungen oder schwerer Schockzustände durch eine Mikrozirkulationsstörung im Bereich der Magenschleimhaut mit Zusammenbruch des Stoffwechsels der Mukosabarriere und gleichzeitig erhöhtem duodenogastralem Reflux.
Trotz der heute üblichen medikamentösen Stressulkusprophylaxe sind Patienten mit Sepsis, Peritonitis, Ileus, Polytrauma, hämorrhagischem Schockgeschehen, renaler, hepatischer oder respiratorischer Insuffizienz oder nach großen operativen Eingriffen, kurz das gesamte Patientengut einer chirurgischen Intensivstation, hochgradig gefährdet, ein Stressulkus auszubilden. Ungefähr 80 % dieser Patienten zeigen bei endoskopischen Untersuchungen innerhalb der ersten 24 Stunden zahlreiche Erosionen und Ulzerationen, meist in den proximalen Magenanteilen. Wird die Ulkusprophylaxe nicht konsequent durchgeführt, ist die Gefahr einer akuten Blutung oder Perforation groß. n Merke. Bei Patienten der chirurgischen Intensivstation muss eine konsequente Stressulkusprophylaxe erfolgen.
Symptome. Stressulzera werden in den meisten Fällen erst durch das Auf-
treten von Komplikationen bemerkt. Im Vordergrund steht die akute Blutung, die sich bisweilen durch Hämatinbeimengungen in der Magensonde ankündigen kann. Bei einer Perforation entsteht ein akutes Abdomen mit rasch progredientem Verlauf.
Definition
Häufig betroffen sind Patienten mit Sepsis, Peritonitis, Ileus, Polytrauma, hämorrhagischem Schockgeschehen, renaler, hepatischer oder respiratorischer Insuffizienz oder nach großen operativen Eingriffen. Bei unzureichender Ulkusprophylaxe ist die Gefahr einer akuten Blutung oder Perforation groß.
Merke
Symptome. Stressulzera werden in den meisten Fällen erst durch das Auftreten von akuten Blutungen oder Perforationen bemerkt. Hämatinbeimengungen in der Magensonde sind Vorboten einer akuten Blutung.
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330
3 Magen und Duodenum
Diagnose und Therapie. Zur Prophylaxe von Stressulzerationen ist die Gabe von H2 -Rezeptorenblockern oder magenselektiven Anticholinergika indiziert. Bei Blutungen ist die endoskopische Blutstillung, bei Perforationen die Laparotomie mit Ulkusexzision, evtl. Magenteilresektion und postoperative Gabe von Protonenpumpenblockern notwendig (s. a. S. 340 ff.).
Diagnose und Therapie. Zur Prophylaxe empfiehlt sich die Verabreichung von H2-Rezeptorenblockern (z.B. TagametQ, SostrilQ, PepdulQ) oder magenselektiver Anticholinergika (z.B. GastrozepinQ). Bei Blutungen ist die endo-
3.6.3 Chronische Ulzera
3.6.3
Chronische Ulzera treten häufiger als die akuten Geschwüre auf. In Deutschland sind ca. 10 % der Bevölkerung, davon Männer 3–4-mal häufiger als Frauen von der Ulkuskrankheit betroffen. Ulcera duodeni haben eine 3–4fach höhere Inzidenz als Ulcera ventriculi. Nicht eine Säureüberproduktion, sondern vielmehr ein Missverhältnis zwischen Säure und Schutzmechanismen entscheidet über eine Ulkusentstehung.
Die chronischen Ulzerationen des oberen Gastrointestinaltrakts unterscheiden sich von den akuten Ulzera durch die persistierende Disposition zur Ulkusbildung. Sie treten häufiger als die akuten Geschwüre auf. In Deutschland sind ca. 10 % der Bevölkerung, davon Männer 3–4-mal häufiger als Frauen von der Ulkuskrankheit betroffen. Ulcera duodeni haben eine 3–4fach höhere Inzidenz als Ulcera ventriculi. Die alte Feststellung »Ohne Säure kein Ulkus« (Schwarz, 1910) muss heute unter dem pathogenetischen Faktor »Helicobacter pylori« relativiert werden. So ist nach modernen Erkenntnissen festzustellen, dass nicht immer eine Säureüberproduktion die Ulkusgenese auslöst, sondern vielmehr das Missverhältnis zwischen vorhandener Säure und Schutzmechanismen über eine Ulkusentstehung entscheidet.
Ulcera ventriculi
Ulcera ventriculi
Nach Johnson werden 3 Ulkustypen nach Lokalisation und Grad der Säuresekretion unterschieden ( 1 B-3.6).
Nach Johnson lassen sich 3 Typen von Magenulzera differenzieren, die sich jeweils in ihrer Lokalisation und Grad der Säuresekretion unterscheiden ( 1 B-3.6).
Ulcus ventriculi Typ I: Dieses Ulkus ist meist an der kleinen Kurvatur an der Antrum-Korpus-Grenze gelegen, die sich mit zunehmendem Alter nach oral verschiebt, sodass es zur Säurereduktion durch Verminderung der Belegzellen kommt (Hypoazidität).
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skopische Blutstillung, bei Perforation die Laparotomie mit Ulkusexzision evtl. die Magenteilresektion indiziert. Zusätzlich kann die medikamentöse Therapie auf die Gabe von Protonenpumpenblockern (z.B. AntraQ) umgestellt werden (zur Diagnostik und Therapie von Ulkuskomplikationen s. a. S. 340 ff.).
Chronische Ulzera
Ulcus ventriculi Typ I: Hierbei handelt es sich um ein Ulkus, das typischerweise an der kleinen Kurvatur oberhalb der Incisura angularis gelegen ist. Ca. 90 % dieser Geschwüre liegen an der Antrum-Korpus-Grenze, die sich mit zunehmendem Alter nach oral hin verschiebt. Dadurch kommt es zur Reduktion der säureproduzierenden Belegzellen und somit zur Abnahme der Säuresekretion im Magen. n Merke. Je höher das Ulkus im Magen gelegen ist, desto weniger Säuresekretion besteht im Magen.
Merke
Das Magenulkus Typ I macht insgesamt ca. 60 % aller gastralen Geschwüre aus. Als Ursache werden Helicobacterbesiedlung, Mikrozirkulationsstörungen mit Veränderung des protektiven Magenschleims und Störung der Zellregeneration und ein erhöhter duodenogastraler Reflux angegeben.
Das Magenulkus Typ I (Johnson) macht insgesamt ca. 60 % aller gastralen Geschwüre aus. Beim Säuresekretionstest ergibt sich typischerweise eine Hypoazidität. Als Ursache werden Helicobacterbesiedlung, Mikrozirkulationsstörungen der Schleimhaut mit Veränderung der Zusammensetzung des protektiven Magenschleimes und Störung der Zellregeneration sowie ein erhöhter duodenogastraler Reflux von Gallensäuren und Lysolezithin angegeben.
Ulcus ventriculi Typ II: Es liegen gleichzeitig ein Magen- und Duodenalgeschwür vor (20 % aller Ulcera ventriculi). Als Ursache wird der »DragstedtMechanismus« diskutiert (eine antrale Stase im Magen führt zu einer Ektasie und erhöhter Gastrinfreisetzung mit konsekutiver Säuresekretionssteigerung). Entsprechend findet man bei diesem Ulkustyp normale bis erhöhte Sekretionswerte für die Magensäure.
Ulcus ventriculi Typ II: Der Ulkus-Typ II zeichnet sich durch das gleichzeitige Vorliegen von einem Magen- und einem Duodenalgeschwür aus (20 % aller Ulcera ventriculi). Zur Pathogenese wird der »Dragstedt-Mechanismus« diskutiert: Durch eine antrale Stase im Magen (z.B. bei Magenausgangsstenose) kommt es zu einer Magenektasie und somit zu einer erhöhten Gastrinfreisetzung mit konsekutiver Säuresekretionssteigerung. So kann ein primär vorliegendes Ulcus duodeni durch ödematöse Schwellung eine Magenausgangsstenose hervorrufen und über Aktivierung des DragstedtMechanismus die Entstehung eines Ulcus ventriculi induzieren. Entsprechend findet man bei diesem Ulkustyp normale bis erhöhte Sekretionswerte für die Magensäure.
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3.6.3 Chronische Ulzera
1 B-3.6
Synopsis Einteilung der Magenulzera nach Johnson und Darstellung eines typischen Ulcus duodeni
Gallereflux
a Magenulkus Typ I nach Johnson (proximales Ulcus ventriculi).
Stase
c Magenulkus Typ III nach Johnson (distales Ulcus ventriculi).
Stase
b Magenulkus Typ II nach Johnson (Kombinationsulkus).
HCI (Pepsin)
d Duodenalulkus.
Ulcus ventriculi Typ III: Liegt ein Ulkus im prä- oder intrapylorischen Bereich ( 1 B-3.7) vor, so wird dieses als Typ-III-Ulkus nach Johnson klassifiziert. Es entsteht durch eine Hypersekretion mit Hyperazidität, evtl. auf dem Boden einer gastralen Stase.
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1 B-3.7
Ulcus ventriculi Typ III: Ein Ulkus im prä- oder intrapylorischen Bereich ( 1 B-3.7) wird Typ-III-Ulkus nach Johnson genannt, ausgelöst durch eine Hypersekretion mit Hyperazidität evtl. auf dem Boden einer gastralen Stase.
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Kontrastmitteldarstellung eines präpylorischen Ulcus ventriculi Radiologische Darstellung eines Ulcus ventriculi an der großen Kurvatur. Das Ulkus zeigt sich als kontrastmittelgefüllte Vertiefung (Depot). Charakteristisch ist der targetförmige weiße Wall (Kontrastmittelaussparung des Ulkusrandwalls) mit zentraler Kontrastmittelansammlung ( Á).
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332 Symptome. Ulcera ventriculi treten am häufigsten zwischen dem 50.–70. Lebensjahr auf, entsprechend dem Magenkarzinom (wichtigste Differenzialdiagnose). Oberbauchschmerz, Inappetenz, Völlegefühl, seltener Erbrechen oder Gewichtsabnahme bestimmen das Beschwerdebild. Der Schmerzcharakter variiert zwischen Sofortschmerz nach Nahrungsaufnahme und nahrungsabhängigem Schmerz. Diagnose. Die ÖGD ermöglicht die Diagnosestellung und -sicherung durch Biopsien, zum einen zum Malignomausschluss, zum anderen zum Nachweis einer Helicobacterbesiedlung, dies ist im Rahmen der radiologischen Ulkusdiagnostik nicht möglich ( 1 B-3.8).
3 Magen und Duodenum
Symptome. Ulcera ventriculi treten am häufigsten zwischen dem 50. und
70. Lebensjahr auf. Diese Altersverteilung entspricht der des Magenkarzinoms, das auch die wichtigste Differenzialdiagnose des Magenulkus darstellt. Die Patienten klagen über Oberbauchschmerzen, Inappetenz, Völlegefühl, seltener über Erbrechen oder Gewichtsabnahme. Der Schmerzcharakter schwankt zwischen Sofortschmerz nach Nahrungsaufnahme und nahrungsunabhängigem Schmerz.
Diagnose. Das wichtigste Untersuchungsverfahren bei klinischem Verdacht
auf ein Ulkus stellt die ÖGD dar. Sie ermöglicht neben der endoskopisch gestellten Diagnose auch die Entnahme von Biopsien, zum einem, um ein Malignom auszuschließen, zum anderen, um durch Schnelltests und Histologie eine Helicobacterbesiedlung zu erkennen. Im Rahmen der radiologischen Darstellung von Ulzera ist es nicht möglich, durch Biopsien ein Karzinom oder eine Helicobacterbesiedlung auszuschließen, weshalb heute die ÖGD bevorzugt wird ( 1 B-3.8).
1 B-3.8
Darstellung eines Ulkus Radiologische Darstellung eines Ulcus ventriculi an der kleinen Kurvatur ( Á). Das Ulkus zeigt sich als kontrastmittelgefüllte Vertiefung (Depot).
Merke
n Merke. Wird im Rahmen eines ÖGD ein Ulcus ventriculi gefunden, so ist in jedem Fall ein Karzinom bioptisch auszuschließen. Zur Klärung der Dignität müssen mehrere Biopsien (bis zu 10) vom Ulkusrand entnommen werden.
Differenzialdiagnostisch sind neben dem Magenkarzinom Magendivertikel, Refluxösophagitis, Cholelithiasis, Pankreatitis oder eine Nephropathie oder -lithiasis auszuschließen.
Differenzialdiagnostisch sind neben dem Magenkarzinom Erkrankungen auszuschließen, bei denen der Oberbauchschmerz ebenfalls im Vordergrund der klinischen Beschwerden steht (Cholelithiasis, Refluxösophagitis, Pankreatitis, Nephropathie oder -lithiasis, Magendivertikel). Sind die klinischen Beschwerden durch den Befund der ÖGD nicht ausreichend erklärt, so sind im Rahmen der Umfelddiagnostik eine Oberbauchsonographie (Gallensteine, Pankreasveränderungen, Nierenerkrankungen), Bestimmung der Pankreas- und Cholestaseparameter und Untersuchung des Urinsedimentes anzuschließen.
Therapie. Primär ist eine konservative Therapie durchzuführen (s. S. 334 ff.). Bei suffizienter Behandlung > 6 Wochen ohne Erfolg oder chronisch rezidivierenden Ulzera sollte operiert werden. Das Verfahren der Wahl ist die Magenresektion (s.u.).
Therapie. Nachdem endoskopisch-bioptisch ein Magenkarzinom ausge-
schlossen wurde, ist primär eine konservative Therapie durchzuführen (s. S. 334 ff.). Erst bei Therapieversagern (suffiziente Behandlung > 6 Wochen ohne Ansprechen) oder chronisch rezidivierenden Ulcera ventriculi erscheint die operative Behandlung indiziert. Das Verfahren der Wahl ist die Magenresektion unter Einschluss des Geschwürs und Wiederherstellung der Kontinuität nach Billroth I, Billroth II oder Roux-Y (s.u.). Man kann aber heute davon ausgehen, dass bei Ausschöpfung aller konservativen Therapiemöglichkeiten (Senkung der Säuresekretion, H.-pylori-Eradikation) 90–98 % aller Ulzera ausheilen. Bei H.-pylori-Nachweis ist die Eradikation schon beim ersten Therapiezyklus indiziert, da Ausheilungs- und Rezidivraten eradizierter Patienten deutlich über denen der nicht eradizierten liegen.
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3.6.3 Chronische Ulzera
Ulcus duodeni n Definition. Das Ulcus duodeni ist die häufigste Manifestationsform der Ulkuskrankheit (s.a. 1 B-3.6). Es tritt in der Regel im Bulbus duodeni auf und hat einen Altersgipfel zwischen dem 30.–50. Lebensjahr. Männer sind 4 « häufiger als Frauen betroffen.
Pathogenese. Die Ursache eines duodenalen Ulkus liegt in einer relativen
Hypersekretion von Salzsäure im Magen. Dabei muss nicht eine absolute Hyperazidität bestehen, ebenso kann die Ulkusgenese durch eine reduzierte Defensivkapazität des Duodenums bei normaler Säuresekretion induziert werden. Auch eine verlängerte Kontaktzeit (z.B. bei reduzierter Propulsivperistaltik) oder erhöhte Frequenz der Exposition von Duodenalschleimhaut mit saurem Mageninhalt (z.B. bei Pylorusinsuffizienz, zu rascher Magenentleerung) können die Entstehung eines Ulcus duodeni begünstigen. Meistens liegt bei Patienten mit einem Ulcus duodeni jedoch eine gastral bedingte Hyperazidität auf dem Boden eines gesteigerten Vagotonus, einer größeren Zahl und erhöhten Ansprechbarkeit von Belegzellen, einer vermehrten Gastrinfreisetzung oder eines Versagens von sekretorischen Hemmmechanismen vor. Auch Ernährungsgewohnheiten wie hastiges Essen oder Herunterschlingen nur schlecht gekauter Nahrung können die Ulkusentstehung begünstigen. Ein Ulcus duodeni ist meist mit einer Helicobacterbesiedlung assoziiert. In seltenen Fällen liegt eine extragastral induzierte Ulzerogenese vor: Beim Zollinger-Ellison-Syndrom führt ein meist intrapankreatisch gelegenes Gastrinom (G-Zell-Tumor) über eine extragastrale Gastrinproduktion zu einer vermehrten Säuresekretion im Magen (typische Trias: exzessive gastrale Hypersekretion, rezidivierende Ulzera, Hypergastrinämie). Bei den Sekretintesten findet man einen maximal stimulierten BAO. Andere extragastrale Erkrankungen, die die Ulkusentstehung begünstigen, sind ein Hyperparathyreoidismus, der Morbus Cushing oder ein CushingSyndrom, die Akromegalie, die Tuberkulose und Leberzirrhose. Auch Patienten mit Immundefekten, sowie Patienten nach portosystemischen Shuntoperationen haben ein erhöhtes Risiko, Ulcera duodeni zu entwickeln.
Symptome. Die führenden Beschwerden von Patienten mit Ulcera duodeni
sind epigastrische Schmerzen, die besonders nachts oder als Nüchternschmerz auftreten. Es findet sich eine jahreszeitliche Beschwerdehäufung im Frühjahr und Herbst. Weiterhin können Völlegefühl, vermehrtes Aufstoßen, Meteorismus und seltener Erbrechen, Gewichtsabnahme oder Dyspepsie Beschwerden machen. Vielfach wird von den Patienten angegeben, dass bei Nikotin- oder Kaffeegenuss oder bei psychischer Belastung die Beschwerden zunehmen, wahrscheinlich induziert durch eine vermehrte Säurestimulation.
Ulcus duodeni Definition
Pathogenese. Die Ursache eines duodenalen Ulkus liegt in einer relativen Hypersekretion von Salzsäure im Magen oder einer reduzierten Defensivkapazität des Duodenums. Auch eine verlängerte Kontaktzeit oder erhöhte Frequenz der Exposition von Duodenalschleimhaut mit saurem Mageninhalt können die Entstehung eines Ulcus duodeni begünstigen. Meistens ist die Ursache ein gesteigerter Vagotonus, eine größere Zahl und erhöhte Ansprechbarkeit von Belegzellen, eine vermehrte Gastrinfreisetzung oder ein Versagen von sekretorischen Hemmmechanismen. Falsche Ernährungsgewohnheiten können die Ulkusentstehung begünstigen. Eine Helicobacterbesiedlung liegt häufig vor. Eine extragastral induzierte Ulzerogenese findet man beim Zollinger-Ellison-Syndrom, bei dem ein Gastrinom über eine extragastrale Gastrinproduktion zu einer vermehrten Säuresekretion im Magen führt (typische Trias: exzessive gastrale Hypersekretion, rezidivierende Ulzera, Hypergastrinämie). Andere extragastrale Faktoren, die die Ulkusentstehung begünstigen, sind Hyperparathyreoidismus, Morbus Cushing, Akromegalie, Tuberkulose, Leberzirrhose, Immundefekte oder portosystemische Shuntoperationen. Symptome. Typisch sind epigastrische Schmerzen nachts oder Nüchternschmerz, sowie Völlegefühl, Aufstoßen, Meteorismus, Erbrechen, Gewichtsabnahme oder Dyspepsie. Nikotin oder Kaffee führen wie psychische Belastung oft zur Beschwerdezunahme. Es findet sich eine jahreszeitliche Häufung im Frühjahr und Herbst.
Diagnose. Die ÖGD stellt auch hier die Methode der Wahl zur Diagnosesi-
Diagnose. Die ÖGD stellt die Untersuchungsmethode der Wahl dar. Biopsien sollten bei therapieresistenten oder chronisch rezidivierenden Ulcera duodeni zum Karzinomausschluss oder Helicobacternachweis entnommen werden. Bei diesen ist auch ein Funktionstest zur Erkennung eines ZollingerEllison-Syndroms sinnvoll. Differenzialdiagnostisch ist an eine Refluxösophagitis, ein Magendivertikel, eine Cholelithiasis, eine Pankreatitis oder eine Nierenerkrankung zu denken.
Therapie. Ulcera duodeni sind stets primär konservativ zu behandeln. Erst
Therapie. Ulcera duodeni sind stets primär konservativ zu behandeln. Bei Therapieversagen, Ulkusrezidiven nach Absetzen der Medikamente oder
cherung dar. Jedoch ist bei endoskopisch nicht suspekten Ulzerationen im Duodenum eine Biopsie zum Karzinomausschluss erst nach fehlender Ausheilung unter suffizienter Therapie innerhalb von 4–6 Wochen notwendig. Eine Helicobacterbesiedlung sollte ausgeschlossen werden. Die MDP bringt im Vergleich zur Endoskopie keine Vorteile. Bei chronisch rezidivierenden oder therapieresistenten Ulcera duodeni ist nach Ausschluss eines Karzinoms (selten!) die Durchführung eines Funktionstests zur Erkennung eines Zollinger-Ellison-Syndroms sinnvoll. Differenzialdiagnostisch sollte bei einem Ulcus duodeni wie beim Ulcus ventriculi eine Refluxösophagitis, ein Magendivertikel, eine Cholelithiasis, eine Pankreatitis oder eine Nierenerkrankung ausgeschlossen werden.
bei Versagen der konservativen Therapie, wenn der Patient nach Absetzen der Medikamente stets Ulkusrezidive erleidet oder Komplikationen (Blutung, Perforation, Penetration) auftreten ist die Indikation zur operativen
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3 Magen und Duodenum
Komplikationen ist die Indikation zur operativen Intervention gegeben. Verfahren der Wahl ist die SPV (s.u.).
Intervention gegeben. Als Verfahren der Wahl gilt heute die selektive proximale Vagotomie (SPV) (s.u.).
3.6.4 Therapie
3.6.4
Während bis in die 70er Jahre die Ulkuschirurgie oft die einzige Behandlungsmethode mit guten Erfolgen für Ulkuspatienten war, änderte sich mit den H2 -Rezeptorenblockern das therapeutische Regime grundlegend. Die operative Therapie bleibt heute den therapieresistenten oder chronisch rezidivierenden Verläufen und schweren Komplikationen vorbehalten.
Die Ulkuschirurgie war bis in die 70er Jahre mit ihren resektiven und nicht resektiven Verfahren für viele Patienten die Behandlungsmethode, mit der die höchste Erfolgsrate bei der Behandlung chronischer Verläufe oder akuter Komplikationen der Ulkuskrankheit erzielt werden konnte. Durch die Einführung der H2-Rezeptorenblocker änderte sich die Erfolgsquote der konservativen Behandlung so grundlegend, dass heute die operative Therapie den therapieresistenten Fällen, chronisch rezidivierenden Verläufen und schweren Komplikationen der Ulkuskrankheit vorbehalten bleibt.
Konservative Therapie
Konservative Therapie
Die konservativen Therapieansätze haben zum Ziel, die ursächliche Imbalance zwischen aggressiven und protektiven Faktoren durch Reduktion der Magensäure oder Unterstützung oder Substitution der protektiven Faktoren auszugleichen.
Die konservativen Therapieansätze der Behandlung von Magen- und Duodenalgeschwüren haben zum Ziel, die ursächliche Imbalance zwischen aggressiven und protektiven Faktoren auszugleichen. So beruht der Wirkmechanismus der verwendeten Medikamente zum einen auf der Reduktion der Magensäure als wichtigstem aggressiven Faktor, zum anderen auf der Unterstützung oder Substitution der protektiven Faktoren (Durchblutung, Magenschleim).
π Antazida: Die Antazida neutralisieren die freigesetzte Magensäure. Es sollten Antazida gewählt werden, die zu einer langsamen Säureneutralisation ohne wesentliche Gasbildung führen (z.B. Maalox Q , Gelusil LacQ ), da sowohl die rasche Säureneutralisation wie auch eine Überdehnung des Magens durch entstehende Gase zu einer kompensatorisch verstärkten Säuresekretion führen. Aufgrund der geringen Nebenwirkungen sind diese Medikamente als Basistherapeutikum oder zur Dauerrezidivprophylaxe zu empfehlen.
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Sucralfat: Sucralfat (UlcogantQ ) bildet auf dem Grund von Ulzerationen, die nicht ausreichend durch Magenschleim geschützt sind, eine Schutzschicht, die den in Heilung begriffenen Ulkusgrund vor den schädigenden Einflüssen der Salzsäure und des Pepsins schützt und somit die Ausheilung von Erosionen oder Ulzerationen beschleunigen kann.
π Sucralfat: Der Magenschleim stellt als wichtigster protektiver Faktor eine unabdingbare Voraussetzung für die Unversehrtheit der Magenwand, bzw. für eine ungestörte Heilung von Magenschleimhautläsionen dar. Untersuchungen konnten zeigen, dass auf dem Grund von Ulzerationen jedoch nicht oder nur wenig protektiver Schleim haftet. Sucralfat (UlcogantQ) bildet auf diesen Arealen eine Schutzschicht, die den in Heilung begriffenen Ulkusgrund vor den schädigenden Einflüssen der Salzsäure und des Pepsins schützt und somit die Ausheilung von Erosionen oder Ulzerationen beschleunigen kann.
H2 -Rezeptorenantagonisten: Durch einen antagonistischen Effekt an den Histamin2 -Rezeptoren in der Magenwand kommt es zur Reduktion der Säureausschüttung. Diese sogenannten H2 -Blocker gelten zusammen mit den Antazida als Standardmedikamente in der Ulkustherapie.
H2-Rezeptorenantagonisten: Die Substanzen dieser Stoffgruppe blockieren über einen antagonistischen Effekt die Histamin2-Rezeptoren in der Magenwand, die zur Vermittlung der Säuresekretionsreize notwendig sind. Sie führen somit zur Reduktion der Säureausschüttung (z.B. Cimetidin [TagametQ], Ranitidin [SostrilQ], Famitidin [PepdulQ]). Diese sogenannten H2-Blocker gelten zusammen mit den Antazida als Standardmedikamente in der Ulkustherapie.
π Anticholinergika: Anticholinerge Substanzen reduzieren die durch Vagusreizung während der zephalen Phase eingeleitete Säuresekretion (antiaggressive Wirkung). Zusätzlich bewirken sie eine Weitstellung der gastralen Gefäße mit Verbesserung der Durchblutung (protektive Wirkung).
π Anticholinergika: Durch die Gabe von anticholinergen Substanzen lässt sich die aufgrund einer Vagusreizung während der zephalen Phase eingeleitete Säuresekretion reduzieren. In der Praxis haben sich dabei Substanzen bewährt, die relativ wenig systemische parasympathikolytische Wirkungen zeigen (sog. »magenselektive« Anticholinergika), wie z.B. Pirenzipin (GastrozepinQ). Neben dieser antiaggressiven Wirkung wird durch die begleitende Weitstellung der Gefäße in der Magenwand durch Ausschaltung vasokon-
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Therapie
Antazida: Die Antazida neutralisieren die freigesetzte Magensäure und senken somit die Anzahl der freien, die Schleimhaut fakultativ schädigenden, Protonen. Es sollten Antazida gewählt werden, die zu einer langsamen Säureneutralisation ohne wesentliche Gasbildung führen (z.B. MaaloxQ, Gelusil LacQ). Aufgrund der insgesamt geringen Nebenwirkungen sind diese Medikamente als Basistherapeutikum oder zur Dauerrezidivprophylaxe zu empfehlen. Eine schnelle, schlagartig verlaufende Säureneutralisation (wie nach der Gabe von Natriumbikarbonat) kann im Rahmen eines ReboundMechanismus zu einer kompensatorisch verstärkten Säuresekretion führen. Eine verstärkte Dehnung der Magenwand durch freiwerdende Gase (z.B. CO2 bei der Gabe von Natriumbikarbonat) führt über eine vermehrte Gastrinfreisetzung zu einer verstärkten Säuresekretion.
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3.6.4 Therapie striktorischer Reize die Durchblutung des Magens gefördert. Dieser protektive Mechanismus macht diese Medikamentenklasse besonders in der Prophylaxe akuter Ulzera wertvoll, da die Genese dieser Ulzera häufig an Mikrozirkulationsstörungen der Magenschleimhaut gekoppelt ist. Sie können alternativ zu H2-Rezeptorantagonisten verwendet werden. Antibiotika: Seitdem Helicobacter pylori als eine der Ursachen für die gesteigerte Rezidivneigung vieler Patienten identifiziert wurde, wird bei Ulkuspatienten mit positivem Helicobacternachweis die Eliminierung dieses Keimes gefordert. Die Standardtherapie stellt dabei die Kombination von Protonenpumpenblockern (z.B. AntraQ 20 mg/d für 4 Wochen), Clarithromycin (z.B. KlazidQ 2 « 250 mg/d) und Metronidazol (z.B. ClontQ 2 « 400 mg/d) oder Amoxicillin (z.B. AmoxypenQ 2 « 1 g/d) für 7 Tage dar. Gelingt hierunter nicht die Elimination der Keime (gastroskopisch-bioptische Kontrollen!), so ist auf eine Quadripeltherapie mit zusätzlicher Gabe von Wismutpräparaten umzusteigen oder eine Umstellung auf Wismut in Kombination mit Tetrazyklinen und Protonenpumpenhemmern vorzunehmen.
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Protonenpumpenblocker: Diese Medikamente (z.B. AntraQ) blockieren die Protonenpumpe in den Belegzellen, sodass unabhängig von der Stimulation der Belegzellen von außen die aktive Säuresekretion vollständig unterdrückt werden kann. Mit diesen Medikamenten ist eine Anhebung des Magen-pH auf neutrale Werte möglich.
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π Motilitätsfördernde Medikamente: Kommt es aufgrund einer gastralen Stase zu einer vermehrten Gastrinfreisetzung und somit zu einer Stauungsgastritis oder Entstehung von Ulzerationen, so kann durch die Applikation von Medikamenten, die die Magenentleerung fördern, das Beschwerdebild gebessert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Stase nicht durch eine organische Stenose hervorgerufen wird, sondern funktionelle Ursachen hat. Als ein Medikament dieser Gruppe ist in erster Linie Metoclopramid zu nennen (z.B. PaspertinQ, GastronertonQ).
Indikationsstellung in der Ulkuschirurgie Bei unkomplizierten Ulcera ventriculi sive duodeni ist der konservativen, endoskopisch kontrollierten Therapie der Vorzug zu geben. Ist ein Ulcus ventriculi jedoch auch nach 6–8 Wochen suffizient durchgeführter konservativer Therapie nicht abgeheilt (Ulkuspersistenz) oder besteht eine narbige Magenausgangsstenose, so ist die Indikation zur Resektion gegeben. Bei chronisch rezidivierenden Duodenalulzera, die unter Medikation ausheilen, nach Absetzen der Medikamente aber regelmäßig wieder auftreten, ist in Abhängigkeit vom subjektiven Leidensdruck, Ausprägung der medikamentös induzierten Nebenwirkungen und sozialem Umfeld des Patienten die Indikation zur selektiven proximalen Vagotomie (SPV) zu erwägen und mit dem Patienten zu besprechen.
Es sind sog. »magenselektive« Anticholinergika (z.B. Gastrozepin Q ) zur Reduktion der systemischen Nebenwirkungen zu bevorzugen.
Antibiotika: Bei positivem Helicobacternachweis ist die Eliminierung dieses Keimes zu fordern. Standardtherapie stellt dabei die Kombination von Protonenpumpenblockern mit Clarithromycin und Metronidazol oder Amoxicillin dar. Bei fehlendem Ansprechen ist auf eine Quadripeltherapie umzusteigen (zusätzliche Wismutgabe).
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Protonenpumpenblocker: Diese Medikamente (z.B. AntraQ ) blockieren die Protonenpumpe in den Belegzellen. Mit ihnen ist eine Anhebung des Magen-pH auf neutrale Werte möglich.
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Motilitätsfördernde Medikamente: Bei einer funktionellen gastralen Stase mit Stauungsgastritis oder Ulzerationen kann durch Medikamente, die die Magenentleerung fördern, das Beschwerdebild gebessert werden (z.B. PaspertinQ , Gastronerton Q). Diese Medikamente dürfen nicht bei organischen Stenosen verwendet werden.
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Indikationsstellung in der Ulkuschirurgie Unkomplizierte Ulcera ventriculi sive duodeni sind primär konservativ zu behandeln und endoskopisch zu kontrollieren. Bei Persistenz eines Ulcus ventriculi über 6–8 Wochen unter suffizienter Therapie oder bei narbiger Magenausgangsstenose ist die Indikation zur Resektion gegeben. Chronisch rezidivierende Duodenalulzera können mit einer SPV behandelt werden.
Operative Therapie
Operative Therapie
Die elektive operative Behandlung der Ulkuskrankheit hat zum Ziel, die Säuresekretion zu reduzieren und bei gastralen Ulzera das Ulkus im gleichen Eingriff mitzuentfernen. Dabei sollte die Magenfunktion nicht oder nur möglichst gering beeinträchtigt werden. Bei der Behandlung von akuten Komplikationen steht die Abwendung vital bedrohlicher Komplikationen, wie bei der endoskopisch nicht beherrschbaren Blutung oder der Perforation, im Vordergrund. Grundsätzlich werden dabei in der Magenchirurgie resezierende von nicht resezierenden Verfahren unterschieden. Zu den nicht resezierenden Operationsverfahren zählen dabei die Übernähung eines frisch perforierten Ulkus, Umstechungsligaturen bei endoskopisch nicht beherrschbaren Blutungen aus Arterien (meist A. gastroduodenalis bei Arrosionsblutungen an der Bulbushinterwand) und die Vagotomieverfahren mit und ohne Pyloroplastik.
Die elektive operative Behandlung der Ulkuskrankheit soll die Säuresekretion reduzieren und Magenulzera im gleichen Eingriff mitentfernen. Bei der Behandlung von Komplikationen steht die Abwendung vital bedrohlicher Komplikationen im Vordergrund. Nichtresezierende Verfahren: Ulkusübernähung π Umstechung π Vagotomie. π
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3 Magen und Duodenum
Ulkusübernähung
Ulkusübernähung
Über eine mediane Oberbauchlaparotomie wird das perforierte Ulkus längsovalär exzidiert und mit Einzelknopfnähten quer verschlossen und dräniert. Bei Vorliegen einer Magenausgangsstenose kann die Ulkusexzision in den Bereich des Pylorus hineingezogen und der Eingriff im Sinne einer Pyloroplastik zur Magenausgangserweiterung beendet werden. Das Risiko eines Ulkusrezidives ist bei ausschließlicher Übernähung hoch, sodass im Anschluss an die Exzision und Übernähung eine SPV angeschlossen werden sollte (s. u.). Bei schweren Peritonitiszeichen ist ausschließlich zu übernähen.
Wenn ein Ulkus perforiert (s. S. 340 ff.) ist, ist die sofortige Laparotomie indiziert. Der Zugang erfolgt über eine mediane Oberbauchlaparotomie. Das perforierte Ulkus ist längsovalär zu exzidieren und histologisch zu untersuchen. Anschließend wird der Defekt mit Einzelknopfnähten quer verschlossen. An die Perforationsstelle ist eine Dränage einzulegen. Befindet sich das Ulkus im Bereich des Pylorus und liegt bereits eine Magenausgangsstenose vor, so sollte die Ulkusexzision in den Bereich des Pylorus hineingezogen und der Eingriff im Sinne einer Pyloroplastik zur Magenausgangserweiterung beendet werden. Da bei alleiniger Ulkusübernähung das Risiko eines Ulkusrezidives hoch ist (bis zu 60 % Rezidive bei bekannter Ulkusanamnese), sollte im Anschluss an die Exzision und Übernähung eine selektive proximale Vagotomie (SPV) angeschlossen werden (s. u.). Bei schweren Peritonitiszeichen aufgrund länger zurückliegender Perforation sollte ausschließlich eine Übernähung durchgeführt werden.
Umstechung
Umstechung
Die Umstechung der Blutungsquelle erfolgt am besten in Form einer Quadrantenumstechung. Eine ausschließlich extragastrale Ligatur der zuführenden Gefäße ist meist unzureichend. Um das Risiko des Ulkusrezidives zu reduzieren, ist auch hier die Kombination mit einer SPV indiziert.
Ist endoskopisch die Stillung einer Ulkusblutung nicht möglich, so erfolgt die Umstechung der Blutungsquelle entsprechend dem Gefäßverlauf, am besten in Form einer Quadrantenumstechung. Hierbei werden über eine Gastrotomie alle vier Quadranten des Ulkus mit einer durchgreifenden Ligatur versorgt. Eine ausschließlich extragastrale Ligatur der zuführenden Gefäße ist meist unzureichend, da über die gute Kollateralenbildung die Blutung so nicht ausreichend gestillt werden kann. Um das Risiko des Ulkusrezidives zu reduzieren, ist auch hier die Kombination mit einer selektiven proximalen Vagotomie (SPV) indiziert.
Vagotomie
Vagotomie
Durch Unterbrechung der vagalen Innervierung der Belegzellen wird der BAO um ca. 60 % reduziert, (85–90 % Rezidivfreiheit beim Ulcus duodeni). Es werden 3 Vagotomieverfahren unterschieden, die hinsichtlich der Höhe der Unterbrechung der vagalen Fasern differieren ( 1 B-3.9):
Das Ziel jeder Vagotomie ist, so viel Säureproduktion wie möglich auszuschalten und dabei so viel Magenfunktion wie möglich zu erhalten. Durch Unterbrechung der vagalen Innervierung der Belegzellen des Magens wird der BAO um ca. 60 % reduziert, was bei der Behandlung eines Ulcus duodeni in 85-90 % der Fälle ausreicht, um ein Ulkusrezidiv zu verhindern. Es werden 3 Vagotomieverfahren unterschieden, die hinsichtlich der Höhe der Unterbrechung der vagalen Fasern differieren ( 1 B-3.9).
1 B-3.9
Synopsis Formen der Vagotomie
a Trunkuläre Vagotomie und Pyloroplastik.
b Selektive totale Vagotomie und Pyloroplastik.
c Selektive proximale Vagotomie.
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3.6.4 Therapie π Trunkuläre Vagotomie (TV): Bei der trunkulären Vagotomie (TV) werden sämtliche Vagusfasern subdiaphragmal durchtrennt. Hierdurch kommt es zur Ausschaltung der sekretorischen und motorischen gastralen Vagusäste, aber auch der extragastralen Äste zu Leber, Pankreas, Intestinum und Kolon. Daraus ergeben sich die vielfältigen Nebenwirkungen dieses Eingriffs (Cholelithiasis, Diarrhö, exokrine Pankreasinsuffizienz). Die Durchtrennung der motorischen Magenfasern führt zu einer zusätzlichen Hemmung der Magenperistaltik und des Magentonus, sowie zu einer Öffnungslähmung des Pylorus. Aus diesem Grund muss eine TV stets mit einer Pyloroplastik kombiniert werden. Bei der Pyloroplastik nach Heineke-Mikulicz wird nach Längsinzision über der Pylorusregion der Pylorus durch eine quere Naht plastisch erweitert. Aufgrund der Nebenwirkungen sollte eine TV nur bei Rezidivulzera nach Vagotomie und/oder anderen Magenvoroperationen durchgeführt werden.
Selektive totale Vagotomie (STV): Die selektive totale Vagotomie (STV, auch selektive gastrale Vagotomie, SGV genannt) unterscheidet sich von der TV dadurch, dass die extragastralen Vagusfasern geschont werden und nur die zum Magen ziehenden Vagusnerven durchtrennt werden. Da auch bei diesem Operationsverfahren die motorischen antralen Äste (N. Latarjet) durchtrennt werden, ist auch hier die Kombination mit der Pyloroplastik obligat. Eine STV ist dann indiziert, wenn eine SPV technisch nicht möglich ist oder eine Magenausgangsstenose vorliegt, bei der eine Pyloroplastik ohnehin indiziert ist. π
Selektive proximale Vagotomie (SPV): Die selektive proximale Vagotomie (SPV) schont die motorischen antralen Äste, da ausschließlich die sekretorischen Vagusäste des proximalen Magens (belegzelltragende Fundus- und Korpusregion) denerviert werden. Somit ist die Kombination mit einer Pyloroplastik nicht notwendig. Die SPV gilt heute als Standardverfahren in der operativen Therapie des Ulcus duodeni.
Trunkuläre Vagotomie (TV): Bei der TV werden alle Vagusfasern subdiaphragmal durchtrennt. Durch Unterbindung der extragastralen Äste zu Leber, Pankreas, Intestinum und Kolon kann es zu einer Cholelithiasis, Diarrhö oder exokrinen Pankreasinsuffizienz kommen. Die Durchtrennung der motorischen Magenfasern führt zu einer Hemmung der Magenperistaltik und des Magentonus sowie zu einer Öffnungslähmung des Pylorus und muss mit einer Pyloroplastik kombiniert werden. Deshalb sollte eine TV nur bei Rezidivulzera nach Vagotomie durchgeführt werden.
π
Selektive totale Vagotomie (STV): Im Rahmen der STV (auch selektive gastrale Vagotomie, SGV, genannt) werden nur die zum Magen ziehenden Vagusnerven durchtrennt. Auch hier ist die Kombination mit der Pyloroplastik obligat. Eine STV ist dann indiziert, wenn eine SPV technisch nicht möglich ist oder eine Magenausgangsstenose vorliegt.
π
Selektive proximale Vagotomie (SPV): Die SPV schont die motorischen antralen Äste und denerviert ausschließlich die sekretorischen Vagusäste. Die SPV gilt heute als Standardverfahren in der operativen Therapie des Ulcus duodeni.
π
π
Das Ulkusrezidivrisiko beträgt je nach Vagotomieverfahren ca. 10 %. Um diese Rate weiter zu senken, ist eine möglichst vollständige Denervierung des proximalen Magens anzustreben. Da im distalen Ösophagus Vagusfasern zum Teil intramural in die Magenwand eintreten, ist zur weiteren Senkung des Rezidivrisikos eine zirkuläre Myotomie am Ösophagus ca. 2 cm proximal der Kardia zur Durchtrennung der intramuralen Fasern möglich. In jüngerer Zeit werden laparoskopische Techniken zur Durchführung einer Vagotomie erprobt (s. Kap. B-14.7). Technisch entsprechen die Verfahren z.T. der SPV, z.T. werden hintere trunkuläre Vagotomien mit einer vorderen Seromyotomie kombiniert. Inwieweit diese Verfahren die konventionellen Vagotomiemethoden ablösen oder ergänzen können, muss im Rahmen von Studien noch belegt werden. Als typische Komplikationen der Vagotomieoperationen sind Motilitätsstörungen, Diarrhöen, Milzverletzungen (ca. 2 %), Ösophagusperforation (1–2 %) und das Rezidivulkus (10–15 %) zu nennen. Die Letalität des konventionell durchgeführten Eingriffes liegt im Bereich von 0–0,5 %.
Das Ulkusrezidivrisiko beträgt je nach Vagotomieverfahren ca. 10 %. Zur weiteren Senkung des Rezidivrisikos ist eine zirkuläre Myotomie am Ösophagus ca. 2 cm proximal der Kardia zur Durchtrennung von intramural verlaufenden Vagusfasern möglich. Die Wertigkeit laparoskopischer Vagotomien (z.T. als SPV, z.T. als hintere trunkuläre Vagotomie mit einer vorderen Seromyotomie kombiniert) wird im Rahmen von Studien noch erprobt (s. Kap. B-14.7). Typische Komplikationen sind Motilitätsstörungen, Diarrhöen, Milzverletzungen, Ösophagusperforation und Rezidivulzera. Die Letalität des Eingriffs liegt im Bereich von 0–0,5 %.
Bei den resezierenden Verfahren wird der distale Anteil des Magens entfernt, sodass mit dem Antrum die G-Zellen (Reduktion der Gastrinproduktion) und mit den resezierten Korpusanteilen auch die Zahl der Belegzellen (Reduktion der Säuresekretion) vermindert wird. Das Resektionsausmaß ist an der Lokalisation des Ulkus zu orientieren, da dieses mit entfernt werden muss. Die Reduktion der Säuresekretion durch eine Magenteilresektion ist mit einer Verminderung des BAO um ca. 80 % höher als bei den Vagotomieverfahren. Als Standardoperationsverfahren für das Magenulkus haben sich die Antrektomie in Kombination mit einer Vagotomie (heute das übliche Verfahren), die distale 2⁄3-Resektion mit Rekonstruktion nach Billroth I oder II oder Roux-Y etabliert.
Resezierende Verfahren: π Billroth-I-Resektion π Billroth-II-Resektion π Roux-Y-Gastroenterostomie π Antrektomie mit Vagotomie.
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338
3 Magen und Duodenum
Antrektomie mit selektiver gastraler Vagotomie Es erfolgt die Resektion des Antrums und die Durchführung einer Gastroduodenostomie. Zur weiteren Reduktion der Säurebildung wird eine selektive Vagotomie durchgeführt. Die Antrektomie mit selektiver Vagotomie hat die geringste Ulkusrezidivrate.
Antrektomie mit selektiver gastraler Vagotomie
Billroth-I-Resektion
Billroth-I-Resektion
Es handelt sich um eine distale ⁄ 3 -Resektion des Magens mit Gastroduodenostomie ( 1 B-3.10 a, b), wodurch die physiologische duodenale Passage erhalten bleibt. Komplikationen sind Verletzungen der Gallenwege, Ausbildung von Dumping-Syndromen (s. S. 352 ff.) oder Refluxösophagitiden. 2
1 B-3.10
Es erfolgt die Resektion des Antrums mit den Gastrin bildenden G-Zellen. Die Kontinuitätswiederherstellung des Gastrointestinaltrakts wird meist mit einer Gastroduodenostomie erreicht. Zur weiteren Reduktion der Säurebildung wird in gleicher Sitzung eine selektive Vagotomie durchgeführt. Die Antrektomie mit selektiver Vagotomie hat von allen operativen Verfahren, die in der Ulkuschirurgie zur Anwendung kommen, die geringste Ulkusrezidivrate.
Es handelt sich hierbei um eine Resektion der distalen 2⁄3 des Magens mit einer terminoterminalen (End-zu-End-) oder terminolateralen (End-zuSeit-)Anastomose von Magen und Duodenum (Gastroduodenostomie, 1 B-3.10 a, b). Der Vorteil dieser Operationsmethode liegt im Erhalt der physiologischen duodenalen Speisepassage. Komplikationen sind Verletzungen der Gallenwege bei der Präparation, Ausbildung von Dumping-Syndromen (s. S. 352 ff.) oder Refluxösophagitiden durch erhöhten Gallereflux.
Synopsis Magenresektionsverfahren
a Resektionsausmaß bei Billroth-IOperation.
b Rekonstruktion der Magen-Darm-Passage nach distaler 2 ⁄ 3 -Resektion nach Billroth I.
c Rekonstruktion der Magen-Darm-Passage nach distaler 2 ⁄ 3 -Resektion nach Billroth II mit antekolischer Gastrojejunostomie und Braun-Fußpunktanastomose.
d Rekonstruktion der Magen-Darm-Passage nach distaler 2 ⁄ 3 -Resektion nach Billroth II mit retrokolischer Gastrojejunostomie. Es fehlt die Braun-Fußpunktanastomose.
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339
3.6.4 Therapie
1 B-3.10
Synopsis Magenresektionsverfahren (Fortsetzung)
II I
e Rekonstruktion der Magen-DarmPassage nach distaler 2 ⁄ 3-Resektion nach Roux-Y.
Billroth II-Resektion Im Gegensatz zur Billroth I-Resektion wird das Duodenum blind verschlossen und eine Gastrojejunostomie vorgenommen. Dabei kann die erste Jejunalschlinge, die zur Anastomosierung verwendet wird entweder durch einen Schlitz im Mesocolon transversum zum Magen hochgeführt werden (retrokolisch) oder vor dem Mesocolon transversum in den Oberbauch verlagert werden (antekolisch). Um einen fortwährenden Kontakt der Gallenund Duodenalsekrete mit Magenschleimhaut im Bereich der Gastrojejunostomie zu vermeiden, sollte eine Enteroenteroanastomose nach Braun (Braun-Fußpunktanastomose) an der Basis der ersten Schlinge vorgenommen werden ( 1 B-3.10 c, d). Der Vorteil der B-II-Resektion liegt in der geringen Rate an Rezidivulzera. Operativ bedingte Komplikationen sind die Duodenalstumpfinsuffizienz, Anastomosendehiszenzen und Verletzungen der Gallenwege. Außerdem treten nach Billroth-II-Resektionen typische Folgekrankheiten wie das Dumping-Syndrom oder das Schlingen- oder Blind-loop-Syndrom in bis zu 5 % auf (s. S. 352 f.). Die Rekonstruktionstechnik nach Billroth II ist weitgehend durch die Roux-Y-Technik abgelöst worden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Ausbildung einer Refluxösophagitis, eines Anastomosenulkus oder eines Magenstumpfkarzinoms, das sich 15–20 Jahre nach Billroth-II-Resektion entwickeln kann.
Billroth-II-Resektion Das Duodenum wird blind verschlossen und eine Gastrojejunostomie mit retro- oder antekolischer Verlagerung der ersten Jejunalschlinge in den Oberbauch durchgeführt. Zur Vermeidung von ständigem Kontakt der Gallen- und Duodenalsekrete mit Magenschleimhaut sollte eine Enteroenteroanastomose nach Braun (Braun-Fußpunktanastomose) vorgenommen werden ( 1 B-3.10 c, d). Der Vorteil der Billroth-II-Resektion liegt in der geringen Rate an Rezidivulzera. Komplikationen sind die Duodenalstumpfinsuffizienz, Anastomosendehiszenzen, Verletzungen der Gallenwege, Dumping-Syndrom, Schlingenoder Blind-loop-Syndrom und die Ausbildung einer Refluxösophagitis, eines Anastomosenulkus oder eines Magenstumpfkarzinoms.
Roux-Y-Rekonstruktion
Roux-Y-Rekonstruktion
Auch bei diesem Operationsverfahren erfolgt eine Resektion der distalen 2 ⁄3 des Magens unter Ausschaltung des Duodenums aus der physiologischen Nahrungspassage analog zur Billroth-II-Operation. Allerdings wird das auf das Duodenum folgende Jejunalsegment ( 1 B-3.10 e-I) Y-förmig an ein zum Magen hochgezogenes Jejunumsegment ( 1 B-3.10 e-II) anastomosiert. Der Abstand zwischen der im Nahrungsweg proximal gelegenen Gastroenteroanastomose und der distalen Enteroenteroanastomose sollte 30–40 cm betragen. So kann zuverlässig durch die in diesem Segment herrschende orthograde Peristaltik ein Reflux
Nach distaler 2 ⁄3 -Resektion des Magens analog zur Billroth-II-Operation erfolgt die Wiederherstellung der Nahrungspassage durch eine Y-förmig ausgeschaltete Jejunumschlinge. Diese wird ca. 30–40 cm distal mit dem auf das Duodenum folgenden Jejunalsegment anastomosiert. Durch die in diesem Segment herrschende orthograde Peristaltik wird ein Reflux von Gallen- und
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340
3 Magen und Duodenum
Duodenalsekret in den Magen verhindert ( 1 B-3.10 e). Die Operationsrisiken bestehen in einer Duodenalstumpfinsuffizienz und Verletzung der Gallenwege. Folgeerkrankungen sind das DumpingSyndrom und das Ulcus pepticum jejuni.
von Gallen- und Duodenalsekret in den Magen verhindert werden ( 1 B-3.10 e). Die spezifischen Operationsrisiken der Magenresektion nach Roux-Y bestehen in einer Duodenalstumpfinsuffizienz und einer Verletzung der Gallenwege. Als Folgeerkrankungen sind die Entwicklung eines Dumping-Syndroms oder Ausbildung eines Ulcus pepticum jejuni bekannt, weshalb beim Ulkus Typ Johnson II eine gleichzeitige Vagotomie notwendig ist. Magenstumpfkarzinome werden nicht beschrieben.
3.6.5
Komplikationen des Ulkusleidens Jährlich versterben ca. 4500 Patienten in der Bundesrepublik Deutschland an einer Ulkuskomplikation (Blutung, Penetration oder Perforation). Eine weitere Komplikation ist die Stenosenbildung. Die Entartung des Ulcus ventriculi wird als syntrope, d.h. gleichzeitig auftretende Erkrankung diskutiert (ca. 3 % der Fälle). Die Entartung des Ulcus duodeni ist sehr selten.
3.6.5
Perforation
Perforation
Definition
Symptome. Der akute Beginn mit plötzlich einsetzenden, stechenden Schmerzen im Oberbauch, evtl. mit Übelkeit und Erbrechen ist typisch. Bei gedeckter Perforation kann das klinische Bild verschleiert sein. Ist Magensaft am Colon ascendens nach distal gelaufen, kann durch eine lokale Peritonitis im rechten Unterbauch eine akute Appendizitis vorgetäuscht werden. Später entwickelt sich eine diffuse Peritonitis mit dem Bild eines akuten Abdomens.
Komplikationen des Ulkusleidens
Zur Zeit versterben ca. 4500 Patienten jährlich in der Bundesrepublik Deutschland an einem gastroduodenalen Ulkus. Todesursachen sind dabei Ulkuskomplikationen, die durch akute Blutung, Penetration oder freie Perforation zum Blutverlust, Schock oder Sepsis und somit zum Tode führen können. Eine weitere Ulkuskomplikation stellt die Magenausgangsstenose dar. Die karzinomatöse Entartung des Ulcus ventriculi wird als syntrope, d.h. gleichzeitiges Auftreten von 2 Erkrankungen diskutiert. Sie tritt in ca. 3 % der Fälle auf. Die karzinomatöse Entartung des Ulcus duodeni ist sehr selten.
n Definition. Durchsetzt ein Ulcus ventriculi oder duodeni alle Wandschichten in einem intraperitoneal gelegenen Bereich, so kommt es zum Austritt von Luft, Magen- bzw. Duodenalsekret in die freie Bauchhöhle mit Kontamination des Peritoneums und Ausbildung einer Peritonitis.
Symptome. Der akute Beginn mit plötzlich einsetzenden, stechenden
Schmerzen im Oberbauch ist typisch. Es kann Übelkeit verbunden mit Brechreiz bestehen. Wenn die Perforationsstelle durch Verklebungen von der freien Bauchhöhle getrennt ist (gedeckte Perforation), kann das klinische Bild weniger eindeutig erscheinen (z.B. das Vorliegen von freier intraabdomineller Luft im Röntgenbild bei klinisch eher weichem Palpationsbefund der Bauchdecken). Liegt der Perforationszeitpunkt zeitlich etwas zurück, so kann durch am Colon ascendens nach distal gelaufenen Magensaft eine lokale Peritonitis im rechten Unterbauch erzeugt werden. Dies kann das klinische Bild einer akuten Appendizitis vorspiegeln. Bei größerem zeitlichen Abstand zur Perforation entwickelt sich eine diffuse Peritonitis mit dem klinischen Bild eines akuten Abdomens.
1 B-3.11
Magenperforation Magenperforation mit freier Luft unter dem rechten Zwerchfell.
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341
3.6.5 Komplikationen des Ulkusleidens
Diagnose. Bei Verdacht auf eine Ulkusperforation ist eine Übersichtsauf-
nahme des Abdomens in Linksseitenlage oder – falls möglich – im Stehen anzufertigen. Auf ihr sieht man die freie intraabdominelle Luft zwischen Leber und seitlicher Bauchwand bzw. der Zwerchfellkuppe ( 1 B-3.11). n Merke. Bei ca. 20 % aller gastroduodenalen Perforationen lässt sich radiologisch keine freie intraabdominelle Luft nachweisen. Somit ist fehlende freie Luft kein Ausschlusskriterium für eine Ulkusperforation!
Diagnose. Die Übersichtsaufnahme des Abdomens in Linksseitenlage oder im Stehen zeigt freie intraabdominelle Luft zwischen Leber und seitlicher Bauchwand bzw. der Zwerchfellkuppe ( 1 B-3.11). Merke
Ist die Beurteilung anhand der nativen Abdomenübersichtsaufnahme nicht sicher möglich, kann über eine Magensonde Luft in den Magen insuffliert werden und die Röntgenuntersuchung anschließend wiederholt werden. Alternativ ist eine Endoskopie möglich, die entweder direkt den Wanddefekt darstellen kann oder indirekt durch Nachweis der insufflierten Luft in der freien Bauchhöhle in einer erneuten Röntgenkontrolle die Ulkusperforation belegen kann.
Mittels Insufflation von Luft über eine Magensonde oder einer im Rahmen einer Endoskopie (direkter Nachweis des Ulkus oder indirekt durch Nachweis der freien insufflierten Luft bei erneuter Röntgenkontrolle) kann die Ulkusperforation in Zweifelsfällen belegt werden.
Therapie. die Diagnose »Ulkusperforation« stellt eine absolute Operationsindikation dar. Therapie der Wahl ist die Exzision und Übernähung, bei langer Ulkusanamnese ggf. in Kombination mit einer Vagotomie oder einer Resektion (s. S. 335ff.). Liegt eine schwere Peritonitis vor, so ist ausschließlich eine Übernähung zum Verschluss des Wanddefektes mit Dränage und eine breitgefächerte Antibiotikatherapie indiziert. Postoperativ ist eine parenterale Ernährung durchzuführen und eine medikamentöse Ulkustherapie einzuleiten (s. S. 334ff.).
Therapie. Die Diagnose »Ulkusperforation« stellt eine absolute Operationsindikation dar. Therapie der Wahl ist die Exzision und Übernähung, evtl. mit einer Vagotomie kombiniert (s. S. 335 ff.).
Prognose. Die Prognose korreliert direkt mit dem Alter der Patienten und
Prognose. Die Prognose korreliert mit dem Zeitraum zwischen der Perforation und Operation bei einer Letalität von 10–15 %.
Penetration
Penetration
dem Zeitraum zwischen der Perforation und operativer Versorgung. Die Letalität liegt im Durchschnitt zwischen 10–15 %. Ungefähr ein Drittel der Patienten, die ausschließlich mit einer Exzision und Übernährung ohne Vagotomie versorgt wurden, sind postoperativ zeitlebens beschwerdefrei, ein Drittel bedarf konservativer Therapie und ein weiteres Drittel muss sich einer Nachoperation unterziehen.
n Definition. Unter einer Penetration versteht man den Durchbruch eines Ulkus in einen extraperitoneal gelegenen Bereich, in benachbarte Organe oder Gewebe ohne freie Kommunikation zur Bauchhöhle.
Definition
Hierdurch kann es zur Entstehung von großen entzündlichen Konglomerattumoren oder zur Ausbildung von Fisteln zu anderen Hohlorganen (Jejunum, Kolon) kommen. Am häufigsten sind Pankreas, Kolon oder die Leberpforte betroffen.
Symptome. Typisch, aber nicht zwingend vorliegend sind heftige, therapie-
Symptome. Typisch sind heftige, therapieresistente Schmerzen, evtl. in den Rücken ausstrahlend (Begleitpankreatitis !). Bei gastrokolischen Fisteln kommt es zur Beschleunigung der gastrointestinalen Passagezeit mit Diarrhöen, Malabsorptionssyndrom und Gewichtsverlust.
Diagnose. Eine Abdomenübersicht schließt freie Luft im Abdomen aus. Sie kann außerdem evtl. Verkalkungen im Pankreasbereich als Zeichen der chronischen Pankreatitis darstellen. Die Diagnose wird durch eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) gestellt, Fisteln können durch eine Magen-Darm-Passage (MDP) dargestellt werden.
Diagnose. Eine Abdomenübersicht schließt freie Luft im Abdomen aus. Die Diagnose wird durch eine ÖGD gestellt, Fisteln können durch eine MPD dargestellt werden.
Therapie. Liegt keine Kontraindikation vor, so ist die Indikation zur Resek-
Therapie. Grundsätzlich ist die Indikation zur Resektion nach Billroth I gegeben. Fisteln werden durch Teilresektion des Magens und des fisteltragenden Kolon- oder Jejunumsegments behandelt.
resistente Schmerzen im Epigastrium. Der Schmerz strahlt oft in den Rücken aus, insbesondere, wenn durch eine Penetration in das Pankreas eine Begleitpankreatitis aufgetreten ist. Bei gastrokolischen oder gastrojejunalen Fisteln kommt es zur abnormen Beschleunigung der gastrointestinalen Passagezeit mit Diarrhöen und ggf. Malabsorptionssyndromen und Gewichtsverlust.
tion gegeben, wobei die Rekonstruktion nach Billroth I bevorzugt wird. Bei Fisteln wird neben der Magenresektion das fisteltragende Segment von Kolon oder Jejunum reseziert. Die Letalität liegt bei ca. 10–15 %.
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342 Blutung Definition
Einteilung der Ulkusblutung nach Forrest ( 2 B-3.3): I. Ia: spritzende Blutung Ib: Sickerblutung II. Zeichen einer stattgehabten Blutung (Gefäßstumpf, Koagel) III. Ulkus ohne Zeichen einer aktiven oder stattgefundenen Blutung.
3 Magen und Duodenum
Blutung n Definition. Die Blutung aus einem Ulcus duodeni oder ventriculi stellt die häufigste Komplikation des Ulkusleidens dar und ist gleichzeitig häufigste Ursache einer oberen gastrointestinalen Blutung. Bezogen auf alle diagnostisch gesicherten Ulzera erreicht sie eine Inzidenz von 3–5 %. Wenn durch das Ulkus größere Gefäße wie etwa die A. gastroduodenalis oder seltener die A. gastrica dextra oder sinistra arrodiert werden, kann es zu lebensbedrohlichen arteriellen Blutungen in den oberen Gastrointestinaltrakt kommen.
Ulkusblutungen werden entsprechend ihrem endoskopischem Befund nach Forrest in 3 Stadien eingeteilt ( 2 B-3.3): Bei Stadium I liegt eine aktuelle Blutung vor, wobei spritzende (Forrest Ia-Blutung) von sickernden Blutungen (Forrest Ib) unterschieden werden. Im Stadium II findet man Zeichen einer stattgehabten Blutung (sichtbarer Gefäßstumpf, Blut oder Koagel) ohne aktive Blutung. Das Stadium III ist gekennzeichnet durch ein Ulkus ohne Anzeichen für eine aktive oder stattgefundene Blutung.
2 B-3.3
Endoskopische Einteilung der Blutungsaktivität nach Forrest
N Forrest I: n
aktive Blutung
N Ia: spritzende arterielle Blutung n N Ib: sickernde Blutung n
N Forrest II: inaktive Blutung n
N IIa: Läsion mit Gefäßstumpf n N IIb: koagelbedeckte Läsion n N IIc: hämatinbelegte Läsion n
N Forrest III: Läsion ohne Blutungszeichen n Symptome. Es können Anämie, Teerstühle, Hämatemesis oder Schocksymptome auftreten.
Symptome. Je nach Stärke der Blutung kommt es zu einer Anämie, Teerstühlen, Hämatemesis oder Ausbildung eines hämorrhagischen Schocks.
Diagnose. Die Notfallendoskopie dient zur Diagnosesicherung und gleichzeitigen Therapie, möglichst nach Stabilisation des Kreislaufs. Bei gutem Allgemeinzustand kann vor der Endoskopie der Magen über eine Magensonde freigespült werden. Differenzialdiagnostisch sind Ösophagusvarizenblutungen, ein MalloryWeiss-Syndrom, ein Ulkus Dieulafoy, eine aortointestinale Fistel oder eine Blutung aus der Papilla Vateri abzugrenzen.
Diagnose. Bei Verdacht auf eine akute obere gastrointestinale Blutung ist eine Notfallendoskopie indiziert, nach Möglichkeit nach Stabilisation des Kreislaufs durch parenterale Gabe von Plasmaexpandern oder gegebenenfalls Bluttransfusionen. Erlaubt es der Allgemeinzustand des Patienten, so kann vor der Endoskopie der Magen über eine großlumige Magensonde von Koageln freigespült werden. Die Endoskopie ermöglicht es, die Differenzialdiagnose der akuten Gastrointestinalblutung abzuklären und zugleich therapeutisch tätig zu werden. Differenzialdiagnostisch sind vor allem Blutungen aus Ösophagusvarizen, ein Mallory-Weiss-Syndrom, ein Ulkus Dieulafoy, seltener eine aortointestinale Fistel (besonders bei Zustand nach Implantation einer Y-Prothese als Aortenersatz) oder eine Blutung aus der Papilla Vateri abzugrenzen.
Therapie. Nach Volumensubstitution erfolgt die Notfallendoskopie zur Blutstillung als Verfahren der Wahl zur Behandlung von Magen-DarmBlutungen. Es kommen dabei die Umspritzung der blutenden Ulzera mit vasoaktiven Substanzen, mit Sklerosierungsmitteln oder gerinnungsaktivierenden Substanzen, Applikation von Clips und die Lasertherapie (s. Kap. B-13.5) zur Anwendung.
Therapie. Zur sofortigen Schockprophylaxe oder -bekämpfung ist eine Volu-
Bei endoskopisch nicht beherrschbarer Blutung ist die Indikation zur Operation mit dem Ziel der definitiven Blutstillung gegeben. Ein Ulcus duodeni wird durch Umstechung in Kombination mit
mensubstitution durchzuführen. Die Notfallendoskopie zur Blutstillung sollte so schnell wie möglich durchgeführt werden. Sie gilt heute als Therapieverfahren der Wahl zur Behandlung von Magen- und Darmblutungen. Bei der endoskopischen Blutstillung kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz: Die Umspritzung der blutenden Ulzera mit vasoaktiven Substanzen (z.B. Adrenalin), mit Sklerosierungsmitteln (z.B. Polidocanol [ÄthoxysklerolQ]) oder gerinnungsaktivierenden Substanzen (Thrombin, Fibrin), die endoskopische Applikation von Clips und die Lasertherapie (s. Kap. B-13.5). Ist die Blutung endoskopisch nicht beherrschbar oder werden zur Kreislaufstabilisierung des Patienten nach wiederholten endoskopischen Blutstillungen > 4–6 Konserven am Tag benötigt, so ist die Indikation zur Operation gegeben. Wenn das Ulkus an der Hinterwand von Antrum oder Bulbus duodeni gelegen ist, so ist mit Arrosionsblutungen aus größeren Gefäßen zu rechnen und die Op-Indikation großzügiger zu stellen. Das Ziel der ope-
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3.7.1 Benigne Magentumoren rativen Intervention stellt die definitive Blutstillung dar. Ein Ulcus duodeni wird durch Umstechung des Ulkus in Kombination mit einer selektiven proximalen Vagotomie (SPV) behandelt. Blutende Ulcera ventriculi werden mit einer distalen 2⁄3-Resektion nach Billroth oder Roux-Y behandelt (s. S. 335ff.).
einer SPV behandelt. Blutende Ulcera ventriculi werden primär reseziert (s. S. 335ff.).
Prognose. Die Letalität der akuten Ulkusblutung liegt bei ca. 10 %. Sie korreliert eng mit dem Ausmaß des Blutverlustes, der Zahl der substituierten Konserven, dem Alter der Patienten, den Begleiterkrankungen und der Dauer und Ausprägung des hämorrhagischen Schocks.
Prognose. Die Letalität liegt bei ca. 10 %.
Stenose
Stenose
Am häufigsten kommt es zur Stenosierung des Pylorus durch chronische oder rezidivierende prä-, intra- oder postpylorisch gelegene Ulzera, die zu einer narbigen Schrumpfung oder entzündlichen Stenose führen können. Durch die Magenausgangsstenose kommt es zu einer Magenektasie, die über den Dragstedt-Mechanismus zur Entstehung weiterer Ulzera führen kann (s. S. 330).
Durch chronische oder rezidivierende prä-, intra- oder postpylorisch gelegene Ulzera kommt es zu einer narbigen Schrumpfung oder entzündlichen Stenose mit Magenektasie, die zur Entstehung weiterer Ulzera führen kann (s. S. 330).
Symptome. Aufgrund einer fortgeschrittenen Magenausgangsstenose tritt ein protrahiertes Erbrechen auf, das zur hypochlorämischen Alkalose führen kann. Durch das häufige Erbrechen und die permanente Magenfüllung besteht die Gefahr einer Aspiration oder Refluxösophagitis.
Symptome. Häufiges Erbrechen führt zur hypochlorämischen Alkalose. Es besteht die Gefahr der Aspiration oder Refluxösophagitis.
Diagnose. In der Röntgenübersichtsaufnahme des Abdomens fällt der ekta-
Diagnose. In der Abdomenübersicht fällt der ektatisch überdehnte Magen auf. Die MDP zeigt den ektatischen Magen sowie die Magenausgangsstenose. Die Endoskopie kann zusätzlich durch Biopsien ein Malignom ausschließen und ermöglicht den Versuch einer Bougierung.
Therapie. Zunächst erfolgt die Entlastung des Magens über eine Magen-
Therapie. Eine Magensonde dekomprimiert den Magen und verhindert eine Aspiration. Die definitive Therapie erfolgt durch eine SPV in Kombination mit einer Pyloroplastik oder durch eine Antrektomie mit Vagotomie.
tisch überdehnte Magen auf, der bis in das kleine Becken hinunter reichen kann. Die Magen-Darm-Passage (MDP) zeigt den ektatischen Magen sowie die Magenausgangsstenose. Die Endoskopie besitzt im Vergleich zur Röntgenuntersuchung den Vorteil, dass in gleicher Sitzung Biopsien zum Ausschluss eines Malignoms aus der Stenose entnommen werden können. Weiterhin kann der Versuch einer Bougierung unternommen werden.
sonde. Hierdurch lässt sich der Magen dekomprimieren und gleichzeitig eine Aspiration vermeiden. Die definitive Therapie besteht in der Durchführung einer selektiven proximalen Vagotomie (SPV) zur Säurereduktion in Kombination mit einer Pyloroplastik. Alternativ ist eine Antrektomie mit Vagotomie möglich.
3.7
Magentumoren
3.7
3.7.1
Benigne Magentumoren
3.7.1 Benigne Magentumoren
Morbus Ménétrier
Magentumoren
Morbus Ménétrier
Synonyme: Gastritis polyposa, Riesenfaltengastritis n Definition. Bei dem seltenen Morbus Ménétrier kommt es durch eine foveoläre Hyperplasie der Magenschleimhaut zur Ausbildung von Riesenfalten. Die Ursache ist unbekannt.
Definition
Symptome. Durch die vermehrte Schleimproduktion entsteht ein Eiweißverlustsyndrom, das bis zur Hypoproteinämie und Ausbildung von Ödemen führen kann. Entsprechend wird der Morbus Ménétrier auch den Erkrankungen zugeordnet, die unter dem Begriff exsudative Gastroenteropathie subsummiert werden.
Symptome. Es entsteht ein Eiweißverlustsyndrom bis hin zur Hypoproteinämie und Ödembildung (exsudative Gastroenteropathie).
Diagnose. Es bestehen uncharakteristische Oberbauchbeschwerden, ähn-
Diagnose. Es bestehen uncharakteristische Oberbauchbeschwerden. Die Bestimmung des Serumeiweißes und
lich wie bei einer Gastritis. Die Verdachtsdiagnose wird meist nach Bestimmung des Serumeiweißes und Anfertigung einer Serumelektrophorese
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344 Anfertigung einer Serumelektrophorese zeigen eine Hypoproteinämie; ÖGD (mit Biopsie) oder MDP bestätigen die Diagnose. Merke
Therapie. Symptomatisch werden Antazida oder H2 -Rezeptorenblocker verordnet. Es sind jährliche endoskopische Kontrollen mit Biopsien indiziert, bei Atypien ist eine prophylaktische Gastrektomie zu diskutieren.
3 Magen und Duodenum gestellt und durch die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) oder MagenDarm-Passage (MDP) bestätigt. Da das Risiko einer malignen Entartung gegeben ist, sollten stets Biopsien entnommen werden. n Merke. Beim Morbus Ménétrier besteht ein erhöhtes Entartungsrisiko.
Therapie. Die symptomatische Therapie erfolgt durch die Gabe von Antazida (z.B. MaaloxanQ, Gelusil LacQ) oder H2-Rezeptorenblockern (z.B. SostrilQ, PepdulQ). Wegen des Entartungsrisikos sind jährliche endoskopische Kon-
trollen mit Biopsien indiziert, bei zunehmenden Atypien ist eine prophylaktische Gastrektomie zu diskutieren.
Benigne Neoplasien des Magens
Benigne Neoplasien des Magens
Benigne Neoplasien können von allen Wandschichten des Magens ausgehen. Die häufigsten gutartigen Geschwülste sind Polypen der Schleimhaut, Leiomyome, Lipome, Neurofibrome und Angiome.
Benigne Neoplasien machen 5–10 % aller Magentumoren aus, sie können von allen Wandschichten des Magens ausgehen. Dementsprechend finden sich Tumoren unterschiedlicher histologischer Genese und Differenzierung. Die häufigsten gutartigen Geschwülste sind Polypen der Schleimhaut, z.B. im Rahmen einer generalisierten Polypose bei dem Peutz-Jeghers-Syndrom. Außerdem kommen Leiomyome, Lipome, Neurofibrome und Angiome vor.
Symptome. Es kommen je nach Größe und Lokalisation Symptomfreiheit, Völlegefühl, Magenentleerungsstörungen, Bauchschmerzen und gastrointestinale Blutungen vor. Diagnose. Die Diagnose wird durch eine ÖGD mit Biopsie gestellt. Die Endosonographie erlaubt eine Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung.
Therapie. Schleimhautprozesse wie Polypen und submuköse Tumoren können endoskopisch entfernt werden (histologische Abklärung obligat) (s. Kap. B-13.9). Bei intramuskulär gelegenen Befunden ist die Entfernung des Tumors durch eine lokale Exzision oder Magen(teil)resektion indiziert. Eine ausgedehnte Polypose des Magens kann u. U. auch eine Gastrektomie notwendig machen. Die Malignitätspotenz hängt vom histologischen Typ ab.
Symptome. Die klinischen Beschwerden schwanken je nach Größe und
Lokalisation zwischen völliger Symptomfreiheit und Völlegefühl, Magenentleerungsstörungen, Oberbauchschmerzen und gastrointestinalen Blutungen.
Diagnose. Die Diagnose wird durch eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie
(ÖGD) mit Biopsie gestellt. Die Endosonographie erlaubt eine Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung. Dies ist notwendig, da die Differenzierung einer rein submukösen von einer intramuskulären Lage des Prozesses durch die Endosonographie das Risiko der endoskopischen Perforation abschätzbar macht.
Therapie. Schleimhautprozesse wie Polypen und submuköse Tumoren kön-
nen endoskopisch mit der Schlinge, der Peace-meal-Technik oder der Stripoff-Technik entfernt werden, die histologische Abklärung ist obligat (s. Kap. B-13.9). Sind intramurale Prozesse vorwiegend in der Muscularis propria lokalisiert, so ist die endoskopische Entfernung mit einem zu großen Perforationsrisiko verbunden. Aus diesem Grunde ist hier die Entfernung des Tumors durch eine lokale transabdominelle Exzision, bei größeren Prozessen auch durch Magen(teil)resektion indiziert. Bei einer ausgedehnten Polypose des Magens kann unter Umständen auch eine Gastrektomie indiziert sein. Je nach histologischem Typ besteht eine unterschiedliche Malignitätspotenz.
Maligne Magentumoren
3.7.2 Maligne Magentumoren
3.7.2
Lymphome und Sarkome des Magens
Lymphome und Sarkome des Magens
Die malignen nicht epithelialen Tumoren des Magens haben eine Häufigkeit von ca. 1–5 %. Die häufigsten Typen sind Non-HodgkinLymphome, Leiomyosarkome, Lymphosarkome und Neurosarkome. Sie sind meist an der großen Kurvatur lokalisiert.
Die malignen nicht epithelialen Tumoren des Magens kommen mit einer Häufigkeit von ca. 1–5 % aller Malignome des Magens vor. Die häufigsten histologischen Typen sind Non-Hodgkin-Lymphome (Synonym: Rundzellsarkom) mit der Untergruppe der MALT-Lymphome (mucosa associated lymphoid tissue), Leiomyosarkome, Lymphosarkome und Neurosarkome. Diese mesenchymalen Tumoren sind meist an der großen Kurvatur lokalisiert.
Symptome. Die häufigsten Beschwerden sind Schmerz, Völlegefühl und Blutung, insbesondere bei Non-Hodgkin-Lymphomen.
Symptome. Die häufigsten klinischen Beschwerden sind Oberbauchschmerzen, Völlegefühl und Zeichen der gastrointestinalen Blutung, insbesondere bei Non-Hodgkin-Lymphomen. Die Patienten sind auffallend oft in einem guten Allgemeinzustand, verglichen mit Patienten, die an einem Magenkarzinom mit gleicher Tumorausdehnung erkrankt sind.
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345
3.7.2 Maligne Magentumoren
n Merke. Ein Magentumor, der an der großen Kurvatur lokalisiert ist, Zeichen der Blutung zeigt sowie klinisch Oberbauchschmerzen erzeugt, ist hochgradig verdächtig auf ein Lymphom.
Merke
Diagnose. Die Diagnosestellung erfolgt durch eine Ösophago-Gastro-Duo-
Diagnose. Die Diagnose wird durch eine ÖGD mit Biopsie gestellt. Sonographie und CT schließen Lymphknotenmetastasen aus. Die Endosonographie ermöglicht die beste Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung.
Therapie. Lymphome des Magens sprechen gut auf eine kombinierte Radio-Chemotherapie an, sodass diese Modalitäten die Therapie der Wahl darstellen. Bei Komplikationen, die endoskopisch nicht beherrschbar sind (Blutung, Perforation, Stenose) ist eine Resektion indiziert. Tumoren anderer Histologie werden operativ, d.h. durch eine Resektion, ggf. einer Gastrektomie behandelt. Je nach Histologie ist eine adjuvante Chemo- und/oder Strahlentherapie angezeigt.
Therapie. Lymphome des Magen sprechen gut auf eine kombinierte RadioChemotherapie an. Bei endoskopisch nicht beherrschbaren Komplikationen ist eine Resektion indiziert. Tumoren anderer Histologie werden operativ, ggf. durch Gastrektomie und/oder Radio-Chemotherapie behandelt.
Magenkarzinom
Magenkarzinom
Die Inzidenz des Magenkarzinoms ist insgesamt weltweit rückläufig. Trotzdem stellt das Magenkarzinom in der Bundesrepublik Deutschland die drittbis vierthäufigste Todesursache dar. Es tritt typischerweise in der 2. Lebenshälfte auf, bei Männern besonders in der 6. Dekade, bei Frauen in der 5. 10 % aller Magenkarzinome werden bei Patienten beobachtet, die jünger als 40 Jahre alt sind. Männer sind doppelt so häufig wie Frauen betroffen. Während früher Magenkarzinome vorwiegend im Antrum lokalisiert waren und nur ca. 14 % im Korpus auftraten, ist eine Verlagerung des Haupttumors nach oral hin zu beobachten. So sind in neueren Untersuchungen bis zu 24 % Korpuskarzinome und nur noch 20 % mit Tumorlokalisation im Antrum beschrieben worden. In ca. 10 % der Fälle findet sich ein multilokuläres Wachstum. Unter dem Begriff Kardiakarzinom werden verschiedene Entitäten zusammengefasst, sodass diese Tumorlokalisation gesondert betrachtet werden sollte. Als Kardiakarzinome werden dabei alle Adenokarzinome bezeichnet, die in dem Bereich 5 cm oral oder 5 cm aboral der gastroösophagealen Schleimhautgrenze auftreten. Ist die Schleimhautgrenze – wie z.B. bei Endobrachyösophagus – verschoben, so wird die anatomische Kardia (Übergang der zweischichtigen Ösophagusmuskulatur in die dreischichtige Muskulatur der Magenwand) als Bezugspunkt genommen. Nach dieser Definition werden 3 Subtypen von Karzinomen unter dem Überbegriff Kardiakarzinom subsummiert: Das Adenokarzinom bei Endobrachyösophagus wird als Typ I bezeichnet, das eigentliche, von der Kardiaschleimhaut ausgehende Adenokarzinom des Magens wird Typ-II-Kardiakarzinom genannt. Bei dem Typ III handelt es sich um ein subkardial gelegenes Magenkarzinom oder Funduskarzinom, das den distalen Ösophagus infiltriert. Die Infiltration des Ösophagus durch Typ-III-Karzinome erfolgt meist submukös, die orale Tumorgrenze entgeht so oft der endoskopischen Beurteilung. Für das Magenkarzinom werden neben einer genetischen Prädisposition und verschiedenen Umwelteinflüssen (z.B. Ernährung) mehrere Risikoerkrankungen diskutiert: die chronisch atrophische Gastritis, das chronische Ulcus ventriculi, die perniziöse Anämie, ein vermehrter duodenogastraler Reflux nach Magenresektionen und primär benigne Adenome der Magenschleimhaut. Nach jüngeren Forschungsergebnissen muss davon ausgegangen werden, dass eine Helicobacterbesiedlung des Magens das Risiko für die Entstehung eines Magenkarzinoms erhöht. Magenkarzinome sind überwiegend Adenokarzinome (< 90 %), die in 3 verschiedene, gebräuchliche Klassifikationen eingeteilt werden können. Nach Borrmann werden die Malignome klinisch anhand der Wachstumsform in 4 Untergruppen unterteilt ( 1 B-3.12): Bei Typ I (35 % der Magenkarzinome) handelt es sich um einen exophytisch wachsenden polypoiden Magentumor.
Die Inzidenz des Magenkarzinoms ist rückläufig. Trotzdem stellt das Magenkarzinom in der Bundesrepublik die dritt- bis vierthäufigste Todesursache dar. Magenkarzinome treten gehäuft bei Männern in der 6., bei Frauen in der 5. Dekade auf. 10 % treten im Alter unter 40 Jahren auf. Männer sind doppelt so häufig wie Frauen betroffen. Während früher Magenkarzinome vorwiegend im Antrum lokalisiert waren, ist heute eine Verlagerung des Haupttumors nach oral hin zu beobachten. In ca. 10 % der Fälle findet sich ein multilokuläres Wachstum. Als Kardiakarzinome werden alle Adenokarzinome bezeichnet, die in dem Bereich 5 cm oral oder 5 cm aboral der gastroösophagealen Schleimhautgrenze auftreten.
denoskopie (ÖGD) mit Biopsie. Zum Ausschluss einer Lymphknotenmetastasierung ist eine perkutane Sonographie und ein Oberbauch-CT indiziert. Die lokale Tumorausdehnung wird am besten durch die Endosonographie beurteilt.
Für das Magenkarzinom werden folgende Risikofaktoren diskutiert: π genetische Prädisposition π Umwelteinflüsse (z.B. Ernährung) π chronisch atrophische Gastritis π chronisches Ulcus ventriculi π perniziöse Anämie π Resektionsmagen π Adenome π Helicobacterbesiedlung. Magenkarzinome sind in mehr als 90 % der Fälle Adenokarzinome. Die Klassifikation der Magenkarzinome nach Borrmann zeigt 1 B-3.12.
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3 Magen und Duodenum
1 B-3.12
Synopsis Klinische Einteilung der Magenmalignome nach Borrmann
Typ I: polypös-exophytisch (35 %).
Typ II: polypös-exulzerierend (35–40 %).
Typ III: exulzerierend (20 %).
Typ IV: diffus infiltrierend (10 %).
Die Einteilung nach Laurén unterscheidet Karzinome vom diffusen (infiltrativen) und vom intestinalen (polypösen) Typ. Die Klassifikation der UICC nach dem T(umor) N(oduli lymphatici) M(etastasen)-Schema (TNM) ermöglicht einen internationalen Vergleich stadienabhängiger Überlebensraten ( 2 B-3.4).
2 B-3.4
Typ II (35–40 %) wächst ebenfalls polypös, aber lokal exulzerierend, Typ III (20 %) lokal exulzerierend. Typ IV ist gekennzeichnet durch ein diffus infiltrierend wachsendes Magenkarzinom (10 %). Nach Laurén unterscheidet man Karzinome vom diffusen oder infiltrativen Typ von intestinalen oder polypösen Tumoren. International gebräuchlich ist die Klassifikation der UICC nach dem T(umor) N(oduli lymphatici) M(etastasen)-Schema (TNM), die einen internationalen Vergleich der stadienabhängigen Überlebensrate bei unterschiedlichen Therapieverfahren ermöglicht ( 2 B-3.4).
UICC-Klassifikation der Magenkarzinome nach dem TNM-System (1997) T-Stadium
N-Stadium
M-Stadium
N Tx n
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
N Nx n
regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N Mx n
Das Vorliegen von Metastasen kann nicht beurteilt werden
N T0 n
kein Anhalt für Primärtumor
N N0 n
keine regionären Lymphknotenmetastasen
N M0 n
keine Fernmetastasen
N Tis n
Carcinoma in situ
N T1 n
Tumor infiltriert die Lamina popria oder Submukosa
N N1 n
Metastasen in 1-6 regionären Lymphknoten
N M1 n
Fernmetastasen
N T2 n
Tumor infiltriert die Muscularis propria oder Subserosa
N N2 n
Metastasen in 7-15 regionären Lymphknoten
N T3 n
Tumor penetriert die Serosa, infiltriert aber nicht benachbarte Organe
N N3 n
Metastasen in mehr als 15 regionären Lymphknoten
N T4 n
Tumor infiltriert benachbarte Organe
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3.7.2 Maligne Magentumoren
347
Bei der Infiltration benachbarter Organe muss zur Einteilung in das Stadium T4 eine Infiltration in Milz, Colon transversum, Leber, Zwerchfell, Pankreas, Bauchwand, Nebennieren, Niere, Dünndarm oder Retroperitoneum vorliegen. Eine Ausbreitung eines in der Muscularis propria gelegenen Tumors über das Lig. hepatogastricum oder in das große oder kleine Netz ohne Durchbruch durch das viszerale Peritoneum wird als T2 eingeteilt. Bei Penetration in diesen Bereichen durch die Serosa hindurch liegt ein T3-Tumor vor. Neben den bekannten Ausbreitungswegen eines intestinalen Karzinoms (lokal infiltrierend, lymphogen und hämatogen) kann es beim Magenkarzinom zur intraperitonealen Ausbreitung mit Abtropfmetastasierung an Netz, Mesenterium, Peritoneum und Ovarien (Krukenberg-Tumor) kommen. Prognostisch besondere Bedeutung hat das Frühkarzinom des Magens (early cancer). Es handelt sich dabei um ein Karzinom, das auf Mukosa oder Submukosa begrenzt ist, aber bereits Lymphknotenmetastasen gesetzt haben kann (Mukosa-Typ 0 bis 3 %, Submukosa-Typ bis 13 %). Die Prognose des Frühkarzinoms liegt im Gegensatz zu den übrigen Magenkarzinomen bei einer 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 90 %.
Neben lokal infiltrierender, lymphogener und hämatogener Ausbreitung kann es beim Magenkarzinom zur intraperitonealen Metastasierung mit Abtropfmetastasierung kommen (z.B. Krukenberg-Tumor). Das Frühkarzinom des Magens (early cancer) ist auf Mukosa oder Submukosa begrenzt, kann aber bereits Lymphknotenmetastasen gesetzt haben. Die Prognose des Frühkarzinoms liegt bei einer 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 90 %.
Symptome. Im Vordergrund der klinischen Beschwerden stehen uncharakteristische Oberbauchschmerzen, häufig in Verbindung mit Völlegefühl. n Merke. Chronische Oberbauchbeschwerden sind bis zum Beweis des Gegenteils dringend verdächtig auf ein Magenkarzinom. Eine endoskopische Abklärung ist obligat.
Zu diesen Beschwerden kommen zunehmende Inappetenz mit Gewichtsverlust, epigastrisches Druckgefühl und später ein Leistungsknick dazu. Patienten mit Magenkarzinomen klagen gehäuft über eine Aversion gegen Fleisch. Durch Blutungen aus dem Tumor kann es zur Entwicklung einer Anämie oder zum Auftreten von Teerstühlen kommen.
Diagnose. Bei anhaltenden Oberbauchbeschwerden oder dem klinischen
Verdacht auf einen Magentumor ist eine endoskopische Untersuchung mit Biopsieentnahme indiziert. Die Doppelkontrastdarstellung des Magens ermöglicht es, submukös gelegene Tumorausläufer durch mangelnde Aufdehnbarkeit des Magens nachzuweisen. Weitere typische radiologische Zeichen, die die Verdachtsdiagnose eines Magenkarzinoms nahelegen sind Wandstarre, Kontrastmittelaussparungen, Ringwallulzera und der Abbruch von Falten durch szirrhös wachsende Tumoren. Bei einem Magenkarzinom kann eine Endosonographie zur Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung und zur Erfassung perigastraler Lymphknoten durchgeführt werden. Eine abdominelle Sonographie dient wie die Computertomographie (CT) zum Nachweis eines Befalls weiter vom Magen entfernter Lymphknoten sowie einer Lebermetastasierung. Lungenfiliae werden durch eine Thoraxröntgenaufnahme in zwei Ebenen, evtl. ergänzt durch ein Thorax-CT ausgeschlossen.
Therapie. Unbehandelt beträgt die mittlere Überlebenszeit eines Patienten
mit Magenkarzinom 1 Jahr. Da die chirurgische Therapie zur Zeit die einzige Therapieform ist, mit der eine kurative Therapie eines Magenkarzinoms möglich ist, kommt der Art der Operation für die Prognose eine zentrale Bedeutung zu. Die Gastrektomie gilt für alle T-Stadien ohne Fernmetastasierung als Operation der Wahl. Ausnahme hiervon bilden Frühkarzinome und Carcinomata in situ, die subtotal (nach Billroth I, II oder Roux-Y) reseziert werden können. Liegt ein T1-Tumor vom diffusen Typ nach der LaurénKlassifikation vor, so ist aus Radikalitätsgründen eine Gastrektomie zu bevorzugen. Für Karzinome, die im Antrum gelegen sind, wird alternativ zur Gastrektomie eine distale 2⁄3-4⁄5-Resektion des Magens mit Roux-Y als adäquate Therapieform akzeptiert, wenn eine systematische Lymphadenektomie wie bei der Gastrektomie durchgeführt wird, ein T1- oder T2-Karzi-
Symptome. Typisch sind uncharakteristische Oberbauchschmerzen, oft mit Völlegefühl. Merke
Hinzu kommen Inappetenz mit Gewichtsverlust, epigastrisches Druckgefühl, Aversion gegen Fleisch und später ein Leistungsknick. Durch Blutungen kann es zur Anämie oder zum Auftreten von Teerstühlen kommen. Diagnose. Bei anhaltenden Oberbauchbeschwerden oder dem klinischen Verdacht auf einen Magentumor ist eine endoskopische Untersuchung mit Biopsieentnahme indiziert. Die Doppelkontrastdarstellung des Magens ermöglicht es, mangelnde Aufdehnbarkeit, Kontrastmittelaussparungen, Ringwallulzera und Abbruch von Falten nachzuweisen. Die Endosonographie erlaubt die Beurteilung der lokalen Tumorausdehung. Computertomographisch kann der Befall von intraabdominellen Lymphknoten sowie eine Lebermetastasierung oder Lungenmetastasierung bei sonographischem oder radiologischem Verdacht erhärtet werden. Therapie. Die mittlere Überlebenszeit eines Patienten mit Magenkarzinom beträgt unbehandelt 1 Jahr. Der chirurgischen Resektion kommt eine zentrale Bedeutung für die Prognose zu. Die Gastrektomie gilt für alle T-Stadien ohne Fernmetastasierung als Operation der Wahl. Ausgenommen sind Frühkarzinome und Carcinomata in situ. T1-Tumoren vom diffusen Typ (LaurénKlassifikation) sollten mit einer Gastrektomie behandelt werden. Antrumkarzinome können alternativ mit distaler 2 ⁄ 3 - 4 ⁄ 5 -Resektion therapiert werden.
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3 Magen und Duodenum
Zusätzlich muss eine radikale Lymphadenektomie der Kompartments I und II durchgeführt werden. Von der radikalen Lymphadenektomie wird lediglich das Carcinoma in situ ausgenommen. Besonders Patienten mit Tumoren der Stadien II und III profitieren von einer systematischen Lymphadenektomie. Ab Tumorstadium T3 sollte bei proximalen Magenkarzinomen eine Splenektomie oder Milzhiluslymphadenektomie durchgeführt werden. Patienten mit T4-M0-Stadien können durch regionale Gastrektomie (mit Resektion der per continuitatem infiltrierten Strukturen) mit radikaler Lymphadenektomie und ggf. adjuvanter Chemotherapie behandelt werden. Auch bei fortgeschrittenen Tumoren lässt sich durch die radikale Operation die Lebensqualität durch Reduktion der tumorbedingten Symptome, wie etwa einer Obstruktion oder chronischer Sickerblutungen mit Anämie, verbessern. Bei Kardiakarzinomen hängt die Operationsmethode von der Art des Kardiatumors ab: Bei Typ-I-Kardiakarzinomen erfolgt die abdominozervikale oder thorakoabdominale subtotale Ösophagektomie mit proximaler Gastrektomie (Fundektomie), Lymphadenektomie und Bildung eines Magenschlauchs zur Wiederherstellung der Passage. Typ-II- und -III-Kardiakarzinome werden mit einer totalen Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion und Lymphadenektomie behandelt. Die Kontinuität der Nahrungspassage wird durch eine Interposition einer Jejunumschlinge oder eines Koloninterponats erreicht ( 1 B-3.13).
nom vorliegt und dieses histologisch einen intestinalen Typ repräsentiert. Von entscheidender Bedeutung für die Kuration ist die Entfernung des Omentum majus mit radikaler Lymphadenektomie der Kompartments I (Lymphknoten entlang der großen und kleinen Kurvatur supra- und retropylorisch und an der Kardia) und II (Lymphknoten im Bereich des Pankreaskopfes und Duodenums, des Truncus coeliacus, des Lig. hepatoduodenale und der Milz). Von der radikalen Lymphadenektomie wird lediglich das Carcinoma in situ ausgenommen, da hier noch keine Lymphinvasion durch den Tumor stattgefunden haben kann. Nach neueren Studien profitieren besonders Patienten mit Tumoren der Stadien II und III von einer systematischen Lymphadenektomie. Zur Erhöhung der lokalen Radikalität ist die Splenektomie oder Milzhiluslymphadenektomie ab Tumorstadium T3 bei proximalen Magenkarzinomen als obligat anzusehen. Patienten, bei denen lokal fortgeschrittene Tumoren ohne Fernmetastasierung vorliegen (T4–M0-Stadien), können durch eine regionale Gastrektomie (Gastrektomie mit Resektion der per continuitatem infiltrierten Strukturen) mit radikaler Lymphadenektomie und ggf. adjuvanter Chemotherapie behandelt werden, sofern es der Allgemeinzustand der Patienten erlaubt. Auch bei fortgeschrittenen Tumoren lässt sich durch die radikale Operation die Lebensqualität durch Reduktion der tumorbedingten Symptome wie etwa einer Obstruktion oder chronischer Sickerblutungen mit Anämie verbessern. Liegt ein Kardiakarzinom vor, so muss die Wahl des Operationsverfahrens von der Art des Kardiatumors abhängig gemacht werden. Bei Typ-I-Kardiakarzinomen ist die Therapie der Wahl die abdominozervikale oder thorakoabdominale subtotale Ösophagektomie mit proximaler Gastrektomie (Fundektomie) und thorakaler Lymphadenektomie sowie Lymphadenektomie des Kompartments II. Die Wiederherstellung der Passage erfolgt durch Bildung eines Magenschlauchs, der zervikal oder intrathorakal mit dem verbliebenen Ösophagus anastomosiert wird. Typ-II- und -III-Kardiakarzinome werden durch Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion und Lymphadenektomie der Kompartments I und II behandelt. Die Kontinuität der Nahrungspassage wird durch Interposition eines Roux-Y-Jejunumsegmentes erreicht ( 1 B-3.13). Bei fortgeschrittenen Tumoren kann statt distaler eine totale Ösophagusresektion erfolgen, dann allerdings mit Koloninterposition als Rekonstruktionsverfahren.
π Rekonstruktionstechniken nach Gastrektomie: Ziel der Operation ist, die Kontinuität der gastrointestinalen Passage wiederherzustellen. Zusätzlich werden 2 Rekonstruktionsprinzipien diskutiert, die die funktionellen Ergebnisse verbessern sollen: π Rekonstruktion mit Erhalt der gastroduodenalen Passage π Schaffung eines Reservoirs als Magenersatz. Die Ösophagojejunostomie mittels Roux-Y-Schlingenbildung ( 1 B-3.13 b) stellt die Kontinuität durch eine nach Roux-Y-isolierte Jejunumschlinge unter Aufhebung der duodenalen Speisepassage wieder her. Ein alternatives Rekonstruktionsprinzip ist die ösophagoduodenale Jejunuminterposition ( 1 B-3.13 a), die die duodenale Passage aufrechterhält. Beide Verfahren sind mit oder ohne Bildung eines Ersatzmagens (Pouch) durchführbar.
Rekonstruktionstechniken nach Gastrektomie: Ziel der Rekonstruktionen nach Gastrektomie ist es, die Kontinuität der gastrointestinalen Passage wiederherzustellen. Zusätzlich werden 2 Rekonstruktionsprinzipien diskutiert, die die funktionellen Ergebnisse verbessern sollen: π Rekonstruktion mit Erhalt der gastroduodenalen Passage und/oder π Schaffung eines Reservoirs als Magenersatz. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Operationsverfahren, die in der Magenkarzinomchirurgie mit geringen technischen Variationen zur Anwendung kommen. Die Ösophagojejunostomie mittels Roux-Y-Schlingenbildung ( 1 B-3.13 b) gilt als technisch einfachstes Verfahren zur Rekonstruktion nach Gastrektomie. Die Kontinuität wird durch eine nach Roux-Y-isolierte Jejunumschlinge unter Aufhebung der duodenalen Speisepassage wiederhergestellt. Sie lässt sich mit oder ohne Bildung eines Ersatzmagens (Pouch) durchführen ( 1 B-3.13 c) und ist das in der Bundesrepublik am häufigsten durchgeführte Rekonstruktionsverfahren nach Gastrektomie. Ein alternatives Rekonstruktionsprinzip ist die ösophagoduodenale Jejunuminterposition ( 1 B-3.13 a), die die duodenale Passage aufrechterhält. Sie kann ebenfalls mit oder ohne Bildung eines Pouchs durchgeführt werden. π
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3.7.2 Maligne Magentumoren
1 B-3.13
Synopsis Rekonstruktionsverfahren nach Gastrektomie
a Ösophagoduodenale Jejunuminterposition.
b Ösophagojejunostomie mit Roux-Y-Schlinge.
Operationsverfahren, die die Duodenalpassage erlauben, sollen die nutritive Adaptation, Verfahren, die die Bildung eines Ersatzmagens ermöglichen, die funktionelle Adaptation des Patienten an die normale Nahrungsaufnahme nach der Operation vereinfachen. Bisher konnte jedoch der klinische Nutzen dieser theoretischen Ansätze, die zur Entwicklung solcher Rekonstruktionsprinzipien führten, weder in klinischen noch experimentellen Studien eindeutig nachgewiesen werden. n Merke. Bei jedem gastrektomierten Patienten fehlt – unabhängig vom Rekonstruktionsverfahren – postoperativ die Produktion von Intrinsic factor und Salzsäure. Deswegen bedürfen diese Patienten einer lebenslangen oralen Substitution von Pankreasfermenten und der Substitution von Vitamin B12.
c Jejunuminterposition mit Pouchbildung zwischen Ösophagus und Duodenum. Durch eine erhaltene Duodenalpassage soll die nutritive Adaptation, durch Ersatzmagenbildung die funktionelle Adaptation des Patienten an die normale Nahrungsaufnahme vereinfacht werden. Dies konnte bisher weder in klinischen noch experimentellen Studien eindeutig bestätigt werden. Merke
Komplikationen. Postoperativ kann es im Rahmen von Durchblutungsstö-
Komplikationen. Postoperativ kann es zur Entwicklung einer Anastomoseninsuffizienz besonders an der Ösophagojejunostomie oder zu einer Duodenalstumpfinsuffizienz kommen. Beide Komplikationen müssen ggf. operativ oder interventionell behandelt werden. Frühzeitige Anastomosenengen sind meist ödembedingt und entwickeln sich spontan zurück. Narbige Stenosen können meist endoskopisch bougiert werden.
Palliative Verfahren. Liegt ein lokal operables Magenkarzinom mit diffuser
Palliative Verfahren. Lokal operable Tumoren mit diffuser Fernmetastasierung sollten in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand reseziert werden. Bei lokal inoperablen Tumoren oder Patienten in schlechtem Allgemeinzustand, kann die enterale Ernährung durch Anlage einer Gastroenterostomie ermöglicht werden ( 1 B-3.14).
rungen im Anastomosenbereich zur Entwicklung von Anastomoseninsuffizienzen, besonders an der Ösophagojejunostomie kommen. Bei Verfahren nach Roux-Y ist die Ausbildung einer Duodenalstumpfinsuffizienz möglich. Beide Komplikationen müssen operativ oder interventionell (z.B. Platzierung eines Sonnenberg-Katheters zur Abszessdränage und Spülung) behandelt werden. Durch ödematöse Schwellung im Anastomosenbereich kann sich eine vorübergehende Anastomosenenge entwickeln. Entsteht eine Anastomosenstenose durch narbige Schrumpfung, so sollte primär eine endoskopische Bougierungsbehandlung eingeleitet werden.
Fernmetastasierung vor, so ist in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand des Patienten die Resektion zu diskutieren, da durch die Entfernung des Magentumors die Lebensqualität verbessert werden kann (Vermeidung von Obstruktion oder chronischen Blutverlusten). Ist der Tumor jedoch lokal inoperabel oder der Patient in einem zu schlechten Allgemeinzustand für eine Gastrektomie, so kann die enterale Ernährung gegebenenfalls durch die Anlage eine Gastroenterostomie proximal der Tumorstenose gewährleistet werden ( 1 B-3.14).
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3 Magen und Duodenum
Alternativ zur Gastroenterostomie ist die endoskopische Tumorverkleinerung möglich. Bei Kardiatumoren, die den Mageneingang stenosieren, kann außerdem die endoskopische Platzierung von endoösophagealen Tuben, die Anlage einer PEG oder als Ultima ratio einer Witzel-Fistel erwogen werden (s. Kap. B-13.6). Bei irresektablen Tumoren kann in Einzelfällen erwogen werden, die Tumorprogredienz durch eine Polychemotherapie und Bestrahlung aufzuhalten oder zu verlangsamen.
1 B-3.14
Alternativ hierzu ist die endoskopische Verkleinerung der Tumormasse durch endoskopische Laser- oder Schlingenabtragung möglich. Bei Kardiatumoren, die den Mageneingang stenosieren oder zu stenosieren drohen, kann außerdem die endoskopische Platzierung von endoösophagealen Tuben, selbstexpandierender Stents oder die Einlage einer Ernährungssonde durch die Bauchhaut in den Magen erwogen werden. Während diese Ernährungssonden früher operativ gelegt wurden (Witzel-Fistel), wird heute die endoskopische Applikation in Form einer PEG (Perkutan-endoskopische Gastrostomie) bevorzugt (s. Kap. B-13.6). Bei irresektablen Tumoren kann im Einzelfall ein Versuch indiziert sein, die Tumorprogredienz durch eine Polychemotherapie (z.B. 5-FU, BCNU oder FAMTX) und Bestrahlung mit schnellen Elektronen oder Neutronen aufzuhalten oder zu verlangsamen.
Synopsis Gastroenterostomie als Palliativverfahren
a Hintere antekolische Gastroenterostomie mit Braun-Fußpunkt-Anastomose.
b Hintere retrokolische Gastroenterostomie mit Braun-Fußpunkt-Anastomose.
Durch die Gastroenterostomie kann die Tumorstenose umgangen und eine enterale Ernährung ermöglicht werden. Prognose. Die perioperative Letalität der subtotalen Magenresektion beträgt bis zu 5 %, die einer Gastrektomie bis zu 10 %. Auch nach Gastrektomie ist eine soziale wie berufliche Reintegration in das Alltagsleben möglich. Die 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit Magenkarzinomen korreliert eng mit dem TNM-Stadium. Liegt ein Frühkarzinom vor, beträgt die mittlere 5-Jahres-Überlebensrate 90 %, bei auf die Mukosa beschränkten Tumoren sogar 100 %. Bei fortgeschrittenen Tumoren nur ca. 10–15 %. Merke
Prognose. Die perioperative Letalität einer subtotalen Magenresektion liegt
bei bis zu 5 %, die einer Gastrektomie bei bis zu 10 %. Bei dauerhafter Tumorfreiheit, adäquater diätetischer Beratung und entsprechender Umstellung der Essgewohnheiten ist auch für Patienten, die sich einer Gastrektomie unterziehen mussten, eine soziale und berufliche Reintegration möglich. Die 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit Magenkarzinomen korreliert eng mit der lokalen Tumorausdehnung, dem Lymphknotenbefall und der Fernmetastasierung. Liegt ein Frühkarzinom vor, so beträgt die mittlere 5-Jahres-Überlebensrate 90 %, bei auf die Mukosa beschränkten Tumoren sogar 100 %. Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren sind zum Zeitpunkt der Diagnose in nur noch 45–50 % der Fälle mit kurativer Intention operabel. Nur ca. 10–15 % überleben die Diagnosestellung 5 Jahre. n Merke. Nur durch frühzeitige Diagnosestellung ist die Zahl der kurativ behandelten Patienten mit Magenkarzinom deutlich zu erhöhen. Ziel der Bemühungen muss es sein, das Intervall zwischen Auftreten der ersten Symptome und der Diagnosestellung durch zielgerichtete, frühzeitig einsetzende Diagnostik (Gastroskopie) zu verkürzen!
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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3.8.2 Maligne Duodenaltumoren
3.8
Tumoren des Duodenums
3.8
3.8.1
Benigne Duodenaltumoren
3.8.1 Benigne Duodenaltumoren
Tumoren des Duodenums
Gutartige Tumoren des Duodenums sind Raritäten. Es handelt sich dabei um Brunnerinome, Adenome, Myome, Myofibrome und Gastrinome, die als versprengte Pankreasgewebsanteile vorkommen können.
Gutartige Tumoren des Duodenums sind Raritäten. Es handelt sich dabei um Brunnerinome, Adenome, Myome, Myofibrome und Gastrinome.
Symptome. Typisch sind Blutungen, kolikartige Schmerzen oder eine Cho-
Symptome. Typisch sind Blutungen, kolikartige Schmerzen oder eine Cholestase.
Diagnose. Zur Diagnosestellung erfolgt eine Ösophago-Gastro-Duodeno-
Diagnose. Eine ÖGD sichert die Diagnose.
Therapie. Ist der Prozess endoskopisch nicht entfernbar und macht klinisch
Therapie. Therapie der Wahl ist die endoskopische Abtragung, sonst erfolgt nach Duodenotomie die Exzision oder Papillektomie und Gangneuimplantation. Eine Duodenopankreatektomie ist nur bei Tumoren mit erheblicher Ausdehnung sowie fraglicher Dignität indiziert.
lestase durch Obstruktion der Papilla Vateri.
skopie (ÖGD), bei der gegebenenfalls in gleicher Sitzung die endoskopische Abtragung vorgenommen wird.
relevante Beschwerden, so sollte er mittels einer Duodenotomie und Exzision oder in Papillennähe durch Papillektomie und Neuimplantation von Gallen- und Pankreasgang entfernt werden. Eine Duodenopankreatektomie ist nur bei großen Tumoren und erheblicher klinischer Symptomatik sowie fraglicher Dignität (z.B. bei großen villösen Adenomen) indiziert.
3.8.2
Maligne Duodenaltumoren
3.8.2 Maligne Duodenaltumoren
Primäre maligne Tumoren (Karzinome oder Sarkome) des Duodenums sind ebenfalls sehr selten. Häufiger werden Infiltrationen der duodenalen Hinterwand durch Pankreaskopfkarzinome beobachtet.
Primäre maligne Tumoren des Duodenums sind sehr selten. Häufiger werden Infiltrationen durch Pankreaskopfkarzinome beobachtet.
Symptome. Bei vorwiegend intraluminärem Wachstum kann es zur Magen-
Symptome. Es kann zur Magenausgangsstenose, Cholestase oder Pankreatitis kommen.
Diagnose. Die Diagnose wird durch eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie
Diagnose. Sie wird durch eine ÖGD gestellt und durch die Biopsie gesichert. Bei Tumoren der Papillenregion sollte eine ERCP zum Ausschluss eines Pankreaskopftumors erfolgen. Endosonographie oder CT ermöglichen die Beurteilung der Tumorausdehnung und der Lymphknoteninvasion. Therapie. Bei proximaler Lokalisation erfolgt eine partielle Duodenopankreatektomie, bei distaler eine Segmentresektion (s. Kap. B-11). Bei Inoperabilität sollte eine Dränage des Ductus choledochus und/oder Ductus pancreaticus durch einen Stent mittels einer ERCP oder PTCD veranlasst werden. Alternativ ist die Anlage einer biliodigestiven Anastomose in Kombination mit einer Gastroenterostomie möglich.
ausgangsstenose mit typischem rezidivierendem Erbrechen kurz nach der Nahrungsaufnahme kommen. Liegt der Tumor in Papillennähe, ist die Ausbildung einer Cholestase oder Pankreatitis durch Gallengang- oder Pankreasgangobstruktion möglich.
(ÖGD) gestellt und durch die Biopsie gesichert. Bei Tumoren in der Papillenregion sollte eine ERCP zum Ausschluss eines Pankreaskopftumors durchgeführt werden. Endosonographisch oder durch Oberbauch-CT kann die extramurale Tumorausdehnung und Lymphknoteninvasion beurteilt werden.
Therapie. Ist der Tumor im proximalen Duodenum lokalisiert, erfolgt eine
partielle Duodenopankreatektomie nach Whipple. Liegt er nahe an der Flexura duodenojejunalis, kann evtl. eine Segmentresektion durchgeführt werden (s. Kap. B-11). Bei Inoperabilität kann eine Cholestase oder Pankreatitis durch die Einlage von Kathetern in den Ductus choledochus und/oder Ductus pancreaticus im Rahmen einer ERCP behandelt werden. Ist die Papille bei der ERCP nicht mehr sondierbar und liegt ein Ikterus vor, ist die operative Anlage einer biliodigestiven Anastomose, dann in Kombination mit einer Gastroenterostomie zur Prophylaxe einer Magenausgangsstenose möglich. Alternativ kann eine PTCD (perkutane transhepatische Choledochus-Dränage) vorgenommen werden.
Prognose. Die perioperative Letalität der partiellen Duodenopankreatektomie liegt bei 0–15 %, wobei nur in 10–20 % der Fälle eine 5-Jahres-Heilung erreicht werden kann.
Prognose. Die Letalität der partiellen Duodenopankreatektomie liegt bei 0–15 % bei einer 5-Jahres-Heilung von 10–20 %.
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352
3 Magen und Duodenum
3.9
3.9
Syndrome nach Operationen am Magen
Syndrome nach Operationen am Magen Operative Eingriffe am Magen führen stets zu grundlegenden Änderungen in der Physiologie und Anatomie des oberen Gastrointestinaltraktes. In ca. 70–90 % der Fälle tritt nach einer vorübergehenden Adaptationsphase ein Zustand ohne subjektive Beschwerden ein. Bei 10–20 % kommt es zu einer Persistenz von leichten Beschwerden wie Völlegefühl, Diarrhöen, Gewichtsverlust, Steatorrhö, Anämie oder Stoffwechselstörungen. Bis zu 10 % der Patienten klagen über erhebliche Störungen.
Operative Eingriffe am Magen führen stets zu grundlegenden Änderungen in der Physiologie und nach Resektionen auch in der Anatomie des oberen Gastrointestinaltrakts. In ca. 70–90 % der Fälle tritt nach Vagotomie oder Magenteilresektion nach einer vorübergehenden Adaptationsphase eine subjektive klinische Beschwerdefreiheit ein. Bei 10–20 % der operierten Patienten kommt es zu einer Persistenz von leichten Beschwerden, die auch episodenhaft auftreten können. Zu diesen leichten Symptomen zählen Völlegefühl, Diarrhöen, Gewichtsverlust, Steatorrhöe, Anämie oder Kalziumstoffwechselstörungen. Bis zu 10 % der Patienten klagen postoperativ über erhebliche Störungen des Wohlbefindens. Die Krankheitsbilder werden unter dem Überbegriff »Syndrome des operierten Magens« subsummiert.
3.9.1
3.9.1
Frühdumpingsyndrom
Frühdumpingsyndrom
Pathogenese. Nach Magenteilresektionen, insbesondere nach Billroth II oder Roux-Y kommt es zu einem raschen Übertritt von unverdünntem hyperosmolarem Speisebrei in das Jejunum. Zum Konzentrationsausgleich erfolgt der Übertritt von Flüssigkeit in das Darmlumen. Dies kann zu einem orthostatischen Kollaps führen.
Pathogenese. Nach Magenteilresektionen, insbesondere nach Billroth II
Symptome. Innerhalb von 30 min nach Nahrungsaufnahme kommt es zu Übelkeit und vermehrtem Schwitzen, bis hin zum Kollaps.
Symptome. Innerhalb 30 Minuten nach Nahrungsaufnahme (besonders bei
Diagnose. Nach Gastroskopie zum Ausschluss anderer Erkrankungen wird die Diagnose durch eine MDP oder eine Isotopen-Testmahlzeit mit Bestimmung der Magenentleerungszeit gestellt.
Diagnose. Eine Gastroskopie dient zum Ausschluss anderer Erkrankungen
Therapie. Primär sollten Süßigkeiten und stark zuckerhaltige Speisen ebenso wie Milchprodukte vermieden werden und in Form häufigerer kleinerer Mahlzeiten mit Trennung von fester und flüssiger Nahrungsaufnahme erfolgen. Ansonsten ist die operative Umwandlung in ein Rekonstruktionsverfahren nach Billroth I vorzunehmen, oder alternativ eine Jejunuminterposition oder eine Reservoirbildung durchzuführen.
Therapie. Primär sollte ein Therapieversuch mit Umstellung der Ernäh-
3.9.2
3.9.2
Spätdumpingsyndrom
oder Roux-Y kommt es aufgrund des fehlenden Verschlussmechanismus zum Intestinum zu einem raschen Übertritt von unverdünntem und somit hyperosmolarem Speisebrei in das Jejunum. Durch das Konzentrationsgefälle zum Blut erfolgt zum Konzentrationsausgleich der Übertritt von Flüssigkeit aus dem Intravasalraum in das Darmlumen. Hierdurch kann dem Organismus bis zu 20 % des zirkulierenden Plasmavolumens entzogen werden. Dies kann zu einem orthostatischen Kreislaufkollaps führen.
hyperosmolaren Lösungen wie Süßspeisen, Bouillon, Zucker, Milch) kommt es zu Übelkeit und vermehrtem Schwitzen, bis hin zum Kollaps.
als Ursache der geklagten Beschwerden. Der Beweis für das Vorliegen eines Frühdumping erfolgt durch eine Magen-Darm-Passage (MDP) oder einer isotopenmarkierten Testmahlzeit, bei denen die Magenentleerungszeit bestimmt wird.
rungsgewohnheiten durchgeführt werden. Dabei sind Süßigkeiten und stark zuckerhaltige Speisen ebenso wie Milchprodukte zu vermeiden. Die Nahrungsaufnahme sollte in Form häufigerer kleinerer Mahlzeiten unter Trennung von fester und flüssiger Nahrungsaufnahme erfolgen. Gelingt es hiermit nicht, eine deutliche Besserung zu erreichen, so ist die operative Umwandlung in ein Rekonstruktionsverfahren nach Billroth I durchzuführen. Die Umwandlung eines Billroth-II-Magens in einen Billroth-I-Magen ist allerdings technisch oft nicht durchführbar, weshalb als Ausweichverfahren die Interposition von Jejunum (Gastro-Jejuno-Duodenostomie) oder die Reservoirbildung bei nach Roux-Y operierten Mägen zur Verfügung stehen.
Spätdumpingsyndrom
Pathogenese. Aus dem Dünndarm wird proportional mehr Glukose je Zeiteinheit in das portale Blutsystem aufgenommen, was zur vermehrten Insulinausschüttung führt. Daraus resultiert eine Hyperinsulinämie, gefolgt von extremen Blutzuckerschwankungen mit anfänglichen Hyperglykämien und anschließenden Hypoglykämien.
Pathogenese. Da die Speise aus dem Restmagen in größeren Mengen
Symptome. Typisch sind Übelkeit, Herzrasen, Schwindel und Synkopen 2–3 h postprandial.
Symptome. Typisch für das Spätdumping sind Übelkeit, Herzrasen, Schwin-
schneller an den nachfolgenden Dünndarm weitergegeben wird, als es bei einem funktionierenden Pylorus der Fall wäre, wird aus dem Dünndarm proportional mehr Glukose je Zeiteinheit in das portale Blutsystem aufgenommen. Die hierdurch ausgelöste vermehrte Insulinausschüttung führt ca. 2–3 Stunden nach Nahrungsaufnahme zu einer Hyperinsulinämie, die zu extremen Blutzuckerschwankungen führt. Anfänglich treten Hyperglykämien auf, auf die hypoglykämische Phasen folgen.
del und Synkopen 2–3 Stunden postprandial.
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3.9.4 Schlingensyndrome
Diagnose. Die Diagnose wird durch die Bestimmung der Blutzuckerwerte
Diagnose. Die Diagnose wird durch Blutzuckerbestimmung gestellt.
Therapie. Die Behandlung erfolgt in erster Linie analog zum Frühdumping
Therapie. Die Behandlung erfolgt in erster Linie analog zum Frühdumping diätetisch, bei Beschwerdepersistenz operativ.
im Rahmen eines Glukosebelastungstestes gestellt.
diätetisch. Bei Beschwerdenpersistenz ist auch hier die Umwandlungsoperation angezeigt.
3.9.3
Postvagotomie-Syndrom
3.9.3 Postvagotomie-Syndrom
Pathogenese. Durch die Denervierung des Magens im Rahmen einer selektivproximalen Vagotomie (SPV), besonders in Verbindung mit einer zirkulären Myotomie des Ösophagus, kommt es unmittelbar postoperativ zu einer Funktionsstörung der Kardia mit Motilitätsverlust. Weiterhin können Magenentleerungsstörungen auftreten, besonders bei iatrogener zu weit nach distal geführter Vagotomie.
Pathogenese. Durch die Denervierung des Magens bei einer SPV kommt es postoperativ zu einer Funktionsstörung der Kardia mit Motilitätsverlust.
Symptome. Es kann – meist vorübergehend – zur Ausbildung von Dysphagie- und Refluxbeschwerden kommen. Wurde eine trunkuläre Vagotomie durchgeführt, ist zusätzlich die parasympathische Innervation des Dünndarms und der Leber unterbrochen, sodass es zu einer Beschleunigung der Darmpassage evtl. in Kombination mit einer Störung des Gallensäurenstoffwechsels und Änderung der intestinalen Bakterienflora kommt. Dies führt bei 20–30 % der Patienten nach trunkulärer Vagotomie zu persistierenden Diarrhöen mit Gewichtsverlusten. Bei Patienten mit selektiv gastraler Vagotomie sind diese Beschwerden wesentlich seltener.
Symptome. Meist vorübergehend können Dysphagie- und Refluxbeschwerden auftreten. Nach trunkulärer Vagotomie kann durch Störung der parasympathischen Innervation eine Beschleunigung der Darmpassage, Störung des Gallensäurenstoffwechsels und Änderung der Bakterienflora auftreten. Dies kann zu persistierenden Diarrhöen mit Gewichtsverlusten führen. Bei Patienten mit selektiv gastraler Vagotomie sind diese Beschwerden seltener. Diagnostik. Ausschluss anderer Ursachen durch Gastroskopie und MDP.
Diagnostik. Da das Postvagotomie-Syndrom eine Ausschlussdiagnose dar-
stellt, sollten durch eine Gastroskopie und Magen-Darm-Passage (MDP) andere postoperative Syndrome als Ursachen der geklagten Beschwerden ausgeschlossen werden.
Therapie. Einen kausalen Therapieansatz gibt es nicht. Im Vordergrund stehen symptomatische Maßnahmen wie Ernährungsumstellung und Gabe von Diphenoxylat (ReasecQ), Loperamid oder bei chologenen Diarrhöen Cholestyramin zur Reduktion der Diarrhö. 3.9.4
Schlingensyndrome
Therapie. Es stehen symptomatische Maßnahmen wie Ernährungsumstellung, Gabe von Diphenoxylat (Reasec Q ), Loperamid oder bei chologenen Diarrhöen Cholestyramin im Vordergrund. 3.9.4 Schlingensyndrome
Bei den Schlingensyndromen handelt es sich um spezifische Folgeerkrankungen nach Billroth-II-Resektion. Es werden das Syndrom der zuführenden Schlinge von dem der abführenden Schlinge unterschieden.
Bei den Schlingensyndromen handelt es sich um spezifische Folgeerkrankungen nach Billroth-II-Resektion.
Syndrom der zuführenden Schlinge
Syndrom der zuführenden Schlinge
Pathogenese. Durch eine meist technisch-operativ bedingte Stenosierung
Pathogenese. Durch eine Stenosierung der zuführenden Schlinge im Bereich der Gastrojejunostomie kommt es zur Stase und Abflussbehinderung mit Keimbesiedlung. Tritt nur nach B-II-Rekonstruktion ohne Braun-Fußpunktanastomose auf.
Symptome. Das Syndrom der zuführenden Schlinge ist heute selten, da die
Symptome. Typisch sind Inappetenz, Völlegefühl, plötzliches Erbrechen und Diarrhöen.
Diagnostik. Durch die Gastroskopie kann die Diagnose gesichert werden.
Diagnostik. Die Diagnose wird durch Gastroskopie gesichert. Therapie. Die Umwandlungsoperation von Billroth II nach Roux-Y oder Billroth I
der zuführenden Schlinge im Bereich der Gastrojejunostomie, seltener durch Motilitätsstörungen kommt es zur Stase und Abflussbehinderung. Darauf pfropft sich eine Keimbesiedlung des keimarmen Darmsegments auf. Das Syndrom kann nur bei einer B-II-Rekonstruktion ohne Braun-Fußpunktanastomose auftreten.
distale 2⁄3-Resektion mit Rekonstruktion nach Billroth II heute kaum noch durchgeführt wird. Die Patienten klagen über zunehmende Inappetenz, Völlegefühl, plötzliches Erbrechen und Diarrhöen.
Therapie. Die Methode der Wahl ist die Umwandlung des nach Billroth II
operierten Magens in eine Rekonstruktion nach Roux-Y oder Billroth I. Ist
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3 Magen und Duodenum
ist die Methode der Wahl. Bei Risikopatienten kann alternativ eine BraunFußpunktanastomose als minimale Behandlungsmethode angelegt werden.
dies technisch nicht möglich oder ist der Patient ein Risikopatient, der einen längeren Eingriff nicht ohne erhebliche Gefährdung überstehen würde, so ist die Anlage einer Braun-Fußpunktanastomose als minimale Behandlungsmethode möglich.
Syndrom der abführenden Schlinge
Syndrom der abführenden Schlinge
Pathogenese. Hier liegt eine Abknickung, Anastomosenstenose oder Invagination mit Entleerungsstörung des Restmagens zugrunde.
Pathogenese. Diesem postoperativen Syndrom liegen eine Abknickung,
Symptome. Die klinischen Erscheinungen ähneln denen des Syndroms der zuführenden Schlinge.
Symptome. Die klinischen Erscheinungen ähneln mit Völlegefühl, Appetit-
Diagnose. Durch Endoskopie und MDP läßt sich die Diagnose einfach stellen.
Diagnose. Durch Endoskopie und Magen-Darm-Passage (MDP) (radiologisch typisch: Magenektasie) lässt sich die Diagnose einfach stellen.
Therapie. Die Umwandlung des Billroth-II- in einen Billroth-I-Magen stellt die beste Behandlungsmethode dar. Bei Risikopatienten ist die endoskopische Bougierung möglich.
Therapie. Die Umwandlung des Billroth-II-Magens in einen nach Roux-Y
3.9.5
3.9.5
Magenstumpfkarzinom
Definition
Anastomosenstenose oder selten auch Invagination zugrunde. Sie führen zu einer Entleerungsstörung des Restmagens.
losigkeit, Inappetenz und Erbrechen denen des Syndroms der zuführenden Schlinge.
oder Billroth I rekonstruierten Magen stellt die beste Behandlungsmethode dar. Alternativ kann bei Risikopatienten der Versuch der endoskopischen Bougierung der Stenose unternommen werden.
Magenstumpfkarzinom
n Definition. Ein Karzinom, das Jahre nach einer Magenteilresektion nach Billroth II wegen eines primär gutartigen Leidens im Magenrest entsteht, wird als Magenstumpf- oder Anastomosenkarzinom bezeichnet.
Pathogenese. Magenteilresezierte Patienten haben eine höhere Disposition zur Entwicklung eines Magenkarzinoms als die Normalpopulation. Als Ursache werden chronische Schleimhautveränderungen, vermehrter Gallereflux, veränderte bakterielle Besiedelung und Anazidität diskutiert.
Pathogenese. Vergleicht man die Disposition für die Entstehung eines
Symptome. Die Symptome ähneln denen des Magenkarzinoms und treten typischerweise 15–20 Jahre nach der Magenteilresektion auf. Deshalb sollten Patienten nach Magenteilresektion ab dem 15. Jahr post operationem jährlich gastroskopiert werden. Diagnostik Sie entspricht der bei primären Magenkarzinomen. Therapie. Bei operablem Befund sollte eine Gastrektomie mit radikaler Lymphadenektomie angestrebt werden. Alternativ können palliative Maßnahmen angewandt werden.
Symptome. Die Symptome ähneln denen des Magenkarzinoms. Typischerweise treten Stumpfkarzinome erst 15–20 Jahre nach der Magenteilresektion auf, weshalb Patienten nach Magenteilresektion ab dem 15. Jahr post operationem jährlich gastroskopiert werden sollten. Nur so ist ein Stumpfkarzinom frühzeitig diagnostizierbar und somit kurabel.
3.9.6
3.9.6
Rezidivulkus
Definition
Magenkarzinoms einer Normalpopulation mit der von magenteilresezierten Patienten, so zeigt sich eine erhöhte Inzidenz der Magenkarzinome bei den Magenresezierten. Bei nach Billroth II operierten Patienten ist die Inzidenz von Magenkarzinomen z.B. um das 3fache erhöht. Dies wird durch chronische Schleimhautveränderungen, vermehrten Gallereflux, veränderte bakterielle Besiedlung und Anazidität erklärt, wobei der genaue pathogenetische Zusammenhang noch nicht vollständig aufgeklärt ist.
Diagnostik. Sie entspricht der bei primären Magenkarzinomen. Therapie. Ist der Tumor operabel und der Patient in einem operablen Allgemeinzustand, sollte eine Restgastrektomie mit radikaler Lymphadenektomie angestrebt werden. Wenn diese nicht durchführbar ist, können palliative Maßnahmen wie beim Magenkarzinom angewandt werden.
Rezidivulkus
n Definition. Bei einem Rezidivulkus handelt es sich um das Wiederauftreten des Geschwürleidens im postoperativen Verlauf nach einer Ulkusoperation.
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3.9.7 Ulcus pepticum jejuni Die Häufigkeit von Rezidivulzera ist abhängig von der Primärlokalisation des Ulkus und der Art der operativen Ulkustherapie. So sind Ulkusrezidive bei Duodenalulzera häufiger als nach Ulcera ventriculi und treten nach Vagotomie häufiger wieder auf als nach Magenresektionen.
Ulkusrezidive sind bei Duodenalulzera häufiger als nach Ulcera ventriculi und treten nach Vagotomie häufiger wieder auf als nach Magenresektionen.
Pathogenese. Als Ursachen für Rezidivulzera werden mangelhafte Reduk-
Pathogenese. Als Ursachen für Rezidivulzera werden mangelhafte Reduktion der Säuresekretion durch inkomplette Vagotomie, ein zu großer Restmagen, Stenosierungen oder am Duodenalstumpf belassene Antrumreste angeführt.
tion der Säuresekretion durch inkomplette Vagotomie oder ein unzureichendes Resektionsausmaß mit zu großem verbliebenem Restmagen angeführt. Außerdem können Stenosierungen an der Anastomose durch narbige Schrumpfung oder technische Fehler sowie funktionelle Pylorusstenosen bei akzidenteller Durchtrennung des motorischen Vagusastes bei der selektiven proximalen Vagotomie (SPV) ursächlich sein. Sie führen zu einer Passagebehinderung mit Überdehnung des Magens und vermehrter Gastrinfreisetzung. Ein anderer Pathomechanismus wird durch am Duodenalstumpf belassene Antrumreste nach Rekonstruktionen nach Billroth II oder Roux-Y in Gang gesetzt. Die Antrumschleimhaut trägt G-Zellen, die ungehemmt Gastrin freisetzen und so zur Entstehung von Rezidivulzera führen können. Wird ein Rezidivulkus diagnostiziert, so ist in jedem Fall eine extragastrale Ursache auszuschließen. Hier kommen in erster Linie das Zollinger-EllisonSyndrom, ein Hyperparathyreoidismus oder Nebennierenrindentumoren in Frage.
Bei jedem Rezidivulkus sind extragastrale Ursachen (Zollinger-EllisonSyndrom, Hyperparathyreoidismus, Nebennierenrindentumoren) auszuschließen.
Symptome. Die klinischen Beschwerden ähneln im Wesentlichen denen des
Symptome. Die klinischen Beschwerden ähneln denen des primären Ulkus. Nach Vagotomie kann das klinische Bild beschwerdearm sein, da die afferenten sensorischen Vagusfasern des Magens bei der Operation durchtrennt wurden.
Diagnose. Die Diagnose wird durch eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie
Diagnose. Sie wird durch eine ÖGD mit Biopsie gestellt. Ein Zollinger-EllisonSyndrom wird durch einen Pentagastrintest (s. Kap. B-3.2.4), ein Hyperparathyreoidismus oder Nebennierenrindentumoren durch endokrinologische Diagnostik nachgewiesen.
Therapie. Durch konservative Behandlungsmaßnahmen (s. S. 334ff.) lassen
Therapie. Die konservative Therapie führt zur Ausheilung von ca. 50 % aller Rezidivulzera. Bei Therapieresistenz oder Komplikationen ist eine operative Reintervention indiziert. In Abhängigkeit von der Voroperation und dem aktuellen Befund ist eine Revagotomie, eine trunkuläre Vagotomie, eine Nachresektion oder eine Umwandlungsoperation möglich.
primären Ulkus (Oberbauchschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsabnahme), jedoch kann nach einer Vagotomie das klinische Bild beschwerdearm bis -frei sein. Die Ursache dafür ist in der Unterbindung der afferenten sensorischen Vagusfasern des Magens durch die Vagotomie zu sehen.
(ÖGD) mit Biopsie gestellt. Ein Pentagastrintest (s. Kap. B-3.2.4) dient zum Ausschluss eines Zollinger-Ellison-Syndroms. Einen Hyperparathyreoidismus oder Nebennierenrindentumoren kann man durch entsprechende endokrinologische Diagnostik nachweisen.
sich ca. 50 % aller Rezidivulzera zur Ausheilung bringen. Deshalb ist ein konservativer Therapieversuch angezeigt, sofern keine narbigen Stenosen mit der Symptomatik einer Magenausgangsstenose vorliegen. Lediglich bei Therapieresistenz oder dem Auftreten von Komplikationen (Stenose, Blutung, Perforation, Penetration, Fistelung) ist eine operative Reintervention indiziert. In solchen Fällen ist in Abhängigkeit von der Voroperation und dem aktuellen Befund eine Revagotomie, eine trunkuläre Vagotomie, eine Nachresektion oder eine Umwandlungsoperation möglich (s. S. 335ff.).
3.9.7
Ulcus pepticum jejuni
3.9.7
Ulcus pepticum jejuni
Pathogenese. Wenn bei einem Billroth-II-Magen oder Roux-Y-Magen die Säuresekretion nicht ausreichend reduziert wurde (zu großer Restmagen), kommt es zum ständigen Kontakt des sauren Magensekrets mit jejunaler Schleimhaut. Dadurch kann es zur Schädigung dieser Schleimhaut mit Ausbildung eines peptischen Ulkus – typischerweise an der Anastomose – kommen.
Pathogenese. Bei unzureichender Säurereduktion nach Billroth-II- oder Roux-Y-Resektion kommt es zur vermehrten Säurebelastung der jejunalen Schleimhaut mit Ausbildung eines peptischen Ulkus an der Anastomose.
Symptome. Das Ulcus pepticum jejuni erzeugt ähnliche Beschwerden wie ein primäres Magenulkus oder ein Rezidivulkus. Komplikationen sind Magenentleerungsstörungen, Bluterbrechen, Teerstühle und auch Diarrhöen. Bei kurz nach der Mahlzeit auftretenden Durchfällen, evtl. gepaart mit der Ausscheidung nicht oder nur unzureichend verdauter Nahrung, muss an das Vorliegen einer gastrojejunokolischen Fistel gedacht werden.
Symptome. Das Ulcus pepticum jejuni erzeugt Beschwerden wie ein primäres Magenulkus. Komplikationen sind Magenentleerungsstörungen, Bluterbrechen, Teerstühle und Diarrhöen. Bei kurz nach der Mahlzeit auftretenden Durchfällen muss an eine gastrojejunokolische Fistel gedacht werden.
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3 Magen und Duodenum
Diagnose. Das Ulkus wird endoskopisch, eine Fistel wird durch eine MDP dargestellt. Therapie Nachresektion mit proximaler gastraler Vagotomie.
Diagnose. Das Ulkus kann endoskopisch erkannt und bioptisch gesichert
3.9.8
3.9.8
Refluxgastritis
werden, eine Fistel wird durch eine Magen-Darm-Passage (MDP) dargestellt.
Therapie. Liegen keine Kontraindikationen vor, ist eine Nachresektion mit proximaler gastraler Vagotomie indiziert.
Refluxgastritis
Pathogenese. Durch Funktionsverlust des Pylorus kommt es zu einem verstärkten duodenogastralen Reflux. Die akute Schädigung führt zu einer erythemartigen oberflächlichen Gastritis. Die chronische Einwirkung wird u.a. für die Entstehung der chronisch atrophen Gastritis des Restmagens oder des Stumpfkarzinoms verantwortlich gemacht.
Pathogenese. Nach resektiven Mageneingriffen ist die Refluxbarriere »Pylorus« für den alkalischen Duodenalsaft verloren. Dadurch kommt es zu einem verstärkten duodenogastralen Reflux, der zu einer Steigerung der Exposition der Magenschleimhaut mit Gallensäuren und Lysolezithin führt. Die akute Schädigung erzeugt im Restmagen eine erythemartige oberflächliche Gastritis, die in den meisten Fällen nur endoskopisch nachweisbar ist. Die chronische Einwirkung dieser Noxen wird u. a. mit für die Entstehung der chronisch atrophen Gastritis des Restmagens oder des Stumpfkarzinoms verantwortlich gemacht.
Symptome. Die Refluxgastritis ist meist asymptomatisch, kann sich aber auch in Form von Völlegefühl, galligem Erbrechen und Inappetenz äußern.
Symptome. Die klinischen Beschwerden der Refluxgastritis sind uncharak-
Diagnose. Zur Diagnosestellung ist eine ÖGD, MDP und evtl. eine biochemische Analyse des Magensafts erforderlich.
Diagnose. Zur Diagnosestellung ist eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie
Therapie. Die konservative Therapie erfolgt mit Medikamenten, die die propulsive Magenperistaltik und somit die antegrade Magenentleerung fördern oder mit Antazida, die den alkalischen Reflux neutralisieren können. Bei Versagen der konservativen Therapie kann durch Roux-YGastroenterostomie der Kontakt des Duodenalsafts mit der Magenschleimhaut weitgehend vermieden werden.
Therapie. Zuerst sollte ein Therapieversuch mit Medikamenten durchge-
teristisch. Sie ist meist asymptomatisch, kann sich aber auch in Form von Völlegefühl, galligem Erbrechen und Inappetenz äußern.
(ÖGD) (endoskopische Zeichen einer Gastritis, Ausschluss einer anderen Erkrankung), Magen-Darm-Passage (MDP) (Reflux von Kontrastmittel in den Magen) und eine biochemische Analyse des Magensafts (Gehalt an Gallensäuren und Lysolezithin) erforderlich.
führt werden, die die propulsive Magenperistaltik und somit die antegrade Magenentleerung fördern. Zu diesen Medikamenten gehört z.B. das Metoclopramid (z.B. PaspertinQ). Außerdem ist die Verordnung von Antazida sinnvoll, die den alkalischen Reflux neutralisieren können (AluminiumMagnesiumantazida wie z.B. RiopanQ oder MaaloxQ). Gelingt es hiermit nicht, eine Besserung zu erreichen, kann durch die Roux-Y-Gastroenterostomie der Kontakt des Duodenalsafts mit der Magenschleimhaut weitgehend vermieden werden.
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Dünndarm
4
Dünndarm
Grundlagen
Michael Dürig 4.1
Grundlagen
4.1
4.1.1
Anatomie
4.1.1 Anatomie
Der Dünndarm erstreckt sich von der Flexura duodenojejunalis im linken Oberbauch bis zum Zäkum im rechten unteren Quadranten. Die arterielle Versorgung erfolgt über die A. mesenterica superior und die venöse Dränage über die V. mesenterica superior in das portale System. Seine Länge beträgt in vivo je nach Kontraktionszustand 2,5–3 Meter. Hiervon fallen 40 % auf das Jejunum und 60 % auf das Ileum. Die resorptionsfähige Oberfläche erstreckt sich auf ca. 10 m2.
4.1.2
Physiologie und Pathophysiologie
Die wesentliche Funktion des Dünndarms besteht in dem Transport und der Resorption von Energieträgern, Wasser, Elektrolyten, Gallensäuren, Vitaminen und Schwermetallen ( 1 B-4.1). Der proximale Dünndarm gilt hierbei als Hauptort der Resorption. Allerdings ist auch das Ileum zur Resorption aller Substanzen befähigt. Es wird jedoch erst dann beansprucht, wenn das proximale Transportsystem abgesättigt oder das proximale System krankhaft verändert ist. Das Ileum ist demzufolge als funktionelle Reserve zu betrachten. Es ist darüber hinaus der einzige Ort der aktiven Gallen- und Vitamin-B12Resorption. Aus diesem Grund ist der funktionelle Ausfall des Ileums klinisch bedeutsamer als der Verlust des proximalen Jejunums. Voraussetzung der Resorption ist die enzymatische Spaltung der 3 Energieträger Kohlehydrate, Eiweiße und Fette. Diese Spaltung wird vornehmlich durch die Sekrete von Speicheldrüsen, Magen, Bauchspeicheldrüse und Leber (Galle) induziert. Niedermolekulare Substanzen wie Disaccharide
1 B-4.1
40 % des Dünndarms entfallen auf das Jejunum. Der Rest von 60 % wird dem Ileum zugeordnet. Die arterielle Versorgung erfolgt über die A. mesenterica superior, die venöse Dränage über die V. mesenterica superior in das portale System. Die Gesamtlänge in vivo beträgt 2,5–3 Meter. Die resorptionsfähige Oberfläche beträgt ca. 10 m 2 . 4.1.2 Physiologie und Pathophysiologie Die wesentliche Funktion des Dünndarms besteht in dem Transport und der Resorption von Energieträgern, Wasser, Elektrolyten, Gallensäuren, Vitaminen und Schwermetallen ( 1 B-4.1). Das Ileum ist der einzige Ort der aktiven Gallen- und Vitamin-B 12Resorption. Aus diesem Grund ist der funktionelle Ausfall des Ileums klinisch bedeutsamer als der Verlust des proximalen Jejunums, zumal es alle Aufgaben des Jejunums übernehmen kann. Störungen der Resorption werden als Malabsorption, ein mangelhafter Nahrungsaufschluss als Maldigestion bezeichnet. Beide Funktionsstörungen
Synopsis Transport und Resorption im Gastrointestinaltrakt
Eisen Folsäure Mineralien
Aminosäuren Peptide Fette
Gallensäure Vitamin B12
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4 Dünndarm
werden als Malassimilation zusammengefasst.
Im Dünndarm erfolgt auch eine Sekretion gastrointestinaler Hormone ( 2 B-4.1).
2 B-4.1
werden teilweise vom Dünndarmepithel selbst gespalten. Den Gesamtvorgang nennt man Verdauung oder Digestion. Störungen der Resorption werden als Malabsorption bezeichnet. Ein mangelhafter Nahrungsaufschluss wird hingegen Maldigestion genannt. Beide Funktionsstörungen werden als Malassimilation zusammengefasst. Neben der Resorption und Transportfunktion erfolgt auch im Dünndarm die Sekretion von gastrointestinalen Hormonen unterschiedlicher biologischer Wirkung ( 2 B-4.1).
Sekretion gastrointestinal regulatorischer Peptide im Dünndarm
Sekretionsort
Peptid
Funktion
N Duodenum oder n Jejunum
N Motilin n
π
N Cholezystokinin n
π π π π π
N Sekretin n
π
π π
N Ileum n
N Enteroglukagon n
π
N Neurotensin n
π π
N Peptid YY n
π π
Steigerung der Darmmotilität Steigerung der Pankreassekretion Stimulation der Gallenblasenkontraktion Relaxation des Sphincter Oddi Hemmung der Magenmotorik Stimulation der Duodenalmotorik Stimulation der Bikarbonatproduktion in Pankreas und Leber Stimulation der Galleproduktion in der Leber Hemmung der gastrinstimulierten Magensekretion und -motilität Hemmung der Magensäureproduktion Regulation der Fettresorption intestinale Vasodilatation Hemmung der Pankreassekretion Hemmung von Säuresekretion und Magenentleerung
Eine IgA-Produktion durch Plasmazellen in die Dünndarmzotten spricht für eine zusätzliche immunologische Aufgabe des Dünndarmes.
Der Nachweis einer IgA-Produktion durch Plasmazellen in den Dünndarmzotten spricht für eine zusätzliche immunologische Aktivität, zumal IgA sowohl in das Darmlumen, als auch in die Blutbahn entlassen wird. Es ist bekannt, das IgA den alternativen Komplementweg über C3b im humanen Abwehrsystem aktivieren kann. Die vollständige immunologische Aufgabe ist jedoch noch nicht geklärt.
4.2
4.2
Malassimilationssyndrom (Maldigestion/Malabsorption)
Malassimilationssyndrom (Maldigestion/Malabsorption)
Definition
n Definition. Das Maldigestionssyndrom ist definiert als eine Störung der Verdauungsfunktion in Folge Krankheit oder Anomalie, bei der die Aktivität pankreatischer Verdauungsenzyme, die Gallensäurekonzentration oder die Aktivität digestiver Dünndarmenzyme vermindert ist oder fehlt.
Definition
n Definition. Beim Malabsorptionssyndrom liegt eine Resorptionsstörung der Nahrungsendprodukte durch eine defekte Membranfunktion der Enterozyten ohne morphologische Veränderungen (primäre Malabsorption) der Mukosa vor. Andererseits kann die Malabsorption durch eine Verminderung des Resorptionsepithels bei gleichzeitigen morphologischen Veränderungen der Mukosa (sekundäre Malabsorption) oder durch eine Abflussbehinderung (z.B. innere Fistelbildung) bedingt sein.
Ätiologie s.
2
B-4.2.
Ätiologie. Bei den zahlreichen Ursachen der Malassimilation sollen in der
2 B-4.2 nur diejenigen erwähnt werden, die von chirurgischer Bedeutung sind oder werden können.
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4.2 Malassimilationssyndrom (Maldigestion/Malabsorption)
2 B-4.2
Ursachen der Malassimilation
Maldigestion
Malabsorption
n N N n N n N n N n
n N N n N n N n N n N n N n N n N n N n
Cholestase Pankreasinsuffizienz ungenügende Nahrungsdurchmischung bakterielle Überwucherung Medikamente
Zöliakie tropische Sprue Infektionen Strahlenschäden mesenteriale Ischämie Enzymdefekte Morbus Crohn Morbus Whipple Kurzdarmsyndrom stark beschleunigte Darmpassage
Symptome. Das Leitsymptom Gewichtsverlust beim Malassimilationssyndrom wird sowohl durch eine Fehlresorption, eine bewusst verminderte Nahrungsaufnahme zur Vermeidung von Symptomen als auch einen gesteigerten enteralen Verlust (Albumin) bestimmt. In Abhängigkeit von der Dauer der Malabsorption können Mangelsymptome auftreten, die teils klinisch und teilweise labormedizinisch erfassbar sind. Der Mangel an fettlöslichem Vitamin A führt zu einer Hyperkeratose und Ekchymosen. Eine Blutungsneigung (z.B. Hämaturie) ist durch Vitamin-K-Mangel bedingt und Parästhesien, Tetanie und Knochenschmerzen finden ihre Ursache in einer verminderten Resorption von Vitamin D und Kalzium. Die Malabsorption von wasserlöslichen B-Vitaminen kann zu Glossitis, Cheilosis, Dermatitis und peripherer Neuropathie führen. Eine Anämie ist vorwiegend durch die Malabsorption von Eisen und Folsäure und weniger von Vitamin B12 zu beobachten. Ödeme und Aszites sind Folge eines gesteigerten enteralen Verlustes von Eiweiß. Die Malabsorption von Gallensäuren muss durch eine entsprechende Mehrsynthese der Leber kompensiert werden. Übersteigt der Verlust von Gallensäuren den Kompensationsmechanismus kommt es zur Störung der Emulgierung von Fetten durch Galle und damit zur chronischen Diarrhö mit oft voluminösen Fettstühlen (Steatorrhö). Zusätzlich ist das Malassimilationssyndrom durch folgende Symptome gekennzeichnet: π Anorexie π Flatulenz π Meteorismus π Muskelschwund π Borborygmen (Geräusche des mit Gas gemischten Darminhaltes als Folge der peristaltischen Bewegung). Diagnostik der Malabsorption. Das Ziel der Diagnostik ist es, die Ursache und den Schweregrad der Erkrankung zu definieren. Die erforderlichen Laboruntersuchungen zur Bestimmung des Schweregrades sind in 2 B-4.3 zusammengefasst.
2 B-4.3
359
Symptome. Das Leitsymptom Gewichtsverlust beim Malassimilationssyndrom wird durch eine Fehlresorption, eine bewusst verminderte Nahrungsaufnahme zur Vermeidung von Symptomen als auch einen gesteigerten enteralen Verlust (Albumin) bestimmt. In Abhängigkeit von der Dauer der Malabsorption können Mangelsymptome auftreten: Hyperkeratose, Ekchymosen (Vitamin-A-Mangel), Hämaturie (Vitamin-K-Mangel), Parästhesien, Tetanie, Knochenschmerzen (verminderte Resorption von Vitamin D und Kalzium), Glossitis, Cheilosis, Dermatitis, periphere Neuropathie (Malabsorption von B-Vitaminen), Anämie (Malabsorption von Eisen, Folsäure, Vitamin B 12 ), Ödeme und Aszites (vermehrter enteraler Eiweißverlust), Fettstühle (Malabsorption von Gallensäuren). Zusätzliche Symptome des Malassimilationssyndroms sind: π Anorexie π Flatulenz π Meteorismus π Muskelschwund π Borborygmen. Diagnostik der Malabsorption. Laboruntersuchungen s. 2 B-4.3.
Diagnostik der Malabsorption
Funktionsdiagnostik
Morphologische Diagnostik
direktes Verfahren
N Dünndarmbiopsie n
N Bilanzuntersuchung n (titrimetrische Erfassung der Fettsäure)
N Bakteriologie n
indirekte Verfahren n D-Xylose-Test N N Schilling-Test n N 14 C-Glykocholat-Exhalationstest n N 51 Cr-Albumin-Ausscheidung n
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360
4 Dünndarm
Der Nachweis einer Malabsorption für Fett bei normaler Serumkonzentration für Eisen und Folsäure spricht für eine pankreatogene Ätiologie. Mit dem D-Xylose-Test lässt sich mit hoher Spezifität und Sensitivität ein Mukosaschaden beweisen.
Der Nachweis einer Malabsorption für Fett und damit der Vitamine A, D, E und K bei normalen Serumkonzentrationen für Eisen und Folsäure spricht eher für eine pankreatogene Ätiologie als für einen Mukosaschaden. Die Diagnose kann mit einem D-Xylose-Test verifiziert werden, da dieser Test mit einer hohen Spezifität und Sensitivität einen Mukosaschaden beweisen lässt.
π Dünndarmbiopsie: zur Diagnose von Zöliakie, tropischer Sprue, intestinaler Lymphangiektasie, Morbus Whipple und Amyloidose.
π Dünndarmbiopsie: Die Dünndarmbiopsie gestattet eine sichere Aussage über die Ursachen der Erkrankung. Sie ist wesentlich für die Diagnose der Zöliakie, der tropischen Sprue, der intestinalen Lymphangiektasie des Morbus Whipple und der Amyloidose.
π Röntgenkontrastuntersuchung: Sie erlaubt die Erkennung anatomischer Besonderheiten – wie z.B. jejunale Divertikulose, Strikturen bei Morbus Crohn, Strahlenenteritis, Dünndarmischämie oder intestinale Tumoren ( 1 B-4.2).
π
1 B-4.2
Röntgenkontrastuntersuchung: Der Kontrastmitteluntersuchung, vorzugsweise über eine nasoduodenale Sonde, muss eine exakte Fragestellung zugrunde liegen. Sie gestattet die Differenzierung anatomischer Besonderheiten wie jejunale Divertikulose, Strikturen beim Morbus Crohn, Strahlenenteritis, Dünndarmischämie und intestinale Tumoren ( 1 B-4.2). Die dynamische Untersuchung erlaubt gleichzeitig eine Aussage über Motilitätsstörungen.
Synopsis Röntgenkontrastuntersuchung nach Sellink bei Malabsorption
b Op-Befund des Tumors. Histologisch wurde ein Leiomyom des Dünndarms nachgewiesen.
a Sellink-Passage mit pathologischem Befund ( Á Tumor).
π
Ultraschall und Computertomographie (CT): Die Computertomographie kann eine ergänzende Untersuchung darstellen.
Für die Sonographie gibt es eine Reihe von Indikationen. Bei Morbus Crohn hat sie eine Spezifität von 88 % und eine Sensitivität von 76 %.
Ultraschall und Computertomographie (CT): Die Computertomographie kann eine ergänzende Untersuchung darstellen und gestattet eine Aussage über gleichzeitige Erkrankungen von Gallenblase, Leber und Pankreas, sowie die topographischen Beziehungen unterschiedlicher Dünndarmtumoren. Für die Sonographie gibt es eine Reihe von Indikationen und klinischen Situationen, die eine diagnoseweisende therapeutisch relevante morphologische Aussage erlauben. Hierzu gehören entzündlich proliferativ verdickte Darmsegmente wie bei Morbus Crohn mit einer Spezifität von 88 % und einer Sensitivität von 76 %.
π
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361
4.2.1 Blindsacksyndrom/Syndrom der blinden Schlinge 4.2.1
Blindsacksyndrom/Syndrom der blinden Schlinge
n Definition. Beim Blindsacksyndrom/Syndrom der blinden Schlinge handelt es sich um eine stasebedingte bakterielle Übersiedlung durch eine quantitative und qualitative Veränderung der Bakterienflora. Dadurch kommt es zur Malassimilation von Nahrungsbestandteilen, insbesondere von Nahrungsfetten und Vitamin B12.
Ätiologie. Generell kann nach jedem Abdominaleingriff durch Adhäsionen und Strikturen eine Stase des Dünndarminhalts mit bakterieller Überwucherung auftreten. Bevorzugt sind jedoch Zustände nach resezierenden Darmoperationen. Hierzu gehören der Verlust der Ileozäkalklappe, Enterokolostomien, Dünndarmdivertikel und ausgedehnte Dünndarmresektionen. Laterolaterale sowie terminolaterale Darmanastomosen sind ebenfalls betroffen ( 1 B-4.3). Andererseits besteht beim komplizierten Morbus Crohn bereits präoperativ eine vermehrte intestinale Keimproliferation aufgrund einer vorhandenen Stase, Inkompetenz der Ileozäkalklappe mit Reflux oder Fistelbildung. Das klassische Krankheitsbild der pathologischen Keimbesiedlung liegt bei der Divertikulose des Jejunums vor.
1 B-4.3
a
4.2.1 Blindsacksyndrom/Syndrom der blinden Schlinge Definition
Ätiologie. Nach jedem Abdominaleingriff kann es durch Adhäsionen und Strikturen zur Stase des Dünndarminhalts mit bakterieller Überwucherung kommen. Bevorzugt tritt dieser Zustand nach resezierenden Darmoperationen auf ( 1 B-4.3). Das klassische Krankheitsbild der pathologischen Keimbesiedlung liegt bei der Divertikulose des Jejunums vor.
Synopsis Blindsacksyndrom Stenosen (a), Divertikel, blind endende Darmschlingen (b) (Seit-Seit-Anastomosen) und End-Seit-Anastomosen (c) können zu einer Beeinträchtigung der Darmmotilität mit Stase führen. Hierdurch werden die Voraussetzungen für eine bakterielle Übersiedlung geschaffen.
b
c
Therapie. Die therapeutischen Maßnahmen bestehen primär in einer Sub-
stitutionsbehandlung der Malabsorption. Sind anatomische Veränderungen für die Malabsorption verantwortlich, ist eine operative Korrektur mit Wiederherstellung der Darmkontinuität oder einer Fokusbeseitigung angezeigt.
Therapie. Primär steht die Substitutionsbehandlung der Malabsorption im Vordergrund.
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362 4.2.2 Kurzdarmsyndrom Definition
4 Dünndarm 4.2.2
Kurzdarmsyndrom
n Definition. Das Kurzdarmsyndrom ist beim Erwachsenen meistens Folge ausgedehnter Dünndarmresektionen im Rahmen eines Mesenterialinfarktes oder wiederholter Darmresektionen beim Morbus Crohn. Es ist definiert durch: π eine inadäquate Darmlänge π Diarrhöen π Fettstühle π Gewichtsverlust π Unterernährung π beschleunigtem gastrointestinalen Transit π Hypergastrinämie π Elektrolytverlust.
Ätiologie. Ursache ist die Verminderung der resorptionsfähigen Oberfläche. Die Resektion von 50 % des Dünndarms ist ohne Folgen für die Resorption möglich. Unterschreitet die verbliebene Dünndarmlänge 1 Meter, wird eine lebenslange Substitutionstherapie erforderlich. Die mangelhafte Resorption von Gallesalzen führt zu einer vermehrten Gallensteinbildung. Die Resorption von ungebundenen Oxalaten führt zur Oxalatsteinbildung in den ableitenden Harnwegen.
Ätiologie. Als Ursache der Malabsorption ist die Verminderung der resorpti-
Therapie. Eine Adaptation des verbliebenen Dünndarms ist über Monate hinaus möglich. Unter gleichzeitiger enteraler und parenteraler Ernährung weist eine Abnahme der Diarrhöen und eine Zunahme des Körpergewichts darauf hin. Bei Ausbleiben einer Adaptation wird eine lebenslange parenterale Substitution erforderlich. Antiperistaltische Medikamente (z.B. Loperamid) können die Passagezeit, und somit die Resorption verbessern.
Therapie. In Abhängigkeit der resezierten Darmanteile kann es im Verlauf
onsfähigen Oberfläche zu betrachten. Es gilt allgemein, dass 50 % des Dünndarms ohne schwerwiegende Resorptionsstörungen reseziert werden können. Eine darüber hinausgehende Verkürzung hat proportional zum Dünndarmverlust eine progrediente Malabsorption zur Folge. Das postoperative Unterschreiten von 1 Meter Dünndarm verlangt eine lebenslange Substitutionstherapie. Infolge des Kurzdarmsyndroms kommt es bei verminderter oder fehlender Resorption von Gallesalzen zu einer vermehrten Gallensteinbildung. Durch die Präzipitation von Kalzium mit den nicht resorbierten Fettsäuren werden Oxalate ungebunden resorbiert und führen zu einer Zunahme der Oxalatsteinbildung in den ableitenden Harnwegen.
Operative Maßnahmen sind in der Behandlung des Kurzdarmsyndroms wenig erfolgreich. Eine Heilung kann nur von der Dünndarmtransplantation erhofft werden.
von Monaten bis zu 2 Jahren zur Adaptation des Restdarms kommen, wobei dieser Prozess eher bei einem vorhandenen Ileum nach proximaler Resektion als bei verbliebenem Jejunum zu erwarten ist. Unter enteraler und intermittierender parenteraler Ernährung weist eine Abnahme der Diarrhöen und eine Zunahme des Körpergewichts auf diesen Vorgang hin. Bleibt eine Adaptation aus, sind diese Patienten auf eine lebenslange parenterale Ernährung angewiesen. Antiperistaltische Medikamente (z.B. Loperamid) sind unerlässlich, um die Passagezeit und damit die Kontaktzeit zwischen Darminhalt und Mukosa zu verlängern. Liegt eine Ileumresektion mit einer Gallesalzdiarrhö vor, ist die Bindung der Gallesalze durch Cholestyramin angezeigt. Unter dieser Medikation kann es jedoch zu einer Vermehrung der Fettstühle kommen. Die operativen Therapiemöglichkeiten sind eingeschränkt und haben bisher zu keiner überzeugenden Beeinflussung des Krankheitsbildes geführt, sodass die Hoffnungen weiterhin auf die Dünndarmtransplantation ausgerichtet sind.
4.2.3 Strahlenenteropathie
4.2.3
Definition
Ätiologie. Zu Strahlenschäden kommt es durch die unvermeidliche Mitbestrahlung benachbarter Darmabschnitte bei einer abdominellen Radiotherapie. Symptome. Es treten Früh- und Spätreaktionen mit einer Inzidenz von 4–29 % auf.
Strahlenenteropathie
n Definition. Die Strahlenenteropathie ist ein durch Bestrahlung eingetretener Verlust an Mukosazellen mit konsekutiver Malabsorption von Fett, Bikarbonat, Eiweiß und Gallesalzen.
Ätiologie. Zu Strahlenschäden des Darmes kommt es durch die unvermeidliche Mitbestrahlung benachbarter Darmabschnitte im Rahmen einer Radiotherapie abdominaler Tumoren und Tumormetastasen. Symptome. Es treten Früh- und Spätreaktionen mit definierten klinischen Verläufen auf. In Abhängigkeit von Strahlendosis, Strahlenfeld und Fraktionierung wird die Inzidenz zwischen 4–29 % angegeben.
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363
4.4.1 Meckel-Divertikel π Akute Darmschäden: Als Frühreaktion beginnt wenige Stunden nach der ersten Bestrahlung die Hyperämie mit Ödembildung und entzündlicher Veränderung der Darmschleimhaut, der schließlich ein Verlust an Mukosazellen mit konsekutiver Malabsorption von Fett, Bikarbonat, Eiweiß und Gallesalzen folgt. Das Krankheitsbild ist durch Übelkeit, Tenesmen und wässrige bis blutige Diarrhöen charakterisiert und erstreckt sich in der Regel nur über die Dauer der Bestrahlung.
Spätschäden: Zu den Spätfolgen gehören Obstruktion mit rezidivierender Ileussymptomatik, Perforation, Blutung, Malabsorption und Fisteln. Die aktinischen Fisteln können sich mit Vagina, Harnblase, Haut, Kolon und Rektum verbinden.
π
Therapie. Akute Darmschäden können therapeutisch meist medikamentös
durch Spasmolytika und diätetisch durch Elementardiäten mit frühzeitiger Resorption im Darmtrakt beherrscht werden. Aktinische Spätschäden am Dünndarm zwingen häufig zur chirurgischen Intervention. Als Operationsverfahren bieten sich an: π die Resektion umschriebener Dünndarmsegmente mit primärer Reanastomosierung, π die Umgehung (innerer Bypass) des geschädigten Dünndarmanteils mit enteroenteraler oder enterokolischer Anastomose, π die Ausschaltung des befallenen Darmsegments durch ein passageres oder definitives Ileostoma.
Komplikationen. Die operativen Eingriffe am aktinisch geschädigten Dünn-
darm sind mit einer hohen Komplikationsrate belastet. Die Letalität wird nach derartigen Eingriffen zwischen 15–37 % angegeben. Die Nahtinsuffizienz kann bis zu 50 % erreichen. Intraabdominale Infekte und Wundheilungsstörungen im strahlengeschädigten Bereich bestimmen die Morbidität des postoperativen Verlaufs.
Prophylaxe. Zu den chirurgischen Maßnahmen, den Dünndarm möglichst
aus dem Strahlenfeld herauszuhalten, gehören die Implantation resorbierbarer Netze (z.B. DexonQ, VicrylQ, die sich innerhalb von 6–8 Wochen auflösen und die vollständige Motilität des Dünndarms wieder freigeben), die Einlage raumfüllender Materialien (z.B. Silikonkissen), die gestielte Netzplombe mit dem Omentum majus und die Zystopexie.
Akute Darmschäden: Übelkeit, Tenesmen und wässrige bis blutige Diarrhöen bestehen in der Regel bis Ende der Strahlentherapie.
π
Spätschäden: Obstruktion mit rezidivierender Ileussymptomatik, Perforation, Blutung, Malabsorption und Fisteln. Die aktinischen Fisteln können sich mit Vagina, Harnblase, Haut, Kolon und Rektum verbinden. Therapie. Akute Darmschäden lassen sich medikamentös mit Spasmolytika, diätetisch durch Elementardiäten mit frühzeitiger Resorption im Darmtrakt therapieren. Aktinische Spätschäden am Dünndarm zwingen häufig zur chirurgischen Intervention.
π
Komplikationen. Die operativen Eingriffe am aktinisch geschädigten Dünndarm sind mit einer hohen Komplikationsrate belastet (Letalität 15–37 %, Nahtinsuffizienz bis 50 %). Hohe Morbidität durch intraabdominale Infekte und Wundheilungsstörungen. Prophylaxe. Es gibt verschiedene chirurgische Maßnahmen, den Dünndarm möglichst aus dem Strahlenfeld herauszuhalten (z.B. durch Implantation resorbierbarer Netze).
Missbildungen/Lageanomalien
4.3
Missbildungen/Lageanomalien (s. Kap. B-23).
4.4
Dünndarmdivertikel
4.4
Dünndarmdivertikel
4.4.1
Meckel-Divertikel
4.4.1 Meckel-Divertikel
4.3
(s. Kap. B-23).
n Definition. Das Meckel-Divertikel ist ein kongenitales Divertikel, das aus Resten des Ductus omphaloentericus besteht. Es gilt als häufigste Anomalie des Gastrointestinaltrakts. Die Inzidenz beträgt 0,5–3 %.
In 90 % der Fälle wird es innerhalb eines Meters antimesenterial und oral der Ileozäkalklappe gefunden. Die Blutversorgung erfolgt unabhängig vom angrenzenden Ileum. Das Divertikel kann ektope Schleimhaut enthalten. In 30–50 % wird Magenschleimhaut beobachtet, seltener ektopes Pankreasgewebe (5 %). Der Rest verteilt sich auf Kolon-, Jejunum- und Duodenalschleimhaut ( 1 B-4.4).
Definition
Es wird am häufigsten bis zu 1 Meter antimesenterial und oral der Ileozäkalklappe vorgefunden. Das Divertikel kann ektope Magen(30–50%) und Pankreasschleimhaut (5%) beinhalten ( 1 B-4.4).
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364
4 Dünndarm
1 B-4.4
Meckel-Divertikel
Diagnose. Im Kindesalter kann die Diagnose mit hoher Sensitivität und Spezifität mit der Na- 99mTc-Pertechnetat-Szintigraphie gesichert werden. Dieses Verfahren ist jedoch beim Erwachsenen weniger zuverlässig.
Diagnose. Sie wird selten präoperativ gestellt. Bei einer gastrointestinalen
Symptome. Das Meckel-Divertikel wird erst bei Auftreten von Komplikationen symptomatisch. Das klinische Bild kann jede intraabdominale Erkrankung vortäuschen.
Symptome. Das Meckel-Divertikel bleibt meist symptomlos und wird erst
Zu den Komplikationen gehören: π Ulzeration, Blutung, Perforation π Invagination π Darmverschluss durch Adhäsion π Divertikulitis π maligne Entartung.
Blutung, insbesondere bei Kindern, mit Verdacht auf eine ektope Ulzeration kann die Diagnose mit hoher Sensitivität und Spezifität mit der Na-99mTcPertechnetat-Szintigraphie gesichert werden, da sich das Na-Pertechnetat in der Magenschleimhaut anreichert. Dieses Verfahren ist jedoch beim Erwachsenen weniger zuverlässig.
bei Auftreten von Komplikationen (s.u.) symptomatisch. Das klinische Bild kann jede intraabdominale Erkrankung vortäuschen. Hierzu gehören die atypische Appendizitis, die akute gastrointestinale Blutung und selten die Ulkusperforation mit einer Peritonitis. Zu den Komplikationen gehören: π Ulzeration, Blutung, Perforation π Invagination π Darmverschluss durch Adhäsion π Divertikulitis π maligne Entartung.
1 B-4.5
Synopsis Therapie des Meckel-Divertikels
Die Therapie des symptomatischen Meckel-Divertikels besteht in der Resektion. Hierbei wird nach Ligatur der eigenständigen Gefäßversorgung die Basis reseziert und das Darmlumen wieder quer vernäht. Bei sehr großen Divertikeln kann eine Dünndarmsegmentresektion erforderlich werden.
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365
4.4.2 Divertikulose des Dünndarms
Therapie. Das symptomatische Divertikel wird operativ entfernt. Es wird in
seiner Basis längs exzidiert und der Darm anschließend wieder quer verschlossen. Große Divertikel können eine Segmentresektion erforderlich machen ( 1 B-4.5). n Merke. In Kenntnis der Komplikationsmöglichkeiten sollten auch inzidentell vorgefundene Divertikel entfernt werden.
4.4.2
Divertikulose des Dünndarms
n Definition. Im Gegensatz zum Meckel-Divertikel sind Dünndarmdivertikel erworben. Sie erstrecken sich entlang der Mesenterialgrenze und sind in 80–90 % am Jejunum zu finden. In der Regel fehlt die Muskularis (falsche Divertikel).
Ätiologie. Ätiologisch sollen Störungen der intestinalen Motilität für die
Divertikulose verantwortlich sein, wobei eine intraluminale Drucksteigerung an Schwachpunkten des Lumens zu den Pulsionsdivertikeln führen ( 1 B-4.6). Die Inzidenz beträgt 0,2–4,6 %. Das Auftreten dieser Divertikel ist jenseits der 7. Lebensdekade am häufigsten und ist bei 1⁄3 der Patienten mit anderen Divertikeln des Gastrointestinaltraktes vergesellschaftet.
1 B-4.6
Therapie. Die Therapie besteht in der Resektion des Divertikels (s. 1 B-4.5).
Merke
4.4.2 Divertikulose des Dünndarms Definition
Ätiologie. Durch intraluminale Drucksteigerung kommt es an Schwachpunkten des Lumens zu den Pulsionsdivertikeln ( 1 B-4.6).
Dünndarmdivertikel
Symptomatische Dünndarmdivertikel ( Á) in der Dünndarmpassage nach Sellink (a) und im Operationssitus (b).
Diagnose. Im Gegensatz zum Meckel-Divertikel wird die Diagnose der
Diagnose. Die Trias von Anämie, epigastrischen Schmerzen und kleinen Flüssigkeitsspiegeln in der Abdomenleeraufnahme kann auf die Diagnose hinweisen.
Therapie und Komplikationen. Dünndarmdivertikel werden nur operiert
Therapie und Komplikationen. Dünndarmdivertikel werden nur operiert um die Folgen von Komplikationen zu beseitigen. Zu den Folgen gehören:
Dünndarmdivertikulose und ihrer Komplikationen häufiger gestellt. Die Trias von Anämie, epigastrischen Schmerzen und kleinen Flüssigkeitsspiegeln in der Abdomenleeraufnahme kann auf die Diagnose hinweisen. um die Folgen von Komplikationen zu beseitigen. In diesen Fällen beschränkt sich der Eingriff auf eine Segmentresektion. Zu den pathologischen Folgen der Dünndarmdivertikulose gehören:
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4 Dünndarm Divertikulitis: Die Pathogenese der Dünndarmdivertikulitis entspricht der des Kolons (s. Kap. B-6.3.2). Als Beschwerden werden Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, septische Zeichen und Peritonismus beobachtet. Bei gedeckter Perforation ist gelegentlich eine Resistenz palpabel. Die Diagnose wird kaum präoperativ gestellt. Eine kurative Behandlung kann durch die Resektion des befallenen Darmabschnitts erzielt werden.
Divertikulitis: Die Pathogenese der Dünndarmdivertikulitis entspricht der des Kolons (s. Kap. B-6.3.2). Als Beschwerden gelten Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, septische Zeichen und Peritonismus. Bei gedeckter Perforation ist gelegentlich eine Resistenz palpabel. Therapie: Resektion. Obstruktion: Die Obstruktion ist Folge einer Divertikulitis mit Verwachsungen anliegender Dünndarmschlingen. Hier ist die Resektion die Therapie der Wahl (s. 1 B-4.13). Die Pseudoobstruktion wird dagegen durch Motilitätsstörungen im divertikeltragenden Bereich hervorgerufen.
π
Blutung: Divertikelblutungen präsentieren sich bei mehr als 60 % der Patienten als rektale Blutungen.
π
Malabsorption: s. S. 358.
π
4.5
4.5
Entzündungen
4.5.1
Morbus Crohn (s.a. Kap. B-6.3.4)
Entzündungen
4.5.1 Morbus Crohn (s.a. Kap. B-6.3.4)
Obstruktion: Die Obstruktion ist Folge einer Divertikulitis mit Verwachsungen anliegender Dünndarmschlingen. Im Gegensatz dazu wird die Pseudoobstruktion durch Motilitätsstörungen im divertikeltragenden Darmbereich hervorgerufen. Pathomorphologisch finden sich in situ eine verdickte Darmwand im Bereich der Divertikel, der ein dilatiertes Segment vorgeschaltet ist. Auch hier ist die Resektion die Therapie der Wahl (s. 1 B-4.13).
π
Blutung: Divertikelblutungen präsentieren sich bei mehr als 60 % der Patienten als rektale Blutungen, die gelegentlich von Hämatemesis begleitet werden. Malabsorption: s. S. 358.
Synonyme: Enteritis regionalis, Ileitis terminalis Definition
n Definition. Der Morbus Crohn ist eine chronisch rezidivierende transmurale entzündliche Erkrankung unbekannter Ätiologie, die vom Mund bis zum Analkanal jeden Abschnitt des Gastrointestinaltrakts befallen kann. Die häufigste Manifestation ist jedoch am terminalen Ileum zu beobachten.
Epidemiologie. Der Befall ist segmental, wobei Dünn- und/oder Dickdarm betroffen sind. Meist manifestiert sich die Erkrankung zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr.
Epidemiologie. Der Befall ist immer segmental. Bei 40 % der Patienten ist
Pathologie. Makroskopisch ist das befallene Darmsegment durch Ödem und Fibrose verdickt ( 1 B-4.7).
Pathologie. Makroskopisch ist das befallene Darmsegment durch Ödem
ausschließlich der Dünndarm, bei 30 % sind sowohl Dünn- als auch Dickdarm und bei weiteren 30 % nur der Dickdarm erkrankt. Obwohl alle Altersstufen betroffen werden können, manifestiert sich die Erkrankung meist zwischen dem 20.–40. Lebensjahr, wobei Männer und Frauen gleichermaßen erkranken.
und Fibrose verdickt, zeigt eine vermehrte Gefäßinjektion der Serosa und ein Übergreifen des mesenterialen Fettgewebes auf den Darm (creeping fat, 1 B-4.7).
1 B-4.7
Creeping fat bei Morbus Crohn
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4.5.1 Morbus Crohn Die entzündliche Mukosa weist Fissuren und Ulzerationen auf, die zwischen der geschwollenen Schleimhaut liegen und der Oberfläche das charakteristische Pflastersteinrelief verleihen. Bei transmuralem Verlauf finden sich Granulombildungen auf der Serosa. Diese Veränderungen können zu Strikturen oder aber Fistelbildungen führen.
Die entzündete Mukosa weist Fissuren und Ulzerationen auf, die zwischen der geschwollenen Schleimhaut liegen und der Oberfläche das charakteristische Pflastersteinrelief verleihen. Bei transmuralem Verlauf finden sich Granulombildungen auf der Serosa.
Symptome. Sie sind weitestgehend die Folge der chronisch transmuralen Entzündung. Da das terminale Ileum am häufigsten betroffen ist finden sich rezidivierende Schmerzen im rechten unteren Quadranten, Diarrhö, manchmal verbunden mit Fieber und einer palpablen Resistenz, sodass das klinische Bild einer akuten Appendizitis vorgetäuscht werden kann. In 30 % wird die richtige Diagnose erst während einer Laparotomie bei Verdacht auf Appendizitis gestellt. Diarrhö ist bei 90 % der Patienten eines der Hauptsymptome bei florider Erkrankung. Hierfür werden sowohl eine bakterielle Überwucherung bei Stenosen als auch eine gestörte Resorption verantwortlich gemacht. Die Diarrhö, Anorexie und die Nahrungsverweigerung aus Angst vor Schmerzen führt bei 20 % der Patienten zu Gewichtsverlust. Nicht selten sind die Symptome mit einer Anämie vergesellschaftet. Die Anämie kann auf einem Vitamin-B12-Mangel beruhen, da Blutungen nur in 1–2 % auftreten.
Symptome. Es finden sich rezidivierende Schmerzen im rechten Unterbauch. Im akuten Schub kommt es bei 90 % zur Diarrhö, manchmal mit Fieber und einer palpablen Resistenz im rechten Unterbauch einhergehend (DD: Appendizitis). Malabsorption und die Nahrungsverweigerung aus Angst vor Schmerzen führt bei 20 % der Patienten zu Gewichtsverlust. Nicht selten sind die Symptome mit einer Anämie vergesellschaftet (Vitamin-B 12 -Mangel). Blutungen treten nur in 1–2 % der Fälle auf.
π Intestinale Manifestation: Obstruierende Lumeneinengungen gehören zu den Charakteristika des Krankheitsverlaufs. Diese Obstruktionen werden durch das Schleimhautödem und Spasmen hervorgerufen und bewirken postprandiale Schmerzen. Im Verlauf der Erkrankung können sich durch Fibrosierung dieser Bezirke Strikturen ausbilden (s. 1 B-4.10). Wenn der transmurale Entzündungsprozess die Serosa durchbricht, kann es zu Fistelbildungen kommen. Diese können blind enden, einen Abszess intra- oder retroperitoneal verursachen oder eine entzündliche Kommunikation mit Nachbarorganen aufnehmen. Penetrieren sie in benachbarte Darmschlingen, bilden sich enteroenterale oder enterokolische Fisteln aus, die ihrerseits relativ asymptomatisch bleiben und meist nur zufällig entdeckt werden ( 1 B-4.8). Zu den symptomatischen Fisteln mit organbezogener Klinik gehören die enterovesikale, enterovaginale und die enterokutane Fistel.
1 B-4.8
1
Intestinale Manifestation: Die Obstruktion wird durch das Ödem und die Spasmen hervorgerufen. Durch Fibrosierung dieser Bezirke können sich Strikturen ausbilden (s. 1 B-4.10).
π
Wenn der transmurale Entzündungsprozess die Serosa durchbricht, kann es zu Fistelbildungen kommen. Es können sich Abszesse, enteroenterale oder enterokolische Fisteln bilden ( 1 B-4.8), die meist asymptomatisch bleiben. Zu den symptomatischen Fisteln gehören enterovesikale, enterovaginale und enterokutane Fisteln.
Fistelbildung bei Morbus Crohn Kontrastmitteldarstellung einer enteroenteralen (1) und enterokolischen (2) Fistelbildung bei gleichzeitiger Stenose des Colon descendens (3) bei Morbus Crohn. 3
2
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368 Extraintestinale Manifestation (s. B-4.9): Zu den Hautveränderungen gehört das Erythema nodosum. π
1
Die Augen- (Iritis, Uveitis) und Gelenkentzündungen ähneln denen bei Colitis ulcerosa (s. Kap. B-6.3.3). Zu den weiteren extraintestinalen Manifestationen gehören die Folgen der Malabsorption (s. S. 358 ff.).
4 Dünndarm Extraintestinale Manifestation: Unabhängig von der Aktivität der Erkrankung kann sich der Morbus Crohn auch extraintestinal präsentieren ( 1 B-4.9). Zu den Hautveränderungen gehört das Erythema nodosum, während das Pyoderma gangraenosum vermehrt bei der Colitis ulcerosa beobachtet wird. Eine seltene kutane Beteiligung, die nur bei Morbus Crohn zu beobachten ist, stellt die Form der kutanen Vaskulitis mit peripherer Gangrän oder Hautnekrosen dar. Die Augen- (Iritis, Uveitis) und Gelenkentzündungen ähneln denen bei Colitis ulcerosa (s. Kap. B-6.3.3). Zu den weiteren extraintestinalen Manifestationen gehören die Folgen der Malabsorption (s. S. 358 ff.). π
1 B-4.9
Synopsis Extraintestinale Manifestationen des Morbus Crohn
Augen Mundhöhle
Leber Gallenwege Gelenke Bauchspeicheldrüse Kreuzbeingelenke
Haut
Diagnose. Eine selektive Bariumdünndarmpassage gibt Auskunft über anatomisches Verteilungsmuster, Schweregrad, Strikturen und gelegentlich Fistelbildungen ( 1 B-4.8). Die Endoskopie ist für die Diagnostik der Dünndarmerkrankung keine Bereicherung, da sie nur Zugang zum oberen Gastrointestinaltrakt und dem terminalen Ileum gestattet.
Diagnose. Obwohl die Diagnose durch die Anamnese und das klinische Bild vermutet werden kann, muss sie für das weitere Vorgehen gesichert werden. Eine selektive Bariumpassage gibt über das anatomische Verteilungsmuster des Dünndarmbefalls und den Schweregrad der Erkrankung Auskunft. Sie demonstriert gleichzeitig Stenosen oder Strikturen und gelegentlich Fistelbildungen ( 1 B-4.8). Die Endoskopie ist für die Diagnostik der Dünndarmerkrankung keine Bereicherung, da sie nur Zugang zum oberen Gastrointestinaltrakt und dem terminalen Ileum gestattet. Sie erlaubt jedoch in diesen Bereichen die bioptische Bestätigung der Schleimhautveränderungen und gegebenenfalls die Diagnosesicherung, wobei der Nachweis von Granulomen nur in 10–25 % gelingt.
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4.5.1 Morbus Crohn
369
Der Einsatz des Ultraschall ist beim Morbus Crohn ebenfalls begrenzt. Sein Schwerpunkt liegt in der Diagnostik von Abszessbildungen und der Verlaufskontrolle einer medikamentösen Therapie. Unter den Laboruntersuchungen der klinischen Routine korreliert die Höhe des C-reaktiven Proteins (CRP) am ehesten mit dem Schweregrad der Erkrankung.
Der Ultraschall dient zum Nachweis von Abszessen sowie der Verlaufskontrolle einer medikamentösen Therapie. Die Höhe des CRP korreliert am ehesten mit dem Schweregrad der Erkrankung.
Therapie. Grundsätzlich steht beim Morbus Crohn die medikamentöse
Therapie. Grundsätzlich steht beim Morbus Crohn die medikamentöse Behandlung mit entzündungshemmenden Substanzen (5-Amino-Salicylsäure-Derivate [5-ASA], Kortikosteroide) und bei schwerem Krankheitsverlauf mit Immunsupressiva (Azathioprin, Methotrexat und Ciclosporin) im Vordergrund. Antibiotika haben sich bei enteroenteralen Fisteln und bakterieller Überwucherung bewährt. Elementardiäten begünstigen die Remission unter medikamentöser Therapie.
Behandlung im Vordergrund. Eine Heilung ist zur Zeit jedoch nicht möglich. Die Behandlung stützt sich auf entzündungshemmende Substanzen wie 5-Amino-Salicylsäure (5-ASA) [SalofalkQ, AsacolQ, PentasaQ, ClaversalQ] und Kortikosteroide. Immunsuppressiva wie Azathioprin, Methotrexat und Ciclosporin können bei einem schweren Krankheitsverlauf zusätzlich eingesetzt werden, setzen jedoch eine entsprechende Erfahrung in der Therapie voraus. Bei Patienten mit enteroenteraler Fistelbildung und bakterieller Überwucherung des Dünndarms hat sich die antibiotische Behandlung mit Metronidazol bewährt, wobei auch Breitspektrumantibiotika indiziert sein können. Eine gleichzeitige Behandlung mit Elementardiäten kann in der akuten Krankheitsphase die Remission beschleunigen. Zwischen einer enteralen und parenteralen Ernährung besteht therapeutisch kein Unterschied. Dass die Ernährungsweise und die Restriktion bestimmter Nahrungsstoffe den Krankheitsverlauf beeinflusst, ist heute nicht mehr haltbar. Chirurgische Therapie: Bei der Chirurgie des Morbus Crohn handelt es sich um Palliativmaßnahmen zur Beeinflussung der Symptome und Behandlung der Komplikationen wie Fisteln, Abszesse und Stenosen. Eine Heilung ist chirurgisch nicht möglich. Auch das Versagen medikamentöser Maßnahmen stellt eine Indikation zur Operation dar. Das chirurgische Therapiekonzept besteht in einem frühen, organerhaltenden Vorgehen. Es kann nicht standardisiert, sondern nur auf den Einzelfall ausgerichtet werden. Während sich bei der freien Perforation und Fisteln die Resektion einzelner Dünndarmsegmente nicht vermeiden lassen wird, können Strikturen mit unterschiedlichen Operationsverfahren erweitert werden. Diese Strikturplastiken erfolgen durch antimesenteriale Längsinzision über der Verengung, um sie dann wieder quer zu vernähen ( 1 B-4.10).
Chirurgische Therapie: Bei der Chirurgie des Morbus Crohn handelt es sich um Palliativmaßnahmen zur Beeinflussung der Symptome und Behandlung der Komplikationen wie Fisteln, Abszesse und Stenosen. Eine Heilung ist chirurgisch nicht möglich. Das chirurgische Therapiekonzept besteht in einem frühen, organerhaltenden Vorgehen ( 1 B-4.10).
π
π
Prognose. Der Morbus Crohn ist eine Erkrankung mit hoher Morbidität, jedoch geringer Mortalität. Die Wahrscheinlichkeit, dass im Verlauf der Erkrankung ein operativer Eingriff erforderlich wird, steigt in Abhängigkeit von der Krankheitsdauer bis auf 80 %. Die Operation kann das Rezidiv nicht beeinflussen, jedoch das Zeitintervall zwischen den einzelnen Rezidiven verlängern.
Prognose. Die Erkrankung ist durch eine hohe Morbidität und eine geringe Mortalität gekennzeichnet. In Abhängigkeit von der Krankheitsdauer steigt die Wahrscheinlichkeit eines operativen Eingriffs auf 80 %.
n Merke. Es besteht eine vermehrte Karzinominzidenz für die Ausbildung eines kolorektalen Karzinoms bei Kolonbefall und langer Krankheitsdauer.
Merke
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370
4 Dünndarm
1 B-4.10
Synopsis Dünndarmstrikturen beim Morbus Crohn und Strikturplastik
a
Radiologisch gesicherte Crohn-Stenose im Bereich des terminalen Ileums ( Á). b
c
d
e
f
Bei multiplen Verengungen des Dünndarms (a) kann das Auffinden der Stenosen mit einem in das Lumen eingeführten Harnblasenkatheter erleichtert werden (b). Kommt es bei gleicher Füllung des Ballons zu einem Widerstand (c) wird die Striktur mit der Diathermie längs eröffnet und zur Erweiterung wieder quer vernäht (d-g).
g
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4.7 Pneumatosis cystoides intestinalis 4.5.2
Dünndarmtuberkulose
4.5.2 Dünndarmtuberkulose
Epidemiologie. Die Darmtuberkulose war lange Zeit von untergeordneter
Epidemiologie. Sie hat seit der HIV-Infektion an Bedeutung gewonnen. 36 % der an AIDS erkrankten Patienten entwickeln im Verlauf der Erkrankung eine extrapulmonale, tuberkulöse Manifestation.
Symptome. Sie sind unspezifisch. Bei Auftreten von Ulzera ist Diarrhö ggf.
Symptome. Die Symptome sind unspezifisch. Am häufigsten zeigen sich Dünndarmulzera mit blutigen Durchfällen. Aszites tritt in 50 % der Fälle auf.
Komplikationen. Zu ihnen gehören in 30 % die chronische Obstruktion
durch Strikturen, die Perforation (5 %), die enteroenterale und die enterokutane Fistelbildung (2–20 %).
Komplikationen π chronische Obstruktion (30 %) π Perforation (5 %) π Fistelbildungen (2–20 %).
Differenzialdiagnose. Hier müssen neben dem Morbus Crohn Infektionen mit Yersinia enterocolica (Lymphadenitis mesenterica), Herpes, Zytomegalievirus, Amöben (Perforationsgefahr am Ileum), die Aktinomykose (in 30 % chronische enterokutane Fistelbildung) und Histoplasmose erörtert werden.
Differenzialdiagnose. Neben dem Morbus Crohn müssen Infektionen mit Yersinien, Amöben, die Aktinomykose und Histoplasmose ausgeschlossen werden.
Therapie. Die Behandlung erfolgt in erster Linie medikamentös. Die Chirur-
Therapie. Die Behandlung erfolgt in erster Linie medikamentös.
Bedeutung und auf Endemiegebiete beschränkt. In Verbindung mit der AIDS-Infektion kann jedoch wieder eine Zunahme der Darmtuberkulose beobachtet werden. So entwickelten über 36 % der AIDS-Patienten diese Erkrankung, die gewöhnlich extrapulmonal abläuft.
mit Blutbeimengungen am häufigsten. Strikturen führen zum Ileus. Abdominalschmerzen beherrschen bei 67 % der befallenen Patienten das klinische Bild. Aszites kann bei 50 % der Patienten nachgewiesen werden.
gie ist den Komplikationen vorbehalten. Operationen im akuten Stadium sind mit einer hohen Mortalitätsrate behaftet.
4.6
Dünndarmulzera
4.6
Dünndarmulzera
Bei Ulzerationen des Dünndarms wird das solitäre vom multifokal auftretenden Ulkus unterschieden.
Ätiologie. Die Ätiologie ist beim Ulcus simplex jejuni ungeklärt. In 57 %
kann eine Beziehung zur peroralen Kaliumchloridlangzeitapplikation gefunden werden. Das Ulkus tritt jedoch auch in Inseln ektoper Magenschleimhaut und bei Gastrinomen (Zollinger-Ellison-Syndrom) auf. Multiple, nicht maligne Ulzerationen des Dünndarms sind ebenfalls unspezifisch und dominieren im Jejunum. Sie stellen eine ungewöhnliche Komplikation sowohl der Sprue als auch der Zöliakie dar, können aber auch beim Malabsorptionssyndrom auftreten.
Ätiologie. Die Ätiologie der Ulzera ist unbekannt. Das Ulcus simplex jejuni tritt jedoch auch in Inseln ektoper Magenschleimhaut und bei Gastrinomen (Zollinger-Ellison-Syndrom) auf. Multiple, nicht maligne Ulzerationen stellen eine ungewöhnliche Komplikation sowohl der Sprue als auch der Zöliakie dar.
Symptome. Bei unklarer Symptomatik wird die Diagnose meist erst nach Eintreten einer Komplikation (Blutung, Perforation) gesichert. Therapie. Die Behandlung erfolgt, wenn immer möglich, durch die Beeinflussung des Grundleidens oder aber durch Segmentresektion des betroffenen Darmabschnitts.
4.7
Pneumatosis cystoides intestinalis
n Definition. Die Pneumatosis cystoides intestinalis ist durch submuköse oder subseröse Gasblasen unterschiedlichen Durchmessers charakterisiert. Sie ist eine seltene Erkrankung unklarer Ätiologie und tritt vornehmlich bei Männern zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf. Bei 85 % der Patienten ist sie mit anderen Darmerkrankungen wie Duodenalulzera oder Pylorusstenosen und chronischen Lungenerkrankungen vergesellschaftet.
Therapie. Sie besteht in einer Behandlung des Grundleidens oder in einer Segmentresektion.
4.7
Pneumatosis cystoides intestinalis
Definition
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4 Dünndarm
Diagnose. Sie wird radiologisch in der Abdomenübersicht gestellt. Die Biopsie ist beweisend.
Diagnose. Sie wird bei einem Dünndarmbefall in der Abdomenübersichts-
Symptome. Der Verlauf ist zumeist asymptomatisch.
Symptome. Klinisch bleibt die Pneumatosis cystoides intestinalis meist
Komplikationen. Zu den seltenen Komplikationen gehören der Ileus durch große Zysten oder Verwachsungen, der Dünndarmvolvulus oder die Invagination.
Komplikationen. Zu den seltenen Komplikationen gehören der Ileus durch
Therapie. Eine spezifische Behandlung ist nicht erforderlich.
Therapie. Die Mehrzahl der Patienten bedarf neben der Behandlung des Grundleidens keiner spezifischen Therapie. Die Gasansammlung kann spontan resorbiert werden. Da es sich hauptsächlich um Stickstoff handelt, kann auch eine Sauerstofftherapie eingeleitet werden. Eine genaue Diagnose verhindert eine unnötige Operation.
4.8
4.8
Dünndarmfisteln
Definition
Klassifikation. Sie erfolgt nach ihrem Ursprungs- und Erfolgsorgan (z.B. ileovesikal) und nach inneren und äußeren Verbindungen. Von praktischer Bedeutung ist die Einteilung nach der Menge der Fistelproduktion.
aufnahme radiologisch gestellt. Bei einer Kolonbeteiligung ist die Sigmoidoskopie mit einer Biopsie beweisend.
asymptomatisch und wird als Zufallsbefund erhoben.
große Zysten oder Verwachsungen, der Dünndarmvolvulus oder die Invagination. Spontanperforationen der Zysten in das Darmlumen können zu Blutungen und Perforationen in die Peritonealhöhle und zu freier Luft unter dem Zwerchfell führen. Auch der Nachweis von Luft im portalvenösen Blut kann von der Erkrankung verursacht sein. Es muss jedoch beachtet werden, dass derartige Luftansammlungen pathognomonisch für die ischämische Darmwandnekrose sind und hier ein prognostisch ungünstiges Zeichen darstellen.
Dünndarmfisteln
n Definition. Eine Fistel ist eine abnorme Kommunikation eines Hohlorgans mit anderen Organen oder Strukturen einschließlich der Haut. Persistiert diese Kommunikation längere Zeit, entsteht unausweichlich eine klinische Problematik.
Klassifikation. Sie erfolgt einerseits deskriptiv nach Ursprungs- und
Erfolgsorgan (z.B. ileovesikal) und andererseits nach inneren und äußeren Verbindungen. Die innere Fistel umfasst z.B. die ileokolische und ileoileale Fistel. Eine äußere Fistel ist die ileovaginale oder die ileokutane Fistel. Von praktischer Bedeutung ist die Einteilung nach der Menge der Fistelproduktion. Eine Fistel mit einer Sekretion unter 200 ml wird als »Low-output«-Fistel und eine darüber hinausgehende Sekretion als »High-output«Fistel bezeichnet. Schließlich kann es sinnvoll sein, Fisteln nach Ausgang von einem gesunden oder einem erkrankten Dünndarm, wie beim Morbus Crohn oder bei aktinischen Schäden zu differenzieren.
Ätiologie. Die meisten Fisteln entstehen als Frühkomplikation nach chirurgischen Eingriffen. Weitere Ursachen sind Fremdkörper (nicht resorbierbare Netze und Nahtmaterialien) und Rezidive entzündlicher Darmerkrankungen oder Tumoren.
Ätiologie. Die Ursache der meisten Fisteln basiert auf einer Frühkomplika-
»Low-output«-Fisteln
»Low-output«-Fisteln
Diese Fisteln dränieren < 200 ml/Tag und sind meist Folge geringfügiger Darmverletzungen oder kleiner Anastomoseninsuffizienzen. Durch eine hinreichende Dränage ist mit einer Spontanheilung zu rechnen.
Diese Fisteln dränieren < 200 ml/Tag. Akut auftretende Fisteln sind meist Folge geringfügiger Darmverletzungen, wie sie beim Bauchdeckenverschluss entstehen können oder kleine Insuffizienzen einer Anastomose. Sie verheilen meist spontan. Die Heilung kann durch eine gute lokale Dränage und parenterale Flüssigkeitszufuhr unterstützt werden. Die Persistenz einer derartigen Fistel deutet auf einen Fremdkörper oder eine morphologische
tion nach chirurgischen Eingriffen. Sie können einerseits Folgen technischer Fehler bei der Anastomosierung von Darmanteilen und andererseits von einem Abszess im Anastomosengebiet ausgehen. Sie dränieren über die Inzisionswunde unter dem Bilde einer spontanen Abszessentleerung und führen sekundär zu einer Fistelbildung. Weitere Ursachen für externe Fistelbildungen über eine alte Operationsnarbe sind Fremdkörper, in der Regel nicht resorbierbare Netze oder Nahtmaterialien, die zur Deckung von Fasziendefekten benötigt wurden, Rezidive entzündlicher Darmerkrankungen oder Tumoren.
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4.9.1 Benigne Dünndarmtumoren Veränderung im Bereich des defekten Darms hin. Bei unklarer Genese gestattet der geringe Verlust intestinaler Flüssigkeit eine genaue Abklärung des vor und hinter der Fistel liegenden Darms. Liegt einer Fistel ein Morbus Crohn, eine andere Entzündung, eine Strahlenenteritis oder Tumoren zugrunde, wird die Behandlung der Grunderkrankung durch eine Fistel nicht beeinträchtigt. In allen anderen Fällen ohne Spontanverschluss ist eine operative Intervention unumgänglich.
»High-output«-Fisteln
»High-output«-Fisteln
Derartige Fisteln sind durch einen hohen Flüssigkeits- und damit Elektrolytverlust charakterisiert. Ursache ist entweder eine große Dehiszenz im Dünndarmbereich oder eine sehr weit oral gelegene Fistel, der in den meisten Fällen ein aboral gelegener subtotaler oder totaler Verschluss folgt. In Abhängigkeit von der Sekretionsmenge steigt die Gefahr der Malassimilation, der Wunddehiszenz und der Sepsis. Primäres Behandlungsziel muss die Korrektur des Wasser- und Elektrolytverlustes sein. Da diese Fisteln nur selten spontan heilen, muss in einem stabilen Zustand des Patienten die Kontinuität des Dünndarms operativ wiederhergestellt werden. Ein lokaler Fistelverschluss bleibt in der Regel erfolglos.
Durch eine Dränage von > 200 ml/d sind diese Fisteln durch einen hohen Elektrolyt- und Flüssigkeitsverlust charakterisiert. Hier ist ein Ausgleich des Wasser- und Elektrolytverlustes und eine operative Sanierung der Fisteln notwendig.
Innere Fisteln
Innere Fisteln
Sie werden meistens durch chronische Entzündungen des Darms verursacht. Perforation und Abszessbildungen führen zu einer Kommunikation mit benachbarten Darmschlingen oder Hohlorganen. Ileoileale und ileokolische Fisteln sind relativ harmlos und bleiben oft asymptomatisch. Erst eine Obstruktion oder septische Symptomatik führen zur Operation. Fisteln zur Harnblase oder anderen Teilen des Urogenitaltrakts können zur rezidivierenden Urosepsis führen und sind eine absolute Operationsindikation.
Perforation und Abszessbildungen führen zu einer Kommunikation mit benachbarten Darmschlingen oder Hohlorganen. Obstruktion, eine septische Symptomatik, Fisteln zur Harnblase oder anderen Teilen des Urogenitaltrakts sind eine absolute Operationsindikation.
4.9
Dünndarmtumoren
Von den gesamten Tumoren des Gastrointestinaltrakts fallen lediglich 1–5 % auf den Dünndarm. Die Inzidenz bezogen auf die Gesamtbevölkerung beträgt 0,1–0,8 %. Der größte Teil dieser Tumoren bleibt klinisch asymptomatisch (ca. 90 %). Treten Symptome auf, können sie sich auf eine unspezifische Klinik beschränken. Bei 40–70 % der Patienten finden sich jedoch Zeichen eines rezidivierenden inkompletten oder eines vollständigen Darmverschlusses. Hierbei ist die Invagination das häufigste Ereignis. Blutungen, die bei 20–50 % der Patienten auftreten, bleiben okkult und präsentieren sich in einer Anämie. Klinisch manifeste Blutungen mit Meläna und Hämatemesis sind selten. Gelegentlich können Hautpigmentationen (Peutz-Jeghers-Syndrom), oder Café-au-lait-Flecken (Neurofibromatose) auf Tumoren des Dünndarms hinweisen.
4.9.1
Benigne Dünndarmtumoren
Insgesamt überwiegen die gutartigen Tumoren des Dünndarms die Malignome um ein 10faches. Adenome, Leiomyome und Lipome sind die drei häufigsten Tumoren des Dünndarms. Ihnen folgen die Hamartome, Fibrome, Angiome und neurogene Tumoren. Bei unspezifischer Symptomatik werden diese Tumoren meist zufällig entdeckt. Die Therapie der Wahl ist die Resektion des betroffenen Darmanteils. Das Peutz-Jeghers-Syndrom ist bei den Polyposis-Syndromen einzuordnen (s. Kap. B-6.5.2).
4.9
Dünndarmtumoren
Von den gesamten Tumoren des Gastrointestinaltrakts fallen lediglich 1–5 % auf den Dünndarm. Die Inzidenz bezogen auf die Gesamtbevölkerung beträgt 0,1–0,8 %. Der größte Teil verläuft asymptomatisch (ca. 90 %). In 40–70 % finden sich Zeichen eines Darmverschlusses. Blutungen bleiben in 20–50 % okkult und führen zu einer Anämie.
4.9.1 Benigne Dünndarmtumoren Sie dominieren vor den Malignomen um ein 10faches. Adenome, Leiomyome, und Lipome sind die häufigsten Tumoren des Dünndarms. Bei Diagnosestellung ist die Resektion die Therapie der Wahl. Zu Peutz-Jeghers-Syndrom s. Kap. B-6.5.2.
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374
4 Dünndarm
Maligne Dünndarmtumoren
4.9.2 Maligne Dünndarmtumoren
4.9.2
Symptome. Maligne Tumoren werden im Krankheitsverlauf immer symptomatisch (z.B. Blutung, Ileus). Bei 77 % der Patienten sind bei Diagnosestellung bereits durchschnittlich 12 Monate verstrichen. Ein radikales Vorgehen ist meist nicht mehr möglich.
Symptome. Im Gegensatz zu den benignen Tumoren sind die malignen
Diagnose. Selektive Dünndarmpassage, Angiographie, CT und Laparoskopie zum Tumorstaging. Die Diagnose ist meist ein Zufallsbefund.
Diagnose. Sie wird mit der selektiven Darmpassage oder der Angiographie gestellt. Da selten ein gezielter Verdacht besteht, bleibt die Diagnose meist dem Zufall überlassen, sodass die meisten Tumoren erst perioperativ gesichert werden. Besteht ein begründeter Verdacht auf einen intestinalen Dünndarmtumor, kann neben den erwähnten Untersuchungen auch die Computertomographie (CT) oder die Laparoskopie zum Tumorstaging eingesetzt werden.
Therapie. Sie besteht in einer vollständigen Entfernung des betroffenen Darmabschnitts.
Therapie. Die Behandlung besteht in der vollständigen Entfernung des
Prognose. Allgemein kann nur mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 20 % gerechnet werden.
Prognose. Da bei Diagnosestellung bereits ein fortgeschrittenes Tumorstadium vorliegt haben maligne Tumoren des Dünndarms eine schlechte Prognose. Allgemein kann nur mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 20 % gerechnet werden.
4.9.3 Karzinoid-Syndrom
4.9.3
Definition
Karzinoide sind semimaligne Tumoren, die den chromaffinen Zellen des APUDSystems entstammen und vornehmlich im Gastrointestinaltrakt auftreten. Sie finden sich hauptsächlich in: π Appendix (45 %) π Ileum (20 %) π Rektum (15 %). 30 % der Karzinoide werden klinisch symptomatisch. Das Auftreten von Metastasen ist proportional zur Tumorgröße (> 2 cm). Solitäre Tumoren bleiben aufgrund ihres langsamen Wachstums und der Inaktivierung von 5-HTA in der Leber asymptomatisch. Unkontrolliertes Tumorwachstum mit Metastasierung in die Leber führt infolge der 5-Hydroxytryptamin-(Serotonin-)Freisetzung in die systemische Zirkulation unter Umgehung des Leberkreislaufs (Inaktivierung von Serotonin in der Leber) zum klinischen Bild des Karzinoid-Syndroms. Dies gilt nicht für Dickdarm-Karzinoide, da diese kein 5-HTA bilden.
Tumoren generell symptomatisch und werden im Verlauf des Tumorwachstums diagnostiziert (z.B. durch Blutung oder Ileus). Allerdings sind bei 77 % der Patienten bei der Diagnosestellung bereits durchschnittlich 12 Monate vergangen, das heißt, dass der Zeitpunkt für ein radikales Vorgehen verstrichen und mit Metastasen zu rechnen ist. Anders als die benignen Tumoren scheinen die bösartigen Veränderungen einem histologischen Verteilungsmuster zu folgen. Hierbei treten die Adenokarzinome im proximalen Bereich des Dünndarms, Leiomyosarkome im Jejunum oder Ileum und das Karzinoid sowie Lymphome im gesamten Dünndarm auf, wobei das Karzinoid das Ileum bevorzugt befällt.
betroffenen Darmabschnitts mit dem Ziel einer R0-Resektion.
Karzinoid-Syndrom
n Definition. Das Karzinoid-Syndrom ist Ausdruck einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung, wobei das klinische Erscheinungsbild in direkter Relation zur Tumorgröße und seinem Anschluss an die systemische Zirkulation steht.
Karzinoide entstammen den chromaffinen Zellen des APUD-Systems (Amin Precursor Uptake and Decarboxylation). Es handelt sich um semimaligne Tumoren, die sich mit Ausnahme der Speiseröhre vornehmlich im Gastrointestinaltrakt finden. Sie verteilen sich mit 45 % auf die Appendix (s. Kap. B-5.3.1), mit 20 % auf das Ileum und mit 15 % auf das Rektum. Extraintestinal findet sich das Karzinoid u.a. im Bronchialsystem (ä 10 %). Andere Lokalisationen sind selten. Karzinoide des Dünndarms zeigen eine Dominanz im terminalen Ileum, wobei ein multizentrisches Auftreten zu beobachten ist. Lediglich 30 % der Karzinoide werden klinisch manifest. Das Auftreten von Metastasen ist proportional zur Größe des Tumors (> 2 cm). Solitäre Tumoren bleiben aufgrund ihres langsamen Wachstums und der Inaktivierung von 5-Hydroxytryptamin (5-HTA) in der Leber asymptomatisch, es sei denn sie führen zur Obstruktion oder Invagination. Erst das unkontrollierte Wachstum mit Metastasierung in die Leber führt infolge der 5-HTA-(Serotonin-)Freisetzung in die systemische Zirkulation unter Umgehung des Leberkreislaufs (Inaktivierung von Serotonin in der Leber) zum klinischen Bild des Karzinoid-Syndroms. Dies kann beim Karzinoid des Ovars, der Bronchien und bei retroperitonealen Metastasen auftreten. Es wird fast immer bei Lebermetastasen manifest, da die vasoaktiven Substanzen direkt in die Lebervenen gelangen. Im Unterschied zu den Dünndarmkarzinoiden bilden Karzinoide des Dickdarms kein 5-HTA, sodass kein Karzinoid-Syndrom entstehen kann.
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4.11 Verletzungen
Symptome. Das klinische Bild des Syndroms zeigt sich in Flush (Hautrö-
Symptome. Das klinische Bild des Syndroms zeigt sich in Flush (Hautrötung), Diarrhö und Bronchuskonstriktion (Asthmaanfälle). Spätkomplikation ist die Endokardfibrose.
Diagnose. Die Diagnose kann durch den Nachweis von 5-Hydroxyindoles-
Diagnose. Sie kann durch Nachweis von 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-Stunden-Urin gestellt werden.
Therapie und Prognose. Das langsame Wachstum des Tumors und die rela-
Therapie und Prognose. Bei relativ günstiger Prognose und langsamem Tumorwachstum erfolgt eine Resektion von Primärtumor und Metastasen. Eine palliative Beeinflussung der Symptomatik kann mit Octreotid (Sandostatin Q ) erreicht werden.
tung), Diarrhö und Bronchuskonstriktion (Asthmaanfälle). Obwohl die Diarrhö das häufigste Symptom ist, kann sie aufgrund der zahlreichen Ursachen klinisch nur schlecht verwertet werden. Das charakteristischste Erscheinungsbild ist der Flush in Gesicht, Nacken und oberem Thorax. Auslösendes Moment können alle Situationen oder Agenzien sein, die den Gefäßtonus beeinflussen. Eine Bronchuskonstriktion kann im Verlauf der Erkrankung zu Asthmaanfällen führen. Eine späte Komplikation ist die Herzerkrankung. Sie ist auf das Endokard beschränkt und führt zur Trikuspidalund Pulmonalstenose.
sigsäure im 24-Stunden-Urin erstellt werden. Hierbei ist zu beachten, dass durch eine exzessive Aufnahme von Walnüssen, Bananen, Ananas und Tomaten in Grenzbereichen falsch positive Ergebnisse erzielt werden. Werte über 20 mg sind jedoch sicher pathologisch.
tiv günstige Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebenszeit von 20 % berechtigen zu einem eher aggressiven chirurgischen Vorgehen. Neben der Entfernung des Primärtumors sind wiederholte Eingriffe zur Metastasenentfernung angezeigt. Hierdurch können die Symptome beeinflusst und die Rezidivintervalle verlängert werden. Eine palliative Beeinflussung der Symptomatik kann mit Octreotid (SandostatinQ) erreicht werden.
4.10
Intestinale Ischämie
4.10
(s. Kap. B-24.1.7)
Die intestinale Ischämie kann sich akut und chronisch manifestieren und sowohl arteriellen als auch venösen Ursprungs sein. Während die chronische Form keine Gefahr für den Dünndarm darstellt, sondern die Blutversorgung nicht mehr den funktionellen Anforderungen entspricht, ist er bei der akuten Ischämie vital gefährdet. Für die chronische Ischämie mit dem klinischen Bild der mesenterialen Angina werden arteriosklerotische Veränderungen und sich langsam entwickelnde venöse Thrombosen verantwortlich gemacht. Häufiger ist die akute arterielle mesenteriale Ischämie mit vollständiger Unterbrechung der Blutversorgung des gesamten Dünndarms oder einzelner Abschnitte. Hierzu gehören die arterielle Embolie, die nicht okklusive arterielle Ischämie, die Thrombose der A. mesenterica superior und die fokale, segmentale Ischämie. Die akute Mesenterialvenenthrombose und die segmentale Ischämie, hervorgerufen durch Strangulation und Obstruktion gehören zur venösen Form der akuten mesenterialen Ischämie.
4.11
Verletzungen
4.11.1
Stumpfe und perforierende Bauchverletzungen (s.a. Kap. A-10.2.5)
Intestinale Ischämie (s. Kap. B-24.1.7)
Die intestinale Ischämie kann sich akut und chronisch manifestieren und sowohl arteriellen als auch venösen Ursprungs sein. Bei der akuten Ischämie ist der Dünndarm vital gefährdet. Für die chronische Ischämie mit dem klinischen Bild der mesenterialen Angina sind arteriosklerotische Veränderungen und venöse Thrombosen verantwortlich. Bei der akuten arteriellen mesenterialen Ischämie handelt es sich um eine vollständige Unterbrechung der Blutversorgung. Die akute Mesenterialvenenthrombose und die segmentale Ischämie werden durch Strangulation und Obstruktion hervorgerufen.
4.11
Verletzungen
4.1.1 Stumpfe und perforierende Bauchverletzungen (s.a. Kap. A-10.2.5)
Die häufigste Ursache intestinaler Verletzungen ist das stumpfe Bauchtrauma. Es kann sowohl isoliert (Sicherheitsgurte) als auch im Rahmen eines Polytraumas vorliegen. In 30–50 % muss bei einem stumpfen Bauchtrauma mit Organverletzungen gerechnet werden.
Häufigste Ursache intestinaler Verletzungen ist das stumpfe Bauchtrauma. Es kann isoliert oder im Rahmen eines Polytraumas vorliegen.
Symptome. Sie sind primär unspezifisch und bilden sich ggf. nach der domi-
Symptome. Die Klinik wird durch das zugrunde liegende Geschehen wie Blutung (Peritonismus, evtl. Schock) oder Organperforation (Peritonitis, evtl. Fieber und Sepsis) bestimmt.
nanten Verletzung aus. Hierbei kann entweder die intraperitoneale Blutung oder die Folge einer Organperforation im Vordergrund stehen. Liegt eine Blutung vor, ist neben Schmerzen ein Peritonismus nachweisbar und je nach Intensität der Blutung stellen sich Schockzeichen ein. Bei einer intraperitonealen Kontamination mit Darminhalt bei einer Darmperforation entwickelt
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4 Dünndarm sich der Peritonismus zu einer Peritonitis. Eine verspätete Diagnose kann in diesen Fällen zu Fieber und Sepsis führen.
Diagnostik Merke
Dies gilt insbesondere für den bewusstseinsgetrübten Patienten nach einem Schädel-Hirn-Trauma.
Merke
Diagnostik n Merke. Bei jedem Verdacht auf ein stumpfes Bauchtrauma muss zum Ausschluss einer Organverletzung oder freier intraabdominaler Flüssigkeit eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens vorgenommen werden.
Dies gilt insbesondere für den bewusstseinsgetrübten Patienten nach einem Schädel-Hirn-Trauma. Die früher angewandte Möglichkeit der diagnostischen Peritoneallavage ist weitestgehend durch die Ultraschalluntersuchung abgelöst worden. n Merke. Betrifft das Verletzungsmuster Thorax und untere Extremitäten ohne klinische Zeichen einer Abdominalverletzung, dann muss diese trotzdem diagnostisch ausgeschlossen werden.
Die penetrierende Abdominalverletzung entspricht im diagnostischen Vorgehen dem des stumpfen Bauchtraumas.
Die penetrierende Abdominalverletzung entspricht im diagnostischen Vorgehen dem des stumpfen Bauchtraumas. Je nach Art der Verletzung wird die sofortige Laparotomie indiziert sein. Erlaubt es das klinische Bild, kann eine diagnostische Laparoskopie evtl. in therapeutischer Intention vorgenommen werden.
4.11.2 Mesenterialverletzungen
4.11.2
Mesenterialverletzungen ereignen sich sowohl nach penetrierenden als auch nach stumpfen Bauchtraumen. Es kann zu Hämatomen, Mesenterialeinrissen und einem Mesenterialabriss kommen ( 1 B-4.11).
Mesenterialverletzungen ereignen sich in 18 % der penetrierenden und 5 % der stumpfen Abdominaltraumen als Folge intraabdomineller Scherkräfte, die auf die Darmaufhängung wirken. Hierbei kann es zu intramesenterialen Hämatomen, Mesenterialeinrissen mit Blutungen und dem Mesenterialabriss mit Devaskularisation ganzer Darmabschnitte mit Nekrose und Perforation kommen ( 1 B-4.11).
Mesenterialverletzungen
1 B-4.11
Mesenterialabriss Mesenterialabriss mit Nekrose des angeschlossenen Dünndarmsegments.
Symptome. Es kommt zu Blutverlust mit Blutdruckabfall, Peritonismus und sinkendem Hämatokrit bei gleichzeitiger Distension des Dünndarms.
Symptome. Das klinische Bild richtet sich nach Ausmaß und Lokalisation
der Verletzung. Liegt ein blutender Mesenterialeinriss vor, steht der Blutverlust mit Blutdruckabfall, Peritonismus und sinkendem Hämatokrit bei gleichzeitiger Distension des Dünndarms im Vordergrund. Dominiert der Abdominalschmerz, muss an eine intestinale Ischämie gedacht werden.
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4.12 Fremdkörper
Diagnose. Die Diagnose kann anhand des klinischen Bildes vermutet und
Diagnose. Sie kann anhand des klinischen Bildes vermutet und mit dem Ultraschall oder der Peritoneallavage meistens gesichert werden.
Therapie. Das nicht expandierende Mesenterialhämatom bedarf bei vitalem Dünndarm keiner weiteren Maßnahmen. Kommt es jedoch zu einer Größenzunahme des Hämatoms mit Gefährdung der Darmperfusion, ist eine Exploration angezeigt. Mesenterialeinrisse führen zu Blutungen unterschiedlicher Intensität und erfordern die Laparotomie mit Blutstillung und Defektverschluss. Beim Mesenterialabriss kommt es zur Unterbrechung der arteriellen Arkaden oder größerer Gefäße des Dünndarms mit Blutung und Ischämie der betroffenen Darmabschnitte. Bei diesen Patienten ist nach der Blutstillung die Resektion des ischämischen Darmbereichs erforderlich.
Therapie. Das Mesenterialhämatom bedarf bei vitalem Dünndarm keiner Maßnahmen.
mit dem Ultraschall oder der Peritoneallavage meistens gesichert werden. Im Zweifelsfall muss die explorative Laparotomie erfolgen. Bei stabilen Kreislaufverhältnissen darf auch eine Laparoskopie vorgenommen werden.
Komplikationen. Zu den Komplikationen der Mesenterialverletzungen zählen die Nachblutung, der Ileus durch Verwachsungen oder durch Herniation von Dünndarm durch einen übersehenen oder nicht verschlossenen Mesenterialeinriss und eine fortschreitende Ischämie in einem Anastomosenbereich nach einer Resektion. 4.12
Fremdkörper
Bei Mesenterialeinriss oder -abriss erfolgt die chirurgische Revision.
Komplikationen. Nachblutung, Ileus, Herniation und Ischämie im Anastomosengebiet zählen zu den Komplikationen.
4.12
Fremdkörper
Haben verschluckte Fremdkörper den Magen verlassen, so werden sie beim Erwachsenen in über 80 % innerhalb eines Monats auf natürlichem Wege ausgeschieden. Beim Kind nimmt die Dünndarmpassage durchschnittlich 5 Tage in Anspruch.
Verschluckte Fremdkörper werden nach Verlassen des Magens beim Erwachsenen in 80 % innerhalb eines Monats auf natürlichem Wege ausgeschieden.
Symptome. Die Klinik verläuft in der Regel asymptomatisch. Symptome sind erst beim Auftreten von Komplikationen zu beobachten.
Symptome. Sie sind erst beim Auftreten von Komplikationen zu beobachten.
Komplikationen. Zu den Komplikationen intestinaler Fremdkörper, die eine
Komplikationen. Zu den Komplikationen intestinaler Fremdkörper, die eine chirurgische Intervention verlangen, gehören der Darmverschluss, die Perforation und die Blutung.
chirurgische Intervention verlangen, gehören der Darmverschluss, die Perforation und die Blutung. Nur 1–2 % aller Darmverschlüsse werden jedoch durch Fremdkörper verursacht. Bevorzugte Lokalisationen der Fremdkörperobstruktion sind das terminale Ileum, die Ileozäkalklappe oder vorbestehende Engen durch entzündliche Strikturen, Tumoren oder Divertikel. Eine Perforation kann in seltenen Fällen zu einer generalisierten Peritonitis führen, beschränkt sich jedoch meist auf eine lokale Abszess- oder Fistelbildung in benachbarte Organe.
1 B-4.12
Fremdkörper im Darm (Nägel) Fremdkörperingestion (Nägel) eines Gefängnisinsassen. Therapeutisch wurde ausschließlich konservativ vorgegangen.
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4 Dünndarm Weniger häufig ist die Blutung durch Drucknekrosen und Ulzerationen der Schleimhaut.
Diagnose. Sie wird primär durch die Anamnese gestellt und kann bei röntgendichten Materialien durch die Abdomenübersichtsaufnahme gesichert werden ( 1 B-4.12).
Diagnose. Sie wird primär durch die Anamnese gestellt und kann bei röntgendichten Materialien durch die Abdomenübersichtsaufnahme gesichert werden. Die Fremdkörperingestion findet sich vornehmlich bei Kindern, psychiatrischen Patienten, Alkoholikern und Gefängnisinsassen ( 1 B-4.12).
Therapie. Der Spontanabgang wird abgewartet. Erst beim Auftreten von Komplikationen wird der Fremdkörper operativ entfernt.
Therapie. Unter der Wahrscheinlichkeit des Spontanabgangs besteht die
4.13
4.13
Dünndarmoperationen
4.13.1 Dünndarmresektion
4.13.1
Dünndarmresektion
Morphologische Veränderungen des Dünndarms mit irreparablen Schäden von Darmwand oder Mesenterialwurzel machen eine Resektion der betroffenen Darmanteile erforderlich (z.B. Perforation, Penetration, Blutung usw.). Im Rahmen gutartiger Erkrankungen sollte die Resektion auf den erkrankten oder veränderten Darmabschnitt begrenzt bleiben. Bei malignen Tumoren ist die Mitnahme der mesenterialen Lymphknoten erforderlich ( 1 B-4.13).
Morphologische Veränderungen des Dünndarms mit irreparablen Schäden von Darmwand oder Mesenterialwurzel machen eine Resektion der betroffenen Darmanteile erforderlich. Hierzu gehören z.B. Perforation, Penetration, Blutung, Fistelbildung, Gangrän, Verschlüsse und Tumoren. Im Rahmen gutartiger Erkrankungen sollte die Resektion auf den erkrankten oder veränderten Darmabschnitt unter Erhalt des Mesenteriums begrenzt bleiben oder lediglich exzidiert werden. Bei malignen Tumoren ist die Mitnahme der mesenterialen Lymphknoten erforderlich ( 1 B-4.13).
Dünndarmoperationen
Behandlung in erster Linie in konservativen Maßnahmen mit faserreicher und eindickender Kost (z.B. Sauerkraut, Kartoffelbrei). Erst beim Auftreten von Komplikationen mit Zeichen des Peritonismus oder der Obstruktion muss der Fremdkörper operativ entfernt werden.
1 B-4.13
Synopsis Segmentresektion am Dünndarm
Dünndarmsegmentresektion am Beispiel der Divertikulose. Bei gutartiger Erkrankung erfolgt die darmnahe Resektion. Bei malignen Tumoren ist demgegenüber die Mitnahme der mesenterialen Lymphknoten erforderlich.
Die Wiedervereinigung der Darmenden sollte, wenn immer möglich im Sinne einer End-zu-End-Anastomose vorgenommen werden. Ergreifen tumoröse Veränderungen Nachbarorgane, evtl. notwendige Seit-zu-Seit-Anastomosen mit funktionellem Ausschluss von Darmschlingen (Palliativoperationen).
Die Wiedervereinigung der Darmenden sollte, wenn immer möglich im Sinne einer End-zu-End-Anastomose vorgenommen werden. Ergreifen tumoröse Veränderungen Nachbarorgane, kann es zur Wiederherstellung der Kontinuität erforderlich werden, durch Seit-zu-Seit-Anastomosen Darmschlingen funktionell auszuschließen. Funktionell kann sich jedoch hierdurch ein Blindsacksyndrom (s. 1 B-4.3) ausbilden. Bei diesem Vorgehen handelt es sich um Palliativoperationen.
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379
4.13.2 Dünndarmstomata
Komplikationen. Sie orientieren sich an der Grundkrankheit. In seltenen Fällen kann trotz regelrechter Operationstechnik ein Nahtbruch auftreten. Zur Vermeidung von Anastomoseninsuffizienzen ist darauf zu achten, dass der Naht keine Stenosen nachgeschaltet sind (z.B. Strikturen beim Morbus Crohn).
1 B-4.14
Prominente Ileostomie nach Brooke
2,5–3 cm 3 cm
Inkontinente Ileostomie: durch Bildung eines Nippels wird der Dünndarminhalt ohne Hautkontakt in den Ileostomiebeutel geleitet.
4.13.2
Dünndarmstomata
Durch Verlagerung von Darmquerschnitten vor die Bauchwand kann eine vollständige Deviation des Darminhalts erreicht werden. Die Stomaanlage kann protektiv, palliativ oder kurativ erforderlich werden. Am Dünndarm handelt es sich ausschließlich um Ileostomien. Als Standardverfahren der Dünndarmdeviation gilt heute die prominente Ileostomie (Brooke) ( 1 B-4.14). Sie wird sowohl als endständiges Stoma nach z.B. Proktokolektomie als auch zunehmend als doppelläufiges, protektives Stoma nach Dickdarmeingriffen eingesetzt.
4.13.2
Dünndarmstomata
Durch Verlagerung von Darmquerschnitten vor die Bauchwand kann eine vollständige Deviation des Darminhalts erreicht werden. Die Stomaanlage kann protektiv, palliativ oder kurativ erforderlich werden. Standardverfahren der Dünndarmdeviation ist die prominente Ileostomie (Brooke) ( 1 B-4.14).
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381
Appendix
5
5
Appendix
5.1
Anatomie
Michael Dürig
Anatomie
5.1
Die Appendix weist zahlreiche anatomische Lagevarianten auf, deren Kenntnis von klinisch-diagnostischer Bedeutung ist ( 1 B-5.1).
1 B-5.1
S.
1
B-5.1.
Synopsis Anatomische Lagevarianten der Appendix
2b 1 2c 1 2a
2a
2b a 1 2 2a 2b
5.2
regulär Varianten parazäkal retrozäkal
b 1 2 2a 2b 2c
regulär Varianten Zäkumtiefstand im kleinen Becken Zäkumhochstand in freier Bauchhöhle bei mobilem Zäkum, inkompletter Drehung oder linksseitig bei Situs inversus (sehr selten)
Appendizitis
5.2
Appendizitis
Inzidenz. Die Appendizitis gehört zu den häufigsten Ursachen des akuten Abdomens. 7–12 % der Bevölkerung erkranken innerhalb der ersten 3 Lebensdekaden, wobei jedoch jede Altersstufe betroffen sein kann. Die Inzidenz zeigt insgesamt eine abnehmende Tendenz.
Inzidenz. 7–12 % der Bevölkerung erkranken in den ersten 3 Lebensdekaden an einer Appendizitis. Es kann jedoch jede Altersstufe betroffen sein.
Pathogenese. Bei 60 % aller Patienten beginnt die Entzündung mit einem Verschluss des Lumens. Die fortschreitende Sekretion der Mukosa führt zu einem intraluminalen Druckanstieg, der den venösen Druck überschreitet und zur Hypoxie führt. Nach Ulzeration der Mukosa können Bakterien in die Wand eindringen. Durch die Infektion kommt es zur Thrombose intraluminaler Gefäße mit einer Zunahme von Schwellung und Ischämie. Eine Gangrän und Perforation entwickeln sich in der Regel innerhalb von 24–36 Stunden. Der Zeitablauf ist jedoch variabel und hängt von der Lokalisation der Obstruktion ab. Bei einem Verschluss der Appendixspitze ist eine Perforation eher zu erwarten als bei einem Verschluss der Basis. Als Obstruktionsursache gelten bei 35 % der akuten Appendizitis Koprolithen oder visköser Stuhl. Zu den seltenen Ursachen gehören Tumoren, Parasiten und Fremdkörper.
Pathogenese. Bei 60 % der Patienten beginnt die Appendizitis mit einem Verschluss des Lumens durch Koprolithen oder Schleim. Tumoren, Parasiten und Fremdkörper sind seltene Ursachen. Durch intraluminalen Druckanstieg kommt es zu Hypoxie, Ulzerationen der Mukosa, Bakterieninvasion und Ischämie. Eine Gangrän und Perforation entwickeln sich innerhalb von 24–36 Stunden.
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382 Symptome. Als erste klinische Zeichen zeigen sich unklare kolikartige Schmerzen im Epigastrium oder periumbilikal (viszeraler Schmerz). Es folgt eine Verlagerung der Beschwerden in den rechten Unterbauch, der sich zu einem Dauerschmerz entwickelt (somatischer Schmerz). Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen können folgen, begleitet von einem mäßiggradigen Temperaturanstieg. Beim Mann können Schmerzen im Hoden oder ein Hodenhochstand auftreten. Eine spontane Schmerzentlastung deutet auf eine Perforation hin.
Charakteristische Schmerz- und Druckpunkte bei der klinischen Untersuchung ( 1 B-5.2). π McBurney (Druckschmerz) π Blumberg (Loslassschmerz) π Lanz (Druckschmerz) π Rovsing π Douglas-Schmerz.
5 Appendix
Symptome. Die ersten klinischen Zeichen äußern sich in einem unklaren, kolikartigen Abdominalschmerz im Epigastrium oder periumbilikal (viszeraler Schmerz). Dieser Schmerz verlagert sich in durchschnittlich 4 Stunden in den rechten unteren Quadranten, wo er als Dauerschmerz persistiert (somatischer Schmerz). Nach Einsetzen der Schmerzen beklagen die meisten Patienten Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Die klinischen Zeichen werden von einer mäßiggradigen Temperaturerhöhung begleitet. Nach einer Episode von Wind- und Stuhlverhalt kann es in seltenen Fällen zu Diarrhöen kommen, die dann mit einer Gastroenteritis verwechselt werden. Beim Mann können zusätzlich Schmerzen im Hoden oder ein Hodenhochstand auftreten. Ursache ist die gleiche Innervation von Appendix und Hoden aus dem 10. Thorakalsegment. Zur Abwehrspannung kommt es bei Beteiligung des parietalen Peritoneums (= lokale Peritonitis). Eine spontane Schmerzentlastung mit beginnenden peritonitischen Zeichen deutet auf eine Perforation der Appendix hin. Vor der klinischen Untersuchung sollte der Patient aufgefordert werden, nach einem Hustenstoß den Schmerzpunkt selbst zu lokalisieren, um ihn dann durch vorsichtige Palpation zu objektivieren. Zu den charakteristischen Schmerz- und Druckpunkten ( 1 B-5.2) gehören: π McBurney: Mitte der Verbindungslinie zwischen Nabel und Spina iliaca anterior superior (Druckschmerz) π Blumberg: bei Druck und plötzlichem Loslassen im linken unteren Quadranten entstehen Schmerzen im Bereich der Appendix (Loslassschmerz) π Lanz: äußeres und mittleres Drittel rechts in der Verbindung beider Spinae (Druckschmerz) π Rovsing: retrogrades Ausstreichen des linksseitigen Dickdarms führt zu Schmerzen im Colon ascendens und Zäkum π Douglas-Schmerz (bei der Frau): bei rektaler oder vaginaler Untersuchung rechtsseitige Schmerzangabe π Psoaszeichen: bei retrozäkaler Lage der Appendix und schmerzhafter Reizung der Psoasfaszie verstärkt sich der Schmerz beim Strecken des Beins oberhalb des Leistenbands (Dehnungsschmerz). n Merke. Die Schmerzangaben der Patienten sind grundsätzlich von der Lage der Appendix abhängig, sodass nicht alle Druckpunkte positiv sein müssen.
Merke
Diagnose. Die Diagnose der akuten Appendizitis erfolgt ausschließlich nach klinischen Gesichtspunkten.
Diagnose. Die Diagnose der typischen, akuten Appendizitis ist bei sorgfälti-
ger Anamneseerhebung und Untersuchung einfach und erfolgt ausschließlich nach klinischen Gesichtspunkten. Leitbefund ist der Druckschmerz im rechten Unterbauch mit Maximum am McBurney- und/oder Lanz-Punkt. Weniger charakteristische Befunde erfordern die wiederholte Untersuchung und differenzialdiagnostische Abgrenzungen (s. u.). n Merke. Bei Fieber ist die oft festgestellte axillär-rektale Temperaturdifferenz von 0,8 ΩC kein zuverlässiger diagnostischer Parameter.
Merke
π Labordiagnostik Eine Erhöhung der Leukozytenzahl ist sehr sensitiv, sie hängt jedoch vom Stadium der Entzündung ab. Nicht selten ist eine Erhöhung der Leukozyten über 10 000/m l mit Linksverschiebung zu beobachten. Die größte Sensitivität zeigt die Kombination einer Leukozytose mit Linksverschiebung.
Labordiagnostik: Eine Erhöhung der Leukozytenzahl ist sehr sensitiv für das Vorliegen einer Appendizitis. Ihre Spezifität ist jedoch gering. Nicht selten ist eine Erhöhung der Leukozyten über 10 000/ml mit Linksverschiebung zu beobachten, wobei die Zellzahl vom Stadium der Entzündung abhängt. Die Serumwerte des C-reaktiven Proteins (CRP) sind 12 Stunden nach Einsetzen der Erkrankung bei nahezu allen Patienten erhöht. Die Aussage ist jedoch eingeschränkt, da bei fast allen akuten Abdominalerkrankungen die CRP-Konzentration erhöht ist. Die größte Sensitivität zeigt die Kombination einer Leukozytose mit Linksverschiebung.
π
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383
5.2 Appendizitis
n Merke. Eine fehlende Leukozytose schließt eine akute Appendizitis nicht aus.
1 B-5.2
Merke
Synopsis Druck- und Schmerzpunkte zur Diagnose akuter Appendizitis
d
a
c
e
b
a b c d e
McBurney-Punkt Blumberg-Zeichen Lanz-Punkt Rovsing-Zeichen Douglas-Schmerz
Bei ca. 25 % der Patienten mit einer akuten Appendizitis sind Erythro- und Leukozyten im Urin zu beobachten. Als Ursache kann eine retrozäkale Appendizitis vorliegen, bei der durch die ureternahe Lage der Ureter mitentzündet sein kann. Eine Erythrozyturie oder Leukozyturie darf deshalb nicht von der Verdachtsdiagnose einer akuten Appendizitis ablenken. π Bildgebende Diagnostik: Der Stellenwert radiologischer Diagnostik beschränkt sich auf atypische Verläufe und extreme Altersgruppen. Eine Ausnahme bildet die Ultraschalluntersuchung. In Abhängigkeit vom Untersucher kann eine Treffsicherheit 87–96 % erzielt werden ( 1 B-5.3). Die Interpretation des Untersuchungsergebnisses sollte jedoch nur in Kombination mit der klinischen Symptomatik erfolgen.
n Merke. Bei negativer Sonographie entscheidet der klinische Befund über das weitere Vorgehen.
Differenzialdiagnose. Bei den differenzialdiagnostischen ( 2 B-5.1) Erwägungen muss daran gedacht werden, dass die Appendizitis jeden akuten Zustand des Abdomens vortäuschen kann.
Eine Erythro- und Leukozyturie darf nicht von der Verdachtsdiagnose einer akuten Appendizitis ablenken, da bei retrozäkaler Lage der Appendix der Ureter mitentzündet sein kann.
Bildgebende Diagnostik Das Verfahren der Wahl ist die Ultraschalluntersuchung. Die Treffsicherheit beträgt in Abhängigkeit vom Untersucher 87–96 % ( 1 B-5.3).
π
Merke
Differenzialdiagnose. Die Appendizitis kann jeden akuten Zustand des Abdomens vortäuschen ( 2 B-5.1).
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384
5 Appendix
1 B-5.3
Synopsis Sonographischer Nachweis einer akuten Appendizitis
a Sonographischer Nachweis einer akuten Appendizitis mit Dilatation des Lumens und einem Wandödem der Appendix (Á).
2 B-5.1
b Perforierte Appendizitis: Querschnitt einer Appendix mit perityphlitischem Abszess (Á).
Differenzialdiagnose der akuten Appendizitis
Mit Operationsindikation: N Kolonkarzinom rechts n N Divertikulitis n N Sigmadivertikulitis n N Meckel-Divertikulitis n N perforiertes Duodenalulkus n N Extrauteringravidität n N stielgedrehte Ovarialzyste n N Cholezystitis n
Therapie. Die Therapie der akuten Appendizitis ist die Appendektomie. Sie kann offen ( 1 B-5.4) oder laparoskopisch vorgenommen werden (s. Kap. B-14.3).
Ohne primäre Operationsindikation N entzündliche Beckenerkrankungen n N rupturierte Follikelzyste n N bakterielle/virale Gastroenteritis n N akute Ileitis Crohn n N Dysmenorrhö n
Therapie. Die Therapie der akuten Appendizitis besteht in der Appendek-
tomie. Sie kann entweder offen oder laparoskopisch durchgeführt werden. Die Laparotomie erfolgt durch Wechselschnitt (Eröffnung der Gewebeschichten entlang den Hautspalten und dem Faserverlauf) im rechten Unterbauch. Nach Eröffnung des Peritoneums wird die Appendix gegebenenfalls entlang der Taenia libera des Zäkums aufgesucht. Die Gefäße des Mesenteriolums werden unterbunden und durchtrennt. Ligatur der Appendixbasis und nach Abtragen der Appendix Versenkung des Appendixstumpfs mit einer Tabaksbeutel- oder Z-Naht ( 1 B-5.4). Anschließend erfolgt der schichtweise Bauchdeckenverschluss.
1 B-5.4
Synopsis Appendektomie
a Die Gefäße des Mesenteriolums werden unterbunden und durchtrennt.
b Ligatur der Appendixbasis und nach Abtragen der Appendix Versenkung des Appendixstumpfs mit einer Tabaksbeutel- oder Z-Naht.
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5.2.1 Atypische Appendizitis Auch für die laparoskopische Appendektomie (s. Kap. B-14.3) muss die Diagnose entweder klinisch oder im Rahmen einer diagnostischen Laparoskopie gesichert sein. Bei Vorliegen eines perityphlitischen Abszesses ( 1 B-5.5) wird heute die Abszessdränage einschließlich der Appendektomie vorgenommen. Bestehen Kontraindikationen zur Laparotomie, kann in Ausnahmefällen eine Ultraschall- oder CT-geführte Dränage und nach 6 Wochen – 3 Monaten die Appendektomie vorgenommen werden.
1 B-5.5
Bei Vorliegen eines perityphlitischen Abszesses ( 1 B-5.5) wird heute die Abszessdränage einschließlich der Appendektomie vorgenommen.
Perityphlitischer Abszess Perityphlitischer Abszess mit Lufteinschlüssen (Á) im CT 8 Wochen nach einem »akuten Ereignis« im rechten Unterbauch.
Prognose. Die Letalität der Appendizitis ist eine Letalität der Verzögerung und beträgt zwischen 0–0,3 %. Nach einer Perforation beträgt die Morbidität zwischen 15–60 %, während die Letalität auf 1 % ansteigt.
5.2.1
Atypische Appendizitis
Die akute Appendizitis kann aufgrund der Lage der Appendix, des Alters des Patienten, einer Schwangerschaft oder durch eine bestehende Immunsuppression einen atypischen Verlauf annehmen.
Abnorme Lagevarianten (s.
1
B-5.1)
Prognose. Die Letalität der Appendizitis ( ≤ 0,3 %) ist eine Letalität der Verzögerung. Nach einer Perforation beträgt die Morbidität 15–60 %, die Letalität 1 %. 5.2.1 Atypische Appendizitis Durch eine ungewöhnliche anatomische Appendixlage, Patientenalter, Schwangerschaft oder eine Immunsuppression kann sich eine Appendizitis atypisch zeigen. Abnorme Lagevarianten (s. 1 B-5.1)
Die retrozäkale, retroileale und subhepatische Appendizitis kann in ihrer Symptomatik erheblich vom typischen Verlauf abweichen. Durch den fehlenden Kontakt zum parietalen Peritoneum oder M. psoas sind die Schmerzangaben weniger intensiv. Angaben über eine Schmerzverlagerung vom Epigastrium in den rechten Unterbauch fehlen. Eine Reizung des rechten Ureters kann zu Angaben einer gesteigerten Miktionstendenz führen. Erhebliche diagnostische Schwierigkeiten bereitet das in den rechten oberen Quadranten oder durch Malrotation nach links verlagerte Zäkum. Die Diagnose der Beckenappendizitis ist ebenfalls nicht unproblematisch. Obwohl der Schmerz im Epigastrium beginnen kann, kommt es zu einer raschen Verlagerung in das kleine Becken, wobei hier der Schmerz linksseitig angegeben wird. Bei Harn- und Stuhldrang werden Dysurie und Diarrhö beklagt.
Die retrozäkale, retroileale und subhepatische Appendizitis können durch den fehlenden Kontakt zum parietalen Peritoneum und M. psoas mit einer geringen Schmerzintensität einhergehen. Reizungen des Ureters führen zu Miktionsdrang. Ein in den rechten Oberbauch oder durch Malrotation nach links verlagertes Zäkum kann erhebliche diagnostische Schwierigkeiten bereiten. Das Gleiche gilt für die Beckenappendizitis.
Appendizitis bei Kleinkindern
Appendizitis bei Kleinkindern Folgende Hinweiszeichen sind zu beachten: π Das rechte Hüftgelenk wird in Rückenlage gebeugt gehalten. π Der rechte untere Bauchdeckenreflex ist abgeschwächt. π Die Bauchatmung ist zugunsten der Brustatmung vermindert. Eine rektale Untersuchung ist auch beim Kind unabdingbar.
Zahlreiche Infektionen können beim Kleinkind mit den gleichen Symptomen einhergehen. Da sich das Kind gegen jede Untersuchung wehren wird, ist die Diagnostik erschwert, zumal Kinder den Schmerz nur mangelhaft lokalisieren können. Folgende Hinweiszeichen sind zu beachten: π Das rechte Hüftgelenk wird in Rückenlage spontan gebeugt gehalten. π Der rechte untere Bauchdeckenreflex ist abgeschwächt. π Die Bauchatmung ist zugunsten der Brustatmung vermindert. Eine rektale Untersuchung ist auch beim Kind unabdingbar.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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5 Appendix
Altersappendizitis
Altersappendizitis
Ungeachtet des Entzündungsstadiums kann die Appendizitis beim älteren Patienten auffallend symptomlos verlaufen. Bereits die Verdachtsdiagnose rechtfertigt die Appendektomie.
Die Appendizitis beim älteren Patienten ist besonders gefährlich, da die Symptomatik nicht immer dem pathomorphologischen Befund entspricht. Der Schmerz ist nicht selten minimal und die Temperatur auch in fortgeschrittenen Stadien nur gering erhöht. Bereits bei der Verdachtsdiagnose einer Appendizitis ist bei diesen Patienten die Appendektomie angezeigt.
Appendizitis in der Schwangerschaft
Appendizitis in der Schwangerschaft
Durch Vergrößerung des Uterus kommt es während der Schwangerschaft zu einer Verlagerung von Zäkum und Appendix in den rechten oberen Quadranten ( 1 B-5.6). Die Diagnose wird hierdurch erschwert. Eine Leukozytose ist während der Schwangerschaft physiologisch und diagnostisch nicht verwertbar.
Sie stellt im ersten Trimenon kein diagnostisches Problem dar. Mit fortschreitender Vergrößerung des Uterus und der damit verbundenen Verlagerung von Zäkum und Appendix in den rechten oberen Quadranten müssen alle differenzialdiagnostischen Möglichkeiten erörtert werden ( 1 B-5.6). Die Zahl der Leukozyten ist während einer Schwangerschaft ohne Aussagewert, da eine physiologische Leukozytose vorliegt. Kann eine Appendizitis nicht ausgeschlossen werden, muss eine Laparotomie erfolgen.
1 B-5.6
Synopsis Appendixverlagerung während der Gravidität in Abhängigkeit vom Uterushochstand Während der Schwangerschaft erfährt die Appendix ab Mitte des zweiten Trimenons eine Verlagerung nach kranial. Differenzialdiagnostisch kann sie eine akute Pyelonephritis oder Cholezystitis vortäuschen.
Appendizitis Crohn
Appendizitis Crohn
Die isolierte Appendizitis Crohn ist sehr selten. Liegen keine begleitenden morphologischen Veränderungen von terminalem Ileum oder Zäkum vor, kann die Appendix entfernt werden. Zeigt sich eine weitergehende Erkrankung empfiehlt es sich, die Appendix zu belassen und konservativ (medikamentös) vorzugehen (Gefahr der Fistelbildung).
Die isolierte Appendizitis Crohn ist äußerst selten. Liegen keine begleitenden morphologischen Veränderungen von terminalem Ileum oder Zäkum vor, kann die Appendix problemlos entfernt werden. Bei korrektem Vorgehen ist nicht mit einer Fistelbildung zu rechnen. Zeigt sich jedoch eine morphologisch weitergehende Erkrankung, empfiehlt es sich, die Appendix zu belassen um den Patienten nach entsprechender Aufklärung über die Erkrankung primär einer konservativen Behandlung zuzuführen (Gefahr der Fistelbildung).
Appendizitis unter Immunsuppression Iatrogene Immunsuppression als auch AIDS können bei fehlenden Schmerzen und Fieber sowie normalen Leukozyten die Diagnose verschleiern.
Appendizitis unter Immunsuppression Sowohl iatrogene Immunsuppression als auch AIDS können bei fehlenden Schmerzen und Fieber sowie normalen Leukozyten die Diagnose verschleiern. Nicht selten kommt es zur verzögerten Operation.
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387
5.2.3 Chronische Appendizitis
Neurogene Appendikopathie
Neurogene Appendikopathie
Sie verursacht meist rezidivierende Schmerzen im rechten Unterbauch. Entzündungszeichen fehlen. Als Ursache gilt eine vermehrte Proliferation des Plexus submucosus.
Sie verursacht meist rezidivierende Schmerzen im rechten Unterbauch, Entzündungszeichen fehlen. Ursache ist eine vermehrte Proliferation des Plexus submucosus.
5.2.2
Komplikationen der Appendizitis
5.2.2 Komplikationen der Appendizitis
Perforation
Perforation
Die häufigste Komplikation der akuten Appendizitis ist die gedeckte oder freie Perforation. Das Risiko einer Perforation steigt 24 Stunden nach Diagnosestellung. Die Inzidenz wird nach dieser Zeit mit 10–30 % angegeben, wobei die Perforationsrate < 2. Lebensjahr und im hohen Alter am höchsten ist. Bei einer Anamnesedauer von mehr als 36 Stunden und einem eindeutigem Peritonismus bereitet die Diagnosestellung nur selten Schwierigkeiten. Liegt eine gedeckte Perforation vor, kann es in Abhängigkeit von der anatomischen Lage der Appendix zu Abszessbildungen unterschiedlicher Lokalisation kommen (perityphlitischer- oder Ileoinguinalabszess, DouglasAbszess oder Abszess im kleinen Becken, Lumbalabszess, subphrenischer Abszess). Die freie Perforation führt zu einer ausgeprägten Peritonitis mit einem toxischen Krankheitsbild. Radiologisch kann hier freie Luft im Abdomen gesichert werden.
Die Inzidenz wird nach 24 Stunden mit 10–30 % angegeben, wobei die Perforationsrate < 2. Lebensjahr und im hohen Alter am höchsten ist.
Pylephlebitis
Pylephlebitis
Eine sehr seltene Komplikation ist die Pylephlebitis, die septische Thrombophlebitis, im portalvenösen System. Sie ist durch hohes Fieber mit Schüttelfrost und Ikterus charakterisiert. Obwohl das Krankheitsbild zuerst dem hepatobiliären System zugeordnet werden sollte, muss bei gleichzeitig bestehendem Verdacht auf eine akute Appendizitis daran gedacht werden.
Sie ist eine septische Thrombophlebitis im portalvenösen System. Fieber, Schüttelfrost und Ikterus sind charakteristisch. Das Krankheitsbild muss primär dem hepatobiliären System zugeordnet werden. Bei gleichzeitigem Verdacht auf eine akute Appendizitis muss daran gedacht werden.
Postoperative Komplikationen
Postoperative Komplikationen
Zu den postoperativen Komplikationen gehören Wundinfektionen wie der Bauchdeckenabszess (10–30 %), und intraabdominelle Abszesse wie der Douglas-Abszess und die Abszessbildung im kleinen Becken (2–5 %). Der Douglas-Abszess kann bei der Frau entweder transrektal oder transvaginal dräniert werden. Beim Mann wird die Abszedierung im kleinen Becken transrektal oder wenn erforderlich ultraschallgeführt perkutan evakuiert. Durch Adhäsionen können bereits frühzeitig Passagestörungen (Frühileus) auftreten. In 1–4 % der Patienten stellt sich noch nach Jahren durch Bridenbildung ein Spätileus ein. Weitere Komplikationen sind die protrahierte postoperative Darmparalyse bei eitriger Appendizitis und Peritonitis und die Ausbildung einer Kotfistel. Die Kotfistel bildet sich gelegentlich durch eine Stumpfinsuffizienz (1–2 %), häufiger bei Morbus Crohn.
Zu ihnen gehören der Bauchdecken(10–30 %) und der Douglas-Abszess und die Abszessbildung im kleinen Becken (2–5 %). Durch Adhäsionen können bereits frühzeitig Passagestörungen (Frühileus) auftreten. In 1–4 % der Patienten stellt sich noch nach Jahren durch Bridenbildung ein Spätileus ein. Die protrahierte postoperative Darmparalyse und die Ausbildung einer Kotfistel (bei Stumpfinsuffizienz oder bei Morbus Crohn) sind weitere Komplikationen.
5.2.3
Chronische Appendizitis
Bei der chronischen Appendizitis handelt es sich um rezidivierende rechtsseitige Unterbauchbeschwerden, denen kein eindeutiges klinisches Substrat entspricht. Pathologisch-anatomisch zeigen sich Vernarbungen und periappendizitische Verwachsungen. Die Operation ist häufig als Verlegenheitslösung zu betrachten, wobei die meisten Patienten postoperativ beschwerdefrei sind.
Die gedeckte Perforation kann in Abhängigkeit von der Lage der Appendix zu Abszessbildungen führen (perityphlitischer Abszess, Ileoinguinalabszess, Abszess im kleinen Becken, Lumbalabszess, subphrenischer Abszess). Die freie Perforation führt immer zu einer Peritonitis.
5.2.3 Chronische Appendizitis Es bestehen rezidivierende rechtsseitige Unterbauchbeschwerden ohne eindeutig klinisches Substrat. Die Appendektomie ist häufig eine Verlegenheitslösung, die meisten Patienten sind postoperativ aber beschwerdefrei.
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388 5.3
Primäre maligne Tumoren der Appendix Primäre maligne Tumoren der Appendix sind selten und machen nur 0,5 % der gastrointestinalen Malignome aus. Sie werden selten präoperativ diagnostiziert.
5 Appendix
5.3
Primäre maligne Tumoren der Appendix
Obwohl primäre maligne Tumoren der Appendix nur 0,5 % der gastrointestinalen Malignome ausmachen sind sie erwähnenswert, weil sie selten präoder intraoperativ diagnostiziert werden. Hierzu gehören das Karzinoid, das muzinöse Zystadenokarzinom, das Adenokarzinom und das Adenokarzinoid. Lymphosarkom, Paragangliom und der Granulosazelltumor sind sehr selten anzutreffen.
Karzinoid
5.3.1 Karzinoid
5.3.1
Karzinoide machen insgesamt 85 % der malignen Appendixtumoren aus.
Trotz meist gutartigen Verhaltens gehört das Karzinoid aufgrund seiner Fähigkeit des invasiven Wachstums und der Tendenz zu metastasieren zu den bösartigen Tumoren. Karzinoide können in 0,5 % der Appendektomiepräparate beobachtet werden und machen insgesamt 85 % der malignen Appendixtumoren aus.
Therapie. Für die Behandlung des Karzinoids ist die Tumorgröße in vivo entscheidend. Fernmetastasen treten in der Regel nur bei jenen Patienten auf, bei denen der Tumordurchmesser 2 cm überschritten hat ( 2 B-5.2). Eine symptomatische Therapie kann durch die Applikation von 5-Hydroxytryptamin-(Serotonin-)Antagonisten (OctreotidQ ) erreicht werden.
Therapie. Für die Behandlung des Karzinoids ist die Tumorgröße in vivo ent-
scheidend. Fernmetastasen treten in der Regel nur bei jenen Patienten auf, bei denen der Tumordurchmesser 2 cm überschritten hat (1,5 cm am fixierten Präparat, da durch die Fixation eine Schrumpfung um 35 % eintreten kann) ( 2 B-5.2). Liegen bereits Fernmetastasen mit klinischer Symptomatik (Karzinoid-Syndrom, s. Kap. B-4.9.3) vor, so kann diese entweder durch eine operative Tumorreduktion oder angio-radiologische Embolisation beeinflusst werden. Eine symptomatische Therapie kann durch die Applikation von 5-Hydroxytryptamin-(Serotonin-)Antagonisten (SandostatinQ) erreicht werden.
2 B-5.2
Therapie der Karzinoid-Tumoren
Größe*
Häufigkeit in % bezogen auf das Gesamtvorkommen
Therapie
< — 1 cm
70
Appendektomie
1,0–2,0
15
Metastasen in Mesenteriolum und Lymphknoten negativ: Appendektomie Metastasen in Mesenteriolum und Lymphknoten positiv: Hemikolektomie rechts
> — 2 cm
15
Hemikolektomie rechts
* 2,0 cm nativ = 1,5 cm am fixierten Präparat
Prognose. Sie hängt von der Tumorausbreitung ab. Mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 99 % ist sie sehr gut. Selbst bei großen Tumoren oder vorhandener Lymphknotenmetastasierung kann noch eine 5-Jahres-Überlebensrate von 75 % erzielt werden.
Prognose. Sie hängt von der intraoperativ vorgefundenen Tumorausbrei-
5.3.2 Muzinöses Zystadenokarzinom
5.3.2
Das muzinöse Zystadenokarzinom wird immer als Appendizitis symptomatisch. Bei Diagnosestellung haben bereits 50 % der Patienten intraabdominale Metastasen, einen malignen Aszites, intestinale Obstruktionen oder ein Pseudomyxoma peritonei.
Obwohl das muzinöse Zystadenokarzinom generell in die Adenokarzinome eingereiht wird, unterscheidet es sich von diesen in seinem Verhalten. Es wird fast immer unter den klinischen Zeichen einer Appendizitis symptomatisch. Bei Diagnosestellung haben bereits 50 % der Patienten intraabdominale Metastasen, einen malignen Aszites, intestinale Obstruktionen oder ein Pseudomyxoma peritonei. Bei kontinuierlicher Schleimproduktion kommt es zu einer Wandverdünnung der Appendix mit Ulzerationen und Kalkeinlagerungen. Die Perfora-
tung ab. Mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 99 % ist sie sehr gut. Rezidive sind nur bei Patienten mit großen Tumoren oder bereits vorhandener Lymphknotenmetastasierung zu finden. Wenn möglich sollten entweder bei der Erstoperation oder bei einem Rezidiveingriff alle Tumormanifestationen operativ beseitigt werden. Hierdurch kann immer noch eine 5-Jahres-Überlebensrate von 75 % erzielt werden.
Muzinöses Zystadenokarzinom
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389
5.3.4 Adenokarzinoid-Tumor tion führt zu Schleimaustritt in die freie Bauchhöhle. Differenzialdiagnostisch ist die Ursache der Schleimproduktion vom muzinösen Zystadenom abzugrenzen. Während sich beim Zystadenom histologisch atypische Drüsen in der Appendixwand zeigen, finden sich beim Zystadenokarzinom Epithelzellen im Mukos, die für eine persistierende Schleimhautproduktion verantwortlich sind. In 33 % der Fälle ist das Pseudomyxoma peritonei auf ein Zystadenom oder Zystadenokarzinom zurückzuführen.
In 33 % der Fälle ist das Pseudomyxoma peritonei auf ein Zystadenom oder Zystadenokarzinom zurückzuführen.
Therapie. Die Therapie des Zystadenoms besteht in einer einfachen Appendektomie. Das Zystadenokarzinom verlangt hingegen eine rechtsseitige Hemikolektomie mit einer Reduktion evtl. vorhandenen Tumorgewebes.
Therapie. Beim Zystadenom genügt die Appendektomie. Beim Zystadenokarzinom erfolgt eine rechtsseitige Hemikolektomie mit einer Reduktion evtl. vorhandenen Tumorgewebes.
Prognose. Das muzinöse Zystadenokarzinom wächst nur langsam progre-
Prognose. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt beim Zystadenokarzinom 70 %.
dient und weist eine 5-Jahres-Überlebensrate von 70 % auf. Auch bei vorliegendem Pseudomyxoma peritonei beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate noch 50 %.
5.3.3
Adenokarzinom
Das Adenokarzinom der Appendix unterliegt mit einer rechtsseitigen Hemikolektomie den gleichen Behandlungsprinzipien wie das Zäkumkarzinom. Wurde das Karzinom erst sekundär nach Appendektomie diagnostiziert, muss die Hemikolektomie nachgeholt werden.
5.3.4
Adenokarzinoid-Tumor
Seine Aggressivität liegt zwischen der eines Karzinoids und eines Adenokarzinoms. Der Tumor wird ebenfalls immer symptomatisch und hat die ungewöhnliche Neigung, in die Ovarien zu metastasieren. Hierbei können die Metastasen histologisch ein vollständig anderes Bild annehmen als der Primärtumor. Ist der Tumor auf die Appendix beschränkt, beträgt die 5-JahresÜberlebensrate 80 %. Bei eingetretener Metastasierung ist die Prognose infaust.
5.3.3 Adenokarzinom Das Adenokarzinom der Appendix unterliegt mit einer rechtsseitigen Hemikolektomie den gleichen Behandlungsprinzipien wie das Zäkumkarzinom. 5.3.4 Adenokarzinoid-Tumor Seine Aggressivität liegt zwischen der eines Karzinoids und eines Adenokarzinoms. Der Tumor wird immer symptomatisch und hat die ungewöhnliche Neigung, in die Ovarien zu metastasieren.
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Kolon und Rektum
6
6
Kolon/Rektum
Grundlagen
Michael Dürig 6.1
Grundlagen
6.1
6.1.1
Anatomie
6.1.1 Anatomie
Der Dickdarm umspannt als Rahmen den Peritonealraum im Uhrzeigersinn. Colon ascendens und descendens sind retroperitoneal fixiert, während das Colon transversum und das Colon sigmoideum mesenterial gestielt sind. Im Bereich der peritonealen Umschlagfalte geht das Colon sigmoideum in den Mastdarm über, der ausschließlich extraperitoneal gelegen ist. Im Bereich des Beckenbodens durchdringt das Rektum das muskuläre Diaphragma mit einem starken Knick, der durch einen Verstärkungszug des M. levator ani, der Puborektalisschlinge, verursacht wird. In Höhe der Linea dentata geht der Mastdarm in den Analkanal über. Die Muskulatur des Dickdarms ist longitudinal in drei Längsbändern, den Tänien angeordnet. Von der Lage am Colon transversum ausgehend werden sie als Taenia mesocolica, omentalis und libera bezeichnet. Am Colon sigmoideum gehen die Längsmuskelbänder in eine einheitliche longitudinale Muskelschicht auf das Rektum über. Die Blutversorgung entstammt den Aa. mesentericae superior und inferior. Die A. mesenterica superior versorgt das Zäkum, Colon ascendens und Colon transversum, die A. mesenterica inferior das Colon descendens, Colon sigmoideum und teilweise das obere Rektum. Die A. mesenterica superior entlässt die Aa. ileocolica und colica media. Die A. colica dextra kann sowohl der A. mesenterica superior als auch der A. ileocolica entspringen.
1 B-6.1
Der Dickdarm umspannt als Rahmen den Peritonealraum im Uhrzeigersinn. Colon ascendens und descendens sind retroperitoneal fixiert, während das Colon transversum und das Colon sigmoideum mesenterial gestielt sind. Im Bereich der peritonealen Umschlagfalte geht das Colon sigmoideum in den Mastdarm über, der ausschließlich extraperitoneal gelegen ist.
Die Blutversorgung entstammt den Aa. mesentericae superior und inferior. Die A. mesenterica superior versorgt das Zäkum, Colon ascendens und Colon transversum, die Mesenterica inferior das Colon descendens, Colon sigmoideum und teilweise das obere Rektum.
Synopsis Lymphdränage aus den Gebieten von Rektum und Anus
Die Lymphdränage des oberen Rektumdrittels erfolgt entlang der A. rectalis superior in die prä- und paraaortalen Lymphknoten (gelb). Das mittlere Drittel des Rektums dräniert entlang der A. rectalis media in die Lymphknoten der A. iliaca interna (rot). Die Dränage des unteren Rektumdrittels erfolgt entlang der A. rectalis inferior in die inguinalen Lymphknoten und die Lymphknoten der lateralen Beckenwand (grün).
lumbale Hauptlymphknoten
A. rectalis superior
A. iliaca interna
epiploische Lymphknoten
parakolische Lymphknoten pararektale Lymphknoten
A. rectalis media
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392
6 Kolon/Rektum
Die venöse Dränage erfolgt im Wesentlichen entlang der Arterien in die Vv. mesentericae superior und inferior. Die Lymphgefäße des Dickdarms folgen den großen Blutgefäßen, wobei vornehmlich eine segmentale Dränage erfolgt. Das untere Rektum dräniert zusätzlich über die parailiakalen Lympknoten und inguinalen Lymphbahnen ( 1 B-6.1).
Aus der A. mesenterica inferior entspringt die A. colica sinistra und gibt gleichzeitig die Aa. sigmoideae und die A. rectalis superior ab. Durch Anastomosen der Endäste der A. colica sinistra mit der A. mesenterica superior entsteht die sog. Riolan-Anastomose, die bei akuten Verschlüssen einer der beiden Arterien von vitaler Bedeutung ist. Allerdings ist diese Verbindung nicht immer ausgebildet. Das Rektum wird neben der A. rectalis superior über Zuflüsse durch die Aa. haemorrhoidales media und inferior aus der A. iliaca interna versorgt. Die venöse Dränage erfolgt im Wesentlichen entlang der Arterien in die Vv. mesentericae superior und inferior. Die Lymphgefäße des Dickdarms erreichen zunächst regionäre Lymphknoten in der Darmwand und folgen dann den großen Blutgefäßen, wobei vornehmlich eine segmentale Dränage erfolgt. Das untere Rektum dräniert entlang der Gefäße zusätzlich über die parailiakalen Lymphknoten und findet in der Analhöhle Anschluss an die inguinalen Lymphbahnen ( 1 B-6.1).
6.1.2
6.1.2
Durch Anastomosen der Endäste der A. colica sinistra mit der A. mesenterica superior entsteht die sog. RiolanAnastomose, die bei akuten Verschlüssen einer der beiden Arterien von vitaler Bedeutung ist.
Physiologie
Eine der wichtigsten Aufgaben des Dickdarms ist die Regulation des Volumens und der Elektrolytzusammensetzung des Stuhls. Sie wird durch eine Resorption von Natrium, Chlorid und Wasser sowie eine Sekretion von Kalium und Bikarbonat erreicht.
Die Motilität des Dickdarms besteht aus lokalen Einzelkontraktionen und propulsiven Massenbewegungen. Die Bewegungsvorgänge und die Muskeleigentätigkeit werden durch das enterische Nervensystem koordiniert. Hierbei haben parasympathische Nerven eine kontraktionsfördernde und sympathische Nerven überwiegend eine kontraktionshemmende Wirkung. Die Bewegungsvorgänge werden zusätzlich durch den Dickdarminhalt beeinflusst. Die Kolonflora wird durch die anaeroben Bakterien der Bacteroidesgruppe bestimmt. Ihre Aufgabe besteht in dem Abbau zuvor nicht resorbierter Kohlenhydrate sowie in der Vermeidung einer Überwucherung mit potenziell pathogenen KIeimen (z.B. Clostridien). 6.1.3
Allgemeine Symptome
Zu den klinischen Leitsymptomen von Dickdarmerkrankungen gehören: π Wechsel der Stuhlgewohnheiten über eine längere Zeitspanne – Verstopfung (Obstipation) – Durchfall (Diarrhö) – Wechsel von Verstopfung und Durchfall (sog. paradoxe Diarrhö) π anale Blut- und Schleimabgänge
Physiologie
Eine der wichtigsten Aufgaben des Dickdarms ist die Regulation des Volumens und der Elektrolytzusammensetzung des Stuhls. Sie wird durch eine Resorption von Natrium, Chlorid und Wasser sowie eine Sekretion von Kalium und Bikarbonat erreicht. Daneben obliegt dem Dickdarm die Aufgabe, kurzkettige Fettsäuren wie Essig-, Proprion- und Buttersäure zu resorbieren. Sie entstehen durch den bakteriellen fermentativen Abbau von Kohlenhydraten, die nicht im Dünndarm resorbiert wurden. Die Intensität dieser Resorptions- und Sekretionsvorgänge nimmt vom proximalen zum distalen Kolon ab. Die Resorptionskapazität für Wasser beträgt 2–5 Liter in 24 Stunden. Die Regulation erfolgt durch das enterische Nervensystem, Hormone wie Aldosteron oder Hydrokortison, lokale Mediatoren und intraluminale Substanzen (z.B. Gallensäuren). Die Motilität des Dickdarms besteht aus lokalen Einzelkontraktionen und propulsiven Massenbewegungen. Die Bewegungsvorgänge und die Muskeleigentätigkeit werden durch das enterische Nervensystem koordiniert. Neben den Neurotransmittern Acetylcholin und Noradrenalin spielen im enterischen Nervensystem auch zahlreiche regulatorische Peptide als nervale Transmitter eine Rolle. Die Stimulierung der Motilität im Rektosigmoid durch orale Nahrungszufuhr, der sog. gastrokolische Reflex, wird über cholinerge und Opiatrezeptoren vermittelt. Die Bewegungsvorgänge werden zusätzlich durch den Dickdarminhalt beeinflusst. Schlackenarme Kost erhöht die Verweildauer der Fäzes im Kolon, während schlackenreiche Kost (z.B. Kleie) die Passagezeit verkürzt. Die vermehrte Füllung bedingt hierbei durch Dehnung der Kolonmuskulatur eine verbesserte Koordination der Kolonmotorik. Die Kolonflora wird durch die anaeroben Bakterien der Bacteroidesgruppe bestimmt. Ihre Aufgabe besteht in dem Abbau zuvor nicht resorbierter Kohlenhydrate sowie in der Vermeidung einer Überwucherung mit potenziell pathogenen Keimen (z.B. Clostridien).
6.1.3
Allgemeine Symptome
Zu den klinischen Leitsymptomen von Dickdarmerkrankungen gehören: π Wechsel der Stuhlgewohnheiten über eine längere Zeitspanne – Verstopfung (Obstipation) – Durchfall (Diarrhö) – Wechsel von Verstopfung und Durchfall (meist bei Stenosen als sog. paradoxe Diarrhö) π anale Blut- und Schleimabgänge
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6.1.4 Diagnostische Verfahren π
Schmerzen – Krämpfe bei bestehendem Passagehindernis – Dehnungsschmerz bei Ileus – entzündliche Darmwandprozesse – Durchblutungsstörungen (Volvulus, Inkarzeration, Invagination, Infarkt).
π
n Merke. Jede persistierende Änderung der Stuhlgewohnheiten deutet auf eine Dickdarmerkrankung hin. Ein Kolonkarzinom muss ausgeschlossen werden.
6.1.4
2 B-6.1
Diagnostische Verfahren
Merke
6.1.4 Diagnostische Verfahren
Diagnostische Verfahren bei Dickdarmerkrankungen
N Röntgen n π Indikationen
N Abdomenübersicht n π akutes Abdomen π Darmverschluss
N Ultraschall n
n endoluminale N N konventionelle n Sonographie Sonographie π π Beurteilung von präoperatives Staging Leber (Metastasen) von Rektumkarzinomen und Nieren (Harnstau) π Tumorennachweis π Beurteilung der Darmmotilität π Nachweis von freier Flüssigkeit
π
Schmerzen – Krämpfe bei bestehendem Passagehindernis – Dehnungsschmerz bei Ileus – entzündliche Darmwandprozesse – Durchblutungsstörungen
Indikationen
N Computern tomographie (CT) π Indikationen
π π π
N Magnetresonanzn tomographie (MRT) π Indikationen
π
N Kontrastmitteleinlauf n π entzündliche Darmerkrankungen π Tumorverdacht π Änderung der Stuhlgewohnheiten (bei Darmverschluss und akutem Krankheitsbild wasserlösliche Kontrastmittel)
palpable Abdominaltumoren Tumorstaging Nachweis von intraabdominellen Abszessen
Differenzierung von Rektum- und Schließmuskeltumor (insbesondere im Beckenbereich der CT überlegen)
N Endoskopie n π Indikationen
N Ano-/Proktoskopie n π Rektumkarzinom π entzündliche Darmerkrankungen
N Rekto-/Sigmoidoskopie n π Rektumkarzinom π entzündliche Darmerkrankungen π Blutungen
N Zusatzuntern suchungen π Indikationen
N anale Manometrie n
N anale Elektromyographie n
π
Sphinkterinsuffizienz
π π
N Stuhluntersuchungen n π Indikationen
π
N selektive Angiographie n große Tumoren π Blutungen (wenn endoskopische Lokalisierung nicht möglich ist) π
Parasiten
π
N Laparoskopie n n Koloskopie N π (bis ins terminale Tumorstaging Ileum) π Tumorsuche π Tumornachsorge π entzündliche Darmerkrankungen mit Biopsiemöglichkeit des terminalen Ileums
Sphinkterinsuffizienz (fakultativ) neurologische Erkrankungen mit begleitender Inkontinenz okkulte Blutbeimengungen
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6 Kolon/Rektum
6.2
π
π π
Kongenitale Fehlentwicklungen (s. Kap. B-23) Duplikaturen des Gastrointestinaltrakts anorektale Atresie Morbus Hirschsprung
Kongenitale Fehlentwicklungen
6.2
(s. Kap. B-23) π π π
Duplikaturen des Gastrointestinaltrakts anorektale Atresie Morbus Hirschsprung
6.3
Entzündungen
6.3
Entzündungen
6.3.1
Divertikulose
6.3.1
Divertikulose
Definition
n Definition. Divertikel des Intestinaltrakts sind Lumenausstülpungen der Darmwand. Morphologisch werden die echten Divertikel mit Protrusion aller Wandschichten (Serosa, Muskularis, Mukosa) von den falschen, Pseudodivertikeln, denen die Muskularis fehlt, unterschieden. Echte Divertikel sind kongenital angelegt. Die Pseudodivertikel sind erworben.
Divertikel treten in allen Darmabschnitten, mit 95 % jedoch gehäuft im Colon sigmoideum auf (Divertikulose). Bei Entzündung der Divertikel kommt es zur Divertikulitis.
Obwohl Divertikel in allen Darmabschnitten beobachtet werden können, treten sie mit 95 % gehäuft im Colon sigmoideum auf. Diese Divertikulose ist oft ein Zufallsbefund und bleibt asymptomatisch, wenn keine Entzündung eintritt. Entzünden sich derartige Divertikel, kommt es zum Krankheitsbild der Divertikulitis. In der Ätiologie der Divertikulose spielen wenigstens 3 Faktoren eine entscheidende Rolle: π altersbedingte, verminderte Resistenz der Darmwand π transmuraler Druckgradient zwischen Darmlumen und der Bauchhöhle. π ballaststoffarme Ernährung.
Ätiologie. Eine verminderte Resistenz der Darmwand und ein transmuraler Druckgradient zwischen Darmlumen und Bauchhöhle sind für die Entstehung der Divertikel von Bedeutung. Bevorzugte Lokalisation ist die Durchtrittsstelle von Gefäßen ( 1 B-6.2).
Ätiologie. Muskuläre Schwachstellen bilden sich insbesondere an den Durchtrittsstellen der mesenterialen Gefäße aus ( 1 B-6.2).
1 B-6.2
Synopsis Divertikelbildung und Beziehung zum Gefäßsystem
RM
a
a Ein Ast der Vasa recta durchdringt den Ringmuskel (RM) in schräger Richtung. b Unter Weitung der Bindegewebslücke beginnt die Schleimhautausstülpung. c Mit vollständiger Hernienbildung der Schleimhaut wird das Vas rectum über den Fundus des Divertikels verlagert.
b
c
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6.3.2 Divertikulitis Die bevorzugte Lokalisation von Divertikeln im Colon sigmoideum beruht darauf, dass es bei relativ kleinem Lumen im Vergleich zum restlichen Kolon einen maximalen Eigendruck aufbauen kann. Die Inzidenz beträgt nach dem 50. Lebensjahr 5 % und erreicht im 85. Lebensjahr ca. 70 %.
Die Inzidenz steigt von 5 % im 50. Lebensjahr auf 70 % im 85. Lebensjahr an.
Symptome. Das klinische Bild der unkomplizierten Divertikulose ist bei
Symptome. In 80 % bleibt die Divertikulose asymptomatisch. Sie kann aber auch krampfartige Schmerzen im linken Unterbauch verursachen. Es können Diarrhö im Wechsel mit Obstipation auftreten.
Komplikationen. Zu den Komplikationen der Divertikulose gehören die Blutung und die Divertikulitis (s.u.). Die Inzidenz der Blutung beträgt 10–30 %. Sie tritt vornehmlich bei der Divertikulose und sehr selten bei der Divertikulitis auf.
Komplikationen π Divertikelblutung (10–30 %) π Divertikulitis (s.u.).
Therapie. Die Therapie der Divertikulose besteht in der Beeinflussung der
Therapie. Wichtigste Maßnahmen sind faserreiche Kost und Verminderung der Stuhlkonsistenz.
80 % der betroffenen Patienten asymptomatisch und wird meist zufällig entdeckt. Bei den restlichen Patienten wird die Divertikulose symptomatisch. Hierzu gehören krampfartige Schmerzen unterschiedlicher Intensität im linken unteren Quadranten, die nach Nahrungsaufnahme aggravieren können. Gleichzeitig können Diarrhö im Wechsel mit Zeichen der Obstipation auftreten.
Symptome und Vermeidung von Komplikationen. Hierzu gehören in erster Linie diätetische Maßnahmen mit einem hohen Anteil faserreicher Kost und das Bestreben, die Stuhlkonsistenz zu vermindern. n Merke. Bei der Gabe von Analgetika ist Morphin zu vermeiden, da es den intraluminalen Druck im Kolon erhöht.
Die massive Blutung ist bei 5 % der Patienten eine Indikation zur Operation. Differenzialdiagnostisch können die Angiodysplasie oder die ischämische Kolitis irreführend sein. Bei der Diagnostik ist die Koloskopie nur selten hilfreich und der selektiven Angiographie der A. mesenterica superior und inferior unterlegen. Die Blutungsquelle kann hiermit indentifiziert werden, wenn die Blutung 0,5 ml/Minute beträgt. Bei Nachweis der Blutungsquelle kann der Versuch gemacht werden, über den liegenden Angiographiekatheter Vasopressin (0,2 E/Minute für 24–48 Stunden) zu infundieren. Wird eine Blutstillung erreicht, entspricht die weitere Behandlung der der chronischen Divertikulose. Die unkontrollierbare Blutung oder die Rezidivblutung verlangen eine chirurgische Intervention. Ist der Ort der Blutung lokalisiert, ist die Segmentresektion mit einer primären Anastomose die Therapie der Wahl. Ist eine massive Blutung nicht lokalisierbar, kann bei einem Notfalleingriff die subtotale Kolektomie mit einer ileorektalen Anastomose erforderlich werden. Die Operationsletalität beträgt hierbei 10 %.
6.3.2
Divertikulitis
n Definition. Die Infektion der mit Darminhalt gefüllten Divertikel führt zur Divertikulitis. Hiervon werden 15–25 % der Divertikelträger betroffen. Das Krankheitsbild kann sich akut oder chronisch manifestieren. In 95 % der Fälle ist das Colon sigmoideum, in 1 % das Colon transversum und in jeweils 2 % sind Zäkum und Colon ascendens betroffen.
Symptome. Das klinische Bild präsentiert sich mit einem akuten Schmerzbeginn im linken Unterbauch (»Linksappendizitis«), der oft in den Rücken ausstrahlt. Bei elongiertem Sigma mit Verlagerung nach rechts, können die Beschwerden auch suprapubisch oder rechtsseitig auftreten und eine Appendizitis vortäuschen. Die Schmerzsymptomatik kann von Fieber, Übelkeit und Erbrechen begleitet werden. Veränderungen der Stuhlgewohnheiten von Diarrhö bis zur Obstipation sind nicht selten. Dysurie und Polyurie weisen auf eine Beteiligung der Harnblase hin.
Merke
Bei 5 % der Patienten kommt es zur massiven Blutung, die operativ angegangen werden muss. Die Sicherung der Blutungsquelle erfolgt angiographisch. Ist eine massive Blutung nicht lokalisierbar, kann bei einem Notfalleingriff die subtotale Kolektomie mit einer ileorektalen Anastomose erforderlich werden. Die Operationsletalität beträgt hierbei 10 %.
6.3.2
Divertikulitis
Definition
Symptome. Häufig findet sich ein akuter Schmerzbeginn im linken Unterbauch (»Linksappendizitis«), oft mit Ausstrahlung in den Rücken. Es kommt zu Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Veränderung der Stuhlgewohnheiten von Diarrhö bis zur Obstipation.
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396 Merke
6 Kolon/Rektum
n Merke. Beim geriatrischen Patienten oder Patienten, die unter einer immunsuppressiven Therapie stehen, kann die akute Symptomatik fehlen und das Krankheitsbild atypisch verlaufen.
Bei der chronischen Verlaufsform steht die Symptomatik der spastischen Stenose im Vordergrund.
Bei der chronischen Verlaufsform steht die Symptomatik der spastischen Stenose und gegebenenfalls die Lumeneinengung durch einen entzündlichen Tumor im Vordergrund. Hinter einer Lumeneinengung kann sich jedoch immer ein Karzinom verbergen.
Komplikationen. Zu den Komplikationen der Divertikulitis ( 1 B-6.3) gehören der intraabdominelle Abszess, die gedeckte oder freie Perforation, Blutungen, Fisteln und der Darmverschluss. Die Abzessbildung (39 %) ist meist Folge einer gedeckten Perforation (36 %) eines Divertikels. Symptome sind persistierendes Fieber und eine palpable schmerzhafte Resistenz im Unterbauch. Die Perforation in ein benachbartes Hohlorgan führt zur Fistelbildung. Mit 3 % ist die kolovesikale Fistel beim Mann am häufigsten. Sie manifestiert sich in rezidivierenden Harnwegsinfekten, Pneumaturie und Fäkalurie. Die entzündlichen Veränderungen können zum Darmverschluss führen (14 %).
Komplikationen. Zu den Komplikationen der Divertikulitis ( 1 B-6.3) gehö-
ren der intraabdominelle Abszess, die gedeckte oder freie Perforation, Blutungen, Fisteln und der Darmverschluss. Die Abszessbildung (39 %) ist meist Folge einer gedeckten Perforation (36 %) eines Divertikels nach retroperitoneal oder in das Mesenterium. Klinisch finden sich persistierende Temperaturen u.U. mit Schüttelfrost und eine palpable, schmerzhafte Resistenz im Unterbauch. Zur Fistelbildung kommt es, wenn entweder ein Abszess oder seltener ein Divertikel in benachbarte Hohlorgane perforiert. Am häufigsten ist die kolovesikale Fistel zwischen Colon sigmoideum und der Blasenhinterwand beim Mann zu beobachten (3 %). Sie manifestiert sich in rezidivierenden Harnwegsinfekten, Pneumaturie und Fäkalurie. Bei 30 % der Fistelbildungen geht keine klinische Symptomatik voraus. Enterokolische Fisteln bleiben asymptomatisch. Die entzündlichen Veränderungen in der Umgebung oder in der Kolonwand können zu einem inkompletten oder kompletten Darmverschluss (14 %) führen. Ergreift der entzündliche Prozess benachbarte Dünndarmschlingen, so kann es auch hier zu einem Ileus kommen. Die retroperitoneale Entzündung kann zusätzlich den Harnleiter erfassen und zu einer Dysurie und Ureterstenosen führen. Bei der freien Perforation kommt es zur Kontamination der Peritonealhöhle mit Darminhalt. Die kotige Peritonitis führt zu einem septischen Krankheitsbild.
1 B-6.3
Synopsis Komplikationen der Divertikulitis
Perforation 36% Blutung 8%
Abszess 39 %
Blasenfistel 3%
Diagnose. Laborchemisch findet sich eine Leukozytose und ein Anstieg des CRP. Die Abdomenleeraufnahme zeigt die intestinale Obstruktion und freie intra- und retroperitoneale Luft. Durch die Kolonkontrastuntersuchung lassen sich Stenosen, Fisteln und
Stenose 14 %
Diagnose. In den Laboruntersuchungen zeigen sich eine ausgeprägte Leukozytose und ein Anstieg des CRP. Bei einer Beteiligung von Harnblase oder Ureter finden sich in der Urinanalyse Leuko- und Erythrozyten. Bei der Divertikelerkrankung des Kolons ist die Röntgenuntersuchung das Verfahren der Wahl. Bereits die Abdomenleeraufnahme kann auf eine intestinale Obstruktion und intraperitoneale (Übersicht in Linksseitenlage) oder retroperitoneale freie Luft hinweisen. Den Nachweis der Divertikelerkrankung
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6.3.2 Divertikulitis erbringt schließlich die Kolonkontrastuntersuchung. Sie kann Stenosen, Fisteln und extraluminale Lumeneinengungen (Divertikulitistumor) nachweisen ( 1 B-6.4).
1 B-6.4
Lumeneinengungen nachweisen ( 1 B-6.4).
Akute Divertikulitis Akute Divertikulitis mit divertikulitischer Stenose (Á) im Kolonkontrasteinlauf.
n Merke. Bei Perforationsverdacht ist die Verwendung von Barium kontraindiziert, da Bariumaustritt in die freie Bauchhöhle zu einer schwer behandelbaren Bariumperitonitis führen kann. Hier darf nur wasserlösliches Kontrastmittel (GastrografinQ, PeritrastQ) angewandt werden.
Die Computertomographie (CT) kann die Abklärung erweitern. Neben der Darstellung von Divertikeln gestattet sie eine Aussage über Abszessbildungen, die Beteiligung von Nachbarorganen und extraluminale Verdrängungen. Es handelt sich um Darstellungen, die teilweise auch durch die Sonographie erzielt werden können. Die Koloskopie hat bei der akuten Divertikulitis begrenzten Aussagewert, da Spasmen im Sigma die Untersuchungsmöglichkeit einschränken können. Sie kann jedoch für die Erkennung zusätzlicher pathologischer Veränderungen wie Polypen, einer Kolitis oder eines Karzinoms von Nutzen sein. n Merke. Liegt der Verdacht einer Perforation vor, ist die Koloskopie kontraindiziert, da Luftinsufflation in das Darmlumen Darminhalt in die Peritonealhöhle pressen kann.
Therapie. Bei einem ersten Schub einer unkomplizierten Divertikulitis ist
die konservative Behandlung mit Nahrungskarenz, parenteraler Flüssigkeits- und Antibiotikazufuhr berechtigt. 65 % der so behandelten Patienten benötigen keine weitere Maßnahmen. Als absolute Operationsindikation gelten freie Perforation mit und ohne Peritonitis, Abszess, Stenose, Ileus, Fistelbildung zur Harnblase, Vagina, zum Ovar, Rektum und zu den Bauchdecken.
Merke
Die Computertomographie erlaubt Aussagen über Abszessbildungen und Beteiligung von Nachbarorganen.
Die Koloskopie hat bei der akuten Divertikulitis begrenzten Aussagewert.
Merke
Therapie. Bei einem ersten unkomplizierten Schub genügen konservative Maßnahmen (Nahrungskarenz, parenterale Flüssigkeit- und Antibiotikazufuhr). Absolute Operationsindikationen sind die freie Perforation mit und ohne Peritonitis, Abszess, Stenose, Ileus und Fistelbildung.
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6 Kolon/Rektum
Chirurgische Therapie: Liegt eine gedeckte Perforation mit Abszessbildung vor, kann das betroffene Darmstück reseziert und primär End-zu-End anastomosiert werden. Bei schlechtem Allgemeinzustand kann alternativ eine perkutane Dränage vorgenommen und nach 7-10 Tagen das befallene Darmsegment mit primärer Anastomose entfernt werden.
π
Die freie Perforation mit kotiger Peritonitis ist meist im Rahmen der Sepsis mit instabilen Kreislaufverhältnissen verbunden. Nach Stabilisierung der Hämodynamik muss die Resektion des perforierten Darmes mit einer ausgiebigen Lavage der Peritonealhöhle erfolgen. In dieser Situation wird der Darm oral der Resektion als terminales Kolostoma ausgeleitet. Der aborale Darmabschnitt wird entweder blind verschlossen (Hartmann-Operation/ Diskontinuitätsresektion) oder als Schleimfistel in die Bauchdecke eingenäht ( 1 B-6.5). Eine Wiederherstellung der Kontinuität kann nach blandem Verlauf nach 6–12 Wochen erfolgen. Die primäre Anastomose wird auch hier angestrebt, stellt aber noch kein Standardverfahren dar. Bei Fisteln wird der fistelbildende Darmanteil samt Fistel reseziert und der Darm primär anastomosiert. Die Operationsletalität liegt < 1 %. Beim Darmverschluss wird eine Adhäsiolyse und eine Resektion des entzündeten Dickdarmsegmentes durchgeführt ( 2 B-6.2).
1
Chirurgische Therapie: Ist 12–24 Stunden nach dem Versuch einer konservativen Behandlung eine Persistenz der klinischen Symptomatik zu beobachten, muss die operative Intervention erörtert werden. Liegt eine gedeckte Perforation mit Abszessbildung im Mesenterium oder gegen die Bauchdecke vor, kann das betroffene Darmstück reseziert und End-zu-End anastomosiert werden. Lässt der Allgemeinzustand des Patienten vorübergehend keine Operation zu, kann alternativ eine CT- oder Ultraschallgeführte perkutane Dränage vorgenommen werden. Das befallene Dickdarmsegment wird dann nach 7–10 Tagen mit primärer Anastomose entfernt. Bei 40 % der Patienten, die sich wegen einer Divertikulitis einer Operation unterziehen müssen, wird eine Abszessbildung beobachtet. Die Letalität beträgt 2,5 %. Die freie Perforation mit kotiger Peritonitis ist meist im Rahmen der Sepsis mit instabilen Kreislaufverhältnissen verbunden. Nach Stabilisierung der Hämodynamik muss die Resektion des perforierten Darms mit einer ausgiebigen Lavage der Peritonealhöhle erfolgen. In dieser Situation wird der Darm oral der Resektion als terminales Kolostoma ausgeleitet. Der aborale Darmabschnitt wird entweder blind verschlossen (Hartmann-Operation/Diskontinuitätsresektion) oder als Schleimfistel in die Bauchdecke eingenäht ( 1 B-6.5). Bei besonders schwerer Kontamination kann eine programmierte Abdominallavage 2 Tage nach dem Ersteingriff erforderlich werden. Eine Wiederherstellung der Kontinuität kann bei einem blanden Verlauf nach 6–12 Wochen erfolgen. Es muss jedoch festgehalten werden, dass auch bei diesen Patienten der Trend zur primären Anastomose besteht. Die Entscheidung hierüber setzt allerdings eine erhebliche operative Erfahrung voraus und darf noch nicht als Standardverfahren betrachtet werden. Fisteln als Spätmanifestation einer spontanen Abszessdränage in benachbarte Organe oder durch die Haut unterliegen den Bedingungen der Elektivoperation. Hierbei werden der fistelbildende Darmanteil einschließlich der Fistel reseziert und der Darm primär anastomosiert. Die Operationsletalität liegt unter 1 %. Der Darmverschluss kann durch narbige Verwachsungen chronisch verlaufen. Die Operation besteht in einer Adhäsiolyse des adhärenten Dünndarms und einer Resektion des entzündeten Dickdarmsegmentes ( 2 B-6.2). π
B-6.5 Synopsis Diskontinuitätsresektion nach Hartmann Blinder Verschluss des Rektums und Anlage eines endständigen Stomas des Colon descendens. Dieses Verfahren findet sowohl bei der perforierten Sigmadivertikulitis als auch als Palliativverfahren beim irresektablen Rektumkarzinom Anwendung.
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399
6.3.3 Colitis ulcerosa
2 B-6.2
Therapeutische Vorgehensweise bei Divertikulitis und deren Komplikationen
Befund
Therapie
N akute Divertikulitis n π 1. Schub
π π
Persistenz > 24 h Rezidiv
N Divertikulitiskomplikation n π gedeckte Perforation
N konservativ n π Nahrungskarenz π parenterale Flüssigkeits- und Antibiotikazufuhr N Elektivoperation n π End-zu-End-Anastomose N sofortige Operation n π End-zu-End-Anastomose
π
freie Perforation (mit kotiger Peritonitis)
N sofortige Operation n π Diskontinuitätsresektion nach Hartmann π Wiederanschlussoperation nach 6–12 Wochen π evtl. Etappenlavage
π
Fisteln
N Elektivoperation n π primäre Anastomose
π
Darmverschluss
N sofortige Operation n π Adhäsiolyse und Resektion des entzündlichen Darmabschnittes
6.3.3
Colitis ulcerosa
n Definition. Die Colitis ulcerosa ist eine unspezifische Entzündung unklarer Ätiologie, die ausschließlich die Dickdarmmukosa befällt und sich beginnend vom Rektum nach proximal ausbreitet. Die Erkrankung wird zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr manifest, kann jedoch in jedem Alter beobachtet werden. Sie verläuft in akuten Schüben, die sich mit Remissionen abwechseln.
Symptome. Bei 20 % der Patienten ist das gesamte Kolon betroffen, bei 30–40 % liegt ein Befall über das Sigma bis zum angrenzenden Colon descendens vor und bei 40–50 % bleibt die Erkrankung auf das Rektum und Rektosigmoid beschränkt. Das morphologische Bild ist durch eine hyperäme, ödematöse Mukosa geprägt. In Abhängigkeit vom Schweregrad treten Ulzerationen auf, die entlang der Tänien verlaufen können. Als Zeichen der Epithelregeneration treten nach längerem Krankheitsverlauf entzündliche Polypen (Pseudopolypen) auf ( 1 B-6.6).
1 B-6.6
6.3.3
Colitis ulcerosa
Definition
Symptome. Bei ca. 50 % bleibt die Erkrankung auf das Rektum und Rektosigmoid beschränkt, bei 20 % ist das gesamte Kolon betroffen. Das morphologische Bild ist durch eine hyperäme, ödematöse Mukosa geprägt. Es treten Ulzerationen auf. Als Zeichen der Epithelregeneration treten nach längerem Krankheitsverlauf entzündliche Polypen (Pseudopolypen) auf ( 1 B-6.6).
Pseudopolypen bei Colitis ulcerosa
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400 Merke
Die Hauptsymptome der Colitis ulcerosa sind: π rektale Blutabgänge π Diarrhö π Abdominalschmerzen.
Je nach Aktivitätsgrad der Erkrankung sind extraintestinale Manifestationen zu beobachten, die sich bei einer Remission wieder zurückbilden ( 2 B-6.3).
6 Kolon/Rektum
n Merke. Die Colitis ulcerosa ist 10–15 Jahre nach Diagnosestellung mit einem deutlich erhöhten Karzinomrisiko behaftet. Das absolute Risiko beträgt 35 Jahre nach Ausbruch der Erkrankung 30 % und steigt auf 49 %, wenn die Diagnose vor dem 15. Lebensjahr gestellt wurde.
Die Hauptsymptome der Colitis ulcerosa sind rektale Blutabgänge, Durchfälle und Abdominalschmerzen. Rektaler Blutabgang kann bei der hämorrhagischen Proktitis (isolierter Rektumbefall) beobachtet werden. Hierbei handelt es sich im Gegensatz zu einem das Rektum überschreitenden Befall um Frischblut, das leicht mit einer Hämorrrhoidalblutung verwechselt werden kann. Hat die Erkrankung das Rektum überschritten, stellen sich blutig-schleimige Durchfälle ein. Diarrhö tritt, insbesondere postprandial, bei den meisten Patienten mit einer aktiven Erkrankung auf. Nicht selten vermittelt das stark entzündete Rektum das Gefühl der inkompletten Entleerung. Pathophysiologisch liegt die Ursache der Durchfälle in erster Linie in einer verminderten Resorption für Salz und Wasser durch die Kolonschleimhaut. In Abhängigkeit vom Krankheitsverlauf nimmt die Frequenz der Darmentleerungen zu. Abdominalschmerzen gehören nicht zu den beherrschenden Symptomen und können außerhalb eines akuten Schubes unspezifisch sein. Je nach Aktivitätsgrad der Erkrankung sind extraintestinale Manifestationen zu beobachten, die sich bei einer Remission wieder zurückbilden ( 2 B-6.3).
2 B-6.3
Extraintestinale Manifestationen der Colitis ulcerosa
In Beziehung zum Aktivitätsgrad der Erkrankung n N N n N n N n N n N n N n
periphere Arthropathie Erythema nodosum Episkleritis Ulzerationen des Mundes Fettleber Pyoderma gangraenosum Uveitis
Ohne Beziehung zur Aktivität der Erkrankung n Sakroilitis N N ankylosierende Spondylitis n N primär sklerosierende Cholangitis n Selten n Perikarditis N N akute febrile neutrophile Dermatose n N Amyloidose n
Diagnose. Zur Sicherung der Diagnose ist die Sigmoidoskopie ausreichend. Bei starker Entzündung ist eine übermäßige Luftinsufflation zu vermeiden. Die Koloskopie ist für die Erfassung der Krankheitsausdehnung mit histologischer Sicherung hilfreich, für die Karzinomvorsorge ist sie unerläßlich.
Die Röntgenuntersuchung erlaubt eine Aussage über die Ausdehnung des Kolonbefalls ( 1 B-6.7).
Diagnose. Durch Stuhlproben sollte eine spezifische Entzündung ausge-
schlossen werden (z.B. Salmonellen, Campylobacter, Clostridium difficile, Amöben). Beim immunsupprimierten Patienten (Chemotherapie, nach Transplantation oder bei AIDS) müssen opportunistische Infektionen des Kolons in Erwägung gezogen werden. Zur Sicherung der Diagnose ist die Sigmoidoskopie ausreichend. Bei starker Entzündung ist jedoch eine übermäßige Luftinsufflation zu vermeiden. Die Koloskopie ist gewöhnlich für die Erhebung der Diagnose nicht erforderlich. Sie ist jedoch für die Erfassung der Krankheitsausdehnung mit histologischer Sicherung hilfreich und wird erforderlich, wenn eine Diskrepanz zwischen den Beschwerden des Patienten und einem normalen Röntgenbefund (bis zu 14 %) besteht. Für die Karzinomvorsorge ist sie unerlässlich. Die Röntgenuntersuchung gestattet bei bekannter Diagnose bereits in der Abdomenleeraufnahme eine Aussage über die Ausdehnung des Kolonbefalls. Entzündeter Dickdarm enthält selten Stuhl. Bei Befall des gesamten Kolons ist deshalb ein leerer Kolonrahmen zu erwarten. Ist lediglich das linke Kolon betroffen, zeigt sich proximal eine Stuhlsäule. Obwohl der Kolonkontrast-
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401
6.3.3 Colitis ulcerosa einlauf mit Barium ebenfalls die Ausdehnung der Erkrankung demonstrieren kann, ist er der Koloskopie unterlegen und bei Dilatation des Kolons kontraindiziert ( 1 B-6.7).
1 B-6.7
Röntgenbefund bei Colitis ulcerosa mit zahlreichen sog. »Kragenknopfulzera« (Á)
Komplikationen. Im Rahmen einer akuten Exazerbation kann es zu massiven Blutungen kommen. Diese Blutungen können normalerweise mit Transfusionen und einer gleichzeitigen medikamentösen Behandlung beherrscht werden. Sind 6–8 Einheiten Blut innerhalb von 24–48 Stunden erforderlich, muss die Notfallkolektomie erwogen werden. Die gefährlichste Komplikation ist die Perforation. Sie kann unabhängig vom Dilatationszustand des Kolons eintreten. Hierbei können die Zeichen der Peritonitis durch Steroidgaben verschleiert sein, sodass reduziertes Allgemeinbefinden, Tachykardie und der Verlust der Darmmotilität als einzige klinische Hinweise verwertbar sind. Eine Bestätigung der Diagnose wird immer mit einer Abdomenleeraufnahme durch den Nachweis freien Gases in der Peritonealhöhle zu erbringen sein. Die Behandlung besteht primär in der Korrektur von Stoffwechselentgleisungen, gegebenenfalls der Erhöhung der Steroiddosis und der anschließenden Kolektomie. Beim toxischen Megakolon (akute Dilatation) handelt es sich um eine massive Dilatation des Kolons während eines akuten Kolitisschubes. Es kann bei 10 % der erkrankten Patienten beobachtet werden und birgt die potenzielle Gefahr der Perforation in sich. Das perforierte, toxische Megakolon ist mit einer Letalität bis zu 50 % behaftet. Kommt es innerhalb von 48–72 Stunden unter medikamentösen Maßnahmen zu keiner Besserung des Patienten, muss die Kolektomie erörtert werden.
Komplikationen. Im Rahmen einer akuten Exarzerbation kann es zu massiven Blutungen kommen. Sind 6–8 Einheiten Blut innerhalb von 24–48 Stunden erforderlich, muss die Notfallkolektomie erwogen werden. Die gefährlichste Komplikation ist die Perforation. Eine Bestätigung der Diagnose wird immer mit einer Abdomenleeraufnahme durch den Nachweis freien Gases in der Peritonealhöhle zu erbringen sein. Die Behandlung besteht primär in der Korrektur von Stoffwechselentgleisungen und der anschließenden Kolektomie. Beim toxischen Megakolon (akute Dilatation) handelt es sich um eine massive Dilatation des Kolons während eines Kolitisschubes (10 % der Patienten). Kommt es unter medikamentösen Maßnahmen zu keiner Besserung, muss die Kolektomie erörtert werden (Gefahr der Perforation, Letalität 50 %).
Therapie
Therapie π Konservative Behandlung: Die Therapie erstreckt sich auf diätetische Maßnahmen, Kortikosteroide, Sulfasalazine, Mesalazine (5-Aminosalicylate), Azathioprine und Antibiotika (Metronidazol).
Konservative Behandlung: Die Behandlung der unkomplizierten Colitis ulcerosa erfolgt medikamentös mit dem Ziel, die Entzündung einzudämmen, Schmerzen zu beseitigen, den Durchfall zu beeinflussen und somit eine Remission zu erreichen. Die Therapie erstreckt sich auf diätetische Maßnahmen, Kortikosteroide, Sulfasalazine, Mesalazine (5-Aminosalicylate), Azathioprine (bei Therapieresistenz zur Reduktion der Kortikosteroide; cave Nebenwirkungen) und Antibiotika (Metronidazol). π
n Merke. Die symptomatische Behandlung zur Verminderung der Stuhlfrequenz und damit der Wasser- und Elektrolytverluste mit Loperamid, und Codeinphosphat ist nicht empfehlenswert, da einerseits die Zeichen eines akuten Schubes verschleiert werden können und andererseits die Provokation einer toxischen Dilatation möglich ist. π Chirurgische Behandlung: Bei einem ausgedehnten Befall des Kolons müssen sich im Verlauf der Erkrankung 33 % der Patienten einer Operation
Merke
Chirurgische Behandlung: Bei einem ausgedehnten Befall des Kolons
π
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402
6 Kolon/Rektum
müssen sich im Verlauf der Erkrankung 33 % der Patienten einer Operation unterziehen, während bei einer distalen Colitis ulcerosa nur in 2 % eine Operation erforderlich wird. Die Hauptindikation für operative Eingriffe ist die chronische Erkrankung mit schlechtem Ansprechen auf konservative Therapiemaßnahmen oder eine zunehmende Frequenz akuter Schübe. Bei der Indikationsstellung sollte die physische, soziale und berufliche Beeinträchtigung sowie das Alter des Patienten und die Dauer der Erkrankung berücksichtigt werden.
unterziehen, während bei einer distalen Colitis ulcerosa nur in 2 % eine Operation erforderlich wird. Die akute Colitis ulcerosa ist durch eine erhöhte Frequenz blutiger Stühle in Verbindung mit systemischen Zeichen einschließlich Tachykardie, Fieber und Hypalbuminämie charakterisiert. Unter einer aggressiven medikamentösen Therapie kann das Krankheitsbild bei 75 % der Patienten beherrscht werden. Kommt es unter dieser Behandlung innerhalb von 24 Stunden zu keiner Besserung des Allgemeinzustands, wird ein operativer Eingriff erforderlich. Die Hauptindikation für operative Eingriffe ist die chronische Erkrankung mit schlechtem Ansprechen auf konservative Therapiemaßnahmen oder eine zunehmende Frequenz akuter Schübe. Bei der Indikationsstellung sollte die physische, soziale und berufliche Beeinträchtigung sowie das Alter des Patienten und die Dauer der Erkrankung berücksichtigt werden.
Operationsverfahren: Zu den gebräuchlichen Operationsverfahren gehören:
π Operationsverfahren: Zu den gebräuchlichsten Operationsverfahren gehören:
Proktokolektomie mit Anlage eines terminalen Ileostomas
Proktokolektomie mit Anlage eines terminalen Ileostomas: Die Proktokolektomie beinhaltet die Entfernung von erkranktem Kolon und dem befallenen Rektum. Die Stuhlableitung erfolgt über eine terminale Ileostomie.
Kolektomie mit ileorektaler Anastomose: Dieses einfache Operationsverfahren ist umstritten, da das Gewebe im verbliebenen Rektumstumpf entarten kann (15–20 %). Indikationen sind die ausgeprägte portale Hypertension und bei Kindern die Stomavermeidung während des Wachstums.
Kolektomie mit ileorektaler Anastomose: Die Kolektomie mit ileorektaler Anastomose ist ein einfaches Operationsverfahren, das gute funktionelle Resultate erwarten lässt. Es ist jedoch im Hinblick auf die maligne Entartung im verbliebenen Rektumstumpf mit einem Restrisiko von 15–20 % umstritten. Eine Indikation für dieses Vorgehen besteht bei ausgeprägter portaler Hypertension, die eine Dissektion der Rektumschleimhaut wegen des hohen Blutverlustes riskant macht. Eine weitere Indikation besteht bei Kindern zur Vermeidung eines Stomas während des Wachstumsalters oder bis der Zeitpunkt zu einer Pouchanlage gegeben ist. Das Operationsverfahren verlangt jedoch in jedem Falle eine lebenslange Nachsorge des Patienten.
Totale Kolektomie mit Proktomukosektomie und Anlage eines ileoanalen Pouches: Verfahren der Wahl bei der Pancolitis ulcerosa.
Totale Kolektomie mit Proktomukosektomie und Anlage eines ileoanalen Pouches: Als Verfahren der Wahl gilt heute bei einer Pancolitis ulcerosa die totale Kolektomie mit Proktomukosektomie und Anlage eines ileoanalen Reservoirs (ileoanaler Pouch). Ziel der Operation ist es, unter Vermeidung eines Stomas die persönliche Integrität zu erhalten und die psychosoziale Integration des Patienten zu erleichtern.
π
1 B-6.8
Synopsis Pouchgestaltung bei der restorativen Kolektomie mit Proktomukosektomie und Anlage eines ileoanalen Reservoirs
a J-Pouch.
b S-Pouch.
c W-Pouch.
Bei Primäreingriffen wird am häufigsten der J-Pouch eingesetzt.
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403
6.3.3 Colitis ulcerosa Als Kontraindikation gelten eine Sphinkterinsuffizienz, ein tiefsitzendes Rektumkarzinom und ein Morbus Crohn. Prinzipien des operativen Vorgehens: Dissektionsebene: Die Mehrzahl der Patienten mit einer Colitis ulcerosa sind jung und sexuell aktiv. Aus diesem Grund ist es von herausragender Bedeutung, die Nerven des Beckens durch ein sehr rektumnahes Vorgehen zu schonen. Auf diese Weise kann die Impotenzrate unter 0,5 % gehalten werden. π
Kontraindikationen sind Sphinkterinsuffizienz, ein tiefsitzendes Rektumkarzinom und ein Morbus Crohn. Prinzipien des operativen Vorgehens: π Dissektionsebene π Pouchgestaltung ( 1 B-6.8) π Proktomukosektomie. π
Pouchgestaltung: Unter den zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten des Reservoirs, die sich funktionell unwesentlich unterscheiden, hat sich als Standardvorgehen der J-Pouch durchgesetzt. Trotzdem kann bei unzureichender Länge des Dünndarmmesenteriums oder bei Sekundäreingriffen (z.B. nach Diskontinuitätsresektion) eine alternative Pouchgestaltung erforderlich werden ( 1 B-6.8). Die Naht des Reservoirs kann entweder mit der Hand oder aber mit Klammernahtgeräten vorgenommen werden. Proktomukosektomie: Bei dem verbliebenen Rektumschlauch, dessen Länge für die postoperative Funktion unwesentlich ist, kommt es darauf an, die gesamte erkrankte Mukosa zur Vermeidung einer malignen Entartung zu entfernen.
Nachbehandlung. Die Anlage eines protektiven Ileostomas ist beim erfah-
renen Operateur nicht erforderlich. Es unterliegt einer eigenen Morbidität und nimmt keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis. Bei Nachweis suffizienter Anastomosenverhältnisse und unbehinderter Motilität kann die perorale Nahrungszufuhr begonnen werden. Zur Vermeidung von Hautmazerationen durch den anfänglich sehr aggressiven Dünndarmsaft sollte die perianale Region mit deckenden Salben geschützt werden. Die anfänglich hohe Stuhlfrequenz kann durch medikamentöse Verminderung der Dünndarmmotilität (z.B. Loperamid) bei gleichzeitiger Zufuhr von flüssigkeitabsorbierender Nahrung beeinflusst werden. Der Patient muss darauf hingewiesen werden, dass der definitive Zustand nach einer derartigen Operation erst nach 1 Jahr erreicht wird und in dieser Zeit weiterhin mit abnehmender Frequenz extraintestinale Symptome der Grundkrankheit auftreten können.
Komplikationen. Neben den bekannten Komplikationen großer Abdomi-
naleingriffe (Anastomoseninsuffizienz, Nachblutung, intraabdominale Sepsis, postoperativer Ileus) sind als spezifische Spätkomplikationen die Anastomosenstriktur und die Pouchitis erwähnenswert. Bei ca. 8 % der operierten Patienten kommt es zu einer Anastomosenstriktur. Sie kann für ungeklärte Diarrhöen verantwortlich sein, bedarf jedoch keiner operativen Intervention, da sie in der Regel durch einfache Dilatationen behoben werden kann. In 10–20 % der Pouches ist eine akute Entzündung mit Diarrhö und Fieber, die sog. Pouchitis, zu beobachten. Die Ursache ist bisher ungeklärt. Eine Stase des Pouchinhaltes mit gleichzeitiger bakterieller Übersiedelung dürfte ein wesentlicher Faktor der Pathogenese sein. Steht bei der Symptomatik die Diarrhö im Vordergrund, ist in der Regel eine symptomatische Behandlung ausreichend. Liegt ein ausgeprägtes Krankheitsbild mit Fieber und einer Leukozytose vor, besteht die Therapie der Pouchitis in der systemischen Gabe anaerob wirkender Antibiotika (z.B. Metronidazol) gegebenenfalls in Kombination mit 5-ASA-Einläufen. Mit einer Abheilung ist zu rechnen. Rezidive sind jedoch möglich.
Nachbehandlung. Bei Nachweis suffizienter Anastomosenverhältnisse und unbehinderter Motilität kann die perorale Nahrungszufuhr begonnen werden.
Durch medikamentöse Verminderung der Dünndarmmotilität und flüssigkeitsabsorbierende Nahrung kann die anfänglich hohe Stuhlfrequenz beeinflusst werden.
Komplikationen. Bei ca. 8 % der operierten Patienten kommt es zu einer Anastomosenstriktur. Sie kann für ungeklärte Diarrhöen verantwortlich sein und kann in der Regel durch einfache Dilatationen behoben werden. In 10–20 % der Pouches ist eine akute Entzündung mit Diarrhöen und Fieber, die sog. Pouchitis zu beobachten. Eine Stase des Pouchinhaltes mit gleichzeitiger bakterieller Übersiedelung dürfte ein wesentlicher Faktor der Pathogenese sein. Steht die Diarrhö im Vordergrund, ist in der Regel eine symptomatische Behandlung ausreichend. Liegt ein ausgeprägtes Krankheitsbild mit Fieber und einer Leukozytose vor, besteht die Therapie in der systemischen Gabe anaerob wirkender Antibiotika (z.B. Metronidazol) gegebenenfalls in Kombination mit 5-ASA-Einläufen.
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404 6.3.4
6 Kolon/Rektum Morbus Crohn (s.a. Kap. B-4.5.1)
6.3.4
Morbus Crohn (s.a. Kap. B-4.5.1)
Synonyme: Enterocolitis regionalis granulomatosa, Ile(ocol)itis regionalis (terminalis), Colitis Crohn n Definition. Der Morbus Crohn ist eine chronische, alle Wandschichten des Darmes ergreifende granulomatöse Entzündung mit bevorzugter Lokalisation im terminalen Ileum (Ileitis terminalis). Bei diskontinuierlichem Befall kann der gesamte Gastrointestinaltrakt von der Zunge bis zum Anus befallen werden.
Definition
Ätiologie bis heute ungeklärt.
Ätiologie. Die Ursache des Morbus Crohn ist bis heute ungeklärt.
Symptome. Die Krankheit wird durch blutige Diarrhöen und häufigen Stuhldrang, ähnlich der Colitis ulcerosa, symptomatisch. Fisteln zu Nachbarorganen können die einzige Manifestation darstellen. Eine besondere Manifestationsform ist die perianale Erkrankung mit Bildung von Abszessen, Fisteln und Fissuren.
Symptome. Das Kolon kann morphologisch sowohl segmental als auch total
Diagnose. Die Diagnostik entspricht dem Vorgehen wie bei der Colitis ulcerosa.
Diagnose. Sie entspricht dem Vorgehen bei der Colitis ulcerosa, wobei die
Kontrastmitteleinläufe können das Ausmaß des Befalls radiologisch dokumentieren ( 1 B-6.9).
1 B-6.9
befallen sein. Die Krankheit wird durch blutige Diarrhöen und häufigen Stuhldrang, ähnlich der Colitis ulcerosa, symptomatisch. Bei segmentalen oder langstreckigen Stenosen stehen Durchfälle ohne Blutbeimengungen im Vordergrund, während Fisteln zu Nachbarorganen (z.B. kolovesikal, rektovaginal) einzige Manifestationen darstellen können. Eine besondere Manifestationsform ist die perianale Erkrankung mit Bildung von Abszessen, Fisteln und Fissuren, die andererseits erste Zeichen der Erkrankung sein können.
Differenzierung nicht selten schwierig ist und oft die histologisch klassischen Epitheloidgranulome fehlen. Nachgewiesene Stenosen, die möglicherweise nicht mehr mit dem Koloskop passierbar sind, müssen sorgfältig untersucht werden, da gleichzeitig ein okkultes Karzinom verborgen sein kann. Hier können Kontrastmitteleinläufe das Ausmaß des Befalls radiologisch dokumentieren ( 1 B-6.9).
Kolonkontrasteinlauf bei Morbus Crohn
a Befall des linksseitigen Kolons mit Stenosierung ( Á) des Colon transversum und Ausbildung einer gastrokolischen Fistel (Á Á).
b »Fahrradschlauchphänomen« bei Fibrose des gesamten Kolons mit Verlust der Haustrierung.
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405
6.3.4 Morbus Crohn
Differenzialdiagnose ( 2 B-6.4)
2 B-6.4
Differenzialdiagnose ( 2 B-6.4).
Differenzialdiagnose zwischen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
Klinik
Colitis ulcerosa
N Stuhl n
π π
Diarrhö, häufig Blut in 100 %
Morbus Crohn π π
Diarrhö, häufig Blut in ca. 20 % (meist nur gering)
N Schmerz n
π
selten
π
Abdominalschmerz häufig
N Fisteln/Analläsionen n
π
selten
π
häufig
N Fisteln perianal n
π
selten
π
häufig ca. 30 %
N Fieber n
π
selten
π
häufig
N Befall n
π
π π
kontinuierlicher Befall von aboral nach oral nur Kolon Rektum immer befallen
π π
π
in ca. 85 % diskontinuierlicher Befall gesamter Gastrointestinaltrakt kann betroffen sein Rektum in ca. 75 % frei
N tastbarer Tumor n
π
nur bei Karzinom
π
häufig rechter Unterbauch
N Stenosen n
π
bei Karzinomen
π
häufig
N Mukosa n
π π π π π π π π π
diffuser Befall gesteigerte Vulnerabilität petechiale Blutungen Hyperämie und Ödem Erosionen/Ulzerationen Kryptenabszesse Schleimhautatrophie Pseudopolypen Becherzellverlust
π π π π π
π π π π
N Submukosa n
π
frei
π
fleckförmiger Befall selten Kontaktblutungen fleckförmige Rötung aphthoide Läsionen unauffällige Schleimhautareale (skip areas) Pflastersteinrelief solitäre Längsulzerationen Fissuren Becherzellen normal befallen
Therapie. Für den Morbus Crohn des Dickdarms gilt therapeutisch das glei-
che Vorgehen wie bei der Dünndarmerkrankung (s. Kap. B-4.5.1, S. 369ff.) mit einer primären medikamentösen Therapie. Die chirurgische Behandlung bleibt auch hier auf die Komplikationen beschränkt, wobei auch am Kolon zum Erhalt resorptionsfähiger Schleimhaut (Resorption von Wasser und kurzkettigen Fettsäuren) so organerhaltend wie möglich vorgegangen werden sollte. Auch wenn sich der Morbus Crohn ähnlich wie die Colitis ulcerosa verhält, unterscheidet sich die chirurgische Behandlung wesentlich. Eine Notfallindikation ist die fulminante Colitis Crohn mit akuter Blutung, die toxische Dilatation oder die Perforation. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass sich die Perforation auch ohne vorhergehende Dilatation ereignen kann. Bei diesen Komplikationen kann die subtotale Kolektomie mit ileorektaler Anastomose erforderlich werden. Segmentale Komplikationen wie Strikturen, Fisteln oder Abszesse bleiben der elektiven Chirurgie mit organerhaltender Intention vorbehalten. Hierzu gehören Strikturoplastiken, auch langstreckiger Stenosen, Fistelexzisionen oder die Segmentresektion. Die Reoperationsrate des organerhaltenden Vorgehens entspricht innerhalb von 10 Jahren derjenigen der subtotalen Kolektomie.
Therapie. Auch hier ist primär eine medikamentöse Therapie angezeigt. Die chirurgische Behandlung bleibt auf die Komplikationen beschränkt.
Eine Notfallindikation ist die fulminante Colitis Crohn mit akuter Blutung, die toxische Dilatation oder die Perforation. Bei diesen Komplikationen kann die subtotale Kolektomie mit ileorektaler Anastomose erforderlich werden. Segmentale Komplikationen wie Strikturen, Fisteln oder Abszesse bleiben der elektiven Chirurgie vorbehalten.
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406 6.3.5 Ischämische Kolitis Definition
6 Kolon/Rektum 6.3.5
Ischämische Kolitis
n Definition. Bei der ischämischen Kolitis handelt es sich um eine entzündliche Veränderung der Kolonschleimhaut aufgrund einer Mangeldurchblutung.
Ätiologie und Pathogenese. Die ischämische Kolitis kann durch den Verschluss größerer Arterien, Gefäßerkrankungen, venöse Thrombose, Darmverschluss mit Erhöhung des intraluminalen Drucks und »Low-flow«-Zustände verursacht werden. Die Veränderungen finden sich vornehmlich am linken Kolon, da sich hier die Versorgungsgebiete der A. mesenterica superior und der A. mesenterica inferior trennen. Beide Versorgungsgebiete sind in der Regel durch die Riolan-Arkade miteinander verbunden. Diese Anastomose kann jedoch so schwach entwickelt sein, dass eine eingeschränkte Perfusion in einem der Versorgungsgebiete zur Ischämie führt.
Ätiologie und Pathogenese. Die ischämische Kolitis kann durch den Ver-
Symptome. Bei meist chronischem Verlauf kommt es zu krampfartigen, linksseitigen Abdominalschmerzen mit rezidivierenden Durchfällen, denen charakteristischerweise altes Blut beigemengt ist. Das betroffene Kolon kann schmerzhaft und gegebenenfalls palpabel sein.
Symptome. Bei meist chronischem Verlauf kommt es zu krampfartigen, linksseitigen Abdominalschmerzen mit rezidivierenden Durchfällen, denen charakteristischerweise altes Blut beigemengt ist. Da es sich vornehmlich um Veränderungen der Mukosa handelt, sind keine systemischen Auswirkungen außer einem leichten Temperaturanstieg mit Tachykardie zu erwarten. Bei der klinischen Untersuchung kann das betroffene Kolon schmerzhaft und gegebenenfalls palpabel sein.
Diagnose. Sie erfolgt durch Abdomenübersichtsaufnahme und die Kolonkontrastuntersuchung. Pathognomonisch sind die »thumbprints« ( 1 B-6.10). Mit fortschreitender Erkrankungsdauer kann das radiologische Bild dem der Colitis ulcerosa oder des Morbus Crohn ähneln. Hier kann die Endoskopie mit Biopsie zu einer Differenzierung führen.
Diagnose. Die Abdomenübersicht und die Kolonkontrastuntersuchung
Therapie. Die Behandlung der ischämischen Kolitis richtet sich nach dem klinischen Bild, wobei ein konservatives Vorgehen angestrebt wird (Flüssigkeitssubstitution und bei Zeichen eines Infektes Breitbandantibiotika, obwohl der Nutzen bisher nicht nachgewiesen werden konnte). Bei einer vorübergehenden Ischämie ist mit einer Restitutio ad integrum zu rechnen. Kommt es zu funktionell wirksamen Stenosen, einer Gangrän oder Perforation, ist der operative Eingriff indiziert.
schluss größerer Arterien, Gefäßerkrankungen, venöse Thrombose, Darmverschluss mit Erhöhung des intraluminalen Drucks und »Low-flow«Zuständen (z.B. Hypovolämie, kardiale Dekompensation) verursacht werden. Grundsätzlich sind Mukosa und Submukosa betroffen. Durch Auflockerung der Mukosa gelangen pathogene Keime in die Darmwand und verursachen entzündliche Ulzerationen. Je nach Perfusion des Darms können sich diese Veränderungen vollständig zurückbilden. Bleibt die Perfusion eingeschränkt, kommt es zur Fibrose der Darmwand mit Ausbildung von Strikturen. Eine nekrotisierende Kolitis ist selten. Obwohl jeder Abschnitt des Kolons betroffen sein kann, finden sich derartige Veränderungen vornehmlich am linken Kolon, da sich im Bereich der linken Flexur die Versorgungsgebiete der A. mesenterica superior zum Colon transversum und der A. mesenterica inferior zum Colon descendens trennen. Beide Versorgungsgebiete sind in der Regel durch die Riolan-Arkade miteinander verbunden. Diese Anastomose kann jedoch fehlen oder so schwach entwickelt sein, dass eine eingeschränkte Perfusion in einem der Versorgungsgebiete zur Ischämie führt. Von klinischer Bedeutung ist die Riolan-Arkade bei Eingriffen an der Aorta oder in der kolorektalen Chirurgie, wo mit der Ligatur der A. mesenterica inferior gerechnet werden muss. Insbesondere bei Eingriffen an der Aorta können schwerwiegende Komplikationen vermieden werden, wenn bei fehlender Anastomose der Versorgungsgebiete die A. mesenterica inferior in einen evtl. Gefäßersatz der Aorta replantiert wird.
werden die ersten Untersuchungen zur Sicherung der Diagnose sein. Pathognomonisch sind die »thumbprints«, die sich meistens in der linken Flexur in Folge des submukösen Ödems ab dem 3. Tag nach Beginn der Ischämie nachweisen lassen ( 1 B-6.10). Mit fortschreitender Erkrankungsdauer kann das radiologische Bild differenzialdiagnostisch dem der Colitis ulcerosa oder des Morbus Crohn ähneln. Hier kann die Endoskopie mit Biopsie zu einer Differenzierung führen.
Therapie. Die Behandlung der ischämischen Kolitis richtet sich im Wesent-
lichen nach dem klinischen Bild, wobei grundsätzlich ein konservatives Vorgehen angestrebt wird. Dieses besteht in Flüssigkeitssubstitution und bei Zeichen eines Infektes Breitbandantibiotika, obwohl deren Nutzen bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Bei einer vorübergehenden Ischämie ist mit einer Restitutio ad integrum zu rechnen. Bei ausgedehnten Ischämien kann es neben langstreckigen, funktionell wirksamen Stenosen und selten zur Gangrän oder Perforation kommen. In diesen Fällen ist die Indikation zur Resektion des betroffenen Kolonanteils gegeben. Ist ein Karzinom ausgeschlossen, kann die Resektion auf den Bezirk der Ischämie begrenzt bleiben.
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407
6.3.6 Pseudomembranöse Kolitis
1 B-6.10
Röntgendarstellung einer ischämischen Kolitis Ausgedehnte »thumbprints« (Á) des Kolon ascendens und transversum.
6.3.6
Pseudomembranöse Kolitis
n Definition. Bei der pseudomembranösen Kolitis handelt es sich um eine antibiotikainduzierte Durchfallerkrankung, die durch ein Zytotoxin des Clostridium difficile ausgelöst wird.
Ätiologie. C. difficile ist ein grampositives, anaerobes und sporenbildendes
Bakterium, das nicht der normalen Darmflora zugerechnet wird. Infektionen können durch alle Antibiotika ausgelöst werden, im Vordergrund stehen jedoch Lincomycin, Clindamycin, Ampicillin, Tetrazyklin und Cephalosporine. Bevorzugt betroffen sind Patienten mit verminderter Resistenz. n Merke. Alle Antibiotika können eine pseudomembranöse Kolitis auslösen.
6.3.6
Pseudomembranöse Kolitis
Definition
Ätiologie. C. difficile gehört nicht zur normalen Darmflora. Infektionen können durch alle Antibiotika ausgelöst werden. Bevorzugt betroffen sind Patienten mit verminderter Resistenz.
Merke
Symptome. Die Krankheit präsentiert sich mit wässrigen Durchfällen unter-
Symptome. 2 Tage – 3 Wochen nach einer Antibiotikaexposition kommt es zu wässrigen Durchfällen, Abdominalkrämpfen und Temperaturerhöhung.
Diagnose. Die Diagnose wird durch den Toxinnachweis von C. difficile gesi-
Diagnose. Die Diagnose wird durch den Toxinnachweis von C. difficile gesichert. Koloskopisch zeigen sich entzündliche Plaques zwischen normaler Dickdarmmukosa. Differenzialdiagnose s. 2 B-6.5.
Therapie. Stehen nicht das mögliche toxische Megakolon oder eine Kolon-
Therapie. Bei positivem Toxinnachweis ist grundsätzlich eine konservative Behandlung angezeigt. Neben Flüssigkeits- und Elektrolytersatz sollten alle Antibiotika abgesetzt werden. Evtl. ist eine Therapie mit Metronidazol oder Vancomycin notwendig.
schiedlicher Schweregrade, Abdominalkrämpfen und Temperaturerhöhung. Der Krankheitsbeginn liegt 2 Tage – 3 Wochen nach einer Antibiotikaexposition, einschließlich einer perioperativen Antibiotikaprophylaxe. Zu den Komplikationen zählen Schock, Kolonperforation und das toxische Megakolon.
chert. Koloskopisch zeigen sich entzündliche Plaques zwischen normaler Dickdarmmukosa. Ist der Erreger in Stuhlproben kultivierbar, ohne dass eine nennenswerte Toxinproduktion nachweisbar wird, müssen Alternativdiagnosen erörtert werden ( 2 B-6.5).
perforation im Vordergrund, ist bei positivem Toxinnachweis grundsätzlich eine konservative Behandlung angezeigt. Neben dem Flüssigkeits- und Elektrolytersatz sollten alle Antibiotika abgesetzt werden. Kommt es nicht innerhalb von 48 Stunden zu einer spontanen Rückbildung der Symptome, ist die spezifische antibiotische Behandlung mit Metronidazol oder Vancomycin empfehlenswert.
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408
6 Kolon/Rektum
2 B-6.5
Differenzialdiagnosen bei Verdacht auf pseudomembranöse Kolitis
Unspezifische entzündliche Darmerkrankungen n Colitis ulcerosa N N Morbus Crohn n Spezifische entzündliche Darmerkrankungen n Salmonellen N N Shigellen n N Campylobacter n Ischämie
n Merke. Wegen der hohen Kontagiosität der Erreger ist eine Isolierung des erkrankten Patienten erforderlich.
Merke
6.4
Dickdarmtumoren
6.4.1 Kolonpolypen
6.4.1
Kolonpolypen
Gastrointestinale Polypen sind kleine Gewebevorwölbungen, die entweder gestielt oder breitbasig über das Niveau der Schleimhaut hinausragen ( 2 B-6.6).
Gastrointestinale Polypen sind kleine Gewebevorwölbungen, die entweder gestielt oder breitbasig über das Niveau der Schleimhaut hinausragen. Der Bezeichnung liegt eine klinische Beurteilung zugrunde, die nach ätiologischen und morphologischen Gesichtspunkten unterteilt wird ( 2 B-6.6).
6.4
Dickdarmtumoren
2 B-6.6
Klassifikation kolorektaler Polypen
N Neoplastische Polypen n n N benigne
N maligne n
n tubuläres Adenom N N tubulovillöses Adenom n N villöses Adenom n N nicht invasive Karzinome n π Carcinoma in situ π intramuköses Karzinom N invasives Karzinom (Muscularis n mucosae durchbrochen)
N Nicht neoplastische n Polypen (unklassifizierbar)
N hyperplastische (= metan plastische) Polypen N hamartomatöse Polypen n N juvenile Polyposis n N Peutz-Jeghers-Syndrom n N entzündliche Polypen n (z.B. Colitis ulcerosa)
N Submuköse Läsionen n
n N N n N n N n N n
Pneumatosis cystoides intestinalis Lipome Karzinoid metastatische Veränderungen andere seltene Läsionen
Neoplastische Polypen
6.4.2 Neoplastische Polypen
6.4.2
Die Adenome (tubuläre, villöse, tubulovillöse und flache) sind durch umschriebenes Auftreten von Epithel mit den Zeichen der Dysplasie gekennzeichnet.
Sie werden als Adenome bezeichnet und entsprechend der Morphologie in tubuläre, villöse, tubulovillöse und flache Adenome (flat adenomas) unterteilt. Tubuläre Adenome (75 %) sind meist gestielt, gut differenziert und in der Regel < 2 cm. Die Entartungswahrscheinlichkeit ist mit ca. 5 % eher gering. Villöse Adenome (10 %) sitzen flächiger auf, haben eine zottige Oberfläche und sind meist > 2 cm. Das Entartungsrisiko ist mit im Mittel 15 % relativ hoch. Tubulo-villöse Adenome (25 %) stellen eine Mischform dar.
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409
6.4.3 Kolorektales Karzinom Die Adenome sind durch umschriebenes Auftreten von Epithel mit den Zeichen der Dysplasie gekennzeichnet. n Definition. Dysplasie bezeichnet alle Formen einer zweifelsfrei neoplastischen Epithelproliferation ohne invasives Wachstum, entsprechend einer intraepithelialen Neoplasie. Die Epithelveränderungen sind gekennzeichnet durch eine π Zellatypie π abweichende Differenzierung π gestörte Mikroarchitektur.
Definition
n Merke. Die Hauptgefahr der Adenome für den Patienten liegt in der Möglichkeit, maligne zu entarten. Die Entartungstendenz korreliert hierbei mit der Größe des Polypen, dem histologischen Typ und dem Grad der Dysplasie.
Merke
Symptome. Die Adenome bleiben klinisch oft stumm. Größere Polypen und Schleimhauterosionen können zu Blutungen führen. Analnah gelegene Polypen können prolabieren.
Symptome. Adenome bleiben klinisch oft stumm. Größere Polypen können zu Blutungen führen.
Diagnose. Die Diagnose wird endoskopisch gestellt.
Diagnose. Sie wird endoskopisch gestellt. Therapie. Kleine Adenome (< 3 cm) können peranal oder endoskopisch in toto abgetragen werden. Größere Adenome bedürfen i.d.R. einer chirurgischen Resektion.
Therapie. Kleine Adenome (< 3 cm) können in toto peranal oder endoskopisch abgetragen werden. Größere Adenome bedürfen in der Regel einer chirurgischen Resektion. In Abhängigkeit von der Histologie (Schnellschnittuntersuchung) kann eine Radikaloperation erforderlich werden. n Merke. Adenome sollen nicht biopsiert, sondern stets vollständig abgetragen werden.
6.4.3
Kolorektales Karzinom
Merke
6.4.3 Kolorektales Karzinom
Es ist allgemein anerkannt, dass die meisten Kolonkarzinome primär benignen Adenomen entstammen und sich 5–10 Jahre nach der Entstehung des Adenoms entwickeln. Eine Ausnahme bildet die Colitis ulcerosa, bei der das Karzinom durch die alleinige Dysplasie entstehen kann. Da die Dysplasie alle neoplastischen Epithelveränderungen ohne invasives Wachstum erfasst, muss das invasive Tumorwachstum als ein weiteres Entwicklungsstadium der Dysplasie verstanden werden. In diesem Sinne ist die Pathogenese des Karzinoms als Adenom-(Dysplasie-)Karzinom-Sequenz zu erklären.
Die meisten Kolonkarzinome entwickeln sich nach 5–10 Jahren aus primär benignen Adenomen. Da die Dysplasie alle neoplastischen Epithelveränderungen ohne invasives Wachstum erfasst, muss das invasive Tumorwachstum als ein weiteres Entwicklungsstadium der Dysplasie verstanden werden. In diesem Sinne ist die Pathogenese des Karzinoms als Adenom-(Dysplasie-) Karzinom-Sequenz zu erklären.
Ätiologie und Risikofaktoren
Ätiologie und Risikofaktoren
Die Ätiologie kolorektaler Karzinome ist noch nicht geklärt. Sicher erscheint jedoch, dass die Tumorentstehung sowohl einem exogenen als auch endogenen, genetischen Einfluss unterliegt ( 2 B-6.7). Unter den exogenen Faktoren kommt der Nahrung und ihren Abbauprodukten eine wesentliche Bedeutung zu. Es gibt zahlreiche Hinweise dafür, dass fettreiche Nahrung mit einer hohen Inzidenz von Kolontumoren verbunden ist. Der hohe Fettgehalt bewirkt neben einer Erhöhung der Cholesterinwerte auch eine vermehrte Gallesäuresynthese in der Leber und eine entsprechende Sekretion in den Darm. Unter dem Einfluss der Darmbakterien kommt es zur Bildung von sekundären Gallesäuren, Cholesterinmetaboliten und anderen toxischen Stoffwechselprodukten, die durch direkte topische Einwirkung einerseits zu einer Schädigung des Epithels führen und andererseits einen Proliferationsreiz auf die Schleimhaut ausüben.
Die Tumorentstehung unterliegt sowohl einem exogenen als auch endogenen genetischen Einfluss. Unter den exogenen Faktoren kommt der Nahrung eine wesentliche Bedeutung zu ( 2 B-6.7).
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410
6 Kolon/Rektum
2 B-6.7
Risikofaktoren für ein kolorektales Karzinom
Exogene Faktoren π
fettreiche, ballaststoffarme Ernährung
Endogene Faktoren N Eigenanamnese n π kolorektale Adenome (synchron oder metachron) π kolorektales Karzinom N Familienanamnese n π Polyposis- und Non-Polyposis-Syndrome π gehäuftes Aufkommen familiärer Kolonkarzinome N entzündliche Darmerkrankungen n π Colitis ulcerosa, insbesondere bei hochgradiger Dysplasie π Morbus Crohn
Zu den endogenen Faktoren gehören die Polyposis- und Non-PolyposisSyndrome (s. a. Kap. B-6.5; 6.6). Auch die Colitis ulcerosa ist nach 10-jähriger Krankheitsdauer mit einem erhöhten Karzinomrisiko behaftet (nach 25 Jahren annähernd 30 %). Eine Karzinogenese nach chirurgischen Eingriffen wird der Cholezystektomie und Eingriffen am Magen angelastet. Nach beiden Eingriffen kommt es zu einer vermehrten Abgabe von Gallesäuren in das Kolon. Auch die Ureterosigmoidostomie ist mit einem deutlich erhöhten Karzinomrisiko verbunden.
Eine faserreiche und ballaststoffreiche Ernährung soll hingegen das Karzinomrisiko vermindern. Zu den endogenen Faktoren gehören die Polyposis- und Non-PolyposisSyndrome (s. a. Kap. B-6.5; 6.6). Auch die Colitis ulcerosa ist nach 10-jähriger Krankheitsdauer mit einem erhöhten Karzinomrisiko behaftet. Jede weitere Dekade erhöht das Risiko um 10 % und erreicht nach 25 Jahren annähernd 30 %. Eine Karzinogenese nach chirurgischen Eingriffen wird der Cholezystektomie und Eingriffen am Magen angelastet. Nach beiden Eingriffen kommt es zu einer vermehrten Abgabe von Gallesäuren in das Kolon. Die Ableitung der Harnwege in den Dickdarm (Ureterosigmoidostomie) ist eindeutig mit einem erhöhten Karzinomrisiko verbunden. Als Ursache kommen harnpflichtige Substanzen wie Phenole und Kresole als Bestandteil des Zigarettenrauchs in Frage.
Pathologische Erscheinungsform und Metastasierung Das kolorektale Karzinom kann makroskopisch imponieren: π polypös (ca. 25 %) π plattenartig (ca. 15–20 %) π ulzerös (55–60 %) π szirrhös als diffuse Wandverdickung (ca. 1 %).
Pathologische Erscheinungsform und Metastasierung
Zu den möglichen pathologisch-anatomischen Komplikationen gehören mit ca. 10 % der Obstruktionsileus und die Darmperforation, die in 2–5 % der Fälle zu beobachten ist. Histologisch unterscheidet man das Adenokarzinom (85–90 %), das muzinöse Adenokarzinom (ca. 10 %) und das Siegelringkarzinom (ca. 1 %).
Zu den möglichen pathologisch-anatomischen Komplikationen gehören mit ca. 10 % der Obstruktionsileus und die Darmperforation, die in 2–5 % der Fälle zu beobachten ist. Histologisch unterscheidet man das Adenokarzinom mit einem Anteil von 85–90 % und unterschiedlichen Differenzierungsgraden, das muzinöse Adenokarzinom mit extrazellulärer Schleimbildung (ca. 10 %) und das Siegelringkarzinom (ca. 1 %) mit intrazellulärer Schleimbildung. Der Differenzierungsgrad (»grading«) wird nach Kriterien wie Drüsenbildung, Kernpolymorphien und Mitosen semiquantitativ bestimmt und erlaubt eine Aussage über die »Malignität«. Eine genaue Beschreibung der Tumorausbreitung und damit der Prognose erfolgt durch die Stadieneinteilung des TNM-Systems ( 2 B-6.8) oder der Dukes-Klassifikation ( 1 B-6.11). Im Stadium Dukes A beträgt die 5-JahresÜberlebensrate 90 %. Sie reduziert sich im Stadium B auf 50 % und erreicht im Stadium C 20–30 %. Im Stadium D ist die 5-Jahres-Überlebensrate < 1 %. Die Tumorklassifikation nach Dukes darf heute als obsolet betrachtet werden. Sie wird der Vollständigkeit halber erwähnt, da sie zur Zeit noch in der Literatur berücksichtigt wird.
Eine genaue Beschreibung der Tumorausbreitung erfolgt durch die Stadieneinteilung des TNM-Systems ( 1 B-6.8), das auch heute noch den wichtigsten Prognoseindikator darstellt. Die Tumorklassifikation nach Dukes zeigt ( 1 B-6.11).
Das morphologische Erscheinungsbild des kolorektalen Karzinoms kann makroskopisch imponieren: π polypös (ca. 25 %) π plattenartig (15–20 %) π ulzerös (55–60 %) π szirrhös als diffuse Wandverdickung (ca. 1 %).
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6.4.3 Kolorektales Karzinom
2 B-6.8
411
TNM-Klassifikation des Kolonkarzinoms (UICC 1997)
TNM – klinische Klassifikation N T – Primärtumor n TX T0 Tis T1 T2 T3
Primärtumor kann nicht beurteilt werden kein Anhalt für Primärtumor Carcinoma in situ Tumor infiltriert Submukosa Tumor infiltriert Muscularis propria Tumor infiltriert durch die Muscularis propria in die Subserosa oder in nicht peritonealisiertes perikolisches oder perirektales Gewebe T4 Tumor perforiert das viszerale Peritoneum oder infiltriert direkt in andere Organe oder Strukturen
Anmerkung Direkte Ausbreitung in T4 schließt auch die Infiltration anderer Segmente des Kolorektums auf dem Weg über die Serosa ein, z.B. die Infiltration des Sigmas durch ein Zäkalkarzinom. N N – regionäre Lymphknoten n regionäre Lymphknoten sind die perikolischen und perirektalen Lymphknoten und jene entlang den Aa. ileocolica, colica dextra, colica media, colica sinistra, mesenterica inferior und rectalis (haemorrhoidalis) superior. NX regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden N0 keine regionären Lymphknotenmetastasen N1 Metastasen in 1–3 perikolischen bzw. perirektalen Lymphknoten N2 Metastasen in 4 oder mehr perikolischen bzw. perirektalen Lymphknoten N M – Fernmetastasen n MX das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden M0 keine Fernmetastasen M1 Fernmetastasen Die Kategorien M1 und pM1 können wie folgt spezifiziert werden: Lunge PUL Knochenmark Knochen OSS Pleura Leber HEP Peritoneum Hirn BRA Haut Lymphknoten LYM andere Organe
MAR PLE PER SKI OTH
N pTNM – pathologische Klassifikation n Die pT-, pN- und pM-Kategorien entsprechen den T-, N- und M-Kategorien. N G – histopathologisches Grading n GX G1 G2 G3 G4
Differenzierungsgrad kann nicht bestimmt werden gut differenziert mäßig differenziert schlecht differenziert undifferenziert
Die hämatogene Metastasierung erfolgt über die Leber und das Peritoneum in die Lunge, relativ häufig kommt es auch zu Hirnmetastasen. Beim tiefsitzenden Rektumkarzinom kann eine Metastasierung über die V. cava direkt in die Lunge erfolgen.
Fernmetastasen gelangen über die Leber in die Lunge. Bei tiefsitzendem Karzinom Metastasierung auch direkt via V. portae in die Lunge möglich.
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412 1 B-6.11
6 Kolon/Rektum
Synopsis Dukes-Stadien des kolorektalen Karzinoms
Muscularis mucosae
Muscularis propria Dukes A: Frühkarzinom. Tumorwachstum auf Darmwand beschränkt.
Mukosa
Submukosa Dukes B: fortgeschrittenes Tumorwachstum durch alle Darmwandschichten und ins extraintestinale Gewebe. Keine Lymphknotenmetastasen.
1 B-6.12
Dukes C: regionäre Lymphknotenmetastasen, unabhängig vom Infiltrationsgrad.
Dukes D: Fernmetastasen, unabhängig vom Infiltrationsgrad des Primärtumors und des Lymphknotenbefalls.
Synopsis Häufigkeitsverteilung kolorektaler Karzinome
15%
5% 25%
55%
Symptomatik
Symptomatik
Die Adenokarzinome von Kolon und Rektum wachsen langsam. Bis zum Auftreten erster Symptome können annähernd 5 Jahre vergehen. Symptome werden vom Sitz des Primärtumors bestimmt. 60 % der Tumoren liegen jenseits der linken Flexur. Von diesen liegen wiederum 55 % am rektosigmoidalen Übergang oder im Rektum selbst ( 1 B-6.12). Karzinome im proximalen Kolon erreichen eine erheblichere Größe als es linksseitig der Fall ist, bevor sie symptomatisch werden. Das linksseitige Kolon hat ein engeres Lumen, sodass der Tumor im Colon descendens und sigmoideum häufig die gesamte Zirkumferenz erfasst und zum Darmverschluss führt ( 1 B-6.13). Klinisch präsentiert sich das fortgeschrittene Tumorstadium mit postprandialen Schmerzen, Abdominalkrämpfen
Die Adenokarzinome von Kolon und Rektum wachsen langsam. Bis zum Auftreten erster Symptome können annähernd 5 Jahre vergehen. Allerdings ist bei asymptomatischen Patienten häufig ein okkulter Blutverlust nachweisbar, wobei der Blutverlust mit der Größe des Tumors oder der Ulzeration zunimmt. Ein Teil der Symptome werden vom Sitz des Primärtumors bestimmt. Die Tumorlokalisation ist ungleich über den gesamten Dickdarm verteilt. Das Zäkum und das rechte Kolon werden in 25 % betroffen, während sich 60 % der Tumoren jenseits der linken Flexur befinden. Von diesen liegen wiederum 55 % am rektosigmoidalen Übergang oder im Rektum selbst ( 1 B-6.12). Karzinome im proximalen Kolon erreichen eine erheblichere Größe als es linksseitig der Fall ist, bevor sie symptomatisch werden. Während des Tumorwachstums entstehen nur unspezifische Beschwerden oder aber der Tumor wird ohne Beschwerden als palpable Masse bemerkbar. Aufgrund des Durchmessers von Zäkum und Colon ascendens kommt es selten zur Obstruktion. Das linksseitige Kolon hat ein engeres Lumen, sodass der Tumor im Colon descendens und sigmoideum häufig die gesamte Zirkumferenz erfasst und zum Darmverschluss führt ( 1 B-6.13). Klinisch präsentiert sich das fortgeschrittene Tumorstadium mit postprandialen Schmerzen, Abdominalkrämp-
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
413
6.4.3 Kolorektales Karzinom fen und gegebenenfalls Durchfällen, die der passageren Obstipation folgen (Überlaufstuhl). Gleichzeitig sind gehäuft Frischblutauflagerungen auf dem Stuhl zu beobachten.
1 B-6.13
und gegebenenfalls Durchfällen, die der passageren Obstipation folgen (Überlaufstuhl). Gleichzeitig sind gehäuft Frischblutauflagerungen auf dem Stuhl zu beobachten.
Radiologische Darstellung bei Kolonkarzinom mit Tumorstenose
b Subtotale Tumorstenose (Á) eines Kolonkarzinoms.
a Subtotales stenosierendes Sigmakarzinom ( Á) im Kolonkontrasteinlauf.
Obwohl das Rektumkarzinom auf Grund seiner Lage zugänglich und gut diagnostizierbar sein sollte, wird die Diagnose nicht selten verzögert, indem die Symptome Hämorrhoiden oder Analfissuren zugeordnet werden. In späteren Stadien kann es ebenfalls mit Obstruktion und veränderten Stuhlgewohnheiten wie Durchfällen und Tenesmen einhergehen. Bei Tenesmen handelt es sich um einen kontinuierlichen Stuhldrang, ausgelöst durch rektales Völlegefühl bei einem großen Tumor. Entleerung von »Bleistiftstühlen« und Windabgänge mit Schleimentleerung können weitere typische Zeichen des Rektumkarzinoms sein. Analschmerzen, die initial mit der Defäkation auftreten und schließlich in einen Dauerschmerz übergehen, deuten auf die tumoröse Invasion des Analkanals hin. Eine Zerstörung des Sphinkters durch den Tumor äußert sich in einer Stuhlinkontinenz. Durch Invasion der Harnblase, Vaginalwand oder des Os sacrum können zusätzlich perineale oder sakrale Schmerzen auftreten. n Merke. Die Symptomatik des kolorektalen Karzinoms wird häufig verkannt und gutartigen Erkrankungen zugeschrieben (z.B. der Divertikulose, dem irritablen Kolon oder Hämorrhoiden). Bei allen Blutabgängen per anum und Änderungen des Stuhlverhaltens über 2–3 Wochen muss so lange eine maligne Grunderkrankung angenommen werden, bis das Gegenteil bewiesen ist.
Diagnostik
Das Rektumkarzinom kann mit Obstruktion und veränderten Stuhlgewohnheiten wie Durchfällen und Tenesmen einhergehen. Es können »Bleistiftstühle« und Windabgänge mit Schleimentleerung auftreten.
Analschmerzen deuten auf die tumoröse Invasion des Analkanals hin. Durch Invasion der Harnblase, Vaginalwand oder des Os sacrum können zusätzlich perineale oder sakrale Schmerzen auftreten.
Merke
Diagnostik
Neben der sorgfältigen Anamneseerhebung ist die rektale digitale Untersuchung ein unerlässlicher Bestandteil der klinischen Diagnostik. Bei der apparativen Diagnostik nimmt die Koloskopie den ersten Stellenwert ein, da sie es gestattet, Veränderungen < 0,5 cm darzustellen ( 1 B-6.14). Sie wird gefolgt von der Sigmoidoskopie und dem Kolonkontrasteinlauf (KKE) ( 1 B-6.13).
Die rektale digitale Untersuchung ist neben der Anamnese ein unerlässlicher Bestandteil der klinischen Diagnostik. Bei der apparativen Diagnostik steht die Koloskopie an erster Stelle, da sie es gestattet, Veränderungen unter 0,5 cm darzustellen ( 1 B-6.14). An zweiter Stelle folgt die Sigmoidoskopie und der Kolonkontrasteinlauf (KKE) 2003 ( 1 B-6.13). Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© Georg Thieme Verlag
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414
6 Kolon/Rektum
1 B-6.14
Der endorektalen Sonographie kommt die wichtigste Bedeutung beim präoperativen Staging des Rektumkarzinoms mit Erfassung der Eindringtiefe des Tumors in die Rektumwand und verdächtiger Lymphknoten zu ( 1 B-6.15).
Endoskopische Darstellung eines Kolonkarzinoms
Der endorektalen Sonographie kommt die wichtigste Bedeutung beim präoperativen Staging des Rektumkarzinoms mit Erfassung der Eindringtiefe des Tumors in die Rektumwand und verdächtiger Lymphknoten zu ( 1 B-6.15). Diese Information ist dann wesentlich, wenn zwischen einer lokalen Behandlung für das Rektumkarzinom, einer abdominoperinealen Exzision oder einer tiefen anterioren Resektion (s.u.) mit Kontinenzerhaltung entschieden werden muss.
1 B-6.15
Endosonographische Darstellung eines Rektumtumors Endoluminaler Ultraschall bei einem zirkulär wachsenden Rektumtumor (Á) mit Infiltration der Muscularis propria ( Á Á), die jedoch nicht überschritten wird (T2-Tumor).
Verfahren der Wahl zur Identifikation von Metastasen ist die abdominelle Ultraschalluntersuchung. Tumormarker wie das CA 19-9 und das CEA (karzinoembryonales Antigen) sind diagnostisch von untergeordneter Bedeutung. Ihr Wert liegt allenfalls in der Früherkennung des Tumorrezidivs im Rahmen der Nachsorge.
Ist die Diagnose des Karzinoms gesichert, wird für das weitere Vorgehen die Abklärung der sekundären Tumorausbreitung erforderlich. Verfahren der Wahl zur Identifikation von Metastasen ist die abdominelle Ultraschalluntersuchung, die bei begründeter Indikation durch eine Computertomographie (CT) ergänzt werden kann. Tumormarker wie das CA 19-9 und das CEA (karzinoembryonales Antigen) sind diagnostisch von untergeordneter Bedeutung. Ihr Wert liegt allenfalls in der Früherkennung des Tumorrezidivs im Rahmen der Nachsorge.
Therapie
Therapie
Die operative Behandlung ist das Verfahren der Wahl. Ziel der Operation ist die großzügige Resektion des befallenen Darmanteils mit gleichzeitiger Entfernung seiner Lymphdränage. Auch das inkurable Kolonkarzinom sollte zur Vermeidung eines Ileus, einer Blutung mit Anämie und Tumorschmerzen palliativ ausgeschaltet werden.
Für die meisten kolorektalen Karzinome ist die operative Behandlung das Verfahren der Wahl. Ziel der Operation ist die großzügige Resektion des befallenen Darmanteils mit gleichzeitiger Entfernung seiner Lymphdränage. Das Resektionsausmaß wird von der Blutversorgung und der Verteilung der regionalen Lymphknoten bestimmt. Erfasst ein resektabler Tumor Nachbarorgane, müssen alle Strukturen zur Vermeidung einer Tumoraussaat mit dem Tumor en bloc reseziert werden. Insgesamt beträgt die Resektionsrate beim Kolonkarzinom, bei einer Opera-
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415
6.4.3 Kolorektales Karzinom tionsletalität von 3 %, 90 % und darf in ca. 80 % als kurativ betrachtet werden. Auch das inkurable Kolonkarzinom sollte zur Vermeidung eines Ileus, einer Blutung mit Anämie und Tumorschmerzen palliativ ausgeschaltet werden. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass das Alter des betroffenen Patienten allein keine Kontraindikation darstellt. Beim Rektumkarzinom wird das Vorgehen von der Lokalisation des Tumors bestimmt, wobei heute über 50 % der Rektumtumoren einer sphinktererhaltenden Therapie zugeführt werden können, ohne dass eine Zunahme der Rezidivrate zu beobachten ist.
Beim Rektumkarzinom wird das Vorgehen von der Lokalisation des Tumors bestimmt, wobei heute über 50 % der Rektumtumoren einer sphinktererhaltenden Therapie zugeführt werden können, ohne dass eine Zunahme der Rezidivrate zu beobachten ist.
Darmvorbereitung
Darmvorbereitung
Sowohl vor diagnostischen als auch operativen Eingriffen hat sich die orthograde Darmspülung mit trinkbarer, schwer resorbierbarer Flüssigkeit (z.B. GolytelyQ, Clean-PrepQ) zur quantitativen Reduktion des Stuhls und damit der Keimbesiedlung durchgesetzt. Ist durch Obstruktion oder Perforation keine Vorbereitung möglich, kann intraoperativ nach Resektion des Tumors eine antegrade Lavage des Kolons vorgenommen werden. Neben der Darmspülung gehört die perioperative Antibiotikaprophylaxe als Kurzzeitprophylaxe gegen aerobe und anaerobe Organismen zum Standard.
Neben der Darmspülung gehört die perioperative Antibiotikaprophylaxe zum Standard.
Operationstaktik
Operationstaktik ( 2 B-6.9)
Die Operationstaktik beim Kolonkarzinom ist in
2 B-6.9
2
B-6.9 dargestellt.
Operationstaktik beim Kolonkarzinom
N Antibiotikaprophylaxe (Einmalgabe) n N mediane Laparotomie/Diagnosesicherung n N klinische Stadiendefiniton (Metastasen) n N mechanische Exklusion proximal und distal des Tumors n (No-touch-isolation-Technik) N radikuläres Absetzen des Stammgefäßes n N Mobilisation und Resektion en bloc n N termino-terminale Anastomose n N Verschluss des Mesenteriums/fakultativ Zieldränage n N einreihiger Bauchdeckenverschluss n
Standard-Resektionsverfahren am Kolon Hemikolektomie rechts ( 1 B-6.16 a): Resektion von Zäkum und aufsteigendem Kolon im Versorgungsgebiet der Aa. ileocolica und colica dextra.
π
Transversumresektion ( 1 B-6.16 b): Die lymphatische Dränage des Colon transversum erfolgt entlang dem Versorgungsgebiet der A. colica media bis zum Abgang der A. mesenterica superior. Aus diesem Grund muss die Resektion des entsprechenden Versorgungsgebietes erfolgen. Bei unzureichender Ausbildung der Gefäßarkaden kann die zusätzliche Resektion der linken Kolonflexur erforderlich werden. Das Omentum majus wird en bloc mit dem tumortragenden Dickdarm entfernt. Bei entsprechender Tumorinvasion kann eine partielle Resektion von Magen und Jejunum erforderlich werden.
π
Standard-Resektionsverfahren am Kolon sind die π Hemikolektomie rechts ( 1 B-6.16 a) π Transversumresektion ( 1 B-6.16 b) π Hemikolektomie links ( 1 B-6.16 c) π Sigmaresektion ( 1 B-6.16 d).
π Hemikolektomie links ( 1 B-6.16 c): Hierbei handelt es sich um die Resektion des Versorgungsgebietes der A. colica sinistra einschließlich der linken Kolonflexur, da mit einer ungenügend ausgebildeten Arkade zu rechnen ist. Der distale Resektionsrand erstreckt sich in das Colon sigmoideum.
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416 1 B-6.16
6 Kolon/Rektum
Synopsis Standardoperationsverfahren beim Kolonkarzinom
a Hemikolektomie rechts mit einer End-zu-End-Ileotransversostomie.
b Transversumresektion.
c Hemikolektomie links mit einer Transversosigmoidostomie. d Sigmaresektion mit einer Deszendorektostomie.
Resektionsverfahren je nach Tumorlokalisation zeigt 2 B-6.10.
2 B-6.10
Sigmaresektion ( 1 B-6.16 d): Ist der Tumor auf das Colon sigmoideum begrenzt, wird die arterielle Versorgung aus der A. mesenterica inferior unter Schonung der A. colica sinistra unterbunden. Sind bereits die proximalen, mesenterialen Lymphknoten beteiligt, wird mit Ligatur der A. mesenterica inferior eine Hemikolektomie links erforderlich. Nicht selten ist die En-bloc-Resektion benachbarter Organe notwendig. Eine Zusammenfassung der Resektionsverfahren in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation zeigt 2 B-6.10.
Resektionsverfahren des Kolonkarzinoms in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation
Tumorlokalisation
Regeloperation/Kolonresektion
Lymphabflussgebiet
Zäkum und Colon ascendens
Hemikolektomie rechts
A. ileocolica A. colica dextra
rechte Kolonflexur und prox. Colon transversum
erweiterte Hemikolektomie rechts
A. ileocolica A. colica dextra A. colica media A. gastroepiploica dextra
Colon transversum
Transversumresektion
A. colica media
linke Kolonflexur
erweiterte Hemikolektomie links
A. colica media A. colica sinistra
Colon descendens und proximales Sigma
Hemikolektomie links
A. colica sinistra
mittleres und distales Sigma
Sigmaresektion
A. mesenterica inferior
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6.4.3 Kolorektales Karzinom
417
Resektionsverfahren am Rektum
Resektionsverfahren am Rektum
Über 25 % der Dickdarmkarzinome entstehen im Rektum. Ihre Behandlung ist primär chirurgisch. Für die Entfernung des Primärtumors stehen folgende Operationsverfahren zur Auswahl ( 1 B-6.17, 1 B-6.18): π anteriore Rektumresektion mit Wiederherstellung der Darmkontinuität π totale mesorektale Rektumresektion mit koloanaler Anastomose ( 1 B-6.17) π abdominoperineale Rektumresektion mit der definitiven Anlage eines Kolostomas (endständiger Anus praeter) ( 1 B-6.18) π Diskontinuitätsresektion nach Hartmann π eingeschränkt radikale Verfahren wie die posteriore Resektion und die transanale Karzinomexstirpation.
Über 25 % der Dickdarmkarzinome entstehen im Rektum. Ihre Behandlung ist primär chirurgisch. Für die Entfernung des Primärtumors stehen folgende Operationsverfahren zur Auswahl: π anteriore Rektumresektion mit Wiederherstellung der Darmkontinuität π totale mesorektale Rektumresektion mit koloanaler Anastomose ( 1 B-6.17) π abdominoperineale Rektumresektion mit der definitiven Anlage eines Kolostomas (endständiger Anus praeter) ( 1 B-6.18) π Diskontinuitätsresektion nach Hartmann (s.u.) π eingeschränkt radikale Verfahren wie die posteriore Resektion und die transanale Karzinomexstirpation (s.u.).
1 B-6.17
Synopsis Anteriore und totale mesorektale Rektumresektion mit Kontinenzerhaltung
a Rektumkarzinom im oberen Drittel mit der Möglichkeit der Kontinenzerhaltung.
1 B-6.18
b Direkte koloanale Anastomose mit einem durchgezogenen Kolonanteil.
c Rektumersatz mit Reservoirbildung durch einen Kolonpouch und direkter pouchanaler Anastomose.
Synopsis Abdominoperineale Rektumresektion mit Anlage eines definitiven Anus praeter
Die Wahl des Verfahrens wird durch die Lokalisationshöhe, das Tumorstadium und die Tumorgröße bestimmt. Während das Alter des Patienten das operative Vorgehen nicht beeinflusst, sollten Risikoerkrankungen bei der Wahl des Operationsverfahrens berücksichtigt werden.
Die Wahl des Verfahrens wird durch die Lokalisationshöhe, das Tumorstadium und die Tumorgröße bestimmt. Risikoerkrankungen sind bei der Wahl des Operationsverfahrens zu berücksichtigen.
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418 Bei Karzinomen im oberen Rektumdrittel wird in der Regel eine anteriore, bei solchen im mittleren oder unteren Drittel eine tiefe anteriore Rektumresektion vorgenommen. Mögliche Kontinenzstörungen können durch die Bildung eines Kolonpouchs günstig beeinflusst werden ( 1 B-6.17).
Der Sicherheitsabstand hängt von der Wachstumsform und dem Differenzierungsgrad des Tumors ab und ist mit 2 cm am nicht angespannten Resektat ausreichend ( 1 B-6.19). Gleichzeitig muss das mesorektale Gewebe vollständig entfernt werden können. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, erfolgt eine abdominoperineale Rektumresektion.
Die Diskontinuitätsresektion nach Hartmann ist dem Notfall oder Patienten mit hohem Operationsrisiko vorbehalten.
Auch eine lokale Tumorexzision kann kurativ sein.
6 Kolon/Rektum Bei einem Karzinom im oberen Rektumdrittel ist in der Regel eine anteriore und im mittleren oder unteren Drittel eine tiefe anteriore Rektumresektion die Therapie der Wahl, wenn ein ausreichender Sicherheitsabstand nach distal eingehalten werden kann. Hierbei kann eine direkte Anastomose mit dem Sphincter ani internus erforderlich werden. Mögliche Kontinenzstörungen bilden sich in der Regel zwischen 8–16 Monaten zurück. Durch die operative Bildung eines koloanalen Reservoirs (Kolonpouch) können entsprechende Störungen deutlich beeinflusst werden ( 1 B-6.17). Die Anlage eines protektiven Kolo- oder Ileostomas ist bei guter Darmvorbereitung und spannungsfreier Anastomose nicht erforderlich. Die Entscheidung bleibt dem Operateur vorbehalten. Der Sicherheitsabstand hängt von der Wachstumsform und dem Differenzierungsgrad des Tumors ab und ist mit 2 cm am nicht angespannten Resektat ausreichend ( 1 B-6.19). Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass das mesorektale Gewebe vollständig entfernt werden kann. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, sollte eine abdominoperineale Rektumresektion erfolgen. Bei Verdacht auf eine Tumorinfiltration angrenzender Strukturen wie weibliches Genitale oder Harnblase sollten diese unter kurativer Zielsetzung en bloc mitreseziert werden.
1 B-6.19
Resektionspräparat eines tiefsitzenden Rektumkarzinoms
Bei der Diskontinuitätsresektion nach Hartmann wird nach der Entfernung des pathologischen Befundes (z.B. Tumorstenose oder Perforation) der orale Teil des Dickdarms als Kolostoma aus der Bauchdecke ausgeleitet und das Rektum blind verschlossen. Sie ist dem Notfall oder dem Patienten mit einem hohen Operationsrisiko vorbehalten. Die Kontinuität kann in einem sekundären Eingriff wiederhergestellt werden. Auch die lokale Tumorexzision kann durch eine Vollwandresektion kurativ sein. Der Eingriff setzt jedoch ein endosonographisches Tumorstaging voraus, wobei metastatische Lymphknoten ausgeschlossen werden müssen.
Lymphknotenresektion
Lymphknotenresektion
Die komplette Entfernung der pararektalen Lymphknotengruppen und die Lymphknotendissektion sind Standard.
Neben der kompletten Entfernung der pararektalen Lymphknotengruppen gehört die Dissektion der Lymphknoten entlang der A. rectalis superior bis an die Aortenbifurkation zum Standard jeder Tumoroperation des Rektums.
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419
6.4.3 Kolorektales Karzinom
Palliativeingriffe
Palliativeingriffe
n Definition. Unter palliativen Eingriffen werden tumorresezierende Operationen verstanden, bei denen durch die fortgeschrittene Tumorerkrankung bösartiges Restgewebe belassen werden muss ( 1 B-6.20).
Durch Reduktion der Tumormasse wird versucht, sowohl Komplikationen zu beseitigen, als auch die Lebenserwartung des Patienten zu verlängern. Die Überlebensrate nach palliativer Resektion beträgt bei 20–40 % der Patienten 3 Jahre und bei 5–10 % der Patienten 5 Jahre, sodass ein Palliativeingriff seine Berechtigung findet, wenn damit keine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität verbunden ist.
1 B-6.20
Definition
Durch Reduktion der Tumormasse wird versucht, sowohl Komplikationen zu beseitigen als auch die Lebenserwartung des Patienten zu verlängern.
Synopsis Palliativoperationen an Kolon und Rektum
a Doppelläufiges Transversostoma (Transversum – Anus praeter).
b Doppelläufiges Sigmoidostoma (Sigma – Anus praeter).
c Ileo-Transversostomie.
d Transversosigmoidostomie.
Postoperative Mortalität und Morbidität Bei etwa 10–15 % aller radikal operierten Patienten ist mit einem Tumorrückfall zu rechnen, wobei sich im Spätverlauf in ca. 50 % der Fälle Fernmetastasen manifestieren. Die postoperative Mortalität differiert in Abhängigkeit vom Operationsverfahren zwischen 4–11 %. Als Ursache gelten vornehmlich kardiopulmonale und septische Komplikationen. Auch die postoperative Morbidität variiert in Abhängigkeit vom Operationsverfahren zwischen 26–52 %, wobei die septischen Komplikationen dominant sind und oft ihre Ursache in einem Nahtbruch finden. Bei tiefen Eingriffen kann es zu neurogenen Blasen- und Potenzstörungen beim Mann kommen.
Postoperative Mortalität und Morbidität Bei etwa 10–15 % aller radikal operierten Patienten ist mit einem Tumorrückfall zu rechnen, wobei sich im Spätverlauf in ca. 50 % der Fälle Fernmetastasen manifestieren. Die postoperative Mortalität differiert in Abhängigkeit vom Operationsverfahren zwischen 4–11 %. Die postoperative Morbidität wird durch septische Komplikationen durch Nahtbruch verursacht (26–50 %).
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420
6 Kolon/Rektum
Prognose. Die Prognose wird durch folgende Faktoren bestimmt: π das Stadium der Erkrankung π den Differenzierungsgrad und den histologischen Typ des Karzinoms π beim Rektumkarzinom durch die Höhenlokalisation aufgrund unterschiedlicher Metastasierungswege.
Die 5-Jahres-Überlebensrate nach radikalen R 0 -Resektionen konnte bis auf 70 % verbessert werden.
Prognose Die Prognose wird durch folgende Faktoren bestimmt: π das Stadium der Erkrankung, das die Infiltrationstiefe, den Lymphknotenund Organbefall nach den Regeln des TNM-Systems klassifiziert π den Differenzierungsgrad und histologischen Typ des Karzinoms, die das biologische Verhalten des Tumors widerspiegeln π beim Rektumkarzinom durch die Höhenlokalisation aufgrund unterschiedlicher Metastasierungswege und der unterschiedlichen Möglichkeiten der Ausbreitung per continuitatem auf die umliegenden Organe. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach radikalen R0-Resektionen konnte bis auf 70 % verbessert werden. Hierbei fallen auf das Tumorstadium T1 80–98 %, das Stadium T2 60–85 % und auf das Stadium T3 noch 40–70 %. Diese Ergebnisse vermindern sich bei einem nicht selektionierten Krankengut auf durchschnittlich 40 %.
Tumorrezidive werden meist in den ersten 18 Monaten nach Ersteingriff diagnostiziert. Ein überproportionales Risiko (metachrone Multiplizität 1–5 %) zeigen Patienten mit Polyposissyndrom oder familiärer Karzinombelastung.
Der wesentliche Anteil der Tumorrezidive wird innerhalb der ersten 18 Monate nach dem Ersteingriff diagnostiziert. Nur 15 % treten erst 3 Jahre nach dem Eingriff auf. Hierbei handelt es sich vornehmlich um Lebermetastasen. Einem überproportionalen Risiko der Tumorneubildung (metachrone Multiplizität 1–5 %) sind Patienten mit einem Polyposissyndrom oder einer familiären Karzinombelastung ausgesetzt.
Nachsorge
Nachsorge
Sie dient der Rezidivfrüherkennung und der Erfassung von Komplikationen nach Ersttherapie.
Die Nachsorge dient einerseits der frühen Rezidiverkennung und andererseits der Erfassung und ggf. Behandlung von Folgen der Ersttherapie (z.B. Hernien, Stomaprobleme). Hierfür werden differenzierte, risikoabhängige Empfehlungen formuliert. Bei Patienten mit einem frühen Tumorstadium (UICC I) und R0-Resektion ist durch regelmäßige Nachkontrollen kein prognostischer Gewinn zu erwarten. Eine Koloskopie 2 und 5 Jahre nach dem Eingriff dient der Früherkennung von Zweittumoren. Abweichungen können durch erhöhtes Risiko (z.B. intraoperative Tumorperforation) angezeigt sein. Eine regelmäßige Nachsorge ist bei den Tumorstadien II und III (UICC) bei gleichzeitiger R0-Resektion angezeigt ( 2 B-6.11, 2 B-6.12). Nach palliativer Tumorresektion empfiehlt sich eine auf den Einzelfall ausgerichtete symptomorientierte Nachbetreuung. Risikopatienten (HNPCC, FAP) bedürfen der lebenslangen Nachkontrolle um Rezidive, metachrone Zweittumoren des Kolons und extrakolische Tumoren zu erkennen.
Im Stadium UICC I und bei R 0 -Resektion ist zur Früherkennung von Zweittumoren 2 und 5 Jahre post operationem eine Koloskopie indiziert. Im Stadium UICC II und III und bei R 0 -Resektion erfolgen regelmäßige Nachsorgen ( 2 B-6.11, 2 B-6.12). Risikopatienten (HNPCC, FAP) bedürfen der lebenslangen Nachkontrolle.
2 B-6.11
Nachsorgeempfehlung bei Patienten mit Kolonkarzinom (aus: Leitlinien der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften)
Untersuchung Anamnese, körperliche Untersuchung, CEA Abdomen-Sonographie
3
6
9
12
15
18
Monate 21 24
+
+
+
+
+
+
+
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+
Röntgen-Thorax
+
Koloskopie*
+
+
+ +
30
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42
48
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60
+
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+
+
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+ +
+ +
+
+
* 3 Monate postoperativ, wenn präoperativ Abklärung des gesamten Kolons nicht möglich. Nach dem 5. Jahr 2–3-jährliche Koloskopie. CT – Abdomen symptomorientiert (CEA-Anstieg etc.).
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6.5 Intestinale Polyposis-Syndrome
2 B-6.12
Nachsorgeempfehlung bei Patienten mit Rektumkarzinom
Untersuchung Anamnese, körperliche Untersuchung, CEA
3
6
9
12
15
18
Monate 21 24
+
+
+
+
+
+
+
Abdomen-Sonographie
+
Röntgen-Thorax
+
36
42
48
54
60
+
+
+
+
+
+
+
+
+
Rektoskopie bei Z. n. Rektumresektion
+
Koloskopie* CT Becken**
+
+
30
+
+
+
+ +
+ +
+
+
+
+
+
* 3 Monate postoperativ, wenn präoperativ Abklärung des gesamten Kolons nicht möglich. ** Nicht bei Patienten mit pT1 N0 oder nach TEM (Transanale Endoskopische Mikrochirurgie). Nach dem 5. Jahr 2–3-jährlich Koloskopie.
6.4.4
Karzinoid des Rektums
6.4.4
Nahezu alle Karzinoide des Rektums entstehen in einer Zone zwischen 4 und 13 cm oberhalb der Linea dentata. Die Metastasierung steht in einer direkten Beziehung zur Größe des Tumors. Während Karzinoide < 1 cm fast nie metastasieren, erfolgt bei Tumoren > 2 cm immer eine Tumorstreuung. Bei fehlender Serotoninproduktion kommt es auch bei hepatischen Metastasen eines Rektumkarzinoids zu keinem Karzinoidsyndrom. Die Therapie besteht in der großzügigen Exzision.
6.5
Intestinale Polyposis-Syndrome
2 B-6.13
Sie entstehen meist 4–13 cm oberhalb der Linea dentata. Ihre Metastasierungstendenz ist größenabhängig. Die Therapie besteht in der großzügigen Exzision.
6.5
Das Polyposis-Syndrom ist durch das Verteilungsmuster und die Anzahl von Polypen im Gastrointestinaltrakt charakterisiert und wird in die familiäre und die nicht familiäre Erscheinungsform unterteilt. Die familiäre Form ist autosomal dominant vererblich und kann ihrerseits einer adenomatösen oder hamartomatösen Gruppe zugeordnet werden. Bei der nicht familiären Form des Polyposis-Syndroms können die Polypen über den gesamten Gastrointestinaltrakt verteilt sein, während die heriditäre Polypose durch Bildung multipler Adenome im Kolon charakterisiert ist. Die einzelnen Syndrome unterscheiden sich klinisch untereinander durch die Manifestationsform außerhalb des Kolons ( 2 B-6.13, 2 B-6.14).
Karzinoid des Rektums
Intestinale PolyposisSyndrome
Das Polyposis-Syndrom kann in die familiäre und die nicht familiäre Erscheinungsform unterteilt werden. Die familiäre Form ist autosomal dominant vererblich und kann ihrerseits einer adenomatösen oder hamartomatösen Gruppe zugeordnet werden. Die einzelnen Syndrome unterscheiden sich klinisch durch ihre Manifestationsform außerhalb des Kolons ( 2 B-6.13, 2 B-6.14).
Familiäre adenomatöse Polyposis-Syndrome
Syndrom
Intestinale Adenomlokalisation
Extraintestinale Manifestation
N familiäre adenomatöse n Polyposis (FAP)
Kolon (multipel) Duodenum (periampullär) Magenfundus (Drüsenhyperplasie) terminales Ileum (selten)
Unterkieferosteome Anomalien der Zahnentwicklung
N Gardner-Syndrom n
wie FAP, eher weniger Kolonadenome
Osteome: Unterkiefer, Gesichtsschädel, lange Röhrenknochen Epidermoidzysten Lipome Fibrome Desmoidtumoren Schilddrüsen-, Nebennieren-, Gallengang-, Lebertumoren
N Turçot-Syndrom n
Kolon
bösartige Hirntumoren bei Kindern und Heranwachsenden (Glioblastoma multiforme)
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422
6 Kolon/Rektum
2 B-6.14
Familiäre hamartomatöse Polyposis-Syndrome
Syndrom
Intestinale Hamartomlokalisation
Extraintestinale Manifestation
N Peutz-Jeghers-Syndrom n
Dünndarm Magen (selten) Kolon (selten)
Hautpigmente an Mund, Hand und Füßen Polypen: Nase, Bronchien, Harnblase, Gallenblase Ovarialtumoren Sertoli-Tumoren des Hodens
N juvenile Polyposis n
Kolon Dünndarm Magen
Pankreaskarzinom (selten)
N Neurofibromatose n
Magen Dünndarm
generalisierte Neurofibromatose
N Cowden-Syndrom n
Magen Kolon
Hauteffloreszenzen orale Papillome Mammakarzinom Schilddrüsenkarzinom
Familiäre adenomatöse Polyposis-Syndrome
Familiäre adenomatöse Polyposis-Syndrom Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) Ätiologie. Für die Erkrankung wird ein defektes APC-Gen am Chromosom 5q21 verantwortlich gemacht. Die Karzinomentwicklung ist obligat.
6.5.1
Symptome. Die mulitplen im Kolon verstreuten Polypen treten durchschnittlich im 25. Lebensjahr auf und werden in der 4. Lebensdekade symptomatisch. Es kommt zu Blut- und Schleimabgängen, Durchfällen und Abdominalschmerzen. Polypen finden sich auch im Magen, Duodenum und selten im terminalen Ileum. Duodenalpolypen haben ein erhöhtes Karzinomrisiko. Bei 90 % der Patienten sind radiologisch zusätzlich Osteome am Gesichtsschädel nachweisbar.
Symptome. Die multiplen im Kolon verstreuten Polypen treten durch-
6.5.1
Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) Ätiologie. Für die Ätiologie kann eine genetische Disposition mit Definition des defekten Gens verantwortlich gemacht werden. Es handelt sich um das sogenannte APC-Gen (adenomatous polyposis coli) am Chromosom 5q21. Die Entwicklung eines Karzinoms ist obligat. Sie tritt in der Regel 20 Jahre früher als das sporadische Kolonkarzinom ein.
schnittlich im 25. Lebensjahr auf, werden jedoch erst in der 4. Lebensdekade symptomatisch. Zu diesem Zeitpunkt kann auch mit der Entstehung eines Kolonkarzinoms gerechnet werden. Die Symptome sind mit peranalen Blut- und Schleimabgängen, Durchfällen und Abdominalschmerzen primär unspezifisch. Polypöse Veränderungen finden sich darüber hinaus in Magen, Duodenum und selten im terminalen Ileum. Während die gastralen Polypen keine Entartungstendenz zeigen, besteht bei einem duodenalen Befall ein deutlich erhöhtes Karzinomrisiko. Bei 90 % der Patienten sind radiologisch zusätzlich Osteome am Gesichtsschädel nachweisbar. Ein ähnliches Bild ist beim Gardner-Syndrom (s.u.) zu finden.
1 B-6.21
Kolonpräparat mit Polypenrasen Zustand nach totaler Kolektomie bei FAP. Ausbildung multipler Polypen unterschiedlicher Dysplasiegrade.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
423
6.5.1 Familiäre adenomatöse Polyposis-Syndrome
Diagnose. Der Schlüssel zur Diagnose ist beim symptomlosen Patienten die
Diagnose. Familienanamnese und Koloskopie bzw. Kontrasteinlauf ( 1 B-6.22) führen zur Diagnose.
Therapie. Nach Diagnosestellung besteht die Theapie in erster Linie in chi-
Therapie. Als chirurgische Verfahren stehen die totale Kolektomie ( 1 B-6.21) mit Proktomukosektomie und Anlage eines ileoanalen Reservoirs oder die subtotale Kolektomie mit ileorektaler Anastomose (Restkarzinomrisiko im Rektum 10 %), zur Verfügung. Durch eine zusätzliche medikamentöse Therapie kann eine Regression verbliebener Rektumpolypen erzielt werden.
Familienanamnese. Bestätigung oder Ausschluss der Diagnose erfolgen durch die Koloskopie oder einen Bariumkontrasteinlauf ( 1 B-6.22).
rurgischen Maßnahmen. Als Verfahren stehen die totale Kolektomie ( 1 B-6.21) mit Proktomukosektomie und Anlage eines ileoanalen Reservoirs oder die subtotale Kolektomie mit ileorektaler Anastomose zur Verfügung. Die Wahl der Operationsmethode richtet sich nach dem Alter des Patienten, der Ausdehnung des Rektumbefalls und der Kontinenz. Bei jüngeren Patienten ist die Proktomukosektomie mit ileoanaler Anastomose vorzuziehen, da die subtotale Kolektomie mit einem 10 %igen Risiko eines Rektumkarzinoms behaftet ist. Eine zusätzliche medikamentöse Behandlungsmöglichkeit deutet sich mit Sulindac (300–400 mg/Tag, nichtsteroidal, antiinflammatorisch) an. Unter dieser Therapie konnte eine Regression verbliebener Rektumpolypen beobachtet werden.
1 B-6.22
Familiäre Polyposis coli Zahlreiche kleine und größere sessile oder gering gestielte Polypen bedecken die gesamte Kolonwand.
a Colon ascendens.
b Flexura lienalis und proximales Colon descendens (Aufnahme im Stehen).
Gardner-Syndrom
Gardner-Syndrom
Das Gardner-Syndrom ist wie die FAP autosomal dominant vererblich und dem APC-Gen zuzuordnen. Im Vordergrund steht ebenfalls die gastrointestinale Polyposis mit Dominanz im Kolon. Es wird von zahlreichen extraintestinalen Manifestationen begleitet, die klinisch eine Differenzierung zur FAP ermöglichen. Hierzu gehören Osteome im Unterkiefer, Gesichtsschädel und den langen Röhrenknochen, Exostosen, Anomalien der Zähne, Epidermoidzysten, Fibrome, Lipome und mesenteriale Fibrose (Desmoidtumoren). Werden vor der Pubertät multiple Epidermoidzysten oder eine Hypertrophie des Pigmentepithels der Retina beobachtet, kann dies der Vorläufer einer Poly-
Es ist wie die FAP autosomal dominant vererblich. Im Vordergrund steht ebenfalls die gastrointestinale Polyposis mit Dominanz im Kolon. Es gibt zahlreiche extraintestinale Manifestationen (Osteome an Unterkiefer, Gesichtsschädel und langen Röhrenknochen, Exostosen, Anomalien der Zähne und Epidermoidzysten usw.). Selten sind dem Syndrom Neoplasien
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424
6 Kolon/Rektum
der Schilddrüse, Nebennieren, Gallengänge und Leber assoziiert.
posis sein. Selten sind dem Syndrom Neoplasien der Schilddrüse, Nebennieren, Gallengänge und Leber assoziiert.
Turçot-Syndrom
Turçot-Syndrom
Hierbei handelt es sich um die Kombination einer kongenitalen adenomatösen Polyposis mit Hirntumoren. Sie ist vermutlich autosomal rezessiv vererbt.
Hierbei handelt es sich um die Kombination einer kongenitalen adenomatösen Polyposis mit Hirntumoren (meist Glioblastoma multiforme) bei jungen Patienten. Die Erkrankung wird vermutlich autosomal rezessiv vererbt. Die intestinale Polyposis ist im Vergleich zur FAP weniger ausgeprägt.
6.5.2
6.5.2
Familiäre hamartomatöse Polyposis
Peutz-Jeghers-Syndrom Definition
Symptome. Es kommt zu Melaninablagerungen an Mund, Wangenschleimhaut, Lippen usw. Differenzialdiagnostisch treten andere Pigmentablagerungen nie an der Wangenschleimhaut auf. Die Polypen im Gastrointestinaltrakt sind primär gutartig, können in seltenen Fällen aber maligne entarten. Symptome verursachen die akute oder chronische Blutung, die intestinale Obstruktion und Invagination. Extraintestinale Manifestationen sind gutartige Polypen in Nase, Bronchien, Harnblase, Gallenblase und Gallengang. Ovarialzysten und -tumoren kommen bei 5–12 % der Frauen vor. Mamma-, Pankreas-, Gallenblasen- und Gallengangskarzinome können auftreten.
Familiäre, hamartomatöse Polyposis
Peutz-Jeghers-Syndrom n Definition. Das Peutz-Jeghers-Syndrom wird autosomal dominant vererbt und zeichnet sich durch eine Pigmentierung von Kutis und Mukosa in Kombination mit einer gastrointestinalen Polyposis aus.
Symptome. Es wird durch die Melaninablagerungen an Mund, Wangen-
schleimhaut, Nase, Lippen, Händen, Füßen und gelegentlich perianal oder genital geprägt. Differenzialdiagnostisch treten andere Pigmentablagerungen nie an der Wangenschleimhaut auf. Die Pigmentierung kann in der Pubertät mit Ausnahme der Pigmente an der Wangenschleimhaut abblassen. Polypen können in Magen, Dünndarm und Kolon gefunden werden. Der Dünndarm ist jedoch die bevorzugte Lokalisation. Als reine Hamartome sind die Polypen primär gutartig, können jedoch an Größe zunehmen und symptomatisch werden und in seltenen Fällen maligne entarten. Die intestinalen Karzinome entstehen aus adenomatösen Schleimhautinseln in den Hamartomen oder aus synchronen Adenomen. Symptome sind die akute oder chronische Blutung, die intestinale Obstruktion und die Invagination. Als extraintestinale Manifestation finden sich gutartige Polypen in Nase, Bronchien, Harnblase, Gallenblase und Gallengang. Ovarialzysten und -tumoren werden bei 5–12 % der Frauen beobachtet, bei Männern können sich Hodentumoren entwickeln. Weiterhin können Mammakarzinome, meist beidseits, und Karzinome von Pankreas, Gallengängen oder Gallenblase auftreten.
Diagnose. Koloskopie, selektive Dünndarmpassage und Sonographie werden zur Diagnose eingesetzt.
Diagnose. Die Diagnose und Verlaufskontrolle erstreckt sich bei Indexfamilien auf die Koloskopie, die selektive Dünndarmpassage, die Sonographie des weiblichen Genitale und eine sorgfältige Untersuchung der Gonaden beim Mann.
Therapie. Beseitigung der Symptome durch selektive Entfernung der symptomatischen Hamartome.
Therapie. Die Therapie beschränkt sich auf eine Beseitigung der Symptome.
Prognose
Prognose
Merke
Obstruierende oder invaginierende Hamartome werden durch Eröffnung des Darmes lokal entfernt. Wegen der Multiplizität der Polypen ist eine Resektion von Darmabschnitten nicht indiziert.
n Merke. Obwohl es sich grundsätzlich um eine gutartige Erkrankung handelt, entwickeln 50 % der Patienten durchschnittlich im 50. Lebensjahr intestinale oder extraintestinale Karzinome.
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425
6.5.3 Nicht familiäre gastrointestinale Polyposis
Juvenile Polyposis n Definition. Bei der juvenilen Polyposis handelt es sich um eine autosomal dominant vererbliche Erkrankung von Kindern und selten Erwachsenen. Es können folgende Erscheinungsformen unterschieden werden: π familiäre juvenile Polyposis coli mit Beschränkung des Polypenwachstums auf das Kolon π familiäre juvenile Polyposis des Magens π generalisierte juvenile Polyposis mit Polypen im gesamten Gastrointestinaltrakt. Trotz genetischer Disposition ist der Proteindefekt bisher nicht bekannt.
Juvenile Polyposis Definition
Symptome. Die Symptome entsprechen denen des Peutz-Jeghers-Syndroms
Symptome. Bei Kindern treten dem Peutz-Jeghers-Syndrom ähnliche Symptome auf.
Prognose. Prognostisch besteht bei der familiären juvenilen Polyposis ein erhöhtes Risiko eines Kolonkarzinoms.
Prognose. Es besteht ein erhöhtes Karzinomrisiko.
Therapie. Die Therapie richtet sich neben den Symptomen nach Anzahl und
Ausdehnung der Polypen. Ist eine endoskopische Kontrolle nicht mit ausreichender Sicherheit möglich, muss die operative Entfernung der Polypen oder des befallenen Darmanteils erörtert werden. Die technischen Optionen entsprechen denen der FAP.
Therapie. Es erfolgt eine operative oder koloskopische Polypentfernung in Abhängigkeit der Symptome, Anzahl und Ausdehnung der Polypen. Die Operationsverfahren entsprechen denen der FAP.
Cowden-Syndrom
Cowden-Syndrom
mit dem Unterschied, dass sie charakteristischerweise bei Kindern auftreten. Es wird beschrieben, dass bei diesen Patienten Magen-, Pankreas- und Duodenalkarzinome häufiger auftreten.
n Definition. Die Erkrankung wird autosomal dominant vererbt und ist durch multiple Hamartome ektodermalen, mesodermalen und endodermalen Ursprungs charakterisiert. Die Polypen unterschiedlichster histologischer Erscheinungsformen können im gesamten Gastrointestinaltrakt gefunden werden und sind immer gutartig.
Eine lokale Entartungstendenz besteht nicht. Als extraintestinale Manifestationen zeigen sich neben Hautveränderungen im Gesicht und an den Akren orale Papillome. Bei 50 % der Patienten sind zystische Veränderungen der Brust oder Mammakarzinome zu beobachten. In 10–15 % finden sich eine euthyreote Struma oder ein Schilddrüsenkarzinom.
Neurofibromatose (Morbus von Recklinghausen) Die Neurofibromatose kann sich in submukösen Neurofibromen im Gastrointestinaltrakt manifestieren. Durch Dyspepsie, Abdominalschmerzen und Blutungen kann sie symptomatisch werden. Eine Entartung in ein Neurofibrosarkom ist möglich.
6.5.3
Nicht familiäre gastrointestinale Polyposis
Cronkhite-Canada-Syndrom Das Krankheitsbild ist durch eine diffuse gastrointestinale Polyposis, Dystrophie (Onycholysis) der Fingernägel, Haarausfall, Hyerpigmentation der Haut, Gewichtsverlust, Abdominalschmerzen, Diarrhöen und ein Malabsorptionssyndrom gekennzeichnet. Ursache des Durchfalls sind multiple Läsionen der Dünndarmmukosa und eine bakterielle Überwucherung. In 52–96 % der Patienten erstrecken sich die Polypen vom Magen bis zum Rektum. Diese Polypen sind histologisch Hamartome. Vereinzelte Adenome erhöhen jedoch das Karzinomrisiko. Das Malabsorptionssyndrom ist progredient und bestimmt die Prognose der Erkrankung. Therapeutisch steht die Behandlung der Malabsorption im Vordergrund.
Definition
Extraintestinale Manifestationen zeigen sich in Hautveränderungen an den Akren und oralen Papillomen. Es kann zu Mammakarzinomen oder Schilddrüsenkarzinomen kommen.
Neurofibromatose (Morbus von Recklinghausen) Man findet submuköse Fibrome, die symptomatisch werden können. Eine maligne Entartung ist möglich.
6.5.3
Nicht familiäre gastrointestinale Polyposis Cronkhite-Canada-Syndrom Es handelt sich um eine diffuse gastrointestinale Polyposis vom Magen bis zum Rektum. Begleitend kommt es zur Dystrophie der Fingernägel, Haarausfall und Hyperpigmentation der Haut. Im Vordergrund steht ein Malabsorptionssyndrom, das auch die Prognose und Therapie bestimmt. Therapeutisch steht die Behandlung der Malabsorption im Vordergrund.
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426 6.6
6 Kolon/Rektum
Intestinale Non-PolyposisSyndrome
6.6
Intestinale Non-Polyposis-Syndrome
Hereditäres Kolonkarzinom (HNPCC – Hereditary nonpolyposis colorectal cancer)
Hereditäres Kolonkarzinom
Die Disposition ist autosomal dominant vererblich. Das Karzinom wird durchschnittlich nach 40 Jahren manifest. Typisch ist die proximale Lage im Kolon. Zwei Präsentationsformen: Lynch-Syndrom I (HNPCC I) ist die heriditäre Disposition ohne Nachweis von Polypen. Lynch-Syndrom II (HNPCC II): Wie I, jedoch häufig mit extrakolischen Adenokarzinomen wie Endometriumoder Ovarialkarzinom vergesellschaftet. Die Diagnose stützt sich ausschließlich auf die Familienanamnese.
Hierbei handelt es sich um eine autosomal dominant vererbliche Disposition für das kolorektale Karzinom. Die Entstehung der Karzinome wird durchschnittlich im 40. Lebensjahr beobachtet. Ihnen ist die proximale Lage im Kolon, das Vorhandensein von synchronen und metachronen Kolonkarzinomen und die histologische Typisierung in meist schleimbildende, wenig differenzierte Karzinome gemeinsam. Es sind zwei Präsentationsformen bekannt. Das Lynch-Syndrom I (HNPCC I) beschreibt die hereditäre Disposition ohne den Nachweis multipler Polypen. Das Lynch-Syndrom II (HNPCC II) betrifft das Risiko des Kolonkarzinoms auf autosomal dominant vererbtem Weg. Häufig ist es mit extrakolischen Adenokarzinomen vergesellschaftet. Im Vordergrund stehen hierbei das Endometrium- und das Ovarialkarzinom. Es werden jedoch auch andere Karzinome an Hals, Brust und dem Gastrointestinaltrakt beobachtet. Die Diagnose stützt sich ausschließlich auf die Familienanamnese.
(HNPCC – Hereditary nonpolyposis colorectal cancer)
n Merke. Ein Lynch-Syndrom darf dann angenommen werden, wenn das Kolonkarzinom wenigstens 2 Generationen erfasst hat, und ein oder mehr Fälle von kolorektalen Karzinomen in einer Familie vor dem 50. Lebensjahr diagnostiziert wurden.
Merke
Die Inzidenz wird zwischen 4–15 % angegeben.
Die Inzidenz wird kontrovers zwischen 4–15 % angegeben.
6.7
6.7
Andere Kolon- und Rektumerkrankungen
6.7.1
Angiodysplasie
6.7.1
Andere Kolon- und Rektumerkrankungen Angiodysplasie
Definition
n Definition. Die Angiodysplasie ist eine erworbene, submukös gelegene arteriovenöse Fehlbildung, die insbesondere beim älteren Patienten zu unteren gastrointestinalen Blutungen führen kann. Die typische angiodysplastische Läsion hat einen Durchmesser von 0,5–1 cm und ist von einem sehr dünnen Epithel überdeckt. Obwohl die Veränderungen im ganzen Kolon gefunden werden können, treten sie zu 70–90 % im rechten Kolon auf.
Symptome. Die einzige klinische Manifestation besteht in einer gastrointestinalen Blutung bei Patienten, die das 60. Lebensjahr überschritten haben.
Symptome. Die einzige klinische Manifestation besteht in einer gastrointes-
Diagnose. Das endoskopische Erscheinungsbild ist pathognomonisch (Diagnosesicherung in 80–90 %) ( 1 B-6.23). Therapie. Die Therapie der Wahl besteht in der endoskopischen Laserkoagulation. Die chirurgische Resektion ist dann angezeigt, wenn die arteriovenösen Veränderungen sehr groß und zahlreich sind.
Diagnose. Das endoskopische Erscheinungsbild ist pathognomonisch und
tinalen Blutung bei Patienten, die gewöhnlich das 60. Lebensjahr überschritten haben. Massive, kreislaufwirksame Blutabgänge wie bei der Divertikelblutung sind ungewöhnlich, da es sich um kapillare und damit selbstlimitierende Blutungen handelt. Sie sind jedoch chronisch rezidivierend.
kann in 80–90 % die Diagnose sichern ( 1 B-6.23).
Therapie. Eine Behandlung ist nach der ersten nachgewiesenen Blutung und
dem sicheren Ausschluss anderer Blutungsquellen angezeigt. Die Therapie der Wahl besteht in der endoskopischen Laserkoagulation. Die chirurgische Resektion ist dann angezeigt, wenn die arteriovenösen Veränderungen sehr groß und zahlreich sind. In diesen Fällen beträgt die Gefahr der Rezidivblutung aufgrund übersehener Veränderungen in anderen Darmanteilen 15–25 %.
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427
6.7.2 Kolonvolvulus
1 B-6.23
Endoskopische Präsentation einer Angiodysplasie
a Vor Koagulation.
b Nach Koagulation.
6.7.2
Kolonvolvulus
6.7.2 Kolonvolvulus
Unter der akuten Obstruktion des Kolons ist der Volvulus mit 5 % beteiligt. Hierbei rangiert der Sigmoid- mit 65 % vor dem Zäkumvolvulus mit 33 %. Als Ursache ist eine lange und mobile mesenteriale Aufhängung zu betrachten, über die der Darm rotieren kann.
Unter der akuten Obstruktion des Kolon ist der Volvulus mit 5 % beteiligt. Hierbei rangiert der Sigmoid- mit 65 % vor dem Zäkumvolvulus mit 33 %.
Sigmavolvulus
Sigmavolvulus
Für den Sigmavolvulus werden faserreiche Kost, ein ungewöhnlich langes Kolon, ein erworbenes Megakolon, chronische Verstopfung und eine schmale mesenteriale Aufhängung verantwortlich gemacht. Er betrifft vornehmlich den älteren Patienten nach dem 70. Lebensjahr.
Für den Sigmavolvulus werden faserreiche Kost, ein ungewöhnlich langes Kolon und chronische Verstopfung verantwortlich gemacht. Er betrifft vornehmlich ältere Patienten nach dem 70. Lebensjahr. Symptome. Der Volvulus tritt mit einem akuten Abdominalschmerz auf und ist in 50 % mit einem Dickdarmileus vergesellschaftet. Ein Peritonismus ist Zeichen des Infarktes oder der Gangrän.
Symptome. Der Volvulus tritt mit einem akuten Abdominalschmerz auf und ist in 50 % mit einem Dickdarmileus vergesellschaftet. Bei der Untersuchung findet sich ein distendiertes Abdomen mit tympanitischem Klopfschall. Ein Peritonismus ist Zeichen des Infarktes oder der Gangrän.
1 B-6.24
Sigmavolvulus Sigmavolvulus mit spitzwinkliger Abknickung im Torsionsbereich (Á), Aufhebung der Haustrierung und Überblähung der proximalen Kolonanteile.
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428 Diagnose. Die Abdomenübersichtsaufnahme, die typischerweise eine extrem gedehnte Dickdarmschlinge, die sich bei Verlust der Haustrierung gegen das Zwerchfell vorwölbt, zeigt, erbringt bei 70–80 % die Diagnose ( 1 B-6.24). Ein Kontrastmitteleinlauf sichert die Diagnose in 90 %. Therapie. Als Therapie der Wahl gilt die endoskopische Entlastung. Zur Vermeidung eines frühen Rezidivs sollte nach der Entlastung für mindestens 48 Stunden ein Darmrohr belassen bleiben. Die chirurgische Intervention ist als Notfalleingriff mit einer Mortalität von 40 % behaftet und bleibt deshalb der misslungenen endoskopischen Dekompression und dem Verdacht auf eine Infarzierung vorbehalten. Zäkumvolvulus Ätiologie. Als Ursache ist ein mobiles Zäkum bei gemeinsamer Mesenterialwurzel mit dem terminalen Ileum zu betrachten ( 1 B-6.25). Der Zäkumvolvulus ist selten.
6 Kolon/Rektum
Diagnose. Bei Verdacht auf einen Sigmavolvulus erbringt die Abdomen-
übersichtsaufnahme bei 70–80 % Patienten bereits die Diagnose. Das typische Bild zeigt eine extrem gedehnte Dickdarmschlinge, die sich bei Verlust der Haustrierung gegen das Zwerchfell vorwölbt ( 1 B-6.24). Ein Kontrastmitteleinlauf wird die Diagnose in 90 % sichern, wobei bei Verdacht auf eine Gangrän nur wasserlösliches Kontrastmittel angewandt werden darf.
Therapie. Als Therapie der Wahl gilt die endoskopische Entlastung, wobei
die starre Sigmoidoskopie in 90 % erfolgreich ist. Zur Vermeidung eines frühen Rezidivs sollte nach der Entlastung für mindestens 48 Stunden ein Darmrohr belassen bleiben. Die Alternative zur endoskopischen Dekompression stellt die chirurgische Intervention dar. Sie ist als Notfalleingriff allerdings mit einer Mortalität von 40 % behaftet und bleibt deshalb der misslungenen endoskopischen Dekompression und dem Verdacht auf eine Infarzierung vorbehalten.
Zäkumvolvulus Ätiologie. Als Ursache ist ein mobiles Zäkum bei gemeinsamer Mesenterial-
wurzel mit dem terminalen Ileum zu betrachten. Auf diese Weise wird dem Zäkum eine Rotation im Uhrzeigersinn ermöglicht ( 1 B-6.25). Der Zäkumvolvulus ist selten. Seine Mortalität beträgt 20 %.
1 B-6.25
Synopsis Schematische Darstellung des Zäkumvolvulus
Zäkumvolvulus bei gemeinsamer Mesenterialwurzel mit dem terminalen Ileum.
1 B-6.26
Zäkumvolvulus in der Abdomenleeraufnahme Bei leerem rechten unteren Quadranten ( Á Á) ist die Gasblase ( Á) des Zäkums nach kranial geschlagen.
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429
6.7.3 Rektumprolaps
Symptome. Das Krankheitsbild präsentiert sich entweder als Strangulation
Symptome. Es sind vornehmlich Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren betroffen. Die Symptome (Abdominalschmerzen, Verstopfung, Übelkeit und Erbrechen) sind unspezifisch.
Diagnose. Wie beim Sigmoidvolvulus ist der Schlüssel zur Diagnose die
Diagnose. Auf der Abdomenleeraufnahme findet sich im rechten oberen Quadranten die Gasblase des hochgeschlagenen Zäkums ( 1 B-6.26).
Therapie. Die Behandlung der ersten Wahl besteht in der Resektion des torquierten Zäkums.
Therapie. Die Behandlung der ersten Wahl besteht in der Resektion des torquierten Zäkums.
infolge der vorausgegangenen Torsion mit einem akuten Abdomen oder weniger dramatisch unter dem Bilde eines Ileus. Es werden vornehmlich Frauen im Alter zwischen 30–40 Jahren betroffen. Die Symptome sind für gewöhnlich mit Abdominalschmerzen, Verstopfung, Übelkeit und Erbrechen unspezifisch.
Abdomenleeraufnahme. Während der rechte untere Quadrant radiologisch »leer« erscheint, findet sich im rechten oberen Quadranten die Gasblase des hochgeschlagenen Zäkums ( 1 B-6.26).
6.7.3
Rektumprolaps (s.a. Kap. B-7.3.9)
n Definition. Unter einem Rektumprolaps wird der Vorfall des Rektums in seiner gesamten Zirkumferenz durch den Anus verstanden. Ist nur die Rektummukosa betroffen, spricht man von einem inkompletten Prolaps oder Mukosaprolaps. Ein interner Rektumprolaps oder Intussuszeption (Invagination) liegt dann vor, wenn das obere Rektumdrittel in den unteren Bereich des Rektums prolabiert, ohne den Analkanal zu erreichen.
6.7.3
Rektumprolaps (s.a. Kap. B-7.3.9)
Definition
Symptome. Das klinische Bild wird durch die Ausstülpung des Mastdarms bei intraabdominaler Druckzunahme oder postdefäkal bestimmt. Diese Ausstülpung kann bei zunehmender Beckenbodeninsuffizienz auch beim Husten, Heben und später spontan erfolgen. Gleichzeitig besteht eine anale Inkontinenz mit zeitweiligen Schleimhautblutungen und starken Schleimabgängen ( 1 B-6.27).
Symptome. Es kommt zur Ausstülpung des Mastdarms ( 1 B-6.27) bei intraabdominaler Druckzunahme. Gleichzeitig besteht eine anale Inkontinenz mit zeitweiligen Schleimhautblutungen und starken Schleimabgängen.
Therapie. Unter den therapeutischen Optionen beim Erwachsenen variieren
Therapie. Therapeutisch stehen zahlreiche operative Behandlungsmethoden zur Verfügung. Hierbei zeigen die abdominalen Eingriffe die besten Ergebnisse mit der geringsten Rezidivrate.
zahlreiche operative Behandlungsmethoden, die sich nach dem perinealen, sakralen oder abdominalen Vorgehen unterscheiden. Hierbei zeigen die abdominalen Eingriffe die besten Ergebnisse mit der geringsten Rezidivrate. Grundsätzlich richtet sich das einzuschlagende Operationsverfahren jedoch nach dem Alter und dem Allgemeinzustand des Patienten.
1 B-6.27
Vollständiger Rektumprolaps Der Rektumprolaps ist an der typischen zirkulären Schleimhautfältelung zu erkennen.
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430 6.7.4
6 Kolon/Rektum Chronische Verstopfung des Erwachsenen
Zu den Ursachen gehören:
6.7.4
Chronische Verstopfung des Erwachsenen
Bei der chronischen Verstopfung des Erwachsenen kann die Symptomatik nicht präzise definiert werden. Hierbei erfordern unterschiedliche Ursachen ein differenziertes diagnostisches und therapeutisches Vorgehen. Zu den Ursachen gehören:
π Morbus Hirschsprung (des Erwachsenen): Die Erkrankung manifestiert sich hier erst beim Adoleszenten oder Erwachsenen (s.a Kap. B-23.2.5).
π Morbus Hirschsprung (des Erwachsenen): Die Erkrankung manifestiert sich hier erst beim Adoleszenten oder Erwachsenen. Als Ursache kann auch in diesen Fällen das Fehlen von Ganglienzellen im Plexus myentericus nachgewiesen werden. Die späte Manifestation ist nicht geklärt (s.a. Kap. B-23.2.5).
π Idiopathisches Megarektum und Megakolon: Aus unbekannter Ursache kommt es bei dieser Erkrankung zu einer Dilatation des Rektums, die sich bis auf das Colon sigmoideum erstrecken kann. Die Behandlung erfolgt primär konservativ mit abführenden Maßnahmen. Bei Therapieversagen besteht Operationsindikation. π Idiopathische Erhöhung der Transitzeit: Jenseits der Pubertät kommt es bei ungestörter Innervation des Darms zu einer progredienten Abnahme der Stuhlfrequenz. Es sind im Wesentlichen Frauen betroffen. Die Behandlung verlangt primär laxative Maßnahmen. Bei Therapieversagen erfolgt die Operation.
π
π Chronisch idiopathische Pseudoobstruktion (Ogilvie-Syndrom): rasch progrediente, massive Blähung vornehmlich des rechten Kolons bei meist vorbestehenden chronischen Erkrankungen, die unbehandelt zur Perforation führen kann. Radiologisch erkennt man ein massiv überblähtes Kolon ohne erkennbares Hindernis. Die Behandlung erfolgt primär in einer endoskopischen Entlastung.
π
Entleerungsstörungen: Der Patient ist trotz normalen Stuhldrangs nicht in der Lage, eine normale Entleerung vorzunehmen. Laxanzienabusus ist ein typischer Bestandteil der Anamnese. Die Ursache ist nicht vollständig geklärt. Der diagnostische Nachweis kann ausschließlich durch ein Defäkogramm erbracht werden ( 1 B-6.28).
Entleerungsstörungen: Für dieses Krankheitsbild ist es charakteristisch, dass der Patient trotz normalen Stuhldrangs nicht in der Lage ist, eine normale Entleerung vorzunehmen. Laxanzienabusus ist ein typischer Bestandteil der Anamnese. Die Ursache ist nicht vollständig geklärt; es scheint jedoch ein Zusammenspiel multipler anatomischer Probleme von der Beckenbodeninsuffizienz bis zum inneren Rektumprolaps mit Syphonbildung durch den rektosigmoidalen Übergang hierfür verantwortlich zu sein. Der diagnostische Nachweis kann ausschließlich durch ein Defäkogramm erbracht werden ( 1 B-6.28). Die Behandlung erfolgt bei Nachweis einer pathologisch-anatomischen Entleerungsstörung chirurgisch, wobei die einzelnen Ursachen korrigiert werden müssen (z.B. Wiederherstellung des anorektalen Winkels, Rektopexie bei Rektumprolaps, Sigmaresektion bei Sigma elongatum).
π
Die Behandlung erfolgt bei Nachweis einer pathologisch-anatomischen Entleerungsstörung chirurgisch.
Idiopathisches Megarektum und Megakolon: Aus unbekannter Ursache kommt es bei dieser Erkrankung zu einer Dilatation des Rektums, die sich bis auf das Colon sigmoideum erstrecken kann. Die Behandlung erfolgt primär konservativ mit abführenden Maßnahmen. Bleibt diese erfolglos, ist die Indikation zur Operation gegeben. Eine weitestgehende Beschwerdefreiheit kann mit der totalen Kolektomie und einer Anastomose zwischen terminalem Ileum und Rektum (Ileorektostomie) erreicht werden. Idiopathische Erhöhung der Transitzeit: Jenseits der Pubertät kommt es bei ungestörter Innervation des Darms zu einer progredienten Abnahme der Stuhlfrequenz. Es sind im Wesentlichen Frauen betroffen. Die Behandlung verlangt ebenfalls primär laxative Maßnahmen. Die Zufuhr von faserreicher Kost kann zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes führen. Bei Versagen der konservativen Therapie ist auch hier die Indikation zur Operation gegeben, wobei die Kolektomie mit Ileorektostomie das gebräuchlichste Operationsverfahren ist.
π
Chronisch idiopathische Pseudoobstruktion (Ogilvie-Syndrom): Hierbei handelt es sich um eine rasch progrediente, massive Blähung vornehmlich des rechten Kolons bei meist vorbestehenden chronischen Erkrankungen, die unbehandelt zur Perforation führen kann. Radiologisch erkennt man ein massiv überblähtes Colon ascendens und transversum ohne erkennbares Hindernis. Die Behandlung erfolgt primär in einer endoskopischen Entlastung mit nachfolgender medikamentöser Motilitätsbeeinflussung. Eine Operation ist nur dann indiziert, wenn die konservativen Maßnahmen misslingen oder aber eine Perforation des Zäkums eingetreten ist.
π
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431
6.7.5 Rektumverletzungen
1 B-6.28
Defäkogramm bei chronischer Entleerungsstörung Chronische Entleerungsstörung bei einer 45-jährigen Patientin. Bei vorliegender Beckenbodeninsuffizienz mit einer Rektozele (1) bildet das mobile Sigma beim Pressen einen Siphon (2), der die Entleerung des Rektums verhindert. 2 1
6.7.5
Rektumverletzungen
Verletzungen von Kolon und Rektum sind seltener Folgen stumpfer Gewalteinwirkung, sondern werden meist durch eingeführte oder eingedrungene Fremdkörper verursacht. Ausdehnung und Lokalisation der Verletzung kann durch einen Kontrasteinlauf mit wasserlöslichen Kontrastmitteln erfasst werden. Nicht perforierende Verletzungen bedürfen in der Regel keiner operativen Therapie. Liegt eine Perforation in das freie Abdomen vor, ist eine operative Revision erforderlich, wobei in Abhängigkeit des verstrichenen Zeitintervalls eine Naht mit oder ohne entlastende Kolostomie erfolgen muss. Hierbei kann unter Berücksichtigung der Versorgungsprioritäten des Traumapatienten die Verletzung selbst als Stoma vorverlagert werden. Perforierende Verletzungen im Analkanal und distalen Rektum können bei fehlenden Entzündungszeichen beobachtet werden, da eine Spontanheilung nicht ausgeschlossen werden kann. Demgegenüber verlangen große Perforationen oder posttraumatische entzündliche Veränderungen eine primäre vorgeschaltete Stuhlableitung. Pfählungsverletzungen des Rektums haben in der Regel eine Zerstörung des Schließmuskels zur Folge. In diesen Fällen sollte unter dem Schutz einer Kolostomie die primäre Rekonstruktion des Sphinkters erfolgen.
6.7.5 Rektumverletzungen Verletzungen von Kolon und Rektum werden meist durch eingeführte oder eingedrungene Fremdkörper verursacht. Ausdehnung und Lokalisation der Verletzung kann durch einen Kontrasteinlauf mit wasserlöslichen Kontrastmitteln erfasst werden. Nicht perforierende Verletzungen bedürfen in der Regel keiner operativen Therapie. Liegt eine Perforation in das freie Abdomen vor, ist eine operative Revision erforderlich.
Pfählungsverletzungen führen oft zu einer Zerstörung des Schließmuskels. Hier sollte unter dem Schutz der Kolostomie die primäre Rekonstruktion des Sphinkters erfolgen.
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433 7
Anus
7
Anus
7.1
Anatomie und Physiologie
Mathias Löhnert 7.1
Anatomie und Physiologie
Der Anus bildet zusammen mit der Rektumampulle das Kontinenzorgan und steht so mit dem distalen Rektum in enger anatomischer und funktioneller Verbindung. Der Übergang zwischen ektodermalem Anus, der mit einem verhornten Plattenepithel ausgekleidet ist, und dem entodermalen Rektum mit Kolonschleimhautepithel stellt die Linea dentata dar, die durch taschen(Krypten) und leistenartige (Papillen) Verwerfungen des Epithels entsteht ( 1 B-7.1).
1 B-7.1
Der Anus bildet zusammen mit der Rektumampulle das Kontinenzorgan. Der Übergang zwischen ektodermalem Anus (Plattenepithel) und dem entodermalen Rektum (Schleimhautepithel) stellt die Linea dentata dar ( 1 B-7.1).
Synopsis Anatomischer Längsschnitt durch den Analkanal
Plexus haemorrhoidalis
dorsal
Prostata
ventral
Diaphragma urogenitale M. sphincter ani internus
M. sphincter ani externus
Linea dentata perianale Venen
Das Kontinenzorgan besteht aus unterschiedlichen anatomischen Strukturen (Kontinenzfaktoren). Nur durch ein intaktes Zusammenspiel aller Kontinenzfaktoren ist eine Kontrolle der Stuhlausscheidung gewährleistet. Eine zentrale Rolle für die Kontinenz nehmen der M. sphincter ani internus und der willkürliche M. sphincter ani externus ein, ergänzt durch die muskulären Strukturen des Beckenbodens (Mm. levator ani und puborectalis). Sie gewährleisten den muskulären Abschluss des Analkanals. Die nervalen Kontinenzfaktoren werden von Dehnungsrezeptoren in der Wand der Rektumampulle und sensiblen Rezeptoren im Analkanal gebildet. Die Dehnungsrezeptoren in der Ampullenwand bewirken bei zunehmender Füllung der Ampulle mit Stuhl über die Nn. splanchnici durch Auslösung des Relaxationsreflexes eine Erschlaffung des inneren Schließmuskels. An der Linea dentata sind die sensiblen Rezeptoren des Analkanals konzentriert. Sie ermöglichen hier eine Erfassung der Stuhlkonsistenz und steuern somit den Tonus der Sphinktermuskulatur. Der Feinabschluss des Analkanals gegen das Rektum wird durch das Corpus cavernosum recti ermöglicht. Bei Kontraktion des Sphincter ani internus füllt es sich über direkte Zuflüsse aus der A. rectalis superior und bildet so den Plexus haemorrhoidalis. Wenn der innere Schließmuskel im Rahmen einer Defäkation erschlafft, entleert sich das Korpus und ermöglicht eine freie Passage des Stuhls. Die Rektumampulle selbst spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im Rahmen der Kontinenz. Durch die Fähigkeit der Rektumwandmuskulatur zu erschlaffen (Reservoirfunktion), ist eine Ansammlung von Stuhl in der Ampulle möglich, sodass erst ab einer gewissen Füllmenge der Druck auf den Analkanal einen Stuhldrang auslöst und nicht jede große Kolonbewegung eine Defäkation erzwingt.
Das Kontinenzorgan besteht aus unterschiedlichen anatomischen Strukturen, die durch ihr geregeltes Zusammenspiel eine intakte Kontinenz garantieren: Muskuläre Kontinenzfaktoren: (Mm. sphincter ani internus und sphincter ani externus, Mm. levator ani und puborectalis). Sie gewährleisten den muskulären Abschluss des Analkanals. π Nervale Kontinenzfaktoren: Sie werden von Dehnungsrezeptoren in der Wand der Rektumampulle und sensiblen Rezeptoren im Analkanal gebildet. Die Dehnungsrezeptoren bewirken bei zunehmender Füllung der Ampulle über die Nn. splanchnici eine Erschlaffung des inneren Schließmuskels. Die sensiblen Rezeptoren an der Linea dentata steuern den Tonus der Sphinktermuskulatur. π Gefäßstrukturen: Das Corpus cavernosum recti füllt sich bei Kontraktion des Sphincter ani internus und bildet den Plexus haemorrhoidalis. Erschlafft der innere Schließmuskel bei der Defäkation, entleert sich das Korpus. π Rektumampulle: Sie hat die Fähigkeit zu erschlaffen (Reservoirfunktion), sodass erst nach einer gewissen Stuhlmenge der Druck auf den Analkanal einen Stuhldrang auslöst. π
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434 7.2
Proktologische Untersuchung
Eine vollständige proktologische Untersuchung besteht aus: 1. Einer vollständigen Anamnese, die insbesondere Änderungen der Stuhlgewohnheiten, Schmerzen im Analbereich, Pruritus ani, Prolapserscheinungen und peranale Blutungen gezielt erfragen muss.
Die Beschreibung eines Befundes berücksichtigt die Tiefe der oralen und aboralen Befundgrenze, sowie die Ausdehnung in Uhrzeigerrichtung in Bezug auf die Steinschnittlagerung (SSL). 2. Der Inspektion, bei der auf Hautveränderungen, äußere Fistelostien, Prolapserscheinungen und tumoröse Veränderungen geachtet werden muss. 3. Der digitalen Untersuchung, die es ermöglicht, Raumforderungen, ulzeröse und fistelartige Veränderungen im distalen Anteil der Rektumampulle und im Analkanal zu erfassen. Der Finger ist „das Auge des Proktologen“ und somit sein wichtigstes Untersuchungsinstrument.
4. Der endoskopischen Untersuchung, bestehend aus einer Proktoskopie und gegebenenfalls einer Rektoskopie. Suspekte Befunde müssen gezielt biopsiert werden.
7 Anus
7.2
Proktologische Untersuchung
Ein Großteil aller proktologischen Erkrankungen lassen sich bereits durch eine sorgfältige Anamneseerhebung, Inspektion und digitale Untersuchung diagnostizieren. Im Rahmen der Anamnese ist dabei insbesondere auf Änderungen der Stuhlgangsgewohnheiten, Schmerzen im Analbereich und deren etwaigen zeitlichen Bezug zur Defäkation, Pruritus ani, Prolapserscheinungen und peranale Blutungen zu achten. Bei dem Symptom »Blutung« sollte zwischen hellroten Blutspuren am Toilettenpapier und hellroten oder dunkelroten Blutbeimengungen oder -auflagerungen zum Stuhlgang unterschieden werden. Die proktologische Untersuchung selber lässt sich sowohl in Knie-Ellenbogen-Lage, Links-Seitenlage oder Steinschnittlage durchführen. Unabhängig von der Lagerung werden palpatorische oder endoskopische Befunde stets in ihrer Lage in Bezug auf die Steinschnittlagerung (SSL) angegeben (Unterteilung des Anus/Lumens in Stunden entsprechend einer Analoguhr in Uhrzeigerrichtung). Zusätzlich muss bei jedem erhobenen Befund die Tiefe sowohl der aboralen als auch der oralen Grenze des Befundes im Analkanal/Rektum in Zentimetern angegeben werden. Als Bezugspunkte dienen dabei entweder die Linea dentata oder die Anokutangrenze. Inspektion: Hier ist auf mögliche Hautveränderungen, äußere Fistelostien, Prolapserscheinungen – auch unter Provokation durch Pressen – und tumoröse Veränderungen zu achten. Fistelostien können gegebenenfalls vorsichtig sondiert oder mit NaCl-Lösung angespült werden. Digitale Untersuchung: Die meisten pathologischen Befunde im Analkanal lassen sich durch die digitale Palpation genauso gut oder sogar besser erkennen als durch eine Prokto- oder Rektoskopie, weshalb der Finger auch »das Auge des Proktologen« genannt wird. Die digitale Untersuchung schließt nicht nur die Austastung des distalen Anteils der Rektumampulle ein (je nach Untersuchungslage und Fingerlänge des Untersuchers 6–10 cm), sondern erfordert auch eine gründliche Untersuchung des Analkanals. Hierbei ist auf Raumforderungen ebenso wie auf ulzeröse oder fistelartige Veränderungen zu achten. Die Konsistenz der Tastbefunde kann wie deren Verschieblichkeit auf oder mit der Umgebung erste Hinweise über Dignität oder Ausdehnung geben. Endoskopie: Nach der digitalen Untersuchung schließt sich die Proktoskopie und gegebenenfalls eine Rektoskopie an. Die Proktoskopie lässt sich mit röhrenförmigen Geräten mit Seit- oder Geradeausoptik sowie mit spreizbaren Spekula (meist zur operativen Therapie) durchführen. Bei der Proktooder Rektoskopie muss unbedingt eine gezielte Biopsie aus allen unklaren oder suspekten Befunden zur Diagnosesicherung genommen werden.
Praktischer Tipp
n Praktischer Tipp. Falls die Untersuchung oder Probeentnahme zu schmerzhaft ist, lässt sich unter einer lokalen Infiltrationsanästhesie meist ausreichende Beschwerdefreiheit für die diagnostische Untersuchung erreichen.
Merke
n Merke. Bei allen Patienten mit peranaler Blutung als Symptom muss selbst bei einer eindeutigen Blutungsquelle im Rektum eine totale Koloskopie durchgeführt werden, um eine zweite Blutungsquelle (Entzündung, Polypen, Karzinome) weiter oral auszuschließen.
Ergänzende Untersuchungen in der Proktologie sind: 1. Die Endosonographie ( 1 B-7.2), die bei Karzinomen im Analkanal ein exaktes Staging ermöglicht. Außerdem ist sie in der Lage, die Lokalisationsund Verlaufsdiagnostik von Fisteln und Abszessen, sowie die Erkennung von Sphinkterläsionen nach Traumata bereits präoperativ durchzuführen.
Endosonographie: Die Endosonographie ermöglicht bei Karzinomen im Analkanal ein Staging mit einer von anderen bildgebenden Methoden nicht erreichbaren Genauigkeit von bis zu 90 %, ähnlich wie im Rektum. Außerdem lassen sich die muskulären Strukturen des Beckenbodens endosonographisch genau darstellen ( 1 B-7.2), was eine Lage- und Verlaufsdiagnostik von Fisteln und Abszessen, sowie die Erkennung von Sphinkterläsionen nach Traumata möglich macht.
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7.2 Proktologische Untersuchung
1 B-7.2
435
Endosonographische Darstellung der Beckenbodenmuskulatur Endosonographische Darstellung der Beckenbodenmuskulatur in einem Transversalschnitt (analog zur Schnittebene in einer CT). Der mit Wasser gefüllte Ballon umgibt den Ultraschallscanner im Bildzentrum. Daran schließt sich die Rektumwand an, die außen durch ein ventral offenes U des M. puborectalis umrundet wird.
Manometrie: Im Rahmen der Inkontinenzdiagnostik stellt die Sphinktermanometrie ein unverzichtbares Instrument dar ( 1 B-7.3). Außerdem ist sie bei Verdacht auf einen Morbus Hirschsprung indiziert, bei Reflexstörungen im Anal- und Sphinkterbereich (z.B. im Rahmen von chronischer Obstipation) und zunehmend auch aus forensischen Gründen vor und nach proktologischen Operationen und transanalen Eingriffen. Durch die Manometrie lassen sich neben der Sphinkterlänge auch die Funktionsfähigkeit von innerem und äußerem Schließmuskel und die Elastizität der Rektumampulle erfassen und quantifizieren.
1 B-7.3
2. Die Manometrie ( 1 B-7.3), erfasst und quantifiziert die Funktionsfähigkeit von innerem und äußerem Schließmuskel und die Elastizität der Rektumampulle. Sie wird bei Inkontinenzverdacht, Morbus Hirschsprung und analen Reflexstörungen durchgeführt.
Synopsis Perfusionsmanometrie des Rektums und Analkanals
Schematische Darstellung einer Perfusionsmanometrie des Rektums und Analkanals mit simultaner EMG-Registrierung. Ein Messkatheter wird im Analkanal, ein weiterer in der Rektumampulle positioniert, zusätzlich wird ein Ballon zur Rektumdistension in die Ampulle eingebracht. Zur simultanen EMG-Ableitung wird eine Nadelelektrode in den äußeren Schließmuskel eingestochen.
Spritze mit 60 ml Luft
EMG
Doppelperfusor mit H2O
Druckaufnehmer
Thermomehrkanalschreiber
EMGAmplifier
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436
7 Anus Elektromyographie: Zur Anwendung kommen zum einen die Ableitung eines Summenaktionspotenzials mittels Oberflächenelektroden, die an der perianalen Haut oder im Analkanal platziert werden. Sie leiten Potenziale der gesamten quergestreiften Beckenboden-, Sphinkter- und Glutäalmuskulatur ab. Aus diesem Grund ist eine Abgrenzung der insuffizienten Muskeln von den intakten Beckenbodenmuskeln nicht sicher möglich, weshalb eine exakte Ursache für die muskuläre Beckenbodenschwäche nicht ermittelt werden kann. Deshalb wird ihre Aussagekraft für die Inkontinenzdiagnostik unterschiedlich beurteilt. Genauere Aussagen über die Funktion der einzelnen Muskelgruppen lässt sich durch eine Ableitung mittels uni- oder bipolarer Nadelelektroden aus
3. Die Elektromyographie sollte erfahrenen Untersuchern zur Diagnose und Verlaufsbeobachtung neurogener und myogener Muskelschäden vorbehalten sein, da die gegenüber der Ableitung mittels Oberflächenelektroden aussagefähigere EMG-Ableitung mittels einer Nadelelektromyographie ( 1 B-7.4) eine invasive, für den Patienten unangenehme bis schmerzhafte Untersuchung ist.
1 B-7.4
Synopsis Schematische Darstellung der Manometrie in 4 Phasen (Normalbefund)
Die Manometrie wird typischerweise in 4 Schritten vorgenommen: Dem Ruhedurchzug zur Ermittlung der Analkanallänge und des Ruhedruckes im Analkanal, der Ermittlung der maximalen Kontraktionsdruckwerte, der Überprüfung der Reservoirfunktion der Rektumampulle und des anorektalen Reflexes nach Gowers durch Distension der Rektumampulle mit einem Ballon, der mit 60 ml Luft gefüllt wird und zuletzt der Kontrolle der Stresskontinenz durch simultane Druckerfassung in Rektumampulle und Analkanal beim Husten. In der Abbildung ist in der 1. Ableitung ein simultan zur Manometrie registriertes EMG zu sehen, Ableitung 2 erfasst den Druck im Analkanal und Ableitung 3 den Druck in der Rektumampulle.
Kontraktion (willkürlich)
Ruhedurchzug 1. EMG
10 s
1s
Distension
Stresskontinenz
1s
1s
1 cm
2 cm
3 cm
2. Druck im Analkanal
5 cm 4 cm
100 N
Kontraktion Distension
unwillkürliche Kontraktion Husten Distension
30 mmHg 3. Rektumdruck
Husten
30 mmHg
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7.3 Analerkrankungen dem M. puborectalis, dem M. sphincter ani externus ( 1 B-7.4), oder in speziellen Fällen auch aus dem inneren Schließmuskel erreichen, am besten mit simultaner Registrierung einer Manometrie. Da diese Form einer EMGAbleitung eine invasive, für den Patienten unangenehme bis schmerzhafte Untersuchung ist, sollte sie erfahrenen Untersuchern für ganz spezielle Indikationen vorbehalten bleiben. Defäkographie: Die radiologische Darstellung eines Defäkationsvorgangs nach Instillation von Barium ( 1 B-7.5) in die Rektumampulle ermöglicht die Erkennung eines Vorfalls des Rektums im Sinne eines Rektumprolapses, eines inneren Prolapses (Intussuszeption), einer Zelenbildung (Entero-, Vesiko-, Ureterozele), eines Descensus perinei und einer Schwäche der Beckenbodenmuskulatur, insbesondere des M. puborectalis.
1 B-7.5
4. Die Defäkographie ( 1 B-7.5), ermöglicht die Erkennung eines Rektumprolapses, einer Zelenbildung, eines Descensus perinei und einer Schwäche der Beckenbodenmuskulatur.
Darstellung einer Defäkographie
Das distale Ende des Analkanals ist mit einem Marker (weißer Punkt) markiert, zwischen Os pubis (Op) und Os coccygeum (Oc) wird eine Verbindungslinie konstruiert, die für die Bestimmung des Descensus perinei beim Pressen als Messgrundlage verwendet wird. Zusätzlich lässt sich der Anorektalwinkel zwischen einer Tangente an der Rektumhinterwand (R) und dem Analkanal (A) bestimmen. Der Anorektalwinkel kann als quantitatives Maß für die Beckenbodeninsuffizienz herangezogen werden.
7.3
Analerkrankungen
7.3
Analerkrankungen
Die Erkrankungen des anorektalen Bereichs können sich in unterschiedlichen Symptomen manifestieren, wobei bestimmte Veränderungen der Anorektalregion erst durch das Auftreten von Symptomen Krankheitswert gewinnen und damit therapiebedürftig werden. n Merke. Nicht jeder Befund, der bei einer proktologischen Untersuchung gefunden wird, ist auch therapiebedürftig. Nur organische Veränderungen, die auch den Patienten belastende Symptome zeigen oder zur Progression neigen, müssen therapiert werden.
Die klassischen Symptome anorektaler Erkrankungen sind der Pruritus ani (Pruritus = Jucken), transanale Blutungen, Schmerzen am After, Prolapserscheinungen, Defäkationsstörungen (im Sinne einer Inkontinenz genauso wie als akute oder chronische Obstipation), Sekretion (z.B. aus Fistelostien) und Fremdkörpergefühl durch peri- oder intraanale tumorartige Veränderungen. Einzelne Analerkrankungen können dabei unterschiedliche Symptome genauso wie ein buntes Mischbild aus diesen Beschwerden zeigen.
Merke
Symptome proktologischer Erkrankungen: π Pruritus ani π transanale Blutungen π Schmerzen π Prolaps π Defäkationsstörungen π Sekretion π Fremdkörpergefühl.
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7 Anus Der Übersicht halber sind in 2 B-7.1 und 2 B-7.2 die Ursachen der häufigsten Analbeschwerden aufgeführt.
2 B-7.1
Gängigste Ursachen des Pruritus ani
Systemische Erkrankungen
lokalisierte anorektale Erkrankungen
Dermatosen
Allergien
psychogene Erkrankungen
Besonderheiten
N Parasitosen n (z.B. Oxyuren)
N Hämorrhoiden n
N Hyperhidrosis n
N Arzneimittel n (z.B. Laxanzien, Salben, Heroin)
N Depressionen n
N wollene n Unterwäsche
N Tuberkulose n
N Analfisteln n
N Mykosen n
N Nahrungsmittel n (z.B. Gewürze, Süßigkeiten)
N Hysterie n
N Trichteranus n
N Lues n
N Analfissuren n
N Erythrasma n
N Genußmittel n (z.B. Alkohol, Nikotin, Koffein)
N Anorektaln phobie
N Diabetes n mellitus
N Marisken n
N Psoriasis n (isomorpher Reizeffekt)
N Parfümstoffe n (z.B. Intimspray, Toilettenpapier
N Analneurose n
N Gicht n
N Condylomata n acuminata
N toxisches n Exanthem (z.B. Seife)
N Leukämie n
N Condylomata n lata
N langdauernde n lokale Kortikoidtherapie
N Diarrhö n (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
N Analkarzinome n
N Ikterus n
N Morbus Paget n n Morbus Bowen N N Anal- oder n Rektumprolaps N radiogene n Proktitis/Anitis
In der 2 B-7.2 sind die gängigsten Ursachen von anorektalen schmerzhaften Missempfindungen aufgeführt. Durch die differenzierte Erfragung der Schmerzqualität und der Lokalisierbarkeit der Schmerzen – hier in der entsprechenden Spalte die häufigsten Charakterisierungen des Schmerzcharakters durch Patienten – lässt sich häufig die jeweilige Verdachtsdiagnose bereits durch die Anamnese stellen. Bei einigen Krankheitsbildern lässt sich ein zeitlicher Bezug zur Defäkation oder anderen Gegebenheiten festmachen. Diese Zusammenhänge werden in der Spalte »zeitlicher Bezug« berücksichtigt.
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439
7.3.1 Hämorrhoiden
2 B-7.2
Ursachen analer Schmerzen
Diagnose
Schmerzqualität
Schmerzlokalisation
zeitlicher Bezug
N Analfissur n
scharf, schneidend
exakt möglich
bei oder nach Defäkation
N Analfistel n
brennend, stechend
exakt möglich
Dauerschmerz, Intensität schwankend
N Analabszess n
brennend, stechend, dumpfer Druck
periproktitisch: exakt perirektal: diffus
Dauerschmerz, je nach Lokalisation schwankend in der Schmerzintensität
N Analkryptitis n
brennend, stechend
exakt möglich
Dauerschmerz, nach Stuhlgang verstärkt
N Analpapillitis n
brennend, stechend
exakt möglich
Dauerschmerz, meist langsam beginnend, nach Stuhlgang zunehmend
N infizierter Sinus n pilonidalis
brennend, drückend
exakt möglich
Dauerschmerz, stuhlgangsunabhängig
N inkarzerierter n Hämorrhoidalprolaps
brennend, stechend
exakt möglich
Dauerschmerz, meist nach stärkerem Pressakt (Geburtswehen)
N Perianaln thrombose
stechend
exakt möglich
Dauerschmerz, oft nach stärkerem Pressakt (Geburtswehen)
N Proktitiden n
dumpf, vermehrter Stuhlgang
diffus, ausstrahlend ins Perineum
Dauerschmerz, vor Stuhlgang zunehmend, nach Defäkation Linderung
N inkarzerierter n Rektumprolaps
stechend, Druckgefühl
diffus bis exakt lokalisierbar
Dauerschmerz, nach Reposition rasche Besserung
N Tumoren im n Analkanal
wechselnde Schmerzqualität
von exakt lokalisierbar bis diffus
wechselnd, von stuhlgangsabhängigen Schmerzen bis Dauerschmerz
N Prostatitis n
dumpf, vermehrter Harn-/Stuhldrang
diffus, Ausstrahlung in Perineum/Hoden
wechselnd, nur selten stuhlgangsassoziiert
N Endometriosis n recti
dumpf bis drückend
diffus
menstruationsabhängige Schmerzen
N Sphinktern sklerose
stechend
exakt möglich
Monate – Jahre nach Radiotherapie, bei und nach der Defäkation auftretend
N Kokzygodynie n
spitz, stechend, scharf
diffus, ins Perineum ausstrahlend
anfallsweise auftretend
N Proktalgia fugax n
Tenesmen, krampfartig, oft Stuhldrang
diffus
nachts auftretend, nach wenigen Minuten spontan nachlassend
N Analneurosen n
wechselnd, untypische Symptome
diffus
kein konstanter Zusammenhang zu Defäkation eruierbar
7.3.1
Hämorrhoiden
n Definition. Das Corpus cavernosum recti (Plexus haemorrhoidalis) ist eine physiologische anatomische arteriovenöse Shuntverbindung am oralen Ende des Analkanals, die zum Feinabschluss gegenüber der Rektumampulle dient. Hämorrhoiden sind somit normal. Lediglich eine Vergrößerung, die dann klinische Symptome hervorrufen kann und als Hämorrhoidalleiden bezeichnet wird, besitzt Krankheitswert und ist therapiebedürftig.
Ätiologie und Pathogenese. Die häufigste Ursache einer Vergrößerung des
Plexus haemorrhoidalis ist verstärktes Pressen bei der Defäkation, meist ausgelöst durch eine chronische Obstipation im Rahmen einer verkehrten (ballaststoff- und flüssigkeitsarmen) Ernährung. Außerdem kommt eine
7.3.1 Hämorrhoiden Definition
Ätiologie und Pathogenese. Die häufigste Ursache einer Vergrößerung des Plexus haemorrhoidalis ist verstärktes Pressen bei der Defäkation.
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440 Außerdem kommt eine Behinderung des transsphinkteren Blutabflusses infolge Gravidität, Sphinkterosklerose oder -spasmus und ein portaler Hypertonus als Auslöser in Frage. Begünstigend wirken zudem hohes Lebensalter, sitzende Lebensweise und Adipositas. Hämorrhoiden werden in Abhängigkeit von ihrer Prolapsneigung in 4 Schweregrade eingeteilt ( 1 B-7.6 u. 1 B-7.7).
7 Anus Behinderung des transsphinkteren Blutabflusses durch eine Gravidität, Sphinktersklerose oder Sphinkterspasmus des inneren Schließmuskels bei einer anderen proktologischen Grunderkrankung als Auslöser in Frage. In seltenen Fällen wird eine Flussumkehr im Gebiet der V. mesenterica im Rahmen eines portalen Hypertonus (analog zur Entstehung von Ösophagusvarizen) als Ursache einer Abflussbehinderung und somit einer Hämorrhoidenausbildung diskutiert. Die Entstehung von Hämorrhoiden wird zudem durch hohes Lebensalter, eine sitzende Lebensweise und Adipositas begünstigt. Die Hämorrhoiden werden je nach Ausprägung der Hyperplasie des Plexus haemorrhoidalis in 4 Stadien eingeteilt ( 1 B-7.6 u. 1 B-7.7): Hämorrhoiden 1. Grades ( 1 B-7.7 a) prolabieren in das Proktoskop. Hämorrhoiden 2. Grades ( 1 B-7.7 b) prolabieren vor den Anus, retrahieren sich aber spontan, während die drittgradigen Hämorrhoiden ( 1 B-7.7 c) mit dem Finger reponiert werden müssen. Viertgradige Hämorrhoiden ( 1 B-7.7 d) sind nicht mehr reponibel.
1 B-7.6
Synopsis Schematische Darstellung der unterschiedlichen Grade des Hämorrhoidalleidens
Die Einteilung erfolgt orientiert am Prolapsgrad: a Hämorrhoiden 1. Grades prolabieren nur in das Proktoskop, b bei zweitgradigen Hämorrhoiden prolabiert der Hämorrhoidalplexus beim Pressen nach außen, reponiert sich aber spontan nach Beendigung des Pressvorganges, während er (c) bei drittgradigen Hämorrhoiden auch nach Beendigung des Pressens nicht spontan reponiert, mit dem Finger aber reponibel ist (rechts im Bild). Links in c ist ein viertgradiges Hämorrhoidalleiden mit außen fixiertem, nicht reponiblem Prolaps dargestellt.
a
b
c
Symptome. Die typischen Symptome von erst- und zweitgradigen Hämorrhoiden sind die schmerzlose hellrote Blutung, Juckreiz, oft begleitet von ausgeprägten perianalen Ekzemen und Fremdkörpergefühl, ausgelöst durch den Prolaps des Hämorrhoidalgewebes. Ab Stadium III tritt die Blutung in den Hintergrund und es kommt zunehmend zu Thrombosierungen oder Inkarzerationen der prolabierten Knoten, die zu erheblichen Schmerzen führen können.
Symptome. Während im Stadium 1 die schmerzlose hellrote Blutung (auch
Therapie (s. a. 2 B-7.3). Wichtige therapeutische Maßnahmen sind: π Stuhlgangsregulation durch eine ballaststoffreiche Kost und ausreichende Flüssigkeitszufuhr π Grad 1: Infrarottherapie oder Sklerosierung ( 1 B-7.8). π Grad 2 und 3: meist Gummibandligaturtherapie ( 1 B-7.9). π Grad 4: Operation
Therapie. Eine ausreichende Aufklärung der Patienten über eine diätetische
als Blutauflagerung am Toilettenpapier) überwiegt, kommt es mit zunehmender Größe der Hämorrhoidalknoten zu Juckreiz, oft begleitet von ausgeprägten perianalen Ekzemen. Als Ursache hierfür wird die verstärkte Schleimsekretion des prolabierten Schwellkörpers genannt. Nicht thrombosierte oder inkarzerierte Hämorrhoidalknoten sind für den tastenden Finger nicht palpabel. Ab Stadium III tritt die Blutung als Symptom in den Hintergrund, dafür kommt es zunehmend zu Thrombosierungen oder Inkarzerationen der prolabierten Knoten, die zu erheblichen Schmerzen führen können. Seltener treten Infektionen auf, die im Extremfall zu einer Fistelbildung oder Abszessentstehung führen können.
Einstellung auf weichen Stuhlgang (ballaststoffreiche Kost mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr) und Vermeidung von übermäßigem Pressen bei der Defäkation stellt die unabdingbare Voraussetzung für eine suffiziente Therapie und gleichzeitig eine Rezidivprophylaxe bei Hämorrhoiden dar. Der vergrößerte Hämorrhoidalplexus selbst kann bei erstgradigen Hämorrhoiden mit einer Infrarotkoagulationsbehandlung oder einer Sklerosierungstherapie ( 1 B-7.8) (Polidocanol, Chininlösung oder Phenolerdnussöl) zur Rückbildung gebracht werden. Bei zweit- und drittgradigen Hämorrhoi-
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441
7.3.1 Hämorrhoiden
1 B-7.7
Klinische Darstellung der unterschiedlichen Grade des Hämorrhoidalleidens
a Erstgradiger Hämorrhoidalprolaps in ein Proktoskop.
b Zweitgradiger Hämorrhoidalprolaps, der sich nach Beendigung der Bauchpresse spontan reponiert.
c Drittgradiger Hämorrhoidalprolaps, der mit dem Finger reponiert werden muss.
d Viertgradiger Hämorrhoidalprolaps, der nicht mehr reponibel ist.
den wird meist eine Gummibandligaturbehandlung ( 1 B-7.9) notwendig, während Hämorrhoiden 4. Grades der Operation (z. B. nach Milligan-Morgan, Parks oder Longo) zugeführt werden sollten. Das Grundprinzip der Operation besteht in einer segmentären Ausschälung der Hämorrhoidalknoten an den typischen Lokalisationen (3, 7 und 11 Uhr in Steinschnittlage) und Ligatur der zuführenden Arterien. Dabei werden möglichst breite Anodermbrücken belassen, von denen aus die Überhäutung des Defekts erfolgen kann. Die stadienorientierten Therapieformen sind in 2 B-7.3 aufgeführt. Unterstützend kann eine Analdehnerbehandlung eingeleitet werden. Hierdurch soll der Patient wieder lernen, den Schließmuskelapparat zu entspannen, um den erhöhten Ruhetonus des inneren Schließmuskels wieder zu normalisieren. Anmerkung: Weit verbreitet ist die medikamentöse Therapie auf Kortikoidbasis, meist mit Lokalanästhetika-Zusätzen. Diese Therapie basiert auf dem
Bei der Hämorrhoidektomie werden die Knoten segmental exzidiert und die zuführenden Arterien ligiert.
Zusätzlich kann eine Analdehnerbehandlung erfolgen. Die medikamentöse Therapie bei Hämorrhoiden sollte stets nur Überbrückungsmaßnahme sein.
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7 Anus Prinzip der antiphlogistischen und adstringierenden Wirkung. Es besteht die Gefahr der unkritischen Daueranwendung (Folge: Steroiddermatose, Mykosen). Daher sollte die medikamentöse Therapie immer nur eine Überbrückungsmaßnahme darstellen.
1 B-7.8
Synopsis Sklerosierungstherapie von Hämorrhoiden
Durch die submuköse Injektion sklerosierender Agenzien (z.B. Polidocanol oder Chininlösung) kommt es zu einer Fibrose, die zum einen eine Retraktion des prolabierten Gewebes und zum anderen eine Drosselung der arteriellen Blutzufuhr in den Hämorrhoidalplexus bewirken kann.
1 B-7.9
Synopsis Gummiligaturbehandlung von Hämorrhoiden
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7.3.2 Perianalvenenthrombose
2 B-7.3
Stadien der Hämorrhoidenkrankheit mit klinischen Befunden und Therapieansätzen
Hämorrhoidalstadium
Befund
Therapie
N 1. Grades n
Hämorrhoiden prolabieren ins Proktoskop
Stuhlgangsregulation, Infrarottherapie, Sklerosierung
N 2. Grades n
Hämorrhoiden prolabieren beim Pressen, reponieren sich aber spontan
Sklerosierungstherapie, Gummiligaturen
N 3. Grades n
Hämorrhoiden prolabieren beim Pressen, keine spontane, aber digitale Reposition möglich
Gummiligaturen, evtl. Operation
N 4. Grades n
Hämorrhoiden sind vor dem Anus fixiert, eine Reposition ist nicht mehr möglich
Operation
7.3.2
Perianalvenenthrombose
7.3.2 Perianalvenenthrombose
n Definition. Die Thrombose der perianal gelegenen Venen (früher auch fälschlicherweise äußere Hämorrhoiden genannt) zeichnet sich durch eine plötzlich einsetzende livide Schwellung im perianalen Bereich aus.
Ätiologie und Symptome. In
1 B-7.10 ist bei 4.00 Uhr SSL eine frische Perianalvenenthrombose zu sehen. Diese Schwellung ist meist sehr schmerzhaft, da sie typischerweise im Bereich des hochsensiblen Anoderms lokalisiert ist. Ausgelöst wird diese meist durch einen starken Pressakt (Geburtsvorgang!), oder körperlicher Anstrengung. Perianalvenenthrombosen ( 1 B-7.11) können auch gehäuft bei Patienten mit einem stark vergrößerten Plexus haemorrhoidalis oder nach Exposition mit feuchter Kälte beobachtet werden (Segler und Surfer).
1 B-7.10
1 B-7.11
Frische Perianalvenenthrombose
Definition
Ätiologie und Symptome ( 1 B-7.10, 1 B-7.11). Eine frische Perianalvenenthrombose ist meist sehr schmerzhaft, da sie typischerweise im Bereich des hochsensiblen Anoderms lokalisiert ist. Ausgelöst wird diese meist durch einen starken Pressakt (Geburtsvorgang!) oder körperliche Anstrengung, aber auch nach Exposition mit feuchter Kälte.
Alte Perianalvenenthrombose
Typisch ist die bläuliche Verfärbung der angespannten Perianalhaut.
Therapie. Alle Perianalthrombosen heilen spontan aus. Die Art der Therapie sollte jedoch vom Leidensdruck der Patienten abhängig gemacht werden. Besteht ein heftiges Krankheitsgefühl bei einer frischen Thrombose, so erscheint die Exzision in Lokalanästhesie die Methode der Wahl zu sein, wie sie schematisch in 1 B-7.12 dargestellt wird.
Zirkuläre, mehrere Tage alte Perianalvenenthrombose mit ausgeprägtem Begleitödem.
Therapie. Alle Perianalthrombosen heilen spontan aus. Besteht jedoch ein heftiges Krankheitsgefühl, so ist eine komplette Exzision in Lokalanästhesie durchzuführen ( 1 B-7.12).
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444
7 Anus
1 B-7.12
Synopsis Exzision einer Perianalvenenthrombose
a Exzision des Knotens.
b Spontanes Vortreten des Blutgerinnsels aus der Exzisionsöffnung.
Nach vollständiger Rückbildung (ca. 2–3 Wochen), verbleibt als Residuum eine Mariske.
Der postoperative Wundschmerz wird von den Patienten in der Regel als deutlich geringer als der Schmerz, der durch die Thrombose unterhalten wurde, empfunden. Postoperativ sind Sitz- oder Duschbäder und eine Stuhlregulation bis zur vollständigen Wundheilung angezeigt. Ist der Leidensdruck nicht zu groß oder überwiegt die Angst des Patienten vor der operativen Intervention, so ist eine konservative Therapie mit Stuhlgangsregulation und gegebenenfalls lokal antiphlogistischen Maßnahmen (kühlende und/oder lokalanästhesierende Salben und Zäpfchen, feuchte Vorlagen) möglich. Nach vollständiger Rückbildung, meist innerhalb von 2–3 Wochen, verbleibt als Residuum eine Mariske.
7.3.3 Marisken
7.3.3
Postoperativ sind Sitz- oder Duschbäder und eine Stuhlgangsregulation angezeigt.
Definition
Marisken
n Definition. Als Marisken bezeichnet man schlaffe perianale Hautfältchen ( 1 B-7.13).
1 B-7.13
Perianale Mariske
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7.3.4 Hypertrophe Analpapillen
445
Symptome. Marisken machen selbst keine Beschwerden. Sie können jedoch die Analhygiene beeinträchtigen oder durch Sekretstau eine bakteriell- oder pilzbedingte perianale Dermatitis unterhalten. In diesen Fällen steht ein perianaler Juckreiz oder Brennen im Vordergrund. Die Differenzierung gegenüber prolabierten Hämorrhoidalknoten lässt sich durch die Aufforderung zum Pressen erreichen. Die Marisken füllen sich nicht, prolabierte Hämorrhoidalknoten schwellen durch die zunehmende Blutmenge an. Außerdem müssen differenzialdiagnostisch Condylomata lata oder acuminata und Vorpostenfalten bei chronischen Analfissuren ausgeschlossen werden.
Symptome. Marisken können die Analhygiene beeinträchtigen oder durch Sekretstau eine bakteriell- oder pilzbedingte perianale Dermatitis unterhalten. Die Differenzierung gegenüber prolabierten Hämorrhoidalknoten gelingt durch Pressen. Nur Hämorrhoidalknoten schwellen dabei an. Condylomata lata oder acuminata und Vorpostenfalten sind abzugrenzen.
Therapie. Eine Therapie erscheint nur dann indiziert, wenn die Analhygiene
Therapie. Bei Beeinträchtigung der Analhygiene oder persistierendem Juckreiz ist die elektrochirurgische Exzision in Lokalanästhesie indiziert.
durch die Marisken erschwert wird oder durch Retention von Flüssigkeitsund Schleimresten in den Falten zwischen Marisken eine chronische Ekzementstehung oder persistierender Juckreiz ausgelöst werden. Hier kommt in erster Linie die elektrochirurgische Exzision in Lokalanästhesie in Frage.
7.3.4
Hypertrophe Analpapillen
7.3.4
Hypertrophe Analpapillen
Synonyme: Analpolyp, Analfibrom, Mausezahn n Definition. Bei den hypertrophen Analpapillen handelt es sich um eine Vergrößerung von Resten der Proktodealmembran, die der embryonalen Afterverschlussmembran entspricht.
Diese imponieren als hellrosa bis weißliche Prozesse an der Linea dentata, die als kleine weiße Tumoren (»Mäusezahn«) ( 1 B-7.14) ebenso wie als gestielter Polyp (Analpolyp) mit Ursprung distal der Linea dentata auftreten können. Sie stellen keine echten Neoplasien dar, können daher auch nicht entarten.
1 B-7.14
Definition
Sie imponieren an der Linea dentata als kleine weiße Tumoren (»Mäusezahn«) ( 1 B-7.14) ebenso wie als gestielte Polypen (Ursprung distal der Linea dentata) (»Analpolyp«). Sie zeigen keine Entartungstendenz.
Hypertrophe Analpapille Proktoskopische Ansicht einer hypertrophen Analpapille an der Linea dentata
Therapie. Das Auftreten von hypertrophen Analpapillen ist vergesellschaf-
tet mit vergrößerten Hämorrhoiden. Dementsprechend besteht die Therapie in erster Linie aus einer Therapie der Hämorrhoiden. Nur bei großen Papillen ist eine Exzision in Lokalanästhesie indiziert.
Therapie. Die Therapie besteht in erster Linie aus einer Behandlung der Hämorrhoiden. Nur bei großen Papillen ist eine Exzision in Lokalanästhesie indiziert.
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446
7 Anus
Kondylome
7.3.5 Kondylome
7.3.5
Condylomata lata
Condylomata lata
Die Condylomata lata sind ein Ausdruck der Lues II ( 1 B-7.15). Die Therapie entspricht der der Lues und führt zur Rückbildung der Kondylome.
Die Condylomata lata sind ein Ausdruck der Lues II. Es handelt sich dabei um relativ glatt begrenzte, lappenartig aussehende perianale Veränderungen ( 1 B-7.15). Die Therapie entspricht der der Lues und führt zur Rückbildung der Kondylome.
1 B-7.15
Condylomata lata Perianale Condylomata lata bei Lues II.
Condylomata acuminata
Condylomata acuminata
Die virusbedingten Condylomata acuminata neigen zu Rezidiven. Sie haben eine unregelmäßige, fast blumenkohlartige Oberfläche ( 1 B-7.16).
Diese virusbedingte Papillomatose kann sowohl intra- wie auch perianal auftreten und neigt ausgeprägt zu Rezidiven. Die Kondylome haben makroskopisch eine unregelmäßige, fast blumenkohlartige Oberfläche ( 1 B-7.16).
1 B-7.16
Condylomata acuminata Konfluierende perianale Condylomata acuminata. Typisch ist der Abklatschcharakter der Erkrankung mit kontralateraler Beteiligung.
Merke
Therapie. Bei perianalen Kondylomen ist die lokale Applikation von Podophyllin, die Exzision und die Kryo- oder Lasertherapie möglich. Intraanale Kondylome sollten exzidiert oder mit Kryo- oder Lasertherapie behandelt werden.
n Merke. Bei dem Nachweis von perianalen Condylomata acuminata muss unbedingt eine Proktoskopie durchgeführt werden, um mit der Therapie auch intraanale Herde zu erfassen, da von diesen die Rezidive ausgehen können.
Therapie. Bei perianalen Kondylomen ist die lokale Behandlung mit Podophyllin möglich, wobei die gesunde Haut um das Kondylom herum sorgfältig geschützt werden muss. Die intraanale Anwendung von Podophyllin verbietet sich, da der Kontakt mit der gesunden Analkanalhaut hier nicht vermieden werden kann. Um größere perianale oder intraanal gelegene Herde zu entfernen ist die Exzision mit dem Skalpell oder alternativ eine kryochirurgische oder laser-
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447
7.3.6 Entzündliche Erkrankungen des Analbereichs chirurgische Abtragung möglich. Posttherapeutisch sind engmaschige Kontrollen angezeigt.
7.3.6
Entzündliche Erkrankungen des Analbereichs
Die entzündlichen Erkrankungen des Analbereichs lassen sich in 2 Gruppen einteilen: Die Erkrankungen, die ihren Ausgang von den Proktodealdrüsen, Krypten und deren Anhangsgebilden nehmen (kryptoglanduläre Infektionen) und nach einigen Autoren nur unterschiedliche Stadien desselben Krankheitsbildes darstellen (Analkryptitis, Analpapillitis, Analfissur, Analfistel, Analabszess) und Entzündungen, deren Ursprung nicht im Bereich der Linea dentata und den dort lokalisierten Drüsen und Krypten liegt (Sinus pilonidalis, Dermoidfistel, Pyodermia fistulans sinificans und Fournier-Gangrän).
7.3.6 Entzündliche Erkrankungen des Analbereichs Die entzündlichen Erkrankungen des Analbereiches lassen sich in 2 Gruppen einteilen: 1. Erkrankungen, die ihren Ausgang von den Proktodealdrüsen, Krypten und deren Anhangsgebilden nehmen. 2. Entzündungen, deren Ursprung nicht im Bereich der Linea dentata und den dort lokalisierten Drüsen und Krypten liegt.
Analkryptitis
Analkryptitis
Synonym: inkomplette Analfistel n Definition. Bei der Analkryptitis handelt es sich um eine Entzündung der Morgagni-Krypten in Bereich der Linea dentata. Sie entsteht meist durch Verlegung der Kryptenöffnung durch Kot oder Fremdkörper.
Definition
Symptome. Die Patienten klagen über einen heftigen Schmerz im Analbe-
Symptome. Die Patienten klagen über einen heftigen Schmerz im Analbereich, der in den meisten Fällen durch den Patienten exakt zu lokalisieren ist.
Diagnose. Bereits bei der digitalen Untersuchung fällt im Bereich der Linea dentata ein druckdolentes Grübchen auf. Der Sphinktertonus ist oft schmerzbedingt reflektorisch erhöht. Bei der Proktoskopie lässt sich mit einer Häkchensonde eine Tasche sondieren, aus der sich nicht selten Pus entleert.
Diagnose. Bei der digitalen Untersuchung fällt ein druckdolentes Grübchen auf. Evtl. entleert sich Pus.
Therapie. Als Therapie der Wahl gilt die Spaltung (Kryptotomie) oder die
Therapie. Als Therapie empfiehlt sich die Kryptotomie oder Kryptektomie. Alternativ kommen konservative Methoden (antiphlogistische und adstringierende Analtampons oder kortikoidhaltige Suppositorien) zur Anwendung.
Analpapillitis
Analpapillitis
Die Papillitis stellt eine Entzündung einer hypertrophen Analpapille dar. Die Papille stellt sich dabei gerötet und evtl. kontaktblutend dar. Sie kann zu Schmerzen oder dem Gefühl der unvollständigen Entleerung führen. In diesem Falle ist eine Abtragung indiziert.
Die Papillitis stellt eine Entzündung einer hypertrophen Analpapille dar. Sie kann zu Schmerzen oder dem Gefühl der unvollständigen Entleerung führen. In diesem Falle ist eine Abtragung indiziert. Analfissur
reich, meist unmittelbar bei oder nach der Defäkation, der in einen dauerhaften brennenden Schmerz übergehen kann. Der Schmerzpunkt ist von den Patienten in den meisten Fällen exakt zu lokalisieren.
Exzision der Krypte (Kryptektomie) in Lokalanästhesie oder Intubationsnarkose. Sollte sich der Patient nicht für eine operative Intervention entscheiden können, so ist ein temporär begrenzter Versuch mit antiphlogistischen und adstringierenden Analtampons oder kortikoidhaltigen Suppositorien, lokalanästhesierenden Salben, Analdehner und Stuhlgangsregulation möglich.
Analfissur n Definition. Die Analfissur ( 1 B-7.17 und 1 B-7.18) ist ein longitudinales Ulkus der Analkanalhaut. Sie ist meist bei 6, seltener bei 12 Uhr Steinschnittlage (SSL) lokalisiert. Ursächlich werden Einrisse der Analkanalhaut durch harte Stuhlballen oder spontan rupturierte Kryptitiden diskutiert.
Definition
n Merke. Andere Lokalisationen sind stets verdächtig für spezifische Erkrankungen (Analkarzinom, Morbus Crohn, venerische Infektionen).
Merke
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448 1 B-7.17
7 Anus
1 B-7.18
Akute Analfissur
Chronische Analfissur
1
2 Akute Analfissur an typischer Stelle bei 6 Uhr Steinschnittlage ( Á Á). Die Läsion reicht bis an die Linea dentata ( Á) heran.
Symptome. Bei der akuten Analfissur steht ganz der stechende, massive Schmerz bei oder direkt nach der Defäkation im Vordergrund. Manchmal finden sich hellrote Blutauflagerungen auf Stuhl oder Toilettenpapier. Bei der chronischen Analfissur ( 1 B-7.18) klagen Patienten nur über geringe Schmerzen. Als führendes Symptom sind Blutauflagerungen auf dem Stuhlgang zu verzeichnen. Diagnose. Bei akuten Fissuren findet man beim vorsichtigen Spreizen der Afteröffnung einen hellroten Hauteinriss. Die chronische Fissur fällt durch eine Vorpostenfalte auf, die oft als Mariske fehlinterpretiert wird ( 1 B-7.18).
Merke
Therapie. Sämtliche therapeutischen Ansätze der akuten Analfissur zielen auf unterschiedliche Konzepte. 1. Ausschalten des lokalen Schmerzes 2.Reduktion des erhöhten Ruhetonus durch π Lokalanästhetika π adstringierende Lokaltherapeutika π Analdehner π Stuhlgangsregulation und π bei Versagen: Sphinkterotomie.
Chronische Analfissur mit inkompletter innerer Fistelbildung. Teile der Fissur sind bereits narbig ausgeheilt, während die perforierte Analkrypte (1) an der Basis der stark reaktiv vergrößerten Analpapille als Ursache der Fissurpersistenz zu erkennen ist. Typisch ist auch die Ausbildung einer Vorpostenfalte (2) an der hinteren Kommissur.
Symptome. Bei der akuten Analfissur ( 1 B-7.17) steht ganz der stechende, massive Schmerz bei oder direkt nach der Defäkation im Vordergrund. Der Schmerz flaut nach einem krampfartigen Nachschmerz (Sphinkterspasmus) langsam ab, der Patient unterdrückt aus Angst vor Schmerzen die nächste Defäkation. Bisweilen berichten die Patienten von hellroten Blutauflagerungen auf Stuhl oder Toilettenpapier. Bei der chronischen Analfissur ( 1 B-7.18) tritt der Schmerz in den Hintergrund. Die Patienten klagen über eine anale Enge und nur geringe Schmerzen. Als führendes Symptom sind Blutauflagerungen auf dem Stuhlgang zu verzeichnen. Diagnose. Die Diagnose lässt sich in den meisten Fällen bereits aus Anamnese und Inspektion stellen. Bei akuten Fissuren findet man beim vorsichtigen Spreizen der Afteröffnung einen hellroten Hauteinriss. Die chronische Fissur fällt durch eine Vorpostenfalte auf, die oft als Mariske fehlinterpretiert wird. Bei chronischen Fissuren ist das Ulkus in einem derben Grund eingebettet, oft liegt der M. sphincter ani internus am Fissurgrund frei. Ein typisches Beispiel hierfür ist auf 1 B-7.18 zu sehen. n Merke. Falls eine Proktoskopie durchgeführt wird, so ist auf versteckte Fistelostien im Fissurgrund zu achten, da diese eine Abheilung ohne Operation unmöglich machen.
Therapie. Sämtliche therapeutischen Ansätze der akuten Analfissur zielen
auf unterschiedliche Konzepte. Zum einen die Reduktion des erhöhten Sphinktertonus, der durch eine Minderdurchblutung der Fissur 1. zu einer Chronifizierung und 2. zur Schmerzzunahme führen kann. Zum anderen ist eine Ausschaltung des lokalen Schmerzes sinnvoll, da hierdurch reflektorisch der Sphinktertonus sinkt und die Wahrscheinlichkeit der spontanen Ausheilung steigt. Eine Reduzierung des analen Ruhedrucks erreicht man durch die Verwendung von Analdehnern, die der Patient selber mehrfach täglich benutzen sollte oder operativ mit der Sphinkterdehnung in Intubationsnarkose oder der Sphinkterotomie. Zusätzlich können adstringierende und antiphlogistische Substanzen lokal angewendet werden.
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449
7.3.6 Entzündliche Erkrankungen des Analbereichs Zur Schmerzbekämpfung ist eine Applikation von Lokalanästhetika (in Form von Salben, Suppositorien oder einer Unterspritzung) sinnvoll. Zusätzlich sollte eine Stuhlgangsregulation durchgeführt werden. Bewährt haben sich dazu die Verordnung von Ballaststoffkonzentraten. Akute Analfissuren heilen meist unter einer konservativen Therapie innerhalb von 2–3 Wochen aus. Nur im Fall eines Therapieversagers erscheint eine operative Intervention sinnvoll. Bei chronischen Analfissuren ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, eine Abheilung konservativ zu induzieren, geringer. Trotzdem ist ein konservativer Therapieversuch über 1–2 Wochen sinnvoll. Kommt es in diesem Zeitraum nicht zur Ausheilung, so sollte eine vollständige Exzision der Fissur und der sie umgebenden Narbe einschließlich der Vorpostenfalte vorgenommen werden. Eine Sphinkterdehnung oder Sphinkterotomie ist nur bei einem vorbestehenden erhöhten Ruhedruck sinnvoll.
Analfistel
Akute Analfissuren heilen meist unter konservativer Therapie innerhalb von 2–3 Wochen aus. Bei chronischen Analfissuren ist die Wahrscheinlichkeit, eine Abheilung konservativ zu induzieren geringer, bei konservativem Misserfolg sollte eine vollständige Exzision der Fissur erfolgen.
Analfistel
n Definition. Als typische Analfisteln bezeichnet man eine Fistel, die im Rahmen einer kryptoglandulären Erkrankung (Entzündung einer Proktodealdrüse, z.B. bei einer Kryptitis oder Fissur) entsteht. Dabei ist der Analabszess das akute, die Fistel das chronische Stadium der kryptoglandulären Entzündung.
Definition
n Merke. Die typischen Analfisteln haben stets an der Linea dentata ihren Ursprung. Fisteln, die oberhalb der Linea dentata münden, sind hochgradig verdächtig auf einen Morbus Crohn.
Merke
Als komplett wird eine Fistel mit innerem und äußerem Ostium, als inkomplett eine Fistel mit nur einem Ostium bezeichnet ( 1 B-7.19). Die tpyischen Analfisteln werden dabei nach ihrem Verlauf in Beziehung zum Sphinkterapparat eingeteilt (s. 1 B-7.20):
1 B-7.19
Synopsis Einteilung der Analfisteln
Komplette Fisteln haben ein inneres und ein äußeres Ostium, inkomplette nur ein Ostium ( 1 B-7.19). Die typischen Analfisteln werden dabei nach ihrem Verlauf in Beziehung zum Sphinkterapparat eingeteilt (s. 1 B-7.20).
Fistel
inkomplette Fistel = blind endend Aufteilung in
inkomplette innere Fistel = vom Darm ausgehend, blind endend
inkomplette äußere Fistel = von der Haut ausgehend, blind endend
Verbindung
komplette Fistel = innere Fistel, die mit äußerer Fistel in Verbindung steht = Verbindung zwischen äußerer Haut und Analkanal
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450
7 Anus
1 B-7.20
Synopsis Verlauf von Analfisteln in Bezug zu den muskulären Organen des Beckenbodens
Die marginale (subkutane) Analfistel durchbohrt in ihrem Verlauf keine muskulären Anteile des Sphinkterapparates (a1). Die intersphinktere Analfistel (a2) tritt durch den Internus in den Intersphinkterspalt ein und verläuft in diesem bis zum perianalen äußeren Ostium, während die transsphinktere Analfistel (b3) beide Sphinkteren durchtritt. Die suprasphinktere Analfistel (b4) verläuft oberhalb der Sphinkteren durch den M. levator ani hindurch zum Perineum. Sie hat häufig ihren Ursprung nicht in kryptoglandulären Infektionen, sondern in einem Morbus Crohn.
a
Die marginale Analfistel (ca. 5–10 %) verläuft direkt unterhalb der Analkanalhaut zu ihrem äußeren Ostium, ohne dabei Sphinktermuskulatur zu durchbohren. Die submuköse Analfistel steigt unter der Schleimhaut in das Rektum auf und gehört zu den Morbus-Crohn-assoziierten Fisteln. Die intersphinktere Analfistel (ca. 50 %) durchbohrt den inneren Schließmuskel und verläuft zwischen den Schließmuskeln. Die transsphinktere Analfistel (ca. 30–40 %) durchbohrt sowohl den inneren als auch den äußeren Schließmuskel, bevor sie zu ihrem äußeren Ostium zieht ( 1 B-7.21).
Die suprasphinktere Analfistel (ca. 5 %) durchbohrt den Levatormuskel, bevor sie in die Fossa ischiorectalis und von dort in die Perinealhaut mit dem äußeren Ostium eintritt. Atypische Analfisteln sind Fisteln, die nicht von der Linea dentata ausgehen. Sie kommen besonders häufig bei einem Morbus Crohn, bei Karzinomen oder Leukosen, nach Bestrahlung, Verletzungen oder venerischen Infektionen vor und werden nach ihrem Verlauf in extrasphinktere und rektoorganische Fisteln unterteilt.
1
2
b
3
4
π Marginale Analfistel ( 1 B-7.20 a1 ): (Synonym: subkutane Analfistel; 5–10 % aller Analfisteln). Der Fistelgang nimmt seinen Ursprung an einer entzündeten Krypte und verläuft direkt unterhalb der Analkanalhaut zu seinem äußeren Ostium, ohne dabei Sphinktermuskulatur zu durchbohren. π Submuköse Analfistel: Der Fistelgang steigt unter der Schleimhaut in das Rektum auf. Die submuköse Analfistel gehört zu den atypischen Fisteln im Rahmen eines Morbus Crohn, und wird hier der Vollständigkeit halber aufgeführt. π Intersphinktere Analfistel ( 1 B-7.20 a2 ): (ca. 50 % aller Analfisteln). Die Fistel durchbohrt den inneren Schließmuskel und verläuft zwischen den Schließmuskeln zu ihrem äußeren Ostium am Perineum, ohne den M. sphincter ani externus zu durchziehen. π Transsphinktere Analfistel ( 1 B-7.20 b3): (ca. 30–40 % aller Analfisteln). Die Fistel durchbohrt sowohl den inneren als auch den äußeren Schließmuskel, bevor sie zu ihrem äußeren Ostium zieht ( 1 B-7.21). Je nach Durchtrittsstelle durch den äußeren Schließmuskel unterscheidet man die hohe (Durchtrittsstelle in der oralen Hälfte des äußeren Schließmuskels) und die tiefe (Durchtrittsstelle in der aboralen Hälfte des äußeren Schließmuskels) transsphinktere Analfistel. π Suprasphinktere Analfistel ( 1 B-7.20 b4): (ca. 5 % aller Analfisteln). die Fistel zieht entweder vor oder nach dem Durchtritt durch den inneren Schließmuskel nach oral und durchbohrt den Levatormuskel, bevor sie in die Fossa ischiorectalis und von dort in die Perinealhaut mit dem äußeren Ostium eintritt. π Atypische Analfistel: (ca. 5 % aller Analfisteln). Fisteln, die nicht von der Linea dentata her ihren Ursprung haben, werden als atypisch bezeichnet. Sie kommen besonders häufig bei einem Morbus Crohn, bei Karzinomen oder Leukosen, nach Bestrahlung, Verletzungen oder venerischen Infektionen vor. Sie werden nach ihrem Verlauf in extrasphinktere (inneres Ostium im Rektum oder Sigma, die Fistel durchbohrt den Levator) und rektoorganische Fisteln (meist zur Scheide oder Blase, seltener zur Prostata, Harnröhre oder Harnleiter) unterteilt.
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7.3.6 Entzündliche Erkrankungen des Analbereichs
1 B-7.21
451
Transsphinktäre Analfistel Intraoperativer Situs einer transsphinkteren Analfistel bei eingeführtem Analspreizer. Der Fistelgang ist mit einer Sonde markiert, in der Umgebung des äußeren Ostiums sind narbige Veränderungen nach Spaltung eines periproktitischen Abszesses zu sehen.
Symptome. Neben einem nach außen sichtbaren Fistelostium – wie in
B-7.22 bei 3.00 Uhr SSL zu sehen – stehen die Sekretion mit konsekutivem Juckreiz und seltenen Blutabsonderungen im Vordergrund des Beschwerdebilds. Durch das ständige Nässen kann es zu chronischen Ekzemen kommen. Bei großen Fisteln ist ein Kotabgang über das äußere Ostium möglich. Bei Verschluss eines Ostiums kann es zu Druckgefühlen und Schmerzen bis zu dem Beschwerdevollbild eines Abszesses kommen. 1
1 B-7.22
Symptome. Eine Analfistel ( 1 B-7.22) verursacht typischerweise eine Sekretion, Juckreiz, Blutung, und prädisponiert zur Ausbildung von Ekzemen. Bei Verschluss eines Ostiums kann es zu Druckgefühlen und Schmerzen bis zu dem Beschwerdevollbild eines Abszesses kommen.
Analfistel und Analfissur Befund bei einem Mann mit analem Morbus Crohn. Es zeigt sich bei 12 Uhr SSL (oben) eine Analfissur mit Vorpostenfalte und ein äußeres Fistelostium bei 3 Uhr SSL.
Diagnose. Die Diagnose lässt sich meist durch die Inspektion (äußeres
Ostium) und digitale Austastung (inneres Ostium = Einziehung der glatten Analkanal- oder Rektumoberfläche, evtl. mit Druckschmerz in diesem Bereich) stellen.
Diagnose. Sie lässt sich meist durch die Inspektion (äußeres Ostium) und digitale Austastung (inneres Ostium) stellen.
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452 Merke
7 Anus
n Merke. Eine Sondierung der Fistel ist stets mit größter Vorsicht durchzuführen, um eine iatrogene Erzeugung von Nebengängen oder Neoostien zu vermeiden!
Durch Prokto- und Rektoskopie sollten Begleiterkrankungen ausgeschlossen werden. Fistulographie oder Endosonographie ergeben Klarheit über den Fistelverlauf.
Durch die Prokto- und Rektoskopie sind Begleiterkrankungen auszuschließen. Bei komplizierten Fistelverläufen kann eine Fistulographie oder besser endorektale und endoanale Sonographie Klarheit über den Fistelverlauf und evtl. bestehende Begleitabszesse geben.
Therapie. Der Nachweis einer Analfistel ist stets eine Operationsindikation. Komplikationen der Analfistel können sein π Abszessbildung π Inkontinenz π Fistelgangskarzinom. Marginale, intersphinktere und tiefe transsphinktere Analfisteln können primär gespalten werden, bei hohen transsphinkteren, suprasphinkteren und atypischen Fisteln erfolgt eine Fistulektomie.
Therapie. Der Nachweis einer Analfistel stellt in jedem Fall eine Operations-
Atypische Fisteln erfordern meist auch ein atypisches, das heißt flexibles chirurgisches Vorgehen, wie z.B. Resektion des fisteltragenden Darmteils oder Vorschaltung eines temporären Anus praeter.
Atypische Fisteln erfordern meist auch ein atypisches, das heißt flexibles chirurgisches Vorgehen. Es kann bei komplizierten Fisteln notwendig werden, den fisteltragenden Darmteil zu resezieren oder gar einen temporären Anus praeter vorzuschalten, da atypische Fisteln unter dem Anus-praeterSchutz meist spontan ausheilen und somit keine Gefährdung für den Sphinkterapparat durch eine Durchtrennung gegeben ist.
Merke
Analabszesse Definition
indikation dar, da zum einen durch ein Fortschreiten der Entzündung die Kontinenz auf Dauer gefährdet sein kann. Zum anderen besteht stets die Gefahr, dass sich nach der Verklebung eines Ostiums ein Abszess ausbildet. Nach jahrelangen konservativen Behandlungen von Fisteln sind außerdem vereinzelt Fistelgangskarzinome beschrieben worden. Marginale, intersphinktere und tiefe transsphinktere Analfisteln können unter Durchtrennung der aboral vom Fistelgang gelegenen Muskelanteile gespalten werden, ohne dass die Kontinenzleistung beeinträchtigt wird. Bei den hohen transsphinkteren, suprasphinkteren und atypischen Fisteln bestände aufgrund der Höhe und Lokalisation zum M. puborectalis bei diesem Vorgehen die Gefahr der dauernden Inkontinenz, weshalb sich die Fistelspaltung hier verbietet. Als Alternativmethode ist die Fistulektomie anzusehen. Nach perineal und ischiorektal bleibt die Wunde zur Dränage weit offen. Alternativ ist auch der Verschluss der Perinealwunde nach Einlage eines antibiotikahaltigen resorbierbaren Implantats möglich.
n Merke. Hauptziel der Fisteloperation ist die Sanierung des Proktodealdrüseninfektes, da es ansonsten zu Rezidiven kommt. Der Fistelnachweis bedeutet Operationsindikation.
Analabszesse n Definition. Die Analabszesse entstehen durch Fisteln, die keinen Durchbruch nach außen erreicht haben, und somit blind münden. Je nach Lokalisation der Abszesshöhle unterscheidet man subkutane, intersphinktere, periproktitische ( 1 B-7.23), ischiorektale, supralevatorische (= pelvirektal) und submuköse Abszesse. Zur genaueren Darstellung s. 1 B-7.24.
Symptome und Diagnose. Anorektale Abszesse führen zu erheblichen Schmerzen, Fieber und Leukozytose. Die Diagnose lässt sich durch den Nachweis einer druckdolenten Rötung und Schwellung einfach stellen. Bei hoch gelegenen Abszessen liegt jedoch oft ein dumpfer, nicht genau lokalisierbarer Schmerz vor. In solchen Fällen kann eine Endosonographie entscheidend zur Diagnosefindung beitragen.
Symptome und Diagnose. Allen Abszessen ist gemein, dass sie zu erhebli-
Therapie. Analabszesse müssen entweder durch eine Freilegung oder Dränagetherapie behandelt werden.
Therapie. Abszesse, die unterhalb der Levatormuskulatur lokalisiert sind, müssen operativ freigelegt werden. Dabei ist eine einfache Stichinzision meist nicht ausreichend, stattdessen ist eine lanzettförmige Abszessent-
chen Schmerzen, Fieber und Leukozytose führen. Während bei subkutanen, intersphinkteren und periproktitischen Abszessen die Lokalisierbarkeit des Schmerzpunktes und der Nachweis einer druckdolenten Rötung und Schwellung die Diagnose einfach machen, treten bei den hoch gelegenen Abszessen oft differenzialdiagnostische Schwierigkeiten auf. In diesen Fällen liegt oft ein dumpfer, nicht genau lokalisierbarer Schmerz vor, Fluktuationen sind bisweilen nicht zu tasten. Hierbei kann eine Endosonographie entscheidend zur Diagnosefindung beitragen.
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7.3.6 Entzündliche Erkrankungen des Analbereichs
1 B-7.23
453
Periproktitischer Abszess Periproktitischer Abszess mit typischer Rötung, Schwellung, Überwärmung und Druckschmerz, kurz vor der spontanen Perforation.
1 B-7.24
Synopsis Schematische Darstellung der Analabszesse und ihre Lokalisation in Bezug zu den muskulären Organen des Beckenbodens
Der submuköse Abszess (1) liegt oberhalb der Linea dentata unter der Rektumschleimhaut, während sich der subanodermale oder auch subkutane Abszess (2) unter dem Anoderm des Analkanals ausbreitet. Davon ist der periproktitische Abszess abzugrenzen, der unter der Haut des Perianalraumes liegt (6). Abszesse, die zwischen den Analsphinkteren im Intersphinkterspalt liegen, werden intersphinktere Abszesse genannt (3) und haben ihre Ursache meist in chronischen Analkryptitiden. Liegt der Abszess extramural oberhalb des M. levator ani (4), so wird er als supralevatorischer oder auch pelvirektaler Abszess bezeichnet. Bei Lokalisation unterhalb des M. levator ani in der Fossa ischiorectalis wird er ischiorektaler Abszess genannt (5).
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deckelung, evtl. unter gleichzeitiger Spaltung einer Fistel, anzustreben. Bei Abszessen, die oberhalb der Levatormuskulatur – also intrapelvin – liegen, besteht bei einer großzügigen Freilegung die Gefahr einer dauerhaften Sphinkterschädigung. Aus diesem Grunde ist, sofern technisch durchführbar, eine suffiziente Dränagebehandlung von perineal her eine gangbare therapeutische Alternative. Bei schwierig zu lokalisierenden Abszessen ist die endosonographisch gesteuerte Lokalisierung und anschließende Dränageeinlage in Lokalanästhesie möglich.
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454 Sinus pilonidalis
7 Anus
Sinus pilonidalis Synonyme: Haarnestgrübchen, Steißbeinfistel, Rekrutenabszess und Jeep’s disease
Definition
Aus dem Neuroporus wachsende Haare zeigen meist schräge Bruchflächen. In dem Bereich des Grübchens kommt es daher, besonders bei Patienten mit starkem Behaarungstyp, zum Einwachsen von Haaren in die gegenübergelegene Haut ( 1 B-7.25). Durch ein fettreiches Gesäß, starkes Schwitzen oder mangelhafte Analhygiene wird eine Infektion im Bereich der nach subkutan eingetriebenen Haare begünstigt (infizierter Sinus pilonidalis, oft auch als Dermoidzyste bezeichnet). Diese Infektion kann sich chronifizieren oder akut zu einem Abszess führen.
n Definition. Es handelt sich dabei um einen persistierenden Neuroporus (Primäröffnung) im Bereich der Medianlinie der Rima ani oberhalb des Sakrokokzygealgelenks.
Aus dem Neuroporus herauswachsende Haare brechen meist ab. Die schrägen Bruchflächen können, durch Roll- und Scherbewegungen der Gesäßbacken zueinander, in die gegenüberliegende Haut eindringen. In dem Bereich des Grübchens kommt es daher, besonders bei Patienten mit starkem Behaarungstyp, zum Einwachsen von Haaren in die gegenübergelegene Haut ( 1 B-7.25). Durch ein fettreiches Gesäß, starkes Schwitzen oder mangelhafte Analhygiene wird eine Infektion im Bereich der nach subkutan eingetriebenen Haare begünstigt (infizierter Sinus pilonidalis, oft auch als Dermoidzyste bezeichnet). Diese Infektion kann sich chronifizieren oder akut in einen Abszess einmünden, der oft spontan auch außerhalb der Medianlinie perforiert.
1 B-7.25
Sinus pilonidalis Die multiplen feinen Primäröffnungen in der Rima ani zeigen die Lokalisation der Neuropori an, die sich infizieren können. Am oberen Ende der Rima ani ist ein solch infizierter Herd spontan rupturiert und hat zu einer etwas exzentrisch gelegenen Sekundäröffnung geführt.
Therapie. Eine gute Analhygiene sowie eine sorgfältige Rasur der Haare in der Rima ani beugen einer Infektion vor. Ein infizierter Sinus pilonidalis (Dermoidzyste) muss in toto exzidiert werden.
Therapie. Bei einem bekannten, nicht infizierten Sinus ermöglicht eine gute
Dermoidfistel
Dermoidfistel
Die Dermoidfistel geht aus anlagebedingten echten Dermoiden hervor und ist median oberhalb des Sakrums oder parakokzygeal gelegen. Sie wird in toto exzidiert.
Die Dermoidfistel stellt ein Fistelgangsystem dar, das median oberhalb des Sakrums oder parakokzygeal liegt und aus echten, sehr seltenen Dermoiden hervorgeht. Es besteht die Gefahr einer Infektion mit Abszedierung, weshalb eine Exzision in toto, meist unter Mitnahme des Steißbeins indiziert ist.
Analhygiene sowie eine sorgfältige Rasur der Haare in der Rima ani, einer Infektion vorzubeugen. Ist der Sinus bereits infiziert, so ist die breite Exzision in toto indiziert. Die aus der sekundären Wundheilung entstehende Narbenplatte ist haarfrei und somit die Rezidivgefahr minimal.
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455
7.3.6 Entzündliche Erkrankungen des Analbereichs
Pyodermia fistulans sinifica
Pyodermia fistulans sinifica
n Definition. Hier handelt es sich um die perianale Manifestation einer generellen Dermatose, die auch in den Leisten, Genitalbereich, Axilla, Kinn, Bauch- und Brustfalten beobachtet wird. Prädisponierende Faktoren sind starke Behaarung, fettreiches Subkutangewebe, mangelnde Hygiene und Stoffwechselerkrankungen.
Symptome. Man findet Verwerfungsanomalien der Haut, die zur Bildung von Retentionstaschen führen, die sich im Rahmen einer bakteriellen Invasion mit einer Mischflora entzünden und zu einem abszedierenden und fistelnden Geschehen führen. Es kommt zur Ausbildung eines die Subkutis wie ein Fuchsbau durchsetzenden Fistelgangssystems, das zu Abszessbildung neigt. Durch die rezidivierenden chronischen Entzündungen ist die Haut in den befallenen Arealen derb und livide verfärbt ( 1 B-7.26).
1 B-7.26
Definition
Symptome. Es kommt zur Ausbildung eines die Subkutis durchsetzenden Fistelgangsystems, das im Rahmen einer bakteriellen Invasion zu Abszessbildung neigt ( 1 B-7.26).
Pyodermia fistulans sinifica Chronische Pyodermia fistulans sinifica mit teilweise narbig ausgeheilten zentralen Arealen und langsam fortschreitenden randständigen Arealen rechts glutäal und am rechten Oberschenkel.
Therapie. Die entzündlich veränderten Hautareale müssen zusammen mit
den Gangsystemen exzidiert und die Abszesse eröffnet werden. Im Randbereich der sanierten Areale kann es zu Rezidiven kommen.
Therapie. Die entzündlich veränderten Hautareale müssen zusammen mit den Gangsystemen exzidiert und die Abszesse eröffnet werden.
Fournier-Gangrän
Fournier-Gangrän
n Definition. Hierbei handelt es sich um eine fulminant verlaufende bakterielle perianale Sepsis, die auf die Glutäalregion und das Genitale übergreifen kann.
Definition
Ätiologie. Als Ursache werden kleinste Hautläsionen im Analbereich als
Ätiologie. Als Ursache werden kleinste Hautläsionen im Analbereich als bakterielle Eintrittspforte diskutiert.
Symptome. Bei dem Patienten treten plötzlich heftige Schmerzen im Anal-
Symptome. Bei dem Patienten treten plötzlich heftige Schmerzen im Analbereich auf. Innerhalb von Stunden kann es zur Nekrose der befallenen Hautareale kommen.
Therapie. Eine großzügige Nekrosektomie, breite Eröffnung und Dränage
Therapie. Neben systemischer Antibiotikagabe ist eine großzügige Nekrosektomie und Dränage vorhandener Abszesse durchzuführen.
bakterielle Eintrittspforte diskutiert, z.B. nach Hämorrhoidensklerosierung. Die Erkrankung wird durch Anaerobier unterhalten, meist findet sich jedoch eine bakterielle Mischflora.
bereich auf, die Entzündungsparameter sind erhöht. Innerhalb von Stunden kann es zur Nekrose der befallenen, zunächst phlegmonös veränderten Hautareale mit rascher Ausbreitungstendenz kommen.
vorhandener Abszesse ist unverzüglich nach Diagnosestellung durchzuführen. Zusätzlich ist die Einleitung einer systemischen, hochdosierten und breitgefächerten Antibiotikatherapie indiziert.
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456 7.3.7 Proktitis
7 Anus 7.3.7
Proktitis
n Definition. Als Proktitis bezeichnet man die entzündliche Erkrankung des Proktons, also die des unteren Rektumanteils. Je nach Ätiologie werden unterschiedliche Proktitisformen unterschieden:
Definition
Spezifische Proktitiden
Spezifische Proktitiden
Zu den spezifischen Proktitiden zählt man den Rektumbefall durch: π Morbus Crohn: Es kann im Rahmen eines Morbus Crohn auch zu einem isolierten Rektumbefall kommen. Dieser zeichnet sich durch eine Proktitis mit Fissuren und atypisch verlaufenden Fisteln aus. π Colitis ulcerosa: Die abortive Verlaufsform der Colitis ulcerosa kann sich durch einen auf das Rektum beschränkten Kolonbefall manifestieren.
π
Radiogene Proktitis
Radiogene Proktitis
Ätiologie. In 10–20 % der Bestrahlungen nach Tumoren des Analkanals, des Rektums oder der Nachbarorgane im kleinen Becken kommt es zu einer entzündlichen Mitreaktion der Rektumschleimhaut. In schwereren Fällen entstehen Schleimhautödeme, Ulzerationen oder Nekrosen der Schleimhaut. Symptome. Je nach Schweregrad klagen die Patienten über schmerzlose transanale Blutungen bis hin zu tenesmenartigen Schmerzen und schweren Blutverlusten durch die transanalen Blutungen.
Ätiologie. Nach einer Strahlentherapie von anorektalen Tumoren oder Erkrankungen in der Nachbarschaft des Rektums kommt es in 10–20 % der Fälle zu einer entzündlichen Mitreaktion der Rektumschleimhaut. Im einfachsten Fall treten Teleangiektasien auf, die zu Berührungsblutungen führen können. In schwereren Fällen entstehen Schleimhautödeme, Ulzerationen oder Nekrosen der Schleimhaut.
Morbus Crohn (s. a. Kap. B-4.5.1; 6.3.4): Im Rahmen einer Enteritis regionalis granulomatosa Crohn kann ein isolierter Rektumbefall möglich sein. Die Diagnose wird durch die endoskopische Untersuchung, Histologie, Mikrobiologie und den klinischen Verlauf verifiziert. Treten zu einer Proktitis mit Fissuren auch atypisch verlaufende Fisteln hinzu, so ist in erster Linie an eine Crohn-Proktitis zu denken. Die Therapie entspricht der des intestinalen Morbus Crohn, ergänzt durch lokale Applikation der Wirkstoffe in Form von Klysmen. π Colitis ulcerosa (s. a. Kap. B-6.3.3 ): Die abortive Verlaufsform der Colitis ulcerosa kann sich durch einen auf das Rektum beschränkten Kolonbefall manifestieren. Die Diagnostik und Therapie entsprechen denen des weiter fortgeschrittenen Kolonbefalls.
Symptome. Je nach Schweregrad klagen die Patienten über schmerzlose transanale Blutungen bis hin zu tenesmenartigen Schmerzen und starken Blutverlusten durch die transanalen Blutungen. Das endoskopische Bild einer hämorrhagisch-ulzerierenden Proktitis mit scharfer Begrenzung nach oral und einer Strahlentherapie in der Anamnese reichen meist zur Diagnosesicherung. In Zweifelsfällen kann eine Biopsie zur histologischen und mikrobiologischen Untersuchung (Abgrenzung zu infektiösen Proktitiden) entnommen werden.
Therapie. In leichten Fällen bringen Lebertransuppositorien rasche Besserung. Bei schweren Verlaufsformen kann eine lokale oder systemische Kortikoidgabe und eine ballaststofffreie oder parenterale Ernährung indiziert sein.
Therapie. Bei leichten Fällen bringen Lebertranzäpfchen (Unguentolansup-
Venerisch induzierte Proktitis
Venerisch induzierte Proktitis
Eine venerisch induzierte Proktitis wird bei folgenden Erkrankungen beobachtet: π Lues (Erreger: Treponema pallidum): Bei Lues I kommt es zum Ulcus durum, bei Lues II zu Condyloma lata und bei Lues III zu Gummen. Therapie: hochdosierte systemische Penicillingabe π Gonorrhö (Erreger: Neisseria gonorrhoeae): Man findet eine putride Proktitis mit ausgeprägtem Ekzem. Therapie: systemische Penicillingabe.
Lues (Erreger: Treponema pallidum): Im Rahmen der Lues I kommt es im Anal- und Rektumbereich zur Ausbildung derber, atypischer Ulzera (Ulcus durum), die druckdolent sind. Außerdem findet sich eine inguinale Lymphknotenbeteiligung. Bei der Lues II werden Condylomata lata (s.o.) beobachtet, bei der Lues III ulzerierte Gummen, die nach Abheilung zur hochgradigen Stenose durch Strikturen führen können. Therapeutisch steht nach wie vor die hochdosierte systemische Penicillingabe im Vordergrund. π Gonorrhö (Erreger: Neisseria gonorrhoeae): Bei der anorektalen Gonorrhö findet man eine putride Proktitis, die in schweren Verlaufsformen zu Ulzera und Abszedierungen führen kann. Begleitend liegt oft ein ausgeprägtes Ekzem mit Pruritus vor. Zur Therapie ist die systemische Penicillingabe angezeigt.
positorien) oft eine rasche Besserung. Bei schwereren Verläufen ist eine lokale, oder bei therapieresistenten Verläufen auch selten eine systemische Kortisontherapie indiziert, ggf. kurzfristig durch ballaststofffreie oder parenterale Ernährung unterstützt. Bei therapierefraktären Verläufen ist die Anlage eines doppelläufigen Anus praeter sigmoideus oder ein Ileostoma bis zur Abheilung in Betracht zu ziehen.
π
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457
7.3.7 Proktitis Ulcus molle: Diese weichen, extrem schmerzhaften Ulzera sind heute in ihrer Häufigkeit deutlich rückläufig. Der Erreger ist Haemophilus ducreyi. Hier ist eine systemische Sulfonamidgabe oder Therapie mit Cotrimoxazol indiziert. π Granuloma venereum: Diese in unseren Breiten seltene Tropenkrankheit (Erreger: Donovani granulomatis) äußert sich meist in genitoinguinalen, seltener perianalen Papeln und Pusteln, die leicht bluten und eine sehr übel riechende Sekretion haben. Die Therapie erfolgt mit Cotrimoxazol über 2–4 Wochen. π Lymphogranuloma inguinale: Diese Tropenkrankheit wird durch Chlamydia lymphogranulomatosis hervorgerufen, einem Bakterium, das früher als Virus fehlgedeutet wurde. Die anale Manifestation ist sehr selten. Durch Ausmauerung des kleinen Beckens mit einem weitläufigen Fistelsystem kann es zu Wulstbildungen mit ausgeprägter Strikturneigung kommen. Therapeutisch kommen neben der operativen Beseitigung von Abszessen und Fisteln Sulfonamide oder Tetrazykline für 4 Wochen zur Anwendung. π AIDS: Makroskopisch imponieren die HIV-assoziierten Erkrankungen des Anorektums oft wie ein anorektaler Morbus-Crohn-Befall. Es kommt zu nicht oder nur verzögert abheilenden Ulzerationen mit Lymphknotenschwellungen. Bisweilen finden sich tumoröse Neoplasien, die durch ein Kaposi-Sarkom ausgelöst werden. Bei unklaren Befunden, insbesondere bei Patienten aus den bekannten HIV-Risikogruppen, sollte stets ein HIV-Test veranlasst werden. π
Ulcus molle (Erreger: Haemophilus ducreyi): Hier kommt es zu weichen, schmerzhaften Ulzera. Therapie: Sulfonamid oder Cotrimoxazol systemisch. π Granuloma venereum (Erreger: Donovani granulomatis): Meist genitoinguinal finden sich Papeln und Pusteln. Therapie: Cotrimoxazol. π
Lymphogranuloma inguinale (Erreger: Chlamydia lymphogranulomatosis): Es kann zur Ausmauerung des kleinen Beckens mit einem weitläufigen Fistelsystem kommen. Therapie: Sulfonamide oder Tetrazykline, operative Entfernung von Abszessen und Fisteln. π AIDS: Das Erscheinungsbild ähnelt dem anorektalen Morbus-Crohn-Befall. Bisweilen finden sich durch ein KaposiSarkom ausgelöste tumoröse Neoplasien. π
Ulcus recti simplex
Ulcus recti simplex
Das Ulcus recti simplex tritt meist an der Rektumvorderwand als scharf begrenztes Ulkus mit starker vaskulärer Injektion in der Umgebung auf ( 1 B-7.27). Die Ätiologie ist unklar, diskutiert werden eine vaskuläre Genese (Ischämienekrose), eine mechanische Schleimhautalteration in Verbindung mit dem oft gleichzeitig beobachteten Rektumschleimhautprolaps (Drucknekrose) oder eine traumatische Genese, z.B. durch anale Manipulationen (Verletzungen der Schleimhaut durch Fieberthermometer beim rektalen Fiebermessen).
Das Ulcus recti simplex tritt meist an der Rektumvorderwand als scharf begrenztes Ulkus mit starker vaskulärer Injektion in der Umgebung auf ( 1 B-7.27). Die Ätiologie ist unklar.
1 B-7.27
Ulcus recti simplex Es zeigt sich ein typisches, landkartenförmig imponierendes flaches Ulkus, meist an der Rektumvorderwand auf einer Schleimhautfalte gelegen. In den Randbereichen können oft hyperämische Reaktionen beobachtet werden. Selten kommt es zu hypertrophen Varianten durch pseudopolypöse Schleimhautregenerate.
Therapie. Die Therapie besteht in der transanalen Exzision mit primärer Naht.
Therapie. Die Therapie besteht in der transanalen Exzision mit primärer Naht.
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458 7.3.8 Perianaldermatitis (Analekzem) Definition
Bei einem akuten Ekzem ist die Haut um die Anokutangrenze herum entzündlich gerötet, häufig vergesellschaftet mit einer Superinfektion ( 1 B-7.28). Die Verdickung und atrophische Umwandlung der perianalen Haut ist ein Hinweis auf ein chronisches Ekzem. Es können tiefe Rhagaden und Ulzera entstehen. Als Differenzialdiagnose kommen das Analkarzinom, der Morbus Paget sowie ein Morbus Bowen in Betracht. Therapie. Im Vordergrund steht die Behandlung des Grundleidens. Die Patienten sollten die Analhygiene optimieren, adstringierende Externa oder kurzfristige lokale Kortikoidgaben sowie lokal desinfizierende Maßnahmen durchführen.
7 Anus 7.3.8
Perianaldermatitis (Analekzem)
n Definition. Dermatitis durch Irritation der Perianalhaut, am häufigsten als Symptom einer anderweitigen Erkrankung des Anus oder des Rektums.
Akutes Ekzem: Die Haut um die Anokutangrenze herum ist entzündlich gerötet, oft feucht und mit multiplen Rhagaden und Kratzspuren durchsetzt. Sekundär kommt es nicht selten zur Superinfektion, besonders durch Pilze ( 1 B-7.28). Bei einer Schuppung ist an eine Psoriasis vulgaris zu denken. Chronisches Ekzem: Als Zeichen einer Lichenifikation kommt es zu einer Verdickung und atrophischen Umwandlung der perianalen Haut. Die Kutis ist weiß und haarlos, es kann zur Ausbildung tiefer Rhagaden oder Ulzera kommen. Als Differenzialdiagnosen kommen das Analkarzinom, der Morbus Paget sowie ein Morbus Bowen in Betracht.
Therapie. Im Vordergrund steht die Behandlung des Grundleidens. Zusätzlich sollten die Patienten in die Analhygiene genau eingewiesen werden (Anus trocken und sauber halten, möglichst wenig anale Manipulationen) und Reizstoffe in der Ernährung meiden (Alkohol, Nikotin, scharfe Gewürze, Koffein). Diese Therapie kann symptomatisch durch adstringierende Externa (TannosyntQ-Sitzbäder), kurzfristige lokale Kortikoidapplikation, Pinselung mit Farbstofflösungen (Sollutio castellani, Malachitgrün) oder bei Pilz- oder Bakteriennachweis mit fungiziden oder desinfizierenden Salben unterstützt werden.
1 B-7.28
Perianale Mykose Perianale Mykose mit typischer scharfer Begrenzung und kleinen »metastatischen« Herdbildungen in der Nachbarschaft.
Prolaps
7.3.9 Prolaps
7.3.9
Analprolaps
Analprolaps
Definition
n Definition. Als Analprolaps wird der Vorfall von Anoderm vor die Anokutangrenze bezeichnet. Er tritt meistens bei Hämorrhoiden 3. oder 4. Grades auf und ist differenzialdiagnostisch von einem Mukosaprolaps, prolabierten Polypen, hypertrophen und prolabierten Analpapillen oder einem Rektum- oder Analkarzinom abzugrenzen ( 1 B-7.29).
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459
7.3.9 Prolaps
1 B-7.29
Analprolaps Analprolaps bei Hämorrhoiden 3. Grades. Die Linea dentata ist zusammen mit dem Anoderm und dem Plexus haemorrhoidalis zwischen 6 und 12 Uhr Steinschnittlage vor den Analkanal prolabiert und gleitet nicht mehr spontan zurück.
Diagnose. Im Rahmen der Inspektion fällt das typische radiäre Faltenmus-
Diagnose. Im Rahmen der Inspektion fällt das typische radiäre Faltenmuster auf rosa bis weißlicher Analkanalhaut auf. Differenzialdiagnostisch ist der Rektumprolaps mit dem typischen zirkulären Faltenverlauf auszuschließen.
Therapie. Der Analprolaps wird wie Hämorrhoiden 3. oder 4. Grades durch
eine Sklerosierungstherapie, eine Gummiligaturbehandlung oder eine Operation mit oder ohne plastische Analkanalrekonstruktion behandelt.
Therapie. Der Analprolaps wird wie Hämorrhoiden 3. oder 4. Grades mit Sklerosierungstherapie, Gummiligaturbehandlung oder Operation behandelt.
Rektumprolaps (s. a. Kap. B-6.7.3)
Rektumprolaps (s. a. Kap. B-6.7.3)
ter auf rosa bis weißlicher Analkanalhaut auf (im Gegensatz dazu: zirkuläres Faltenmuster von roter, feuchter Rektumschleimhaut beim Rektumprolaps). Durch eine Prokto- und Rektoskopie werden die differenzialdiagnostisch zu erwägenden Erkrankungen (Anal- oder Rektumkarzinom, prolabierende Polypen oder hypertrophe, prolabierte Analpapillen) ausgeschlossen.
n Definition. Der Rektumprolaps zeichnet sich durch einen Vorfall aller Darmwandschichten vor die Sphinkterebene aus, zuerst nur beim Pressen, Husten oder Niesen, später auch spontan ( 1 B-7.30).
1 B-7.30
Definition
Rektumprolaps Typischer Rektumprolaps mit Vorfall des gesamten Mastdarmes und zirkulärem Faltenverlauf.
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460 Ätiologie und Pathogenese. Der Rektumprolaps ist fast immer mit einer globalen Beckenbodeninsuffizienz vergesellschaftet. Prädisponierende Faktoren des Rektumprolaps sind: π chronische Obstipation π Descensus perinei π Enteroptose π Beckenbodeninsuffizienz. Der kindliche Rektumprolaps wird durch eine mangelnde Fixierung und Angulation des Rektums bei noch nicht abgeschlossener Maturation erklärt.
7 Anus
Ätiologie und Pathogenese. Er ist fast immer vergesellschaftet mit einer
Sphinkter- und/oder globalen Beckenbodeninsuffizienz, die die begleitend auftretenden Inkontinenzerscheinungen erklären. Diese werden durch sensible Ausfälle, ausgelöst durch intramurale Nervenkompression im Rahmen des Prolapsgeschehens, verstärkt. Als prädisponierende Faktoren sind folgende Punkte zu nennen: chronische Obstipation, Descensus perinei, Enteroptose und muskuläre Beckenbodeninsuffizienz. Durch die ständige mechanische Alteration des prolabierten Darms kann es zu Ulzera auf dem Prolaps, Blutungen und Granulationsgewebswucherungen kommen. Von diesen Formen des Rektumprolaps, der durch Insuffizienzen der physiologischen Haltestrukturen des Beckenbodens entsteht, ist der kindliche Rektumprolaps abzugrenzen. Er wird durch eine noch mangelnde Maturation, die zu einer fehlenden oder noch nicht ausreichenden Angulation des Rektums führt, ausgelöst. Der Pressdruck des Kindes wird so direkt auf den Sphinkterapparat übertragen und das noch nicht ausreichend fixierte Rektum durch die intakte Beckenboden- und Schließmuskulatur hindurchgepresst.
Symptome. Die Symptome des Rektumprolapses sind Blutungen, Inkontinenz, Nässen, Juckreiz und Schmerzen.
Symptome. Die Patienten berichten über den Vorfall, der meist zuerst bei
Diagnose. Beim Pressen ist ein Vorfall von zirkulär gefältelter dunkelroter Schleimhaut mit Schleimsekretion erkennbar ( 1 B-7.30). Eine Koloskopie ist zum Ausschluss oder Bestätigung eines Tumors notwendig (Obstipation als Folge einer Tumorstenose).
Diagnose. Der Patient wird aufgefordert, stark zu pressen. Beim Pressakt
Therapie. Der kindliche Rektumprolaps sollte primär konservativ behandelt werden (Reposition, Stuhlregulation). Nur bei großen, rezidivierenden Vorfällen ist eine Operation indiziert. Bei Rektumprolaps im Erwachsenenalter kommen verschiedene Therapieverfahren zur Anwendung: π Rekto- oder Sigmoidopexie π Rektum- oder Sigmaresektion π transanale Prolapsresektion π Beckenbodenraffung π Gummibandligaturtherapie.
der Defäkation bemerkt wird. Es kann zu Blutungen, Inkontinenz, Nässen, Juckreiz und Schmerzen kommen. Als Komplikationen sind die Inkarzeration und Nekrose anzuführen.
läßt sich ein Vorfall von zirkulär gefältelter, dunkelroter Schleimhaut mit starker Schleimsekretion erkennen. In 1 B-7.30 ist ein vollständiger Prolaps des Rektums mit charakteristischer zirkulärer Fältelung zu sehen. Zur Komplettierung der Diagnostik sind eine Koloskopie (Ausschluss oder Bestätigung eines Tumors, der als Stenose eine Obstipation bedingen kann), eine Sphinktermanometrie und Defäkographie (zur Beurteilung der Kontinenzleistung) notwendig.
Therapie. Der kindliche Rektumprolaps sollte primär konservativ mit Reposition und Stuhlregulation behandelt werden, da sich mit abgeschlossener Maturation des Beckenbodens der Prolaps meist spontan gibt. Nur bei großen, rezidivierenden Vorfällen ist eine Operation indiziert. Bei Komplikationen ist selbstverständlich eine operative Intervention angezeigt. Bei Erwachsenen mit einem Rektumprolaps kommen in Abhängigkeit vom Ausmaß des Prolaps und der muskulären Schwächen unterschiedliche Verfahren, zum Teil auch in Kombination miteinander zum Einsatz: π Rektopexie π Sigmoidopexie π Rektumresektion mit dorsalem Zugang π Sigmaresektion π transanale Resektion des Prolaps π Beckenbodenraffung π bei partiellen Prolapsformen auch Versuche mit Gummibandligaturbehandlungen. Zur Möglichkeit des laparoskopischen Vorgehens s. Kap. B-14.9.
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7.3.10 Tumoren des Analbereichs 7.3.10
Tumoren des Analbereichs
7.3.10 Tumoren des Analbereichs
Analkarzinom
Analkarzinom
n Definition. Das Analkarzinom ist ein seltener Tumor des Gastrointestinaltrakts. Seine Häufigkeit liegt bei 5 % aller kolorektalen Tumoren. Es wird nach seiner Lokalisation in Analrand- und Analkanalkarzinome unterschieden ( 1 B-7.31). Histologisch erfolgt eine Unterteilung in Plattenepithelkarzinome (am häufigsten), kloakogene (= basaloide) Karzinome und Adenokarzinome, die von den Proktodealdrüsen ausgehen.
Definition
Da dieser Tumor im Analbereich wächst, ist eine lymphogene Ausbreitung in die Leistenlymphknoten genauso wie in die Iliakal- und Mesenterialregion als erste Lymphknotenstationen möglich.
Das Analkarzinom streut lymphogen in die Leisten-, Iliakal- und Mesenteriallymphknoten.
Symptome. Die häufigsten Beschwerden sind Blutungen, Pruritus, Kontinenzstörungen, verschmierte Unterwäsche und anale Missempfindungen.
Symptome. Patienten klagen über Blutungen, Pruritus, Kontinenzstörungen und verschmierte Unterwäsche.
Diagnose. Die Inspektion und Palpation führen in den meisten Fällen
Diagnose. Inspektion und Palpation führen meist zur Verdachtsdiagnose. Ergänzend ist eine Biopsie zur Sicherung der Diagnose notwendig.
bereits zur Verdachtsdiagnose, die durch eine Biopsie im Rahmen einer Rektoskopie gesichert wird. In 1 B-7.31 a ist ein Analkarzinom mit Infiltration des Introitus vaginae (T4) dargestellt.
1 B-7.31
Analkarzinom
b Fortgeschrittenes Stadium eines Analkanalkarzinoms mit zentraler Ulzeration.
a Plattenepithelkarzinom des Analrandes mit Infiltration des Introitus vaginae.
Im weiteren sind eine totale Koloskopie, Palpation der Leisten, Sonographie der Leisten und des Abdomens, eine Röntgenuntersuchung der Lunge und ggf. eine Computertomographie (CT) (Lymphknoten- oder Fernmetastasen?) notwendig.
Zum Ausschluss von Fernmetastasen sind eine Koloskopie, Sonographie, Röntgen-Thoraxuntersuchungen und ggf. eine CT indiziert.
Therapie. Die Therapie des plattenepithelialen oder kloakogenen Analka-
Therapie. Adenokarzinome des Analkanals werden wie Rektumkarzinome behandelt. Die Therapie des plattenepithelialen oder kloakogenen Analkanalkarzinoms ist primär nicht chirurgisch.
nalkarzinoms ist primär nicht chirurgisch. Radiotherapie, ggf. optimiert durch eine weiter fortgeschrittenem Stadium ist eine 5-Fluorouracil und Mitomycin C notwendig,
Als Therapie der Wahl gilt die Afterloading-Behandlung. Bei adjuvante Chemotherapie mit da nach neueren Untersuchun-
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462
7 Anus
Als Therapie der Wahl gilt die Radiotherapie, ggf. optimiert durch eine Afterloading-Behandlung. Eine Rektumamputation wird meist nur noch bei Tumorrest eines Analkarzinoms oder Tumorrezidiven durchgeführt. Analrandkarzinome können lokal reseziert werden, wenn dies ohne Gefährdung der Kontinenz möglich ist. Prognose. Die »Heilungsrate« aller Analkarzinome beträgt ca. 80 %.
gen hiermit die Lebensqualität und tumorfreie Zeit erhöht werden können. Lediglich bei Resttumoren nach Abschluss der Bestrahlung, Adenokarzinomen des Analkanals oder bei Rezidivtumoren ist eine Rektumamputation indiziert. Analrandkarzinome können dann lokal reseziert werden, wenn dies mit einem Sicherheitsabstand von 1–2 cm ohne Gefährdung der Kontinenz möglich ist. Sonst ist ein Vorgehen analog zum Analkanalkarzinom vorzuziehen.
Seltene Tumoren des Analbereichs
Seltene Tumoren des Analbereichs
Differenzialdiagnostisch zum Analkarzinom sind folgende Tumoren abzugrenzen: π Morbus Paget π Morbus Bowen π Sarkome π maligne Melanome. Eine maligne Entartung ist besonders im Bereich von Ulzerationen möglich.
Differenzialdiagnostisch sind der Morbus Paget und der Morbus Bowen vom Analkarzinom abzugrenzen. Sie stellen sich als ekzemähnliche perianale Veränderungen dar, die eine schuppende Oberfläche haben. Eine maligne Entartung ist besonders im Bereich von Ulzerationen möglich. Die Diagnose läßt sich nur histologisch verifizieren. Sarkome und Melanome der Analregion sind sehr seltene Malignome mit ausgesprochen schlechter Prognose. Sie fallen durch eine ähnliche Klinik wie Analkarzinome auf.
7.3.11 Defäkationsstörungen
7.3.11
Definition
Prognose. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach radikaler Therapie – ohne
nachweisbaren Resttumor – beträgt heute ca. 80 %. Bei ca. 20–30 % der Patienten liegen zum Diagnosezeitpunkt bereits Metastasen vor, die aber mittlerweile bei ca. 30 % heilbar sind. Die »Heilungsrate« aller Analkarzinompatienten ist somit von 30 % vor zehn Jahren auf heute 80 % angestiegen.
Defäkationsstörungen
n Definition. Als Defäkationsstörung bezeichnet man die Unfähigkeit, Ort und Umstände der Stuhlentleerung zu kontrollieren, also willentlich herbeizuführen oder zu unterdrücken. Somit fallen sowohl die Inkontinenz wie auch die chronische Obstipation unter diese Definition.
1 B-7.32
Synopsis Regelkreis zur Physiologie des Defäkationsmechanismus
intraluminale Druckzunahme Zunahme der Rektumfüllung
Rektumdistension
Zunahme der Kolonpropulsion
Internusrelaxierung
Stuhldrang
ZNS-Steuerung
Stuhleindickung
Levator- und ExternusKontraktion
Levator- und ExternusErschlaffung
Rektumampullenadaptation
Bauchpresse
Kontinenz
Defäkation
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463
7.3.11 Defäkationsstörungen
Physiologie der Defäkation. Durch eine große Kolonbewegung wird Stuhl-
gang in die Rektumampulle befördert. Dies führt zu einer mechanischen Dehnung der Ampulle (Distension), die reflektorisch eine Relaxierung des inneren Schließmuskels auslöst. Die Dehnung der Rektumampulle und die Internusrelaxierung werden subjektiv als Stuhldranggefühl wahrgenommen, was zum einen zu einer Zunahme der Kolonpropulsivmotorik und zum anderen zu einem bewussten Entscheidungsmechanismus führt. Soll eine Defäkation eingeleitet werden, so findet eine willkürliche Erschlaffung der quergestreiften Externus- und Levatormuskulatur statt, sodass durch Betätigung der Bauchpresse die Stuhlsäule ausgetrieben werden kann. Soll eine Defäkation vermieden werden, so wird zentral gesteuert eine Tonuszunahme von Levator- und Externusmuskulatur eingeleitet. Außerdem findet eine reflektorische Tonussenkung der glatten Muskulatur der Rektumampullenwand statt (Adaptationsreflex), die zu einer vermehrten Aufnahmekapazität der Ampulle führt. Durch die Stuhlgangsretention kommt es zu einer Stuhleindickung, die wiederum zu einer intraluminären Druckzunahme führt ( 1 B-7.32).
Physiologie der Defäkation. Ein Druckanstieg in der Rektumampulle führt reflektorisch zu einer Relaxierung des inneren Schließmuskels und konsekutiv zu einer verminderten Füllung des Corpus cavernosum. Hierdurch tritt Stuhl in den oralen sensiblen Bereich des Analkanals ein, sodass eine Diskriminierung erfolgen kann (Probierreflex). Ist eine Defäkation zum gegebenen Zeitpunkt nicht erwünscht, so wird der Tonus von äußerem Schließmuskel und Beckenbodenmuskulator erhöht, was sich chronifizieren und somit zur habituellen Obstipation führen kann. Durch willentliche Entspannung von der äußeren Schließmuskulatur und Beckenbodenmuskulatur erfolgt die Einleitung der Defäkation ( 1 B-7.32).
Incontinentia alvi
Incontinentia alvi
n Definition. Die Incontinentia alvi wird als Unfähigkeit bezeichnet, den Stuhl willentlich zurückzuhalten. Besteht diese Unfähigkeit aufgrund einer Schwäche oder Ausfall eines oder mehrerer Bestandteile des Kontinenzorgans, so wird dies als Inkontinenz im engeren Sinne bezeichnet.
Ätiologie und Pathogenese. Eine Inkontinenz, die durch eine momentane Überlastung des sonst intakten Kontinenzorgans entsteht, nennt man symptomatische Inkontinenz. Ursachen hierfür können sein: starke Diarrhöen (Reservoirfunktion ist durch die anfallende Stuhlmenge überfordert), Obstipation (Überlaufenkopresis) und neurologische Störungen, die eine Funktionsstörung bei sonst intaktem Kontinenzorgan bewirken können. Bei der Inkontinenz im engeren Sinne liegt eine Störung eines Bestandteils des Kontinenzorgans vor. Es kann sich dabei um eine Schädigung des muskulären Sphinkter- und Beckenbodenapparates handeln, um eine Störung der anorektalen Sensibilität, um einen Verlust der Reservoirfunktion, eine Störung des mechanischen Analkanalverschlusses oder um idiopathische Veränderungen ( 2 B-7.4 – 2 B-7.7) handeln. Eine Störung der sensorischen Kontinenz ( 2 B-7.4) kann durch Verlust des Erfolgsorgans (Anodermverlust), durch Behinderung der Reizübermittlung (neurogene Sensibilitätsstörung) oder durch mechanische Behinderung der Sensation bei intaktem Sensorium (Behinderung der anorektalen Sensorik) erfolgen. Die zugrunde liegenden Ursachen müssen differenzialdiagnostisch genau abgeklärt werden. Bei der myogenen Inkontinenz ( 2 B-7.5) werden neben rein mechanischen, nur Teile des Sphinkterapparates betreffenden Defekten auch Störungen der Funktion ganzer Muskelgruppen unterschieden. So trennt man die isolierte Analsphinkterinsuffizienz von der generalisierten Beckenbodenmuskulaturschwäche und der neurogen verursachten motorischen Inkontinenz. Als mechanische Inkontinenz ( 2 B-7.6) werden die Inkontinenzformen bezeichnet, bei denen ein intakter Sphinkterapparat und ein intaktes Sensorium vorliegen, es aber trotzdem zu einer klinischen Inkontinenz kommt. Als Ursache hierfür können einerseits Stuhldränagerinnen dienen, die Stuhlgang zwischen den Sphinkteren in narbigen Falten nach außen gelangen lassen (Schlüssellocheffekt). Ein Verlust des Anorektalwinkels führt zu einem verstärkten Druck der Stuhlsäule auf die Sphinktermuskulatur und kann so bei intraabdomineller Druckerhöhung zu einer Überschreitung der Kompensationsreserve der Schließmuskulatur und somit zu einem Stuhlaustritt führen.
Definition
Ätiologie und Pathogenese. Symptomatische Inkontinenz entsteht durch eine momentane Überlastung des sonst intakten Kontinenzorgans. Die Ursachen hierfür können starke Diarrhöen (Überforderung durch die anfallende Stuhlmenge), Obstipation (Überlaufenkopresis) und neurologische Störungen sein. Bei der Inkontinenz im engeren Sinne liegt eine Störung eines Bestandteiles des Kontinenzorgans vor, z.B. bei einer Schädigung des muskulären Sphinkter- und Beckenbodenapparates, einer Störung der anorektalen Sensibilität oder einem Verlust der Reservoirfunktion ( 2 B-7.4 – 2 B-7.7).
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464
7 Anus
2 B-7.4
Ursachen der sensorischen Inkontinenz
Ursache
Diagnosen
Untersuchungen
N neurogene n Sensibilitätsstörung
Polyneuropathie, radikuläre Syndrome, vertebraler Diskusprolaps, Querschnittssyndrom
neurologische Untersuchung, EMG, NLG
N Anodermverlust n
Analatresie, proktologische Voroperationen (Whitehead-Op), Tumordestruktion
Anamnese, Ano- und Proktoskopie
N Behinderung der n anorektalen Sensorik
Hämorrhoiden, Proktitis, exophytisch wachsende Tumoren, Prolaps
Prokto- und Rektoskopie, Defäkogramm, Pressversuch
2 B-7.5
Ursachen der myogenen Inkontinenz
Ursache
Diagnosen
Untersuchungen
N Sphinkterläsionen n
proktologische Voroperationen, Pfählungstraumata, Episiotomie, Dammriss
Ano-/Proktoskopie, Manometrie, EMG, Endosonographie
N isolierte Analsphinktern insuffizienz
Sphinkterläsionen, (idiopathische) Altersinvolution, Prolaps
Manometrie, EMG, Defäkogramm, Endosonographie
N generalisierte Beckenn bodeninsuffizienz
Prolaps, Descending-perineum-Syndrom (DPS)
Manometrie, EMG, Defäkogramm, Pressversuch
N neurogene motorische n Sphinkterinsuffizienz
DPS, Polyneuropathie, radikuläre Syndrome, vertebraler Diskusprolaps, Querschnittssyndrom
neurologische Untersuchung, Manometrie, EMG, Defäkogramm
N Sphinkteragenesie n
Analatresie
Ano-/Proktoskopie, Manometrie, EMG, Endosonographie
2 B-7.6
Ursachen der mechanischen Inkontinenz
Ursache
Diagnosen
Untersuchungen
N Dränagerinnen n
proktologische Voroperationen (Schlüssellocheffekt)
Anamnese, Inspektion, Ano-/ Rektoskopie
N Verlust des Anorektaln winkels
Descending-perineum-Syndrom (DPS) Rektumprolaps, tiefe Resektion
Defäkographie, Pressversuch
N absoluter Rektumresern voirfunktionsverlust
Rektumoperationen, Proktitis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, extramurale Tumoren
Manometrie, Defäkographie, Endosonographie
N relativer Rektumresern voirfunktionsverlust
Diarrhö, enterokolische Fisteln
Koloskopie, hypotone Dünndarmdarstellung
N Sphinkterbypass n
rektokutane oder rektovaginale Fisteln (z.B. Morbus Crohn, radiogene Fisteln)
Proktoskopie, Endosonographie, Fistulographie, Defäkographie
2 B-7.7
Ursachen der neurogenen Inkontinenz
Ursache
Diagnosen
Untersuchungen
N peripherer n Nervenschaden
Plexus-/Nervus-pudendus-Läsion
neurologische Untersuchung, EMG, NLG
N rückenmarksnaher n Nervenschaden
Konus-Kauda-Syndrom
neurologische Untersuchung, EMG, NLG, evtl. CT
N zentraler n Nervenschaden
Apoplex, zentrale Einblutungen, Altersinkontinenz, HOPS, Demenz
neurologische Untersuchung, psychiatr. Untersuchung, evtl. CT
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465
7.3.11 Defäkationsstörungen Bei einer Reduzierung des Volumens, das die Rektumampulle fassen kann – sei es durch intra- oder extraluminäre Narben oder Raumforderungen – spricht man von einem absoluten Rektumreservoirfunktionsverlust. Wenn durch einen vermehrten Anfall von Stuhlbrei das an sich normale Fassungsvermögen der Rektumampulle und die Reservoirfunktion überfordert wird und es so zum Stuhlgangsaustritt kommt, so wird dies relativer Rektumreservoirfunktionsverlust genannt. Eine weitere Ursache für Stuhlabgang bei intaktem Kontinenzorgan sind Fisteln, die den Stuhl wie ein Bypass an den Sphinkteren vorbei nach außen gelangen lassen. Bei neurogenen Störungen ( 2 B-7.7) muss zwischen peripheren, rückenmarksnahen und zentralen Störungen unterschieden werden. Die Incontinentia alvi wird in 2 Schweregrade eingeteilt: Die Feinkontinenzstörung mit der Unfähigkeit, Winde und flüssigen Stuhl zu kontrollieren, und die Grobkontinenzstörung, bei der auch fester Stuhlgang nicht mehr zurückgehalten werden kann.
Diagnose. Bei Patienten mit Inkontinenzproblemen ist neben der vollständigen Anamneseerhebung und proktologischen Untersuchung – zur Erkennung organischer Ursachen einer symptomatischen Inkontinenz – eine Sphinktermanometrie zur Erfassung der Sphinkterfunktion und Reservoirfunktion ggf. ergänzt durch eine Elektromyographie (EMG) indiziert. Zusätzlich kann eine Endosonographie zur Feststellung von Sphinkterläsionen und eine Defäkographie zur Beurteilung der Beckenbodenfunktion durchgeführt werden.
Therapie. Die Therapie der Inkontinenz richtet sich nach ihrer Ursache. Zunächst müssen organische Ursachen (Tumoren, Prolaps) beseitigt werden. Eine Stuhlgangsregulation und Beckenbodentraining, evtl. durch Biofeedback oder Elektrostimulationsbehandlungen unterstützt, bilden in jedem Fall eine unabdingbare Voraussetzung für einen Therapieerfolg. Bei nachgewiesener Sphinkter- oder Beckenbodenstörungen sind operative Rekonstruktionsverfahren oder Sphinkterplastiken möglich. Letztendlich gelingt in den meisten Fällen jedoch nur eine Verbesserung der Kontinenzleistung, ohne eine vollständige Wiederherstellung des Analverschlusses zu gewährleisten.
Obstipation Ätiologie. Die chronische Obstipation kann sowohl durch eine Störung der Darmmotilität und mechanische Passagebehinderungen als auch durch eine Störung des Defäkationsvorgangs selbst hervorgerufen werden.
Diagnose. Störungen des Defäkationsvorgangs werden durch die gleichen
Man unterscheidet eine Feinkontinenzstörung (Inkontinenz für Winde und flüssigen Stuhl) von einer Grobkontinenzstörung (Inkontinenz auch für festen Stuhl).
Diagnose π Anamnese π proktologische Untersuchung π Manometrie π EMG π Endosonographie π Defäkographie.
Therapie Stuhlgangsregulation π Beckenbodentraining π Elektrostimulation π Biofeedback π operative Rekonstruktionsverfahren π Sphinkterplastiken. π
Obstipation Ätiologie Störung der Darmmotilität π mechanische Passagebehinderung π Störung des Defäkationsmechanismus. π
Diagnose Inkontinenzdiagnostik π Koloskopie π Kolonpassagezeit π oral-anale Passagezeit.
Untersuchungen wie bei der Inkontinenzdiagnostik ausgeschlossen. Stenosen im Kolon werden durch eine Koloskopie oder Kolondoppelkontrasteinlauf erkannt. Die Ermittlung der Kolonpassagezeit mittels röntgendichter Marker dient zur Erkennung von Kolonmotilitätsstörungen. Die sehr seltenen Dünndarmmotilitätsstörungen lassen sich durch die Ermittlung der oralanalen Passagezeit erkennen.
π
Therapie. Der häufigste Grund für eine chronische Obstipation ist eine Kombination aus einer funktionellen Störung der Defäkation und einem chronischen diätetischen Fehler, der zu einer Stuhlverhärtung führt.
Therapie
n Merke. Die ausführliche Aufklärung über Ernährung und Stuhlgangsgewohnheiten (1 « Stuhlgang in der Woche kann ebenso wie 2–3 Stühle täglich normal sein, wenn keine klinischen Beschwerden bestehen!) ist absolute Voraussetzung für jeden Therapieversuch.
Merke
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466
7 Anus
Bei funktionellen Störungen des Beckenbodens erscheint die Biofeedback-Behandlung sehr vielversprechend. Organische Ursachen müssen operativ beseitigt werden.
Bei funktionellen Störungen des Beckenbodens erscheint die BiofeedbackBehandlung sehr vielversprechend. Liegen organische Ursachen wie Stenosen vor, so müssen diese beseitigt werden. Im Falle von segmentalen Darmmotilitätsstörungen im Sinne von Dysganglionosen ist in seltenen Fällen auch eine Resektion angezeigt.
7.3.12 Anorektale Schmerzsyndrome Kokzygodynie
7.3.12
Bei der Kokzygodynie treten anfallsweise heftige Schmerzen im Bereich des Steißbeins, seltener am Übergang zum Kreuzbein auf. Bisweilen findet sich ein in Richtung Rektum abgewinkeltes Steißbein.
Bei der Kokzygodynie treten anfallsweise heftige Schmerzen im Bereich des Steißbeins, seltener am Übergang zum Kreuzbein auf. Anamnestisch wird oft ein Sturz auf das Sakrum/Kokzygeum angegeben Bei der Untersuchung lässt sich bei einem Teil der Patienten ein in Richtung Rektum abgewinkeltes Steißbein tasten. Die Kokzygodynie tritt gehäuft bei Frauen im mittleren Alter auf und wird von neurotischen Krankheitszügen begleitet.
Therapie. Die therapeutischen Bemühungen führen in nur ca. 50 % der Fälle zu einer Beschwerdelinderung. Zur Anwendung kommen digitale Einrenkungsversuche, Lokalanästhetika, Akupunktur, Röntgenreizbestrahlung und systemische Antiphlogistikagaben.
Therapie. Die therapeutischen Bemühungen führen in nur 50 % der Fälle zu
Proctalgia fugax
Proctalgia fugax
Anorektale Schmerzsyndrome
Kokzygodynie
einer Beschwerdelinderung, eine Heilung wird extrem selten erreicht, sodass die meisten Patienten oft langwierige Leidensverläufe haben. Zur Anwendung kommen digitale Einrenkungsversuche des Steißbeins von rektal, lokale Applikationen von Lokalanästhetika, Akupunktur, Röntgenreizbestrahlung, systemisch Antiphlogistikagaben und als Ultima ratio die Exstirpation des Steißbeins.
Synonym: Proctalgia nocturna Die Proctalgia fugax tritt anfallsartig typischerweise nachts mit krampfartigen Schmerzen im Mastdarmbereich auf. Sie tritt häufig zusammen mit psychovegetativen und -somatischen Erkrankungen auf.
Die Proctalgia fugax wird auch Proctalgia nocturna genannt, da sie typischerweise nachts mit krampfartigen Schmerzen im Mastdarmbereich auftritt, oft mit Stuhldranggefühl gepaart. Dieses anfallsartig auftretende und nach wenigen Minuten spontan nachlassende Geschehen wird besonders bei Männern in Kombination mit psychovegetativen und -somatischen Veränderungen oder im Rahmen anderer pelviner Syndrome (Prostatitis) beobachtet.
Therapie. Als therapeutische Ansätze werden Sitzbäder, Spasmolytika, Nitropräparate und Tranquilizer verwendet.
Therapie. Die Behandlung mit warmen Sitzbädern, Spasmolytika und Tran-
Analneurosen
Analneurosen
Definition
Diese Patienten zeigen fast immer ein buntes Bild von proktologischen Therapieversuchen bis hin zu mehrfachen Operationen.
quilizern führt nur selten zu einer Besserung. Besteht gleichzeitig ein proktologisches Leiden (z.B. vergrößerte Hämorrhoiden), so tritt nach Behandlung dieser Erkrankung bisweilen eine Besserung auf. Neuere Therapieversuche mit Nitroglycerinpräparaten zeigen aber bessere Erfolge, als die bisher üblichen Methoden.
n Definition. Die krankhafte Fixierung auf anale Missempfindungen bei fehlendem oder nur inadäquatem organpathologischem Korrelat bezeichnet man als Analneurose.
In der Vorgeschichte zeigen diese Patienten fast immer ein buntes Bild von proktologischen Therapieversuchen bis hin zu mehrfachen Operationen bei unterschiedlichsten Ärzten, ohne jemals eine anhaltende Besserung erlebt zu haben. Im psychotherapeutischen Sprachgut werden solche Patienten auch als »Expertkiller« bezeichnet, da sie Spezialist um Spezialist konsultieren, ohne dass jemals eine Ursache für ihre Beschwerden gefunden wird. Über den psychologischen Hintergrund besteht noch keine eindeutige Klarheit, es werden aber neurotische Persönlichkeitsstrukturen wie etwa Zwangscharaktere gehäuft bei solchen Patienten beschrieben.
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7.3.11 Defäkationsstörungen
Therapie. Somatische Behandlungen bergen die Gefahr, den Patienten weiter auf seine Probleme zu fixieren. Ein Ausreden der Beschwerden ist nicht möglich, sodass ein Eingehen auf den Patienten mit klärenden Gesprächen ohne Bagatellisierungstendenz mit dem Ziel, eine Akzeptanz der Beschwerden durch den Patienten zu erreichen, am sinnvollsten erscheint. Dies lässt sich konsequenterweise am ehesten durch eine psychosomatische Gesprächstherapie erzielen.
467 Therapie. Somatische Behandlungen bergen die Gefahr, den Patienten weiter auf seine Probleme zu fixieren. Eine Befundbesserung lässt sich am ehesten durch eine psychosomatische Gesprächstherapie erzielen.
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Gallenblase und Gallenwege
8
8
Gallenblase und Gallenwege
Grundlagen
8.1
Grundlagen
Topographische Anatomie der Gallenblase und der Gallenwege
8.1.1 Topographische Anatomie der Gallenblase und der Gallenwege
Eva Schweizer, Doris Henne-Bruns 8.1 8.1.1
Die Gallenblase – Vesica fellea – ist ein birnenförmiges Hohlorgan und befindet sich bei normaler Lage in einer Grube an der Leberunterfläche des rechten Leberlappens im Bereich des Segmentes V. Sie speichert das Gallensekret und führt zu einer Konzentration des Sekretes durch Wasserreabsorption. Dadurch kann das Gallensekret hoch konzentriert werden, wie es für die Absorption von Fetten benötigt wird.
1 B-8.1
Die Gallenblase – Vesica fellea – befindet sich an der Leberunterfläche (Segment V). Sie speichert Gallensekret und konzentriert dieses durch Wasserreabsorption. Das konzentrierte Gallensekret wird für die Fettabsorption benötigt.
Synopsis Verlaufs- und Mündungsvarianten des Ductus cysticus und Ductus hepaticus communis
3
3
3 2
2
2 1
1
1 c Langstreckiger Parallelverlauf von Ductus cysticus und Ductus hepaticus communis; gleichzeitig tiefe Vereinigung von Leber- und Gallenblasengang und relativ kurzer Ductus choledochus.
b Verlauf und Kreuzung des Ductus cysticus hinter dem Ductus hepaticus communis und Mündung von links.
a Verlauf und Kreuzung des Ductus cysticus vor dem Ductus hepaticus communis und Mündung von links.
6 5
4
5
4
4
5 3
7
2
3
7
1
2
3
1
2
1
d Variabilität beim Zusammenschluss der Ductus hepatici zum Ductus hepaticus communis. 1 2 3 4
Ductus choledochus Ductus cysticus Ductus hepaticus communis Ductus hepaticus sinister
5 Ductus hepaticus dexter 6 R. anterior 7 R. posterior
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470
8 Gallenblase und Gallenwege
Die Gallenblase wird in Fundus, Korpus und Kollum unterteilt.
Nach Bildung der Galle in den Hepatozyten gelangt diese über die intrahepatischen Gallengänge, den rechten und linken Ductus hepaticus in den Ductus hepaticus communis. Nach Einmündung des D. cysticus der Gallenblase wird dieser D. choledochus genannt. Nach Unterkreuzung des Duodenums mündet er mit dem D. pancreaticus an der Papilla duodeni major (Papilla Vateri) in das Duodenum. Varianten s. 1 B-8.1. Die arterielle Versorgung der Gallenblase erfolgt durch die A. cystica, einem Ast der A. hepatica dextra. Die Blutversorgung unterliegt einer großen Variationsbreite ( 1 B-8.2).
1 B-8.2
Die Gallenblase wird in Fundus, Korpus und Kollum unterteilt. Der Fundus überragt in der Regel den ventralen Leberrand um 1–1,5 cm. Bis auf die Verwachsungsfläche mit der Leber wird die Gallenblase von Peritoneum überzogen. Die Gallenblase wird von einer Mukosa ausgekleidet, die multipel gefältelt ist und aus säulenförmigen epithelialen Zellen besteht. Sie ist für die Konzentration des Gallensekretes (Wasserreabsorption) von Bedeutung. Die Gallenblasenwand besteht aus Mukosa, Lamina propria, Tunica muscularis und Tunica serosa. Tubuloalveoläre Drüsen finden sich im Gallenblasenhals und spielen bei der Produktion von Muzinen eine Rolle. Das Gallensekret wird in den Hepatozyten gebildet und gelangt über die intrahepatischen Gallengänge in den rechten und linken Ductus hepaticus, welche sich im Bereich der Leberpforte zum Ductus hepaticus communis vereinigen. Die Gallenblase ist im Nebenschluss über den Ductus cysticus mit dem Hauptgallengang verbunden, der ab der Eintrittstelle des Ductus cysticus Ductus choledochus genannt wird. Nachdem der Ductus choledochus das Duodenum unterkreuzt hat, mündet er in etwa 80–90 % der Fälle gemeinsam mit dem Ductus pancreaticus an der Papilla duodeni major – Papilla Vateri –, welche sich im mittleren Teil des absteigenden Duodenums befindet. Dabei können sich die beiden Gänge vor der Papillenöffnung oder unmittelbar im Porus papillae vereinigen oder auch getrennt einmünden. Varianten s. 1 B-8.1. Die arterielle Versorgung der Gallenblase erfolgt im Normalfall durch die A. cystica, einem Ast der A. hepatica dextra. Für die chirurgische Präparation ist zu beachten, dass die Blutversorgung einer großen Variation von Ursprung, Anzahl und Lage der Gefäße unterliegt (in etwa der Hälfte der Fälle Abweichung von der Norm [ 1 B-8.2]).
Synopsis Ursprungs- und Verlaufsvarianten der A. cystica
5
5
5 7 8
7
7 8
6
4
4
8 4
6
6 9 9
1
3
9 1
3
2
2
1
3 2
a Ursprung der A. cystica von der A. hepatica propria; Verlauf des R. dexter dorsal vom Ductus hepaticus communis.
b »Später« Abgang der A. cystica aus dem R. dexter, der den Ductus hepaticus communis ventral überkreuzt.
c Ursprung der A. cystica von der Gabel der A. hepatica propria; Verlauf des R. dexter dorsal vom Gallengang.
1 A. hepatica communis 2 A. gastroduodenalis 3 A. gastrica dextra
4 A. hepatica propria 5. R. dexter 6 A. cystica
7 R. sinister 8 Ductus hepaticus communis 9 Ductus choledochus
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8.1.3 Apparative Diagnostik 8.1.2
Physiologie und Pathophysiologie
Das Gallensekret ist eine wässrige, isoosmotische Lösung, bestehend aus Wasser, anorganischen Elektrolyten und organischen Bestandteilen, wie Gallensäuren, Cholesterin, Bilirubin und Biliverdin. Das Gallensekret ist essenziell für die Exkretion bestimmter endogener Abbauprodukte wie z.B. Bilirubin, Biliverdin (Abbauprodukte des Hämoglobins), aber auch für die Sekretion von Immunglobulin A und vieler Medikamente und Toxine. Gallensäuren und Gallenfarbstoffe werden ausschließlich in der Leber gebildet und nach ihrer Sekretion über das Gallengangssystem in den Darm von dort zu etwa 80–90 % rückresorbiert (enterohepatischer Kreislauf). Die Gallensäuren, ein Endprodukt des Cholesterinstoffwechsels, spielen als Detergenzien für die Emulgierung und damit für die Verdauung ingestierter Fette eine wichtige Rolle. Sie bilden mit Monoglyzeriden und den fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K) wasserlösliche Komplexe, sog. Mizellen, und ermöglichen dadurch ihre Resorption. Innerhalb von 24 Stunden werden etwa 500–1500 ml Galle in das Duodenum sezerniert, wobei die Abgabe über die im Duodenum gebildeten Peptidhormone Sekretin und Cholezystokinin reguliert wird. Sekretin erhöht den Gallenfluss. Cholezystokinin bewirkt eine Kontraktion der Gallenblase und gleichzeitig eine Erschlaffung des Sphincter Oddi. Das Hormon wird durch die im Speisebrei enthaltenen Lipide und Proteine freigesetzt. Daneben wird die Gallenblasen- und Sphinkterkinetik noch durch weitere Enterohormone (Gastrin, vasoaktives intestinales Polypeptid [VIP], Somatostatin) und den N. vagus beeinflusst.
8.1.3
Apparative Diagnostik
8.1.2
Physiologie und Pathophysiologie Das Gallensekret ist eine wässrige isoosmotische Lösung aus Wasser, Elektrolyten, Gallensäuren, Cholesterin, Biliverdin und Bilirubin.
Gallensäuren und Gallenfarbstoffe unterliegen einem enterohepatischen Kreislauf (Rückresorption von 80–90 %). Die Gallensäuren emulgieren ingestierte Fette im Darm. Sie bilden mit Monoglyzeriden, Fettsäuren und den fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K) wasserlösliche Komplexe, sog. Mizellen und ermöglichen dadurch ihre Resorption. Es werden täglich 500–1500 ml Gallensekret in das Duodenum sezerniert. Die Abgabe wird durch Sekretin, Cholezystokinin, Gastrin, VIP, Somatostatin und den N. vagus beeinflusst.
8.1.3
Apparative Diagnostik
Sonographie
Sonographie
Die Sonographie ist das wichtigste bildgebende Verfahren in der Diagnostik von Leber- und Gallenwegserkrankungen, da sie nicht invasiv ist, keine Strahlenbelastung beinhaltet und dadurch auch wiederholte Anwendungen ermöglicht. Für den Nachweis von Gallenblasensteinen und Gallenblasengries (Sludge) ist die Ultraschalluntersuchung die sensitivste Untersuchungsmethode (90–95 % Sensitivität). Gallenblasensteine sind ab einer Größe von 2–3 mm als intraluminäre echodichte Reflexe mit Schallschatten zu erkennen ( 1 B-8.3). Als Korrelat für eine Cholezystitis gilt eine Wandverdickung der Gallenblase sowie ein entzündlicher Flüssigkeitssaum um die Gallenblase. Der Nachweis von Choledochuskonkrementen ist schwieriger und gelingt nur in 50–55 %. Bei adipösen Patienten oder Darmgasüberlagerung kann die Interpretation schwierig sein. Neben Konkrementen lassen sich auch Raum-
Die Sonographie ist das wichtigste bildgebende Verfahren in der Diagnostik von Leber- und Gallenwegserkrankungen.
1 B-8.3
Für den Nachweis von Gallenblasensteinen und Gallenblasengries (Sludge) ist die Ultraschalluntersuchung die sensitivste Untersuchungsmethode (90–95 % Sensitivität). Gallenblasensteine sind ab einer Größe von 2–3 mm als intraluminäre echodichte Reflexe mit Schallschatten zu erkennen ( 1 B-8.3). Wandverdickung und entzündlicher Flüssigkeitssaum um die Gallenblase sind typisch für eine Cholezystitis.
Sonographische Darstellung von Gallenblasensteinen (Á)
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8 Gallenblase und Gallenwege forderungen der Gallenblase (Polyp, Karzinom) und Wandverdickungen (z.B. bei Cholezystitis) sonographisch nachweisen.
Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP)
Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP)
Zur weiteren Abklärung einer Cholestase oder bei sonographisch erweiterten Gallengängen schließt sich eine ERCP an.
Bei klinischem und laborchemischem Hinweis auf eine Cholestase und sonographischem Nachweis erweiterter Gallengänge wird man zur weiteren Abklärung der zugrunde liegenden Ursache (Stein, entzündliche Stenosen oder Malignome) eine ERCP anschließen. Die ERCP gilt als diagnostischer Standard zur Erkennung einer Choledocholithiasis, einer chronischen Pankreatitis und von Tumoren der Gallenwege und des Pankreas. Hierzu wird das Endoskop über Ösophagus und Magen bis in das Duodenum vorgeschoben. Nach Identifizierung der Papilla Vateri wird diese sondiert, danach werden die Gallengänge retrograd mit Kontrastmittel gefüllt (ERC). Ggf. ermöglicht die zusätzliche Darstellung des Pankreasganges (ERP) eine Beurteilung dieses Organs. Durch die ERCP lässt sich neben der Ursache der Gallenwegsobstruktion die exakte Höhenlokalisation der Einengung des Gallenganges feststellen. Darüber hinaus ergibt dieses Verfahren weitere Informationen durch Inspektion des Duodenums und der Papilla Vateri. Zusätzlich können Gewebeproben und Sekret für anschließende histologische, zytologische bzw. bakteriologische Untersuchungen gewonnen werden. Je nach Ursache der Obstruktion lassen sich in gleicher Sitzung endoskopisch-therapeutische Maßnahmen durchführen, etwa die Papillotomie oder Steinextraktion bei Choledochlithiasis sowie die Pigtaildränage bei tumorösen Gallenwegsobstruktionen. Komplikationen sind: Blutung nach Papillotomie, aszendierende Cholangitis, Pankreatitis, duodenale Perforation, Kontrastmittelunverträglichkeit.
Mit der ERC werden die Gallengänge, mit der ERP der Pankreasgang dargestellt. Durch die ERCP lässt sich neben der Ursache der Gallenwegsobstruktion eine exakte Höhenlokalisation der Einengung des Gallenganges feststellen und ggf. in gleicher Sitzung die Therapie anschließen (z.B. Papillotomie, Steinextraktion bei Choledocholithiasis). Komplikationen sind: Blutung, aszendierende Cholangitis, Pankreatitis, duodenale Perforation, Kontrastmittelunverträglichkeit.
Perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) Bei gestautem intrahepatischem Gallengangssystem kann man die Gallenwege antegrad über die direkte Punktion und Kontrastmittelapplikation darstellen. Diese Untersuchung ist indiziert, wenn eine retrograde Cholangiographie nicht möglich ist. Bei Erweiterung der Gallengänge kann das Gallensekret mittels einer Dränage abgeleitet und das Gallengangssystem entlastet werden.
Komplikationen können sein: Leberverletzung, Hämobilie, Nachblutung, Gallenfistel, Infektion.
Perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) Eine weitere Möglichkeit der direkten Gallenwegsdarstellung bietet die perkutane transhepatische Cholangiographie. Sie ist nur dann durchführbar, wenn das intrahepatische Gallengangssystem gestaut ist. Ähnlich einer Leberblindpunktion wird eine sehr dünne Nadel (CHIBANadel) perkutan in die Leber eingestochen. Nach Aspiration von Gallensekret, als Hinweis auf die Punktion eines Gallenganges, kann das ganze Gallenwegssystem antegrad mit Kontrastmittel gefüllt werden. Diese Untersuchung ist indiziert, wenn eine endoskopisch-retrograde Cholangiographie nicht möglich ist, wie z.B. nach operativen Eingriffen am Magen ohne Erhalt der Duodenalpassage, hochgradiger Pylorusstenose sowie bei kompletter distaler Obstruktion des Ductus choledochus. Bei erheblicher Erweiterung der Gallengänge besteht die Möglichkeit, das Gallensekret mittels einer Dränage (PTCD) abzuleiten und das Gallengangssystem zu entlasten. Komplikationen können sein: Leberverletzung, Hämobilie, Nachblutung, Gallenfistel, Infektion.
Abdomenübersichtsaufnahme
Abdomenübersichtsaufnahme
Die Abdomenübersichtsaufnahme ist nur bei Vorliegen röntgendichter Gallensteine (ca. 15 %) und bei Aerobilie hilfreich.
Die Abdomenübersichtsaufnahme ist nur bei Vorliegen röntgendichter Gallensteine (ca. 15 %) und bei Besiedelung der Gallenwege bzw. der Gallenblase mit gasbildenden Bakterien (Aerobilie) zur Diagnosesicherung hilfreich.
Computertomographie/Magnetresonanztomographie (MRT) Für die Diagnostik des Gallensteinleidens hat die Computertomographie primär keine Bedeutung. Indiziert ist sie bei Tumorverdacht, Malignomen im Bereich der Leberpforte oder
Computertomographie/Magnetresonanztomographie (MRT) Für die Diagnostik des Gallensteinleidens hat die Computertomographie wegen des apparativen und personellen Aufwandes sowie der erheblichen Kosten primär keine Bedeutung. Indiziert ist die Computertomographie bei Tumorverdacht, Malignomen im Bereich der Leberpforte oder intrahepatischen Prozessen (Metastasen, Zys-
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8.2. Anomalien der Gallenblase und Gallengänge
473
ten, Abszesse usw.). Hierdurch kann sowohl die Tumorausdehnung als auch das Ausmaß einer möglichen Metastasierung und damit die Operabilität und Operationstaktik abgeschätzt werden. Mit der Cholangio-MRT steht ein weiteres Verfahren zur Verfügung, das es ermöglicht, Gallenwegsveränderungen ggf. auch in Kombination mit einer Darstellung des Gefäßsystems zu erfassen.
intrahepatischen Prozessen (Metastasen, Zysten, Abszesse usw.) zur Abschätzung der Operabilität bzw. Op-Planung. MIttels MRT können Gallenwegsveränderungen dargestellt werden.
Cholangiographie
Cholangiographie
Aufgrund der hohen Sensitivität der Sonographie und der Möglichkeit, Choledochuskonkremente durch ERCP sicher nachzuweisen und u.U. zu entfernen, ist die früher führende Röntgendarstellung der Gallengänge mit jodhaltigen Kontrastmitteln (intravenöse oder orale Cholangio- bzw. Cholezystographie) heute nur noch selten indiziert, z.B. bei mangelhafter Beurteilung in der Ultraschalluntersuchung und klinischem Verdacht auf Gallensteine oder als Voruntersuchung für konservative Therapieformen (orale Litholyse, Lithotripsie).
Die hohe Sensitivität der Sonographie und die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten der ERCP haben dazu geführt, dass die Cholangiographie heute nur noch selten indiziert ist.
n Merke. Bei Verschlussikterus resp. einem Bilirubin von > 2 mg/dl ist die Cholangiographie kontraindiziert.
Merke
Komplikationen: anaphylaktoide Reaktionen, jodinduzierte Hyperthyreose. Kontraindikationen: Jodallergie, Hyperthyreose (-verdacht), Leber- und Niereninsuffizienz.
Komplikationen: anaphylaktoide Reaktionen, jodinduzierte Hyperthyreose. Kontraindikationen: Jodallergie, Hyperthyreose (-verdacht), Leber- und Niereninsuffizienz.
Szintigraphie
Szintigraphie
Für die Gallenwegsdiagnostik spielt die Szintigraphie eine sehr untergeordnete Rolle. Sie ist in ihrer Aussagemöglichkeit begrenzt und nicht Bestandteil der Routinediagnostik. Durch Applikation von 99mTc-markierten Lidocainderivaten kann über entsprechende Ausscheidungskurven des Gallensekretes eine Aussage zur Aktivitätsanreicherung und -abnahme in der Leber bzw. der Gallenblase erfolgen.
Für die Gallenwegsdiagnostik spielt die Szintigraphie keine Rolle. Anhand von 99m Tc-markierten Lidocainderivaten kann eine Aussage über die Funktion der Leber hinsichtlich der Gallenausscheidung erfolgen.
Laparoskopie
Laparoskopie
Auf Grund der vorhandenen, nicht invasiven Verfahren in der Gallenwegsdiagnostik ist die Laparoskopie unbedeutend. Sie spielt nur noch eine Rolle bei Erkrankungen des Leberparenchyms zur Beurteilung der Oberflächenbeschaffenheit und der Möglichkeit, Leberbiopsien unter direkter Sicht zu entnehmen.
In der Gallenwegsdiagnostik ist die Laparoskopie unbedeutend.
8.2
Anomalien der Gallenblase und Gallengänge
Fehlt die Gallenblase komplett, findet man gehäuft auch Atresien der extrahepatischen Gallenwege. Formvarianten der Gallenblase entstehen durch inkomplette Vakuolisierung der entodermalen Ausstülpung – Strikturen, Septierungen (z.B. Sanduhrgallenblase, phrygische Mütze). Diese haben meist keine pathologische Bedeutung. Angeborene Anomalien des Gallengangssystems entstehen entweder durch einen Defekt in der Ontogenese oder einer mangelnden extrauterinen Adaptationsfähigkeit postpartal. Ihre Häufigkeit liegt bei 1/10 000–1/70 000 Geburten. Die häufigsten angeborenen Varianten (Fehlbildungen), die eine chirurgische Intervention erforderlich machen sind: π Gallengangsatresie (1 : 10 000) (s. Kap. B-23.1.13 ) π Gallengangszysten (1 : 13 000–1 : 15 000) (s.u.) π Caroli-Syndrom (selten) (s.u.).
8.2
Anomalien der Gallenblase und Gallengänge
Anomalien des Gallengangssystems können zu Störungen des Gallenflusses führen. Die häufigsten angeborenen Varianten sind: π biliäre Atresie (s. Kap. B-23.1.13) π Gallengangszysten π Caroli-Syndrom.
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474 8.2.1 Gallengangszysten
8 Gallenblase und Gallenwege 8.2.1
Gallengangszysten
n Definition. Zystische Fehlbildungen im Gallenwegssystem kommen intra- und extrahepatisch vor. Sie sind außerordentlich selten (Häufigkeit: 1/14 000) und werden den kongenitalen Anomalien mit autosomal rezessivem Erbgang zugeordnet. Ihre häufigste Manifestationsform ist extrahepatisch.
Definition
Einteilung. Die Einteilung der Gallengangszysten erfolgt nach Todani et al. ( 1 B-8.4).
Einteilung. Die Einteilung der Gallengangszysten erfolgt nach Todani et al.
Pathogenese. Die Ätiologie ist unklar. Häufig kommt es zur entzündlichen Obstruktion des Gallenganges distal der Zyste.
Pathogenese. Die Ätiologie ist unklar. Häufig kommt es durch die Gallengangszysten zu einer kompletten, entzündlichen Obstruktion des terminalen Anteiles des Gallenganges.
Symptome. Meist findet man einen cholestatischen Ikterus, acholische Stühle sowie eine Hepatomegalie.
Symptome. Bei 80 % der Patienten findet man einen cholestatischen Ikte-
Diagnose. Sie wird mittels Ultraschall gesichert, die ERCP liefert detailliertere Informationen.
Diagnose. Zunächst muss eine Abgrenzung zu anderen hepatobiliären
Therapie. Die Zysten werden entfernt und das extrahepatische Gallengangssystem rekonstruiert (absolute Operationsindikation). Auch bei asymptomatischem Verlauf ist die Resektion der Zyste anzustreben, da ein erhöhtes Risiko der Karzinomentstehung besteht.
Therapie. Es besteht eine absolute Operationsindikation. Die Zysten wer-
8.2.2 Caroli-Syndrom
8.2.2
Definition
( 1 B-8.4): Bei Typ I findet man eine segmentale oder diffuse Erweiterung des Ductus choledochus (80–90 % der Fälle mit Choledochuszysten). π Typ II entspricht einem echten Gallengangsdivertikel. π Typ III beinhaltet zusätzlich eine Erweiterung des intraduodenalen Anteiles des Gallenganges. π Typ IV A: multiple intra- und extrahepatische Zysten. π Typ IV B: multiple extrahepatische Zysten. π Typ V: Erweiterung der intrahepatischen Gallengänge. π
rus und acholische Stühle. Meist besteht eine Hepatomegalie.
Erkrankungen des Neugeborenen erfolgen, insbesondere zur biliären Atresie. Zur Diagnosesicherung ist die Ultraschalluntersuchung am besten geeignet. Die ERCP kann zusätzlich eine detaillierte Information über die pankreatikobiliäre Situation geben.
den, wenn möglich, entfernt und das extrahepatische Gallengangssystem rekonstruiert. In den meisten Fällen erfolgt die Gallenableitung durch Anlage einer biliodigestiven Anastomose in Y-Roux-Technik (S. 502). Auch in den Fällen, bei denen eine Choledochuszyste asymptomatisch geblieben ist und diese erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wird, muss eine Resektion der Zyste angestrebt werden, da ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Karzinoms besteht.
Caroli-Syndrom
n Definition. Das Caroli-Syndrom ist charakterisiert durch eine segmentale Erweiterung intrahepatischer Gallengänge, lokalisiert oder diffus, mit sackförmig, fingerförmig oder perlschnurartig angeordneten Gallengangsveränderungen ( 1 B-8.5).
Ätiologie. Vererbungsmodus wahrscheinlich autosomal rezessiv. Ca. 75 % sind männlich.
Ätiologie. Ungefähr 75 % der Patienten sind männlich. Der Vererbungsmo-
Pathogenese. Mikroskopisch zeigen sich ektatische Gallengänge, umgeben von vermehrtem Bindegewebe. Als Folge rezidivierender Cholangitiden zeigt sich eine ausgeprägte periportale Fibrose mit entzündlichen Infiltraten.
Pathogenese. Mikroskopisch zeigen sich ektatische Gallengänge, Gallengangsepithel, mit gelegentlichen Epithelvorstülpungen, umgeben von vermehrtem Bindegewebe. Die Zysten können eingedickte Galle, Kalk und/oder putrides Material enthalten. Als Folge rezidivierender Cholangitiden zeigt sich eine ausgeprägte periportale Fibrose mit entzündlichen Infiltraten.
dus ist nicht genau bekannt, am ehesten aber autosomal rezessiv.
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8.2.2 Caroli-Syndrom
1 B-8.4
Synopsis Einteilung der Gallengangszysten nach Todani et al.
a Typ I A: Erweiterung des Ductus choledochus.
b Typ I B: segmentale Erweiterung des Ductus choledochus.
c Typ I C: diffuse Erweiterung des Ductus choledochus.
d Typ II: Gallengangsdivertikel.
e
f Typ IV A: multiple intra- und extrahepatische Zysten.
g Typ IV B: multiple extrahepatische Zysten.
h Typ V: segmentale Erweiterung der intrahepatischen Gallengänge.
Typ III: zusätzliche Erweiterung des intraduodenalen Anteiles des Gallenganges.
ERC bei Choledochuszyste mit intra- und extrahepatischer Erweiterung der Gallengänge (entspricht Todani Typ IV A).
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476
8 Gallenblase und Gallenwege
1 B-8.5
ERC bei Caroli-Syndrom Deutliche Dilatation der intrahepatischen Gallengänge mit Kontrastmittelaussparungen ( Á) bedingt durch Konkremente.
Symptome. Die Symptomatik wird von der Lokalisation und dem Ausmaß der Gallengangsmissbildung bestimmt. Meist kommt es zur Hepatomegalie und abdominellen Beschwerden. Rekurrierende Cholangitiden, gelegentlich Sepsis und Leberabszesse sind typisch.
Symptome. Die klinische Symptomatik wird im Wesentlichen von der Loka-
Diagnose. Sonographie und CT.
Diagnostik. Durch Ultraschall und CT können die zystischen Aufweitungen
lisation und dem Ausmaß der Gallengangsmissbildung, d.h. vor allem durch die biliäre Abflussbehinderung bestimmt. Meist zeigen sich klinisch eine Hepatomegalie und abdominelle Beschwerden. Bei Vorliegen einer bakteriellen Cholangitis treten Fieber und ein intermittierender Ikterus hinzu. Rekurrierende Cholangitisepisoden sind häufig. Es kann zum Auftreten einer Sepsis oder zu Leberabszessen kommen.
der intrahepatischen Gallengänge nachgewiesen werden.
Therapie. Konkremente können einen chirurgischen oder endoskopischen Eingriff indizieren. Als Spätkomplikation entsteht eine sekundär biliäre Zirrhose, die eine Lebertransplantation zur Folge haben kann.
Therapie. Das Auftreten von Konkrementen ist häufig und kann eine chirur-
8.3
8.3
Ikterus
Definition
gische oder endoskopische Therapie erforderlich machen. Als Spätkomplikation entsteht eine sekundär biliäre Zirrhose. Bei Befall nur eines Leberlappens und einer rezidivierenden Symptomatik ist eine Leberteilresektion indiziert. Bei einem ausgedehnten Befall und dem Auftreten häufiger Komplikationen kann die Indikation zur Lebertransplantation gestellt werden. Bei älteren Patienten kann sich ein Cholangiokarzinom entwickeln.
Ikterus
n Definition. Unter einem Ikterus versteht man die Gelbfärbung von Haut, Schleimhäuten und Skleren durch Bilirubineinlagerungen in das Gewebe bei erhöhten Bilirubinwerten im Serum (Bilirubin i.S. > 2,0 mg/dl).
Unter physiologischen Bedingungen beträgt die Bilirubinkonzentration im Serum 0,3–1,0 mg/dl. Überschreitet der Serumbilirubinspiegel die Konzentration von 2 mg/dl, so wird die Gelbverfärbung bereits an den Konjunktiven erkennbar (Sklerenikterus). Die im Blut erhöhten Gallenfarbstoffe werden z.T. mit dem Harn ausgeschieden, woraus die bierbraune Verfärbung des Urins resultiert. Im Gegensatz hierzu fehlen die im Darm sekundär aus dem Bilirubin entstehenden Umwandlungsprodukte (Urobilinogen, Urobilin) fast völlig, sodass eine Entfärbung des Stuhls (acholisch = lehmfarben-weißlich) resultiert.
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8.3.2 Hepatozellulärer Ikterus (intrahepatisch)
Einteilung. Die Einteilung der Ikterusformen erfolgt nach klinisch-thera-
peutischen und pathophysiologischen Gesichtspunkten, jedoch wird parallel dazu noch die früher übliche Unterteilung in prä-, intra- und posthepatischen Ikterus verwendet.
8.3.1
Hämolytischer Ikterus (prähepatisch)
Ein hämolytischer Ikterus kann bei allen Erkrankungen entstehen, die mit einem erhöhten Blut- bzw. Hämoglobinabbau einhergehen, wie z.B. bei hämolytischen Anämien, ausgedehnten Traumen, Hämatomen bzw. einer ineffizienten Erythropoese. Laborchemisch findet sich eine Erhöhung des unkonjugierten Bilirubins bei gleichzeitiger Erhöhung der LDH und einem erniedrigten Hämoglobin (Hämolyseparameter).
8.3.2
Hepatozellulärer Ikterus (intrahepatisch)
Der hepatozelluläre Ikterus (»intrahepatischer Ikterus«) ist Ausdruck einer Schädigung der Hepatozyten infolge einer Entzündung (z.B. Virushepatitis) oder Toxineinwirkung (z.B. Medikamente, Drogen, Alkohol). Weitere Ursachen für eine Leberzellschädigung können Stoffwechsel- und Speicherkrankheiten sowie eine durch Rechtsherzinsuffizienz hervorgerufene Stauungsleber sein ( 2 B-8.1). Für die Hyperbilirubinämie können sowohl die gestörte Bilirubinaufnahme und -konjugation durch die geschädigte Leberzelle als auch die herabgesetzte Fähigkeit zur Exkretion des konjugierten Bilirubins verantwortlich sein. Eine eigene Gruppe bilden die angeborenen Störungen des Bilirubinstoffwechsels mit Störung des intrazellulären Bilirubintransportes (Morbus Gilbert/Morbus Meulengracht, Crigler-Najjar-Syndrom u.a.).
2 B-8.1
477 Einteilung. Die Klassifizierung der verschiedenen Ikterusformen erfolgt anhand klinisch-therapeutischer und pathophysiologischer Kriterien.
8.3.1 Hämolytischer Ikterus (prähepatisch) Der hämolytische Ikterus wird durch einen über die Norm erhöhten Hämoglobinabbau (Hämolyse durch Anämien, ausgedehntes Trauma mit Hämatom) hervorgerufen. Labor: unkonjugiertes Bilirubin , LDH , Hb .
8.3.2 Hepatozellulärer Ikterus (intrahepatisch) Die Ursachen des hepatozellulären Ikterus liegen in einer Schädigung des Leberparenchyms, etwa durch Virushepatitis, Drogen, Medikamente und andere Noxen, sowie einer Stauungsleber im Rahmen einer Rechtsherzinsuffizienz ( 2 B-8.1).
Ursachen des hepatozellulären Ikterus (intrahepatischer Ikterus)
N Reduzierter Bilirubinabbau n
N erniedrigte Aufnahme und/oder n Konjugation von Bilirubin, z.B. π Gilbert-Syndrom π Crigler-Najjar-Syndrom π Medikamente (z.B. Rifampicin) π physiologischer Neugeborenenikterus N reduzierte kanalikuläre Sekretion von n Bilirubin, z.B. π Dubin-Johnson-Syndrom π Rotor-Syndrom
N Akute oder chronische n hepatozelluläre Dysfunktion
N Akute oder subakute hepatozelluläre n Schädigung, z.B. π Virushepatitis π Medikamente (Isoniazid, Methyldopa) π Ischämie (Hypotension, vaskuläre Okklusion) π Stoffwechselstörungen (Morbus Wilson, Reye-Syndrom) π Schwangerschaftsfolgen (Präeklampsie) N chronische hepatozelluläre n Erkrankungen, z.B. π Virushepatitis π Hepatotoxine (Äthanol, Vinylchlorid) π Autoimmunhepatitis π Stoffwechselerkrankungen (Morbus Wilson, Hämochromatose, a 1 -Antitrypsin-Mangel) π Leberzirrhose π Stauungsleber
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8 Gallenblase und Gallenwege
Cholestatischer Ikterus
8.3.3 Cholestatischer Ikterus
8.3.3
Eine intrahepatische Cholestase entsteht durch hepatozelluläre Sekretionsstörungen, z.B. Hepatitiden oder durch eine Abflussbehinderung des konjugierten Bilirubins in den intrahepatischen Gallengängen. Der eigentliche »posthepatische« Ikterus, auch Verschlussikterus genannt, wird durch Cholestase des extrahepatischen Gallenwegssystems hervorgerufen. Ein häufiges Abflusshindernis bilden intraduktale Konkremente, des weiteren Strikturen, Tumoren und Parasiten. Zu berücksichtigen sind weiterhin Ursachen extrakanalikulärer Obstruktion, wie z.B. Pankreaskarzinom, Pankreatitis, Leberabszesse oder Mirizzi-Syndrom.
Beim cholestatischen Ikterus ist zwischen einer intrahepatischen (Störung der Sekretion von konjugiertem Bilirubin) und extrahepatischen Cholestase (Störung des freien Abflusses des konjugierten Bilirubins) zu differenzieren. Eine intrahepatische Cholestase entsteht infolge behinderter Gallensekretion in der Leber, deren Ursache in den Leberzellen oder Gallenkapillaren (z.B. bei Hepatitis) oder im Bereich der Ductuli bzw. größerer intrahepatischer Gallengänge liegen kann, etwa bei primärer biliärer Zirrhose, sklerosierender Cholangitis oder Cholangiokarzinom. Neben den drei letztgenannten intrahepatischen Formen führt die Choledocholithiasis am häufigsten zu einem Ikterus, welcher durch einen partiellen oder totalen Verschluss der extrahepatischen Gallenwege verursacht wird. Er wird auch als »posthepatischer« oder Verschlussikterus bezeichnet. Auch Karzinome des Pankreaskopfes oder der Papille, der Gallengänge und der Gallenblase können einen Verschlussikterus hervorrufen. Weitere Ursachen sind entzündliche Veränderungen des Pankreaskopfes oder der Gallenwege, Verschluss des Gallenganges durch Parasiten (Askariden, Echinokokken) und Gangkompression von außen durch Tumoren, Abszesse oder im Rahmen eines Mirizzi-Syndroms (s. S. 482).
Allgemeine Symptomatologie der extrahepatischen Cholestase
Allgemeine Symptomatologie der extrahepatischen Cholestase
Symptome. Klinische Merkmale der extrahepatischen Cholestase (Verschlussikterus) sind Gelbfärbung der Skleren und Haut, der lehmfarbene oder entfärbte (acholische) Stuhl sowie der »bierbraun« verfärbte Urin. Die Leber ist meist vergrößert und druckdolent. Es entwickelt sich ein Pruritus. Die Fettverdauung und die Resorption fettlöslicher Vitamine ist gestört. Es resultiert eine Steatorrhö bzw. eine Gerinnungsstörung durch Vitamin-KMangel.
Symptome. Typische klinische Merkmale des Verschlussikterus sind neben
Laborparameter. Als charakteristische Laborparameter findet sich eine Erhöhung des direkten (konjugierten) Bilirubins sowie ein Anstieg der cholestaseanzeigenden Enzyme (AP, g -GT und LAP). Eine Pankreasbeteiligung führt zu einem Anstieg der Lipase und Serum- bzw. Urinamylase.
Laborparameter. Wichtige Laborparameter sind: Serumbilirubin, alkalische Phosphatase (AP), g-Glutamyltransferase (gGT), Transaminasen (GOT,
Bei hepatozellulären Erkrankungen und auch bei Störungen der Fettresorption kommt es zu einer Verlängerung der Prothrombinzeit.
der Gelbfärbung der Skleren und Haut der lehmfarbene oder entfärbte (acholische) Stuhl sowie die bierbraune Verfärbung des Urins. Die Leber ist meist vergrößert und druckdolent. Durch Einlagerung von Gallensäuren in die Haut entwickelt sich ein Juckreiz (Pruritus). Die Fettverdauung ist durch mangelnde Abgabe der Gallensäuren in den Darm gestört. In unterschiedlicher Häufigkeit kann eine Steatorrhö (Fettstühle) beobachtet werden, begleitet von einer Resorptionsstörung fettlöslicher Vitamine. Bei einer langanhaltenden Störung der Gallensäurenresorption kommt es zu einem Absinken der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren (II, VII, IX, X) mit Erniedrigung der Thromboplastinzeit (Quick).
GPT) sowie die Leucinaminopeptidase (LAP). Charakteristisch ist die Erhöhung des direkten (konjugierten) Bilirubins. Die alkalische Phosphatase befindet sich sowohl in den Membranen der Hepatozyten als auch in den epithelialen Zellmembranen der Gallengänge. Sie wird enzymatisch gespalten und in kleinen Mengen in die Galle und das Serum abgegeben. Im Falle einer biliären Obstruktion oder einer intrahepatischen Cholestase sind sowohl die Synthese als auch die Freisetzung der alkalischen Phosphatase gestört. Weitere Enzyme der kanalikulären Membran sind: g -GT, LeucinAminopeptidase (LAP), 5-Nucleotidase. GOT und GPT finden sich sowohl im Zytosol als auch in den Mitochondrien der Leberparenchymzelle und steigen bei signifikantem Leberzellschaden (ischämisch, viral, toxisch) stark an. Im Falle einer gleichzeitigen Obstruktion des Ductus pancreaticus (z.B. papillennahes Konkrement bei gemeinsamer Mündung) kommt es zu einem Anstieg der Lipase und der Serum- und Urinamylase. Die Prothrombinzeit ist ein Maß für die Plasmaaktivität der Gerinnungsfaktoren I, II, V, VII und X, die in der Leber synthetisiert werden. Bei hepatozellulären Erkrankungen und auch bei Störungen der Fettresorption kommt es zu einer Verlängerung der Prothrombinzeit.
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8.4.2 Cholezystolithiasis
8.4
Cholezysto-/Choledocholithiasis
8.4.1
Ätiologie und Pathogenese der Steinbildung
Die Übersättigung der Galle mit einzelnen Gallenbestandteilen, die sog. lithogene Galle, ist die wichtigste Voraussetzung für die Bildung von Gallensteinen. Unterschieden werden nach ihrer Beschaffenheit reine Cholesterinsteine (ca. 20 %), Bilirubin-Pigmentsteine (ca. 10 %) und gemischte Steine (etwa 70 %). Neben hereditären Ursachen treten Cholesterinsteine gehäuft bei Frauen (w : m = 3 : 1) auf. Ihre Inzidenz steigt mit zunehmendem Lebensalter, nach mehreren Schwangerschaften (> 3), bei Adipositas, Diabetes mellitus und Cholesterinstoffwechselstörungen (Typ-IV- und Typ-IIb-Hyperlipoproteinämie). Die Ursachen der Cholesterinsteinbildung liegen in einer Übersättigung der Galle mit Cholesterin. Physiologischerweise wird das wasserunlösliche Cholesterin durch Gallensäuren und Lecithin in der Galle unter Bildung von gemischten Mizellen in Lösung gehalten. Ist der Anteil des Cholesterins im Verhältnis zum Gallensäuren- und Lecithinanteil zu hoch, kann das Cholesterin auskristallisieren, wodurch die Voraussetzung für die Steinentstehung gegeben ist. So wird verständlich, dass Störungen des enterohepatischen Kreislaufes der Gallensäuren mit erhöhtem intestinalen Gallensäurenverlust (z.B. Erkrankungen des terminalen Ileums oder bei Ileumresektion) eine Konkrementbildung begünstigen. Als weitere Faktoren für die Steinbildung werden Erkrankungen oder eine Funktionsstörung der Gallenblase (z.B. als Folge der zystischen Fibrose, entzündliche Veränderungen im Bereich des Gallenwegssystems) sowie Medikamentenwirkung (z.B. Ovulationshemmer, Clofibrat) vermutet. Bilirubin-Pigmentsteine finden sich besonders bei Patienten mit chronischer Hämolyse (z.B. Thalassämie, Sichelzellanämie, hereditäre Sphärozytose), Z.n. Herzklappenoperation (mechanische Hämolyse), chronischen Lebererkrankungen (z.B. Leberzirrhose) sowie bei Infektionen und Abflussstörungen im Bereich der Gallenwege. Die Konkremente entstehen durch eine Übersättigung der Galle mit unkonjugiertem Bilirubin oder schlecht wasserlöslichen Bilirubinkonjugaten entweder als Folge einer bakteriellen Kontamination oder endogen gebildeter dekonjugierender Enzyme, die zu einer Erniedrigung der mizellenbildenden konjugierten Gallensalze führen.
8.4.2
Cholezystolithiasis
n Definition. Unter Cholezystolithiasis versteht man das Vorliegen von Konkrementen in der Gallenblase. Führen die vorhandenen Konkremente zu keinen Beschwerden – weder in der Vorgeschichte noch aktuell – so handelt es sich um eine asymptomatische Cholezystolithiasis. Treten, bei vorhandenen Konkrementen einmalige, wiederholte oder anhaltende Beschwerden unterschiedlicher Stärke auf, so spricht man von einer symptomatischen Cholezystolithiasis.
8.4
Cholezysto-/Choledocholithiasis 8.4.1 Ätiologie und Pathogenese der Steinbildung Die Übersättigung der Galle mit einzelnen Gallenbestandteilen, die sog. lithogene Galle, ist die wichtigste Voraussetzung für die Bildung von Gallensteinen. Unterschieden werden reine Cholesterinsteine, Bilirubin-Pigmentsteine und gemischte Steine. Cholesterinsteine treten neben hereditären Ursachen gehäuft bei Frauen mit zunehmendem Lebensalter, nach mehreren Schwangerschaften (> 3), bei Adipositas, Diabetes mellitus und Cholesterinstoffwechselstörungen auf. Die Ursachen der Cholesterinsteinbildung liegen in einer Übersättigung der Galle mit Cholesterin. Ist der Anteil des Cholesterins im Verhältnis zum Gallensäuren- und Lecithinanteil zu hoch, kann das Cholesterin auskristallisieren. Störungen des enterohepatischen Kreislaufes der Gallensäuren (z.B. Erkrankungen des terminalen Ileums) begünstigen eine Konkrementbildung ebenso wie Funktionsstörungen und Erkrankungen der Gallenblase sowie Medikamentenwirkung.
Bilirubin-Pigmentsteine finden sich bei chronischen Hämolysen oder chronischen Lebererkrankungen und gehäuft in Kombination mit Infektion und Abflussstörungen im Bereich der Gallenwege.
8.4.2
Cholezystolithiasis
Definition
Ätiologie. Die Prävalenz der Cholelithiasis liegt in Mitteleuropa bei ca. 20 %.
Die individuelle Prädisposition ist charakterisiert durch die 6 F-Regel: female – fat – forty – fertile – flatulent – fair.
Ätiologie. Die individuelle Prädisposition ist charakterisiert durch die 6 F-Regel: female – fat – forty – fertile – flatulent – fair.
Symptome. Durch eine plötzliche Einklemmung des Konkrements in den ableitenden Gallenwegen (Infundibulum, Ductus cysticus) tritt der charakteristische Kolikschmerz auf. Das Schmerzmaximum liegt im rechten Oberbauch, gelegentlich auch im Epigastrium, mit Ausstrahlung in die rechte Flanke und die rechte Schulter. Ein dumpfes Druck- oder Völlegefühl im rechten Oberbauch geht der Kolik häufig voraus. Hervorgerufen werden der-
Symptome. Durch plötzliche Einklemmung des Konkrementes in den ableitenden Gallenwegen tritt der charakteristische Kolikschmerz auf. Das Schmerzmaximum liegt im rechten Oberbauch mit Ausstrahlung in die
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480 rechte Flanke und die rechte Schulter, häufig hervorgerufen durch fettreiche Mahlzeiten. Als Folge einer chronischen Entzündung der Gallenblase kann sich eine »Porzellangallenblase« entwickeln ( 1 B-8.6). Diese ist nicht mehr kontraktionsfähig.
8 Gallenblase und Gallenwege artige Koliken oft durch fettreiche Mahlzeiten. Bei Aufhebung des Abflusshindernisses lässt der Schmerz unmittelbar nach. Im Falle einer chronischen Überdehnung der Gallenblase durch langzeitig persistierende Konkremente kann sich, als Folge der chronischen Entzündung, eine Verkalkung der Gallenblasenwand, die »Porzellangallenblase« entwickeln. Diese ist nicht mehr kontraktionsfähig und verursacht nur noch geringgradige Beschwerden ( 1 B-8.6).
1 B-8.6
Porzellangallenblase Operationspräparat.
Diagnose. Bei der charakteristischen Schmerzanamnese, aber auch bei intermittierend auftretenden unspezifischen Schmerzen im rechten Oberbauch sollte an eine Cholezystolithiasis gedacht werden ( 1 B-8.7). Bei der symptomatischen Cholezystolithiasis reicht das Spektrum von komplett unauffälligen Laborbefunden bis zu einer Erhöhung von Leukozyten, CRP, BSG, AP und LAP. Die Diagnosesicherung erfolgt durch die Oberbauchsonographie (s. 1 B-8.3). Therapie. Die Therapie der Wahl ist die Cholezystektomie (s. S. 499ff.). Bestehen Kontraindikationen für eine Operation, werden systemische und lokale Verfahren angewandt.
Diagnose. Bei der charakteristischen Schmerzanamnese, aber auch bei
π Systemische, chemische Litholyse: Hierbei handelt es sich um eine medikamentöse orale Therapie mit Chenodesoxycholsäure und Ursodesoxycholsäure. Die chemische Auflösung ist nur bei kleinen Cholesterinsteinen und geringer Steinanzahl (max. 3–5) aussichtsreich.
π
Die Erfolgsrate liegt bei 60–70 %, die Rezidivrate liegt bei 40–60 % in den ersten 5 Jahren nach erfolgreicher Litholyse. π Lokale Verfahren: Hierbei wird entweder perkutan – transhepatisch – oder
intermittierend auftretenden unspezifischen Schmerzen im rechten Oberbauch sollte an eine Cholezystolithiasis gedacht werden ( 1 B-8.7). Bei der asymptomatischen Cholezystolithiasis sind die laborchemischen Parameter in der Regel nicht verändert. Bei der symptomatischen Cholezystolithiasis reicht das Spektrum von komplett unauffälligen Laborbefunden bis zu einer Erhöhung von: Leukozyten, CRP, BSG, alkalischer Phosphatase (AP) und Leucinaminopeptidase (LAP). Die Diagnosesicherung erfolgt primär durch die Oberbauchsonographie (s. 1 B-8.3). Die weitere diagnostische Abklärung ist in 1 B-8.7 dargestellt.
Therapie. An Behandlungsmöglichkeiten steht die Cholezystektomie an
erster Stelle, die, wenn möglich, laparoskopisch durchgeführt wird (s. S. 499ff.). Für Patienten mit erheblichen Kontraindikationen für eine Operation (selten) stehen systemische und lokale Verfahren zur Verfügung. Systemische, chemische Litholyse: Hierbei handelt es sich um eine medikamentöse orale Therapie mit Chenodesoxycholsäure und Ursodesoxycholsäure. Chemisch auflösbar sind nur kleine Cholesterinsteine. Nur 1⁄3 der Patienten kommt für diese nicht operative Therapie in Betracht, da diese Behandlungsform nur bei einer Anzahl von maximal 3–5 Konkrementen aussichtsreich ist und der Patient nur selten auftretende Koliken aufweisen sollte. Durch die Behandlung kann es zum Auftreten von Nebenwirkungen kommen wie z.B. Anstieg von LDL-Cholesterin, SGOT und/oder SGPT, Cholestase und Durchfall. Der Vorteil liegt in einer nicht invasiven Behandlung, die sich jedoch über einen Behandlungszeitraum von mehr als 1 Jahr erstrecken kann und kostenintensiv ist. Die Erfolgsrate liegt bei 60–70 %, die Rezidivrate liegt bei 40–60 % in den ersten 5 Jahren nach erfolgreicher Litholyse. π Lokale Verfahren: Auch sie sind nur bei Cholesterinsteinen anwendbar. Hierbei wird entweder perkutan – transhepatisch – oder retrograd endosko-
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481
8.4.2 Cholezystolithiasis
1 B-8.7
Synopsis Präoperative Diagnostik bei Cholezystolithiasis
Schematische Darstellung des präoperativen Vorgehens zur Abgrenzung einer alleinigen Cholezystolithiasis von einer Cholezysto-/Choledocholithiasis. Aus der Anamnese und den Labor- bzw. Untersuchungsbefunden (linke Spalte) ergibt sich jeweils ein Befund, der bei pathologischer Veränderung eine Folgeuntersuchung/Therapie (rechte Spalte) bedingt.
Anamnese Verdacht auf Cholezystolithiasis
(i.v.) Cholangiographie heute selten indiziert Verdacht auf Verschlussikterus und Choledocholithiasis
Cave: • Kontraindikation bei Ikterus • Kontrastmittelunverträglichkeit • jodinduzierte Hyperthyreose
Bilirubin, AP, Lipase erhöht
Labor
Sonographie Cholezystolithiasis
intraduktaler Steinnachweis, bzw. V.a. Choledocholithiasis, Choledochus > 10 mm
ERC/ERCP ggf. Papillotomie Steinextraktion Cave: • Pankreatitis • Cholangitis
Gastroskopie o.B. keine endoskopische Steinextraktion möglich laparoskopische Cholezystektomie (konventionelle Cholezystektomie)
pisch eine Litholyse versucht. Methyltertbutylether (MTBE) ist das gebräuchlichste Lösungsmittel. Als Komplikation kommt es gelegentlich zum Auftreten eines Gallenlecks. Die Rezidivrate scheint etwas höher zu sein als bei der oralen Litholyse. Analog der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) bei Nierensteinen wird versucht, durch Steinzertrümmerung die Steinoberfläche stark zu vergrößern, um damit für die orale Litholyse bessere Voraussetzungen zu schaffen. Grundsätzlich kann die ESWL für Gallenblasensteine sowie extraund intrahepatische Konkremente eingesetzt werden. Voraussetzungen sind eine funktionsfähige Gallenblase und ein durchgängiger Ductus cysticus. Eine Fragmentation der Steine in spontan abgangsfähige kleine Konkrementstücke gelingt in der Regel in der Gallenblase nur ausnahmsweise und nach mehrfacher Anwendung der ESWL. Bei Gallengangskonkrementen, die primär durch endoskopische Sphinkterotomie nicht extrahierbar sind (< 15 %) kann durch die ESWL eine Zerkleinerung erreicht werden, wodurch die Konkremente dann endoskopisch entfernt werden können. n Merke. Jede symptomatische Cholezystolithiasis sollte möglichst operativ behandelt werden. Alle nicht chirurgischen Verfahren sind langwierig und nur für einen kleinen Patientenkreis geeignet. In jedem Fall verbleibt die Gallenblase in situ und damit besteht das Risiko der Entstehung von Rezidivsteinen.
Choledochusrevision mit konventioneller Cholezystektomie
retrograd endoskopisch eine Litholyse versucht. Methyltertbutylether (MTBE) ist das gebräuchlichste Lösungsmittel. Bei der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) wird versucht, durch Steinzertrümmerung die Steinoberfläche stark zu vergrößern, um damit für die orale Litholyse bessere Voraussetzungen zu schaffen. Die Gallenblase muss funktionsfähig, der Ductus cysticus durchgängig sein.
Merke
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482 Komplikationen ( 2 B-8.2):
8 Gallenblase und Gallenwege
Komplikationen ( 2 B-8.2):
2 B-8.2
Choledocholithiasis: s. S. 483 ff.. Cholangitis: s. S. 488 ff. π Gallenblasenhydrops: Bei Verschluss des Ductus cysticus kommt es zu einer stark schmerzhaften, meist tastbaren Vergrößerung der Gallenblase. Die Diagnosesicherung erfolgt durch Sonographie. Therapie der Wahl ist die Cholezystektomie. π π
Gallenblasenempyem: Entsteht durch Entzündung und Infektion eines Gallenblasenhydrops. Symptome sind: Fieber, Allgemeinreaktionen, Laborveränderungen (Leukozytose, CRP-Erhöhung) und Abwehrspannung im rechten Oberbauch. Cave: Gallenblasengangrän. Therapie: sofortige Cholezystektomie. π Gallenblasenperforation: Infolge von Entzündung, Wandgangrän oder lokaler Drucknekrosen, vor allem durch Cholezystolithiasis bedingt, kann eine Perforation der Gallenblase auftreten. Die Symptomatik ist mit der eines Gallenblasenempyems vergleichbar. Therapie: sofortige Cholezystektomie. π
π Mirizzi-Syndrom: Benigne, mechanische Stenose des Ductus hepaticus oder Ductus choledochus mit Auftreten eines Verschlußikterus. Die Stenose wird durch Einklemmung eines Steines im Ductus cysticus oder Gallenblaseninfundibulum verursacht ( 1 B-8.8 a). Die Häufigkeit liegt bei 0,6–6 %. Differenzialdiagnostisch kommen Kompression des D. hepatocholedochus von außen durch Tumoren, Gallenwegskarzinome oder -strikturen in Betracht. Das klinische Beschwerdebild bei Verschlussikterus ist uneinheitlich. Laborchemisch findet sich eine Erhöhung der Cholestaseparameter (AP, LAP, Bilirubin). Zur Diagnose sind Sonographie und meist ERCP erforderlich. Die Therapie der Wahl ist die Cholezystektomie mit Gallengangsrevision. π Gallensteinileus: Durch die Perforation der Gallenblase in den Dünndarm oder die rechte Flexur (Ausbildung einer cholezystointestinalen Fistel) kann steinbedingt ein mechanischer
Komplikationen der Cholezystolithiasis
N Choledocholithiasis n
N Perforation der Gallenblase n
N Cholangitis n
N cholezystoenterische Fistel n
N Gallenblasenhydrops n
N Mirizzi-Syndrom n
N Gallenblasenempyem n
N Gallensteinileus n
N Gangrän der Gallenblase n
N chronische Cholezystitis n
Choledocholithiasis: s. S. 483 ff. Cholangitis: s. S. 488 ff. π Gallenblasenhydrops: Die irreversible Steineinklemmung im Ductus cysticus führt zu einem Stau des Gallensekretes in der Gallenblase, da dieses nicht in den Ductus choledochus abfließen kann. Daraus resultiert ein Gallenblasenhydrops. Durch den raschen Druckanstieg entstehen starke, dauerhafte Schmerzen. Die gestaute, druckdolente Gallenblase ist ggf. durch die Bauchdecke zu tasten. Die Diagnose kann durch die Sonographie einfach bestätigt werden. Die Cholezystektomie ist die Therapie der Wahl. π Gallenblasenempyem: Durch eine Infektion der Gallenblase bei bestehendem Hydrops entsteht das Gallenblasenempyem. Hierbei kommt es zum Auftreten von Fieber, Allgemeinreaktionen wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie Laborveränderungen (Leukozytose, CRP-Erhöhung) und einer zunehmenden Abwehrspannung im rechten Oberbauch. Als Komplikationen drohen: Gangrän der Gallenblase; intra- oder extrahepatische Perforation und Sepsis. Die sofortige Cholezystektomie ist die Therapie der Wahl. π Gallenblasenperforation: Infolge von Entzündung, Wandgangrän oder lokalen Drucknekrosen, vor allem durch eine Cholezystolithiasis bedingt, kann eine Perforation der Gallenblase auftreten (Perforation in Duodenum, Magen, Jejunum, Kolon). Die Symptomatik ist mit der eines Gallenblasenempyems vergleichbar. Charakteristisch ist ein kurzes, schmerzfreies Intervall zum Zeitpunkt der Perforation, wenn der Druck in der Gallenblase nachlässt. Bei freier Perforation kann ein akutes Abdomen mit generalisierter Abwehrspannung auftreten. Die Therapie ist ebenfalls die sofortige Cholezystektomie. Bei Perforation eines Gallenblasensteins in den Gastrointestinaltrakt ist die Symptomatik meist durch die aszendierende Cholezystitis bestimmt. Bei der operativen Therapie erfolgt die Cholezystektomie sowie die Übernähung der entstandenen Fistelöffnung. π Mirizzi-Syndrom: Unter einem Mirizzi-Syndrom versteht man eine benigne, mechanische Stenose des Ductus hepaticus oder Ductus choledochus mit Auftreten eines Verschlussikterus. Die Stenose wird durch Einklemmung eines Steines im Ductus cysticus oder Gallenblaseninfundibulum verursacht ( 1 B-8.8 a). Die Häufigkeit liegt bei 0,6–6 %. Differenzialdiagnostisch sind in Betracht zu ziehen: Kompression des Ductus hepatocholedochus von außen durch Tumoren, Gallenwegskarzinome oder ggf. Strikturen als Folge von Voroperationen an den Gallenwegen. Klinisch und laborchemisch besteht das Bild eines Verschlussikterus. Das klinische Beschwerdebild ist uneinheitlich und reicht von schmerzlosem Ikterus bis zur septischen Cholangitis. Laborchemisch findert sich eine Erhöhung der Cholestaseparameter (AP, LAP, Bilirubin). Zur weiteren Abklärung sollte nach der Abdomensonographie eine ERCP erfolgen. Häufig kann die Diagnose erst intraoperativ gestellt werden. Die Therapie der Wahl ist die Cholezystektomie mit Gallengangsrevision, ggf. mit Rekonstruktion der ableitenden Gallenwege (s. S. 500ff.). π Gallensteinileus: Der Gallensteinileus ist eine seltene Komplikation der Gallenblasenperforation. Durch die Perforation der Gallenblase in den Dünndarm oder die rechte Kolonflexur (Ausbildung einer cholezystointestinalen Fistel) kann steinbedingt ein mechanischer Ileus entstehen. Er kommt dadurch zustande, dass ein relativ großes Konkrement eine der physiologischen Engpässe des Magendarmtraktes, z.B. Ileozäkalklappe, nicht passieren π π
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483
8.4.3 Choledocholithiasis
1 B-8.8
Mirizzi-Syndrom
a Kompression des D. hepatocholedochus durch einen im D. cysticus gelegenen Gallenstein von außen.
b ERC: Filiforme durch Kompression eines Steins im D. hepatocholedochus bedingte Stenose ( Á) unterhalb der Hepatikusgabel.
kann. Klinisch zeigen die Patienten die Zeichen eines mechanischen Ileus mit Übelkeit, Erbrechen, einem aufgetriebenen Abdomen, auskultatorisch Hyperperistaltik sowie einen Druckschmerz im rechten Oberbauch. Es entwickelt sich immer das klinische Bild eines akuten Abdomens. Auf der Abdomenleeraufnahme sieht man erweiterte Darmschlingen, z.T. luft- z.T. flüssigkeitsgefüllt (Spiegel) in Dünn- und/oder Dickdarm (Ileusbild), eine Aerobilie (Luft in den Gallenwegen) und evtl. auch den Gallenstein (Kalk) in der Region der Ileozäkalklappe. Die Therapie umfasst die Exploration des Abdomens mit Beseitigung der mechanischen Stenose, die Cholezystektomie sowie die Übernähung der Perforationsstelle (Fistel) am Darmlumen. π Gallensäureverlustsyndrom: Ein Gallensäureverlustsyndrom kann z.B. bei Vorliegen einer cholezystokolischen Fistel (selten) sowie nach ausgedehnten Dünndarm- bzw. Ileumresektionen auftreten. Ursächlich liegt diesem Syndrom zugrunde, dass die Gallensäuren, die normalerweise zu 95 % im Ileum rückresorbiert werden, überwiegend direkt ins Kolon gelangen. Hier werden sie durch Darmbakterien zu Dehydroxygallensäuren abgebaut. Infolge der toxischen Wirkung auf die Darmmukosa treten schwere Durchfälle auf. Der erhebliche Verlust an Gallensäuren führt des weiteren zu Fettresorptionsstörungen. π Chronische Cholezystitis: s. S. 486 ff.
8.4.3
Choledocholithiasis
n Definition. Unter einer Choledocholithiasis versteht man das Vorliegen von Konkrementen in den Gallenwegen. Je nach Lokalisation der Gallengangskonkremente unterscheidet man: intrahepatische Steine, Hepatikus- und Choledochuskonkremente, präpapilläre Steine und Papillenkonkremente.
Pathogenese. Die überwiegende Mehrzahl der Gallengangskonkremente entstammen der Gallenblase. Diese sog. sekundären Gallengangssteine
Ileus entstehen. Klinisch besteht Übelkeit, Erbrechen, ein aufgetriebenes Abdomen mit Hyperperistaltik bis hin zum akuten Abdomen. Die Abdomenleeraufnahme zeigt Spiegel im Dünnund/oder Dickdarm, eine Aerobilie, evtl. auch den Gallenstein in der Region der Ileozäkalklappe. Die Therapie umfasst die Exploration des Abdomens zur Beseitigung der mechanischen Stenose, Cholezystektomie und Übernähung der Perforationsstelle. π Gallensäureverlustsyndrom: Das Gallensäureverlustsyndrom tritt bei cholezystokolischen Fisteln sowie nach ausgedehnten Dünndarm- bzw. Ileumresektionen auf. Die Gallensäuren, die normalerweise zu 95 % im Ileum rückresorbiert werden, gelangen zum Großteil direkt ins Kolon und führen zu schweren Durchfällen und Fettresorptionsstörungen. π Chronische Cholezystitis: s. S. 486 ff.
8.4.3
Choledocholithiasis
Definition
Pathogenese. Die Mehrzahl der Gallengangskonkremente entstammen der
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484 Gallenblase und gelangen via Ductus cysticus in den Gallengang. Den primären, im Gallengang gebildeten Steinen liegt meist ein Abflusshindernis zugrunde. Seltenere Ursachen sind: zu langer Zystikusstumpf, chronisch-hämolytische Anämien, Infektion der Galle oder Parasiten.
8 Gallenblase und Gallenwege gelangen via Ductus cysticus in den Gallengang. Sie sitzen meistens präpapillär (physiologische Enge). Ca. 15 % der Patienten mit Gallenblasensteinen haben auch Konkremente im Gallengang. Den primären, im Gallengang gebildeten Steinen liegt meist ein Abflusshindernis zugrunde (z.B. Caroli-Syndrom, Papillenstenose, pankreatitische Choledochusstenose, iatrogene Gallengangsstriktur, sklerosierende Cholangitis). Auch ein zu langer Zystikusstumpf nach Cholezystektomie wird als Nukleationszentrum für Rezidivsteine diskutiert, häufiger gilt er jedoch als Reservoir verbliebener Gallensteine. Seltenere Ursachen sind eine pathologische Zusammensetzung der Galle bei chronisch-hämolytischen Anämien oder Infektion der Galle (Salmonellen oder Parasiten).
Symptome. Der Steinabgang aus der Gallenblase ist oft mit Koliken verbunden. Als Folge entsteht ein inkompletter oder kompletter Verschluss mit dem klinischen Bild eines schmerzhaften Ikterus. Sekundär kann sich eine Cholangitis oder Pankreatitis entwickeln.
Symptome. Der Steinabgang aus der Gallenblase oder dem zentralen Gallengang ist oft mit Koliken verbunden. Als Folge kann ein inkompletter oder kompletter Verschluss mit dem klinischen Bild eines schmerzhaften Ikterus entstehen. Sekundär kann sich eine Cholangitis oder Pankreatitis entwickeln. Der akute Verschluss des Gallenganges verursacht meistens Koliken verbunden mit einem Ikterus; die sich langsam entwickelnde Obstruktion manifestiert sich häufig nur durch Pruritus oder schmerzlosen Ikterus.
Diagnose. Es findet sich eine Erhöhung von konjugiertem Bilirubin. Gallengangsenzymen (AP, LAP) sowie g -GT. Ein Anstieg der Transaminasen weist auf eine Cholangitis hin.
Diagnose. Laborchemisch findet man ein erhöhtes konjugiertes Bilirubin, eine Erhöhung der Gallengangsenzyme (AP, LAP) sowie der g-GT. Ein beglei-
Die Sonographie steht zum Nachweis von Konkrementen oder Stau des Gallengangssystems im Vordergrund. Bei Verdacht auf eine Choledocholithiasis ist eine ERCP zur weiteren Diagnostik und Therapie unerlässlich. Ggf. muss eine PTC erfolgen, wenn eine retrograde Darstellung (ERCP) nicht möglich ist. Differenzialdiagnose. In Betracht gezogen werden müssen: π stenosierende Tumoren des extrahepatischen Gallengangssystems, der Papille, des Pankreaskopfes und des Duodenums π zentrale Lebertumoren π Parasiten π AIDS-Cholangiopathie und -Papillenstenose π Mirizzi-Syndrom. Therapie. Eine diagnostizierte Choledocholithiasis muss saniert werden. Ist eine endoskopische Behandlung nicht möglich, so ist das operative Verfahren der Wahl die Choledochusrevision.
Komplikationen. Die Morbidität der Choledocholithiasis wird prinzipiell durch die biliäre Obstruktion bestimmt. Häufig kommt es begleitend zu einer akuten Pankreatitis. Weitere Komplikationen sind das Auftreten einer bakteriellen Cholangitis, disseminierte, intrahepatische Abszesse und selten eine Choledochusperforation.
tender Anstieg der Transaminasen findet sich bei Vorliegen einer Cholangitis. Das Vorliegen einer erhöhten Serumamylase und/oder Lipase weist auf eine begleitende Pankreatitis hin. Zum Nachweis von Gallensteinen und erweiterten intra- und/oder extrahepatischen Gallenwegen ist die Sonographie führend. Ihre Sensitivität hinsichtlich des Gallengangssteinenachweises liegt jedoch nur bei ca. 50 %. Bei Verdacht auf eine Choledocholithiasis ist die ERCP indiziert, zumal hierdurch ggf. gleich eine Steinextraktion durchgeführt werden kann. In seltenen Fällen gelingt die endoskopische Sondierung der Papille nicht. Dann muss eine PTC durchgeführt werden.
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch müssen zur Abklärung
eines Verschlussikterus immer auch stenosierende Tumoren des extrahepatischen Gallengangssystems, der Papille, des Pankreaskopfes und des Duodenums sowie zentrale Lebertumoren in Betracht gezogen werden. Des weiteren können Parasiten im Ductus choledochus (Echinokokkus, Lamblien) oder eine AIDS-Cholangiopathie und AIDS-induzierte Papillenstenose zu einem Verschlussikterus führen. Eine seltene Ursache ist das Mirizzi-Syndrom.
Therapie. Eine einmal diagnostizierte Choledocholithiasis sollte immer
saniert werden, da konsekutiv Komplikationen wie Cholangitis mit Sepsis sowie eine biliäre Pankreatitis und langfristig eine sekundäre biliäre Zirrhose drohen. Bei der isolierten Choledocholithiasis ist heute die endoskopische Steinextraktion das Verfahren der ersten Wahl. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Cholezystolithiasis streben die meisten Zentren, wenn möglich, die endoskopische Steinextraktion vor der Cholezystektomie an. Die operative Intervention der Choledocholithiasis bleibt heute nur noch den Patienten vorbehalten, die endoskopisch nicht behandelbar sind (s. a. Kap. B-13.7.3).
Komplikationen. Die Morbidität der Choledocholithiasis wird prinzipiell
durch die biliäre Obstruktion bestimmt. Häufig kommt es begleitend zu einer akuten Pankreatitis. Bei Vorliegen eines Verschlussikterus besteht die Gefahr des Auftretens einer bakteriellen Cholangitis, die sich durch Temperaturerhöhung und häufig dumpfe Dauerschmerzen manifestiert. Hierdurch kann es zum Auftreten von disseminierten, intrahepatischen Abszessen kommen sowie, in seltenen Fällen, zur Choledochusperforation mit Fistelbildung. Eine chronisch-biliäre Pankreatitis ist eine mögliche Spätkomplika-
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485
8.5.1 Akute Cholezystitis tion. Als Folge der Cholestase mit rezidivierenden bakteriellen Cholangitiden kann eine sekundäre biliäre Zirrhose entstehen.
8.5
Cholezystitis
8.5
8.5.1
Akute Cholezystitis
8.5.1 Akute Cholezystitis
n Definition. Unter einer akuten Cholezystitis versteht man die Entzündung der Gallenblasenwand verknüpft mit einem klinischen Bild bestehend aus: Abdominalschmerzen, Abwehrspannung im rechten Oberbauch, Fieber und Leukozytose.
Cholezystitis
Definition
Ätiologie. Die Ätiologie der akuten Cholezystitis ist unbekannt. 90 % der akuten Cholezystitiden sind mit einer Cholelithiasis vergesellschaftet.
Ätiologie Die Ätiologie ist unbekannt. In 90 % besteht gleichzeitig eine Cholelithiasis.
Pathogenese. Als Auslöser der akuten Cholezystitis vermutet man in den meisten Fällen eine Gallensekretstase als Folge einer gestörten Entleerung durch eine Obstruktion des Ductus cysticus. In seltenen Fällen können eine Infektion oder Ischämie auslösend sein für die akute Cholezystitis. Möglicherweise kommt es durch die mechanische Überdehnung der Gallenblasenwand zu einer Beeinträchtigung der Blutversorgung. Zusätzlich vermutet man eine direkte Schädigung der Gallenblasenmukosa durch die steinbedingte Obstruktion. Hierdurch kommt es zu einer Freisetzung von intrazellulären Enzymen und der Aktivierung einer Kaskade von Entzündungsmediatoren, z.B. Prostaglandinen. Weiterhin wirken die Gallensäuren der gestauten Galle schädigend auf die Mukosa der Gallenblase. Sekundär können dann bakterielle Infektionen hinzutreten. Sie sind jedoch nicht als Auslöser der akuten Cholezystitis zu betrachten. Seltener führen die Obstruktion des Ductus cysticus durch Torsion, Abknickung, lokale, nicht entzündliche Veränderungen in der Schleimhaut, Parasiten (z.B. Ascaris lumbricoides, Salmonellen) und weiterhin virale Infektionen (AIDS), Hungerzustände, vollständige parenterale Ernährung oder Kompression durch entzündliche Prozesse benachbarter Organe oder Tumoren zur akuten Cholezystitis.
Pathogenese. Primär beruht die akute Cholezystitis nicht auf infektiösen Vorgängen, jedoch liegt ihr in 95 % der Fälle eine gestörte Entleerung aufgrund einer Obstruktion durch Gallensteine zugrunde. Die Obstruktion führt zu einer direkten Schädigung der Gallenblasenmukosa mit Freisetzung von intrazellulären Enzymen und Aktivierung einer Kaskade von Entzündungsmediatoren. Sekundär können dann bakterielle Infektionen hinzutreten.
Symptome. Im Vordergrund des klinischen Bildes stehen akut auftretende Oberbauchschmerzen mit lokaler Abwehrspannung, die dumpf, andauernd oder auch kolikartig sein können und in die rechte Schulter und den Rücken ausstrahlen können. Bei älteren Patienten kann der Schmerzcharakter z.T. auch sehr gering ausgeprägt sein. Übelkeit, Erbrechen treten häufig begleitend auf. Das sog. »Murphy«-Zeichen bedeutet einen akut auslösbaren Schmerz im rechten Oberbauch in Verbindung mit einem kurzen respiratorischen Arrest bei Palpation des Abdomens. In 20–40 % der Patienten ist ein Ikterus apparent, vermutlich entstanden durch ein entzündliches Ödem der Gallengänge oder einer Mitbeteiligung der Leber durch die Entzündung. Bei Fieberanstieg mit Schüttelfrost besteht der Verdacht auf ein Gallenblasenempyem. Meteorismus bis hin zum paralytischen Ileus wird häufig als Begleitreaktion beobachtet.
Symptome. Führend sind Oberbauchschmerzen mit lokaler Abwehrspannung, die kolikartig sein können und in die rechte Schulter und den Rücken ausstrahlen. Übelkeit und Erbrechen sind häufig. Das sog. »Murphy«Zeichen ist meist positiv. Fieber und Schüttelfrost weisen auf ein Empyem hin. Gelegentlich tritt ein Ikterus auf. Häufige Begleitreaktionen sind Meteorismus bis hin zum paralytischen Ileus.
Diagnose. Neben dem klinischen Bild findet sich eine Erhöhung der Entzün-
Diagnose. Laborchemisch zeigt sich eine Erhöhung der Entzündungsparameter (Leukozyten, CRP) sowie möglicherweise der AP, LAP, g -GT, Transaminasen und ggf. des Bilirubins. Die Abdomensonographie sichert die Diagnose, ggf. ist eine ERCP erforderlich.
dungsparameter (Leukozyten, CRP, BSG). Die alkalische Phosphatase (AP), LAP, g-GT, Transaminasen und ggf. das Bilirubin können ebenfalls erhöht sein. Die Abdomensonographie ist die wichtigste Untersuchung, da hierdurch z.B. das Vorliegen von Gallensteinen, pathologische Veränderungen der Gallenblasenwand (Verdickung auf > 3 mm) oder eine pericholezystitische Flüssigkeitsansammlung nachweisbar sind. Bei gleichzeitig bestehendem Ikterus sollte zur weiteren Abklärung eine ERCP durchgeführt werden.
Selten führen Torsion oder Abknickung des Ductus cysticus, lokale, nicht entzündliche Veränderungen in der Schleimhaut, Parasiten oder Kompression von außen zur akuten Cholezystitis.
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8 Gallenblase und Gallenwege
Therapie. Es sollte unverzüglich eine systemische Behandlung mit Analgetika und Spasmolytika, sowie Nahrungskarenz erfolgen. Bei vorliegender Infektion muss zusätzlich antibiotisch behandelt werden. Der Patient muss innerhalb von 4 Tagen cholezystektomiert werden.
Therapie. Zunächst sollte unverzüglich eine systemische Behandlung mit
Analgetika und Spasmolytika erfolgen und Nahrungskarenz eingehalten werden. Obwohl die akute Cholezystitis keine primär bakterielle Infektion ist, ist die gleichzeitige antibiotische Therapie indiziert, die auf jeden Fall die gramnegativen Darmbakterien miteinschließen sollte (z.B. Cefoxitin oder Mezlocillin als Einfachtherapie oder Cephalosporin + Metronidazol, Ampicillin + Aminoglykosid bei schwereren Verläufen). Prinzipiell muss der Patient cholezystektomiert werden. Über den optimalen Operationszeitpunkt (sofort, nach Abklingen der akuten Symptomatik oder erst nach einigen Wochen im beschwerdefreien Intervall) wurde lange diskutiert. Heute gilt die Operation innerhalb von 4 Tagen nach Beginn der Symptomatik als Verfahren der Wahl (Frühcholezystektomie).
Komplikationen. Die wichtigsten Komplikationen sind: Gallenblasenempyem, Gangrän der Gallenblase und die Perforation mit Ausbildung eines pericholezystitischen oder subphrenischen Abszesses, einer cholezystoenterischen Fistel oder einer diffusen Peritonitis.
Komplikationen. Die wichtigsten Komplikationen der akuten Cholezystitis
8.5.2
8.5.2
Chronische Cholezystitis
Definition
sind: Gallenblasenempyem (20 %), Gangrän der Gallenblase (6 %) und die Perforation (8–14 %) mit Ausbildung eines pericholezystitischen, intra- oder subhepatischen oder subphrenischen Abszesses, einer cholezystoenterischen Fistel (Duodenum, Kolon, Dünndarm, Magen) oder einer diffusen Peritonitis.
Chronische Cholezystitis
n Definition. Die chronische Cholezystitis ist in über 90 % der Fälle die Folge einer chronischen Entzündung der Gallenblasenwand bei Cholelithiasis.
Pathophysiologie, Pathogenese. Durch die chronische Entzündung kommt es zur Atrophie der Gallenblasenwand mit Aufhebung der Motilität, wodurch eine Konkrementbildung begünstigt wird. Bei zusätzlichen Kalkeinlagerungen entsteht eine Porzellangallenblase ( 1 B-8.6).
Pathophysiologie, Pathogenese. Die chronische Entzündung entsteht
Symptome. Die Symptome der chronischen Cholezystitis sind oft uncharakteristisch mit Schmerzen im rechten Oberbauch, Fettunverträglichkeit und Übelkeit. Im akuten Schub gleicht das Bild einer akuten Cholezystitis. Die Gallenblase ist meist verkleinert. Sie kann als Schrumpfgallenblase fast vollständig als Sack um einen oft solitären Tonnenstein obliteriert sein.
Symptome. Die Symptome der chronischen Cholezystitis sind oft atypisch.
Diagnose. Die klinische Untersuchung ist meist unauffällig. Es gibt keine charakteristischen Laborparameter. Führend in der Diagnostik ist die Sonographie des Abdomens.
Diagnose. Bei der klinischen Untersuchung kann man gelegentlich eine
durch chemische und mechanische Irritation, hervorgerufen durch die lithogene Galle bzw. die Konkremente. Die chronisch-entzündlich veränderte Gallenblasenwand führt zu einer Rückresorption und damit Abbau von Gallensäuren und begünstigt so die Cholesterinsteinbildung. Mikroskopisch imponieren Atrophie und bindegewebige Durchbauung der Tunica muscularis. Dieses resultiert letztlich in der Aufhebung der Gallenblasenmotilität und prädisponiert zur Konkrementbildung. Bei zusätzlichen Kalkeinlagerungen entsteht eine Porzellangallenblase ( 1 B-8.6).
Im Vordergrund stehen ein Druckgefühl und Schmerzen im rechten Oberbauch, gelegentlich auch im Epigastrium oder linken Oberbauch, Meteorismus, Unverträglichkeit von fetten oder gebratenen Speisen, Übelkeit und Erbrechen. Die kolikartigen Schmerzen persistieren für einen erheblich kürzeren Zeitraum als bei der akuten Cholezystitis. Zwischen den Schmerzattacken können Wochen, Monate oder sogar Jahre liegen. Im akuten Schub gleicht das Bild einer akuten Cholezystitis. Die Gallenblase ist meist verkleinert. Sie kann als Schrumpfgallenblase fast vollständig als Sack um einen oft solitären Tonnenstein obliteriert sein. Daneben gibt es chronische Cholezystitiden bei einer steinfreien Gallenblase. Ursächlich diskutiert werden die Dyskinesie der Gallenwege, toxische, vaskuläre und allergische Faktoren sowie aszendierende Infektionen durch Bakterien (z.B. Salmonellen, Shigellen), Viren (z.B. Zytomegalie) und Parasiten (Giardia lamblia, Askariden).
Abwehrspannung im rechten Oberbauch nachweisen, meist jedoch ist die klinische Untersuchung unauffällig. Laborchemisch gibt es keine typische Konstellation. Führend in der Diagnostik ist die Sonographie des Abdomens, die eine Sensitivität von 90–95 % und eine Spezifität von 95–100 % erreicht. Der Nachweis von Gallensteinen, am besten zu sehen bei nüchternen Patienten, gelingt bis zu einer Größe von 1–2 mm und bestätigt die Diagnose Cholezystolithiasis. Der sonographische Nachweis einer verdick-
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487
8.5.4 Posttraumatische Cholezystitis ten, dreigeschichteten Gallenblasenwand gilt als spezifisches Zeichen der chronischen Cholezystitis. Die CT dient im Wesentlichen zur Abklärung klinisch vermuteter Komplikationen wie z.B. Abszess oder Pankreatitis.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die operative Entfernung der Gallen-
blase. In Anbetracht der minimal-invasiven Operationstechnik sind die nicht operativen Behandlungsmaßnahmen sehr in den Hintergrund getreten.
8.5.3
Emphysematöse Cholezystitis
n Definition. Die emphysematöse Cholezystitis ist eine sehr seltene Form der akuten Cholezystitis, bei der die Gallenblase, ihre Wand, manchmal auch die Gallengänge oder die pericholezystitische Region Gas enthalten.
Die CT dient im Wesentlichen zur Abklärung klinisch vermuteter Komplikationen wie z.B. Abszess oder Pankreatitis. Therapie. Die Therapie der Wahl ist die operative Entfernung der Gallenblase.
8.5.3
Emphysematöse Cholezystitis
Definition
Ätiologie. Sie tritt als Folge einer Anaerobierinfektion auf, am häufigsten
Ätiologie. Die emphysematöse Cholezystitis ist Folge einer Anaerobierinfektion, oft verursacht durch Clostridien.
Symptome. Die klinische Symptomatik entspricht der der akuten Cholezys-
Symptome. Die klinische Symptomatik entspricht der der akuten Cholezystitis.
Diagnose. Die Diagnosestellung erfolgt durch Gasnachweis in der Gallen-
Diagnose. Erfolgt durch Gasnachweis in der Abdomenübersichtsaufnahme.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die sofortige Cholezystektomie unter
Therapie. Sofortige Cholezystektomie unter Antibiose.
verursacht durch Clostridien, gelegentlich auch durch E. coli, anaerobe Streptokokken u.a.
titis. Zusätzliche klinische Besonderheiten sind: Blutdruckabfall, vermutlich bedingt durch die Toxinwirkung, und Hämolyse.
blase (intraluminal oder intramural) in der Abdomenübersichtsaufnahme. hochdosierter antibiotischer Behandlung.
8.5.4
Posttraumatische Cholezystitis
n Definition. Nach schweren Traumen, chirurgischen Eingriffen und nach Verbrennungen kann es zum Auftreten einer akuten Cholezystitis ohne Nachweis von Konkrementen kommen.
8.5.4
Posttraumatische Cholezystitis
Definition
Ätiologie. Als prädisponierende Faktoren gelten: lange Nüchternheit
Ätiologie. Prädisponierende Faktoren sind lange Nüchternheit, Immobilität und hämodynamische Instabilität.
Symptome. Das klinische Bild zeigt häufig nur unklare Temperaturerhöhun-
Symptome. Unklare Temperaturerhöhungen.
Diagnose. Durch das häufige Auftreten unter intensivmedizinischen Bedingungen kann die Diagnosestellung erschwert sein. Sonographisch gelten als Hinweis: verdickte und vergrößerte Gallenblase, Abwehrspannung im rechten Oberbauch bei der Untersuchung (Murphy-Zeichen) und pericholezystitische Flüssigkeitsansammlung. Da die klinischen Zeichen häufig uncharakteristisch sind, ist eine CT u.U. indiziert, zumal hierdurch andere zugrunde liegende Ursachen ausgeschlossen werden können.
Diagnose. Sonographisch verdickte, vergrößerte Gallenblase, pericholezystitische Flüssigkeitsansammlung. Ggf. klinisch positives Murphy-Zeichen.
Therapie. Cholezystektomie.
Therapie. Cholezystektomie.
(dadurch keine Gallenblasenentleerung), Immobilität und hämodynamische Instabilität. Als zugrunde liegende Ursachen werden ischämische/chemische Schädigungen des Gallenblasenepitheliums diskutiert.
gen.
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488 8.6
Cholangitis
Definition
8 Gallenblase und Gallenwege
8.6
Cholangitis
n Definition. Als Cholangitis wird die bakterielle Infektion der Gallenwege auf dem Boden eines Verschlusses der extrahepatischen Gallenwege durch Konkremente oder Strikturen bezeichnet. Es können sowohl die intra- wie extrahepatischen Gallenwege betroffen sein.
Einteilung. Man unterscheidet akute und chronisch rezidivierende Cholangitiden.
Einteilung. Man unterscheidet akute und chronisch rezidivierende Cholan-
Ätiologie und Pathogenese Häufig entsteht eine bakterielle Infektion der Gallenwege bei Abflussbehinderung infolge von Choledochussteinen oder Strikturen; seltener durch Pankreatitis, Karzinome, Papillenerkrankungen, Parasiten oder kongenitale Anomalien.
Ätiologie und Pathogenese. Häufiger auslösender Faktor einer bakteriellen
Durch eine breite Verbindung zwischen Ductus choledochus und Darm, etwa nach Eingriffen an der Papille oder den distalen Gallengängen (z.B. ERCP, biliodigestive Anastomose) kann sich eine aszendierende Cholangitis entwickeln. Die Infektionsausbreitung erfolgt kanalikulär, hämatogen oder lymphogen. Als Erreger werden bevorzugt Bakterien der Darmflora angetroffen.
Symptome. Kolikartige Schmerzen im rechten Oberbauch, intermittierendes Fieber (Schüttelfrost) und Ikterus, die sog. Charcot-Trias, sind die Leitsymptome der akuten Cholangitis. Diagnose. Leukozytose, BSG- und CRP-Erhöhung sowie Cholestase unterschiedlicher Ausprägung mit Anstieg von Billirubin, AP, LAP, g -GT und u.U. der Transaminasen.
Nachweis eines Abflusshindernisses und/oder erweiterter Gallengänge durch Sonographie, ggf. ERCP und Computertomographie.
gitiden.
Entzündung der Gallenwege ist eine Behinderung des Gallenabflusses, vor allem hervorgerufen durch intraduktale Konkremente oder eine Striktur. Andere Ursachen sind Cholestase infolge Papillenerkrankungen, Pankreatitis, Pankreaskarzinom und andere Tumoren im Bereich der Gallenwege sowie kongenitale Anomalien (z.B. Choledochuszyste) und die sklerosierende Cholangitis. Eine Abflussbehinderung und Infektion durch Parasitenbefall (Askariden, Lamblien) kommt ebenfalls in Betracht. Eine aszendierende Cholangitis kann sich nach Operationen oder Manipulationen an der Papille oder den distalen Gallengängen entwickeln. Durch eine breite Verbindung zwischen Ductus choledochus und Darm (Spaltung der Papille im Rahmen einer ERCP oder biliodigestiven Anastomose) können Darmkeime in die Gallengänge gelangen. Die Entzündung kann sich kanalikulär, hämatogen oder lymphogen ausbreiten. Das gesamte Gallenwegssystem einschließlich des Leberparenchyms kann involviert sein. Die wichtigsten Erreger umfassen die gramnegative Koli-Gruppe, Mischinfektion mit Enterokokken, Streptokokken, Proteus, Klebsiellen u.a. Bevorzugt betroffen sind Frauen, ältere Menschen und Patienten nach operativen Eingriffen an den Gallenwegen.
Symptome. Kolikartige Schmerzen im rechten Oberbauch, intermittierendes Fieber (Schüttelfrost) und Ikterus, die sog. Charcot-Trias, sind die Leitsymptome der akuten Cholangitis. Diese Symptome sind unterschiedlich ausgeprägt, z.B. können Schmerzen ganz fehlen.
Diagnose. Die Leber ist bei den meist ikterischen Patienten vergrößert und
druckdolent. Laborchemisch weisen eine starke BSG-Beschleunigung, Leukozytose mit Linksverschiebung und Erhöhung des CRP auf eine bakterielle Entzündung hin. Die Cholestase ist unterschiedlich stark ausgeprägt und führt neben erhöhten Bilirubinwerten zu einem Anstieg cholestaseanzeigender Enzyme (AP, LAP, g-GT). Als Ausdruck einer Leberparenchymschädigung können die Transaminasen ansteigen. Der Nachweis eines Abflusshindernisses und/oder erweiterter Gallengänge gelingt häufig durch eine Sonographie. Für eine weitere direkte Gallenwegsdarstellung schließt sich meist eine ERCP an. Bei Verdacht auf eine intraoder extrahepatische Raumforderung wird man eine Computertomographie durchführen.
Differenzialdiagnose. Hepatitis, Leberzirrhose, Verschlussikterus anderer Genese.
Differenzialdiagnose. In Betracht gezogen werden müssen eine Hepatitis,
Therapie. Vordringlich ist neben einer antibiotischen Therapie die Beseitigung des Abflusshindernisses durch endoskopische Steinextraktion oder Papillotomie bzw. chirurgische Sanierung des Gallenganges.
Therapie. Vordringlich ist – als kurative Therapie – die Beseitigung der
eine Leberzirrhose sowie ein Verschlussikterus anderer Genese.
mechanischen Ursache zur Wiederherstellung des freien Gallenabflusses (z.B. endoskopische Steinextraktion mit Papillotomie, chirurgische Sanierung des Gallenganges), weil nur so Rezidive der Cholangitis vermieden werden können. Mild bis moderat verlaufende Fälle sprechen gut auf eine antibiotische Monotherapie an (z.B. Cefoxitin). In schwereren Fällen muss eine Kombinationsbehandlung erfolgen (Gentamicin, Ampicillin und Metronidazol) sowie begleitend eine parenterale Ernährung. Ggf. ist die Gabe von Analgetika und Spasmolytika erforderlich.
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8.6.1 Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
Prognose. Kann die Ursache der Cholangitis beseitigt werden, tritt meistens
eine schnelle Besserung ein. Bleibt das Abflusshindernis bestehen, ist eine Ausbreitung der Entzündung innerhalb der Leber bis in die Ductuli möglich, was zu einer Sepsis mit ihren Folgen und zu Leberabszessen führen kann. Bei persistierender Cholestase und rezidivierenden Entzündungsschüben ist ein Übergang in eine chronisch rezidivierende Cholangitis möglich. Bei längerem Bestehen kann sich hieraus schließlich eine sekundäre biliäre Zirrhose entwickeln.
8.6.1
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
n Definition. Die Terminologie »Sklerosierende Cholangitis« umfasst ein ganzes Spektrum chronischer hepatobiliärer Erkrankungen, welche durch eine diffuse Entzündung und Fibrose des biliären Systems gekennzeichnet sind. Diese umschriebene oder diffuse, chronisch-fibrosierende Entzündung der Gallenwege führt zu Strikturen und Wandverdickungen der intrahepatischen und/oder extrahepatischen Gallenwege.
Prognose. Mit Beseitigung des Abflusshindernisses tritt meistens Besserung ein. Bei Persistenz der Obstruktion können sich Sepsis und Leberabszesse entwickeln. Bei längerem Bestehen ist ein Übergang in eine chronisch rezidivierende Cholangitis möglich. Daraus kann schließlich eine sekundäre biliäre Zirrhose entstehen. 8.6.1 Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) Definition
Ätiologie. Die PSC kann idiopathisch auftreten, d.h. ohne Verbindung mit
einer systemischen Erkrankung; man findet sie auch gehäuft in Verbindung mit entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. Colitis ulcerosa), systemischen Fibrosen (z.B. Morbus Ormond) und Autoimmunerkrankungen (z.B. systemischer Lupus erythematodes).
Ätiologie. Die PSC kann idiopathisch auftreten. Häufig ist sie jedoch assoziiert mit entzündlichen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa), Retroperitonealfibrose (Morbus Ormond) oder Autoimmunerkrankungen.
Symptome. Klinisch stehen der intermittierend auftretende Ikterus, Pruritus und rechtsseitige Oberbauchschmerzen im Vordergrund. Man findet des weiteren eine Hepatomegalie, später auch eine Splenomegalie. Sekundär, verursacht durch bakterielle Cholangitiden, können Fieberschübe und Schüttelfrost auftreten.
Symptome. Ikterus, Pruritus und rechtsseitige Oberbauchschmerzen stehen im Vordergrund. Hepatomegalie, später auch eine Splenomegalie sind ebenfalls zu finden.
Diagnose. Die Diagnosestellung erfolgt meist durch ERCP. Hierbei sieht man
Diagnose. Die Diagnosestellung erfolgt meist durch ERCP (»Perlschnurphänomen«, 1 B-8.9).
die diffus verteilten, multifokalen Strikturen, kurze, bandförmige Segmente im Wechsel mit aufgeweiteten, z.T. zystischen Gallengängen (»Perlschnurphänomen«, 1 B-8.9).
1 B-8.9
ERCP bei primär sklerosierender Cholangitis Multiple extrahepatische Gallengangsstrikturen bei primär sklerosierender Cholangitis (sog. Perlschnurphänomen).
Therapie. Es gibt keine kausale Therapie der primär sklerosierenden Cholangitis, da ihre Ätiologie unbekannt ist. Durch den sehr variablen klinischen Verlauf kann man lediglich die Komplikationen der Cholestase und der Gallengangsobstruktion behandeln. Die Therapie besteht in der Gabe von Urso-
Therapie. Gabe von Ursodesoxycholsäure, erforderlichenfalls Dilatation/ Stenteinlage. Im Endstadium besteht die Indikation zur Lebertransplantation.
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8 Gallenblase und Gallenwege desoxycholsäure sowie erforderlichenfalls in der Beseitigung eines Abflusshindernisses (Dilatation von Stenosen, Stenteinlage). Bei intrahepatischem Befall mit multiplen und progredienten Stenosen im Endstadium oder bei unbehandelbaren Symptomen besteht die Indikation zur Lebertransplantation.
Prognose. Als Spätfolge können sich Cholangiokarzinome entwickeln.
Prognose. Es wird angenommen, dass die primär sklerosierende Cholangitis
8.7
8.7
Gallengangsstrikturen
Definition
Ätiopathogenese. Als Ursache liegt meistens eine iatrogene Verletzung des Gallenganges vor (Gallengangsrevision, Gallengangsanastomosen), des weiteren rezidivierende bakterielle Cholangitiden, sklerosierende Cholangitis, chronische Pankreatitis.
Merke
als Präkanzerose für Cholangiokarzinome einzustufen ist.
Gallengangsstrikturen
n Definition. Gallengangsstrikturen sind Verengungen im Bereich des Gallengangssystems und entstehen am häufigsten als Folge einer iatrogenen Verletzung des Gallenganges bei einer Cholezystektomie.
Ätiopathogenese. Ca. 90 % entstehen als Folge einer Verletzung während der Operation am Gallenwegssystem und ca. 10 % hiervon sind die Folge einer Gallengangsrevision oder -anastomose. Das Risiko einer Gallengangsverletzung besteht besonders bei entzündlichen Veränderungen der Gallenblase und daraus resultierenden unklaren anatomischen Verhältnissen bei der Durchführung einer Cholezystektomie, bei bestehenden Anomalien des Gallengangsystems oder durch Verletzung bei Operationen benachbarter Organe. Weitere Ursachen umfassen die rezidivierende bakterielle Cholangitis, sklerosierende Cholangitis und chronische Pankreatitis, Traumata und Choledocholithiasis. n Merke. Bis zum Beweis des Gegenteils hat jede Gallengangsstenose als maligne zu gelten.
Durch Verletzungen des Gallengangssystems kommt es zum Austritt von Gallensekret, das eine fibrosierende Wirkung auf Gewebe besitzt. Dadurch wird eine ausgeprägte Narbenbildung induziert.
Das Gallensekret besitzt eine fibrosierende Wirkung auf normales Gewebe. Kommt es bei Verletzung des Gallengangssystems zum Austritt von Gallensekret, so wird dadurch eine ausgeprägte Narbenbildung induziert, die zu einer Striktur oder Stenosierung führen kann. Weitere Faktoren, wie lokale Ischämie (z.B. als Folge operativer Manipulationen) werden diskutiert.
Symptome. Ikterus, ggf. mit Fieber (Cholangitis), Oberbauchschmerz.
Symptome. Als Symptome treten in Abhängigkeit vom Stenosierungsgrad
Diagnose. Es finden sich eine Hyperbilirubinämie, Erhöhung der g -GT, AP und LAP, bei bestehender Cholangitis auch eine Leukozytose und Transaminasenerhöhung. Bei segmentaler Obstruktion kann eine anikterische Cholestase bestehen. Die Diagnose wird durch die Sonographie und ERCP gestellt.
Diagnose. Laborchemisch findet sich in der Regel eine Hyperbilirubinämie mit Erhöhung der g-GT, AP und LAP, bei bestehender Cholangitis vergesell-
Therapie. Bei Ausbildung einer Striktur sollte diese frühestmöglich beseitigt werden, entweder durch Einlage eines Stents, durch Resektion der Striktur oder durch Anlage einer biliodigestiven Anastomose.
ein Ikterus, evtl. mit begleitender Cholangitis (Fieber) und/oder rechtsseitigen Oberbauchschmerzen auf.
schaftet mit Leukozytose und Transaminasenerhöhung. Bei segmentaler Obstruktion kann auch nur eine anikterische Cholestase bestehen. Wegweisend ist meist die Anamnese mit vorausgegangener Operation an den Gallenwegen. Die Diagnosesicherung erfolgt primär durch die Sonographie, um die aufgeweiteten Gallengänge nachzuweisen, des Weiteren durch ERCP. Die wichtigste Information zur Planung des chirurgischen Vorgehens ist die Darstellung der proximalen Ausdehnung der Striktur.
Therapie. Die Behandlung biliärer Strikturen beginnt mit der Prävention derselben. Ist es zur Ausbildung einer Striktur gekommen, sollte diese primär beseitigt werden. Bei operationsbedingten Strikturen kann versucht werden, durch endoskopische Einlage eines Stents eine Dilatation der Striktur zu erreichen. Bei erfolgloser Dilatation und kurzstreckigen Stenosen kann eine Resektion der Stenose und direkte End-zu-End-Anastomosierung beider Teile des Gallenganges möglich sein. Befindet sich die Stenose im Bereich der Hepatikusgabel, so ist die Anlage einer biliodigestiven Anastomose erforderlich
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8.9.1 Benigne Tumoren (s. S. 501). Zu beachten ist hierbei die komplette Dränage aller Segmentgallengänge. Langstreckige Stenosen erfordern ebenfalls eine biliodigestive Anastomose.
Komplikationen. Unbehandelt führt eine prolongierte biliäre Obstruktion zum Auftreten einer sekundären biliären Zirrhose und damit zur Leberinsuffizienz. Auch nach Anlage einer biliodigestiven Anastomose kann es zum wiederholten Auftreten von aszendierenden Cholangitiden kommen. Ferner kann sich bedingt durch die Narbenbildung eine erneute Stenose entwickeln. 8.8 n
Papillenstenose Definition. Die Papillenstenose ist eine Verengung der Papilla Vateri.
Komplikationen. Es kann sich eine sekundäre biliäre Zirrhose entwickeln.
8.8
Papillenstenose
Definition
Ätiopathogenese. Papillenstenosen können entweder idiopathischer Genese (Papillensklerose, Adenomyomatose) sein oder durch chronisch entzündliche Veränderungen sekundär hervorgerufen werden: wie z.B. Steinabgang, Pankreatitis oder peptisches Ulkus. Z.T. ist die Papillenstenose assoziiert mit rekurrierender Pankreatitis oder aszendierender Cholangitis. Diskutiert wird auch das Auftreten von Papillenstenosen nach vorausgegangener chirurgischer Bougierung der Papille im Rahmen einer Choledochusrevision.
Ätiopathogenese. Unterschieden werden Papillenstenosen idiopathischer Genese von sekundär durch chronisch entzündliche Veränderungen hervorgerufenen Papillenstenosen.
Symptome. Charakteristischerweise findet man bei den Patienten rekurrie-
Symptome. Man findet rekurrierende Episoden mit starken Oberbauchschmerzen, häufig subfebrile Temperaturen und eine tastbare Resistenz im rechten Oberbauch.
Diagnose. Nur in 20 % findet man eine Erhöhung der Leber- und Pankreasen-
Diagnose. Die Laborparameter, ebenso wie Abdomensonographie und CT, sind häufig unauffällig. Die Diagnosestellung erfolgt durch ERCP und durch Ausschluss anderer Erkrankungen.
Therapie. Die Therapie der Papillenstenose ist die primär endoskopische Papillotomie (s. Kap. B-13.7.1).
Therapie. Endoskopische Papillotomie (s. Kap. B-13.7.1).
Komplikationen. Als Komplikationen kann es zum Wiederauftreten narbiger Strikturen kommen. Des weiteren können Pankreatitiden und Cholangitiden auftreten.
Komplikationen. Narbige Veränderungen, Pankreatitiden, Cholangitiden (s. Kap. B-13.7.1).
rend auftretende Episoden starker, rechtsseitiger Oberbauchschmerzen, häufig vergesellschaftet mit subfebrilen Temperaturen und eine tastbare Resistenz im rechten Oberbauch. Die Klinik ist der des distalen Choledochusverschlusses vergleichbar, oft besteht eine begleitende Pankreatitis.
zyme, assoziiert mit den Schmerzattacken. Ein Ikterus kann vorliegen. In 15 % ist eine Erweiterung des Gallen- und/oder Pankreasganges nachweisbar. Häufig zeigen Abdomensonographie und CT keine Erweiterung des Gallenund Pankreasganges. Die Diagnosestellung erfolgt durch ERCP.
8.9
8.9.1
Tumoren der Gallenblase und der Gallenwege Benigne Tumoren
n Definition. Benigne Tumoren der Gallenblase und Gallenwege sind sehr selten. Meistens handelt es sich um tubulovillöse Adenome (Papillome), gefolgt von Adenomyomen oder Myoblastomen. Die Adenome können in Karzinome übergehen ( 1 B-8.10).
Symptome. Die benignen Tumoren der Gallenblase verursachen selten eine
Symptomatik. Sie werden fast immer als Zufallsbefund im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung des Oberbauches entdeckt. Benigne Tumoren der Gallenwege manifestieren sich erst bei obstruierendem Wachstum durch das Auftreten eines Ikterus.
8.9
Tumoren der Gallenblase und der Gallenwege
8.9.1 Benigne Tumoren Definition
Symptome. Benigne Gallenblasentumoren werden meistens zufällig bei Ultraschalluntersuchungen entdeckt. Selten verursachen sie eine Symptomatik. Gallengangstumoren manifestieren sich durch das Auftreten eines Ikterus.
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492
8 Gallenblase und Gallenwege
1 B-8.10
Papillomatose Ausgedehnte Papillomatose der Gallenblase.
Diagnose. Sie umfasst ERC, Sonographie, CT und ggf. MRT.
Diagnose. Die wichtigste Untersuchung ist die ERC, die das Ausmaß der
Therapie. Bei Gallenblasentumoren erfolgt die Cholezystektomie, bei Gallengangstumoren die vollständige Resektion des betroffenen Gangabschnittes.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist bei den gutartigen Neubildungen der
Prognose. Bei vollständiger Entfernung des betroffenen Gangabschnittes ist die Prognose gut.
Prognose. Die Prognose ist bei vollständiger Entfernung des betroffenen Gallengangsabschnittes gut, bei unvollständiger Entfernung besteht die Gefahr des Auftretens eines Rezidives mit erneuter Obstruktion sowie die Möglichkeit der Entwicklung eines Karzinoms.
8.9.2 Maligne Tumoren
8.9.2
Definition
Tumorausdehnung und seine Lokalisation innerhalb des Gallenwegssystems nachweist. Zur weiteren Abklärung erfolgt präoperativ die Durchführung einer CT sowie ggf. MRT (s. a. S. 472).
Gallenblase die Cholezystektomie, die insbesondere dann angezeigt ist, wenn nach einer dreimonatigen sonographischen Kontrolle eine Größenzunahme des Befundes nachweisbar ist. Benigne Tumoren der Gallenwege müssen vollständig reseziert werden, wobei die Resektionsverfahren abhängig von der Lokalisation sind und dem Vorgehen bei Malignomen entsprechen.
Maligne Tumoren
n Definition. Adenokarzinome machen über 95 % der Tumoren der extrahepatischen Gallenwege aus. Während Gallenblasenkarzinome hauptsächlich bei weiblichen Patienten älter als 50 Jahre (w : m = 3 : 1) beobachtet werden, finden sich Gallengangskarzinome etwas häufiger bei Männern (w : m = 1 : 1,2). Eine gleichzeitig vorliegende Cholelithiasis kann bei Gallenblasenkarzinomen in 70–98 % und bei Gallengangskarzinomen in 26–50 % der Fälle nachgewiesen werden.
Ätiopathogenese. Kausale Faktoren, die die Entstehung eines Gallenwegskarzinoms begünstigen, sind bisher nicht nachgewiesen.
Ätiopathogenese. Kausale Faktoren, die die Entstehung eines Gallenwegskarzinoms begünstigen, sind bisher nicht nachgewiesen. Die enge Assoziation zwischen Gallenblasensteinen und Gallenblasenkarzinom lässt allerdings vermuten, dass Gallensteine die Entwicklung von Tumoren begünstigen. Einige Erkrankungen (z.B. Choledochuszyste) stellen Risikofaktoren für die Entwicklung von Gallenwegskarzinomen dar. Äußerst selten ist die Entwicklung von atypischen papillären Epithelproliferationen im extra- und intrahepatischen Gangsystem (diffuse, biliäre Papillomatose).
Symptome. Klinisch manifestieren sich Gallenwegskarzinome meist erst im fortgeschrittenen Stadium.
Symptome. Klinisch manifestieren sich die extrahepatischen Gallenwegs-
karzinome meist erst im fortgeschrittenen Stadium. Bei Patienten mit Gallenblasenkarzinomen stehen dann unspezifische Symptome (Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust) im
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8.9.2 Maligne Tumoren Vordergrund. Ein Ikterus tritt erst bei Tumorinfiltration und Verschluss des Ductus choledochus auf. Frühe Stadien des Gallenblasenkarzinoms werden nur inzidenziell entdeckt, wenn im Rahmen einer Cholezystektomie wegen symptomatischer Cholelithiasis die histologische Untersuchung des Präparates ein Karzinom nachweist. Bei den extrahepatischen Gallenwegskarzinomen ist der progrediente schmerzlose Ikterus das Leitsymptom, welches insbesondere bei Karzinomen der Hepatikusgabel (sog. Klatskin-Tumoren) mit Tumorwachstum sowohl im Bereich des rechten wie linken Gallenganges/Leber häufig auf ein fortgeschrittenes Stadium hinweist.
Bei Gallenblasentumoren stehen unspezifische Oberbauchsymptome im Vordergrund, bei Gallengangstumoren das Auftreten eines schmerzlosen Ikterus.
Gallenblasenkarzinom
Gallenblasenkarzinom
Diagnose. Bei allen Patienten mit einem vermuteten Gallenblasenkarzinom
Diagnose. Oberbauchsonographie und CT dienen der Bestimmung der Tumorausdehnung bzw. Metastasierung ( 1 B-8.11).
muss eine Ultraschall- und computertomographische Untersuchung des Abdomens erfolgen, um die Tumorausdehnung zu bestimmen. Lässt sich mit diesen Untersuchungen eine Tumorinfiltration/Metastasierung in beiden Leberlappen nachweisen, so liegt ein nicht resektables Tumorstadium vor ( 1 B-8.11). In allen anderen Fällen sollte vor der chirurgischen Resektion eine ERC durchgeführt werden, um eine Gallengangsbeteiligung zu erfassen.
1 B-8.11
a CT.
Eine ERC wird zum Nachweis/ Ausschluss einer Gallengangsbeteiligung durchgeführt.
Gallenblasenkarzinom
b Intraoperativer Befund.
Ausgedehntes Gallenblasenkarzinom mit Leberinfiltration und peritumorösen Metastasen (Á).
Therapie. Das Ausmaß der chirurgischen Resektion richtet sich nach dem
Tumorstadium. Bei allen T1- und T2-Tumoren (meist Zufallsbefunde nach Cholezystektomie, Infiltration der Mukosa/Submukosa bzw. Subserosa/Serosa) sollte eine Nachresektion erfolgen, bei der bei T1-Tumoren 2–3 cm des die Gallenblase umgebenden Lebergewebes entfernt werden bzw. bei T2-Tumoren eine vollständige Resektion der Lebersegmente IV und V erfolgt. In beiden Fällen sollte eine Lymphadenektomie des Lig. hepatoduodenale ggf. bis zum Truncus coeliacus durchgeführt werden. Fortgeschrittene Tumorstadien (T3-T4-Tumoren mit Infiltration der Leber oder anderer Organe) weisen meist schon eine Lymphknotenmetastasierung auf. Die Therapie besteht bei auf den rechten Leberlappen beschränktem Wachstum in einer Leberteilresektion und Lymphadenektomie, ggf. in Kombination mit der Resektion infiltrierter Organe (z.B. rechte Kolonflexur).
Therapie. Frühe Tumorstadien (T1 und T2) werden durch Cholezystektomie, Resektion der angrenzenden Leberabschnitte und Lymphadenektomie des Lig. hepatoduodenale therapiert.
Bei fortgeschrittenem Tumorwachstum (T3 und T4) erfolgt eine ausgedehnte Leberresektion und ggf. die Resektion infiltrierter Organe (z.B. rechte Kolonflexur).
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494
8 Gallenblase und Gallenwege
Prognose. Da sich die Tumoren spät manifestieren und keine adjuvanten Therapieverfahren zur Verfügung stehen, ist die Prognose schlecht. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt in größeren Statistiken bei 5 %.
Prognose. Wegen der zumeist späten Manifestation ist die Prognose des
Gallengangskarzinome
Gallengangskarzinome
Klassifikation. Entsprechend ihrer Lokalisation unterscheidet man Tumoren des oberen, mittleren und unteren Drittels ( 1 B-8.12).
Klassifikation. Nach der anatomischen Lokalisation und dem sich daraus ergebenden Resektionsverfahren unterteilt man die Gallengangskarzinome in ( 1 B-8.12): π Tumoren des oberen Drittels (Hepatikusgabel-Einmündung Ductus cysticus = Klatskin-Karzinom) π Tumoren des mittleren Drittels (Einmündung des Ductus cysticus – Oberkante Duodenum) und π Tumoren des unteren Drittels (Oberkante des Duodenums – Papille).
Gallenblasenkarzinoms schlecht. Die allgemeine kurative Resektionsrate liegt bei 10–20 %; in weiteren 20–30 % kann eine palliative Resektion erfolgen. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt in größeren Statistiken bei 5 %. Adjuvante Therapieverfahren (Chemo-/Strahlentherapie) haben bisher keinen Stellenwert in der Behandlung des Gallenblasenkarzinoms.
1 B-8.12
Synopsis Einteilung der Gallenwegskarzinome (Drittelaufteilung)
proximales (oberes) Drittel
mittleres Drittel
distales (unteres) Drittel
Diagnose. Mittels ERC kann die Tumorausdehnung bestimmt werden; bei vollständigem Verschluss des Ganges muss zusätzlich eine PTC durchgeführt werden ( 1 B-8.13). Die ERC sollte in gleicher Sitzung mit der Implantation einer Pigtaildränage und Gewinnung einer Gewebeprobe/ Zytologie kombiniert werden. Oberbauchsonographie und CT dienen dem Nachweis von Metastasen, eine Angiographie dem Ausschluss einer Gefäßbeteiligung. Die Kombination von Cholangio- und Angio-MRT ermöglicht heute eine genaue Gallenwegsund Gefäßdarstellung.
Therapie. Tumoren des proximalen und mittleren Drittels werden durch Resektion der extrahepatischen Gallengänge
Diagnose. Die wichtigste Untersuchung zur Beurteilung der Tumorausdehnung ist die ERC, die bei vollständigem, nicht passierbarem Verschluss der Gallenwege mit einer PTC (perkutane transhepatische Cholangiographie) kombiniert werden muss, um die Ausdehnung des Tumors nach proximal zu bestimmen ( 1 B-8.13). Wenn möglich, sollte die ERC sofort mit der Einlage einer Pigtaildränage zur Wiederherstellung des Gallenabflusses kombiniert werden. Bei distal lokalisierten Tumoren kann ferner eine Biopsie aus dem tumorösen Bereich entnommen werden, bei proximal lokalisierten Befunden kann die Entnahme einer Bürstenzytologie versucht werden. Oberbauchsonographie und Computertomographie werden zum Ausschluss von Metastasen durchgeführt. Eine präoperative Angiographie mit indirekter Splenoportographie dient dem Ausschluss/Nachweis einer Gefäßinfiltration, welche in den meisten Fällen Irresektabilität bedeutet. Heute kann eine exakte Abbildung des Gallenwegs- und Gefäßsystems durch die Kombination einer Cholangio-MRT und einer Angio-MRT erfolgen. Therapie. Bei Tumoren des proximalen und mittleren Drittels wird eine
vollständige Resektion der extrahepatischen Gallenwege mit ausgedehnter Lymphadenektomie des Lig. hepatoduodenale und Cholezystektomie durch-
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495
8.9.2 Maligne Tumoren
1 B-8.13
ERC bei zentralem Gallengangskarzinom
a Langstreckige Stenose des linken Ductus hepaticus und kurzstreckiger Befall des rechten Ductus hepaticus und der Hepatiskusgabel.
b Abbruch des Kontrastmittels ( Á) im Leberhilus bei nicht passierbarer Stenose und fehlender Darstellung des intrahepatischen Gallenwegssystems.
geführt. Hat ein proximal wachsender Tumor bereits die Leber infiltriert, so wird der Eingriff um eine rechts- oder linksseitige Leberresektion bzw. eine zentrale Leberresektion erweitert. Die Rekonstruktion erfolgt meist über eine Y-Roux-Schlinge, die mit dem/ den proximalen Gallenwegsstümpfen anastomosiert wird. Bei distalen Gallenwegskarzinomen wird eine partielle Duodenopankreatektomie mit Lymphadenektomie durchgeführt (Whipple-Op). Als palliative Maßnahme kann bei nicht resektablen Karzinomen eine Afterloadingtherapie versucht werden. Hierzu wird operativ oder perkutan ein/ mehrere Führungskatheter in den Gallengang eingelegt, über den später die lokale Bestrahlung mit der Strahlenquelle (Iridium) erfolgt. Hierdurch kann in einigen Fällen der Gallenabfluss temporär wieder hergestellt werden. In jedem Fall sollte eine Entlastung der gestauten Gallenwege angestrebt werden. Dieses ist entweder endoskopisch über eine Pigtaildränage oder als Ultima ratio perkutan möglich. n Merke. Der in den meisten Fällen extreme, therapieresistente Juckreiz ist nur durch Ableitung der Galle zu lindern. Wegen der schweren Beeinträchtigung der Lebensqualität ist dies die vordringlichste Palliativmaßnahme.
Prognose. Da zentrale Gallenwegskarzinome zum Zeitpunkt ihrer Manifes-
tation (Ikterus) häufig bereits beide Ductus hepatici, das umgebende Leberparenchym, die Pfortader und die A. hepatica infiltriert haben, liegt die Resektabilitätsrate bei 30–50 %, die 5-Jahres-Überlebensraste bei 10–20 %. Tumoren des mittleren und distalen Drittels weisen eine etwas bessere Resektabilitätsrate sowie Überlebensrate auf. Adjuvante Therapieverfahren wie Chemo- oder perkutane Bestrahlungstherapie können die Prognose bisher nicht beeinflussen.
c Nach PTC Darstellung des dilatierten rechten Gallenwegssystems bei ausgeprägter tumorbedingter Destruktion der zentralen Gallenwege (Darstellung lediglich des Katheters).
(ggf. inkl. Leberresektion), Tumoren des distalen Drittels durch partielle Duodenopankreatektomie (WhippleOp) entfernt.
Als palliative Maßnahme kann eine lokale Bestrahlung als Afterloadingtherapie durchgeführt werden.
Zur palliativen Gallenwegsdränage stehen Pigtailkatheter bzw. die PTD zur Verfügung.
Merke
Prognose. Da häufig zum Zeitpunkt der Manifestation bereits ein infiltrierendes Wachstum, besonders bei zentralen Tumoren, vorliegt, ist die Prognose insgesamt schlecht. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 10–20 %.
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496 8.10
8 Gallenblase und Gallenwege
Papillentumoren
8.10.1 Benigne Tumoren
8.10
Papillentumoren
8.10.1
Benigne Tumoren
n Definition. Die benignen Tumoren der Papille (Papilla Vateri) sind tubuläre oder tubulovillöse Adenome. Sie werden gelegentlich als Zufallsbefund im Rahmen einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) entdeckt.
Definition
Symptome. Große Tumoren können einen Ikterus bzw. Symptome einer Magenausgangsstenose bedingen.
Symptome. Große Adenome können bei Verlegung der Papille einen Ikterus
Diagnose. Die Diagnostik umfasst eine π ÖGD mit Biopsien (ggf. vollständige Abtragung des Tumors) π ERCP und π Endosonographie.
Diagnose. Die wichtigste Untersuchung ist die ÖGD, bei der aus dem tumo-
Therapie. Kleine Adenome können endoskopisch abgetragen werden. Bei großen Adenomen erfolgt die lokale
Therapie. Kleinere Adenome können endoskopisch abgetragen werden. Bei großen Adenomen erfolgt die chirurgische Resektion, wobei die Papillenregion über eine Längsduodenotomie erreicht wird. Hilfreich ist es, wenn
1 B-8.14
verursachen bzw. bei Obstruktion des Duodenums die Symptome einer Magenausgangsstenose hervorrufen.
rösen Bereich sofort Biopsien entnommen werden sollten bzw. das Adenom sofort vollständig abgetragen wird. Eine ERCP muss zum Ausschluss/Nachweis einer Beteiligung des Gallengangs- und Pankreasgangssystems erfolgen, wobei bei ikterischen Patienten in gleicher Sitzung die Entlastung des Gallenganges durch Implantation eines Pigtailkatheters erfolgt. Bei großen Befunden sollte zum Ausschluss eines invasiven Wachstums eine Endosonographie durchgeführt werden (s. Kap. B-13.7, S. 609).
Papillenadenome
a Z.n. Duodenotomie und Choledochotomie mit Sondierung des Gallenganges und der Papille bei großem Adenom peripapillär.
b Z. n. Duodenotomie und Resektion eines großen Papillenadenoms. Pigtailkatheter sind noch im D. choledochus (grün) und D. pancreaticus (weiß) belassen, vor Anastomosierung der Gänge mit der Duodenalwand.
c Kontrollendoskopie 6 Monate nach Resektion eines Papillenadenoms und Reimplantation des D. choledochus und D. pancreaticus.
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497
8.10.2 Maligne Tumoren zuvor endoskopisch der Gallen- und Pankreasgang mit Pigtailkathetern geschient wurde ( 1 B-8.14). Das Adenom wird dann vollständig reseziert, die beiden Gänge in die Duodenalwand reimplantiert und die Duodenotomie verschlossen. Das Präparat wird zur intraoperativen Schnellschnittuntersuchung eingesandt, da im Falle einer malignen Entartung der Eingriff als partielle Duodenopankreatektomie fortgeführt werden muss.
Resektion über eine Duodenotomie ( 1 B-8.14).
Prognose. Bei vollständiger Entfernung ist die Prognose gut, ansonsten muss mit einem Rezidiv gerechnet werden.
Prognose. Bei vollständiger Entfernung gut.
8.10.2
Maligne Tumoren
8.10.2 Maligne Tumoren
n Definition. Der weitaus häufigste Tumor der Papille ist das Adenokarzinom. Dieses kann auch aus einem Adenom hervorgehen. Aufgrund der früh auftretenden Verschlusssymptomatik (Ikterus) sind die Malignome in den meisten Fällen resektabel.
Diagnose. Die Diagnostik umfasst: π
π
π
eine ERCP zur Beurteilung der Ausdehnung des Tumors im Bereich des distalen Gallen- und Pankreasganges ( 1 B-8.15) kombiniert mit einer Biopsie zur Verifizierung der Verdachtsdiagnose. Beim ikterischen Patienten wird der Gallengang in gleicher Sitzung mittels Pigtaildränage entlastet. eine Endosonographie zur Bestimmung der Invasionstiefe (s. Kap. B-13.7, S. 609) Oberbauchsonographie und CT zum Ausschluss einer Metastasierung.
1 B-8.15
Definition
Diagnose. Die Diagnostik umfasst: ERCP und Biopsie ( 1 B-8.15) π Endosonographie π Oberbauchsonographie und CT. π
ERCP zur Tumordiagnostik ERCP mit Nachweis einer papillennahen Stenose des Gallen- und Pankreasganges (Á) mit Dilatation beider Gangsysteme.
Therapie. Bei allen nicht metastasierten Tumoren wird eine partielle Duo-
Therapie. Bei resektablen Tumoren erfolgt eine partielle Duodenopankreatektomie mit Lymphadenektomie, bei nicht resektablen Tumoren die Anlage einer biliodigestiven Anastomose und Gastroenterostomie.
Prognose. Aufgrund der meistens frühen Manifestation liegt die Resektabi-
Prognose. Die Resektabilitätsrate liegt bei 75 %, die 5-Jahres-Überlebensrate bei 40 %.
denopankreatektomie mit radikaler Lymphadenektomie durchgeführt. Als palliative Maßnahme bei nicht resektablen Tumoren erfolgt eine Gallenableitung durch Anlage einer biliodigestiven Anastomose kombiniert mit der Anlage einer Gastroenterostomie (GE). Bei allgemeiner Inoperabilität ist die alleinige Pigtaildränage zur Wiederherstellung des Gallenabflusses indiziert. Adjuvante Therapien (Chemo-Strahlentherapie) haben keinen Stellenwert in der Behandlung des Papillenkarzinoms.
litätsrate der Papillenkarzinome mit ca. 75 % deutlich höher als die der Gallengangs- und Pankreaskopfkarzinome. Bei kurativer Resektion (partielle Duodenopankreatektomie) wird eine 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 40 % erreicht.
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498
8 Gallenblase und Gallenwege
8.11
8.11
Differenzialdiagnose des rechtsseitigen Oberbauchschmerzes
Differenzialdiagnose des rechtsseitigen Oberbauchschmerzes
Verschiedenste Erkrankungen können einen rechtsseitigen Oberbauchschmerz hervorrufen ( 2 B-8.3).
2 B-8.3
Differenzialdiagnose des rechtsseitigen Oberbauchschmerzes
n Cholezystitis/Cholezystolithiasis N N Ulcus ventriculi und duodeni n n akute Pankreatitis N N Nieren- und Ureterkolik n N akute Appendizitis n n Herzinfarkt (v.a. Hinterwandinfarkt) N N rechtsseitige, basale Pleuritis und Pneumonie n n N N n N n N n
akute intestinale Durchblutungsstörungen akut intermittierende Porphyrie Leberabszesse (Amöben) Lebertumoren
Differenzialdiagnostisch sind folgende Erkrankungen zu berücksichtigen: π Ulcus duodeni und ventriculi π Pankreatitis, insbesondere die biliäre Pankreatitis π Nieren- und Ureterkolik π akute Appendizitis π Herzinfarkt π rechtsseitige basale Pneumonie ( 2 B-8.3).
Differenzialdiagnostisch sind insbesondere das Ulcus duodeni oder ventriculi in Betracht zu ziehen (Ulkusanamnese). Durch eine endoskopische Abklärung kann das Ulkus gesichert oder ausgeschlossen werden. Des weiteren kommt auch eine akute Pankreatitis in Betracht (Alkoholanamnese), wobei auch eine Cholelithiasis sekundär zu einer Pankreatitis führen kann. Bei rechtsseitigen Nieren- oder Ureterkoliken strahlen die Schmerzen meistens in die rechte Leiste aus, das Nierenlager ist – wie bei der akuten Pyelonephritis – typischerweise klopf- und druckschmerzhaft. Neben einem pathologisch veränderten Urinsediment zeigt sich sonographisch ein gestautes Nierenbecken, die Steinlokalisation erfolgt im i.v. Urogramm. Die akute Appendizitis ist ebenfalls differenzialdiagnostisch bedeutsam. Insbesondere kann durch eine retrozäkal gelegene Appendix die Symptomatik einer akuten Cholezystitis vorgetäuscht werden. Herzinfarkte, insbesondere der Hinterwandinfarkt, können zu rechtsseitigen Oberbauchschmerzen führen. EKG und Bestimmung von CPK, SGOT, SGPT und LDH sichern die Diagnose. Eine weitere Differenzialdiagnose ist die rechtsseitige basale Pleuritis und Pneumonie. Hierbei findet man eine schmerzhafte Atmung, pathologische Auskultationsbefunde, bestätigt durch das Röntgenbild der Lunge. Weiterhin können akute intestinale Durchblutungsstörungen, Lungenembolien, die akut intermittierende Porphyrie, pyogene oder durch Amöben hervorgerufene Leberabszesse oder Lebertumoren differenzialdiagnostisch in Betracht kommen.
8.11.1 Funktionsstörungen (Dyskinesien)
8.11.1
Rezidivierende Schmerzzustände im rechten Oberbauch, evtl. begleitet von Übelkeit und Erbrechen sowie diskreter Cholestase sind Symptome der Gallenwegsdyskinesien (funktionelle Motilitätsstörungen). Ein organisches oder morphologisches Korrelat kann häufig nicht gefunden werden. Die Ursache sind Funktionsstörungen des Sphincter Oddi oder der Gallenblase durch vermutlich unkoordinierte
Rezidivierende Schmerzzustände im rechten Oberbauch unterschiedlicher Intensität bilden das wichtigste Symptom der Gallenwegsdyskinesien (funktionelle Motilitätsstörungen). Die Beschwerden erinnern insgesamt an eine Cholelithiasis, ohne dass jedoch ein morphologisches oder organisches Korrelat gefunden werden kann. Sie werden oft durch psychische Erregung ausgelöst, können von Übelkeit und Erbrechen begleitet sein und diskrete Zeichen einer intermittierenden Abflussbehinderung der Galle aufweisen. Ursächlich liegen sowohl hypertone Funktionsstörungen des Sphincter Oddi (Schließmuskel der Papilla Vateri) als auch hypo- oder hyperkinetische Funktionsstörungen der Gallenblase zugrunde, die vermutlich durch unkoordinierte nervale und hormonelle Regelmechanismen hervorgerufen werden.
Funktionsstörungen (Dyskinesien)
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499
8.12.1 Cholezystektomie Die Diagnose ist schwierig. Dyskinesien sind wahrscheinlicher, wenn zusätzlich noch andere funktionelle Beschwerden vorliegen, z.B. im Rahmen eines vegetativen Psychosyndroms. n Merke. Bevor die Diagnose »Dyskinesie« gestellt wird, müssen andere Oberbaucherkrankungen differenzialdiagnostisch abgeklärt und ausgeschlossen werden.
nervale und hormonelle Regelmechanismen.
Merke
8.12
Operative Therapie
8.12
8.12.1
Cholezystektomie
8.12.1 Cholezystektomie
Indikationen. Die Cholezystolithiasis gilt als Hauptoperationsindikation für die Cholezystektomie. Gallenblasenpolypen, -papillomatosen, Typhus, Mirizzi-Syndrom und v.a. maligne Erkrankungen der Gallenblase sind weitere Indikationen zur Cholezystektomie. π Absolute Indikation: Als absolute Indikation zur Cholezystektomie gelten: das Gallenblasenempyem, die freie Gallenblasenperforation und die trotz konservativer Behandlung rasch progrediente Cholezystitis. π Relative Indikation: Jede symptomatische Cholelithiasis sollte elektiv operiert werden. Weitere Indikationen sind: Gallenwegsdyskinesien, Gallenblasendeformitäten, Gallengangssteinverschluss, Z.n. chologener Pankreatitis und Typhusdauerausscheider ( 2 B-8.4).
2 B-8.4
Operative Therapie
Indikationen. Hauptoperationsindikation ist die Cholezystolithiasis. Absolute Indikation besteht bei Gallenblasenempyen, bei freier Gallenblasenperforation und bei akuter Cholezystitis. Relative Indikation: Jede symptomatische Cholelithiasis sollte operiert werden. Weitere Indikationen können sein: Gallenwegsdyskinesien, Gallenblasendeformitäten, Gallengangssteinverschluss, Z.n. chologener Pankreatitis und Typhusdauerausscheider ( 2 B-8.4).
Op-Indikationen zur Cholezystektomie
N Absolute Indikationen n π π π π π π
freie Gallenblasenperforation Gallenblasenempyem Gallensteinileus akute Cholezystitis biliodigestive Fisteln Gallengangssteinverschluss mit Ikterus bei nicht erfolgreicher endoskopischer Therapie
N Relative Indikationen n π π π π π π
jede symptomatische Cholelithiasis Gallenblasenpolypen Gallenblasenpapillomatosen Gallenblasendyskinesien Z.n. chologener Pankreatitis Typhusdauerausscheider
Laparoskopische Cholezystektomie
Laparoskopische Cholezystektomie
Die laparoskopische Cholezystektomie ist heute das Operationsverfahren der ersten Wahl bei der symptomatischen Cholezystolithiasis. Zur Technik und möglichen Komplikationen s. Kap. B-14.2.
Die laparoskopische Cholezystektomie ist heute das Operationsverfahren der ersten Wahl (s. Kap. B-14.2).
Zugangswege. Als universeller Zugang für alle Eingriffe am Gallensystem gilt der rechtsseitige Rippenbogenrandschnitt, der, je nach intraoperativem Befund nach rechts lateral sowie nach links erweitert werden kann. Weitere Zugangswege s. 1 B-8.16.
Zugangswege. Als universeller Zugang für alle Eingriffe am Gallensystem gelten der rechtsseitige Rippenbogenrandschnitt ( 1 B-8.16).
Operationsschritte. Zunächst erfolgt die Identifizierung des Ductus chole-
Operationsschritte. Nach Identifizierung der anatomischen Strukturen erfolgt die Durchtrennung von Ductus cysticus und A. cystica. Danach erfolgt das Ausschälen der Gallenblase aus dem Leberbett.
dochus und des Ductus hepaticus communis, des Ductus cysticus und der A. cystica im Lig. hepatoduodenale. Dann wird der Ductus cysticus durchtrennt, im Anschluss daran die A. cystica. Die Gallenblase wird entweder antegrad oder retrograd subserös aus dem Leberbett exstirpiert. Ggf. kann
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500
8 Gallenblase und Gallenwege
1 B-8.16
Synopsis Schnittführung für Eingriffe am Gallensystem 1 Rippenbogenrandschnitt 2 Transrektalschnitt 3 Schrägschnitt senkrecht zum Rippenbogen
1 2 3
eine Reserosierung des Leberbettes erfolgen. Dann erfolgt ggf. die Einlage von Dränagen und der schichtweise Bauchdeckenverschluss. Komplikationen. Die Komplikationsrate ist gering und umfasst Nachblutungen, Abszesse und Gallenfisteln.
Komplikationen. Die postoperative Letalität liegt bei Patienten mit einem
8.12.2 Choledochotomie und Choledochusrevision Indikationen. Die Indikation besteht bei bestehender Choledocholithiasis und nicht durchführbarer endoskopischer Therapie, in Kombination mit einer Cholezystektomie.
8.12.2
Technik. Nach Inzision des Gallenganges können mit Hilfe multipler Instrumente die im Gallengang vorliegenden Konkremente entfernt werden.
Technik. Die Inzision erfolgt in Längsrichtung, wobei bei ausgeprägter Frei-
Komplikationen sind Blutungen, Leckagen und alle Spätfolgen narbiger Strikturen.
Komplikationen. Als Komplikation der Choledochotomie kann es zum Auf-
unkomplizierten Gallensteinleiden bei ca. 0,1 %. Nachblutungen, Abszesse und Gallenfisteln treten bei weniger als 0,1 % der Patienten auf.
Choledochotomie und Choledochusrevision
Indikationen. Die Indikation zur Choledochotomie besteht zur Revision der
Gallengänge bei bestehender Choledocholithiasis und nicht durchführbarer endoskopischer Darstellung bzw. Therapie. Sie erfolgt in Kombination mit einer Cholezystektomie. Im Falle eines noch nicht voroperierten Patienten und Fehlen ausgeprägter entzündlicher Veränderungen führt man die Choledochotomie nach der Cholezystektomie und intraoperativen Cholangiographie zur Revision des Ductus choledochus durch. Dadurch sind die pathologischen und vor allem die anatomischen Verhältnisse bekannt.
präparation die Gefahr einer ischämischen Läsion besteht. Vielfach gelingt es, ein solitäres Konkrement zu entfernen, ggf. mit Hilfe von speziellen Gallensteinfasszangen oder einem Fogarty-Katheter zur Mobilisation der Steine. Weiterhin kann man den Gallengang anspülen, um dadurch vor allem multiple kleine Konkremente schonend zu entfernen. Abschließend muss eine Sondierung und ggf. Bougierung der Papille erfolgen, um einen Abfluss ins Duodenum sicherzustellen. Der Verschluss des Gallenganges erfolgt über einem eingelegten T-Drän (s.u.). Danach wird eine Dränage in das Operationsgebiet eingelegt und der Bauchdeckenverschluss durchgeführt.
treten von Blutungen sowie Leckagen an der Inzisionsstelle kommen. Als Spätfolge kann eine narbige Striktur auftreten.
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501
8.12.4 Biliodigestive Anastomosen 8.12.3
T-Dränage
8.12.3 T-Dränage
Indikationen. T-Dränagen werden nach Eingriffen an den Gallengängen
Indikationen. T-Dränagen werden nach Eingriffen an den Gallengängen in den Gallengang eingelegt, um mit Ableitung des Gallensekretes nach außen eine Entlastung der Anastomosenregion herbeizuführen.
Technik. Nach entsprechendem Zuschneiden wird das T-Drän in den eröff-
Technik. Nach entsprechendem Zuschneiden wird das T-Drän in den eröffneten Gallengang eingelegt ( 1 B-8.17).
(z.B. Gallengangsrevisionen, End-zu-End-Anastomose nach Gallengangsstrikturen oder Gallengangsresektionen) in den Gallengang eingelegt, um eine Ableitung des Gallensekretes nach außen zu gewährleisten und eine Entlastung der Anastomosenregion herbeizuführen. Nach den Manipulationen ist das Gallengangsepithel häufig erodiert und der Sphincter Oddi spastisch kontrahiert, sodass ein Abfluss ins Duodenum nicht gewährleistet ist.
neten Gallengang eingelegt ( 1 B-8.17). Mit der Naht des Gallenganges erfolgt gleichzeitig eine Fixierung der T-Dränage.
1 B-8.17
Synopsis Gallengangsrevision: Einlage eines T-Dräns
D. hepaticus communis
Nach Einlegen des T-Dräns wird der D. choledochus mit feinen resorbierbaren Nähten verschlossen.
D. cysticus
D. choledochus
Nach einigen Tagen erfolgt der radiologische Nachweis des freien Gallenabflusses. In Abhängigkeit von der Indikation zur Einlage der T-Dränage und der vorliegenden Veränderungen wird das T-Drän daraufhin entweder entfernt oder ggf. noch belassen. Erst nach Entfernung der T-Dränage wird die Dränage des Operationsgebietes entfernt, damit auftretende Leckagen nach außen abgeleitet werden können.
Komplikationen. Bei fehlender oder sistierender Gallensekretion muss an eine Dislokation gedacht werden.
8.12.4
Biliodigestive Anastomosen
Indikationen. Die häufigste Indikation für eine biliodigestive Anastomose sind Umgehungsanastomosen bei allen nicht mehr radikal resektablen Tumorverschlüssen der Gallenwege und der Papille. Hierdurch wird ein leberwärts der Abflussbehinderung gelegener Gallengangsabschnitt mit dem Magen-Darm-Trakt verbunden. Konkurrierend bestehen endoskopische Verfahren in Form transpapillärer oder perkutaner transhepatischer Gallengangsdränagen. Eine Indikation zur biliodigestiven Anastomose kann ebenfalls gegeben sein bei postpankreatitischen Stenosen, nicht zu beseitigenden Strikturen oder Stenosen des distalen Gallengangsabschnittes einschließlich der Papille sowie nach akzidentellen Choledochusverletzungen, sofern eine endoskopische Therapie nicht möglich ist. Technik. Folgende Verfahren sind möglich: π π
Hepatiko-(Choledocho-)Jejunostomie (häufigste Form) ( 1 B-8.18) Hepatiko-(Choledocho-)Duodenostomie (End-zu-End; End-zu-Seit) (selten indiziert)
Komplikationen. Es kann zu einer vorzeitigen Dislokation mit Gallenleckage kommen. 8.12.4 Biliodigestive Anastomosen Indikationen. Häufigste Indikation sind alle nicht mehr resektablen Tumorverschlüsse der Gallenwege und der Papille. Weitere Indikationen bestehen bei postpankreatitischen Stenosen, nicht zu beseitigenden Strikturen oder Stenosen des distalen Gallengangsabschnittes und der Papille sowie bei akzidentellen Choledochusverletzungen. Technik. Folgende Verfahren sind möglich: π Hepatiko-(Choledocho-)Jejunostomie (häufigste Form) ( 1 B-8.18 ) π Hepatiko-(Choledocho-)Duodenostomie (End-zu-End; End-zu-Seit) (selten indiziert)
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502 π π π
Cholezysto-Duodeno-Jejunostomie transpapilläre Endoprothesen transhepatische Dränagen.
8 Gallenblase und Gallenwege π π π
Cholezysto-Duodeno-Jejunostomie (sehr selten indiziert) transpapilläre Endoprothesen (meist endoskopisch) transhepatische Dränagen.
1 B-8.18
Synopsis Hepatikojejunostomie nach der Roux-Y-Technik
1
Nach Durchtrennung des Jejunum ca. 20 cm distal des TreitzBandes wird das aborale Ende blind (1) verschlossen und der Dünndarm hinter der rechten Kolonflexur hochgezogen. Das orale Ende des Jejunums (2) wird ca. 40 cm distal der Gallengangsanastomose End-zu-Seit anastomosiert.
2
Bei der Hepatiko-Jejunostomie wird eine 40 cm lange, aus der Passage ausgeschaltete obere Jejunumschlinge verwendet, die in Roux-Y-Technik anastomosiert wird ( 1 B-8.18).
Bei der am häufigsten durchgeführten Hepatikojejunostomie wird das Jejunum ca. 20–30 cm distal der Flexura duodenojejunalis (Treitz-Band) durchtrennt, ebenso wie das dazugehörige Mesenterium unter Berücksichtigung der Durchblutung. Das aborale Ende wird verschlossen und retrokolisch in den Oberbauch verlagert. Das orale Ende des Dünndarms wird ca. 40 cm vom verschlossenen Ende entfernt End-zu-Seit mit dem Dünndarm anastomosiert (Roux-Y-Technik) ( 1 B-8.18).
1 B-8.19
Synopsis Anlage der Hepatikojejunostomie Die Anlage der zentralen Hepatikojejunostomie kann End-zu-Seit mit fortlaufenden oder Einzelknopfnähten mit feinem, resorbierbarem Nahtmaterial erfolgen.
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503
8.12.7 Palliative operative Maßnahmen Zur Anlage der Hepatikojejunostomie wird kurz vor dem verschlossenen Ende der Dünndarm längsseitig eröffnet und dann der Gallengang in diese Öffnung End-zu-Seit eingenäht ( 1 B-8.19).
Zur Anlage der Hepatikojejunostomie wird der Gallengang End-zu-Seit am Dünndarm eingenäht ( 1 B-8.19).
Komplikationen. Als Komplikationen können auftreten: Blutungen und
Komplikationen. Blutungen, Nahtdehiszenz mit Gallenleck. Als Spätkomplikation kann es zu einer Stenose kommen.
Nahtdehiszenz mit Gallenleck. Als Spätkomplikation kann eine Stenose an der Anastomose auftreten, die sich auch noch nach Jahren unter dem Zeichen der intermittierenden Cholangitis manifestieren kann.
8.12.5
Endoskopische Eingriffe an der Papille
S. Kap. B-13.7.
8.12.6
Papillenplastik und Papillenresektion
Indikationen. Bei großen, endoskopisch nicht abtragbaren Adenomen
sowie bei nachgewiesener Papillenstenose, wenn eine endoskopische Papillotomie nicht möglich ist (z.B. nach Billroth-Magenresektion) besteht eventuell die Indikation zur Papillenplastik (selten).
8.12.5 Endoskopische Eingriffe an der Papille S. Kap. B-13.7.
8.12.6 Papillenplastik und Papillenresektion Indikationen. Die Indikation ist bei großen, endoskopisch nicht abtragbaren Adenomen sowie bei endoskopisch nicht therapierbarer Papillenstenose gegeben.
Technik. Die Therapie umfasst die Adenomabtragung oder die Entfernung
Technik. Die Therapie umfasst die transduodenale Sphinkteroplastik. Nach Duodenotomie wird die Vorderwand der Papille inzidiert und der Gallengang am Duodenum fixiert.
Komplikationen. Als Komplikationen der operativen Intervention kann es zu einer Verletzung von Ductus Wirsungianus und/oder choledochus kommen, welche meist zum Auftreten narbiger Strikturen führt. Begleitend findet man Pankreatitiden und Cholangitiden.
Komplikationen. Es kann zu einer Verletzung von Ductus Wirsungianus und/oder choledochus kommen mit narbigen Strikturen sowie zu Pankreatitiden und Cholangitiden.
des transampullären Septums. Das Duodenum wird an der Vorderwand auf Höhe der Einmündungsstelle der Papille inzidiert. Hierdurch kommen das Adenom an der Papille oder das Septum zwischen Gallengang und Ductus Wirsungianus zur Darstellung. Das Adenom kann nach Identifikation des Pankreasganges entfernt werden.
8.12.7
Palliative operative Maßnahmen
n Merke. Bei allen nicht mehr radikal operablen Tumorverschlüssen der Gallenwege und endoskopisch nicht dränierbaren Tumoren kommen palliativ operative Maßnahmen zum Tragen.
Palliative Hepato-Jejunostomie
8.12.7 Palliative operative Maßnahmen Merke
Palliative Hepato-Jejunostomie
Nach Leberteilresektion – am ehesten Lebersegment III – wird, wenn möglich, der linke Ductus hepaticus, sonst ein Segmentgallengang, an ein ausgeschaltetes Dünndarmsegment anastomosiert. Das Dünndarmsegment ist durch Roux-Anastomose aus der Darmpassage ausgeschaltet.
Perkutane transhepatische Dränage
Perkutane transhepatische Dränage
Nur als Ultima ratio zu betrachten. Diese Methode dient nur der Ableitung des Gallensekretes nach außen über eine perkutane Punktion der Leber und Einlage einer Sonde.
Nur als Ultima ratio zu betrachten.
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504 8.12.8
8 Gallenblase und Gallenwege Postcholezystektomiesyndrom
Definition
Andere Ursachen müssen berücksichtigt und weiter abgeklärt werden.
Merke
8.12.8
Postcholezystektomiesyndrom
n Definition. Unter diesem Begriff wird ein unklarer Beschwerdekomplex zusammengefasst, der im Anschluss an eine Cholezystektomie (in etwa 10–25 %) auftritt oder weiterbesteht.
Der Begriff ist verwirrend und aus chirurgischer Sicht nicht korrekt, da ein Wiederauftreten oder eine Persistenz der Beschwerden im Regelfall nicht kausal mit der Cholezystektomie zusammenhängen. Vielmehr müssen andere Ursachen berücksichtigt werden (s. Differenzialdiagnose des rechtsseitigen Oberbauchschmerzes, S. 197) und vor der Diagnosestellung »Postcholezystektomiesyndrom« ausgeschlossen werden. n Merke. Meist ist ein »Postcholezystektomiesyndrom« nur Ausdruck dafür, dass die von den Patienten vor der Cholezystektomie angegebenen Beschwerden fälschlich auf eine zufällig bestehende Cholezystolithiasis projiziert werden.
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505 9
Leber
9
Leber
9.1
Anatomie
Bernd Kremer 9.1
Anatomie
Die Leber als größtes parenchymatöses Organ des Menschen macht bei der Geburt etwa 5 % und beim Erwachsenen 2,5 % des Körpergewichtes aus. Das Gewicht beträgt durchschnittlich 1,5 kg. Ihre Größe, die geschützte Lage im rechten Subphrenium und die potenzielle Regenerationsfähigkeit unterstreichen ihre zentral lebenswichtige Funktion. Der intraabdominelle Druck sowie die Ligg. coronaria (Umschlag des parietalen zum viszeralen Peritonealblatt der Leber) fixieren die Leber im rechten Oberbauch, dabei projiziert sich ventral die rechte Leberkuppe auf den proximalen Rand der V. Rippe und der proximale Rand des linken Leberlappens auf die VI. Rippe. Die Ligg. coronaria sind beidseits im Bereich des lateralen Umschlags von der parietalen zur viszeralen Seite der Leber verstärkt und bilden hier die Ligg. triangularia dexter und sinister. Das Lig. falciforme trennt anatomisch den rechten vom linken Leberlappen, zieht ventral zur Bauchdecke und bildet sich kranial aus der Zwerchfellaufhängung der Ligg. coronaria und geht kaudal in das Lig. teres hepatis über, welches sich mit der Chorda venae umbilicalis bis zum Nabel erstreckt. Die Blutversorgung der Leber erfolgt einerseits aus der A. hepatica, zum anderen aus der Pfortader. Dabei macht der Anteil der arteriellen Durchblutung beim Gesunden etwa 1/3 und der der portalen Blutversorgung 2/3 des Gesamtblutdurchflusses der Leber von ca. 25 % des Herzzeitvolumens (1500 ml/min) aus. Die venöse Dränage der Leber erfolgt über den rechten, medianen und linken Lebervenenstamm am Zwerchfell direkt in die V. cava inferior. Entsprechend der segmentalen Versorgung durch je einen Gallengang, Pfortader- und Arterienast werden an der Leber nach Couinauld 8 Segmente unterschieden ( 1 B-9.1). Dabei werden in der Regel die 4 linken Segmente von der linken Leberarterie, dem linken Pfortaderstammast und dem linken D. hepaticus und entsprechend die 4 rechten Lebersegmente von dem rechtsseitigen arteriellen, portalen und Gallenwegssystem versorgt.
1 B-9.1
Das Gewicht der Leber entspricht bei der Geburt 5 % und im Erwachsenenalter 2,5 % des Körpergewichtes.
Die Fixation der Leber im rechten Oberbauch erfolgt durch die Ligg. coronaria (= peritonealer Umschlag), die Ligg. triangularia, das Lig. falciforme, das Lig. teres sowie den intraabdominellen Druck.
Die Blutversorgung der Leber erfolgt zu einem Drittel arteriell aus der A. hepatica und zu zwei Dritteln portalvenös aus der Pfortader. Unmittelbar subphrenisch dränieren die rechte, mediane und linke Lebervene direkt in die V. cava inferior. Nach Couinauld werden an der Leber 8 Segmente unterschieden, die je von einem separaten Gallengang, Arterienund Pfortadersegmentast und einer Segmentvene versorgt bzw. dräniert werden ( 1 B-9.1).
Synopsis Segmentale Aufteilung der Leber nach Couinauld
V. cava
Lig. falciforme hepatis
Die Segmente I (parakaval links, nicht abgebildet), II, III, IV a + b repräsentieren die linke Leberhälfte, V, VI, VII und VIII die rechte.
VIII VII
II
IVa
III IVb V VI
V. portae A. hepatica V. lienalis
D. choledochus
V. mesenterica superior
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506 Entsprechend ihrer Versorgung durch die rechte oder linke Leberarterie, den rechten oder linken Pfortaderstammast und den rechten oder linken Ductus hepaticus werden die Segmente I, II, III und IV der linken Leberhälfte und die Segmente V, VI, VII und VIII der rechten Leberhälfte zugerechnet ( 1 B-9.2). Der anatomische linke Leberlappen repräsentiert entsprechend der Trennungslinie des Lig. falciforme nur die beiden Segmente II und III; dagegen wird der anatomische rechte Leberlappen von den Segmenten IV–VIII gebildet.
9 Leber Da zwischen dem rechten und linken Versorgungssystem keine relevanten Querverbindungen bestehen, wird entgegen der anatomischen Lappeneinteilung chirurgisch der Versorgung entsprechend eine rechte und linke Leberhälfte unterschieden, wobei die Segmente I–IV zur linken, und die Segmente V–VIII zur rechten Leberhälfte gehören. Die Grenze zwischen rechter und linker Leberhälfte bildet dabei der Sulcus medialis, welcher vom Gallenblasenbett zum rechten Rand der V. cava zieht ( 1 B-9.2). Der anatomische linke Leberlappen (Trennungslinie = Lig. falciforme) entspricht also nur den beiden Segmenten II und III, während der anatomische rechte Leberlappen den Segmenten IVa und b, V, VI, VII und VIII entspricht.
1 B-9.2 A
Synopsis Anatomische und chirurgische Lebergrenzen zur Definition der Leberresektionen
rechts
VII
VIII
V
links
IVa
Die Einteilung A entspricht der anatomischen Definition eines rechten und linken Leberlappens, die Einteilung B der chirurgischen Definition einer rechten und linken Leberhälfte.
II
I III
IVb
VI
B
9.2
Pathophysiologie
Die wesentlichen Funktionen der Leber können wie folgt zusammengefasst werden. π Speicherfunktion: In der Leber werden Glykogen, Fett, Vitamine und andere Substanzen, z.B. zur Blutbildung oder Regeneration, gespeichert. π Synthese/Metabolismus: Von der Leber werden Plasmaproteine, Cholesterin, Gallensäuren und Harnstoff synthetisiert. Eng damit verknüpft sind metabolische Leistungen wie Proteolyse, Lipolyse und Entgiftung. π Entgiftungsfunktion: Die Metabolisierung von Giftstoffen erfolgt durch Oxidierung und Glukuronidierung durch Exkretion in wasserlöslicher Form mit der Galle. π Exkretion: Produktion von 500–1500 ml Galle/d. Ausscheidung von Gallensäuren, Bilirubin, Cholesterin, Phospholipiden, Medikamenten und anderen Metaboliten. Die Funktion der Leber ist vital essenziell und kann von keinem anderen Organsystem kompensiert werden.
9.2
rechts
links
Pathophysiologie
Die Leber repräsentiert das zentrale Stoffwechselorgan des Organismus. Ihre wesentlichen Funktionen können wie folgt zusammengefasst werden: π Speicherfunktion: In der Leber werden Glykogen und Fett (Glukoneogenese; Fettsäureoxidation) sowie z.B. Vitamine gelagert. π Syntheseleistung/Metabolismus: Die Leber synthetisiert Plasmaproteine (Albumin, Gerinnungsfaktoren, Cholinesterase, Transferrin), Cholesterin, Gallensäuren und Harnstoff. Eng verbunden mit dieser Syntheseleistung sind metabolische Stoffwechselleistungen wie Proteolyse und Lipolyse sowie ein der Entgiftung dienender Metabolismus. π Entgiftungsfunktion: Giftstoffe werden in der Leber durch Oxidierung und Glukuronidierung metabolisiert und in wasserlöslicher Form (z.B. Koppelung an Sulfat = Steroidhormone) in der Galle ausgeschieden (Phase-Iund -II-Metabolismus). Weiterhin werden Schadstoffe dem Blut durch Phagozytose der v. KupfferSternzellen entzogen. π Exkretionsfunktion: Von der Leber wird die Galle produziert und über die Gallenwege in das Intestinum dräniert (500–1500 ml/d). Über die Galle werden Gallensäuren, Bilirubin und Cholesterin ausgeschieden, dazu Phospholipide, Medikamente, Stoffwechsel- und andere Metabolite. Aufgrund der Komplexität und Heterogenität der Leberfunktionen kann ihre Funktion von keinem anderen Organ kompensatorisch übernommen werden. Der komplette Funktionsausfall führt unbehandelt (z.B. Lebertransplantation) zwangsläufig zum Tode, da derzeit kein künstliches Leberersatzsystem zur Verfügung steht.
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507
9.3.1 Klinische Untersuchung Der partielle, komplette oder nahezu komplette Ausfall der Leberfunktion (z.B. bei der fulminant verlaufenden HBV-Infektion, beim primären Transplantatversagen nach Lebertransplantation oder auch nach ausgedehnten Leberresektionen) ist deshalb ein gefürchtetes, immer lebensbedrohliches Krankheitsbild. Aus der Funktion der Leber können klinisches Bild und Verlauf des Leberausfalls mit Hypoglykämie, Absinken des Harnstoffspiegels und der Cholinesterase, Anstieg des Bilirubins und Ammoniaks, zunehmender Blutgerinnungsstörung bei Abnahme der »leberabhängigen« Gerinnungsfaktoren abgeleitet werden. Die terminale Situation der persistierenden Leberinsuffizienz ist gekennzeichnet von Niereninsuffizienz (hepatorenales Syndrom), respiratorischer und kardialer Insuffizienz, Hypothermie. Durch supportive Therapie der Einzelfunktionen wie Gabe von Frischplasma und Gerinnungsfaktoren, »titrierter« Glukosezufuhr, Hämofiltration, Beatmung und medikamentöser Kreislaufunterstützung kann ein Funktionsausfall der Leber auf Zeit (wenige Tage) überbrückt werden, bis sich entweder die Funktion durch Regeneration des Leberparenchyms erholt oder der Patient im Rahmen eines Transplantationsprogramms lebertransplantiert werden kann.
Ein partieller oder totaler Funktionsausfall der Leber ist deshalb immer lebensbedrohlich. Die klinische Symptomatik der Leberinsuffizienz ergibt sich aus der physiologischen Funktion: Abfall von: π Blutzucker π Harnstoffspiegel π Gerinnungsfaktoren π Cholinesterase. Anstieg von: π Ammoniak π Bilirubin π Endotoxinen. Terminales Stadium: π Niereninsuffizienz π respiratorische Insuffizienz π Herzinsuffizienz π Hypothermie. Therapie: Unterstützung der Einzelfunktionen: Frischplasma, Gerinnungsfaktoren, adaptierte Glukosezufuhr, Hämofiltration, Beatmung, Katecholamine. Ziel: Regeneration oder Lebertransplantation.
9.3
Diagnostik
9.3
9.3.1
Klinische Untersuchung
9.3.1 Klinische Untersuchung
Diagnostik
Anamnese
Anamnese
Um eine gründliche Anamnese erheben zu können, muss der Untersucher das Spektrum möglicher Erkrankungen und deren Ursachen vor Augen haben, da gerade in der Diagnostik von Lebererkrankungen richtig gestellte Fragen zu wegweisenden Hinweisen führen können:
Um bei der Anamneseerhebung zielgerichtete Fragen stellen zu können, muss der Untersucher das Spektrum möglicher Lebererkrankungen vor Augen haben. Verdachtsdiagnose: Virushepatitis, Leberzirrhose, Verschlussikterus: Fragen nach: Müdigkeit, Leistungsknick, Übelkeit, Juckreiz, Ikterus, Dunkelfärbung des Urins, Hellfärbung des Stuhls, Alkoholkonsum, Kontakt zu Personen mit infektiöser Hepatitis, Auslandsreisen, Schmerzen, Bluterbrechen. Verdachtsdiagnose: primäre und sekundäre Lebertumoren: Fragen nach: Druckgefühl, Schmerzen im rechten Oberbauch, schnellem Völlegefühl nach dem Essen, bekannter Leberzirrhose, vorausgegangenen Operationen, Kontrazeptiva.
Verdachtsdiagnose: Virushepatitis, Leberzirrhose, Verschlussikterus: Fragen nach: Müdigkeit und Leistungsknick, Übelkeit und Juckreiz, Ikterus, Verfärbung von Stuhl (hell) und Urin (dunkel), Alkoholkonsum, Kontakt zu Patienten mit infektiöser Hepatitis, Auslandsreisen in Länder mit erhöhtem Infektionsrisiko, Schmerzen in Verbindung mit dem Auftreten des Ikterus (DD: Stein/Tumor), Bluterbrechen bei Ösophagusvarizen. Verdachtsdiagnose: primäre und sekundäre Lebertumoren: Fragen nach: Druckgefühl oder Schmerzen im rechten Oberbauch (nur wenn die Raumforderung in der Leber so groß ist, dass die Leberkapsel unter Spannung gerät), frühem Völlegefühl nach dem Essen (Raumforderung besonders in der linken Leber mit Verdrängung des Magens), Alkoholkonsum oder durchgemachter HBV/HCV-Infektion mit bekannter Leberzirrhose (erhöhtes HCC-Risiko), vorausgegangenen Operationen (Z.n. Operation eines intestinalen Malignomes mit möglicher sekundärer Lebermetastasierung), Kontrazeptivaeinnahme (FNH, Adenom).
Inspektion und Untersuchung
Inspektion und Untersuchung
Unter der Verdachtsdiagnose einer Lebererkrankung sind folgende Symptome besonders zu berücksichtigen: Foetor ex ore, Farbe von Haut und Skleren (Ikterus?), Kratzspuren besonders an den Extremitäten (Juckreiz bei Ikterus), Existenz von Spider-Naevus und einem Palmarerythem, Zeichen eines Umgehungskreislaufes (Caput medusae), Aszites, fehlende Körperbehaarung, Muskelatrophie. Bei der Palpation entspricht der distale Leberrand normalerweise dem Rippenbogen, bei tiefer Inspiration wird der Leberrand unter dem rechten Rippenbogen tastbar und beurteilbar, das heißt: glatt und scharf = normal; feinoder grobknotig mit Verplumpung des Randes = Leberzirrhose; Druckschmerzhaftigkeit = Verdacht auf entzündliche Veränderungen oder auch einen Lebertumor. Die Größenbestimmung des Organes wird durch die Perkussion (»Leberdämpfung«) vervollständigt.
Auf eine Lebererkrankung hinweisende Symptome sind: Foetor ex ore, Ikterus, Kratzspuren der Haut, Spider-Naevus, Palmarerythem, Caput medusae, Aszites, fehlende Körperbehaarung und Muskelatrophie. Die Palpation der Leber erlaubt eine Beurteilung der Organgröße, der Konsistenz und der Oberflächenbeschaffenheit (glatt und scharf, grob oder feinknotig mit abgerundetem Rand). Die Größenbestimmung des Organes wird durch die Perkussion (»Leberdämpfung«) vervollständigt.
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508 9.3.2
9 Leber Labordiagnostik
Die in der Routinelabordiagnostik erfassten Parameter spiegeln im Sinne eines Rasters die wesentlichen Funktionen der Leber wider und lassen so Rückschlüsse auf die Ursachen einer gestörten Funktion zu: π Speicherfunktion: Die Routinediagnostik bietet hier keine sicher verwertbaren Parameter. π Syntheseleistung: Serumalbumin, CHE, Cholesterin und besonders die »leberabhängigen« Gerinnungsfaktoren mit kurzer Halbwertszeit spiegeln die aktuelle Syntheseleistung der Leber wider. π Entgiftungsfunktion: Eine Störung dieser Partialfunktion wird durch den Ammoniakspiegel charakterisiert. π Exkretionsfunktion: Erhöhte Bilirubinwerte in Verbindung mit erhöhten Werten der AP und der g -GT weisen auf eine gestörte Exkretionsfunktion hin. π Weitere Hinweise: Pathologische Werte »leberspezifischer« Enzyme (GOT = AST; GPT = ALT) sind Ausdruck einer gestörten zellulären Integrität der Hepatozyten.
Da die GLDH zellulär in den Mitochondrien lokalisiert ist, spiegelt eine Serum-GLDH-Erhöhung eine schwerwiegende irreversible Zellschädigung wider.
9.3.3
Apparative Diagnostik
9.3.2
Labordiagnostik
Entsprechend der vielfältigen Funktionen der Leber können »leberspezifische« Laborparameter Hinweise auf eine z.B. gestörte Exkretions- oder Synthesefunktion geben oder auch den Grad einer entzündungsbedingten Leberzellschädigung widerspiegeln. Den verschiedenen grundsätzlichen Leberfunktionen können in der Routinelabordiagnostik erfasste Parameter zugeordnet werden, die auf eine Störung dieser speziellen Funktion hindeuten: π Speicherfunktion: Die Parameter der Routinediagnostik geben keine verwertbaren Hinweise auf eine gestörte Funktion. π Syntheseleistung: Erniedrigte Werte für Serumalbumin, Cholinesterase (CHE) und Cholesterin, insbesondere in Verbindung mit erniedrigten Werten der »leberabhängigen« Gerinnungsfaktoren (besonders Faktor II, V und VII) weisen auf eine Synthesefunktionsstörung hin. Der Quickwert als orientierender Parameter lässt bei Ausschluss eines Vitamin-K-Mangels wegen seiner kurzen Halbwertszeit von wenigen Stunden auch kurzfristige Änderungen der Syntheseleistung der Leber erkennen. π Entgiftungsfunktion: Bei Verdacht auf eine gestörte Funktion (z.B. somnolenter/komatöser Patient) sollte der Ammoniakspiegel bestimmt werden. π Exkretionsfunktion: Eine Hyperbilirubinämie in Verbindung mit erhöhten Werten der alkalischen Phosphatase (AP) und der Gamma-GlutamylTranspeptidase (g-GT) kann auf eine gestörte Exkretionsfunktion hinweisen. π Weitere spezifische Hinweise: Eine Erhöhung »leberspezifischer« Enzyme wie der Glutamat-Oxalazetat-Transaminase (GOT; angloamerikanisches Schrifttum: AST) und der Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT; angloamerikanisches Schrifttum: ALT) weisen auf eine Störung der zellulären Integrität der Leberzelle hin. Eine Erhöhung der Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) im Serum ist hinsichtlich des vorliegenden Zellschadens schwerwiegender einzustufen als ein Anstieg der GOT/GPT, da die GLDH ausschließlich in den Mitochondrien der Hepatozyten vorkommt und somit eine schwere, irreversible Schädigung der Hepatozyten repräsentiert.
9.3.3
Apparative Diagnostik
Die explorative Laparotomie gehört angesichts fortlaufend verbesserter bildgebender Verfahren zu den indikatorischen Raritäten.
Der diagnostische Fortschritt aller bildgebenden Verfahren hat dazu geführt, dass eine explorative Laparotomie wegen eines nicht klärbaren Leberbefundes heute zu den indikatorischen Raritäten gehört.
Sonographie
Sonographie
Die Sonographie der Leber repräsentiert das Untersuchungsverfahren der Wahl zur orientierenden Diagnostik, da es nicht invasiv und nicht strahlenbelastend ist. Der diagnostische Indikationsbereich schließt folgende Verdachtsdiagnosen ein: π Steine der intra- und extrahepatischen Gallenwege π primäre und sekundäre Tumoren der Leber π Leberparenchymschäden π Lebertrauma. Computertomographie (CT)
Die Sonographie der Leber ist das am wenigsten invasive bildgebende Verfahren der Wahl zur orientierenden Abklärung, welches, da nicht strahlenbelastend, jederzeit wiederholt werden kann. Der Einsatzbereich der Sonographie schließt die Abklärung von Steinen in den intra- und extrahepatischen Gallenwegen, primärer und sekundärer Tumoren der Leber und die Erfassung von Leberparenchymschäden wie Leberverfettung oder Zirrhose ein. Weiterhin hat beim stumpfen Bauchtrauma mit Verdacht auf eine Leberverletzung die Sonographie die Peritoneallavage als Untersuchungsverfahren der ersten Wahl abgelöst, da sie z.B. die Leberruptur direkt oder frisches Blut um die Leber herum nachweisen kann.
Der wesentliche diagnostische Indikationsbereich der CT betrifft die primären und sekundären Lebertumoren. Neben dem topographischen Nachweis eines Tumors lässt die CT bei »klassischem Befund« auch Rückschlüsse auf die Genese zu.
Der diagnostische Schwerpunkt der CT ist in der Abklärung primärer und sekundärer Lebertumoren zu sehen. Die CT erlaubt bei »klassischem Befund« die direkte Diagnose (z.B. »Echinokokkuszyste« bei Nachweis einer verkalkten, scheinbar septierten Zyste). In Kombination mit einem i.v. Kontrastmittelbolus oder einer Arterio-/Portographie können Aussagen über die Gefäßversorgung und die Topographie eines Tumor zu den großen Gefäßen der Leber gemacht werden ( 1 B-9.3). Hier leistet die Computertomographie
Computertomographie (CT)
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509
9.3.3 Apparative Diagnostik einen wesentlichen Beitrag zur Beurteilung der Operabilität und der Operations- bzw. Therapieplanung (z.B. Embolisation vor Operation).
1 B-9.3
Angio-CT der Leber Der zentrale Lebertumor ummauert die Pfortaderaufzweigung.
Die Verbindung mit einem arteriellen Kontrastmittelbolus lässt Aussagen zur Lagebeziehung eines Tumors zu den großen Gefäßen der Leber zu ( 1 B-9.3) und ermöglicht die Beurteilung der Operabilität und der Operations- bzw. Therapieplanung.
Magnetresonanztomographie (MRT)
Magnetresonanztomographie
Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Magnetresonanztomographie (MRT) in der Diagnostik pathologischer Befunde der Leber einen ähnlichen Stellenwert einnehmen wird wie die Computertomographie. Der Vorteil der MRT ist in der nicht vorhandenen Strahlenbelastung zu sehen. Weiterhin ergeben sich durch spezielle Techniken (T1/T2-Relaxationszeiten) und durch den Einsatz paramagnetischer Kontrastmittel Möglichkeiten, die Relaxationszeiten zwischen z.B. Tumorgewebe und normalem Lebergewebe so zu verändern, dass eine bessere Kontrastierung resultiert. So können unter bestimmten Voraussetzungen auch Aussagen über die Art einer tumorösen Veränderung in der Leber (z.B. Hämangiom) gemacht werden, sodass sich CT und MRT entsprechend der Fragestellung und Verdachtsdiagnose komplementär ergänzen können.
Ein wesentlicher Vorteil der MRT ist die fehlende Strahlenbelastung der Untersuchung. Der diagnostische Indikationsbereich überschneidet sich teilweise mit dem der CT. Durch Veränderung der Relaxationszeiten und durch Einsatz paramagnetischer Kontrastmittel werden in Zukunft Sensitivität und Spezifität der Untersuchung pathologischer Leberbefunde weiter zunehmen.
Angiographie
Angiographie
Grundsätzlich ist bei der Angiographie der Leber die Darstellung der arteriellen Strombahn (Zöliakographie) von der Darstellung des portalen Gefäßsystems (indirekte Splenoporto- und Mesenterikoportographie) zu unterscheiden. Heute können beide Untersuchungen mit einer Computertomographie kombiniert werden, um so Rückschlüsse über Grad und Art der Blutversorgung z.B eines Tumors oder Informationen über einen tumorbedingten Perfusionsausfall eines bestimmten Areals der Leber infolge Gefäßinfiltration und Verschluss durch den Tumor zu erhalten. Die Indikation zu einer Angiographie der Leber ist immer dann zu stellen, wenn es gilt, folgende Fragen zu klären: π Ausmaß und topographische Zuordnung der Blutversorgung eines Lebertumors π Lage eines Leberherdes zum Gefäßsystem, besonders bei Tumoren im Bereich des Leberhilus oder der Lebervenen ( 1 B-9.4). π Abklärung alternativer oder adjuvanter Therapieverfahren wie der lokoregionären Chemotherapie oder Embolisation. Eine grundsätzliche Indikation zur Angiographie vor einem leberchirurgischen Eingriff besteht nicht, da die Gefäßversorgung der Leber zwar erheblichen aber durch entsprechende intraoperative Präparation immer klärbaren Variationen unterliegt.
Bei der Angiographie der Leber ist grundsätzlich die Darstellung der arteriellen Strombahn (Zöliakographie) von der Darstellung des portalen Stromgebietes (indirekte Splenoporto- und Mesenterikoportographie) zu unterscheiden. Die Indikation zur Angiographie der Leber ist zur Klärung folgender Fragestellungen zu stellen: π Ausmaß und topographische Zuordnung der Blutversorgung eines Lebertumors π Beziehung eines Leberherdes zum Gefäßsystem oder zum Leberhilus ( 1 B-9.4). π Abklärung alternativer oder adjuvanter Therapieverfahren. Eine grundsätzliche Notwendigkeit zur Angiographie vor einem leberchirurgischen Eingriff besteht nicht.
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510
9 Leber
1 B-9.4
Angiographie der Leber Darstellung eines zentralen, von der rechten Leberarterie versorgten, gut vaskularisierten Tumors (HCC).
Leberszintigraphie
Leberszintigraphie
Die Leberszintigraphie nutzt unterschiedliche Affinität und Bindungsverhalten verschiedener Radiopharmaka zur Darstellung definierter Zelltypen oder Funktionen der Leber. 99m Tc-markiertes Kolloid wird von Kupffer-Zellen aufgenommen (Nachweis des RES). 99m Tc-IDA markierte Derivate (iminodiacetic acid) werden von der Leberzelle biliär ausgeschieden und markieren so das hepatobiliäre System. 99m Tc-markierte Erythrozyten stellen den »Blutraum« dar. Gallium-67 = Speicherung durch verschiedene benigne und maligne Tumoren. Charakteristische Untersuchungsergebnisse: π FNH: arterielle Hyperfusion, IDA-Speicherung, Kolloidspeicherung π Leberadenom: normale bis schwache arterielle Perfusion, IDA-Speicherung, keine Kolloidspeicherung π HCC: arterielle Hyperperfusion, IDA-Speicherung, keine Kolloidspeicherung, Aufnahme von Gallium-67 und RMAB π Lebermetastasen: Alle sekundären Lebertumoren (= Metastasen) können keine »leberspezifischen« Radiopharmaka speichern und stellen sich deshalb als »kalte Regionen« in der Szintigraphie dar ( 1 B-9.5).
Das Prinzip der Leberszintigraphie besteht darin, die Affinität bzw. das Bindungsverhalten bestimmter Radiopharmaka zu benutzen, um definierte Zelltypen, Zellsysteme oder Funktionen darzustellen. Aus der Darstellbarkeit bzw. Nichtdarstellbarkeit eines bestimmten Zelltyps in einer abzuklärenden Läsion der Leber können Rückschlüsse auf die Genese eines Leberherdes gezogen werden. So kann mit 99mTc-markiertem Kolloid das retikuloendotheliale System der Leber dargestellt werden, letztlich also die Kupffer-Zellen der Leber. 99m Tc-IDA-markierte Derivate (iminodiacetic acid) werden von der Leberzelle biliär ausgeschieden und markieren so das hepatobiliäre System. 99m Tc-markierte Erythrozyten stellen den »Blutraum« dar. Gallium-67 wird von verschiedenen benignen und malignen Tumoren aufgenommen, möglicherweise über eine Bindung des Ga-Transferrinkomplexes an Transferrinrezeptoren. Einige Untersuchungsergebnisse sind überaus charakteristisch und für bestimmte Tumoren fast beweisend: π Fokal noduläre Hyperplasie (FNH): Hyperperfusion in der arteriellen Phase, IDA-Aufnahme und Speicherung sowie Kolloidspeicherung, da diese Tumoren Kupffer-Zellen aufweisen. π Leberadenom: Normale bis schwache Perfusion in der arteriellen Phase, IDA-Aufnahme und Speicherung, keine Kolloidspeicherung, da Kupffer-Zellen in Leberadenomen nur in seltenen Ausnahmen vorkommen. π Hepatozelluläres Karzinom (HCC): Hyperperfusion in der arteriellen Phase, IDA-Aufnahme, keine Kolloidspeicherung. Gallium-67-Aufnahme, evtl. Speicherung von RMAB (radiolabeled monoclonal antibodies) gegen a-Fetoprotein. π Lebermetastasen: Alle sekundären Lebertumoren (= Metastasen) stellen sich in der Leberszintigraphie mit Radiopharmaka, die das hepatobiliäre System (IDA) oder das RES (Kolloid) nachweisen, als Aussparungen (»kalte Regionen«) dar. Sie haben dies mit dem cholangiozellulären Karzinom der Leber gemeinsam ( 1 B-9.5). Die Immunszintigraphie, z.B. mit einem markierten CEA-Antikörper, kann die Metastase eines kolorektalen Primärkarzinoms evtl. direkt nachweisen ( 1 B-9.6). Ein Schema ökonomischer Diagnostik von Lebertumoren ist in 1 B-9.7 wiedergegeben.
Die Immunszintigraphie kann die Metastase evtl. direkt nachweisen ( 1 B-9.6). Ein Schema ökonomischer Diagnostik von Lebertumoren ist in 1 B-9.7 wiedergegeben.
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9.3.3 Apparative Diagnostik
1 B-9.5
1 B-9.6
IDA-Leberszintigraphie
IDA-Leberszintigraphie mit Nachweis eines nicht speichernden Herdes im Bereich des rechten Leberlappens.
1 B-9.7
Immunszintigraphie der Leber
Immunszintigraphie der Leber mit einem markierten CEA-Antikörper: Nachweis einer Metastase im rechten Leberlappen.
Synopsis Schematisierte Diagnostik zur Klärung einer »fokalen Leberläsion«
FNH = fokal noduläre Hyperplasie, HCC = hepatozelluläres Karzinom, IDA = hepatobiliäre Sequenzszintigraphie mit iminodiacetic acid (Imidodiessigsäurederivate), E. = Echinococcus.
Anamnese, körperliche Untersuchung klinisch-chemische Untersuchungen Sonographie
Lebertumor zystisch
vermutlich parasitär
solide
vermutlich nicht parasitär
Serologie
vermutlich primär
vermutlich sekundär
Szintigraphie
Tumormarker
Speicherung
E. alveolaris E. cysticus Amöbenabszess
dysontogenetische Zyste duktale Zyste Abszess
keine Speicherung
Blutpoolszintigraphie
Kolloidszintigraphie
IDA
IDA/Kolloidszintigraphie
Hämangiom (eingeblutete Metastase, FNH, Adenom)
FNH
FNH Adenom hochdifferenziertes HCC
undifferenziertes HCC, Gallenwegskarzinom Metastase
Primärtumorsuche
Metastase
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512
9 Leber
9.4
Lebertumoren
9.4
Lebertumoren
9.4.1
Tumorartige Läsionen
9.4.1
Tumorartige Läsionen
Kongenitale Leberzysten
Kongenitale Leberzysten
Solitäre Zysten
Solitäre Zysten
Definition
Ätiologie. Man geht von einer kongenitalen Malformation des Gallengangssystems aus. Bei symptomatischen Leberzysten überwiegt das weibliche Geschlecht (9 : 1). Bei der Hälfte der Patienten sind derartige Zysten solitär, bei den übrigen sind weitere Zysten vorhanden. Symptome. In der Regel sind die Zysten asymptomatisch. Bei entsprechender Größe kann es in seltenen Fällen zur Atrophie des betroffenen Leberlappens kommen. Differenzialdiagnose. Ausschluss von Abszessen oder parasitären Zysten.
n Definition. Solitäre Zysten werden in sonographischen oder autoptischen Untersuchungen bei etwa 1 % der Erwachsenen gefunden. Der Zysteninhalt besteht in der Regel aus seröser Flüssigkeit.
Ätiologie. Da die Zysten von einem einschichtigen kubischen Epithel ausgekleidet werden, geht man ätiologisch von einer kongenitalen Malformation des Gallengangssystems aus. Bei symptomatischen Leberzysten beträgt das Geschlechtsverhältnis von männlichen : weiblichen Patienten 1 : 9. Bei der Hälfte der Patienten sind derartige Zysten solitär, bei den übrigen Patienten sind weitere Zysten im Parenchym festzustellen.
Symptome. Leberzysten sind in der Regel asymptomatisch. In seltenen Fäl-
len werden sie so groß, dass sie zu einer Atrophie des betroffenen meist rechten Leberlappens mit kompensatorischer Hypertrophie des gegenseitigen Leberlappens führen und Druck- oder Völlegefühl als Symptomatik verursachen.
Differenzialdiagnose. Parasitäre Zysten und Abszesse sind auszuschlie-
ßen.
Therapie. Eine Indikation zur Resektion oder eröffnenden partiellen Resektion der Zyste mit Einbringen einer Netzplombe besteht nur bei symptomatischen Zysten, wenn die bestehende Symptomatik ursächlich auf die Zyste zurückzuführen ist.
Therapie. Ein Therapiebedarf besteht nur bei symptomatischen Zysten,
Zystenleber
Zystenleber
Definition
wobei immer abzuklären ist, ob eine bestehende Symptomatik wirklich durch die gefundene Leberzyste erklärt wird oder ob die Zyste nicht nur einen an sich asymptomatischen Zufallsbefund bei einer anderen die Symptome hervorrufenden Erkrankung darstellt. Als Therapie kommen die Resektion der Zyste oder die eröffnende partielle Resektion der oberflächlichen Zystenanteile mit Einbringen einer Netzplombe in Frage. Da das letztgenannte Operationsverfahren fast immer laparoskopisch durchführbar ist, stellt es heute wegen des kleineren Operationstraumas das Verfahren der ersten Wahl dar.
n Definition. Als Zystenleber wird ein diffuser polyzystischer Befall des gesamten Leberparenchyms bezeichnet (höchster Grad der dysontogenetisch-zystischen Fehlbildungen), der sich praktisch immer im Zusammenhang mit einer autosomal dominant vererbten polyzystischen Nierendegeneration vom adulten Typ findet.
Symptome. Druckgefühl und Schmerzen im rechten Oberbauch. Palpable oder sichtbare Masse unter dem rechten Rippenbogen ( 1 B-9.8).
Symptome. Morphologisch gleicht die einzelne Zyste bei der Zystenleber der solitären Leberzyste, allerdings führen Zunahme an Zahl und Volumen in der Regel zu erheblichen Beschwerden mit Druckgefühl, Schmerzen und einem häufig sichtbaren oder palpablen Tumor im rechten Oberbauch ( 1 B-9.8).
Therapie
Therapie. Ein Therapiewunsch wird von vielen Patienten geäußert, was zu meist frustranen multiplen sonographisch gesteuerten Punktionen der Zysten mit Absaugen des meist klaren Zysteninhaltes und Instillation verschiedener Sklerosierungsmittel führt. Bei entsprechender Symptomatik kann eine dekompressive atypische Resektion eines Teils der Zysten und die multiple Fenestration der verbleibenden Zysten indiziert sein, da nach der Resektion mit Einsetzen der Leber-
Wenn möglich erfolgt eine dekompressive, atypische Resektion von zystischen Arealen mit multipler Fenestra-
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9.4.1 Tumorartige Läsionen
1 B-9.8
Zystenleber
a CT-Befund einer Patientin mit Zystenleber und Zystennieren.
b Intraoperativer Befund der massiv vergrößerten Zystenleber.
regeneration sich nicht zwangsläufig neue Zysten bilden, sondern das entlastete verbliebene Parenchym hypertrophieren kann. In Einzelfällen kann eine Lebertransplantation indiziert sein.
tion der verbleibenden Zysten. In besonders schweren Einzelfällen kann eine Lebertransplantation indiziert sein.
Erworbene Leberzysten
Erworbene Leberzysten
Echinokokkuszysten (s. a. Kap. A-3.12.1)
Echinokokkuszysten (s. a. Kap. A-3.12.1)
n Definition. Echinokokkuszysten sind Folge einer Infektion entweder durch den Echinococcus granulosus (Hundebandwurm) oder den Echinococcus multilocularis (Fuchsbandwurm). Relevante Endemiegebiete gibt es in Südamerika, Australien, Alaska, Kanada, Iran, Irak, Griechenland, Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland, der Schweiz und den Balkanstaaten.
Pathogenese. Im Wirtstier Hund, Fuchs, Wolf, Dingo, Kamel usw. entwickelt sich aus der mit der Nahrung aufgenommenen Finne der Bandwurm, dessen Eier mit dem Kot ausgeschieden werden. Fast alle Warmblüter und der Mensch dienen als Zwischenwirt für die Entwicklung vom Ei zur Finne. Nach oraler Aufnahme der Eier durch verunreinigte Nahrung oder auch durch Kontakt mit infizierten Hunden wird die Eihülle im oberen Gastrointestinaltrakt durch Galle und Pankreassaft unter Freisetzung der »Sechshaken-Larven« zerstört. Diese durchbohren die Darmwand und gelangen überwiegend über die Pfortader in die Leber. Sie können aber auch über den D. thoracicus direkt in die Zirkulation gelangen, sodass Hydatiden praktisch in allen Organen wie Lunge, Milz, Hirn und Nieren auftreten können. Beim E. granulosus entwickelt sich aus der Larve die Hydatide, deren Hülle aus 3 Schichten besteht. Die äußere adventitielle Schicht besteht aus fibrösem Gewebe als Reaktion des Wirtsgewebes auf den Parasiten. Die Außenschicht der Hydatide besteht überwiegend aus Mukopolysacchariden des Parasiten (= Kutikula). Die Innenauskleidung der Hydatide entspricht der Keimschicht, von der die infektiösen Scolices (> 100/cm3) gebildet werden. Durch Ablösen der Schichten voneinander bilden sich Tochterzysten. Bei zunehmendem Wachstum der Hydatiden können diese dem Weg des geringsten Widerstandes folgend in das Gallengangssystem einbrechen (bei ca. 15 % aller Fälle) oder auch durch das Zwerchfell in den Thorax perforieren.
Definition
Pathogenese. Das Wirtstier (Hund, Fuchs, usw.) nimmt die Finne mit der Nahrung auf. Im Gastrointestinaltrakt entwickelt sich der Bandwurm, dessen Eier vom Wirt ausgeschieden werden. Beim Zwischenwirt (Mensch, Warmblüter) gelangen die Eier nach Kontaktkontamination in den oberen Gastrointestinaltrakt. Durch Verdauung der Eihülle werden die »SechshakenLarven« freigesetzt. Diese durchbohren die Darmwand und gelangen z.B. über die Pfortader in die Leber oder über den D. thoracicus in andere Organe wie Hirn, Lunge, Milz und Nieren. Aus der Larve entwickelt sich beim E. granulosus dann die Hydatide. Die Wand der Hydatide besteht aus 3 Schichten. Die äußere adventitielle fibröse Schicht wird als Reaktion des Wirtes gebildet. Überwiegender Bestandteil der Außenwand der Hydatide (= Kutikula) sind parasitär gebildete Mukopolysaccharide, während die innere Keimschicht die infektiösen Scolices bildet. Bei erheblichem Wachstumsdruck der
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514
9 Leber
Hydatide kann ein Einbruch in das Gallenwegssystem erfolgen. Bei E. multilocularis ist im Gegensatz zum E. granulosus ein infiltratives Wachstum charakteristisch. Symptome. »In der Regel« unspezifisch und vorübergehend: π ca. 15 % haben anamnestisch ikterische Episoden π selten sind Fieberschübe bei Infektion der Zyste oder Cholangitis durch Gallengangseinbruch π ca. 10 % sind akut therapiebedürftig wegen anaphylaktoider Reaktionen, Ikterus, Cholangitis oder spontaner Zystenruptur.
Wegen des differenten Wandaufbaus des E. multilocularis bildet dieser im Gegensatz zum E. granulosus auch Blasen zur Außenseite hin mit infiltrativem Wachstum in das Wirtsgewebe.
Diagnose. Sonographie und CT sind geeignet, den Nachweis von Scolices, membranöser Binnenstruktur oder Verkalkung der Zystenwand zu erbringen ( 1 B-9.9).
Diagnose. Sowohl im Ultraschall als auch in der CT sind Echinokokkus-
1 B-9.9
Symptome. In der Regel treten über lange Zeit hinweg keine oder nur sehr
unspezifische, vorübergehende Symptome auf. Etwa 60 % der Patienten haben gelegentlich Druckgefühl im rechten Oberbauch oder Schmerzen im Bereich des rechten Rippenbogens gehabt, bei ca. 1/4 der Patienten wird die Echinokokkuszyste als Zufallsbefund entdeckt. Bei bis zu 15 % der Patienten sind ikterische Episoden anamnestisch zu erheben (Kompression des Gallengangssystems oder Einbruch der Hydatide in einen Gallengang). Seltener sind Fieberschübe bei Infektion der Zyste oder Cholangitis beim Gallengangsbefall. Bis zu 10 % der Patienten sind akut als Notfälle therapiebedürftig, entweder wegen anaphylaktoider Reaktionen und Kollaps, Ikterus, Cholangitis oder spontaner Zystenruptur.
zysten in einem sehr hohen Prozentsatz wegen ihres charakteristischen Erscheinungsbildes ohne weitere Maßnahmen zu diagnostizieren. Typischerweise sind die Scolices in der Zyste sichtbar, oder eine membranöse Binnenstruktur der Zyste oder typische Kalkeinlagerungen in der Zystenwand sind Anlass der Verdachtsdiagnose Echinokokkuszyste ( 1 B-9.9).
Intrahepatische Echinokokkuszyste
a Typischer CT-Befund.
Merke
b Aufgeschnittenes Resektionspräparat.
n Merke. Eine Probepunktion eines unklaren Leberbefundes mit der Verdachtsdiagnose Echinokokkuszyste ist wegen der möglichen Verschleppung infektiösen Materiales kontraindiziert.
Zur weiteren Sicherung der Diagnose dienen serologische Tests (indirekte Immunfluoreszenz, ELISA).
Zur Erhärtung der Diagnose sollten serologische Tests (indirekte Immunfluoreszenz, ELISA etc.) angeschlossen werden. In seltenen Fällen weisen ein erhöhtes Bilirubin oder eine erhöhte alkalische Phosphatase (AP) auf eine Kompression zentraler Gallengangsabschnitte oder auf einen Einbruch in das Gallenwegssystem hin. In diesen Fällen ist eine präoperative endoskopisch retrograde Cholangiographie (ERC) essenziell.
Therapie π E. granulosus: Ziel ist die kontrollierte Abtötung der Scolices z.B. mit hypertoner Glukose- oder NaCl-Lösung. Als Operationen werden die Entfernung der Keimschicht unter Belassen der Kutikula = Zystektomie und die Entfernung mit ganzer Kutikula = Perizystektomie unterschieden.
Therapie:
π Echinococcus granulosus: Ziel der chirurgischen Therapie ist die kontrollierte Abtötung und Entfernung aller Erreger unter sorgfältiger Vermeidung jeglicher Verschleppung infektiösen Materials. Die Abtötung der Scolices ist durch Instillation hyperosmolarer Lösungen (Glukose 50 %, NaCl 20 %) möglich. Das Operationsgebiet sollte nach vollständiger Mobilisation der Leber komplett gegen die übrige Peritonealhöhle und die Operationswunde abgeschottet werden. Als Operation kommen die Entfernung der Keimschicht
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9.4.1 Tumorartige Läsionen nach Eröffnung der Kutikula (Zystektomie) oder die Entfernung der Zyste mit Kutikula (Perizystektomie) in Frage. π Echinococcus multilocularis: Wegen des infiltrativen Wachstums besteht die chirurgische Therapie wie beim Malignom in einer Leberresektion mit einem mindestens 1 cm breiten Saum gesunden Leberparenchyms zwischen Befund und Resektionsfläche.
Prognose. Gut bei suffizienter intraoperativer Vermeidung jeglicher Kontamination. Bei Einbruch in das Gallengangssystem oder bei Rezidivoperationen sollte eine parasitostatische Langzeittherapie mit z.B. Mebendazol angeschlossen werden.
E. multilocularis: Wegen des infiltrativen Wachstums kann ein E. multilocularis nicht durch Perizystektomie entfernt werden, sondern bedarf wie ein Malignom einer Leberteilresektion.
π
Prognose. Bei Vermeidung jeder Kontamination gut. Bei Rezidivoperationen oder Gallengangseinbruch sollte eine parasitostatische Therapie mit z.B. Mebendazol angeschlossen werden.
Klinischer Fall Ein 40-jähriger türkischer, seit 10 Jahren in Deutschland lebender Patient klagt seit ca. 6 Monaten über rezidivierend auftretendes Druckgefühl im rechten Oberbauch. Bei der Oberbauchsonographie finden sich 2 Zysten im rechten Leberlappen mit Verdickung der Zystenwand. Die daraufhin durchgeführte serologische Untersuchung ergibt einen erhöhten Titer für einen Echinococcus granulosus. Nach computertomographischem Ausschluss
weiterer abdomineller Zysten wird der Patient operiert, wobei drei Zysten in toto als Perizystektomie entfernt werden können. Da weder ein Einbruch der Zysten ins Gallengangssystem vorliegt noch eine Eröffnung der Zysten intraoperativ besteht, wird keine parasitostatische Langzeittherapie nach komplikationslosem postoperativem Verlauf angeschlossen.
Leberabszesse
Leberabszesse
n Definition. Man unterscheidet primäre Leberabszesse (z.B. parasitär, hämatogen oder durch Aszension von Keimen verursacht) von sekundären Abszessen (z.B. durch Infektion einer dysontogenetischen Leberzyste).
Definition
Ätiologie. Die überwiegende Mehrzahl der Leberabszesse entsteht hämato-
Ätiologie. Die Mehrzahl der Abszesse entsteht hämatogen aus dem Pfortaderstromgebiet (z.B. Divertikulitis, Amöbiasis) oder durch Aszension bei eitriger Cholezystitis oder Cholangitis. Nicht immer ist ein extrahepatischer Herd eruierbar.
Symptome. Auffälliges Krankheitsgefühl mit hohem septischen Fieber und
Symptome. Erhebliches Krankheitsgefühl, hohe septische Temperaturen, Druckschmerz im rechten Oberbauch bei Parenchymschwellung.
gen aus dem Pfortaderstromgebiet (z.B. Divertikulitis, Appendizitis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Amöbenabszess) oder infolge einer aszendierenden Cholangitis (z.B. eitrige Cholezystitis oder Cholangitis, Caroli-Syndrom). Häufig manifestieren sich Leberabszesse mit einem deutlichen Intervall zur auslösenden Primärerkrankung. In einigen Fällen kann eine primäre Ursache nicht mehr eruiert werden. oft deutlichem Druckschmerz im rechten Oberbauch auf dem Boden der Parenchymschwellung. Überwiegend ist die rechte Leber betroffen.
1 B-9.10
Intrahepatischer Abszess
a Typischer CT-Befund.
b Gleicher Patient nach interventioneller Platzierung eines Spüldränagekatheters (Á).
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9 Leber
Diagnose. Sonographie- oder CT-gesteuerte Lokalisation und Punktion des Abszesses zur Diagnosesicherung und bakteriologischen Abklärung. Im Röntgenthorax zeigen sich häufig Pleuraergüsse.
Diagnose. Sonographie und CT können den Befund lokalisieren und ermöglichen eine gesteuerte Punktion des Herdes zur Sicherung der Diagnose und zur bakteriologischen Abklärung. Bei etwa der Hälfte der Patienten findet sich eine positive Blutkultur. Die Thoraxaufnahme zeigt häufig (sympathische) Pleuraergüsse bei rechtsseitigem Zwerchfellhochstand.
Therapie. Beim pyogenen, nicht gekammerten Abszess erfolgt die interventionell gesteuerte Einlage eines Spüldränagesystems ( 1 B-9.10). Ist dies ohne Erfolg oder liegen ausgedehnte gekammerte Abszesse vor, ist die Indikation zur operativen Sanierung mit Débridement, Spülung und Dränage zu stellen. Selten muss der betroffene Teil der Leber reseziert werden. Extrahepatische Streuherde sind zu sanieren. Der Amöbenabszess wird in der Regel medikamentös behandelt.
Therapie. Bei pyogenen solitären, nicht gekammerten Abszessen ist die
interventionelle Einlage eines Spüldränagekatheters das Therapieverfahren der Wahl ( 1 B-9.10). Bei ausgedehnten, gekammerten Abszessen und bei Patienten mit persistierender oder zunehmender klinischer Symptomatik nach interventioneller Dränage ist die operative Revision mit Eröffnung, Débridement, Spülung und Einbringen eines Spüldränagesystems indiziert. In seltenen Fällen muss eine Resektion des betroffenen Leberanteiles erfolgen (Cave: Leberinsuffizienz beim septischen Patienten). Kann ein extrahepatischer Streuherd identifiziert werden, so ist dieser unbedingt zu sanieren. Beim Amöbenabszess wird im Gegensatz zum pyogenen Leberabszess im Allgemeinen medikamentös behandelt.
9.4.2
9.4.2
Benigne Lebertumoren
Hämangiom Definition
Benigne Lebertumoren
Hämangiom n Definition. Hämangiome repräsentieren, abgesehen von Leberzysten, den häufigsten benignen Lebertumor mit einer Inzidenz in Autopsieserien von 0,4–7,3 %. 2 Typen werden unterschieden: die häufigen kleinen (< 4 cm) kapillaren und die seltenen großen (> 4 cm) karvernösen Hämangiome. Kavernöse Hämangiome werden in der Regel bei Erwachsenen zwischen dem 30. und 70. Lebensjahr diagnostiziert.
Histologie. Mikroskopisch sind Hämangiome aus fibrösen Septen und kavernös erweiterten Sinus mit Endothelauskleidung aufgebaut und gut gegen das übrige Lebergewebe begrenzt. Symptome. Die überwiegende Zahl der Patienten ist asymptomatisch. Bei entsprechender Größe oder Einblutung treten Druckgefühl oder Schmerzen im rechten Oberbauch auf. Freie Rupturen sind eine Rarität.
Histologie. Mikroskopisch bestehen Hämangiome aus kavernös erweiterten Sinus, ausgekleidet mit Endothel, die von fibrösen Septen unterschiedlicher Dicke begrenzt werden. Teilthrombosierungen sind die Regel. Die Tumoren sind gut begrenzt.
Diagnose. Wegen der hämangiomtypischen Strömungsverhältnisse und Kontrastmittelretention kann jedes bildgebende Verfahren einen charakteristischen Befund erheben ( 1 B-9.11).
Diagnose. Fast jedes bildgebende Verfahren kann wegen der Strömungscha-
Therapie. Kleine Hämangiome sollten kontrolliert werden. Große und/oder symptomatische Hämangiome sollten reseziert oder interventionell embolisiert werden.
Riesige, symptomatische Hämangiome können selten Indikation zu einer Lebertransplantation sein.
Symptome. Die überwiegende Zahl der Hämangiome ist asymptomatisch. Die Häufigkeit von auftretenden Symptomen korreliert mit der Größe der Hämangiome. Es sind dies Druckgefühl, Völlegefühl bei linksseitiger Lokalisation, Schmerzen durch Kapselspannung bei Größenzunahme und/oder Einblutung. Freie Rupturen sind eine Rarität. Eine maligne Entartung wurde bisher nicht dokumentiert. rakteristika und der Kontrastmittelretention von Hämangiomen die richtige Verdachtsdiagnose stellen ( 1 B-9.11). Durch Kombination von z.B. CT und Bloodpoolszintigraphie kann die Diagnose fast immer gesichert werden. Die operative Exploration eines Hämangioms zur Diagnosesicherung allein sollte die Ausnahme darstellen.
Therapie. Kleine Hämangiome werden meist zufällig im Rahmen der Abklä-
rung anders begründeter Beschwerden entdeckt und sollten allenfalls kontrolliert werden. Symptomatische oder große kavernöse Hämangiome sollten unter Berücksichtigung ihrer Lokalisation in der Leber und in Abwägung des damit verbundenen Operationsrisikos entweder interventionell embolisiert oder durch Resektion entfernt werden. Bei multimorbiden Patienten oder ungünstiger sehr zentraler Lokalisation kann eine interventionelle Embolisation, meist in mehreren Sitzungen erfolgen. Riesige, fast den ganzen Bauchraum ausfüllende Hämangiome können bei entsprechendem Leidensdruck des Patienten eine Indikation zur Lebertransplantation sein.
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9.4.2 Benigne Lebertumoren
1 B-9.11
Intrahepatisches Hämangiom
b Intraoperativer Befund des rechts lateral der Gallenblase liegenden Hämangioms. a Angiographischer Befund eines großen, rechts intrahepatisch lokalisierten Hämangioms ( Á ) mit typischer Kontrastmittelretention in den kavernös erweiterten Sinus.
Fokal noduläre Hyperplasie (FNH)
Fokal noduläre Hyperplasie (FNH)
n Definition. Die fokal noduläre Hyperplasie (FNH) der Leber imponiert makroskopisch als relativ fester rötlich bis gelblich brauner Tumor mit fibrösen Septen, die meist von einer zentralen fibrösen Narbe radiär nach außen verlaufen. Mikroskopisch besteht die FNH aus Hepatozyten, Kupffer-Zellen und hyperplastischen Gallengängen sowie wandverdickten Blutgefäßen. Durch den septierten nodulären Aufbau gleicht sie einer »lokalen Leberzirrhose« ( 1 B-9.12). Die fokal noduläre Hyperplasie tritt ganz überwiegend bei Frauen auf. In 20 % der Fälle sind multiple Herde in der Leber nachweisbar.
1 B-9.12
Definition
Fokal noduläre Hyperplasie Intraoperativer Befund einer im linken Leberlappen lokalisierten FNH mit typischer Farbe und Gefäßzeichnung.
Ätiologie. Da das histologische Bild mehr einem reaktiven Vorgang denn einer Neoplasie gleicht, wird ätiologisch eine arteriovenöse Missbildung diskutiert. Die Läsion ist keine Präkanzerose. Kontrazeptiva scheinen das Wachstum zu fördern. Symptome. Da die FNH keine spontanen intraperitonealen Blutungen verursacht und spontane Einblutungen eine Rarität darstellen, werden die meisten Befunde zufällig erhoben. Bei enstprechender Größe können Druckgefühl oder sogar rechtsseitige Oberbauchschmerzen auftreten.
Ätiologie. Die FNH ist wahrscheinlich Folge einer arteriovenösen Missbildung. Das histologische Bild entspricht einem reaktiven und nicht einem neoplastischen Vorgang (Kontrazeptiva scheinen das Wachstum zu fördern). Symptome. Fast charakteristisch ist das Fehlen von Symptomen. Freie Perforation mit Blutung oder maligne Entartung werden nicht beobachtet. Große Herde können Druckgefühl verursachen.
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9 Leber
Diagnose. Der Nachweis von KupfferZellen in der Leberszintigraphie ist praktisch beweisend und dient als differenzialdiagnostisches Merkmal zum Adenom oder Leberzell-Ca.
Diagnose. Die Existenz von Kupffer-Zellen unterscheidet die FNH vom
Therapie. Bei symptomlosen Patienten sollte der Befund nur kontrolliert werden. Hormonelle Kontrazeptiva sollten abgesetzt werden. Bei Größenzunahme oder nicht ganz eindeutiger Befundkonstellation ist die Indikation zur Resektion zu stellen.
Therapie. Bei symptomlosen Patienten sollte nur bei Größenzunahme unter
Leberzelladenom und Leberzellkarzinom (HCC). Von beiden ist die FNH im Wesentlichen differenzialdiagnostisch abzuklären. Der szintigraphische Nachweis von Leberzellen und Kupffer-Zellen im Herdbereich ist praktisch beweisend für das Vorliegen einer FNH.
Kontrolle die Indikation zur Resektion gestellt werden. Frauen sollten hormonelle Kontrazeptiva absetzen. Lässt sich die Differenzialdiagnose zum Adenom oder HCC nicht eindeutig stellen, kann eine Biopsie in einem Teil der Patienten die Diagnose klären. Bei den übrigen Patienten ist die Indikation zur explorativen Laparotomie zu stellen, bei der dann in jedem Fall der Herd vollständig entfernt werden sollte.
Klinischer Fall Eine 44-jährige Patientin stellt sich mit seit einem 3⁄4 Jahr zunehmenden Druckbeschwerden im Epigastrium vor. Es bestehen keine Vorerkrankungen. Bis auf eine 15jährige Einnahme von Kontrazeptiva keine Medikamentenanamnese. Die Gastroskopie ist unauffällig, in der Sonographie findet sich eine Raumforderung im linken Leberlappen von ca. 8 cm Durchmesser. Die weitere Diagnostik mittels Szintigraphie und CT ergibt die Diagnose einer FNH, wobei mit 100 %iger Sicherheit ein Adenom nicht ausge-
Hepatozelluläres Adenom (HCA-Leberzelladenom) Definition
schlossen werden kann. Wegen der in den letzten Monaten zunehmenden Symptomatik wird bei fehlendem Ausschluss eines Adenoms die Indikation zur Operation gestellt. Intraoperativ zeigt sich, dass der Tumor den gesamten linken Leberlappen einnimmt, sodass eine Lobektomie links (Segment II und III) durchgeführt wird. Der postoperative Verlauf ist komplikationslos und die Patientin beschwerdefrei. Die histologische Aufarbeitung des Präparates ergibt eindeutig eine FNH.
Hepatozelluläres Adenom (HCA-Leberzelladenom) n Definition. Im Gegensatz zur FNH hat das hepatozelluläre Adenom (HCA) eine »leberähnliche« Konsistenz, eine mehr gelblich braune Farbe und keine Septierungen ( 1 B-9.13). Mikroskopisch ist das HCA aus normalen Hepatozyten aufgebaut, Portalfelder fehlen, die Gefäße sind dünnwandig. Der Nachweis von KupfferZellen stellt eine Ausnahme dar, die eine Überprüfung der Diagnose erfordert. Während eine Stanzbiopsie aus einer FNH als »Zirrhose« interpretiert werden kann, zeigt die Biopsie eines Adenoms »normales Lebergewebe«.
1 B-9.13
Leberzelladenom Intraoperativer Aspekt eines Leberadenoms rechts lateral der Gallenblase.
Ätiologie. Seit Anfang der 70er Jahre weisen zahlreiche Autoren auf den Zusammenhang zwischen oraler Kontrazeptivaeinnahme und
Ätiologie. Schon vor den ersten Publikationen über den Zusammenhang zwischen Einnahme hormoneller Kontrazeptiva (ca. 1973) und Auftreten von Leberzell- und Funktionsveränderungen sowie Leberzelladenomen war eine ätiologisch-hormonelle Komponente aus den Erfahrungen mit Andro-
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519
9.4.3 Maligne Lebertumoren gentherapien postuliert worden. Die Korrelation zwischen oraler Kontrazeption und Auftreten eines HCA beträgt nahezu 100 %.
vermehrtem Auftreten von Leberzelladenomen hin. Die Koinzidenz ist sehr viel eindeutiger als bei der FNH.
Symptome. Im Gegensatz zur FNH werden 2⁄3 der Patienten mit einem
Symptome. 2 ⁄ 3 der Patienten werden im Verlauf der Erkrankung schwerwiegend symptomatisch. Bis zu 1 ⁄ 3 der Patienten haben eine spontane Ruptur und Blutung in die freie Bauchhöhle mit akuter Lebensbedrohung. Einblutungen des HCA verursachen Schmerzen und Druckgefühl im Oberbauch.
Diagnose. Der Mangel an Gallengängen in einem HCA führt zu einer deutli-
Diagnose. Mangel an Gallengängen (= Retention von 99m Tc-IDA) und der fehlende Nachweis von Kupffer-Zellen (= 99m Tc-Kolloid) lassen sich szintigraphisch ausnutzen. Die Differenzialdiagnose zum hochdifferenzierten Leberzellkarzinom (HCC) kann auch bioptisch schwierig sein. Da im HCA maligne Herde im Sinne des HCC diagnostiziert werden, ist von der Möglichkeit einer malignen Transformation auszugehen.
Therapie. Wegen der hohen potenziellen Komplikationsrate, der Möglich-
Therapie. Wegen der erheblichen potenziell möglichen Komplikationen sollte immer die operative Entfernung eines HCA angestrebt werden. In einigen Fällen kann eine Lebertransplantation indiziert sein.
Leberzelladenom im Verlauf der Erkrankung symptomatisch. Bis zu 1⁄3 der Patienten mit großen Adenomen haben eine spontane Ruptur und Blutung in die freie Bauchhöhle mit einem akut lebensbedrohlichen Krankheitsbild. Da das HCA in der Regel sehr viel größer ist als die FNH, führen auch schon kleinere Einblutungen zu erheblichen Schmerzen. Meist bestehen aber schon vorher uncharakteristische rezidivierende Oberbauchschmerzen oder Druckgefühl.
chen Retention von 99m Tc-IDA in der Leberszintigraphie. Der fehlende Nachweis von Kupffer-Zellen in der 99m Tc-Kolloidszintigraphie ist typisch für das Adenom und das Leberzellkarzinom (HCC), schließt aber das Vorliegen einer FNH aus. Die Differenzialdiagnose zwischen HCA und HCC ist für die Indikationsstellung zur Operation nicht entscheidend, da beide Diagnosen eindeutige Indikationen zur Resektion, wenn immer möglich, darstellen. Außerdem weisen verschiedene Autoren auf eine Koinzidenz des HCA und HCC bzw. auf eine maligne Transformation hin.
keit einer malignen Transformation der Erkrankung und der schwierigen diagnostischen Abgrenzung des HCA zum hochdifferenzierten HCC ist die Indikation zur Resektion immer zu stellen. Multiple oder rezidivierend auftretende Leberzelladenome können deshalb auch eine Indikation zur Lebertransplantation darstellen.
9.4.3
Maligne Lebertumoren
9.4.3
Maligne Lebertumoren
Primäre Lebertumoren
Primäre Lebertumoren
In der Systematik der Lebermalignome werden grundsätzlich die primären Lebermalignome (im Wesentlichen das hepatozelluläre Karzinom und das cholangiozelluläre Karzinom) von den metastatischen, sekundären Lebermalignomen unterschieden. Als weitere primäre Lebermalignome sind das Hepatoblastom und sehr seltene mesenchymale Malignome wie das Angiosarkom zu erwähnen.
Primäre Malignome der Leber sind definitionsgemäß aus leberspezifischen Zellen entstanden (z.B. hepatozelluläres Karzinom = HCC; cholangiozelluläres Karzinom = CCC; Hepatoblastom, Angiosarkom). Als sekundäre Malignome werden alle in der Leber vorkommenden Metastasen definiert. Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
Hepatozelluläres Karzinom (HCC) n Definition. Die Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms (HCC) variiert weltweit erheblich und erreicht in Asien und Afrika Inzidenzen zwischen 20–100 Fälle/100 000 Einwohner, während in Westeuropa 1–2 Fälle/100 000 Einwohner registriert werden. Bei etwa 70 % der Patienten entsteht das HCC in einer vorbestehenden Leberzirrhose, wobei auch hier erhebliche regionale Unterschiede mit Angaben zwischen 40–85 % bestehen ( 1 B-9.14).
Ätiologie. An einem Zusammenhang zwischen Hepatitis-B-Infektion und
HCC-Entstehung besteht heute kaum Zweifel. Während in Regionen mit hoher HCC-Inzidenz bis zu 15 % der Bewohner HBsAg-positiv sind, sind dies z.B. in Westeuropa nur 1 % der Bevölkerung. Sowohl bei »lebergesunden« Virusträgern als auch im HCC-Gewebe kann nachgewiesen werden, dass Virus-DNA-Sequenzen in das Wirtsgenom integriert werden. Es wird vermutet, dass diese eingebauten DNA-Sequenzen Promotoren einer ungeregelten Proliferation sind.
Definition
Ätiologie. An einem Zusammenhang zwischen Hepatitis-B-Infektion und HCC-Entstehung besteht heute kaum Zweifel. Es gibt weltweit eine eindeutige Korrelation zwischen regionaler Inzidenz des HCC und prozentualem Anteil HBsAgpositiver Virusträger in der Bevölkerung.
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520
9 Leber
1 B-9.14
Primäres hepatozelluläres Karzinom Intraoperativer Aspekt eines primären hepatozellulären Karzinoms. Makroskopisch kann die Abgrenzung zum Adenom oder zur FNH unmöglich sein.
Virus-DNA-Sequenzen werden in das Wirtsgenom eingebaut und könnten Promotoren einer dysregulierten Zellproliferation sein. Weitere genetische, ethnische sowie hormonelle und toxische Faktoren werden hinsichtlich ihrer ätiologischen Bedeutung diskutiert. Männer sind 3–8-mal häufiger betroffen. Symptome. Die meisten Patienten kommen mit Spätsymptomen wie tastbarem Tumor, Schmerzen oder zunehmender Leberinsuffizienz zur Diagnostik.
Diagnose. Sonographie, CT und MRT leisten Vergleichbares in der Befundlokalisation. Eine a -Fetoproteinerhöhung stützt die Diagnose, kann aber auch bei zirrhotischen Patienten mit Regeneratknoten pathologische Werte zeigen. Bei zentraler Lokalisation des HCC sollte eine Angiographie, Angio-CT oder MR-Angiographie durchgeführt werden. Nach Edmondson werden beim HCC 4 Differenzierungsgrade (G1–4) und die Wachstumstypen π solide π trabekulär π adenoid π fibrolamellär unterschieden. Bei potenziell resektablen Tumoren und besonders bei Koinzidenz mit einer Leberzirrhose müssen die Funktionsreserven des potenziell verbleibenden Restparenchyms laborchemisch abgeschätzt werden ( 2 B-9.1). Sind 2 oder mehr dieser Parameter pathologisch, besteht eine relevante Einschränkung der Leberfunktion.
Neben der Hepatitis-B-Infektion werden weitere Promotoren und disponierende genetisch fixierte Faktoren untersucht. Es sind dies das HCC-Risiko der verschiedenen Leberzirrhosen, die 3–8fache Prävalenz des männlichen Geschlechtes und die bei einer vergleichbar weißen/schwarzen Bevölkerung bis zu 8fach höhere Inzidenz in der schwarzen Bevölkerung. Weitere hormonelle und toxische Risikofaktoren werden diskutiert.
Symptome. Mit Ausnahme der Patienten, die z.B. wegen einer bekannten Leberzirrhose fortlaufend betreut werden (Sonographie, a-Fetoprotein),
kommen Patienten mit einem HCC in der Regel erst mit Spätsymptomen wie tastbarem Tumor, Schmerzen im rechten Oberbauch oder Zeichen der zunehmenden Leberinsuffizienz zur Diagnostik.
Diagnose. Die Befundlokalisation erfolgt sonographisch und/oder mit CT
oder MRT. Der Nachweis von Hepatozyten im Herdbereich kann szintigraphisch erfolgen, bei undifferenzierten Tumoren allerdings auch misslingen. Ein erhöhtes a-Fetoprotein sichert die Diagnose eines HCC als Tumormarker weiter ab, kann aber auch bei Zirrhotikern mit Regeneratknoten erhöht gefunden werden. Die Indikation zur Feinnadelbiopsie sollte individuell gestellt werden. Gleiches gilt für die Angiographie oder Angio-CT, die nur bei zentral lokalisierten Tumoren dringlich indiziert ist (Resektabilität? Pfortaderbeteiligung?). Beim HCC werden nach Edmondson 4 Differenzierungsgrade (G1–4) und unterschiedliche Wachstumstypen wie: solide, trabekulär, adenoid und fibrolamellär unterschieden. Liegt ein potenziell resektables HCC vor, muss zur Indikationsstellung die funktionelle Reserve der Leber, besonders bei Patienten mit einem HCC in einer zirrhotischen Leber evaluiert werden (Syntheseparameter, Exkretionsfunktion, Aszitesbildung usw). Von einer relevanten Einschränkung der Leberfunktion muss ausgegangen werden, wenn sich 2 oder mehr der in 2 B-9.1 genannten Parameter im pathologischen Bereich bewegen.
2 B-9.1
Parameter zur Beurteilung der Leberfunktion
N Serum-Bilirubin > 1,5 mg/dl n
N Serum-Cholesterin < 100 mg/dl n
N Quick < 50 % n π Faktor II < 50 % π Faktor V < 50 %
N Serum-Albumin < 2,5 g/l n N Aszites ++ n
N CHE im Serum < 2000 U/l n
Therapie. Die Resektion des Tumors repräsentiert das Therapieverfahren der Wahl mit kurativer Intention ( 1 B-9.15).
Therapie. Das Therapieverfahren der Wahl mit kurativer Intention ist die
Resektion des Tumors. Diese kann wegen einer Funktionseinschränkung, z.B. auf dem Boden einer bestehenden Leberzirrhose, trotz technischer Resektabilität oftmals kontraindiziert sein ( 1 B-9.15).
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9.4.3 Maligne Lebertumoren
1 B-9.15
Hepatozelluläres Karzinom CT-Befund eines kleinen primären hepatozellulären Karzinoms im rechten Leberlappen ( Á) einer zirrhotischen Leber. Der bestehende Aszites weist bei technischer Resektabilität auf eine eingeschränkte Funktionsreserve hin.
Bei kleinen (< 5 cm) hepatozellulären Karzinomen und fortgeschrittener Leberzirrhose kann deshalb die Indikation zur Lebertransplantation gestellt werden. Als palliative Maßnahme bei Tumoren < 5 cm haben sich lokal nekroseinduzierende Verfahren wie die Alkoholinjektion, Mikrowellenapplikation, Kryo- oder Lasertherapie bewährt. Bei großen Tumoren gilt die Chemoembolisation ggf. in Kombination mit einem lokalen Verfahren als therapeutische Option.
Prognose. Unbehandelt führt die Erkrankung innerhalb kurzer Zeit (2–4
Monate) nach Diagnosestellung zum Tode. Die Resektion verbessert die mediane Überlebenszeit etwa um den Faktor 6, wobei verschiedene prognostische Faktoren wie Tumorgröße, Existenz einer Kapsel, Gefäßeinbruch, Differenzierungsgrad und Resektionsausmaß eine Rolle spielen. Entsprechend breit streuen die 5-Jahres-Überlebensraten von 10–60 %. Hinsichtlich der Prognose nimmt das fibrolamelläre hepatozelluläre Karzinom eine Sonderstellung ein. Da die Patienten überwiegend jünger als 40 Jahre sind und keine Leberzirrhose haben, ist die Resektabilitätsrate und Prognose in fast allen Serien deutlich besser. Eine Resektion sollte dehalb unbedingt angestrebt werden.
Cholangiozelluläres Karzinom (CCC) n Definition. Das cholangiozelluläre Karzinom nimmt seinen Ursprung vom Gallengangsepithel, sodass es sich histologisch um ein meist muzinöses Adenokarzinom handelt. Wegen der unterschiedlichen therapeutischen Konsequenzen und einem unterschiedlichen Wachstumsverhalten wird es von den Gallengangskarzinomen und dem Gallenblasenkarzinom (s. Kap. B-8.9) abgegrenzt. Den Tumoren gemeinsam ist eine ausgesprochen fibröse Komponente, wobei sich das CCC charakteristischerweise gegen das gesunde Leberparenchym wesentlich schlechter abgrenzen lässt, als dies z.B. bei einem zentralen Hepatikusgabelkarzinom der Fall ist.
Ätiologie. Die Ätiologie des CCC ist unbekannt, unterscheidet sich aber in
jedem Falle von der des HCC. In Regionen mit hoher HCC-Inzidenz ist die Inzidenz des CCC eher niedrig und umgekehrt. Insgesamt macht das CCC 25–30 % aller primären Leberkarzinome aus. Die Geschlechtsverteilung ist fast ausgeglichen. Verschiedene Beobachtungen deuten darauf hin, dass parasitärer Gallengangsbefall, angeborene Gallengangsdilatation und Gallengangszysten sowie die kongenitale Leberfibrose ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines cholangiozellulären Karzinoms beinhalten.
Bei vorbestehender Funktionseinschränkung und kleinem Tumor kann die Indikation zur Lebertransplantation gestellt werden. Als palliative Maßnahme werden nekroseinduzierende Verfahren (z.B. Alkoholinjektion) eingesetzt, bei großen Tumoren die Chemoembolisation. Prognose. Der Spontanverlauf führt ab Diagnosestellung innerhalb von 2–4 Monaten zum Tode. Die Resektion verbessert die medianen Überlebenschancen etwa um den Faktor 6. Die 5-Jahres-Überlebensraten liegen breit gestreut zwischen 10–60 %. Das fibrolamelläre HCC wird in der Regel bei jungen Patienten unter 40 Jahren und ohne Leberzirrhose diagnostiziert. Resektionsraten und Prognose scheinen deutlich besser zu sein. Cholangiozelluläres Karzinom (CCC) Definition
Ätiologie. Grundsätzlich unbekannt unterscheidet sie sich von der des HCC. Regionen mit hoher HCC-Inzidenz registrieren eher wenig CCC und umgekehrt. Ein parasitärer Gallengangsbefall, angeborene Gallengangsdilatation, kongenitale Gallengangszysten und die angeborene Leberfibrose scheinen mit einem erhöhten CCC-Risiko vergesellschaftet zu sein.
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9 Leber
Symptome. Bei zentraler Lokalisation ist der Ikterus das führende Symptom, als Spätsymptome treten Druckgefühl und Schmerzen auf.
Symptome. Je zentraler die Lokalisation, desto eher tritt als führendes
Diagnose. In der 99m Tc-Szintigraphie verhält sich das CCC wie eine Metastase, da keine Hepatozyten vorhanden sind. Die Tumorlokalisation erfolgt mittels Sonographie oder CT. Wegen der schwierigen DD zur Metastase kann eine aufwendige Primärtumorsuche notwendig sein. Histologisch sind CCC Adenokarzinome, oftmals hellzellig und von makroglandulärer Wachstumsform.
Diagnose. In der Szintigraphie verhält sich ein CCC wie eine Metastase, da
Symptom ein Ikterus auf. Bei peripherer Lage treten Druckgefühl oder Schmerzen wie beim HCC erst als Spätsymptome auf.
in der Regel keine Hepatozyten für eine 99mTc-IDA-Aufnahme vorhanden sind. Der Tumornachweis erfolgt sonographisch oder mittels CT. Die schwierige Differenzialdiagnose zur Metastase kann eine erheblich aufwendige Primärtumorsuche erforderlich machen, da die Diagnose auch durch Biopsie nicht eindeutig zu stellen sein kann. Histologisch sind CCC Adenokarzinome, oftmals hellzellig und von makroglandulärer Wachstumsform.
Therapie. Wenn möglich, sollte die Resektion in kurativer Intention angestrebt werden.
Therapie. Wenn möglich, sollte der Tumor reseziert werden. Wegen der im
Sekundäre Lebertumoren
Sekundäre Lebertumoren
50–80 % der in Europa ausgeführten Leberresektionen werden wegen metastatischer Lebererkrankungen durchgeführt. Die Lebermetastasierung kann portal, arteriell und per continuitatem erfolgen. Der Nutzen der Resektion von Lebermetastasen ist beim kolorektalen Primärkarzinom (portaler Metastasierungsweg) durch Langzeitergebnisse und große Patientenzahlen belegt. Die 5-Jahres-Überlebensraten liegen zwischen 20 und 45 %.
Lebermetastasen sind in Europa mit weitem Abstand die häufigsten Lebermalignome und machen 50–80 % der Indikationen zu leberchirurgischen Eingriffen aus. Die Metastasierung zur Leber kann portal, arteriell, lymphogen oder per continuitatem erfolgen. Deshalb scheint die Resektion von Lebermetastasen prognostisch günstiger, wenn Metastasen des portalen Metastasierungsweges reseziert werden, da hier die Leber den ersten Filter darstellt. Bei Patienten mit Lebermetastasen kolorektaler Primärkarzinome liegen Langzeiterfahrungen über mehrere Jahrzehnte über den therapeutischen Nutzen der Resektion von Metastasen vor. Je nach Indikationsstellung (Selektion!) liegen die 5-Jahres-Überlebensraten der leberresezierten Patienten zwischen 20 und 45 %.
Symptome. In der Regel wird die Symptomatik eines Patienten durch den Primärtumor und nicht durch die Lebermetastase verursacht. Überwiegend werden sie im Rahmen der Tumornachsorge bei beschwerdefreien Patienten sonographisch oder im CT festgestellt. Diagnose. Zu den szintigraphischen Möglichkeiten, s. S. 510ff. ( 1 B-9.5 und 1 B-9.6). Zur Indikationsstellung einer Resektion von Lebermetastasen müssen folgende Ein- bzw. Ausschlusskriterien abgeklärt werden: π Ausschluss eines Lokalrezidivs des Primärkarzinoms (z.B. Koloskopie, CT des kleinen Beckens) π Ausschluss einer zusätzlichen, extrahepatischen Metastasierung (z.B. Lungen-CT, Knochenszintigramm) π Festlegung der lokalen Resektabilität (z.B. Spiral-CT, Angio-CT, MRT). Therapie. Das Therapieverfahren der Wahl bei Lebermetastasen ist die Resektion. Abgesichert ist diese Aussage nur für das kolorektale Primärkarzinom. Prognostisch günstig sind Solitärmetastasen ( 1 B-9.16) oder bis zu 3 Metastasen.
Symptome. Nur ausnahmsweise führen synchrone Lebermetastasen eines
Gegensatz zum HCC nicht vorhandenen Assoziation zur Leberzirrhose ist die Resektabilitätsrate höher. Wegen der nach Lebertransplantation beobachteten hohen Rezidivrate wird heute keine Indikation zur Lebertransplantation mehr gesehen.
unbekannten Primärtumors mit Druckgefühl oder Schmerzen im rechten Oberbauch zur Abklärung und Primärtumorsuche. Meist ist das primäre kolorektale Karzinom symptomführend, sodass synchron bestehende Lebermetastasen im Rahmen des Primärtumor-Stagings gefunden, bzw. nachfolgend auftretende Metastasen in der Nachsorge diagnostiziert werden.
Diagnose. Meistens werden Lebermetastasen im Rahmen der Nachsorgeun-
tersuchungen einer Karzinomerkrankung sonographisch oder computertomographisch diagnostiziert. Die szintigraphischen Möglichkeiten sind auf S. 510ff. (s. 1 B-9.5 und 1 B-9.6) dargestellt. Vor der Indikationsstellung zu einem z.B. resezierenden Therapieverfahren hat die Diagnostik folgende Fragen zu klären: π Ausschluss eines Lokalrezidivs des Primärkarzinoms (z.B. Koloskopie, CT des kleinen Beckens usw.) π Ausschluss einer extrahepatischen metastatischen Tumormanifestation (z.B. Lungen-CT, Knochenszintigramm) π Feststellung der lokalen Resektabilität (z.B. Spiral-CT, Angio-CT, MRT).
Therapie. Die Indikation zur Resektion von Lebermetastasen ist beim kolo-
rektalen Primärkarzinom durch Langzeitergebnisse abgesichert, bei anderen Primärkarzinomen wie z.B. beim Mammakarzinom nicht. Prognostisch günstig sind Solitärmetastasen ( 1 B-9.16) oder bis zu 3 Metastasen, unabhängig, ob diese auf eine Leberhälfte beschränkt sind oder sich auf beide Seiten verteilen (z.B. erforderliche Operation: Bisegmentektomie rechts + Monosegmentektomie links).
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9.4.4 Therapie
1 B-9.16
Lebermetastasen
a CT-Befund einer großen solitären Lebermetastase im rechten Leberlappen mit zentraler Tumornekrose und Hypertrophie der Restleber, zusätzlich 2 kleine Zysten im linken Leberlappen.
b Intraoperativer Befund einer großen Lebermetastase im rechten Leberlappen mit typischer zentraler Einziehung infolge der Tumornekrose.
Bei synchroner Lebermetastasierung sollte die Resektion des kolorektalen Primärkarzinoms mit der Resektion der Lebermetastasen gleichzeitig vorgenommen werden. Für das früher geübte 2-zeitige Vorgehen – erst Kolonresektion, dann Leberresektion – sprechen angesichts der niedrigen Komplikationsraten beim Kombinationseingriff kaum noch Argumente. Bei Irresektabilität, z.B. aufgrund multipler Lebermetastasen, werden palliativ die systemische und lokoregionale Chemotherapie eingesetzt.
9.4.4
Therapie
Bei synchroner Lebermetastasierung sollte die Resektion des kolorektalen Primärkarzinoms mit der Resektion der Lebermetastasen gleichzeitig vorgenommen werden. Als Palliativmaßnahmen bei Irresektabilität kommen systemische und lokoregionale Chemotherapie zum Einsatz. 9.4.4 Therapie
Operative Therapieverfahren
Operative Therapieverfahren
Die Leberresektion unterscheidet sich grundsätzlich von der Resektion anderer Anteile parenchymatöser Organe, da sie von einer schrittweisen Regeneration des verbliebenen Lebergewebes gefolgt ist (Ausnahme: Leberzirrhose!). Über die ersten Leberresektionen wurde schon um die Jahrhundertwende berichtet. So führte Langenbuch 5 Jahre nach seiner erstmaligen Cholezystektomie 1882 die erste Resektion eines linken Leberlappens durch. Grundsätzlich werden heute bei den Operationsverfahren an der Leber anatomische von nicht anatomischen Resektionen unterschieden. Anatomische Resektionen orientieren sich am segmentalen Aufbau der Leber, der über das arterioportale und biliäre System einerseits und den venösen Abstrom zur V. cava inferior andererseits definiert ist.
Die Regenerationsfähigkeit der Leber unterscheidet die Leberresektion grundsätzlich von allen anderen Resektionen an parenchymatösen Organen. Die ersten Leberresektionen wurden schon um die Jahrhundertwende durchgeführt. Anatomische Resektionen werden von nicht anatomischen unterschieden. Anatomische Resektionen orientieren sich am segmentalen Aufbau der Leber. Sie sind das Verfahren der Wahl bei der Resektion maligner Tumoren, wo ein Sicherheitsabstand von mindestens 0,5–1 cm gefordert werden muss.
1 B-9.17
Segmentektomie bei Lebermetastase Aufgeschnittenes Präparat einer durch Segmentektomie entfernten Lebermetastase mit > 1 cm Abstand gesunden Lebergewebes zum Resektionsrand.
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9 Leber
Nicht anatomische Resektionen kommen bei benignen Tumoren, diagnostischen Eingriffen und beim Lebertrauma zur Anwendung. Die Resektion beim Malignom verlangt bei kurativer Intention einen Sicherheitsabstand von mind. 0,5–1 cm ( 1 B-9.17). Folgende Standardverfahren werden unterschieden:
Nicht anatomische Resektionen werden überwiegend nur bei gutartigen Tumoren, bei diagnostischen Keilresektionen kleiner Tumoren oder zum Débridement bei schweren Leberverletzungen durchgeführt. Die Resektion beim Malignom verlangt bei kurativer Intention einen Sicherheitsabstand von mindestens 0,5–1 cm Dicke ( 1 B-9.17), sodass hier meist anatomische Resektionen mit klar kalkulierbaren Resektionsgrenzen zur Anwendung kommen. Folgende grundsätzliche Operationsverfahren werden unterschieden:
Segmentektomie
Segmentektomie
Nach der Anzahl der entfernten Segmente werden Mono-, Bi- und Multisegmentektomien unterschieden und durch Angabe der Segmentzahl I–VIII spezifiziert.
Entsprechend der Zahl der entfernten Segmente werden Mono-, Bi- und Multisegmentektomien unter Angabe der Zahlenbezeichnungen der entfernten Segmente klassifiziert. Inkonsequent ist der im englischen Sprachgebrauch übliche Ausdruck »Trisegmentektomie«, der als erweiterte Hemihepatektomie definiert ist und nicht eine »Dreisegmentresektion« beschreibt.
Hemihepatektomie
Hemihepatektomie
Entsprechend der arterioportalen Versorgung wird die Resektion der rechten Segmente V–VIII als Hemihepatektomie rechts und die der linken Segmente I–IV als Hemihepatektomie links definiert (s. 1 B-9.2).
Die Resektion der Segmente V–VIII wird als rechte, die der Segmente I–IV als linke Hemihepatektomie (cave: engl. Lobectomy) definiert. Die Definition orientiert sich am Versorgungsgebiet der rechten bzw. linken arterioportalen Strombahn. Die transparenchymatöse Resektionsebene folgt einer Linie ausgehend vom Gallenblasenbett zur rechten Lebervene und der retrohepatischen V. cava. Bei der rechten Hemihepatektomie werden etwa 60 % des Parenchymvolumens entfernt, bei der linken ca. 40 % (s. 1 B-9.2).
Erweiterte Hemihepatektomie
Erweiterte Hemihepatektomie
Die Hemihepatektomie rechts mit zusätzlicher Resektion der medianen linken Segmente IV a und IV b wird als erweiterte Hemihepatektomie rechts bezeichnet (ca. 75–80 % des Leberparenchyms). Voraussetzung dafür ist eine Normalfunktion des Restparenchyms. Bei der erweiterten linken Hemihepatektomie werden zusätzlich die medianen rechten Segmente V und VIII reseziert.
Bei einer erweiterten rechten Hemihepatektomie werden zusätzlich die beiden medianen, rechts des Lig. falciforme lokalisierten und zum linken Versorgungsgebiet gehörigen Segmente IVa und IV b entfernt (im engl. Sprachgebrauch: Extended hepatectomy oder auch Trisegmentectomy). Diese Resektion entfernt 75–80 % des verfügbaren Leberparenchyms und ist die ausgedehntest mögliche. Voraussetzung ist die Normalfunktion und Regenerationsfähigkeit des Restparenchyms. Als Ausdruck der vorübergehenden Leberinsuffizienz tritt häufig ein postoperativer Ikterus auf. Bei der erweiterten linksseitigen Hemihepatektomie werden zusätzlich die medianen rechten Segmente V und VIII reseziert.
Lobektomie
Lobektomie
Der im deutschen Sprachraum noch übliche Begriff orientiert sich am Lig. falciforme. Wegen der zu Verwirrungen führenden Begriffsüberschneidung mit dem englischen Begriff »lobectomy« für eine Hemihepatektomie sollte der deutsche Begriff Lobektomie nicht mehr gebraucht werden.
Der im deutschen Sprachgebrauch gelegentlich benutzte Begriff orientiert sich am Lig. falciforme, sodass eine rechtsseitige Lobektomie einer erweiterten Hemihepatektomie rechts entspricht und eine linksseitige Lobektomie nur eine linkslaterale Bisegmentektomie II und III darstellt. Da sich der Begriff der Lobektomie nicht an den wesentlichen anatomischen Strukturen orientiert und im Zusammenhang mit dem englischen Begriff »lobectomy« zur Begriffsverwirrung führt, sollte er nicht mehr verwendet werden.
Grundprinzipien der Operationstechnik Ein hoher Grad an Standardisierung hat in der Leberchirurgie zu erheblicher Risikominderung geführt, sodass sich die operationsbedingte Letalität je nach Grunderkrankung zwischen 0 und 15 % bewegt. Die präoperative Diagnostik zeigt potenziell operationstechnische Risiken auf.
Grundprinzipien der Operationstechnik Leberchirurgische Eingriffe haben heute einen hohen Grad an Standardisierung und Sicherheit erreicht, sodass in Abhängigkeit von der Grunderkrankung das Letalitätsrisiko zwischen 0 und 15 % liegt. Voraussetzungen zur Minimierung des Operationsrisikos sind eine angemessene präoperative Diagnostik mit Erfassung allgemeiner aber insbesondere auch potenziell operationstechnischer Risiken, wie sie in 1 B-9.3 am Beispiel einer Tumorummauerung der Pfortaderaufzweigung dargestellt sind. Ein wesentlicher operationstechnischer Sicherheitsfaktor bei allen Leberresektionen ist die grundsätzlich vollständige Mobilisation der Leber, um jederzeit alle versorgenden Gefäße und die infra- und suprahepatische V. cava kontrollieren zu können.
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9.4.4 Therapie Für eine Hemihepatektomie werden dann alle Strukturen im Lig. hepatoduodenale (A. hepatica communis, A. hepatica propria, rechte und linke Leberarterie, Gallengang mit Hepatikusgabel, Pfortader mit Pfortadergabel [ 1 B-9.18]) dargestellt. Im ersten Präparationsschritt werden meist D. cysticus und A. cystica durchtrennt und die Gallenblase entfernt. Anschließend werden die Leberarterie und der zentrale Pfortaderstammast der zu entfernenden Seite unterbunden. Als Folge verfärbt sich das Parenchym der unterbundenen Seite livide und gibt so schon die vom Gallenblasenbett zur rechen Lebervene und zur V. cava verlaufende transparenchymatöse Resektionsebene vor ( 1 B-9.19). Die Präparation durch das Lebergewebe erfolgt stumpf mit feinen Klemmen, wobei in kleinen Portionen Gefäße und Gallengänge gefasst und ligiert werden.
1 B-9.18
Linksseitige Hemihepatektomie
Intraoperativer Befund vor einer linksseitigen Hemihepatektomie; Präparation der Strukturen im Lig. hepatoduodenale (gelbe Zügel = D. choledochus und linker D. hepaticus; rote Zügel = Aa. hepatica propria und dextra; blauer Zügel = linker Pfortaderstammast).
1 B-9.19
Für eine Hemihepatektomie werden im Lig. hepatoduodenale die Aa. hepatica communis und propria, die Aa. hepatica dextra und sinistra, die Pfortadergabel ( 1 B-9.18) und der Gallengang mit Hepatikusgabel präpariert. Die Gallenblase wird entfernt. Arterie und Pfortaderstammast der zu resezierenden Seite werden unterbunden mit konsekutiver livider Verfärbung des nicht mehr durchbluteten Parenchyms ( 1 B-9.19).
Rechtsseitige Hemihepatektomie
Intraoperativer Befund bei einer rechtsseitigen Hemihepatektomie zur Resektion einer großen Lebermetastase. Livide Verfärbung des Parenchyms nach Durchtrennung der rechten Leberarterie und des rechten Pfortaderstammastes.
Während der Resektion kann der arterioportale Zufluss zur gesunden, verbleibenden Leberseite durch Okklusion des Lig. hepatoduodenale unterbrochen werden. Dieses »Pringle-Manöver« (s. S. 528) genannte Verfahren reduziert erheblich den potentiellen Blutverlust und wird von gesundem Leberparenchym unter den Bedingungen der warmen Ischämie bis zu 60 Minuten bei intermittierender Anwendung toleriert. Die Resektionsfläche bleibt nach vervollständigter Blutstillung entweder offen oder wird mit einer Netzplombe, Fibrinkleber oder Kollagenvlies etc. abgeklebt.
Zur Reduktion des Blutverlustes kann eine komplette Unterbrechung des Blutzuflusses erfolgen (= PringleManöver). Die dadurch verursachte warme Ischämie wird von gesundem Leberparenchym bis zu 60 Minuten toleriert. Die Resektionsfläche bleibt offen oder wird abgeklebt.
Palliative/adjuvante Therapieverfahren
Palliative/adjuvante Therapieverfahren
Palliative Verfahren kommen bei irresektablen primären und sekundären malignen Tumoren der Leber in Frage. Neben der systemischen Chemotherapie liegen nennenswerte Erfahrungen nur mit der Chemoembolisation beim hepatozellulären Karzinom und bei Lebermetastasen eines Karzinoids sowie mit der lokoregionären Chemotherapie bei Metastasen kolorektaler Primärkarzinome vor. Beide Verfahren sollen im Folgenden nur prinzipiell dargestellt werden.
Bei Irresektabilität primärer oder sekundärer Lebertumoren können palliative Therapieverfahren diskutiert werden. Folgende Verfahren kommen derzeit zur Anwendung: π systemische Chemotherapie π Chemoembolisation π lokoregionäre Chemotherapie.
Chemoembolisation
Chemoembolisation
Die Chemoembolisation vereinigt zwei therapeutische Prinzipien. Das erste, die Embolisation hat das Ziel, die Sauerstoffversorgung des Tumors möglichst vollständig zu unterbinden. Dabei kommt dem Verfahren das Phänomen zu Hilfe, dass Tumoren der Leber im Gegensatz zur normalen Blutversorgung der Leberzelle überwiegend arteriell und weniger portal venös ver-
Bei der Chemoembolisation werden 2 therapeutische Verfahren synchron eingesetzt. Die Embolisation soll die Sauerstoffversorgung des Tumors unterbrechen. Diesem Verfahren kommt
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9 Leber
die überwiegend arterielle und seltener portale Versorgung der Tumoren entgegen. Ein arteriell anflutendes Chemotherapeutikum sollte somit die Tumorzelle in höherer Konzentration und damit effektiver erreichen.
sorgt werden. Eine arterielle Embolisation schädigt also die Tumorzellen mehr als die im selben Segment befindlichen Hepatozyten. Gleichzeitig sollte aber auch ein arteriell appliziertes Chemotherapeutikum in höherer Dosis und damit effektiver die Tumorzelle erreichen, als wenn es systemisch verabreicht würde. Die Kombination beider Verfahren drängt sich fast zwingend auf, sodass mit verschiedenen Trägersubstanzen versucht wird, einerseits eine Embolisierung auf Zeit zu erreichen und andererseits beim Auflösen des Embolisates (z.B. Zellulosepartikel) ein Chemotherapeutikum in hoher Konzentration lokal freizusetzen.
Lokoregionäre Chemotherapie
Lokoregionäre Chemotherapie
Bei der lokoregionären Chemotherapie wird ein Kathetersystem in die A. gastroduodenalis so implantiert, dass ein Chemotherapeutikum kontinuierlich oder intermittierend direkt über die Leberarterie die Lebermetastasen oder das Karzinom in hoher Konzentration erreichen kann ( 1 B-9.20). Da ein Teil der applizierten Zytostatika schon bei der ersten Leberpassage metabolisiert werden, sind die Neben-
Die lokoregionäre Chemotherapie versucht, das duale arterioportale Versorgungssystem der Leber zu nutzen. Als Indikation werden nicht resektable Metastasen kolorektaler Primärkarzinome gesehen. Besonders geeignet sind Patienten, bei denen angiographisch eine überwiegend arterielle Blutversorgung der Metastasen oder des Karzinoms besteht. Hier kann ein Verweilkatheter in die A. gastroduodenalis implantiert werden, welcher mit einem in einer subkutanen Tasche fixierten Port- oder Pumpensystem konnektiert wird ( 1 B-9.20). Über das direkt punktierbare System können Chemotherapeutika kontinuierlich oder sequenziell appliziert werden.
1 B-9.20
Lokoregionäre Chemotherapie
a Implantation eines Kathetersystems in die A. gastroduodenalis. Nach Injektion von Methylenblau färben sich Lebergewebe und ein Segment des Duodenums homogen. Die ebenfalls angefärbte Gallenblase wird zur Vermeidung therapiebedingter entzündlicher Komplikationen entfernt.
wirkungen der lokoregionalen Chemotherapie vergleichsweise geringer als bei systemischer Applikation. In etwa je 1 ⁄ 3 werden unter der regionalen Chemotherapie Remissionen, ein stabiler Krankheitsverlauf bzw. Progredienz beobachtet. Bisher nicht geklärt ist die Frage, ob die regionale Chemotherapie gegenüber der systemischen einen Überlebensvorteil bietet.
b Das Portsystem wird subkutan platziert und kann leicht punktiert werden.
Der Vorteil liegt einerseits in der Höhe der erreichbaren Zytostatikakonzentration und andererseits in der Tatsache, dass ein Teil der Zytostatika schon bei der ersten Leberpassage metabolisiert wird, was zu einer Reduktion der Nebenwirkungen im Vergleich zur systemischen Applikation führt. Bei Lebermetastasen kolorektaler Karzinome werden in 30–70 % der Fälle Remissionen oder ein Krankheitsstillstand beobachtet, bei 1⁄3 der Patienten ist der Krankheitsverlauf weiter progredient. Ob die lokoregionäre Chemotherapie im Vergleich zur systemischen Applikation einen Vorteil hinsichtlich einer Lebensverlängerung bietet, konnte bisher keine Studie sicher klären.
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9.5.1 Einteilung/Schweregrade
9.5
Lebertrauma
9.5
9.5.1
Einteilung/Schweregrade
9.5.1 Einteilung/Schweregrade
Ausgehend von den Ursachen einer Leberverletzung sind perforierende Schuss- und Stichverletzungen von Leberparenchymberstungen infolge stumpfer Bauch- und Dezelerationstraumata (Sprung aus großer Höhe; Auffahrunfall) mit Ausriss der Leber aus den Aufhängebändern zu unterscheiden. Bei der Einschätzung einer Schussverletzung muss berücksichtigt werden, dass der Grad der Parenchymverletzung von der Größe und Splitterwirkung sowie der Geschwindigkeit des Geschosses abhängig ist. Noch Mitte dieses Jahrhunderts lag die Letalität des Lebertraumas bei etwa 65 %. Mit zunehmender Erfahrung in der resezierenden Leberchirurgie sowie der Lebertransplantation stieg die Zahl technischer Möglichkeiten zur Kontrolle und Versorgung von Blutungen der Leber und die Zahl damit vertrauter Chirurgen. Die Folge war eine erhebliche Verbesserung der Ergebnisse auch bei schweren Leberverletzungen mit einer durchschnittlichen Letalität, die heute bei etwa 10 % liegt. Um aber wirklich Resultate vergleichen zu können, bedarf es einer auf die einzelnen Schweregrade ( 2 B-9.2) bezogenen Analyse der Ergebnisse.
2 B-9.2
Einteilung des Lebertraumas nach Schweregraden
Schweregrad
Art der Leberverletzung
I
n Kapselriss/Kapseldefekt N N Parenchymriss < 1 cm Tiefe n
II
n Parenchymriss 1–3 cm Tiefe N N subkapsuläres Hämatom < 10 cm n N penetrierende Verletzung peripher n
III
N Parenchymriss > 3 cm Tiefe n n subkapsuläres Hämatom > 10 cm N N penetrierende Verletzung zentral n
IV
n Parenchymzerreißung eines Lappens N N expandierendes, zentrales Hämatom n
V
n Verletzung der retrohepatischen V. cava N N ausgedehnte Lappenzerstörung beidseits n
Komplikationen. Typische Komplikationen nach einem schweren Lebertrauma (Grad III–V) zeigt 2 B-9.3.
2 B-9.3
Lebertrauma
Grundsätzlich sind Leberverletzungen nach den Ursachen in Schuss- und Stichverletzungen, in Parenchymberstungen nach stumpfen Bauchtraumen und in Dezelerationstraumen mit Ausriss der Leber aus dem Halteapparat einzuteilen.
Die Letalität des Lebertraumas lag noch Mitte des Jahrhunderts bei ca. 65 % und liegt heute dank verbesserter Techniken zur Kontrolle von Blutungen bei 10 %.
Ein Vergleich der Ergebnisse ist aber nur unter Berücksichtigung der Schweregrade einer Leberverletzung möglich ( 2 B-9.2).
Komplikationen zeigt
2
B-9.3.
Komplikationen nach schwerem Lebertrauma (Grad III–V)
N Blutung n N Gallenleckage und Fistel n N subphrenischer, subhepatischer oder intrahepatischer Abszess n N Zeichen der Leberinsuffizienz (z.B. Ikterus, mangelhafte Syntheseleistung) n N Hämobilie (Falschverbindung vom Gefäßsystem zum Gallengangssystem n führt zur Blutung aus der Papille) N Bilhämie (Falschverbindung von Gallengangssystem zu den Lebervenen n führt zur exzessiven Bilirubinerhöhung)
Diagnose. Als diagnostische Verfahren stehen die Sonographie, CT, Angiographie, Cholangio-MRT und die ERC zur Verfügung.
Diagnoseverfahren sind Sonographie, CT, Angiographie, Cholangio-MRT, ERC.
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9 Leber
Therapieverfahren
9.5.2 Therapieverfahren
9.5.2
70–80 % aller Leberverletzungen nach einem stumpfen Bauchtrauma gehören der Schweregradkategorie I und II an und bedürfen zur Versorgung keiner speziellen leberchirurgischen Erfahrung. Zunehmend werden derartige Patienten bei stabiler Ausgangssituation nur noch intensivmedizinisch überwacht und sonographisch kurzfristig kontrolliert. Bei Zunahme der intraabdominellen Flüssigkeit oder beginnender Kreislaufinstabilität besteht die Indikation zur Exploration. Patienten mit Leberverletzungen der Schweregrade III–V bedürfen zur Versorgung meist spezieller Techniken, die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen:
Leberverletzungen als Folge eines stumpfen Bauchtraumas gehören zu 70–80 % der Schweregradkategorie I und II an. Damit erfordert ihre Versorgung keine spezielle leberchirurgische Erfahrung. Meist sind temporäre Kompression und einzelne Kapselnähte ausreichend, um oberflächliche Lazerationen und Parenchymeinrisse definitiv zu versorgen. Da derartige Verletzungen häufig bei der Exploration schon spontan nicht mehr bluten, wird heute zunehmend dazu übergegangen, diese Patienten bei kreislaufstabiler Ausgangssituation intensivmedizinisch zu beobachten und im Verlauf eine sonographisch festgestellte intraabdominelle Blutansammlung kurzfristig zu kontrollieren. Bei Zunahme der Flüssigkeitsmenge oder größerem Flüssigkeitsbedarf des Patienten zur Stabilisierung sollte allerdings dann die Indikation zur Exploration gestellt werden. Leberverletzungen der Schweregrade III–V bedürfen speziellerer Erfahrung und Techniken zur vorläufigen oder definitiven Versorgung. Im Folgenden seien nur die wichtigsten kurz aufgezählt und erklärt:
Pringle-Manöver
Pringle-Manöver
Die Okklusion des Lig. hepatoduodenale ( 1 B-9.21) unterbricht den arterioportalen Zufluss zur Leber und ermöglicht so die Exploration tiefer Parenchymverletzungen mit Naht zerstörter Gefäße oder Gallengänge.
Die Okklusion des Lig. hepatoduodenale ( 1 B-9.21) und damit des arterioportalen Zuflusses der Leber ermöglicht eine kontrollierte Revision z.B. eines tiefen Parenchymrisses mit Naht zerissener Blutgefäße und Gallengänge (auch beim Lebertrauma wird meist eine warme Ischämie von 30–45 Minuten toleriert).
1 B-9.21
Synopsis Pringle-Manöver
Zur Verringerung des Blutverlustes und zur besseren Übersicht kann die Leberdurchblutung durch Okklusion des Lig. hepatoduodenale unterbrochen werden.
Lig. hepatoduodenale Tourniquet
Merke
n Merke. Eine Milzverletzung muss zuerst versorgt sein, da sie sonst bei einem Pringle-Manöver wegen der portalen Stauung heftig bluten kann.
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529
9.5.2 Therapieverfahren
Tamponade der Leber (»Packing«)
Tamponade der Leber (»Packing«)
Die temporäre perihepatische Tamponade mit Bauchtüchern oder Jodoformstreifen stellt die technisch einfachste und nicht selten auch effektivste Maßnahme zur Kontrolle der Blutung bei einer schweren Leberverletzung dar ( 1 B-9.22). Sie ermöglicht aber fast immer den Transport in ein Zentrum, falls die Verletzung bei der Primärversorgung nicht definitiv versorgt werden kann.
Die perihepatische Tamponade mit Tüchern stellt die einfachste Methode zur Blutstillung dar ( 1 B-9.22). Sie ermöglicht aber fast immer, den Patienten in einen transportfähigen Zustand für eine Verlegung in ein Zentrum zu bekommen.
1 B-9.22
Perihepatische Tamponade der Leber Bei der perihepatischen Tamponade der Leber werden die Tücher zur Blutstillung überwiegend subhepatisch platziert, um eine Stauung der Lebervenen zu vermeiden.
Vollständige vaskuläre Exklusion
Vollständige vaskuläre Exklusion
Besonders Dezelerationstraumen können zu einem Ausriss einer oder mehrerer Lebervenen aus der V. cava führen. Als Folge führt ein Pringle-Manöver zu keiner wesentlichen Reduktion der oft primär schwer zu lokalisierenden heftigen Blutung. Erst die vollständige Mobilisation der Leber aus ihren Aufhängebändern mit Okklusion der V. cava infra- und suprahepatisch führt in Kombination mit einem Pringle-Manöver zur Kontrolle der Blutung. Selten muss das Zwerchfell über der V. cava gespalten werden, um die V. cava auf Höhe des rechten Vorhofs kontrollieren zu können.
Dezelerationsverletzungen der Leber können zu Ein-/Ausrissen der Lebervenen an der Einmündung in die V. cava führen. Erst die vollständige Mobilisation der Leber aus dem Halteapparat mit Okklusion der V. cava proximal und distal der Leber bei gleichzeitigem Pringle-Manöver führt zur Kontrolle der Blutung.
Atypische Leberresektion
Atypische Leberresektion
Bei völliger Parenchymzerreißung eines Leberanteiles sollte dieser im Sinne eines Débridements entfernt werden. Anatomische größere Resektionen haben beim Lebertrauma eine sehr hohe Letalität und sollten deshalb zugunsten nicht anatomischer, Parenchym sparender Débridements unterlassen werden. Da schwere Leberverletzungen fast nie isoliert, sondern fast immer im Rahmen eines Polytraumas auftreten, benötigt der Patient zur Bewältigung von Schock, Massivtransfusionen und möglichen septischen Komplikationen möglichst viel Leberparenchym.
Da anatomische Leberresektionen bei schweren Leberverletzungen eine hohe Letalität aufweisen, sollte bei vollständiger Zerstörung von Parenchymanteilen nur ein möglichst sparsames Débridement als nicht anatomische Resektion durchgeführt werden.
Hepatotomie
Hepatotomie
Bei der Hepatotomie handelt es sich um die Erweiterung eines z.B. Parenchymrisses, um an tiefer liegende verletzte Strukturen besser herankommen zu können. Weiterhin wird darunter auch die Spaltung gesunden Parenchyms über einem Schusskanal zu dessen Versorgung verstanden.
Unter der Hepatotomie ist die Erweiterung eines Parenchymrisses oder die Spaltung des Gewebes über einem Schusskanal zur Versorgung verletzter Strukturen zu verstehen.
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530
9 Leber
Hepatostomie
Hepatostomie
Die Hepatostomie wird von amerikanischen Chirurgen zur Versorgung von Schussverletzungen der Leber beschrieben. Dabei wird ein Schlauchdrän in den Kanal eingebracht und transkutan ausgeleitet. Die Dränage komprimiert einerseits verletztes Gewebe und dräniert andererseits Blut und Galle nach außen.
Alternativ zur Hepatotomie in der Versorgung von Schußkanälen wird von amerikanischen Chirurgen die Hepatostomie als weiteres Verfahren beschrieben, bei dem eine schlauchförmige Dränage mit vielen Dränagelöchern in den Schusskanal eingebracht und transkutan ausgeleitet wird. Der Effekt besteht einerseits in der Kompression des verletzten Parenchyms um den Schusskanal herum bei gleichzeitiger Dränage von evtl. Blut und Galle nach außen.
9.6
9.6
Spezielle Komplikationen in der Leberchirurgie
Spezielle Komplikationen in der Leberchirurgie
Neben den Risiken chirurgischer Eingriffe allgemein gibt es nach leberchirurgischen Eingriffen typische Komplikationen, die nachfolgend kurz aufgelistet und charakterisiert werden sollen.
Jeder größere leberchirurgische Eingriff birgt selbstverständlich alle allgemeinen Risiken postoperativer Komplikationen, wie sie für abdominalchirurgische Operationen beschrieben werden, wie Nachblutungen, Infektionen der Bauchhöhle oder Wunde sowie thromboembolische Komplikationsmöglichkeiten. Bei bestimmten Eingriffen an der Leber ist dieses Risiko jedoch deutlich erhöht und wird durch zusätzliche weitere und sehr typische Komplikationen charakterisiert, die im Folgenden kurz aufgelistet und erklärt werden sollen.
Pleuraerguss
Pleuraerguss
Ein rechtsseitiger Pleuraerguss wird nach Leberresektion in bis zu 20 % der Fälle beobachtet. Die Therapie besteht in der Gabe von Diuretika und einer Pleuradränage oder -punktion.
In bis zu 20 % der Fälle ist besonders nach ausgedehnteren resezierenden Eingriffen an der Leber ein rechtsseitiger Pleuraerguss zu beobachten und evtl. zu therapieren. Ursachen sind die Mobilisation der rechten Leber mit Durchtrennung der Verwachsungen mit der Zwerchfellkuppe einerseits und andererseits bei erweiterten Resektionen eine vorübergehende Leberfunktionseinschränkung mit Ausbildung eines Aszites und Pleuratranssudats. Entsprechend benötigen die Patienten eine entwässernde Therapie und evtl. eine Pleuradränage oder Punktion.
Abszess/Sepsis
Abszess/Sepsis
Meist subphrenisch oder subhepatisch gelegene Abszesse sind die Folge von Galleleckagen oder Gewebenekrosen an der Resektionsfläche der Leber. Als Therapie der Wahl ist die interventionell eingebrachte Spüldränage des Infektionsherdes anzusehen. Die endoskopische Papillotomie und evtl. auch Pigtaildränage des Gallenganges führt meist zum spontanen Verschluss der Gallefistel. Septische Komplikationen werden durch den zeitweiligen Verschluss der Pfortader (PringleManöver) und die Reduktion des portalen Gefäßquerschnittes (z.B. Resektion des rechten Pfortaderstammastes) begünstigt. Analog zur akuten Pfortaderthrombose führt die portale Stauung zur erhöhten Translokation von Darmbakterien in die Blutbahn. Die Therapie besteht in der gezielten Antibiotikagabe.
Die häufigste Ursache von postoperativen, meist subphrenisch oder subhepatisch gelegenen Abszessbildungen sind in einer technisch nicht optimal versorgten Resektionsfläche der Leber zu suchen. Leckagen aus nicht ausreichend umstochenen kleinsten Gallengängen oder zu weitgreifende Umstechungen mit Ischämie und Nekrose von Lebergewebe sind die Wegbereiter der zunächst meist lokalen Infektion. Die Therapie besteht in der Regel in der interventionell eingebrachten Spüldränage des Infektionsherdes. Eine endoskopische Papillotomie und vorübergehende Pigtaildränage des Gallenganges führt meist zum spontanen Verschluss der Gallenfistel. Septische Komplikationen werden bei ausgedehnten Leberresektionen durch den zeitweiligen Verschluss der Pfortader (Pringle-Manöver) und die Reduktion des portalen Gefäßbettes (z.B. Resektion des rechten Pfortaderstammastes) begünstigt. Aus dem Krankheitsbild der akuten Pfortaderthrombose hat man lernen müssen, dass die mit dem portalen Verschluss verbundene akute vernöse Kongestion im Abstromgebiet des Darmes zu einer massiven Translokation von Bakterien in die Blutbahn führen kann. Bei entsprechend positiver Blutkultur besteht die Therapie in der Applikation ausgetesteter Antibiotika.
Leberinsuffizienz
Postoperative Leberinsuffizienz
Durch Fehleinschätzung der Funktionsreserven des Leberparenchyms können schon nach Segmentresektionen lebensbedrohliche Zeichen der Leberinsuffizienz mit Bilirubinanstieg und Abfall
Bei Fehleinschätzung der funktionellen Reserven des Restparenchymes können schon kleine Segmentresektionen, z.B. bei Patienten mit einer Leberzirrhose, zu postoperativer lebensbedrohlicher Leberinsuffizienz mit steigenden Bilirubinwerten und grenzwertiger Syntheseleistung, z.B. von Gerinnungsfaktoren führen.
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531
9.6 Spezielle Komplikationen in der Leberchirurgie Da eine kausale Therapie mit Ausnahme einer meist nicht indizierten Notfalllebertransplantation nicht möglich ist, kann nur versucht werden, durch intensivmedizinische Maßnahmen die Funktion zu stabilisieren.
der Gerinnungsfaktoren auftreten. Bei fehlender kausaler Therapiemöglichkeit können nur intensivmedizinische Maßnahmen zur Funktionsstabilisierung beitragen.
Letalität
Letalität
Die Letalität der Leberresektion wird in großen Serien mit 0–15 % angegeben. Das Risiko ist sehr gering bei Resektionen von Lebermetastasen und steigt erheblich bei der Resektion von Leberzellkarzinomen bei Patienten mit einer Leberzirrhose, da bei diesen Patienten das hohe Risiko der eingeschränkten Funktionsreserve zum Tragen kommt.
Die Letalität der Leberresektion schwankt in Korrelation zur Grunderkrankung und damit evtl. verbundener Vorschädigung des Leberparenchyms zwischen 0 und 15 %.
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533 10
Portale Hypertension
10
Portale Hypertension
10.1
Klassifikation und Pathophysiologie
Alexander Gerbes 10.1
Klassifikation und Pathophysiologie
n Definition. Als portale Hypertension oder Pfortaderhochdruck wird eine Erhöhung des Druckgradienten zwischen der Pfortader und der unteren Hohlvene bezeichnet.
2 B-10.1
Definition
Portale Hypertension–Klassifikation und Beispiele für deren Ursachen
N postsinusoidal (intra- bis posthepatisch) n
n Budd-Chiari-Syndrom N N Venenverschlusskrankheit n
N sinusoidal (intrahepatisch) n
N Zirrhose n
N präsinusoidal (intrahepatisch) n
N Schistosomiasis, n n kongenitale hepatische Fibrose N
N Pfortader (prähepatisch) n
N Pfortaderthrombose n
Einteilung und Ätiologie. Die portale Hypertension wird nach dem Ort der Widerstandserhöhung in prähepatisch, intrahepatisch und posthepatisch unterteilt ( 2 B-10.1).Während weltweit die Schistosomiasis die häufigste Ursache der portalen Hypertension darstellt, ist in unseren Breiten meist eine Leberzirrhose verantwortlich.
Einteilung und Ätiologie ( 2 B-10.1). In Deutschland ist die Leberzirrhose häufigste Ursache der portalen Hypertension.
Pathophysiologie. Der Druck in einem Gefäßsystem berechnet sich als das
Pathophysiologie. Bei der Leberzirrhose führt eine Erhöhung des intrahepatischen Gefäßwiderstandes durch den zirrhotischen Umbau der Leber und eine hyperdyname Zirkulation zur portalen Hypertension ( 1 B-10.1).
Produkt aus Widerstand und Fluss (U = R « I). Durch die Pfortader wird das venöse Blut des Bauchraums der Leber zugeführt. Beim Gesunden wird die Leber von etwa 1200 ml pro Minute venösem Zufluss sowie 400 ml pro Minute aus der Leberarterie durchströmt. Der Blutdruck in der Pfortader selbst beträgt etwa 7–12 mmHg, ist aber von physiologischen Variablen beeinflusst (z.B. Nahrungsaufnahme mit nachfolgender Hyperämie). Deshalb wird zur Charakterisierung des Pfortaderdrucks häufig der Druckgradient zwischen Pfortader und unterer Hohlvene verwandt. Dieser portalvenöse Druckgradient beträgt beim Gesunden etwa 3–6 mmHg. Bei der Leberzirrhose führt nicht nur eine Erhöhung des intrahepatischen Gefäßwiderstands durch den zirrhotischen Umbau der Leber und die Kompression und Konstriktion der Sinusoide zur Erhöhung des Pfortaderdrucks. Bisher nicht eindeutig definierte endogene Faktoren induzieren eine arterielle Vasodilatation und damit auch eine hyerpdyname Zirkulation mit Erhöhung des Herzminutenvolumens. Somit ist auch ein erhöhter portaler Zustrom für die portale Hypertension bei Zirrhose mit verantwortlich. Diese hämodynamischen Veränderungen zusammen mit einer Verminderung des kolloidosmotischen Drucks durch verminderte Albuminsynthese induzieren eine vermehrte Extravasation im Splanchnikusgebiet und damit eine Verminderung des zentral effektiven Blutvolumens ( 1 B-10.1). Hierunter versteht man das Blutvolumen in Herz, Lunge und großen Gefäßen, das auf die Volumen- und Barorezeptoren wirkt. Die Verminderung des effektiven Blutvolumens aktiviert über diese Rezeptoren das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und das sympathische Nervensystem. Diese bewirken eine renale Vasokonstriktion, Verminderung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) und Natriumretention. Hierdurch kommt es zu einer Erhöhung des Gesamtblutvolumens. Aufgrund der pathophysiologischen Veränderungen kann jedoch keine dauerhafte Wiederauffüllung des zentralen Blutvolumens erzielt werden. Die Perpetuierung dieser Vorgänge führt dann schließlich zur Bildung von Kollateralkreisläufen und gastroösophagealen Varizen und
Hämodynamische Veränderungen und Verminderung des kolloidosmotischen Drucks führen über Verminderung des zentral effektiven Blutvolumens zur Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Dieses und das sympathische Nervensystem bewirken eine renale Vasokonstriktion, Verminderung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) und Natriumretention. Hierdurch kommt es zu einer Erhöhung des Gesamtblutvolumens. Dadurch kommt es zur Bildung von Kollateralkreisläufen und gaströsophagealen Varizen und nach Überschreitung der resorbierenden Kapazität der
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534
10 Portale Hypertension
1 B-10.1
Synopsis Pathophysiologie der Leberzirrhose
Leberzirrhose periphere Vasodilatation hyperdynamische Zirkulation kolloidosmotischer Druck portaler Hochdruck
Gesamtblutvolumen
renale Natriumretention
GFR renale Vasokonstriktion
Varizen Aszites
effektives Blutvolumen
Renin-Aldosteron sympathikoadrenerge Aktivität
Lymphgefäße zur intraabdominellen Flüssigkeitsansammlung, dem Aszites.
nach Überschreitung der resorbierenden Kapazität der Lymphgefäße zur intraabdominellen Flüssigkeitsansammlung, dem Aszites.
10.2
10.2
Symptome
Die verminderte venöse Durchblutung der Leber führt zu erhöhten peripheren Ammoniakkonzentrationen und zur Enzephalopathie. Von besonderer klinischer Relevanz ist die Kollateralbildung in Form von gastroösophagealen Varizen ( 1 B-10.2) aufgrund der häufig auftretenden Varizenblutung. Varizenblutungen sind mit einer hohen Mortalität verbunden und ziehen Rezidivblutungen nach sich.
Aszites kann zu weiteren klinischen Komplikationen führen, z.B. zur spontanen bakteriellen Peritonitis.
Es bildet sich bei portaler Hypertension ein venöser Kollateralkreislauf über Gefäße geringeren Widerstands (z.B. Umbilikalvene, Magenvene). Dies führt zu einer verminderten venösen Durchblutung der Leber und damit einem gewissen Bypass von abdominellem venösem Blut. Hierdurch wird der Leber ein Teil des von ihr normalerweise »entgifteten« Blutes entzogen, es kann zu erhöhten peripheren Ammoniakkonzentrationen und zur Enzephalopathie kommen. Von besonderer klinischer Relevanz ist die Kollateralbildung in Form von gastroösophagealen Varizen ( 1 B-10.2). Wenn die Wandspannung der Varizen einen kritischen Schwellenwert überschreitet kommt es zur Varizenblutung. Die Varizenblutung stellt eine der häufigsten und gefährlichsten Komplikationen der portalen Hypertension dar. Über 2⁄3 der Patienten mit Zirrhose entwickelt im Laufe ihres Lebens Varizen, 1⁄3 erleidet eine Blutung. Ca. 50 % der Patienten versterben nach einer gastroösophagealen Varizenblutung. Bei der Mehrzahl der Patienten kommt es nach einer stattgehabten Blutung wieder zu einer oder mehreren Rezidivblutungen. Die Ausbildung von Bauchwasser (Aszites) ist häufig für die Patienten belastend. Massiver Aszites führt zu Dyspnoe und Nabelhernien und kann zu einer verschlechterten Nierenfunktion beitragen. Mit einer hohen Letalität belastet ist die klinisch häufig inapparente Infektion des Aszites (spontane bakterielle Peritonitis, oft Monoinfektion mit einem Erreger). n Merke. Hepatische Enzephalopathie, vor allem aber Aszites und gastroösophageale Varizen stellen die wesentlichen Komplikationen der portalen Hypertension bei Zirrhose dar.
Merke
10.3
Symptome
Diagnostik
Ziel der Diagnostik ist die Feststellung der Grundkrankheit bzw. von Schweregrad und Komplikationen.
Anamnese und klinische Untersuchung: Wichtig sind Fragen nach chronischer Lebererkrankung, Gelbsucht (Ikterus), Alkoholkonsum, Hepatitis
10.3
Diagnostik
Wenn eine der oben genannten Komplikationen die erste Manifestation der portalen Hypertension ist, wird man zunächst Wert auf die Diagnose der Grundkrankheit legen. Ist diese bereits bekannt, so wird sich das klinische Interesse darauf konzentrieren, Schweregrad und mögliche Komplikationen der portalen Hypertension zu erfassen. π Anamnese und klinische Untersuchung: Gründliche Anamnese und klinische Untersuchung sind das Fundament der Diagnostik. Besondere Aufmerksamkeit wird hier Fragen nach chronischer Lebererkrankung, Gelbsucht (Ikterus), Alkoholkonsum, Hepatitis und anderen Infektionen, Thrombosen,
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10.3 Diagnostik
1 B-10.2
535
Synopsis Kollateralkreislauf bei portaler Hypertension
Lebervenen
V. cava inferior
Varizen V. gastroepiploica sinistra
Vv. gastricae dextra et sinistra V. portae V. splenica
V. mesenterica superior
V. mesenterica inferior
Herzinsuffizienz und der Medikamentenanamnese (Kontrazeptiva, hepatotoxische Substanzen) gelten. Bei der körperlichen Untersuchung ist zu achten auf Leber- und Milzgröße, Leberhautzeichen, Kollateralen der Bauchwand, Aszites ( 1 B-10.3), Beinödeme, hepatische Enzephalopathie. Eine Enzephalopathie kann sich klinisch manifestieren als Konzentrationsschwäche und vermehrte Müdigkeit (Grad 1), gelegentliche Verwirrtheit und Desorientierung (Grad 2), kontinuierliche Schläfrigkeit, aber noch Erweckbarkeit (Grad 3) bis hin zum Koma (Grad 4). Zur Diagnose einer subklinischen Enzephalopathie sind verschiedene psychometrische Tests ent-
1 B-10.3
und anderen Infektionen, Thrombosen, Herzinsuffizienz und der Medikamentenanamnese. Bei der körperlichen Untersuchung ist zu achten auf Leber- und Milzgröße, Leberhautzeichen, Kollateralen der Bauchwand, Aszites ( 1 B-10.3), Beinödeme, hepatische Enzephalopathie. Eine Enzephalopathie kann sich klinisch in verschiedenen Schweregraden manifestieren. Zur Diagnose
Massiver Aszites Neben dem Aszites mit Bauchwandhernie ( ∏) weist der Patient auch Kollateralgefäße in der Bauchwand ( Á Á) und SpiderNaevus (Á) als Leberhautzeichen auf.
∏ Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
536
10 Portale Hypertension
einer subklinischen Enzephalopathie dienen psychometrische Tests, z.B. der Zahlenverbindungstest. Zur Graduierung der Schwere der Leberfunktionseinschränkung ist die Child-Pugh-Klassifikation etabliert ( 2 B-10.2).
2 B-10.2
wickelt worden. Hierunter hat wohl der Zahlenverbindungstest (number connection test, nct) die größte Verbreitung erlangt. Nachdem der Patient anhand eines Testbogens das Prinzip erfasst hat, wird die Zeit gemessen, die er benötigt, um die nach dem Zufallsprinzip auf einem Blatt Papier verteilten Zahlen von 1 bis 25 der Reihenfolge nach durch Striche zu verbinden. Hierbei wird eine Zeit von unter 40 Sekunden als unauffällig, von über 1 Minute als pathologisch betrachtet. Zur Graduierung der Schwere der Leberfunktionseinschränkung ist die Child-Pugh-Klassifikation etabliert ( 2 B-10.2).
Child-Pugh-Klassifikation 1 Punkt
2 Punkte
3 Punkte
N Albumin (g/dl) n
> 3,5
2,8–3,5
< 2,8
N Bilirubin (mg/dl) n
< 2,0
2,0–3,0
> 3,0
N Quick (%) n
> 70
40–70
< 40
N Aszites n
kein
mäßig – viel
massiv
N Enzephalopathie n
keine
Grad I–II
> Grad II
Child A = 5–6 Punkte, Child B = 7–9 Punkte und Child C = 10–15 Punkte
Zur ätiologischen Klassifizierung von der portalen Hypertension zugrunde liegenden Erkrankungen werden verschiedene serologische Untersuchungen verwandt.
π Leberpunktion: Die Leberpunktion kann bei Gerinnungsstörungen oder Aszites auch transjugulär erfolgen.
π Aszites: Als beste klinische Methode zum Nachweis von Aszites empfiehlt sich die Perkussion der Flankendämpfung vor und nach Seitenlagerung des Patienten ( 1 B-10.4). Die Ultraschalluntersuchung ist die sicherste Methode zum Aszitesnachweis.
Merke
Zum Nachweis eines malignen oder infizierten Aszites wird die zytologische Untersuchung durch andere Parameter der Aszitesflüssigkeit ergänzt. Der Keimnachweis wird durch Inokulation von Blutkulturflaschen mit Aszitesflüssigkeit geführt.
Darüber hinaus stehen spezifische Tests zur Verfügung, die die mikrosomale Leberfunktion untersuchen (Metabolisierung von Aminopyrin oder Lidocain). Zur ätiologischen Klassifizierung von der portalen Hypertension zugrunde liegenden Erkrankungen werden serologische Untersuchungen verwandt. Sie liefern Hinweise auf infektiöse (z.B. Hepatitis) oder autoimmune (z.B. antimitochondriale Antikörper) Ursachen der Lebererkrankung. Metabolische, angeborene Leberkrankheiten (Morbus Wilson, Hämochromatose, a1-Antitrypsinmangel usw.) können durch entsprechend veränderte Serumparameter oder genetische Analysen bestätigt werden. π Leberpunktion: Die wichtigste diagnostische Methode einer Lebererkrankung bei portaler Hypertension ist die perkutane Leberpunktion. Bei schlechter Gerinnung oder massivem Aszites kann Lebergewebe auch über einen transjugulären Zugang und Katheterisierung einer Lebervene gewonnen werden. π Aszites: Zum Nachweis von Aszites bei der körperlichen Untersuchung werden verschiedene Manöver empfohlen, wie wandernde Flüssigkeitswelle oder periumbilikale Dämpfung bei Knie-Ellenbogen-Lage des Patienten. Als zuverlässigste und einfachste Methode empfiehlt sich die Perkussion der Flankendämpfung ( 1 B-10.4). Bei Seitenlagerung des Patienten steigt die Dämpfungsgrenze beim Vorhandensein von Aszites an. Aber auch diese Untersuchungsmethode weist einen beträchtlichen Anteil falsch positiver Ergebnisse auf. Daher gilt heute als sicherste Methode die Ultraschalluntersuchung des Abdomens. Hiermit lassen sich bereits kleine Mengen von Aszites (ab ca. 300 ml) feststellen. n Merke. Alle Formen der portalen Hypertension können mit einer Splenomegalie einhergehen. Zur Aszitesbildung kommt es aber nur bei erhöhtem Druck in den Lebersinusoiden, also nicht bei prähepatischer portaler Hypertension.
Wenn Aszites nachgewiesen ist, sollte eine Differenzierung maligner bzw. nicht maligner Grunderkrankungen und die Diagnose einer evtl. Infektion des Aszites vorgenommen werden. Da die zytologische Untersuchung maligne Zellen in bis zur Hälfte der Fälle nicht erkennt, wird sie durch andere Parameter ergänzt. Eine Erhöhung der Konzentration des Gesamteiweißes im Aszites von > 3 g/100 ml bzw. des Cholesterins von > 45 mg/100 ml wei-
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10.3 Diagnostik
1 B-10.4
Synopsis Perkussion der Flankendämpfung bei Aszites
Bei Aszites steigt die Dämpfungsgrenze nach Seitenlagerung des Patienten an.
sen ebenso wie eine erhöhte Konzentration des karzinoembryonalen Antigens (CEA) auf einen malignen Aszites hin. Zur Diagnose eines entzündlichen Aszites gelingt der Keimnachweis besser durch Inokulation von aeroben und anaeroben Blutkulturflaschen mit 10 ml frisch entnommenem Aszites als durch konventionelle bakteriologische Untersuchungen. Der Nachweis von > 500 Granulozyten pro ml Aszites kann als beweisend für eine Infektion angesehen werden. Für die klinische Routine empfiehlt sich die Untersuchung folgender Parameter ( 2 B-10.3):
2 B-10.3
Der Nachweis von > 500 Granulozyten pro m l Aszites kann als beweisend für eine Infektion angesehen werden. Für die klinische Routine empfiehlt sich die Untersuchung folgender Parameter ( 2 B-10.3).
Untersuchung von Aszites
N Zellzahl und Differenzierung (Grenzwert 250 bzw. 500 Granulozyten/mm3 ) n N Zytologische Untersuchung (maligne Zellen) n N Gesamteiweiß (Grenzwert 3g/100 ml) n N Cholesterin (Grenzwert 45 mg/100 ml) n N CEA (Grenzwert 2,5 ng/ml) n N bakteriologische Untersuchung mit Inokulation von aeroben und anaeroben n Blutkulturflaschen
n Merke. Bei Erstdiagnose oder Neuaufnahme eines Patienten mit Aszites muss eine diagnostische Punktion vorgenommen werden.
Bildgebende Verfahren: In erster Linie findet hier die konventionelle Oberbauchsonographie Verwendung. Neben zirrhosetypischen Veränderungen der Leber kommen als wichtigste Zeichen der portalen Hypertension eine erweiterte und reduziert atemvariable Pfortader, erweiterte Milzgefäße, Splenomegalie und gegebenenfalls Aszites zur Darstellung. Mit der Duplex-Doppler-Sonographie kann durch Messung von Richtung und Geschwindigkeit des intravasalen Blutflusses die portohepatische Durchblutung näher charakterisiert und Kollateralgefäße nachgewiesen werden. Typische Zeichen der portalen Hypertension sind eine verminderte Fließgeschwindigkeit oder Umkehrung der Flussrichtung in der Pfortader. Bei speziellen Fragestellungen können auch radiologische Verfahren wie Computertomographie, Kernspintomographie oder Angiographie zur Anwendung kommen. π
Merke
Bildgebende Verfahren: In der Oberbauchsonographie finden sich typische Zeichen der portalen Hypertension. Duplex-Doppler-Sonographie kann den portohepatischen Blutfluss näher charakterisieren.
Bei speziellen Fragestellungen können auch radiologische Verfahren wie Computertomographie, Kernspintomographie oder Angiographie zur Anwendung kommen.
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538 π Endoskopie: Der endoskopische Nachweis von blutungsgefährdeten gastroösophagealen Varizen hat große Bedeutung bei portaler Hypertension. Varizengröße, »red color sign« ( 1 B-10.5) und Fundusvarizen sind Risikofaktoren für eine Varizenblutung.
10 Portale Hypertension π Endoskopie: Angesichts der hohen Mortalität einer Blutung hat der endoskopische Nachweis von blutungsgefährdeten gastroösophagealen Varizen große Bedeutung bei portaler Hypertension. Hierbei sind als Risikofaktoren für eine Blutung folgende endoskopische Kriterien etabliert: Varizengröße (> 5 mm), »red color sign« und das Vorkommen von Varizen im Magenfundus. Unter »red color sign« versteht man charakteristische Oberflächenveränderungen von Varizen, wie z.B. longitudinal auf den Varizen verlaufende Ektasien ( 1 B-10.5).
1 B-10.5
Ösophagusvarizen Endoskopischer Befund bei multiplen Ösophagusvarizen. Die longitudinal auf den Varizen verlaufenden Ektasien werden als »red color sign« bezeichnet.
Merke
n Merke. Beim Verdacht auf portale Hypertension sollte eine Ösophagogastroduodenoskopie durchgeführt werden.
Therapie bei gastroösophagealen Varizen 10.4.1 Primärprophylaxe
10.4
Therapie bei gastroösophagealen Varizen
10.4.1
Primärprophylaxe
Die prophylaktische Behandlung wird wegen der hohen Letalität einer Varizenblutung empfohlen. Durch Gabe von b -Rezeptoren-Blockern kann bei Patienten mit ausgeprägten Varizen die Häufigkeit einer Blutung vermindert werden (Senkung des portalvenösen Drucks). Als Kontraindikationen müssen z.B. Hypotonie, Asthma und Diabetes mellitus beachtet werden.
Angesichts der hohen Letalität einer Varizenblutung wird für Patienten mit hohem Blutungsrisiko eine prophylaktische Therapie zur Verhinderung der ersten Varizenblutung empfohlen. Hierzu wird im Allgemeinen ein nicht selektiver b -Rezeptoren-Blocker (Propranolol) gegeben. Die Verminderung des Herzminutenvolumens und verminderte Durchblutung der Splanchnikusgefäße nach b-Blockade senkt den portalvenösen Druck. Zur Dosisfindung bei interindividuell unterschiedlichem Ansprechen auf b-Blockade wird empfohlen, eine Anfangsdosis von ca. 40 mg/d so lange zu erhöhen, bis die Herzfrequenz um 25 % reduziert ist. Als Kontraindikation müssen ausgeprägte systemische Hypotonie, Asthma, Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz in erster Linie beachtet werden. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass durch Gabe von b-Blockern bei Patienten mit ausgeprägten Varizen die Häufigkeit einer Varizenblutung signifikant vermindert werden kann. Ob auch die Sterblichkeit dadurch verringert werden kann, ist umstritten.
10.4.2 Akute Varizenblutung
10.4.2
Bei Verdacht auf eine akute Varizenblutung (Bluterbrechen oder Teerstuhl, häufig verbunden mit Schockzeichen), sollte unverzüglich eine Endoskopie durchgeführt werden und der Patient intensivmedizinisch betreut werden.
Eine akute Varizenblutung äußert sich meist in Bluterbrechen oder Teerstuhl, häufig verbunden mit Zeichen eines Schocks. Der Verdacht auf eine akute Varizenblutung sollte Anlass zur Suche nach der Blutungsquelle und ggf. Therapie einer aktiven Blutung sowie der intensivmedizinischen Betreuung des Patienten sein.
10.4
Akute Varizenblutung
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10.4.2 Akute Varizenblutung
539
Therapie der Wahl zur lokalen Behandlung der blutenden Varize sind die endoskopischen Behandlungsverfahren (Sklerosierung, Obliteration mit Gewebeklebern und Gummibandligatur) (s. Kap. B-13.4).
Zu den endoskopischen Behandlungsverfahren (Sklerosierung, Obliteration mit Gewebeklebern, Gummibandligatur) s. Kap. B-13.4.
Ballontamponade
Ballontamponade
Wenn eine endoskopische Sklerosierung nicht verfügbar ist oder im Falle einer massiven, trotz Sklerosierungsversuch nicht beherrschbaren Blutung, kommt die Ballontamponade zur Anwendung. Durch Kompression der gastroösophagealen Varizen soll eine Verminderung des Blutflusses erzielt werden. Hierzu werden im Allgemeinen die Sengstaken-Blakemore-Sonde für Ösophagus-, die Linton-Sonde für Fundusvarizen verwandt ( 1 B-10.6). Zur Vermeidung von Schleimhautnekrosen müssen die Ballons nach spätestens 12–24 Stunden vorübergehend entblockt werden. Dann bzw. nach Entfernung der Ballonsonde sind oft Rezidivblutungen zu verzeichnen. Bei Ballontamponade sind nicht selten ernste Komplikationen (z.B. Perforation) zu beobachten.
Die Ballontamponade wirkt durch Verminderung des Blutflusses in den gastroösophagealen Varizen. Sie kommt bei massiver, endoskopisch nicht beherrschbarer Blutung zur Anwendung, bis eine definitive Versorgung möglich ist. Hierzu werden im Allgemeinen die Sengstaken-Blakemore Sonde für Ösophagus-, die Linton-Sonde für Fundusvarizen verwandt ( 1 B-10.6).
1 B-10.6
Synopsis Ballontamponaden
a Sengstaken-Blakemore-Sonde.
b Linton-Nachlas-Sonde.
Pharmakologische Vasokonstriktion Eine pharmakologische Konstriktion der splanchnischen Arterien reduziert den Zufluss in die Pfortader und führt damit zu einem Rückgang der portalen Hypertension. Dies kann vor allem in Kombination mit Ballontamponade oder Sklerosierungstherapie zur Beherrschung der Varizenblutung beitragen. Zur Anwendung kommen hier vor allem Vasopressinanaloga (Triglycylvasopressin), Somatostatin und Somatostatinanaloga. Diese Substanzen weisen alle eine recht kurze Halbwertszeit auf und wirken daher meist nur während ihrer intravenösen Applikation.
Notfalltherapie der konservativ nicht beherrschbaren Blutung Bei konsequentem Einsatz der oben genannten Maßnahmen ist eine aktive Varizenblutung in > 90 % zu stillen. Wenn dies nicht möglich ist, oder wenn mehrere frühe (innerhalb von 5 Tagen) Rezidivblutungen auftreten, müssen alternative Verfahren verwandt werden. Hier sind vor allem chirurgische Maßnahmen zu nennen, wie die Transsektion des Ösophagus, ggf. mit Devaskularisation und Splenektomie ( 1 B-10.7) und portokavale Shuntoperationen. Bei der Transsektion, wobei sämtliche Varizen durchtrennt werden, ist auch in erfahrenen Händen eine Letalität von bis zu 50 % zu erwarten. Unter den zahlreichen Variationen der portosystemischen Shuntoperationen ( 2 B-10.4) haben sich vor allem der portokavale Seit-zu-Seit-
Pharmakologische Vasokonstriktion Durch intravenöse Gabe von Vasopressin- oder Somatostatinanaloga werden die splanchnischen Arterien verengt und die portale Hypertension reduziert.
Notfalltherapie der konservativ nicht beherrschbaren Blutung Chirurgische Verfahren bei konservativ nicht beherrschbarer Blutung sind Transsektion des Ösophagus, ggf. mit Devaskularisation und Splenektomie ( 1 B-10.7) und portokavale Shuntoperationen ( 1 B-10.8).
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540 1 B-10.7
10 Portale Hypertension
Synopsis Chirurgische Intervention bei unbeherrschbaren Varizenblutungen
a, b Ösophagustranssektion. Das zirkuläre Klammernahtgerät wird über eine kleine Gastrotomie eingeführt und in den Ösophagus vorgeschoben. Der distale Ösophagus wird mit einer Ligatur zwischen den geöffneten Andruckplatten fixiert.
Unter den portosystemischen Shuntoperationen ( 2 B-10.4) haben sich vor allem durchgesetzt der: π portokavale Seit-zu-Seit-Shunt π mesenterikokavale Shunt π distale splenorenale Shunt. Die Mortalität dieser Eingriffe in der Akutsituation liegt im Allgemeinen > 50 %. Operative Eingriffe an Gefäßen des Leberhilus können eine spätere Lebertransplantation erschweren. Daher wird zunehmend ein nicht operativer portosystemischer Shunt eingesetzt, der TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt).
Nach Verschluss der Andruckplatten und Auslösen des Klammernaht-/ Schneidemechanismus erhält man eine zirkuläre Anastomose. Nach Entfernung des Gerätes und Verschluss des Magens kann das resezierte Gewebe des Ösophagus geborgen werden.
c Ösophagustranssektion mit Devaskularisierung und Splenektomie. Ausmaß der Skelettierung des Magens und Ösophagus zur Reduktion des venösen Abflusses (hier mit zusätzlicher Splenektomie) bei portaler Hypertension.
Shunt ( 1 B-10.8), der mesenterikokavale Shunt und der distale splenorenale Shunt durchgesetzt. Die Anlage dieser Shunts erfordert eine mehrstündige Operation mit einem nicht geringen Transfusionsbedarf. Die Mortalität dieser Eingriffe in der Akutsituation liegt im Allgemeinen > 50 %. Die Druckentlastung des Portalsystems ist intraoperativ kaum graduierbar. Operative Eingriffe an Gefäßen des Leberhilus können eine spätere Lebertransplantation erschweren. Diese Nachteile operativer Verfahren erklären die Popularität eines unlängst entwickelten nicht operativen portosystemischen Shunts, des TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt). Die Rate der offenen Operationen hat sich dadurch weiter reduziert.
1 B-10.8
Synopsis Portokavaler Seit-zu-Seit-Shunt
V. portae V. splenica
V. mesenterica superior
V. mesenterica inferior
V. cava inferior
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10.4.2 Akute Varizenblutung
2 B-10.4
541
Hauptverfahren von portosystemischen Shunts bei portaler Hypertension infolge Leberzirrhose
Totaler Shunt
Selektive Shunts
Sonderformen
N portokavale Shunts n π Seit-zu-Seit π End-zu-Seit
N TIPS (nicht n operativer Shunt)
N mesenterikokavaler n Shunt (H-Shunt)
N distaler splenorenaler n Shunt (Warren)
N portokavaler Shunt n mit Arterialisation der Leber
N proximaler splenon renaler Shunt (Linton)
Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)
Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)
Zur Anlage eines TIPS wird nach Punktion der V. jugularis unter radiologischer Kontrolle eine Lebervene sondiert und durch das Leberparenchym hindurch ein intrahepatischer Pfortaderast punktiert. Die so geschaffene Verbindung wird mit einem Ballonkatheter dilatiert und durch Einsatz eines Metallstents (TIPS; 1 B-10.9) offen gehalten. Bei diesem nicht operativen Vorgehen kann während der Anlage des Shunts der portalvenöse Druckgradient gemessen und stufenweise gesenkt werden. Sollte trotz Absenkung des portalen Drucks eine Perfusion der blutenden Varizen persistieren, können diese unter radiologischer Kontrolle embolisiert werden. Daher ist bei den meisten Patienten auch nach Versagen endoskopischer und pharmakologischer Maßnahmen mit TIPS eine Blutstillung zu erzielen. Wegen des
Nach Sondierung einer Lebervene kann unter radiologischer Kontrolle die Pfortader punktiert werden. Durch Einsatz eines Metallstents (TIPS, 1 B-10.9) kann dann der portalvenöse Druckgradient kontrolliert gesenkt werden. TIPS ist eine effektive Therapie konservativ nicht beherrschbarer Blutungen, deren Wertigkeit im Vergleich zu chirurgischen Verfahren noch nicht durch Studien belegt ist.
1 B-10.9
Synopsis Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS)
Lebervene
TIPS
intrahepatischer Pfortaderast
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542
10 Portale Hypertension
Schwere Einschränkungen der Leberfunktion und Enzephalopathie stellen die wichtigsten Kontraindikationen zur TIPS-Anlage dar.
schlechten Allgemeinzustands dieser Patienten (häufig Child-Pugh Klasse C) und den nach mehreren Blutungen und Interventionen häufig zu beobachtenden Multiorganstörungen muss mit einer hohen Letalität gerechnet werden. Bei TIPS als Notfallmaßnahme ist eine 30-Tage-Mortalität von etwa 30 %–40 % zu verzeichnen. Diese im Vergleich zu chirurgischen Shunt-Verfahren günstigen Ergebnisse sind bislang jedoch noch nicht durch kontrollierte Studien bestätigt. Da nach Anlage eines TIPS im Allgemeinen auch die venöse Leberperfusion abnimmt, ist eine schwere Einschränkung der Leberfunktion eine Kontraindikation zur TIPS-Anlage. Im Allgemeinen wird ein Grenzwert der Serumbilirubinkonzentration von > 5 mg/100 ml angenommen. Auch frühere Episoden von Enzephalopathie oder eine ausgeprägte Herzinsuffizienz, Lebertumoren oder eine thrombosierte kavernöse Transformation der Pfortader gelten als klinische bzw. technische Kontraindikationen. n Merke. Die akute Varizenblutung kann in etwa 90 % durch endoskopische Sklerosierung oder Ballontamponade und medikamentöse Reduktion des portalen Blutflusses gestillt werden. Bei konservativ nicht beherrschbaren Blutungen hat der TIPS Vorteile im Vergleich zu Notfalloperationen.
Merke
10.4.3 Prophylaxe der Rezidivblutung Zur Prophylaxe der Rezidivblutung werden vor allem endoskopische Varizenobliteration oder b -Rezeptorenblocker eingesetzt.
1 B-10.10
10.4.3
Prophylaxe der Rezidivblutung
Etwa 2⁄3 der Patienten erleiden nach einer Erstblutung eine oder mehrere Rezidivblutungen. Zur Rezidivblutungsprophylaxe haben sich vor allem die endoskopische Varizenobliteration und die Gabe von b-Rezeptorenblockern bewährt. Durch endoskopische Sklerosierung der Varizen wird die Rezidivblutungshäufigkeit signifikant verringert (von ca. 60 % auf 45 % innerhalb eines Jahres nach Erstblutung). Auch die Mortalität wird dadurch verringert. Diese Effekte sind nach Gabe von b-Blockern etwas weniger deutlich (Senkung des Blutungsrisikos auf 50 %). Eine Fortentwicklung endoskopi-
Synopsis Therapeutisches Vorgehen bei Varizenblutung
Verdacht auf Varizenblutung
endoskopische Diagnose und Blutstillung Somatostatin oder Octreotid oder Glypressin intensivmedizinische Betreuung
Blutung nicht beherrschbar
vorübergehend Ballontamponade
Blutung beherrschbar
frühe Rezidivblutungen (> 2 endoskopische Interventionen innerhalb 5 Tagen)
Prophylaxe der Rezidivblutung endoskopische Sklerotherapie oder Ligatur* oder ß-Blocker oder TIPS*
Blutung nicht beherrschbar
TIPS oder Transsektionsoperation
Vorstellung in Transplantationszentrum
TIPS oder Transsektionsoperation
* Die Wertigkeit dieser Maßnahmen wird in Studien untersucht und ist noch nicht abschließend zu beurteilen
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543
10.5 Therapie des Aszites scher Maßnahmen zur Rezidivblutungsprophylaxe stellt die Ligatur von Varizen (Banding) dar. Hierbei werden Varizen ähnlich dem Vorgehen bei Hämorrhoiden endoskopisch mit einem Gummiband abgebunden (s. Kap. B-13.4.1, S. 600). Im Vergleich zur Sklerosierung scheint die Ligatur weniger komplikationsbehaftet und schneller zur Beseitigung von Varizen zu führen. Ob die Ligatur auch zu einer deutlicheren Verminderung der Rezidivblutungshäufigkeit führt, ist noch nicht belegt. Portokavale Shunts sind außerordentlich effektiv zur Senkung des Pfortaderhochdrucks und Vermeidung von Rezidivblutungen. Durch die starke Verminderung der venösen Leberperfusion kommt es jedoch häufig zu einer extremen Einschränkung der Leberfunktion und oft zu therapierefraktärer Enzephalopathie. Daher haben sich portokavale Shunts zur Rezidivblutungsprophylaxe nicht allgemein durchgesetzt und werden nur in wenigen spezialisierten Zentren durchgeführt. Nach TIPS wurden Rezidivblutungsraten von ca. 20 % beobachtet. Häufig kommt es einige Monate nach Anlage des Stents zu einer Stenosierung, was eine Redilatation des TIPS erfordert. Die Wertigkeit des TIPS zur Rezidivblutungsprophylaxe wurde in verschiedenen kontrollierten Untersuchungen mit endoskopischen Verfahren verglichen: trotz signifikanter Reduktion der Rezidivblutungshäufigkeit wird die Letalität nicht eindeutig gesenkt. 1 B-10.10 stellt eine Möglichkeit des therapeutischen Vorgehens bei Varizenblutung dar.
Die Ligatur von Varizen (Banding) stellt eine weitere Maßnahme zur Rezidivblutungsprophylaxe dar. Portokavale Shunts senken effektiv den Pfortaderhochdruck und vermeiden Rezidivblutungen. Durch die starke Verminderung der venösen Leberperfusion kommt es jedoch zu starker Einschränkung der Leberfunktion und therapierefraktärer Enzephalopathie. Daher haben sie sich zur Rezidivblutungsprophylaxe nicht allgemein durchgesetzt. TIPS führt zu einer signifikanten Reduktion der Rezidivblutungshäufigkeit, die Letalität wird jedoch nicht eindeutig gesenkt.
Klinischer Fall Ein 46-jähriger Patient mit bekannter alkoholischer Leberzirrhose sucht die Notaufnahme des Krankenhauses auf. Er klagt über Schwindel und Schwächegefühl und berichtet über kurz zurückliegendes Absetzen von Teerstuhl. Bei der körperlichen Untersuchung des blassen Patienten zeigt sich ein systolischer Blutdruck von 70 mmHg bei einer Herzfrequenz von 120 Schlägen pro Minute. Der Patient wird unverzüglich mit zwei großvolumigen periphervenösen Zugängen versehen und unter dem Verdacht eines durch gastrointestinale Blutung ausgelösten Schocks auf die Intensivstation verlegt. Bei einer Hämoglobinkonzentration von 6,2 g/100 ml wird mit der Transfusion von Erythrozytenkonzentraten begonnen. Bei der Endoskopie finden sich ausgeprägte Ösophagus-
10.5
varizen mit »red spots«. Der Magenfundus ist mit Blutkoageln ausgefüllt, die Schleimhaut des Restmagens ist hämatinbelegt, das Duodenum unauffällig. Im Ösophagus bei teilweise hellroten Blutspuren ist keine aktive Blutungsquelle eruierbar, allerdings zeigt sich ein Fibrinnippel als Hinweis auf eine stattgehabte Blutung auf der prominentesten Varize nahe der Kardia. Daraufhin werden die Varizen mit insgesamt 20 ml 1 % Polidocanol an 9 verschiedenen Einstichstellen intra- und paravarizeal sklerosiert. Vor dem Ende der Endoskopie instilliert der Untersucher über den Instrumentierkanal 100 ml Laktulose zur Prophylaxe einer Enzephalopathie. Nach weiterer Stabilisierung des Kreislaufs wird der Patient nach 3 Tagen auf eine Allgemeinstation verlegt.
Therapie des Aszites
Zur Therapie des Aszites wird allgemein ein sequenzielles Vorgehen empfohlen ( 1 B-10.11). Eine Einschränkung der diätetischen Kochsalzzufuhr auf etwa 3–5 g täglich und Erhöhung des zentral effektiven Blutvolumens durch Bettruhe können nur bei etwa 10 % der Patienten zur Mobilisierung des Aszites führen. Zusätzliche Gabe eines Aldosteronantagonisten (Spironolacton in ansteigender Dosierung bis ca. 300 mg täglich) steigert die Ansprechrate auf ca. 65 %. Durch zusätzliche Gabe eines Schleifendiuretikums (etabliert ist hier Furosemid in ansteigender Dosierung bis ca. 120 mg täglich) kann Aszites in ca. 85 % der Patienten beherrscht werden. Es verbleiben ca. 15 % von diuretikarefraktärem oder rezidivierendem Aszites; d.h. Aszites, der auf diuretische Behandlung nicht genügend anspricht, oder der deswegen nicht ausreichend behandelt werden kann, weil die Diuretikatherapie aufgrund von Nebenwirkungen (Enzephalopathie, Elektrolytstörungen, Einschränkung der Nierenfunktion) eingestellt werden muss. n Merke. Unter rezidivierendem Aszites versteht man das häufige Wiederauftreten (mindestens 3 « innerhalb eines Jahres) von deutlichem Aszites trotz diuretischer Behandlung.
10.5
Therapie des Aszites
Aszites wird üblicherweise nach einem Stufenschema ( 1 B-10.11) behandelt mit π Reduktion der Kochsalzzufuhr π Aldosteronantagonisten π Schleifendiuretika.
Etwa 15 % der Patienten weisen einen diuretikarefraktären oder rezidivierenden Aszites auf.
Merke
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544
10 Portale Hypertension
1 B-10.11
Synopsis Stufenschema der Aszitestherapie
Erfolgsrate in % 100
diuretikarefraktär oder rezidivierend
85
65
+
Schleifendiuretikum (Furosemid, maximal 120 mg/d)
+
Aldosteronantagonist (Spironolakton, maximal 300 mg/d)
10 0
Merke
Natriumrestriktion, Bettruhe
n Merke. Bei deutlich eingeschränkter Nierenfunktion (Serumkreatinin > 2 mg/100 ml oder Kreatinin-Clearance < 40 ml/min) und Ausschluss einer organischen Nierenerkrankung handelt es sich im Allgemeinen um eine prärenal bedingte Störung. Diese beruht auf einer Verminderung des zentral effektiven Blutvolumens und kann durch Gabe von Diuretika induziert worden sein. Der Versuch, bei schon reduzierter Nierenfunktion durch massive Erhöhung der Diuretikadosis (z.B. Furosemid 500–1000 mg täglich) eine Steigerung der Natriurese zu erzwingen, kann die Nierenfunktion weiter verschlechtern. Vor dieser immer wieder zu beobachtenden iatrogenen Komplikation muss ausdrücklich gewarnt werden.
Kontrolle der Therapie
Kontrolle der Therapie
Zur Kontrolle des therapeutischen Ansprechens müssen regelmäßig Körpergewicht und Urinausscheidung gemessen werden. Zur Vermeidung von Nebenwirkungen sollte eine tägliche Reduktion des Körpergewichts von 700 ml nicht überschritten werden.
Bei der Überwachung der Therapie sind Parameter des therapeutischen Ansprechens und mögliche Nebenwirkungen zu beachten. Zu empfehlen ist die regelmäßige (zunächst mindestens jeden 2. Tag) Messung von Körpergewicht und 24-h-Urin (Natrium, Kalium, Kreatinin-Clearance). Kommt es nach Beginn der diuretischen Therapie zu einer deutlichen Zunahme der Natriumausscheidung im Urin ohne begleitende Abnahme des Körpergewichts, kann dies ein Hinweis auf mangelnde diätetische Compliance des Patienten sein. Bestehen periphere Ödeme, können 1–2 l Flüssigkeit täglich diuretisch mobilisiert werden, ohne dass es zu einer Beeinträchtigung des effektiven Blutvolumens kommt. Bei Fehlen peripherer Ödeme, oder nach dem diese unter diuretischer Behandlung verschwunden sind, sollte eine tägliche Reduktion des Körpergewichts von 300–500 ml angestrebt, von 500–700 ml aus oben genannten Gründen nicht überschritten werden. Mögliche Nebenwirkungen sind Tachykardie, Enzephalopathie oder Verminderung der Kreatinin-Clearance als Zeichen des zunehmenden Volumenmangels, sowie natürlich Elektrolytstörungen. Zu ungenügendem Ansprechen auf diuretische Behandlung führen neben der Noncompliance vor allem das Vorliegen einer spontanen bakteriellen Peritonitis, eine gastrointestinale Blutung als Ursache eines Volumenmangels und schließlich auch die iatrogene Zufuhr von Natrium (Antibiotika, Antazida) oder von nichtsteroidalen Antiphlogistika (Verschlechterung der Nierenfunktion).
Mögliche Nebenwirkungen sind Tachykardie, Enzephalopathie oder Verminderung der Kreatinin-Clearance als Zeichen des zunehmenden Volumenmangels, sowie natürlich Elektrolytstörungen.
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10.5 Therapie des Aszites
Massiver Aszites
Massiver Aszites
Verschiedene Studien Mitte bis Ende der 80er Jahre haben die therapeutische Aszitespunktion zur Behandlung des massiven Aszites wieder etabliert. Dieses Verfahren war aufgrund von Nebenwirkungen (Infektion, Niereninsuffizienz, Enzephalopathie) in den 60er Jahren nach Entwicklung moderner Diuretika weitgehend verlassen worden. Verschiedene Studien konnten jedoch zeigen, dass die begleitende Gabe von Albumin (40–60 g intravenös bei einer Punktion von 4–6 l Aszites) dem sonst nach Punktion häufig zu beobachtenden intravasalen Volumenmangel vorbeugt.
Massiver Aszites kann durch tägliche Punktion von 4–6 Litern und gleichzeitig intravenöse Albumininfusion (10 g/l Aszites) behandelt werden.
n Merke. Bei Fehlen von Kontraindikationen (Serumbilirubin > 10 mg/100 ml, Prothrombinzeit < 40 %, Thrombozyten < 40 000/ml, Serumkreatinin > 3 mg/100 ml) können tägliche Punktionen von bis zu 6 l Aszites mit Albuminsubstitution (10 g/l Aszites) zu Erzielung einer raschen Aszitesfreiheit empfohlen werden.
Diuretikarefraktärer oder rezidivierender Aszites Zur Behandlung des diuretikarefraktären oder rezidivierenden Aszites waren in den 70er Jahren peritoneovenöse Shunts entwickelt worden. Diese subkutan zu implantierenden Silikonschlauchsysteme ( 1 B-10.12) sollten eine kontinuierliche Entlastung des Aszites durch Dränage der Flüssigkeit in die obere V. cava (via V. jugularis) und gleichzeitig eine intravenöse Reinfusion ermöglichen. Die Shunts waren jedoch häufig durch Okklusion, Infektion und andere Komplikationen beeinträchtigt. Eine vergleichende Untersuchung zeigte, dass die therapeutischen Aszitespunktionen der Implantation eines peritoneovenösen Shunts zumindest ebenbürtig sind. Die Ergebnisse waren jedoch hinsichtlich der Rekurrenz des Aszites mit beiden Verfahren unbefriedigend. Bei den vorhandenen Möglichkeiten der diureti-
1 B-10.12
Merke
Diuretikarefraktärer oder rezidivierender Aszites Zur Behandlung des diuretikarefraktären oder rezidivierenden Aszites waren in den 70er Jahren peritoneovenöse Shunts entwickelt worden. Diese subkutan zu implantierenden Silikonschlauchsysteme ( 1 B-10.12) sollten eine kontinuierliche Entlastung des Aszites durch Dränage in die obere V. cava (via V. jugularis) und gleichzeitige intravenöse Reinfusion ermöglichen. Die Shunts waren jedoch häufig durch Okklusion, Infektion und andere Komplikationen beeinträchtigt.
Synopsis Peritoneovenöser Shunt
venöser Schenkel
röntgendichter Streifen Einwegventil Pumpkammer Einwegventil Halteplatte
peritonealer Schenkel
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546 Indikationsstellung durch diuretisch konservative Therapiemöglichkeiten selten. Aufgrund der hohen Shuntokklusionsrate ist die therapeutische Aszitespunktion der Implantation von peritoneovenösen Shunts zumindest gleichwertig. Nach TIPS-Anlage kommt es häufig zum Rückgang des Aszites.
10 Portale Hypertension schen/konservativen Aszitestherapie ist die Indikationsstellung zur Anlage eines peritoneovenösen Shunts insgesamt als Seltenheit zu betrachten. Daher fand die Beobachtung großes Interesse, dass bei Patienten, die zur Rezidivblutungsprophylaxe einen TIPS erhielten, häufig ein Rückgang des Aszites zu verzeichnen war. Bei 2⁄3 von Patienten mit diuretikarefraktärem oder rezidivierendem Aszites wurde nach TIPS-Anlage eine weitgehende Mobilisation des Aszites erzielt. Dies sind vielversprechende Ergebnisse. Die Wertigkeit des TIPS im Vergleich mit anderen Verfahren (Punktion, peritoneovenöser Shunt) zur Behandlung des refraktären oder rezidivierenden Aszites zeichnet sich auch in ersten kontrollierten Studien ab. Praktische Schlussfolgerung: Aszites kann mit einer Kombination aus Aldosteronantagonisten und Schleifendiuretika bei ca. 80–90 % der Patienten beherrscht werden. Massiver Aszites wird durch großvolumige Punktion entlastet (begleitet von intravenöser Albuminsubstitution). Der TIPS scheint eine vielversprechende Behandlung für Patienten mit refraktärem oder rezidivierendem Aszites zu sein, deren Effizienz im Vergleich zu Punktion oder peritoneovenösen Shunts in kontrollierten Untersuchungen geprüft wird.
Merke
n Merke. Patienten mit einer chronischen Lebererkrankung sollten frühzeitig in einem hepatologisch erfahrenen Zentrum vorgestellt werden. Dort kann auch rechtzeitig die Indikation einer Lebertransplantation diskutiert werden.
Klinischer Fall Ein 53-jähriger Patient mit Leberzirrhose Child-Pugh Klasse C bei chronischer Hepatitis C und massivem Aszites wird vom erstbetreuenden Krankenhaus zur Evaluation einer Lebertransplantation zugewiesen. Der Patient wiegt bei massivem Aszites 54 kg bei 1,78 m Körpergröße und ist kachektisch. Er berichtet von einer deutlichen Verminderung der Leistungsfähigkeit seit ca. einem Jahr. Seitdem sei auch massiver Aszites aufgetreten, der durch Diuretika nicht befriedigend zu behandeln gewesen sei. Seit einem Jahr seien daher in mehrwöchigen Abständen therapeutische Punktionen erforderlich gewesen. Vor 3 Monaten sei erstmals und dann vor 2 Monaten noch-
Merke
mals eine Varizenblutung aufgetreten, weswegen er sklerosiert worden sei. Die Möglichkeit einer Lebertransplantation sei mit ihm erstmalig vor zwei Wochen besprochen worden. Bei der Untersuchung des Patienten findet sich eine etwa 7 cm im Durchmesser einnehmende Raumforderung im rechten Leberlappen hilusnah und eine Serumkonzentration des a-Fetoproteins, die auf über das 100fache des Normwerts erhöht ist. Somit besteht ein hochgradiger Verdacht auf Vorliegen eines hepatozellulären Karzinoms. Aufgrund des zu schlechten Allgemeinzustandes und des großen hepatozellulären Karzinoms wird eine Lebertransplantation abgelehnt.
n Merke. Spätestens nach dem Auftreten der ersten Komplikation der portalen Hypertonie (Enzephalopathie, Aszites, Varizenblutung) sollte die Indikation einer Lebertransplantation diskutiert werden. Zahlreiche Patienten kommen erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium ihrer Lebererkrankung und mit Kontraindikationen für eine Lebertransplantation zu einer erstmaligen Evaluation.
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Pankreas
11
11
Pankreas
11.1
Topographische Anatomie
Doris Henne-Bruns 11.1
Topographische Anatomie
Die Bauchspeicheldrüse liegt im Retroperitoneum in Höhe des 1. und 2. Lendenwirbelkörpers an der dorsalen Wand der Bursa omentalis. Man unterscheidet an dem Organ Kopf- (Caput), Körper- (Korpus) und Schwanz(Cauda)bereich. Der Kopf der Bauchspeicheldrüse liegt rechts paravertebral innerhalb des duodenalen C und erstreckt sich nach kaudal als Processus uncinatus. Der längliche Körper der Bauchspeicheldrüse beginnt in Höhe der Überkreuzung mit der A. und V. mesenterica superior und erstreckt sich in Richtung Milzhilus, wo er ohne anatomische Abgrenzung in den Schwanzbereich übergeht ( 1 B-11.1).
11.1.1
Gefäßversorgung
11.1.1 Gefäßversorgung
Die arterielle Versorgung der Bauchspeicheldrüse entspringt sowohl aus dem Truncus coeliacus und seinen Hauptstämmen (A. hepatica communis, A. splenica, A. gastrica sinistra) als auch aus der A. mesenterica superior. Der venöse Abstrom erfolgt über die V. lienalis und die V. mesenterica superior sowie über die aus beiden Gefäßen dorsal des Caput-Korpus-Übergangs hervorgehende V. porta ( 1 B-11.1).
1 B-11.1
Die Bauchspeicheldrüse liegt im Retroperitoneum in Höhe LWK 1 und 2. Sie besteht aus dem Kopf-, Korpus- und Schwanzbereich. Der Processus uncinatus ist ein Teil des Pankreaskopfs. Der Körper des Pankreas beginnt in Höhe der A. und V. mesenterica superior, erstreckt sich in Richtung Milzhilus, wo er ohne Abgrenzung in den Schwanzbereich übergeht ( 1 B-11.1).
Die Blutversorgung erfolgt über den Truncus coeliacus und die A. mesenterica superior. Der venöse Abstrom erfolgt über die V. lienalis, V. mesenterica superior bzw. die V. porta ( 1 B-11.1).
Synopsis Anatomie der Bauchspeicheldrüse
Anatomische Strukturen: TC = Truncus coeliacus, AH = A. hepatica, AL = A. splenica, VMS = V. mesenterica superior, VP = V. porta, AMS = Arteria mesenterica superior, D = Duodenum.
VP AH
D
TC
AL
AMS VMS
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11 Pankreas
Lymphabfluss
11.1.2 Lymphabfluss
11.1.2
Die wichtigsten peripankreatischen und Sammel-Lymphknotengruppen sind: Nodi lymphatici pancreaticoduodenales, pancreatici, splenici, hepatici, coeliaci, mesenterici superiores, aortici laterales und lumbales intermedii ( 1 B-11.2).
Die Lymphgefäße des Pankreas verlaufen parallel zu den großen Blutgefäßen. Die wichtigsten Lymphknotenstationen sind als peripankreatische Lymphknoten die Nodi lymphatici pancreaticoduodenales, pancreatici und splenici sowie als Sammellymphknoten die Nodi lymphatici hepatici, coeliaci, mesenterici superiores, aortici laterales und lumbales intermedii ( 1 B-11.2).
1 B-11.2
Synopsis Lymphabflusswege der Bauchspeicheldrüse
3
2a
1a
2b
1a Nodi lymphatici pancreaticoduodenales superiores 1b Nodi lymphatici pancreaticoduodenales inferiores 2a Nodi lymphatici pancreatici superiores 2b Nodi lymphatici pancreatici inferiores 3 Nodi lymphatici splenici
1b a Peripankreatische Lymphknoten.
1a
2
1b
4 3 1a Nodi lymphatici hepatici: Nodus cysticus 1b Nodi lymphatici hepatici: Nodus foraminalis 2 Nodi lymphatici coeliaci 3 Nodi lymphatici mesenterici superiores 4 Nodi lymphatici aortici laterales b Lokalisation der wichtigsten Lymphknotenstationen des Pankreas (Sammellymphknoten).
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549
11.2 Missbildungen 11.1.3
Pankreasgangsystem
Bedingt durch die embryologische Entwicklung aus einer dorsalen und ventralen Anlage besitzt die Bauchspeicheldrüse 2 Ausführungsgänge. Der wichtigste Ausführungsgang ist der Ductus pancreaticus (Ductus Wirsungianus), der gemeinsam mit dem Ductus choledochus in das Duodenum einmündet, wobei die Vereinigung der beiden Gänge auf unterschiedlicher Höhe vor der Einmündung erfolgen kann ( 1 B-11.3).
1 B-11.3
11.1.3 Pankreasgangsystem Das Pankreas besitzt 2 Ausführungsgänge. Der Ductus pancreaticus mündet gemeinsam mit dem Ductus choledochus an der Papilla duodeni major in das Duodenum ein ( 1 B-11.3).
Synopsis Anatomie des Pankreasgangsystems
3
2
1
1 2 3
Papilla duodeni major, gemeinsame Mündungsstelle des Ductus pancreaticus (Wirsungianus) und des Ductus choledochus in das Duodenum Papilla duodeni minor, Mündungsstelle des Ductus pancreaticus accessorius (Santorini) Ductus choledochus.
Die vorgewölbte Eintrittsstelle in das Duodenum wird als Papilla duodeni major (Ductus Wirsungianus) bezeichnet. Der Verlauf und die Mündungsstelle (Papilla duodeni minor) des zweiten Ausführungsgangs (Ductus pancreaticus accessorius, Ductus Santorini) unterliegt zahlreichen Variationen.
11.2
Missbildungen
Die Bauchspeicheldrüse entsteht aus einer ventralen und einer dorsalen Anlage. Aus der ventralen Anlage entwickeln sich das Gallengangssystem und der Processus uncinatus, aus der dorsalen Anlage das übrige Pankreas. Infolge der Drehung des Gastrointestinaltraktes im 2.–3. Schwangerschaftsmonat kommt es normalerweise zu einer Fusion der ventralen und dorsalen Anlage. Hierbei vereinigt sich der Gang der ventralen Anlage mit dem der dorsalen Anlage und bildet den späteren Hauptgang, während sich der auf die Papilla minor zulaufende Pankreasganganteil (D. Santorini) zurückentwickelt ( 1 B-11.4 a). Kommt es zu keiner Verschmelzung der beiden Ganganlagen, entsteht ein Pancreas divisum ( 1 B-11.4 b). Ein Pancreas anulare liegt vor, wenn ein Ausläufer der Bauchspeicheldrüse (oft nur noch als rudimentäres Band) das Duodenum zirkulär umfasst ( 1 B-11.4 c).
Der Verlauf und die Mündungsstelle des Ductus pancreaticus accessorius unterliegt zahlreichen Variationen.
11.2
Missbildungen
Die Bauchspeicheldrüse entsteht aus einer ventralen und dorsalen Anlage. Im 2.–3. Schwangerschaftsmonat kommt es zu einer Fusion beider Anlagen mit Ausbildung eines Hauptgangs und Rückbildung der 2. Ganganlage zum Ductus Santorini ( 1 B-11.4 a).
Bleibt die Verschmelzung der beiden Ganganlagen aus, liegt ein Pancreas divisum vor ( 1 B-11.4 b). Ein Pancreas anulare liegt vor, wenn ein Ausläufer des Pankreas das Duodenum zirkulär umfasst ( 1 B-11.4 c).
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550 1 B-11.4
11 Pankreas
Synopsis Missbildungen des Pankreas
a Regelrechtes Pankreas.
b Pancreas divisum.
c Pancreas anulare.
Pancreas divisum
11.2.1 Pancreas divisum
11.2.1
Ein Pancreas divisum muss keine klinische Symptomatik hervorrufen. Es wird im Rahmen endoskopischer Untersuchungen häufig als Zufallsbefund entdeckt. Gelegentlich liegt bei obstruktiver Pankreatitis ein Pancreas divisum vor ( 1 B-11.4 a, b). Bei symptomatischer Abflussbehinderung kann die Minorpapille endoskopisch gespalten werden.
Ein Pancreas divisum verursacht primär keine klinische Symptomatik. Durch zunehmenden Einsatz endoskopischer (ERCP = endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatikographie) Verfahren wird ein Pancreas divisum bei bis zu 10 % der untersuchten Personen diagnostiziert, wobei nur wenige dieser Patienten an einer Pankreatitis erkranken. Unklar ist, ob die Fehlanlage des Gangsystems (überwiegende Dränage des Pankreassekretes über die Minorpapille) eine Ursache der obstruktiven Pankreatitis sein könnte ( 1 B-11.4 a, b). Bei symptomatischer Abflussbehinderung ist eine endoskopische Spaltung (Erweiterung der Minorpapille) indiziert.
11.2.2 Pancreas anulare
11.2.2
Die zirkuläre Umlagerung des Duodenums kann zu Stenosen führen (85 % der Stenosen in der Pars descendens des Duodenums).
Diese Normvariante lagert sich ringförmig um das Duodenum und kann zu Passagebehinderungen im Zwölffingerdarm führen. Ca. 85 % der durch ein Pancreas anulare verursachten Stenosen sind im Bereich der Pars descendens des Duodenums lokalisiert ( 1 B-11.4 c).
Symptome. Sie treten nur bei Obstruktion des Duodenums auf ( 1 B-11.4 c) und manifestieren sich meist im Säuglingsalter mit postprandialem Erbrechen.
Symptome. Nur bei Obstruktion des Duodenums kommt es zu manifesten
Therapie. Symptomatische Formen werden durch eine Bypass-Operation behandelt ( 1 B-11.5); bei alleiniger Spaltung des stenosierenden Bereichs könnte ein dränierender Gang verletzt werden.
Therapie. Symptomatische Pancreas-anulare-Formen werden durch eine
11.2.3 Ektopes Pankreas
11.2.3
Ektopes Pankreasgewebe kann in Magen, Duodenum, Jejunum, MeckelDivertikeln, Ileum, Ductus choledochus, Gallenblase, Milzhilus, perigastral oder periduodenal gefunden werden.
Akzessorisches oder ektopes Pankreasgewebe findet sich bei Autopsien relativ häufig (0,55–13,7 %). Hauptlokalisation ist der Magen, das Duodenum und Jejunum. Ferner wurde ektopes Pankreasgewebe in Meckel-Divertikeln, Ileum, Ductus choledochus, Gallenblase, Milzhilus, perigastral und periduodenal nachgewiesen. Ektopes Pankreasgewebe wird gelegentlich bei Operationen als Zufallsbefund entdeckt, ohne dass je eine klinische Symptomatik bestand.
Pancreas anulare
klinischen Symptomen, die sich im Säuglingsalter in Form postprandialen Erbrechens äußern. Im Erwachsenenalter wird ein Pancreas anulare meist zufällig bei Operationen oder Autopsien gefunden.
Bypass-Operation überbrückt ( 1 B-11.5). Die einfache Spaltung des stenotischen Bereichs ist meist nicht indiziert, da in dem ringförmig das Duodenum einengenden Pankreasabschnitt ein größerer Pankreasgang verlaufen könnte und ggf. verletzt würde.
Ektopes Pankreas
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551
11.3 Pathophysiologie
1 B-11.5
Synopsis Operative Therapie des Pancreas anulare
a Duodenoduodenostomie.
Möglichkeiten der Überbrückung einer symptomatischen Duodenalstenose bei Pankreas anulare.
11.2.4
b Duodenojejunostomie.
Pankreasagenesie/Pankreashypoplasie
Eine Pankreasagenesie ist sehr selten und kann isoliert oder in Kombination mit weiteren Fehlbildungen auftreten. Kinder mit einer Pankreasagenesie versterben meist kurz nach der Geburt. Neben der vollständigen lassen sich auch isolierte Agenesien der ventralen oder dorsalen Pankreasanlage beobachten. Bei der ebenfalls seltenen Pankreashypoplasie findet sich eine normale Ausbildung der größeren Pankreasgänge und -inseln, bei reduzierter Anzahl der kleineren, sowie eine Differenzierungsstörung im Bereich des terminalen Gangsystems.
11.2.5
Pankreaszysten
Echte Zysten des Pankreas werden nur bei einer polyzystischen Organdegeneration beobachtet; hauptsächlich von dieser embryologischen Entwicklungsstörung betroffene Organe sind die Leber und die Nieren. Die Prognose und Therapie dieses Krankheitsbilds werden durch das Ausmaß der polyzystischen Umwandlung innerhalb der Nieren und der Leber bestimmt. Im Gegensatz zu den Pseudozysten weisen echte Zysten eine Epithelauskleidung auf und sind mit seröser Flüssigkeit gefüllt.
11.3
Pathophysiologie
Die Bauchspeicheldrüse ist ein sowohl exokrines wie endokrines Organ. Der exokrine Anteil (ca. 80 %) besteht aus dem Azinuszell- und Pankreasgangsystem, der endokrine Anteil (ca. 2 %) aus den Langerhans-Inseln.
11.2.4
Pankreasagenesie/ Pankreashypoplasie Die seltene Pankreasagenesie kann das gesamte Pankreas oder isoliert die ventrale oder dorsale Pankreasanlage betreffen. Bei der Pankreashypoplasie finden sich normal große Pankreasgänge und Inseln sowie eine Differenzierungsstörung des terminalen Gangsystems.
11.2.5
Pankreaszysten
Echte Zysten des Pankreas werden nur bei einer polyzystischen Organdegeneration beobachtet. Prognose und Therapie werden durch Ausmaß der polyzystischen Umwandlung von Nieren und Leber bestimmt. Echte Zysten sind im Gegensatz zu Pseudozysten mit Epithel ausgekleidet und mit seröser Flüssigkeit gefüllt.
11.3
Pathophysiologie
Die Bauchspeicheldrüse ist sowohl eine exokrine wie endokrine Drüse.
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552
11 Pankreas
Exokrines Pankreas
11.3.1 Exokrines Pankreas
11.3.1
Aufgaben des exokrinen Pankreas sind: Produktion von Verdauungsenzymen und Neutralisation des Speisebreis.
Die Aufgabe des exokrinen Pankreas besteht in der Produktion und Abgabe von Verdauungsenzymen sowie der Abgabe von Ionen (Bikarbonate) zur Neutralisation des sauren Speisebreis im Duodenum. Zusammensetzung des Pankreassekrets: π Wasser (bis zu 2,5 l/d) π Elektrolyte (Na, K, Cl, HCO , Ca, Mg, Zn, PO , SO ) 3 4 4 π Verdauungsenzyme: – proteolytische Enzyme: Trypsinogen, Chymotrypsinogen, Proelastase, Procarboxypeptidase – Stärke spaltendes Enzym: Amylase – lipolytische Enzyme: Lipase, Phospholipase – Nukleasen: DNAse, RNAse – andere: Procolipase, Trypsininhibitor.
Pankreassekretzusammensetzung: π Wasser π Elektrolyte π Verdauungsenzyme – proteolytische – Stärke spaltende – lipolytische – Nukleasen – andere.
Endokrines Pankreas
11.3.2 Endokrines Pankreas
11.3.2
Die Hauptaufgabe des endokrinen Pankreas besteht in der Aufrechterhaltung der Glukosehomöostase. Innerhalb der Langerhans-Inseln unterscheidet man folgende Zelltypen: π B-Zellen (Insulin) π A-Zellen (Glukagon) π D-Zellen (Somatostatin) π F-Zellen (pankreatisches Polypeptid) π D1-Zellen (VIP) π G-Zellen (Gastrin).
Die Hauptaufgabe des endokrinen Pankreas besteht in der Aufrechterhaltung der Glukosehomöostase. Ferner werden von dem endokrinen Organ gastrointestinale Hormone synthetisiert. Innerhalb der Langerhans-Inseln werden verschiedene Zelltypen unterschieden, die folgende Hormone produzieren: π B-Zellen: Insulin (50–80 % des Inselvolumens) π A-Zellen: Glukagon (5–20 % des Inselvolumens) π D-Zellen: Somatostatin (ca. 5 % des Inselvolumens) π F-Zellen: pankreatisches Polypeptid (10–35 % des Inselvolumens) π D1-Zellen: vasoaktives intestinales Peptid (VIP) π G-Zellen: Gastrin.
11.4
Angeborene Pankreaserkrankungen Angeborene Erkrankungen des exokrinen Pankreas bedingen entweder eine exogene Pankreasinsuffizienz oder eine Pankreatitis. Das häufigste chirurgisch relevante Krankheitsbild ist der Mekoniumileus bei zystischer Pankreasfibrose (s. Kap. B-23.1.20).
11.4
11.5
11.5
Pankreatitis
Angeborene Pankreaserkrankungen
Angeborene Erkrankungen des exokrinen Pankreas bedingen entweder eine exokrine Pankreasinsuffizienz (z.B. zystische Pankreasfibrose, isolierte Enzymdefizienz, z.B. für Lipase, Trypsin usw.) oder eine Pankreatitis, deren Ursache hereditär oder metabolisch (Hyperlipämie, Hyperparathyreoidismus, a1-Antitrypsinmangel) sein kann. Das häufigste chirurgisch relevante Krankheitsbild ist der Mekoniumileus bei zystischer Pankreasfibrose (s. Kap. B-23.1.20).
Pankreatitis
Bei entzündlichen Erkrankungen werden akute von chronischen Pankreatitiden unterschieden.
Die Einteilung der entzündlichen Pankreaserkrankungen erfolgt in akute und chronische Pankreatitiden, wobei sich beide Formen in Pathogenese und Verlauf unterscheiden.
11.5.1 Akute Pankreatitis
11.5.1
Akute Pankreatitis
Definition
n Definition. Die akute Pankreatitis ist ein autodigestiver Prozess der Bauchspeicheldrüse, der in verschiedenen Schweregraden (leicht bis hämorrhagisch nekrotisierend), unterschiedlichen Episoden (singuläres oder rezidivierendes Auftreten), mit und ohne lokale oder systemische Komplikationen auftreten kann (s. 2 B-11.1).
Merke
n Merke. Nach abgelaufener akuter Pankreatitis kann sowohl eine komplette Restitutio ad integrum als auch eine Defektheilung beobachtet werden.
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553
11.5.1 Akute Pankreatitis
Ätiologie. Die kausalen Faktoren, die eine Reihe von enzymatischen Reak-
Ätiologie. Kausale Faktoren, die über Aktivierung enzymatischer Reaktionen eine akute Pankreatitis induzieren, sind bisher nicht bekannt. Es werden jedoch »typische Bedingungen« beobachtet.
Pathogenese. Zur Pathogenese der akuten Pankreatitis werden u.a. folgende Hypothesen diskutiert: π Obstruktion des Gangsystems π Reflux von Duodenalsaft in das Gangsystem π Gallenreflux in das Gangsystem π Veränderungen der Pankreasmembranpermeabilität π vorzeitige Enzymaktivierung π toxische Schädigung (z.B. Alkohol, Medikamente) π weitere Mechanismen wie Stoffwechselstörungen, endokrine Erkrankungen, Virusinfektionen. Ursächlich für die akute Pankreatitis ist in jedem Fall eine Aktivierung von Pankreasenzymen, wodurch der autodigestive Prozess eingeleitet wird. Bedingt durch die Freisetzung zahlreicher Substanzen (z.B. vasoaktive Peptide wie Bradykinin, Kallidin) aus zerstörten Pankreaszellen, entwickelt sich das klinische Bild.
Pathogenese. Es werden folgende Hypothesen diskutiert: π Gangobstruktion π Reflux von Duodenalsekret oder Galle π Veränderungen der Membranpermeabilität π vorzeitige Enzymaktivierung π toxische Schädigung durch Alkohol, Medikamente π andere Ursachen, wie Stoffwechselstörungen, endokrine Erkrankungen, Virusinfektionen. Ursächlich für die akute Pankreatitis ist eine Aktivierung der Pankreasenzyme, wodurch der autodigestive Prozess eingeleitet wird.
Symptome. Ein dumpfer Oberbauchschmerz im Epigastrium oder linken oberen Quadranten mit z.T. gürtelförmiger Ausstrahlung in den Rücken ist charakteristisch. Begleitend können Übelkeit, Erbrechen, Darmparalyse, Fieber, Tachykardie sowie Kreislaufinstabilität bis hin zum hypovolämischen Schock bestehen. Schwere Verlaufsformen gehen mit Nierenfunktionseinschränkung/Nierenversagen sowie pulmonaler Insuffizienz mit Beatmungspflichtigkeit einher. Abhängig vom Zeitpunkt der Untersuchung und dem Schweregrad der Pankreatitis findet man palpatorisch einen mäßigen Druckschmerz im Oberbauch mit elastischer Bauchdecke oder auch eine diffuse Abwehrspannung des gesamten Abdomens. In seltenen Fällen lässt sich eine zyanotische Verfärbung der Flanken- (GreyTurner-Zeichen) oder Nabelregion (Cullen-Zeichen), die durch peripankreatische Einblutungen und deren Diffusion in die Subkutis verursacht sind, beobachten.
Symptome. Klinisch besteht dumpfer Oberbauchschmerz mit z.T. gürtelförmiger Ausstrahlung in den Rücken. Weitere Symptome sind: Übelkeit, Erbrechen, Darmparalyse, Tachykardie, Kreislaufinstabilität und pulmonale Insuffizienz.
Komplikationen. Es werden lokale und systemische Komplikationen unterschieden ( 2 B-11.1).
Komplikationen ( 2 B-11.1).
tionen auslösen und dadurch eine akute Pankreatitis induzieren, sind bisher nicht bekannt, wenngleich in der Klinik die akute Pankreatitis häufig unter »typischen Bedingungen« beobachtet wird. Diese sind: Gallensteine, Alkoholabusus, Medikamenteneinnahme, Stoffwechselstörungen (z.B. Hyperlipidämie, Urämie), endokrine Erkrankungen (z.B. Hyperparathyreoidismus, Morbus Cushing), Virusinfektionen (z.B. Mumps, Coxsackie-Virus, Hepatitis-B-Virus) usw.
2 B-11.1
Abhängig vom Schweregrad der Pankreatitis findet sich ein druckdolentes elastisches bis bretthartes Abdomen. Selten werden das Grey-Turner- oder Cullen-Zeichen beobachtet.
Mögliche Komplikationen der akuten Pankreatitis
Lokale Komplikationen
Systemische Komplikationen
N Nekrosen n
N Sepsis n
N Pankreasabszess n
N paralytischer Ileus, Peritonitis n
N Arrosion benachbarter Strukturen n (dadurch z.B. Blutung, Fistelbildung)
N akutes Nierenversagen n
N Pleuraerguss n N Milzvenen- und Pfortaderthrombose n
N Schocklunge (ARDS) n N Diabetes mellitus n
N postakute Pankreaspseudozysten n
Diagnose n Merke. Bei jedem Patienten, der über akute Oberbauchbeschwerden klagt oder eine unklare Schocksymptomatik aufweist, ist unbedingt eine akute Pankreatitis in Betracht zu ziehen.
Diagnose Merke
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11 Pankreas
π Labordiagnostik: Mit akuter Schädigung von Pankreasgewebe kommt es zu einem ausgeprägten Übertritt von Lipase und Amylase ins Blut. Dadurch Nachweismöglichkeit im Serum und Urin. Lipase und Amylase sind nicht völlig organspezifisch. Erhöhte Serumamylasewerte können ihren Ursprung in einer Schädigung der Speicheldrüsen, der Tuben oder der Lunge haben. Lipase kann freigesetzt werden aus Lunge, Ösophagus, Magen, Duodenum oder Leber. Die Höhe der Serumwerte beider Enzyme muss nicht notwendigerweise mit dem Schweregrad oder dem Verlauf der Erkrankung korrelieren.
Prognostisch ungünstige Zeichen der akuten Pankreatitis s. 2 B-11.2.
2 B-11.2
Labordiagnostik: Mit akuter Schädigung von Pankreasgewebe kommt es zu einem ausgeprägten Übertritt von Lipase und Amylase ins Blut, wobei folgende Abstufung in der diagnostischen Sensitivität besteht: Serumlipase > Serumamylase > Harnamylase. Lipase und Amylase sind nicht völlig organspezifisch. Erhöhte Serumamylasewerte können ihren Ursprung in einer Schädigung der Speicheldrüsen, der Tuben oder der Lunge haben. Lipase kann freigesetzt werden aus Lunge, Ösophagus, Magen, Duodenum oder Leber. Bei Aktivitäten über dem 3fachen der Norm hat die Lipase eine sehr hohe Sensitivität (ca. 100 %) und in der Abgrenzung einer Lipaseerhöhung nicht pankreatogenen Ursprungs eine Spezifität von ca. 98 %. Die Höhe der Serumwerte beider Enzyme muss nicht notwendigerweise mit dem Schweregrad oder dem Verlauf der Erkrankung korrelieren. Eine gleichzeitige Schädigung der Inselzellen kann zu einem Diabetes mellitus führen. Erhöhte Serumwerte für Bilirubin, alkalische Phosphatase, g-GT, Transaminasen und LDH können Aufschluss geben über die Ätiologie der Erkrankung (z.B. biliäre Ursache); die Bestimmung der genannten Parameter ist jedoch auch notwendig zur Erkennung von Komplikationen. Eine sich 2–3 Tage nach Beginn der Erkrankung entwickelnde Hypokalziämie gilt als prognostisch ungünstiges Zeichen (nekrotisierende Verlaufsform). Prognostisch ungünstige Zeichen der akuten Pankreatitis sind in 2 B-11.2 aufgelistet. π
Prognostisch ungünstige Zeichen der akuten Pankreatitis
Bei Aufnahme
Nach 48 Stunden
N Alter > 55 Jahre n
N Abfall des Hämatokrits n
N Glukosekonzentration > 200 mg/dl n
N Serumkalziumkonzentration < 2,0 mmol/l n
N Leukozytose > 16 000/m l n
N Basendefizit > 4,0 mmol/l n
N LDH > 350 U/l n
N Anstieg von Harnstoff-N n N arterieller PO2 < 60 mmHg n
N GOT > 120 U/l n
N Flüssigkeitsdefizit > 6 l n
Ultraschalldiagnostik: Sie ist rasch durchführbar, zuverlässig, risikofrei und besonders geeignet für die Verlaufsbeobachtung. Die Untersuchungsmethode kann Hinweise auf die Ätiologie der Erkrankung (Cholelithiasis) geben und Komplikationen aufdecken (Aszites, Pleuraerguss, Pseudozysten). Reichlich Darmgasgehalt bei Paralyse schränkt die Beurteilbarkeit der Pankreasstrukturen ein.
Ultraschalldiagnostik: Sie ist rasch durchführbar, risikofrei und besonders für die Verlaufsbeobachtung geeignet.
π
Radiologische Diagnostik: Eine Abdomenübersichtsaufnahme kann das Ausmaß der Darmparalyse dokumentieren. Kalkeinlagerungen im Pankreas sprechen für rezidivierend abgelaufene Pankreatitiden. Die wichtigste Untersuchung ist die abdominelle Computertomographie. Zusätzliche i.v. Kontrastmittelgabe erlaubt die Abgrenzung von schlecht durchbluteten Arealen, Einblutungen, Nachweis einer Thrombose etc. ( 1 B-11.6).
Radiologische Diagnostik: Eine Abdomenübersichtsaufnahme kann das Ausmaß der Darmparalyse (Ileus) dokumentieren; sie hat jedoch keine Relevanz für die Beurteilung des Schweregrads der akuten Pankreatitis. Der Nachweis von Kalkeinlagerungen in der Bauchspeicheldrüse spricht für rezidivierend abgelaufende Entzündungsprozesse. Die wichtigste Untersuchung zur Verifizierung des Ausmaßes einer akuten Pankreatitis ist die abdominelle computertomographische Untersuchung. Sie erlaubt die Beurteilung der gesamten Bauchspeicheldrüse. Bei zusätzlicher i.v. Applikation von Kontrastmittel (KM) lassen sich Pseudozysten, Nekrosen und Abszedierungen (KM-Aussparung) von frischen Einblutungen (KM-Anreicherung) differenzieren; gleichzeitig lassen sich die Durchgängigkeit der Milzvene und Pfortader beurteilen ( 1 B-11.16). Die seltene Arrosionsblutung, die sich z.B. als obere gastrointestinale Blutung (endoskopisch gesicherte Blutungsquelle aus der Papille) manifestieren kann, erfordert eine sofortige Angiographie (Mesenterikographie). Hierbei kann zum einen zwischen einer arteriellen und venösen Blutung (Milzvene/Pfortader) differenziert werden und zum anderen eine arterielle Blutungsquelle mittels Embolisation therapiert werden.
π
π
Im Falle einer Arrosionsblutung kann mittels Angiographie eine Differenzierung zwischen arterieller und venöser Blutungsursache erfolgen und eine arterielle Blutung ggf. mittels Embolisation therapiert werden.
π
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11.5.1 Akute Pankreatitis
1 B-11.6
Computertomographie bei akuter Pankreatitis In der CT zeigt sich eine deutliche Vergrößerung und Auftreibung des Organs.
Therapie. Eine spezifische Therapie, welche den autodigestiven Prozess der akuten Pankreatitis zum Stillstand bringt, ist bisher nicht möglich. Das Ziel der konservativen Therapie ist es, die Synthese und Sekretion der Pankreasenzyme zu reduzieren. Ferner soll die Flüssigkeits- und Elektrolythomöostase wiederhergestellt werden, der Ausfall von Organfunktionen (z.B. Glukosehomöostase) ersetzt werden und der Entwicklung von Komplikationen vorgebeugt werden ( 2 B-11.3).
2 B-11.3
Therapie. Eine spezifische Therapie zur Unterbindung des autodigestiven Prozesses ist nicht möglich. Mittels konservativer Therapie soll die Synthese und Sekretion der Enzyme reduziert, die Flüssigkeits- und Elektrolythomöostase wiederhergestellt und ausgefallene Organfunktionen ersetzt werden ( 2 B-11.3).
Therapie der akuten Pankreatitis
Allgemeine Therapieprinzipien: N Nahrungskarenz, parenterale Ernährung, Magensonde zur Ableitung n des Magensekrets N Ulkusprophylaxe n N Volumen- und Elektrolytsubstitution n N Glukosehomöostase n N Schmerzbekämpfung (cave: Opiate – Spasmus des Sphincter Oddi) n N Intensivüberwachung n Spezifische therapeutische Maßnahmen: N Beseitigung ätiologischer Faktoren (z.B. endoskopische Papillotomie) n N Verminderung des Sekretionsdrucks und Hemmung der Pankreassekretion n (Somatostatin) N Einsatz von Enzyminhibitoren (Proteaseinhibitoren) n N ggf. chirurgische Intervention n
π Chirurgische Therapie: Die Indikation zur chirurgischen Intervention ist jeweils aus dem Verlauf der Erkrankung zu stellen. Bei der totalen Pankreasnekrose (hämorrhagisch-nekrotisierende Form) ist sie die Ultima ratio. In der Regel ist eine chirurgische Therapie bei Verschlechterung des Krankheitsverlaufs trotz intensivmedizinischer Maßnahmen oder bei Auftreten von Komplikationen (Abszesse, Niereninsuffizienz, ARDS) angezeigt. Das Therapieprinzip besteht in der Ausräumung nekrotisierten Gewebes, Ableitung von Flüssigkeitsansammlungen nach außen und Reinigung/Spülung von Abszessen bzw. infiziertem Gewebe. Abhängig von der Ausdehnung der Nekrosen, Größe der Abszedierungen und begleitenden Peritonitis kommen sog. offene bzw. geschlossene Verfahren zur Anwendung. Bei dem offenen Verfahren (beatmeter und relaxierter Patient) wird das Abdomen nach der ersten Operation lediglich mit sterilem Material (z.B. Folien) abgedeckt, um einen möglichst raschen Zugang für die erneute Intervention zu gewährleisten. In der Folge werden dann wiederholte Spülungen
Chirurgische Therapie: Eine chirurgische Therapie ist bei kompliziertem Verlauf der hämorrhagisch-nekrotisierenden Form indiziert.
π
Therapieprinzip: Ausräumung von Nekrosen, Ableitung und Spülung von Abszessen. Abhängig von Ausdehnung der Nekrosen und Abszesse werden offene bzw. geschlossene Verfahren angewendet. Bei dem offenen Verfahren wird das Abdomen nicht verschlossen, sondern lediglich mit sterilem Material abgedeckt. Die tägliche Revision erfolgt,
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11 Pankreas
bis saubere Wundverhältnisse vorliegen und ein Verschluss der Bauchdecke möglich ist. Bei dem geschlossenen Verfahren werden nach einmaliger Nekrosenausräumung Spül- und Ableitungsdränagen eingebracht, worüber die lokale Spülbehandlung fortgeführt werden kann ( 1 B-11.7).
(= Etappenlavage) der Bauchhöhle und Nekrosenausräumungen vorgenommen, bis saubere Wundflächen resultieren und eine Adaptation und ein Verschluss der Bauchdecke möglich ist. Bei dem geschlossenen Verfahren wird nach einmaliger Nekroseausräumung und Spülbehandlung das Abdomen nach Einbringen von Spül- sowie Ableitungsdränagen verschlossen und eine lokale Spülbehandlung zur Entfernung der Restnekrosen über die liegenden Dränagen fortgeführt. Dieses ist nur möglich, wenn die Nekroseareale lokal (z.B. nur linker Oberbauch oder nur Bursa omentalis) begrenzt sind ( 1 B-11.7).
1 B-11.7
Geschlossene Peritoneallavage * = Zulauf + = Ablauf
+ +
*
*
+
*
Als temporärer Verschluss kann ein Reißverschluss in die Bauchdecke eingenäht werden, der nach Abschluss der Spülbehandlung entfernt wird ( 1 B-11.8).
1 B-11.8
Als Variante des offenen Verfahrens kann bei diffuser Beteiligung des Peritoneums ein temporärer Bauchdeckenverschluss (Einnähen eines Reißverschlusses in die Bauchdecke) vorgenommen werden. Er ermöglicht – wie bei der offenen Behandlung – eine rasche tägliche oder 2-tägliche Revision (= Etappenlavage), bis saubere Wundverhältnisse einen definitiven Verschluss erlauben ( 1 B-11.8).
Intraoperativer Befund bei akuter Pankreatitis
a Beginn der Etappenlavage mit ausgedehnten Nekrosen.
Prognose. Sie ist abhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Die Letalität bei der ödematösen Pankreatitis liegt bei 3 %, bei der partiellen Pankreasnekrose bei ca. 15 %, bei der subtotalen bis totalen Pankreasnekrose bei bis zu 50 %.
b Saubere Wundverhältnisse am Therapieende.
Prognose. Die Letalität bei akuter Pankreatitis ist abhängig von dem Schweregrad der Erkrankung. Bei der ödematösen Pankreatitis (Veränderungen auf das Pankreas beschränkt, Kapsel erhalten, Restitutio ad integrum wahrscheinlich) liegt sie bei 3 %. Liegt eine partielle Pankreasnekrose (Fettgewebsnekrosen außerhalb der Drüse im Abdomen, Multiorganversagen selten) vor, so liegt die Letalität bei ca. 15 %. Bei subtotaler bis totaler Pankreasnekrose (Ausbreitung der Nekrosen in benachbarte Organe, Multiorganversagen) muss mit einer Letalität von bis zu 50 % gerechnet werden.
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11.5.2 Chronische Pankreatitis 11.5.2
Chronische Pankreatitis
11.5.2 Chronische Pankreatitis
n Definition. Die chronische Pankreatitis ist ein überwiegend chronisch entzündlicher Prozess, dem nach Destruktion und Fibrosierung eine zunehmende Einschränkung der exokrinen Pankreasfunktion und im Spätstadium auch ein Verlust der endokrinen Drüsenfunktion folgt.
Definition
Ätiologie. Die Pathogenese der chronischen Pankreatitis ist nach wie vor unbekannt. Hauptauslöser der chronisch fibrosierenden Erkrankung ist in Europa und in den USA der Alkoholabusus (ca. 70 %). In ca. 25 % der Fälle geht man von einer idiopathischen Genese aus (juvenile und senile Form) und in ca. 5 % der Fälle liegen seltene Ursachen (z.B. Heredität, Hyperparathyreoidismus, Obstruktion, Analgetikaabusus, Trauma, Pancreas divisum etc.) vor.
Ätiologie. Die Pathogenese der chronischen Pankreatitis ist nach wie vor unbekannt. Hauptauslöser der Erkrankung sind: π Alkoholabusus (ca. 70 %) π idiopathische Form (ca. 25 %) π seltene Ursachen (z.B. Heredität, Medikamente) (ca. 5 %).
Symptome. Leitsymptom der chronischen Pankreatitis ist der Schmerz
Symptome. Leitsymptom bei der chronischen Pankreatitis ist der Schmerz.
(90 %). Er wird als dumpf bohrend bis scharf, eher als Dauerschmerz denn kolikförmig, meist im Epigastrium, aber auch rechts wie links subkostal, oft mit Ausstrahlung in den Rücken (65 %) oder in die linke Schulter (5 %) angegeben. Die Schmerzattacken können anfallsweise, in Abhängigkeit von Nahrungsaufnahme, aber auch nahrungsunabhängig auftreten sowie Stunden, Tage und mehrere Wochen andauern. Neben den Schmerzen werden häufig uncharakteristische Beschwerden wie Meteorismus, Nahrungsmittelunverträglichkeit, Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl oder Diarrhöen angegeben. Viele Patienten verspüren Schmerzerleichterung in vorgebeugt sitzender Position oder durch Wärmeapplikation ( 1 B-11.9). Ca. 10–20 % benötigen starke Schmerzmittel; gelegentlich muss nach Jahren mit einer Schmerzmittelabhängigkeit gerechnet werden.
1 B-11.9
Neben anfallsweisen Schmerzattacken können mehrwöchige Dauerschmerzzustände bestehen. Wärmeapplikation verschafft Schmerzerleichterung ( 1 B-11.9). Ca. 10–20 % der Patienten benötigen starke Schmerzmittel.
Erythema ab igne bei chronischer Pankreatitis Hyperpigmentation der Haut (Erythema ab igne) nach häufiger Wärmeapplikation bei chronischer Pankreatitis.
Gewichtsabnahme, Steatorrhö, Diabetes mellitus, Ödeme, Aszites und Fehlen von Schmerzschüben sind typisch für das Endstadium der chronischen Pankreatitis.
Gewichtsabnahme, Steatorrhö, Diabetes mellitus, Ödeme, Aszites und fehlende Schmerzen sind typisch für das Endstadium.
Diagnose. Bei der körperlichen Untersuchung lassen sich häufig keine spe-
Diagnose.
zifischen Befunde erheben.
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11 Pankreas
π Labordiagnostik: Serumamylaseund -lipasespiegel können im Normbereich liegen. Pathologische Blutzuckerspiegel weisen auf einen bestehenden Diabetes mellitus hin.
π Labordiagnostik: Die Laboruntersuchungen entsprechen denen bei akuter Pankreatitis. Serumamylase und -lipase können während der Schmerzepisoden im Normbereich liegen. Pathologische Blutzuckerspiegel weisen auf einen bestehenden Diabetes mellitus hin. Erhöhtes Bilirubin und Konzentrationsanstieg der cholestaseanzeigenden Enzyme finden sich bei Ausbildung einer papillennahen Pankreasgangstenose.
Radiologische Diagnostik: Bei 30 % der Patienten finden sich in der Abdomenübersichtsaufnahme diffuse oder fokale Kalkablagerungen in der Pankreasregion ( 1 B-11.10).
Radiologische Diagnostik: Die einfachste Untersuchung ist die Abdomenübersichtsaufnahme, wenn möglich, im Stehen. Bei ca. 30 % der Patienten finden sich diffuse oder fokale Kalkablagerungen innerhalb des Drüsenparenchyms oder des Gangsystems ( 1 B-11.10). Beim akuten Schub einer chronischen Pankreatitis ist eine Thoraxaufnahme (Pleuraergüsse, Atelektasen, etc.) erforderlich.
π
1 B-11.10
π
Verkalkungen bei chronischer Pankreatitis
a Die Computertomographie des Abdomens zeigt ausgedehnte Verkalkungen des Organs ( Á).
b Die Abdomenübersicht zeigt multiple verkalkte Konkremente innerhalb des Gangsystems ( Á).
Ultraschall und Computertomographie: Diese bildgebenden Verfahren dienen vorwiegend der klinischen Verlaufskontrolle. Insbesondere der Ultraschall gestattet neben dem Nachweis von Gallensteinen und Pankreaskalk die Beurteilung über Entwicklung bzw. Rückbildung von Pseudozysten und Abszessen.
π Ultraschall und Computertomographie: Diese bildgebenden Verfahren sind insbesondere für die klinische Verlaufskontrolle geeignet.
π
π Angiographie: Sie ist indiziert bei Verdacht auf Milzvenen- oder Pfortaderthrombose.
π
π ERCP: Durch die ERCP lassen sich pathologische Gangveränderungen (Stenosen, Dilatationen) nachweisen ( 1 B-11.11).
π
π Cholangio-MRT: Das Cholangio-MRT kann heute diagnostisch oft die ERCP und Angiographie ersetzen.
π
Prognose. Die Prognose ist im Wesentlichen abhängig vom Schweregrad der chronischen Pankreatitis. Die Letalität liegt zwischen ca. 20–30 % innerhalb von 10 Jahren.
Prognose. Die Prognose der chronischen Pankreatitis hängt im Wesentli-
Angiographie: Eine Arteriographie mit indirekter Splenoportographie ist bei Verdacht auf Milzarterienaneurysma oder Milzvenen- oder Pfortaderthrombose indiziert.
Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP): Bei einer Vielzahl der Patienten lassen sich Veränderungen des Gangsystems (Stenosierungen, Dilatationen) im Bereich des gesamten Drüsenkörpers oder einzelner Abschnitte nachweisen ( 1 B-11.11). Bei bestehendem Cholestasesyndrom kann gleichzeitig bei Veränderungen im Papillenbereich eine Papillotomie durchgeführt werden (s. Kap. B-13.7.1). Cholangio-MRT: Bei entsprechender Qualität kann heute das CholangioMRT die mit der Angiographie und ERCP sonst nur zu klärenden diagnostischen Fragen in einem Untersuchungsgang (nicht invasiv, nicht strahlenbelastend!) abklären.
chen vom Schweregrad, der Häufigkeit der Schmerzepisoden und der nachfolgend genannten Komplikationen ab. Die Letalität liegt zwischen ca. 20–30 % innerhalb von 10 Jahren.
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11.5.2 Chronische Pankreatitis
1 B-11.11
ERCP bzw. nasobiliäre Sonde bei chronischer Pankreatitis
a Deutliche Destruktion des Gangsystems im Kopfbereich.
Komplikationen
b Massive Dilatation des Gangsystems distal der Stenose im Kopfbereich.
Pankreaspseudozysten: Pankreaspseudozysten sind abgekapselte Flüssigkeitsansammlungen mit hohem Pankreasenzymgehalt, die häufig mit dem Pankreasgangsystem in Verbindung stehen und im Gegensatz zu echten Zysten keine Epithelauskleidung besitzen. Pankreaspseudozysten können solitär oder multipel auftreten und eine geringe bis extreme Größenausdehnung aufweisen ( 1 B-11.12). π
1 B-11.12
Komplikationen Pankreaspseudozysten: Pankreaspseudozysten sind abgekapselte Flüssigkeitsansammlungen, die häufig mit dem Pankreasgangsystem in Verbindung stehen. Pankreaspseudozysten können solitär oder multipel auftreten ( 1 B-11.12). π
Pankreaspseudozysten
a Multiple Pankreaspseudozysten im gesamten Pankreas.
b Destruktion des Pankreas durch zwei große Pseudozysten.
c Große solitäre Pankreaspseudozyste.
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560 Sie entwickeln sich nach einem akuten Schub infolge von Parenchymnekrosen. Je nach Ausdehnung und Lokalisation bestehen diffuse Oberbauchbeschwerden. Gelegentlich bestehen sogenannte Kompressionssyndrome des Magenausgangs oder der Gallenwege ( 1 B-11.13). Eine spontane Zystenrückbildung ist möglich, jedoch mit einer abnehmenden Wahrscheinlichkeit ab einer Größe > 6 cm. Komplikationen von Pankreaspseudozysten sind: π Infektion π Ruptur π Peritonitis π Penetration π Gefäßarrosion.
11 Pankreas Sie entwickeln sich gelegentlich nach einem akuten Schub einer Pankreatitis infolge der Einschmelzung des Drüsenparenchyms. Durch entzündliche Umgebungsreaktion bilden sich mehr oder weniger dicke Pseudozystenwände aus. Entsprechend ihrer Ausdehnung und Lokalisation werden diffuse Oberbauchdruckbeschwerden angegeben; gelegentlich bestehen sog. Kompressionssyndrome des Magenausgangs oder der Gallenwege ( 1 B-11.13). Bei untergewichtigen Patienten lässt sich häufig eine prallelastische Resistenz tasten. Eine spontane Rückbildung der Zysten ist möglich. Die Wahrscheinlichkeit nimmt jedoch mit einer Größe > 6 cm im Durchmesser und der Persistenz > 6 Wochen deutlich ab. Als Komplikation der Pankreaspseudozysten kann deren Infektion mit Abszessentwicklung und Fieber bis zur Ausbildung einer Sepsis auftreten. Ruptur der Zysten in die freie Bauchhöhle führt zur Peritonitis. Die seltene Penetration der Zysten in den Gastrointestinaltrakt oder eine Arrosion größerer Gefäße (z.B. A. splenica, A. gastroduodenalis, A. mesenterica superior) führt meist zu massiver Blutung und bei Blutung in die freie Bauchhöhle zu rascher hämorrhagischer Schocksymptomatik.
1 B-11.13
ERCP bei großer Pankreaskopfzyste
a Filiforme Stenose des distalen Ductus choledochus ( Á).
b Deutliche Dilatation des intrahepatischen Gallengangssystems ( Á).
Peptische Ulzera: Peptische Ulzera werden bei ca. 6–20 % aller Patienten mit chronischer Pankreatitis gefunden. Eine mögliche Ursache könnte in dem reduzierten Bikarbonatgehalt des Pankreassekrets zu suchen sein.
π Peptische Ulzera: Ca. 6–20 % aller Patienten mit chronischer Pankreatitis haben gleichzeitig peptische Ulzera.
π
π Aszites/Pleuraerguss: Beide finden sich bevorzugt bei der akuten Pankreatitis, kommen jedoch in bis zu 5 % auch bei chronischer Pankreatitis vor.
π Aszites/Pleuraerguss: Beide Komplikationen finden sich häufig bei der akuten Pankreatitis; sie entwickeln sich jedoch in bis zu ca. 5 % auch bei chronischer Pankreatitis. Der Aszites kann Folge eines persistierenden Lecks aus einer Pankreaspseudozyste oder eines eröffneten Pankreasgangs sein. Hier besteht die Gefahr einer Fehldeutung als zirrhosebedingt, da der pankreatogene Aszites insbesondere bei alkoholinduzierter chronischer Pankreatitis zu beobachten ist.
Milzvenen-/Pfortaderthrombose: In seltenen Fällen führt die chronische Pankreatitis zur Ausbildung einer Milzvenen-/Pfortaderthrombose. In der Folge können ein Hypersplenismus sowie gastrointestinale Blutungen (Fundusvarizen) auftreten.
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Milzvenen-/Pfortaderthrombose: In seltenen Fällen können sich aufgrund der Entzündungsreaktion, der fibrotischen Umwandlung der Bauchspeicheldrüse oder bei Kompression der V. splenica oder V. portae durch Pseudozysten Thrombosen dieser Gefäße entwickeln. Eine derartige Thrombose bedingt eine venöse Stauung der Milz und Ausbildung eines Kollateralkreislaufs über die V. gastricae breves (Ausbildung von Fundusvarizen). Als nachfolgende Komplikationen können sich sowohl ein Hypersplenismus als auch eine obere gastrointestinale Blutung (Fundusvarizen) entwickeln.
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11.5.2 Chronische Pankreatitis Stenosen: Bei 5–20 % aller Patienten mit chronischer Pankreatitis entwickelt sich eine Stenose des intrapankreatisch verlaufenden Gallengangsabschnitts, welche sich bei zunehmender Obstruktion durch das Auftreten eines Ikterus manifestiert. Der Nachweis der Gallenwegsstenose erfolgt mittels ERCP oder MRT. Eine weitere Komplikation stellt die Magenausgangsstenose bei Kompression des Duodenums dar, die sich als Magenentleerungsstörung manifestiert.
Stenosen: Bei 5–20 % der Patienten entwickelt sich eine distale Gallenwegsstenose (ggf. Ikterus), die mittels ERCP oder MRT nachweisbar ist.
π
π
Therapie. Die Therapie der unkomplizierten, chronischen Pankreatitis besteht in der Schmerzbekämpfung, Substitution von Verdauungsenzymen, Ernährungseinstellung, Alkoholkarenz und ggf. Behandlung des Diabetes mellitus. Eine Indikation zur chirurgischen Intervention kann gegeben sein bei Karzinomverdacht, bei chronischen Schmerzzuständen durch Pankreasgangstenosen mit Dilatation vorgeschaltener Gangabschnitte, Pankreaspseudozysten, pankreatogenen Aszites, Gallenwegsstenose, Magenausgangsstenose oder Milzvenenthrombose.
Therapie. Die Therapie der chronischen Pankreatitis besteht in konservativen Maßnahmen. Eine Indikation zur chirurgischen Intervention besteht nur bei folgenden Komplikationen/Folgezuständen: π Karzinomverdacht π chronische Schmerzen π Stenosen π Pseudozysten π Milzvenenthrombose.
1 B-11.14
Synopsis Pankreatikojejunostomie
a Langstreckige Eröffnung des Pankreasganges und des Jejunums.
b Fertige Anastomosierung in Y-Roux-Technik.
c Intraoperative Situation (vgl. a).
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562 π Chronische Schmerzzustände: Eine Operation kann bei gestautem Pankreasgangsystem zur Entlastung/ Dränage indiziert sein.
Bei kurzstreckiger Stenose im Pankreaskopfbereich kann durch endoskopische Kathetereinlage ein gestauter Pankreasgang entlastet werden. Bei langstreckiger Stenose und Dilatation des Ganges im Korpus-Schwanzbereich wird eine Pankreatikojejunostomie (Dränageoperation nach Puestow) durchgeführt ( 1 B-11.14). Ggf. kann die Resektion des Pankreasschwanzes und Anlage einer Pankreatikojejunostomie indiziert sein ( 1 B-11.15). Die Resektion des Pankreasschwanzes erfordert oft die gleichzeitige Milzentfernung. Ist der Entzündungsprozess hauptsächlich im Pankreaskopf lokalisiert, so kann eine Resektion entweder als duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion ( 1 B-11.16), als partielle Duodenopankreatektomie (= Whipple-Operation) ( 1 B-11.17) oder als pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie angezeigt sein.
11 Pankreas π Chronische Schmerzzustände: Bei chronischen Schmerzen kann eine Indikation zur Operation dann bestehen, wenn sich durch den Eingriff eine Entlastung gestauter Pankreasgangabschnitte erzielen lässt. Unabdingbare Voraussetzung für die Operationsplanung ist eine ERCP zur Beurteilung des Pankreasgangsystems. Bei einer kurzstreckigen Stenose im Pankreaskopfbereich ist vielfach eine Entlastung der peripher gestauten Gangabschnitte durch endoskopische Einlage eines Katheters in den Pankreasgang zu erreichen. Bei längerstreckiger Stenose im Pankreaskopfbereich und deutlicher Dilatation des Gangsystems im Pankreaskorpus-/-schwanzbereich kommt eine Dränageoperation nach Puestow (longitudinale Pankreatikojejunostomie) in Betracht. Hierbei wird der Pankreasgang im dilatierten Bereich der Länge nach eröffnet und eine Jejunalschlinge (Roux-Y-Technik) mit dem Gangsystem anastomosiert, sodass ein guter Abfluss in den Dünndarm gewährleistet ist ( 1 B-11.14). Findet sich eine Destruktion des Gangsystems im Pankreasschwanzbereich, ist eine Dränage des mittleren Bauchspeicheldrüsenabschnittes auch durch Pankreasschwanzresektion und Anastomosierung der Schnittfläche mit einer Jejunalschlinge (Roux-Y-Technik, Pankreatikojejunostomie) möglich ( 1 B-11.15). Bei Anlage einer derartigen distalen Pankreatikojejunostomie muss meistens die Milz mitentfernt werden, da es während der Freilegung der in der derb veränderten Drüse verlaufenden Milzgefäße häufig zu deren Verletzung kommt. Ist der chronisch entzündliche Prozess hauptsächlich im Pankreaskopf lokalisiert, kann eine Resektion entsprechend der lokalen Situation entweder als duodenumerhaltende Resektion des Pankreaskopfes oder als partielle Duodenopankreatektomie (= Whipple-Operation) notwendig sein. Bei der duodenumerhaltenden Resektion ( 1 B-11.16) wird der Kopfbereich bis auf einen schmalen Rest im Bereich des duodenalen C unter Erhaltung der Gefäßversorgung des Duodenums entfernt. Der Schwanz und ein Teil des Korpus bleiben erhalten und werden über eine Y-Roux-Schlinge dräniert. Bei der partiellen Duodenopankreatektomie ( 1 B-11.17) wird das duodenale C einschließlich der distalen Gallenwege mitentfernt. Die dabei eben-
1 B-11.15
Synopsis Distale Pankreatikojejunostomie nach Pankreasschwanzresektion
Nach Resektion des Pankreasschwanzes erfolgt die Anastomosierung mit dem Jejunum in Roux-Y-Technik.
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11.5.2 Chronische Pankreatitis
1 B-11.16
Synopsis Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion
Der Pankreaskopf ist unter Erhalt der duodenalen Durchblutung entfernt. Die Schnittfläche zum Duodenum hin wird übernäht, der Korpus-/Schwanzbereich über eine Roux-Y-Schlinge dräniert.
A. hepatica communis A. gastrica sinistra A. splenica
V. splenica V. mesenterica inferior
V. mesenterica superior
1 B-11.17
Synopsis Partielle Duodenopankreatektomie
1
2
3
1
2
3
4
4 a Die Entfernung des Pankreaskopfes erfolgt bei der partiellen Duodenopankreatektomie unter der Mitnahme der distalen Gallengänge und Gallenblase (1) sowie des distalen Magenanteils (2). Das Resektat wird am Pankreaskorpus (3) und distal des Treitz-Bandes am proximalen Jejunum abgesetzt (4).
b Die Rekonstruktion erfolgt mittels zweier Jejunalschlingen. Die 1. Schlinge dräniert das Pankreas (3) und die Gallenwege (1), die 2. Schlinge den Magen (2). Mittels einer End-zu-Seit–Jejunojenunostomie (4) werden die beiden Schlingen miteinander verbunden.
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11 Pankreas falls durchgeführte distale Magenresektion dient der Säurereduktion vor Anastomosierung des Magens mit dem Dünndarm (Vermeidung peptischer Ulzera). Als technische Variante kann alternativ eine pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie durchgeführt werden, bei der keine Verkleinerung des Magens erfolgt (Säurereduktion), sondern die Einleitung des sauren Speisebreis erst hinter der Anastomose des Pankreas und der Gallenwege erfolgt. n Merke. Eine Resektion von > 50 % des Parenchyms zwingt zur Aufklärung des Patienten über einen postoperativ auftretenden Diabetes mellitus und eine exokrine Pankreasinsuffizienz.
Merke
π Pankreaspseudozysten: Pankreaspseudozysten sollten frühestens 6–8 Wochen nach ihrer Entstehung dräniert werden. Eine Pseudozystendränage kann endoskopisch oder operativ durchgeführt werden (Roux-Y-Technik, 1 B-11.18).
Pankreaspseudozysten: Eine Dränage von Pankreaspseudozysten sollte frühestens 6–8 Wochen nach deren Entstehung erfolgen. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht spontane Rückbildungstendenz. Außerdem ist die Zystenwand neu entstandener Pseudozysten meist noch nicht dick genug, um als Nahtlager zu dienen. Mögliche Dränageverfahren sind z.B. die endoskopische, transgastrale Eröffnung der Zyste und deren Ableitung in den Magen oder die operative Anlage einer Zystojejunostomie (Roux-Y-Technik, 1 B-11.18).
π
1 B-11.18
Synopsis
Pankreaspseudozystendränage
Bei Anlage einer Pankreaspseudozysto-Jejunostomie wird die Zyste am tiefsten Punkt eröffnet und die Zystenränder an die in gleicher Inzisionslänge eröffnete Dünndarmschlinge genäht.
40 cm
Die Verfahrenswahl ist von Größe und Lokalisation, Erfahrung und endoskopisch-technischen Möglichkeiten abhängig.
Die Wahl zwischen den vorgenannten Verfahren hängt neben Erfahrungen und endoskopisch-technischen Möglichkeiten auch von Lage und Größe der Zyste(n) ab, da insbesondere bei großen Zysten die Ableitung des Sekrets am tiefsten Punkt erfolgen sollte, um eine gute Entleerung zu gewährleisten.
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11.6 Pankreasverletzungen π Pankreatogener Aszites: Zwingend ist die absolute Nahrungskarenz (parenterale Ernährung). Kommt es hierunter nicht zur Reduktion des Aszites, wird eine ERCP durchgeführt, um die Leckage aus dem Gangsystem zu lokalisieren. Chirurgisch kann die Entfernung des betroffenen Pankreasabschnittes (z.B. Pankreasschwanzresektion) und/oder die Ableitung in eine Roux-YSchlinge in Betracht kommen. π Gallenwegsstenose/Magenausgangsstenose: Eine isolierte Gallenwegsstenose wird meist primär endoskopisch therapiert (s. Kap. B-13.7.4), bei Versagen kann die Anlage einer Choledochojejunostomie in Erwägung gezogen (s. Kap. B-8.12.4) werden. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Magenausgangsstenose erfolgt die operative Intervention mit Anlage sowohl einer Gastroenterostomie (Wiederherstellung der Magenentleerung) als auch Choledochojejunostomie. In den meisten Fällen mit kombinierter Gallenwegs- und Magenausgangsstenose ist die Indikationsstellung zur Pankreaskopfresektion zu überprüfen, da hierdurch nicht nur die Stenosen, sondern auch der auslösende entzündliche Prozess entfernt würde. Weiterhin kann oft das zur Differenzialdiagnose anstehende Pankreaskopfkarzinom ohne Resektion nicht ausgeschlossen werden.
Milzvenenthrombose: Eine isolierte Milzvenenthrombose kann bei Hypersplenismus und/oder rezidivierenden Fundusvarizenblutungen eine Indikation zur Splenektomie darstellen (Ausschluss anderer Ursachen der portalen Hypertension!). π
Pankreatogener Aszites: Absolute Nahrungskarenz ist zwingend. Bei fehlender Aszitesrückbildung wird durch ERCP die entsprechende Leckage lokalisiert. Operativ kommt eine Pankreasteilresektion oder Anlage einer Ableitung in Betracht.
π
Gallenwegsstenose/Magenausgangsstenose: Eine Gallenwegsstenose wird endoskopisch oder operativ durch Anlage einer Choledochojejunostomie therapiert. Bei gleichzeitiger Magenausgangsstenose wird zusätzlich eine Gastroenterostomie angelegt.
π
Bei Patienten mit kombinierter Gallenwegs- und Magenausgangsstenose ist die Indikation zur Pankreaskopfresektion zu prüfen.
Milzvenenthrombose: Hypersplenismus oder rezidivierende Fundusvarizenblutungen stellen eine Indikation zur Splenektomie dar.
π
Klinischer Fall Eine 45-jährige Patientin mit chronischem Alkoholabusus berichtet über immer wiederkehrende in der Intensität und Dauer unterschiedliche Oberbauchbeschwerden, die z.T. in den Rücken ausstrahlen. Während der Schmerzzustände besteht Appetitlosigkeit. Die Patientin gibt eine regelmäßige Schmerzmitteleinnahme an. Die Untersuchung zeigt eine vorgealterte Patientin in deutlich reduziertem Allgemeinzustand mit leichtem Sklerenikterus. In der Oberbauchsonographie findet sich eine deutliche Vergrößerung des Pankreaskopfes. Die Cholestaseparameter sind leicht erhöht ebenso wie die Amylasewerte. Die ERCP zeigt eine subtotale Stenose des terminalen
11.6
Ductus choledochus sowie eine Rarefizierung der Gänge im Pankreaskopfbereich. Endoskopisch wird in gleicher Sitzung ein Pigtailkatheter in den Ductus choledochus eingebracht. Unter Alkoholkarenz kommt es zu einer Rückbildung des akuten Schubes der chronischen Pankreatitis. 2 Monate später wird der Pigtailkatheter entfernt. Die Patientin ist unter der Zusammenarbeit mit den Anonymen Alkoholikern abstinent. 1 Jahr später stellt sie sich erneut mit den Zeichen einer Magenausgangsstenose vor. Nach Abschluss der Diagnostik wird eine partielle Duodenopankreatektomie durchgeführt. Die Patientin ist danach beschwerdefrei.
Pankreasverletzungen
Von Verletzungen der Bauchspeicheldrüse ist zunächst bei allen schweren stumpfen oder scharfen Oberbauchtraumen auszugehen, obwohl sie nur bei ca. 1–3 % gefunden werden. Die Mortalität ist aufgrund der häufig erheblichen Begleitverletzungen und oft verzögerten Diagnosestellung hoch (ca. 90 %). Im Kindesalter dagegen stellt das abdominelle Trauma die häufigste Ursache der akuten Pankreatitis dar; das Pankreas ist im Kindesalter sehr vulnerabel. Nach Ausmaß der Verletzung werden 4 Schweregrade unterschieden: 1. Oberflächliche Kontusion mit geringer Parenchymverletzung ohne Eröffnung des Gangsystems. 2. Tiefer Pankreaseinriss mit Verletzung des Ductus pancreaticus im Körper-/Schwanzbereich. 3. Tiefer Parenchymeinriss mit Verletzung des Ductus pancreaticus im Kopfbereich. 4. Verletzung wie 3. mit zusätzlicher Ruptur des Duodenums und/oder des Ductus choledochus.
11.6
Pankreasverletzungen
Pankreasverletzungen entstehen meist nach schweren Oberbauchtraumen als Kombinationsverletzungen mit hoher Mortalität. Im Kindesalter ist ein abdominelles Trauma die häufigste Ursache der akuten Pankreatitis. Die Verletzung des Pankreas wird je nach Ausmaß in 4 Schweregrade eingeteilt.
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11 Pankreas
Die Diagnose einer Bauchspeicheldrüsenverletzung erfolgt enzymatisch, durch Ultraschall, CT oder ERCP im Rahmen der abdominellen Diagnostik des Verletzten oder erst während der explorativen Laparotomie. Das operative Vorgehen wird vom Ausmaß der Pankreasverletzung sowie den Begleitverletzungen bestimmt.
Die Diagnose einer Bauchspeicheldrüsenverletzung wird durch Ultraschall oder Computertomographie gestellt, die im Rahmen der abdominellen Diagnostik des Verletzten erfolgen. Die Bestimmung der Pankrasenzyme sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Mittels ERCP können gegebenenfalls Gangverletzungen nachgewiesen werden. Überwiegend wird die Beteiligung des Pankreas jedoch erst während der explorativen Laparotomie festgestellt. Aus Lokalisation und Schweregrad sowie dem Ausmaß der Begleitverletzungen bestimmt sich das operative Vorgehen, welches sich von alleiniger Dränage eines Kontusionsbereichs bis hin zu ausgedehnten Resektionen mit Rekonstruktionen (z.B. der Pfortader im Kopf-Korpus-Übergang) erstrecken kann. Ziel der Operation muss sein, eine nekrotisierende Pankreatitis bzw. die Ausbildung von Fisteln, Pseudozysten oder Abszessen zu verhindern.
11.7
11.7
Pankreastumoren
Pankreastumoren
Benigne wie maligne Tumoren können vom exokrinen wie endokrinen Pankreas ausgehen.
Benigne wie maligne Tumoren der Bauchspeicheldrüse können sowohl vom exokrinen wie endokrinen Anteil des Organs ausgehen.
11.7.1 Benigne Pankreastumoren
11.7.1
Die häufigsten benignen Tumoren sind Zystadenome und Adenome.
Die häufigsten benignen Tumoren des exokrinen Pankreas sind das Pankreaszystadenom und das Pankreasadenom, wobei beide sehr selten sind.
Benigne Pankreastumoren
n Merke. Bei der Mehrzahl der Pankreasadenome sollte die Diagnose »benigner Tumor« nur sehr zurückhaltend gestellt werden, da ein Lowgrade-Karzinom nicht mit Sicherheit auszuschließen ist, und sich die Dignität (benigne) erst aus dem klinischen Verlauf ergibt.
Merke
Symptome. Zystadenome manifestieren sich häufig erst auf Grund ihrer Größe. Diagnose. Die wichtigsten Untersuchungen sind: Sonographie, CT ( 1 B-11.19 a), ERCP, MRT und Angiographie. Therapie. Sie besteht in der radikalen Resektion des Tumors ( 1 B-11.19 b).
1 B-11.19
Symptome. Zystadenome, in denen häufig Zystadenokarzinome nachgewiesen werden, manifestieren sich hauptsächlich durch Schmerzen, Gewichtsverlust, Übelkeit und Erbrechen sowie einen bereits palpablen Oberbauchtumor.
Diagnose. Diagnostisch werden die Tumoren durch Sonographie, Computertomographie ( 1 B-11.19 a), ERCP, MRT und ggf. Angiographie erfasst.
Therapie. Sie besteht in der radikalen Resektion des tumortragenden Pankreasabschnitts (partielle Duodenopankreatektomie, Pankreaskorpus-, -schwanzresektion, subtotale Pankreatektomie). Eine kurative Resektion ist bei allen zystischen Tumoren des Pankreas anzustreben ( 1 B-11.19 b). Die
Zystadenom des Pankreasschwanzes
a CT bei großem Pankreasschwanztumor (Á).
b Resektat en bloc mit Milz und Sicherheitsabstand am gesunden Pankreas, histologisch: Zystadenom.
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11.7.2 Hormonaktive Tumoren Überlebensrate nach radikaler Resektion auch großer Zystadenokarzinome ist deutlich höher als bei Pankreaskarzinomen. Beim histologisch gesicherten benignen Tumor ist die Prognose auf jeden Fall gut.
11.7.2
Hormonaktive Tumoren
11.7.2 Hormonaktive Tumoren
Die seltenen hormonaktiven Tumoren der Bauchspeicheldrüse haben ihren Ursprung in den unterschiedlichen Zellen der Langerhans-Inseln. Sie können in einer benignen wie malignen Form auftreten. Das Hauptsymptom ergibt sich jeweils aus der Überproduktion eines einzelnen Hormons. Die häufigsten hormonproduzierenden Tumoren sind das Insulinom und Gastrinom. Auch in anderen endokrinen Organen (Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Nebenniere, Hypophyse, Ovar) können gleichzeitig Tumoren vorkommen. Eine endokrine Polyadenomatose wird auch als multiple endokrine Neoplasie (MEN) bezeichnet. Hierbei lässt sich ein MEN Typ I vom MEN Typ II abgrenzen. Beim Typ I ist der Hauptmanifestationsort die Nebenschilddrüse, beim Typ II die Schilddrüse (medulläres Schilddrüsenkarzinom) (vgl. Kap. B-16). Eine Übersicht über Häufigkeit, Leitsymptome sowie Lokalisation der hormonproduzierenden Tumoren der Bauchspeicheldrüse zeigt 2 B-11.4.
2 B-11.4
Die seltenen hormonaktiven Tumoren entspringen den verschiedenen Zelltypen der Langerhans-Inseln. (Häufigkeit, Symptome, Lokalisation s. 2 B-11.4). Überwiegend treten Insulinome und Gastrinome auf.
Übersicht über die Charakteristika hormonproduzierender Pankreastumoren
Syndrom
Inzidenz/1 Mio.
Leitsymptome
Malignitätsrate
Ursache
N Gastrinom, Zollingern Ellison-Syndrom
0,4–1
abdominelle Schmerzen, Durchfälle, rezidivierende Ulzera
60–90 %
Gastrin produzierender Tumor, in 40 % in extrapankreatischer Lokalisation, in 30 % multiple Tumoren
N Insulinom n
0,8–0,9
Hypoglykämien
ca. 10 %
Insulin produzierender Tumor, in 2 % extrapankreatische Lokalisation, in 10 % multiple Tumoren
N Vipom (vasoaktives n intestinales Polypeptid), VernerMorrison-Syndrom, pankreatische Cholera
0,05–0,2
wässrige Durchfälle, Hypokalämie, Hypo-/ Achlorhydrie, Dehydratation
40–60 %
vasoaktives intestinales Polypeptid produzierender Tumor, in bis zu 10 % extrapankreatische Lokalisation.
N Glukagonom n
0,01–0,1
Dermatitis, Gewichtsverlust, Diabetes/ Glukose-Intoleranz
50–80 %
Glukagon produzierender Tumor
N Somatostatinom n
selten
Durchfall, Gewichtsverlust, Diabetes mellitus
> 70 %
Somatostatin produzierender Tumor
N GRFom (growth n hormone releasing factor)
selten
Akromegalie
häufige Metastasierung
Growth-hormon-releasingFaktor produzierender Tumor mit in 30 % der Fälle primärer Lokalisation im Pankreas
N PP-om (pankreatisches n Polypeptid) und nicht hormonaktiver Inselzelltumor
selten
abdominelle Schmerzen, keine spezifische, hormonelle Symptomatik
65–90 %
pankreatisches Polypeptid produzierender Tumor, meist große solitäre Pankreasraumforderung
Diagnostik. Sie umfasst eine entsprechend der Leitsymptomatik ausgerichtete Hormonbestimmung. Zur Lokalisation des Tumors gehören neben Gastroduodenoskopie selbstverständlich die abdominelle Sonographie, Computertomographie, MRT, Angiographie ( 1 B-11.20) und Endosonographie
Diagnose. Sie besteht in der Hormonbestimmung. Zur Lokalisation dienen endoskopische, sonographische und radiologische Untersuchungsverfahren (Angiographie s. 1 B-11.20).
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11 Pankreas sowie ggf. eine selektive, transkutan-transhepatische Katheterisierung der Pfortader mit Blutentnahme zur Hormonbestimmung. Eine OctreotidRezeptor-Szintigraphie kann zur Lokalisationsdiagnostik aller primären und sekundären neuroendokrinen Pankreastumoren (außer Insulinom) eingesetzt werden.
1 B-11.20
Angiographischer Nachweis eines Insulinoms Angiographie des Truncus coeliacus mit Nachweis eines hypervaskularisierten Tumors (Á) (Insulinom) im Bereich des Pankreas.
In ca. 50 % wird der Tumor erst intraoperativ durch Inspektion, Palpation oder intraoperative Sonographie lokalisiert. Hormonaktive Tumoren können zum Zeitpunkt ihrer geplanten Entfernung Größen von wenigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern aufweisen oder bereits metastasiert haben (insbesondere das Gastrinom metastasiert bis zu 60 % frühzeitig in die Leber).
Operationsverfahren: π Adenomenukleation π Pankreaskorpus-/-schwanzresektion π partielle Duodenopankreatektomie π totale Pankreatektomie π Leberteilresektion
Therapie. Die optimale Therapie ist die chirurgische Entfernung des endokrinen Tumors. Ziel der Operation sollte sein, den hormonaktiven Tumor zu resezieren bzw. bei Metastasierung die Tumormasse zu verkleinern, um ggf. die Voraussetzungen für eine postoperative Chemotherapie zu verbessern. Folgende Operationsverfahren kommen zur Anwendung: π bei solitären, benignen (z.B. Insulinom) Tumoren die Adenomenukleation π bei multiplen Adenomen im Pankreaskorpus-/-schwanzbereich die linksseitige Splenopankreatektomie π bei großen Adenomen oder beim malignen Insulinom im Pankreaskopf die partielle Duodenopankreatektomie π bei schweren endokrinologischen Krankheitsbildern als Ultima ratio (selten) die totale Pankreatektomie π bei Lebermetastasen die Leberteilresektion zur Tumormassenreduktion
11.7.3 Maligne Pankreastumoren
11.7.3
Therapie. Die optimale Therapie ist die Entfernung oder zumindest Verkleinerung des Tumors.
Definition
Maligne Pankreastumoren
n Definition. Das Pankreaskarzinom ist nach dem Dickdarm- und Magenkarzinom der dritthäufigste gastrointestinale Tumor. Die Mortalität liegt in den alten Bundesländern bei 10/100 000 Einwohnern. Männer sind häufiger als Frauen betroffen (1,5 : 1). In den meisten Fällen (> 75 %) handelt es sich um vom Gangepithel ausgehende verschiedenartig differenzierte Adenokarzinome.
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11.7.3 Maligne Pankreastumoren
569
Ätiologie. Die Ätiologie des Pankreaskarzinoms ist unbekannt. Als Risiko-
Ätiologie. Die Ätiologie ist unbekannt.
faktoren gelten erhöhter Alkoholkonsum, Rauchen sowie berufliche Exposition mit z.B. b-Naphthylin. In 65 % der Fälle ist der Tumor im Bereich des Pankreaskopfes, in 30 % im Pankreaskorpus-/-schwanzbereich und in 5 % isoliert im Schwanzbereich lokalisiert. Auf Grund der meist spät auftretenden Symptomatik ist bei 85 % der Patienten bei Diagnosestellung bereits ein organüberschreitendes Wachstum nachweisbar. Dementsprechend sind nur 5–10 % aller Pankreaskarzinome und lediglich bis zu 25 % der Pankreaskopfkarzinome resektabel.
65 % der Tumoren sind im Pankreaskopf, 35 % im Korpus- und Schwanzbereich lokalisiert. Auf Grund der sehr spät auftretenden Symptomatik sind die meisten Tumoren zum Zeitpunkt der Diagnostik nicht mehr resektabel.
Symptome. Die häufigsten Symptome sind bei Tumoren im Kopfbereich: Gewichtsverlust, Übelkeit, abdominelle, meist epigastrische Schmerzen sowie das Auftreten eines Ikterus. Ein positives Courvoisier-Zeichen (palpable Gallenblase bei schmerzlosem Ikterus) kann in bis zu 50 % der Fälle auftreten. Bei Tumoren im Korpus-/Schwanzbereich sind starke Rückenschmerzen in Verbindung mit Gewichtsverlust häufig ein spätes Leitsymptom. Zusätzlich können uncharakteristische Beschwerden wie Obstipation und Diarrhö sowie Thrombophlebitiden bestehen. Weiterhin kann es zu tumorbedingten rezidivierenden Thrombosen kommen.
Symptome. Pankreaskopftumoren verursachen: Gewichtsverlust, epigastrische Schmerzen, Ikterus (evtl. positives Courvoisier-Zeichen).
Diagnose. Laborchemisch sind in der Regel keine typischen Veränderungen erfassbar. Gelegentlich findet sich eine Erhöhung der Pankreasenzyme sowie ein Anstieg der Cholestaseparameter auch beim nicht ikterischen Patienten. Als spezifischer Tumormarker gilt das CA 19-9, welcher bei fortgeschrittenen Stadien der Tumorerkrankung in 80 % der Fälle erhöht ist. Bei unklaren Oberbauchschmerzen ist die Sonographie das primäre Screeningverfahren. Mittels Computertomographie (CT) ist eine bessere Beurteilung insbesondere der Schwanzregion möglich sowie ein organüberschreitendes Wachstum und Lymphknotenvergrößerungen erkennbar. Beide Untersuchungen sollen ferner Aufschluss über eine mögliche Metastasierung geben. Die ERCP ist die wichtigste Untersuchung in der Diagnostik der Pankreaskarzinome ( 1 B-11.21). Typische Befunde maligner Tumoren sind Unregelmäßigkeiten, Stenosen und Abbrüche des Pankreasgangsystems. Die endosonographische Untersuchung ermöglicht die direkteste Beurteilung des Pankreas. Ein organüberschreitendes Wachstum, Lymphknotenvergrößerungen sowie eine Infiltration der Pfortader sowie der V. splenica können von einem erfahrenen Untersucher erfasst werden. In Fällen mit resektabel erscheinenden Tumoren kann die präoperative Diagnostik zur Beurteilung der arteriellen und portalvenösen Gefäßverhältnisse durch eine Angiographie mit indirekter Splenoportographie komplettiert werden, da der Nachweis einer Gefäßinfiltration Irresektabilität bedeuten kann. Die Magnetresonanztomographie (MRT) kombiniert mit einer Cholangio-MRT bietet als neuestes Verfahren die Möglichkeit der kombinierten Darstellung des Gefäßstatus, der Gallengänge und der parenchymatösen Organstrukturen in einer einzigen Untersuchung. Da alle genannten Untersuchungen keine sichere Aussage zur Dignität des Pankreasprozesses erlauben, wird von einigen Untersuchern eine Feinnadelpunktion gefordert, wobei die Frage des Risikos der möglichen Tumorzellverschleppung noch kontrovers diskutiert wird, zumal ein negativer Punktionsbefund das Karzinom nicht ausschließt.
Diagnose. Laborchemisch finden sich nur beim Ikterus typische Veränderungen.
Therapie. Häufig ist die exakte Beurteilung der Tumorausdehnung und
Therapie. Nur ca. 10–20 % aller diagnostizierten Pankreaskarzinome sind resektabel.
Frage der Resektabilität erst durch eine Laparotomie zu klären. Eine kurative Therapie des Pankreaskarzinoms kann nur chirurgisch erfolgen, wobei die Resektabilitätsrate bei 10–20 % liegt. Tumoren im Kopfbereich werden durch eine partielle Duodenopankreatektomie entfernt. Bei Tumoren im Korpus-/Schwanzbereich ist die Pankreaslinksresektion mit Splenektomie das Standardverfahren (s. 1 B-11.19). Etwas verbesserte Langzeitergebnisse konnten in den letzten
Tumoren im Korpus-/Schwanzbereich manifestieren sich häufig erst bei organüberschreitendem Wachstum mit Rückenschmerzen. Tumorbedingte rezidivierende Thrombosen sind möglich.
Als spezifischer Tumormarker gilt CA 19-9. Der Nachweis des Tumors und die Bestimmung seiner Ausdehnung erfolgt mittels: π Sonographie π CT π ERCP ( 1 B-11.21) π ggf. Endosonographie π ggf. MRT π ggf. Angiographie π ggf. Feinnadelpunktion.
Tumoren im Kopfbereich werden durch eine partielle Duodenopankreatektomie, Tumoren des Korpus-/Schwanzbereichs durch eine Linksresektion entfernt (s. 1 B-11.19).
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11 Pankreas
1 B-11.21
ERCP bei Pankreaskarzinomen
a Pankreaskarzinom mit typischer Stenose des Ductus choledochus und des Ductus pancreaticus (Á) vor der Papillenregion (Á Á).
c Pankreasschwanzkarzinom mit Gangabbruch ( Á).
b Papillenkarzinom mit einer Stenose im Bereich der Papille (Á) und Dilatation beider Gänge.
Eine ausgedehnte intra- und retroperitoneale Lymphadenektomie ( 1 B-11.22) scheint die Langzeitergebnisse zu verbessern.
Jahren durch die Erweiterung der Operation um eine ausgedehnte intraund retroperitoneale Lymphadenektomie ( 1 B-11.22) erzielt werden.
1 B-11.22
Duodenopankreatektomie Duodenopankreatektomie und radikale Lymphadenektomie mit Freilegung aller größeren Oberbauchgefäße. VMS = V. mesenterica superior AMS = A. mesenterica superior TC = Truncus coeliacus A = Aorta VC = V. cava VP = V. porta P = Pankreasrest AH = A. hepatica
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11.7.3 Maligne Pankreastumoren Bei nicht resektablen Tumoren, vorhandener oder drohender Magenausgangsstenose und gleichzeitig bestehendem Verschlussikterus ist die Anlage einer Gastroenterostomie und biliodigestiven Anastomose (Hepatiko-, Choledocho- oder Cholezystojejunostomie) indiziert. Alternativ ist bei freier duodenaler Passage die endoskopische Entlastung des Ductus choledochus mittels Pigtailkatheter in Erwägung zu ziehen. Zur Palliation gehört in vielen Fällen eine suffiziente Schmerztherapie, die bei Versagen hochdosierter Analgetikagaben auch eine CT-gesteuerte Truncus-coeliacus-Blockade bzw. die Implantation eines Periduralkatheters oder eine lokale Bestrahlungstherapie beinhalten kann.
571 Als palliatives Verfahren kann die Anlage einer Gastroenterostomie und biliodigestiven Anastomose oder die alleinige Pigtaildränage indiziert sein.
Zur Palliation gehört in allen Fällen eine suffiziente Schmerztherapie.
Klinischer Fall Ein 53-jähriger Maurer leidet seit 4 Wochen unter zunehmenden Rückenschmerzen. Die Röntgenaufnahme der BWS/LWS zeigt erhebliche degenerative Veränderungen. Unter physikalischer Therapie kommt es zu keiner Besserung der Symptome, vielmehr fällt ein zunehmender Gewichtsverlust auf. Eine abdominelle Sonographie zeigt eine deutlich unscharf begrenzte Vergrößerung des Pankreaskorpus-/-schwanzbereichs. Die CT-Untersuchung weist eine
Raumforderung in diesem Bereich nach. In der ERCP findet sich ein Gangabbruch im Pankreaskorpusbereich. Bei der Operation findet sich ein infiltrierend in das Retroperitoneum wachsender Tumor, mit Infiltration des Truncus coeliacus und der Mesenterialwurzel und bis zu 3 mm durchmessenden Metastasen in der Leber, sodass der Eingriff bei Irresektabilität als explorative Laparotomie beendet werden muss.
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Milz
12
12
Milz
Anatomie
Michael Dürig 12.1
Anatomie
12.1
12.1.1
Chirurgische Anatomie
12.1.1 Chirurgische Anatomie
Die Milz liegt im linken oberen Quadranten in Höhe der 9.–11. Rippe. Ihr Gewicht beträgt beim gesunden Erwachsenen in Abhängigkeit vom Füllungsvolumen durchschnittlich 150–200 g. Ihre Fixation gegen die Umgebung erfolgt durch die Ligg. lienorenale, phrenicosplenicum und gastrosplenicum. Es bestehen enge topographische Beziehungen zu Zwerchfell, Magen, Pankreasschwanz, linker Niere und der linken Kolonflexur. Die arterielle Gefäßversorgung erfolgt aus dem Truncus coeliacus über die A. splenica (früher A. lienalis), die sich im Milzhilum in segmentale Endarterien aufgliedert. Zwischen den Segmenten sind keine echten Anastomosen ausgebildet. Eine zusätzliche arterielle Verbindung besteht über A. gastroepiploica sinistra und die Aa. gastricae breves zur A. gastroepiploica dextra, die als Ast der A. gastroduodenalis ebenfalls dem Truncus coeliacus entspringt. Die venöse Dränage erfolgt über die V. splenica, die mit der V. mesenterica superior in die V. portae mündet ( 1 B-12.1). Die V. splenica trägt 30 % zum portalen Blutfluss bei.
1 B-12.1
Die Milz ist in Höhe der 9.–11. Rippe im linken oberen Quadranten lokalisiert.
Es bestehen enge topographische Beziehungen zu Zwerchfell, Magen, Pankreasschwanz, linker Niere und der linken Kolonflexur. Die arterielle Gefäßversorgung erfolgt aus dem Truncus coeliacus über die A. splenica. Sie zweigt sich im Milzhilus in segmentale Endarterien auf. Die V. splenica dräniert 30 % des Blutes des portalen Systems ( 1 B-12.1).
Synopsis Topographische Lage der Milz
Topographische Lage der Milz nach Eröffnung des Lig. gastrosplenicum. Magen Vasa brevia
Milz
Pankreas
A. splenica
V. splenica
n Merke. Die segmentale, arterielle und venöse Gefäßarchitektur bildet die Grundlage für die chirurgische Segmentresektion.
Merke
Lageanomalien
Lageanomalien
Nebenmilzen finden sich bei 14–30 % aller Patienten. 75 % hiervon sind in der Nähe des Milzhilums lokalisiert ( 1 B-12.2). In seltenen Fällen ist ektopes Milzgewebe mit kardialen Missbildungen oder Situsfehlbildungen unterschiedlichen Schweregrades verbunden.
Nebenmilzen finden sich bei 14–30 % aller Individuen ( 1 B-12.2).
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12 Milz
1 B-12.2
Synopsis Lagevarianten von Nebenmilzen
Hilum A. splenica Pankreasschwanz Lig. splenocolicum
Omentum
Mesenterium
Gonaden
Merke
n Merke. Nebenmilzen sind bei der chirurgischen Therapie hämatologischer Erkrankungen von Bedeutung, da der Operationserfolg von der Entfernung des gesamten Milzgewebes abhängig ist.
Funktionelle Anatomie
12.1.2 Funktionelle Anatomie
12.1.2
25 % des lymphatischen Gewebes werden der Milz zugeordnet. Die Durchblutung beträgt 4 % des HMV.
Mit 25 % des gesamten lymphatischen Gewebes nimmt die Milz eine entscheidende Stellung im humanen Abwehrsystem ein. Die Durchblutung beträgt 4 % des gesamten Herzminutenvolumens (HMV). Funktionell wird die Milz in 2 Kompartments (die rote und die weiße Pulpa) unterteilt. Mit 75 % nimmt die rote Pulpa den größten Volumenanteil der Milz ein. An der Grenze zwischen der roten und weißen Pulpa liegt die Marginalzone, die aus einem weitmaschigen Netz von Sinusoiden gebildet wird. Der Grundaufbau wird verständlich, wenn man die einzelnen Gefäßabschnitte in Flussrichtung des Blutes verfolgt ( 1 B-12.3). In den Trabekeln verlaufen die großen Arterien gemeinsam mit den Venen. Von diesen zweigen rechtwinklig die Zentralarterien (ZA) ab, die von Lymphozyten umgeben sind. Die Zentralarterien entlassen arterielle Kapillaren (AK), die in das Sinussystem (S) der Marginalzone (MZ) münden. Hier kommt es zu einer Zunahme des Gesamtdurchmessers aller Sinus, was zu einer Verlangsamung des Blutflusses führt. Durch diese Verminderung der Strömungsgeschwindigkeit wird die Filtration von Partikeln und Antigenen sowie die Auswanderung von Lymphozyten aus dem Gefäßbett erleichtert. Die Sinus stehen ihrerseits wieder mit den Pulpavenen (V) in Verbindung. Die weiße Pulpa setzt sich aus den Lymphfollikeln und den periarteriolären lymphatischen Begleitscheiden zusammen, die durch die Marginalzone zur roten Pulpa begrenzt wird. Beide Kompartments beinhalten funktionell unterschiedliche Makrophagen und Lymphozyten. Die Lymphozyten verlassen nach ca. 30 Minuten die Blutbahn in der Milz, von wo aus sie nach einer
Die Milz wird funktionell in 2 Kompartments, die rote und die weiße Pulpa, unterteilt. An der Grenze zwischen der roten und weißen Pulpa liegt die Marginalzone, die aus einem weitmaschigen Netz von Sinusoiden gebildet wird. In den Milzsinus erfolgt die Filtration von pathologischen Zellen, Zellbestandteilen und Antigenen. Der Grundaufbau ist in 1 B-12.3 dargestellt.
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12.2 Physiologie
1 B-12.3
Synopsis Funktionelle Anatomie der Milz
Marginalzone (MZ) Randkapillare
Follikelarteriole
Randzone periarterioläre lymphoide Scheide (PALS)
Pinselarteriolen Pulpaarteriole Scheidenarteriole terminale arterioläre Kapillare (AK)
Zentralarterie (ZA)
Retikulumzellen
venöses Sinusoid mit Endothelzellen (S) Pulpavene (V)
Plasmazellen
Trabekelvene
Makrophag (phagozytiert einen Erythrozyten) Thrombozyt kleiner Lymphozyt
Granulozyt
Erythrozyt
gewissen Verweildauer wieder in die Peripherie entlassen werden. Dieses Phänomen erklärt den Lymphozytenanstieg im peripheren Blut nach einer vollständigen Entfernung der Milz.
12.2
Physiologie
Neben der Speicherfunktion für Thrombozyten (40 %) und Lymphozyten hat die Milz die Aufgabe, überalterte Erythrozyten und pathologische Zellformen des roten Blutbildes zu filtrieren. Ferner eliminiert sie Zelleinschlüsse aus den Erythrozyten wie die Howell-Jolly-Körper (Kernreste), Heinz-Körper (denaturiertes Hämoglobin) oder Pappenheimer-Körper (Eisengranula) (»pitting function«). Die Milz ist in der Lage, intrazelluläre Parasiten wie den Malariaerreger mit dem Erythrozyten zu entfernen und diese der Phagozytose zuzuführen ( 1 B-12.4). Neben der Produktion von Immunglobulin-M, dem natürlichen Antikörper der ersten Abwehrphase, besteht die immunologische Aufgabe primär darin, Antigene zu filtrieren und sie in geeigneter Form zu verarbeiten. Hierbei ist eine spezifische Antikörpermarkierung (Opsonisierung) nicht erforderlich. Die Phagozytose ist jedoch von einem engen Kontakt zwischen Antigen und Phagozyten abhängig. Unter den Mechanismen, die einen derartigen Kontakt vermitteln, ist die Bindung durch spezifische Antikörper besonders wirksam. Diesem Mechanismus können sich kapseltragende Bakterien wie Pneumokokken auch in Anwesenheit von Antikörper vorübergehend entzie-
Nach einer Milzentfernung ist die Rezirkulation der Lymphozyten gestört. Als Folge tritt ein Anstieg der Lymphozytenzahl im peripheren Blut auf. 12.2
Physiologie
Neben der Speicherfunktion für Thrombo- (40 %) und Lymphozyten hat die Milz die Aufgabe, überalterte Erythrozyten und pathologische Zellformen des roten Blutbildes zu filtrieren. Ferner eliminiert sie Zelleinschlüsse und ist in der Lage, intrazelluläre Parasiten der Phagozytose zuzuführen ( 1 B-12.4). Die Milz ist in der Lage, pathogene Organismen ohne vorherige Opsonisierung (Markierung mit spezifischen Antikörpern) der Phagozytose zuzuleiten.
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12 Milz
1 B-12.4
Sequestration eines Erythrozyten in einen Milzsinus Einblick in einen Milzsinus mit dem Rasterelektronenmikroskop. Erythrozyten werden bei der Passage durch die Endothelfenster »ausgemolken«. Pathologische Zellen und Zellbestandteile werden phagozytiert (s. 1 B-12.3).
Durch Autoregulation können die Füllungs- und Entleerungsphasen der Sinus verändert werden. Dadurch gelingt es, nicht opsonierte, pathogene Organismen in zeitlich ausreichenden Kontakt mit den Makrophagen der Milz zu bringen.
hen. Durch die Sekretion des Kapselpolysaccharids wird der Kontakt zum Phagozyten verhindert und gleichzeitig Antikörper gebunden. Aufgrund der spezifischen Struktur der Milz ist diese als einziges Organ in der Lage, durch unterschiedliche Flussgeschwindigkeiten nicht opsonisierte pathogene Organismen in einen zeitlich ausreichenden Kontakt mit den Makrophagen der Milz zu bringen. Hierbei fällt den venösen Sinusoiden eine besondere Rolle zu. Durch Autoregulation können sie Füllungs- und Entleerungsphasen erzeugen, die sich zwischen extrem schneller Entleerung und stundenlanger Füllung erstrecken. Auf diese Weise ist z.B. die Anpassung an die Duplikationszeit der Pneumokokken von 20–30 Minuten möglich.
12.2.1 Folgen des Milzverlustes
12.2.1
Im peripheren Blut finden sich Abnormalitäten der Erythrozyten wie HowellJolly-Körper (Kernreste), Heinz-Innenkörper und Defekte der Erythrozytenmembran. Diese weisen auf eine Asplenie oder eine Fehlfunktion der Milz hin.
Der Verlust der lienalen Sequestrationsleistung und der Speicherfunktion für bestimmte Zellen reflektiert sich im peripheren Blut. Es finden sich morphologische und chemische Abnormalitäten in den Erythrozyten. Die Oberflächenmembranen sind sichtbar geschädigt. Das kann bis zu 50 % der Erythrozyten betreffen. Daneben finden sich pathologische Zellformen wie Akanthozyten, Mikrosphärozyten, Target-Zellen und Zellbestandteile in Form der Howell-Jolly-Körper oder Heinz-Innenkörper. Die Howell-JollyKörper gelten als einfacher Parameter für fehlendes oder funktionell eingeschränktes Milzgewebe. Gleichzeitig ist nach einem Milzverlust eine Thrombozytose zu beobachten. Dieser Thrombozytenanstieg ist jedoch passager und normalisiert sich innerhalb weniger Wochen. Es gibt Hinweise dafür, dass die Speicherfunktion der Milz für Thrombozyten (20–40 % der gesamten zirkulierenden Zellen) anderenorts übernommen wird. Ein Anstieg der Thrombozyten macht eine Thromboseprophylaxe erforderlich. Diese ist unter stationären Bedingungen mit täglichen Heparingaben gewährleistet. Im ambulanten Bereich kann bis zum Erreichen einer Thrombozytenzahl unter 500 000/mm3 eine perorale Thromboseprophylaxe durchgeführt werden. Im weißen Blutbild dominiert eine persistierende Leukozytose, die ihren Ursprung in einer Vermehrung der Lympho- und Monozyten findet. Die Lymphozytose wird durch einen Anstieg sowohl der B- als auch T-Zellen bestimmt. Beide Zelllinien sind an zahlreichen Abwehrreaktionen beteiligt. Der Milzverlust hat eine zeitweilige Verminderung des Serumimmunglobulins zur Folge. Eine Persistenz dieser Verminderung ist jedoch nur bei 25 % der splenektomierten Patienten zu beobachten, wenn keine maligne Systemerkrankung zugrunde liegt.
Der Milzverlust hat eine passagere Thrombozytose zur Folge. Thrombozytenzahlen über 500 000/mm 3 bedürfen einer Thromboseprophylaxe mit Heparin oder Acetylsalicylsäure.
Durch Zellverschiebungen des weißen Blutbildes führt der Milzverlust zu einer persistierenden Leukozytose (Monound Lymphozytose). Diese Leukozytose erschwert differenzialdiagnostisch die Abgrenzung zu einer postoperativen Infektion. Weiterhin kommt es zu einer zeitweiligen Verminderung der Serumimmunglobuline. Merke
Folgen des Milzverlustes
n Merke. Die Splenektomie bedingt eine lebenslange Infektionsbereitschaft des einzelnen Patienten, die vornehmlich Kinder und Jugendliche betrifft und mit zunehmendem Alter abnimmt. Über das erhöhte Infektionsrisiko muss aufgeklärt werden.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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12.2.2 Postsplenektomiesepsis/OPSI-Syndrom Die Infektionen können sowohl durch Bakterien, Viren als auch Protozoen (z.B. Plasmodium malariae) verursacht werden. Beim milzlosen Patienten besteht grundsätzlich nur eine bedingte Tropentauglichkeit.
12.2.2
Postsplenektomiesepsis/OPSI-Syndrom (overwhelming postsplenectomy infection)
Nach einer Splenektomie liegt nur noch eine bedingte Tropentauglichkeit vor.
12.2.2 Postsplenektomiesepsis/ OPSI-Syndrom
n Definition. Fulminante Bakteriämie, meist ohne Nachweis eines septischen Fokus, mit rascher Bewusstlosigkeit, septischem Schock und intravasaler Gerinnung.
Sie ist die am meisten gefürchtete Komplikation bei einem asplenen Patienten. Gleichzeitig kann es zu Nebennierenblutungen (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom) kommen. Ursache ist ein massiver hämorrhagischer Infarkt der Nebenniere im Rahmen der Sepsis. Zu den pathogenen Erregern gehören kapseltragende Bakterien wie Streptococcus pneumoniae (50 %), Neisseria meningitidis (12–15 %), Haemophilus influenza (8–12 %), andere Streptokokken (ca. 7 %) und selten andere Keime wie Escherichia coli. Obwohl das Auftreten einer Postsplenektomiesepsis bis zu 30 Jahre nach einer Splenektomie beschrieben wird, tritt sie in den ersten 3 Jahren nach der Operation am häufigsten auf und betrifft alle Altersstufen. Die Inzidenz nach einer posttraumatischen Milzentfernung liegt bei 1 %. Das Risiko, an einer Postsplenektomiesepsis zu erkranken, steigt jedoch bei Kindern und bei Patienten, die sich wegen einer kongenitalen Anämie, einer portalen Hypertension oder einer lymphoretikulären Systemerkrankung der Splenektomie unterziehen mussten bis auf 5 % an. Zur Prophylaxe einer Pneumokokkeninfektion steht ein Impfstoff aus 23 Pneumokokkenpolysacchariden (PneumovaxQ) zur Verfügung. Bei Kindern unter 2 Jahren wird zusätzlich die Haemophilus-influenza-B(HIB-)Impfung angeraten. Nach dem 2. Lebensjahr kann darüber hinaus die Meningokokkenimpfung angeboten werden. Bei Kindern unter dem 10. Lebensjahr muss in Abhängigkeit von der Grunderkrankung eine Langzeitantibiotikaprophylaxe mit Penicillin V für mindestens 2 Jahre erörtert werden ( 2 B-12.1). Die Mortalitätsangaben schwanken zwischen 25 und 75 %.
2 B-12.1
Definition
Das OPSI-Syndrom ist die schwerste Komplikation nach Splenektomie. Erreger: Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis, Haemophilus influenzae, selten andere Keime.
Die Postsplenektomiesepsis kann alle Altersstufen betreffen, tritt jedoch in den ersten 3 Jahren nach der Operation am häufigsten auf. Die Inzidenz nach einer posttraumatischen Splenektomie liegt bei 1 %. Sie steigt jedoch bei Kindern und bei Patienten, die wegen einer kongenitalen Anämie, portalen Hypertension oder lymphoretikulären Systemerkrankung splenektomiert wurden auf 5 % an. Zur Prophylaxe der Pneumokokkeninfektion steht ein Impfstoff (Pneumovax Q ) zur Verfügung. Bei Kindern unter 2 Jahren wird zusätzlich die Haemophilus-influenza-Impfung, bei Kindern über 2 Jahren die Meningokokkenimpfung empfohlen ( 2 B-12.1). Die Mortalität schwankt zwischen 25 und 75 %.
Impf- und Antibiotikaprophylaxe nach Splenektomie bei Kindern
Indikation zur Splenektomie N posttraumatisch n
N hämatologische Erkrankung n
Impfstoff
Ï < 2 Jahre: PneumovaxQ + HIB-Impfstoff
Ì
> 2 Jahre:
Ó evtl. zusätzlich tetra-
Zeitpunkt der Impfung
Antibiotikaprophylaxe
2–4 Wochen postoperativ
mindestens 2 Jahre Penicillin V oral (Depotpenicillin in Ausnahmefällen)
2–4 Wochen präoperativ
benigne: ca. 5 Jahre Penicillin V maligne: ca. 5–10 Jahre Penicillin V
valenter MeningokokkenImpfstoff Pneumovax-Auffrischimpfung nach 3–5 Jahren, titerabhängig Meningokokken-Auffrischimpfung nach 2–3 Jahren, falls Erstimpfung < 4 Jahren
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578 12.3
12 Milz
Apparative Diagnostik
In der Abdomenübersichtsaufnahme kann ein Zwerchfellhochstand und eine Verdrängung der Nachbarorgane auf eine Milzvergrößerung hinweisen. Die Sonographie ist das diagnostische Hilfsmittel der ersten Wahl beim stumpfen Bauchtrauma.
Während die Computertomographie (CT) ergänzende Informationen im Rahmen lymphatischer Systemerkrankungen oder anderer maligner Prozesse liefern kann, hat die Kernspintomographie (MRT) in der Diagnostik der Milzerkrankungen bisher keine Bedeutung erlangt. Die Szintigraphie macht eine funktionelle Aussage über vorhandenes Milzgewebe und gestattet die Lokalisation von Nebenmilzen. Die Identifikation ektopen Milzgewebes ist für den Operationserfolg der Splenektomie aus hämatologischer Indikation entscheidend, da Nebenmilzen die Funktion einer gesunden Milz übernehmen können. Nur deren gleichzeitige Entfernung kann die Grundkrankheit beeinflussen.
Apparative Diagnostik
12.3
Bereits die Abdomenübersichtsaufnahme kann bei einer Milzvergrößerung Auskunft durch einen möglichen Zwerchfellhochstand und eine Verdrängung der Nachbarorgane wie Magen und linker Kolonflexur geben. Unter den zahlreichen bildgebenden Verfahren nimmt die Sonographie den wichtigsten Stellenwert in der Diagnostik von Milzerkrankungen ein. Sie gestattet jederzeit eine Beurteilung von Größe, Lage und Binnenstruktur. Die Möglichkeit, gleichzeitig freie Flüssigkeit im linken oberen Quadranten nachzuweisen, erhebt die Sonographie zur apparativen Diagnostik der ersten Wahl beim stumpfen Bauchtrauma. Während die Computertomographie (CT) eine ergänzende Information im Rahmen lymphatischer Systemerkrankungen oder anderer maligner Prozesse liefern kann, hat die Kernspintomographie (MRT) bislang noch keine Bedeutung in der Diagnostik von Milzerkrankungen gewonnen. Die Szintigraphie gibt einerseits Auskunft über die Funktion der Milz im Hinblick auf die Sequestrationsleistung und dient andererseits zur Lokalisation von Nebenmilzen. Die Identifikation von Nebenmilzen ist für den Operationserfolg der Splenektomie aus hämatologischer Indikation entscheidend, da Nebenmilzen die Funktion einer gesunden Milz übernehmen können und nur deren gleichzeitige Entfernung die Grunderkrankung beeinflusst. Die szintigraphische Darstellung von Milzgewebe erfolgt mit isotopenmarkierten, hitzealterierten Erythrozyten, Kolloiden oder Mikrosphären. Funktionell wird hierbei die Filtrations- und Sequestrationsleistung des intakten Milzgewebes ausgenutzt. Das Verfahren dient gleichzeitig zur Diagnostik bei zahlreichen hämatologischen Erkrankungen, um die Überlebenszeit und Abbaugeschwindigkeit von Erythrozyten und Thrombozyten zu erfassen.
12.4
Erkrankungen der Milz
12.4.1 Splenomegalie
12.4.1
Splenomegalie
Bei der Splenomegalie ( 1 B-12.5) handelt es sich um eine akute oder chronische Vergrößerung der Milz, die bei zahlreichen Krankheitsbildern anzutreffen ist ( 2 B-12.2).
Bei der Splenomegalie ( 1 B-12.5) handelt es sich um eine akute oder chronische Vergrößerung der Milz, die bei zahlreichen Krankheitsbildern anzutreffen ist ( 2 B-12.2). Das klinische Bild wird in der Regel von den Leitsymptomen der Grunderkrankung bestimmt.
12.4
Erkrankungen der Milz
1 B-12.5
R
CT einer 3 kg schweren Milz bei einer CLL
L
Zur Vermeidung eines hohen intraoperativen Blutverlustes wurde die Milz 48 Stunden vor dem Eingriff embolisiert.
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579
12.4.2 Hypersplenismus (Hyperspleniesyndrom)
2 B-12.2
Ursachen der Splenomegalie
N Systemerkrankungen n hämatologisch/onkologisch:
π π π π π π
π
π π
π π
portale Hypertension: N Speicherkrankheiten n
π
π π
N Infektionen n
π π π π
N lokal n
π π
12.4.2
chronische lymphatische Leukämie (CLL) akute lymphatische Leukämie (ALL) Non-Hodgkin-Lymphome Morbus Hodgkin Osteomyelosklerose Morbus Werlhof hämolytische Anämie Sichelzellanämie Thalassämie Polycythaemia vera Milzvenenthrombose Herzinsuffizienz Pericarditis constrictiva Leberzirrhose Morbus Gaucher Niemann-Pick-Erkrankung infektiöse Mononukleose Malaria Kala-Azar (viszerale Leishmaniose) Milzabszess Milzzysten primäre Milztumoren
Hypersplenismus (Hyperspleniesyndrom)
n Definition. Das Hyperspleniesyndrom ist gekennzeichnet durch eine Splenomegalie, eine Reduktion einer oder mehrerer Zellreihen im peripheren Blut (Zytopenie) und eine normale oder verstärkte Zellreihe im Knochenmark, die als Kompensation des verstärkten Zellabbaus in der Milz zu betrachten ist.
Es kann zu einer Anämie, Neutropenie und Thrombozytopenie kommen, wobei diese Zellveränderungen allein oder in jeder Kombination auftreten können. Durch eine Splenektomie kann eine Normalisierung oder Besserung des Zellbildes erreicht werden. Der Hypersplenismus ist ein klinisches Syndrom, dem zahlreiche Ursachen zugrunde liegen können ( 2 B-12.3).
2 B-12.3 n N N n N n N n N n N n N n N n
12.4.2 Hypersplenismus (Hyperspleniesyndrom) Definition
Es kann zu einer Anämie, Neutropenie und Thrombozytopenie kommen. Zahlreiche Ursachen kommen in Betracht ( 2 B-12.3). Durch eine Splenektomie kann eine Normalisierung oder Besserung des Zellbildes erreicht werden.
Ursachen des Hypersplenismus
Lymphome (Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphom) chronisch lymphatische Leukämie (CLL) Haarzell-Leukämie portale Hypertension (Banti-Syndrom) rheumatoide Arthritis (Felty-Syndrom) Infektionen (Malaria, Kala-Azar) infiltrative Erkrankungen (Sarkoidose) Lipid-Speicherkrankheiten (Niemann-Pick-Krankheit, Morbus Gaucher)
Die Indikation zur Milzentfernung ist immer dann gegeben, wenn je nach vorherrschender Symptomatik ein hoher Transfusionsbedarf vorliegt, durch die Thrombozytopenie rezidivierende Blutungen auftreten oder die Leukopenie keine sichere Infektabwehr mehr gewährleistet. Die Behandlung des Hypersplenismus bei portaler Hypertension erfolgt durch eine Entlastung der Milzvene durch einen portosystemischen Shunt. Die Milzvenenthrombose verlangt die Splenektomie.
Indikation zur Milzentfernung besteht bei einem hohen Transfusionsbedarf, wenn durch die Thrombozytopenie rezidivierende Blutungen auftreten oder die Leukopenie keine sichere Infektabwehr mehr gewährleistet sowie bei Milzvenenthrombose.
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580
12 Milz
12.4.3 Eigenständige Erkrankungen der Milz Milzzysten: π Echte Zysten sind mit Epithel (Dermoidzysten) oder Endothel (Lymphzysten) ausgekleidet. π Sekundären oder falschen Zysten (Pseudozysten) fehlt eine zelluläre Auskleidung. π Parasitäre Zysten werden vornehmlich durch Echinokokken verursacht ( 1 B-12.6).
1 B-12.6
12.4.3
Eigenständige Erkrankungen der Milz
Eigenständige Erkrankungen der Milz sind selten. In erster Linie handelt es sich um Milzzysten. Hierbei werden primäre oder echte Zysten von Pseudozysten unterschieden. Echte Zysten sind mit Epithel (Dermoidzysten) oder Endothel (Lymphzysten) ausgekleidet, während den sekundären oder falschen Zysten (Pseudozysten) eine zelluläre Auskleidung der Zystenwand fehlt. Pseudozysten entstehen überwiegend posttraumatisch und selten nach einem Milzinfarkt im Rahmen chronisch myeloproliferativer Erkrankungen oder thromboembolischen Ereignissen wie bei der Sichelzellanämie oder der Thalassämie. Die häufigste Zystenbildung ist parasitär bedingt und wird vornehmlich durch Echinokokken verursacht ( 1 B-12.6).
Lienale Echinokokkuszyste im CT und in situ
a Computertomographie einer Echinokokkuszyste der Milz mit deutlichen Verkalkungen an den Zystenrändern.
Abszesse ( 1 B-12.7).
Als maligne Tumoren kommen das Lymphosarkom, das Fibrosarkom und das Angiosarkom, als gutartige Tumoren Hamartome und Hämangiome vor. Therapeutisch werden sowohl echte als auch Pseudozysten nur dann angegangen, wenn Symptome auftreten (Enukleation, Marsupialisation oder Segmentresektion des zystisch veränderten Milzparenchyms). Das Gleiche gilt für die gutartigen Tumoren. Parasitäre Zysten können enukleiert werden. Tumoren verlangen die Splenektomie. Bei Milzabszessen kann primär radiologisch invasiv eine perkutane Dränage angelegt werden ( 1 B-12.7 c).
b Operationssitus des gleichen Patienten mit einer 21 cm im Durchmesser messenden Echinokokkuszyste vor Zystenenukleation.
Abszesse der Milz entstehen im Rahmen einer Bakteriämie oder einer Sepsis. Die Häufigkeit beträgt 0,2–0,7 %. Sie sind differenzialdiagnostisch von Hämatomen und nekrotischen Metastasierungen abzugrenzen ( 1 B-12.7). Als sehr seltene maligne Tumoren der Milz werden das Lymphosarkom, das Fibrosarkom und das Angiosarkom beschrieben. Als gutartige Tumoren treten Hamartome und Hämangiome auf. Therapeutisch werden sowohl echte als auch Pseudozysten nur dann angegangen, wenn Symptome auftreten. Diese Symptome bestehen in Verdrängungserscheinungen der Nachbarorgane. Bei chirurgischen Maßnahmen muss eine Marsupialisation, Enukleation oder eine Segmentresektion des zystisch veränderten Milzparenchyms angestrebt werden. Das Gleiche gilt für die gutartigen Tumoren. Parasitäre Zysten können enukleiert werden, während maligne Tumoren die Splenektomie verlangen. Bei Milzabszessen kann primär radiologisch invasiv eine perkutane Dränage angelegt werden ( 1 B-12.7 c).
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581
12.5 Verletzungen
1 B-12.7
Milzabszess
a, b Metastatischer Milzabszess bei Tuboovarialabszess mit deutlicher Luftansammlung als Hinweis auf eine anaerobe Kontamination ( Á).
c Perkutane Dränage des Abszesses mit Kontrastmittelfüllung der ehemaligen Abszesshöhle. Durch die radiologisch invasive Evakuation des Abszesses mit Einlage einer Spüldränage konnte die Splenektomie vermieden werden.
12.5
Verletzungen
12.5
Verletzungen
Milzruptur
Milzruptur
Verletzungen der Milz ereignen sich entweder durch direkte penetrierende oder stumpfe, geschlossene Gewalteinwirkung auf das Abdomen oder den linken, unteren Thorax. Beim stumpfen Bauchtrauma ist bei 25–60 % der Patienten mit einer Milzbeteiligung zu rechnen. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch indirekte Gewalteinwirkungen auf das Organ Rupturen zur Folge haben können. So kann bei einem Akzelerationstrauma (z.B. Abfangen des Oberkörpers durch Sicherheitsgurte) die Milz aus ihrem ligamentären Halteapparat herausgerissen und verletzt werden. Andererseits kann es durch einen intraabdominellen Druckanstieg zu Organberstungen senkrecht zur Milzachse kommen. Von der akuten, einzeitigen Milzverletzung, bei der ein kompletter Parenchymkapselriss vorliegt, wird die zweizeitige Milzruptur unterschieden. Sie setzt nach einem Milztrauma ein symptomfreies Intervall von mindestens 48 Stunden bis zur akuten Blutung voraus. Als Ursache gelten Parenchym-
Beim stumpfen Bauchtrauma ist bei 25–60 % der Patienten mit einer Milzbeteiligung zu rechnen. Auch indirekte Gewalteinwirkungen (z.B. stumpfes Thoraxtrauma, Lenkrad) können zu Milzverletzungen führen.
Von der akuten, einzeitigen Milzverletzung wird die zweizeitige Milzruptur unterschieden. Sie setzt nach einem Milztrauma ein symptomfreies Intervall
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582
12 Milz
1 B-12.8
Synopsis Schweregrade der Milzverletzungen
Klassifikation
Verletzungsausmaß
Therapie
Typ I
isolierte Kapselrisse, subkapsuläres Hämatom
Überwachung
Typ II
Kapsel- und Parenchymeinrisse ohne Hilumbeteiligung
Operation, lokale Blutstillung, Koagulation, Hämostypika
Typ III
Kapsel- und Parenchymeinrisse mit aktiver Segmentgefäßblutung
Milznaht, Hämostypika, Netzkompression
Typ IV
Fragmentierung oder Gefäßstielabriss
Milzteilresektion
Typ V
Organberstung, Organabriss im Milzhilum
Splenektomie
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12.5 Verletzungen
583
oder subkapsuläre Blutungen, denen die Milzkapsel primär standgehalten hat und erst durch ein Bagatellereignis mit intraabdominaler Druckerhöhung rupturiert. Die okkulte oder chronische Milzruptur kann als Sonderform der zweizeitigen Milzruptur betrachtet werden. Der chronische Verlauf wird durch Adhäsionen und Verwachsungen mit der Umgebung bestimmt. Eine Blutung kann Wochen oder Jahre nach dem initialen Trauma auftreten. Unter Vortäuschung vielfacher Krankheitsbilder wie Herzinfarkt, Lungenembolie mit Pleuraergüssen, akuter Pankreatitis oder maligner Tumoren im linken Oberbauch entzieht sie sich lange der klinischen Diagnostik. Alte Rippenfrakturen im Bereich des linken Thorax können diagnostisch richtungweisend sein. Die Spontanruptur der Milz ereignet sich ausnahmslos an einem vorgeschädigten Organ. Sie ist als Komplikation der Malaria und häufiger der Mononukleose (Pfeiffer’sches Drüsenfieber) zu beobachten. Spontanrupturen sind jedoch auch bei malignen Systemerkrankungen mit vollständigem Milzbefall bekannt. In der Mehrzahl dieser Fälle ist die Indikation zur Splenektomie gegeben. Nach Art der Verletzung und dem daraus resultierenden Therapieverfahren werden die Milzverletzungen in fünf Schweregrade eingeteilt ( 1 B-12.8).
von mindestens 48 Stunden bis zur akuten Blutung voraus.
Symptome. Die Symptomatik des isolierten Milztraumas ist inkonstant und
Symptome. Die Symptomatik schwankt zwischen leichten Schmerzen im linken oberen Quadranten bei kreislaufstabilen Patienten bis zum Oberbauchperitonismus mit Zeichen des hypovolämischen Schocks. Ausstrahlende Schmerzen in die linke Schulter (KehrZeichen) weisen bereits auf eine intraabdominelle Blutung hin.
Diagnose. Bei Verdacht auf eine intraabdominelle Blutung besteht die primäre Diagnostik in einer Ultraschalluntersuchung des Abdomens. Weitergehende apparative Untersuchungen sind beim isolierten Milztrauma wegen des Zellverlustes durch notwendige Transporte von untergeordneter Bedeutung. Laborparameter sind für die Diagnose unzuverlässig.
Diagnose. Die primäre apparative Diagnostik besteht in einer Ultraschalluntersuchung. Laborparameter sind für die Diagnose unzuverlässig.
Therapie. Die Behandlung richtet sich nach dem Ausmaß der Verletzung
Therapie. Die Behandlung verlangt ein differenziertes Vorgehen ( 1 B-12.9). Primäres Ziel ist es, funktionstüchtiges Milzgewebe zu erhalten. Bei Milzrupturen mit fehlendem Nachweis einer aktiven Blutung kann konservativ (nicht operativ) vorgegangen werden. Die Überwachung muss unter regelmäßiger Kontrolle von Kreislauf, Laborparametern sowie klinischen und sonographischen Befunden auf der Intensivstation erfolgen. Bei Anzeichen der Kreislaufdekompensation muss die Laparotomie zur Blutstillung vorgenommen werden. Die organerhaltenden Maßnahmen richten sich nach dem Schweregrad der Verletzung (s. 1 B-12.8). In keinem Fall darf die Milzerhaltung erzwungen werden.
Prognose. Die Prognose der isolierten Milzverletzung wird durch das Alter
Prognose. Sie wird bei der isolierten Milzverletzung durch das Alter des Patienten und den erfolgten Blutverlust bestimmt.
hängt wesentlich von der Menge des Blutverlustes ab. Sie schwankt zwischen leichten Schmerzen im linken oberen Quadranten bei kreislaufstabilen Patienten bis zum Oberbauchperitonismus mit Zeichen des hypovolämischen Schocks. Ausstrahlende Schmerzen in die linke Schulter entstehen durch eine Phrenikusreizung bei intraabdominellem Hämatom (Kehr-Zeichen) und weisen bereits auf eine intraabdominelle Blutung hin. Das KehrZeichen kann durch Kopftieflagerung beim liegenden Patienten provoziert werden.
und der Höhe des Blutverlustes. Grundsätzlich sind organerhaltende Maßnahmen durch ein differenziertes Vorgehen unter Berücksichtigung von Alter und Zustand des Patienten anzustreben ( 1 B-12.9). Bei Milzrupturen mit fehlendem Nachweis einer aktiven Blutung kann, insbesondere bei bewusstseinsklaren Kindern und Jugendlichen, konservativ (nicht operativ) vorgegangen werden. Dies setzt allerdings stabile Kreislaufverhältnisse und eine konstante oder abklingende Symptomatik voraus. Die Überwachung muss unter regelmäßiger Kontrolle von Kreislauf, Laborparametern sowie klinischen und sonographischen Befunden auf der Intensivstation erfolgen. Der Substitutionsbedarf an Blut sollte 2 Erythrozytenkonzentrate nicht überschreiten. Bei Anzeichen der Kreislaufdekompensation muss die Laparotomie zur Blutstillung vorgenommen werden. Die organerhaltenden Maßnahmen richten sich nach dem Schweregrad der Verletzung ( 1 B-12.8), sodass durchschnittlich eine Erhaltungsquote von 70 % erreicht wird. In keinem Fall darf jedoch die Milzerhaltung erzwungen werden.
des Patienten und den erfolgten Blutverlust bestimmt. Die Angaben über die Mortalität schwanken zwischen 0 und 8 %. Bei einem mehrfach verletzten Patienten hängt die Prognose von den Begleitverletzungen ab.
Die okkulte oder chronische Milzruptur kann als Sonderform der zweizeitigen Milzruptur betrachtet werden. Der chronische Verlauf wird durch Adhäsionen und Verwachsungen mit der Umgebung bestimmt. Eine Blutung kann Wochen oder Jahre nach dem initialen Trauma auftreten. Die Spontanruptur der Milz ereignet sich ausnahmslos an einem vorgeschädigten Organ. Sie ist als Komplikation der Malaria und der Mononukleose (Pfeiffer’sches Drüsenfieber) zu beobachten. Spontanrupturen sind jedoch auch bei malignen Systemerkrankungen mit vollständigem Milzbefall bekannt. In der Mehrzahl dieser Fälle ist die Indikation zur Splenektomie gegeben.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
584
12 Milz
1 B-12.9
Synopsis Differenzialtherapie beim Milztrauma
traumatische Milzverletzung kreislaufinstabil
kreislaufstabil
Diagnostik
Operation
abdominelle Begleitverletzungen
Milzerhaltung oder Splenektomie
12.6
Milzbeteiligung an hämatologischen Erkrankungen
Merke
12.6
isolierte Milzruptur
konservative Behandlung
keine Indikation
Indikation vertretbar
Misserfolg
Erfolg
Milzbeteiligung an hämatologischen Erkrankungen
n Merke. Bei zahlreichen hämatologischen Erkrankungen kann das Krankheitsbild durch eine Splenektomie beeinflusst werden, ohne dass die Milz in einem kausalen Zusammenhang zur Grunderkrankung steht.
Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP; Morbus Werlhof)
12.6.1 Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP; Morbus Werlhof)
12.6.1
Pathophysiologisch handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Die mit Antikörpern beladenen Thrombozyten werden vornehmlich in der Milz abgebaut. Die Standardtherapie besteht in der Gabe von Prednison. Diese Therapie führt bei ca. 80 % der Patienten zur Remission. Bei Therapieresistenz oder bei Rezidiven ist die Splenektomie angezeigt, wobei es bei etwa 50 % der Patienten zu einer andauernden Normalisierung der Thrombozytenzahl kommt.
Die ITP befällt vornehmlich Frauen zwischen dem 15. und 50. Lebensjahr. Der klinische Verlauf ist oft intermittierend und chronisch. Pathophysiologisch handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der plättchenassoziierte IgG- und IgM-Antikörper sowie freie thrombozytäre Antikörper nachweisbar sind. Die mit Antikörpern beladenen Thrombozyten werden vornehmlich in der Milz abgebaut. Die Standardtherapie besteht in der Gabe von Prednison (1–2 mg/kg KG/d). Diese Therapie führt bei ca. 80 % der Patienten zur Remission. Bei Therapieresistenz oder bei Rezidiven ist die Splenektomie angezeigt, wobei es bei etwa 50 % der Patienten zu einer andauernden Normalisierung der Thrombozytenzahl auf subnormale Werte kommt. Bei diesen Patienten ist mit einem Rezidiv zu rechnen. In 10–20 % der Fälle bleibt die Splenektomie ohne Auswirkungen. Präoperativ kann die Thrombozytenzahl durch die Gabe von 7S-Immunglobulinen (0,4 g/kg KG/d über 5 Tage) angehoben werden. Hierdurch werden vermutlich die Fc-Rezeptoren der linealen Makrophagen blockiert und die Elimination der Thrombozyten verzögert.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
585
12.6.3 Maligne Lymphome, CLL und Haarzell-Leukämie 12.6.2
Hämolytische Anämien
Angeborene hämolytische Anämien
12.6.2 Hämolytische Anämien
Unter den angeborenen hämolytischen Anämien kommt der Kugelzellanämie (kongenitale Sphärozytose) die größte Bedeutung zu. Es handelt sich um eine autosomal dominant vererbbare Erkrankung, bei der die Erythrozyten eine Kugelzellform annehmen. Pathophysiologisch liegt der Erkrankung ein Membrandefekt der Erythrozyten zugrunde. Die verminderte Verformbarkeit führt zu einem gesteigerten Abbau in der Milz. Die Splenektomie beseitigt den Ort des gesteigerten Abbaus und führt zu einer klinischen Heilung bei fortbestehendem Membrandefekt der Erythrozyten. Auch bei der Elliptozytose führt die Splenektomie oft zu einer Besserung der Anämie. Bei der Thalassaemia major ist die Splenektomie nur dann indiziert, wenn bei erhöhter lienaler Erythrozytendestruktion postoperativ eine Reduktion des Transfusionsbedarfs erwartet werden kann.
Angeborene hämolytische Anämien Unter den angeborenen hämolytischen Anämien kommt der Kugelzellanämie (kongenitale Sphärozytose) die größte Bedeutung zu. Bei dieser autosomal dominant vererbbaren Erkrankung nehmen die Erythrozyten eine Kugelzellform an. Die verminderte Verformbarkeit führt zu einem gesteigerten Abbau in der Milz. Die Splenektomie beseitigt den Ort des gesteigerten Abbaus und führt zu einer klinischen Heilung bei fortbestehendem Membrandefekt der Erythrozyten. Auch bei der Elliptozytose führt die Splenektomie oft zu einer Besserung der Anämie. Bei der Thalassaemia major ist die Splenektomie nur in Einzelfällen indiziert.
Erworbene hämolytische Anämien
Erworbene hämolytische Anämien
Bei den erworbenen autoimmunhämolytischen Anämien liegen bei 80 % der Patienten Wärmeantikörper vor. Diese Erkrankungen treten entweder primär (idiopathisch) oder sekundär im Rahmen lymphoproliferativer Erkrankungen, insbesondere malignen Lymphomen, Infektionen und Autoimmunerkrankungen auf. Der gesteigerte Erythrozytenabbau findet wiederum in der Milz statt. Die Milzentfernung führt bei 60 % der Patienten zu einer Besserung des Krankheitsbildes. Allerdings ist die Rezidivrate hoch.
Bei den erworbenen autoimmunhämolytischen Anämien liegen in 80 % Wärmeantikörper vor. Diese Erkrankungen treten entweder primär (idiopathisch) oder im Rahmen lymphoproliferativer Erkrankungen auf. Der gesteigerte Erythrozytenabbau findet in der Milz statt. Die Milzentfernung führt bei 60 % der Patienten zu einer Besserung des Krankheitsbildes. Die Rezidivrate ist hoch. 12.6.3 Maligne Lymphome, chronisch lymphatische Leukämie (CLL) und Haarzell-Leukämie
12.6.3
Maligne Lymphome, chronisch lymphatische Leukämie (CLL) und Haarzell-Leukämie
Eine weitere Indikation zur Splenektomie bei vorliegendem Hypersplenismus mit peripherer Zytopenie sind die malignen Lymphome, die chronisch lymphatische Leukämie (CLL) und die Haarzell-Leukämie. Neben der Beseitigung der Symptome durch die Splenomegalie ist es Ziel der Operation, die periphere Zytopenie im Hinblick auf eine einzuleitende Chemotherapie zu korrigieren. Diese Korrektur gelingt bei 80–90 % aller Patienten. Liegt bei einer Haarzell-Leukämie keine Splenomegalie vor oder besteht eine Kontraindikation zur Splenektomie, wird primär eine Behandlung mit a-Interferon durchgeführt.
Eine weitere Indikation zur Splenektomie bei vorliegendem Hypersplenismus mit peripherer Zytopenie sind die malignen Lymphome, die CLL und die HaarzellLeukämie. Neben der Beseitigung der Symptome durch die Splenomegalie ist es Ziel der Operation, die periphere Zytopenie im Hinblick auf eine einzuleitende Chemotherapie zu korrigieren. Diese Korrektur gelingt bei 80–90 % aller Patienten.
Staging-Laparotomie
Staging-Laparotomie
Bei malignen Lymphomen, wie dem Morbus Hodgkin, ist die Staging-Laparotomie mit Splenektomie, Leberbiopsie, parailikaler, paraaortaler und mesenterialer Lymphknotenbiopsie für das einzuschlagende Therapieverfahren richtungweisend. Ganz allgemein werden die Stadien I und IIA mit einer lokalen Strahlentherapie der befallenen Lymphknoten behandelt. Demgegenüber erfolgt die Behandlung der Stadien III und IV mit einer systemischen Chemotherapie, evtl. kombiniert mit einer Radiotherapie. Der Wandel der bildgebenden Diagnostik und der Behandlungskonzepte hat die Bedeutung der Staging-Laparotomie erheblich eingeschränkt. Es wird zunehmend, auch bei frühen Stadien, eine Chemo- in Kombination mit einer Strahlentherapie durchgeführt. Die Chemotherapie beseitigt in einem hohen Prozentsatz einen gleichzeitig vorhandenen Milzbefall. Die explorative Laparotomie mit Splenektomie im Rahmen einer Staging-Untersuchung ist nur noch beim Fehlen von Risikofaktoren indiziert. Zu diesen Risikofaktoren gehören ein großer Mediastinaltumor, ein extranodaler Befall, ein massiver Milzbefall und der Befall von mehr als 3 Lymphknotenarealen. Nur in den Stadien IA und IIA ohne Risikofaktoren hätte ein nicht erkannter Milzbefall negative Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf. Bei den Non-Hodgkin-Lymphomen liegt meist bei Diagosestellung ein fortgeschrittenes Stadium (III und IV) vor. Bei 50 % dieser Patienten besteht
Der Wandel der bildgebenden Diagnostik und der Behandlungskonzepte hat die Bedeutung der Staging-Laparotomie erheblich eingeschränkt. Bei malignen Lymphomen, wie dem Morbus Hodgkin, wird zunehmend, auch bei frühen Stadien, eine Chemoin Kombination mit einer Strahlentherapie durchgeführt. Die Chemotherapie beseitigt in einem hohen Prozentsatz einen gleichzeitig vorhandenen Milzbefall. Die explorative Laparotomie mit Splenektomie im Rahmen einer Staging-Untersuchung ist nur noch beim Fehlen von Risikofaktoren indiziert. Zu diesen Risikofaktoren gehören ein großer Mediastinaltumor, ein extranodaler Befall, ein massiver Milzbefall und der Befall von mehr als 3 Lymphknotenarealen. Bei den Non-Hodgkin-Lymphomen liegt meist bei Diagnosestellung ein
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12 Milz
fortgeschrittenes Stadium (III und IV) vor. Bei 50 % dieser Patienten besteht gleichzeitig ein Milzbefall mit einer Splenomegalie. Da Chemotherapie und Bestrahlung einen Milzbefall zu beseitigen vermögen, hat die explorative Laparotomie hier keinen Stellenwert.
gleichzeitig ein Milzbefall mit einer Splenomegalie. Da das therapeutische Konzept mit einer Chemotherapie und einer Bestrahlung der befallenen Lymphknotenregionen ebenso erfolgreich ist wie beim Morbus Hodgkin und einen Milzbefall zu beseitigen vermag, hat die explorative Laparotomie bei diesem Krankheitsbild keinen Stellenwert.
12.7
12.7
Operationen an der Milz
12.7.1
Milzerhaltende Operationstechniken
Operationen an der Milz
12.7.1 Milzerhaltende Operationstechniken Bei oberflächlichen Verletzungen (z.B. Grad I–II): π Infrarot-, Saphirkoagulation π Laserkoagulation π Heißluftföhn (Koagulation). Lokale Hämostyptika: π Fibrinkleber π Kollagenvlies π Oxidierte, regenerierte Zellulose. Bei Verletzungen III. Grades: π direkte Naht π resorbierbares Netz π Segmentresektion gemäß den anatomischen Gefäßgrenzen π Klammernahtresektion.
Angesichts der drohenden Folgen des Milzverlustes ist die Blutstillung unter Erhalt funktionstüchtigen Milzgewebes anzustreben. Bei oberflächlichen Verletzungen (z.B. Grad I–II) kann durch Infrarot-, Heißluft- oder Laserkoagulation eine Blutstillung erreicht werden. Diese Maßnahmen können durch lokale Hämostyptika wie Fibrinkleber, Kollagenvlies oder oxidierte, regenerierte Zellulose unterstützt werden. Bei Verletzungen III. Grades erfolgt die Versorgung mit direkten Parenchymnähten oder durch Kompression mit einem resorbierbaren Netz. Segmentresektionen der Milz sind als anatomische Operationsverfahren anzusehen. Sie orientieren sich an der segmentartigen Gefäßversorgung (s.o.) der Milz und setzen eine sorgfältige Präparation und Ligatur der Segmentgefäße im Milzhilus voraus. Teilresektionen der Milz können ebenfalls mit Klammernahtgeräten vorgenommen werden.
12.7.2 Splenektomie
12.7.2
Als Elektiveingriff wird sie bei hämatologisch-onkologischen Erkrankungen mit einer therapeutischen Zielsetzung durchgeführt. Dem Eingriff sollte eine Vakzination mit Pneumokokkenpolysaccharid 3–4 Wochen vorausgehen. Eine ausgeprägte Anämie muss korrigiert werden, da eine vergrößerte Milz allein 30–50 % des Erythrozytenvolumens speichern kann.
Das operativ taktische Vorgehen der Splenektomie wird wesentlich durch die Indikation beeinflusst. Als Elektiveingriff wird sie bei hämatologischonkologischen Erkrankungen mit einer therapeutischen Zielsetzung durchgeführt. Dem Eingriff sollte eine Vakzination mit Pneumokokkenpolysaccharid 3–4 Wochen vorausgehen. Bei einer gigantischen Splenomegalie mit einem zu erwartenden hohen Blutverlust kann präoperativ radiologischinvasiv eine Embolisation der A. splenica erörtert werden. Eine ausgeprägte Anämie muss korrigiert werden, da eine vergrößerte Milz allein 30–50 % des Erythrozytenvolumens speichern kann und somit trotz schonender Operationstechnik ein größerer Blutverlust als erwartet auftritt. Der Ersatz von Thrombozyten bei Erkrankungen mit einer Thrombozytopenie und hämorrhagischer Diathese muss präoperativ gesichert sein. Hierbei gilt zu berücksichtigen, dass gegebenenfalls eine Vorbehandlung der Zellen erforderlich ist. Myeloproliferative Erkrankungen können mit einer Thrombozytose einhergehen, die durch den postoperativen Thrombozytenanstieg potenziert werden kann. Als Folge sind thromboembolische und evtl. hämorrhagische Komplikationen zu beobachten. In diesen Fällen empfiehlt sich eine präoperative Senkung der Thrombozyten, ggf. mit Zytostatika. Die Notfallindikation liegt bei ausgedehnten Milzverletzungen vor, wenn ein milzerhaltendes Vorgehen technisch nicht möglich ist oder eine zeitliche Verzögerung hinsichtlich lebensbedrohlicher Begleitverletzungen nicht toleriert werden kann. Als Zugang zum Abdomen dienen die mediane Laparotomie, der Subkostalschnitt links sowie der linke Kostoumbilikalschnitt. Die mediane Laparotomie gewährleistet in allen Notfallsituationen den besten Überblick über mögliche Zusatzverletzungen und erlaubt bei zugrunde liegender hämorrhagischer Diathese bei hämatologischen Erkrankungen die sicherste Kontrolle der Blutstillung im Bereich des Zuganges. Der linksseitige Subkostalschnitt gilt als Standardzugang bei allen elektiven Milzeingriffen im Rahmen gutartiger Erkrankungen. Der Kostoumbilikalschnitt gestattet bei extremer Splenomegalie eine gute Übersicht und die Möglichkeit der Verlängerung in den rechten unteren Quadranten. Die Präparation der Milz erfolgt unter Berücksichtigung der engen Lagebeziehungen zu Magen, Pankreas, Kolon und Nebenniere. Nach Eröffnen der
Die Notfallindikation liegt bei ausgedehnten Milzverletzungen vor, wenn ein milzerhaltendes Vorgehen technisch nicht möglich ist oder eine zeitliche Verzögerung hinsichtlich lebensbedrohlicher Begleitverletzungen nicht toleriert werden kann. Als Zugang zum Abdomen dienen die mediane Laparotomie, der Subkostalschnitt links sowie der linke Kostoumbilikalschnitt.
Das operationstechnische Vorgehen zeigt 1 B-12.10.
Splenektomie
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587
12.7.3 Komplikationen Bursa omentalis wird am Pankreasoberrand die A. splenica aufgesucht und ligiert ( 1 B-12.10 a). Erst nach dieser Ligatur sollte gegebenenfalls ein Thrombozytenersatz erfolgen, da eine Sequestration der Zellen durch die Milz ausgeschlossen ist. Anschließend erfolgt die Durchtrennung des Lig. splenocolicum mit Präparation der linken Kolonflexur, dem dann die Eröffnung des Lig. phrenicosplenicum mit stumpfer Mobilisation von Milz und Pankreasschwanz folgt ( 1 B-12.10 b). Nach Durchtrennung des Lig. gastrosplenicum mit den Vasa gastrica brevia ist die Eventration der Milz möglich. Bedeutung erlangt dieser Schritt am resezierten Magen, da die Durchblutung des Restmagens nur noch durch diese Gefäße gewährleistet ist. Nach der Eventration können milzerhaltende Eingriffe, Segmentresektionen oder aber die schrittweise Splenektomie erfolgen. Eine Dränage der Milzloge ist nur zu diagnostischen Zwecken bei hämorrhagischer Diathese zum Ausschluss von Nachblutungen oder bei Verletzungen des Pankreasschwanzes indiziert.
1 B-12.10
Eine Dränage der Milzloge ist nur zu diagnostischen Zwecken bei hämorrhagischer Diathese oder bei Verletzungen des Pankreasschwanzes indiziert.
Synopsis Operationstechnik Splenektomie 2
1
a Verschluss der A. splenica am Oberrand des Pankreas.
b Durchtrennung des Lig. splenocolicum (1) mit Präparation der linken Kolonflexur. Anschließend Eröffnung des Lig. phrenicosplenicum mit stumpfer Mobilisation von Milz und Pankreasschwanz. Nach Durchtrennung des Lig. gastrosplenicum (2) mit den Vasa gastrica brevia ist die Eventration der Milz möglich.
Die Entwicklung laparoskopischer Operationstechniken hat es mittlerweile ermöglicht, die Splenektomie laparoskopisch durchzuführen.
12.7.3
Komplikationen
Neben den allgemeinen Risiken der Laparotomie gehören Beeinträchtigungen des Respirationstraktes (Atelektasen, Pneumonie, Pleuraerguss) und zahlreiche Infektionen einschließlich des subphrenischen Abszesses zu den häufigsten Komplikationen. Verletzungen der Nachbarorgane wie Magen, Pankreas und linker Kolonflexur können in seltenen Fällen zu Fistelbildungen führen. Die Letalität wird von der Grunderkrankung oder den Begleitverletzungen bestimmt. Sie beträgt für die elektive Splenektomie 1–5 % und beläuft sich bei Sepsis und Trauma auf 10–15 %.
Die Entwicklung laparoskopischer Operationstechniken ermöglicht mittlerweile die laparoskopische Splenektomie. 12.7.3 Komplikationen Atelektasen, Pneumonie, Pleuraerguss, subphrenischer Abszess gehören zu den häufigsten Komplikationen. Verletzungen der Nachbarorgane wie Magen, Pankreas und linker Kolonflexur können in seltenen Fällen zu Fistelbildungen führen. Die Letalität wird von der Grunderkrankung oder den Begleitverletzungen bestimmt. Sie beträgt für die elektive Splenektomie 1–5 % und beläuft sich bei Sepsis und Trauma auf 10–15 %.
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588 Postoperativ können eine Leukozytose und ein unklarer Fieberanstieg auftreten. Zu den Spätkomplikationen gehört die Postsplenektomiesepsis.
12 Milz Eine postoperative Leukozytose und ein unklarer Fieberanstieg (Milzfieber) können nach einer Splenektomie als unspezifische Symptome auftreten. Dies kann die Differenzialdiagnose einer postoperativen Infektion erheblich erschweren und zu unnötigen Relaparotomien führen. Bei Fehlen eines pathologischen Korrelats kommt es zur Spontanremission. Zu den Spätkomplikationen gehört die Postsplenektomiesepsis. Gegen Pneumokokken, Haemophilus influenzae und Meningokokken steht eine Vakzine zur Verfügung (s. S. 577).
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589 13
Endoskopie in der Chirurgie
13
Endoskopie in der Chirurgie
13.1
Allgemeines und Indikationen
Horst Grimm; J. Marek Doniec 13.1
Allgemeines und Indikationen
Neben den diagnostischen Aufgaben der Endoskopie im unteren und oberen Gastrointestinaltrakt sowie am pankreatobiliären System ist die therapeutische Endoskopie das Verfahren der Wahl bei der Behandlung zahlreicher Erkrankungen im Gastrointestinaltrakt. Mögliche Indikationen der therapeutischen Endoskopie zeigt 2 B-13.1. Voraussetzung für den Erfolg der therapeutischen Endoskopie ist neben der Beherrschung der endoskopischen Techniken die korrekte Deutung der endoskopischen Befunde. Zudem muss für jeden einzelnen Eingriff das technisch Machbare, die potenziellen Risiken des endoskopischen Eingriffes und vor allem der zu erwartende Benefit für den Patienten abgewogen werden. Der endoskopierende Arzt muss bei der Durchführung endoskopisch-therapeutischer Eingriffe auch in der Lage sein, mögliche Komplikationen sofort zu erkennen, korrekt zu deuten und nach den geltenden Qualitätsstandards zu behandeln.
2 B-13.1
Neben den diagnostischen Aufgaben der Endoskopie (Gastrointestinaltrakt und pankreatobiliäres System) ist die therapeutische Endoskopie das Verfahren der Wahl bei der Behandlung zahlreicher Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts ( 2 B-13.1).
Indikationen zur therapeutischen Endoskopie
N Fremdkörperextraktion n N Hämostase bei Varizen und bei nicht varizenbedingten gastrointestinalen n Blutungen N Polypektomie n N Tumorpalliation n N Steinextraktion aus Gallen- oder Pankreasgang n N endoskopische Behandlung der chronischen Pankreatitis n N Dränage von Pseudozysten und Abszessen n N Dränage des Gallengangs bei malignen und benignen Stenosen und bei n iatrogenen Läsionen N Platzierung von Sonden (z.B. perkutan-endoskopische Gastrotomie [PEG]) n
Kontraindikationen der Endoskopie sind schwere Gerinnungsstörungen, Schock, schwere respiratorische Insuffizienz und drohende Aspirationsgefahr. In solchen Fällen darf die Endoskopie nur bei gleichzeitiger Stabilisierung der Grundproblematik und ggf. nach Intubation des Patienten erfolgen.
13.2
Fremdkörperentfernung
13.2.1
Art der Fremdkörperentfernung
Unterschiedlichste Fremdkörper können versehentlich oder absichtlich in den Gastrointestinaltrakt gelangen. Versehentlich: bei Kindern (z.B. Münzen, Spielzeugteile, Spielzeugbatterien), bei Erwachsenen durch zu hastiges Essen (z.B. große Fleischstücke – Block-house-Syndrom, Knochen, Rollmopsspieß), beruflich bedingt (z.B. Näherin – Nadeln; Handwerker – Nägel, Schrauben) beim Versuch mittels Gegenständen Erbrechen auszulösen (z.B. Löffel), bei der Zahnarztbehandlung (Kronen, Bohrer). Absichtlich: Bei Betrunkenen (z.B. Wettsituationen), Schmuggler (mit Drogen gefüllte Kondome – die sogenannten »Body-Packer«), psychisch Kranke (z.B. Besteck, Autoantennen), bei Gefangenen zwecks Hafterleichterung (z.B. Besteck, Rasierklingen) ( 1 B-13.1). Fremdkörper im unteren Gastrointestinaltrakt sind in der Regel auf ungewöhnliche sexuelle Praktiken zurückzuführen (z.B. Flaschen, Kerzen, Deodorant- und Sprühsahnebehälter, Toilettenbürsten).
Kontraindikationen der Endoskopie sind: π schwere Gerinnungsstörungen π Schock π schwere respiratorische Insuffizienz π drohende Aspirationsgefahr. 13.2
Fremdkörperentfernung
13.2.1 Art der Fremdkörperentfernung Unterschiedlichste Fremdkörper können versehentlich oder absichtlich in den Gastrointestinaltrakt gelangen. Häufigste Fremdkörper im oberen Gastrointestinaltrakt sind: π Münzen π Batterien π Spielzeug. Weitere Fremdkörper sind große Fleischstücke, Nadeln oder Löffel ( 1 13.1). Häufigste Fremdkörper im unteren Gastrointestinaltrakt: π Flaschen π Gläser π Kerzen.
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590
13 Endoskopie in der Chirurgie
1 B-13.1
Fremdkörper Abdomenleeraufnahme mit einem Löffel im Magen.
Spontanverlauf
13.2.2 Spontanverlauf
13.2.2
60–80 % aller verschluckten Fremdkörper passieren den Gastrointestinaltrakt spontan innerhalb eines Monats. Die durchschnittliche Passagezeit beträgt ca. 6 Tage. Bei einer Länge > 5 cm und einem Durchmesser > 2 cm ist die Passage des Pylorus unwahrscheinlich. Häufigste Komplikationen sind Obstruktion und Perforation, die bei spitzen Gegenständen bis in 40 % der Fälle auftreten können. Am häufigsten treten die Komplikationen im unteren und oberen Ösophagussphinkter und an der Bauhin’schen Klappe auf.
60–80 % aller verschluckten Fremdkörper passieren den Gastrointestinaltrakt spontan innerhalb eines Monats. Die durchschnittliche Passagezeit beträgt ca. 6 Tage. Bei einer Länge bis bzw. unter 5 cm und einem Durchmesser bis zu 2 cm ist die spontane Passage des Gastrointestinaltrakts die Regel, bei einer Länge über 5 cm und einem Durchmesser über 2 cm ist die Passage des Pylorus unwahrscheinlich. Häufigste Komplikationen sind Obstruktion und Perforation, die bei spitzen Gegenständen bis in 40 % der Fälle auftreten können. Allerdings werden derartige Fremdkörper in der Regel aufgrund des »Wandrückzugreflexes« im Gastrointestinaltrakt mit der stumpfen Seite voraus transportiert. Am häufigsten treten die Komplikationen im unteren und oberen Ösophagussphinkter und an der Bauhin’schen Klappe auf. Weitere Bereiche mit relativen anatomischen Engen des Gastrointestinaltraktes sind Pylorus, Treitz-Band, rektosigmoidaler Übergang und Anus.
13.2.3 Indikation zur endoskopischen Entfernung
13.2.3
Die Fremdkörper, die potenziell zu Vergiftungen bzw. anderen schwerwiegenden Komplikationen führen können, sollten umgehend endoskopisch entfernt werden (z.B. Batterien, scharfe und spitze Fremdkörper und Fremdkörper > 5 « 3 cm).
Im Ösophagus impaktierte Fremdkörper können bei Kindern wochenlang unbemerkt bleiben (trotz tiefer Nekrosen) oder zu respiratorischen Symptomen führen. Fremdkörper, die nach 1 Woche nicht spontan abgegangen sind, sollten entfernt werden.
Indikation zur endoskopischen Entfernung
Die Indikation muss, abhängig von mehreren Faktoren, im Einzelfall überprüft werden: π Form, Größe und Beschaffenheit des Fremdkörpers: spitze, kantige und scharfe Gegenstände, Fremdkörper aus bzw. mit resorbierbaren Schwermetallen bzw. anderen giftigen Chemikalien und Fremdkörper > 5 « 3 cm, sollten sofort entfernt werden. π bei Schmerz- oder Obstruktionssymptomatik bzw. im Ösophagus verkeilten Fremdkörpern π bei vorliegenden Stenosen (z.B. Ösophagusstenose, Magenausgangstenose) oder funktionellen Störungen (Achalasie) π Alter des Patienten: bei Säuglingen und Kleinkindern können impaktierte Fremdkörper im Ösophagus wochenlang unbemerkt bleiben. Bereits kleine Münzen können zu erheblichen Drucknekrosen des Ösophagus und respiratorischen Symptomen durch Kompression der Trachea führen. π Verweildauer: Nach 1 Woche ist die Wahrscheinlichkeit eines Spontanabgangs gering, spätestens dann sollten verbliebene Fremdkörper entfernt werden.
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13.2.4 Vorgehen bei der endoskopischen Fremdkörperentfernung 13.2.4
Vorgehen bei der endoskopischen Fremdkörperentfernung
Zunächst sollte durch eine ausführliche Anamnese die Art des Fremdkörpers geklärt werden. Symptomorientierte Röntgenleeraufnahmen von Thorax bzw. Abdomen geben einen orientierenden Überblick. Danach sollte die Endoskopie durchgeführt werden. Eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel vor einer geplanten Endoskopie sollte nur bei Verdacht auf endoskopisch nicht mehr erreichbare Fremdkörper oder im Einzelfall bei dringendem Verdacht auf eine Perforation durchgeführt werden. Die Endoskopie wird bei Kindern grundsätzlich und bei Erwachsenen je nach Bedarf (erhöhte Aspirationsgefahr, z.B. bei älteren und bei geistig verwirrten Patienten) in Vollnarkose durchgeführt. Bei verschluckten Fremdkörpern nach vorausgegangener Mahlzeit wird in der Regel die Magenentleerung abgewartet. Zur endoskopischen Entfernung stehen Fasszangen, Metallschlingen, Greifer und Dormia-Körbchen zur Verfügung ( 1 B-13.2).
1 B-13.2
Fremdkörperentfernung mit dem Dormia-Körbchen
591 13.2.4 Vorgehen bei der endoskopischen Fremdkörperentfernung Zunächst sollte durch eine ausführliche Anamnese die Art des Fremdkörpers geklärt werden. Symptomorientierte Röntgenleeraufnahmen von Thorax bzw. Abdomen geben einen orientierenden Überblick. Danach sollte die Endoskopie durchgeführt werden.
Zur endoskopischen Entfernung stehen Fasszangen, Metallschlingen, Greifer und Dormia-Körbchen zur Verfügung ( 1 13.2).
Endoskopische Entfernung einer Schraubenmutter mit dem Dormia-Körbchen.
Bei scharfen und spitzen Fremdkörpern wird ein Kunststoffschlauch über das Endoskop geschoben (Overtube). Der gefasste Fremdkörper wird unter Sicht durch den Schlauch gezogen, ohne die Gefahr, die Ösophaguswand zu verletzen ( 1 B-13.3). Aufgrund des geringeren Perforationsrisikos und der geringeren Belastung für den Patienten wird die Endoskopie mit flexiblen Geräten bevorzugt. Starre Geräte (Vollnarkose erforderlich) sollten nur im Ausnahmefall eingesetzt werden, z.B. bei sperrigen bzw. verkeilten Fremdkörpern, die mit der flexiblen Endoskopie nicht extrahierbar sind, oder bei größeren Fremdkörpern, die durch starre Endoskope mit Spezialzangen zerkleinert werden können (z.B. Knochen). Auf die endoskopische Entfernung von mit Drogen gefüllten Kondomen sollte wegen der Gefahr der Ruptur verzichtet werden. Die Indikation von Abführmaßnahmen in diesen Fällen wird kontrovers diskutiert, nach 48 Stunden Beobachtungszeit wäre ggf. die chirurgische Entfernung der Fremdkörper angezeigt. Für die endoskopische Entfernung von Phyto- und Trichobezoaren sind häufig mehrere Sitzungen erforderlich. Da das Gerät pro Untersuchung mehrmals eingeführt werden muss, empfiehlt sich grundsätzlich die Nutzung eines Overtube.
Bei scharfen und spitzen Fremdkörpern wird ein Kunststoffschlauch über das Endoskop geschoben (Overtube). Der gefasste Fremdkörper wird unter Sicht durch den Schlauch gezogen, ohne die Gefahr, die Ösophaguswand zu verletzen ( 1 B-13.3). Aufgrund des geringeren Perforationsrisikos und der geringeren Belastung für den Patienten wird die Endoskopie mit flexiblen Geräten bevorzugt. Auf die endoskopische Entfernung von mit Drogen gefüllten Kondomen sollte wegen der Gefahr der Ruptur verzichtet werden. Gegebenenfalls ist die chirurgische Entfernung der Fremdkörper angezeigt.
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592
13 Endoskopie in der Chirurgie
1 B-13.3
Synopsis Fremdkörperextraktion mit Hilfe eines Overtubes
Nach Ergreifen des spitzen Fremdkörpers wird dieser in einen Schlauch gezogen und erst dann extrahiert.
Ergebnisse der Endoskopie
13.2.5 Ergebnisse der Endoskopie
13.2.5
Fast alle Fremdkörper (ca. 90 %) können endoskopisch entfernt werden. Die Perforationsrate des Ösophagus liegt bei 1–5 % für die flexible und 10–12 % für die starre Endoskopie. Spezielle Kontraindikationen gibt es keine.
Die meisten Fremdkörper (ca. 90 %) können endoskopisch entfernt werden. Die Perforationsrate des Ösophagus bei der Fremdkörperentfernung wird mit 10–12 % für die starre und mit 1–5 % für die flexible Endoskopie angegeben. Spezielle Kontraindikationen gibt es keine. Möglichkeiten und Grenzen der Endoskopie sollten jedoch zuvor sorgfältig überprüft werden.
13.3
13.3
Ösophagusstenosen
13.3.1 Benigne Strikturen
13.3.1
Benigne Strikturen
Ätiologie. Häufigste Ursachen benigner Strikturen sind die Ösophagitis und Verätzungen.
Ätiologie. Benigne Strikturen sind am häufigsten Folge der Refluxkrankheit (s. a. Kap. B-1.5.4) oder Verätzung der Speiseröhre (s.a. Kap. B-1.7.4). Sie können aber auch iatrogen (z.B. postchirurgisch, nach Ösophagusvarizenverödung, infolge einer Bestrahlung) bedingt sein.
Therapie. Lokalisierte, ringartige Narben können mit Diathermie geschlitzt oder durch Koagulation behandelt werden.
Therapie. Lokalisierte, ringartige Narben bzw. flache Membranen, die in das
Ösophagusstenosen
Bei den meisten benignen Strikturen ist die Dehnung angezeigt. Zur Bougierung werden heute in der Regel flexible Kunststoff-Bougies eingesetzt ( 1 B-13.4).
Lumen des Ösophagus hineinragen, können durch Schlitzung mit einer Diathermieschlinge oder durch Koagulation mit Laser oder Argonbeamer erfolgreich behandelt werden. Bei wanddurchgreifenden Vernarbungen sind diese Verfahren erfolglos oder nur von kurzer Dauer. Bei den meisten benignen Strikturen ist die Dehnung angezeigt, wobei nach der eigenen Erfahrung die Weitung mit Bougies gegenüber der pneumatischen Dilatation bevorzugt wird. Zur Bougierung werden heute in der Regel die flexiblen Kunststoff-Bougies mit verjüngter Spitze nach Savary-Gilliard eingesetzt ( 1 B-13.4).
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13.3.1 Benigne Strikturen
1 B-13.4
Savary-Gilliard-Bougies mit Führungsdraht
π Technik der Bougierung: Zunächst sollte eine genaue endoskopische Abklärung erfolgen, d.h. Feststellung der Länge und Ausmaß der Striktur als auch evtl. zusätzliche Veränderungen der Ösophaguswand (z.B. Nekrosen, Fisteln, brüchige Wand nach Bestrahlung). Platzierung eines Führungsdrahts durch die Stenose in den Magen. Sie erfolgt unter endoskopischer Sicht, sofern die Stenose endoskopisch passierbar ist, ansonsten unter endoskopischer und röntgenologischer Kontrolle (Durchleuchtung).
n Merke. Führungsdraht wegen der Perforationsgefahr nicht blind vorschieben.
Nach Entfernung des Endoskops erfolgt die Bougierung durch Vorschieben der Bougies durch die Stenose über den liegenden Führungsdraht ( 1 B-13.5). Das Vorgehen erfolgt schrittweise mit ansteigendem Kaliber der Bougies.
1 B-13.5
Technik der Bougierung: Die Dilatation erfolgt stufenweise über einen endoskopisch bzw. endoskopisch-röntgenologisch platzierten Führungsdraht ( 1 B-13.5).
π
Merke
Die Bougierung erfolgt schrittweise mit ansteigendem Kaliber der Bougies.
Ösophagusstenose und Dehnungsmöglichkeit
a Tumorbedingte Ösophagusstenose vor Bougierung.
b Bougierung mit dem SavaryGilliard-Bougie unter Durchleuchtung.
Die Kontrolle des Bougierungsvorgangs unter Durchleuchtung ist nicht obligat, sie ist jedoch bei extrem harten und komplizierten Stenosen zur Vermeidung einer extremen Stauchung bzw. Knickung der Bougies im Ösophagus mit der Gefahr der Wandläsion zu empfehlen. Es gelten die allgemeinen Kontraindikationen für die Endoskopie. Wichtigste Komplikation ist die Perforation (unter 0,5 %).
Es gelten die allgemeinen Kontraindikationen für die Endoskopie. Wichtigste Komplikation ist die Perforation (unter 0,5 %).
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594 Merke
Pneumatische bzw. hydraulische Dilatation bei Achalasie: Die Ballon-Platzierung unter endoskopischer Sicht oder Durchleuchtung vereinfacht und verkürzt den endoskopischen Eingriff. Nach der Dehnung erfolgt die endoskopische Kontrolle. π
Komplikationen: Häufigste Komplikation ist mit 3,5 % die Perforation. Seltener sind Blutungen und Aspiration.
13 Endoskopie in der Chirurgie
n Merke. Die Perforationsgefahr ist besonders groß bei Verätzungen und Strahlenschäden des Ösophagus. π Pneumatische bzw. hydraulische Dilatation bei Achalasie (s. a. Kap. B-1.5.2): Sie erfolgt durch einen Ballon, der über einen endoskopisch eingelegten Führungsdraht eingeführt wird. Die Platzierung des Ballons im Bereich der Kardia erfolgt unter endoskopischer Sicht oder unter Durchleuchtung. Die pneumatische Dilatation erfolgt durch Aufblasen des Ballons bis auf einen Druck von 250–300 mmHg. Nach der Dehnung erfolgt die endoskopische und bei Verdacht der tiefen Wandläsion bzw. Perforation ggf. auch die radiologische Kontrolle mit Kontrastmittel. Komplikationen: Schwerwiegendste Komplikation ist die Perforation, die in der einschlägigen Literatur mit 3,5 % angegeben wird. Weitere Komplikationen sind Blutungen und Aspirationen.
Maligne Stenosen
13.3.2 Maligne Stenosen
13.3.2
Ziele der endoskopischen Palliation sind: π Wiederherstellung der Passage π Vorbeugung der Aspiration. Dies kann durch Zerstörung des Tumorgewebes durch Koagulationsverfahren wie Laser oder durch Einlage von Tuben oder Stents erzielt werden.
Ziel der endoskopischen Therapie bei tumorbedingten Stenosen des Ösophagus bzw. der Kardia ist die Wiederherstellung der Passage und/oder der Verschluss einer ösophagotrachealen bzw. -bronchialen Fistel zur Vorbeugung der Aspiration. Diese Stenosen können durch Ösophagus- bzw. Kardiakarzinome (s. a. Kap. B-1.9) aber auch durch andere Primärtumoren verursacht werden, die sekundär den Ösophagus komprimieren bzw. infiltrieren. Die Wiederherstellung der Passage kann durch Zerstörung des Tumorgewebes (z.B. Laser oder andere Koagulationsverfahren wie Argonbeamer) oder durch Einlage von Tuben oder Stents erzielt werden.
Lasertherapie
Lasertherapie
Die Indikation zur Lasertherapie ist vorwiegend bei kurzstreckigen Stenosen mit überwiegend polypösen Tumoranteilen gegeben.
Die Komplikationsrate beträgt ca. 4 %. Häufigste Komplikation ist die Perforation (ca. 2 %).
Die Indikationen für die Durchführung einer Lasertherapie sind bei kurzstreckigen Tumoren und bei vorwiegend polypös wachsenden, in das Lumen hineinragenden Tumoren gegeben. Bei gleichzeitiger Fistelbildung und bei langstreckigen, vorwiegend infiltrierenden Tumoren mit Achsenabknickung des Lumens ist eine Lasertherapie kontraindiziert. Der wesentliche Vorteil dieser Behandlung ist die geringere Morbidität des Patienten. Aufgrund der Progredienz der zugrunde liegenden Erkrankung muss jedoch die Lasertherapie häufig wiederholt werden. Die Komplikationsrate beträgt. ca. 4 %. Häufigste Komplikation ist die Perforation (ca. 2 %). Die eingriffsbedingte Letalität wird in Sammelstatistiken älteren Datums mit ca. 1 % angegeben.
Endoprothesen (Kunststofftuben)
Endoprothesen (Kunststofftuben)
Die Tuben (z.B. Celestin) werden unter radiologischer oder endoskopischer Kontrolle im Bereich der Tumorstenose platziert.
Die Tuben (z.B. Celestin, Atkinson, Medoc, Wilson-Cook) werden unter radiologischer oder endoskopischer Kontrolle im Bereich der Tumorstenose platziert.
Einführungstechnik. Zu Beginn ist eine genaue endoskopische Abklärung der Stenose erforderlich.
Einführungstechnik. Zunächst erfolgt die endoskopische Abklärung der Stenose. Dabei ist vor allem auf die kraniokaudale Ausdehnung und das Ausmaß der Stenose zu achten. Die Entfernung der kranialen Tumorgrenze zum Ösophagusmund und das Vorliegen und ggf. die Größe und Lokalisation einer Fistelbildung sind vorab zu bestimmen. Wichtig ist auch die Abklärung einer Beteiligung der oberen Luftwege durch Endosonographie (EUS) und/oder Bronchoskopie zur Vermeidung einer Verlagerung der Luftwege durch den Tubus bzw. Stent. Bei der Dilatation der Stenose ist zu beachten, dass das Ausmaß der erforderlichen Bougierung sowohl vom Durchmesser des vorhandenen Lumens als auch vom Widerstand bei der Passage (Tumorkonsistenz) abhängt.
Der wesentliche Vorteil dieser Behandlung ist die geringere Morbidität.
Vor Einführung des Tubus ist eine ausreichende Bougierung der Tumorstenose durchzuführen.
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13.3.2 Maligne Stenosen Die Dilatation erfolgt in der Regel mit den Savary-Gilliard-Bougies. Hilfreich ist dabei die Markierung des proximalen und distalen Endes der Tumorstenose, z.B. durch Metallplättchen (die unter Durchleuchtung auf der Haut des Patienten platziert werden) bzw. durch Kontrastmittelinjektion oder mittels Clips in der Wand des Ösophagus. Die Einführung des Tubus kann über ein feinkalibriges Endoskop oder über einen zuvor eingelegten bougieartigen Stab (der wiederum über einen endoskopisch platzierten Führungsdraht eingeführt wurde) mit Hilfe eines Vorschiebeschlauchs (Pusher) erfolgen ( 1 B-13.6, 1 B-13.7).
1 B-13.6
Celestintubus auf einem feinkalibrigen Endoskop
1 B-13.7
Ösophagobronchiale Fistel bei Ösophaguskarzinom
Hilfreich ist die Markierung des proximalen und distalen Endes der Tumorstenose (Metallplättchen, Clips).
Die Einführung des Tubus erfolgt über ein feinkalibriges Endoskop oder über einen bougieartigen Stab, der über einen zunächst endoskopisch platzierten Führungsdraht eingeführt wird ( 1 B-13.6, 1 B-13-7).
Ösophagobronchiale Fistel bei Ösophaguskarzinom mit Passagestörung und deren Therapiemöglichkeit mittels Tubuseinlage.
c Endoskopisches Bild der Tubustulpe. a Radiologische Darstellung der ösophagobronchialen Fistel (Á)
b Wiederherstellung der Passage und Abdichtung der Fistel durch Einlage eines Celestintubus.
Die Tubuseinlage über ein Endoskop bedarf nicht obligat der Durchleuchtung und ermöglicht eine gleichzeitige endoskopische Kontrolle und ggf. sofortige Korrekturen. Erfolgsaussicht: Sofern die Tumorstenose passierbar bzw. bougierungsfähig ist, kann in der Regel eine Endoprothese eingeführt werden.
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596
13 Endoskopie in der Chirurgie
Kontraindikationen: π moribunder Patient π Infiltration des Ösophagusmundes durch den Tumor π Verlagerung bzw. Stenosierung der Trachea durch die Endoprothese. Komplikationen. Schwerwiegendste Komplikation ist die Perforation (bis 10 %), die durch Vorbougierung auf < 5 % gesenkt werden kann. Häufigste Spätkomplikationen sind: π Mediastinitis π Dislokation des Tubus (10–25 %) π Tubusverstopfung.
π
Die eingriffsbedingte Letalität beträgt ca. 2–5 %, nach neueren Berichten sogar 0 %.
Selbstexpandierende Metallstents
π π π
moribunder Patient Infiltration des Ösophagusmundes durch den Tumor Verlagerung bzw. Stenosierung der Trachea durch die Endoprothese.
Komplikationen. Perforation bis 10 % in großen Sammelstatistiken. Durch
schrittweises Vorgehen mit Vorbougierung ggf. in mehreren Sitzungen kann die Perforationsrate < 5 %, nach Einzelberichten sogar auf 0 %, gesenkt werden. π Mediastinitis ohne erkennbare Perforation aber mit Wandeinrissen im Tumorbereich. π Eine relevante eingriffsbedingte Blutung ist selten. Sie kann eher später durch Drucknekrosen auftreten. π Die Tubusdislokation tritt in 10–25 % der Fälle auf. π Die Verstopfung des Tubus ist die häufigste Spätstörung. Sie ist meistens durch einen Bolus bedingt, kann jedoch auch durch Tumorüberwuchs verursacht werden. π Die eingriffsbedingte Letalität wurde in älteren Sammelstatistiken mit 2–5 % angegeben. Durch schrittweises Vorgehen und individuelle Wahl der Endoprothese wurde neuerdings über eine eingriffsbedingte Letalität von 0 % berichtet.
Selbstexpandierende Metallstents n Definition. Selbstexpandierende Metallstents sind maschendraht(Wall-Stent, Ultraflex-Stent, Gian-Turco-Stent) oder spiralartige Endoprothesen (Esophacoile), die in zusammengefaltetem Zustand auf ein Trägersystem fixiert bzw. aufgewickelt sind und sich erst nach Freisetzung im Stenosebereich entfalten und ihren vollen Durchmesser annehmen ( 1 B-13.8).
Definition
1 B-13.8
Kontraindikationen:
Selbstexpandierender Metallstent bei maligner Ösophagusstenose
a Markierung der proximalen und distalen Tumorgrenze.
Zur Einlage von Metallstents ist das Ausmaß der erforderlichen Bougierung geringer als bei Tuben. Dadurch können die durch Bougierung und kraftvolles Durchschieben der Endoprothesen durch die Tumorstenose auftretenden Komplikationen vermieden bzw. verringert werden.
b Überbrückung der Tumorstenose mit einem Esophacoil.
c Unbehinderte Kontrastmittelpassage durch den Stent.
Da aufgrund des relativ kleinen Durchmessers dieser Systeme eine maximale Bougierung der Stenose zur Einführung nicht erforderlich ist, können die durch Bougierung und kraftvolles Durchschieben der Endoprothesen durch die Tumorstenose auftretenden Komplikationen vermieden werden. Darüber hinaus wird durch den großen Durchmesser dieser Stents eine gute Palliation erreicht. Da ein wesentlicher Nachteil dieser Stents im Tumordurchwuchs besteht (ausgenommen die InStents), sind diese jetzt auch mit Kunststoff ummantelt verfügbar.
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13.4 Therapie der Ösophagus- bzw. Fundusvarizen
Einführungstechnik. Zunächst erfolgt eine mäßige Bougierung der Stenose
um die Passage des Trägersystems und eine schnellere Entfaltung des Stents zu erzielen. Nach Markierung der proximalen und distalen Tumorgrenze wird die Einlage eines Führungsdrahts unter endoskopischer Sicht vorgenommen. Die Einführung und Platzierung des Stents über den liegenden Führungsdraht erfolgt unter Durchleuchtung. Die technischen Einzelheiten der Freisetzung sind stentspezifisch. Bei der Platzierung muss vor allem die Verkürzung, die bei den meisten Stents stattfindet (ausgenommen die Gian-Turco-Stents) berücksichtigt werden. Eine falsche Einschätzung der Stentverkürzung kann zur Fehlpositionierung führen. Anschließend erfolgt die Entfernung des Trägersystems und die endoskopische und röntgenologische Abschlusskontrolle. Die vollständige Entfaltung des Stents kann abhängig von der Tumorkonsistenz, Schweregrad der Stenose und Ausmaß der vorausgegangenen Bougierung erst nach 24–48 Stunden erreicht werden. Die Entfernung eines entfalteten Stents ist meistens technisch und zeitlich sehr aufwendig oder gar nicht möglich.
Einführungstechnik. Nach mäßiger Bougierung und Markierung der Tumorgrenze erfolgt die Stenteinlage unter Röntgenkontrolle.
Eine falsche Einschätzung der Stentverkürzung kann zur Fehlpositionierung führen. Nach Entfernung des Trägersystems erfolgt die endoskopische und röntgenologische Abschlusskontrolle. Die vollständige Entfaltung des Stents kann 24–48 Stunden dauern. Die Entfernung eines entfalteten Stents ist meistens technisch und zeitlich sehr aufwendig oder gar nicht möglich.
Komplikationen. Eingriffsbedingte Komplikationen sind insgesamt gerin-
ger als bei den Kunststoffendoprothesen (Perforation 0–2,5 %, Blutung 0–2,5 %). Eine Verstopfung durch Tumoreinwuchs bei nicht beschichteten Stents tritt in bis zu ca. 60 % aller Fälle auf. Die eingriffsbedingte Letalität beträgt nach den meisten Angaben in der Literatur 0 %, es wurde aber auch über eine eingriffsbedingte Letalität bis ca. 3 % berichtet.
Komplikationen. Eingriffsbedingte Komplikationen sind insgesamt geringer als bei den Kunststoffendoprothesen. π Perforation (0–2,5 %) π Blutung (0–2,5 %) Die eingriffsbedingte Letalität beträgt 0–3 %.
Besondere Situationen
Besondere Situationen
Probleme bereiten Tumorstenosen mit sehr weit kranial liegender Tumorgrenze: Bei Infiltration des Ösophagusmundes ist die Palliation mit Tuben bzw. Stents in der Regel nicht möglich. Bei knapp unterhalb des Ösophagusmunds endenden Tumorinfiltrationen kann eine entsprechende Palliation durch dünne Tuben mit kurzer Glocke erzielt werden. Selbstexpandierende Metallstents, die sich während der Entfaltung nicht verkürzen, haben sich für diese Problemfälle besonders gut bewährt, da sie exakt platziert werden können (z.B. Gian-Turco-Stents). Ebenfalls problematisch sind ösophagotracheale oder bronchiale Fisteln bei Tumoren ohne nennenswerte Lumenstenose. In solchen Fällen stellt sich das Problem der Dislokation dar. Kunststoffendoprothesen können nur durch eine transnasale Fixierung in situ gehalten werden (z.B. durch einen an der Glocke des Tubus und transnasal herausgeleiteten dünnen Teflonschlauch). Gut bewährt haben sich bei dieser Problematik die großlumigen und ummantelten selbstexpandierenden Metallstents. Damit entfällt auch die Belastung für den Patienten, die durch die transnasale Fixierung verursacht wird.
Besondere Probleme bereiten Tumoren im proximalen Ösophagus direkt unterhalb bzw. mit Infiltration des Ösophagusmundes.
13.4
Therapie der Ösophagus- bzw. Fundusvarizen (s. a. Kap. B-10.4)
Ziel der endoskopischen Therapie sollte immer die Eradikation der Varizen sein. Die Behandlung der Ösophagus- bzw. Fundusvarizen kann in der akuten Blutung, im blutungsfreien Intervall oder prophylaktisch erfolgen.
Selbstexpandierende Metallstents ohne Verkürzung haben sich für diese Problemfälle besonders gut bewährt. Ebenfalls problematisch sind ösophagotracheale oder -bronchiale Fisteln bei Tumoren ohne nennenswerte Lumenstenose.
Dieses Problem kann durch großlumige und ummantelte, selbstexpandierende Metallstents gut gelöst werden.
13.4
Therapie der Ösophagusbzw. Fundusvarizen (s. a. Kap. B-10.4)
Ziel der endoskopischen Therapie ist die Eradikation der Varizen.
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598
13 Endoskopie in der Chirurgie
Behandlungsverfahren
13.4.1 Behandlungsverfahren
13.4.1
Es stehen die Sklerosierung, die Gummibandligatur und die Obliteration mit Gewebeklebern zur Verfügung.
Für die endoskopische Therapie von Ösophagus- und Fundusvarizen stehen heute vorwiegend die Sklerosierung, die Gummibandligatur und die Obliteration mit Gewebeklebern zur Verfügung.
Endoskopische Sklerosierung
Endoskopische Sklerosierung
Die endoskopische Sklerosierung erfolgt durch die submuköse Injektion eines Verödungsmittels. Dadurch kommt es zur Nekrosenbildung und zur Sklerosierung der Gefäße ( 1 B-13.9).
Die endoskopische Sklerosierung erfolgt durch die submuköse Injektion eines Verödungsmittels, wobei in Deutschland hauptsächlich das Polidocanol 1 % eingesetzt wird. Dadurch kommt es zu einer Entzündungsreaktion mit Nekrosenbildung (Nekrosen sind bei der Sklerosierung daher nicht per se als Komplikation anzusehen), Thrombosierung und letztendlich zur Beseitigung der Ösophagusvarizen.
1 B-13.9
Ösophagusvarizensklerosierung
a Verschwollene Varizen nach kombinierter peri- und intravasaler Sklerotherapie.
b Thrombosen sklerosierter Ösophagusvarizen. c Nekrosenbildung nach Sklerosierung.
d Glatte Ösophagusinnenwand mit Narben nach abgeschlossener Sklerosierung.
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13.4.1 Behandlungsverfahren Darüber hinaus wird durch die Sklerosierung eine Fibrose der inneren Schichten der Ösophaguswand verursacht, was zur Vermeidung von Rezidiven von Bedeutung ist ( 1 B-13.9). Die besten Ergebnisse werden mit der kombinierten peri- und intravasalen Sklerosierung erzielt ( 1 B-13.10).
1 B-13.10
Die besten Ergebnisse werden mit der kombinierten peri- und intravasalen Sklerosierung erzielt ( 1 B-13.10).
Synopsis Schematische Darstellung der kombinierten peri- und intravasalen Sklerosierung
p
3
1
3
1
4 i
4
2 i
2
p
p Durch die perivasale submuköse Injektion wird eine Kompression des Gefäßes erzielt, die intravasale Injektion erfolgt in die Wand der Varize. p perivasale Sklerosierung i intravasale Sklerosierung
1 Endoskop 2 Sklerosierungsnadel
3 Varize (im Instrumentierkanal) 4 Kardia
Endoskopische Obliteration mit Gewebekleber Der flüssige Gewebekleber (meistens in einer Mischung mit Lipiodol, ein öliges Kontrastmittel) wird so nah als möglich an der Rupturstelle strikt intravasal/intraluminal in die blutende Varize injiziert. Im Kontakt mit Blut kommt es zu einer sofortigen Verhärtung des Klebers mit Obliteration der Rupturstelle, Ausfüllung der blutenden Krampfader mit einer soliden Masse und entsprechende Unterbrechung des Blutflusses. Einige Tage später kommt es zur Nekrose der überliegenden Schleimhaut und einige Wochen danach zur vollständigen Abstoßung des Gewebeklebers ( 1 B-13.11).
1 B-13.11
Endoskopische Obliteration mit Gewebekleber Der strikt intravasal/intraluminal eingespritzte Gewebekleber bildet einen harten Ausguss in der Varize mit Unterbrechung des Blutflusses.
Einige Tage später kommt es zur Nekrose der Schleimhaut und danach zur Abstoßung des Gewebeklebers ( 1 B-13.11).
Endoskopische Obliteration mit Gewebeklebern
a Fundusvarizenobliteration mit Histo-AcrylQ.
b Schleimhautnekrosen über den obliterierten Fundusvarizen mit beginnender Abstoßung des Histo-Acryl Q .
c Subkardiale Vernarbung nach Abstoßung des Histo-Acryl Q ohne Nachweis der Fundusvarizen.
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13 Endoskopie in der Chirurgie
Endoskopische Ligatur
Endoskopische Ligatur
Die Gummibandligatur unterbricht örtlich den Blutfluss durch die Varize. Nach Ansaugen der Varize in eine Kappe (Endoskop) erfolgt die Ligatur der Varize durch ein Gummibändchen ( 1 B-13.2).
Das Behandlungsprinzip ist die Unterbrechung des Blutflusses mit nachfolgender Eradikation der Varizen durch Ligatur mittels endoskopisch platzierter Gummiringe. Auf dem distalen Ende des Endoskops wird eine Kunststoffkappe bzw. ein Kunststoffzylinder (Trägersystem) angebracht, auf dem wiederum die Gummibänder montiert sind. Die zu behandelnde Varize wird in die Kappe eingesaugt und anschließend das Gummiband durch Zug über einen an den Kunststoffzylinder befestigten und über den Arbeitskanal des Endoskops herausgeleiteten Auslösedraht freigesetzt. Das freigesetzte Gummiband stülpt sich über die in die Kappe eingesaugte Varize und unterbricht somit den Blutfluss ( 1 B-13.12).
1 B-13.12
Synopsis Darstellung der Ösophagusvarizenligatur
Endoskop
Varize ligierte Varize
a Ansaugen der Varize in die Kappe des Endoskops und Platzierung des Gummibandes.
b Okklusion der Varize.
Akute Varizenblutung
13.4.2 Akute Varizenblutung
13.4.2
Jeder 3.–4. Patient mit Ösophagusvarizen wird aus diesen bluten. Die Letalität beträgt dabei 30–50 %. Das Risiko einer Rezidivblutung beträgt ca. 30 % in den ersten 6 Wochen und ca. 70 % im ersten Jahr.
Von allen Patienten mit Ösophagusvarizen kommt es bei 25–35 % zur Varizenblutung. Ösophagusvarizenblutungen haben eine Letalitätsrate von 30–50 %. Das Risiko für eine Rezidivblutung beträgt ca. 30 % in den ersten 6 Wochen und ca. 70 % im ersten Jahr nach der ersten Hämorrhagie.
Therapie. Beim Verdacht einer Ösophagusvarizenblutung ist die Notfallendoskopie angezeigt. Das Ziel der Endoskopie ist die Sicherung der Diagnose und die endoskopische Blutstillung. Die medikamentöse Therapie und Ballonsonden sind kein Ersatz der endoskopischen Therapie.
Therapie. Beim Verdacht einer Ösophagusvarizenblutung ist die Notfallen-
Die Obliteration erfolgt mit Gewebekleber oder Gummibandligatur, wobei die Obliteration mit einem Gewebekleber die effektivste endoskopische Methode zur Behandlung der akuten Varizenblutung ist.
doskopie angezeigt. Das Ziel der Endoskopie ist die Sicherung der Diagnose (bei nicht wenigen Patienten mit Varizen und akuter oberer gastrointestinaler Blutung liegen andere Blutungsquellen vor) und die sofortige endoskopische Blutstillung. Medikamentöse Therapie und Ballonsonden sind kein Ersatz für die endoskopische Therapie. Sie werden eingesetzt sofern die Möglichkeit der endoskopischen Blutstillung nach den heute zu fordernden Standards nicht gegeben ist. Die Behandlung akut blutender Varizen sollte durch die Obliteration mit Gewebekleber oder die Gummibandligatur erfolgen. Durch Anwendung des Gewebeklebers kann eine 100 %ige initiale Blutstillung und eine deutliche Reduktion (ca. 2⁄3) der Anzahl der frühen Rezidivblutung erzielt werden. Mit der Varizenligatur wird über initiale Blutstillungsraten von 94 %, allerdings aber auch über eine Letalitätsrate von 5 % durch nicht beherrschbare Blutungen berichtet.
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601
13.5.1 Allgemeines Bei akut blutenden Fundusvarizen ist nach den vorliegenden Ergebnissen die Obliteration durch Gewebekleber vorzuziehen. Die Verbesserung des Therapieergebnisses durch eine zusätzliche medikamentöse Therapie (Senkung des portalen Drucks) nach erfolgreicher endoskopischer Blutstillung konnte bisher nicht ausreichend belegt werden.
13.4.3
Therapie im blutungsfreien Intervall
Nach vorausgegangener Varizenblutung wird die endoskopische Eradikation der Varizen angestrebt um eine Rezidivblutung zu vermeiden. Dieses Ziel kann sowohl durch Sklerosierung als auch durch Gummibandligatur erreicht werden. Die langfristigen Ergebnisse der Ligatur verglichen mit der Sklerosierung und die der Kombination beider Methoden wird z.Z. in prospektiven Studien untersucht. Die besten Ergebnisse bei der Behandlung von Fundusvarizen wird durch Obliteration mit Gewebekleber erzielt.
13.4.4
Prophylaktische Therapie
Die Indikation zur Behandlung von Ösophagusvarizen, die bisher nicht geblutet haben, ist wegen der z.T. widersprüchlichen Ergebnisse problematisch. Abgesehen von den Patienten, die im Rahmen prospektiver Studienprotokolle behandelt werden, erfolgt sie bei Patienten, die aufgrund des Ausmaßes und Morphologie der Varize ein deutlich höheres Blutungsrisiko aufweisen.
13.4.5
Komplikationen und Kontraindikationen
Schwerwiegende Komplikationen der Sklerosierung sind die Perforation (ca. 0,3 %), die Blutung aus Nekrosen oder noch nicht verschlossenen Varizen bei noch nicht abgeschlossener Therapie (10–13 %) und Stenosen, die in ca. 4 % der Fälle auftreten (schwere Stenosen in ca. 2 %). Aspiration, Fieber, Infektion und systemische Nebenerscheinungen sind selten. Die meisten Komplikationen der Sklerotherapie sind durch eine korrekte Sklerosierungstechnik, adäquates Behandlungsprotokoll und frühzeitige Erkennung und Behandlung von Stenosen (wöchentliche endoskopische Kontrolle bis zur Abheilung der Nekrosen und ggf. 1–3-mal wöchentliche Bougierungen bei Stenosierung) zu vermeiden. Bei der Ligatur wurde über Komplikationen in ca. 2 % der Fälle berichtet, wobei es sich vorwiegend um Perforationen durch den Übertubus handelt. Bei der zur Zeit angewandten Technik der Ösophagusvarizenligatur ist jedoch ein Übertubus nicht mehr erforderlich. Verglichen mit der Sklerosierung ist bei der Varizenligatur eine größere Varizenrezidivrate zu verzeichnen. Die Komplikationen der Obliteration mit Gewebeklebern entsprechen denen der Sklerosierung. Vereinzelt wurden Embolien beschrieben. Kontraindikationen bestehen bei moribunden Patienten und bei therapeutisch nicht beherrschbaren, schweren Gerinnungsstörungen.
13.5
Nicht varizenbedingte Blutungen
13.5.1
Allgemeines
Die Letalität der oberen gastrointestinalen Blutung hängt von mehreren Faktoren ab (wie Stärke und Dauer der Blutung, Art der Läsion, Alter des Patienten und Nebenerkrankungen). Sie beträgt allgemein ca. 10 %. Die Letalität
Eine Verbesserung des Therapieergebnisses durch zusätzliche medikamentöse Therapie konnte bisher nicht ausreichend belegt werden.
13.4.3 Therapie im blutungsfreien Intervall Nach vorausgegangener Varizenblutung wird die endoskopische Eradikation der Varizen angestrebt um eine Rezidivblutung zu vermeiden. Die besten Ergebnisse bei der Behandlung von Fundusvarizen wird durch Obliteration mit Gewebekleber erzielt.
13.4.4 Prophylaktische Therapie Die prophylaktische Ösophagusvarizenbehandlung sollte nur bei hohem Blutungsrisiko durchgeführt werden.
13.4.5 Komplikationen und Kontraindikationen Schwerwiegende Komplikationen der Sklerosierung sind: π Perforation (ca. 0,3 %) π Blutung (10–13 %) π Stenosen (ca. 4 %). Die meisten Komplikationen der Sklerosierung sind auf eine fehlerhafte Sklerosierungstechnik zurückzuführen.
Komplikationen der Ligatur (ca. 2 %) sind meist Perforationen durch den Übertubus. Komplikationen der Obliteration entsprechen denen der Sklerosierung. Kontraindikationen: π moribunde Patienten π therapeutisch nicht beherrschbare Gerinnungsstörungen.
13.5
Nicht varizenbedingte Blutungen 13.5.1 Allgemeines Die Letalität der akuten Blutung im oberen Gastrointestinaltrakt beträgt 10–40 %.
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13 Endoskopie in der Chirurgie steigt auf ca. 40 % an, wenn besonders schwierige Fälle mit zusätzlichen Komplikationen auftreten, mehrfache Bluttransfusionen notwendig werden, schwerwiegende Begleiterkrankungen vorliegen oder eine zusätzliche chirurgische Therapie bei endoskopisch nicht beherrschbarer Blutung erforderlich wird.
Symptome. Zu den häufigsten Symptomen einer akuten oberen gastrointestinalen Blutung gehören: π Hämatemesis π Meläna π Hämatochezie. Indikationen und Kontraindikationen. Die Indikation zur endoskopischen Abklärung einer oberen gastrointestinalen Blutung ist grundsätzlich immer gegeben.
Symptome. Zu den häufigsten Symptomen der oberen gastrointestinalen
13.5.2 Vorbereitung für die Endoskopie Der Patient muss in einem endoskopiefähigen Zustand sein, daher sollte ggf. zunächst eine Stabilisierung des Kreislaufs, Behandlung der Hypovolämie bzw. des Schocks erfolgen.
13.5.2
Die Spülung des Magens vor einer Notfallendoskopie ist nicht grundsätzlich erforderlich. Die Spülung über eine einfache Magensonde ist zwecklos. Sie sollte mit einem dicklumigen Spülschlauch erfolgen.
Merke
Blutung gehören Hämatemesis und/oder Meläna bzw. Hämatochezie bei sehr starken postpylorischen Blutungen. Erstmanifestation können aber auch auf den Blutverlust zurückzuführende Symptome sein.
Indikationen und Kontraindikationen. Die Indikation zur endoskopischen Abklärung einer oberen gastrointestinalen Blutung ist grundsätzlich immer gegeben. Obgleich unter Berücksichtigung aller Blutungen des oberen GI-Trakts ein großer Teil spontan zum Stillstand kommt, steht bei aktiven bzw. Hb- oder kreislaufwirksamen Hämorrhagien die Indikation zur Notfallendoskopie außer Frage.
Vorbereitung für die Endoskopie
Der Patient muss in einem endoskopiefähigen Zustand sein, daher sollte ggf. zunächst eine Stabilisierung des Kreislaufs erfolgen. Bei schweren aktiven Blutungen müssen allgemeine Maßnahmen zur Behandlung der Hypovolämie bzw. des Schocks und die Endoskopie ggf. zeitgleich erfolgen. Die Spülung des Magens muss nicht grundsätzlich durchgeführt werden, die meisten Blutungen können endoskopisch ohne vorherige Spülung lokalisiert bzw. behandelt werden. Bei Indikation zur Spülung (Austamponierung des Magens durch Koagel) sollte ein Spülschlauch mit einem Durchmesser von mindestens 30 French benutzt werden. Neuerdings stehen weitlumige Endoskope zur Verfügung, mit denen die Absaugung großer Koagel möglich ist. n Merke. Die Spiegelung sollte wegen der Aspirationsgefahr ohne oder nur mit leichter Sedierung durchgeführt werden.
Ggf. muss die Endoskopie in Intubationsnarkose durchgeführt werden.
Bei Kranken in sehr schlechtem Allgemeinzustand bzw. wenn eine tiefe Sedierung erforderlich ist, muss die Endoskopie ggf. in Intubationsnarkose durchgeführt werden.
13.4.2 Endoskopische Befunde
13.5.3
Die endoskopisch am häufigsten nachgewiesenen Läsionen als Ursache einer oberen gastrointestinalen Blutung sind in 2 B-13.2 aufgeführt.
Die endoskopisch am häufigsten nachgewiesenen Läsionen als Ursache einer oberen gastrointestinalen Blutung sind in 2 B-13.2 aufgeführt. Die relative Häufigkeit hängt selbstverständlich von dem jeweils betreuten Patientenkollektiv ab.
Endoskopische Befunde
2 B-13.2
Nicht varizenbedingte obere gastrointestinale Blutung
Häufigere Ursachen
Seltenere Ursachen
n N N n N n N n
n N N n N n N n N n N n N n
Ulcera ventriculi Ulcera duodeni Erosionen Mallory-Weiss-Syndrom
Ösophagitis Angiodysplasien maligne Tumoren benigne Tumoren Blutungen aus dem biliopankreatischen System rupturierte Aortenaneurysmen aortoenterische Fisteln
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13.5.4 Endoskopische Therapiemöglichkeiten Je nach Blutungsaktivität werden die Läsionen endoskopisch nach der Forrest-Klassifikation eingeteilt ( 2 B-13.3).
2 B-13.3
Klassifikation nach Forrest (nicht varizenbedingte Blutungen)
N Forrest I: n
aktive Blutung
n Ia: spritzende arterielle Blutung N N Ib: sickernde Blutung n
N Forrest II: n
inaktive Blutung
n IIa: Läsion mit Gefäßstumpf N N IIb: koagelbedeckte Läsion n N IIc: hämatinbelegte Läsion n
Je nach Blutungsaktivität werden die Läsionen endoskopisch nach der Forrest-Klassifikation eingeteilt ( 2 B-13.3).
N Forrest III: Läsion ohne Blutungszeichen n
13.5.4
Endoskopische Therapiemöglichkeiten
Abhängig vom Patientenkollektiv können bis zu 15 % aller nicht varizenbedingten Blutungen, die einer aktiven Blutstillung bedürfen, endoskopisch nicht ausreichend therapiert werden. Häufigste Ursachen sind sehr große bzw. sehr tiefe Ulzera mit dickem Gefäßstumpf vor allem an der kleinen Kurvatur des Magens und im Bulbus an der Hinterwand und Blutungsquellen, die aufgrund einer massiven Hämorrhagie nicht erreichbar bzw. nicht zu lokalisieren sind. In solchen Fällen ist primär die chirurgische Behandlung angezeigt. Die objektive Festlegung entsprechender Ausschlusskriterien für die Endoskopie ist jedoch problematisch. Daher kann die Frage nach der Indikation und Möglichkeiten der endoskopischen Therapie im Einzelfall nur durch einen erfahrenen Endoskopiker beantwortet werden. Eine genauere Abgrenzung der Forrest-II-Läsionen mit hohem Blutungsrisiko ist mit dem endoskopischen Doppler möglich. Zur endoskopischen Blutstillung stehen thermische und nicht thermische Verfahren zur Verfügung ( 2 B-13.4).
2 B-13.4
13.5.4 Endoskopische Therapiemöglichkeiten In bis zu 15 % der Fälle kann die Blutung endoskopisch nicht definitiv gestillt werden. Häufigste Ursachen sind sehr große bzw. sehr tiefe Ulzera und nicht lokalisierbare Blutungsquellen. Die chirurgische Behandlung ist angezeigt bei tiefen Ulzera an der Bulbushinterwand und kleinen Kurvatur des Magens mit Verdacht auf Arrosion einer Arterie und Blutungsquellen, die wegen Hämorrhagie nicht erreichbar oder lokalisierbar sind. Der endoskopische Doppler ermöglicht eine genauere Differenzierung der Forrest-II-Läsionen. Zur endoskopischen Blutstillung stehen thermische und nicht thermische Verfahren zur Verfügung ( 2 B-13.4).
Endoskopische Blutstillung
Thermische Verfahren
Nicht thermische Verfahren
n N N n N n N n
Injektion N Alkohol n N Adrenalin + Äthoxysklerol n N Adrenalin n
Laser Bicap Argonbeamer Mikrowellen
n Elektro-Hydro-Thermo-Sonde N N Koagulation monopolar n
n Fibrin N N Hemoclips n
Aufgrund ihrer hohen Blutstillungsrate, der relativ niedrigen Kosten und ihrer einfachen Handhabung wird die Injektionsmethode weltweit eingesetzt ( 1 B-13.13). Die Injektion mit Adrenalin (1 : 10 000 bzw. 1 : 20 000) und anschließend mit Äthoxysklerol 1 % hat sich bewährt. n Merke. Voraussetzung für eine erfolgreiche endoskopische Therapie ist die exakte Lokalisation der Blutungsquelle.
Die initiale Blutstillung durch Injektion der Adrenalinlösung wird durch mechanische Kompression und vasokonstriktiven Effekt der Adrenalinlösung erreicht, wobei anschließend zur definitiven Blutstillung Äthoxysklerol 1 % injiziert wird. Bei entsprechender Selektion der Patienten (ca. 15 % der Patienten werden primär chirurgisch therapiert) kann mit dieser Methode eine initiale bzw. definitive Blutstillungsrate von 100 % bzw. 99 % erzielt werden.
Am häufigsten wird die Injektionsmethode angewandt ( 1 B-13.13). Die Unterspritzung erfolgt meistens mit Adrenalin 1 : 20 000 und Äthoxysklerol 1 %.
Merke
Die initiale Hämostase wird durch einen mechanischen (Kompression) und einen chemischen (Vasokonstriktion) Effekt erzielt. Die Injektion von Äthoxysklerol dient der definitiven Blutstillung.
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604
13 Endoskopie in der Chirurgie
1 B-13.13
Synopsis Schematische Darstellung der Injektionsmethode
Tunica mucosa Submukosa Muskelschichten a
b Dargestellt ist das Vorgehen der Injektionsmethode am Beispiel eines blutenden Ulkus.
Die Unterspritzung mit Fibrinkleber ist effektiv, in Einzelfällen die Methode der Wahl, aber nicht prinzipiell erforderlich.
Die Behandlung mit Hemoclips ist ein effektives Verfahren zur endoskopischen Blutstillung und bei iatrogenen Blutungen die Methode der Wahl. Ihre Anwendung stellt eine Alternative zur Injektionstherapie dar ( 1 B-13.14).
1 B-13.14
Die Unterspritzung mit Fibrinkleber ist eine hilfreiche Alternative z.B. bei Gerinnungsstörungen, Läsionen mit nekrotischem Grund, sehr tiefen Ulzera mit Perforationsgefahr oder bei iatrogenen Blutungen z.B. nach endoskopischer Papillektomie, wenn das Setzen von Hemoclips nicht gelingt, oder nach endoskopischer Ektomie submuköser Tumoren mit diffuser Sickerblutung. Die generelle Anwendung der Fibrininjektion als Erstmaßnahme zur endoskopischen Blutstillung ist nicht erforderlich. Die Behandlung mit Hemoclips ist ein effektives Verfahren zur endoskopischen Blutstillung und bei iatrogenen Blutungen die Methode der Wahl. Durch die Anwendung von Hemoclips können die potenziellen Komplikationen der Unterspritzung wie Nekrosen und ggf. Perforation vermieden werden ( 1 B-13.14).
Synopsis Schematische Darstellung der Blutstillung mit Hemoclips
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605
13.6 Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) Nach einer eigenen prospektiven Untersuchung gelingt die initiale bzw. definitive Hämostase aktiver Blutungen durch Hemoclips in 97 % bzw. 92 % der Fälle, sofern die Hemoclips platzierbar waren. Bei insgesamt 15 % aller Patienten war das Setzen der Hemoclips jedoch technisch nicht möglich (z.B. derber Ulkusgrund, narbige Deformierungen des Antrums bzw. Duodenums). Unter Berücksichtigung aller Patienten mit Ausnahme der primär operierten (3 %) gelang eine definitive Blutstillung durch Hemoclips bzw. in Kombination mit anderen endoskopischen Verfahren in 94 % der Fälle. Thermische Verfahren werden von uns vorwiegend bei diffusen Sickerblutungen (z.B. maligne Tumoren) eingesetzt, wobei der Argonbeamer bevorzugt wird. Das Verfahren zur endoskopischen Blutstillung sollte individuell gewählt werden, nicht selten ist eine Kombination unterschiedlicher Methoden sinnvoll.
13.5.5
Vorgehen nach endoskopischer Blutstillung
Nach der endoskopischen Therapie ist bei entsprechenden Läsionen die konsequente Behandlung mit Protonenpumpenhemmern angezeigt. Die grundsätzliche chirurgische Therapie im blutungsfreien Intervall nach erfolgreicher endoskopischer Blutstillung ist nicht gerechtfertigt. Ebenso ist ein Blutungsrezidiv nicht per se eine Indikation für die chirurgische Behandlung. Allerdings darf eine Fehleinschätzung durch die Endoskopie nicht zu einer unnötigen oder gar lebensbedrohlichen Verzögerung des chirurgischen Eingriffs führen. n Merke. Beim Verdacht einer Rezidivblutung ist die sofortige endoskopische Befundkontrolle durch einen erfahrenen Endoskopiker und die kritische Überprüfung des weiteren therapeutischen Vorgehens dringend erforderlich.
13.5.6
Komplikationen
Die in der Literatur angegebene Komplikationsrate liegt bei ca. 1 %. Vereinzelt wurde über Perforation bei Anwendung der Injektionsmethode berichtet.
13.6
Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG)
n Definition. Die perkutane endoskopische Gastrostomie bezeichnet die perkutane Einlage einer Sonde in den Magen unter endoskopischer Kontrolle. Ziel ist die Wiederherstellung der enteralen Ernährung, wenn eine orale Nahrungszufuhr gar nicht oder nicht in ausreichendem Maße möglich ist.
In ca. 15 % der Fälle mit nicht iatrogener Blutung ist das Setzen von Hemoclips nicht möglich.
Thermische Verfahren werden vorwiegend bei diffusen Sickerblutungen eingesetzt.
Das Verfahren zur endoskopischen Blutstillung sollte individuell gewählt werden, nicht selten ist eine Kombination unterschiedlicher Methoden sinnvoll. 13.5.5 Vorgehen nach endoskopischer Blutstillung Nach der endoskopischen Therapie ist bei entsprechenden Läsionen die konsequente Behandlung mit Protonenpumpenhemmern angezeigt. Bei entsprechender Selektion der Patienten ist die grundsätzliche elektive chirurgische Therapie nach erfolgreicher endoskopischer Blutstillung nicht gerechtfertigt. Merke
13.5.6 Komplikationen Die Komplikationsrate liegt bei ca. 1 %.
13.6
Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG)
Definition
Damit kann die parenterale Ernährung ersetzt und die Langzeitanwendung von transnasalen Ernährungssonden vermieden werden. Diese werden zum einen vom Patienten als belästigend empfunden, zum anderen bergen sie langfristig die Gefahr einer Ösophagitis.
Damit kann die parenterale Ernährung ersetzt und die Langzeitanwendung von transnasalen Ernährungssonden vermieden werden.
Indikationen. Häufigste Indikationen für die perkutane endoskopische
Indikationen. Häufigste Indikation für die PEG sind: π Stenosen im Rachen bzw. Ösophagus π neurologische Schluckstörungen π Zustände nach ausgedehnter onkologischer Chirurgie bzw. nach Strahlentherapie im Mund/Rachen- und Halsbereich.
Gastrostomie sind Tumorstenosen in Mund und Rachen, Ösophagus und Kardia. Zustände nach ausgedehnter onkologischer Chirurgie bzw. nach Strahlentherapie im Mund/Rachen- und Halsbereich sind ebenfalls wichtige Indikationen für eine PEG. Zu empfehlen ist die Einlage einer PEG vor den erwähnten Therapiemaßnahmen.
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606 π
π π
13 Endoskopie in der Chirurgie
langzeitbeatmete und komatöse Patienten Patienten mit Anorexia nervosa gastrointestinale Dekompression bei Obstruktion durch Peritonealkarzinomatose (umstrittene Indikation).
13.6.1
Technik
Bei neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen, die langfristig mit schweren Schluckstörungen oder Verweigerung einer oralen Ernährung einhergehen, kann die PEG einer Ernährungsstörung vorbeugen. Weitere Indikationen sind: π langzeitbeatmete und komatöse Patienten π Patienten mit Anorexia nervosa π gastrointestinale Dekompression bei Obstruktion durch Peritonealkarzinomatose (umstrittene Indikation).
13.6.1
Technik
Man unterscheidet die »Pull-Technik« und die »Push-Technik«. Für beide Techniken gilt: π Antibiotikaprophylaxe (umstritten) π ggf. Rachenanästhesie π i.v. Sedierung π parenterale Ernährung in den ersten 24 Stunden nach PEG-Anlage.
Es kann die »Pull-Technik« oder die »Push-Technik« angewandt werden. Für beide Techniken gilt: Die Gabe einer Antibiotikaprophylaxe sollte individuell abgewogen werden. Die routinemäßige Antibiotikagabe gilt derzeit als umstritten. Ggf. ist eine Rachenanästhesie mit Xylocain Rachenspray durchzuführen. Die Sedierung kann z.B. mit Midazolam bzw. Diazepam i.v. erfolgen. In den ersten 24 Stunden nach Anlage einer PEG sollte der Patient parenteral ernährt werden.
Pull-Technik ( 1 B-13.15)
Pull-Technik ( 1
Die PEG-Sonde wird via Mund/ Ösophagus in den Magen und anschließend durch die Magen-/Bauchwand gezogen (pull).
Die Einführung des Gerätes erfolgt in Linksseitenlage des Patienten. Nach Absaugung des Mageninhalts zur Vorbeugung einer Aspiration wird der Patient auf den Rücken gelagert und kontinuierlich Luft in den Magen insuffliert. So bekommt die Magenwand Kontakt mit der vorderen Bauchdecke. Unter Diaphanoskopie erfolgt die Bestimmung der Punktionsstelle auf der Bauchhaut, die dann lokal anästhesiert wird. Die perkutane Punktion des Magens mit einer Punktionsnadel erfolgt mit aufgesetzter Kunststoffkanüle unter endoskopischer Kontrolle. Die Punktionsnadel wird entfernt, die Kunststoffhülle belassen, über die die Einführung eines Fadens in den Magen erfolgt.
1 B-13.15
B-13.15)
Synopsis PEG-Anlage in Pull-Technik
a Trokar wird eingeführt.
b Faden wird durchgezogen.
c Sonde anknüpfen und plazieren.
d Fixierte Sonde liegt.
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607
13.7.1 Endoskopische Papillotomie (ETP) Der Faden wird endoskopisch mit einer Zange peroral extrahiert und das orale Fadenende mit der PEG-Sonde extrakorporal fixiert. Durch den Zug am distalen Ende des Fadens (pull) wird der Katheter in den Magen bzw. durch die Punktionsstelle gezogen bis die am gastralen Ende der PEG-Sonde angebrachte Anpressplatte der Magenwand anliegt. Unter mäßigem Zug am extrakorporalen Ende des Katheters erfolgt seine Sicherung durch eine weitere Kunststoffscheibe, um eine Dislokation nach innen zu verhindern.
Variante der Pull-Technik
Variante der Pull-Technik
Die Technik unterscheidet sich von der oben beschriebenen durch Vorschieben der PEG-Sonde über einen Führungsdraht durch den Magen bzw. durch die Punktionsstelle.
Hierbei erfolgt das Vorschieben der PEG-Sonde über einen Führungsdraht.
Push-Technik
Push-Technik
Die direkte Platzierung einer Sonde über eine auseinandernehmbare Punktionskanüle wird seltener angewandt. Die Einlage kann unter endoskopischer Kontrolle erfolgen wobei in seltenen Fällen, wenn z.B. die Einführung eines Endoskops in den Magen gar nicht möglich ist, die Sondenplatzierung auch ohne endoskopische Hilfe unter sonographischer Kontrolle erfolgen kann.
Die Sonde wird direkt über eine auseinandernehmbare Punktionskanüle platziert. Im Gegensatz zur PullTechnik kann die Sonde im Einzelfall auch nur unter sonographischer Kontrolle gelegt werden (Push).
Kontraindikationen. Gerinnungsstörungen oder eine vorhandene Peritoni-
Kontraindikationen π Gerinnungsstörungen π Peritonitis π fehlende Diaphanoskopie.
Komplikationen. Bei strikter Beachtung der Kontraindikationen werden Komplikationen selten beobachtet. Schwere Komplikationen wie Peritonitis, nekrotisierende Fasziitis der Bauchdecke, schwere Blutung an der Einstichstelle am Magen, gastrokolische und enterokolische Fisteln oder auch Aspiration werden in 3–9 % der Fälle angegeben. Leichte peritoneale Reizungen mit oder ohne freie Luft im Abdomen sollten zunächst nur beobachtet bzw. konservativ behandelt werden. Spätere Komplikationen wie z.B. Entzündung an der Hauteinstichstelle oder Dislokation durch die Haut, sind in der Regel auf unzureichende Hygiene bzw. unsachgemäße Handhabung der PEG-Sonde zurückzuführen.
Komplikationen. Bei strikter Beachtung der Kontraindikationen sind Komplikationen sehr selten. Nachblutungen, Peritonitis, Fisteln oder Aspiration treten in 3–9 % der Fälle auf.
tis sind Kontraindikationen. Bei fehlender Diaphanoskopie, d.h. die Magenwand liegt nicht der Bauchwand an, sollte der Eingriff unterbleiben.
13.7
13.7.1
Endoskopische Therapie an der Papilla Vateri und am Gallengangssystem Endoskopische Papillotomie (EPT)
n Definition. Die endoskopische Papillotomie (EPT) ist eine Spaltung der Papille mit einem Papillotom (eine Spezialsonde, die mit einem Schneidedraht versehen ist, der Verbindung zu einer Diathermiequelle hat) unter endoskopischer Sicht ( 1 B-13.16).
13.7
Endoskopische Therapie an der Papilla Vateri und am Gallengangssystem
13.7.1 Endoskopische Papillotomie (EPT) Definition
Indikationen. Man unterscheidet diagnostische und therapeutische Indika-
tionen ( 2 B-13.5). Die häufigste Indikation zur Papillotomie ist die Choledocholithiasis (s. a. Kap. B-8.4.3).
Indikationen. Man unterscheidet diagnostische und therapeutische Indikationen ( 2 B-13.5). Die häufigste Indikation ist die Choledocholithiasis.
Kontraindikationen. Schwere Gerinnungsstörungen, keine Aussicht auf Erfolg (z.B. Papille aus anatomischen Gründen nicht erreichbar, bei nicht biliärer Pankreatitis) sind Kontraindikationen.
Kontraindikationen. Schwere Gerinnungsstörungen und fehlende Erfolgsaussicht.
Komplikationen. Die Komplikationsrate weist abhängig von der Erfahrung
Komplikationen. Häufigste Komplikation ist die Pankreatitis (1–3 %),
des Untersuchers und der angewandten Technik eine große Schwankungs-
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608
13 Endoskopie in der Chirurgie
1 B-13.16
Endoskopische Papillotomie (EPT) Spaltung der Papille mit einem Papillotom.
2 B-13.5
Indikationen zur endoskopischen Papillotomie
Diagnostische Indikationen
Therapeutische Indikationen
N V. a. endophytisch wachsendes n Adenom der Papille
N eingeklemmter Stein n
N V.a. retropapillären Tumor n (Biopsien aus der Schnittfläche der EPT bzw. transpapilläre Biopsien) N Zugang zum Gallengang n (schwierige Fälle wo die ERC nicht gelingt)
N Papillenstenose (entzündlich n oder neoplastisch) N erster Schritt für weitere Eingriffe n am biliopankreatischen System (z.B.: Steinextraktion aus Gallenbzw. Pankreasgang, Endoprothetik von Gallen- und Pankreasgang)
N perorale Cholangioskopie n Blutung (1-2 %) und Perforation (ca. 1 %). Die Letalität beträgt ca. 0,5 %.
breite auf (5–10 %). Wichtigste Komplikationen sind Pankreatitis (1–3 %), Blutung (1–2 %) und Perforation (ca. 1 %). Die Letalität liegt bei ca. 0,5 % (in multizentrischer Untersuchung neueren Datums).
13.7.2 Endoskopische Papillektomie
13.7.2
Die endoskopische Abtragung der Papille mit einer Diathermieschlinge wird zur Entfernung von Papillenadenomen eingesetzt ( 1 B-13.17).
Die endoskopische Abtragung der Papille mit einer Diathermieschlinge wird zur Entfernung von Papillenadenomen eingesetzt ( 1 B-13.17).
Endoskopische Papillektomie
1 B-13.17
Endoskopische Abtragung von Papillenadenomen 1
2
a Papillenadenom ( Á) – endoskopische Abtragung.
b Mündung vom Ductus choledochus (1) und Ductus Wirsungianus (2) (Ductus pancreaticus) nach endoskopischer Papillektomie.
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13.7.3 Endoskopische Steinextraktion
609
Zum Ausschluss eines zur Tiefe hin bereits invasiv wachsenden Karzinoms (z.B. bei histologisch nachgewiesenen hochgradigen Dysplasien oder nicht eindeutigen Befunden) ist die Endosonographie (EUS) die Methode der Wahl ( 1 B-13.18).
Vor der Papillektomie sollte zum Ausschluss eines invasiven Karzinoms eine Endosonographie (EUS) durchgeführt werden ( 1 B-13.18).
1 B-13.18
Endosonographie der Papilla Vateri
1 2 3 4 2
1 a Papillenadenom (1 = Mukosa, 2 = Submukosa, 3 = Muscularis propria, 4 = Adenom).
3
b Papillenkarzinom mit Infiltration der Submukosa (1 = Mukosa, 2 = Submukosa, 3 = Karzinom).
Der endoskopische Ultraschall ermöglicht darüber hinaus eine Beurteilung des distalen Gallengangs. Bei Verdacht einer intraduktalen Ausbreitung des Adenoms ist zur weiteren Planung der Therapie die perorale Cholangioskopie indiziert.
Die EUS ermöglicht darüber hinaus eine Beurteilung des distalen Gallengangs. Bei Verdacht auf intraduktale Adenomausbreitung ist die perorale Cholangioskopie indiziert.
Kontraindikationen. Sie bestehen wie bei der endoskopischen Papillotomie (EPT) und beim Nachweis eines bereits invasiven Karzinoms. Bei nicht eindeutigen Befunden kann abhängig vom Alter des Patienten und Operationsrisiko das weitere Vorgehen von der Histologie des endoskopischen Resektates abhängig gemacht werden.
Kontraindikationen. Sie bestehen wie bei der EPT und beim Nachweis eines bereits invasiven Karzinoms.
Komplikationen. Häufigste Komplikationen sind vorwiegend die Pankreatitis und die Blutung, die in der Literatur mit 2–8 % angegeben werden.
Komplikationen. Häufigste Komplikationen sind die Pankreatitis und die Blutung (2–8 %).
n Merke. Aufgrund der Möglichkeit eines Rezidivs sind regelmäßige endoskopische und ggf. endosonographische Kontrollen angezeigt.
13.7.3
Endoskopische Steinextraktion
Die endoskopische Therapie ist die Methode der Wahl für die Behandlung der Choledocholithiasis sowohl beim akuten Gallengangsverschluss als auch elektiv. Bei gleichzeitiger Cholezysto-/Choledocholithiasis ist aufgrund der geringeren Morbidität ebenfalls die endoskopische Extraktion der Gallengangssteine vor der Cholezystektomie angezeigt. π Technik: Die Steinextraktion erfolgt nach EPT mit einem Dormia-Körbchen oder Ballonkatheter ( 1 B-13.19). Konkremente, die aufgrund ihrer Größe nicht extrahierbar sind, können mit einem Körbchen, das über eine Metallsonde verfügt oder einen Metallschlauch, der über das Dormia-Körbchen nach Entfernung des Endoskops eingeführt wird, mechanisch zertrümmert werden ( 1 B-13.20).
Merke
13.7.3 Endoskopische Steinextraktion Die endoskopische Steinextraktion ist aufgrund ihrer Effektivität und geringer Morbidität die Methode der Wahl zur Behandlung der Choledocholithiasis. Dasselbe gilt bei Vorliegen einer gleichzeitigen Cholezysto-/Choledocholithiasis. Technik: Die Steinextraktion erfolgt nach EPT mit einem Dormia-Körbchen oder Ballonkatheter ( 1 B-13.19).
π
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610
13 Endoskopie in der Chirurgie
1 B-13.19
Steinextraktion mit Dormia-Körbchen Endoskopische Steinextraktion mit Dormia-Körbchen ( Á) bei Choledocholithiasis.
1 B-13.20
Mechanische Lithotripsie
1 3 2 a Mechanischer Lithotriptor zur transendoskopischen Anwendung.
b Mechanische Lithotripsie nach vorheriger Entfernung des Endoskops (1 = Stein, 2 = Dormia-Körbchen, 3 = Metallsonde des mechanischen Lithotriptors).
c Transendoskopische mechanische Lithotripsie.
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611
13.7.4 Gallengangsdränage Bei Steinen, die im Gallengang eingeklemmt sind (Dormia-Körbchen kann nicht geöffnet werden) oder die wegen ihres Durchmessers mit dem Körbchen nicht fassbar sind, kann die intraduktale Steinzertrümmerung mittels EHL (Elektrohydraulische Lithotripsie) oder Laserlithotripsie eingesetzt werden. Die intraduktale Lithotripsie mit EHL oder Laser wird unter endoskopischer Sicht über ein Cholangioskop (Babyskop) durchgeführt ( 1 B-13.21).
1 B-13.21
Bei sehr großen oder im Gallengang eingeklemmten Steinen kann eine intraduktale Steinzertrümmerung z.B. mit EHL oder Laser unter endoskopischer Sicht über ein Cholangioskop (Babyskop) durchgeführt werden ( 1 B-13.21).
Intraduktale Lithotripsie Intraduktale EHL-Lithotripsie unter endoskopischer Sicht durch perorale Cholangioskopie. 1 = Motherskop, 2 = Babyskop, der Choledochusstein (3) ist bereits partiell zertrümmert.
3
2 1
Das Babyskop wird über den Arbeitskanal eines speziellen Endoskops (Motherskop) unter Sicht in den Gallengang eingeführt (der Laser mit Steinerkennungssystem kann auch ohne endoskopische Kontrolle im Gallengang eingesetzt werden). Die extrakorporale Stoßwellen-Lithotripsie (ESWL) wird bei endoskopisch nicht erreichbaren Steinen (intrahepatisch gelegen) oder als Alternative zur intraduktalen endoskopischen Therapie angewandt.
Endoskopisch nicht erreichbare Steine können durch ESWL erfolgreich behandelt werden.
Ergebnisse. Abhängig vom Patientenkollektiv können bis zu 99 % der Gal-
Ergebnisse. Fast alle Patienten mit Gallengangssteinen können endoskopisch erfolgreich behandelt werden. In den meisten Fällen gelingt die Extraktion mit dem Dormia-Körbchen bzw. der Ballonsonde.
Komplikationen. Sie entsprechen im Wesentlichen denen der EPT (s. o.).
Komplikationen. Die Cholangitis durch Steineinklemmung bzw. unzureichende Dränage ist mittlerweile selten.
lengangssteine endoskopisch entfernt werden, wobei in den meisten Fällen (ca. 85 %) die Extraktion mit dem Dormia-Körbchen bzw. der Ballonsonde möglich ist. In einigen Fällen ist die endoskopische Steinextraktion nicht durchführbar (z.B. Papille nicht erreichbar bei vorausgegangenen Operationen am GI-Trakt, Gallengangsstrikturen mit proximal gelegenen Steinen).
Die Cholangitis durch Steineinklemmung bzw. unzureichender Dränage ist aufgrund der verschiedenen Lithotripsieverfahren und Möglichkeiten der endoskopischen Gallengangsdränage inzwischen eine seltene Komplikation.
13.7.4
Gallengangsdränage
Die Dränage des Gallengangs wird sowohl bei malignen als auch bei benignen Erkrankungen des Gallengangssystems angewandt. Dabei kann es sich um eine vorübergehende oder definitive therapeutische Maßnahme handeln.
13.7.4
Gallengangsdränage
Die Dränage des Gallengangs wird sowohl bei malignen als auch bei benignen Erkrankungen des Gallengangssystems angewandt.
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612
13 Endoskopie in der Chirurgie
Indikationen. Häufigste Indikationen sind Gallengangsstrikturen bei Pankreaskopf- bzw. Gallengangskarzinomen.
Indikationen. Häufigste Indikationen sind maligne Gallengangsstrikturen,
Weitere Indikationen sind gegeben bei benignen Stenosen und iatrogenen Leckagen (z.B. nach Cholezystektomie).
z.B. Pankreaskopfkarzinom, Papillenkarzinom, Gallengangs- oder Gallenblasenkarzinom oder Strikturen durch Metastasen. Bei benignen Gallengangsstenosen, z.B. bei chronischer Pankreatitis, bei primär sklerosierender Cholangitis, iatrogenen Strikturen nach Gallengangschirurgie oder nach Lebertransplantation ist die Dränage des Gallengangssystems häufig indiziert. Weitere Indikationen sind Gallengangsleckagen, die iatrogen nach chirurgischen Eingriffen (z.B. Cholezystektomie, Leberteilresektion) oder traumatisch entstanden sind.
Technik
Technik
Sowohl die Kunststoffprothesen als auch die Metallstents werden nach Seldinger-Technik über einen zuvor platzierten Führungsdraht unter endoskopischer und radiologischer Kontrolle eingeführt ( 1 B-13.22).
Die Dränage kann durch nasobiliäre Sonden, Endoprothesen oder Metallstents erfolgen. Vor einer Gallengangsdränage erfolgt in der Regel eine sparsame endoskopische Papillotomie (EPT). Anschließend erfolgt die Platzierung eines Führungsdrahts, der mit Hilfe eines Dilatators (verjüngter French-7-Kunststoffkatheter) eingeführt wird. Je nach Bedarf wird eine Bougierung der Stenose mit Ballon oder Dilatator durchgeführt. Danach wird die Dränage über den liegenden Führungsdraht ggf. mit Hilfe eines Schiebekatheters (»Pusher« bei Endoprothesen) eingeführt ( 1 B-13.22).
1 B-13.22
Gallengangsdränage
a Abbruch des Gallengangs bei Gallengangskarzinom. Die Stenose wurde mit Führungsdraht und Dilatator passiert.
b Darstellung des Gallengangssystems proximal der Stenose.
c Endoprothese in situ.
Nasobiliäre Sonde
Nasobiliäre Sonde
Hierbei wird eine Sonde transpapillär in den Gallengang eingeführt und über den Magen transnasal abgeleitet ( 1 B-13.23 »Pigtail«).
Ein ca. 200 cm langer und 7 French dicker Kunststoffschlauch wird transpapillär unter endoskopischer Sicht und radiologischer Kontrolle in den Gallengang eingeführt und über den Magen transnasal abgeleitet (externe Dränage). Zur Vermeidung einer Dislokation ist das Gallengangsende der Sonde gekrümmt (»Pigtail«; 1 B-13.23).
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13.7.4 Gallengangsdränage
1 B-13.23
Gallengangsdränage mit nasobiliärer Sonde
Indikationen. Diese Methode eignet sich zur kurzfristigen, passageren Gal-
Indikationen. Diese Methode eignet sich vor allem zur kurzfristigen, passageren Gallengangsdränage bei Verschlussikterus.
Kontraindikationen und Komplikationen. Sie entsprechen denen der EPT.
Kontraindikationen und Komplikationen. Sie entsprechen denen der EPT.
lengangsdränage bei Verschlussikterus (s. a. Kap. B-8.3.3). Sie findet bei der eitrigen Cholangitis Verwendung mit der Möglichkeit der Gallengangsspülung. Eine seltene Indikation ist die chemische Litholyse (Steinauflösung). Weiterhin wird die nasobiliäre Sonde bei der Lithotripsie durch EHL angewendet.
n Merke. Bei einer nasobiliären Sonde besteht die Gefahr eines Gallenverlustsyndroms.
Merke
Endoprothesen
Endoprothesen
Endoprothesen werden zur langfristigen Dränage des Gallengangs (innere Dränage) eingesetzt. Es stehen verschiedene Modelle von Endoprothesen unterschiedlichen Durchmessers (meistens French 7, 10 bzw. 12) und Materials (meistens Polyethylen oder Teflon) zur Verfügung.
Endoprothesen werden zur langfristigen Dränage des Gallenganges beim malignen Verschlussikterus oder bei benignen Stenosen eingesetzt.
Indikationen. Sie werden eingesetzt zur definitiven Palliation beim malig-
nen Verschlussikterus oder auch zur langfristigen bzw. mittelfristigen Dränage des Gallengangs bei benignen Stenosen bzw. Leckagen (s. o.).
Selbstexpandierende Metallstents
Selbstexpandierende Metallstents
Selbstexpandierende Metallstents kommen vor allem bei malignen Stenosen zur definitiven Palliation zum Einsatz. Da die meisten dieser Stents nicht oder nur unter Inkaufnahme erheblicher Gallengangsverletzungen entfernt werden können, ist die Anwendung bei benignen Stenosen z.Z. nicht zu empfehlen. Es stehen unterschiedliche Metallstents zur Verfügung: Strecker-Stent, Wall-Stent, Endo-Coil, Gian-Turco. Diese werden in nicht entfaltetem Zustand, montiert auf ein Trägersystem (unterschiedliche Kunststoffkatheter) über einen zunächst gelegten Führungsdraht, in den Gallengang eingeführt. Nach exakter Platzierung und unter Berücksichtigung der Verkürzung, die bei den meisten dieser Stents bei der Entfaltung stattfindet, wird der Metallstent freigesetzt ( 1 B-13.24).
Selbstexpandierende Metallstents kommen vor allem bei malignen Stenosen zur definitiven Palliation zum Einsatz ( 1 B-13.24).
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13 Endoskopie in der Chirurgie
1 B-13.24
Selbstexpandierender Metallstent Dränage des Gallengangssystems mit einem selbstexpandierenden Metallstent (Endo-Coil).
Ergebnisse der Gallengangsdränage
Ergebnisse der Gallengangsdränage
Die endoskopische Gallengangsdränage ist bei Patienten mit malignen Stenosen in ca. 85 % möglich.
Der Erfolg der endoskopischen Gallengangsdränage hängt vom Erfolg der Gallengangsintubation und Lokalisation bzw. Schweregrad der Stenose ab. In ca. 85 % aller Fälle ist eine endoskopische Gallengangsdränage möglich, wobei der Erfolg des endoskopischen Eingriffes von der Lokalisation der Stenose abhängt.
Kontraindikationen. Bei intrahepatischer Tumorausdehnung bzw. beim Befall mehrerer intrahepatischer Gänge ist keine nennenswerte Besserung zu erwarten.
Kontraindikationen (s. EPT, S. 607). Wenn aufgrund der intrahepatischen
Komplikationen. Die eingriffsbedingte Komplikationsrate der Gallengangsdränage mit Kunststoffendoprothesen beträgt ca. 4 %, die Letalität < 1 %.
Komplikationen. Die eingriffsbedingte Komplikationsrate der Gallengangsdränage mit Kunststoffendoprothesen beträgt ca. 4 %, die Letalität < 1 %.
Schwerwiegendste Komplikationen sind die Pankreatitis, Blutungen und die Perforation durch Papillotomie und seltener durch den Führungsdraht. Häufigste Langzeitkomplikation ist die Dislokation und die Verstopfung der Prothese mit nachfolgender Cholestase bzw. Cholangitis.
Endoprothesen vs. Stents. Die Entscheidung zwischen Stents und Endoprothesen muss neben der zu erwartenden Überlebenszeit des Patienten (bei Karzinomen) und der Neigung zur Verstopfung auch unter Berücksichtigung der Kosten individuell getroffen werden.
Tumorausdehnung bzw. dem Befall mehrerer intrahepatischer Gänge keine nennenswerte Besserung zu erwarten ist, bzw. das Risiko einer Verschlechterung der Verschlusssymptomatik relativ groß ist, sollte die Gallengangsdränage unterbleiben.
Ähnliche Komplikationsraten bestehen für Kunststoffendoprothesen bzw. selbstexpandierende Metallstents. Schwerwiegendste Komplikationen sind die Pankreatitis, Blutungen und die Perforation durch Papillotomie und seltener durch den Führungsdraht. Häufigste Langzeitkomplikation ist die Dislokation und die Verstopfung der Endoprothesen mit nachfolgender Cholangitis. Seltener sind Verletzungen der Duodenalwand durch das distale Ende der Endoprothesen. Die Gefahr der Dislokation ist bei den Metallstents kaum gegeben. Die langfristige Verstopfung der Stents ist vorwiegend auf den Tumoreinwuchs durch den Maschendraht des Stents zurückzuführen. Um diesem Problem entgegenzutreten, stehen neuerdings mit Kunststoff ummantelte Stents zur Verfügung.
Endoprothesen vs. Stents. Es wurde festgestellt, dass Stents signifikant länger als Endoprothesen den gewünschten Dränageeffekt gewährleisten. Neuerdings wurde jedoch über ähnlich gute Ergebnisse durch Anwendung von sogenannten »Tannenbaumendoprothesen« berichtet (nicht verjüngte Teflonendoprothesen ohne Seitenlöcher). Endoprothesen sind z. Z. um ein Vielfaches kostengünstiger als Stents. Kunststoffprothesen werden in der Regel bevorzugt, wobei die Entscheidung im Einzelfall vor allem unter Berücksichtigung der Langzeitprognose des Patienten getroffen werden muss.
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615
13.8.2 Pankreasgangdränage
13.8
Endoskopische Therapie am Pankreas
Indikationen. Häufigste Indikationen für eine endoskopische Behandlung am Pankreas sind Obstruktionen des Pankreasgangs (Stenosen oder Steine), Pseudozysten- und Fistelbildung. Wichtigste Eingriffe sind daher die endoskopische Papillotomie (EPT) des Pankreassphinkters, Gangdränage bei Stenosen, Steinextraktion, Dränage von Pseudozysten und Verklebung von Fisteln. Ziel der endoskopischen Therapie ist abgesehen von der Behandlung von Pseudozysten und Fisteln die Beseitigung der Schmerzen und die Vermeidung von Rezidivschüben bei der chronischen Pankreatitis. Die Indikation zur endoskopischen Pankreasgangdränage ist gegeben, sofern aufgrund der Pankreasgangveränderungen anzunehmen ist, dass die Obstruktion eine wesentliche Rolle in der Pathogenese der Schmerzen und bei Rezidivschüben spielt. 13.8.1
Endoskopische Papillotomie (EPT)
Die endoskopische Inzision der Pankreasgangmündung ist in der Regel der erste Schritt bei der Dränage des Pankreasganges bzw. bei der Behandlung von Pankreasgangsteinen (s. a. S. 616). Die EPT als alleinige Maßnahme bei Stenosen, die auf den Papillenbereich begrenzt sind, ist nur selten indiziert (z.B. Pancreas divisum).
13.8.2
Pankreasgangdränage
13.8
Endoskopische Therapie am Pankreas
Indikationen. Häufigste Indikationen für eine endoskopische Behandlung am Pankreas sind Obstruktionen des Pankreasgangs (Stenosen oder Steine), Pseudozysten- und Fistelbildung. Ziel der endoskopischen Therapie ist neben der Behandlung von Pseudozysten und Fisteln die Beseitigung der Schmerzen und die Vermeidung von Rezidivschüben bei der chronischen Pankreatitis.
13.8.1 Endoskopische Papillotomie (EPT) Die EPT ist in der Regel der erste Schritt bei der Dränage des Pankreasganges bzw. bei der Behandlung von Pankreasgangsteinen. Die EPT als alleinige Maßnahme bei Stenosen, die auf den Papillenbereich begrenzt sind, ist nur selten indiziert (z.B. Pancreas divisum). 13.8.2 Pankreasgangdränage
Zur Überbrückung der Pankreasgangstenosen und Wiederherstellung bzw. Verbesserung des Pankreassaftabflusses mit entsprechender Druckminderung im Pankreasgangsystem werden Kunststoffendoprothesen in den Pankreasgang eingeführt.
Zur Überbrückung der Pankreasgangstenosen werden Kunststoffendoprothesen in den Pankreasgang eingeführt.
Technik
Technik
Bei der Dränage über die Papilla major wird in der Regel zunächst eine endoskopische Papillotomie (EPT) der Pankreasgangmündung durchgeführt. Anschließend erfolgt die Einführung eines Führungsdrahts, der mit Hilfe eines an der Spitze verjüngten Katheters (Dilatator) über die Stenose hinaus in den Pankreasgang platziert wird. Über diesen liegenden Führungsdraht wird nun die Endoprothese in der Regel mit einem French 7 bzw. 10 Durchmesser und multiplen Seitenlöchern wie die Gallengangsendoprothesen transpapillär eingeführt ( 1 B-13.25).
Über einen Führungsdraht erfolgt die Einführung eines dünnen Plastikkatheters mit multiplen Seitenlöchern, um den Abfluss des Pankreassaftes zu erleichtern ( 1 B-13.25).
1 B-13.25
Pankreasgangdränage bei chronischer obstruktiver Pankreatitis
b Endoprothese in dem dilatierten a Endoskopische transpapilläre Pankreasgang. Platzierung eines Führungsdrahts in den deutlich dilatierten Pankreasgang.
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13 Endoskopie in der Chirurgie Die Dränage von benignen Pankreasgangstenosen mit selbstexpandierenden Metallstents kann wegen noch unzureichender klinischer Erfahrung z.Z. nicht empfohlen werden.
Ergebnisse. Langfristige Besserung der Schmerzsymptomatik wird bei 50–80 % der Patienten erreicht.
Ergebnisse. Die Erfolgsrate aus endoskopisch-technischer Sicht beträgt
Komplikationen. Wichtigste eingriffsbedingte Komplikation ist die Pankreatitis. Die eingriffsbedingte Morbidität ist meist < 10 %. Problematisch bleibt die Verstopfung der Endoprothesen.
Komplikationen. Wichtigste eingriffsbedingte Komplikation ist die Pankreatitis. Die eingriffsbedingte Morbidität liegt meistens < 10 %, wobei Angaben bis 18 % vorliegen. Langfristig ist die Verstopfung der Endoprothesen ein bisher nicht gelöstes Problem.
13.8.3 Entfernung von Pankreasgangsteinen Technik
13.8.3
ESWL nach EPT der Pankreasgangmündung ist das übliche Vorgehen bei der nicht chirurgischen Therapie der Pankreasgangsteine.
Die Steinextraktion aus dem Pankreasgang kann mit dem Dormia-Körbchen nach vorheriger EPT erfolgen. Dabei ergeben sich jedoch meistens erhebliche technische Schwierigkeiten aufgrund der Größe und Konsistenz der Steine als auch aufgrund von Stenosen am Pankreasgang. Meistens erfolgt die Behandlung daher durch die ESWL-Zertrümmerung der Steine nach vorheriger EPT. Kleine, solitäre Pankreassteine können nach Papillotomie endoskopisch extrahiert werden. Bei großen, impaktierten bzw. multiplen Steinen wird in der Regel die ESWL-Therapie nach vorheriger EPT des Pankreasganges eingesetzt. Eine weitere Möglichkeit der Lithotripsie, die jedoch nur selten eingesetzt wird, ist die pankreatikoskopische Zertrümmerung mit Laser. Die Pankreatikoskopie kann vielmehr aus diagnostischen Gründen erforderlich sein (Pankreasstein vs. intraduktaler Tumor).
Die kleinen Fragmente gehen spontan ab oder werden bei der Kontroll-ERP endoskopisch entfernt.
Eine weitere Möglichkeit ist die pankreatikoskopische Zertrümmerung mit Laser.
87–94 % wobei mit einem initialen klinischen Erfolg von 75–ca. 90 % zu rechnen ist. Die in der Literatur angegebenen Raten bezüglich der langfristigen Besserung der Schmerzsymptomatik schwanken zwischen 50–80 %.
Entfernung von Pankreasgangsteinen
Technik
Ergebnisse. Die vollständige Steinbeseitigung durch ESWL beträgt ca. 52–90 %.
Ergebnisse. Die Fragmentationsrate durch die ESWL wird mit 88–100 %
Komplikationen. Es sind keine nennenswerten Komplikationen bekannt.
Komplikationen. Nennenswerte Komplikationen durch die ESWL-Therapie
13.8.4 Dränage von Pseudozysten und Abszessen Nach Bildung eines flüssigkeitsgefüllten Hohlraums im Pankreas wird empfohlen, 6–8 Wochen bis zur Dränage verstreichen zu lassen. In dieser Zeit kommt es häufig zu einer spontanen Rückbildung bzw. zur besseren Abkapselung der Pseudozyste.
13.8.4
Technik
Technik
Die endoskopische Zystendränage kann transgastral, transduodenal und transpapillär erfolgen.
Die Dränage kann transgastral bzw. -duodenal oder transpapillär erfolgen und wird nach dem Seldinger-Prinzip durch Einlage einer Endoprothese bzw. nasozystischen Sonde durchgeführt, die ähnlich einer na-
angegeben, wobei die unterschiedlichen Angaben bezüglich der vollständigen Steinbeseitigung aus dem Gang zwischen 52–90 % sowohl von der Technik der ESWL-Behandlung als auch von der Patientenselektion abhängen dürfte.
der Pankreasgangsteine sind nicht bekannt.
Dränage von Pseudozysten und Abszessen
Nach Bildung eines flüssigkeitsgefüllten Hohlraums im Pankreas wird empfohlen, 6–8 Wochen bis zur Dränage verstreichen zu lassen. In dieser Zeit kommt es häufig zu einer spontanen Rückbildung bzw. zur besseren Abkapselung der Pseudozyste. Nach dieser Zeit ist ein deutlicher Anstieg der durch die Pseudozysten verursachten Komplikationen zu verzeichnen (s. a. S. 559). Der Zeitpunkt des Eingriffs sollte individuell je nach klinischem Verlauf und den Befunden bildgebender Verfahren (Sonographie, Computertomographie und ggf. Endosonographie), ggf. auch vor Ablauf der oben angegebenen Zeitspanne, bestimmt werden.
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13.8.4 Dränage von Pseudozysten und Abszessen
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sobiliären Sonde über den Magen durch die Nase herausgeleitet wird ( 1 B-13.26).
1 B-13.26
Dränage einer Pankreaspseudozyste
a Röntgenologische Darstellung einer Pankreaspseudozyste nach transgastraler Punktion (Á).
c Darstellung einer kleinen Resthöhle nach 2 Wochen ( Á).
b Dränage der Pseudozyste durch eine French-10Endoprothese (Á) plus French 7 nasozystische Sonde.
Die transpapilläre Dränage erfolgt nach vorheriger EPT der Pankreasgangmündung. Voraussetzung ist eine durch die ERP nachgewiesene Verbindung zwischen Pseudozyste und Ductus pancreaticus. Sie ist besonders bei gleichzeitiger Obstruktion des Pankreasgangs angezeigt. Bei der transgastralen bzw. -duodenalen Dränage wird die Punktionsstelle endoskopisch festgelegt, was bei entsprechender Vorwölbung der Wand des Gastrointestinaltrakts durch Impression der Pseudozyste relativ unproblematisch ist. Eine »Probepunktion« ist seit Einführung der Endosonographie nicht mehr oder nur noch selten erforderlich. Die transgastrale bzw. -duodenale Punktion kann z.B. mit einem Fistulotom oder einem Nadelpapillotom erfolgen.
Die endoskopische Pseudozystendränage erfolgt durch Ableitung über eine Endoprothese und/oder nasozystische Sonde ( 1 B-13.26).
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Bei infizierten Pseudozysten ist die Einlage einer zusätzlichen Endoprothese zur Spülung angezeigt.
13 Endoskopie in der Chirurgie Danach wird die Dränage nach dem Seldinger-Prinzip durchgeführt. Pseudozysten mit klarem Zysteninhalt können durch Einlage einer Endoprothese dräniert werden. Bei infizierten Pseudozysten oder Zysteninhalt mit nekrotischem Material ist die Entlastung mit einer nasozystischen Sonde und wenn möglich mit zusätzlicher Endoprothese zu empfehlen. Damit kann die Spülung der Zystenhöhle sichergestellt werden.
Rolle der Endosonographie (EUS)
Rolle der Endosonographie (EUS)
Durch die EUS sind zuverlässige Aussagen möglich über: Lokalisation der Zyste, Verbindung mit dem Pankreasgang und das Vorhandensein eines Kollateralkreislaufs.
Durch die EUS ist eine zuverlässige Aussage zur Lokalisation der Zyste und Beziehung zur Wand des GI-Trakts möglich. Durch ihre Anwendung kann der Durchmesser des Pankreasgangs exakt bestimmt und evtl. Verbindungen zwischen Ductus Wirsungianus (pancreaticus) und Zystenhöhle nachgewiesen werden (wichtig zur Klärung der Frage, ob ggf. eine zusätzliche Dränage des Pankreasgangs erforderlich ist). Bei Vorliegen eines Kollateralkreislaufs können gestaute Gefäße sowohl zwischen Pseudozyste und Magenwand als auch in der Magenwand endosonographisch frühzeitig erfasst werden (der Nachweis von Magenwandvarizen gelingt mit der EUS früher als mit der Endoskopie allein). Pseudozysten die zwar der Wand des GI-Trakts anliegen, jedoch keine endoskopisch nachweisbare Wandvorwölbung verursachen, können auch bei gleichzeitig vorliegendem Kollateralkreislauf mit Beteiligung der Magenwand heute durch die Anwendung der EUS endoskopisch dräniert werden.
Durch die EUS ist die endoskopische Dränage von Pseudozysten ohne Impression der Magen- bzw. Duodenalwand möglich. Ergebnisse. Die definitive Zystenbeseitigung gelingt durch Endoskopie in 65–86 % der Fälle. Bei persistierender Zyste ist eine Verbindung mit dem Pankreasgang wahrscheinlich, daher sollte die Dränage des Wirsungianus erwogen werden.
Ergebnisse. Die endoskopische Dränage von Pseudozysten gelingt in 95 %
Komplikationen. Wichtigste eingriffsbedingte Komplikationen sind Blutung, Infektion und Perforation.
Komplikationen. Wichtigste eingriffsbedingte Komplikationen sind Blu-
Merke
Kontraindikationen. Pseudozysten, die der Wand des GI-Trakts nicht anliegen und keine Verbindung zum Pankreasgangsystem zeigen, sind für die endoskopische Dränage ungeeignet.
der Fälle (Daten aus der Zeit ohne Anwendung der EUS). Eine definitive Beseitigung der Zysten gelingt in ca. 65–86 % der Fälle. Bei persistierender Zyste trotz ausreichender Dränage bzw. frühzeitigem Rezidiv muss der Verdacht auf eine Verbindung zwischen Zystenhöhle und Pankreasgangsystem bei obstruktiver Pankreatitis erhoben und die Pankreasgangdränage diskutiert werden.
tung, Infektion und Perforation. Die in der Literatur angegebenen Komplikationsraten liegen zwischen 11–16 %, wobei in Zukunft durch Anwendung der EUS mit einer geringeren Komplikationsrate gerechnet werden kann. n Merke. Wichtigste mittel- und langfristige Komplikation ist die Infektion durch Verstopfung der Endoprothese. Daher sind wöchentliche, bei entsprechender Symptomatik auch kurzfristigere endoskopische Kontrollen erforderlich.
Kontraindikationen. Pseudozysten, die der Wand des GI-Trakts nicht anliegen und keine Verbindung zum Pankreasgangsystem zeigen, sind für die endoskopische Dränage ungeeignet. Ungeeignet sind auch Hohlräume mit einem breiigen nekrotischen Inhalt, der durch Endoprothesen und nasozystische Sonden nicht dränierbar ist. Eine ausgedehnte Kammerung der Zystenhöhlen stellt ebenfalls eine grenzwertige Indikation dar.
Fistelverklebung
13.8.5 Fistelverklebung
13.8.5
Eine Verklebung von Fistelgängen wird durch gezielte Einbringung von Fibrinkleber in den Fistelgang erreicht.
Eine Verklebung von Fistelgängen wird durch gezielte Einbringung von Fibrinkleber in den Fistelgang erreicht. Die Fistelverklebung kann transpapillär oder perkutan (bei kutanen Fisteln) erfolgen, wobei ggf. auch der transgastrale oder -duodenale Weg gewählt werden kann bei entsprechender Öffnung von Fistelgängen in diesen Organen. Die Indikation kann sich bei chronischer Pankreatitis (s. a. Kap. B-11.5.2), nach unfallbedingten Verletzungen des Pankreasgangsystems und nach chirurgischen Eingriffen ergeben.
Die Indikation kann sich bei chronischer Pankreatitis und nach Verletzungen des Pankreasgangsystems ergeben.
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13.9 Polypektomie im Gastrointestinaltrakt Vor Behandlung einer Fistel muss grundsätzlich geklärt werden, ob ggf. eine Obstruktion am Pankreasgang vorliegt (ggf. gleichzeitige Therapie durch Dränage des Pankreasgangsystems). Dränagebedürftige Pseudozysten, die durch die Fistelverklebung beeinflusst werden könnten (Infektionsgefahr), sollten ausgeschlossen bzw. zunächst entsprechend therapiert werden.
13.9
Polypektomie im Gastrointestinaltrakt
n Definition. Polypen sind erhabene Schleimhautveränderungen, die in das Lumen hineinragen. Sie können entzündlicher oder neoplastischer Natur sein und treten im gesamten GI-Trakt auf, am häufigsten jedoch im Kolon und Rektum.
Die histologische Differenzierung und die Feststellung der Dignität ist nur anhand der Aufarbeitung des gesamten Polypen zuverlässig möglich. n Merke. Die Polypektomie ist daher sowohl ein diagnostischer als auch therapeutischer Eingriff.
Technik
Ggf. Fistelverklebung mit Dränage des Pankreasgangs kombinieren.
13.9
Polypektomie im Gastrointestinaltrakt
Definition
Die genaue Histologie ist nur anhand der Aufarbeitung des gesamten Polypen möglich. Merke
Technik
n Merke. Alle bei einer Koloskopie festgestellten Polypen sollten gleichzeitig vollständig entfernt werden.
Die endoskopische Polypenabtragung erfolgt mit einer Diathermieschlinge, wobei die Schlingenwahl von der Art (breitbasig oder gestielt) und Größe des Polypen abhängt ( 1 B-13.27, 1 B-13.28).
1 B-13.27
Vor Verklebung einer Pankreasgangfistel sollte man eine Obstruktion am Pankreasgang ausschließen.
Merke
Die endoskopische Polypenabtragung erfolgt mit einer Diathermieschlinge ( 1 B-13.27, 1 B-13.28).
Polypektomie
a Gestielter Kolonpolyp.
b Polypektomie mit der Diathermieschlinge.
Die Bergung des abgetragenen Polypen kann mit derselben Schlinge, durch Ansaugung mit dem Endoskop oder mit verschiedenen Greifern erfolgen. Zur Blutungsprophylaxe kann bei dickgestielten und flachen, breitbasigen Polypen die Injektion des Stiels bzw. der Polypenbasis mit einer Lösung von Adrenalin 1 : 20 000 und zusätzlich Äthoxysklerol 1 % erfolgen. Durch die damit erzielte Schwellung an der Basis breitbasiger Polypen kann die Polypektomie erleichtert werden (künstlicher Stiel). Weitere Möglichkeiten der Blutungsprophylaxe sind der »Endo Loop« (der Polypenstiel wird durch eine Kunststoffschlinge, die in situ verbleibt, eingeschnürt) und »Hemoclips« (s. gastrointestinale Blutung).
Die Bergung des abgetragenen Polypen erfolgt mit der Schlinge durch Ansaugen mit dem Endoskop oder mit Greifern.
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13 Endoskopie in der Chirurgie
1 B-13.28
Synopsis Polypektomie mit einer Diathermieschlinge
a Die Schlinge wird kranial um den Polypen gelegt.
b Nach vollständigem Anziehen der Schlinge erfolgt die Abtragung durch Stromanwendung.
c Der Polyp ist abgetragen und kann durch Ansaugung mit dem Endoskop oder anderem Hilfsmittel (Greifer oder Diathermieschlinge) geborgen werden.
Große (> 3 cm), nicht gestielte Polypen können nach der sog. Salami-Technik abgetragen werden.
Große (> 3 cm Durchmesser), nicht gestielte (breitbasige) Polypen können bei entsprechender Erfahrung des Untersuchers mit geringem Risiko schrittweise nach der sog. Salami-Technik abgetragen werden, d.h. Abtragung in kleinen Scheibchen.
Indikation. Alle Polypen sollten abgetragen werden.
Indikation. Alle Polypen sollten abgetragen werden. Kleinere Polypen wer-
Kontraindikationen. Die Grenzen der endoskopischen Polypektomie werden vom Durchmesser und der Lokalisation der Polypen bestimmt.
Kontraindikationen. Neben den allgemeinen Kontraindikationen (z.B. Gerinnungsstörungen) werden die Grenzen der endoskopischen Polypektomie (die allerdings in hohem Maße erfahrungsabhängig sind) vom Durchmesser und Lokalisation der Polypen bestimmt. Während bei entsprechender Erfahrung breitbasige Polypen ≤ 10 cm Durchmesser im Rektum endoskopisch mit der Schlinge entfernbar sind, wird ein solcher Polyp am Zäkalpol in der Regel primär chirurgisch therapiert werden.
Komplikationen. Häufigste Komplikation ist die Nachblutung (1,4 %). Sie kann in der Regel endoskopisch beherrscht werden.
Komplikationen. Häufigste Komplikation ist die Nachblutung, die in größe-
Schwerwiegendste Komplikation ist die Perforation (0,3–1,5 %). Sie wird in der Regel chirurgisch behandelt. Bei abdominellen Beschwerden nach Polypektomie erfolgt eine AbdomenLeeraufnahme und eine engmaschige klinische Überwachung.
den bei der Abtragung häufig vollständig koaguliert. Polypenknospen könnten daher auch mit der »Hot-biopsy«-Zange entfernt oder nach vorheriger Biopsie koaguliert werden.
ren Sammelstatistiken global mit 1,4 % und bei großen Polypen mit 5–8 % angegeben wird. Sie kann in der Regel endoskopisch beherrscht werden. Unter den verschiedenen endoskopischen Methoden zur Blutstillung kommt dabei den Hemoclips wegen der hohen Effektivität bei iatrogenen Blutungen eine große Bedeutung zu. Schwerwiegendste Komplikation ist die Perforation, die in der Literatur global mit 0,3 % angegeben wird und bei großen Polypen bis in 1,5 % der Fälle zu verzeichnen ist. Sie wird in der Regel chirurgisch behandelt. Winzige Perforationsstellen können nach erfolgreicher Versorgung mit Clips unter enger chirurgischer Überwachung konservativ mit parenteraler Ernährung und Antibiotika behandelt werden. Bei abdominellen Beschwerden nach Polypektomie erfolgt eine AbdomenLeeraufnahme und eine engmaschige klinische Überwachung.
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13.9 Polypektomie im Gastrointestinaltrakt
Therapeutisches Vorgehen n Merke. Das therapeutische Vorgehen nach Polypektomie ist abhängig von der Histologie.
Therapeutisches Vorgehen Merke
Bei Adenomen und Adenomen mit hochgradiger Dysplasie bzw. Carcinoma in situ ist die Polypektomie allein ausreichend. Bei Adenomen mit invasivem Karzinom ist die Polypektomie allein ausreichend, sofern eine gute Differenzierung des Tumors vorliegt und die Abtragungsstelle frei ist von Tumorinfiltration und keine Gefäßinvasion im Polypenstiel vorliegt. Ansonsten wird eine chirurgische Nachresektion empfohlen. Bei Nachweis eines invasiven Karzinoms in einem breitbasigen Polypen, der nach der »Salami-Technik« abgetragen worden ist, sollte trotz nicht nachweisbarer Tumorinfiltration in der Resektionsebene die chirurgische Nachresektion empfohlen werden. Bei hohem Alter bzw. erhöhtem Op-Risiko kann im Einzelfall als Alternative die engmaschige endoskopische und ggf. auch endosonographische Kontrolle diskutiert werden.
Bei Adenomen, Adenomen mit hochgradiger Dysplasie bzw. Carcinoma in situ ist die alleinige Polypektomie ausreichend. Auch bei Adenomen mit invasivem Karzinom, sofern der Tumor gut differenziert und die Abtragungsstelle frei von Tumorinfiltrat und ohne Gefäßinvasion im Polypenstiel ist. Ansonsten erfolgt eine Nachresektion. Bei invasivem Karzinom im breitbasigen Polypen, der nach der »SalamiTechnik« abgetragen wurde, ist in der Regel eine chirurgische Nachresektion angezeigt.
Nachsorge nach der Polypektomie
Nachsorge nach der Polypektomie
Üblicherweise wird eine endoskopische Nachsorge nach einem Jahr für Patienten mit mehr als 2 adenomatösen Polypen empfohlen. Ansonsten erfolgt eine Kontrollkoloskopie nach ca. 3 Jahren. Andere Autoren befürworten grundsätzlich eine endoskopische Nachsorge erst nach ca. 3 Jahren.
Eine endoskopische Nachsorge wird für Patienten mit mehr als 2 adenomatösen Polypen nach 1 Jahr, ansonsten nach ca. 3 Jahren empfohlen.
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Minimal-invasive Chirurgie
14
14
Minimal-invasive Chirurgie
14.1
Einführung
Hinnerk Gebhardt 14.1
Einführung
Die ersten Berichte über die diagnostische Laparoskopie stammen von Jakobeus (1901) und Kelling (1902). Erst der technische Fortschritt der letzten Jahre mit Verkleinerung der Optiken, Einsatz der Video-Bildtechnik und Entwicklung des erforderlichen Instrumentariums ermöglichte die operative Laparoskopie. 1981 (Semm) konnte die erste Appendektomie und 1987 (Mouret) die erste Cholezystektomie laparoskopisch durchgeführt werden. Seitdem hat diese Chirurgie einen immer breiteren Einsatz erfahren. So können jetzt eine Vielzahl abdominalchirurgischer Operationen laparoskopisch durchgeführt werden.
14.1.1
Operative Prinzipien, technische und apparative Ausstattung
Die Grundausstattung zur operativen Laparoskopie ( 1 B-14.1) besteht in: π dem CO -Insufflator 2 π einer Kamera mit Videogerät und Monitor π einer Thermo- oder Elektrokoagulationseinheit π einer Lichtquelle für die Optik π einer Saug-Spül-Einrichtung.
1 B-14.1
Synopsis Grundausstattung zur operativen Laparoskopie
1981 (Semm) wurde die erste Appendektomie, 1987 (Mouret) die erste Cholezystektomie laparoskopisch durchgeführt. Eine Vielzahl abdominal-chirurgischer Eingriffe können mittlerweile laparoskopisch durchgeführt werden.
14.1.1 Operative Prinzipien, technische und apparative Ausstattung Die Grundausstattung zur operativen Laparoskopie ( 1 B-14.1) besteht in: π dem CO -Insufflator 2 π einer Kamera mit Videogerät und Monitor π einer Thermo- oder Elektrokoagulationseinheit π einer Lichtquelle für die Optik π einer Saug-Spül-Einrichtung.
Kamera und Lichtquelle 2. Assistent
SaugSpül-Einrichtung
1. Assistent Operateur
Gas-(CO 2 -) Insufflator
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14 Minimal-invasive Chirurgie
Zu Beginn wird das Abdomen mit 3–5 l CO2 bei einem Druck von 12–15 mmHg aufgefüllt. Die Bauchdecken heben sich an, es wird Raum zur Operation geschaffen. Anschließend werden Trokare in das Abdomen vorgeschoben, über die Optik und Instrumente eingebracht werden können ( 1 B-14.2).
1 B-14.2
Jede laparoskopische Operation beginnt mit dem Aufbau des CO2-Pneumoperitoneums. Dafür wird die Abdominalhöhle mit einer Nadel punktiert und mit 3–5 l CO2 bis zu einem intraabdominalen Druck von 12–15 mmHg aufgefüllt. Die Bauchdecken heben sich an, es wird Raum im Abdomen geschaffen. Nach Aufbau des Pneumoperitoneums wird ein Trokar (Durchmesser meist 10 mm) durch die Bauchdecken in die Bauchhöhle vorgeschoben. Der Trokar besteht aus einem zentralen Dorn und einer äußeren Hülse. Nach Platzierung des Trokars wird der Dorn unter Belassen der Hülse entfernt. Diese ist mit einem Ventil versehen, sodass das CO2 nicht entweichen kann und Instrumente durch die Hülse in den Bauchraum vorgeschoben werden können. Nach Einbringen einer Optik werden unter Sicht weitere Trokare in den Bauchraum eingebracht, über die die Instrumente zur Operation vorgeschoben werden ( 1 B-14.2).
Synopsis Trokar und Optik
1
3 2 5
Trokarhülse (1) mit CO2 -Anschluss (2), Trokardorn (3) und 10-mm-Optik (4) mit Anschluss für das Lichtleitkabel (5) und die Videokamera (6). 6
4
Die Instrumente entsprechen dem Instrumentarium der offenen Chirurgie, weisen jedoch einen geringeren Durchmesser auf und sind wesentlich länger ( 1 B-14.3).
1 B-14.3
Die starren Instrumente für die laparoskopische Chirurgie entsprechen dem Instrumentarium der offenen Chirurgie, weisen jedoch einen geringeren Durchmesser auf und sind wesentlich länger ( 1 B-14.3). Es handelt sich um Modifikationen von Fasszangen, Scheren, Sauger und Nadelhalter sowie um Neuentwicklungen von Kombinationsinstrumenten wie z.B. Koagulationshaken mit Sauger. Titan- oder resorbierbare Clips stehen zum Verschluss von Gangstrukturen (z.B. Gefäße) zur Verfügung.
Synopsis Auswahl verschiedener Instrumente für die laparoskopische Chirurgie
a 5-mm-Schere.
b Fasszange.
c Spitze des Elektrokoagulationshakens.
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14.1.3 Vor- und Nachteile, laparoskopiespezifische Komplikationen 14.1.2
Pathophysiologische Aspekte
14.1.2 Pathophysiologische Aspekte
Für die operative Laparoskopie hat sich CO2 zur Anlage des Pneumoperitoneums gegen N2O und Helium durchgesetzt. Da in Blut gelöstes CO2 pulmonal abgeatmet wird ist das Risiko einer Gasembolie bei akzidenteller intravasaler Insufflation gering. CO2-induzierte Emphyseme bilden sich schneller als durch andere Gase induzierte zurück. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Gas nicht entflammbar ist. Da eingebrachtes CO2 transperitoneal resorbiert wird, kann es, bei eingeschränkter pulmonaler Elimination, zu Störungen im Säure-Basen-Haushalt kommen. Das Pneumoperitoneum führt zu typischen hämodynamischen und ventilatorischen Veränderungen. Der erhöhte intraabdominale Druck komprimiert die V. cava inferior und die basalen Thoraxanteile. Der venöse Rückfluss und die Compliance der Thoraxwand werden dadurch reduziert. Gleichzeitig wird der arterielle Gefäßwiderstand, u.a. durch Kompression der intraabdominellen arteriellen Gefäße, erhöht. Diese Veränderungen der kardialen Vor- und Nachlast können zu einer Reduktion des Herzzeitvolumens führen.
14.1.3
Vor- und Nachteile, laparoskopiespezifische Komplikationen
Ein Vorteil der laparoskopischen Chirurgie liegt in der Verkleinerung der Bauchdeckenwunde. Aus diesem Grunde wird diese Technik auch »minimalinvasive Chirurgie« genannt. Die intraabdominelle Wundfläche hingegen ist identisch mit der offenen Chirurgie, da laparoskopische Eingriffe nach den gleichen Kriterien wie offene durchgeführt werden. Hieraus ergeben sich folgende Vor- und Nachteile ( 2 B-14.1):
2 B-14.1
Zur Anlage des Pneumoperitoneums hat sich CO 2 wegen der guten Blutlöslichkeit und pulmonalen Elimination durchgesetzt. Die Gefahr der Gasembolie ist so reduziert, Emphyseme bilden sich schnell zurück. Durch transperitoneale CO2 -Resorption können Störungen im Säure-BasenHaushalt auftreten. Das CO2 -Pneumoperitoneum reduziert die Vorlast, die Nachlast ist erhöht. Dies kann zu einer Reduktion des Herzzeitvolumens führen.
14.1.3 Vor- und Nachteile, laparoskopiespezifische Komplikationen Ein Vorteil ist die Verkleinerung der Bauchdeckenwunde ( 2 B-14.1). Die intraabdominelle Wundfläche hingegen ist identisch mit der offenen Chirurgie.
Vor- und Nachteile der laparoskopischen Chirurgie
Vorteile
Nachteile
N Reduktion der postoperativen Schmerzen, n dadurch bedingt:
N Tastsinn und Inspektion der Bauchhöhle n eingeschränkt
π
π
frühere Mobilisation und Abnahme der Thrombose- und Embolierate Reduktion pulmonaler Ventilationsstörungen und der Pneumonierate
π
verkürzte Krankenhausverweildauer
π
geringerer Analgetikaverbrauch
N Infektionsrisiko der Hautwunde geringer n N postoperative Darmatonie verkürzt, orale n Belastung früher möglich
N Blutstillung und Naht schwieriger n N lediglich zweidimensionales Bild n N evtl. längere Operationsdauer n N Bergen größerer Resektate (z.B. Kolon) ohne n Hilfsschnitt kaum möglich N deutlich höhere Kosten und höherer technischer n Aufwand
N günstigeres kosmetisches Ergebnis n
Die laparoskopische Operation ist, bei rein betriebswirtschaftlicher Betrachtung, mit höheren Kosten verbunden. Dem gegenüber steht die frühere Arbeitsfähigkeit und kürzere Krankenhausverweildauer. Diese volkswirtschaftlichen Aspekte werden aber bei der Beurteilung der Kosten-NutzenRelation noch nicht ausreichend berücksichtigt.
Die laparoskopische Chirurgie ist mit höheren Kosten verbunden. Dagegen stehen die frühere Arbeitsfähigkeit und kürzere Krankenhausverweildauer.
Bei der Evaluierung der laparoskopischen Chirurgie sind folgende laparoskopiespezifische Komplikationen zu berücksichtigen: π Verletzung intraabdominaler Strukturen beim Einbringen der Trokare (z.B. Gefäße, Darm) π ein- oder beidseitiger Pneumothorax π Mediastinal-, Haut- oder Omentumemphysem π Hämatome, Impfmetastasen oder Darminkarzeration in den Trokareinstichstellen π postoperativer Schulterschmerz.
Zu beachten sind folgende Komplikationen: π Verletzungen intraabdominaler Strukturen π Pneumothorax π Emphyseme π Hämatome, Impfmetastasen, Darminkarzeration π postoperativer Schulterschmerz.
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14 Minimal-invasive Chirurgie
Die Morbidität und Letalität dieser Komplikationen liegt zwischen 0,1–0,3 %.
Die Morbidität und Letalität dieser Komplikationen liegt, in Abhängigkeit vom Alter der Patienten, der Indikation und der Erfahrung des Operateurs, zwischen 0,1–0,3 %.
14.2
Laparoskopische Cholezystektomie Die laparoskopische Cholezystektomie kann bei den meisten Patienten mit symptomatischer Gallensteinerkrankung durchgeführt werden. Operationsdauer und Komplikationsrate steigen jedoch proportional zum Schweregrad der Erkrankung.
14.2
Anamnese, präoperative Diagnostik. Bei Anamnese und Diagnostik sind folgende Aspekte zu beachten ( 2 B-14.2).
Anamnese, präoperative Diagnostik. Ätiologie, Diagnostik und Differenzi-
2 B-14.2
Laparoskopische Cholezystektomie
Die Letalität der konventionellen Cholezystektomie liegt, unter Berücksichtigung aller Stadien der Erkrankung, bei 0,1 %, die Morbidität um 4 %. Die laparoskopische Cholezystektomie hat sich nun von einem Eingriff, der nur in ausgewählten Fällen eingesetzt wurde, zu dem Verfahren der Wahl für die meisten Patienten mit symptomatischer Gallensteinerkrankung entwickelt. Da Operationsdauer und Komplikationsrate proportional zum Schweregrad der Erkrankung steigen, ist bei Diagnostik und Indikationsstellung Folgendes zu berücksichtigen. aldiagnose der Gallenblasenerkrankung sind in Kap. B-8 beschrieben. Speziell für die laparoskopische Cholezystektomie sind folgende Aspekte zu beachten ( 2 B-14.2).
Diagnostische Aspekte vor laparoskopischer Cholezystektomie
Anamnestische Faktoren
Sonographische Befunde
Laborchemische Befunde
N lange Anamnese mit rezidivierenden n Koliken
N Gallenblasenwandverdickung, n Schrumpfgallenblase
N deutlich erhöhte g -Gt, AP und n Leukozytose
N gürtelförmige Schmerzen und n passagerer Ikterus
N Veränderungen am Pankreaskopf n und Gallengang
N pathologische Werte für Amylase, n Lipase und Bilirubin
N schmerzloser Ikterus, Courvoisiern Zeichen
N Gallengangsstenose, tumoröse n Gallenblasenwand
Bei Hinweisen für ein Gallenabflusshindernis ist als weitere Diagnostik eine ERC durchzuführen.
Ergibt sich aus diesen Befunden der Hinweis für ein Gallenabflusshindernis, so ist als weitere Diagnostik eine endoskopische retrograde Cholangiographie (ERC) durchzuführen. Diese kann bei Nachweis eines Choledochuskonkrements mit dem therapeutischen Verfahren der Steinextraktion kombiniert werden.
Indikationen, Kontraindikationen. Fortgeschrittene Befunde sind mit höherer Komplikations- und Umsteigerate verbunden. Es ergeben sich folgende Kontraindikationen ( 2 B-14.3).
Indikationen, Kontraindikationen. Die ausgedehnten entzündlichen
2 B-14.3
Erkrankungen sind mit einer deutlich höheren Umsteigerate zur Laparotomie verbunden bzw. zeigen bei laparoskopischer Operation eine wesentlich höhere Komplikationsrate. Hieraus ergeben sich folgende Kontraindikationen ( 2 B-14.3).
Relative und absolute Kontraindikationen zur laparoskopischen Cholezystektomie
Relative
Absolute
N Gallenblasenempyem n
N gangränöse Cholezystitis, Gallenblasenperforation, n Mirizzi-Syndrom
N Schrumpfgallenblase, Vernarbung n nach chronisch-rezidivierender Cholezystitis N endoskopisch nicht entfernbare Gallengangsn konkremente
N Gallengangs- oder Gallenblasenkarzinom n N Pankreatitis n N unklare, narbige Verhältnisse am Lig. hepatoduodenale n N dekompensierte Herzinsuffizienz, Schock, chronischn obstruktive Lungenerkrankungen im fortgeschrittenen Stadium
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14.2 Laparoskopische Cholezystektomie
Operatives Vorgehen. Nach Aufbau des Pneumoperitoneums wird ein Tro-
kar im Nabelbereich in das Abdomen eingebracht und die Optik vorgeschoben. Unter Sicht werden dann Arbeitstrokare im Oberbauch und unterhalb des rechten Rippenbogens platziert, über die die erforderlichen Instrumente eingebracht werden. Der Gallenblasenfundus wird gefasst und die Gallenblase nach rechts oben subdiaphragmal gezogen ( 1 B-14.4 a). Dadurch spannt sich das vom Ductus choledochus, der A. cystica und dem Ductus cysticus gebildete Calot-Dreieck auf. Die A. cystica und der D. cysticus werden freipräpariert. Beide Strukturen werden ligiert oder mit Clips versorgt und durchtrennt ( 1 B-14.4 b). Die Präparation und Identifikation dieser Strukturen kann bei entzündlich veränderten Gallenblasen erheblich erschwert sein. Nach Absetzen von A. cystica und Ductus cysticus wird die Gallenblase aus dem Leberbett präpariert ( 1 B-14.4 c). Dann wird die Gallenblase am Infundibulum gefasst und so weit wie möglich in den umbilikal gelegenen Trokar gezogen und mit diesem aus dem Abdomen entfernt ( 1 B-14.4 d). Bei großen Gallensteinen kann vorher die intraabdominelle Zertrümmerung der Konkremente erforderlich werden. Die Gallenblase wird dann in einen Bergebeutel gelegt und in diesem mit dem umbilikal gelegenen Trokar aus dem Abdomen entfernt.
1 B-14.4
Operatives Vorgehen. Nach Einbringen der Trokare wird die Gallenblase gefasst und nach subdiaphragmal gezogen ( 1 B-14.4 a). Das Calot-Dreieck spannt sich auf. A. cystica und Ductus cysticus werden freipräpariert und abgesetzt ( 1 B-14.4 b). Dies kann bei entzündlichen Veränderungen erschwert sein. Die Gallenblase wird dann aus dem Leberbett präpariert und mit dem umbilikalen Trokar aus dem Abdomen entfernt ( 1 B-14.4 c, d).
Synopsis Laparoskopische Cholezystektomie
a Fassen des Gallenblasenfundus und Aufspannen des Calot-Dreiecks.
c Herauslösen der Gallenblase aus dem Leberbett.
b Befund nach Freipräparation und Durchtrennung des Ductus cysticus. Die A. cystica wurde bereits identifiziert und kann zwischen Clips durchtrennt werden.
d Extraktion der Gallenblase mit dem umbilikal eingebrachten Trokar.
Komplikationen. Häufigkeit, aber nicht Art der Komplikationen sind vergleichbar mit denen nach konventioneller Operation. Folgende Komplikationen sind zu beachten ( 2 B-14.4).
Komplikationen. Folgende Komplikationen sind zu beachten ( 2 B-14.4).
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14 Minimal-invasive Chirurgie
2 B-14.4
Postoperative Komplikationen der laparoskopischen Cholezystektomie
N Zystikusstumpfinsuffizienz n N Gallefistel aus dem Leberbett n N Residualstein im D. choledochus oder intraabdominal n N Läsion des Ductus choledochus oder Ductus hepaticus bzw. deren n Durchtrennung N Läsion der A. hepatica n
Die laparoskopische Cholezystektomie weist, unter Berücksichtigung der Kontraindikationen, eine Letalität ( < 0,1 %) wie die konventionelle Cholezystektomie auf.
Da das Calot-Dreieck durch Zug an der Gallenblase aufgespannt wird, können die Läsionen im Dreieck ausgedehnter als nach der konventionellen Cholezystektomie sein. Die laparoskopische Cholezystektomie weist aber, bei entsprechender Patientenselektion, rechtzeitiger Erweiterung des Eingriffs zur Laparotomie und Berücksichtigung der Kontraindikationen, eine Letalität (< 0,1 %) wie die konventionelle Cholezystektomie auf.
14.3
Laparoskopische Appendektomie Die laparoskopische Appendektomie ermöglicht im Frühstadium der Erkrankung und bei chronischen Unterbauchbeschwerden die diagnostische und therapeutische Abklärung.
14.3
Indikationen und Kontraindikationen. Folgende Kontraindikationen sind zu berücksichtigen ( 2 B-14.5).
Indikationen und Kontraindikationen. Hinsichtlich Ätiologie, Diagnostik und Differenzialdiagnose der Appendizitis wird auf das Kap. B-5 verwiesen. Speziell für die laparoskopische Appendektomie sind u.g. Kontraindikationen zu berücksichtigen. Die Frage nach Indikation und Kontraindikation lässt sich dabei noch nicht abschließend beantworten. Derzeit können folgende Kontraindikationen als von den meisten Chirurgen akzeptiert angesehen werden ( 2 B-14.5).
2 B-14.5
Laparoskopische Appendektomie
Die Laparoskopie ermöglicht bei unklaren Unterbauchbeschwerden eine diagnostische Abklärung bzw. therapeutische Intervention ohne wesentliche Traumatisierung. Sie stellt im Frühstadium der Erkrankung und bei chronischer Appendizitis eine Alternative zum konventionellen Vorgehen dar. Da die Komplikationsrate proportional zum Schweregrad der Appendizitis steigt, ist der Nutzen dieses Verfahrens bei ausgeprägter Entzündung noch nicht gesichert.
Kontraindikationen zur laparoskopischen Appendektomie
Relative
Absolute
N perityphlitischer Abszess n
N Perforation der Appendixbasis n
N Adhäsionen n
N Zäkumwandphlegmone n
N Abszedierung im kleinen Becken n
N Appendix- oder Zäkumkarzinom, Karzinoid n
N phlegmonös-gangränöse Appendizitis n
Operatives Vorgehen. Nach Einbringen der Trokare wird die Appendixspitze gefasst, das Mesenteriolum aufgespannt und die Appendix skelettiert. Diese wird dann abgesetzt und durch den Trokar herausgezogen ( 1 B-14.5).
Operatives Vorgehen. Die Patienten sollten einen Blasenkatheter erhalten,
um eine Sichtbehinderung und Harnblasenverletzungen zu vermeiden. Bei angelegtem Pneumoperitoneum wird umbilikal und in den linken bzw. rechten Unterbauch je ein Trokar eingebracht ( 1 B-14.5 a). Die Appendixspitze wird gefasst und das Mesenteriolum aufgespannt ( 1 B-14.5 b). Mesenteriolum mit A. appendicularis werden mit Elektrokoagulation oder Ligaturen abgesetzt. Nach Erreichen der Appendixbasis erfolgt das Absetzen der Appendix zwischen Ligaturen oder nach Elektrokoagulation der Basis mit Hochfrequenzstrom. Die Appendix wird dann durch den Trokar im rechten Unterbauch geborgen ( 1 B-14.5 c, d). Auf die Suche nach einem MeckelDivertikel muss aus operationstechnischen Gründen mitunter verzichtet werden.
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14.3 Laparoskopische Appendektomie Abweichend von diesem Vorgehen kann die Appendix mit Mesenteriolum auch komplett in einem Schritt abgesetzt werden. Dafür wird der Linearstapler eingesetzt. Dieser weist in Längsrichtung mehrere versetzt und parallel zueinander verlaufende Klammerreihen auf. Nach Fassen des Gewebes wird dieses zwischen den Klammerreihen durchtrennt.
1 B-14.5
Das Mesenteriolum kann zusammen mit der Appendix auch mit einem Stapler abgesetzt werden.
Synopsis Laparoskopische Appendektomie
b Aufspannen des Mesenteriolums der Appendix.
a Trokarpositionen für die laparoskopische Appendektomie.
c Absetzen des Mesenteriolums und Platzieren einer Ligatur an der Appendixbasis.
d Absetzen der Appendix zwischen Ligaturen.
Komplikationen. Unter Berücksichtigung der Kontraindikationen ist jetzt die Komplikationsrate ( 2 B-14.6) vergleichbar der nach konventioneller Operation.
Komplikationen. Die Komplikationsrate ist ( 2 B-14.6) vergleichbar mit der nach offener Operation.
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14 Minimal-invasive Chirurgie
2 B-14.6
Postoperative Komplikationen der laparoskopischen Appendektomie
N intraabdominelle Abszesse n N Bauchdeckenabszess n N Insuffizienz des Appendixstumpfverschlusses n N Läsion der A. oder V. iliaca beim Einbringen der Trokare n
14.4
Minimal-invasive Hernienreparation 14.4.1 Inguinal- und Femoralhernien Bei den minimal-invasiven Techniken erfolgt der Bruchlückenverschluss durch Vorlegen eines Kunststoffnetzes (z.B. Polypropylene) vor die Bruchlücke. Dieser Verschluss ist spannungsfrei und weniger schmerzhaft. Dies kann trans- oder extraperitoneal erfolgen.
Vorteil des transperitonealen, laparoskopischen Vorgehens ist die Möglichkeit der beidseitigen Inspektion der Leistenregion. sodass bei Bedarf eine gleichzeitige, beidseitige Operation erfolgen kann. Nachteil dieses Vorgehens ist die Umwandlung des ursprünglich extraperitonealen Eingriffs in einen intraperitonealen mit der Gefahr der intraperitonealen Infektion bis hin zur Peritonitis. Der extraperitoneale, minimal-invasive Zugang (s.u.) weist diese Nachteile nicht auf.
Ungeklärt ist, ob das eingebrachte Fremdmaterial nach Jahrzehnten zu Narbenkarzinomen führen kann.
14.4
Minimal-invasive Hernienreparation
14.4.1
Inguinal- und Femoralhernien
Hinsichtlich Ätiologie, Diagnose und Differenzialdiagnose dieses Krankheitsbildes wird auf Kap. B-20.2 verwiesen. Bei den minimal-invasiven Techniken erfolgt der Bruchlückenverschluss nicht, wie beim konventionellen Vorgehen, durch Naht der Faszien sondern durch Vorlegen eines Kunststoff-Netzes (z.B. Polypropylene) vor die Bruchlücke (s. auch S. 757). Dies führt zu einem spannungsfreien, weniger schmerzhaften und früher belastbarem (nach dem 10. postoperativen Tag) Verschluss. Ein Nachteil ist, dass die minimal-invasiven Techniken eine Allgemeinnarkose erfordern, die konventionellen Methoden hingegen auch in Lokalanästhesie durchgeführt werden können. Die Darstellung der Bruchpforten und das Einbringen des Netzes kann dabei trans- oder extraperitoneal erfolgen (s.u.). Vorteil des transperitonealen, laparoskopischen Vorgehens ist, dass die beidseitige Inspektion der Leistenregion erfolgen kann und somit eine gleichzeitige, beidseitige Operation bei akzidentell entdeckter Hernie der Gegenseite durchgeführt werden kann. Nachteil dieses Verfahrens ist, dass der Bauchraum über Trokare eröffnet wird. Der beim konventionellen Vorgehen extraperitoneale Eingriff wird so in eine intraabdominelle Operation umgewandelt. Diese birgt die Gefahr der intraperitonealen Infektion bis hin zur Peritonitis. Der extraperitoneale, minimal-invasive Zugang (s.u.) zur Leistenregion weist diese Nachteile nicht auf. Die über den extra- oder transperitonealen Zugang an die Hinterwand des Leistenkanals eingebrachten Netze decken die Bruchpforten einer direkten oder indirekten Hernie ab. Da der konventionelle Bruchlückenverschluss relativ wenig belastend ist und zufriedenstellende Langzeitergebnisse aufweist, muss ein neues Verfahren schon deutlich weniger belastend sein oder signifikant bessere Ergebnisse vorweisen. Dies kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Erste Ergebnisse zeigen aber, dass es insbesondere bei Operationen von Rezidivhernien seltener zu Re-Rezidiven kommt. Bisher ist aber nicht abschließend geklärt, ob das eingebrachte, nicht resorbierbare Fremdmaterial im Langzeitverlauf zu Unverträglichkeitsreaktionen führen kann. Die Indikation zur minimal-invasiven Leistenhernienreparation mit Implantation eines Netzes ist daher bei jungen Patienten in der Diskussion.
Anamnese, präoperative Diagnostik. Die Diagnostik entspricht der konventionellen Operation.
Anamnese, präoperative Diagnostik. Es besteht kein Unterschied in der
Indikationen, Kontraindikationen. Indikationen und Kontraindikationen s. 2 B-14.7.
Indikationen, Kontraindikationen. Folgende Indikationen und Kontraindikationen sind zu nennen ( 2 B-14.7). Als weitere Indikation zum spannungslosen, früh belastbaren Verschluss können Hernien bei Leistungssportlern angesehen werden.
präoperativen Diagnostik zwischen konventioneller und laparoskopischer Operation.
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14.4.1 Inguinal- und Femoralhernien
2 B-14.7
Indikationen und Kontraindikationen zur minimal-invasiven Leistenhernienreparation
Indikationen N primäre Leistenhernien beidseits n N Femoralhernien n N Mehrfachrezidive ein- oder beidseits n Kontraindikationen relative:
N große Skrotalhernien n N Lebensalter (< 40 Jahre) n
absolute:
N Inkarzeration n N Aszites n
Operatives Vorgehen.
Transperitoneale Techniken: Nach Anlegen des Pneumoperitoneums wird ein Trokar umbilikal und 2 weitere in Höhe des Nabels in den linken und rechten Mittelbauch vorgeschoben. Unter Kamerasicht wird das Peritoneum parietale über der Bruchpforte beginnend an der Spina iliaca anterior superior bis zur Plica umbilicalis medialis inzidiert. Dann werden die Fascia transversalis, der Bruchsack und die epigastrischen Gefäße dargestellt. Ductus deferens und Vasa testicularia werden vom Bruchsack getrennt. Dieser wird aus dem Bruchkanal gezogen, nach intraabdominal invaginiert und abgesetzt ( 1 B-14.6 a). Der Verschluss der Lücke erfolgt dann durch ein Polypropylenenetz, das vor die innere Bruchpforte gelegt und mit Clips am Musculus rectus abdominis, am Ramus ossis pubis und am Musculus transversus abdominis fixiert wird ( 1 B-14.6 b). Das abpräparierte Peritoneum wird über das Netz gelegt und mit Naht oder Clips verschlossen. π
1 B-14.6
Operatives Vorgehen Transperitoneale Techniken: Nach Einbringen der Optik und Instrumente wird das Peritoneum parietale inzidiert, die Bruchpforte aufgesucht und der Bruchsack dargestellt. π
Nach Absetzen des Bruchsacks ( 1 B-14.6 a) wird vor die innere Bruchpforte ein nicht resorbierbares Kunststoffnetz gelegt. Dies wird mit Clip oder Naht fixiert und darüber das Peritoneum verschlossen ( 1 B-14.6 b).
Synopsis Minimal-invasive Leistenhernienreparation 4 5
7 9
a Blick von abdominal auf die rechte Leistenregion nach Lösen des Peritoneum parietale rechts 6 inguinal mit Lig. inguinale (1), Lig. pectineale (2), A. u. V. femoralis (3), epigastrischen Gefäßen (4), Ductus deferens (5), Vasa testicularia (6), lateraler (7) und medialer (8) Bruchpforte, Schenkelhernie (9), rotgestrichelt Hesselbach-Dreieck. 8
3 1
b Vor den Bruchlücken ausgebreitetes und fixiertes Polypropylenenetz.
2
4
1 3
2
c Präperitonealer Zugang zur Leistenregion, im Sagittalschnitt Symphyse (1), Peritoneum (2), Harnblase (3), Rectus abdominis (4).
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14 Minimal-invasive Chirurgie
π Extraperitoneale Techniken: Paraumbilikal wird ein Trokar extraperitoneal zwischen der Vorderwand des hinteren Blattes der Rektusscheide und der Rückseite des M. rectus abdominis eingebracht. Dieser Raum wird nach distal aufgeweitet ( 1 B-14.6 c). Dann werden Bruchpforte und -sack dargestellt und der Bruchsack entfernt. Die Lücke wird durch Vorlegen eines Netzes in dem präperitonealen Raum verschlossen.
Extraperitoneale Techniken: Paraumbilikal wird ein Trokar extraperitoneal in die Bauchdecke zwischen der Vorderwand des hinteren Blattes der Rektusscheide und der Rückseite des M. rectus abdominis eingebracht. Nach stumpfer Präparation wird dieser präperitoneale Raum durch Insufflation von CO2 oder Auffüllen eines eingebrachten Ballons aufgeweitet. Dadurch ergibt sich ein über die Linea arcuata hinausreichender Raum. Da unterhalb der Linea arcuata das hintere Blatt der Rektusscheide in das Peritoneum parietale bzw. in die Fascia transversalis übergeht, ergibt sich, bei weiterer Präparation nach distal, ein präperitonealer Zugang zur Leistenregion ( 1 B-14.6 c). Nach Einbringen weiterer Trokare wird das Lig. pectineale und die Bruchpforte dargestellt und der Bruchsack entfernt. Anschließend wird das Kunststoffnetz in den präperitonealen Raum eingelegt und ggf. am Lig. pectineale, Tractus iliopubicus und am M. rectus abdominis mit Clip oder Naht fixiert.
Komplikationen. Rezidivhernien können beim transperitonealen Vorgehen in bis zu 2,5 % auftreten ( 2 B-14.8).
Komplikationen. Da Langzeitergebnisse fehlen, können definitive Angaben
π
zur Rezidivrate noch nicht gemacht werden. Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen kann es beim transperitonealen Vorgehen in den ersten zwei Jahren in bis zu 1,8 % der Fälle zu Rezidivhernien kommen ( 2 B-14.8).
2 B-14.8
Risiken und Komplikationen der minimal-invasiven Leistenhernienoperation
N Dysästhesien des Ramus genitalis, des N. genitofemoralis und des N. cutaneus n femoralis lateralis N Läsion der: n
π π π π
Samenstranggebilde Harnblase A. oder V. iliaca A. oder V. epigastrica inferior
N Dislokation des Kunststoffnetzes, Rezidiv n N Funikulo- oder Hydrozele n N ischämische Orchitis n N Skrotalemphysem n
Narbenhernien
14.4.2 Narbenhernien
14.4.2
Der Verschluss dieser Hernien kann bei kleinen Befunden ebenfalls laparoskopisch erfolgen. Der Verschluss erfolgt meist durch Naht.
Der Verschluss dieser Hernien kann bei kleinen Befunden, falls keine ausgeprägten Adhäsionen vorliegen, ebenfalls laparoskopisch erfolgen. Die Präparation wird mit dem beschriebenen Instrumentarium nach Anlage eines Pneumoperitoneums ausgeführt. Durch digitale Palpation von außen wird die Hernie nach innen gestülpt und abgetragen. Der Verschluss erfolgt meist durch Naht. Bei größeren Hernien sind auch Netzimplantationen durchgeführt worden.
14.5
14.5
Laparoskopische Adhäsiolyse
Laparoskopische Adhäsiolyse
Vorteil der laparoskopischen Adhäsiolyse ist, dass erneute Verwachsungen wahrscheinlich seltener auftreten. Nachteil ist, dass nur Adhäsionen des Darms mit der Bauchdecke gelöst werden können. Beim Durchtrennen der Verwachsungen zwischen den Darmschlingen ist das Risiko der iatrogenen Darmperforation zu hoch.
Bei charakteristischer Anamnese und klinischer Symptomatik stellt das operative Lösen der intraabdominalen Verwachsungen die einzige kausale Therapie dar. Vorteil der laparoskopischen Adhäsiolyse ist, dass erneute Verwachsungen mit der Bauchwand aufgrund der kleineren Bauchdeckenwunde wahrscheinlich seltener auftreten. Ein Nachteil ist, dass nur Adhäsionen des Darms mit der Bauchdecke gelöst werden können. Bei Durchtrennen der Verwachsungen zwischen den Darmschlingen ist das Risiko der iatrogenen Darmperforation zu hoch.
Anamnese, präoperative Diagnostik. Die präoperative Diagnostik wird analog zur konventionellen Operation durchgeführt.
Anamnese, präoperative Diagnostik. Die präoperative Diagnostik wird analog zur konventionellen Operation durchgeführt.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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14.6 Laparoskopische Antirefluxchirurgie
Indikation, Kontraindikation. Geeignet sind Patienten mit lokalisierbaren,
zirkumskripten Verwachsungsarealen. Die Indikation zur laparoskopischen Adhäsiolyse sollte insgesamt streng gestellt werden. Bei größeren Arealen und beim Ileus ist eine Laparoskopie nicht indiziert.
Operatives Vorgehen. Nach Anlegen des Pneumoperitoneums im vermute-
ten verwachsungsfreien Areal spannen sich die Verwachsungen zwischen Bauchdecke und Darm auf und können mit Schere oder Elektrokoagulation durchtrennt werden.
Komplikationen. Die Läsion intraabdominaler Organe beim Einbringen der Trokare treten im Verwachsungsbauch häufiger auf. Blutungen aus abgetragenen Adhäsionen führen mitunter zur erneuten Operation. Da die Sicht bei der Revision des Abdomens bei ausgedehnten Befunden eingeschränkt ist, können Darmperforationen unbemerkt bleiben und innerhalb kürzester Zeit zu einer diffusen Peritonitis führen. 14.6
Laparoskopische Antirefluxchirurgie
Laparoskopische Operationsverfahren können bei der chirurgischen Therapie der gastrointestinalen Refluxkrankheit eingesetzt werden. Die Vorteile der laparoskopischen Chirurgie (s. 2 B-14.1) können evtl. zu einer Erweiterung der Indikation für eine chirurgische Therapie dieser Erkrankung führen. Zu beachten ist, dass die fortgeschrittenen Krankheitsbilder mit z.B. ausgeprägter periösophagealer Entzündung aus anatomischen und technischen Gründen laparoskopisch schwieriger zu operieren sind.
Indikation, Kontraindikation. Geeignet sind Patienten mit lokalisierbaren, zirkumskripten Verwachsungsarealen. Operatives Vorgehen. Nach Anlegen des Pneumoperitoneums spannen sich die Adhäsionen auf und werden durchtrennt.
Komplikationen. Läsionen an intraabdominalen Organen können im Verwachsungsbauch eher auftreten. Blutungen müssen mitunter erneut operativ versorgt werden. Darmperforationen können unbemerkt bleiben.
14.6
Laparoskopische Antirefluxchirurgie Laparoskopische Operationsverfahren werden bei der chirurgischen Therapie der gastrointestinalen Refluxkrankheit eingesetzt. Zu beachten ist, dass fortgeschrittene Krankheitsbilder aus anatomisch-technischen Gründen schwierig zu operieren sind.
Anamnese, präoperative Diagnostik. Bei der Abklärung der Refluxursache
Anamnese, präoperative Diagnostik. Präoperativ sollten ein Brachyösophagus und Malignome ausgeschlossen werden.
Indikationen, Kontraindikationen. Patienten mit Refluxerkrankung im
Indikationen, Kontraindikationen. Refluxerkrankungen im Frühstadium scheinen gegenwärtig am besten geeignet. Abzuwarten bleibt, inwieweit die laparoskopischen Methoden eine Alternative zur konservativen Behandlung darstellen.
und Diagnostik für die differenzierte Indikationsstellung sind die in Kap. B-1.5.4 genannten Prinzipien zu beachten. Vor der laparoskopischen Antirefluxoperation sollte ein Brachyösophagus und Malignome ausgeschlossen werden. Sehr adipösen Patienten wird Gewichtsreduktion empfohlen.
Frühstadium scheinen, nach erfolgloser konservativer Therapie, gegenwärtig am besten geeignet. Abzuwarten bleibt, inwieweit die laparoskopischen Methoden eine Alternative zur langzeitmedikamentösen Behandlung darstellen.
Operatives Vorgehen. In Abhängigkeit der zugrunde liegenden pathophy-
siologischen Veränderungen können anatomische Rekonstruktionen, wie Hiatoplastik, Fundopexie und Lig.-teres-Plastik, Valvuloplastiken, wie Hemiund komplette Fundoplikationen, aber auch die Einlage einer Antirefluxprothese, laparoskopisch erfolgen. Die Nissen-Fundoplikation ist z.Z. die häufigste laparoskopische Antirefluxoperation und wird im Folgenden beschrieben. Nach Aufbau des Pneumoperitoneums werden meist 5 Trokare in den Oberbauch eingebracht. Unter Kamerasicht wird das linkslaterale Lebersegment weggehalten, die phrenikoösophageale Membran und die Vagusanteile vom Ösophagus abpräpariert, dieser dann zirkulär umfahren und nach proximal aus den Zwerchfellschenkeln freigelegt. Die Vasa gastricae breves werden am Magenfundus abgesetzt. Die Hinterwand des Fundus wird dann dorsal und die Vorderwand ventral um den Ösophagus gezogen. Die Fundoplikation wird durch eine Naht zwischen Vorder- und Hinterwand erzeugt. Der Eingriff kann mit einer Hiatoplastik kombiniert werden. Hierfür werden dorsal oder ventral des Ösophagus die Zwerchfellschenkel mit einer Naht gerafft.
Komplikationen. Häufigkeit und Art postoperativer Komplikationen entsprechen, bis auf das Mediastinalemphysem und den Pneumothorax, denen nach offener Operation.
Operatives Vorgehen. Es werden anatomische Rekonstruktionen und Valvuloplastiken sowie die Einlage einer Antirefluxprothese laparoskopisch durchgeführt. Die Nissen-Fundoplikation ist z.Z. die häufigste laparoskopische Operation. Nach Aufbau des Pneumoperitoneums werden die phrenikoösophageale Membran und Vagusanteile vom Ösophagus abpräpariert und die Vasa gastricae breves am Magenfundus abgesetzt. Hinter- und Vorderwand des Fundus werden um den Ösophagus gelegt und die Plikation durch Naht erzeugt.
Komplikationen. Häufigkeit und Art postoperativer Komplikationen entsprechen, bis auf das Mediastinalemphysem und den Pneumothorax, denen nach offener Operation.
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14 Minimal-invasive Chirurgie
Eine erneute Operation bei missglückter Fundoplikation ist nach laparoskopischer Operation weniger komplikationsträchtig als nach offener Operation (Verwachsungen!).
Die erneute Operation bei missglückter Fundoplikation kann nach primär offener Operation aufgrund von Verwachsungen komplikationsträchtig sein. Dies ist nach laparoskopischer Operation nicht in vergleichbarem Umfang zu erwarten.
14.7
14.7
Laparoskopische Vagotomie
Laparoskopische Vagotomie
Die trunkuläre oder selektiv-proximale Vagotomie kann bei chronischen Ulcera duodeni in geeigneten Fällen laparoskopisch erfolgen. Präoperative Diagnostik. Eine Pylorusoder Duodenalstenose ist präoperativ auszuschließen.
Die trunkuläre oder selektiv-proximale Vagotomie kann bei chronischen Ulcera duodeni in geeigneten Fällen laparoskopisch erfolgen.
Indikationen, Kontraindikationen. Patienten mit therapieresistentem, unkompliziertem Ulcus duodeni scheinen am besten geeignet. Fortgeschrittene Erkrankungen oder eine gleichzeitig erforderliche Pyloroplastik stellen relative Kontraindikationen dar.
Indikationen, Kontraindikationen. Patienten mit therapieresistentem,
Operatives Vorgehen. Bei der laparoskopischen Operation erfolgen die gleichen Operationsschritte wie bei der offenen selektiv-proximalen Vagotomie. Das Absetzen der Rr. gastrici posteriores n. vagi kann aufwendig sein. Die Operation wird daher auch als trunkuläre Vagotomie des hinteren Vagusastes und selektiv-proximale Vagotomie des vorderen Astes durchgeführt.
Präoperative Diagnostik. Hinsichtlich Ätiologie, Anamnese und Diagnostik wird auf Kap. B-3.6.3, S. 333ff. verwiesen. Eine funktionelle bzw. anatomische Pylorus- oder Duodenalstenose ist auszuschließen.
unkompliziertem Ulcus duodeni scheinen am besten geeignet. Abzuwarten bleibt, ob laparoskopische Methoden auch eine Alternative zur langzeitmedikamentösen Behandlung darstellen. Fortgeschrittene Erkrankungen oder eine gleichzeitig erforderliche Pyloroplastik sind als relative Kontraindikationen anzusehen.
Operatives Vorgehen. Nach Einbringen der Trokare erfolgen unter Kamerasicht die gleichen Operationsschritte wie bei der offenen Chirurgie. Unter Schonung des N. Latarjet wird die kleine Kurvatur des Magens skelettiert und die Rr. gastrici anteriores und posteriores n. vagi magenwandnah abgesetzt. Kardia, Ösophagus und Funduskuppe werden dann unter Schonung des vorderen und hinteren Vagus skelettiert. Anschließend wird die kleine Kurvatur durch Naht reserosiert. Das Darstellen und Absetzen der Rr. gastrici posteriores n. vagi ist sehr aufwendig. Die laparoskopische Operation wird daher auch als trunkuläre Vagotomie des hinteren und selektiv-proximale Vagotomie des vorderen Vagusastes durchgeführt.
Komplikationen. Die Komplikationen entsprechen, bis auf das Mediastinalemphysem und den Pneumothorax, der offenen Operation. Postoperativ sollte die Magenfunktion kontrolliert werden.
Komplikationen. Häufigkeit und Art postoperativer Komplikationen entsprechen, bis auf das Mediastinalemphysem und den Pneumothorax, der offenen Operation. Da die intraoperative Kontrolle der Pylorusweite und einer Restfunktion evtl. verbliebener vagaler Äste entfällt, muss eine postoperative Kontrolle der Magenfunktion erfolgen.
14.8
14.8
Laparoskopische bzw. laparoskopisch assistierte Kolonchirurgie
Die laparoskopische Kolonchirurgie erfordert bei malignen Erkrankungen das Einhalten onkologischer Radikalitätsprinzipien. Diese Kriterien können z.B. bei der laparoskopischen Hemikolektomie nicht immer eingehalten werden. Dies gilt nicht für die Rektumexstirpation.
Bei benignen Erkrankungen und bei rein palliativen Operationen werden hingegen zunehmend Indikationen zum laparoskopischen Vorgehen gesehen. Präoperative Diagnostik. Siehe hierzu die zugehörigen Kapitel.
Laparoskopische bzw. laparoskopisch assistierte Kolonchirurgie
Die laparoskopische Kolonchirurgie erfordert bei malignen Erkrankungen das Einhalten onkologischer Radikalitätsprinzipien wie z.B. die ausreichende Lymphknotendissektion. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Kriterien bei der laparoskopischen Hemikolektomie, der Transversum- oder Sigmaresektion aus anatomisch-technischen Gründen eingehalten werden können. Insbesondere die sachgerechte, eine histologische Aufarbeitung erlaubende Präparatebergung ist schwierig. Die abdominoperitoneale Rektumexstirpation hingegen scheint bei kleineren Tumoren laparoskopisch durchführbar. Bei benignen Erkrankungen und bei rein palliativen Operationen werden zunehmend Indikationen zum laparoskopischen Vorgehen gesehen. Zur Präparatebergung und Anastomosierung ist häufig eine zusätzliche, kleine Laparotomie erforderlich. Diese Operationsmethode wird daher auch »laparoskopisch assistiert« genannt.
Präoperative Diagnostik. Auf Ätiologie, Anamnese und Diagnostik ist in den Kapiteln, die die der Operation zugrunde liegende Erkrankung beschreiben, bereits eingegangen worden.
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14.9 Laparoskopische Chirurgie Rektumprolaps/Beckenbodeninsuffizienz
Indikationen, Kontraindikationen. Für die laparoskopische Sigmaresek-
tion und die abdominoperitoneale Rektumexstirpation sind gegenwärtig folgende Indikationen und Kontraindikationen zu nennen ( 2 B-14.9).
2 B-14.9
Indikationen, Kontraindikationen. Für die Sigmaresektion und Rektumexstirpation sind folgende Indikationen und Kontraindikationen zu nennen ( 2 B-14.9).
Indikationen und Kontraindikationen der laparoskopischen Sigmaresektion und abdominoperitonealen Rektumexstirpation
Indikationen N entzündliche Stenosen des Sigmas n N Endometriose n N segmentale Colitis ulcerosa n N endoskopisch nicht sanierbare Adenome mit Epitheldysplasien n N palliative Resektion bei diffus metastasiertem Karzinom n N T1-, T2-, N0-, M0-Tumor (im Rahmen von Studienprotokollen) n Kontraindikationen N Subileus, Ileus n N Kolonfisteln n N kurativ behandelbarer T1–T4-, N1-, M1-Tumor n N Malignome n
Die onkologischen laparoskopischen kolorektalen Operationen sollten aufgrund des ungeklärten Einflusses des Pneumoperitoneums auf die Metastasierung im Rahmen klinisch-wissenschaftlicher Studien durchgeführt werden.
Operatives Vorgehen. Der häufigste am Kolon laparoskopisch durchge-
Operatives Vorgehen. Der häufigste am Kolon laparoskopisch durchgeführte Eingriff ist die Sigmaresektion. Hierbei wird das Sigma aus den lateralen Verwachsungen gelöst, dann das Mesosigma skelettiert und der Darm zusammen mit den Gefäßen abgesetzt. Das Präparat wird über eine Hilfslaparotomie geborgen. Die Anastomose kann intraabdominell mit einem Klammernahtgerät angelegt werden.
Komplikationen. Die Komplikationen entsprechen, bis auf die laparosko-
Komplikationen. Die Komplikationen entsprechen, bis auf die laparoskopiespezifischen, denen der offenen Chirurgie.
führte Eingriff ist die Sigmaresektion. Diese wird, nach Anlage des Pneumoperitoneums und Platzierung von 4 Trokaren in den Unter- und Mittelbauch, analog der offenen Chirurgie durchgeführt. Das Sigma wird aus den lateralen Verwachsungen mit der Bauchwand gelöst. Nach Festlegen der Resektionsränder wird das Mesosigma skelettiert und dabei mit Clips, Ligatur oder langstreckigen Klammernahtgeräten zusammen mit den Gefäßen abgesetzt. Anschließend wird das Präparat distal am Rektum abgesetzt und über eine Hilfslaparotomie im linken Unterbauch geborgen. Die Anastomose kann intraabdominal mit einem Klammernahtgerät angelegt werden. Abschließend werden die Trokare entfernt und die Wunden verschlossen.
piespezifischen, denen der offenen Chirurgie. Der Stellenwert der laparoskopischen Kolonchirurgie bleibt aber offen, bis weitere Ergebnisse vorliegen. Die technische Entwicklung könnte die Indikationen erweitern und den Hilfsschnitt überflüssig werden lassen.
14.9
Laparoskopische Chirurgie des Rektumprolaps und der Beckenbodeninsuffizienz
Der durch den Analkanal hervortretende Rektumprolaps stellt eine Hernie des Beckenbodens dar. Die Rektumvorderwand bildet dabei den Bruchsack. Die Erkrankung ist meist Folge einer Beckenbodeninsuffizienz. Begünstigend wirkt außerdem eine Überlänge des Colon sigmoideum. Die Patienten können kontinent sein oder verschiedene Grade der Inkontinenz aufweisen. Auch laparoskopisch können die operativ-therapeutischen Ziele erreicht werden. Hierzu gehören die Straffung des Sigma/Rektums durch eine Sigmaresektion oder Rektopexie und/oder die Beckenbodenplastik. Von den
14.9
Laparoskopische Chirurgie des Rektumprolaps und der Beckenbodeninsuffizienz
Der Rektumprolaps ist eine transanal vortretende Hernie des Beckenbodens, wobei die Rektumvorderwand den Bruchsack darstellt. Die Erkrankung ist meist Folge einer Beckenbodeninsuffizienz. Zu den operativ therapeutischen Zielen gehören die Straffung des Sigma/Rektums durch eine Sigmaresektion oder Rektopexie und/oder
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636
14 Minimal-invasive Chirurgie
die Beckenbodenplastik, welche laparoskopisch erreicht werden können.
Vorteilen der laparoskopischen Chirurgie profitieren insbesondere die häufig älteren Patienten.
Anamnese, präoperative Diagnostik. Die in Kap. B-7.3.9. genannten Prinzipien sind zu beachten. Malignome sind auszuschließen, präoperativ sollte eine gynäkologische und ggf. urologische Abklärung erfolgen.
Anamnese, präoperative Diagnostik. Bei der Abklärung der zugrunde lie-
Indikationen, Kontraindikationen. Alle Stadien können laparoskopisch operiert werden. Alternativ kann die laparoskopische Sigmaresektion oder Rektopexie mit einer zweizeitigen perinealen Beckenbodenraffung kombiniert werden. Bei hohen kardiopulmonalen Risikofaktoren sollte das extraabdominale Vorgehen bevorzugt werden. Operatives Vorgehen. Zu den Prinzipien der Sigmaresektion s. Kap. B-14.8 . Für die laparoskopische Rektopexie und Beckenbodenplastik wird das Mesorektum präsakral gelöst, bis das mobilisierte Rektum den Beckenboden zur Darstellung bringt. Die Beckenbodenplastik wird post-anal durch Raffnähte und präkokzygeal angelegt ( 1 B-14.7 a). Nach ausreichender Streckung des Rektums wird präsakral ein Polypropylenenetz fixiert ( 1 B-14.7 b) und an diesem das nach intraabdominal gestreckte Rektum fixiert ( 1 B-14.7 c). Komplikationen. Bis auf die laparoskopiespezifischen entsprechen sie denen nach konventioneller Operation.
Indikationen, Kontraindikationen. Es können alle Stadien laparoskopisch operiert werden. Alternativ kann die laparoskopische Sigmaresektion oder Rektopexie, je nach postoperativer Entwicklung der Insuffizienzbeschwerden, mit einer zweizeitigen perinealen Beckenbodenraffung kombiniert werden. Bei Patienten mit hohen kardiopulmonalen Risikofaktoren sollte einem extraabdominalen Vorgehen der Vorzug gegeben werden.
1 B-14.7
genden Pathophysiologie und Diagnostik für die differenzierte Indikationsstellung sind die in Kap. B-7.3.9 genannten Prinzipien zu beachten. Malignome sind auszuschließen, präoperativ sollte eine gynäkologische und ggf. urologische Abklärung erfolgen.
Operatives Vorgehen. Die Prinzipien der Sigmaresektion sind in Kap.
B-14.8 beschrieben. Für die laparoskopische Rektopexie und Beckenbodenplastik wird das Mesorektum beginnend am Promontorium präsakral gelöst. Das so bis über die Steißbeinspitze mobilisierte Rektum bringt den Beckenboden zur Darstellung. Es wird dann die Beckenbodenplastik post-anal durch Raffnähte der Levatoren und präkokzygeal angelegt ( 1 B-14.7 a). Lässt sich nach kompletter Mobilisation eine ausreichende Streckung des Rektums erreichen wird ein Polypropylenenetz präsakral eingelegt und fixiert ( 1 B-14.7 b). Das nach intraabdominal gestreckte Rektum wird dann an dem Netz lateral mit Naht befestigt ( 1 B-14.7 c).
Komplikationen. Häufigkeit und Art postoperativer Komplikationen entsprechen, bis auf die laparoskopiespezifischen, denen nach konventioneller Operation.
Synopsis Laparoskopische Rektopexie
a Situation nach Mobilisation und b Präsakrale Einlage und F ixierung des Netzes mit Clips. Anheben des Rektums und Darstellung des Beckenbodens.
c Befund nach Annähen des Rektums an das Netz.
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637
14.10 Minimal-invasive Adrenalektomie
14.10
Minimal-invasive Adrenalektomie
Da beim offenen Vorgehen ein größeres Zugangstrauma gesetzt werden muss, kommen bei der laparoskopischen Adrenalektomie die Vorteile der minimal-invasiven Techniken besonders zum Tragen. Es ist somit nicht verwunderlich, dass sich diese in wenigen Jahren als standardisiertes Verfahren etabliert haben. Es werden der transperitoneale oder retroperitoneale Zugangsweg unterschieden.
14.10
Minimal-invasive Adrenalektomie Bei der laparoskopischen Adrenalektomie gibt es den transperitonealen oder retroperitonealen Zugangsweg.
Anamnese, präoperative Diagnostik. Bei der Abklärung der zugrunde lie-
Anamnese, präoperative Diagnostik. S. dazu die in Kap. B-17.3 genannten Prinzipien.
Indikationen, Kontraindikationen. Inzidentalome, insbesondere bei Grö-
Indikationen, Kontraindikationen. Inzidentalome bis zu einer Größe von 5 cm, Phäochromozytome, der primäre Hyperaldosteronismus, die therapierefraktären sekundären Nebennierenüberfunktionen und Angiomyolipome stellen geeignete Indikationen dar. Unabhängig von der Art des Tumors sind Tumoren > 7–9 cm aus operationstechnischen Gründen meist nicht mit minimal-invasiven Techniken anzugehen.
Operatives Vorgehen
Operatives Vorgehen Transperitoneale Techniken: Bei rechtsseitiger Operation wird die Pars descendens des Duodenums mobilisiert, das Retroperitoneum lateral der V. cava bis an den Leberunterrand inzidiert und alle in die V. cava ziehenden Venen zwischen Clips abgesetzt ( 1 B-14.8 a). Anschließend wird die Nebenniere von der V. renalis gelöst und zirkulär freipräpariert. Linksseitig beginnt die Präparation mit der Mobilisation der Kolonflexur; danach wird das Retroperitoneum eröffnet, die V. renalis dargestellt, die V. suprarenalis abgesetzt ( 1 B-14.8 b) und die Drüse zirkulär freipräpariert. Vorteil dieser Technik ist, dass bilaterale Befunde ohne Umlagerung operiert und die V. suprarenalis frühzeitig abgesetzt werden kann (Hormonfreisetzung wird vermieden). π Retroperitoneale Techniken: In Seitoder Bauchlage wird in der rechten mittleren Axillarlinie stumpf bis auf das Peritoneum eingegangen. Nach Herstellung eines CO2 -Retroperitoneums wird nach Darstellung des Zwerchfells und oberen Nierenpols die Nebenniere vollständig mobilisiert, von der arteriellen Versorgung getrennt ( 1 B-14.8 d) und nach Freipräparation und Venenverschluss geborgen. Komplikationen. Bis auf die laparoskopiespezifischen entsprechen sie denen nach konventioneller Operation.
genden Pathophysiologie und Diagnostik für die differenzierte Indikationsstellung sind die in Kap. B-17.3 genannten Prinzipien zu beachten.
ßenzunahme, stellen bis zu einer Größe von 5 cm eine Indikation dar. Mit zunehmender Größe (> 5 cm) steigt die Wahrscheinlichkeit eines Karzinoms. In diesen Fällen sollte konventionell offen operiert werden. Phäochromozytome, der primäre Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom), therapierefraktäre sekundäre Nebennierenüberfunktionen (Morbus Cushing) und Angiomyolipome stellen geeignete Indikationen dar. Unabhängig von der Art des Tumors hängt die Indikationsstellung auch von der Größe ab. So sind Tumoren > 7–9 cm meist aus operationstechnischen Gründen nicht mit minimal-invasiven Techniken anzugehen. Transperitoneale Techniken: Bei rechtsseitiger Operation wird zunächst die Pars descendens des Duodenums mobilisiert, das Retroperitoneum lateral der V. cava bis an den Leberunterrand inzidiert und alle in die V. cava ziehenden Venen, insbesondere die V. suprarenalis, zwischen Clips abgesetzt ( 1 B-14.8 a). Anschließend wird die Nebenniere am Unterrand von der V. renalis gelöst und zirkulär freipräpariert. Linksseitig beginnt die Präparation mit der Mobilisation der Kolonflexur. Anschließend wird das Retroperitoneum eröffnet, der Pankreasschwanz mobilisiert und die V. renalis nach medial dargestellt. Dabei wird die V. suprarenalis abgesetzt ( 1 B-14.8 b). Am Oberrand der V. renalis wird die Drüse aufgesucht und zirkulär freipräpariert und dabei von den arteriellen Gefäßen der Aorta befreit. Vorteil des transperitonealen Vorgehens ist, dass bilaterale Befunde ohne Umlagerung des Patienten operiert und die V. suprarenalis frühzeitig abgesetzt werden kann. Beim Phäochromozytom können so exzessive Hormonfreisetzungen vermieden werden. π
π Retroperitoneale Techniken: In Seiten- und Bauchlage wird nach Inzision rechts unterhalb des Rippenbogens in der mittleren Axillarlinie stumpf bis auf das Peritoneum eingegangen. Anschließend wird ein Ballontrokar eingeführt, mit CO2 insuffliert und so im Retroperitoneum Raum geschaffen ( 1 B-14.8 c). Anschließend werden die Trokare eingebracht. Nach Darstellen des Zwerchfells und oberen Nierenpols wird kranial davon die Nebenniere aufgesucht. Diese kann dann vollständig mobilisiert und zunächst von der arteriellen Versorgung getrennt werden ( 1 B-14.8 d). Nach Freipräparation und Verschluss der Venen kann das Präparat geborgen werden.
Komplikationen. Häufigkeit und Art postoperativer Komplikationen entsprechen, bis auf die laparoskopiespezifischen, denen nach konventioneller Operation.
π
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14 Minimal-invasive Chirurgie
1 B-14.8
Synopsis Operatives Vorgehen bei minimal-invasiver Adrenalektomie
4
1
2 3 2 5
3
6
1
4
a Situs nach Eröffnung des Retroperitoneums, Darstellung der rechten Nebenniere. Duodenum (1), V. cava (2), Nebenniere (3), Leber (4).
b Freipräparation der linken Nebenniere mit Eröffnung des Retroperitoneums. Magen (1), Milz (2), Pankreas (3), Kolon (4), linke Niere (5), linke Nebenniere (6).
c Subkostales Einbringen des Ballontrokars und Dissektion im Retroperitoneum.
d Auffüllen des Ballontrokars, komplette Dissektion mit Freilegen von Niere und Nebenniere.
e Einbringen des Dichtungstrokars, Auffüllen des dissezierten Raumes mit CO2 und Präparation im Retroperitoneum.
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639
14.11 Weitere laparoskopische Eingriffe und Entwicklungen
14.11
Weitere laparoskopische Eingriffe und Entwicklungen
Die Resektion symptomatischer, nicht parasitärer bzw. infizierter Leberzysten kann in geeigneten Fällen laparoskopisch durchgeführt werden. Die Zyste sollte dafür oberflächlich gelegen sein. Weitere Operationen wie die Splenektomie (z.B. bei idiopathischer thrombozytopenischer Purpura bis zu einer Milzgröße von ca. 15 cm) und Magenresektionen sind laparoskopisch angegangen worden. In der Diskussion ist ebenfalls der Einsatz laparoskopischer Methoden beim akuten Abdomen, wie z.B. beim perforierten Ulcus ventriculi oder duodeni. Mit den hier beschriebenen Techniken und Instrumentarien wird auch die Myotomie bei der Achalasie durchgeführt. Die laparoskopische Chirurgie befindet sich weiter in der Entwicklung. Erst nach weiteren operativ-technischen Fortschritten mit Einsatz von flexiblen Instrumenten und Optiken sowie standardisierten Naht- und Ligaturverfahren wird der Stellenwert dieser Methode zu beurteilen sein.
14.11
Weitere laparoskopische Eingriffe und Entwicklungen
Die Resektion symptomatischer, oberflächlicher Leberzysten kann laparoskopisch durchgeführt werden. Splenektomien und Magenresektionen sind laparoskopisch angegangen worden, in der Diskussion ist der Einsatz laparoskopischer Methoden beim akuten Abdomen. Mit den hier beschriebenen Techniken wird auch die Myotomie bei der Achalasie durchgeführt.
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641
Hals
15
15
Hals
15.1
Topographische Anatomie
Hans-Jürgen Klomp
Topographische Anatomie
15.1
n Merke. Die Kenntnis der Anatomie der Halsregion hat für den chirurgisch tätigen Arzt besondere Bedeutung, da hier wichtige Leitungsbahnen und Eingeweidestrukturen relativ ungeschützt und in enger räumlicher Beziehung verlaufen.
15.1.1
Halsregionen
15.1.1 Halsregionen
Eine zur anatomischen Orientierung hilfreiche Gliederung des Halses in verschiedene Regionen ist durch die Muskulatur vorgegeben ( 1 B-15.1). Der kräftige, schräg verlaufende M. sternocleidomastoideus trennt die vordere Halsregion (Regio colli anterior) vom lateralen Halsdreieck (Regio colli lateralis).
1 B-15.1
Merke
Durch Muskelverläufe vorgegeben ist die Aufteilung in vordere Halsregion mit Karotisdreieck und laterales Halsdreieck ( 1 B-15.1).
Synopsis Halsregionen
1 3 4 6
5
2
Die Regio sternocleidomastoidea (5) trennt die Regio colli (cervicalis) lateralis (laterales Halsdreieck, 6) von der Regio colli (cervicalis) anterior (vordere Halsregion), zu der neben der Regio submentalis (1), dem Trigonum submandibulare (3) und der Regio laryngea (thyreoidea, 2) auch das Trigonum caroticum (Karotisdreick, 4) gehört. Cave: Zum Teil existieren leicht abweichende Bezeichnungen und Einteilungen der Halsregionen! Wichtige anatomische Strukturen der einzelnen Halsregionen: 1 Regio submentalis: 2 Regio laryngea (thyreoidea): 3 4 5 6
submentale Lymphknoten Eingeweidestrang des Halses mit Glandula thyreoidea, Larynx, Trachea und Ösophagus Trigonum submandibulare: submandibuläre Lymphknoten, Glandula submandibularis, N. hypoglossus, im dorsokranialen Abschnitt Glandula parotis Trigonum caroticum: Karotisbifurkation, Glomus caroticum, N. hypoglossus Regio sternocleidomastoidea: ventral M. sternocleidomastoideus, dahinter Gefäß-Nervenstrang mit A. carotis, V. jugularis interna, N. vagus; juguläre Lymphknoten Regio colli (cervicalis) lateralis: zwischen M. sternocleidomastoideus ventral und M. trapezius dorsal; laterale Halslymphknoten, N. accessorius, in der Tiefe Plexus cervicalis und brachialis
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642
15 Hals
Durch die Skalenuslücken im lateralen Halsdreieck verlaufen die Gefäße und Nerven zur Versorgung des Armes.
Als Karotisdreieck (Trigonum caroticum) wird der Teil der vorderen Halsregion bezeichnet, der durch den M. sternocleidomastoideus lateral, den M. omohyoideus medial und den M. digastricus bzw. den Unterkieferrand kranial begrenzt wird. Die Palpation des Karotispulses und die Auskultation des Gefäßes erfolgt in dieser Region submandibulär am medialen Rand des M. sternocleidomastoideus. Die A. carotis communis teilt sich hier in die A. carotis externa und die A. carotis interna auf. Medial der Karotisgabel liegt das Glomus caroticum, ein vegetatives Paraganglion. Im medialen Winkel des lateralen Halsdreiecks verlaufen die Gefäße und Nerven zur Versorgung des Armes. Sie treten hier durch die von den Mm. scaleni begrenzte vordere und hintere Skalenuslücke hindurch.
15.1.2
15.1.2
Im Karotisdreieck finden sich die Aufgabelung der A. carotis communis sowie das Glomus caroticum, ein vegetatives Paraganglion. Hier kann medial des M. sternocleidomastoideus der Karotispuls getastet und das Gefäß auskultiert werden.
Halsfaszien
Die Halsfaszien gliedern die Eingeweide und Muskeln des Halses in mehrere Schichten ( 1 B-15.2).
1 B-15.2
Halsfaszien
Die Halsfaszien sind bindegewebige Membranen, die die Eingeweide und Muskeln des Halses in mehrere Schichten gliedern ( 1 B-15.2).
Synopsis Halsfaszien (Querschnitt) M. sternothyreoideus
M. sternohyoideus Platysma
Trachea Ösophagus
Glandula thyreoidea
N. laryngeus recurrens
M. sternocleidomastoideus
Fascia cervicalis superficialis
V. jugularis interna
Fascia cervicalis media Fascia cervicalis profunda Mm. scaleni
Entzündliche und tumoröse Prozesse breiten sich vorzugsweise in kraniokaudaler Richtung innerhalb der durch die Halsfaszien begrenzten Räume aus.
Beispiele sind die Mediastinitis bei Ösophagusperforation und das Wachstumsverhalten von Strumen.
Die oberflächliche Halsfaszie scheidet die Mm. sternocleidomastoideus und trapezius vollständig ein, das Platysma liegt epifaszial. Die mittlere Halsfaszie umschließt die infrahyalen Muskeln. Mittlere Halsfaszie und M. omohyoideus halten durch bindegewebige Verbindungen das Lumen der V. jugularis interna offen. Hierdurch wird der venöse Abfluss gesichert, bei Verletzung der V. jugularis interna besteht aber erhöhte Luftemboliegefahr.
A. carotis M. longus colli
N. vagus
Ihre klinische Bedeutung liegt darin, dass sie Grenzlamellen darstellen, die dem Chirurgen bei der anatomischen Orientierung und der Präparation helfen. Diese Grenzlamellen stellen auch bis zu einem gewissen Grad eine Barriere für entzündliche und tumoröse Prozesse dar, deren Ausbreitung in der Regel zunächst innerhalb der durch die Halsfaszien begrenzten Räume in kraniokaudaler Richtung erfolgt. Beispielsweise kann eine Perforation des zervikalen Ösophagus zu einer weit in das hintere Mediastinum reichenden Abszedierung führen, ohne dass am Hals oberflächliche Entzündungszeichen auftreten. Auch das Wachstum von Strumen nach retrosternal oder intrathorakal erfolgt innerhalb des durch die Faszien begrenzten Raumes. Die oberflächliche Halsfaszie (Fascia cervicalis superficialis = Lamina superficialis) scheidet den M. sternocleidomastoideus und den dorsal gelegenen M. trapezius vollständig ein. Außerhalb dieser Faszie im Subkutangewebe liegt eine der mimischen Muskulatur zuzurechnende dünne Muskelplatte, das Platysma. Die mittlere Halsfaszie (Fascia cervicalis media = Lamina praetrachealis) umschließt die infrahyalen Muskeln. Sie wird durch den M. omohyoideus gespannt, an dessen lateralem Rand sie endet. Dadurch entsteht ein 3-seitiger zeltartiger Abschluss der oberen Thoraxapertur. Durch bindegewebige Verbindungen zwischen M. omohyoideus und dem lateral gelegenen Gefäßnervenstrang hält der Muskel das Lumen der V. jugularis interna offen. Dadurch ist der ungehinderte Blutfluss auch bei Kontraktion der Halsmuskulatur gewährleistet. Im Falle einer Verletzung der V. jugularis interna besteht allerdings auch ein erhöhtes Risiko einer Luftembolie.
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15.1.4 Leitungsbahnen
643
Die tiefe Halsfaszie (Fascia cervicalis profunda = Lamina praevertebralis) überzieht die tiefe Halsmuskulatur und die lateral gelegenen Mm. scaleni. Halseingeweide und Leitungsbahnen liegen zwischen mittlerer und tiefer Halsfaszie.
Die tiefe Halsfaszie überzieht die tiefe Halsmuskulatur und die lateral gelegenen Mm. scaleni. Halseingeweide und Leitungsbahnen liegen zwischen mittlerer und tiefer Halsfaszie.
15.1.3
Eingeweidestrang
15.1.3 Eingeweidestrang
Der Kehlkopf (Larynx) liegt vor dem Hypopharynx und dem Ösophagus ( 1 B-15.3). Der Übergang in die Trachea liegt etwa in Höhe des Ösophagusmundes. Der Kehlkopfeingang wird beim Schlucken durch den Kehldeckel, die Epiglottis, verschlossen. Die am Schildknorpel unterhalb der Incisura thyreoidea superior gelegene Prominentia laryngea, der sog. Adamsapfel, springt besonders beim Mann deutlich hervor. Unterhalb des Kehlkopfes tastet man den Krikoidknorpel. Zwischen beiden liegt das Lig. cricothyreoideum (früher auch als Lig. conicum bezeichnet), dessen Durchtrennung (Koniotomie) die einfachste Form des notfallmäßigen Luftröhrenschnittes darstellt (s. 1 B-15.11).
1 B-15.3
Zum Eingeweidestrang gehören Kehlkopf (Larynx), Schilddrüse, Zungenbein, Trachea und oberer Ösophagus ( 1 B-15.3). Das zwischen Schild- und Ringknorpel gelegene Ligament wird bei der Notfalltracheotomie (Koniotomie) durchtrennt (s. 1 B-15.11).
Synopsis Anatomie der Halsregion (Übersicht)
Os hyoideum M. sternocleidomastoideus (durchtrennt)
V. jugularis interna A. carotis communis
Incisura thyreoidea superior Larynx (Cartilago thyreoidea) Cartilago cricoidea Glandula thyreoidea
N. vagus Trachea Plexus brachialis
Das oberhalb des Kehlkopfes gelegene Zungenbein ist ein wichtiger Ansatzpunkt für verschiedene Muskelgruppen. Der obere Ösophagus liegt relativ geschützt zwischen Trachea und Wirbelsäule in einem Bindegewebsraum, der sich kaudalwärts ins hintere Mediastinum fortsetzt. Die spezielle Anatomie von Schilddrüse und Epithelkörperchen wird in Kap. B-16 besprochen.
15.1.4
Leitungsbahnen
In einer gemeinsamen Gefäßnervenscheide verlaufen medial die A. carotis communis, ventrolateral die V. jugularis interna und dorsal der N. vagus ( 1 B-15.3). Kaudal wird der Gefäßnervenstrang vom M. sternocleidomastoideus bedeckt. Aa. carotis communis und interna geben im Halsbereich keine Äste ab, während aus der A. carotis externa die obere Schilddrüsenarterie sowie die Arterien zur Versorgung von Gesicht und knöchernem Schädel entspringen.
15.1.4 Leitungsbahnen In einer gemeinsamen Gefäßnervenscheide verlaufen medial die A. carotis communis, ventrolateral die V. jugularis interna und dorsal der N. vagus ( 1 B-15.3). Kaudal wird der Gefäßnervenstrang vom M. sternocleidomastoideus bedeckt.
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644
15 Hals
Die oberflächlichen Halsvenen liegen epifaszial unter dem Platysma.
Von praktischer Bedeutung (z.B. zur Gefäßpunktion) sind die oberflächlichen Halsvenen (V. jugularis externa und V. jugularis anterior), die epifaszial, d.h. zwischen Platysma und oberflächlicher Halsfaszie liegen.
15.1.5 Lymphknoten
15.1.5
In der Halsregion finden sich zahlreiche Lymphknoten ( 1 B-15.4), deren Lymphe auf jeder Seite über 2 Hauptstränge am Angulus venosus ins Venensystem dräniert wird. Der linke Truncus jugularis mündet via Ductus thoracicus, der rechte direkt.
In der Halsregion finden sich zahlreiche Lymphknoten ( 1 B-15.4), die sich in Gruppen gliedern lassen und deren Lymphe auf jeder Seite über 2 Hauptstränge am Angulus venosus ins Venensystem dräniert wird. Auf der linken Seite mündet der Truncus jugularis via Ductus thoracicus, auf der rechten Seite direkt.
Lymphknoten
1 B-15.4
Synopsis Lymphknotengruppen (LK) des Halses
kraniale juguläre LK
submandibuläre LK
kaudale juguläre LK
prä- und paratracheale LK supraklavikuläre LK
Über den Truncus jugularis erfolgt die hauptsächliche Lymphdränage von Kopf und Hals. Zu seinem Einzugsgebiet gehören die oberflächlichen und die tiefen jugularen Lymphknoten, bei denen man eine kaudale und eine kraniale Gruppe unterscheidet.
Der Truncus subclavius dräniert neben der Lymphe des Armes und der Mamma über die supraklavikuläre Lymphknotengruppe auch die Lymphknoten des lateralen Halsdreiecks. Da letztere in der Nähe des R. externus des N. accessorius liegen, kann dieser bei einer Lymphknotenentfernung verletzt werden.
Über den Truncus jugularis erfolgt die hauptsächliche Lymphdränage von Kopf und Hals. Zu seinem Einzugsgebiet gehören die oberflächlichen jugularen Lymphknoten aus dem Bereich der V. jugularis externa sowie die tiefen jugularen Lymphknoten, die in der Umgebung der V. jugularis interna gelegen sind. Man unterscheidet eine kraniale Gruppe, in die sich auch die submentalen und submandibulären Lymphknoten dränieren und die gut palpabel ist, von einer kaudalen Gruppe, die unter dem M. sternocleidomastoideus verborgen ist. Der Truncus subclavius begleitet den Gefäßnervenstrang des Armes. Neben der Lymphe des Armes und der Mamma dräniert er über die supraklavikuläre Lymphknotengruppe auch die Lymphknoten des lateralen Halsdreiecks. Letztere liegen häufig in der Nähe des R. externus des N. accessorius, der die Mm. trapezius und sternocleidomastoideus motorisch versorgt und bei einer Lymphknotenentfernung verletzt werden kann.
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15.2.1 Halszysten und -fisteln
15.2
Fehlbildungen
15.2
15.2.1
Halszysten und -fisteln
15.2.1 Halszysten und -fisteln
n Definition. Angeborene Halszysten und -fisteln sind typische Erkrankungen des Säuglings- und Kindesalters. Sie entstehen durch unvollständige Rückbildung embryonaler Strukturen.
Fehlbildungen
Definition
Mediane Halszysten
Mediane Halszysten
Ätiologie. Mediane Halszysten und -fisteln werden durch Rudimente des
Ätiologie. Mediane Halszysten und -fisteln entstehen aus Rudimenten des Ductus thyreoglossus ( 1 B-15.5).
Ductus thyreoglossus verursacht. Dieser von schleimproduzierenden Zellen ausgekleidete Gang entsteht in der Embryonalzeit als Folge des Herabwanderns der Schilddrüsenanlage vom Zungengrund. Er bildet sich physiologischerweise vollständig zurück ( 1 B-15.5).
1 B-15.5
Synopsis Mediane Halszysten und -fisteln
Foramen caecum linguae Ductus thyreoglossus Os hyoideum Cartilago thyreoidea Lobus pyramidalis Glandula thyreoidea Trachea a Lokalisationen medianer Halszysten im Verlauf des Ductus thyreoglossus.
b Lokalisation medianer Halsfisteln.
Symptome. Der distale Anteil des Ductus thyreoglossus kann im Rahmen
Symptome. Mediane Halszysten werden meist erst im Vorschulalter als prallelastische Resistenzen am Hals symptomatisch. Nach Ruptur oder Infektion entsteht eine Fistel nach außen.
Diagnose. Neben der klinischen Untersuchung stellt die Sonographie des
Diagnose. Präoperativ wird eine Ultraschalluntersuchung des Halses und ggf. eine Fisteldarstellung mit Kontrastmittel durchgeführt. Differenzialdiagnostisch kommt ausnahmsweise eine ektope Schilddrüsenanlage in Frage.
Therapie. Die Behandlung besteht in der vollständigen Exstirpation der
Therapie. Die Behandlung besteht in der vollständigen Entfernung der Zyste bzw. des Fistelganges.
einer Schilddrüsenoperation als Lobus pyramidalis in Erscheinung treten. Weiter kranial gelegene Anteile imponieren durch die Schleimproduktion als prallelastische Zysten, die in der Regel erst im Vorschulalter entdeckt werden. Sie liegen meist in der Nähe des Zungenbeins, können aber bis zum Zungengrund hinaufreichen. Die Ruptur oder Infektion einer Zyste mit Durchbruch nach außen führt zur Ausbildung einer medianen Fistel.
Halses das wichtigste diagnostische Hilfsmittel dar. Typische Zysten erscheinen im Schallbild als symmetrische, echoarme Raumforderungen. Bei nicht eindeutig zystischer Struktur kommt differenzialdiagnostisch ausnahmsweise eine ektope Schilddrüsenanlage in Frage. Auf jeden Fall sollte das Vorliegen einer normalen, orthotop gelegenen Schilddrüse sonographisch dokumentiert werden. Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) sind in der Regel bei der präoperativen Abklärung von Halszysten nicht indiziert. Liegt eine Fistel vor, kann die Ausdehnung präoperativ durch eine Kontrastmitteldarstellung bestimmt werden.
Zyste bzw. des Fistelganges. Je nach Befund muss der mittlere Anteil des Zungenbeinkörpers und der Verbindungsstrang zum Foramen caecum am Zungengrund mitentfernt werden.
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646
15 Hals
Laterale Halszysten
Laterale Halszysten
Ätiologie. Laterale Halszysten sind Rudimente embryonaler Kiementaschen ( 1 B-15.6). Bei einer Fistel besteht eine Verbindung zwischen Haut und Rachenraum.
Ätiologie. Laterale Halszysten und -fisteln werden durch unvollständige
1 B-15.6
Rückbildung der in der frühen Embryonalentwicklung entstehenden Kiementaschen hervorgerufen ( 1 B-15.6). Eine vollständige Fistel ist durch eine Verbindung zwischen Halsoberfläche und Rachenraum gekennzeichnet; inkomplette Fisteln enden blind. Ist kein Anschluss nach innen oder außen mehr vorhanden, entsteht eine Zyste.
Synopsis Verlauf und Lokalisation lateraler Halsfisteln und -zysten
laterale Halszyste
N. hypoglossus
Os hyoideum
A. carotis interna A. carotis communis Larynx M. sternocleidomastoideus Fistelgang
Glandula thyreoidea a Schematische Darstellung des Verlaufs lateraler Halsfisteln mit typischer Lokalisation der Fistelöffnung am Vorderrand des M. Trachea sternocleidomastoideus (linke Bildseite) sowie typische Lokalisationen lateraler Halszysten (rechte Bildseite).
--
*
--
--
-*
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-D2 – *
-- -Z -
--
D1 * ACE
b Befund bei Inspektion.
c Ultraschallbild: Z = Zyste; ACE = A. carotis externa. Die Zyste ist im B-Scan eine echoarme Raumforderung (D = Durchmesser).
N. accessorius d Intraoperativer Situs.
e Operationspräparat. Die Einschnürung am Präparat stammt vom N. accessorius, der bei der Operation geschont wurde.
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15.2.2 Halsrippe
Symptome. Eine äußere Fistelöffnung liegt immer am Vorderrand des
Symptome. Eine äußere Fistelöffnung liegt immer am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus ( 1 B-15.6 a). Zysten imponieren als tastbare Resistenzen im lateralen Teil des vorderen Halsdreiecks ( 1 B-15.6 b).
Diagnose. Aufgrund der typischen Fistellokalisation ist die Diagnose bei Säuglingen und Kleinkindern einfach. Zysten können bis ins Erwachsenenalter unentdeckt bleiben. Eine präoperative Ultraschalluntersuchung des Halses kann den Nachweis einer flüssigkeitsgefüllten Zyste erbringen.
Diagnose. Die typische Fistellokalisation erleichtert die Diagnose.
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch kommen sekundäre Fisteln anderer Ursache in Frage. Bei Zysten ist neben Tumoren und einer Lymphadenitis v.a. an Lymphome im Rahmen einer Systemerkrankung zu denken. Daher sollte bei der klinischen Untersuchung auch auf Lymphknotenvergrößerungen in anderen Körperregionen geachtet werden.
Differenzialdiagose. Differenzialdiagnostisch kommen sekundäre Fisteln anderer Ursache, Tumoren und Lymphknotenschwellungen in Frage.
Therapie. Die möglichst frühzeitige vollständige Exstirpation der Zyste bzw.
Therapie. Die möglichst frühzeitige vollständige Exstirpation der Zyste bzw. Fistel ist anzustreben.
M. sternocleidomastoideus im vorderen Halsdreieck ( 1 B-15-6 a). Sie ist in der Regel einseitig und bereits bei der Geburt vorhanden, aber häufig kaum erkennbar. Erst bei Infektion kommt es zur Verhaltbildung oder eitrigen Sekretion aus der Fistelöffnung. Zysten imponieren als tastbare Resistenzen im lateralen Teil des vorderen Halsdreiecks ( 1 B-15.6 b).
Fistel ist anzustreben. Ist es bereits zur Abszedierung gekommen, muss diese zunächst dräniert werden. Komplikationen können durch unvollständige Entfernung oder Verletzung benachbarter Strukturen (Karotisgabel, N. hypoglossus) hervorgerufen werden.
15.2.2
Halsrippe
n Definition. Als Halsrippen werden überzählige Rippen oder Rippenstummel am 7. (seltener am 6.) Halswirbelkörper bezeichnet, die meist bindegewebig mit der 1. Rippe verbunden sind.
Die Ultraschalluntersuchung hilft beim Nachweis der Zyste.
15.2.2 Halsrippe Definition
Die Halsrippenbildung ist in der Regel beidseitig und tritt bei Frauen häufiger auf. Je nach Ausprägung kann diese Skelettanomalie mit weiteren anatomischen Varianten vergesellschaftet sein (veränderte Segmentgliederung des Plexus brachialis, Lagevarianten der A. subclavia bzw. ihrer Äste und des Ansatzes der Skalenusmuskeln). Typische Beschwerden werden durch Kompression des Gefäßnervenstranges hervorgerufen. Man spricht daher auch von einem neurovaskulären Kompressionssyndrom oder einem »Thoracic-outlet-Syndrom« (s. Kap. B-24.1.5).
Halsrippen treten meist beidseitig und häufiger bei Frauen auf. Sie können Ursache eines neurovaskulären Kompressions- oder sog. Thoracicoutlet-Syndroms sein (s. Kap. B-24.1.5). Typische Beschwerden werden durch Kompression des Gefäßnervenstranges hervorgerufen.
Symptome. Die Symptomatik kann sich durch Sensibilitätsausfälle, Paräs-
Symptome. Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, venöse Abflussbehinderung und Abschwächung des Radialispulses in Ruhe oder bei bestimmten Bewegungen (Hyperextension, Abduktion) können auftreten.
Diagnose. Die Operationsindikation muss besonders sorgfältig abgewogen
Diagnose. Eine Operationsindikation darf erst nach ausreichender Diagnostik gestellt werden. Hierzu gehören klinische Untersuchung, neurologischer Befund, Röntgen, Angiographie und ggf. CT und MRT.
Differenzialdiagnose. Ursache der genannten Beschwerden kann auch eine Kompression des Gefäßnervenbündels zwischen normal angelegter 1. Rippe
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch kommt ein kostoklavikuläres
thesien, einstrahlende Schmerzen oder Schwächegefühl im Arm äußern. Es kann auch zur venösen Abflussbehinderung oder zur Drosselung des arteriellen Zustroms kommen. In diesem Fall lässt sich evtl. eine Abschwächung des Radialispulses im Vergleich zur Gegenseite bereits in Ruhe oder bei bestimmten Bewegungen (Hyperextension, Abduktion) nachweisen.
werden und darf erst nach ausreichender Diagnostik gestellt werden. Zur präoperativen Diagnostik gehört neben der gründlichen klinischen Untersuchung (zum Ausschluss tastbarer Tumoren im Hals- oder Axillabereich) je nach Symptomatik eine Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule und des Thorax sowie ein neurologischer Befund. Zum Nachweis einer Gefäßeinengung ist eine Angiographie erforderlich. Um Prozesse im Bereich der Wirbelsäule bzw. des Rückenmarks auszuschließen, kann eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich werden.
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648
15 Hals
Syndrom oder ein Skalenussyndrom ( 1 B-15.7) sowie eine Reihe anderer Ursachen in Frage ( 1 B-15.8).
und Klavikula oder eine Hypertrophie des M. scalenus anterior sein ( 1 B-15.7). Man spricht dann von einem kostoklavikulären Syndrom oder einem Skalenussyndrom. Differenzialdiagnostisch müssen weitere Ursachen ausgeschlossen werden ( 1 B-15.8).
1 B-15.7
Synopsis Anatomische Voraussetzungen zur Entstehung des neurovaskulären Kompressionssyndromes
M. scalenus anterior Halsrippe Bindegewebestrang 1. Rippe Plexus brachialis
Klavikula A. subclavia V. subclavia
1 B-15.8
Synopsis Ätiologie und Differenzialdiagnose neurovaskulärer Kompressionssyndrome der Hals- und Schulterregion
Symptome • Parästhesien • ausstrahlende Schmerzen spontan oder bei Belastung • Schwächegefühl des Armes • Schwellung, venöse Abflussbehinderung • Abschwächung des Radialispulses • Muskelatrophie mögliche Ursachen
Wirbelsäulenverletzungen (degenerativ)
Gefäßerkrankungen (Aneurysma, Thrombose)
neurovaskuläre Kompression (Thoracicoutlet-Syndrom)
Rückenmarkserkrankungen
Axillatumoren
mögliche Ursachen
kostoklavikuläre Enge
Therapie. Nach erfolgloser konservativer (physikalischer) Therapie besteht bei objektivierbaren Befunden eine Operationsindikation. Von einem transaxillären (cave: Plexusverletzung!) oder supraklavikulären Zugang aus erfolgt, je nach Befund, die Beseitigung der Gefäßnervenkompression, z.B. durch Resektion der Halsrippe oder Muskeldurchtrennung.
Enge der Skalenuslücke
korakopektorale Enge
Therapie. Bei nicht eindeutigen Befunden sollte eine konservative Behand-
lung mit physikalischer Therapie versucht werden. Im Falle objektivierbarer Veränderungen (z.B. angiographischer Nachweis einer Einengung der A. subclavia) besteht eine Indikation zur chirurgischen Therapie. Ziel ist die Beseitigung der mechanischen Kompression. Dies kann, je nach Befund, durch die Resektion der Halsrippe, der 1. Rippe, mittels Durchtrennung des M. scalenus anterior oder durch die Abtrennung des M. pectoralis minor vom Proc. coracoideus erreicht werden. Der Zugang erfolgt transaxillär (cave: Plexusverletzung!) oder supraklavikulär.
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649
15.4.1 Perforierende Verletzungen
n Merke. Das Vorhandensein von Halsrippen führt nur in ca. 10 % aller Fälle zu Beschwerden und stellt daher per se noch keine Operationsindikation dar.
15.3
Muskulärer Schiefhals
15.3
n Definition. Es handelt sich um eine einseitige Verkürzung des M. sternocleidomastoideus mit narbig-fibröser Umwandlung ( 1 B-15.9).
1 B-15.9
Merke
Muskulärer Schiefhals
Definition
Synopsis Muskulärer Schiefhals Schematische Darstellung der Veränderungen beim muskulären Schiefhals mit Verkürzung des linken M. sternocleidomastoideus, Neigung des Kopfes zur erkrankten Seite und Drehung zur Gegenseite, Schädelasymmetrie mit Konvergenz der Gesichtsebenen auf der erkrankten Seite.
Ätiologie. Meist liegt eine intrauterine Fehllage zugrunde. Symptome. Die Veränderung tritt unmittelbar postnatal auf und führt zur Neigung des Kopfes zur erkrankten und Rotation zur Gegenseite.
Therapie. Die Therapie besteht beim Neugeborenen in korrigierender Lagerung und Krankengymnastik. Chirurgisch wird die Sehne des Muskels durchtrennt mit postoperativer krankengymnastischer Therapie. Die Behandlung erfolgt in der Regel im Rahmen der kinderchirurgischen oder orthopädischen Versorgung.
Ätiologie. Ursache ist meist eine intrauterine Fehllage. Symptome. Neigung des Kopfes zur kranken und eine Rotation zu Gegenseite. Therapie. Die Korrektur der Fehlhaltung erfolgt durch Lagerung und Krankengymnastik oder chirurgisch.
15.4
Verletzungen
15.4
15.4.1
Perforierende Verletzungen
15.4.1 Perforierende Verletzungen
Verletzungen
Schnittwunden
Schnittwunden
Bei Haus- oder Verkehrsunfällen sind Glassplitter oder Glasbruchkanten die Hauptverletzungsursache, während durch Messer oder Rasierklingen verursachte Schnittwunden am häufigsten im Rahmen von Gewaltverbrechen oder suizidalen Handlungen auftreten.
Schnittwunden im Halsbereich entstehen durch Haus- und Verkehrsunfälle, Gewaltverbrechen oder suizidale Handlungen.
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650
15 Hals
Die größte Gefahr stellt die Verblutung dar. Eine Beteiligung des Gefäßnervenstranges ist immer akut lebensbedrohlich, bei Verletzung der V. jugularis interna besteht die Gefahr der Luftembolie. Die Behandlung besteht aus Schockbekämpfung und der Wundversorgung unter besonderer Beachtung der Gefäßverletzung.
Die größte Gefahr stellt die Blutung dar. Bereits eine Verletzung der oberflächlichen epifaszialen Venen kann zu erheblichen Blutverlusten führen, ebenso Verletzungen der Halsmuskulatur. Immer akut lebensbedrohlich ist eine Beteiligung des Gefäßnervenstrangs. Neben der akuten Verblutungsgefahr besteht bei Verletzung der V. jugularis interna aus anatomischen Gründen (s. S. 642) auch die Gefahr der Luftembolie. Die Primärbehandlung besteht aus Schockbekämpfung und lokaler digitaler Kompression der Gefäßläsion. Bei der anschließenden Wundversorgung werden oberflächliche Gefäße ligiert, größere Gefäße nach den Regeln der Gefäßchirurgie (s. Kap. B-24.1.9) rekonstruiert.
Schussverletzungen
Schussverletzungen
Es handelt sich meist um schwere, wegen der ausgedehnten Gewebszerreißung häufig tödlich verlaufende Verletzungen.
Schusswunden am Hals sind gekennzeichnet durch eine hohe Letalität als Folge des Blutverlustes und der ausgedehnten Gewebszerreißung. Lediglich bei kleinem Kaliber (z.B. Luftgewehr) und günstiger Lage des Schusskanals sind Durchschüsse ohne vital bedrohliche Verletzungen möglich.
15.4.2 Andere Verletzungsmechanismen Stumpfe Gewalteinwirkung
15.4.2
Prellungen im Bereich des Halses können zu Ödem oder Hämatomschwellung sowie zu Luxationen und Frakturen des Kehlkopfskeletts oder Trachealrupturen führen. Klinisch können Schwellung, Luftnot und ein Hautemphysem vorliegen. Wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Freihaltung der Atemwege, evtl. durch Intubation oder Tracheotomie (s. S. 653 ff.). Ein Schlag auf das Ganglion caroticum kann vegetative Reaktionen bis zur Bewusstlosigkeit auslösen.
Prellungen im Bereich des Halses können zu Weichteileinblutungen führen, die sich in der Regel spontan resorbieren. Eine Kehlkopfprellung durch Schlag oder Strangulation kann zu einem Ödem oder einer Hämatomschwellung mit zunehmender Luftnot führen. Auch Luxationen oder Frakturen im Bereich des Kehlkopfskelettes oder Einrisse der zervikalen Trachea sind möglich. Hierdurch entsteht ein Hautemphysem, das bei der Palpation als sog. »Schneeknistern« eindeutig zu diagnostizieren ist. Therapeutisch stehen abschwellende Maßnahmen, Beobachtung und ggf. die Freihaltung der Atemwege durch Intubation oder Tracheotomie im Vordergrund (s. S. 653 ff.). Ein Schlag im Bereich des Karotisdreiecks kann durch Irritation des Ganglion caroticum schwere vegetative Reaktionen (Blutdruckabfall, Bradykardie) bis hin zur Bewusstlosigkeit auslösen.
Verschluckte Fremdkörper
Verschluckte Fremdkörper
Durch verschluckte Fremdkörper oder ätzende Flüssigkeiten entstehen v.a. Ösophagusverletzungen.
Fremdkörper, die versehentlich (z.B. Rollmopsspieß) oder in suizidaler Absicht (z.B. Rasierklingen) verschluckt werden, können ebenso wie Säuren und Laugen zu schweren Schädigungen, insbesondere des Ösophagus, bis hin zur Perforation führen (s. Kap. B-1.7).
Insektenstiche
Insektenstiche
Durch Stiche verschluckter Wespen kann es innerhalb von Minuten zu lebensbedrohlicher Luftnot kommen.
Einen Sonderfall stellen Stiche durch versehentlich verschluckte Insekten, insbesondere Wespen dar. Besonders bei hierzu disponierten Personen kann es innerhalb von Minuten zu einer massiven Schleimhautschwellung im Bereich des Rachenringes, der Zunge und des Kehlkopfeingangs mit resultierender lebensbedrohlicher Luftnot kommen. Die Behandlung besteht in lokaler Kühlung (Lutschen von Eiswürfeln) und intravenöser Gabe von Antihistaminika und Kortison. Falls erforderlich, müssen die Luftwege durch endotracheale Intubation oder Tracheotomie freigehalten werden.
Die Behandlung besteht aus abschwellenden Maßnahmen und Freihaltung der Luftwege.
15.5
Tumoren
Ätiologie und Symptomatik. Tumoren im Bereich des Halses können sich durch Heiserkeit, Schluckbeschwerden oder eine tastbare Resistenz bemerkbar machen. Ursache eines tastbaren Halstumors können gutartige Tumoren, Zysten oder Lymphknoten sein ( 1 B-15.10).
Andere Verletzungsmechanismen
Stumpfe Gewalteinwirkung
15.5
Tumoren
Ätiologie und Symptome. Tumoren im Bereich des Halses können sich durch Heiserkeit (Larynxkarzinom, Schilddrüsenkarzinom, s. a. Kap. B-16), Schluckbeschwerden (Ösophaguskarzinom, s. a. Kap. B-1.9) oder eine tastbare Resistenz bemerkbar machen. Ursache eines tastbaren Halstumors ( 1 B-15.10) können gutartige Tumoren wie Atherome, Lipome, Fibrome, angeborene Zysten oder Lymphknotenvergrößerungen sein.
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15.5 Tumoren
1 B-15.10
Synopsis Differenzialdiagnose des tastbaren Halstumors
• Trauma? • Entzündungen? • Voroperationen? • maligne Grunderkrankung bekannt?
• Druckschmerzhaftigkeit? • Rötung? • Fluktuation? • Verschieblichkeit?
benigne • Atherom • Fibrom • Lipom • Halszyste • Strumaknoten • Hämatom
Anamnese
klinische Untersuchung
Differenzialdiagnose
entzündlich • Lymphadenitis • Abszess • infizierte Zyste
• Symptomatik (Schmerzen, Schluckbeschwerden, Heiserkeit, Hinweise auf Hyperthyreose?) • Dauer der Beschwerden? • Größenzunahme?
• Konsistenz? • Lokalisation? • Lymphknotenvergrößerungen in anderen Körperregionen?
maligne • malignes Lymphom • Schilddrüsenkarzinom • Lymphknotenmetastasen (Larynx, Pharynx, Schilddrüse, Mamma, Bronchialsystem, Gastrointestinaltrakt)
Durch lokale entzündliche Prozesse oder generalisierte Infekte kann es zu einer zervikalen Lymphadenitis kommen. Tastbare Lymphknotenvergrößerungen können aber auch Hinweis auf eine maligne Erkrankung sein. Bei den Systemerkrankungen der lymphatischen Organe (malignes Lymphom) ist die Halsregion häufig betroffen. Maligne Tumoren des Larynx und Pharynx können durch tastbare zervikale Lymphknotenmetastasen klinisch auffällig werden. Seltener kommen auch zervikale Lymphknotenmetastasen gastrointestinaler Karzinome sowie von Mamma-, Bronchial- und Schilddrüsenkarzinomen vor. Gelegentlich stellt dies das 1. Symptom einer zuvor nicht bekannten Erkrankung dar. Als klassisches Beispiel gilt die Lymphknotenvergrößerung links supraklavikulär an der Einmündung des Ductus thoracicus in die V. subclavia (sog. »Virchow-Drüse«) als Hinweis auf ein fortgeschrittenes Magenkarzinom.
Zervikale Lymphknotenvergrößerungen treten bei entzündlichen Prozessen sowie Systemerkrankungen (malignes Lymphom) und malignen Tumoren des Larynx und Pharynx auf.
Diagnose. Das diagnostische Vorgehen wird durch die Anamnese und den
Diagnose. Die Primärdiagnostik umfasst eine gründliche klinische Untersuchung, Sonographie und HNO-ärztliche Untersuchung.
Therapie
Therapie
klinischen Befund bestimmt. Neben der gründlichen klinischen Untersuchung stehen die Sonographie der Halsregion und die HNO-ärztliche Untersuchung an erster Stelle.
n Merke. Jede länger bestehende Lymphknotenvergrößerung am Hals muss abgeklärt werden. Durch Feinnadelpunktion kann eine Zytologie gewonnen werden. Im Zweifelsfall sollte aber eine diagnostische Lymphknotenexstirpation zur histologischen und ggf. mikrobiologischen Untersuchung erfolgen.
Kleine oberflächliche Tumoren oder Lymphknoten werden in Lokalanästhesie entfernt. Größere Tumoren oder tiefergelegene Lymphknoten sollten in Allgemeinnarkose operiert werden. Mögliche Komplikationen sind Blutungen und Nervenverletzungen sowie die Ausbildung einer Lymphfistel.
Seltener sind zervikale Lymphknotenmetastasen verschiedener intra- und extraabdomineller Karzinome. Der vergrößerte Lymphknoten links supraklavikulär beim Magenkarzinom wird als »Virchow-Drüse« bezeichnet.
Merke
Größere Tumoren oder tiefergelegene Lymphknoten sollten in Allgemeinnarkose entfernt werden. Mögliche Komplikationen sind Blutung, Nervenverletzung und Lymphfistel.
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15 Hals
Praktischer Tipp
n Praktischer Tipp. Lymphknotenvergrößerungen im lateralen Halsdreieck sind häufig in unmittelbarer Nähe des N. accessorius (R. externus) gelegen. Die Gefahr der Verletzung dieses motorischen Nervs muss bei der Patientenaufklärung unbedingt erwähnt und im Aufklärungsbogen dokumentiert werden. Klinisch manifestiert sich eine Parese durch Schulterschmerzen bei Bewegung und einen Schultertiefstand mit Atrophie des oberen Trapeziusrandes. Zur Vermeidung dieser Komplikation sind anatomische Kenntnisse des Nervenverlaufes sowie eine atraumatische und übersichtliche Operationstechnik unabdingbar. Manche Chirurgen verwenden einen Nervenstimulator zur intraoperativen Identifizierung.
Klinischer Fall Eine 70-jährige Patientin stellt sich wegen eines tastbaren supraklavikulären Lymphknotens an der linken Halsseite vor. Sie klagt außerdem über Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust von 10 kg im letzten 1⁄2 Jahr. Der Lymphknoten wird entfernt, die histolo-
15.6
Entzündungen
Ätiologie. Infektionen des NasenRachen-Raumes, des Mittelohres oder der Zahnwurzeln können zu Lymphangitis, Lymphadenitis, Abszessen und Phlegmonen führen, die sich bis ins Mediastinum fortsetzen können. Oberflächliche Infektionen werden durch Furunkel oder Atherome hervorgerufen. Als Karbunkel wird eine ausgedehnte, teils nekrotisierende Entzündung der Haarfollikel im Nacken bezeichnet, v.a. bei Diabetes vorkommend. Eine Phlegmone stellt eine diffuse Entzündung der Halsweichteile meist bakterieller Genese dar. Therapie. Sanierung des Primärherdes sowie Gabe von Antibiotika. Bei Abszedierung Inzision mit Spülung und ggf. Dränage der Abszesshöhle. Karbunkel sollten vollständig exzidiert werden. Alle Wunden werden der Sekundärheilung überlassen.
15.6
gische Untersuchung ergibt die Metastase eines Adenokarzinoms. Bei der daraufhin durchgeführten Gastroskopie wird ein fortgeschrittenes Magenkarzinom diagnostiziert.
Entzündungen
Ätiologie. Infektionen des Nasen-Rachen-Raumes, des Mittelohres oder der
Zahnwurzeln sind die häufigsten Ursachen einer zervikalen Lymphangitis oder Lymphadenitis. Schreitet die Entzündung fort, kann es zu einer Einschmelzung mit Abszedierung und Fistelbildung bzw. Entwicklung einer Halsphlegmone kommen. Die Ausbreitung des entzündlichen Prozesses erfolgt innerhalb der durch die Halsfaszien vorgegebenen anatomischen Räume und kann auf diesem Weg das Mediastinum erreichen. Oberflächliche Infektionen werden durch Haarbalgentzündungen (Follikulitis, Furunkel) oder infizierte Atherome (»Grützbeutel«) hervorgerufen. Als Karbunkel wird eine ausgedehnte, teils nekrotisierende Entzündung im Nacken bezeichnet, die ebenfalls von den Haarfollikeln ausgeht, das benachbarte Gewebe miteinbezieht und überwiegend bei Diabetikern auftritt. Eine Phlegmone stellt eine diffuse Entzündung der Halsweichteile meist bakterieller Genese dar, die mit Rötung, Schwellung, Spannungsgefühl und lokaler Druckschmerzhaftigkeit einhergeht.
Therapie. Die Behandlung besteht in der Sanierung des Primärherdes (z.B.
Zahnwurzelvereiterung) sowie Gabe von Antibiotika. Durch frühzeitige Anwendung potenter Antibiotika sind schwere, chirurgisch zu behandelnde Infektionen der tiefen Halsweichteile heute selten geworden. Kommt es aber zur Abszedierung, erfolgt eine breite Freilegung mit Spülung und Dränage der Abszesshöhle. Oberflächliche Abszesse werden inzidiert, Karbunkel sollten vollständig exzidiert werden. Alle Wunden werden der Sekundärheilung überlassen.
Klinischer Fall Ein 55-jähriger Patient hatte seit mehreren Wochen langsam zunehmende Schluckbeschwerden bemerkt. Akut war es innerhalb weniger Tage zu einer entzündlichen Schwellung der rechten Halsseite mit Fieber, Rötung und starkem Druckschmerz gekommen. Der Abszess wird chirurgisch eröffnet, es findet sich eine mit Eiter gefüllte
Nekrosehöhle, Gewebeproben ergeben Anteile eines Plattenepithelkarzinoms. Die weitere Diagnostik ergibt als Ursache ein Ösophaguskarzinom, das durch Infiltration der Umgebung und Fistelbildung eine Abszedierung der Halsweichteile verursacht hatte.
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15.7 Tracheotomie
15.7
Tracheotomie
15.7
n Definition. Notfallmäßiger oder geplanter operativer Zugang zur Trachea bei Ateminsuffizienz oder Erkrankungen und Verletzungen im Bereich der oberen Luftwege, die eine Atmung auf natürlichem Wege nicht zulassen.
Indikation. Ein Tracheostoma kann passager oder permanent erforderlich sein. Die Indikation kann notfallmäßig bei akuten Erkrankungen oder Verletzungen der oberen Luftwege gegeben sein, wenn eine Beatmung durch endotracheale Intubation nicht möglich ist. Die geplante Anlage eines Tracheostomas erfolgt im Rahmen der chirurgischen Therapie bei Tumoren der oberen Luftwege oder bei Patienten, bei denen eine Langzeitbeatmung erforderlich ist.
1 B-15.11
Tracheotomie
Definition
Indikation. Ein Tracheostoma kann passager oder permanent, notfallmäßig und geplant angelegt werden. Hauptindikationen: akute Erkrankungen oder Verletzungen der oberen Luftwege, chronische Ateminsuffizienz (z.B. bei Tumoren).
Synopsis Koniotomie und Tracheotomie
a Koniotomie: notfallmäßiger Luftröhrenschnitt durch das Lig. cricothyreoideum (conicum).
c Zustand nach Anlage eines plastischen Tracheostomas (Seitansicht, schematisch).
b Tracheotomie: Zugang über queren (alternativ: Längs-, T-, H-förmigen) Schnitt.
d Tracheostoma mit Kanüle.
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654 Operationstechnik ( 1 B-15.11) Koniotomie: notfallmäßiger Zugang zur Luftröhre durch das Lig. cricothyreoideum (conicum).
Merke
Die Tracheotomie wird meist als plastisches Stoma unter Eröffnung der 2.–4. Trachealspange und Fixierung der Haut an der Trachealwand und einem kaudal gestielten Tracheallappen angelegt. Seltener nicht plastisch wegen möglicher Komplikationen (Blutung, Infektion, erschwerter Kanülenwechsel).
Bei der Punktions- oder Dilatationstracheotomie erfolgt eine Punktion und Aufdehnung der Tracheaöffnung zur Kanüleneinlage.
15 Hals
Operationstechnik. Je nach Situation und Indikation kommen verschiedene
Methoden der Tracheotomie zur Anwendung ( 1 B-15.11). Die Koniotomie stellt einen notfallmäßigen Zugang zur Luftröhre dar. Das Lig. cricothyreoideum (conicum) lässt sich zwischen Schild- und Ringknorpel als Vertiefung unter der Haut tasten. Nach Durchtrennung von Haut und Subkutis kann das Ligament quer durchtrennt werden. n Merke. Eine Koniotomie kann jederzeit und überall durchgeführt werden. Sind im Notfall chirurgische Instrumente nicht verfügbar, kann ein Küchen- oder Taschenmesser lebensrettend sein. Das Offenhalten des Zugangs erfolgt durch eine spezielle Trachealkanüle oder alternativ z.B. durch eine leere Kugelschreiberhülse oder ein anderes Röhrchen.
Die Tracheotomie wird im OP oder auf der Intensivstation in Lokalänasthesie oder in Vollnarkose durchgeführt. Hierzu wird ein Kocher-Kragenschnitt (quere Inzision ca. 2 cm oberhalb des Jugulums) angelegt, alternativ ein Längs-, T- oder H-förmiger Schnitt. Unter Zurseitehalten der geraden Halsmuskulatur wird die Trachea freipräpariert. In der Regel muss hierbei der Schilddrüsenisthmus durchtrennt werden. Die Eröffnung der Trachea erfolgt in Höhe der 2.–4. Trachealspange. In der Regel wird ein epitheliasiertes (plastisches) Tracheostoma angelegt. Hierbei wird ein kaudal gestielter Lappen der Tracheavorderwand an die Haut im unteren Wundpol genäht, die übrigen Hautränder werden ebenfalls an den Rändern der Tracheaöffnung fixiert. Beim nicht plastischen Tracheostoma wird die Kanüle in die Tracheaöffnung eingelegt, ohne eine Nahtfixierung der Trachealwand an der Haut vorzunehmen. Bei dieser Technik verschließt sich die Wunde im Gegensatz zum plastischen Stoma nach Dekanülierung selbsttätig. Wegen möglicher Komplikationen (Blutung, Infektion, erschwerter Kanülenwechsel) wird das nicht plastische Tracheostoma aber heute zunehmend seltener angelegt. Bei der Punktions- oder Dilatationstracheotomie wird nach Punktion der Trachea die Öffnung mittels eines Konus über einem Führungsdraht aufgedehnt und unter laryngoskopischer Kontrolle die Trachealkanüle platziert.
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655
Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
16
16
Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
Schilddrüse
Hans-Jürgen Klomp 16.1
Schilddrüse
16.1
16.1.1
Anatomie und Physiologie
16.1.1 Anatomie und Physiologie
Makroanatomie und Topographie
Makroanatomie und Topographie
Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) besteht aus 2 Lappen, die sich kaudal des Schildknorpels an Pharynx, Speiseröhre und Kehlkopf anlagern ( 1 B-16.1). Die beiden Lappen sind durch eine wechselnd stark ausgeprägte ventrale Gewebsbrücke miteinander verbunden. Dieser Schilddrüsenisthmus, der auch fehlen oder bindegewebig umgewandelt sein kann, liegt in Höhe des 2.–3. (4.) Trachealrings.
Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) besteht aus 2 Lappen, die sich kaudal des Schildknorpels an Pharynx, Speiseröhre und Kehlkopf anlagern ( 1 B-16.1) und durch den Schilddrüsenisthmus verbunden sind.
1 B-16.1
Synopsis Anatomie der Schilddrüsenregion
A. thyreoidea superior
Os hyoideum Lobus pyramidalis
Cartilago thyreoidea A. carotis
M. cricothyreoideus
V. jugularis interna
Glandula thyreoidea A. thyreoidea inferior V. thyreoidea media (Kocher)
Isthmus glandulae thyreoideae
N. laryngeus recurrens Trachea Vv. thyreoideae inferiores
Als Lobus pyramidalis wird ein inkonstant vorhandener, nach kranial reichender Drüsenausläufer bezeichnet, der sich, meist auf der linken Seite, bis zum Zungengrund erstrecken kann. Es handelt sich um ein Rudiment der in der Embryonalzeit herabgewanderten Schilddrüsenanlage (Ductus thyreoglossus). Dystope Schilddrüsenanlagen können im Bereich des Zungengrunds oder auch intrathorakal gelegen sein. Unter einer Schilddrüsenagenesie versteht man das völlige Fehlen einer Schilddrüsenanlage. Die mittlere Halsfaszie umhüllt die ventral der Schilddrüse gelegene gerade Halsmuskulatur (infrahyoidale Muskeln) ( 1 B-16.2). Sie bildet auch die derbe als Capsula externa oder Capsula fibrosa bezeichnete äußere Schilddrüsenkapsel. Die eigentliche Organkapsel (Capsula interna) ist zart und von spiegelnder Oberfläche. Der mit lockerem, schaumig wirkendem Bindegewebe angefüllte Verschieberaum zwischen beiden Blättern stellt die richtige Schicht zur Präparation der Schilddrüse dar (Spatium chirurgicum), während eine Verletzung der Organkapsel zu Parenchymblutungen führt. In dieser Schicht befinden sich auch die Nebenschilddrüsen und die Verzweigung der Organgefäße.
Als Lobus pyramidalis wird ein nach kranial reichender Drüsenausläufer bezeichnet, der ein Rudiment des Ductus thyreoglossus darstellt. Dystope Schilddrüsenanlagen können am Zungengrund oder intrathorakal gelegen sein. Als Schilddrüsenagenesie wird das Fehlen der Schilddrüsenanlage bezeichnet. Die Schilddrüse wird von der äußeren, der mittleren Halsfaszie zugehörigen Capsula externa (Capsula fibrosa) und von der inneren zarten Capsula interna umhüllt ( 1 B-16.2). Zwischen diesen Schichten erfolgt die korrekte chirurgische Präparation der Drüse (Spatium chirurgicum).
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656
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
1 B-16.2
Synopsis Beziehung der Schilddrüse zu den Halsfaszien (Querschnitt) Spatium chirurgicum
Capsula fibrosa der Glandula thyreoidea Platysma
Trachea Ösophagus
Glandula thyreoidea
N. laryngeus recurrens
M. sternocleidomastoideus
Fascia cervicalis superficialis
V. jugularis interna
Fascia cervicalis media Fascia cervicalis profunda
A. carotis Vagina carotica
N. vagus
Der Lymphabfluss erfolgt in paratracheale, zervikale und mediastinale Lymphknoten.
Im dorsalen Anteil verdichtet sich die Capsula fibrosa und fixiert die Schilddrüse an der Trachea durch derbe Bindegewebszüge. Diese Ligg. thyreoidea werden auch als Berry-Ligamente bezeichnet und sind für die Mitbewegung der Schilddrüse beim Schluckvorgang verantwortlich. Die Gefäßversorgung der Schilddrüse erfolgt in der Regel über 4 Arterien, die untereinander und mit den Arterien der Nachbarorgane einen Kollateralkreislauf bilden (s. 1 B-16.1). Selbst bei Unterbindung aller 4 Gefäße im Rahmen einer Operation bleibt der Schilddrüsenrest daher ausreichend durchblutet. Die A. thyreoidea superior stammt aus der A. carotis externa und zieht zum oberen Schilddrüsenpol. Die A. thyreoidea inferior ist ein Ast des Truncus thyreocervicalis, tritt am sog. De-Quervain-Punkt hinter der A. carotis hervor und erreicht nach meist geschlängeltem Verlauf den Schilddrüsenlappen von lateral. In weniger als 10 % ist eine von kaudal kommende unpaare Arterie vorhanden (A. thyreoidea ima). Lateral der Schilddrüse läuft der Gefäßnervenstrang des Halses mit A. carotis, V. jugularis und N. vagus. In der Rinne zwischen Trachea und Ösophagus läuft dorsal der Schilddrüse außerhalb der Capsula fibrosa der N. laryngeus recurrens, der die inneren Kehlkopfmuskeln motorisch versorgt. Seine Verletzung führt zur Lähmung des Stimmbands auf der betreffenden Seite. Bei beidseitiger Verletzung kommt es zur Paramedianstellung beider Stimmbänder mit starker Atemnot (inspiratorischer Stridor). Der Lymphabfluss erfolgt in die paratrachealen, zervikalen und zum Teil auch mediastinalen Lymphknotengruppen.
Mikroanatomie und Physiologie
Mikroanatomie und Physiologie
Die Schilddrüsenfollikel sind von Epithelzellen (Thyreozyten) ausgekleidet und mit extrazellulärem Kolloid (Thyreoglobulin) gefüllt ( 1 B-16.3).
Die aufgeschnittene Schilddrüse zeigt eine Läppchenstruktur, jedes Läppchen setzt sich aus mehreren Follikeln zusammen ( 1 B-16.3). Die Schilddrüsenfollikel sind von Epithelzellen (den Thyreozyten) ausgekleidet und mit einem extrazellulären Kolloid, dem Thyreoglobulin, gefüllt. Die Follikelepithelien synthetisieren unter Verwendung des im Blut zirkulierenden Jodids schrittweise die Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (Tetrajodthyronin, T4), die an Thyreoglobulin gebunden im Kolloid des Follikels gespeichert werden. Im Bindegewebe zwischen den Follikeln liegen die parafollikulären oder C-Zellen, die das Hormon Kalzitonin produzieren. Die Ausschüttung dieser Substanz führt zu einer raschen, kurzdauernden Senkung des Kalziumspiegels im Blut.
Dorsal ist die Schilddrüse durch die Ligg. thyreoidea an der Trachea fixiert, wodurch sie beim Schluckakt mitbewegt wird. Die Gefäßversorgung der Schilddrüse erfolgt über 4 Arterien sowie Kollateralgefäße (s. 1 B-16.1).
Die A. thyreoidea superior stammt aus der A. carotis externa, die A. thyreoidea inferior aus dem Truncus thyreocervicalis, inkonstant findet sich kaudal eine A. thyreoidea ima. Lateral der Schilddrüse läuft der Gefäßnervenstrang des Halses. Dorsal der Schilddrüse läuft der N. laryngeus recurrens, dessen Verletzung zur Stimmbandlähmung führt. Eine beidseitige Verletzung führt zur Atemnot.
Die Follikelepithelien synthetisieren die Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (Tetrajodthyronin, T4), die im Follikel gespeichert werden. Parafollikuläre oder C-Zellen produzieren das Hormon Kalzitonin, das zur Senkung des Blutkalziumspiegels führt.
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16.1.1 Anatomie und Physiologie
1 B-16.3
657
Synopsis Schematische Darstellung der Schilddrüsenfollikel
Schilddrüsenkapsel
Follikel Epithelzelle (Thyreozyt) Kolloid
parafollikuläre C-Zellen
Jodidaufnahme, Hormonproduktion und Ausschüttung des Hormons in den Blutkreislauf unterliegen einem hypothalamisch-hypophysär gesteuerten, komplexen Regelkreis ( 1 B-16.4).
1 B-16.4
Die Steuerung der Hormonkonzentration im Blut unterliegt dem hypothalamisch-hypophysären Regelkreis ( 1 B-16.4).
Synopsis Regelkreis der Schilddrüsenhormonsynthese
Das Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) aus dem Hypothalamus bewirkt die Freisetzung von TSH aus dem Hypophysenvorderlappen.
Hypothalamus
TRH Die Hypophyse steht im Zentrum der Regulation. Die Freisetzung des Thyreoidea stimulierenden Hormons (TSH) wird durch TRH und niedrige Blutspiegel der freien Schilddrüsenhormone stimuliert, durch hohe Hormonspiegel gehemmt.
Hypophyse
TSH
fT3/fT4
Die Hormonproduktion und -ausschüttung der Schilddrüse wird durch TSH stimuliert, unterliegt aber auch autoregulativen Mechanismen.
Schilddrüse
T3/T4 Die Schilddrüsenhormone werden überwiegend in gebundener Form auf dem Blutweg transportiert. Hormonell wirksam sind an den Zielorganen lediglich die nicht gebundenen, freien Hormone (fT3, fT4).
Blut
fT3/fT4
Zielorgane
Im Zentrum der Regulation steht dabei das im Hypophysenvorderlappen gebildete TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon, Thyreotropin), dessen Ausschüttung die Synthese und Freisetzung von Schilddrüsenhormon steigert und über die Serumkonzentration von freiem T3 und T4 gegenreguliert
Die TSH-Freisetzung aus der Hypophyse wird durch das hypothalamische TRH und die Bluthormonspiegel reguliert. TSH steigert die Hormonsynthese und -ausschüttung.
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Über 99 % der Schilddrüsenhormone sind gebunden, stoffwechselaktiv ist nur der freie Anteil. Peripher wirksam ist T3, das größtenteils aus T4 entsteht.
16.1.2 Schilddrüsenerkrankungen Merke
Störungen der Schilddrüsenfunktion Definition
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen wird. Das im Hypothalamus produzierte TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon, Thyreoliberin) führt ebenso wie niedrige periphere Hormonspiegel zu einer Stimulation der TSH-Ausschüttung. Die Schilddrüsenhormone sind zu > 99 % im Serum an Globuline oder Albumine gebunden, stoffwechselaktiv ist nur der freie Anteil. Das peripher wirksame Hormon ist T3, das z.T. direkt von der Schilddrüse sezerniert wird, größtenteils aber durch Konversion aus T4 entsteht.
16.1.2
Schilddrüsenerkrankungen
n Merke. Eine Schilddrüsenerkrankung (z.B. Schilddrüsenvergrößerung oder -entzündung) muss nicht zwangsläufig von einer Funktionsstörung (z.B. Überfunktion) begleitet sein. Daher müssen Schilddrüsenerkrankungen und Störungen der Schilddrüsenfunktion bei Diagnostik und Therapie differenziert berücksichtigt werden.
Störungen der Schilddrüsenfunktion n Definition. Als Funktionsstörung bezeichnet man einen Mangel (Hypothyreose) oder einen Überschuss (Hyperthyreose) von aktivem Schilddrüsenhormon mit entsprechender klinischer Symptomatik.
Hypothyreose
Hypothyreose
Ätiopathogenese. Eine schilddrüsenbedingte, primäre Hypothyreose kann angeboren oder erworben sein ( 1 B-16.5).
Ätiopathogenese. In der Regel liegt eine morphologische oder funktionelle
Hypophysäre Störungen führen über einen TSH-Mangel zur sekundären Hypothyreose.
Störung der Hormonsynthese oder -freisetzung in der Schilddrüse selbst vor (primäre Hypothyreose). Es gibt angeborene Formen durch Fehlbildungen (Schilddrüsenaplasie oder -dysplasie) oder Enzymdefekte. Erworbene Unterfunktionen treten nach Thyreoitiden auf oder sind Folge einer medikamentösen oder chirurgischen Therapie. Selten wird die Hypothyreose durch einen TSH-Mangel verursacht (sekundäre Hypothyreose). Ursächlich sind Erkrankungen oder Funktionsstörungen der Hypophyse (Tumoren, Durchblutungsstörungen, Folgezustände nach Hypophysenoperation oder -bestrahlung).
Symptome. Müdigkeit, Antriebsarmut, Kälteintoleranz, Obstipation, trockene, kühle Haut, verlangsamte Sehnenreflexe, starre Gesichtszüge.
Symptome. Zur klinischen Symptomatik der Unterfunktion (Hypothyreose)
Diagnose und Therapie. Laborwerte sichern die Diagnose, Therapie mit Thyroxin.
Diagnose und Therapie. Die Diagnose einer Hypothyreose wird primär la-
Hyperthyreose
Hyperthyreose
Ätiopathogenese. Steigerung der Hormonsynthese durch TSH-unabhängige Schilddrüsenareale (funktionelle Autonomie) oder durch stimulierende Autoantikörper (Autoimmunhyperthyreose, Morbus Basedow).
Ätiopathogenese. Pathogenetisch lassen sich Hyperthyreosen im Wesentli-
Sonderformen sind die Hyperthyreosis factitia (durch überdosierte Hormoneinnahme) sowie paraneoplastische und sekundäre (durch Hypophysentumoren verursachte) Hyperthyreosen.
gehören Müdigkeit, Antriebsarmut, Kälteintoleranz, Obstipation, trockene und kühle Haut, verlangsamte Sehnenreflexe und starre Gesichtszüge. 1 B-16.5 fasst die Ätiologie und Symptome der Hypothyreose zusammen. borchemisch gestellt (s. S. 672), die Therapie erfolgt medikamentös mit Thyroxin (s. S. 676).
chen auf zwei Mechanismen zurückführen. Eine vermehrte Hormonproduktion und -ausschüttung kann durch autonome, der TSH-Regulation nicht unterliegende Schilddrüsenzellen verursacht sein (funktionelle Autonomie, s. S. 661) oder durch stimulierende Autoantikörper (Autoimmunhyperthyreose, Morbus Basedow, s. S. 662). Einen Sonderfall stellt die Hyperthyreosis factitia dar. Hierbei handelt es sich um eine durch Überdosierung bei Schilddrüsenhormoneinnahme ausgelöste Überfunktion. Seltene Hyperthyreoseformen werden paraneoplastisch durch eine TSHähnliche Wirkung des humanen Choriongonadotropins (HCG) bei metastasierten embryonalen oder Chorionkarzinomen oder sekundär durch TSH produzierende Hypophysentumoren hervorgerufen.
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16.1.2 Schilddrüsenerkrankungen
1 B-16.5
Synopsis Ätiologie und Symptome der Hypothyreose
Fehlen von funktionsfähigem Schilddrüsengewebe
Störung der Hormonsynthese oder des Regelkreises
angeboren
angeboren
• Schilddrüsenagenesie/-dysplasie
• Schilddrüsenhormonsynthesestörung • periphere Hormonresistenz
erworben
Ätiologie
• Entzündung (Thyreoiditis) • Operation (Schilddrüsenresektion) • Bestrahlung (Radiojodtherapie)
erworben • Jodmangel • hypothalamisch-hypophysäre Erkrankung (= sekundäre Hypothyreose) • Medikamente
Hypothyreose = fehlende Schilddrüsenhormonwirkung an peripheren Körperzellen angeboren bzw. frühkindlich erworben • »Kretinismus« • dysproportionierter Zwergwuchs • Retardierung • Makroglossie • Schwerhörigkeit
im Erwachsenenalter erworben
Symptome
• Kälteintoleranz • trockene, kühle Haut • vermehrte Ermüdbarkeit • Antriebsschwäche • Myxödem (pastös-teigige Hautschwellung) • Obstipation • träge Sehnenreflexe
Symptome. Die klinischen Zeichen der Überfunktion (Hyperthyreose) sind
Symptome. Nervosität, Hyperaktivität, Wärmeintoleranz, Schweißneigung, Gewichtsabnahme, Diarrhöen, Tachykardien, erhöhte Blutdruckamplitude, warme, feuchte Haut, Tremor und gesteigerte Sehnenreflexe. Thyreotoxische Krise: dramatische, sich rasch entwickelnde Verlaufsform der Hyperthyreose (Letalität bis 30 %).
Euthyreote Struma
Euthyreote Struma
Nervosität und Hyperaktivität, Wärmeintoleranz, vermehrte Schweißneigung, Gewichtsabnahme trotz guten Appetits, Diarrhöen, Tachykardien, erhöhte Blutdruckamplitude, warme und feuchte Haut, Tremor und gesteigerte Sehnenreflexe. Als thyreotoxische Krise bezeichnet man eine mit einer dramatischen klinischen Verschlechterung einhergehende Verlaufsform der Hyperthyreose, die sich innerhalb von Stunden entwicklen kann. Es kommt zu ausgeprägten Tachykardien, Herzrhythmusstörungen, profusen Durchfällen, Hyperthermie, Dehydratation, Elektrolytentgleisung, Unruhe, Agitiertheit, Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma. Die Letalität beträgt bis zu 30 %.
n Definition. Eine Schilddrüsenvergrößerung wird als Struma bezeichnet. Man unterscheidet Struma diffusa (homogene Vergrößerung), Struma uninodosa (solitärer Knoten) und Struma multinodosa (multiple Knoten). Die euthyreote (auch endemische oder blande) Struma ist eine durch alimentären Jodmangel verursachte knotige oder diffuse Schilddrüsenvergrößerung mit normaler, d.h. euthyreoter Stoffwechsellage. Liegt dem Schilddrüsenwachstum ein bösartiger Tumor zugrunde, sprechen wir von einer Struma maligna.
Ätiologie. Schilddrüsenvergrößerungen sind häufig, ca. 15 % aller Deutschen
haben eine Struma. Hauptursache ist der alimentäre Jodmangel. Die durchschnittliche Jodaufnahme mit der Nahrung liegt in Deutschland weit unter der von der WHO empfohlenen Menge von 150–300 mg Jodid täglich. Als klassisches Jodmangelgebiet gilt in Mitteleuropa die Alpenregion, aber selbst in Küstenländern herrscht noch ein relativer Jodmangel.
Definition
Ätiologie. Hauptursache der Strumaentstehung ist der alimentäre Jodmangel.
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16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
Weitere Faktoren sind hormonelle und genetische Einflüsse sowie die Einnahme bestimmter Medikamente.
In Phasen hormoneller Umstellung (Pubertät, Gravidität, Menopause) kann es zu einer Größenzunahme der Schilddrüse kommen. Genetische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Verschiedene Enzymdefekte führen zu einer subklinischen Jodverwertungs- und Hormonsynthesestörung, die Ursache einer familiär gehäuften Strumaentstehung sein kann. Die Einnahme bestimmter Medikamente (u.a. Aminosalicylsäure, Sulfonylharnstoffe, Lithium und hohe Dosen von Jod) blockieren die Schilddrüsenhormonsynthese und führen zu einem Wachstumsreiz.
Pathogenese. Vermehrte TSH-Freisetzung und verstärkte TSH-Wirkung durch Hormonmangel führt zur Hypertrophie und Hyperplasie des Schilddrüsenepithels.
Pathogenese. Der Mechanismus der Strumaentstehung ist nicht völlig auf-
Lokale Wachstumsfaktoren spielen ebenfalls eine Rolle.
Im Verlauf entsteht aus der diffusen Hyperplasie ein knotiger Umbau mit regressiven oder zystischen sowie narbigen Veränderungen ( 1 B-16.6 b).
1 B-16.6
geklärt. Klassischerweise führt die verminderte Hormonproduktion über den Rückkopplungsmechanismus zur vermehrten hypophysären TSH-Freisetzung, was eine Hypertrophie (Zunahme des Zellvolumens) und Hyperplasie (Zunahme der Zellzahl) des Schilddrüsenepithels bewirkt. Dieser Effekt tritt unter Jodmangelbedingungen offenbar auch bei nicht messbar erhöhten TSH-Konzentrationen ein. Zunehmend erforscht wird die Rolle von Wachstumsfaktoren wie dem Epidermal growth factor (EGF) oder dem Insulin-like growth factor I (IGF-I), die lokal unter Jodmangelbedingungen vermehrt freigesetzt werden und besonders für die Stimulation der Zellhyperplasie verantwortlich sein sollen. Bei anhaltendem Wachstumsreiz entsteht aus der diffusen Hyperplasie häufig ein knotiger Umbau mit regressiven oder zystischen Veränderungen. Es kann zu Einblutungen und Nekrosen kommen mit nachfolgender Narbenbildung und Bindegewebsvermehrung ( 1 B-16.6 b). Ursächlich für das heterogene Bild ist die unterschiedliche Reaktionsweise einzelner Zell- oder Follikelverbände auf die Wachstumsreize.
Struma multinodosa
b Operationspräparat (aufgeschnitten) einer regressiv veränderten Struma.
a Euthyreote Struma multinodosa.
Symptome. Häufig finden sich keine oder geringe Beschwerden bei euthyreoter Struma ( 1 B-16.6 a). Symptome sind lokales Druck- oder Engegefühl, Schluckbeschwerden, Luftnot, Stridor oder obere Einflussstauung. Rekurrensparese oder Horner-Syndrom lenken den Verdacht auf eine Struma maligna.
Symptome. Die euthyreote Struma verursacht häufig keine oder nur gerin-
ge Beschwerden. Am häufigsten führen lokales Druck- oder Engegefühl, Schluckbeschwerden oder kosmetische Erwägungen die Patienten zum Arzt ( 1 B-16.6 a). Erst bei ausgeprägter Vergrößerung kommt es zu Symptomen wie Luftnot, Stridor und oberer Einflussstauung. Eine Rekurrensparese oder ein Horner-Syndrom als Folge einer benignen Schilddrüsenvergrößerung stellen eine Rarität dar und lassen an eine Struma maligna denken.
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16.1.2 Schilddrüsenerkrankungen
Diagnose. Die Sonographie dient der Größenabschätzung und morphologi-
besteht die Therapie in der prophylaktischen Jodgabe. Die manifeste Struma erfordert die Gabe von Schilddrüsenhormon oder einer ThyroxinJod-Kombination. Die Operationsindikation ergibt sich bei lokalen mechanischen Komplikationen oder Malignitätsverdacht. Die euthyreote Struma wird klassischerweise durch eine subtotale Resektion unter Belassung dorsaler Drüsenreste behandelt. Daneben hat sich unter dem Begriff der »funktionskritischen Resektion« eine mehr am individuellen Befund orientierte Therapieform etabliert, die die Entfernung aller (auch der dorsal gelegenen) Knoten zum Ziel hat. Dies kann durch eine beidseitige subtotale Resektion oder eine Hemithyreoidektomie mit subtotaler Resektion der Gegenseite oder (bei vollständig knotiger Umwandlung der Drüse) auch durch eine totale Thyreoidektomie erreicht werden. Insbesondere bei Malignitätsverdacht sollte auf der betroffenen Seite vorzugsweise eine Hemithyreoidektomie durchgeführt werden.
Diagnose. Die Sonographie erlaubt eine Größenabschätzung und morphologische Beurteilung, die Schilddrüsenhormonbestimmung den Ausschluss einer Funktionsstörung. »Heiße« und »kalte« Areale können szintigraphisch differenziert werden. Eine FNP ist nur bei rasch wachsenden Knoten zum Malignomausschluss indiziert. Therapie π Risikopatienten (z.B. gehäuftes familiäres Vorkommen): Jodgabe π manifeste Struma: Schilddrüsenhormongabe, bei lokalen mechanischen Komplikationen und Malignitätsverdacht besteht Operationsindikation. π euthyreote Struma: subtotale Resektion unter Belassung dorsaler Drüsenreste. Daneben hat sich die sog. »funktionskritische Resektion« als Therapieform etabliert. Sie orientiert sich am individuellen Befund und hat die Entfernung aller Knoten zum Ziel.
Funktionelle Autonomie
Funktionelle Autonomie
schen Beurteilbarkeit, die Schilddrüsenhormonbestimmung dem Ausschluss einer Funktionsstörung. Durch die Szintigraphie können hypofunktionelle (»kalte«) und hyperfunktionelle (»heiße«) Areale differenziert werden. Eine Feinnadelpunktion (FNP) muss nur bei rasch wachsenden solitären oder kalten Knoten – zum Malignomausschluss – durchgeführt werden.
Therapie. Bei Risikopatienten (z.B. gehäuftes familiäres Vorkommen)
n Definition. Als funktionelle oder thyreoidale Autonomie bezeichnet man die Entwicklung funktionell autonomer, d.h. TSH-unabhängiger Bezirke in der Schilddrüse. Man unterscheidet die unifokale Autonomie (»autonomes Adenom«) von der multifokalen Autonomie (hierzu gehört auch die sog. »hyperthyreote Knotenstruma«). Selten ist eine diffuse Verteilung autonomer Zellen ohne Knotenbildung (disseminierte Autonomie). Je nach Jodangebot und Ausmaß der Autonomie ist die Stoffwechsellage euthyreot oder hyperthyreot.
Definition
Teilweise werden noch die Begriffe kompensiertes oder dekompensiertes autonomes Adenom verwendet. Sie beschreiben unabhängig von der Stoffwechselsituation die szintigraphisch erhaltene bzw. supprimierte Radionuklidanreicherung im Normalgewebe. Die unifokale Autonomie mit Hyperthyreose wird auch als toxisches Adenom bezeichnet.
Die Begriffe kompensiertes oder dekompensiertes autonomes Adenom sind szintigraphische Diagnosen. Die unifokale Autonomie mit Hyperthyreose wird auch als toxisches Adenom bezeichnet.
Ätiologie und Pathogenese. Auch die funktionelle Autonomie wird über-
Ätiologie und Pathogenese. Chronischer Jodmangel induziert die Proliferation autonomer Schilddrüsenareale, die sich morphologisch als Knoten (unioder multifokal), selten diffus manifestieren.
wiegend durch chronischen Jodmangel induziert. Während ein kleiner Anteil autonomer Zellen auch in der gesunden Schilddrüse vorhanden ist, kommt es unter Jodmangelbedingungen zur Proliferation dieser dem Rückkopplungsmechanismus nicht unterworfenen Zellen. Die autonomen Areale finden sich meist in einem einzelnen oder mehreren Adenomknoten (unibzw. multifokale Autonomie), selten diffus verteilt. Durch die unregulierte Hormonproduktion kommt es im Regelkreis zunächst zur Unterdrückung der hypophysären TSH-Ausschüttung. Daraufhin sistiert die Jodaufnahme und Hormonausschüttung der normalen TSHabhängigen Schilddrüsenareale (szintigraphisch dekompensiertes Adenom). Wenn die Zahl der autonomen Zellen eine kritische Grenze erreicht oder das Jodangebot akut zunimmt (z.B. durch Gabe jodhaltiger Röntgenkontrastmittel) kommt es zur klinisch manifesten Hyperthyreose ( 1 B-16.7).
Symptome. Bei noch euthyreoter Stoffwechselsituation entspricht die
Symptomatik der der blanden Struma oder fehlt ganz. Typischerweise treten im Verlauf die Symptome der Hyperthyreose auf. Nach Jodexposition kann es akut zur hyperthyreoten Entgleisung (thyreotoxische Krise) kommen. Die Inzidenz der funktionellen Autonomie nimmt mit dem Lebensalter zu. Bei
Durch Suppression der TSH-Ausschüttung werden die nicht autonomen Areale supprimiert. Überwiegen die autonomen Areale oder kommt es zur vermehrten Jodaufnahme, kann sich eine Hyperthyreose entwickeln ( 1 B-16.7).
Symptome. Zunächst wie bei blander Struma, im Verlauf Zeichen der Hyperthyreose. Nach Jodexposition ist akute Entgleisung (thyreotoxische Krise) möglich. Die Inzidenz der funktionellen
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16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
Autonomie nimmt mit dem Lebensalter zu. Ein monosymptomatischer Verlauf mit kardialer oder psychischer Symptomatik ist im Alter nicht ungewöhnlich.
älteren Menschen verläuft die Hyperthyreose häufig oligo- oder monosymptomatisch. Im Vordergrund stehen dann kardiale Symptome (Hypertonus, Arrhythmien, Herzinsuffizienz) oder auch psychische Probleme (Nervosität, Angstzustände, Schlaflosigkeit).
Diagnose. Neben der Sonographie (Größe, Knoten) und der Schilddrüsenhormonbestimmung (zur Differenzierung einer latenten oder manifesten Hyperthyreose), sichert die Szintigraphie, durch den Nachweis autonomer (»heißer«) Areale, die Diagnose.
Diagnose. Wie bei der euthyreoten Struma dient die Sonographie der Grö-
Therapie π latente Hyperthyreose: keine zwingende Therapieindikation π manifeste Hyperthyreose: Definitive Therapie ist die Radiojodtherapie oder eine Operation (komplette Resektion autonomer oder knotiger Areale), im Vorfeld überbrückende Thyreostatikagabe, um eine euthyreote Stoffwechsellage zu erreichen. Bei Thyreostatikaunverträglichkeit oder drohender thyreotoxischer Krise muss eine Notfalloperation (Thyreoidektomie) erfolgen.
Morbus Basedow Definition
ßenbestimmung und dem Nachweis von Knoten. Die Bestimmung der Schilddrüsenwerte zeigt die Funktionsstörung an und ermöglicht die Differenzierung in latente und manifeste Hyperthyreose. Durch den Nachweis autonomer (»heißer«) Areale in der Szintigraphie wird die Diagnose bestätigt. Zugleich kann hierdurch eine uni- von einer multifokalen Autonomie unterschieden werden und das Ausmaß der Suppression des Speichervermögens des Restparenchyms (»dekompensierte Autonomie«) abgeschätzt werden). Wegen des geringen Malignitätsverdachtes ist eine FNP heißer Knoten selten indiziert.
Therapie. Eine latente Hyperthyreose stellt in der Regel keine zwingende
Therapieindikation dar. Allerdings ist auf die Vermeidung einer massiven Jodexposition (Kontrastmittelgabe) zu achten. Bei manifester Hyperthyreose werden Thyreostatika als überbrückende Behandlung bis zum Erreichen einer euthyreoten Stoffwechsellage eingesetzt (s. S. 677). Die definitive Therapie besteht in einer Radiojodtherapie (RJT) oder einer Operation. Je größer die Struma und je ausgeprägter die knotigen Veränderungen, umso eher ist – v.a. wenn gleichzeitig kalte Knoten vorhanden sind – die operative Therapie indiziert. Die chirurgische Therapie entspricht der der euthyreoten Struma (alle autonomen und knotigen Veränderungen müssen entfernt werden) (s. S. 673). Bei Thyreostatikaunverträglichkeit oder drohender hyperthyreoter Entgleisung (thyreotoxische Krise) kann die Indikation zur notfallmäßigen Operation (meist in Form einer Thyreoidektomie) gegeben sein.
Morbus Basedow n Definition. Im Gegensatz zur funktionellen Autonomie handelt es sich beim Morbus Basedow (immunogene diffuse Hyperthyreose, Graves’ disease) um eine Autoimmunerkrankung. Die endokrine Ophthalmopathie und die als prätibiales Myxödem bezeichnete Dermopathie stellen eigenständige, ebenfalls immunogene Krankheitsbilder dar, die mit der Basedow-Hyperthyreose vergesellschaftet sein können.
Merseburger Trias: π Struma π Exophthalmus π Tachykardie.
Der Symptomenkomplex Struma, Exophthalmus, Tachykardie wurde im deutschen Sprachraum erstmals durch Karl A. von Basedow als Merseburger Trias beschrieben.
Ätiopathogenese. Durch Bindung stimulierender Autoantikörper (TRAK) an den TSH-Rezeptor der Thyreozyten wird die Hyperthyreose induziert.
Ätiopathogenese. Sie ist beim Morbus Basedow bisher nur teilweise
Auslösefaktoren: genetische Disposition, chronischer Jodmangel, hormonelle, psychosomatische Einflüsse sowie Infektionen. Symptome. Bei der Hyperthyreose ist die Schilddrüse häufig nicht oder nur geringgradig diffus vergrößert. Frauen und jüngere Lebensalter sind bevorzugt betroffen.
bekannt. Autoantikörper gegen Schilddrüsengewebe spielen eine wesentliche Rolle. Die größte Bedeutung kommt dabei dem TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) zu, dessen Titer bei bis zu 90 % der Patienten erhöht ist. Der Antikörper stimuliert den TSH-Rezeptor und induziert eine Hyperthyreose, die nicht dem hypothalamisch-hypophysären Regelkreis unterworfen ist. Andere Antikörper können beim Morbus Basedow ebenfalls erhöht sein, sind aber diagnostisch und funktionell weniger relevant. Als Auslösefaktoren der Erkrankung werden genetische Disposition, chronischer Jodmangel, hormonelle (Schwangerschaft) und psychosomatische Einflüsse, Infektionen mit Viren oder Mikroorganismen (Yersinia enterocolitica) diskutiert.
Symptome. Klinisch steht die Hyperthyreose im Vordergrund. Wie bei der
funktionellen Autonomie können ältere Menschen atypische oder monosymptomatische Verläufe zeigen. Die Schilddrüse ist häufig nicht oder nur geringfügig vergrößert, knotige Veränderungen sind selten. Der Morbus
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16.1.2 Schilddrüsenerkrankungen
1 B-16.7
Synopsis Pathophysiologie der funktionellen Autonomie
a
b
Regelkreis:
Szintigramm:
Regelkreis:
Szintigramm:
TSH-abhängiges Gewebe speichert gleichmäßig.
Funktionelle Autonomie: lokale unregulierte Hormonproduktion und -ausschüttung mit beginnender Suppression der TSH-Sekretion bei noch normaler peripherer Hormonkonzentration.
Autonomes Gewebe speichert stärker als das TSH-abhängige Gewebe (»kompensiertes autonomes Adenom«) (seltener: szintigraphisches Bild wie bei c).
Hypophyse
TSH
Schilddrüse T3T4
Normalzustand mit funktionierendem Regelkreis.
Euthyreose
Euthyreose
c
d
Regelkreis:
Szintigramm:
Regelkreis:
Szintigramm:
TSH-Sekretion vollständig supprimiert bei noch normaler peripherer Hormonkonzentration.
Nur das autonome Gewebe speichert noch (»dekompensiertes autonomes Adenom«) (seltener: szintigraphisches Bild wie bei b).
Wie bei c, aber mit erhöhten peripheren Hormonkonzentrationen.
Szintigraphisches Bild wie bei c, seltener wie bei b.
latente Hyperthyreose
manifeste Hyperthyreose
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Die ebenfalls autoimmun bedingte endokrine Ophthalmopathie ist pathognomonisch für den Morbus Basedow ( 1 B-16.8) und findet sich bei jedem 2.–3. Patienten. Symptome sind: π Lidretraktion π seltener Lidschlag π Lidschwellung π Exophthalmus π Visusverluste.
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Basedow kommt in jedem Lebensalter vor, wobei jeder 3. Patient jünger als 35 Jahre ist. Frauen sind 5-mal häufiger als Männer betroffen. Das gleichzeitige Vorliegen einer endokrinen Ophthalmopathie ist pathognomonisch für den Morbus Basedow ( 1 B-16.8). Es handelt sich hierbei ebenfalls um eine Autoimmunerkrankung. Jeder 2.–3. Basedow-Patient leidet unter Augensymptomen. Diese reichen von diskreten Befunden (Lidretraktion, seltener Lidschlag, Lidschwellung) über Exophthalmus und Motilitätsstörungen bis hin zu schwersten Verläufen mit Hornhauterosionen und Visusverlusten durch Kompression des N. opticus.
1 B-16.8
Morbus Basedow mit Struma diffusa und endokriner Orbitopathie
Das seltene prätibiale Myxödem tritt in 2–4 % der Fälle auf und manifestiert sich als infiltrative Dermopathie.
Das prätibiale Myxödem tritt bei 2–4 % der Basedow-Kranken auf. Es handelt sich um eine infiltrative Dermopathie mit kissenartigen hyperpigmentierten Einlagerungen an der Vorderseite der Unterschenkel.
Diagnose. Die Bestimmung der Schilddrüsenwerte (TSH, T3, T4) und der Autoantikörper (TAK, MAK, TRAK) steht an erster Stelle. Die ergänzende Sonographie zeigt typischerweise eine diffuse Struma mit echoarmem Schallbild.
Diagnose. An erster Stelle steht die Schilddrüsenhormonbestimmung
Therapie. Die primär thyreostatische Therapie führt bei 1 ⁄ 3 der Patienten zur dauerhaften Spontanremission. Die anderen 2 ⁄ 3 erleiden nach Absetzen der Medikation ein Hyperthyreoserezidiv und müssen operativ (ausgedehnte subtotale Strumaresektion oder totale Thyreoidektomie) oder mittels Radiojodtherapie behandelt werden.
Therapie. Primäre Therapie der Wahl ist die thyreostatische Behandlung,
(TSH, T3, T4), ergänzt durch die Autoantikörperanalyse (TAK, MAK, TRAK). Die Sonographie zeigt typischerweise eine diffuse Struma mit echoarmem Schallbild, gelegentlich auch knotige Veränderungen. Szintigraphie und FNP sind bei eindeutiger Diagnose entbehrlich. Bei Verdacht auf eine endokrine Orbitopathie ist eine ophthalmologische Untersuchung indiziert.
unter der es im Spontanverlauf bei ca. 1⁄3 der Patienten zur Ausheilung der Erkrankung kommt. Die übrigen Patienten erkranken nach Absetzen der Thyreostatika an Hyperthyreoserezidiven, die bei wiederholtem Auftreten die Indikation zur definitiven Therapie ergeben. Diese besteht in einer Radiojodtherapie oder einer Operation. Eine große Struma (> 40 ml) und begleitende knotige Veränderungen sprechen mehr für eine Operationsindikation. Eine primäre Operationsindikation besteht weiterhin bei mechanischen Komplikationen, einer rasch progredienten Ophthalmopathie und bei Malignomverdacht. Das Operationsverfahren der Wahl ist die ausgedehnte subtotale Resektion, zunehmend wird auch die totale Thyreoidektomie durchgeführt.
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16.1.2 Schilddrüsenerkrankungen
Thyreoitiden
Thyreoitiden
n Definition. Unter dem Begriff der Thyreoiditis werden alle Erkrankungen zusammengefasst, die mit einer entzündlichen Infiltration der Schilddrüse einhergehen. Ursache können exogene Einflüsse (bakterielle oder virale Infekte, radioaktive Strahlen) oder ein Autoimmunprozess sein.
Akute Thyreoiditis: Die akute Thyreoiditis wird typischerweise durch Bakterien (Staphylokokken, Streptokokken) hervorgerufen, die durch lokal fortgeleitete Entzündungen oder durch hämatogene Streuung in die Schilddrüse gelangen. Klinisch können Fieber, lokaler Druckschmerz, Schluckbeschwerden und zervikale Lymphknotenschwellung bestehen. Laborchemisch sind die Entzündungsparameter (BSG, Leukozyten im Serum) erhöht. Im Verlauf kann es zur eitrigen Einschmelzung mit Abszedierung kommen. Die Therapie besteht in lokalen Maßnahmen (Kühlung mittels Eiskrawatte). Antibiotika- und ggfs. Antiphlogistikagabe. Bei Abszedierung ist die Punktion oder Inzision indiziert. Eine Sonderform stellt die Strahlenthyreoiditis nach hochdosierter Radiojodtherapie dar. π
Subakute Thyreoiditis de Quervain: Die Ätiologie der subakuten Thyreoiditis de Quervain ist nicht geklärt, vermutlich ist sie Folge einer Virusinfektion. Der Beginn der Erkrankung verläuft meist subakut, gelegentlich geht anamnestisch ein grippaler Infekt voran. Klinisch zeigt sich eine derbe, schmerzhafte Schwellung der Schilddrüse, subfebrile Temperaturen und ein allgemeines Krankheitsgefühl. Der Krankheitsverlauf kann mehrere Monate betragen. In der Anfangsphase führt die Gewebeschädigung mitunter zu einer vermehrten Hormonausschüttung mit Hyperthyreose, die im weiteren Verlauf in eine Hypothyreose übergehen kann. Laborchemisch findet sich eine starke Senkungsbeschleunigung bei normaler oder nur gering vermehrter Leukozytenzahl. Die Therapie besteht in einer bis zu 6-monatigen Glukokortikoidmedikation in abfallender Dosierung. Antiphlogistika und eine Eiskrawatte können initial angewandt werden. π
π Chonisch lymphozytäre Thyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis): Die chronisch-lymphozytäre Thyreoiditis stellt wie der Morbus Basedow eine Autoimmunerkrankung nicht geklärter Ätiologie dar. Sie betrifft vermehrt Frauen mittleren Alters. Es besteht eine familiäre Häufung sowie eine Assoziation mit anderen Autoimmunerkrankungen (z.B. Morbus Addison) und mit Chromosomenanomalien (z.B. Down-Syndrom). Histologisch finden sich ausgeprägte lymphozytäre und plasmazelluläre Infiltrate in der Schilddrüse, die im Verlauf der Erkrankung zunehmend durch narbige Veränderungen ersetzt werden können. Bei der klassischen Form der Hashimoto-Thyreoiditis kommt es zu einer Schilddrüsenvergrößerung mit relativ geringer Symptomatik. Durch die fortschreitende Entzündung kann die anfänglich euthyreote Stoffwechsellage allmählich in die Hypothyreose übergehen. Bei der sog. atrophischen Thyreoiditis (primäres Myxödem) besteht keine Struma und die Patienten werden erst durch eine Hypothyreose klinisch auffällig. Auch hyperthyreote Verläufe, analog dem Morbus Basedow durch stimulierende TSH-Antikörper ausgelöst, sind möglich. Laborchemisch lassen sich bei der Hashimoto-Thyreoiditis ThyreoglobulinAntikörper (TAK) und Antikörper gegen mikrosomales Antigen (MAK) nachweisen. Die Therapie besteht in der einschleichend beginnenden Hormonsubstitution, welche lebenslang fortgeführt werden muss. Bei Hyperthyreose ist eine antithyreoidale Medikation notwendig.
Definition
π Akute Thyreoiditis: Sie ist eine meist bakteriell verursachte akute Entzündung mit Fieber, Druckschmerz, Schluckbeschwerden und Lymphknotenschwellung.
Laborchemisch sind die Entzündungsparameter erhöht. Die Therapie besteht in Kühlung, Antibiotika- und ggf. Antiphlogistikagabe. Sonderform: Strahlenthyreoiditis nach hochdosierter Radiojodtherapie. Subakute Thyreoiditis de Quervain: Sie ist vermutlich viral bedingt. Symptome sind eine derbe schmerzhafte Schilddrüsenschwellung, subfebrile Temperaturen und allgemeines Krankheitsgefühl. Der Krankheitsverlauf kann mehrere Monate betragen. Die anfängliche Hyperthyreose kann im Verlauf in eine Hypothyreose übergehen.
π
Laborchemisch findet sich eine starke Senkungsbeschleunigung. Die primäre Therapie besteht in Glukokortikoidgaben. Chronisch lymphozytäre Thyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis): Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, die vermehrt Frauen mittleren Alters betrifft. Es finden sich eine familiäre Häufung, Assoziationen mit anderen Autoimmunerkrankungen und Chromosomenanomalien.
π
Die Symptomatik ist gering. Im Verlauf entsteht häufig eine Hypothyreose, die bei der atrophischen Form (primäres Myxödem) Erstsymptom sein kann.
Die Therapie beinhaltet eine lebenslange Hormonsubstitution.
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16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
Die Therapie ist konservativ (Glukokortikoide).
Invasiv-sklerosierende Thyreoiditis (Riedel-Struma): Bei der invasivsklerosierenden Thyreoiditis handelt es sich um eine ätiologisch ungeklärte Erkrankung, bei der es durch einen entzündlich fibrosierenden Prozess zur Zerstörung des Schilddrüsengewebes und Infiltration der Halsweichteile kommt. Klinisch findet sich eine meist knotige Struma von derber (»eisenharter«) Konsistenz, die zu lokalen Beschwerden führt. Die Diagnose wird gelegentlich anlässlich einer wegen Malignomverdachtes durchgeführten Operation gestellt, ansonsten ist die Therapie konservativ (Glukokortikoide).
Schilddrüsentumoren
Schilddrüsentumoren
Benigne Schilddrüsentumoren
Benigne Schilddrüsentumoren
Gutartige Schilddrüsentumoren sind meist uninoduläre Raumforderungen (Adenome, Zysten).
Gutartige Schilddrüsentumoren imponieren in der Regel als uninoduläre Raumforderungen bei sonst unauffälliger Schilddrüse. Es handelt sich um Adenome oder Zysten. Das follikuläre Adenom ist von einer Kapsel umgeben, es kann je nach mikroskopischem Aufbau (mikro- oder makrofollikulär) und vorherrschendem Zelltyp (oxyphil-onkozytär oder klarzellig) weiter unterteilt werden. Solitäre Zysten sind selten, meist treten zystische Veränderungen im Rahmen regressiver Veränderungen bei multinodalen Strumen auf. Bei Einblutung kann es zur akuten Symptomatik mit Größenzunahme und Spannungsgefühl kommen.
π Invasiv-sklerosierende Thyreoiditis (Riedel-Struma): Bei dieser ätiologisch ungeklärten Erkrankung führt ein entzündlich fibrosierender Prozess zur Zerstörung des Schilddrüsengewebes und zur Infiltration der Halsweichteile. Klinisch findet sich eine derbe, knotige Struma.
Das follikuläre Adenom ist ein gekapselter Tumor, der nach Aufbau und Zelltyp weiter unterteilt werden kann. Zysten treten meist multipel, im Rahmen regressiver Veränderungen auf. Bei Einblutungen kann es zur akuten Symptomatik kommen.
π
Maligne Schilddrüsentumoren
Maligne Schilddrüsentumoren
Die Einteilung der malignen Schilddrüsentumoren zeigt 2 B-16.1.
Die heute gültige Einteilung der malignen Schilddrüsentumoren orientiert sich an der WHO-Klassifikation von 1988 ( 2 B-16.1). Die Klassifikation erfolgt nach dem TNM-System (s. Kap. A-12, S. 238ff.).
2 B-16.1
Einteilung der Schilddrüsentumoren (modifiziert nach der WHO-Einteilung)
1
epitheliale Tumoren
1.1 1.1.1 1.1.2
benigne Tumoren follikuläres Adenom andere
1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4
maligne Tumoren papilläres Karzinom follikuläres Karzinom medulläres Karzinom undifferenziertes (anaplastisches) Karzinom
2
nichtepitheliale Tumoren (z.B. Sarkome)
3
maligne Lymphome
4
Metastasen nicht thyreoidaler Tumoren (z.B. Nierenzellkarzinom)
5
verschiedene, z.T. nicht klassifizierbare Tumoren.
Zu den epithelialen Tumoren gehören das papilläre, das follikuläre, das medulläre (C-Zell) und das undifferenzierte (anaplastische) Karzinom.
Die wichtigste Gruppe sind die epithelialen Tumoren, zu denen das papilläre, das follikuläre, das medulläre (C-Zell) und das undifferenzierte (anaplastische) Karzinom gehören. Die verschiedenen Tumortypen unterscheiden sich im biologischen Verhalten und in ihrer klinischen Präsentation.
Papilläres Karzinom: Es ist mit ca. 50 % das häufigste Schilddrüsenkarzinom und kommt bevorzugt bei jüngeren Menschen vor. Frauen sind 3-mal häufiger betroffen.
π
π
Papilläres Karzinom: Das papilläre Karzinom ist mit einem Anteil von bis zu 50 % das häufigste Schilddrüsenkarzinom. Es tritt bevorzugt in den jüngeren Altersgruppen auf, die Inzidenz beim weiblichen Geschlecht ist 3fach erhöht. Der Tumor wächst in der Regel invasiv und ist nicht gekapselt, multi-
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16.1.2 Schilddrüsenerkrankungen fokales Auftreten ist nicht ungewöhnlich, histologisch kommen Mischformen mit follikulären Anteilen vor. Die Metastasierung erfolgt primär lymphogen, zunächst in die ipsilateralen Halslymphknoten, dann aber auch zur kontralateralen Halsseite und in die mediastinalen Lymphknoten. Kommt es zur (hämatogenen) Fernmetastasierung, sind Lunge und Skelettsystem am häufigsten betroffen. Nicht selten stellt das papilläre Karzinom einen Zufallsbefund bei der Resektion einer multinodösen Struma dar (okkultes Karzinom). Als Mikrokarzinom wird ein Tumor mit einem Durchmesser von < 1 cm bezeichnet. Die Diagnose kann durch Feinnadelpunktion (FNP) aus befallenen Lymphknoten oder aus dem Schilddrüsentumor gestellt werden. Im Zweifelsfall muss eine histologische Klärung durch Operation erfolgen. Die Therapie besteht bei nachgewiesenem Karzinom in einer totalen Thyreoidektomie mit Lymphknotenresektion des zentralen Kompartments. Bei Befall lateraler Lymphknoten besteht die Indikation zur Ausräumung des lateralen Kompartments (funktionelle Neck dissection). Anschließend erfolgt eine Radiojodtherapie zur Ablation verbliebenen Schilddrüsenrestgewebes und zur Behandlung eventuell noch vorhandener Metastasen. Daran schließt sich eine lebenslange suppressive Hormontherapie an. Mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von über 90 % ist die Prognose relativ gut. Kriterien für eine günstige Prognose sind jugendliches Alter, weibliches Geschlecht und geringe Tumorgröße (niedrige T-Kategorie). Die Nachsorge umfasst sonographische Verlaufskontrollen des Halses, die Bestimmung des Thyreoglobulinspiegels (Tg) sowie regelmäßige Szintigraphien. Das Mikrokarzinom ist durch eine vollständige Entfernung mittels subtotaler Schilddrüsenresektion in der Regel ausreichend behandelt, wenn kein multifokales Wachstum und keine Metastasen vorliegen. Hier besteht die Nachsorge in sonographischen Verlaufskontrollen.
Der meist invasiv wachsende, nicht gekapselte Tumor kann multifokal auftreten. Die Metastasierung erfolgt primär lymphogen.
Follikuläres Karzinom: Das follikuläre Karzinom macht 10–40 % aller malignen Schilddrüsentumoren aus, wobei die Inzidenz in Jodmangelgebieten erhöht ist. Es tritt ebenfalls vermehrt bei Frauen auf, im Gegensatz zur papillären Form liegt der Erkrankungsgipfel aber später, nämlich im 4.–6. Dezennium. Die Diagnostik umfasst bei klinischem Verdacht (solitärer Knoten, Wachstumstendenz) Sonographie, Szintigraphie und FNP. Die punktionszytologische Diagnose ist aber im Gegensatz zum papillären Karzinom erschwert. Häufig wird die Diagnose einer follikulären Neoplasie gestellt. Das bedeutet, dass allein aufgrund des Zellbildes nicht zwischen einem follikulären Adenom (gutartig) und einem hochdifferenzierten Karzinom unterschieden werden kann. In diesen Fällen ist immer eine Operation mit histologischer Abklärung erforderlich. Neben dem gekapselten Subtyp, dessen maligner Charakter sich erst im histologischen Bild an Kapsel- oder Gefäßinvasion zu erkennen gibt, existiert noch ein breit oder grob invasiver Subtyp, der bereits häufig makroskopisch am infiltrierenden Wachstum erkennbar ist. Die Metastasierung erfolgt primär hämatogen. Nicht selten stellen symptomatische Knochenmetastasen das Erstsymptom eines follikulären Karzinoms dar. Die Therapie besteht in der totalen Thyreoidektomie mit anschließender Radiojodtherapie und suppressiver Hormontherapie. Grundsätzlich besteht die Indikation zur Lymphadenektomie wie beim papillären Karzinom, wegen des primär hämatogenen Metastasierungsverhaltens des follikulären Karzinoms ist ihr Stellenwert aber geringer. Die Prognose ist abhängig vom histologischen Tumortyp (gekapselte Form günstiger als breit invasive Form) und dem Stadium. Frauen und jüngere Patienten haben eine bessere Prognose, die 5-Jahres-Überlebensrate liegt zwischen 75 und 95 %.
π Follikuläres Karzinom: Mit 10–40 % zweithäufigster Typ, der vermehrt bei Frauen, in Jodmangelgebieten und im höheren Lebensalter auftritt.
π
Undifferenziertes oder anaplastisches Karzinom: Das undifferenzierte oder anaplastische Karzinom macht 10–15% aller Schilddrüsentumoren aus. Es tritt vor allem im höheren Lebensalter auf, Frauen sind 4fach häufiger betroffen als Männer.
π
Das papilläre Mikrokarzinom (Durchmesser < 1 cm) ist oft Zufallsbefund bei der Resektion einer multinodösen Struma. Die Diagnose erfolgt durch die FNP, im Zweifelsfall operativ. Die Therapie besteht in der totalen Thyreoidektomie mit Lymphknotenresektion des zentralen ggf. auch lateralen Kompartments, anschließender Radiojodtherapie und einer lebenslangen suppressiven Hormonsubstitution. Die Prognose ist günstig (5-JahresÜberlebensrate > 90 %).
Die Diagnose umfasst die Sonographie, Szintigraphie und FNP. Die Punktionszytologie zeigt häufig eine follikuläre Neoplasie: einen karzinomverdächtigen Adenomknoten, der operativ entfernt und einer histologischen Klärung zugeführt werden muss. Man unterscheidet 2 Typen: den gekapselten Subtyp, dessen Malignität sich erst durch eine Kapsel- oder Gefäßinvasion zeigt, und den breit oder grob invasiven Subtyp. Die Metastasierung erfolgt primär hämatogen (Skelett). Die Therapie entspricht der des papillären Karzinoms (s.o.).
Die Prognose ist vom Tumortyp und Stadium abhängig. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 75–95 %.
Undifferenziertes (anaplastisches) Karzinom: 10–15 % aller Schilddrüsentumoren, bevorzugt im Alter, 4-mal häufiger bei Frauen.
π
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668 Die Diagnose wird klinisch gestellt und durch die Punktionszytologie bestätigt. Die Therapie besteht bei dem meist inoperablen Tumor in einer palliativen Tumorreduktion. Die Prognose ist bei rasch infiltrierendem Wachstum und frühzeitigen Fernmetastasen (Lunge) schlecht. Die Überlebensdauer beträgt 6–8 Monate.
π Medulläres Karzinom ( 1 B-16.9): Tumor der parafollikulären, Kalzitonin bildenden C-Zellen, der sporadisch (bevorzugt im Alter) oder familiär gehäuft, meist beim jüngeren Patienten (MEN), auftritt. Frauen sind etwas häufiger betroffen.
Die Diagnose wird durch die FNP oder den erhöhten Kalzitoninblutspiegel (Tumormarker) gestellt. Die Therapie besteht in der totalen Thyreoidektomie und Lymphadenektomie des zentralen und lateralen Kompartments. Der Effekt einer Radiojodtherapie ist fraglich. Die Metastasierung erfolgt lymphogen und hämatogen.
Die Prognose ist abhängig von der Tumorgröße und dem Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen. Durch genetisches Screening können Genträger identifiziert und einer prophylaktischen Thyreoidektomie zugeführt werden.
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Die Diagnose kann in der Regel klinisch gestellt werden aufgrund des raschen und frühzeitig die Halsweichteile infiltrierenden Wachstums. Bildgebend kommen Sonographie, MRT und CT zur Anwendung, die Punktionszytologie kann die Diagnose bestätigen. Therapeutisch ist häufig nur eine palliative Tumorreduktion möglich, da die meisten Tumoren in einem technisch inoperablen Stadium diagnostiziert werden. Histologisch kann die Abgrenzung von mesenchymalen Tumoren (Sarkomen) schwierig sein. Die Prognose ist aufgrund des aggressiven Tumorwachstums schlecht. Neben der lokalen Infiltration finden sich frühzeitig Fernmetastasen (Lunge). Die durchschnittliche Überlebensdauer nach Diagnosestellung beträgt 6–8 Monate. Chemo- oder Strahlentherapie wird fallweise in palliativer Intention durchgeführt. Medulläres Karzinom: Das medulläre Karzinom ( 1 B-16.9) geht von den parafollikulären, Kalzitonin bildenden C-Zellen aus. Sein Anteil an den Schilddrüsenkarzinomen beträgt 5–10 %. Das Geschlechtsverhältnis ist fast ausgeglichen, mit nur einer leichten Betonung des weiblichen Geschlechtes. Es tritt sowohl sporadisch als auch familiär gehäuft auf. Eine familiäre Häufung tritt u.a. im Rahmen der multiplen endokrinen Neoplasie auf (MEN II A und II B, s. S. 683). Während bei der sporadischen Form der Altersgipfel im 4.-7. Dezennium liegt, sind bei der familiären Form v.a. jüngere Patienten betroffen. Die C-Zellen produzieren das Polypeptidhormon Kalzitonin, das als Gegenspieler des Parathormons den Blutkalziumspiegel senkt. Die Diagnose kann durch FNP oder Messung des Kalzitoninwertes gestellt werden. Ein spontan oder nach Stimulation (Pentagastrintest) erhöhter Kalzitoninspiegel weist auf ein medulläres Karzinom hin. Die Therapie ist primär chirurgisch. Neben der totalen Thyreoidektomie sollte immer eine systematische Lymphadenektomie des zentralen und lateralen Kompartiments erfolgen. Die Metastasierung erfolgt lymphogen und hämatogen. Eine Fernmetastasierung manifestiert sich oft in einer miliaren Metastasierung in Lunge und Leber, die chirurgisch nicht zu beeinflussen ist. Gelegentlich wird eine Radiojodtherapie durchgeführt, die wegen der fehlenden Jodspeicherung der C-Zellen aber allenfalls eine Wirkung durch Abstrahlung von verbliebenen Schilddrüsenzellen erwarten lässt. Die Nachsorge basiert auf der Kontrolle des Kalzitoninwertes. Fehlende Lymphknotenmetastasen und Primärtumorgröße (niedriges T-Stadium) beeinflussen die Prognose positiv. Viele Patienten überleben auch im metastasierten Stadium (hohe Kalzitoninwerte) Jahrzehnte. Es gibt keine etablierte Chemo- oder Strahlentherapie bei diesen Tumoren. Die Möglichkeiten des genetischen Screenings erlauben heute bei der familiären Form Genträger aus betroffenen Familien zu identifizieren und einer prophylaktischen Thyreoidektomie schon im Kindesalter vor Manifestierung des Karzinoms zuzuführen. π
1 B-16.9
Solitäres medulläres Schilddrüsenkarzinom Aufgeschnittenes Schilddrüsenpräparat mit einem solitären medullären Karzinom bei normaler Struktur des übrigen Schilddrüsengewebes.
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16.1.3 Diagnostik Lymphome und nicht epitheliale Schilddrüsentumoren sind selten. Gelegentlich treten Metastasen extrathyreoidaler Tumoren in der Schilddrüse auf, dies wird vor allem beim Nierenzellkarzinom beobachtet. Die Diagnose wird in der Regel erst postoperativ durch die histologische Untersuchung gestellt.
16.1.3
Diagnostik
Anamnese und Untersuchung n Merke. Anlass für einen Arztbesuch sind nicht selten Symptome, die vom Patienten nicht auf eine Erkrankung oder Funktionsstörung der Schilddrüse zurückgeführt werden. Eine sorgfältige und umfassende Anamnese und Untersuchung kann den Zusammenhang aufdecken. Sie stellt zudem die Voraussetzung für die rationelle Planung der weiteren Diagnostik dar.
Klagt ein Patient über Unruhe, Nervosität, Herzrasen, vermehrtes Schwitzen oder auch über Durchfallneigung oder Gewichtsabnahme, muss man an eine Hyperthyreose denken. Nicht immer ist die Symptomatik »klassisch«, oligooder monosymptomatische Verläufe kommen vor. Bei Depressionen, Abgeschlagenheit, Verlangsamung und Antriebsarmut kann eine Hypothyreose bestehen, die sich beim Erwachsenen z.B. nach durchgemachter Thyreoiditis oder als Folge einer nicht ausreichenden Hormonsubstitution nach Schilddrüsenoperation einstellen kann. Bei Patienten, die sich wegen einer Struma in ärztliche Behandlung begeben, dient die Anamnese der Abklärung, ob zusätzliche Hinweise auf eine Funktionsstörung oder einen malignen Prozess bestehen. In kurzer Zeit (Wochen – Monate) entstandene Schilddrüsenvergrößerungen, rasch wachsende Solitärknoten, familiäre Belastung mit Schilddrüsenkarzinomen, frühere Strahlenexposition der Halsregion, Heiserkeit oder vom Patienten selbst bemerkte Lymphknotenschwellungen können anamnestisch auf eine Struma maligna hinweisen. Die klinische Untersuchung umfasst eine allgemeinkörperliche Untersuchung, wobei besonders auf Zeichen der Funktionsstörung zu achten ist (Hautbeschaffenheit, Reflexverhalten, Herzrhythmus, Blutdruck, psychische Befindlichkeit). Die Untersuchung der Schilddrüse selbst umfasst Inspektion, Palpation und Auskultation. Bei der Inspektion achtet man auf Veränderungen der Halskonturen und Asymmetrien (verursacht durch die Struma oder vergrößerte Halslymphknoten). Gestaute Halsvenen können Zeichen einer oberen Einflussstauung bei retrosternaler Struma sein. Die Palpation erlaubt eine Beurteilung von Größe, Konsistenz (derb, weich, prallelastisch) und evtl. Druckschmerzhaftigkeit. Die Schluckverschieblichkeit der Schilddrüse kann durch die Mitbewegung beim Schluckakt überprüft werden. Palpatorisch sollte auch die Struktur der Schilddrüse untersucht werden (diffuse Vergrößerung, Vorliegen eines oder mehrerer Knoten), ebenso wie die Beziehung zur Umgebung (Kehlkopf, Trachea, Halsmuskulatur). Darüber hinaus ist auf das Vorliegen vergrößerter zervikaler Lymphknoten zu achten. Die Auskultation kann bei hyperthyreoten Patienten ein deutliches systolisches Strömungsgeräusch (»Schwirren«) über der Schilddrüse ergeben. Zur Erleichterung der Befunddokumentation dient die Gradeinteilung der WHO zur Strumagröße ( 2 B-16.2) sowie die Messung des Halsumfanges.
2 B-16.2
Lymphome, nicht epitheliale Schilddrüsentumoren sowie Metastasen extrathyreoidaler Tumoren sind selten.
16.1.3 Diagnostik Anamnese und Untersuchung Merke
Unruhe, Nervosität, Herzrasen, vermehrtes Schwitzen, Durchfallneigung oder Gewichtsabnahme können auf eine Hyperthyreose hinweisen. Symptome einer Hypothyreose, wie Depression, Abgeschlagenheit und Antriebsarmut, können beim Erwachsenen nach einer Thyreoiditis oder nach einer Schilddrüsenoperation auftreten. Jeder Strumapatient muss auf Symptome einer Funktionsstörung hin abgeklärt werden. Rasch wachsende Knoten, familiäre Belastung, Strahlenexposition, Heiserheit oder Lymphknotenschwellungen können auf eine Struma maligna hinweisen. Bei der allgemeinkörperlichen Untersuchung ist besonders auf Hautbeschaffenheit, Reflexverhalten, Herzrhythmus, Blutdruck und psychische Befindlichkeit zu achten. Untersuchung der Schilddrüse: π Inspektion (Asymmetrie, gestaute Halsvenen) π Palpation (s.u.) π Auskultation (Strömungsgeräusch bei Hyperthyreose).
Durch die Palpation erfolgt die Beurteilung von Größe, Konsistenz, Knoten, Druckschmerzhaftigkeit, Schluckverschieblichkeit und tastbaren Lymphknoten.
Befunddokumentation: Grad der Strumagröße ( 2 B-16.2) und Halsumfang.
Gradeinteilung der Schilddrüsengröße
Grad 0
nicht sicht- und nicht tastbare Schilddrüsenvergrößerung
Grad I
tastbare, bei Reklination des Kopfes auch sichtbare Schilddrüsenvergrößerung
Grad II
tast- und sichtbare Schilddrüsenvergrößerung
Grad III
sehr große tast- und sichtbare Schilddrüsenvergrößerung
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670 Praktischer Tipp
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
n Praktischer Tipp. Die Palpation der Schilddrüse erfolgt am einfachsten, wenn der Untersucher hinter dem sitzenden Patienten steht und durch lockeres Auflegen der Fingerkuppen die Schilddrüse betastet. Der Patient wird dann zum Schlucken aufgefordert, und die sich unter den untersuchenden Fingern auf und ab bewegende Schilddrüse kann beurteilt werden. Die Untersuchung wird erleichtert, wenn man den Patienten etwas trinken lässt, der Schluckakt kann dann auch mehrfach wiederholt werden.
Sonographie
Sonographie
Die morphologische Schilddrüsendiagnostik erfolgt primär durch Sonographie.
Das bildgebende Verfahren der ersten Wahl zur morphologischen Schilddrüsendiagnostik stellt die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) des Halses dar. Die Sonographie erlaubt Aussagen über das Volumen der Schilddrüse, das Echoverhalten (Echogenität) des Schilddrüsengewebes und die Beziehung der Schilddrüse zu benachbarten Strukturen (Trachea, Ösophagus, Muskeln, Lymphknoten und Gefäße). Das Schilddrüsenvolumen wird in Milliliter (ml) angegeben und nach der Formel maximale Länge « Breite « Tiefe « 0,5 berechnet. Die obere Grenze für das Gesamtvolumen beider Schilddrüsenlappen beträgt 25 ml beim Mann bzw. 18 ml bei der Frau. Bei dem auch als Schallmuster bezeichneten Echoverhalten unterscheidet man echonormal von echoarm bzw. echofrei und echoreich. Zysten stellen sich als weitgehend echofreie Gebilde dar ( 1 B-16.10), während Adenomknoten echoarm oder echoreich sein können, sich aber gut vom echonormalen gesunden Schilddrüsengewebe abgrenzen lassen. Karzinome imponieren meist als schlecht abgrenzbare, echoarme Knoten. Eine diffuse Echominderung findet sich z.B. bei der Basedow-Hyperthyreose.
Sie erlaubt Aussagen zur Größe, Echogenität und Nachbarschaftsbeziehung der Schilddrüse. Die obere Grenze des Schilddrüsenvolumens beträgt 25 ml beim Mann bzw. 18 ml bei der Frau. Zysten sind weitgehend echofrei ( 1 B-16.10), Adenomknoten echoarm oder echoreich, Karzinome meist echoarm. Eine diffuse Echominderung findet sich z.B. bei der Basedow-Hyperthyreose.
1 B-16.10
Die Sonographie erlaubt zwar eine morphologische Diagnostik, aber keine Aussage über Dignität und Funktion.
Ultraschallbild einer Schilddrüsenzyste
Trotz der exzellenten Darstellungsmöglichkeit morphologischer Veränderungen erlaubt die Sonographie keine eindeutige Aussage zur Dignität eines Schilddrüsenprozesses. Auch eine Beurteilung der Schilddrüsenfunktion ist nicht möglich.
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16.1.3 Diagnostik
Szintigraphie
Szintigraphie
Die Szintigraphie informiert über den Funktionszustand der Schilddrüse und die Verteilung der Jodspeicherung in verschiedenen Drüsenarealen. Das Prinzip besteht in der Gabe von Radionukliden, deren emittierte Strahlung durch eine Gammakamera registriert wird. Die Abbildung erfolgt rechnergestützt in Form eines Szintigramms. Als Radionuklid kommt in der Regel Technetium (Tc-99m-Pertechnetat) zur Anwendung, dessen Aufnahme durch die Schilddrüse dem Jodid vergleichbar ist. Andere Radionuklide (I-123, I-131) werden bei speziellen Indikationen verwendet, z.B. bei der Radiojodtherapie (s. S. 677). Beim Suppressionsszintigramm wird durch Gabe von Schilddrüsenhormon die TSH-Sekretion unterdrückt, wodurch autonome Areale besser identifiziert werden können. Die Szintigraphie ermöglicht somit die Erkennung einer funktionellen Autonomie (unifokal, multifokal oder disseminiert) und die Zuordnung »heißer« oder »kalter« Areale zu tastbaren oder sonographisch nachweisbaren Knoten. Kalte Areale zeigen keine oder eine stark herabgesetzte Speicherung ( 1 B-16.11 a). Ursachen können zystisch oder regressiv veränderte Knoten oder eine Thyreoiditis sein, auch Karzinome imponieren meist als kalte Knoten. Heiße Areale mit vermehrter Speicherung indizieren eine uni- oder multifokale Autonomie ( 1 B-16.11 b). Bei stärkergradiger Autonomie wird die gesamte Aktivität nur noch in den autonomen Arealen gespeichert, das normale Schilddrüsengewebe stellt sich szintigraphisch nicht mehr dar ( 1 B-16.11 c).
Die Szintigraphie dient der Beurteilung des Funktionszustandes und der Jodspeicherung. Prinzip: Gabe von Radionukliden (z.B. Tc-99m-Pertechnetat), Registrierung der Gammastrahlung und Abbildung rechnergestützt in Form eines Szintigrammes. Suppressionsszintigramm: Unterdrückung der TSH-Sekretion durch Hormongabe zur besseren Darstellung autonomer Bezirke.
1 B-16.11
Die Szintigraphie ermöglicht die Diagnose einer funktionellen Autonomie und die Zuordnung »heißer« oder »kalter« Knoten. Kalte Areale ( 1 B-16.11 a zeigen zystisch oder regressiv veränderte Knoten, eine Thyreoiditis oder Karzinome an. Heiße Areale indizieren eine uni- oder multifokale Autonomie ( 1 B-16.11 b, c).
Schilddrüsenszintigraphie
a Szintigramm bei rechtsseitigem kalten Knoten (Á).
b Szintigramm bei linksseitiger unifokaler Autonomie mit Restspeicherung der normalen Schilddrüse (»kompensiertes autonomes Adenom«).
c Szintigramm bei rechtsseitiger unifokaler Autonomie mit Suppression des normalen Schilddrüsengewebes (»dekompensiertes autonomes Adenom«).
Ein quantitatives Maß für die Jodidaufnahme ist der Schilddrüsen-Uptake, d.h. der Prozentsatz der insgesamt applizierten Radioaktivität, der in der Schilddrüse aufgenommen wird (normal 2–4 %).
Der Schilddrüsen-Uptake (normal 2–4 %) ist ein quantitatives Maß der Jodidaufnahme.
MRT/CT
MRT/CT
Eine MRT oder CT ist nur bei ausgedehnten Tumoren zur Operationsplanung erforderlich. Die Computertomographie sollte ohne Kontrastmittel durchgeführt werden, um eine spätere Radiojodtherapie nicht zu verzögern, da es nach Gabe von jodhaltigem Kontrastmittel zu einer Blockierung der Radionuklidaufnahme in den Schilddrüsenzellen kommt. Ausnahmen sind lediglich das bereits präoperativ nachgewiesene medulläre oder anaplastische Karzinom, da hier in der Regel keine Radiojodtherapie indiziert ist.
Eine MRT oder CT ist nur bei ausgedehnten Schilddrüsentumoren zur Operationsplanung erforderlich.
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16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
Labordiagnostik
Labordiagnostik
Zur Erfassung von Funktionsstörungen der Schilddrüse dient die Bestimmung der Schilddrüsenhormone (T3, fT3, T4, fT4) und des TSH im peripheren Blut mittels Radioimmunoassay (RIA).
Zur Erfassung von Funktionsstörungen der Schilddrüse dient die Bestimmung der Schilddrüsenhormone (T3, T4) und des TSH im peripheren Blut mittels Radioimmunoassay (RIA). Die Gesamthormonmenge wird durch Schwankungen der Konzentrationen der Bindungsproteine (Albumin, thyroxinbindendes Globulin, TBG) beeinflusst. Verlässlichere Aussagen erlaubt daher die Bestimmung der freien, stoffwechselaktiven Anteile (fT3, fT4). Der Nachweis einer supprimierten TSH-Sekretion ist ein empfindlicher Parameter zur Erkennung einer Hyperthyreose. Beim TRH-Test wird TSH zunächst basal und anschließend nach Gabe von TRH erneut bestimmt. Diese Untersuchung erlaubt eine Aussage über Stimulierbarkeit von TSH bei Patienten mit Autonomie und subklinischer Hyperthyreose. Wegen der hohen Empfindlichkeit der heute verfügbaren TSHAssays hat der TRH-Test für die klinische Routine an Bedeutung verloren. Die Bestimmung von Schilddrüsenautoantikörpern im Serum hat Bedeutung für die Diagnose und Verlaufsbeurteilung von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Thyreoglobulinantikörper (TAK) werden besonders bei der Autoimmunthyreoiditis, seltener auch beim Morbus Basedow nachgewiesen. Ein negativer Befund schließt eine Autoimmunerkrankung aber nicht aus. Autoantikörper gegen mikrosomale Antigene (MAK) der Follikelzellen können ebenfalls bei Autoimmunthyreoitiden und beim Morbus Basedow vorkommen, aber auch bei anderen Autoimmunerkrankungen (Lupus erythematodes). Der Autoantikörper gegen den TSH-Rezeptor (TRAK) ist der wichtigste Parameter zur Abgrenzung einer immunogenen Hyperthyreose von anderen Formen. Er ist bei bis zu 90 % aller Basedow-Kranken nachweisbar. Dieser Antikörper löst durch Stimulation des TSH-Rezeptors eine vom Regelkreis unabhängige Hyperthyreose aus. Die TRAK-Bestimmung wird auch zur Verlaufsbeurteilung nach Therapie eingesetzt, obwohl eine Übereinstimmung zwischen Titerverlauf und Aktivität des Autoimmunprozesses nur in 50–60 % der Fälle besteht. Als Tumormarker bei Struma maligna dienen Thyreoglobulin und Kalzitonin. Thyreoglobulin ist in der Schilddrüse lokalisiert und ist in geringen Mengen (bis 50 ng/ml) im Serum Gesunder nachweisbar. Nach totaler Thyreoidektomie und Radiojodablation wegen eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms sinken die Werte auf < 5–10 ng/ml ab. Ein erneuter Anstieg zeigt ein Rezidiv bzw. das Auftreten von Metastasen an. Das in den parafollikulären C-Zellen produzierte Kalzitonin ist beim medullären Schilddrüsenkarzinom erhöht. Durch vorherige Stimulation mit Pentagastrin lassen sich erhöhte Werte auch bei klinisch inapparenten Karzinomen nachweisen. Dies hat Bedeutung beim Verwandtenscreening der familiären Form (MEN II). Auch in der Nachsorge ist die Kalzitoninbestimmung ein empfindlicher Parameter (Rezidive, Metastasen).
Beim TRH-Test (Hyperthyreosediagnostik) wird die Stimulierbarkeit von TSH nach Gabe von TRH gemessen. Der Test ist heute aber durch die Verfügbarkeit empfindlicher TSH-Assays selten indiziert. Schilddrüsenautoantikörper: Thyreoglobulinantikörper (TAK) sind bei der Autoimmunthyreoiditis, seltener beim Morbus Basedow nachweisbar. Ein negativer Befund schließt eine Autoimmunerkrankung nicht aus. Autoantikörper gegen mikrosomale Antigene (MAK) können bei der Autoimmunthyreoiditis, Morbus Basedow und anderen Autoimmunerkrankungen vorkommen. Der Autoantikörper gegen den TSH-Rezeptor (TRAK) ist der wichtigste Parameter zur Diagnose eines Morbus Basedow (in bis zu 90 % nachweisbar); Er löst durch Stimulation des TSH-Rezeptors eine vom Regelkreis unabhängige Hyperthyreose aus. In der Verlaufsbeurteilung der Erkrankung hat er geringere Aussagekraft. Tumormarker bei Struma maligna: Der Anstieg der Thyreoglobulinkonzentration im Serum nach Therapie eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms weist auf ein Rezidiv oder Metastasen hin. Erhöhte Kalzitoninwerte weisen auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom hin. Durch Pentagastrinstimulation sind erhöhte Werte auch bei klinisch unauffälligen Karzinomträgern nachweisbar. Auch in der Nachsorge ist die Kalzitoninbestimmung ein empfindlicher Parameter.
Feinnadelpunktion
Feinnadelpunktion
Die Feinnadelpunktion (FNP) mit Aspirationszytologie ist bei szintigraphisch kalten Knoten, die sonographisch nicht als Zyste imponieren, und zur Abklärung von Thyreoitiden indiziert. Zytologisch können durch die FNP kalter Knoten regressive Veränderungen, papilläre oder medulläre Karzinome oder follikuläre Neoplasien diagnostiziert werden. Ein negativer Befund schließt ein Karzinom nicht aus, eine follikuläre Neoplasie muss immer durch Operation abgeklärt werden ( 1 B-16.12).
Die Feinnadelpunktion (FNP) suspekter Schilddrüsenknoten ermöglicht eine Aspirationszytologie. Indiziert ist die FNP vor allem bei szintigraphisch kalten Knoten, die im Ultraschall nicht eindeutig als Zyste imponieren. Die Punktion erfolgt bei tastbaren Knoten unter Palpationskontrolle, sonst sonographisch gesteuert. Das Aspirat wird auf einem Objektträger ausgestrichen und luftgetrocknet. Zytologisch finden sich meist regressive Veränderungen. Durch FNP kann die Diagnose eines papillären oder medullären Schilddrüsenkarzinoms gestellt werden, ein negativer Befund schließt ein Karzinom aber nicht aus. Follikuläre Karzinome lassen sich von Adenomen zytologisch nicht differenzieren, sodass in diesen Fällen die Diagnose »follikuläre Neoplasie« gestellt wird: Dieser Befund erfordert eine histologische Abklärung durch Operation. 1 B-16.12 fasst das Prozedere beim isolierten kalten Knoten in Abhängigkeit vom Ergebnis der Feinnadelpunktion zusammen.
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16.1.4 Therapie
1 B-16.12
Synopsis Prozedere beim solitären kalten Knoten kalter Knoten
Feinnadelpunktion
follikuläre Neoplasie
Zellatypien V.a. papilläres Karzinom
kein Malignitätsverdacht
Operation, histologischer Schnellschnitt
Operation, histologischer Schnellschnitt
Verlaufskontrolle, alternativ Knotenresektion
kein Karzinom
Karzinom
follikuläres Karzinom
Operation beendet: Abwarten der endgültigen Histologie; bei Karzinomnachweis Nachoperation (totale Thyreoidektomie)
16.1.4
kein Karzinom
totale Thyreoidektomie, zentrale Lymphadenektomie
Therapie
Operation beendet: Abwarten der endgültigen Histologie; bei Karzinomnachweis Nachoperation (totale Thyreoidektomie, Ausnahme: papilläres Mikrokarzinom)
16.1.4 Therapie
Erkrankungen und Funktionsstörungen der Schilddrüse werden in den meisten Fällen konservativ behandelt. Eine chirurgische Therapie ist indiziert, wenn eine maligne Schilddrüsenerkrankung vorliegt oder nicht ausgeschlossen werden kann und wenn eine Struma aufgrund ihrer Größe zu Symptomen führt. Des Weiteren kann eine Operationsindikation bei der Basedow-Hyperthyreose und der fokalen Autonomie bestehen, wobei hier mit der medikamentösen und der Radiojodtherapie ergänzende und zum Teil konkurrierende Therapien zur Verfügung stehen. In diesen Fällen muss die Indikation im Einzelfall im interdisziplinären Konsil zwischen Chirurg, Endokrinologen und Nuklearmediziner unter Einbeziehung des Patienten gestellt werden. Seltene Operationsindikationen sind bei der akuten Thyreoiditis z.B. bei eitriger Einschmelzung mit Abszessbildung gegeben oder bei der thyreotoxischen Krise, wenn die konservative Therapie nicht rasch genug greift.
Die meisten Erkrankungen und Funktionsstörungen der Schilddrüse werden konservativ behandelt. Eine Operationsindikation ist bei Verdacht auf Malignität und Symptomen aufgrund der Strumagröße gegeben. Weiterhin kann sie bei der Basedow-Hyperthyreose und der fokalen Autonomie bestehen. Die Entscheidung fällt im interdisziplinären Konsil unter Einbeziehung des Patienten.
Chirurgische Therapie
Chirurgische Therapie
Die Wahl des chirurgischen Therapieverfahrens hat die zugrunde liegende Schilddrüsenerkrankung und den thyreoidalen Funktionszustand zu berücksichtigen. Anatomischer Situs, Voroperationen und Erfahrung des Operateurs modifizieren das chirurgische Vorgehen ebenso wie der intraoperative Verlauf (Komplikationen, Nachweis eines Karzinoms in der Schnellschnittuntersuchung). Der Zugang zur Schilddrüse erfolgt üblicherweise durch einen Kocher-Kragenschnitt ( 1 B-16.13). Dieser wird ca. 3 cm oberhalb des Jugulums angelegt. Nach Durchtrennung von Subkutis, Platysma und oberflächlicher Halsfaszie wird die gerade Halsmuskulatur in der Medianlinie gespalten und zu beiden Seiten mit Haken weggehalten. Die Mobilisation der Schilddrüse muss in der richtigen Schicht zwischen den beiden Blättern der Schilddrüsenkapsel erfolgen. Das weitere Vorgehen ist abhängig vom Befund und dem geplanten Resektionsausmaß.
Das chirurgische Vorgehen wird beeinflusst durch: π Art der Schilddrüsenerkrankung π Funktionszustand der Schilddrüse π anatomischer Situs π Erfahrung des Operateurs π intraoperativer Verlauf. Der Zugang zur Schilddrüse erfolgt durch den Kocher-Kragenschnitt ( 1 B-16.13). Die Mobilisation der Schilddrüse muss in der richtigen Schicht zwischen den beiden Blättern der Schilddrüsenkapsel erfolgen. Das weitere Vorgehen ist abhängig vom Befund und dem geplanten Resektionsausmaß.
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16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
1 B-16.13
Synopsis Operativer Schilddrüsenzugang (Kocher-Kragenschnitt)
Operationsverfahren
Folgende Operationsverfahren stehen zur Verfügung:
Subtotale Schilddrüsenresektion
Subtotale Schilddrüsenresektion (subtotale Strumaresektion, subtotale Thyreoidektomie)
Belassung eines dorsal gelegenen Restes normalen Schilddrüsengewebes, dessen Größe durch das Ausmaß der regressiv-knotigen Veränderungen beeinflusst wird. Dieses Verfahren kommt vor allem bei der euthyreoten Struma multinodosa zur Anwendung.
Die ausgedehnt subtotale Resektion (near-total thyroidectomy) bezeichnet die weitestgehende Resektion des Schilddrüsengewebes (Rest pro Lappen 2 bis maximal 5 g schwer). Die Identifizierung des N. recurrens und der Epithelkörperchen ist obligat. Indikationen: Morbus Basedow, ggf. auch multifokale Autonomie.
Bei dieser Resektionsform werden die vergrößerten Schilddrüsenanteile unter Belassung eines meist dorsal gelegenen Restes entfernt. Die Größe des verbleibenden Schilddrüsenrestes wird durch das Ausmaß der regressivknotigen Veränderungen beeinflusst, wobei normales Gewebe weitgehend belassen wird. Nach Freilegung der Schilddrüse werden die oberen Polgefäße mit der A. thyreoidea superior und die laterale Schilddrüsenvene (Kocher-Vene) dargestellt und durchtrennt, ebenso die unteren Polgefäße. Die von lateral an die Schilddrüse heranziehende A. thyreoidea inferior wird in der Regel nicht durchtrennt. Sie kann entweder schilddrüsenfern ligiert werden oder ihre Äste werden bei der Resektion durch Naht versorgt. Die subtotale Schilddrüsenresektion kommt vor allem bei der euthyreoten Struma multinodosa zur Anwendung. Als ausgedehnt subtotale Resektion (near-total thyroidectomy) wird die weitestgehende Resektion des Schilddrüsengewebes unter Belassung eines kleinen 2 bis maximal 5 g schweren Restes pro Lappen bezeichnet. Hierbei muss die Schilddrüse auch in ihren dorsalen Anteilen mobilisiert werden, weshalb die Identifizierung des N. recurrens und der Epithelkörperchen obligat ist. Die Hauptindikation stellt die Immunhyperthyreose (Morbus Basedow) dar. Befundabhängig kommt dieses Verfahren auch bei der multifokalen Autonomie zur Anwendung.
Hemithyreoidektomie (Lobektomie)
Hemithyreoidektomie (Lobektomie)
Entfernung eines Schilddrüsenlappens meist einschließlich des Isthmus (Darstellung des N. recurrens und der Epithelkörperchen obligat). Indikationen sind der malignitätsverdächtige kalte Knoten und die unifokale Autonomie. Totale Thyreoidektomie
Ein Schilddrüsenlappen wird (in der Regel unter Mitnahme des Isthmus) vollständig entfernt, wobei die Darstellung des N. recurrens und der Epithelkörperchen obligat ist. Dieser Eingriff kommt beim malignitätsverdächtigen kalten Knoten oder der unifokalen Autonomie zum Einsatz.
Entfernung beider Schilddrüsenlappen einschließlich Isthmus (Darstellung des N. recurrens und der Epithelkörperchen
Die vollständige Entfernung beider Schilddrüsenlappen erfolgt unter Mitnahme des Isthmus und evtl. vorhandener Lobus-pyramidalis-Anteile (Darstellung des N. recurrens und der Nebenschilddrüsen ist obligat). Hauptindi-
Totale Thyreoidektomie
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16.1.4 Therapie
1 B-16.14
Totale Thyreoidektomie ThyreoidektomiePräparat einer 40-jährigen Frau mit jodinduzierter thyreotoxischer Krise bei multifokaler Autonomie.
kation ist das Schilddrüsenkarzinom ( 1 B-16.14). Aufgrund pathophysiologischer Überlegungen (vollständige Entfernung des immunogenen Gewebes) wird dieser Eingriff auch zunehmend beim Morbus Basedow durchgeführt. Bei der Struma multinodosa kann eine Indikation bei vollständig knotigem Umbau des Organs bestehen.
obligat). Hauptindikation ist das Schilddrüsenkarzinom ( 1 B-16.14), zunehmend auch der Morbus Basedow, seltener eine Struma multinodosa.
Knotenresektion (Enukleationsresektion)
Knotenresektion (Enukleationsresektion) Entfernung eines solitären Knotens mit einem Saum gesunden Schilddrüsengewebes. Indikationen: unifokale Autonomie, solitäres Adenom, solitärer kalter Knoten.
Hierbei wird ein solitärer Knoten (z.B. ein Adenom) mit einem Saum gesunden Schilddrüsengewebes entfernt. Der Begriff der Enukleation wird heute vermieden, da hiermit leicht das früher übliche Ausschälen eines Knotens assoziiert wird. Indikationen sind die unifokale Autonomie, das solitäre Adenom oder der solitäre kalte Knoten. Beim malignomverdächtigen kalten Knoten kann auch primär eine Hemithyreoidektomie indiziert sein.
Lymphadenektomie
Lymphadenektomie
Man unterscheidet ein zentrales (mediales), ein laterales und ein mediastinales Kompartment ( 1 B-16.15 a). Das zentrale Kompartment liegt zwischen Trachea und A. carotis, das laterale zwischen A. carotis und dem M. trapezius. Das mediastinale Kompartment ist partiell von zervikal, vollständig nur durch Sternotomie zugänglich. Das Ausmaß der Lymphadenektomie wird durch den Befund und die histologische Diagnose mitbestimmt. Bei der selektiven Lymphadenektomie werden nur Teile eines Kompartments oder nur makroskopisch suspekte Lymphknoten entfernt. Heute wird zunehmend die systematische Lymphadenektomie durchgeführt, bei der das Lymph- und Bindegewebe eines oder mehrerer Kompartments komplett entfernt wird. Die Ausräumung des medialen und lateralen Kompartments entspricht der sog. funktionellen Neck dissection. Die Schnittführung ist in 1 B-16.15 b dargestellt. Ist die Karzinomdiagnose prä- oder intraoperativ gesichert, sollte das zentrale Kompartment primär mit ausgeräumt werden, um so Verletzungen der hier gelegenen Strukturen (N. recurrens, Nebenschilddrüsen) bei späteren Eingriffen zu vermeiden. Besondere Bedeutung hat die Lymphadenektomie in der Behandlung des medullären Schilddrüsenkarzinoms, da hier eine Heilung nur durch chirurgische Maßnahmen möglich ist ( 1 B-16.15 c).
Man unterscheidet ein zentrales (mediales), laterales und mediastinales Kompartment ( 1 B-16.15 a).
Bei der selektiven Lymphadenektomie werden nur einzelne Lymphknoten(gruppen) entfernt. Bei der systematischen Lymphadenektomie erfolgt die komplette Ausräumung eines oder mehrerer Kompartments. Die Ausräumung des medialen und lateralen Kompartments entspricht der funktionellen Neck dissection (Schnittführung, s. 1 B-16.15 b). Bei gesichertem Karzinom erfolgt primär die Ausräumung des zentralen Kompartments. Hohen Stellenwert hat die Lymphadenektomie beim medullären Schilddrüsenkarzinom ( 1 B-16.15 c).
Sternotomie
Sternotomie
Eine partielle oder komplette Sternotomie ist bei Schilddrüsenoperationen selten erforderlich. Auch ausgedehnte retrosternale Strumen lassen sich fast immer vom Hals aus entfernen. Ausnahmen sind die seltenen, echten intrathorakalen Strumen, die eine vom Hals unabhängige thorakale Gefäßversorgung haben. Auch bei weit nach kaudal reichenden Rezidivstrumen und zur Lymphadenektomie, besonders des medullären Schilddrüsenkarzinoms, kann eine Sternotomie erforderlich werden.
Eine partielle oder komplette Sternotomie ist selten erforderlich. Hauptindikationen sind: π echte intrathorakale Strumen π weit nach kaudal reichende Rezidivstrumen π mediastinale Lymphadenektomie (bei Schilddrüsenkarzinom).
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16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
1 B-16.15
Synopsis Lymphadenektomie beim Schilddrüsenkarzinom
2
1 3
6
7
Lymphknotengruppen
4 8
5
8
1 2 3 4 5 6 7 8
Kompartmenteinteilung
submentale LK submandibuläre LK kranial-juguläre LK medial-juguläre LK kaudal-juguläre LK dorsal-zervikale LK supraklavikuläre LK prä- und paratracheale und prälaryngeale LK
zentrales Kompartment: LK-Gruppen 1, 2 und 8 laterales Kompartment: LK-Gruppen 3–7 mediastinales Kompartment: retrosternal gelegen, kaudal der Gruppe 8, nicht abgebildet
a Schema der zervikalen Lymphknoten (LK) und ihre Einteilung in Kompartments.
Larynx Plexus brachialis N. vagus
V. jugularis interna
N. phrenicus
Trachea
A. carotis V. brachiocephalica sinistra Aortenbogen b Zugang zur Lymphadenektomie (Neck dissection).
c Situs nach abgeschlossener sog. Vierkompartmentlymphadenektomie bei einem lymphogen metastasierten medullären Schilddrüsenkarzinom. Es handelt sich um ein 14-jähriges Mädchen mit einem MEN-II-B-Syndrom. Sämtliche nervalen und vaskulären Strukturen des Halses und des vorderen Mediastinums sind freigelegt, die rechte V. jugularis interna ist wegen Tumorinfiltration reseziert.
Medikamentöse Therapie
Medikamentöse Therapie
Thyroxin
Thyroxin
Suppressionstherapie: Unterdrückung der TSH-Ausschüttung durch Thyroxin bei Struma diffusa, Rezidivprophylaxe und Nachbehandlung von Schilddrüsenkarzinomen. Substitutionstherapie: Zur Therapie der Hypothyreose. Die Anfangsdosis zur Substitution bzw. Rezidivprophylaxe liegt bei 100 m g/Tag, im Verlauf erfolgt eine
Die externe Zugabe von Thyroxin (T4) führt zur Suppression der hypophysären TSH-Sekretion. Damit fällt die Wachstumsstimulation der TSH-abhängigen Zellen in der Schilddrüse weg (Suppressionstherapie). Indikationen sind die konservative Therapie der Struma diffusa, die Rezidivprophylaxe nach Strumaoperation sowie die Nachbehandlung der differenzierten Schilddrüsenkarzinome. Jede Form der Hypothyreose wird ebenfalls durch Einnahme von Thyroxin behandelt (Substitutionstherapie). Die Dosierung richtet sich nach der Indikation und dem Funktionszustand. Die Anfangsdosis zur Substitution bzw. Rezidivprophylaxe liegt bei
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16.1.4 Therapie 100 mg/Tag, eine Dosisanpassung im Verlauf erfolgt in Abhängigkeit vom TSH-Spiegel. Bei den Schilddrüsenkarzinomen wird durch Thyroxindosen von bis 250 mg/Tag eine vollständige TSH-Suppression angestrebt. Ausgenommen hiervon ist das medulläre Karzinom, da es kein TSH-abhängiges Wachstum zeigt.
vom TSH-Spiegel abhängige Dosisanpassung. Beim Schilddrüsenkarzinom werden Thyroxindosen bis 250 m g/Tag zur vollständigen TSH-Supprimierung verabreicht (Ausnahme: medulläres Karzinom).
Jodid
Jodid
Die heute gültigen pathophysiologischen Vorstellungen zum Strumawachstum und zur Entwicklung der thyreoidalen Autonomie weisen dem chronischen Jodmangel auch außerhalb der klassischen Endemiegebiete eine wichtige Rolle zu. Folglich hat sich zunehmend die Therapie mit Jodid allein oder in Kombination mit Thyroxin sowohl zur konservativen Strumatherapie als auch zur postoperativen Rezidivprophylaxe etabliert. Die Dosierung liegt zwischen 100–300 mg Jodid/Tag.
Da der chronische Jodmangel ursächlich an Strumawachstum und der Entwicklung der thyreoidalen Autonomie beteiligt ist, wird Jodid zur konservativen Strumatherapie und Rezidivprophylaxe in einer Dosierung zwischen 100–300 m g/Tag eingesetzt.
Thyreostatika
Thyreostatika
Diese antithyreoidal wirksamen Substanzen blockieren entweder die Hormonsynthese oder -freisetzung oder die periphere Konversion von T4 zu T3. Therapeutisch kommen in erster Linie Synthesehemmer und zwar die Thioharnstoffderivate Thiamazol, Carbimazol und Propylthiouracil zur Anwendung. Indikationen sind die immunogene und autonome Hyperthyreose. Bei gegebener Operationsindikation werden sie zur präoperativen Normalisierung des Stoffwechsels eingesetzt. Da nur die Synthese, nicht aber die Freisetzung der Hormone gehemmt wird, können bis zum Erreichen der Euthyreose mehrere Wochen vergehen. Nebenwirkungen betreffen hauptsächlich Hautreaktionen und gastrointestinale Symptome. Selten tritt eine Knochenmarksdepression bis hin zur Agranulozytose auf. Nur in speziellen Situationen, z.B. der Therapie der thyreotoxischen Krise muss auf andere Thyreostatika zurückgegriffen werden. Die Jodaufnahme kann durch hohe Joddosen und Perchlorat gehemmt werden, die Hormonfreisetzung aus der Schilddrüse durch hohe Joddosen und Lithium.
Wichtigste Gruppe sind die Synthesehemmer (Thiamazol, Carbimazol, Propylthiouracil). Indikationen sind die immunogene und autonome Hyperthyreose, aber auch die präoperative Normalisierung des Stoffwechsels. Nebenwirkungen sind u.a. Hautreaktionen und gastrointestinale Symptome, selten eine Knochenmarksdepression (Agranulozytose). Die Jodaufnahme kann durch hohe Joddosen und Perchlorat gehemmt werden, die Hormonfreisetzung aus der Schilddrüse durch hohe Joddosen und Lithium.
Andere Medikamente
Andere Medikamente
b -Blocker blockieren die Konversion von T4 zu T3 und dämpfen die adrenerge Hyperthyreosesymptomatik. Kortikosteroide werden bei der Behandlung von Autoimmunthyreoitiden und des Morbus Basedow eingesetzt.
b -Blocker werden bei der Hyperthy-
Radiojodtherapie
Radiojodtherapie
Das Prinzip der Radiojodtherapie besteht in einer inneren lokalen Bestrahlung durch die Einlagerung von radioaktivem Jod-131 in Schilddrüsengewebe. Jod-131 wird ebenso wie das in der Nahrung enthaltene Jod über den Gastrointestinaltrakt resorbiert und selektiv in der Schilddrüse konzentriert. Die therapeutische Wirkung beruht überwiegend (> 90 %) auf der b-Strahlung, die im Gewebe eine maximale Reichweite von 3 mm hat. Extrathyreoidales Gewebe oder nicht speicherndes Schilddrüsengewebe wird daher weitgehend geschont. Die ebenfalls emittierte g-Strahlung lässt sich im Gegensatz zur b-Strahlung über externe Gamma-Kameras gut messen und abbilden. Indikationen sind die Behandlung von Hyperthyreosen (funktionelle Autonomie, Morbus Basedow) und die Therapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms. Letztere erfolgt adjuvant nach Thyreoidektomie oder therapeutisch beim Auftreten von jodspeichernden Rezidiven oder Fernmetastasen.
Das Prinzip besteht in einer inneren lokalen Bestrahlung. Radioaktives Jod-131 wird in Schilddrüsengewebe angereichert. Die therapeutische Wirkung beruht in > 90 % auf b -Strahlung mit einer maximalen Reichweite von 3 mm im Gewebe. Die g -Strahlung lässt sich über externe Gamma-Kameras messen und abbilden. Indikationen sind die Behandlung von Hyperthyreosen (funktionelle Autonomie, Morbus Basedow) und die adjuvante oder therapeutische Behandlung beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom.
reose, Kortikosteroide bei der Behandlung von Autoimmunthyreoitiden und des Morbus Basedow eingesetzt.
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16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
Andere Therapieformen
Andere Therapieformen
Die perkutane Strahlentherapie wird als palliative Therapie des undifferenzierten Schilddrüsenkarzinoms eingesetzt.
Die perkutane Strahlentherapie spielt lediglich bei der palliativen Therapie des undifferenzierten Schilddrüsenkarzinoms eine Rolle, da bei diesen Patienten das rasche Tumorwachstum durch eine externe Bestrahlung teilweise kontrolliert werden kann. Auch die Chemotherapie kommt in erster Linie bei den undifferenzierten Schilddrüsenkarzinomen und den rasch wachsenden seltenen Schilddrüsensarkomen zum Einsatz.
Die Chemotherapie kommt bei undifferenzierten Schilddrüsenkarzinomen und Schilddrüsensarkomen zum Einsatz.
Klinischer Fall Eine 35-jährige Frau klagt rezidivierend über Unruhe und Nervosität sowie ein Druckgefühl an der linken Halsseite. Bei der klinischen Untersuchung tastet man einen etwa 3 cm großen, gut verschieblichen Knoten im Bereich des linken Schilddrüsenlappens. Sonographisch ist das übrige Schilddrüsenparenchym unauffällig. Im Szintigramm findet sich eine vermehrte Aktivitätsanreicherung des Knotens mit abgeschwächtem Speicherverhalten der übrigen Schilddrüse (autonomes Adenom mit beginnender szintigraphischer Dekompensation). Laborchemisch fällt eine latente Hyperthyreose mit suppri-
mierten TSH-Werten bei noch normalen peripheren Schilddrüsenwerten auf. Nach Diskussion einer alternativ möglichen Radiojodtherapie fällt die Entscheidung zur Operation. Intraoperativ wird der größere Teil des linken Schilddrüsenlappens durch den gut abgekapselten Knoten eingenommen. Es wird eine subtotale Resektion des linken Lappens durchgeführt, die histologische Aufarbeitung zeigt keinen Hinweis auf Malignität. Die Patientin ist in der Nachsorge beschwerdefrei bei euthyreoter Stoffwechsellage, eine Jodidprophylaxe wird empfohlen.
16.2
Nebenschilddrüsen
16.2.1 Anatomie und Physiologie
16.2.1
Anatomie und Physiologie
Die Nebenschilddrüsen oder Epithelkörperchen liegen dorsal der Schilddrüse zwischen den beiden Blättern der Schilddrüsenkapsel. Meist sind auf jeder Seite 2 der 3–5 mm großen Drüsen vorhanden.
Die auch als Epithelkörperchen bezeichneten Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyreoideae) liegen dorsal der Schilddrüse zwischen den beiden Blättern der Schilddrüsenkapsel. In der Regel finden sich auf jeder Seite 2 flachovale, bräunlich gelbe Drüsen, die im längsten Durchmesser zwischen 3–5 mm messen.
16.2
Nebenschilddrüsen
Merke
Die oberen Nebenschilddrüsen (aus der 4. Schlundtasche) finden sich relativ konstant oberhalb der Kreuzungsstelle zwischen N. recurrens und A. thyreoidea inferior ( 1 B-16.16). Die unteren Nebenschilddrüsen (aus der 3. Schlundtasche) liegen dorsal des unteren Schilddrüsenpols. Relativ häufig sind dystope Lokalisationen: Thymus, Mediastinum, oberer Schilddrüsenpol. Andere Lagevarianten sind seltener. In 10–15 % sind mehr oder weniger als 4 Drüsen angelegt. Histologisch finden sich kompakte Epithelzellmassen und Fettzellen. Die Nebenschilddrüsen sezernieren das Parathormon (PTH), dessen Ausschüttung durch niedrige Serumkalziumwerte stimuliert und durch hohe Werte supprimiert wird.
n Merke. Aus entwicklungsgeschichtlichen Gründen können Anzahl und Lage der Nebenschilddrüsen erheblich variieren. Der Chirurg muss diese Zusammenhänge kennen, um dystope Nebenschilddrüsen lokalisieren zu können.
Leitstrukturen zur Lokalisation der Nebenschilddrüsen sind die A. thyreoidea inferior und der N. recurrens ( 1 B-16.16). Die oberen Nebenschilddrüsen stammen aus der 4. Schlundtasche. Sie finden sich relativ konstant etwa in Mitte des Schilddrüsenlappens oberhalb der Kreuzungsstelle zwischen Arterie und Nerv. Die Lage der unteren Nebenschilddrüsen ist variabler. Sie wandern, aus der 3. Schlundtasche stammend, gemeinsam mit dem Thymus kaudalwärts zum unteren Schilddrüsenpol. Sie können aber auch in der Thymuszunge, im vorderen Mediastinum oder, bei inkompletter Wanderung, am oberen Schilddrüsenpol (und damit kranial der oberen Nebenschilddrüsen) gelegen sein. Deutlich seltener werden Nebenschilddrüsen retroösophageal, intrathyreoidal, in der Karotisscheide oder intrathorakal gefunden. In 10–15 % der Fälle finden sich nicht 4 Drüsen angelegt, sondern mehr (meist 5) oder ganz selten weniger (meist 3). Histologisch finden sich kompakte Epithelzellmassen. Mit zunehmendem Lebensalter steigt der Anteil der Fettzellen, der bis zu 80 % ausmachen kann. Die Nebenschilddrüsen sind der einzige Produktionsort des Parathormons (PTH), das wesentlich an der Aufrechterhaltung der Kalziumhomöostase beteiligt ist. Durch niedrige Serumkalziumwerte wird die PTH-Ausschüttung stimuliert, während unter physiologischen Bedingungen die PTH-Sekretion durch hohe Serumkalziumwerte supprimiert wird.
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16.2.1 Anatomie und Physiologie
1 B-16.16
679
Synopsis Anatomie der Nebenschilddrüsen A. carotis externa
Os hyoideum A. thyreoidea superior A. carotis communis Cartilago thyreoidea obere Nebenschilddrüse Cartilago cricoidea N. vagus A. thyreoidea inferior untere Nebenschilddrüse N. laryngeus recurrens A. subclavia
Parathormon steigert die Kalziumkonzentration im Serum auf 3 Wegen: durch Zunahme der intestinalen Aufnahme, der renalen Rückresorption und der Mobilisation aus dem Knochen ( 1 B-16.17).
1 B-16.17
Parathormon steigert die Kalziumkonzentration im Serum über Darm, Niere und Knochen ( 1 B-16.17).
Synopsis Wirkungsmechanismen des Parathormons
Nebenschilddrüsen 1 PTH
Niere
2
Vitamin D
Darm 4
3
Knochen
6
5
++
Ca -Spiegel
1: Die Nebenschilddrüsen produzieren Parathormon (PTH), das über den Blutweg seine Zielorgane erreicht. 2: An der Niere führt das PTH am proximalen Tubulus zu einer enzymatisch vermittelten Steigerung der Synthese des biologisch aktiven Vitamin-D-Metaboliten (1,25-Dehydroxycholecalciferol). 3: Am distalen Tubulus führt PTH zu einer gesteigerten Kalziumrückresorption und vermehrten Phosphat- und Bikarbonatausscheidung. 4: Die PTH-Wirkung am Darm erfolgt indirekt über die vermehrte renale Vitamin-D-Synthese mit konsekutiver Steigerung der intestinalen Kalziumresorption. 5: Am Knochen führt PTH zur Freisetzung von Kalzium (durch Aktivierung der Osteoklasten). 6: Der Serumkalziumspiegel steuert die Parathormonsekretion über einen Rückkopplungsmechanismus.
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680 16.2.2 Erkrankungen der Nebenschilddrüsen Die Überfunktion wird als Hyperparathyreoidismus (HPT), die Unterfunktion als Hypoparathyreoidismus bezeichnet.
Primärer Hyperparathyreoidismus Definition
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen 16.2.2
Erkrankungen der Nebenschilddrüsen
Erkrankungen der Nebenschilddrüsen bewirken hormonell vermittelte Stoffwechselstörungen. Die Überfunktion wird als Hyperparathyreoidismus (HPT) bezeichnet, eine fehlende oder zu niedrige Hormonsekretion als Hypoparathyreoidismus.
Primärer Hyperparathyreoidismus n Definition. Als primärer Hyperparathyreoidismus wird eine von den Nebenschilddrüsen ausgehende Überfunktionsstörung bezeichnet. Ursächlich kann ein Adenom oder eine Hyperplasie des Drüsengewebes vorliegen, in seltenen Fällen auch ein Karzinom.
Ätiologie. Sie ist unbekannt, in 10 % liegt eine erbliche Disposition vor (MEN-Syndrom). Ursache der sporadischen Form (90 %) ist meist ein solitäres Adenom. Frauen sind doppelt so oft betroffen wie Männer. Die Inzidenz erreicht ihr Maximum zwischen dem 60.–70. Lebensjahr.
Ätiologie. Die Ätiologie des primären HPT ist unbekannt. In 10 % der Fälle
Pathophysiologie. Durch Fehlsteuerung des Regelkreises bleibt bei Überschreiten der normalen Serumkalziumkonzentration die Unterdrückung der Parathormonsekretion aus. Dadurch kommt es zur gesteigerten renalen und intestinalen Kalziumaufnahme, zur vermehrten Mobilisation des im Knochen gebundenen Kalziums und zur Steigerung der renalen Phosphat- und Bikarbonatausscheidung. Folgen sind: Hyperkalzämie, Hypophosphatämie und metabolische Azidose; Hyperphosphaturie, Hyperkalziurie und Alkalisierung des Urins.
Pathophysiologie. Es kommt zur Fehlsteuerung des Regelkreises. Das
Symptome. Die klinische Symptomatik (»Stein, Bein und Magenpein«) ist Resultat der gesteigerten Parathormonwirkung ( 1 B-16.18).
Symptome. Die klinische Symptomatik wird in ihrer klassischen Ausprä-
Am Harnwegssystem treten Nephrolithiasis, Harnwegsinfekte und Parenchymverkalkungen der Niere (Nephrokalzinose) auf. Am Skelettsystem entstehen Knochenentkalkung, Knochenzysten, Schmerzen und pathologische Frakturen (Osteitis fibrosa cystica Recklinghausen); andererseits Weichteilund Knorpelverkalkungen mit Gelenkschmerzen. Im Gastrointestinaltrakt können Pankreatitiden, peptische Ulzera, Übelkeit, Völlegefühl und Obstipationsneigung auftreten.
Neurologische Störungen reichen von Verwirrtheit bis zum Koma und zentral
liegt eine erbliche Disposition vor, meist im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN, s. S. 683). Bei diesen Patienten finden sich gehäuft Hyperplasien der Nebenschilddrüsen oder multiple Adenome. Bei den übrigen 90 % liegt eine sporadische Erkrankung vor, überwiegend hervorgerufen durch ein solitäres Adenom. Frauen sind doppelt so oft betroffen wie Männer. Die Inzidenz nimmt mit dem Lebensalter zu und erreicht ihr Maximum zwischen dem 60.–70. Lebensjahr.
Gleichgewicht ist in Richtung auf pathologisch erhöhte Kalziumwerte verschoben, die Unterdrückung der Parathormonsekretion bei Überschreiten der normalen Serumkalziumkonzentration bleibt aus. Dies hat eine vermehrte renale Kalziumrückresorption zur Folge, durch die gesteigerte Vitamin-D-Aktivierung indirekt auch eine vermehrte intestinale Kalziumresorption sowie eine Mobilisation des im Knochen gebundenen Kalziums. Weiterhin nimmt die renale Phosphat- und Bikarbonatausscheidung zu. Es kommt zur Hyperkalzämie, Hypophosphatämie und metabolischen Azidose. Analog findet sich eine Hyperphosphaturie und Alkalisierung des Urins. Aufgrund der hohen Serumkalziumkonzentration kommt es trotz gesteigerter renaler Kalziumrückresorption auch zur Hyperkalziurie.
gung durch die Attribute »Stein, Bein und Magenpein« (im angelsächsischen Sprachraum: »Bones, stones, abdominal groans, and psychic moans«) beschrieben. Sie lässt sich teilweise unmittelbar aus der gesteigerten Parathormonaktivität ableiten ( 1 B-16.18). Es kommt zur Steinbildung in den ableitenden Harnwegen (Nephrolithiasis) mit rezidivierenden Koliken durch Steinabgänge und einer erhöhten Inzidenz von Harnwegsinfekten. Seltener findet sich eine Verkalkung des Nierenparenchyms (Nephrokalzinose). Die gesteigerte Kalziummobilisation bewirkt eine Entkalkung des Knochens mit Abnahme der Knochendichte und Ausbildung von Knochenzysten, es können Knochenschmerzen und pathologische Frakturen auftreten. Das heute selten in seiner vollen Ausprägung zu sehende Krankheitsbild wird als Osteitis fibrosa cystica Recklinghausen bezeichnet. Auf der anderen Seite werden Weichteil- und Knorpelverkalkungen (Chondrokalzinose) mit Gelenkschmerzen (Pseudogicht) beobachtet. Weitere Symptome betreffen den Gastrointestinaltrakt. Neben unspezifischen abdominellen Symptomen wie Übelkeit, Völlegefühl und Obstipationsneigung wird eine erhöhte Inzidenz von Pankreatitiden und peptischen Ulzera beobachtet. Der kausale Zusammenhang ist nicht völlig geklärt, evtl. führt die Hyperkalzämie über eine Gastrinstimulation zur vermehrten Säuresekretion. Extrem hohe Kalziumwerte können neurologische Störungen mit Verwirrtheitszuständen bis hin zum Koma und zentral ausgelöstem Erbrechen
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681
16.2.2 Erkrankungen der Nebenschilddrüsen
1 B-16.18
Synopsis Pathophysiologie und Symptome des Hyperparathyreoidismus
Nebenschilddrüsen
Parathormon (PTH)
Niere – Knochen – Darm
Serum-Ca++ Urin-Ca++ Serumphosphat Urinphosphat Serum-pH Urin-pH
Niere • Nephrokalzinose • Nephrolithiasis • Harnwegsinfekte
Knochen • Entkalkung, Atrophie • Osteitis fibrosa cystica • Knochen- und Gelenkschmerzen • pathologische Frakturen • Weichteilverkalkungen
Verdauungstrakt • Übelkeit • Erbrechen • Bauchschmerzen • Ulzera • Pankreatitis
verursachen. Zusammen mit der schweren Dehydratation charakterisieren diese Symptome die sog. hyperkalzämische Krise, ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, das intensivmedizinische Behandlung erfordert. Psychische Veränderungen äußern sich in Antriebsarmut, Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen und depressiven Verstimmungen, können aber auch das Vollbild einer Psychose bieten. Durch die routinemäßig durchgeführte Labordiagnostik wird eine Hyperkalzämie vermehrt bei asymptomatischen Patienten diagnostiziert. In anderen Fällen besteht als einziges klinisches Symptom eine Nephrolithiasis oder ein depressives Syndrom. In jedem Fall muss eine differenzialdiagnostische Abklärung der Hyperkalzämie erfolgen ( 2 B-16.3).
Diagnose und Therapie. Die Laboruntersuchung (Blut und Urin) stellt das
entscheidende Diagnostikum dar. Bestätigt sich der Verdacht des primären HPT muss eine Lokalisationsdiagnostik angeschlossen werden (vgl. S. 685). Therapie der Wahl ist die operative Resektion des Adenoms (vgl. S. 687). In seltenen Fällen wird alternativ eine konservative Therapie (interventionell radiologische Technik) durchgeführt (vgl. S. 690).
ZNS • Übelkeit, Erbrechen • Somnolenz, Koma • Konzentrationsstörungen • Antriebsarmut • depressives Syndrom
ausgelöstem Erbrechen. Zusammen mit der schweren Dehydratation charakterisieren diese Symptome die hyperkalzämische Krise (lebensbedrohliches Krankheitsbild). Psychische Veränderungen sind Antriebsarmut, Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen, Depressionen bis hin zur Psychose. Asymptomatische und monosymptomatische Verläufe kommen vor. Eine laborchemisch nachgewiesene Hyperkalzämie muss differenzialdiagnostisch abgeklärt werden ( 2 B-16.3). Diagnose und Therapie. Die Laboruntersuchung (Blut und Urin) sichert die Diagnose. Therapie der Wahl ist die Adenomresektion.
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682
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
2 B-16.3
Differenzialdiagnose der Hyperkalzämie
N Hyperparathyreoidismus n π primär π tertiär
N paraneoplastisches Syndrom n π durch parathormonähnliches Peptid (Nieren-, Mamma- und Lungentumoren) N vermehrte Osteolyse n π Knochenmetastasen π hämatologische Neoplasien π Hyperthyreose π Immobilisation N übermäßige intestinale Kalziumresorption n π Vitamin-D-Intoxikation π Sarkoidose π Milch-Alkali-Syndrom N Nebennierenrindeninsuffizienz n N Vitamin-A-Intoxikation n N unter Thiaziddiuretikatherapie n N Fehlbestimmung n π abnahmebedingt (zu langes Stauen bei Blutabnahme)
Sekundärer Hyperparathyreoidismus Definition
Sekundärer Hyperparathyreoidismus n Definition. Beim sekundären oder reaktiven Hyperparathyreoidismus (HPT) liegt keine primäre Erkrankung der Nebenschilddrüsen vor. Eine durch chronischen Vitamin-D-Mangel und Hypokalzämie verursachte permanente Stimulation führt zur Überfunktionsstörung.
Ätiologie. Der sekundäre HPT ist meist Folge einer chronischen Hypokalzämie bei Niereninsuffizienz (renaler HPT).
Ätiologie. Beim sekundären HPT steht die Hypokalzämie als Folge einer
Pathophysiologie. In der Regel liegt eine Hyperplasie aller Nebenschilddrüsen vor. Bei Entwicklung einer Autonomie kommt es zur Hyperkalzämie (tertiärer HPT).
Pathophysiologie. Beim sekundären HPT liegt meist eine Hyperplasie aller Nebenschilddrüsen vor. Bei langjährigem Verlauf kann sich eine Autonomie entwickeln, wodurch die Hypokalzämie in eine Hyperkalzämie umschlägt. Die hyperkalzämische Form des sekundären HPT wird auch als tertiärer HPT bezeichnet.
Symptome. Bei der klinischen Symptomatik ist vor allem das Skelettsystem betroffen, zusätzlich bei Hyperkalzämie neurologisch-psychiatrische Störungen.
Symptome. Bei der klinischen Symptomatik stehen Knochen- und Gelenkschmerzen im Vordergrund und es können ausgeprägte Weichteilverkalkungen auftreten. Gelegentlich kommt es zu Spontanfrakturen. Bei Entwicklung einer Hyperkalzämie können neurologische und psychiatrische Störungen hinzukommen.
Diagnose und Therapie. Die Diagnose wird laborchemisch gestellt. Die Therapie ist primär konservativ und richtet sich nach der Ursache.
Diagnose und Therapie. Die Diagnose wird auch hier laborchemisch gestellt. Die Therapie ist primär konservativ und richtet sich nach der Ursache (renal oder intestinal bedingter sekundärer HPT). Versagt die konservative Therapie muss der operative Eingriff in Form einer subtotalen Parathyreoidektomie oder einer totalen Parathyreoidektomie mit Autotransplantation erwogen werden (vgl. S. 688ff.).
chronischen Niereninsuffizienz heute im Vordergrund (renaler HPT). Ein sekundärer HPT, hervorgerufen durch chronische Erkrankungen des Intestinaltrakts, der zu einer Kalziumresorptionsstörung führt (Morbus Crohn, Sprue), wird nur noch selten beobachtet.
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683
16.2.2 Erkrankungen der Nebenschilddrüsen
Klinischer Fall Eine 34-jährige Frau, die seit 10 Jahren wegen einer chronischen Glomerulonephritis an einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz leidet, klagt in den letzten Monaten zunehmend über Knochenschmerzen besonders der Beine, aber auch im Bereich des Schultergürtels. Das
1 B-16.19
Parathormon im Serum ist mit 400 pmol/l deutlich erhöht. Auf der Thoraxröntgenaufnahme ( 1 B-16.19) erkennt man ausgeprägte Weichteilverkalkungen links zervikal.
Weichteilverkalkung (Á) im Bereich der linken Halsseite bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus
MEN-Syndrome
MEN-Syndrome
n Definition. Unter einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) versteht man ein familiär gehäuft auftretendes, genetisch determiniertes Krankheitsbild, das durch die Kombination bestimmter benigner und maligner Tumoren endokriner Drüsen charakterisiert ist.
Es werden 3 Typen des MEN-Syndroms unterschieden ( 2 B-16.4). Ein Hyperparathyreoidismus (HPT) tritt fast immer bei Typ I und in 1⁄4 der Fälle bei Typ II A auf. Der Nachweis der genetisch determinierten Ätiologie ist aus mehreren Gründen wichtig. Im Gegensatz zur sporadischen Form liegen bei der familiären Form meist eine Mehrdrüsenhyperplasie oder multiple Adenome vor.
2 B-16.4
Definition
Es werden 3 Typen des MEN-Syndroms unterschieden ( 2 B-16.4). Ein Hyperparathyreoidismus kann beim Typ I und seltener beim Typ II A vorliegen. Bei der familiären Form liegen meist eine Mehrdrüsenhyperplasie oder multiple Adenome vor.
MEN-Syndrome
MEN-Typ
Synonym
Hauptmanifestation
weitere Manifestationen
N I n
Wermer-Syndrom
Nebenschilddrüse (HPT)
endokrine Pankreastumoren Hypophysenadenome
N II A (II) n
Sipple-Syndrom
Schilddrüse (medulläres Karzinom)
Nebenniere (Phäochromozytom) Nebenschilddrüse (HPT)
ubiquitäre Mukosaneurinome Schilddrüse (medulläres Karzinom)
Nebenniere (Phäochromozytom) selten Nebenschilddrüse (HPT)
N II B (III) n
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684 Wegen möglicher Komplikationen muss ein gleichzeitig vorliegendes Phäochromozytom zuerst behandelt werden (s.a. Kap. B-17.3). Medulläres Schilddrüsenkarzinom: Thyreoidektomie bei allen Patienten mit manifestem MEN-IIA- oder MEN-IIBSyndrom und Screening der Familienmitglieder ist obligat.
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen Ein gleichzeitig bestehendes Phäochromozytom muss zuerst operiert werden. Auch wenn eine klinische Symptomatik noch nicht aufgetreten ist, kann dieser Tumor zu erheblichen Komplikationen im Rahmen der Operation eines HPT oder der Schilddrüse führen (s.a. Kap. B-17.3). Das medulläre Schilddrüsenkarzinom ist ausschließlich durch chirurgische Therapie heilbar. Daher müssen alle Patienten mit einem manifesten MENIIA- oder MEN-IIB-Syndrom thyreoidektomiert werden, auch wenn das Karzinom präoperativ nicht nachgewiesen werden kann. Weiterhin müssen asymptomatische Familienmitglieder durch biochemische oder genetische Screeninguntersuchungen identifiziert werden.
Maligne Nebenschilddrüsentumoren Nebenschilddrüsenkarzinome sind selten (1–2 % aller HPT-Erkrankungen). Suspekt sind ein tastbarer, nicht verschieblicher Tumor, tastbare Lymphknotenmetastasen und der Nachweis infiltrativen Wachstums.
Maligne Nebenschilddrüsentumoren
Hypoparathyreoidismus
Hypoparathyreoidismus
Definition
Eine passagere Funktionsstörung kann nach Manipulationen bei Schilddrüsenoperationen entstehen. Nach Nebenschilddrüsenoperationen kann aus unterschiedlichen Gründen ein passagerer oder permanenter Hypoparathyreoidismus bzw. eine Hypokalzämie auftreten ( 2 B-16.5).
Symptome durch die Hypokalzämie treten akut (Tetanie) oder als chronische Schädigungsfolgen auf.
Praktischer Tipp
Karzinome der Nebenschilddrüsen sind sehr seltene Tumoren. Unter den Patienten mit einem primären HPT wird die Inzidenz auf 1–2 % geschätzt. Klinisch liegen eine Hyperkalzämie und die Symptomatik des HPT vor. Die Diagnose wird meist erst intraoperativ gestellt. Verdächtig auf ein Karzinom sind ein tastbarer, nicht verschieblicher Tumor, tastbare Lymphknotenmetastasen und intraoperativ der Nachweis infiltrativen Wachstums.
n Definition. Eine unzureichende Parathormonwirkung wird als Hypoparathyreoidismus bezeichnet. Sie manifestiert sich klinisch durch die Hypokalzämie und ist meist Folge chirurgischer Maßnahmen. Selten tritt sie angeboren (idiopathischer Hypoparathyreoidismus) oder als Folge einer peripheren Hormonresistenz (Pseudohypoparathyreoidismus) auf.
Nach Eingriffen an der Schilddrüse kann eine passagere Funktionsstörung durch intraoperative Traumatisierung oder versehentliche Entfernung einzelner Nebenschilddrüsen ausgelöst werden. Nach Operation eines primären oder sekundären HPT entsteht ein permanenter Hypoparathyreoidismus, wenn kein oder zu wenig funktionsfähiges Nebenschilddrüsengewebe in situ verbleibt, oder wenn das Autotransplant (s. S. 689) durch Infektion oder Durchblutungsstörungen verloren geht. Ein passagerer Hypoparathyreoidismus kann aus funktionellen oder chirurgischen Ursachen auftreten und wenige Tage bis mehrere Monate anhalten. Die postoperative Hypokalzämie kann u. a. auch durch die verstärkte Remineralisation des Knochens bedingt sein ( 2 B-16.5). Die als Tetanie bezeichnete akute Symptomatik reicht von leicht vermehrter neuromuskulärer Erregbarkeit bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsbildern mit Laryngospasmen und generalisierten Krämpfen. Auch die chronische Hypokalzämie führt zu Schädigungen ( 2 B-16.5). n Praktischer Tipp. Klinisch lässt sich eine Hypokalzämie durch das Chvostek-Zeichen nachweisen. Beim Beklopfen des Nervenaustrittspunktes des N. facialis vor dem Ohr und unterhalb des Jochbogens kommt es zur Kontraktion (Zucken) der Gesichtsmuskulatur. Gelegentlich lässt sich dieses Phänomen auch beim Gesunden auslösen, bei der chronischen Hypokalzämie ist es dagegen häufig negativ.
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685
16.2.3 Diagnostik
2 B-16.5
Postoperative Hypokalzämie
Ätiologie
Symptomatik
Therapie
N chirurgisch n
N akut n
N medikamentös n
π
π
π
vollständige Entfernung aller Nebenschilddrüsen (irreversibel) Funktionsstörung durch intraoperative Manipulationen (Präparation, Biopsie) (potenziell reversibel) Verlust oder Nichtfunktion des Autotransplantates
N funktionell (reversibel) n π
π
π
Suppression der verbliebenen, nicht erkrankten Nebenschilddrüsen Remineralisation des Knochens (»Hungry-bones-Syndrom«) Mangelzustände (Vitamin D, Magnesium)
16.2.3
π
gesteigerte neuromuskuläre Erregbarkeit
π
Hyperreflexie
π
erhöhter Muskeltonus
π
Parästhesien
π
tetanische Krämpfe
π
π
Substitution von Kalzium, Vitamin D, Magnesium
N chirurgisch n π
evtl. Autotransplantation von tiefgefrorenem Nebenschilddrüsengewebe
EKG-Veränderungen (QT-Verlängerung)
N chronisch n π
π
Enzephalopathie (Demenz, Psychose, depressives Syndrom) Augenveränderungen (Papillenödem, Kataraktbildung)
Diagnostik
n Merke. Aufgrund der Anamnese kann ein Hyperparathyreoidismus vermutet werden, durch Laboruntersuchungen wird die Diagnose gesichert. Die weitere, sog. Lokalisationsdiagnostik wird in der Regel erst beim persistierenden oder rezidivierenden HPT vor einem Zweiteingriff durchgeführt.
16.2.3 Diagnostik Merke
Labordiagnostik
Labordiagnostik
Im Vordergrund steht der Nachweis der Hyperkalzämie. Weitere Parameter sind die Kalziumkonzentration im Urin und der Serumphosphatspiegel. Die Bestimmung der alkalischen Phosphatase kann Hinweise auf das Ausmaß der knöchernen Beteiligung geben. Mit der Einführung des Radioimmunoassays (RIA) zur Bestimmung des intakten Parathormons steht ein verlässlicher Parameter zur Messung der Serumhormonkonzentration zur Verfügung.
Relevante Parameter sind die Kalziumkonzentrationen im Serum und Urin, der Serumphosphatspiegel und die Bestimmung der alkalischen Phosphatase. Die Serumkonzentration des intakten Parathormons wird mittels Radioimmunoassay (RIA) bestimmt.
Lokalisationsdiagnostik
Lokalisationsdiagnostik
Sonographie
Sonographie
Die Sonographie der Halsregion ist eine den Patienten nicht belastende, wenig kostenintensive Untersuchung, die bei entsprechender Erfahrung des Untersuchers eine hohe Sensitivität in der Detektion zervikal gelegener Nebenschilddrüsenadenome hat ( 1 B-16.20). Aus diesem Grund wird sie zunehmend auch als ergänzende diagnostische Maßnahme vor der Erstoperation eines Hyperparathyreoidismus durchgeführt. Manche Chirurgen setzen die Sonographie auch intraoperativ ein. Die Grenzen der sonographischen Diagnostik liegen in der nicht immer möglichen Differenzierung zwischen Nebenschilddrüsenadenomen und Schilddrüsenknoten. Eine Darstellung retrosternal gelegener Adenome ist sonographisch nicht möglich.
Bei einem erfahrenen Untersucher hat die Sonographie der Halsregion hohe Sensitivität bei der Lokalisation zervikaler Nebenschilddrüsenadenome ( 1 B-16.20).
Die Unterscheidung zwischen Nebenschilddrüsenadenomen und Schilddrüsenknoten ist nicht immer möglich, retrosternale Adenome können nicht dargestellt werden.
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686
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
1 B-16.20
Sonographische Darstellung eines Nebenschilddrüsenadenoms Ultraschallbild (Längsschnitt) einer vergrößerten linken unteren Nebenschilddrüse (solitäres Adenom bei primärem Hyperparathyreoidismus).
gerade Halsmuskulatur
linker Schilddrüsenlappen
Nebenschilddrüsenadenom
Szintigraphie
Szintigraphie
Die Szintigraphie kann zur Lokalisationsdiagnostik besonders bei vergrößerten und adenomatösen Nebenschilddrüsen beitragen. Die Subtraktionsszintigraphie erfolgt unter Verwendung zweier Radionuklide und Subtraktion der beiden Bilder. Eine Alternative stellt die Gabe eines Markers (Tc-99mSestamibi) dar, der rascher aus der Schilddrüse ausgewaschen wird und so die isolierte Darstellung der Nebenschilddrüsen erlaubt.
Die Szintigraphie kann zur Lokalisationsdiagnostik besonders bei vergrößerten und adenomatös veränderten Nebenschilddrüsen beitragen. Bei der Subtraktionsszintigraphie werden 2 Radionuklide appliziert. Ein perfusionsabhängiger Marker (z.B. Thallium-201) stellt gut perfundiertes Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsengewebe dar, während Technetium-99mPertechnetat sich lediglich im Schilddrüsengewebe anreichert. Subtrahiert man die beiden Bilder voneinander, ergibt sich eine bildliche Darstellung des Nebenschilddrüsengewebes. Der gleiche Effekt kann weniger aufwendig durch die Gabe von Technetium99m-Sestamibi, das sich ebenfalls in Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsengewebe anreichert, erzielt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Auswaschkinetik verbleibt das Radionuklid länger im Nebenschilddrüsengewebe, das dadurch isoliert dargestellt werden kann.
Computer- (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) Mit beiden Methoden ist der Nachweis vergrößerter zervikaler und mediastinaler Nebenschilddrüsen möglich.
Computer- (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT)
Angiographie
Angiographie
Durch die Arteriographie oder die Parathormonbestimmung mittels eines venösen Stufen- oder Etagenkatheters ( 1 B-16.21) ist eine Lokalisation von Nebenschilddrüsenadenomen möglich.
Nebenschilddrüsenadenome sind stark vaskularisiert und können durch eine Arteriographie dargestellt werden. Andererseits können nach Einführung eines venösen Gefäßkatheters in unterschiedlichen Gefäßabschnitten Blutproben entnommen und auf ihren Parathormongehalt untersucht werden (venöser Stufen- oder Etagenkatheter). Dies ermöglicht eine Zuordnung, auf welcher Seite und in welcher Höhe das Adenom liegt ( 1 B-16.21).
Feinnadelbiopsie
Feinnadelbiopsie
Zytologischer Nachweis von Nebenschilddrüsengewebe durch perkutane Punktion und Feinnadelbiopsie.
Zur Sicherung der Diagnose kann eine ultraschall- oder CT-gesteuerte perkutane Punktion eines fraglichen Nebenschilddrüsenadenoms durchgeführt werden. Die zytologische Aufarbeitung kann in der Regel zwischen Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsengewebe differenzieren.
Beide Schnittbildverfahren werden zur Diagnostik vergrößerter zervikaler und dystoper mediastinal gelegener Nebenschilddrüsen eingesetzt. Das MRT zeichnet sich durch guten Gewebskontrast und die Darstellungsmöglichkeit in mehreren Ebenen aus.
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687
16.2.4 Therapie
1 B-16.21
Synopsis Selektive Venenblutentnahme zur Nebenschilddrüsenadenomlokalisation
Über einen selektiv bis in die V. jugularis interna vorgeschobenen Venenkatheter werden seitengetrennt in verschiedenen Gefäßabschnitten des Halses und des oberen Mediastinums Blutproben zur Parathormonbestimmung entnommen. Deutliche Erhöhungen gegenüber dem Serummittelwert an einem Messpunkt weisen auf die Lokalisation eines Adenoms hin.
V. jugularis interna (kranialer Abschnitt)
V. jugularis interna (mittlerer Abschnitt)
V. thyreoidea media (Kocher) V. jugularis interna (kaudaler Abschnitt)
V. brachiocephalica V. brachiocephalica (Konfluensbereich) V. cava superior
16.2.4
Therapie
16.2.4 Therapie
Chirurgische Therapie
Chirurgische Therapie
Die Indikation zur chirurgischen Therapie des primären Hyperparathyreoidismus gründet sich auf Anamnese, Symptomatik und die typischen Laborbefunde. Differenzialdiagnostisch müssen andere Ursachen der Hyperkalzämie ausgeschlossen werden ( 2 B-16.3, S. 682). Auch das Vorliegen eines MEN-Syndroms (s. S. 683) muss präoperativ abgeklärt werden. Nicht eindeutig definiert ist die Operationsindikation beim asymptomatischen Hyperparathyreoidismus. Hier liegt als einziges Symptom eine Hyperkalzämie vor. Diese Konstellation wird aufgrund der routinemäßig durchgeführten Labordiagnostik und der durchschnittlich höheren Lebenserwartung zunehmend häufiger beobachtet. Wegen der möglichen Organkomplikationen der Hyperkalzämie und der hohen Heilungsrate durch die chirurgische Therapie wird die Operationsindikation in diesen Fällen zunehmend großzügiger gestellt. Während beim primären Hyperparathyreoidismus die Chirurgie eine kausale Therapie darstellt, handelt es sich beim sekundären Hyperparathyreoidismus um eine regulative Störung bei an sich gesunden Nebenschilddrüsen. Die Operation beseitigt hier lediglich das Erfolgsorgan, ohne die zugrunde liegende Erkrankung zu behandeln. Die Indikation wird entsprechend zurückhaltend gestellt. Treten ausgeprägte Symptome auf, die auf konservative Maßnahmen nicht mehr anspre-
Die Indikation zur chirurgischen Therapie des primären Hyperparathyreoidismus gründet sich auf Anamnese, Symptomatik und die typischen Laborbefunde. Auszuschließende Differenzialdiagnosen zeigt 2 B-16.3, S. 682). Beim asymptomatischen HPT wird wegen der möglichen Organkomplikationen der Hyperkalzämie und der hohen Heilungsrate durch die chirurgische Therapie die Operationsindikation zunehmend großzügiger gestellt. Beim sekundären HPT stellt die Chirurgie keine kausale Therapie dar. Die Operation beseitigt lediglich das Erfolgsorgan der regulativen Störung. Eine Operationsindikation besteht bei ausgeprägter Symptomatik und Entwicklung einer Autonomie.
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Ziel der chirurgischen Therapie ist die Normalisierung der Parathormonsekretion durch Entfernung eines Adenoms oder Reduktion hyperplastischen Drüsengewebes. Operationsablauf: Zunächst erfolgt die Exploration der typischen Lokalisationen der Nebenschilddrüsen ( 1 B-16.22). Eine atraumatische und bluttrockene Operationstechnik ist Bedingung!
16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen chen, muss, besonders wenn es bereits zur Autonomie mit Hyperkalzämie gekommen ist, die Operation erwogen werden. Das Ziel der chirurgischen Therapie ist die Normalisierung der Parathormonsekretion. Beim solitären Adenom wird dies durch die Entfernung der adenomatös veränderten Drüse erreicht. Bei der Hyperplasie aller Epithelkörperchen muss der Chirurg eine Reduktion des Drüsengewebes auf ein funktionell normales Maß vornehmen. Der Operationsablauf beginnt mit der Mobilisation des Schilddrüsenlappens, in der Regel unter Durchtrennung der Kocher-Vene (Vena thyreoidea media) und der oberen Polgefäße. Unter Darstellung des N. recurrens und der A. thyreoidea inferior werden zunächst die typischen Lokalisationen der Nebenschilddrüsen an der Schilddrüsenhinterfläche exploriert ( 1 B-16.22). Hierbei ist absolut atraumatisches und bluttrockenes Operieren Bedingung!
1 B-16.22
Synopsis Chirurgische Exploration der Nebenschilddrüsen
Nach Mobilisation des Schilddrüsenlappens wird unter Darstellung des N. recurrens und der A. thyreoidea inferior die dorsale Region der Schilddrüse mit den Nebenschilddrüsen exploriert und das Adenom entfernt.
obere Nebenschilddrüse
N. recurrens
A. thyreoidea inferior
Adenom der unteren Nebenschilddrüse
Beim primären HPT wird ein Adenom entfernt, eine Mehrdrüsenerkrankung (Doppeladenome, Hyperplasie aller Drüsen) muss ausgeschlossen werden (durch Schnellschnitt bzw. PTHSchnelltest). Alternativ kann eine Adenomentfernung als minimal-invasive Parathyreoidektomie erfolgen, die jedoch eine intensivere prä- und intraoperative Lokalisations- und Funktionsdiagnostik erfordert. Beim sekundären HPT ist von einer Hyperplasie aller Drüsen auszugehen, die daher alle darzustellen sind. Zur Aufrechterhaltung der normalen Hormonsekretion kann eine subtotale Parathyreoidektomie oder alternativ eine totale Parathyreoidektomie mit Autotransplantation ( 1 B-16.23) durchgeführt werden.
Findet sich beim primären HPT eine adenomatös veränderte Drüse, wird sie entfernt und die Diagnose durch intraoperative Schnellschnittbiopsie bestätigt. Eine Mehrdrüsenerkrankung (Doppeladenome, Hyperplasie aller Drüsen) muss durch die makroskopische Beurteilung der übrigen Drüsen und ggf. weitere Biopsien ausgeschlossen werden. Hilfreich ist auch die intraoperative Parathormonbestimmung, die durch einen Schnelltest den Erfolg der Operation bestätigen kann. Durch einen verkleinerten Zugangsweg kann eine solitäres Adenom direkt entfernt werden (sog. minimal-invasive Parathyreoidektomie). Dies erfordert allerdings einen erheblichen Mehraufwand an prä- und intraoperativer Lokalisations- und Funktionsdiagnostik, um begleitende Schilddrüsenerkrankungen und eine Mehrdrüsenerkrankung auszuschließen. Beim sekundären HPT ist grundsätzlich von einer Hyperplasie aller Drüsen auszugehen, wenn auch die Größenzunahme asymmetrisch ausgeprägt sein kann. Daher müssen alle Nebenschilddrüsen dargestellt werden. Zur Aufrechterhaltung der normalen Hormonsekretion kann ein gut durchbluteter Drüsenrest belassen werden (subtotale Parathyreoidektomie). Alternativ wird das Drüsengewebe vollständig entfernt und ein Teil in die Unterarmmuskulatur eingepflanzt (totale Parathyreoidektomie mit Autotransplantation [ 1 B-16.23]).
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16.2.4 Therapie
1 B-16.23
Synopsis Autotransplantation von Nebenschilddrüsengewebe in die Unterarmmuskulatur
a Das intraoperativ entnommene und gekühlt gelagerte Nebenschilddrüsengewebe wird in kleine Quader von 1 mm Kantenlänge zerteilt.
b Das Gewebe ist zur Autotransplantation vorbereitet.
c Die Gewebsstückchen werden in separate Taschen der Unterarmmuskulatur (M. brachioradialis) implantiert.
d Die Muskeltaschen werden mit nicht resorbierbarer Naht markiert, um eine evtl. erforderlich werdende Transplantatverkleinerung zu erleichtern.
Diese Methode hat weite Verbreitung gefunden, da im Falle einer Persistenz des HPT oder eines Rezidivs das Nebenschilddrüsengewebe gut zugänglich ist und ein erneuter komplikationsträchtiger Halseingriff vermieden wird. Das Nebenschilddrüsengewebe wird in kleine Würfel geschnitten, die in der gut durchbluteten Muskulatur durch Diffusion ernährt werden. Verbleibendes Nebenschilddrüsengewebe sollte eingefroren werden (Kryopräservation), um bei Versagen oder Verlust des Transplantates eine erneute Autotransplantation vornehmen zu können. Werden die Nebenschilddrüsen nicht an typischer Stelle gefunden, muss eine systematische Halsexploration durchgeführt werden. Dystop gelegene kaudale Nebenschilddrüsen und akzessorische Drüsen finden sich gehäuft intrathymisch. Daher stellt die zervikale Thymektomie einen obligaten Bestandteil der Operation beim sekundären HPT dar. Beim primären HPT wird sie durchgeführt, wenn kein Adenom gefunden werden kann oder wenn die unteren Nebenschilddrüsen nicht an typischer Stelle identifiziert werden können. Durch vorsichtigen Zug in der richtigen Schicht lassen sich die Thymushörner vom Halsschnitt aus darstellen ( 1 B-16.24). Eine Sternotomie zur weiteren Revision des Mediastinums wird grundsätzlich nicht beim Ersteingriff wegen eines HPT durchgeführt. Sie kann indiziert sein, wenn nach einer Halsexploration der HPT fortbesteht und die dann
Der Vorteil der Autotransplantation besteht darin, dass beim Rezidiv kein erneuter Halseingriff erforderlich ist.
Die Kryopräservation von Nebenschilddrüsengewebe ermöglicht bei Komplikationen eine erneute Autotransplantation. Bei atypischer Lage der Nebenschilddrüsen erfolgt eine systematische Halsexploration. Durch die zervikale Thymektomie ( 1 B-16.24) können dystop gelegene kaudale Nebenschilddrüsen und akzessorische Drüsen gefunden werden.
Eine Sternotomie kann bei Verdacht auf intrathorakale Lage einer Nebenschilddrüse notwendig werden.
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16 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen
Beim Nebenschilddrüsenkarzinom erfolgt eine möglichst radikale Resektion evtl. mit Neck dissection.
1 B-16.24
durchzuführende Lokalisationsdiagnostik einen Hinweis auf intrathorakale Lokalisation einer Nebenschilddrüse ergeben hat. Beim Nebenschilddrüsenkarzinom muss eine möglichst radikale En-blocResektion des Tumors unter Mitnahme der infiltrierten Strukturen erfolgen. Gegebenenfalls ist eine Neck dissection anzuschließen.
Synopsis Zervikale Thymektomie
b Thymektomie-Präparat mit aufgeschnittenem Nebenschilddrüsenadenom.
a Entfernung eines retrosternal in der rechten Thymuszunge gelegenen dystopen Nebenschilddrüsenadenoms nach zuvor erfolgter sukzessiver Mobilisation vom zervikalen Kocher-Schnitt aus.
Konservative Therapie
Konservative Therapie
Nebenschilddrüsenadenome können auch angiographisch embolisiert oder perkutan durch Instillation von Alkohol destruiert werden.
In Einzelfällen werden alternativ zur operativen Therapie interventionellradiologische Techniken beim primären HPT angewandt. Durch superselektive Katheterisierung können mediastinal gelegene Nebenschilddrüsenadenome angiographisch embolisiert werden. Auch die sonographisch gesteuerte perkutane Instillation von Alkohol zur Destruktion des Drüsengewebes ist möglich. Ist eine Operation nicht möglich oder war sie erfolglos, muss die Hyperkalzämie medikamentös durch Gabe von isotoner Kochsalzlösung, Diuretika und Phosphaten therapiert werden. Bei extrem erhöhten Werten kommt auch eine Dialysebehandlung infrage. Beim sekundären HPT steht im Vordergrund die Behandlung des zugrunde liegenden Kalziummangels, z.B. durch ausreichende Vitamin-D-Substitution.
Die nicht operative Therapie der Hyperkalzämie besteht in der Gabe von isotoner Kochsalzlösung, Diuretika und Phosphaten oder in der Dialysebehandlung. Beim sekundären HPT wird der zugrunde liegende Kalziummangel behandelt.
Klinischer Fall Ein 55-jähriger Mann, der nach Angaben der Angehörigen nie krank gewesen sei, fällt zu Hause mit zunehmender Verwirrtheit begleitet von starkem Durstgefühl auf. Bei Krankenhausaufnahme ist der Patient komatös. Die Diagnostik ergibt eine Hyperkalzämie mit Werten über 5 mmol/l sowie eine metabolische Azidose. Die Parathormonbestimmung zeigt exzessiv erhöhte Werte, sodass die Diagnose einer hyperkalzämischen Krise bei primä-
rem Hyperparathyreoidismus gestellt wird. Da sich trotz mehrfacher Dialysebehandlung jeweils nur eine kurzfristige Senkung des Kalziumwertes erzielen lässt, wird die Indikation zur notfallmäßigen Halsexploration gestellt. Hierbei wird ein 5 g schweres Nebenschilddrüsenadenom entfernt. Postoperativ sinkt der Kalziumwert im Verlauf von 12 Stunden auf Normalwerte, der Patient erholt sich innerhalb weniger Tage.
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Nebenniere
17
Nebenniere
17.1
Anatomie
Michael Dürig 17.1
Anatomie
Die Nebennieren sind paarig angelegt und jeweils am oberen Pol jeder Niere lokalisiert. Das Gewicht der gesunden Nebenniere beträgt 3–6 g, wobei die Nebenniere der linken Seite etwas größer und schwerer ist als die der Gegenseite. Arteriell werden die Nebennieren durch 3 paarige Gefäße versorgt: der A. suprarenalis superior aus der A. phrenica inferior, der A. suprarenalis media aus der Aorta und der A. suprarenalis inferior aus der A. renalis. Bereits makroskopisch ist die Nebennierenrinde durch die charakteristische Gelbfärbung vom grauen Mark abzugrenzen. Embryologisch entstammt die Rinde dem Mesoderm, während das Mark neuroektodermalen Ursprungs ist. Die chromaffinen Zellen des Marks leiten sich, wie die sympathischen Ganglien, von der Neuralleiste ab. Aus diesem Grunde können Tumoren des Nebennierenmarks überall dort auftreten, wo sich sympathisches Nervengewebe befindet.
Die Nebennieren sind paarig angelegt und jeweils am oberen Pol jeder Niere lokalisiert. Das Gewicht der gesunden Nebenniere beträgt 3–6 g, wobei die linke Seite etwas größer und schwerer ist als die Gegenseite. Arteriell werden die Nebennieren durch 3 paarige Gefäße versorgt: der A. suprarenalis superior aus der A. phrenica inferior, der A. suprarenalis media aus der Aorta und der A. suprarenalis inferior aus der A. renalis. Embryologisch leitet sich die Rinde vom Mesoderm, das Mark vom Neuroektoderm ab.
17.2
Nebennierenrinde (NNR)
17.2
17.2.1
Physiologie
17.2.1 Physiologie
Die Nebennierenrinde unterteilt sich histologisch in 3 Schichten, denen eine spezifische Hormonproduktion zugeordnet ist: π Zona glomerulosa: Mineralokortikoide (C-21-Steroide; Leithormon: Aldosteron) π Zona fasciculata: Glukokortikoide (C-21-Steroide; Leithormone: Kortisol, Kortikosteron) π Zona reticularis: Sexualsteroide (C-19-Steroide; Androgen), (C-18-Steroide; Östrogene). Die Nebennierenrinde ist in ihrer Funktion in erster Linie vom adrenokortikotropen Hormon, dem ACTH bzw. Kortikotropin der Hypophyse abhängig. Der Einfluss von ACTH bezieht sich hierbei auf die Bildung von Glukokortikoiden, Androgenen und des Aldosteron. Die Sekretion von ACTH im Hypophysenvorderlappen (HVL) wird seinerseits durch das Neurohormon CRF (corticotropin releasing factor) aus dem Hypothalamus ausgelöst. Die Menge der ACTH-Produktion ist ihrerseits vom Plasma-Kortisolspiegel abhängig ( 1 B-17.1). Die Nebenniere synthetisiert Steroidhormone mit gluko- und mineralokortikoider Wirkung. Unter den zahlreichen Steroiden werden auch Gestagene und Östrogene synthetisiert. Eine Synthese von Androgenen und Östrogenen erfolgt darüber hinaus in den Testes und Ovarien. Unter den Steroidhormonen kommt den Glukokortikoiden zur Aufrechterhaltung vitaler Funktionen die größte Bedeutung zu. Hierbei liegt die Aufgabe des Kortisols in seiner Beeinflussung von Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Wasserstoffwechsel. Die Wirkung der Glukokortikoide auf den Elektrolytund Wasserstoffwechsel ist im Gegensatz zu Aldosteron nur gering ausgeprägt. Kortikosteron steht in seiner biologischen Wirkung zwischen Aldosteron und Kortisol. Die Mineralokortikoide haben mit ihrem Einfluss auf den Elektrolyt- und Wasserhaushalt eine besondere Bedeutung bei den Hochdruckerkrankungen. An der Aldosteronproduktion sind das Renin-Angiotensin-System, ACTH und die Serumkonzentrationen von Kalium und Natrium beteiligt. Eine Abnahme des effektiven Blutvolumens und die Erhöhung des Serumkaliums stimuliert hierbei die Aldosteronsynthese.
Nebennierenrinde (NNR)
Die Nebennierenrinde unterteilt sich histologisch in 3 Schichten, denen eine spezifische Hormonproduktion zugeordnet ist: π Zona glomerulosa: Mineralokortikoide (Leithormon: Aldosteron) π Zona fasciculata: Glukokortikoide (Leithormone: Kortisol, Kortikosteron) π Zona reticularis: Sexualsteroide (Androgen, Östrogene). Die Nebennierenrinde ist in ihrer Funktion in erster Linie vom adrenokortikotropen Hormon, dem ACTH bzw. Kortikotropin der Hypophyse abhängig ( 1 B-17.1). Der Einfluss von ACTH bezieht sich hierbei auf die Bildung von Glukokortikoiden, Androgenen und Aldosteron.
Unter den Steroidhormonen kommt den Glukokortikoiden zur Aufrechterhaltung vitaler Funktionen die größte Bedeutung zu. Hierbei liegt die Aufgabe des Kortisols in seiner Beeinflussung von Kohlenhydrat-, Eiweißund Fettstoffwechsel. Die Mineralokortikoide haben mit ihrem Einfluss auf den Elektrolyt- und Wasserhaushalt eine besondere Bedeutung bei den Hochdruckerkrankungen. An der Aldosteronproduktion sind das Renin-Angiotensin-System, ACTH und die Serumkonzentrationen von Kalium und Natrium beteiligt ( 1 B-17.2).
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17 Nebenniere
1 B-17.1
Synopsis Regelmechanismus des Kortisols
Hypothalamus
CRF
HVL
ACTH
NNR Kortisol
Eine Verminderung des Serumnatriums bewirkt ebenfalls eine Stimulation der Aldosteronproduktion und sekundär einen erneuten Anstieg des Natriums. Die Steuerung wird wesentlich durch den Renin-Angiotensin-Mechanismus beeinflusst ( 1 B-17.2).
1 B-17.2
Synopsis Regelkreislauf des Renin-Angiotensin-AldosteronMechanismus
Blutvolumen
Renin
Angiotensinogen Angiotensin I Angiotensin II
+
ACTH
K
Aldosteron
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17.2.2 Nebennierenrindenüberfunktion 17.2.2
Nebennierenrindenüberfunktion
17.2.2 Nebennierenrindenüberfunktion Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom)
Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom) n Definition. Das Cushing-Syndrom fasst die klinischen Zeichen und Symptome als Folge einer chronischen Glukokortikoidexposition über einen längeren Zeitraum zu einem Krankheitsbild zusammen.
Definition
Die Inzidenz wird auf 1 : 100 000 bis 1 : 500 000 geschätzt, wobei Frauen gegenüber Männern in einem Verhältnis 5 : 1 häufiger betroffen sind. Der Altersgipfel liegt zwischen der 3. und 5. Lebensdekade.
Ätiologie. Es werden das endogene und das exogene Cushing-Syndrom voneinander unterschieden. Ursache des endogenen Cushing-Syndroms ist eine hypophysäre Überproduktion von Kortisol oder ACTH, wobei die ACTH-abhängige (85 % aller endogenen Formen) und die ACTH-unabhängige, paraneoplastische Form (15–20 % aller endogener Formen) voneinander getrennt werden. Sie umfasst überwiegend die benignen kortisolsezernierenden Nebennierenrindenadenome wie auch Nebennierenrindenkarzinome ( 2 B-17.1).
2 B-17.1
ACTH-abhängige und -unabhängige Formen des Cushing-Syndroms
Form
N ACTH-abhängige Form n π
π
π
ACTH produzierendes Hypophysenvorderlappenadenom (Morbus Cushing) ektope ACTH-Bildung in einem Tumor (z. B. Bronchialkarzinom, Bronchialkarzinoid, Pankreaskarzinom)
π π
Häufigkeit 85 % 80 %
20 %
ektope CRH-Bildung (paraneoplastisch, sehr selten)
N ACTH-unabhängige Form n π
Ätiologie. Es werden das endogene und das exogene Cushing-Syndrom voneinander unterschieden. Ursache des endogenen Cushing-Syndroms ist eine Überproduktion von Kortisol oder ACTH. Sie umfasst überwiegend die kortisolsezernierenden Nebennierenrindenadenome und -karzinome ( 2 B-17.1).
15 %
NNR-Adenom/NNR-Karzinom mikro-/makronoduläre Hyperplasie (selten) exogene Glukokortikoidgabe
Als Ursache des exogenen Cushing-Syndroms gilt in der Regel die Zufuhr von Glukokortikoiden oder ACTH aus therapeutischen Gründen.
Symptome. Die klinischen Symptome werden durch die Stoffwechselwir-
kung des vermehrt produzierten Kortisols bestimmt. Charakteristisch ist eine progressive Gewichtszunahme mit zentripetaler Fettsucht unter Aussparung von Gesäß, Armen und Beinen. Der zervikodorsale Fettansatz führt in Kombination mit einer dorsalen Kyphose durch Osteoporose der Wirbelsäule zu dem typischen Bild des »Stiernackens«. Eine Fettzunahme im Bereich der Wangen und unterhalb des Kinns zeichnen zusammen mit einer Plethora das »Mondgesicht« aus. An der Haut zeigen sich Akne, Striae und eine Gefäßfragilität, die sich in vermehrter subkutaner Hämatombildung manifestiert. Bei Kindern ist der Stillstand des Längenwachstums oft erstes Zeichen eines Hyperkortisolismus, während beim Erwachsenen Müdigkeit und Leistungsabfall, beim Mann Potenz- und Libidoverlust, bei der Frau Menstruationsstörungen bis zur sekundären Amenorrhö und Hirsutismus Anlass zum ersten Arztbesuch geben. Weitere Symptome sind Hypertonie, diabetische Stoffwechsellage und Infektanfälligkeit. Die glukokortikoidbedingte Osteoporose führt zu chronischen Rückenschmerzen, Kyphose und in 40 % der Fälle zu Spontanfrakturen von Wirbelkörpern und Rippen.
Als Ursache des exogenen CushingSyndroms gilt in der Regel die Zufuhr von Glukokortikoiden oder ACTH aus therapeutischen Gründen. Symptome. Charakteristisch ist eine progressive Gewichtszunahme mit zentripetaler Fettsucht. Es kommt zu dem typischen Bild des »Stiernackens« und »Mondgesichtes«. An der Haut zeigen sich Akne, Striae und eine Gefäßfragilität. Des Weiteren treten Hypertonie, eine diabetische Stoffwechsellage und Infektanfälligkeit auf. Bei Kindern ist der Stillstand des Längenwachstums oft erstes Zeichen eines Hyperkortisolismus, während beim Erwachsenen Müdigkeit und Leistungsabfall, beim Mann Potenzverlust, bei der Frau Menstruationsstörungen und Hirsutismus Anlass zum ersten Arztbesuch geben. Die Osteoporose führt in 40 % zu Spontanfrakturen von Wirbelkörper und Rippen.
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17 Nebenniere Bei ca. der Hälfte der Patienten treten zusätzlich psychiatrische Komplikationen auf. Hierzu gehören emotionale Labilität, agitierte Depression mit Angst- und Panikattacken.
Merke
Diagnose. Die Diagnose stützt sich neben der Anamnese im Wesentlichen auf Laboruntersuchungen. Der Nachweis eines endogenen Hyperkortisolismus gelingt durch Messung der Ausscheidung von freiem Kortisol und Kortisol-Metaboliten.
Merke
Ein Cushing-Syndrom darf auch dann angenommen werden, wenn es gelingt, den fehlenden zirkadianen Rhythmus nachzuweisen.
Die ACTH-Sekretion wird durch die Gabe von Dexamethason beim Cushing-Syndrom nicht oder nur geringfügig gehemmt, während beim Gesunden die Kortisolsekretion (durch Hemmung der ACTH-Sekretion) stark abfällt.
Merke
Unerlässlich sind der CRH-Test und der Insulintoleranztest. Die Indikation zur Durchführung des Insulin-Hypoglykämie Tests ist dann gegeben, wenn der Verdacht auf eine hypophysäre oder hypothalamische Ursache besteht oder ein CushingSyndrom gesichert werden muss.
Merke
n Merke. Eine schwere hypokaliämische Alkalose weist auf eine ektope ACTH-Sekretion oder ein Nebennierenkarzinom hin. Bei Kindern ist ein Wachstumsstillstand erstes Symptom des Hyperkortisolismus.
Diagnose. Die Diagnose und Differenzialdiagnose des Cushing-Syndroms
stützen sich neben der Anamnese im Wesentlichen auf Laboruntersuchungen. Der Nachweis eines endogenen Hyperkortisolismus gelingt durch Messung der Ausscheidung von freiem Kortisol und Kortisol-Metaboliten (17-Hydroxykortisolsteroide oder 17-Ketosteroide) im 24-Stunden-Urin. Falsch positive Ergebnisse sind nur in 5 % der Fälle zu erwarten. n Merke. Erhöhte Kortisolwerte sind auch nach der Einnahme von Kontrazeptiva, in der Schwangerschaft, bei Adipositas permagna und in Stresssituationen zu beobachten.
Ein Cushing-Syndrom darf auch dann angenommen werden, wenn es gelingt, den fehlenden zirkadianen Rhythmus mit persistierender nächtlicher Kortisolsekretion, d.h. konstantem Kortisolspiegel, nachzuweisen. Normalerweise werden maximale Kortisonwerte (60–150 ng/ml) am Morgen und Minimalwerte (< 50 ng/ml) gegen Mitternacht vorgefunden. Bei der Differenzierung der Ätiologie eines Cushing-Syndroms wird die Tatsache ausgenutzt, dass die Kortisolproduktion aus Nebennierentumoren und die paraneoplastische ACTH-Produktion autonom sind, während der ACTH-Regelkreis übergeordnet funktioniert. Die ACTH-Sekretion wird durch die Gabe von Dexamethason (Glukokortikoid mit 30-mal stärkerer Potenz als Hydrokortison, das nicht in die Hydrokortisonmessung im Plasma oder Urin eingeht) beim Cushing-Syndrom nicht oder nur geringfügig gehemmt, während beim Gesunden die Kortisolsekretion (durch Hemmung der ACTH-Sekretion) stark abfällt. n Merke. Eine ausreichende Hemmung der Kortisolsekretion im Dexamethason-Kurztest zusammen mit normaler Exkretion von freiem Kortisol in den Urin schließt ein Cushing-Syndrom aus.
Unerlässlich sind der Corticotropin-releasing-hormone-(CRH-)Test und der Insulintoleranztest mit Messungen der ACTH- und Kortisolkonzentrationen im Plasma. Die Indikation zur Durchführung des Insulin-Hypoglykämie-Tests ist nur dann gegeben, wenn der Verdacht auf eine hypophysäre oder hypothalamische Ursache besteht oder ein Cushing-Syndrom gesichert werden muss. Der Test überprüft den Regelkreis Hypothalamus-Hypophyse-NNR und nutzt hierbei die Glukose als wichtigsten Energieträger des Gehirnstoffwechsels aus. Kommt es nach Insulininjektion zu einer Hypoglykämie, folgt die Sekretion von Vasopressin und Corticotropin releasing hormone (CRH) in den hypophysären Kreislauf. Dies führt zu einer Stimulation der ACTHSekretion, die ihrerseits die Kortisolsekretion anregt. Unterschreitet der Blutzucker 40 mg % (2,2 mmol/l) bei gleichzeitigem Auftreten von Hypoglykämiesymptomen, steigt das Plasma-ACTH beim Gesunden auf mindestens 150 pg/ml an (Normwert 5–40 pg/ml). Die Kortisolsekretion wird maximal auf 550 nmol/l stimuliert. n Merke. Ein normaler Insulin-Hypoglykämie-Test schließt einen funktionellen Schaden des Hypothalamus-Hypophysen-NNR-Regelkreises aus.
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17.2.2 Nebennierenrindenüberfunktion Bei Verdacht auf eine hypophysäre Erkrankung ist der Corticotropin-releasing-hormone-Test indiziert. CRH ist neben Vasopressin ein wichtiges Stimulans der kortikotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens. Nach i.v. Injektion von 1mg/kg KG eines synthetischen humanen oder ovinen (Schafs-) CRH kommt es beim Gesunden zu einem Anstieg des Plasma-ACTH. Dieser Anstieg nimmt jedoch nicht das Ausmaß des Insulin-Hypoglykämie-Tests an. Die Testantwort unterscheidet sich jedoch nicht wesentlich, da die Kortisolsekretion der NNR bereits bei Plasma-ACTH-Konzentrationen von ca. 60 pg/ml nahezu maximal ist. Der CRH-Test hat ferner seine Bedeutung in der Differenzierung des ACTHabhängigen Cushing-Syndroms. Beim hypophysären Cushing-Syndrom steigen Plasma-ACTH und -kortisol nach CRH-Injektion signifikant an, während bei ektoper ACTH-Sekretion nur selten eine signifikante Stimulation erfolgt. Ist ein Hyperkortisolismus gesichert, werden zur Lokalisationsdiagnostik beim Cushing-Syndrom neben der Ultraschalluntersuchung der Nebennieren die Computertomographie und die Magnetresonanztomographie herangezogen. Die letzteren gestatten auch eine Aussage über eine hypophysäre Beteiligung. n Merke. Bei Verdacht auf eine paraneoplastische Hormonproduktion muss die entsprechende Tumorsuche eingeleitet werden.
Therapie. Das nachgewiesene Cushing-Syndrom muss grundsätzlich therapiert werden, da es unbehandelt einen letalen Verlauf nimmt. Ziel der Therapie sollen die Entfernung eines Tumors, die Normalisierung einer exzessiven Kortisolproduktion und die Vermeidung einer endokrinen Insuffizienz sein. Beim Morbus Cushing ist die Therapie der Wahl eine selektive transsphenoidale Entfernung des Hypophysenadenoms. Eine Adrenalektomie kommt nur dann in Frage, wenn bei großen Hypophysentumoren die Tumorentfernung oder die begleitende Strahlentherapie das Krankheitsbild nicht beherrschen lassen. Eine bilaterale Adrenalektomie ist auch dann indiziert, wenn die seltene bilaterale Hyperplasie vorliegt. Bei Verlust beider Nebennieren ist eine lebenslange Substitutionstherapie sowohl mit Gluko- als auch Mineralokortikoiden erforderlich. Das ektope, paraneoplastische ACTH-Syndrom kann ausschließlich durch die Entfernung des Primärtumors beeinflusst werden. Beim Nebennierenrindenadenom und -karzinom muss die Tumorentfernung erfolgen. Bei der seltenen mikronodulären Hyperplasie sind beide Nebennieren betroffen. In diesen seltenen Fällen ist die beidseitige Adrenalektomie indiziert. Auch das benigne Adenom ( 1 B-17.3) der Nebenniere wird selektiv entfernt. Hier führt die Entfernung meist innerhalb 1 Jahres zur rezidivlosen Rückbildung des Cushing-Syndroms.
1 B-17.3
Bei Verdacht auf eine hypophysäre Erkrankung ist der Corticotropinreleasing-hormone-Test indiziert. Beim hypophysären Cushing-Syndrom steigen Plasma-ACTH und -kortisol nach CRH-Injektion signifikant an, während bei ektoper ACTH-Sekretion nur selten eine signifikante Stimulation erfolgt.
Die CT und MRT gestatten im Rahmen der Lokalisationsdiagnostik auch eine Aussage über eine hypophysäre Beteiligung. Merke
Therapie. Das nachgewiesene CushingSyndrom muss grundsätzlich therapiert werden, da es unbehandelt einen letalen Verlauf nimmt. Ziel der Therapie ist die Entfernung des Tumors, die Normalisierung einer exzessiven Kortisolproduktion und die Vermeidung einer endokrinen Insuffizienz. Beim Morbus Cushing ist die Therapie der Wahl eine selektive transsphenoidale Entfernung des Hypophysenadenoms. Das ektope, paraneoplastische ACTHSyndrom kann ausschließlich durch die Entfernung des Primärtumors beeinflusst werden.
Auch das benigne Adenom ( 1 B-17.3) der Nebenniere wird selektiv entfernt.
CT-Darstellung eines hormonaktiven NNR-Adenoms CT-Darstellung eines hormonaktiven NNR-Adenoms (Á) bei einer 85-jährigen Patientin. Durch einseitige Adrenalektomie konnte bei einem medikamentös kaum beeinflussbaren Hypertonus Normotension erreicht werden.
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Bei irresektablen Nebennierenrindenkarzinomen kann durch Adrenostatika mit selektiver Toxizität auf die Zona fasciculata und die Zona reticularis eine Lebensverlängerung erreicht werden.
Bei irresektablen Nebennierenrindenkarzinomen kann durch Adrenostatika wie Metyrapon, Aminoglutethimid und o,p’DDD (Mitotane, LysodrenQ; Derivat des DDT mit selektiver Toxizität auf die Zona fasciculata und die Zona reticularis) eine Lebensverlängerung und eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden. Diese Medikamente sind ihrerseits jedoch teratogen und mit massiven gastrointestinalen Nebenwirkungen behaftet.
Primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom)
Primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) n Definition. Bei dem primären Hyperaldosteronismus handelt es sich um eine autonome Überproduktion von Aldosteron aus der NNR. In der Folge kommt es zu einer Natriumretention, einem Kaliumverlust und einer Suppression von Plasmarenin. Das Leitsymptom der Erkrankung ist die Hypertonie.
Definition
Ätiologie. Ursachen des ConnSyndroms s. 2 B-17.2.
Ätiologie. Als Ursachen des primären Hyperaldosteronismus gelten
( 2 B-17.2): Aldosteronproduzierendes Adenom: Es gilt als häufigste Ursache des primären Hyperaldosteronismus. Die Aldosteronproduktion ist weitestgehend autonom. Das bedeutet, dass sie Angiotensin-II-unabhängig und nicht durch exogenes Angiotensin stimulierbar ist. Aldosteron ist hingegen durch ACTH stimulierbar und kurzfristig durch Dexamethason supprimierbar. π Idiopathischer Hyperaldosteronismus: Beim idiopathischen Hyperaldosteronismus liegt pathologisch-anatomisch eine Hyperplasie der Zona glomerulosa vor, die funktionell dem Renin-Angiotensin-System unterliegt. π Glukokortikoidsupprimierbarer Hyperaldosteronismus: Diese Form wird auch als familiärer Hyperaldosteronismus Typ I bezeichnet. Dabei liegt eine autosomal dominant vererbte Störung der Steroidbiosynthese vor. Morphologisch liegt eine bilaterale (knotige) Hyperplasie vor. π Makronoduläre Hyperplasie: Hierbei liegt ein autonomer Hyperaldosteronismus mit uni- oder bilateraler makronodulärer Hyperplasie vor. π Aldosteronproduzierendes Karzinom: Die Karzinome können sowohl adrenalen als auch ektopen Ursprungs sein und sind in ihren funktionellen Auswirkungen weder durch ACTH noch durch Angiotensin beeinflussbar. Sie sind insgesamt jedoch äußerst selten. π
2 B-17.2
Ursachen des primären Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom)
Ursache
N unilaterales aldosteronproduzierendes Adenom (Aldosteronom) n π autonom (Renin- und Angiotensin-II-unabhängig) π Renin- und Angiotensin-II-sensitiv N idiopathischer Hyperaldosteronismus (bilaterale homogene oder n mikronoduläre Zona-glomerulosa-Hyperplasie)
Symptome. Der primäre Hyperaldosteronismus betrifft bevorzugt jüngere Patienten zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr mit einer Dominanz beim weiblichen Geschlecht. Es kommt zu erhöhtem Blutdruck und Kopfschmerzen. Symptome der Hypokaliämie sind Müdigkeit, Muskelschwäche, Paresen vereinzelter Muskelgruppen, tetanische Anfälle und Arrhythmien (Extrasystolen) sowie Polyurie und Isosthenurie.
Häufigkeit 60–80 %
20–30 %
N einseitige oder doppelseitige primäre makronoduläre Nebenn nierenhyperplasie (autonom)
1–5 %
N glukokortikoidsupprimierbarer Hyperaldosteronismus n
1–3 %
N aldosteronproduzierendes Karzinom n
selten
Symptome. Der primäre Hyperaldosteronismus betrifft bevorzugt jüngere
Patienten zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr mit einer Dominanz beim weiblichen Geschlecht. Ein mäßig bis stark erhöhter Blutdruck ist in der Hälfte der Fälle mit Kopfschmerzen verbunden. Als Symptome einer ausgeprägten Hypokaliämie sind Müdigkeit, Muskelschwäche, Paresen vereinzelter Muskelgruppen, tetanische Anfälle, Arrhythmien (Extrasystolen) und eine Polyurie mit Isosthenurie zu beobachten.
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697
17.2.2 Nebennierenrindenüberfunktion
n Merke. Leitsymptom des primären Hyperaldosteronismus ist die hypokaliämische Hypertonie.
Diagnose. Bei entsprechendem Verdacht sollte zum Ausschluss falsch negativer Befunde sichergestellt sein, dass weder eine kochsalzarme Diät eingehalten wird noch kaliumsparende Diuretika im Rahmen der Hypertoniebehandlung eingenommen werden. Der Beweis kann schließlich durch Laboruntersuchungen, wie die Bestimmung von Aldosteron und Renin im Plasma oder im 24-Stunden-Sammelurin erbracht werden. Ein hohes Aldosteron im Serum und Urin sowie ein erniedrigtes Plasmarenin beweisen einen primären Hyperaldosteronismus. Bei der Bestimmung muss allerdings beachtet werden, dass b-Blocker, ACEHemmer, Clonidin, Spironolacton und Progesteron das Ergebnis beeinflussen und deshalb vorher abgesetzt werden bzw. die Bestimmungen bei Frauen in der 1. Zyklushälfte vorgenommen werden. Eine differenzialdiagnostische Aussage im Hinblick auf ein Conn-Adenom oder einen idiopathischen Aldosteronismus bietet der Orthostasetest unter den Laborwerten. Nach einer mindestens 3-stündigen Ruhephase erfolgt, ebenso wie nach 2–4-stündigem Umhergehen, die Bestimmung des Plasmaaldosterons und der Plasmareninaktivität. Bei einem idiopathischen Hyperaldosteronismus ist das Plasmaaldosteron normal oder leicht erhöht und reagiert auf Orthostase. Bei einem aldosteronproduzierenden Adenom ist Plasmaaldosteron bereits in Ruhe erhöht und bleibt nach 2 Stunden Orthostase unverändert oder fällt sogar ab. Eine differenzialdiagnostische Aussage über die Art der Erkrankung kann auch durch die bildgebenden Verfahren wie die Computertomographie als auch die Magnetresonanztomographie mit hoher Sensitivität erzielt werden. Obwohl sich kleine Tumoren < 0,5 cm Durchmesser der Diagnostik entziehen können, werden in 90 % bzw. 95 % der Fälle die Adenome sichtbar gemacht. Die Nebennierenszintigraphie ist gegenüber den bildgebenden Verfahren in ihrem Aussagewert eingeschränkt. Sie wird mit 131J-19-Jodcholesterol oder 131J-6b-Jod-Methyl-19-Norcholesterol (NP 59) vorgenommen und bleibt differenzialdiagnostisch schwierigen Fällen vorbehalten ( 1 B-17.4).
1 B-17.4
Merke
Diagnose. Eine kochsalzarme Diät oder die Einnahme von Diuretika sollte ausgeschlossen werden. Der Beweis kann schließlich durch Laboruntersuchungen, wie die Bestimmung von Aldosteron und Renin im Plasma oder im 24-h-Sammelurin erbracht werden.
Mit dem Orthostasetest kann zwischen einem Conn-Adenom und einem idiopathischen Aldosteronismus unterschieden werden.
Durch die bildgebenden Verfahren wie die CT als auch die MRT werden in 90 % bzw. 95 % der Fälle die Adenome sichtbar gemacht.
Die Nebennierenszintigraphie ist gegenüber den bildgebenden Verfahren in ihrem Aussagewert eingeschränkt. Sie bleibt differenzialdiagnostisch schwierigen Fällen vorbehalten ( 1 B-17.4).
Nebennierenszintigraphie 131 -J-Norcholesterol-Scan: 22-jährige Patientin mit Conn-Syndrom bei rechtsseitigem NN-Adenom.
Therapie. Die Behandlung des Aldosteron produzierenden Adenoms besteht
in der Regel in der einseitigen Adrenalektomie. Wegen der chronischen Plasmareninaktivität- und Angiotensin-II-Suppression ist die nicht adenomatöse Zona glomerulosa der ipsi- und kontralateralen Nebenniere funktionsuntüchtig, was ohne Vorbehandlung postoperativ zu einem sekundären Hypoaldosteronismus mit ausgeprägter Hypotension und Hyperkaliämie führen kann.
Therapie. Die Behandlung des Aldosteron produzierenden Adenoms besteht in der Regel in der einseitigen Adrenalektomie.
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698 Merke
17 Nebenniere
n Merke. Zur Vermeidung eines postoperativen Hypoaldosteronismus nach Adrenalektomie bei Conn-Adenom ist eine 2-monatige Vorbehandlung mit 200–400 mg Spironolacton (Aldosteronantagonist) erforderlich. Eine postoperative Hyperkaliämie und Hypotonie muss mit Fludrokortison behandelt werden.
Bei Patienten mit einer einseitigen makronodulären Hyperplasie ist ebenfalls die unilaterale Adrenalektomie angezeigt. Bei der bilateralen Hyperplasie und dem idiopathischen Hyperaldosteronismus wird konservativ behandelt. Basismedikament der antihypertensiven und kaliumsparenden Therapie ist Spironolacton. Die Behandlung des glukokortikoidsupprimierbaren Hyperaldosteronismus erfolgt ebenfalls konservativ mit niedrigen Dosen von Dexamethason (0,5– 1 mg zur Nacht).
Bei Patienten mit einer einseitigen makronodulären Hyperplasie ist ebenfalls die unilaterale Adrenalektomie angezeigt. Bei der bilateralen Hyperplasie ist der konservative Behandlungsversuch berechtigt. Der idiopathische Hyperaldosteronismus wird ebenfalls der konservativen Behandlung zugeführt. Basismedikament der antihypertensiven und kaliumsparenden Therapie ist Spironolacton. Die Dosis hängt von den Nebenwirkungen (Mastodynie, Gynäkomastie, Abnahme von Libido und Potenz sowie Zyklusstörungen) ab, sodass Kombinationen mit kaliumsparenden Diuretika erforderlich sein können. Die Behandlung des glukokortikoidsupprimierbaren Hyperaldosteronismus erfolgt ebenfalls konservativ mit niedrigen Dosen von Dexamethason (0,5–1 mg zur Nacht).
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Definition
n Definition. Das adrenogenitale Syndrom umfasst eine Gruppe von autosomal rezessiv vererbten Störungen der Kortisolbiosynthese durch die Nebenniere. Diese Defektbildung manifestiert sich in einer vermehrten ACTH-Produktion, einer exzessiven Produktion von Androgenen und/oder Mineralokortikoiden sowie einer Vergrößerung der Nebennieren um das 10–20fache ihres Ausgangsgewichtes.
Ätiologie. Die häufigste Defektbildung liegt in der 21-Hydroxylase. Hierbei kommt es zu einer inadäquaten Produktion von Gluko- und Mineralokortikoiden und einer exzessiven ACTHSekretion, der eine vermehrte Androgenproduktion folgt.
Ätiologie. Obwohl zahlreiche Enzymdefekte für das AGS verantwortlich gemacht werden können, liegt die häufigste Defektbildung in der 21-Hydroxylase. Hierbei kommt es zu einer inadäquaten Produktion von Gluko- und Mineralokortikoiden und einer exzessiven ACTH-Sekretion, der eine vermehrte Androgenproduktion folgt. Diese erhöhte Androgenproduktion führt pränatal zu einer Virilisierung des äußeren weiblichen Genitales und postnatal zu einer Pseudopubertas praecox bei beiden Geschlechtern.
Symptome. Die klassischen Symptome sind Trinkschwäche, Erbrechen, Elektrolytveränderungen (Hyperkaliämie, Hyponatriämie), Exsikkose, metabolische Azidose und zunehmende Apathie. Bei Neugeborenen oder Kleinkindern werden Veränderungen an den Genitalien beobachtet (z. B. Hypospadie, Kryptorchismus, Hyperpigmentierung der Genitalhaut). Bei nicht erkanntem Krankheitsbild entwickeln Knaben und Mädchen ab dem Kleinkindesalter eine zunehmende Pseudopubertas praecox. Diagnose. Im Labor ist für den 21-Hydroxylasemangel eine massive Erhöhung von 17-Hydroxyprogesteron (17-OHP) beweisend.
Symptome. Ungeachtet der genitalen Veränderungen bestehen die klassi-
schen Symptome in Trinkschwäche, Erbrechen, Elektrolytveränderungen (Hyperkaliämie, Hyponatriämie), Exsikkose, mebatolischer Azidose und zunehmender Apathie. An die Diagnose muss gedacht werden, wenn bei Neugeborenen oder Kleinkindern Veränderungen an den Genitalien beobachtet werden (z.B. Hypospadie, Kryptorchismus, Hyperpigmentierung der Genitalhaut). Bei nicht erkanntem Krankheitsbild entwickeln Knaben und Mädchen ab dem Kleinkindesalter eine zunehmende Pseudopubertas praecox mit frühem Auftreten der Schambehaarung, Penis- oder Klitorishypertrophie sowie ein beschleunigtes Längenwachstum.
Diagnose. Im Labor ist für den 21-Hydroxylasemangel eine massive Erhö-
hung von 17-Hydroxyprogesteron (17-OHP) beweisend. Neben den 17-OHP sind auch die Konzentrationen von 21-Desoxykortisol, Androstendion und Testosteron im Serum erhöht. Sollte bereits ein Kind mit AGS vorhanden sein (Indexfall), muss bei weiterem Kinderwunsch eine DNS-Typisierung von Patient und Eltern erfolgen. Bei einer erneuten Schwangerschaft wird die pränatale Diagnostik heute mittels Chorionzottenbiopsie bereits in der Frühschwangerschaft (9./10. SSW) durchgeführt.
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17.2.3 Nebennierenrindeninsuffizienz
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Mit den bildgebenden Verfahren kann die diffuse Hyperplasie der Nebennierenrinde bei Neugeborenen und Säuglingen meist gut dargestellt werden.
Mit den bildgebenden Verfahren kann die diffuse Hyperplasie der Nebennierenrinde meist gut dargestellt werden.
Differenzialdiagnose. Abzugrenzen vom klassischen AGS mit 21-Hydroxylasedefekt sind NNR-Tumoren, androgenbildende Gonadentumoren sowie andere Enzymdefekte.
Differenzialdiagnose. Abzugrenzen vom klassischen AGS mit 21-Hydroxylasedefekt sind NNR-Tumoren, androgenbildende Gonadentumoren sowie andere Enzymdefekte. Therapie. Die Therapie der Wahl ist die lebenslange Substitution mit einem Glukokortikoid und bei einem gleichzeitigen Salzverlustsyndrom mit einem Mineralokortikoid.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die lebenslange Substitution mit einem
Glukokortikoid und bei einem gleichzeitigen Salzverlustsyndrom mit einem Mineralokortikoid. Wegen der Gefahr der akuten Salzverlustkrise in Stresssituationen (z. B. Infektionskrankheiten mit hohem Fieber, Gastroenteritis, Operationen) muss die Therapie zeitgerecht angepasst werden. Tumoren als Ursache des AGS sind nach entsprechender Lokalisationsdiagnostik chirurgisch zu behandeln.
17.2.3
Nebennierenrindeninsuffizienz
Bei den Funktionsstörungen im Sinne einer Unterfunktion der NNR werden π die primär chronische Insuffizienz (Morbus Addison), π die primär akute und π die sekundäre Insuffizienz unterschieden.
Ätiologie. Für den Chirurgen ist vornehmlich die sekundäre NNR-Insuffizienz von Bedeutung. Sie kann einerseits Folge einer Suppression der NNR durch eine chronische Steroidtherapie aus zahlreichen Gründen einschließlich der Behandlung von Autoimmunerkrankungen oder der Immunsuppression nach Organtransplantaten sein. Andererseits kann die Ursache in einer Adrenalektomie zur Behandlung eines Cushing-Syndroms oder nach Entfernung eines hormonaktiven Nebennierenadenoms liegen. Weiterhin kommt eine Insuffizienz des HVL (z. B. Sheehan-Syndrom) oder des Hypothalamus in Frage. Zur Vermeidung eines akuten Krankheitsbildes bedarf die sekundäre Insuffizienz im Stress (z.B. akuten Erkrankungen) und insbesondere nach chirurgischen Eingriffen der Hormonsubstitution. Die primär chronische NNR-Insuffizienz (Morbus Addison) ist eine seltene Erkrankung. Während sie früher häufig durch die Tuberkulose verursacht wurde, tritt sie heute in Verbindung mit Autoimmunerkrankungen auf. Der primär akute Hypoadrenalismus kann vor dem Hintergrund eines Morbus Addison, aus einer zu schnellen Reduktion einer bestehenden Hormonsubstitution oder einer unzureichenden Substitution in Stresssituationen entstehen. In sehr seltenen Fällen kann er auch Folge eines hämorrhagischen Nebenniereninfarktes sein, der beim Erwachsenen im Rahmen eines septischen Krankheitsbildes als Waterhouse-Friderichsen-Syndrom bekannt ist. Symptome ( 2 B-17.3). Die Symptome und Manifestationen der primären und sekundären NNR-Insuffizienz gleichen sich. Nur die primär chronische Insuffizienz ist zusätzlich durch eine auffallende Pigmentierung der Lippenund Wangenschleimhaut, in Hautfalten und Narben gekennzeichnet. n Merke. Ein akuter Ausfall der Nebennieren oder eine Stresssituation bei einem Patienten mit einem unerkannten Morbus Addison kann eine lebensbedrohliche Situation mit Dehydratation, Hypotension und Schock auslösen (Addison-Krise).
Therapie. Patienten mit einer akuten adrenalen Insuffizienz benötigen sofortigen Volumenersatz mit normaler Kochsalzlösung und die intravenöse Substitution von Hydrokortison (100 mg als Bolus, gefolgt von einer Dauerinfusion mit 100–200 mg über 24 h). Da die natriumretinierende Wirkung der Mineralokortikoide erst innerhalb einiger Tage zur Wirkung kommt,
17.2.3 Nebennierenrindeninsuffizienz Bei den Funktionsstörungen im Sinne einer Unterfunktion der NNR werden π die primär chronische Insuffizienz, π die primär akute und π die sekundäre Insuffizienz unterschieden. Ätiologie. Für den Chirurgen ist vornehmlich die sekundäre NNR-Insuffizienz von Bedeutung. Sie kann einerseits Folge einer Suppression der NNR durch eine chronische Steroidtherapie sein. Andererseits kann die Ursache in einer Adrenalektomie oder in einer Insuffizienz von HVL (z. B. Sheehan-Syndrom) oder Hypothalamus liegen. Zur Vermeidung eines akuten Krankheitsbildes bedarf die sekundäre Insuffizienz der Hormonsubstitution. Die primär chronische NNR-Insuffizienz (Morbus Addison) ist eine seltene Erkrankung. Sie wurde früher häufig durch die Tuberkulose verursacht, heute tritt sie in Verbindung mit Autoimmunerkrankungen auf. Der primär akute Hypoadrenalismus kann bei Morbus Addison, aus einer zu schnellen Reduktion einer Hormonsubstitution oder unzureichender Substitution in Stresssituationen entstehen, in sehr seltenen Fällen auch Folge eines hämorrhagischen Nebenniereninfarktes sein (Waterhouse-FriderichsenSyndrom). Symptome. ( 2 B-17.3). Die primär chronische Insuffizienz ist neben dem Hormonausfall zusätzlich durch eine auffallende Pigmentierung der Lippenund Wangenschleimhaut gekennzeichnet. Merke
Therapie. Patienten mit einer akuten adrenalen Insuffizienz benötigen sofortigen Volumenersatz mit normaler Kochsalzlösung und die intravenöse Substitution von Hydrokortison.
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700
In Fällen primär chronischer Insuffizienz müssen sowohl Kortisol als auch Aldosteron ersetzt werden.
17 Nebenniere sollte das Natriumdefizit zunächst durch Kochsalzinfusionen ausgeglichen werden. In Fällen primär chronischer Insuffizienz müssen sowohl Kortisol als auch Aldosteron ersetzt werden.
2 B-17.3
Klinische Manifestation der NNR-Insuffizienz
N Primäre und sekundäre NNR-Insuffizienz: n π Müdigkeit, Schwäche, Depression π Anorexie, Gewichtsverlust π orthostatische Hypotension, Verwirrtheit π Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö π leichte normozytäre Anämie, Lymphozytose, Eosinophilie π Somnolenz bis zum Koma
N Primäre NNR-Insuffizienz n π Hyperpigmentation der Haut π Hyperkaliämie, Hyponatriämie π Vitiligo π Autoimmunveränderungen der Schilddrüse N Sekundäre NNR-Insuffizienz n π blasse Haut ohne Anämie π Amenorrhö, verminderte Libido und Potenz π spärliche Schambehaarung π Hodenatrophie π sekundärer Hypothyreoidismus π verzögerte Pubertät π Kopfschmerzen, Visusstörungen π Diabetes insipidus
Klinischer Fall Bei metastasierendem Kollumkarzinom unterzog sich eine 57-jährige Patientin nach der Hysterektomie einer Chemotherapie (Taxol, Carboplatin). Bei Remission der intraabdominalen Metastasen kommt es zu einem septischen Krankheitsbild mit kotiger Peritonitis im linken unteren Quadranten. Ursache ist die Perforation von intramuralen Metastasen im Colon sigmoideum. Chirurgisch erfolgte die Diskontinuitätsresektion nach Hartmann einschließlich einer Abdominallavage. Der primäre postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Trotz permanent ausgeglichener Elektrolyte bei Hyponatriämie und Hyperkaliämie wird die Patientin bei hypotonem Kreislauf somnolent und
schließlich in einem Koma intensivpflichtig. Gleichzeitig tritt eine Parese des M. extensor hallucis longus beidseits auf. Bei irreversibel erscheinendem Koma wird ein Behandlungsversuch mit 200 mg Hydrokortison gemacht, unter dem die Patientin langsam aufklart. Die Diagnose der Addison-Krise muss anhand der Klinik als sicher angenommen werden. Die die Chemotherapie begleitenden Kortisongaben wurden präoperativ nicht übermittelt, sodass ein septisches Krankheitsgeschehen zu einer Nebenniereninsuffizienz geführt hat. Unter Hormonsubstitution kam es bei Vollremission des Tumorleidens zu einer Restitutio ad integrum.
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17.3.2 Tumoren des Nebennierenmarks: Phäochromozytom
17.3
Tumoren der Nebenniere
17.3
17.3.1
Nebennierenrindenkarzinom
17.3.1 Nebennierenrindenkarzinom
n Definition. Das Nebennierenrindenkarzinom (NNR-Karzinom) ist ein äußerst seltener, hochmaligner Tumor. Die Einteilung der Tumoren erfolgt nach der klinisch relevanten Hormonproduktion in endokrin inaktive und endokrin aktive Tumoren.
Tumoren der Nebenniere
Definition
Ätiologie. Die Entstehung des Tumors ist nicht aufgeklärt. Ein unbehandel-
Ätiologie. Die Entstehung des Tumors ist unklar. Ein unbehandeltes adrenogenitales Syndrom gilt jedoch als Risikofaktor. Bevorzugtes Auftreten im 4. und 5. Lebensjahrzehnt.
Symptome. Bei der Mehrzahl der Patienten führen die Symptome der
Symptome. Bei der Mehrzahl der Patienten führen die Symptome der Raumforderung (Völlegefühl, Übelkeit, Brechreiz, Schmerzen) zum Arzt. Neben gelegentlichem Fieber, Gewichtsverlust und allgemeiner Schwäche werden die Patienten durch Fernmetastasen auffällig. Bei Patienten mit einem endokrin aktiven Tumor sind die Folgen der Hormonproduktion wegweisend. Androgen sezernierende Tumoren führen bei Frauen zur Virilisierung. Östrogen produzierende Tumoren führen beim Mann zur Gynäkomastie und Impotenz. Diagnose. Der Tumor kann mit allen bildgebenden Verfahren gut dargestellt werden. Der Umfang der Labordiagnostik richtet sich nach der Klinik.
tes adrenogenitales Syndrom mit chronischer Stimulation der Nebenniere ist jedoch als Risikoerkrankung zu betrachten. Der Tumor kann in jedem Lebensalter auftreten, bevorzugt jedoch im 4. und 5. Lebensjahrzehnt.
Raumforderung (Völlegefühl, Übelkeit, Brechreiz, Schmerzen) zum Arzt. Zu diesem Zeitpunkt hat der Tumor in der Regel bereits eine beträchtliche Größe erreicht. Neben gelegentlichem Fieber, Gewichtsverlust und allgemeiner Schwäche werden die Patienten durch Fernmetastasen auffällig. Bei Patienten mit einem endokrin aktiven Tumor sind die Folgen der Hormonproduktion wegweisend. Androgen sezernierende Tumoren führen bei Frauen zur Virilisierung mit Glatzenbildung, Klitorishypertrophie und Änderung der Stimmlage. Bei einer autonomen Glukokortikoidsekretion kann es zum Vollbild des Cushing-Syndroms kommen. Östrogen produzierende Tumoren sind immer maligne und führen beim Mann zur Gynäkomastie, Hodenatrophie, Oligospermie und Impotenz.
Diagnose. Der Tumor kann mit allen bildgebenden Verfahren gut darge-
stellt werden. Der Umfang der Labordiagnostik richtet sich nach der klinischen Präsentation. Die Messung der adrenalen Androgene des Kortisols und der Steroidvorstufen erfolgen unter Dexamethasonsuppression, um die Autonomie der Steroidvorstufen nachzuweisen und ein Cushing-Syndrom präoperativ zu erkennen.
Therapie. Die Behandlung der ersten Wahl besteht in einer vollständigen
Therapie. Die Behandlung der ersten Wahl besteht in einer vollständigen operativen Entfernung des Tumors.
Prognose: Die Prognose der Erkrankung ist ungünstig. 50 % der Patienten versterben in den ersten 2 Jahren nach Diagnosestellung.
Prognose. 50 % der Patienten versterben in den ersten 2 Jahren nach Diagnosestellung.
operativen Entfernung des Tumors. Hierbei ist oft auf Grund der Tumorgröße eine En-bloc-Resektion angrenzender Organe erforderlich. Allein die Tumorreduktion erbringt durch eine Verminderung der Hormonproduktion einen günstigen palliativen Effekt. Auch die Lebenserwartung wird durch eine Reduktion der Tumormasse günstig beeinflusst. Dies gilt auch für eine bereits eingetretene Metastasierung. In Abhängigkeit von Zahl und Verteilung der Metastasen muss eine operative Entfernung der Metastasen erwogen werden, da bessere Ausgangsbedingungen für andere Therapieformen geschaffen werden.
17.3.2
Tumoren des Nebennierenmarks: Phäochromozytom
n Definition. Phäochromozytome sind Tumoren des Nebennierenmarks oder der sympathischen Ganglien, die erhebliche Mengen von Adrenalin und/oder Noradrenalin produzieren.
Das chromaffine Gewebe des Nebennierenmarks und die Ganglien des sympathischen Nervensystems leiten sich embryonal vom Neuralrohr ab. Während die Katecholamine Noradrenalin und Dopamin im gesamten sympathi-
17.3.2 Tumoren des Nebennierenmarks: Phäochromozytom Definition
Während die Katecholamine Noradrenalin und Dopamin im gesamten sympathischen Nervensystem synthe-
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702 tisiert werden, kann nur das Nebennierenmark Adrenalin synthetisieren.
Merke
17 Nebenniere schen Nervensystem synthetisiert werden, kann nur das Nebennierenmark Adrenalin synthetisieren. Die Stoffwechselprodukte beider Substanzen wie Normetanephrin, Metanephrin und Vanillinmandelsäure haben diagnostischen Wert. n Merke. Jeder Tumor, der Katecholamine synthetisiert und die entsprechenden Symptome zeigt, muss als Phäochromozytom angesehen und als solches behandelt werden.
Unter den hypertensiven Patienten beträgt die Inzidenz 0,1–1 %. Der Krankheitsgipfel liegt zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr (80 %). Es befinden sich 80–90 % der Tumoren im Nebennierenmark, welche in 80–90 % der Fälle gutartig sind. Extraadrenale Phäochromozytome haben eine höhere Malignitätsrate (20–40 %). 10–20 % dieser Tumoren sind mit einem familiären Syndrom vergesellschaftet. Hierzu gehören: π MEN IIa (Sipple-Syndrom): medulläres Schilddrüsenkarzinom, Hyperparathyreoidismus π MEN IIb: medulläres Schilddrüsenkarzinom, Hyperparathyreoidismus, Neurinome, marfanoider Habitus π Neurofibromatose (von Recklinghausen): zentrale und/oder periphere Neurofibrome. Bei bilateralem Phäochromozytom ist an ein MEN-II-Syndrom zu denken.
Unter den hypertensiven Patienten beträgt die Inzidenz 0,1–1 %. Der Krankheitsgipfel liegt zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr (80 %). Es können jedoch alle Altersstufen betroffen sein. Obwohl das Phäochromozytom entsprechend der Anordnung sympathischer Ganglien und bei jedem sympathischen Gewebe extraadrenal auftreten kann, befinden sich 80–90 % der Tumoren im Nebennierenmark und sind in 80–90 % der Fälle gutartig. Extraadrenale Phäochromozytome haben eine höhere Malignitätsrate (20–40 %). Insbesondere bei familiärem Auftreten im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) sind 10–20 % bilateral angelegt und 5–10 % dieser Tumoren als bösartig zu betrachten. Wiederum 10–20 % dieser Tumoren sind mit einem familiären Syndrom vergesellschaftet. Hierzu gehören: π MEN IIa (Sipple-Syndrom): medulläres Schilddrüsenkarzinom, Hyperparathyreoidismus π MEN IIb: medulläres Schilddrüsenkarzinom, Hyperparathyreoidismus, Neurinome, marfanoider Habitus π Neurofibromatose (von Recklinghausen): zentrale und/oder periphere Neurofibrome. Bei Diagnose eines bilateralen Phäochromozytoms besteht der Verdacht des Vorliegens eines MEN-II-Syndroms (s. a. S. 683).
Symptome. Bei nachgewiesenem Hypertonus ist die Trias von Kopfschmerzen, Schwitzen und Tachykardie mit 94 % Spezifität und 90 % Sensitivität als nahezu diagnostisch zu betrachten. Fehlt die Hypertonie, kann das Phäochromozytom weitestgehend ausgeschlossen werden. Die hypertensiven Episoden können spontan oder nach körperlicher Anstrengung auftreten.
Symptome. Das Charakteristikum des Phäochromozytoms ist der Bluthoch-
Zu beachten ist das mögliche Auftreten von akuten metabolischen Entgleisungen. Hohe Katecholaminspiegel können zur Darmischämie, Neuropeptide zu wässrigen Durchfällen führen.
Diagnose. Bei den Urinbestimmungen gilt der Nachweis der Urinkatecholamine und der Vanillinmandelsäure im 24-Stunden-Urin als Standardverfahren.
Die Plasmakatecholaminbestimmungen sind als Screeningtest nicht geeignet. Nur Werte > 2000 pg/ml für
druck. Dieser kann konstant vorhanden sein oder aber im Sinne von hypertensiven Krisen auftreten. Bei nachgewiesenem Hypertonus ist die Trias von Kopfschmerzen, Schwitzen und Tachykardie als Ausdruck der sympathischen Überfunktion mit 94 % Spezifität und 90 % Sensitivität als nahezu diagnostisch zu betrachten. Fehlt die Hypertonie, kann das Phäochromozytom weitestgehend ausgeschlossen werden. Die hypertensiven Episoden können spontan oder nach körperlicher Anstrengung auftreten. Dies gilt auch für jede Erhöhung des intraabdominellen Drucks (z. B. Betasten des Tumors, Defäkation). Die Dauer eines Anfalls erstreckt sich von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden. Es muss weiterhin beachtet werden, dass es zu akuten metabolischen Entgleisungen wie Laktazidosen, Hypoglykämien, hyperkalzämischen Krisen und zu einer schweren hypokaliämischen Alkalose kommen kann. Bei sehr großen Tumoren mit ausgeprägter Katecholaminproduktion kann es zu Darmischämie mit gastrointestinaler Blutung kommen. Da Phäochromozytome oft auch Neuropeptide (z. B. Somatostatin, Kalzitonin, Gastrin und VIP) sezernieren, können wässrige Durchfälle beobachtet werden.
Diagnose. Die Diagnose teilt sich in die biochemische Sicherung und die
Lokalisationsdiagnostik. Zur Basisdiagnostik gehört die Bestimmung der Basalwerte im Urin und Plasma. Bei den Urinbestimmungen gilt der Nachweis der Urinkatecholamine und der Vanillinmandelsäure im 24-Stunden-Urin als Standardverfahren. Voraussetzung für ein korrektes Ergebnis ist eine aminfreie Diät. Vor der Bestimmung der Vanillinmandelsäure hat sich heute die Bestimmung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin sowie der Metanephrine durchgesetzt. Die Plasmakatecholaminbestimmungen sind als Screeningtest nicht geeignet. Nur Werte > 2000 pg/ml für Noradrenalin oder > 400 pg/ml für Adrenalin sprechen diagnostisch für ein Phäochromozytom.
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17.3.2 Tumoren des Nebennierenmarks: Phäochromozytom Erlauben die basalen Bestimmungen keine eindeutige Aussage, bieten sich Suppressionstests zur weiteren Diagnostik an. Der Clonidintest beruht auf der zentral wirksamen a-Blockade durch peroral verabreichtes Clonidin (Catapressan, 0,3 mg/70 kg KG). Die Blutdruckwerte werden bei fast allen Patienten unabhängig von der Ursache fallen. Die Bestimmung der Plasmakatecholamine erfolgt vor und 3 Stunden nach der Einnahme. Unter physiologischen Bedingungen werden die Katecholaminspiegel abnehmen. Liegt ein Phäochromozytom vor, bleiben die Plasmakatecholaminspiegel gleich oder steigen an. Stimulationstests in der Diagnostik des Phäochromozytoms sind gefährlich, gelten als obsolet und wurden deshalb weitestgehend verlassen. Ist das Phäochromozytom biochemisch gesichert, erfolgt die Lokalisationsdiagnostik mit den bekannten bildgebenden Verfahren. Hierbei hat sich die Computertomographie als sehr zuverlässig erwiesen. Tumoren > 1 cm können hiermit sicher nachgewiesen werden. Mit gleicher Treffsicherheit von 95 % kann die Magnetresonanztomographie eingesetzt werden. Sie gestattet zusätzlich eine Aussage über die zu erwartende Histologie der Nebennierenveränderungen ( 1 B-17.5).
1 B-17.5
703 Noradrenalin oder > 400 pg/ml für Adrenalin sprechen diagnostisch für ein Phäochromozytom. Der Clonidintest beruht auf der zentral wirksamen a -Blockade durch peroral verabreichtes Clonidin (Catapressan, 0,3 mg/70 kg KG). Unter physiologischen Bedingungen werden die Katecholaminspiegel abnehmen. Liegt ein Phäochromozytom vor, bleiben die Plasmakatecholaminspiegel gleich oder steigen an. Die Lokalisationsdiagnostik erfolgt mit Computertomographie und Magnetresonanztomographie ( 1 B-17.5).
CT-Darstellung bei Phäochromozytom CT-Darstellung eines beidseitigen Phäochromozytoms ( Á) bei einem 47-jährigen Mann.
Ist durch die Schnittbildverfahren kein Nachweis zu erbringen, ist eine Szintigraphie mit 131J-Metaiodobenzylguanidin (131 J-MIBG) angezeigt. Die molekulare Struktur von MIBG ähnelt dem Noradrenalin und wird deshalb im chromaffinen Gewebe und adrenalen Nervensystem angereichert. Mit diesem Verfahren lassen sich 85–90 % aller Phäochromozytome nachweisen. Vor der Untersuchung muss die Schilddrüse blockiert werden, um die Aufnahme des 131J zu hemmen. Die Untersuchung dauert dann 2 bis maximal 4 Tage. In seltenen Fällen, die mit den obigen Verfahren zu keinem Ergebnis führen, können angiographische Untersuchungen erforderlich werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Patienten adäquat a-blockiert sind, um bei der Untersuchung keine lebensbedrohliche hypertensive Krise auszulösen. Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen gehören die arterielle Hypertonie anderer Genese, die Hyperthyreose und die Hypoglykämie. Zudem die Alkoholentzugssymptomatik, die Einnahme von MAO-Hemmern, Panikattacken und die Hyperventilation.
Therapie. Die Therapie der Wahl besteht in der operativen Beseitigung des
Tumors. Aufgrund der zu erwartenden Katecholaminausschüttung bei der Narkoseeinleitung und der Operation ist eine medikamentöse Vorbehandlung zwingend. n Merke. Die Operation eines Phäochromozytoms ohne Prämedikation eines a-Rezeptorenblockers stellt einen Therapiefehler dar.
Ist durch die Schnittbildverfahren kein Nachweis zu erbringen, ist eine Szintigraphie mit 131 J-Metaiodobenzylguanidin (131 J-MIBG) angezeigt.
Ist mit den obigen Verfahren kein Ergebnis zu erzielen, können angiographische Untersuchungen erforderlich werden (selten). Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen gehören die arterielle Hypertonie anderer Genese, die Hyperthyreose und die Hypoglykämie. Therapie. Therapie der Wahl ist die Operation. Wegen der Katecholaminausschüttung bei der Narkoseeinleitung und Operation ist eine medikamentöse Vorbehandlung zwingend ( a -Rezeptorenblocker). Merke
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704
Bei Blutdruckspitzen können Kalziumantagonisten eingesetzt werden. Die a -Blockade sollte vor der b -Blockade erfolgen, um keine hypertensive Krise auszulösen.
17 Nebenniere π Medikamentöse Therapie: 7–14 Tage vor der Operation sollte die Therapie mit einem a-Rezeptorenblocker (Phenoxybenzamin) eingeleitet werden. Die Anfangsdosis beträgt 2 « 10 mg täglich und sollte auf eine durchschnittliche Dosis von 0,5–1 mg/kg KG täglich gesteigert werden. Die hohen Dosen sind erforderlich, um den Blutdruck der Patienten zu senken und andererseits das Plasmavolumen zu normalisieren. Da Kalzium für die Freisetzung von Katecholaminen aus den endokrinen Zellen notwendig ist, können bei Blutdruckspitzen auch Kalziumantagonisten (z.B. Nifedipin 10 mg sublingual) eingesetzt werden. Die Applikation von b-Rezeptorenblockern ist in der Regel nicht erforderlich. In jedem Fall sollte die a- vor der b-Blockade erfolgen, da sonst die verstärkte Adrenalinwirkung auf die a-Rezeptoren eine hypertensive Krise auslösen kann.
n Merke. Präoperative Morphingaben sollten wegen der Möglichkeit der Katecholaminfreisetzung vermieden werden.
Merke
Bei hypertensiven Krisen während der Operation kann die Gabe von b-Blockern erforderlich werden. Sobald der Tumor entfernt ist, wird ein Blutdruckabfall ausschließlich durch Volumensubstitution und nicht durch erneute Katecholamingaben reguliert.
Bei hypertensiven Krisen während der Operation, Tachykardien (z.B. Phentolamin) oder katecholamininduzierten Arrhythmien kann jedoch die Gabe von b-Blockern (z.B. Propranolol) erforderlich werden. Sobald der Tumor entfernt ist, wird sowohl intra- als auch postoperativ ein Blutdruckabfall ausschließlich durch Volumensubstitution und nicht durch erneute Katecholamingaben reguliert.
π Operative Therapie: Soweit möglich, sollte die Resektion des gesamten Tumors erfolgen. Um einer ungewollten Hormonausschüttung zu entgehen ist perioperativ Druck auf den Tumor zu vermeiden. Die Differenzierung, ob ein Phäochromozytom benigne oder maligne ist, ist nach histologischen Kriterien nicht möglich. Lediglich Gefäßinvasionen und die Metastasierung in andere Organe deuten auf die Malignität hin. Eine sinnvolle Strahlen- oder Chemotherapie steht zur Zeit nicht zur Verfügung, sodass eine Lebensverlängerung nur durch wiederholte Resektionen von Lokalrezidiven oder Metastasen erreicht werden kann. π Verlaufskontrollen: Es sollten postoperativ in 6-monatigen Abständen und später in Jahresintervallen Blutdruckkontrollen, Bestimmung der Katecholamine im 24-Stunden-Urin und Oberbauchsonographien vorgenommen werden.
π Operative Therapie: Soweit möglich, sollte die Resektion des gesamten Tumors erfolgen. Perioperativ sollte kein Druck auf den Tumor ausgeübt werden, um eine unbeabsichtigte Hormonausschüttung zu vermeiden. Bei einem benignen Phäochromozytom werden schließlich bei der paroxysmalen Hypertonie 95 % der Patienten und bei der kontinuierlichen Hypertonie 70 % normotensiv. Die Differenzierung, ob ein Phäochromozytom benigne oder maligne ist, ist nach histologischen Kriterien anhand der Zellstruktur nicht möglich. Lediglich Gefäßinvasionen und die Metastasierung in andere Organe deuten auf die Malignität hin. Die Metastasierung erfolgt in die Lymphknoten, Leber, Lunge und das Skelettsystem. Eine sinnvolle Strahlen- und Chemotherapie steht zur Zeit nicht zur Verfügung, sodass eine Lebensverlängerung nur durch wiederholte Resektionen von Lokalrezidiven oder Metastasen erreicht werden kann.
17.3.3 Hormoninaktive Nebennierentumoren (Inzidentalom)
17.3.3
Definition
Symptome. Per definitionem darf das Inzidentalom keine richtungweisende Symptomatik aufweisen.
Verlaufskontrollen: Da histomorphologisch keine Differenzierung der Dignität möglich ist, sind Verlaufskontrollen sinnvoll. Bei einem als benigne eingestuften Phäochromozytom sollten postoperativ in 6-monatigen Abständen und später in Jahresintervallen Blutdruckkontrollen, Bestimmung der Katecholamine im 24-Stunden-Urin und Oberbauchsonographien vorgenommen werden.
π
Hormoninaktive Nebennierentumoren (Inzidentalom)
n Definition. Inzidentalome sind hormoninaktive Nebennierentumoren, die im Rahmen einer bildgebenden Diagnostik aus anderen Gründen zufällig entdeckt wurden. Sie gelten als die häufigsten pathologischen Veränderungen der Nebenniere. Ihre Inzidenz beträgt in Autopsiestatistiken 1,4–8,7 %).
Symptome. Per definitionem darf das Inzidentalom keine richtungweisende
Symptomatik aufweisen. Trotzdem muss nach endokriner Aktivität gesucht werden, da symptomarme Phäochromozytome und Kortisol sezernierende Adenome nicht ungewöhnlich sind.
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705
17.3.3 Hormoninaktive Nebennierentumoren (Inzidentalom)
n Merke. Das Fehlen spezifischer Beschwerden oder klinischer Zeichen schließt eine endokrine Aktivität der zufällig diagnostizierten Nebennierenraumforderung nicht aus.
Diagnose. Bei kleinen Tumoren deren Durchmesser 2 cm unterschreitet, ist
selten eine endokrine Aktivität nachweisbar. Bei größeren Tumoren steigt die Wahrscheinlichkeit der autonomen Hormonsekretion. Aus diesem Grund sollte bei allen Tumoren > 1 cm oder verdächtiger Klinik eine endokrinologische Basisdiagnostik erfolgen. Diese umfasst die Bestimmung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin im 24-Stunden-Urin, um asymptomatische Phäochromozytome zu erfassen. Zum Nachweis einer klinisch inapparenten Kortisolproduktion eignet sich der Dexamethason-Kurztest. Hierbei weist der Nachweis einer Serumkortisolkonzentration zwischen 3 und 5 mg/dl auf ein kortisolproduzierendes Adenom hin. Bei arterieller Hypertonie und gleichzeitiger spontaner Hypokaliämie muss ein Conn-Syndrom ausgeschlossen werden. In Abhängigkeit vom vorausgegangenen bildgebenden Verfahren das zur Diagnose des Inzidentaloms geführt hat ( 1 B-17.6), können weitere Darstellungen erforderlich werden. Hierbei bewährt sich die Kernspintomographie, die eine Aussage zur Dignität der Raumforderung bieten kann.
1 B-17.6
Merke
Diagnose. Bei allen Tumoren > 1 cm oder verdächtiger Klinik sollte eine endokrinologische Basisdiagnostik erfolgen. Diese umfasst die Bestimmung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin im 24-h-Urin, um asymptomatische Phäochromozytome zu erfassen. Der Dexamethason-Kurztest eignet sich zum Nachweis einer inapparenten Kortisolproduktion. Bei Hypertonie und Hypokaliämie muss ein Conn-Syndrom ausgeschlossen werden. Die Kernspintomographie kann eine Aussage zur Dignität bieten.
CT-Darstellung eines Inzidentaloms »Inzidentalom« bei einer 64-jährigen Frau. Der Tumor ( Á) konnte als Myelolipom identifiziert werden und bedurfte bei Beschwerdefreiheit keiner Resektion.
Sonographie- und CT-gesteuerte Punktionen der Nebennierenprozesse sind in der Regel nicht erforderlich, da das gewonnene Material keine Differenzierung zwischen einem Nebennierenadenom oder -karzinom erlaubt. Eine Ausnahme stellt der Verdacht auf eine Nebennierenmetastase im Rahmen eines Tumorstagings dar. Vor einer Punktion muss in jedem Fall ein Phäochromozytom ausgeschlossen werden, da die Punktionen hypertone Krisen auslösen können.
Therapie. Das therapeutische Vorgehen wird durch den Nachweis einer
endokrinen Aktivität und die Größe des Tumors bestimmt. Bei Tumoren < 1 cm wird auf eine weitergehende Diagnostik verzichtet. Endokrin aktive Tumoren werden operativ entfernt. Ist der Tumor hormoninaktiv, entscheidet seine Größe über das weitere Vorgehen. Es besteht Übereinstimmung, dass Tumoren > 6 cm aufgrund ihres malignen Potentials eine Indikation zur Operation darstellen. Tumoren < 3 cm können unter regelmäßiger Beobachtung bleiben. Aus einer Wachstumstendenz ergibt sich hier die Indikation zur Operation. Das Vorgehen bei Tumoren zwischen 3 und 6 cm ist umstritten. Auch hier besteht die Tendenz zur Verlaufskontrolle ( 1 B-17.7).
Vor einer Punktion im Rahmen der Metastasendiagnostik muss ein Phäochromozytom ausgeschlossen werden. Therapie. Endokrin aktive Tumoren werden operativ entfernt. Tumoren > 6 cm stellen aufgrund ihres malignen Potentials eine Indikation zur Operation dar. Tumoren < 3 cm können unter regelmäßiger Beobachtung bleiben. Das Vorgehen bei Tumoren zwischen 3 und 6 cm ist umstritten ( 1 B-17.7).
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706
17 Nebenniere
1 B-17.7
Synopsis Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei Inzidentalom
< 1 cm
Inzidentalom
> 1 cm
endokrine Diagnostik • Katecholamine im 24-Stunden-Urin • Kortisol nach Dexamethason-Kurztest • K+, RR, (PRA)
normal
< 6 cm Verlaufskontrolle nach 3–6 Monaten (Sonographie ggf. CT)
pathologisch
> 6 cm
Malignomverdacht
Adrenalektomie
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707 18
Retroperitoneum
18
Retroperitoneum
Allgemeines
Arnd Böhle 18.1
Allgemeines
18.1
18.1.1
Anatomie
18.1.1 Anatomie
Das Retroperitoneum beschreibt das dorsal des Peritoneums intraabdominell gelegene Kompartment. Es wird nach kranial durch das Diaphragma, nach ventral durch das Peritoneum, nach dorsal durch Wirbelsäule und knöchernes Becken und nach kaudal durch die Linea terminalis des kleinen Beckens begrenzt.
Das Retroperitoneum beschreibt das dorsal des Peritoneums intraabdominell gelegene Kompartment.
Im Retroperitoneum liegen: π Niere π Nebenniere π Ureteren π Aorta abdominalis π V. cava inferior π Lymphgefäße und Lymphknoten π Truncus et ganglia sympathicus π Plexus des vegetativen Nervensystems. In partiell retroperitonealer Lage liegen: π Pankreas π Duodenum π Colon ascendens π Colon descendens.
18.1.2
Diagnostik und Therapie
Zur diagnostischen Beurteilung des Retroperitoneums kommen die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen in Betracht: π Konventionelle Röntgenaufnahme des Abdomens: In der Abdomenübersichtsaufnahme lassen sich im Retroperitoneum röntgendichte Konkremente z.B. bei einer Urolithiasis darstellen. Ebenso können retroperitoneale Verkalkungen im Rahmen einer Pankreatitis bildgebend sein. π Sonographie: Sonographisch lassen sich die retroperitoneal gelegenen parenchymatösen Organe, die ableitenden Harnwege und die retroperitonealen großen Gefäße morphologisch beurteilen. In Kombination mit der Duplexsonographie kann zusätzlich eine Aussage über das intravasale Flussmuster getroffen werden, was z.B. Hinweis auf das Vorliegen von Nierenarterienabgangsstenosen geben kann. π I.v. Urographie: Durch intravenöse Applikation eines renal eliminierten Kontrastmittels erfolgt die Darstellung des urogenitalen Hohlsystems. Neben der direkten Beurteilung von Nierenbecken, Ureteren und Harnblase lässt z.B. eine Verlagerung der Ureteren indirekt auf raumfordernde Prozesse des Retroperitoneums schließen.
18.1.2 Diagnostik und Therapie Folgende diagnostische Maßnahmen kommen in Betracht: konventionelle Röntgenaufnahme des Abdomens: Darstellung schattengebender Konkremente und Verkalkungen.
π
Sonographie: Darstellung parenchymatöser Organe, der ableitenden Harnwege und der retroperitonealen Gefäße.
π
i.v. Urographie: Darstellung der ableitenden Harnwege.
π
n Merke. Eine Verlagerung der Ureteren kann auf einen raumfordernden Prozess hinweisen. π Computertomographie: Die Computertomographie des Retroperitoneums erlaubt die morphologische Beurteilung der retroperitonealen parenchymatösen Organe und Gefäße. Das hohe Auflösungsvermögen der Computertomographie ermöglicht zusätzlich eine Abgrenzung retroperitonealer Strukturen gegeneinander, was insbesondere für die Beurteilung einer möglichen
Merke
Computertomographie: Darstellung retroperitonealer parenchymatöser Organe und Gefäße mit hoher Auflösung, die eine Beurteilung möglicher Infiltrationen erlaubt.
π
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708
π
Magnetresonanztomographie: Im Vergleich zur Computertomographie ist eine noch sensiblere Abgrenzung möglich ( 1 B-18.1).
18 Retroperitoneum Infiltration retroperitonealer Strukturen durch retroperitoneale Tumoren im Rahmen der präoperativen Therapieplanung von Bedeutung ist. π Magnetresonanztomographie: Die Magnetresonanztomographie bietet im Vergleich zur Computertomographie eine noch sensiblere Differenzierung der retroperitoneal gelegenen Strukturen und findet daher insbesondere in der chirurgischen Behandlungsplanung maligner retroperitonealer Tumoren Anwendung ( 1 B-18.1).
1 B-18.1
Retroperitoneale Tumordiagnostik mittels Magnetresonanztomographie Darstellung eines links paravertebral gelegenen Tumors ( Á) (extraossäres Ewing-Sarkom).
Der chirurgische Zugang erfolgt in Abhängigkeit vom geplanten Eingriff als transperitoneale mediane oder quere Laparotomie oder als Flankenschnitt bei extraperitonealem Zugang ( 1 B-18.2).
Der chirurgische Zugang zum Retroperitoneum erfolgt in Abhängigkeit vom geplanten Eingriff. Der Zugang erfolgt meist als transperitoneale mediane oder quere Laparotomie, welche auch eine Erweiterung des Eingriffes problemlos ermöglicht. Darüber hinaus steht ein ventraler (pararektale Schnittführung) extraperitonealer Zugang zur Verfügung ( 1 B-18.2).
1 B-18.2
Synopsis Chirurgische Zugänge zum Retroperitoneum
2 3 1
1 mediane Laparotomie 2 quere Laparotomie 3 laterodorsaler Flankenschnitt
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709
18.2.1 Entzündliche Erkrankungen Die chirurgische Behandlung von Erkrankungen der im Retroperitoneum befindlichen parenchymatösen Organe, Hohlorgane und Gefäße ist Gegenstand spezifischer Kapitel und findet im Rahmen dieser Übersicht keine Erwähnung.
18.2
18.2.1
Spezifische Erkrankungen des Retroperitoneums
18.2
Entzündliche Erkrankungen
Spezifische Erkrankungen des Retroperitoneums
18.2.1 Entzündliche Erkrankungen
Retroperitoneale Fibrose
Retroperitoneale Fibrose
Ätiologie. Die primäre idiopathische retroperitoneale Fibrose (Morbus
Ätiologie. Die primäre idiopathische retroperitoneale Fibrose (Morbus Ormond) unbekannter Ätiologie wird von der sekundären unspezifischen Fibrose (Ormond-Syndrom) unterschieden.
Symptome. In allen Fällen führt ein subakuter, chronisch entzündlicher
Symptome. Die Fibrose des retroperitonealen Fettgewebes kann chronische Schmerzzustände oder auch einen konsekutiven Harnaufstau bewirken.
Therapie. Die chirurgische Therapie besteht in der streckigen Freilegung der
Therapie. Sie besteht in der operativen Freilegung der Ureteren.
Retroperitonealabszess
Retroperitonealabszess
Ätiologie. Retroperitoneal gelegene Abszesse können zum einen Folge einer
Ätiologie. Die Abszessausbreitung kann Folge einer hämatogenen oder lymphogenen Streuung sein oder entsteht per continuitatem aus der Bauchhöhle ( 1 B-18.3).
Ormond) ist ätiologisch nicht gesichert. Die sekundäre unspezifische retroperitoneale Fibrose (Ormond-Syndrom) wird durch entzündliche Prozesse im Rahmen rheumatischer Erkrankungen als paraneoplastische Erscheinung im Rahmen von Tumorerkrankungen, als unerwünschte Nebenwirkung nach Langzeitbehandlung mit Methysergid oder nach Strahlentherapie hervorgerufen.
Prozess zum Ersatz des retroperitonealen Fettgewebes durch derbes Bindegewebe. Folgen können sowohl chronische Schmerzzustände durch Ummauerung retroperitoneal gelegener Nerven als auch die Entwicklung einer progredienten Hydronephrose infolge Ummauerung der Ureteren mit konsekutivem Harnaufstau sein.
Ureteren und in deren Umwicklung mit Omentum majus zur Prophylaxe einer entzündlichen Restenosierung.
hämatogenen oder lymphogenen Streuung von pathogenen Keimen sein, zum anderen können sie per continuitatem infolge entzündlicher, intraabdominell gelegener Prozesse entstehen (z.B. perforierende Appendizitis, akute Pankreatitis) ( 1 B-18.3).
1 B-18.3
Retroperitonealabszess Ausgedehnter retroperitonealer Abszess ( Á) bei Pankreatitis.
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710
18 Retroperitoneum
Symptome. Klinisch imponieren Fieber und Flankenschmerz, laborchemisch eine Leukozytose.
Symptome. Retroperitoneale Abszedierungen treten klinisch durch Fieber
Therapie. Neben der Herdsanierung muss die Abszesshöhle dräniert werden ( 1 B-18.4).
Therapie. Neben der Herdsanierung ist die Dränage der Abszesshöhle durch
und Schmerzen in Erscheinung, welche v.a. in den Flanken lokalisiert werden, aber auch bis in die Leisten ausstrahlen können. Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich eine Klopfschmerzhaftigkeit im Flankenbereich. Gelegentlich kann ein reaktiver Pleuraerguss Ausdruck eines retroperitonealen Abszesses sein. Laborchemisch imponieren Leukozytose und ein Ansteigen der Entzündungsparameter wie z.B. dem C-reaktiven Protein.
eine offene chirurgische Dränage oder durch einen perkutan platzierten Spül-Saug-Katheter indiziert ( 1 B-18.4). Die Katheterplatzierung wird sonographisch oder computertomographisch gesteuert.
1 B-18.4
Retroperitonealer Abszess nach perkutaner Dränage (Á)
Retroperitoneale Blutung
18.2.2 Retroperitoneale Blutung
18.2.2
Ätiologie. Hauptursachen sind Traumata, Aneurysmarupturen, urologische Verletzungen oder Gerinnungsstörungen.
Ätiologie. Traumen (z.B. Wirbelkörper- oder Beckenringfrakturen), Gefäßverletzungen (z.B. Aneurysmaruptur), Tumoreinblutungen, Verletzungen des Urogenitaltraktes oder Antikoagulanzien können zu retroperitonealen Blutungen führen.
Symptome. Diese sind von der Blutungsstärke abhängig. Ausgedehnte Blutungen führen zum Volumenmangelschock.
Symptome. Die Symptomatik variiert in Abhängigkeit von der Stärke der Blutung. Kleinere Blutungen bleiben häufig symptomlos, größere Blutungen können zum Volumenmangelschock führen. Retroperitoneale Schmerzen mit Ausstrahlung in die Schulter oder Leiste sind möglich. Evtl. entwickelt sich reaktiv ein paralytischer Ileus.
Merke
Therapie. Sie hängt im Wesentlichen von der Ursache ab. Ein frei oder gedeckt perforiertes Aortenaneurysma verlangt eine sofortige chirurgische Intervention. Beim kreislaufstabilen Patienten mit retroperitonealem Hämatom ist die konservative Behandlung mit Volumensubstitution angezeigt. Schockzustände verlangen eine chirurgische Blutstillung.
n Merke. Rupturiert das dorsale parietale Peritoneum, können primär retroperitoneale zu intraperitonealen Blutungen werden und so eine intraperitoneale Verletzung vortäuschen.
Therapie. Die Behandlung der akuten retroperitonealen Blutung hängt in
wesentlichem Maße von ihrer Ursache ab. So verlangt z.B. ein frei oder gedeckt perforiertes Aortenaneurysma die sofortige chirurgische Intervention. Eine retroperitoneale Einblutung infolge einer komplexen Beckenringfraktur setzt die Stabilisierung der Fraktur zur Blutungskontrolle voraus. Demgegenüber steht die konservative Behandlung des retroperitonealen Hämatoms beim kreislaufstabilen Patienten, z.B. infolge eines stumpfen Abdominaltraumas. Die Blutung sistiert hier häufig durch Selbsttamponade; eine Eröffnung des Retroperitoneums im Rahmen der chirurgischen Exploration kann zu fatalen Blutungskomplikationen führen.
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18.2.3 Neubildungen 18.2.3
Neubildungen
18.2.3 Neubildungen
Man unterscheidet Tumoren, die primär im Retroperitoneum entstehen (mesenchymal, neurogen, epithelial oder dysontogenetisch) von den sekundären, meist metastatischen Tumoren anderer Primärlokalisation ( 2 B-18.1). Ca. 60 % aller retroperitonealen Tumoren sind maligne.
2 B-18.1
Primär retroperitoneale Tumoren müssen von sekundären (meist metastatischen Tumoren) unterschieden werden ( 2 B-18.1). Ca. 60 % aller retroperitonealen Tumoren sind maligne.
Klassifizierung retroperitonealer Tumoren
Ausgangsgewebe
benigne
maligne
N Fettgewebe n
N Lipom n
N Liposarkom n
N Bindegewebe n
N Fibrom n
N Fibrosarkom n
N Muskulatur n
N Leiomyom n
N Leiomyosarkom n
N Lymphgefäße n
N Lymphangiom n Myxom
N Lymphangiosarkom n Myxosarkom
N Blutgefäße n
N Hämangiom n
N Hämangiosarkom n
N Bindegewebe n
N Histiozytom n
N malignes Histiozytom n
N Synovia n
N Synoviom n
N Synovialsarkom n
N periphere Nerven n
N Neurinom n
N Neurosarkom n
N sympathisches n Nervensystem
N Ganglioneurom n
N Neuroblastom n
N Knorpelgewebe n
N Chondrom n
N Chondrosarkom n
N Knochengewebe n
N Osteom n
N Osteosarkom n
N Paraganglion n
N Paragangliom n
N dysontogenetisch n
N Teratom n
N Teratokarzinom n
Symptome. Der palpable Tumor ist häufig Erstsymptom. Daneben können Flankenschmerzen und uncharakteristische Symptome wie Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust auftreten. Ileus, Nierenversagen und neurologische Ausfälle zählen zu den Spätsymptomen.
Symptome. Der palpable Tumor ist häufig Erstsymptom, daneben sind Flankenschmerzen und B-Symptomatik möglich.
Therapie. Bei primären Tumoren ist in jedem Fall die frühzeitige und komplette Entfernung des Tumors (inklusive Pseudokapsel) anzustreben ( 1 B-18.5). Dies gilt auch für benigne Tumoren, da die Gefahr der malignen Entartung und der Rezidivbildung besteht. Die operative Problematik ergibt sich aus der oft späten Diagnosestellung bei dann schon weit fortgeschrittenen Prozessen und aus der häufigen Mitbeteiligung benachbarter Organstrukturen. Bei sekundär metastatischen Prozessen und nicht vollständig resektablen primären Tumoren kann eine adjuvante Radio- und Chemotherapie erwogen werden. In jedem Fall muss eine individuelle Therapieentscheidung erfolgen. Neben dem biologischen Zustand des Patienten sind die chirurgische Resektabilität, die sichere Kontrolle des Primärtumors und der Ausschluss einer anders gearteten systemischen Metastasierung zu klären.
Therapie. Bei primären Tumoren ist in jedem Fall die radikale operative Tumorentfernung anzustreben ( 1 B-18.5).
Prognose. Die Prognose primär retroperitonealer Malignome ist insgesamt
Prognose. Insgesamt ungünstig, da die Quote kurativer Resektionen bei nur 10–15 % liegt und zudem häufig Lokalrezidive zunehmenden Malignitätsgrades auftreten.
ungünstig. Die 5-Jahres-Überlebensrate wird mit 10–40 % angegeben. Ursachen sind das hohe Malignitätspotenzial dieser Tumoren, eine Resektionsquote mit kurativem Ansatz von nur 10–15 % sowie die hohe Inzidenz von Lokalrezidiven, die häufig mit einer Zunahme des Malignitätsgrades einhergehen.
Bei sekundär metastatischen Prozessen und nicht vollständig resektablen primären Tumoren kann eine adjuvante Radio- und Chemotherapie erwogen werden.
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18 Retroperitoneum
1 B-18.5
Synopsis Diagnostik und Therapie eines retroperitoneal gelegenen Liposarkoms
a Computertomographie des Abdomens mit Darstellung einer riesigen, vom Retroperitoneum ausgehenden Raumforderung (Liposarkom), welche fast den gesamten Ober- und Mittelbauch ausfüllt.
b Die Niere ist durch den Tumor weit nach ventral verlagert.
c Intraoperativer Befund mit Darstellung der lipomatösen Raumforderung nach Ablösung des linken Kolons von der lateralen Bauchwand.
d Resektat nach Entfernung.
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713
Brustdrüse
19
19
Brustdrüse
19.1
Anatomie
Michael Dürig 19.1
Anatomie
Trotz variabler Größe bleibt die Basis der erwachsenen Brust nahezu konstant. Sie erstreckt sich von der 2. bis zur 6. Rippe in der Medioklavikularlinie und liegt den Mm. pectoralis major, serratus anterior sowie obliquus externus auf. Nach medial reicht sie bis an das Sternum und nach lateral bis an die mittlere Axillarlinie. Im Hinblick auf chirurgische Maßnahmen ist die Kenntnis der Faszienverhältnisse von Bedeutung. Die Mamma liegt der Fascia pectoralis auf, die ihre Fortsetzung in der Lamina superficialis fasciae cervicalis findet. Lateral liegt die Fascia axillaris und kaudal die Fascia abdominalis superficialis. Zwischen der Brust und der Fascia pectoralis befindet sich interstitielles Bindegewebe, das die Verschieblichkeit der Brust gegen die vordere Brustwand gewährleistet. Eine zusätzliche Fixation der Mamma, insbesondere im kranialen Bereich, erfolgt durch Faserbündel, die auch in die Haut einstrahlen (Cooper-Bänder). Die Mamma besteht aus dem Drüsenkörper, der sich aus 15–20 Drüsenlappen zusammensetzt. Jeder Drüsenlappen, der aus 10–15 Läppchen (Lobuli) besteht, entsendet einen Milchgang, der über einen kleinen Milchsack in der Mamille mündet. Die Drüsen und Milchgänge sind von gefäß- und fettreichem derbem Bindegewebe umgeben ( 1 B-19.1).
1 B-19.1
Die erwachsene Brust erstreckt sich von der 2. bis zur 6. Rippe in der Medioklavikularlinie und liegt den Mm. pectoralis major, serratus anterior sowie obliquus externus auf. Die Mamma liegt auf der Fascia pectoralis. Kranial liegt die Lamina superficialis fasciae cervicalis, lateral liegt die Fascia axillaris und kaudal die Fascia abdominalis superficialis. Die Fixation der Mamma erfolgt durch Faserbündel, die in die Haut einstrahlen (Cooper-Bänder).
Die Mamma besteht aus dem Drüsenkörper mit 15–20 Drüsenlappen, die von fett- und gefäßreichem derbem Bindegewebe umgeben sind ( 1 B-19.1).
Synopsis Anatomie der Brustdrüse
M. pectoralis major
Retinacula cutis (Cooper-Ligamente)
M. pectoralis minor
Lobuli glandulae mammariae Ductus lactiferi (Milchgänge)
Fascia pectoralis
Sinus lactiferi Papilla mammae M. intercostalis
Lobus glandulae mammariae Haut
n Merke. Ein Tumorbefall der Cooper-Ligamente führt zu deren Verkürzung und einer Fixation der darüber liegenden Haut. Eine Tumorinvasion der Ductus lactiferi resultiert in einer eingezogenen Mamille. Eine Tumorinvasion der Faszie des M. pectoralis major führt zu einer Aufrichtung der erkrankten Brust.
Die arterielle Gefäßversorgung erfolgt sowohl über die Rr. mammarii mediales der A. mammaria (thoracica) interna als auch die Rr. intercostales anteriores. Von lateral erfolgt die arterielle Versorgung über die Aa. intercostales posteriores und die A. thoracica lateralis, die der A. axillaris entspringt ( 1 B-19.2). Der venöse Abfluss erfolgt in die Vv. thoracicae internae und laterales.
Merke
Die arterielle Gefäßversorgung erfolgt sowohl über die Rr. mammarii mediales der A. mammaria (thoracica) interna als auch die Rr. intercostales anteriores. Von lateral erfolgt die arterielle Versorgung über die Aa. intercostales posteriores und die A. throacica lateralis, die der A. axillaris entspringt ( 1 B-19.2). Der venöse Abfluss erfolgt in die Vv. thoracicae internae und laterales.
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714 1 B-19.2
19 Brustdrüse
Synopsis Arterielle Versorgungsschemata der weiblichen Brust
1
1
2
2
2 3
3 a Gefäßversorgung bei 18 %.
b Gefäßversorgung bei 30 %.
c Gefäßversorgung bei 50 %.
1 A. axillaris 2 A. mammaria (thoracica) interna 3 A. intercostalis posterior
Die Lymphdränage der Mamma erfolgt im Wesentlichen entlang der Blutgefäße ( 1 B-19.3).
Die Lymphdränage der Mamma erfolgt im Wesentlichen entlang der Blutgefäße. Das weitverzweigte Netz der Lymphgefäße kann in ein oberflächliches (subkutan gelegen) und ein tiefes System unterteilt werden ( 1 B-19.3).
1 B-19.3
Synopsis Lymphdränage der Brustdrüse
5
4 2
3
1
6
Die regionären Lymphknoten der Brustdrüse: 1 Nodi lymphatici axillares 4 Nodi lymphatici interpectorales 2 Nodi lymphatici infraclaviculares 5 Nodi lymphatici supraclaviculares 3 Nodi lymphatici parasternales 6 Nodi lymphatici paramammarii
Merke
Das tiefe System beginnt mit Lymphkapillaren an den Drüsenendstücken. Regionäre Filterstationen der Drüsenkörper sind die axillären Lymphknoten, die den quantitativ größten Anteil der Lymphe aus der Mamma aufnehmen.
n Merke. Eine Blockade der oberflächlichen Lymphbahnen führt zum Ödem und dem Bild der »Orangenhaut« (peau d’orange).
Das tiefe System beginnt mit Lymphkapillaren an den Drüsenendstücken. Regionäre Filterstationen der Drüsenkörper sind die axillären Lymphknoten, die den quantitativ größten Anteil der Lymphe aus der Mamma aufnehmen. Sie werden als erstes von Metastasen befallen und sind chirurgisch relativ einfach zugänglich. Diese Lymphknotengruppe besteht aus 30–60 Lymphknoten, die in einzelne Gruppen unterteilt werden können. Die wich-
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715
19.1 Anatomie tigste Gruppe liegt zwischen V. axillaris, A. thoracodorsalis und A. thoracica lateralis. Als zahlenmäßig größte Gruppe wird sie am häufigsten von Metastasen befallen. Die axillären Lymphknoten werden über die infra- und supraklavikulären Lymphknoten dräniert. Hierbei erhalten die infraklavikulären Lymphknoten direkte Zuflüsse aus der Mamma oder über die paramammären oder interpektoralen Lymphknoten (Rotter-Lymphknoten). Der mediale Abschnitt der Mamma dräniert über die parasternalen Lymphknoten, die entlang der Vasa thoracica verlaufen, wobei auch die interkostalen Lymphknoten der Zwischenrippenräume I-IV Lymphe aus diesem Bereich aufnehmen und in die supraklavikulären oder mediastinalen Lymphknoten dränieren. Der metastatische Lymphknotenbefall wird von der Tumorlage bestimmt. Zentrale Tumoren der Brustdrüse metastasieren in 43 % in die parasternalen Lymphknoten, lateral lokalisierte Karzinome in 15 % und medial gelegene in ca. 30 %. Aus onkochirurgischer Sicht werden die axillären Lymphknoten in »Levels« (Etagen) eingeteilt. Level I umfasst die zentralen und pektoralen Lymphknoten. Level II betrifft die interpektoralen Lymphknoten, während Level III die infra- und supraklavikulären Lymphknoten erfasst ( 1 B-19.4).
1 B-19.4
Synopsis Lymphknotenetagen der Axilla
Als zahlenmäßig größte Gruppe werden die axillären Lymphknoten als erstes und am häufigsten von Metastasen befallen. Der mediale Abschnitt der Mamma dräniert über die parasternalen Lymphknoten.
Aus onkochirurgischer Sicht werden die axillären Lymphknoten in »Levels« (Etagen) eingeteilt. Level I umfasst die zentralen und pektoralen Lymphknoten. Level II betrifft die interpektoralen Lymphknoten, während Level III die infra- und supraklavikulären Lymphknoten erfasst ( 1 B-19.4).
Level III Level II Level I
Level I: untere axilläre Gruppe bis zum lateralen Rand des M. pectoralis minor Level II: mittlere axilläre Gruppe, dorsal des M. pectoralis minor Level III: obere, infraklavikuläre Gruppe, medial des M. pectoralis minor. Der Brustdrüsenkörper wird zur Befunderhebung in 4 Quadranten eingeteilt. Der obere äußere Quadrant hat einen Ausläufer zur Axilla.
n Merke. Brustkrebs metastasiert in 30 % lymphatisch und in 50 % über die Venen. In 20 % liegt eine lokale Infiltration vor.
Die sensible Nervenversorgung der Brust erfolgt ausschließlich über die Interkostalnerven II–V. Die sensorischen Fasern verlaufen entlang der Gefäße zum Erfolgsorgan.
Merke
Die sensible Nervenversorgung der Brust erfolgt ausschließlich über die Interkostalnerven II–V.
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716
19 Brustdrüse
19.2
Fehlentwicklungen
19.2.1 Wachstumsbedingte Fehlentwicklungen Mammahyperplasie (Makromastie): überschießende Fettgewebsentwicklung. Mammahypoplasie (Mikromastie): zu klein entwickelte Brüste.
19.2.1
Wachstumsbedingte Fehlentwicklungen
19.2.2 Anlagebedingte Fehlentwicklungen
19.2.2
Athelie: Fehlen einer oder beider Brustwarzen. Polythelie: überzählige Brustwarzen sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Sind entlang der embryonalen Milchleisten lokalisiert. Dysthelie: gespaltene oder vollständig abgeflachte Brustwarzen. Amastie: Fehlen einer Brustdrüse. Polymastie: Das Auftreten zusätzlicher Brüste kann im Bereich der Axilla beobachtet werden. Findet sich ein alleiniger, aberrierender Drüsenkörper in der Axilla, besteht eine erhöhte maligne Entartungsgefahr.
Athelie: Sie bezeichnet das Fehlen einer oder beider Brustwarzen. Polythelie: Überzählige Brustwarzen finden sich sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Sie sind entlang der embryonalen Milchleisten lokalisiert, die sich von der Axilla über die reguläre Brust bis nach medial in die Leistengegend erstrecken. Dysthelie: Bei der Dysthelie liegen gespaltene oder vollständig abgeflachte Brustwarzen vor. Amastie: Bezeichnet das Fehlen einer Brustdrüse. Polymastie: Das Auftreten zusätzlicher Brüste kann im Bereich der Axilla beobachtet werden. Diese zusätzlichen Brüste werden während der Schwangerschaft in die Laktation einbezogen und unterliegen in gleicher Häufigkeit wie die normal angelegte Brust den gut- und bösartigen Erkrankungen. Findet sich ein alleiniger, aberrierender Drüsenkörper in der Axilla, besteht eine erhöhte maligne Entartungsgefahr.
19.3
19.3
19.2
Fehlentwicklungen
Entzündungen
Mammahyperplasie (Makromastie): Bei einer überschießenden Fettgewebsentwicklung kommt es zu einer Hyperplasie der Brüste. Sehr große Brüste können zu erheblichen statischen Störungen der Wirbelsäule führen, die ggf. eine Indikation zur plastischen Korrektur darstellen. Mammahypoplasie (Mikromastie): Zu klein entwickelte Brüste werden als hypoplastisch bezeichnet und können ebenfalls eine Indikation zu einer plastischen Korrektur ergeben (s. a. Kap. B-29.5).
Anlagebedingte Fehlentwicklungen
Entzündungen
Entzündliche Brusterkrankungen werden aufgrund der Ätiologie, Pathogenese und Therapie in 2 Gruppen unterteilt.
Die Mehrheit entzündlicher Brusterkrankungen kann aufgrund der Ätiologie, Pathogenese und Therapie in 2 Gruppen eingeteilt werden. Während die 1. Gruppe Folge der Laktation ist, handelt es ich bei der 2. Gruppe um Komplikationen der Milchgangsektasie.
19.3.1 Laktationsbedingte Entzündungen (Mastitis puerperalis)
19.3.1
Ätiologie. Die durch Staphylococcus aureus verursachte Entzündung ist in der Regel peripher lokalisiert und tritt vornehmlich bei Erstgebärenden auf.
Ätiologie. Laktationsbedingte Entzündungen der Brust werden durch Sta-
Symptome. Rötung, Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit als lokale sowie Fieber und Leukozytose als systemische Auswirkung. Unbehandelt kommt es zur Abszessbildung mit Perforation. Therapie. Die Therapie besteht in sofortigem Abstillen in Kombination mit lokalen antiinflammatorischen Maßnahmen und resistenzgerechter Antibiotikagabe. Bei Abszessbildung muss eine chirurgische Dränage erfolgen.
Symptome. Rötung, Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit. Die Erkran-
Laktationsbedingte Entzündungen (Mastitis puerperalis)
phylococcus aureus verursacht, sind in der Regel peripher lokalisiert und treten vornehmlich bei Erstgebärenden auf.
kung wirkt sich mit Fieber und einer Leukozytose systemisch aus. Unbehandelt kommt es zur Abszessbildung mit Perforation.
Therapie. Die Therapie besteht in sofortigem Abstillen in Kombination mit lokalen antiinflammatorischen Maßnahmen (Kühlung, Hochbinden der Brust) und einer resistenzgerechten Antibiotikagabe. Liegt bereits eine Abszessbildung vor, muss eine chirurgische Dränage erfolgen.
Laktationsunabhängige Entzündungen (Mastitis nonpuerperalis)
19.3.2 Laktationsunabhängige Entzündungen (Mastitis nonpuerperalis)
19.3.2
Ätiologie. Laktationsunabhängige Entzündungen sind Folgen einer Milchgangsektasie, werden neben Enterokokken durch anaerobe Erreger hervorgerufen.
Ätiologie. Laktationsunabhängige Entzündungen sind Folgen einer Milchgangsektasie und werden neben Enterokokken durch anaerobe Erreger hervorgerufen. Sie sind vornehmlich im periareolären Gewebe lokalisiert.
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717
19.4.1 Mastopathie
Symptome. Wiederholte Episoden von Infektionen. Sie beginnen als palpable periareoläre Masse, der eine Rötung, Schmerzhaftigkeit und ggf. eine Abszessbildung folgt. Systemische Auswirkungen sind selten. Häufig kann, wie bei der Milchgangsektasie typisch, eine Einziehung der Mamille beobachtet werden. Therapie. Die Therapie besteht in einer resistenzgerechten Antibiotikabe-
handlung. Initial kann die Applikation von Metronidazol und Flucloxacillin erfolgreich sein. Häufig ist eine Abszessdränage erforderlich, die unter kosmetischen Gesichtspunkten vorgenommen werden sollte. Bei wiederholten Rezidiven kann eine Milchgangsexzision erforderlich werden.
19.4
Gutartige Erkrankungen der weiblichen Brust
Die Symptome gutartiger Erkrankungen der Brust beschränken sich auf Schmerzen, Knoten, Veränderungen der Brustwarze und des Warzenhofs. Bei Entzündungen kann sich die Symptomatik erweitern und systemisch auswirken. Brustschmerzen (Mastodynie/Mastalgie) gehören mit 50 % zu den häufigsten Beschwerden. Einerseits können sie in direkter Relation zum Menstruationszyklus stehen, andererseits können sie auftreten, ohne dass ein spezifischer pathologischer Vorgang fassbar wird. Zyklusunabhängige Schmerzen finden in 50 % ihre Ursache in der regionalen Muskulatur und dem Skelettsystem und sind durch unilaterale Beschwerden charakterisiert. Knotenbildungen liegen in annähernd 40 % gutartige Erkrankungen zugrunde. Trotzdem ist es in allen Fällen angezeigt, durch Mammographie, Ultraschall und eine Aspirationszytologie einen malignen Prozess auszuschließen. n Merke. Bei allen Knotenbildungen in der Brust ist eine weitere Abklärung durch Mammographie, Ultraschall und eine Aspirationszytologie zum Ausschluss eines malignen Prozesses erforderlich.
19.4.1
Mastopathie
Unter dem Begriff der Mastopathie werden hormonell induzierte und qualitativ gesteigerte Umbauvorgänge der Brustdrüse vor und nach der Menopause zusammengefasst. Diese Umbauvorgänge können in regressive und proliferative Veränderungen differenziert werden. Der Krankheitswert ergibt sich hierbei ausschließlich aus symptomatischen Einzelkomponenten. Die Pathomorphologie schließt geringgradige Veränderungen wie Fibrose, mikroskopische Dilatation der Azini und Gänge, lobuläre Involution, Hyperplasie und die duktale Adenose mit ein. Als gutartige mastopathische Veränderungen gelten: π Zysten: Unterschieden werden Mikro- (bis 3 mm) und Makrozysten (> 3 mm). Die Mikrozysten bilden sich aus metaplastischen Drüsenläppchen, während die solitäre Zyste und die großzystische Mastopathie einen lokal erweiterten Milchgang darstellen. π Adenose: Sie hat im Gegensatz zum Adenom kein eigenständiges Zellmuster. π Gangektasie: Die histologischen Charakteristika sind erweiterte Milchgänge, verstärkte Sekretionsaktivität der Drüse, Sekretstau und periduktale Infiltration von Entzündungszellen sowie Fibrose. Mit einem geringen Risiko zur Karzinomentstehung behaftet sind: π Die solide und papilläre Hyperplasie mit ihrer heterogenen Zellproliferation.
Symptome. Wiederholte Episoden von Infektionen beginnend als palpable periareoläre Masse, der eine Rötung, Schmerzhaftigkeit und ggf. eine Abszessbildung folgt. Systemische Auswirkungen sind selten. Häufig kann eine Einziehung der Mamille beobachtet werden. Therapie. Die Therapie besteht in einer resistenzgerechten Antibiotikabehandlung. Häufig ist eine Abszessdränage erforderlich.
19.4
Gutartige Erkrankungen der weiblichen Brust
Die Symptome gutartiger Erkrankungen der Brust beschränken sich auf Schmerzen, Knoten, Veränderungen der Brustwarze und des Warzenhofs. Brustschmerzen (Mastodynie/ Mastalgie) gehören mit 50 % zu den häufigsten Beschwerden. Sie können in direkter Relation zum Menstruationszyklus stehen. Knotenbildungen liegen in ca. 40 % gutartige Erkrankungen zugrunde.
Merke
19.4.1 Mastopathie Unter dem Begriff der Mastopathie werden hormonell induzierte und qualitativ gesteigerte Umbauvorgänge der Brustdrüse vor und nach der Menopause zusammengefasst. Der Krankheitswert ergibt sich hierbei ausschließlich aus symptomatischen Einzelkomponenten.
Als gutartige mastopathische Veränderungen gelten: π Zysten π Adenose π Gangektasie.
Ein geringes Risiko zur Karzinomentstehung zeigt: π die solide und papilläre Hyperplasie
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718 π π π
das solitäre Papillom die apokrine Metaplasie und die sklerosierende Adenose.
Ein erhöhtes Karzinomrisiko weist die atypische duktale oder lobuläre Hyperplasie auf. Ihre histologische Struktur wird als Übergang zum Carcinoma in situ gesehen. Merke
19 Brustdrüse Das solitäre Papillom: Das Papillom geht vom Epithel der Hauptmilchgänge vor der Mamille aus und erfüllt morphologisch die Kriterien eines Adenoms. Es wird überwiegend durch seröse Mamillensekretion symptomatisch. π Die apokrine Metaplasie, verstanden als intraduktal metaplastisch veränderte Epithelhyperplasie, die in den Sekretionsprozess von Mikro- und Makrozysten einbezogen ist. Sie ist häufiger Bestandteil von Papillomen und Adenosen. π Die sklerosierende Adenose: Diese Adenose ist im Frühstadium zellreich und kann sich später zu sklerotischen Kalzifikationen umwandeln. Ein erhöhtes Karzinomrisiko weist die atypische duktale oder lobuläre Hyperplasie auf. Ihre histologische Struktur wird als Übergang zum Carcinoma in situ gesehen. π
n Merke. Alle mastopathischen Veränderungen unterliegen bei familiärer Karzinombelastung dem doppelten Risiko.
Fibroadenom
19.4.2 Fibroadenom
19.4.2
Fibroadenome gehören zu den häufigsten gutartigen Erkrankungen.
Fibroadenome gehören zu den häufigsten gutartigen Erkrankungen der weiblichen Brust und treten vornehmlich in der 3. Lebensdekade auf.
Symptome. Die Knoten sind anfänglich mobil und können langsam an Größe zunehmen. Nach der Menopause kann die Mobilität durch fibröse Fixation schwinden, dann können mammographisch erkennbare Verkalkungen auftreten. Bei 10 % aller Patientinnen können die Fibroadenome multifokal auftreten. Diagnose. Sonographie ( 1 B-19.5), Punktionszytologie, Mammographie.
Symptome. Die Knoten sind anfänglich mobil und können langsam an
Größe zunehmen. Nach der Menopause kann die Mobilität durch fibröse Fixation schwinden. Zu diesem Zeitpunkt können Verkalkungen auftreten, die in der Mammographie erkennbar werden. Bei 10 % aller Patientinnen können die Fibroadenome multifokal auftreten.
Diagnose. Richtungweisend ist die Sonographie einschließlich der Feinna-
delpunktion. Das sonographische Erscheinungsbild weist die typischen Merkmale des benignen Herdbefundes auf ( 1 B-19.5). Sie kann jedoch bei unklaren Befunden und Patientinnen > 30 Jahre die Mammographie nicht ersetzen.
1 B-19.5
Fibroadenom bei einer 25-jährigen Patientin Typische Schallphänomene sind: glatte Begrenzung, dorsale Schallverstärkung, lappige Konfiguration.
Therapie. Gesicherte Fibroadenome bedürfen keiner chirurgischen Behandlung. Nach dem 25. Lebensjahr sollte das Fibroadenom jedoch exzidiert werden, um nicht ein Karzinom zu übersehen.
Differenzialdiagnostisch ist an das Cystosarcoma phylloides zu denken.
Therapie. Gesicherte Fibroadenome bedürfen primär keiner chirurgischen
Behandlung. Unbehandelt kommt es über ca. 5 Jahre langsam zu einer Vergrößerung. Nach dieser Zeitspanne bleibt es stationär. Bei 30 % tritt jedoch wieder eine Verkleinerung des Befundes ein. Nach dem 25. Lebensjahr sollte das Fibroadenom exzidiert werden, um nicht ein Karzinom zu übersehen. Rezidive nach der Exzision sind nicht selten. Einerseits kann sich ein metachrones Fibroadenom entwickeln, andererseits kann eine unvollständige Entfernung wieder zu einer Größenzunahme führen. Differenzialdiagnostisch ist an das Cystosarcoma phylloides zu denken. Hierbei handelt es sich um einen Tumor mit einem weiten Aktivitätsspek-
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719
19.4.6 Zysten trum. Dies reicht von einer vollständig benignen Struktur über lokal aggressives Wachstum bis zum selten metastasierenden Tumor. Initial ist der Tumor klinisch nicht von einem Fibroadenom zu unterscheiden. Er ist jedoch durch sein rasches Wachstum auf eine erhebliche Größe, die Teile der gesamten Mamma einnehmen kann, charakterisiert. Die Therapie besteht in einer großzügigen Exzision. Trotzdem kommt es in 25 % der Fälle nach 10 Jahren zu Rezidiven, die gelegentlich die Mastektomie erforderlich machen.
19.4.3
Hamartom
Hierbei handelt es sich um einen Tumor mit einem weiten Aktivitätsspektrum, das von einer vollständig benignen Struktur über lokal aggressives Wachstum bis zum selten metastasierenden Tumor reicht. Initial ist der Tumor klinisch nicht von einem Fibroadenom zu unterscheiden. Die Therapie besteht in einer großzügigen Exzision. 19.4.3 Hamartom
Hamartome sind Tumoren mit Anteilen lobulären und duktalen Gewebes. Ähnlich dem Fibroadenom zeichnen sie sich durch einen differenzierten Aufbau aus.
Hamartome weisen Anteile lobulären und duktalen Gewebes auf und besitzen einen differenzierten Aufbau.
Symptome. Es handelt sich um feste, nicht schmerzhafte Herde, die eine Größe bis 10 cm erreichen können.
Symptome. Es handelt sich um symptomlose Tumoren.
Diagnose. Die Diagnostik besteht in einem präoperativen Ultraschall und der Mammographie. Bei fehlender Rezidivneigung besteht die Therapie in der einfachen Enukleation.
Diagnose. Sie wird durch Ultraschall und Mammographie gestellt. Die Therapie besteht in der Enukleation.
19.4.4
Adenom
19.4.4 Adenom
Adenome sind seltene Neubildungen mit dominierenden azinären und tubulären Anteilen, die vorzugsweise bei jungen Frauen zwischen 20 und 30 Jahren beobachtet werden.
Adenome sind seltene Neubildungen mit dominierenden azinären und tubulären Anteilen, die vorzugsweise bei jungen Frauen auftreten.
Symptome. Adenome imponieren als schmerzlose, umschriebene Tumoren
Symptome. Sie imponieren als schmerzlose, umschriebene Tumoren.
Diagnose und Therapie. Mammo- und Sonographie können diagnoseweisend sein. Bei guter Abgrenzung ist die Enukleation indiziert.
Diagnose und Therapie. Mammo- und Sonographie sind diagnoseweisend. Therapeutisch erfolgt die Enukleation.
mit einem Durchmesser von 3–4 cm. Sie sind gegen das umgebende Gewebe und die deckende Haut verschieblich.
19.4.5
Lipom
19.4.5 Lipom
Hierbei handelt es sich um eine abgekapselte Geschwulst, die ausschließlich aus Fettgewebe aufgebaut ist, jedoch von drüsigen Strukturen durchsetzt sein kann. Das mittlere Alter der Patientinnen beträg 42–45 Jahre.
Lipome sind abgekapselte Geschwulste aus Fettgewebe und treten meist im mittleren Lebensalter auf.
Symptome. Sie sind selten als weiche und bewegliche Tumoren palpabel und bereiten keine Beschwerden.
Symptome. Die Tumoren bereiten keine Beschwerden.
Diagnose und Therapie. Die Verdachtsdiagnose erfolgt aufgrund des klini-
Diagnose und Therapie. Meist Zufallsbefund bei Mammographie. Die operative Entfernung ist aus differenzialdiagnostischen Gründen angezeigt.
schen Erscheinungsbildes. In der Regel handelt es sich um Zufallsbefunde bei Mammographien aus anderen Gründen (strahlentransparente Strukturen). Die operative Entfernung ist aus differenzialdiagnostischen Gründen angezeigt.
19.4.6
Zysten
Zysten der Brust sind die häufigsten Knoten. Sie treten meist zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr auf, obwohl sie auch außerhalb dieser Zeitspanne beobachtet werden können. Sie treten in der Regel solitär auf, wobei multiple Zysten nicht ungewöhnlich sind. Charakteristisch ist ihr plötzliches Auftreten, unabhängig von der Größe der Zyste.
19.4.6 Zysten Zysten der Brust sind die häufigsten Knoten. Sie treten meist zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr plötzlich auf, können aber auch außerhalb dieser Zeitspanne beobachtet werden.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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19 Brustdrüse
Symptome. Die Tumoren bereiten keine Beschwerden.
Symptome. Sie sind häufig optisch erkennbar, weisen einen typischen Pal-
Diagnose. Sie kann durch eine Punktion gesichert werden. Mammographie und Ultraschall können hierbei unterstützend wirken.
Diagnose. Sie kann durch eine Punktion gesichert werden. Mammographie
Therapie. Eine Exzision ist primär nicht erforderlich. Zur Exzision der Zyste bestehen 2 Hauptindikationen. Ist das Aspirat blutig tingiert (nicht bei direktem Trauma oder Aspirationsfolge), kann ein intrazystisches Karzinom vorliegen. Die 2. Indikation ist das schnelle oder wiederholte Rezidiv. Bei multiplen Zysten sollte eine mammographische Verlaufskontrolle vorgenommen werden.
Therapie. Eine Exzision der Zyste ist primär nicht erforderlich, da in der
19.4.7 Sklerosierende Adenose
19.4.7
Sie ist eine seltene Ursache von Brustknoten. Hierbei handelt es sich um eine teils schmerzhafte Dysplasie des lobulären Gewebes, die sowohl diffus als auch in Form knotiger Veränderungen auftreten kann. Klinisch kann die morphologische Differenzierung zu einem Mammakarzinom erschwert sein.
Sie ist eine seltene Ursache von Brustknoten. Hierbei handelt es sich um eine teils schmerzhafte Dysplasie des lobulären Gewebes, die sowohl diffus als auch in Form knotiger Veränderungen auftreten kann. Klinisch kann die morphologische Differenzierung zu einem Mammakarzinom erschwert sein, zumal mammographisch grobkörnige Kalkablagerungen typisch sind. Aus diesem Grund ist immer eine histologische Diagnostik erforderlich, da die sklerosierende Adenose nie maligne entartet.
19.4.8 Milchgangspapillom
19.4.8
Milchgangspapillome sind meist solitär angelegt und entarten nur selten maligne. Finden sich mehrere Papillome in einem oder mehreren Milchgängen, muss mit einer Entartung gerechnet werden. Symptome. Seröse oder blutig tingierte Sekretion der Mamille.
Die meisten Papillome sind solitär angelegt und entarten nur sehr selten maligne. Finden sich mehrere Papillome in einem oder in mehreren Milchgängen, muss mit einer neoplastischen Entartung gerechnet werden.
pationsbefund auf und können schmerzhaft sein. Der Palpationsbefund schwindet, wenn sie in der Tiefe des Gewebes liegen.
und Ultraschall können hierbei unterstützend wirken.
Regel eine einfache Aspiration der Zyste ausreicht. Bleibt nach der Aspiration eine nachweisbare Gewebemasse zurück, ist eine Feinnadelzytologie oder eine Biopsie erforderlich. Zur Exzision der Zyste bestehen 2 Hauptindikationen. Ist das Aspirat blutig tingiert (nicht bei direktem Trauma oder Aspirationsfolge), kann ein intrazystisches Karzinom vorliegen. Die 2. Indikation ist das schnelle oder wiederholte Rezidiv. Obwohl das Karzinomrisiko bei Patientinnen mit multiplen Zysten gering ist, sollte die mammographische Verlaufskontrolle vorgenommen werden. Dies gilt nicht für einfache Solitärzysten.
Sklerosierende Adenose
Milchgangspapillom
Symptome. Symptomatisch fallen die Papillome durch eine seröse oder blutig tingierte Sekretion der Mamille auf. Bei peripheren Veränderungen der Milchgänge kann die Sekretion fehlen und lediglich eine palpable Masse vorliegen.
Diagnose. Sie lässt sich bei der Galaktographie durch einen Stopp im Milchgang nachweisen. Einen weiteren Hinweis kann die zytologische Untersuchung des Sekretes aus der Mamille geben. Therapie. Entfernung des Milchgangs (Duktektomie). Bei Nachweis mehrerer Papillome (Schnellschnitt) kann eine Resektion des dazugehörigen Drüsenkörpers erforderlich werden.
Diagnose. Sie lässt sich bei der Galaktographie durch einen Stopp im Milch-
19.4.9 Milchgangsektasie
19.4.9
Synonym: periduktale Mastitis
Synonym: periduktale Mastitis
Die Ätiologie der Erkrankung ist ungeklärt. Das klinische Bild ist variabel.
Aufgrund des pathohistologischen Erscheinungsbildes wurde die Gangektasie unter verschiedenen Begriffen, wie Plasmazellmastitis, obliterierende Mastitis und granulomatöse Mastitis erfasst, wobei eine histologische oder zytologische Sicherung nicht immer möglich ist. Genauso variabel ist das klinische Bild. Die Ätiologie der Erkrankung ist ungeklärt.
gang nachweisen. Einen weiteren Hinweis kann die zytologische Untersuchung des Sekretes aus der Mamille geben.
Therapie. Entfernung des Milchgangs nach vorheriger Anfärbung mit einer
Farblösung (Duktektomie). Zum Ausschluss einer bösartigen Erkrankung ist eine Schnellschnittuntersuchung angezeigt. Bei Nachweis mehrerer Papillome kann eine Resektion des dazugehörigen Drüsenkörpers erforderlich werden.
Milchgangsektasie
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19.5.1 Risikofaktoren Die Extasie tritt meist bilateral auf. Der dilatierte Gang füllt sich mit Sekret, das nicht abfließen kann. Der Sekretstau führt zu einem Verlust der epithelialen Gangauskleidung und schließlich zu Ulzerationen des Milchgangs, die zu Blutaustritt aus der Mamille führen können. Durch Sekretaustritt durch die zerstörten Gänge kann gleichzeitig eine chronische Entzündungsreaktion (periduktale Mastitis) auftreten. Diese Entzündung führt wiederum zu einem schmerzhaften Tumor, in dem es zur Abszessbildung kommen kann. Wiederholte Entzündungsschübe führen zu einer Fibrose mit Einziehung der Brustwarze.
Die Ektasie tritt meist bilateral auf. Durch Sekretaustritt durch die zerstörten Gänge kann gleichzeitig eine chronische Entzündungsreaktion (periduktale Mastitis) auftreten. Diese Entzündung führt wiederum zu einem schmerzhaften Tumor, in dem es zur Abszessbildung kommen kann. Wiederholte Entzündungsschübe führen zu einer Fibrose mit Einziehung der Brustwarze.
19.5
Mammakarzinom
19.5
Mammakarzinom
19.5.1
Risikofaktoren
19.5.1
Risikofaktoren
Die Ursache des Mammakarzinoms ist weitgehend unbekannt. Trotzdem weisen epidemiologische Daten gut definierte Risikofaktoren auf, mit denen die Entstehung eines Mammakarzinoms assoziiert werden kann. Diese können in Expositions- und Dispositionsfaktoren unterteilt werden.
Sie werden in Expositions- und Dispositionsfaktoren unterteilt.
Expositionsfaktoren
Expositionsfaktoren
Schwangerschaft
Schwangerschaft
Nulliparität scheint das Risiko, an einem Brustkrebs zu erkranken im Vergleich zu einer Multipara um das 1,4fache zu erhöhen. Dieser protektive Einfluss der Parität ist jedoch an das Alter der Frau bei der 1. Schwangerschaft gebunden. Tritt die Schwangerschaft vor dem 20. Lebensjahr ein, reduziert sich das Risiko gegenüber einer Nullipara auf 0,5. Eine Schwangerschaft nach dem 30. Lebensjahr beeinflusst das Risiko schließlich nicht mehr. Es gibt Hinweise dafür, dass das Risiko eines Brustkrebses mit Geburten nach dem 35. Lebensjahr ansteigen soll. Die Anzahl der Geburten scheint insgesamt keinen Einfluss zu haben. Ein Zusammenhang mit der Stillzeit ist bisher nicht belegbar.
Strahlenexposition
Nulliparität scheint das Risiko, an einem Brustkrebs zu erkranken im Vergleich zu einer Multipara um das 1,4fache zu erhöhen. Dieser protektive Einfluss der Parität ist jedoch an das Alter der Frau bei der 1. Schwangerschaft gebunden ( < 30. Lebensjahr). Bei Spätgebärenden ( > 35. Lebensjahr) scheint das Risiko anzusteigen. Die Anzahl der Geburten hat offenbar keinen Einfluss. Ein Zusammenhang mit der Stillzeit ist bisher nicht belegbar. Strahlenexposition
Eine erhöhte Bereitschaft, Mammakarzinome zu entwickeln, konnte bei Überlebenden von Atombombenexplosionen, bei Frauen, die wegen einer Mastitis post partum bestrahlt wurden und bei Patientinnen mit mehrfachen Röntgenbildern während Tuberkuloseepidemien gesichert werden. Die Latenzperiode nach der Exposition erstreckte sich auf 10–15 Jahre. Das größte Risiko besteht bei einer entsprechenden Exposition vor dem 35. Lebensjahr.
Eine erhöhte Bereitschaft, nach Strahlenexposition Mammakarzinome zu entwickeln, konnte gesichert werden. Die Latenzperiode nach der Exposition erstreckte sich auf 10–15 Jahre. Das größte Risiko besteht bei einer entsprechenden Exposition vor dem 35. Lebensjahr.
Dispositionsfaktoren
Dispositionsfaktoren
Körpergewicht/Adipositas
Körpergewicht/Adipositas
In Abhängigkeit vom Alter (> 50 Jahre) besteht eine strenge Korrelation zwischen Körpergewicht und Mammakarzinom. Im Alter von 60–70 Jahren bedeutet eine Gewichtszunahme von 60 auf 70 kg eine Erhöhung des Risikos auf das 1,8fache.
In Abhängigkeit vom Alter ( > 50 Jahre) besteht eine strenge Korrelation zwischen Körpergewicht und Mammakarzinom.
Menstruation/Menopause
Menstruation/Menopause
Frauen, deren Menstruation vor dem 12. Lebensjahr begonnen hat, tragen ein 2,3faches Risiko gegenüber Frauen, deren Menarche nach diesem Zeitpunkt eingesetzt hat. Das Risiko sinkt, je später die Menstruation einsetzt. Das Risiko korreliert ebenfalls mit dem Eintritt der Menopause. Das relative Risiko beträgt bis zum 45. Lebensjahr 0,5 % im Vergleich zu Patientinnen, deren Menopause nach dem 55. Lebensjahr eintritt.
Frauen, deren Menstruation vor dem 12. Lebensjahr begonnen hat, tragen ein 2,3faches Risiko gegenüber Frauen, deren Menarche nach diesem Zeitpunkt eingesetzt hat. Das Risiko sinkt, je später die Menstruation einsetzt. Das Risiko korreliert ebenfalls mit dem Eintritt der Menopause.
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19 Brustdrüse
Demzufolge scheint das Karzinomrisiko mit einer verlängerten Östrogenstimulation einherzugehen. Orale Kontrazeptiva sind derzeit als Dispositionsfaktoren noch umstritten.
Demzufolge scheint das Karzinomrisiko mit einer verlängerten Östrogenstimulation einherzugehen, zumal das Risiko nach einer Ovarektomie deutlich reduziert ist. Orale Kontrazeptiva sind derzeit als mögliche Dispositionsfaktoren bei der Entwicklung eines Mammakarzinoms noch umstritten.
Familienanamnese
Familienanamnese
Der stärkste Dispositionsfaktor ist eine belastete Familienanamnese. So unterliegen Frauen, bei denen 2 Verwandte 1. Grades (z.B. Mutter und eine Schwester) erkrankt sind, einem ca. 10fach erhöhten Risiko, ebenfalls an einem Mammakarzinom zu erkranken. In diesen Fällen tritt die Erkrankung meist vor dem 5. Lebensjahrzehnt ein. Das entsprechende Gen konnte dem Chromosom 17 zugeordnet und als BRCA 1 (breast cancer gene 1) isoliert werden. Eine Mutation dieses Gens ist bei Frauen mit einem 85 %igen Lebenszeitrisiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken, verbunden.
Der stärkste Dispositionsfaktor ist eine belastete Familienanamnese. So unterliegen Frauen, bei denen 2 Verwandte 1. Grades (z.B. Mutter und eine Schwester) erkrankt sind, einem ca. 10fach erhöhten Risiko, ebenfalls an einem Mammakarzinom zu erkranken. In diesen Fällen tritt die Erkrankung meist vor dem 5. Lebensjahrzehnt ein. Man geht von einer vererbten Keimbahnmutation aus, die zur Entwicklung von Brustkrebs führt. Es wurde ein autosomal dominantes Allel für die familiäre Präsdisposition gefunden. Das entsprechende Gen konnte dem Chromosom 17 zugeordnet und als BRCA (breast cancer gene 1) isoliert werden. Eine Mutation dieses Gens ist bei Frauen mit einem 85 %igen Lebenszeitrisiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken, verbunden. In geringerem Ausmaß ist ebenfalls das Erkrankungsrisiko an einem Ovarialkarzinom erhöht. Bei männlichen Trägern der BRCA 1-Mutation tritt ebenfalls häufiger ein Mammakarzinom auf. Ein weiteres Prädispositionsgen, das BRCA 2, ist dem Chromosom 13 zuzuordnen. Bei Mutation des BRCA 2 wurde im Gegensatz zum BRCA 1 eine ausschließliche Prädisposition für das weibliche Mammakarzinom beobachtet. Die klinischen Konsequenzen bei Vorliegen einer Prädisposition werden noch kontrovers diskutiert. Verbindliche Empfehlungen über molekulargenetische Untersuchungen in Vorsorgeprogrammen liegen noch nicht vor.
Ein weiteres Prädispositionsgen, das BRCA 2, ist dem Chromosom 13 zuzuordnen.
Mastopathie
Mastopathie
(s. Kap. B-19.4.1)
Das Risiko der Entwicklung eines Mammakarzinoms bei bestehender Mastopathie variiert in Abhängigkeit vom histologischen Umbauvorgang (s. Kap. B-19.4.1).
19.5.2 Lokalisation
19.5.2
Das Mammakarzinom findet sich: π im oberen äußeren Quadranten in 45–60 % π im oberen inneren Quadranten in 12–18 % π im unteren äußeren Quadranten in 10–12 % π im unteren inneren Quadranten in 5–7 % ( 1 B-19.6).
Am häufigsten findet sich das Mammakarzinom im oberen äußeren Quadranten (45–60 %). In 12–18 % der Fälle liegt der Tumor im oberen inneren Quadranten, gefolgt vom unteren äußeren Quadranten (10–12 %). Nur 5–7 % der Karzinome finden sich im unteren inneren Quadranten ( 1 B-19.6).
Lokalisation
1 B-19.6
Synopsis Karzinomverteilung in den Quadranten der weiblichen Brust
45–60 %
12 % 12–18 %
5–7 % 10–12 %
Bei ca. 13 % tritt der Tumor multizentrisch auf. In mehr als 80 % dieser Fälle befindet sich der Zweittumor hierbei im gleichen Quadranten.
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19.5.3 Symptomatik 19.5.3
Symptomatik
19.5.3 Symptomatik
Die Mehrzahl der Frauen mit einem Karzinom der Brust beklagt einen schmerzlosen Knoten. Dieser Knoten ist oft palpabel, immobil und scheint gegen das umliegende Gewebe, die Haut oder den M. pectoralis fixiert zu sein. Er kann auch bei der Inspektion erkennbar sein, und bei der Elevation des Armes zu Verziehungen der Brust führen. Die Konsistenz des Tumors und die Mobilität können jedoch variieren und z.B. den klinischen Befund eines Fibroadenoms vortäuschen. Schließlich sind nicht alle Karzinome schmerzlos, wobei einige Patientinnen prämenstruelle Sensationen in dem Knoten verspüren. Aus diesem Grund ist es ratsam, bei allen verdächtigen Befunden jenseits des 25. Lebensjahres eine histologische und zytologische Untersuchung vorzunehmen. Es ist äußerst gefährlich, ausschließlich eine klinische Diagnose zu stellen. 15 % der Frauen schildern einen eher diffusen Prozess in der Brust, bei dem keine Knotenbildung vorherrschend ist. Diese Symptomatik ist vornehmlich bei jüngeren Patientinnen mit einem lobulären Karzinom zu beobachten. Die diffuse Tumorausbreitung kann zu Verziehungen, Faltenbildung und einem Schweregefühl der Brust führen. Später treten Einziehungen der Mamille hinzu. Hautveränderungen können alleiniges Symptom sein oder aber mit anderen Erscheinungsformen des Tumors einhergehen. Die Faltenbildung kann dominant und Folge eines szirrhotischen Tumors des älteren Patienten sein. Die »Orangenhaut« (peau d’orange) ist Zeichen für einen fortgeschrittenen Tumor. Ursache ist eine Abflussbehinderung der oberflächlichen Lymphbahnen, die meist durch axilläre Lymphknotenmetastasen hervorgerufen wird und zur Ödembildung der Haut führt. Im Gegensatz hierzu beruht die Hautveränderung beim inflammatorischen Mammakarzinom auf einem Verschluss der kutanen Lymphbahnen durch Tumoremboli bei lymphangischer Karzinose. In unbehandelten oder vernachlässigten Fällen bricht die Haut mit einer Tumorexulzeration auf ( 1 B-19.7).
1 B-19.7
Mammakarzinom Unbehandeltes, exulzeriertes Mammakarzinom einer 72-jährigen Patientin. Die Therapie beschränkte sich auf Palliativmaßnahmen mit einer Mastectomia simplex und nachfolgender Hormontherapie.
Veränderungen der Brustwarze mit Einziehungen und Verdrehungen sind nicht ungewöhnlich ( 1 B-19.8). Eine unifokale blutig tingierte Sekretion der Brustwarze weist auf ein intraduktales Karzinom hin, während eine Sekretion von Milch oder gefärbtem Sekret eher durch eine Ektasie der Milchgänge verursacht wird. Nicht selten zeigt das Mammakarzinom bereits bei Diagnosestellung Metastasen. Diese können sich in den regionalen Lymphknoten der Axilla, supraklavikulär oder als Fernmetastasen (Knochen, Leber, Lunge und Gehirn) manifestieren.
Knoten: Oft schmerzlos, immobil und scheinbar gegen das umliegende Gewebe (Haut, M. pectoralis) fixiert.
Diffuser Prozess: Bei 15 % der Frauen erfolgt keine Knotenbildung. Diese Symptomatik ist vornehmlich bei jüngeren Patientinnen mit einem lobulären Karzinom zu beobachten. Die diffuse Tumorausbreitung kann zu Verziehungen, Faltenbildung und einem Schweregefühl der Brust führen. Hautveränderungen können alleiniges Symptom sein oder aber mit anderen Erscheinungsformen des Tumors einhergehen. Die »Orangenhaut« (peau d’orange) ist Zeichen für einen fortgeschrittenen Tumor. Ursache ist eine Abflussbehinderung der Lymphbahnen, meist durch axilläre Lymphknotenmetastasen. Im Gegensatz hierzu beruht die Hautveränderung beim inflammatorischen Mammakarzinom auf einem Verschluss der kutanen Lymphbahnen durch Tumoremboli bei lymphangischer Karzinose. In unbehandelten Fällen bricht die Haut mit einer Tumorexulzeration auf ( 1 B-19-7).
Veränderungen der Brustwarze mit Einziehungen und Verdrehungen sind nicht ungewöhnlich ( 1 B-19.8). Eine unifokale blutig tingierte Sekretion der Brustwarze weist auf ein intraduktales Karzinom hin, während eine Sekretion von Milch oder gefärbtem Sekret eher durch eine Ektasie der Milchgänge verursacht wird. Nicht selten liegen bei Diagnosestellung bereits Metastasen vor.
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19 Brustdrüse
1 B-19.8
Synopsis Brustveränderungen bei Tumorinfiltration
1 2
a Ohne Tumorinfiltration der Subkutis würde bei digitalem Druck das Mammagewebe kegel- oder faltenförmig ausweichen (1). Durch Zug der fixierten subkutanen Bindegewebestränge wird die Haut fixiert, es entsteht ein Plateau (2).
c Zentraler, infiltrierend b Intramammärer Tumor wachsender intramamohne Beteiligung des submärer Tumor mit kutanen Bindegewebes, Bindegewebekeine Veränderung der schrumpfung und Brustform. resultierendem Mammahochstand.
d Panzerkrebs (cancer en curasse) mit Infiltration der Thoraxwand.
Diagnostik
19.5.4 Diagnostik
19.5.4
Klinische Untersuchung
Klinische Untersuchung
Inspektion: Form, Asymmetrien, Veränderungen der Brustwarze, Farb-, Temperaturveränderungen werden beurteilt. Palpation: Vergleichende Untersuchung aller 4 Quadranten beider Brüste auf Schmerzen, Resistenzen, Verschieblichkeit gegenüber Haut und Unterlage, sowohl in liegender als auch stehender Haltung. Provokationsversuch der Mamillensekretion, Kontrolle der regionalen Lymphknoten.
Den ersten Stellenwert aller diagnostischen Verfahren nimmt die bilaterale klinische Untersuchung der Brust ein. Hierzu gehört die Inspektion im Hinblick auf Form, Asymmetrien und Veränderungen der Brustwarze, Farbveränderungen und Überwärmung der Haut. Bei der Palpation werden beide Brüste vergleichend in allen 4 Quadranten auf Unregelmäßigkeiten, Schmerzen, Resistenzen und Verschieblichkeit gegenüber der Haut und Unterlage abgetastet. Die Untersuchung der Brust muss sowohl in liegender als auch aufrechter Haltung der Patientin erfolgen. Darüber hinaus sollte der Versuch gemacht werden, eine Sekretion aus der Mamille zu provozieren. Eine Kontrolle der regionalen Lymphabflusswege ist ein obligater Bestandteil der Befunderhebung.
Merke
n Merke. Zwischen 5 und 10 % der Mammakarzinome ergeben mammographisch keinen malignomverdächtigen Befund. Deshalb sollte die Patientin in der Selbstuntersuchung unterwiesen werden, um neue Befunde zwischen den ärztlichen Kontrollen erfassen zu können.
Die klinische Untersuchung muss neben den Symptomen durch die Erhebung aller Risikofaktoren (s.o.) vervollständigt werden.
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19.5.4 Diagnostik
Apparative Diagnostik
Apparative Diagnostik
Mammographie
Mammographie
Sie gehört zu den wichtigsten bildgebenden Verfahren zur Untersuchung der Brust. Bei den gegebenen technisch apparativen Voraussetzungen ist die Strahlenbelastung wiederholter Mammographien zu vernachlässigen. Die Mammographie soll die Dignität und Ausdehnung eines Tumors erkennen und zusätzliche Befunde aufdecken. Sie kann ferner die Beziehung des Tumors zur Haut, Mamille und Brustwand darstellen. Die typischen Zeichen des Mammakarzinoms sind ( 1 B-19.9): π Kernschatten: Er ist bei einem fibrosierenden Karzinom besonders ausgeprägt und besteht aus einer sehr dichten, unregelmäßig begrenzten Verschattung. π Spikulae: Hierbei handelt es sich um strahlige Ausläufer um den Kernschatten. Diese Ausläufer sind angespannte oder infiltrierte Cooper-Ligamente. Je nach Lage können sie zu einer Einziehung der Haut, einer Einstülpung oder Verziehung der Brustwarze führen. π Mikroverkalkungen im Kernschatten oder der Umgebung. Die Größe der Verkalkungen ist das wichtigste Kriterium zur Differenzierung zwischen gut- oder bösartigen Kalkablagerungen. Grobe Verkalkungen entstammen meist Fibroadenomen, verkalkten Zysten, Gefäßen oder Fettgewebsnekrosen. Verdächtig sind Mikroverkalkungen von der Größe der Milchgänge, wie sie im Lumen duktaler Karzinome zu finden sind. Harmlos sind hingegen die sog. staubförmigen Verkalkungen.
Die Mammographie soll die Dignität und Ausdehnung eines Tumors erkennen und zusätzliche Befunde aufdecken. Sie kann ferner die Beziehung des Tumors zur Haut, Mamille und Brustwand darstellen. Die typischen Zeichen des Mammakarzinoms sind ( 1 B-19.9): π Kernschatten: Er besteht aus einer sehr dichten, unregelmäßig begrenzten Verschattung. π Spikulae: Hierbei handelt es sich um strahlige Ausläufer um den Kernschatten. π Mikroverkalkungen im Kernschatten oder der Umgebung. Die Größe der Verkalkungen ist das wichtigste Kriterium zur Differenzierung zwischen gut- und bösartigen Kalkablagerungen. Verdächtig sind Mikroverkalkungen von der Größe der Milchgänge, wie sie im Lumen duktaler Karzinome zu finden sind.
1 B-19.9
Mammographie eines szirrhösen Mammakarzinoms
Mammographie einer 53-jährigen Patientin mit einem ausgedehnten Kernschatten und Spikulae. Histologisch: intraduktales Karzinom; axilläre Lymphknoten positiv.
Bei verdächtigen, nicht palpablen Befunden, deren Dignität bioptisch gesichert werden muss, bedient man sich ebenfalls der Mammographie. Um zur Vermeidung ungünstiger kosmetischer Resultate möglichst wenig gesundes Gewebe mitzuentfernen, kann der verdächtige Bezirk präoperativ unter mammographischer Kontrolle mit Nadeln markiert werden. Eine andere Möglichkeit ist die gezielte Injektion von Tusche, die den markierten Bereich nicht verlässt ( 1 B-19.10).
Der verdächtige Bezirk kann präoperativ unter mammographischer Kontrolle markiert werden ( 1 B-19.10).
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19 Brustdrüse
1 B-19.10
Synopsis Präoperative Lokalisation zweifelhafter oder nicht palpabler Befunde und deren Entfernung
Verkalkung
Draht a Einbringen der Einführungsnadel in den verdächtigen Befund.
b Nach mammographischer Lagekontrolle Einlegen des Markierungsdrahtes.
c Gerade Inzision neben dem Draht.
d Exzision des markierten Befundes.
Die vollständige Entfernung des verdächtigen Befundes wird mit einer anschließenden Präparatmammographie bestätigt.
Galaktographie
Galaktographie
Die Galaktographie ist ein Röntgenverfahren zur Kontrastmitteldarstellung der Milchgänge. Sie ist indiziert, wenn eine einseitige oder blutige Sekretion der Brust auftritt ( 1 B-19.11). Die Galaktographie ist durch die Vergrößerungsmammographie abgelöst worden.
Die Galaktographie ist ein Röntgenverfahren zur Kontrastmitteldarstellung der Milchgänge. Sie ist indiziert, wenn eine einseitige oder blutige Sekretion der Brust auftritt. Ziel der Untersuchung ist die Aufdeckung von Gangabbrüchen oder Kontrastmittelaussparungen in den Milchgängen als Hinweis auf ein neoplastisches Geschehen ( 1 B-19.11). Die Galaktographie ist weitestgehend durch die Vergrößerungsmammographie abgelöst worden.
1 B-19.11
Intraduktales Mammakarzinom Galaktographie eines intraduktalen Mammakarzinoms mit Abbrüchen der Milchgänge ( Á).
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19.5.4 Diagnostik
Sonographie
Sonographie
Die Sonographie ist eine wichtige ergänzende Methode in der Mammadiagnostik. Als Schnittbildverfahren ist sie im Gegensatz zur Mammographie in der Lage, überlagerte Strukturen aufzulösen. Die größte Bedeutung hat die Sonographie in der Abklärung von Zysten, insbesondere multipler Zysten und hat hierbei die Pneumozystographie abgelöst. Die Grenzen der Sonographie sind durch die fehlende Aufdeckung von Mikroverkalkungen und Herden < 10 mm gegeben. Sie kann deshalb die Mammographie nicht ersetzen ( 1 B-19.12).
Die Sonographie ist im Gegensatz zur Mammographie in der Lage, überlagerte Strukturen aufzulösen. Die Grenzen der Sonographie sind durch die fehlende Aufdeckung von Mikroverkalkungen und Herden < 10 mm gegeben. Sie kann deshalb die Mammographie nicht ersetzen ( 1 B-19.12).
1 B-19.12
Mammakarzinom
a Charakteristisches Schallbild eines Mammakarzinoms mit unscharfer Begrenzung, unregelmäßigen Schallschatten, echoreichem Saum (Ödem) und Zerstörung der Umgebung.
b Farb-Doppler-Sonographie des gleichen Tumors mit Nachweis der Durchblutung bei hoher Flussgeschwindigkeit.
Magnetresonanztomographie (MRT)
Magnetresonanztomographie (MRT)
Sie dient zur Diagnostik unklarer Herdbefunde, insbesondere bei mammographisch dichten Brüsten und vorausgegangener brusterhaltender Operation von Mammakarzinomen. Da die MRT die Mehrdurchblutung maligner Tumoren ausnutzt, ist sie bei gering vaskularisierten Tumoren (z.B. muzinöse Tumoren, diffus wachsende lobuläre Tumoren) und bei stoffwechselaktiven mastopathischen Befunden differenzialdiagnostisch problematisch. Ungeeignet ist sie zur Abklärung diffuser und entzündlicher Prozesse sowie bei pathologischer Sekretion der Brust.
Histopathologische Diagnostik
Sie dient zur Diagnostik unklarer Herdbefunde, insbesondere bei mammographisch dichten Brüsten und vorausgegangener brusterhaltender Operation von Mammakarzinomen. Ungeeignet ist sie zur Abklärung diffuser und entzündlicher Prozesse sowie bei pathologischer Sekretion der Brust. Zur Abklärung diffuser und entzündlicher Prozesse sowie pathologischer Sekretion ist sie ungeeignet. Untersuchungen mit eingeschränkter Wertigkeit Die Computertomographie ist für die Differenzialdiagnose von frühen Tumoren von untergeordneter Bedeutung. Ihr Wert liegt in der Diagnostik fortgeschrittener Tumoren mit Infiltration der Brustwand oder der Erfassung retrosternaler Metastasen. Histopathologische Diagnostik
Feinnadelaspirationszytologie
Feinnadelaspirationszytologie
Die Aspirationszytologie ist einfach durchführbar und gestattet eine Differenzierung zwischen einem duktalen und lobulären, nicht jedoch die Unterscheidung zwischen einem »in situ« und einem invasiven Karzinom. Die Rate falsch negativer Ergebnisse durch Verfehlen des Tumors beträgt 15 %.
Die Aspirationszytologie gestattet eine Differenzierung zwischen einem duktalen und lobulären, nicht jedoch die Unterscheidung zwischen einem »in situ« und einem invasiven Karzinom.
Untersuchungen mit eingeschränkter Wertigkeit Die Computertomographie ist für die Differenzialdiagnose von frühen Tumoren von untergeordneter Bedeutung. Ihr Wert liegt in der Diagnostik fortgeschrittener Tumoren mit Infiltration der Brustwand oder der Erfassung retrosternaler Metastasen.
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19 Brustdrüse
Offene Biopsie
Offene Biopsie
Wenn zytologische Untersuchungen fehlschlagen, kann eine offene Biopsie vorgenommen werden.
Wenn zytologische Untersuchungen fehlschlagen, kann eine offene Biopsie in Lokalanästhesie oder Vollnarkose vorgenommen werden. Von einer perioperativen Schnellschnittuntersuchung wird zunehmend Abstand genommen, da die unterschiedlichen Behandlungsmodalitäten des Brustkrebses eine ausgiebige Aufklärung der Patientinnen verlangen.
19.5.5 Pathologisches Erscheinungsbild Es wird im Wesentlichen nach dem Entstehungsort des Tumors differenziert. So kann das duktale Karzinom mit Ausgang von den Milchgängen (Inzidenz 85–90 %) vom lobulären Karzinom der Drüsenläppchen (Inzidenz 5–10 %) unterschieden werden ( 1 B-19.13).
19.5.5
Pathologisches Erscheinungsbild
Das pathologische Erscheinungsbild eines Mammatumors wird im Wesentlichen nach dem Entstehungsort des Tumors differenziert. So kann das duktale Karzinom mit Ausgang von den Milchgängen (Inzidenz 85–90 %) vom lobulären Karzinom der Drüsenläppchen unterschieden werden. Bei beiden Tumoren ist darüber hinaus die Unterteilung in in situ und invasive Typen möglich ( 1 B-19.13).
1 B-19.13
Synopsis Schematische Darstellung zur Pathogenese und Topik der Mammakarzinome
a a Intraduktales Karzinom.
Intraduktales Karzinom (duktales Carcinoma in situ, DCIS) Das intraduktale Karzinom ist die präinvasive Form des Mammakarzinoms und damit eine Präkanzerose. Es ist durch die Proliferation malignen Milchgangepithels und die Beschränkung auf den Milchgang ohne Invasion des umgebenden Gewebes charakterisiert. Seine Inzidenz beträgt 15–20 %. Die Karzinome werden bevorzugt im 6. Dezennium diagnostiziert. Unter den intraduktalen Karzinomen werden histologisch 5 Haupttypen unterschieden (Komedokarzinom, solides, kribriformes, mikropapilläres und papilläres Karzinom).
b b Lobuläres Karzinom.
c c Invasives duktales Karzinom.
Intraduktales Karzinom (duktales Carcinoma in situ, DCIS) Das intraduktale Karzinom ist die präinvasive Form des Mammakarzinoms und damit eine Präkanzerose. Es ist durch die Proliferation malignen Milchgangepithels und die Beschränkung auf den Milchgang ohne Invasion des umgebenden Gewebes charakterisiert. Durch Einfluss moderner diagnostischer Verfahren und Screeningprogramme ist seine Inzidenz auf 15–20 % angestiegen. Die Karzinome werden bevorzugt im 6. Dezennium diagnostiziert und treten entweder als mikrofokaler, nicht symptomatischer und damit nur mammographisch erkennbarer oder als makroskopisch erkennbare tumorbildende oder diffuse Neoplasie auf. Unter den intraduktalen Karzinomen werden histologisch 5 Haupttypen unterschieden. Dies sind das Komedokarzinom mit zentraler Nekrose, das solide Karzinom, das kribriforme Karzinom sowie das mikropapilläre und papilläre Karzinom. Die Komedo- und papilläre Form sind am häufigsten und mit einem multizentrischen Auftreten verbunden.
Morbus Paget
Morbus Paget
Hierbei handelt es sich um eine intradermale Manifestation eines duktalen Mammakarzinoms, dem in 2 ⁄ 3 der Fälle ein intraduktales Karzinom zugrunde liegt. Klinisch kann es einem einseitigen, schuppenden Ekzem im Warzenhof ähneln.
Hierbei handelt es sich um eine intradermale Manifestation eines duktalen Mammakarzinoms, dem in 2⁄3 der Fälle ein intraduktales Karzinom zugrunde liegt. Klinisch kann es einem einseitigen, schuppenden Ekzem im Warzenhof ähneln. Bei Infiltration der Haut muss in 60 % mit einem axillären Lymphknotenbefall gerechnet werden.
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19.5.5 Pathologisches Erscheinungsbild
Invasiv duktales Karzinom
Invasiv duktales Karzinom
Die vom Epithel der terminalen Gangsegmente ausgehenden Tumoren bilden mit 65 % die größte Gruppe der infiltrierend wachsenden Karzinome. Hierbei handelt es sich einerseits um ein einheitliches Zellmuster und andererseits in 25–30 % um unterschiedlich differenzierbare Karzinome, die sich durch ein verändertes klinisches und prognostisches Verhalten auszeichnen. Dies sind z.B.: π Medulläres Karzinom: Es ist im Vergleich mit anderen Karzinomen wenig häufig mit Lymphknotenmetastasen verbunden und hat deshalb eine bessere Prognose. π Tubuläres Karzinom: Seine Prognose ist mit einer 10-Jahres-Überlebenszeit von 75 % ebenfalls günstig. π Muzinöses Karzinom: Diese Tumoren metastasieren wie das tubuläre Karzinom kaum in die Lymphknoten und treten vornehmlich bei älteren Frauen auf. Eine Sonderform des invasiv duktalen Karzinoms ist das wenig differenzierte inflammatorische Mammakarzinom mit lymphangischer Karzinose, besonders des subkutanen Binde- und Fettgewebes. Die Hautveränderung beruht auf einem Verschluss der kutanen Lymphbahnen durch Tumoremboli der lymphangischen Karzinose. Sie imponiert, ähnlich einer Entzündung, als lokale oder diffuse Hautrötung bei verhärteter Brust ( 1 B-19.14). Die Inzidenz dieser Manifestation eines Mammakarzinoms liegt bei 1–4 %. Es tritt durchschnittlich 10 Jahre früher auf, d.h. prä- und perimenopausal, und kommt in 2 % während der Gravidität und Laktation vor. Ein bilaterales Auftreten ist möglich. Zum Zeitpunkt der Diagnose liegen in 90 % Lymphknotenund in 45 % Fernmetastasen vor.
Die vom Epithel der terminalen Gangsegmente ausgehenden Tumoren bilden mit 65 % die größte Gruppe der infiltrierend wachsenden Karzinome. Hierbei handelt es sich in 25–30 % um unterschiedlich differenzierbare Karzinome, die sich durch ein verändertes klinisches und prognostisches Verhalten auszeichnen. Dies sind z.B.: π medulläres Karzinom π tubuläres Karzinom π muzinöses Karzinom.
1 B-19.14
Eine Sonderform des invasiv duktalen Karzinoms ist das wenig differenzierte inflammatorische Mammakarzinom mit lymphangischer Karzinose, besonders des subkutanen Binde- und Fettgewebes. Die Hautveränderung beruht auf einem Verschluss der kutanen Lymphbahnen und imponiert als entzündliche Hautrötung ( 1 B-19.14). Die Inzidenz dieser Manifestation eines Mammakarzinoms liegt bei 1–4 %.
Inflammatorisches Mammakarzinom Die Haut zeigt sich ähnlich einer Entzündung gerötet. Die Behandlung mit einer primären Chemotherapie, Operation, Nachbestrahlung und postoperativer medikamentöser Therapie ermöglichen bei einem Drittel der Patientinnen Überlebenszeiten bis zu 10 Jahren.
Die Prognose ist äußerst ungünstig. Die mittlere Überlebenszeit wird unter kombinierter Therapie mit 15–40 Monaten angegeben.
Die Prognose ist äußerst ungünstig. Die mittlere Überlebenszeit liegt bei 15–40 Monaten.
Lobuläres Carcinoma in situ (LCIS)
Lobuläres Carcinoma in situ (LCIS)
Das lobuläre Carcinoma in situ geht von den Drüsenendkörpern aus. Es tritt vornehmlich prämenopausal auf. Ein LCIS ist in 20–25 % bilateral lokalisiert und gilt als Präkanzerose. In 50 % kommt es kontralateral zu einem invasiven Karzinom. Da es keine mammographischen Kriterien aufweist, ist die Diagnose häufig ein Zufallsbefund und basiert auf der pathohistologischen Untersuchung.
Das lobuläre Carcinoma in situ geht von den Drüsenendkörpern aus. Es tritt vornehmlich prämenopausal auf. Ein LCIS ist 20–25 % bilateral lokalisiert und gilt als Präkanzerose. In 50 % kommt es kontralateral zu einem invasiven Karzinom. Die Diagnose wird aufgrund fehlender mammographischer Kriterien häufig zufällig gestellt. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag
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19 Brustdrüse
Die Therapie bei Nachweis eines bilateralen LCIS besteht entweder in einer beidseitigen subkutanen Mastektomie oder einer einfachen Mastektomie, evtl. mit simultaner Rekonstruktion.
Die Therapie bei Nachweis eines bilateralen LCIS besteht entweder in einer beidseitigen subkutanen Mastektomie oder einer einfachen Mastektomie, evtl. mit simultaner Rekonstruktion. Ist lediglich der einseitige Nachweis erbracht, gelten die gleichen Behandlungsmodalitäten unter der Bedingung einer kontinuierlichen Kontrolle der erhaltenen Brust.
Invasiv lobuläres Karzinom
Invasiv lobuläres Karzinom
Dieses Karzinom macht ca. 10 % aller Mammakarzinome aus. Auch hier besteht die Tendenz zu einem beidseitigen Befall. Das Wachstum ist diffus infiltrativ.
Dieses Karzinom macht ca. 10 % aller Mammakarzinome aus, wobei mit der gleichen Inzidenz eine duktale Komponente zu beobachten ist. Auch hier besteht die Tendenz zu einem beidseitigen Befall. Das Wachstum ist diffus infiltrativ.
19.5.6 Prognosefaktoren
19.5.6
Prognosefaktoren lassen erkennen, mit welchem Risiko ein Wiederauftreten der Erkrankung (Rezidiv) oder eine verminderte Überlebensrate verbunden sind ( 2 B-19.1).
Prognosefaktoren lassen erkennen, mit welchem Risiko ein Wiederauftreten der Erkrankung (Rezidiv) oder eine verminderte Überlebensrate verbunden sind. Der Befund zum Zeitpunkt der Primärbehandlung kann dementsprechend über die Aggressivität des Tumors und damit über die zukünftigen Risiken des Patienten Auskunft geben. Hierdurch unterscheiden sie sich von Tumormarkern, die lediglich das Vorliegen oder Wiederauftreten der Tumorerkrankung zum Zeitpunkt der Untersuchung belegen ( 2 B-19.1).
Prognosefaktoren
2 B-19.1
Prognosefaktoren beim primären Mammakarzinom
Faktoren
Schlechte Prognose
N »klassische Prognosefaktoren«: n π π π π
Tumorgröße axillärer Lymphknotenstatus Grading Steroidhormonrezeptoren (Östrogen-, Progesteronrezeptor)
größer als 1 cm positiv (1–3, 4–9, 10+) III negativ
N neue Prognosefaktoren: Information über n Proliferation und Wachstumsregulation π π π
π
π π
S-Phasenanteil (Proliferation) Ploidie Ki-67 (Proliferationsantigen, korreliert mit S-Phase) epidermaler Wachstumsfaktor EGF-R (korreliert invers mit dem Hormonrezeptorstatus) HER-2/neu, Onkogenamplifikation p-170 Glykoprotein Expression (multiple drug resistance)
hoch aneuploid hoch positiv hoch positiv
N Metastasierungspotential n π π
π π
Lymphknotenstatus und Zahl der befallenen Lymphknoten Die Prognose verschlechtert sich mit steigender Zahl der befallenen Lymphknoten, wobei der Grenzwert bei 3 Lymphknoten liegt.
Kathepsin D uPA (Urokinase-Plasminogenaktivator) PAI-1 (Plasminogen-Aktivator-Inhibitor) Mikrometastasennachweis im Knochenmark Tumorangiogenesenachweis
positiv positiv positiv hoch
Lymphknotenstatus und Zahl der befallenen Lymphknoten Sie stellen bisher den stärksten prognostischen Faktor dar. Die Prognose verschlechtert sich mit steigender Zahl der befallenen Lymphknoten, wobei der Grenzwert bei 3 Lymphknoten liegt. Bei mehr als 10 positiven Lymphknoten scheint die Prognose auch durch eine konventionelle adjuvante Therapie nicht mehr zu verbessern zu sein.
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19.5.7 Tumorausbreitung
Tumorgröße und morphologische Kriterien Nodalnegative Patientinnen, bei denen die Tumorgröße 1 cm unterschreitet, haben eine ausgezeichnete Prognose. Die 5-Jahres-Rezidivquote liegt unter 5 %. Auch die Überschreitung dieser Größenangabe beeinflusst bei tumorfreien Lymphknoten die Prognose unwesentlich. Demgegenüber ist das histologische Grading mit der Prognose korreliert. Eine Einschränkung erfährt diese Korrelation über die subjektive Einstufung durch den Untersucher und die Tatsache, dass ca. 60 % aller Tumoren in ein mittleres Grading (G2) eingestuft werden. Unzweifelhaft ist jedoch der Nachweis einer Lymphangiosis oder Hämangiosis mit hoher Tendenz zur Metastasierung prognostisch ungünstig.
Tumorgröße und morphologische Kriterien Nodalnegative Patientinnen, bei denen die Tumorgröße 1 cm unterschreitet, haben eine ausgezeichnete Prognose. Die 5-Jahres-Rezidivquote liegt unter 5 %. Auch die Überschreitung von 1 cm beeinflusst bei tumorfreien Lymphknoten die Prognose unwesentlich. Demgegenüber ist das histologische Grading mit der Prognose korreliert.
Hormonrezeptorstatus
Hormonrezeptorstatus
Zu den wichtigsten Prognosefaktoren des Mammakarzinoms zählt der Östrogen- und Progesteronrezeptorstatus, der zugleich ein Selektionskriterium für eine adjuvante endokrine Therapie darstellt. Die Ansprechrate auf eine Hormontherapie bei östrogenrezeptorpositiven (ER+) Karzinomen beträgt ca. 60 %. Sind neben den Östrogen- auch die Progesteronrezeptoren (ER+, PgR+) positiv, erhöht sich die Ansprechrate auf annähernd 70 %. Das heißt, dass 30–40 % der Frauen mit einem positiven Rezeptorstatus nicht auf eine Antiöstrogentherapie ansprechen. Der Nachweis erfolgt entweder biochemisch durch Radioimmunassay oder immunhistologisch mit Erfassung der Steroidrezeptoren am Gefrierschnitt. Das biochemische Verfahren verlangt ein Homogenat aus mindestens 0,5 g Tumorfrischgewebe. Die Maßeinheit ist 1 Femtomol (1 fmol) gebundenes 3H-Östradiol pro mg Gewebeprotein. Positiv sind Werte > 10 fmol/mg. Bei der immunhistochemischen Untersuchung zeigt sich ein positiver Rezeptorbefund an der Anfärbung der Zellkerne. Farbintensität und Prozentsatz positiver Zellen ergeben einen immunreaktiven Score (IRS) mit 0–12 Punktwerten. Der Schwellenwert für die Abgrenzung rezeptorpositiver und -negativer Karzinome liegt bei 0–2 Punkten und entspricht einem biochemischen Wert von 10–20 fmol/mg Tumorprotein.
Zu den wichtigsten Prognosefaktoren des Mammakarzinoms zählt der Östrogen- und Progesteronrezeptorstatus, der zugleich ein Selektionskriterium für eine adjuvante endokrine Therapie darstellt. Die Ansprechrate auf eine Hormontherapie bei östrogenrezeptorpositiven (ER+) Karzinomen beträgt ca. 60 %. Sind neben den Östrogen- auch die Progesteronrezeptoren (ER+, PgR+) positiv, erhöht sich die Ansprechrate auf annähernd 70 %. Der Nachweis erfolgt entweder biochemisch durch Radioimmunassay oder immunhistochemisch mit Erfassung der Steroidrezeptoren am Gefrierschnitt.
Neuere Prognosefaktoren
Neuere Prognosefaktoren
Neben den herkömmlichen Prognosefaktoren, die heute routinemäßig bei jedem Mammakarzinom untersucht werden müssen, gibt es neuere Prognosefaktoren, die das Wachstum des Tumors und sein Metastasierungspotenzial charakterisieren. Sollte sich der Aussagewert dieser Faktoren bestätigen, wird es möglich sein, diejenigen Patientinnen zu identifizieren, die ohne Lymphknotenmetastasen später ein Rezidiv oder Fernmetastasen ausbilden. Andererseits könnten Prognosefaktoren zu einer individualisierten, prognoseadaptierten adjuvanten Therapie beim Mammakarzinom beitragen.
Neben den herkömmlichen Prognosefaktoren, die heute routinemäßig bei jedem Mammarkarzinom untersucht werden müssen, gibt es neuere Prognosefaktoren, die das Wachstum des Tumors und sein Metastasierungspotenzial charakterisieren.
19.5.7
Tumorausbreitung
19.5.7 Tumorausbreitung
Ist einmal ein Tumor nachgewiesen, kann es zu einer lokalen, regionalen oder fernen Metastasierung kommen. Hierbei besteht kein definiertes Ausdehnungsmuster. Während einige Tumoren sehr schnell in die regionalen Lymphknoten metastasieren und in der Brust keine Wachstumstendenz aufweisen, nehmen andere Tumoren lokal an Größe zu, ohne zu metastasieren.
Ist einmal ein Tumor nachgewiesen, kann es zu einer lokalen, regionalen oder fernen Metastasierung kommen.
Lokale Ausbreitung
Lokale Ausbreitung
Innerhalb der Brust sind 3 Ausbreitungsmechanismen von Bedeutung. Hierzu gehört einerseits die direkte Infiltration in das Nachbarparenchym, das dem mikroskopischen Bild der sternförmigen Ausläufer entspricht. Unkontrolliert kommt es zur Infiltration der darüber liegenden Haut und der angrenzenden Faszie.
Innerhalb der Brust sind 3 Ausbreitungsmechanismen von Bedeutung. Hierzu gehört die direkte Infiltration in das Nachbarparenchym. Des weiteren kann die Infiltration entlang der Milchgänge erfolgen.
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Von besonderer Bedeutung ist die lokale lymphatische und Gefäßausbreitung, da die Lymphbahnen sowohl gegen die Fascia pectoralis als auch den Warzenhof verlaufen.
19 Brustdrüse Ein weiterer Ausbreitungsweg besteht in der Infiltration entlang der Milchgänge, wobei nicht gesichert ist, ob es sich um die Modifikation einer »In-situ«-Erkrankung handelt. Ein ausgedehntes In-situ-Karzinom kann für die Multifokalität des Mammakarzinoms verantwortlich sein. Das multifokale Geschehen in dem gleichen Quadranten wie der Primärtumor ist vom multizentrischen Tumorwachstum außerhalb des Quadranten, in dem sich der Primärtumor befindet, zu unterscheiden. Die Inzidenz und die Ausdehnung der Multifokalität hängt von der Größe des Primärtumors ab. Diese Kenntnis ist eine wichtige Voraussetzung für die brusterhaltende Chirurgie. Von besonderer Bedeutung ist die lokale lymphatische und Gefäßausbreitung, da die Lymphbahnen sowohl gegen die Fascia pectoralis als auch den Warzenhof verlaufen.
Regionale Tumorausbreitung
Regionale Tumorausbreitung
Unter regionaler Tumorausbreitung wird die Metastasierung in die axillären, supraklavikulären und die innerhalb der Mamma gelegenen Lymphknoten verstanden. Die axillären Lymphknoten stellen die wichtigste Station der Metastasierung des Mammakarzinoms dar und sind prognostisch von hervorragender Bedeutung. Die Überlebensrate korreliert mit der Anzahl der Lymphknoten. Sowohl die Zahl der negativen als auch der positiven Lymphknoten ist von prognostischer Bedeutung (s.o.). 5 Jahre nach einer Mastektomie haben Frauen eine relative Überlebenszeit von 82 %, wenn keine Lymphknoten befallen sind. Bei 11 oder 12 beteiligten Lymphknoten reduziert sich die Überlebensrate auf 31 % und erreicht bei mehr als 20 positiven Lymphknoten 8 % nach 5 Jahren.
Unter regionaler Tumorausbreitung wird die Metastasierung in die axillären, supraklavikulären und die innerhalb der Mamma gelegenen Lymphknoten verstanden. Die axillären Lymphknoten stellen die wichtigste Station der Metastasierung des Mammakarzinoms dar und sind prognostisch von hervorragender Bedeutung. Bei Tumoren mit einem Durchmesser < 2 cm beträgt die Inzidenz axillärer Lymphknoten 20 % und steigt auf 35 % bei einem Durchmesser > 2 cm. In 50 % liegen axilläre Metastasen vor, wenn die Tumorgröße 5 cm überschritten hat. Hierbei gibt die palpable Größe der Lymphknoten keine Auskunft über einen möglichen Tumorbefall. Die Überlebensrate korreliert mit der Anzahl der Lymphknoten. Sowohl die Zahl der negativen als auch der positiven Lymphknoten ist von prognostischer Bedeutung (s.o.). 5 Jahre nach einer Mastektomie haben Frauen eine relative Überlebenszeit von 82 %, wenn keine Lymphknoten befallen sind. Liegen 1 oder 2 positive Lymphknoten zur Zeit der ersten Behandlung vor, sinkt die Überlebensrate auf 60 % und sinkt abermals auf 47 %, wenn 5–6 Knoten befallen sind. Bei 11 oder 12 beteiligten Lymphknoten reduziert sich die Überlebensrate auf 31 % und erreicht bei mehr als 20 positiven Lymphknoten 8 % nach 5 Jahren.
Erkrankungs-»Level«
Erkrankungs-»Level«
Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt bei einem Tumorbefall von Level I 65 %, bei einem Befall von Level II noch 31 % und sinkt bei einem Tumornachweis in Level III gegen 0 %.
Wie bereits oben beschrieben, werden die axillären Lymphknoten in Beziehung zum M. pectoralis in 3 Ebenen (Levels) unterteilt. Obwohl der Befall der einzelnen axillären Lymphknotenebenen von prognostischer Bedeutung ist, hat die Anzahl der befallenen Lymphknoten eine größere Aussagekraft. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt bei einem Tumorbefall von Level I 65 %, bei einem Befall von Level II noch 31 % und sinkt bei einem Tumornachweis im Level III gegen 0 %. Da trotz eines Tumornachweises in Level II bei 2 % der Patientinnen kein Tumor in Level I nachgewiesen werden kann, erbringt die alleinige Entfernung der Lymphknoten im Level I u.U. keine genaue prognostische Aussage.
Sentinel-node
Sentinel-node
Das Prinzip beruht auf der Annahme, dass der 1. erfassbare Lymphknoten ebenfalls die Lokalisation der 1. Metastase bedeutet. Dieser Lymphknoten kann mit einer Lymphabstromszintigraphie dokumentiert werden. In ersten Untersuchungen konnte so in 98 % der axilläre Lymphknotenstatus vorausgesagt werden. In 39 % war der Sentinel-Lymphknoten die einzige Metastasenmanifestation. Es liegt jedoch noch kein klinisches Routineverfahren vor.
Hierbei wird davon ausgegangen, dass der 1. Lymphknoten (SentinelLymphknoten) im Abflussgebiet des Primärtumors auch gleichzeitig die zu erwartende 1. Lokalisation einer Lymphknotenmetastasierung darstellt. Nach präoperativer Lymphabstromszintigraphie kann mit einer Gammasonde eine akkumulierende Radioaktivität erfasst werden. Nach bisherigen Untersuchungen kann mit diesem Verfahren der axilläre Lymphknotenstatus in 98 % vorausgesagt werden. Dies betrifft insbesondere Frauen ohne tumorverdächtige axilläre Symptome und bei Karzinomen < 1,5 cm Durchmesser. In 39 % war der Sentinel-node die einzige Manifestation einer axillären Metastasierung, und zwar in 63 % in Level I und in 23 % in Level II (vgl. 1 B-19.4).
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19.5.7 Tumorausbreitung
2 B-19.2
TNM-Klassifikation der Mammatumoren (UICC 1997)
N pT – Primärtumor n Die pathologische Klassifikation setzt die Untersuchung des Primärtumors ohne makroskopisch erkennbares Tumorgewebe an den Resektionsrändern voraus. Eine pT-Klassifizierung ist dann möglich, wenn an den Resektionsrändern Tumorgewebe ausschließlich histologisch nachgewiesen wurde. pTX pTis
Primärtumor kann nicht beurteilt werden Carcinoma in situ: intraduktales oder lobuläres Karzinom in situ bzw. Morbus Paget der Mamille ohne nachweisbares invasives Karzinom
Ist der Morbus Paget mit einem nachweisbaren Tumor kombiniert, wird er entsprechend der Größe des invasiven Karzinoms eingeteilt. pT1 Tumor ≤ 2 cm in der größten Ausdehnung π pT1a Tumor ≤ 0,5 cm in der größten Ausdehnung π pT1b Tumor > 0,5 cm aber < 1 cm in der größten Ausdehnung π pT1c Tumor > 1 cm aber < 2 cm in der größten Ausdehnung pT2 Tumor > 2 cm jedoch < 5 cm in der größten Ausdehnung pT3 Tumor > 5 cm pT4 Tumor jeder Größe mit Ausdehnung auf die Brustwand und Haut Die Brustwand schließt die Rippen, Interkostalmuskulatur und den vorderen Serratusmuskel mit ein, nicht aber die Pektoralismuskulatur. π π
π π
pT4a mit Ausdehnung auf die Brustwand pT4b mit Ödem und Orangenhaut, Ulzeration der Brusthaut oder Satellitenmetastasen der gleichseitigen Brust pT4c Kriterien 4a und 4b gemeinsam pT4d entzündliches Karzinom
Entzündliche Karzinome sind durch das klinische Bild charakterisiert, ohne dass eine palpable Tumormasse vorhanden sein muss. Ist die Hautbiopsie negativ und liegt kein lokalisiert messbarer Tumor vor, entspricht dem entzündlichen Karzinom (T4d) bei der pathologischen Klassifikation pTX. Bei der pT-Klassifikation wird die Tumorgröße nach der Messung der invasiven Komponente bestimmt. Bestehen eine In-situ-Komponente (z.B. 4 cm) und eine kleine invasive Komponente (z.B. 0,5 cm) wird der Tumor als pT1a klassifiziert. Einziehungen der Haut, Mamille oder andere Hautveränderungen außer denen, die unter T4 aufgeführt sind, können in T1, T2 oder T3 vorkommen, ohne die T-Klassifikation zu beeinflussen. N N – regionäre Lymphknoten n NX N0 N1 N2 N3
regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden keine regionären Lymphknotenmetastasen Metastasen in beweglichen ipsilateralen axillären Lymphknoten Metastasen in ipsilateralen axillären Lymphknoten, untereinander oder andere Strukturen fixiert. Metastasen in ipsilateralen Lymphknoten entlang der A. mammaria interna
N pN – regionäre Lymphknoten n Die pathologische Klassifikation basiert auf der histologischen Untersuchung wenigstens der unteren axillären Lymphknoten (Level I). Diese Resektion umfasst in der Regel 6 oder mehr Lymphknoten. pNX
regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden (nicht entnommen oder bereits entfernt) pN0 keine regionären Lymphknotenmetastasen pN1 Metastasen in beweglichen ipsilateralen axillären Lymphknoten π pN1a nur Mikrometastasen ( < 0,3 cm) π pN1b Metastasen in Lymphknoten, zumindest eine > 0,2 cm I Metastasen in 1–3 Lymphknoten, eine > 0,2 cm, aber alle < 2 cm II Metastasen in 4 oder mehr Lymphknoten, eine > 0,2 cm, aber alle < 2 cm III Ausdehnung der Metastasen über die Lymphknotenkapsel hinaus (alle < 2 cm in größter Ausdehnung) IV Metastasen in Lymphknoten 2 cm oder mehr in größter Ausdehnung. pN2 Metastasen in ipsilateralen axillären Lymphknoten, gegeneinander oder andere Strukturen fixiert pN3 Metastasen in Lymphknoten entlang der A. mammaria interna N (p)M – Fernmetastasen n MX das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden M0 keine Fernmetastasen M1 Fernmetastasen. Die Kategorie M1 kann wie folgt spezifiziert werden: π Lunge π Knochenmark PUL MAR π Knochen π Pleura OSS PLE π Leber π Peritoneum HEP PER π Hirn π Haut BRA SKI π Lymphknoten LYM π andere Organe OTH N G – histologisches Grading n GX Differenzierungsgrad kann nicht bestimmt werden G1 gut differenziert G2 mäßig differenziert G3 schlecht differenziert G4 undifferenziert N Stadiengruppierung n Stadium 0 Stadium I Stadium IIA Stadium IIB Stadium IIIA
Stadium IIIB Stadium IV
Tis T1 T0 T1 T2 T2 T3 T0 T1 T2 T3 T4 jedes T jedes T
N0 N0 N1* N1* N0 N1 N0 N2 N2 N2 N1, N2 jedes N N3 jedes N
M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M1
* Die Prognose von Patienten mit pN1a ist nur wenig schlechter als bei Patienten mit pN0.
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19 Brustdrüse Weitere Untersuchungen mit diesem Verfahren werden zeigen, ob es sich bei den unterschiedlichen Typen, Größen und Wachstumsformen der Karzinome bewährt.
Lymphknotenmetastasierung innerhalb der Mamma Sie ist vornehmlich mit medial- oder periareolären Tumoren vergesellschaftet, hat jedoch die gleiche prognostische Bedeutung wie ein Befall der axillären Lymphknoten.
Lymphknotenmetastasierung innerhalb der Mamma
Fernmetastasen
Fernmetastasen
Die Lokalisation von Fernmetastasen betrifft vornehmlich Knochen ( 1 B-19.15), Leber und Lunge. Auch Hirn,- Haut- und Peritonealmetastasen sind nicht ungewöhnlich.
Die Lokalisation von Fernmetastasen betrifft vornehmlich Knochen ( 1 B-19.15), Leber und Lunge. Auch Hirn-, Haut- und Peritonealmetastasen sind nicht ungewöhnlich. Der Nachweis von Mikrometastasen im Knochenmark ist bezüglich der prognostischen Bedeutung noch nicht geklärt.
1 B-19.15
Die Lymphbahnen innerhalb der Mamma dränieren im Bereich der Interkostalräume und der A. thoracica interna. Metastasen in diesen Lymphbahnen sind vornehmlich mit medial- oder periareolären Tumoren vergesellschaftet. Sie treten nur in 8 % ohne axillären Lymphknotenbefall auf, haben jedoch die gleiche prognostische Bedeutung wie die axillären Lymphknoten. Bei einem Befall beider Stationen ist die Prognose mit einer 10-Jahres-Überlebensrate von 25 % schlecht.
Synopsis Knochenmetastasen in der Ganzkörperskelettszintigraphie Ganzkörperskelettszintigraphie und Einzelaufnahmen des Thorax und des Beckens jeweils von ventral (RVL) und dorsal (LDR) 3 Stunden nach i.v. Gabe von 600 mbq 99m Tc-MDP. Die tiefschwarz dargestellten Bezirke entsprechen einem enorm gesteigerten Knochenstoffwechsel bei einer 64-jährigen Patientin mit multiplen, stammbetonten osteoblastischen Metastasen bei Mammakarzinom.
19.5.8
TNM-Klassifikation (UICC)
Die klinische TNM-Klassifikation findet ihre Bedeutung für die Wahl und Beurteilung der Therapie, während die pTNM-Klassifikation ( 2 B-19.2) postoperativ erfolgt und auf der histopathologischen Untersuchung basiert. Sie erfordert die Untersuchung des Primärtumors ohne makroskopisch erkennbaren Tumorrest an den Resektionsrändern.
19.5.8
TNM-Klassifikation (UICC)
Die klinische TNM-Klassifikation findet ihre Bedeutung für die Wahl und Beurteilung der Therapie, während die pTNM-Klassifikation ( 2 B-19.2) postoperativ erfolgt und auf der histopathologischen Untersuchung basiert. Sie erfordert die Untersuchung des Primärtumors ohne makroskopisch erkennbaren Tumorrest an den Resektionsrändern. Eine pT-Klassifikation ist jedoch möglich, wenn mikroskopisch Tumorgewebe an den Resektionsrändern nachgewiesen wird. Liegt ein nicht invasives Wachstum vor, wird die Tumorformel mit dem Zusatz »is« ergänzt. Liegen multiple simultane Tumoren vor, wird derjenige mit der höchsten pT-Kategorie bewertet und die Zahl der Mehrfachtumoren in Klammern angefügt, z.B. pT2 (3). Simultane bilaterale Karzinome werden separat klassifiziert. Einbeziehungen der Haut ändern mit Ausnahme der Stadien T4b und T4d die Tumorklassifikation nicht und können auch bei den Stadien T1–3 vorkommen. Die pN-Kategorie erfordert eine Beurteilung der regionären Lymphknoten. Diese umfassen die ipsilateralen axillären und interpektoralen Lymphkno-
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19.5.9 Chirurgische Therapie ten, wie auch die Lymphknoten entlang der A. mammaria interna. Für eine zuverlässige Beurteilung sind für den Level I mindestens 6 und für alle 3 Ebenen mindestens 10 Lymphknoten erforderlich. Außerhalb liegende Lymphknotenmetastasen (z.B. supraklavikulär, zervikal kontralateral und retrosternal) gelten als Fernmetastasen (p)M. Die pM-Kategorie setzt eine histopathologische Identifizierung der Fernmetastase voraus.
19.5.9
Chirurgische Therapie
19.5.9 Chirurgische Therapie
Ziel der operativen Therapie des primären Mammakarzinoms ist die sichere lokale Tumorkontrolle und die Vermeidung lokaler Rezidive. Die Operation muss so angelegt sein, dass ein möglichst gutes kosmetisches Ergebnis erzielt wird. In 2⁄3 aller Fälle ist dies mit Hilfe brusterhaltender Verfahren in Kombination mit einer postoperativen Bestrahlung, die dann als ein erforderlicher Anteil der Therapie zu betrachten ist, möglich.
1 B-19.16
Ziel der operativen Therapie des primären Mammakarzinoms ist die sichere lokale Tumorkontrolle und die Vermeidung lokaler Rezidive.
Synopsis Schnittführungen bei Mammaoperationen
2
3 1
3
2
1
1 2
b b Querovaläre Schnittführung bei Masta Periareolärer Schnitt (1), später kaum ektomie, erweiterter Mastektomie und sichtbar, kann für Prozesse bis zu 5 cm modifiziert radikaler Mastektomie (1); von der Areola entfernt verwendet liegt der Tumor weit kranial oder kaudal werden (markierter Bereich subkutane der Mamille, evtl. schräge SchnittPräparationsfläche); zirkuläre Schnittführung (2) (schattierter Bereich subführung (2) in den oberen Quadranten kutane Hautmobilisierung zur radikalen kosmetisch günstiger; in den unteren Brustdrüsenexstirpation). Quadranten radiäre Schnittführung (3) günstig.
Für die individualisierte, stadiengerechte Operation stehen folgende Verfahren zur Verfügung.: π totale Mastektomie mit axillärer Lymphadenektomie π radikale Mastektomie π erweiterte radikale Mastektomie π modifizierte radikale Mastektomie π einfache totale Mastektomie π partielle Mastektomie (Segmentektomie) π Tumorektomie. Schnittführung bei Mammaoperationen ( 1 B-19.16).
Totale Mastektomie mit axillärer Lymphadenektomie Hierbei handelt es sich um die vollständige Entfernung der Brustdrüse einschließlich der axillären Lymphknoten in Level I und II. Die totale Mastektomie mit axillärer Lymphonodektomie kommt beim resektablen Brustkrebs dann zur Anwendung, wenn ein brusterhaltendes Vorgehen nicht möglich ist oder die Patientin dieses wünscht.
c Hautinzision (1) über dem Tumor (bei Hautinfiltration mit Hautspindelexzision); Tumorexstirpation (2) 1 cm im gesunden Gewebe; getrennte axilläre Inzisionen (3) (quer oder vertikal) zur Axillarevision.
Für die individualisierte, stadiengerechte Operation stehen folgende Verfahren zur Verfügung: π totale Mastektomie mit axillärer Lymphadenektomie π radikale Mastektomie π erweiterte radikale Mastektomie π modifizierte radikale Mastektomie π einfache totale Mastektomie π partielle Mastektomie (Segmentektomie) π Tumorektomie. Schnittführung bei Mammaoperationen ( 1 B-19.16). Totale Mastektomie mit axillärer Lymphadenektomie Hierbei handelt es sich um die vollständige Entfernung der Brustdrüse einschließlich der axillären Lymphknoten in Level I und II.
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19 Brustdrüse
Die totale Mastektomie mit axillärer Lymphonodektomie kommt beim resektablen Brustkrebs dann zur Anwendung, wenn ein brusterhaltendes Vorgehen nicht möglich ist oder die Patientin dieses wünscht.
Sie muss von der radikalen Mastektomie, die inzwischen durch die eingeschränkte Radikaloperation weitestgehend ersetzt wurde und nur bei großen Tumoren mit Befall der Pektoralismuskulatur in Frage kommt, abgegrenzt werden. Sie darf ferner nicht mit der einfachen Mastektomie für die es nur wenig definierte Indikationen gibt, verwechselt werden (s. S. 737).
Operatives Vorgehen: Horizontale, spindelförmige Inzision vom Sternum bis zur vorderen Axillarlinie. Die Inzision muss mindestens 3 cm vom Tumor entfernt liegen. Die Präparation erfolgt nach medial bis zum Sternum, nach lateral bis zur Klavikula und nach kaudal bis zum Ansatz des M. rectus abdominis. Die Brust wird dann von medial nach lateral gelöst.
Operatives Vorgehen: Horizontale, spindelförmige Inzision vom Sternum bis zur vorderen, evtl. mittleren Axillarlinie. Die Inzision muss mindestens 3 cm vom Tumor entfernt liegen. Dieser Abstand kann ggf. durch Achsendrehung der Umschneidungsfigur erzielt werden. Die Präparation erfolgt nach medial bis zum Sternum, nach kranial bis an das Schlüsselbein und nach kaudal zum Ansatz des M. rectus abdominis. Die Brust wird anschließend von medial mit der Pektoralisfaszie vom entsprechenden Muskel unter Kontrolle der Blutstillung nach lateral gelöst, um anschließend die laterale Präparationsebene nach kranial bis zur V. axillaris zu vervollständigen. Zur Ausräumung der Axilla wird die V. axillaris lokalisiert und das axillare Binde- und Fettgewebe »en bloc« lateral von der Vene gegen die Faszie des M. latissimus dorsi und M. subscapularis nach medial und kaudal präpariert. Hierbei ist auf die Nn. thoracicus longus, thoracodorsalis und intercostobrachiales zu achten. Besteht der Verdacht auf einen Tumorbefall der Lymphknoten des Levels I und II, werden auch die infraklavikulären Lymphknoten des Levels III entfernt.
Zur Axillaausräumung wird die V. axillaris lokalisiert und das axillare Bindeund Fettgewebe »en bloc« nach medial und kaudal präpariert (cave: Nervenverläufe). Modifizierte radikale Mastektomie nach Patey Dieses Verfahren besteht in einer totalen Mastektomie mit kompletter Lymphonodektomie (Level I – III) und Entfernung des M. pectoralis minor. Es handelt sich um eine Modifikation der radikalen Mastektomie mit dem Ziel, die Thoraxkontur durch Belassen des M. pectoralis major zu erhalten ( 1 B-19.17).
Modifizierte radikale Mastektomie nach Patey Dieses Verfahren besteht in einer totalen Mastektomie mit kompletter Lymphonodektomie (Level I – III) und Entfernung des M. pectoralis minor. Es handelt sich um eine Modifikation der radikalen Mastektomie mit dem Ziel, die Thoraxkontur durch Belassen des M. pectoralis major zu erhalten. Durch Entfernung des M. pectoralis minor hat sie den Vorteil, dass die Level II und III mühelos erreicht und die interpektoralen Lymphknoten mitentfernt werden können. Das operative Vorgehen entspricht bis zur Ausräumung der Axilla dem der totalen Mastektomie mit Lymphknotenausräumung. Anschließend erfolgt die Mobilisation des M. pectoralis minor unter Schonung der Pektoralnerven, der dann an seinem Ursprung abgetragen und einschließlich der Lymphknoten entfernt wird ( 1 B-19.17).
1 B-19.17
Synopsis Modifizierte radikale Mastektomie nach Patey
Die modifizierte radikale Mastektomie nach Patey besteht in einer radikalen Mastektomie einschließlich einer kompletten Lymphadenektomie von Level I – III mit Entfernung des M. pectoralis minor.
M. pectoralis minor
M. pectoralis major
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19.5.9 Chirurgische Therapie
Radikale Mastektomie nach Rotter-Halsted Die totale Mastektomie mit Entfernung beider Pektoralmuskeln und vollständiger axillärer Lymphadenektomie bis zur Klavikula wurde wegen ihrer starken Verstümmelung weitestgehend verlassen. Als seltene Indikation kommen große T3-Tumoren mit Infiltration des M. pectoralis major oder eine massive Invasion der interpektoralen Lymphknoten einschließlich einer Infiltration der Muskulatur in Frage.
Radikale Mastektomie nach Rotter-Halsted Die totale Mastektomie mit Entfernung beider Pektoralmuskeln und vollständiger axillärer Lymphadenektomie bis zur Klavikula wurde wegen ihrer starken Verstümmelung weitestgehend verlassen.
Totale (einfache) Mastektomie
Totale (einfache) Mastektomie
Dieses Verfahren ist als eine vollständige Entfernung der Brustdrüse ohne axilläre Lymphonodektomie unter Erhalt beider Brustmuskeln definiert ( 1 B-19.18).
Dieses Verfahren ist als eine vollständige Entfernung der Brustdrüse ohne axilläre Lymphonodektomie unter Erhalt beider Brustmuskeln definiert ( 1 B-19.18).
1 B-19.18
Synopsis Totale (einfache) Mastektomie
Das Prinzip der Operation besteht in einer vollständigen Entfernung der Brustdrüse ohne axilläre Lymphadenektomie unter Erhalt beider Brustmuskeln.
Als Indikationen ergeben sich: π nicht invasive duktale oder lobuläre Karzinome, wenn eine lokale Exzision aufgrund der Ausdehnung nicht möglich ist und andererseits kein Verdacht auf axilläre Lymphknotenmetastasen besteht π Lokalrezidiv nach brusterhaltender und axillärer Lymphonodektomie ohne Fernmetastasen π lokale Tumorkontrolle bei fortgeschrittenem Karzinom mit Fernmetastasen π Inoperabilität bei allgemeinen Risikofaktoren (evtl. Lokalanästhesie) π prophylaktische Mastektomie der kontralateralen Seite bei hohem Risiko einer bilateralen Karzinomentstehung π nicht invasive Form des Morbus Paget π chronische Mastitis mit schwerer Brustdeformität. Das operative Vorgehen entspricht der 1. Phase der totalen Mastektomie mit axillärer Lymphonodektomie (s.o.). Der Eingriff kann, wenn erforderlich, auch in Lokalanästhesie vorgenommen werden.
Als Indikationen ergeben sich: nicht invasive duktale oder lobuläre Karzinome, wenn keine lokale Exzision möglich ist und kein Verdacht auf axilläre Lymphknotenmetastasen besteht π Lokalrezidiv nach brusterhaltender und axillärer Lymphonodektomie ohne Fernmetastasen π lokale Tumorkontrolle bei fortgeschrittenem Karzinom mit Fernmetastasen π Inoperabilität bei allgemeinen Risikofaktoren (evtl. Lokalanästhesie) π prophylaktische Mastektomie der kontralateralen Seite bei hohem Risiko einer bilateralen Karzinomentstehung π nichtinvasive Form des Morbus Paget π chronische Mastitis mit schwerer Brustdeformität.
Brusterhaltende Operationen
Brusterhaltende Operationen
Die Erkenntnis, dass bereits zum Zeitpunkt der Primärtherapie bei 60–65 % der erkrankten Frauen eine Metastasierung stattgefunden hat und damit der weitere Verlauf nicht mehr durch eine radikale Operationstechnik korrigierbar ist, hat zu einem Umdenken in der Chirurgie des Brustkrebses geführt, indem Mammakarzinome bereits zum Zeitpunkt der Primärdiagnose als systemische Erkrankung betrachtet werden. Unter diesen Gesichtspunkten
Bei 60–65 % der erkrankten Frauen liegt bereits zum Zeitpunkt der Primärtherapie eine Metastasierung vor, sodass die Mammakarzinome in diesen Fällen als systemische Erkrankung betrachtet werden müssen.
π
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738 Eine radikale Operationstechnik nimmt deshalb keinen korrigierenden Einfluss auf den Gesamtverlauf. Merke
19 Brustdrüse haben sich unter der Voraussetzung der lokalen Tumorkontrolle Therapieverfahren bis zur Organerhaltung entwickelt. n Merke. Bei den brusterhaltenden Operationsverfahren ist sowohl die axilläre Lymphonodektomie als auch die postoperative Bestrahlung ein integraler Bestandteil der Behandlung.
Selektionskriterien für brusterhaltende Operationsverfahren: π Das Ziel dieser Operationen ist neben der lokoregionalen Sanierung ein akzeptables kosmetisches Ergebnis. π Es darf keine Beziehung des Primärtumors zur Mamille bestehen. π Eine Multizentrizität muss mammographisch/sonographisch ausgeschlossen sein. π Der Tumortyp sollte ein multifokales Wachstum ausschließen lassen. π Die Patientin muss einer Nachbestrahlung der Brust zustimmen.
Selektionskriterien für brusterhaltende Operationsverfahren: π Das Ziel dieser Operationen ist neben der lokoregionalen Sanierung ein akzeptables kosmetisches Ergebnis. Grundsätzlich sollten hierfür nicht mehr als 25 % des Brustvolumens entfernt werden, da sonst mit Verstümmelungen gerechnet werden muss. π Es darf keine Beziehung des Primärtumors zur Mamille bestehen. π Eine Multizentrizität muss mammographisch/sonographisch ausgeschlossen sein. π Der Tumortyp sollte ein multifokales Wachstum ausschließen lassen. Kritisch zu bewerten sind Karzinome mit ausgedehnter intraduktaler Komponente, häufig bei Frauen um oder unter 35 Jahren sowie lobuläre Karzinome und Karzinome mit umgebender Lymphangiosis carcinomatosa. π Die Patientin muss einer Nachbestrahlung der Brust zustimmen.
Als Kontraindikationen gelten das multizentrische Karzinom, ein ausgedehntes multifokales Wachstum, diffuse Mikrokalzifikationen, Kollagenosen mit Gefäßbeteiligung, die vorbestrahlte Brust und die Makromastie ( 2 B-19.3). Zu den brusterhaltenden Verfahren gehören: π Quadrantektomie π Segmentektomie und π Tumorektomie.
Als Kontraindikationen gelten das multizentrische Karzinom, ein ausgedehntes multifokales Wachstum, diffuse Mikrokalzifikationen, Kollagenosen mit Gefäßbeteiligung, die vorbestrahlte Brust (z.B. Morbus Hodgkin) und die Makromastie ( 2 B-19.3). Zu den brusterhaltenden Verfahren gehören: π Quadrantektomie π Segmentektomie und π Tumorektomie.
2 B-19.3
Kontraindikationen einer brusterhaltenden Operation bei Mammakarzinom
Absolut N »No change« oder »progressive disease« bei Tumoren über 3–5 cm n (in Abhängigkeit von der Brustgröße nach präoperativer Chemotherapie) N Multizentrizität n N EIC (extensive intraduktale Komponente) bei vorhandenem invasivem Karzinom n N ausgedehntes duktales Carcinoma in situ (DCIS) n N inflammatorisches Mammakarzinom nach präoperativer Chemotherapie n N Morbus Paget n N Lokalrezidiv nach brusterhaltender Primäroperation n N Ablehnung einer Strahlentherapie n Relativ N ungünstige Tumor-, Brustgröße (in Relation zueinander) n N Multifokalität bei zu erwartendem ungünstigen kosmetischen Ergebnis n N retromamillärer Tumorsitz n
Quadrantektomie
Quadrantektomie
Hierbei handelt es sich um eine »En-bloc«-Resektion des Tumors mit annähernd 1 Quadranten des Brustgewebes, der darunter liegenden Faszie des M. pectoralis major und der darüber liegenden Haut ( 1 B-19.19).
Hierbei handelt es sich um eine »En-bloc«-Resektion des Tumors mit annähernd 1 Quadranten des Brustgewebes, der darunter liegenden Faszie des M. pectoralis major und der darüber liegenden Haut. Dieses Verfahren ist nur im Stadium T1 N0 M0 sowie bei suspekten Befunden vertretbar. Die Indikation besteht nur bei sehr kleinen (< 2 cm) Tumoren und sicher freier Achselhöhle (LK-Probeentnahme).
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739
19.5.10 Nachbehandlung Liegt der Tumor im äußeren, oberen Quadranten erfolgt die Resektion von Tumor und axillären Lymphknoten von einem Zugang aus. In allen anderen Fällen wird die Lymphknotenexzision durch einen separaten Zugang vorgenommen ( 1 B-19.19). Im Hinblick auf das kosmetische Ergebnis in Kombination mit der erforderlichen Strahlentherapie unterliegt dieses Verfahren jedoch Einschränkungen in der Anwendung.
1 B-19.19
Das Verfahren ist nur im Stadium T1 N0 M0 und bei suspekten Befunden vertretbar. Die Axilla muss sicher frei sein (Axillarevision).
Synopsis Brusterhaltende Operation: Quadrantektomie »En-bloc«-Resektion des Tumors mit annähernd 1 Quadranten des Brustgewebes, der darunter liegenden Faszie des M. pectoralis major und der darüber liegenden Haut. Liegt der Tumor im äußeren oberen Quadranten, erfolgt vom gleichen Zugang aus die axilläre Lymphadenektomie. In allen anderen Fällen erfolgt die Lymphknotenresektion über einen separaten Zugang.
Segmentektomie, Tumorektomie (Lumpektomie)
Segmentektomie, Tumorektomie
Unter Segmentektomie (partielle Mastektomie) wird die Exzision des Tumors mit makroskopisch tumorfreien Resektionsrändern verstanden, während bei der Tumorektomie eine einfache Resektion des Tumors ohne Beachtung der Resektionsränder erfolgt.
Die Segmentektomie (partielle Mastektomie) ist die Tumorentfernung mit makroskopisch tumorfreien Resektionsrändern, während die Tumorektomie die Resektionsränder nicht beachtet.
19.5.10
Nachbehandlung
19.5.10 Nachbehandlung
Für die Nachbehandlung des operierten Mammakarzinoms stehen die Radiotherapie mit Neutronen und Elektronen sowie die Hormon- und Chemotherapie zur Verfügung.
Adjuvante Radiotherapie
Adjuvante Radiotherapie
Indikation
Indikation: π Lymphknotenbestrahlung nach brusterhaltenden Operationsverfahren π Bei fortgeschrittenen Tumorstadien mit Faszien-, Muskel- oder Hautbefall: T1–3b, T4a, b, c erfolgt die Radiotherapie nach (eingeschränkter) Mastektomie. π Primärtherapie bei lokal fortgeschrittenem Karzinom evtl. kombiniert mit einer Hormontherapie. π Befall der Axilla mit > 10 Lymphknoten und/oder Durchbruch der Lymphknotenkapsel. Kontraindikationen. Wegen der Gefahr des Lymphödems der oberen Extremität erfolgt nach Mastektomie keine routinemäßige Bestrahlung. Hormontherapie
π
π
π
π
Lymphknotenbestrahlung nach brusterhaltenden Operationsverfahren (Lumpektomie, Quadrantektomie). Bei fortgeschrittenen Tumorstadien mit Faszien-, Muskel- oder Hautbefall: T1–3b, T4a, b, c: Hier erfolgt die Radiotherapie nach (eingeschränkter) Mastektomie. Primärtherapie bei lokal fortgeschrittenem Karzinom evtl. kombiniert mit einer Hormontherapie (z.B. bei älteren Patienten). Befall der Axilla mit > 10 Lymphknoten und/oder Durchbruch der Lymphknotenkapsel evtl. kombiniert mit einer Hochdosis-Chemotherapie.
Kontraindikationen. Wegen der Gefahr des Lymphödems der oberen Extremität erfolgt nach Mastektomie keine routinemäßige Bestrahlung von Brustwand und ableitenden Lymphbahnen.
Hormontherapie Aufgrund der bekannten Hormonrezeptoren an den Tumorzellen (s.o.) bietet sich eine medikamentöse Blockade dieser Rezeptoren an. Allerdings profitieren lediglich 40 % der erkrankten Frauen von einer Hormontherapie.
Aufgrund der bekannten Hormonrezeptoren an den Tumorzellen (s.o.) bietet sich eine medikamentöse Blockade dieser Rezeptoren an. 40 % der erkrankten Frauen profitieren von einer Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Hormontherapie.
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740 Merke
19 Brustdrüse
n Merke. Bei jedem operierten Mammakarzinom ist die Rezeptoranalyse gefordert.
Bei postmenopausalen, östrogenrezeptorpositiven Patientinnen führt die additive Hormontherapie mit Tamoxifen zu einer Rezidivabnahme von 25–30 %.
Bei postmenopausalen, östrogenrezeptorpositiven Patientinnen führt die additive Hormontherapie mit dem Antiöstrogen Tamoxifen (20–40 mg p.o./Tag) zu einer Senkung der Rezidive um 25–30 % und zu einer Erhöhung der Gesamtüberlebensrate von mehr als 10–15 % nach 10 Jahren. Diese Therapie beeinflusst jedoch nicht die viszerale Metastasierung.
Chemotherapie
Chemotherapie
Ziel einer Chemotherapie ist die therapeutische oder palliative Beeinflussung des Tumorwachstums, insbesondere von Fernmetastasen.
Ziel einer Chemotherapie ist die therapeutische oder palliative Beeinflussung des Tumorwachstums, insbesondere von Fernmetastasen (z.B. CMFSchema mit der Kombination von Cyclophosphamid, Methotrexat und 5-Fluorouracil). Nieren- und Leberinsuffizienz, chronische Infekte und andere progrediente Tumoren stellen eine Kontraindikation zur Chemotherapie dar.
19.5.11 Rezidive
19.5.11
Das Wiederauftreten eines Karzinoms in der verbliebenen Brust nach brusterhaltendem Vorgehen oder an der Thoraxwand nach Mastektomie wird als lokales Rezidiv bezeichnet.
In Abhängigkeit von der Lokalisation eines Tumorrezidivs werden lokale und lokoregionäre Rezidive und die Metastasierung unterschieden. Das Wiederauftreten eines Karzinoms in der verbliebenen Brust nach brusterhaltendem Vorgehen oder an der Thoraxwand nach Mastektomie wird als lokales Rezidiv bezeichnet. Lokale Rezidive nach Mastektomie unterschiedlicher Verfahrensweisen unterscheiden sich in ihrer prognostischen Bedeutung grundsätzlich von denen brusterhaltender Operationen. Während Lokalrezidive nach Mastektomie auf eine vorhandene oder bevorstehende allgemeine Metastasierung hinweisen, handelt es sich bei Rezidiven in der erhaltenen Brust in der Regel nur um ein lokales Phänomen, das durch lokale Maßnahmen erfolgreich behandelt werden kann (s.u.). Als lokoregionäre Rezidive gelten Tumormanifestationen der unmittelbaren Umgebung oder auch im Bereich der ipsilateralen Lymphknoten (Axilla, Supraklavikular-, Infraklavikular- und Parasternalregion). Bei der Metastasierung kommt es zu einer weiteren Ausbreitung auf sekundäre Lymphknotengebiete, Peritoneum, Pleura oder zu hämatogenen Organmetastasen.
Als lokoregionäre Rezidive gelten Tumormanifestationen der unmittelbaren Umgebung oder im Bereich der ipsilateralen Lymphknoten. Die Metastasierung führt zu einer weiteren lymphogenen oder hämatogenen Ausbreitung. Lokoregionäre Rezidive nach Mastektomie Für das Auftreten von Lokalrezidiven sind die bekannten Prognosefaktoren ausschlaggebend. Die meisten Rezidive treten innerhalb von 2 Jahren nach Primärbehandlung auf. Das Entstehen von Metastasen wird durch eine postoperative adjuvante Radiotherapie vermindert. Während eine adjuvante Chemotherapie nur geringen Einfluss auf das Lokalrezidiv hat, kann Tamoxifen (Antiöstrogen) die Rate der Lokalrezidive um die Hälfte senken.
Therapie. Die Behandlung der Lokalrezidive besteht in der chirurgischen Exzision und/oder Bestrahlung. Liegen Fernmetastasen vor, ist eine systemische Behandlung erforderlich.
Rezidive
Lokoregionäre Rezidive nach Mastektomie Nach radikaler Mastektomie beträgt die Inzidenz der Lokalrezidive bei nodalnegativen Frauen 3–8 %, bei nodalpositiven 19–27 %. Für das Auftreten von Lokalrezidiven sind die bekannten Prognosefaktoren (Lymphknotenstatus, Tumorgröße, Differenzierungsgrad, Tumorbefall der Haut oder Faszie, Exulzeration der Haut und Brustödem) ausschlaggebend. Die meisten Rezidive treten innerhalb von 2 Jahren nach der Primärbehandlung, 80–90 % nach 5 Jahren und nahezu alle in 10 Jahren auf. 50 % der Rezidive entstehen an der Thoraxwand und ca. je 10 % in der Axilla, supraklavikulär und parasternal. In 1⁄3 sind Brustwand und Lymphknotenregionen zugleich betroffen. Durch eine postoperative adjuvante Radiotherapie lässt sich das Entstehen von Metastasen deutlich beeinflussen. Demgegenüber hat die adjuvante Chemotherapie nur wenig Einfluss auf die Inzidenz von Lokalrezidiven. Die adjuvante Behandlung mit Tamoxifen (Antiöstrogen) kann die Rate der Lokalrezidive um etwa die Hälfte senken.
Therapie. Die Behandlung lokaler Rezidive besteht in der chirurgischen Exzision und/oder Bestrahlung. Auf diese Weise lassen sich 50–70 % der Lokalrezidive beherrschen. Sind neben den Lokalrezidiven auch Fernmetastasen nachgewiesen, ist eine systemische Behandlung erforderlich.
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741
19.5.12 Nachsorgemaßnahmen
Lokoregionäres Rezidiv nach brusterhaltenden Maßnahmen Lokalrezidive in der operierten Brust können als Rezidiv des Primärtumors (echte Lokalrezidive) oder als neuer Primärtumor (Zweitkarzinom) entstehen. Rezidive von Primärtumoren sind im oder um das ehemalige Tumorbett lokalisiert und treten relativ früh auf. Zweittumoren können in allen Quadranten der Brust entstehen und treten selten in den ersten 5 Jahren nach Behandlungsabschluss auf. Ihre Inzidenz hängt von der Größe des Primärtumors und dem Ausmaß der Resektion ab. Die durchschnittliche Inzidenz von Lokalrezidiven nach brusterhaltender Therapie mit adjuvanter Radiotherapie beträgt 10 %.
Therapie. Die Therapie von Lokalrezidiven nach brusterhaltenden Maßnahmen besteht in der Regel in der Entfernung der erkrankten Brust (salvage mastectomy), die eine 5-Jahres-Überlebensrate von 45–70 % zur Folge hat.
19.5.12
Nachsorgemaßnahmen
Lokoregionäres Rezidiv nach brusterhaltenden Maßnahmen Lokalrezidive in der operierten Brust können als Rezidiv des Primärtumors (Zweitkarzinom) entstehen. Die durchschnittliche Inzidenz von Lokalrezidiven nach brusterhaltender Therapie mit adjuvanter Radiotherapie beträgt 10 %.
Therapie. Die Therapie von Lokalrezidiven nach brusterhaltenden Maßnahmen besteht in der Regel in der Entfernung der erkrankten Brust. 19.5.12 Nachsorgemaßnahmen
Klinische Nachsorge
Klinische Nachsorge
Die Nachsorge sollte an prognostischen Faktoren und dem Alter der Patientin ausgerichtet sein ( 2 B-19.4).
2 B-19.4
Nachsorgeempfehlungen für symptomfreie Frauen nach abgeschlossener Primärbehandlung einer Mammakarzinomerkrankung
Klinische Nachsorge
Nachsorge
Früherkennung
Jahre nach Primärtherapie
1 2 3
4 5
6 und weitere
n Anamnese N N körperliche Untersuchung n N Information n
alle 3 Monate
alle 6 Monate
alle 12 Monate
N Selbstuntersuchung n N alle anderen technischen Untersuchungen n einschließlich Labor und Tumormarkern (Ausnahme Mammographie, s.u.)
monatlich nur bei klinischem Verdacht auf Rezidiv und/oder Metastasen
Mammographie Jahre nach Primärtherapie
1 2 3
4 und weitere
nach brusterhaltender Operation N ipsilaterale Brust n N kontralaterale Brust n
alle 6 Monate
alle 12 Mon
alle 12 Monate nach Mastektomie
N kontralaterale Brust n
alle 12 Monate
Rekonstruktionsverfahren nach Mastektomie (S.a. Kap. 29.5.3) Die durch Mastektomie entstandene Verstümmelung kann durch eine chirurgische Rekonstruktion soweit korrigiert werden, dass wenigstens die weibliche Körperkontur wiederhergestellt wird. Zur Wiederherstellung stehen 2 grundsätzliche Verfahren zur Verfügung. Einerseits die autologe Rekonstruktion mit körpereigenem Gewebe und andererseits die heterologe Rekonstruktion mit körperfremdem Gewebe. Zu den gebräuchlichsten Verfahren gehören:
Rekonstruktionsverfahren nach Mastektomie (S.a. Kap. 29.5.3) Es stehen 2 grundsätzliche Verfahren zur Verfügung. Dies sind die autologe Rekonstruktion mit körpereigenem Gewebe und die heterologe Rekonstruktion mit körperfremdem Gewebe. Die gebräuchlichsten Verfahren sind:
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742
19 Brustdrüse gestielte und freie myokutane Lappenplastik, wie Latissimus-dorsi-, Pektoralismajor und Rectus-abdominis-Lappen. subkutane und subpektorale Implantate Gewebeexpander.
gestielte und freie myokutane Lappenplastik (z.B. Latissimus-dorsi-, Pectoralis-major- und Rectus-abdominis-Lappen. π subkutane und subpektorale Implantate. Postoperatives Lymphödem
π
Als Folge einer Lymphabflussbehinderung nach operativer Axillarevision kann, insbesondere nach zusätzlicher Bestrahlung, ein Lymphödem des Arms auftreten. Therapeutisch bietet hierbei die konservative Lymphdränage Möglichkeiten der Besserung.
Als Folge einer Lymphabflussbehinderung nach operativer Axillarevision kann, insbesondere nach zusätzlicher Bestrahlung, ein Lymphödem des Arms auftreten. Therapeutisch bietet hierbei die konservative Lymphdränage Möglichkeiten der Besserung. Eine chirurgische Lymphdränage bleibt extremen Lymphschwellungen vorbehalten. Schonende operative Techniken, die Vermeidung einer Bestrahlung der operierten Axilla und die postoperative Krankengymnastik haben zu einem deutlichen Rückgang des Auftretens eines Lymphödems geführt.
19.6
19.6
Erkrankungen der männlichen Brust
19.6.1
Gynäkomastie
π
19.6.1
Erkrankungen der männlichen Brust Gynäkomastie
Definition
Ätiologie. Physiologisch tritt sie bei männlichen Neugeborenen durch einen Überschuss mütterlichen Östrogens und während der Pubertät auf. Im Alter bleibt die Gynäkomastie bei nachlassender Hormonproduktion der Hoden bestehen. Die pathologische Gynäkomastie beruht am häufigsten auf dem Einfluss von Medikamenten und Drogen, die einen östrogenähnlichen oder antiandrogenen Effekt ausüben. Hodentumoren verursachen in 10 % eine Gynäkomastie.
Auch metabolische Störungen wie die Leberzirrhose, die chronische Niereninsuffizienz und die Thyreotoxikose können mit einer Gynäkomastie einhergehen. Durch Hypogonadismus kann ein Überwiegen der Östrogene auftreten. Als Ursache kommen eine Unterfunktion der Hoden (z.B. Leistenhoden), ein traumatischer Hodenverlust oder Virusinfektionen (z.B. Mumps) in Frage. Chromosomale Veränderungen wie das Klinefelter-Syndrom, kongenitale Enzymdefekte und die kongenitale Anorchie sind sehr seltene Ursachen. Diagnose. 50 % aller Gynäkomastien liegen pathologische oder iatrogene
π π
Postoperatives Lymphödem
n Definition. Gynäkomastie ist die abnorme Größenzunahme der männlichen Brust. Sie kann physiologisch während der Pubertät und pathologisch auftreten und ist auf eine Hormonverschiebung zurückzuführen.
Ätiologie. Physiologisch tritt die Gynäkomastie bei Männern in unterschiedlichen Entwicklungsstadien auf. Hierzu gehören der Neugeborene mit einem Überschuss mütterlichen Östrogens und der Adoleszent in der Pubertät. Während in diesen Stadien die Vergrößerung der Brust nur vorübergehend andauert, verbleibt sie beim älteren Patienten mit nachlassender Hormonproduktion der Hoden. Die Ursache einer pathologischen Gynäkomastie beruht am häufigsten auf dem Einfluss von Medikamenten und Drogen, die einen östrogenähnlichen oder antiandrogenen Effekt ausüben (z.B. Digitalis, Spironolacton, Methyldopa und Captopril sowie Heroin und Cannabis). Der Mechanismus dieser Wirkung ist nicht geklärt. Hodentumoren verursachen in 10 % eine Gynäkomastie, was prognostisch ungünstig gewertet werden kann. Diese Tumoren produzieren einerseits humanes Choriongonadotropin, das die testikuläre Produktion sowohl von Östrogen als auch von Testosteron stimuliert. Andererseits konvertiert das Tumorgewebe Androgen zu Östrogen. In seltenen Fällen können auch andere Tumoren (z.B. Bronchialkarzinom, Pankreas- und Magenkarzinom) durch die Bildung von Choriongonadotropinen zur Gynäkomastie führen. Das Gleiche gilt für Tumoren der Nebenniere, deren Androgenproduktion in Östrogen konvertiert wird. Auch metabolische Störungen, wie Leberzirrhose und die chronische Niereninsuffizienz können mit einer Gynäkomastie einhergehen. Bei der Thyreotoxikose kann bei 30 % der Männer ebenfalls eine Vergrößerung der Brust beobachtet werden. Ursächlich liegt vermutlich eine Aktivitätssteigerung der Aromatase zugrunde (die Aromatase spaltet das Testosteron in das stark wirksame Androgen Dihydrotestosteron und Östradiol). Durch Hypogonadismus kann es zu einem Überwiegen der Östrogene kommen. Als Ursache kommen eine Unterfunktion der Hoden (z.B. Leistenhoden), ein traumatischer Hodenverlust oder Virusinfektionen (z.B. Mumps) in Frage. Chromosomale Veränderungen wie das Klinefelter-Syndrom, kongenitale Enzymdefekte und die kongenitale Anorchie sind sehr seltene Ursachen. Diagnose. Die pubertäre Gynäkomastie bedarf keiner weiteren Abklärung.
In 50 % der Gynäkomastien liegt jedoch eine pathologische oder iatrogene
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19.6.2 Karzinom der männlichen Brust Ursache zugrunde. Neben der Erhebung bestehender Medikationen ist die Überprüfung von Leber-, Nieren- und Schilddrüsenfunktion angezeigt. Bei Patienten unter 40 Jahren sollten die Hoden auf Atrophie oder tumoröse Veränderungen mit dem Ultraschall untersucht werden. Neben der Röntgenkontrolle des Thorax können gezielte Hormonbestimmungen weiteren Aufschluss über die Ätiologie der Erkrankung geben. Differenzialdiagnostisch ist an ein Lipom, Hämangiom oder Lymphangiom zu denken. Beim älteren Patienten auch an ein Mammakarzinom (s.u.).
Therapie. Wirkt sich die Gynäkomastie nicht störend aus, ist keine Behandlung erforderlich. Das Absetzen auslösender Medikamente oder Drogen, als auch eine hormonelle Behandlung beeinflussen die manifeste Vergrößerung der Brust kaum. Als kosmetische Behandlung kann die operative Entfernung des Drüsenkörpers indiziert sein. Die subkutane Mastektomie erfolgt durch Zirkumzision des Warzenhofes mit anschließender Entfernung des Drüsenkörpers. Hierbei sollte zur Verhinderung einer Kraterbildung ein kleiner Anteil des Gewebes belassen bleiben. 19.6.2
Karzinom der männlichen Brust
n Definition. Das Mammakarzinom des Mannes ist sehr selten und macht ca. 1 % derartiger Tumoren aus. Das bevorzugte Alter liegt jenseits der 7. Lebensdekade.
Ätiologie. Der Entstehung des Mammakarzinoms wird eine hormonale
Basis mit erhöhten Serumöstrogenwerten zugrunde gelegt. Eine weitere Korrelation besteht zur Adipositas, die mit einer vermehrten Aromataseaktivität einhergeht und damit vermehrt adrenales Androgen zu Östrogen umwandelt. Nicht ungewöhnlich ist das Auftreten des Karzinoms im Rahmen eines Klinefelter-Syndroms, das mit einer Hodenatrophie verbunden ist. Obwohl diese Hormonverschiebungen auch für die Gynäkomastie verantwortlich gemacht werden, ist diese nicht mit einer erhöhten Inzidenz von malignen Tumoren behaftet. Im Rahmen einer familiären Disposition ist bei Nachweis einer BRCA 1Mutation (s. S. 722) mit einer erhöhten Karzinominzidenz beim Mann zu rechnen.
Symptome. ( 1 B-19.20) 75 % der betroffenen Patienten zeigen eine Vergrö-
ßerung der Brust, während bei den anderen Patienten eine blutige Sekretion aus der Brustwarze, eine Einziehung der Mamille, Ulzerationen oder eine axilläre Lymphadenopathie zu beobachten ist. Das Karzinom wird in der Regel, vermutlich durch seine Seltenheit, spät diagnostiziert. Andererseits
1 B-19.20
Ursachen zugrunde. Neben der Erfassung von Medikationen oder Drogenmissbrauch ist die Überprüfung von Leber-, Nieren- und Schilddrüsenfunktion erforderlich. Neben gezieltem Einsatz bildgebender Diagnostik können Hormonbestimmungen weiteren Aufschluss über die Ätiologie der Erkrankung geben. Differenzialdiagnostisch ist an ein Lipom, Hämangiom, Lymphangiom oder Mammakarzinom zu denken. Therapie. Wirkt sich die Vergrößerung der Brust störend aus, kann die operative Entfernung des Drüsenkörpers indiziert sein. Das Absetzen auslösender Medikamente und Drogen sowie hormonelle Behandlungen beeinflussen die manifeste Vergrößerung der Brust kaum.
19.6.2
Karzinom der männlichen Brust
Definition
Ätiologie. Der Entstehung des Mammakarzinoms wird eine hormonale Basis mit erhöhten Serumöstrogenwerten zugrunde gelegt. Eine weitere Korrelation besteht zur Adipositas, die mit einer vermehrten Aromataseaktivität einhergeht und damit vermehrt adrenales Androgen zu Östrogen umwandelt. Im Rahmen einer familiären Disposition ist bei Nachweis einer BRCA1-Mutation (s. S. 722) mit einer erhöhten Karzinominzidenz beim Mann zu rechnen. Symptome. 75 % der betroffenen Patienten zeigen eine Vergrößerung der Brust, während bei den anderen Patienten eine blutige Sekretion aus der Brustwarze, eine Einziehung der
Klinisches Bild eines männlichen Mammakarzinoms
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19 Brustdrüse
Mamille, Ulzerationen oder eine axilläre Lymphadenopathie zu beobachten ist.
entstehen die Karzinome meistens unterhalb der Brustwarze und sind so erst verzögert diagnostizierbar. Durch ihre nahe anatomische Lage zu Haut und Muskulatur sind diese Strukturen oft infiltriert und zum Zeitpunkt der Diagnose bereits axilläre Lymphknoten vorhanden.
Histopathologie. Bei den männlichen Mammakarzinomen dominiert das duktale Adenokarzinom. Im Gegensatz zum weiblichen Mammakarzinom sind die Tumoren beim Mann in 80 % östrogenrezeptorpositiv, was Konsequenzen für die Behandlung haben kann.
Histopathologie. Bei den männlichen Mammakarzinomen dominiert das
Merke
Therapie. Die Nähe des Karzinoms zu Haut und Brustwand sowie der frühe axilläre Lymphknotenbefall macht eine radikale oder modifiziert radikale Mastektomie erforderlich, da die einfache Mastektomie mit einer hohen Rezidivrate verbunden ist. Orchidektomie, die Gabe von Tamoxifen und Antiandrogenen oder eine Chemotherapie sind weitere Behandlungsmöglichkeiten. Prognose. Die Prognose ist schlecht und korreliert mit dem Tumorstadium. Ca. 50 % der erkrankten Patienten versterben innerhalb von 5 Jahren nach Diagnosestellung.
duktale Adenokarzinom. Papilläre Tumoren sind ungewöhnlich, treten jedoch häufiger als bei Frauen auf. Im Gegensatz zum weiblichen Mammakarzinom sind die Tumoren beim Mann in 80 % östrogenrezeptorpositiv, was Konsequenzen für die Behandlung haben kann. n Merke. Bei der Beurteilung der histologischen Diagnose muss beachtet werden, dass Metastasen eines Prostatakarzinoms histologisch nur schwer vom männlichen Mammakarzinom zu unterscheiden sind und immunhistochemische Untersuchungen erforderlich werden können.
Therapie. Die Nähe des Karzinoms zu Haut und Brustwand sowie der frühe
axilläre Lymphknotenbefall macht eine radikale oder modifiziert radikale Mastektomie (s. 1 B-19.17, S. 736) erforderlich, da die einfache Mastektomie mit einer hohen Rezidivrate verbunden ist. Bei der Seltenheit des Tumors liegen keine Erfahrungen über andere Behandlungsmodalitäten vor. Allerdings sprechen 50 % der Patienten mit einer metastasierenden Erkrankung für durchschnittlich 2 Jahre auf eine Orchidektomie an. Darüber hinaus konnte das Karzinom durch die Gabe von Tamoxifen und Antiandrogenen beeinflusst werden. Zahlreiche Patienten sprechen auf eine Chemotherapie an.
Prognose. Die Prognose ist schlecht und korreliert mit dem Tumorstadium. Ca. 50 % der erkrankten Patienten versterben innerhalb von 5 Jahren nach Diagnosestellung. Sind keine axillären Lymphknoten befallen, ist in 80 % mit einer 5-Jahres-Überlebensrate zu rechnen.
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Hernien
20
20
Hernien
20.1
Allgemeine Hernienlehre
Ilka Vogel 20.1
Allgemeine Hernienlehre
n Definition. Hernien sind Ausstülpungen des Peritoneums durch angeborene und erworbene Lücken (Bruchlücken).
20.1.1
Einteilung
20.1.1 Einteilung
Die Bezeichnung einer Hernie richtet sich nach der Lokalisation der Bruchpforte. Bei jeder Hernie unterscheidet man zwischen Bruchsack, Bruchhals und dem Fundus ( 1 B-20.1 a). Der Bruchsack besteht aus Peritoneum. Der Hals des Bruchsacks liegt in der Bruchpforte, der Fundus des Bruchs beinhaltet die prolabierten Organteile. Mögliche Lokalisationen für Bruchlücken sind die Bauchdecke, das Zwerchfell, der Beckenboden, die Rückenmuskulatur oder der intraabdominelle Raum.
1 B-20.1
Definition
Bei jeder Hernie kann unterschieden werden zwischen dem Bruchsack, dem Hals und dem Fundus ( 1 B-20.1 a). Mögliche Lokalisationen für Bruchlücken sind die Bauchdecke, das Zwerchfell, der Beckenboden, die Rückenmuskulatur oder der intraabdominelle Raum.
Synopsis Bruchformen
Fundus
Bruchhals
Bruchsack
a Bestandteile Hernie (ohne Inhalt).
b Hernie (mit Darminhalt).
c Gleithernie (Gleitbruch).
d Prolaps.
Von äußeren Hernien spricht man, wenn diese durch Lücken (Bruchpforten) in der Bauchwand austreten ( 1 B-20.1 b), bei inneren Hernien liegt die Bruchpforte im Abdomen.
Äußere Hernien ( 1 B-20.1 b) treten durch Bauchwandlücken aus, während bei inneren Hernien die Bruchpforte im Abdomen liegt.
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20 Hernien
Angeborene Hernien entstehen im Bereich (kongenital) nicht rückgebildeter Peritonealausstülpungen. Erworbene Hernien treten durch erweiterte präformierte Lücken aus.
Angeborene Hernien (Hernia congenita) entstehen dort, wo eine kongenital nicht rückgebildete Peritonealausstülpung vorliegt. Im Gegensatz dazu steht die erworbene Hernie (Hernia acquisata), die durch erweiterte präformierte Lücken austritt.
20.1.2 Bruchformen
20.1.2
Beim Gleitbruch bildet der Bruchinhalt einen Teil des Bruchsacks (nur bei retroperitoneal liegenden Organen möglich) ( 1 B-20.1 c).
Ein Gleitbruch liegt vor, wenn Eingeweide einen Teil des Bruchsacks bilden. Dies ist nur bei retroperitoneal liegenden Organen möglich (z.B. Sigma, Zäkum, Blase) ( 1 B-20.1 c). Sind diese Organe in Bruchlückennähe lokalisiert, können sie bei Lösung der retroperitonealen Fixation durch die Bruchpforte treten. Beim Prolaps fehlt die peritoneale Auskleidung, die intraabdominellen Organe zwängen sich durch eine Peritoneallücke, die z.B. durch eine Verletzung oder eine Operation entstanden ist ( 1 B-20.1 d). Bei der Eventrationshernie liegt ein großer Teil der intraabdominellen Organe im Bruchsack. Die Reposition kann schwierig oder unmöglich sein, wenn im Bauchraum kein ausreichender Platz zur Verfügung steht.
Beim Prolaps fehlt die peritoneale Auskleidung, die Organe zwängen sich durch Peritoneallücken, die z.B. durch eine Verletzung oder eine Operation entstanden sind ( 1 B-20.1 d). Bei der Eventrationshernie liegt ein großer Teil der intraabdominellen Organe im Bruchsack.
Bruchformen
Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
20.1.3 Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese Epidemiologie. Hernien treten bei 2–4 % der europäischen Bevölkerung auf.
20.1.3
Ätiologie und Pathogenese. Erhöhter intraabdomineller Druck begünstigt die Ausbildung von Hernien. Dies kann z.B. bei Schwangerschaft, Aszites, Obstipation, Prostatahypertrophie und intraabdominellen Tumoren der Fall sein (sog. symptomatische Hernie).
Ätiologie und Pathogenese. Die Entstehung der Hernien wird durch einen
20.1.4 Symptome
20.1.4
Typisch ist ein ziehender oder stechender Schmerz im Bereich der Bruchpforte, der in die Umgebung ausstrahlen kann.
Als erstes Symptom macht sich regelmäßig im Bereich der Bruchpforte ein ziehender oder stechender Schmerz bemerkbar, der in die Umgebung ausstrahlen kann. Er verstärkt sich meist beim Durchtritt der Organteile durch die Bruchpforte. Zugleich fällt eine Vorwölbung auf, die durch den Organprolaps bedingt ist. Bei der reponiblen Hernie verschwindet diese Vorwölbung unter Druckentlastung des Bauchraums spontan oder lässt sich von außen vollständig zurückdrängen. Ist die Reposition nicht möglich, liegt eine Einklemmung (Inkarzeration) vor, und man spricht von einer irreponiblen Hernie. Die Inkarzeration verursacht eine zunehmende schmerzhafte und gerötete Vorwölbung und kann mit einer peritonealen Reizung der Umgebung einhergehen. Beim Einklemmen von Darmanteilen kommen abdominelle Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Verdauungsprobleme und ggf. eine Ileussituation hinzu.
Die reponible Hernie lässt sich nach intraabdominell zurückdrängen. Ist die Reposition nicht möglich, liegt eine irreponible Hernie vor. Die Inkarzeration verursacht eine zunehmend schmerzhafte und gerötete Vorwölbung. Beim Einklemmen von Darmanteilen kommen abdominelle Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und ggf. eine Ileussituation hinzu.
Epidemiologie. Hernien treten bei 2–4 % der europäischen Bevölkerung auf;
innerhalb der Weltbevölkerung liegt die Inzidenz bei einigen ethnischen Gruppen aus ungeklärten Gründen deutlich höher. In Europa entfallen 95 % auf äußere Hernien, ca. 3⁄4 von ihnen sind Leistenhernien, davon wiederum 2 ⁄3 indirekte und 1⁄3 direkte.
erhöhten intraabdominellen Druck begünstigt, wie er z.B. während der Schwangerschaft oder bei Aszites auftritt. Auch häufiger Einsatz der Bauchpresse bei Obstipation oder Prostatahypertrophie mit Blasenentleerungstörung, intraabdominellen Tumoren bzw. eine traumatische Schädigung der Bauchwand können für die Entwicklung einer Hernie mitverantwortlich sein. Als Symptom einer Erkrankung im Bauchraum wird eine Hernie als »symptomatische Hernie« bezeichnet.
Symptome
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747
20.1.6 Komplikationen 20.1.5
Diagnose
Die Diagnose der äußeren Hernie wird durch die klinische Untersuchung gestellt. Innere Hernien ergeben sich häufig erst als Befund bei der explorativen Laparotomie, wenn sie nicht vorher durch radiologische Verfahren diagnostiziert sind. Die klinische Untersuchung besteht aus Inspektion, Palpation der Bruchvorwölbung und Bruchpforte, Auskultation sowie ggf. Diaphanoskopie (Durchleuchtung mit starker Lichtquelle). π
Inspektion:
20.1.5 Diagnose Die Diagnose der äußeren Hernie wird durch die klinische Untersuchung gestellt: π Inspektion π Palpation π Auskultation π ggf. Diaphanoskopie.
π
n Merke. Die Inspektion sollte besonders auf asymmetrische Vorwölbungen, Hautveränderungen und Hautrötungen achten. Durch die Aufforderung zum Pressen oder Aufrichten aus der Rückenlage lassen sich vorher nicht sichtbare Brüche u.U. verdeutlichen.
π
Palpation:
Merke
π
n Merke. Die Suche nach dem Bruch hat sich auf alle häufigen Bruchpforten zu erstrecken.
Dazu gehören folgende anatomischen Regionen: Innerer und äußerer Leistenring (Leistenhernie), die großen Beingefäße (insbesondere die mediale Seite: Schenkelhernie), Nabelbereich (Nabelhernie), Linea alba (epigastrische Hernie), Lumbalregion (Lumbalhernie), Linea semilunaris (Spieghel-Hernie); im einzelnen wird auf die entsprechenden Kapitel verwiesen. Nach der Lokalisation werden die Größe der Bruchpforte, der Bruchkanal, der Inhalt des Bruchsacks sowie die Reponierbarkeit palpiert. Entweder befindet sich der Bruch in einem reponierten Zustand (spontan oder durch den Patienten selbst), lässt sich reponieren oder ist nicht zurückzudrängen (inkarzeriert).
π Diaphanoskopie: Sie dient der Differenzierung zwischen Leistenbruch und Hydrozele; dazu wird das Skrotum von dorsal durchleuchtet. Findet sich neben dem Hoden eine durchsichtige Raumforderung, handelt es sich meistens um eine Hydrozele. Von einem Leistenbruch ist auszugehen, wenn die Raumforderung wenig transparent erscheint oder sich sogar Darmwand zeigt. π Sonographie: Diese Untersuchungsmethode gestattet insbesondere in der Leistenregion die Unterscheidung zwischen flüssigen (echoarmen, z.B. Zysten, Abszesse) und soliden (echoreichen, z.B. Lymphknoten) Strukturen.
20.1.6
Komplikationen
Die schwerwiegendste Komplikation einer Hernie ist die komplette Inkarzeration eines Darmabschnitts. Die Einklemmung führt zunächst zu einer venösen Stauung, dann über ein Darmwandödem und eine arterielle Durch-
Palpation Merke
Nach der Lokalisation werden die Größe der Bruchpforte, der Bruchkanal, der Inhalt des Bruchsacks sowie die Reponierbarkeit palpiert.
n Merke. Bei reponiertem oder reponierbarem Bruch besteht eine relative, im Fall der Inkarzeration immer eine dringende Operationsindikation. π Auskultation: Liegen große Brüche vor, gelingt es aufgrund der Darmgeräusche häufig, Darmanteile im Bruchsack zu identifizieren. Bei Inkarzerationen lässt sich durch Auskultation die Peristaltik des gesamten Abdomens beurteilen.
Inspektion
Merke
Auskultation: Im Bruchsack liegende Darmanteile lassen sich z.T. auskultieren.
π
Diaphanoskopie: Sie dient der Differenzierung zwischen Leistenbruch und Hydrozele (Durchleuchtung des Skrotums von dorsal).
π
Sonographie: Sie gestattet die Unterscheidung zwischen flüssigen und soliden Strukturen.
π
20.1.6 Komplikationen Die schwerwiegendste Komplikation einer Hernie ist die Inkarzeration.
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20 Hernien
Folgen der Inkarzeration sind Ileus, Perforation, Peritonitis, u.U. septischer Schock.
blutungsstörung zur Darmgangrän. Im weiteren Verlauf kann eine Darmperforation mit Peritonitis die Folge sein. Folge einer längerbestehenden Inkarzeration ist der Ileus. Bei Perforation mit Peritonitis kann sich das Bild eines septischen Schocks entwickeln.
Formen der Inkarzeration
Formen der Inkarzeration
π Koteinklemmung: Eine prolabierte Darmschlinge kann bei zunehmendem Darminhalt inkarzerieren ( 1 B-20.2 a).
π
π Elastische Einklemmung: In den Bruchsack gelangter Darm gleitet trotz Nachlassens des intraabdominellen Drucks nicht zurück ( 1 B-20.2 b).
π
Retrograde Einklemmung: Werden Dünndarm und Mesenterium mehrfach geknickt, kann eine intraabdominell liegende Schlinge inkarzerieren ( 1 B-20.2 c).
π
π
Koteinklemmung: Eine prolabierte Darmschlinge kann bei zunehmendem Darminhalt mit Gasentwicklung inkarzerieren ( 1 B-20.2 a).
Elastische Einklemmung: In den Bruchsack unter Betätigung der Bauchpresse gelangter Darm gleitet trotz Nachlassens des intraabdominellen Drucks nicht zurück ( 1 B-20.2 b). Retrograde Einklemmung: Infolge mehrfacher Knickungen des Dünndarms und seines Mesenteriums kann eine intraabdominell liegende Dünndarmschlinge inkarzerieren ( 1 B-20.2 c).
1 B-20.2
Synopsis Formen der Hernieninkarzeration
a Koteinklemmung. Eine Schlinge kann bei zunehmendem Darminhalt inkarzerieren.
b Elastische Einklemmung. In den Bruchsack gelangter Darm gleitet trotz Nachlassens des intraabdominellen Drucks nicht zurück.
c Retrograde Einklemmung. Werden Dünndarm und Mesenterium mehrfach geknickt, kann eine intraabdominell liegende Schlinge inkarzerieren.
d Darmwandinkarzeration (Richter-/Littré-Hernie). Lediglich ein Darmwandanteil ist inkarzeriert (Gefahr der lokalen Darmischämie).
Netzeinklemmung: ein Teil des Omentum majus inkarzeriert im Bruchring. Pseudoeinklemmung: abdominelle Erkrankungen können die Inkarzeration einer bestehenden Hernie vortäuschen.
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20.1.7 Therapie π Darmwandinkarzeration (Richter-/Littré-Hernie): Im Gegensatz zur kompletten Hernie ist nicht ein Darmteil mit Mesenterium, sondern nur ein Darmwandanteil im Bruchsack eingeklemmt, sodass die Passage erhalten bleibt. Dies birgt die Gefahr der verspäteten Diagnose einer lokalen Darmischämie ( 1 B-20.2 d) in sich.
Netzeinklemmung: Ein Teil des Omentum majus inkarzeriert im Bruchring. Klinisch liegt meist nur ein lokaler Druckschmerz vor. Übelkeit, Erbrechen oder andere abdominelle Symptome treten selten auf. Erst bei Nekrose eines eingeklemmten Netzteils kann aufgrund der peritonealen Reizung reflektorisch ein paralytischer Ileus entstehen.
Darmwandinkarzeration (Richter-/ Littré-Hernie): Lediglich ein Darmwandanteil ist inkarzeriert mit der Gefahr einer lokalen Darmischämie ( 1 B-20.2 d).
π
Netzeinklemmung: Ein Teil des Omentum majus inkarzeriert im Bruchring. Bei Nekrose von Netzanteilen kann reflektorisch ein paralytischer Ileus eintreten.
π
π
π
Pseudoeinklemmung: Andere abdominelle Erkrankungen (z.B. Appendizitis, Pankreatitis, Ulkusperforation) können die Inkarzeration einer Hernie vortäuschen.
π Pseudoeinklemmung: Abdominelle Erkrankungen können die Inkarzeration einer Hernie vortäuschen.
Bruchentzündung
Bruchentzündung
Bei der Bruchentzündung handelt es sich um eine durch Trauma, Reposition oder andere lokale Ereignisse (z.B. Appendizitis) ausgelöste entzündliche Reaktion des Bruchsacks. Klinisch bestehen die klassischen Entzündungszeichen: Schwellung, Rötung, Überwärmung, Schmerz. Spontanperforationen des Bruchsacks sind möglich.
Bei der Bruchentzündung (ausgelöst u.a. durch Trauma, Reposition, lokale Ereignisse) bestehen die klassischen Entzündungszeichen. Spontanperforation ist möglich.
20.1.7
Therapie
20.1.7
Therapie
n Merke Ein dauerhafter Behandlungserfolg ist nur durch den operativen Bruchlückenverschluss zu erreichen. Die Behandlung mit dem Bruchband ist wegen der deutlichen Verbesserung der Narkoseverfahren, insbesondere der Möglichkeit der Spinalanästhesie und Lokalanästhesie, obsolet. π Jede Inkarzeration sollte umgehend ohne zeitliche Verzögerung beseitigt werden. π Die manuelle Reposition (Taxis) sollte zur Vermeidung von Komplikationen nur bei entspannten Bauchdecken durchgeführt werden; notfalls ist der Einsatz von Analgetika und/oder Spasmolytika indiziert. π Massive Repositionsversuche sind zu unterlassen.
Merke
n Praktischer Tipp. Oft ist eine ausreichende Entspannung des Patienten durch ein ablenkendes Gespräch zu erreichen.
Praktischer Tipp
π
Bei der Reposition wird der Bruchsackinhalt mit beiden Händen in Richtung auf den vorher lokalisierten Bruchring zurückgedrängt, wobei eine Hand den Bruchsackhals umfasst und die andere versucht, durch langsame, massierende Bewegungen den Bruchsackinhalt durch den Bruchring zu drücken. Bei länger bestehender Inkarzeration können nach massiven Repositionsversuchen folgende Komplikationen auftreten: π Reposition von nekrotischem Darm π Darmperforation π Reposition en bloc π Pseudoreposition.
Bei der Reposition wird der Bruchsackinhalt mit beiden Händen unter massierenden Bewegungen durch den Bruchring zurückgedrängt. Bei länger bestehender Inkarzeration können nach massiven Repositionsversuchen folgende Komplikationen auftreten: π Reposition von nekrotischem Darm π Darmperforation π Reposition en bloc π Pseudoreposition. Reposition en bloc: Die Inkarzeration wird nur scheinbar behoben, die Darmschlinge bleibt im Bruchring inkarzeriert ( 1 B-20.3 b). π Pseudoreposition: Nach Ausriss des peritonealen Bruchrings bleibt die Darmschlinge weiterhin inkarzeriert. ( 1 B-20.3 c). π
Repositon en bloc: Die Inkarzeration wird nur scheinbar behoben, die Darmschlinge bleibt im Bruchring inkarzeriert ( 1 B-20.3 b). π
π Pseudoreposition: Hierbei handelt es sich um einen Ausriss des peritonealen Bruchrings, die Darmschlinge bleibt weiterhin inkarzeriert ( 1 B-20.3 c).
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750
20 Hernien
1 B-20.3
Synopsis
Repositionsergebnisse
a Gelungene Reposition.
b Reposition en bloc.
c Peudoreposition.
n Merke. Nach gelungener Reposition ( 1 B-20.3 a) sollte die operative Versorgung elektiv in den nächsten Tagen erfolgen; in der Zwischenzeit ist die stationäre Behandlung des Patienten erforderlich, um rechtzeitig Komplikationen erkennen zu können. π Bei Unmöglichkeit der Reposition oder dem Verdacht einer unzureichenden Reposition ist der sofortige operative Eingriff indiziert ( 1 B-20.4).
Merke
π
Die Operation beginnt mit der Darstellung des Bruchsacks. Erholt sich der vorher eingeklemmte Darmabschnitt nach Reposition zügig, kann die Bruchlücke verschlossen werden, ansonsten kommt die Resektion des entsprechenden Darmabschnitts in Betracht.
1 B-20.4
Die Operation beginnt mit der Darstellung des Bruchsacks und der Beurteilung seines Inhalts. Erholt sich der vorher eingeklemmte Darmabschnitt nach Reposition zügig, kann die Bruchlücke verschlossen werden. Bei persistierender livider Verfärbung des Darms oder seiner Perforation kommt die Resektion des entsprechenden Darmabschnitts in Betracht; dabei wird manchmal ein weiterer abdomineller Zugang erforderlich.
Synopsis Flussdiagramm Hernie
Diagnose: Hernie
keine Inkarzeration
Z.n. Inkarzeration spontane Reposition Laienreposition
Inkarzeration Reposition durch Arzt
ambulante Betreuung
cave Komplikationen: stationäre Beobachtung
elektive
zügige
Inkarzeration Reposition nicht möglich
Notfall-
Operation
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751
20.2.1 Hernien der vorderen Bauchwand
Klinischer Fall Ein 50-jähriger adipöser Patient hat seit mehreren Wochen eine Schwellung im Bereich des Nabels bemerkt, die an Größe in den letzten Tagen etwas zugenommen hatte. Seit einem Tag seien zusätzlich Schmerzen im Nabelbereich sowie eine deutliche Rötung hinzugetreten, außerdem hatte der Patient wiederholt erbrochen. Durch den Hausarzt wurde der Patient unter der Diagnose einer inkarzerierten Nabelhernie eingewiesen. In der Klinik erfolgte der Versuch einer Reposition, die erst nach wiederholten Versuchen gelang. Der Patient wurde zur
20.2
Spezielle Hernienlehre
20.2.1
Hernien der vorderen Bauchwand
Beobachtung und späteren elektiven Operation stationär aufgenommen. Einige Stunden später klagte er über zunehmende Bauchschmerzen und Übelkeit. Bei der Untersuchung fand sich eine deutliche Abwehrspannung im Bereich des Mittelbauches sowie hochgestellte Peristaltik; die Indikation zur Operation wurde gestellt. Intraoperativ zeigte sich eine Reposition en bloc, der inkarzerierte Dünndarm erholte sich intraoperativ schnell, sodass von einer Resektion abgesehen werden konnte.
Nabelschnurbruch n Definition. Der Nabelschnurbruch (Omphalozele, 2 B-20.1) ist eine kongenitale Hemmungsmissbildung; dabei zieht sich die im extraembryonalen Zölom entwickelte Darmschleife nicht in die Bauchhöhle zurück (s. Kap. B-23.1.12).
Nabelbruch n Definition. Der Nabel ist eine natürliche Bruchlücke. Die Bruchpforte bildet der Anulus umbilicalis ( 2 B-20.1).
20.2
Spezielle Hernienlehre
20.2.1 Hernien der vorderen Bauchwand Nabelschnurbruch Definition
Nabelbruch Definition
Ätiologie. Im Erwachsenenalter sind von dieser Bruchform bevorzugt Frauen betroffen. Prädisponierende Faktoren sind Adipositas, Gravidität, starke körperliche Belastung und Aszites.
Ätiologie. Prädisponierende Faktoren sind: Adipositas, Gravidität, starke körperliche Belastung, Aszites.
Symptome. Klinisch bestehen meist lokalisierte Schmerzen im Nabelbereich, oft mit Schwellung und Rötung des Nabels. Ist der Bruchsack nur sehr klein, sind häufig Netzteile darin enthalten, bei größeren Brüchen meist auch Dünn- oder Dickdarmschlingen. Nabelhernien sind in aller Regel wegen Verwachsungen und Adhäsionen schwer reponierbar.
Symptome. Klinisch bestehen meist lokalisierte Schmerzen im Nabelbereich, oft mit Schwellung und Rötung des Nabels. Nabelhernien sind in aller Regel wegen Verwachsungen und Adhäsionen schwer reponierbar.
Therapie. Nabelbrüche im Kindesalter verschließen sich in der Regel spon-
Therapie. Nabelbrüche im Kindesalter verschließen sich in der Regel spontan (s. Kap. B-23.2.6). Nabelhernien im Erwachsenenalter sollten operativ versorgt werden.
Epigastrische Hernie
Epigastrische Hernie
tan (s. Kap. B-23.2.6). Nabelhernien im Erwachsenenalter sollten operativ versorgt werden. Bei Patienten mit ausgeprägtem Aszites oder hohem Operationsrisiko muss im Einzelfall je nach Beschwerdesymptomatik entschieden werden. Intraoperativ wird der Bruchsack von der Nabelhaut abgelöst, entfernt und die Bruchpforte durch Fasziendopplung der Rektusscheide verschlossen.
n Definition. Die Bruchpforte der epigastrischen Hernie ( 2 B-20.1) liegt zwischen Xiphoid und Nabel in der Linea alba. Den Bruchinhalt bildet überwiegend präperitoneales Fettgewebe, seltener Netz ( 1 B-20.5).
Definition
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752
20 Hernien
1 B-20.5
Synopsis Lokalisation der epigastrischen Hernie
1 3 2
4
1 2 3 4
epigastrische Hernie epigastrische Hernie M. rectus abdominis Linea alba
Symptome. Patienten klagen über Oberbauchbeschwerden, die durch Anspannung der Bauchdecken, Pressversuch, Husten und Niesen verstärkt werden. Differenzialdiagnostisch sind Ulcera duodeni und Affektionen der Gallenwege auszuschließen. Therapie. Die Indikation zur Operation richtet sich nach der Beschwerdesymptomatik.
Symptome. Patienten mit dieser Hernienform klagen über Oberbauchbe-
Rektusdiastase
Rektusdiastase
Definition
schwerden, die durch Veränderung der Körperposition oder Anspannung der Bauchdecken, Pressversuch, Husten und Niesen verstärkt werden können. Differenzialdiagnostisch sind andere Oberbaucherkrankungen, insbesondere Ulcera duodeni und Affektionen der Gallenwege auszuschließen.
Therapie. Die Indikation zur Operation richtet sich nach der Beschwerdesymptomatik. Intraoperativ erfolgt die Abtragung des Bruchsacks und der Verschluss der Faszienlücke durch Raffung oder Fasziendopplung.
n Definition. Als Rektusdiastase ( 2 B-20.1) bezeichnet man das Auseinanderweichen der Rektusmuskulatur im Bereich der Mittellinie (Linea alba).
Symptome. Bei Anspannung der Bauchmuskulatur wölbt sich die Bauchwand vor.
Symptome. Bei Anspannung der Bauchmuskulatur (Aufrichten aus dem Liegen) wölbt sich die Bauchwand vor. Beschwerden bestehen kaum. Aufgrund der weiten Dehiszenz sind Einklemmungen selten zu beobachten.
Therapie. Nur bei Symptomatik kommt die operative Versorgung in Betracht. Die Rektusscheide wird durch direkte Naht adaptiert.
Therapie. Die operative Versorgung ist von den klinischen Symptomen
Merke
abhängig. Bei der Operation wird die Rektusscheide durch direkte Naht adaptiert. Eine Dopplung der Bauchwand kommt in Betracht, wenn Patienten schlaffe Bauchdecken aufweisen. n Merke. Wegen häufiger Rezidive nach diesen Operationen sollte der Versuch konservativer Behandlung – Training der Bauchmuskulatur, Tragen eines Korsetts – Vorrang haben.
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753
20.2.2 Brüche der Leistenregion
2 B-20.1
Häufige Hernien der vorderen Bauchwand
Hernie
N Nabelschnurbruch n (Omphalozele) N Nabelbruch n
Definition/Lokalisation π
π
kongenitale Hemmungsmissbildung, Bruchpforte ist der Anulus umbilicalis Bruchpforte ist der Anulus umbilicalis
Symptomatik π
π
π
N epigastrische Hernie n
π
N Rektusdiastase n
π
20.2.2
Bruchpforte liegt zwischen Xiphoid und Nabel in der Linea alba
Auseinanderweichen der Rektusmuskulatur im Bereich der Mittellinie (Linea alba)
π
π
π
Differenzialdiagnosen
Baucheingeweide in extraperitonealer Lage in einem von Amnion überzogenen Bruchsack lokale Schmerzen im Nabelbereich Schwellung und Rötung des Nabels
π
Oberbauchbeschwerden, die durch Veränderung der Körperposition oder Anspannung der Bauchdecken, Pressen, Husten, Niesen verstärkt werden
π
Abszess
intraabdominelle Erkrankungen im Bereich des Oberbauches
Vorwölbung der Bauchwand bei Anspannung kaum Beschwerden
Brüche der Leistenregion
n Definition. Brüche der Leistenregion treten als direkte (mediale) bzw. indirekte (laterale) Leistenbrüche oder als Schenkelhernien auf. Differenziert werden sie durch die Lokalisation der Bruchpforte und den Verlauf im Leistenkanal. Leistenbrüche (Hernia inguinalis) treten oberhalb des Leistenbandes, Schenkelhernien (Hernia femoralis) dagegen unterhalb des Leistenbandes auf ( 1 B-20.6).
20.2.2
Brüche der Leistenregion
Definition
Die Leistenhernie stellt die häufigste Form aller Brüche dar (ca. 75 %). Mit ca. 90 % sind überwiegend Männer betroffen, während die Schenkelhernie meist bei Frauen zu finden ist.
Leistenbrüche treten bevorzugt bei Männern, Schenkelhernien bei Frauen auf.
Anatomie des Leistenkanals
Anatomie des Leistenkanals
Der Leistenkanal verläuft schräg von hinten-oben-lateral nach vorn-untenmedial durch die Schichten der Bauchwand ( 1 B-20.6). Er beginnt am inneren Leistenring (Fossa inguinalis lateralis) und endet im äußeren Leistenring, der durch eine Lücke in der Aponeurose des M. obliquus externus gebildet wird. Die Begrenzungen des Leistenkanals bilden ventral die Aponeurose des M. obliquus externus, dorsal die Fascia transversalis und das Peritoneum, kranial der untere Rand des M. obliquus internus und transversus und kaudal das Lig. inguinale (Leistenband). Durch den Leistenkanal zieht beim Mann der Samenstrang, bei der Frau das Lig. rotundum.
Der Leistenkanal verläuft schräg von hinten-oben-lateral nach vorn-untenmedial durch die Schichten der Bauchwand ( 1 B-20.6). Er beginnt am inneren Leistenring (Fossa inguinalis lateralis) und endet im äußeren Leistenring.
Indirekter und direkter Leistenbruch
Indirekter und direkter Leistenbruch
Indirekter Leistenbruch (H. inguinalis lateralis)
Indirekter Leistenbruch
60–70 % aller Leistenhernien sind indirekte Leistenbrüche. Sie können angeboren oder erworben sein. Die angeborenen Brüche entstehen durch eine nicht vollständige Obliteration des Processus vaginalis nach dem Deszensus der Hoden (s. Kap. B-23.2.9). Erweitert sich der Anulus internus erst zu einem späteren Zeitpunkt und tritt dann Peritoneum in den Leistenkanal ein, liegt eine erworbene Hernie vor. Die Bruchpforte der indirekten Hernie ist der lateral der Vasa epigastrica inferiora liegende Anulus inguinalis internus. Der Bruch verläuft im Leistenkanal und tritt am Anulus inguinalis externus nach außen. Er kann bis in das Skrotum reichen (Skrotalhernie, 1 B-20.7).
Er kann angeboren oder erworben sein. Bei nicht vollständiger Obliteration des Processus vaginalis nach dem Deszensus entsteht der angeborene Bruch. Erweitert sich der Anulus erst zu einem späteren Zeitpunkt, liegt eine erworbene Hernie vor. Die Bruchpforte ist der lateral der Vasa epigastrica inferior liegende Anulus ing. int. Der Bruch verläuft im Leistenkanal und tritt am Anulus ing. ext. nach außen. Er kann bis in das Skrotum reichen (Skrotalhernie ( 1 B-20.7).
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754 1 B-20.6
20 Hernien
Synopsis Anatomie der Leistenregion und ihre Bruchpforten
2
5 11
7
1 I
I
3
10
II
12
II 9
III
4
III 13
6 8
a
b
Leistenregion von ventral (a) und abdominal (b) (mit Bezeichnung der Strukturen und Darstellung der Bruchpforten). Strukturen: Bruchpforten: I indirekte Hernie 8 Samenstrang 1 Lig. inguinale II direkte Hernie 9 N./A./V. femoralis 2 M. transversus III Schenkelhernie (von links nach rechts) 3 M. obliquus externus 10 Lig. inguinale 4 M. obliquus internus 11 Vasa epigastrica 5 innerer Leistenring 12 A./V. iliaca externa 6 äußerer Leistenring 13 Ductus deferens 7 Fascia transversalis Übersicht Brüche der Leistenregion: Hernie
Lokalisation
N direkter Leistenbruch n (H. inguinalis medialis)
π
N indirekter Leistenbruch n (H. inguinalis lateralis)
N Schenkelhernie n (H. femoralis)
Ätiologie
Bruchpforte: Oberhalb des Lig. inguinale π medial der epigastrischen Gefäße π im Bereich des Hesselbach-Dreiecks π Bruchsack verläuft medial des Samenstrangs π Austritt am Anulus inguinalis externus Bruchpforte: oberhalb des Lig. inguinale π lateral der epigastrischen Gefäße π Anulus inguinalis internus erweitert π Verlauf im Leistenkanal π Austritt am Anulus inguinalis externus π
Bruchpforte unterhalb des Lig. inguinale π Lacuna vasorum π in der Regel medial der Gefäße verlaufender Bruchsack π Austritt unter die Haut durch Fossa ovalis
π
immer erworben
Symptomatik π
π
π π
angeboren oder erworben nicht vollständige Obliteration des Processus vaginalis
π
π
π
immer erworben
π
π
Man unterscheidet nach Größe des Bruchs: π Hernia incipiens π Hernia completa π Hernia scrotalis π Hernia labialis.
π
Schwellung oder Vorwölbung im Leistenbereich bei Inkarzeration: Ileussymptomatik
Schwellung oder Vorwölbung im Leistenbereich bei Inkarzeration: Ileussymptomatik oft keine sichtbare Vorwölbung bei Inkarzeration: Ileussymptomatik
Je nach Größe des Bruchs werden verschiedene Stadien unterschieden: π Hernia incipiens: Vorwölbung des peritonealen Bruchsacks in den Leistenkanal π Hernia completa: Bruchsack am äußeren Leistenring π Hernia scrotalis: Bruchsack liegt im Skrotum π Hernia labialis: Hernie reicht bis in die Labien.
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755
20.2.2 Brüche der Leistenregion
1 B-20.7
Groteske Skrotalhernie
Direkter Leistenbruch (Hernia inguinalis medialis)
Direkter Leistenbruch
Die direkte Leistenhernie ist im Gegensatz zur indirekten immer erworben. Die Bruchpforte liegt medial der epigastrischen Gefäße im Bereich der Fossa inguinalis medialis an einer sog. schwachen Stelle (Hesselbach-Dreieck). Hier ist die Festigkeit der vorderen Bauchwand abhängig von der Fascia transversalis. Der Bruch verläuft senkrecht durch die Bauchwand, medial des Samenstrangs und tritt am Anulus externus aus ( 1 B-20.6).
Die direkte Leistenhernie ist immer erworben. Die Bruchpforte liegt medial der epigastrischen Gefäße, der Bruch verläuft senkrecht durch die Bauchdecke (Hesselbach-Dreieck) ( 1 B-20.6).
Diagnose. Leistenhernien imponieren meist durch Schwellungen oder Vor-
Diagnose. Leistenhernien imponieren durch Schwellung und Vorwölbung, gelegentlich allerdings nur durch ziehende Schmerzen.
wölbungen. Gelegentlich sind allerdings nur rezidivierend ziehende Schmerzen ohne tastbare Veränderungen zu beobachten; dies ist besonders bei beginnenden Hernien oder der sog. »weichen Leiste« der Fall. n Merke. Für die Diagnose der Leistenhernie kommt ausschließlich die klinische Untersuchung in Betracht.
Merke
Sie wird – wenn möglich – am stehenden Patienten vorgenommen. Mit dem Zeigefinger bzw. dem Kleinfinger fährt der Untersucher in den Leistenkanal, indem er die Skrotal- oder Leistenhaut durch den äußeren Bruchring einstülpt. Der innere Leistenring kommt so an der Spitze des Fingers zu liegen. Der Patient wird aufgefordert zu pressen. Selbst kleine Hernien sind auf diese Weise als Vorwölbung zu ertasten ( 1 B-20.8).
Die Untersuchung des Leistenbruches erfolgt am stehenden Patienten ( 1 B-20.8).
Mit der Drei-Finger-Regel ist die Einordnung der Hernien im Bereich der Leistenregion möglich. Der Handteller der rechten bzw. linken Hand wird von dorsal auf die Spina iliaca anterior superior gelegt, der Zeigefinger markiert den Verlauf des direkten Bruchs, der Mittelfinger den des indirekten Bruchs, der Ringfinger den Verlauf des Schenkelbruchs ( 1 B-20.9).
Mit der Drei-Finger-Regel ist die Einordnung der Hernien im Bereich der Leistenregion möglich ( 1 B-20.9).
n Merke. Grundsätzlich müssen beide Leisten untersucht werden, da Leistenhernien in bis zu 15 % aller Fälle beidseitig auftreten!
Differenzialdiagnosen. Differenzialdiagnostisch sind stets Lymphome,
ektope Hoden, Varikozelen, Abszesse und Tumoren in Betracht zu ziehen.
Merke
Differenzialdiagnosen. Lymphome, ektope Hoden, Varikozelen, Abszesse und Tumoren müssen ausgeschlossen werden.
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756 1 B-20.8
20 Hernien
Synopsis Untersuchungstechnik bei der Leistenhernie
1 B-20.9
Synopsis »Drei-Finger-Regel«
a b c
Der Finger des Untersuchers fährt in den Leistenkanal, indem er die Skrotal- oder Leistenhaut durch den äußeren Bruchring einstülpt. An der Fingerspitze ist dann eine Vorwölbung tastbar.
a b c
direkter Leistenbruch indirekter Leistenbruch Schenkelbruch.
Klinischer Fall Ein 20-jähriger Patient bemerkte eine Schwellung im Bereich der linken Leiste, nachdem er am Vortag einem Freund beim Umzug geholfen hatte. Im Liegen sei diese Schwellung vollständig verschwunden, trete aber insbesondere beim Husten stärker hervor. Bei der Inspektion ist eine leichte Vorwölbung im Bereich der linken Leiste
Therapie. Leistenhernien werden grundsätzlich operativ versorgt. Bei Risikopatienten lässt sich die Narkose als Lokal- oder Spinalanästhesie durchführen.
Merke
Für den Verschluss der Bruchpforten stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie unterscheiden sich durch abweichende Techniken bei der Verstärkung der Leistenkanalhinterwand ( 1 B-20.10). Man unterscheidet die π Op nach Bassini π Op nach McVay/Lotheisen π Op nach Shouldice π Op nach Lichtenstein.
zu erkennen. Bei der klinischen Untersuchung lässt sich durch das Skrotum im Bereich des Anulus inguinalis internus eine deutliche Vorwölbung tasten, die beim Husten deutlich größer wird. Intraoperativ bestätigt sich die Diagnose eines indirekten Leistenbruchs.
Therapie. Leistenhernien bedürfen immer der operativen Versorgung. Das gilt auch für Risikopatienten (Alter, KHK, pulmonale Erkrankungen), bei denen sich die Narkose als Lokal- oder Spinalanästhesie durchführen lässt. Den unterschiedlichen Operationsmethoden ist gemeinsam der Hautschnitt ca. 2 cm oberhalb des Leistenbands, die Freilegung und Präparation des Bruchsacks, die Reposition des Bruchsackinhalts in den Bauchraum und seine Abtragung. n Merke. Auf die evtl. Kombination direkter und indirekter Hernien ist sorgfältig zu achten.
Für den Verschluss der Bruchpforten stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie unterscheiden sich durch abweichende Techniken bei der Verstärkung der Leistenkanalhinterwand ( 1 B-20.10). Beim Verfahren nach Bassini werden der M. obliquus internus, der M. transversus abdominis und die Fascia transversalis an das Leistenband fixiert ( 1 B-20.10 b). Nach McVay/Lotheisen werden die genannten Muskeln und die Faszie an das Cooper-Ligament (Fortsetzung des Lig. lacunare auf den Pecten ossis pubis) genäht ( 1 B-20.10 c).
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20.2.2 Brüche der Leistenregion Bei der Methode nach Shouldice erfolgen zunächst eine Durchtrennung und anschließende Dopplung der ausgedünnten Fascia transversalis zur Rekonstruktion der Hinterwand. Sodann wird die Internusmuskulatur in 2 Reihen an das Leistenband geheftet ( 1 B-20.10 d). Bei der Rekonstruktion nach Lichtenstein erfolgt die Verstärkung der Hinterwand des Leistenkanals durch Einlage eines Polypropylennetzes. Bei allen Operationstechniken verbleiben der Samenstrang bzw. das Lig. rotundum im Leistenkanal. Die Deckung nach ventral erfolgt in der Regel durch die Externusaponeurose. In seltenen Ausnahmefällen kann die Gefahr der Druckschädigung bei engem Leistenkanal die Subkutanverlagerung des Samenstrangs erfordern. Neben den konventionellen Operationsverfahren haben sich in den letzten Jahren die laparoskopischen Behandlungsmöglichkeiten entwickelt, bei denen sich die intraperitonealen, die laparoskopisch kontrollierten extraperitonealen und die laparoskopisch assistierten transkutanen Techniken unterscheiden lassen. Zum Verschluss der Bruchpforte wird alloplastisches Material (z.B. Kunststoffnetz) eingebracht. Der Vorteil der laparoskopischen Behandlung liegt in der raschen Belastbarkeit der Bauchdecke. Einen Nachteil stellt jedoch – abgesehen von den hohen Materialkosten – bei der intraperitonealen Technik die Verlagerung eines extraperitonealen Eingriffs in das Abdomen dar. Hierbei besteht die Gefahr späterer Verwachsungen. Aus diesem Grund wird die extraperitoneale Technik bevorzugt angewandt (vgl. Kap. B-14.4). Kindliche Brüche werden nach Halsted-Ferguson lediglich mit Abtragung des Bruchsacks ohne Verstärkung der Hinterwand versorgt (s. Kap. B-23.2.9).
Komplikationen. An – im übrigen seltenen – Komplikationen kommen in
Betracht: π Verletzung des Ductus deferens π Verletzung der Vasa spermatica mit Hodennekrose oder Atrophie des Hodens π Verletzung oder Kompression der Femoralgefäße π Verletzung des N. femoralis π Wundinfektion π chronischer Leistenschmerz π Rezidiv.
Rezidivhäufigkeit. Abhängig von der Operationsmethode können 2–10 %
Rezidive auftreten. Mit 0,5–8 % weist das Verfahren nach Shouldice die niedrigste Rezidivrate auf. Für die laparoskopischen Techniken liegen bei Primärhernien ähnliche Rezidivraten vor. Rezidivoperationen gestalten sich wesentlich schwieriger als der erste Eingriff und erfordern zumindest beim 2. oder 3. Rezidiv Autotransplantate (z.B. aus der Fascia lata) oder den Einsatz von Fremdmaterial (Kunststoffnetz).
Postoperatives Verhalten. Anzustreben ist die Frühmobilisation des
Patienten unter weitgehender Entlastung der Bauchdecke. Zur Abwendung von Rezidiven ist nach konventioneller Operation bei allgemeiner Schonung das Heben und Tragen schwerer Lasten für mindestens 4 Wochen zu vermeiden.
757 Bei allen Operationstechniken verbleiben der Samenstrang bzw. das Lig. rotundum im Leistenkanal.
Neben den konventionellen Verfahren hat sich die laparoskopische Behandlungsmöglichkeit entwickelt. Intraperitoneale, laparoskopisch kontrollierte extraperitoneale und laparoskopisch assistierte transkutane Technik werden unterschieden (s. Kap. B-14.4). Der Vorteil liegt in der raschen Belastbarkeit der Bauchdecke, der Nachteil in den deutlich höheren Kosten sowie der Gefahr späterer Verwachsungen. Kindliche Brüche werden nach Halsted-Ferguson ohne Verstärkung der Hinterwand versorgt.
Komplikationen. An seltenen Komplikationen kommen in Betracht: π Verletzung des Ductus deferens, der Vasa spermatica, der Femoralgefäße, des N. femoralis π Wundinfektion π chronischer Leistenschmerz π Rezidiv.
Rezidivhäufigkeit. Rezidive treten je nach Operationsmethode in 2–10 % auf, die niedrigste Rezidivrate mit 0,5–8 % weist das Verfahren nach Shouldice auf. Rezidivoperationen sind schwierig. Beim Zweit- oder Dritteingriff sind Autotransplantate oder Fremdmaterial erforderlich. Postoperatives Verhalten. Frühmobilisation ist anzustreben. Heben und Tragen schwerer Lasten sind für mindestens 4 Wochen zu vermeiden.
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758
20 Hernien
1 B-20.10
Synopsis Operationsverfahren von Leistenbrüchen 10
7 1 2 3 4 5 6
9 11 8 b Rekonstruktion nach Bassini. a Schematischer Querschnitt der Leistenregion (Normalbefund) 1 Subkutangewebe 6 Peritoneum 2 Aponeurose M. obliquus 7 Samenstrang externus 8 Os pubis 3 M. obliquus internus 9 M. pectineus 4 M. transversus abdominis 10 Lig. inguinale 5 Fascia transversalis 11 Lig. pectineale.
c Rekonstruktion nach Lotheisen.
d Rekonstruktion nach Shouldice.
Übersicht Operationsverfahren Brüche der Leistenregion: N Leistenbruch n N Bassini n
Verstärkung der Hinterwand: M. transversus abdominis π M. obliquus internus π Fascia transversalis werden am Leistenband fixiert π
N McVay/Lotheisen n
Verstärkung der Hinterwand: N McVay: n π M. transversus abdominis π Fascia transversalis werden an das Cooper-Ligament genäht N Lotheisen: n π M. transversus abdominis π M. obliquus internus π Fascia transversalis werden an das Cooper-Ligament genäht
N Shouldice n
Verstärkung der Hinterwand: Durchtrennung der Fascia transversalis π Dopplung der Fascia transversalis π M. obliquus internus und transversus werden in 2 Reihen an das Leistenband geheftet π
N bei allen Techniken: n
π π
Samenstrang bzw. Lig. rotundum verbleiben im Leistenkanal Deckung des Samenstrangs erfolgt in der Regel durch Externusaponeurose, selten subkutane Verlagerung nötig (nur wenn Gefahr der Druckschädigung)
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759
20.2.2 Brüche der Leistenregion
Schenkelhernie (Hernia femoralis)
Schenkelhernie (Hernia femoralis)
n Definition. Schenkelhernien sind selten, immer erworben und treten weitaus überwiegend bei Frauen auf. Die Bruchpforte liegt unterhalb des Leistenbands, das mit der Beckenwand durch den Arcus ileopectineus breitflächig verbunden ist. Dadurch entstehen 2 Öffnungen: die Lacuna musculorum (Durchtritt: M. iliopsoas, N. femoralis) und die Lacuna vasorum (Durchtritt: A. und V. femoralis, 1 B-20.11).
1 B-20.11 8
Definition
Synopsis Schenkelhernie – Reparation nach Shouldice (inguinaler Zugang) 1 2 3 4 5 6
7
1 Lig. inguinale 2 Aponeurose des M. obliquus externus abdominis 3 M. obliquus internus abdominis 4 M. transversus abdominis 5 Fascia transversalis 6 Peritoneum 7 Lig. pectineale (Lig. pubicum Cooperi) 8 M. pectineus mit Fascia pectinea
Schematischer Querschnitt der Schenkelhernienreparation nach Shouldice. Versorgung des Bruchsacks und Verschluss des Leistenkanals mittels doppelter Nahtreihe. Der gesamte Kanal wird hierbei in seinem Eingang durch Anheftung des Leistenbandes an das Lig. pectineale (Cooperi) und in seinem Ausgang durch Anheftung des Leistenbandes an die Fascia pectinea verschlossen.
Pathogenese. Die typischen Femoralhernien treten medial der Gefäße durch die Lacuna vasorum. Über die Fossa ovalis gelangen die Brüche unter die Haut. Wegen der Enge der Bruchpforte kommt es bei den Schenkelhernien häufig zur Inkarzeration. n Merke. Schenkelhernien sind äußerlich oft nicht sichtbar und entgehen auch nicht selten der Palpation. Die Diagnose wird meist erst im Zusammenhang mit einer Ileussituation intraoperativ gestellt.
Pathogenese. Die Femoralhernien treten medial der Gefäße durch die Lacuna vasorum. Wegen der Enge der Bruchpforte kommt es häufig zur Inkarzeration. Merke
Differenzialdiagnostisch ist an entzündlich oder metastatisch veränderte Lymphknoten, Lipome, Tbc-Senkungsabszesse oder Hüftgelenkserkrankungen zu denken.
Differenzialdiagnosen: Lymphknoten, Lipome, Tbc-Senkungsabszesse, Hüftgelenkserkrankungen.
Therapie. Die Schenkelhernie wird operativ über einen inguinalen oder
Therapie. Der operative Verschluss erfolgt über einen inguinalen oder femoralen Zugang, der Verschluss der Bruchpforte erfolgt durch Naht des Leistenbandes an das Lig. pubicum.
femoralen (kruralen) Zugang verschlossen. Nach der Reposition des Bruchsackinhalts werden der Bruchsack abgetragen, die Ränder adaptiert und nach intraabdominell eingestülpt. Der Verschluss der Bruchpforte erfolgt durch Naht des Leistenbands an das Lig. pubicum. Komplikationen der Operation treten ebenfalls selten auf und entsprechen denen der Leistenhernieneingriffe. Lediglich Thrombosen sind im Vergleich häufiger zu verzeichnen. Die Rezidivrate liegt bei 2–10 %. Postoperativ gelten dieselben Verhaltensregeln wie für Patienten nach Leistenbruchoperation.
Komplikationen sind selten, sie gleichen denen der Leistenhernieneingriffe. Rezidive treten in 2–10 % auf.
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760 1 B-20.12
20 Hernien
Synopsis Seltene Bruchformen
4 3 1 2
6 7
5
2 8
3
9 4
10
1
5 6 a Spieghel-Hernie. 1 Spieghel-Hernie 2 M. rectus abdominis 3 M. transversus abdominis 4 Linea semilunaris (Spieghel) 5 Linea arcuata 6 Linea alba
b Hernia lumbalis. 1 Hernia lumbalis superior (Grynfelt) 2 Hernia lumbalis inferior (Petiti) 3 M. iliocostalis 4 M. serratus posterior inferior 5 M. obliquus internus abdominis 6 M. latissimus dorsi 7 M. obliquus externus abdominis 8 Crista iliaca 9 M. glutaeus medius 10 M. glutaeus maximus
2
8
3 4
5 6 8 7
1
1 6 2
3
4 7 9 c Hernia obturatoria. Die engen Lagebeziehungen zur Schenkelhernie erklären, dass eine klinische Differenzierung zur Schenkelhernie häufig nicht gelingen kann. Bei Inkarzerationen oder Irreponibilität ist ein Wechsel auf den präperitonealen Zugang sinnvoll. Dadurch übersichtliche Darstellung des Foramen obturatum vom Becken her. 5 M. obturator externus 1 Hernia obturatoria 6 M. adductor longus 2 Lig. inguinale 7 M. adductor brevis 3 A./V. femoralis 8 N. obturatorius, A., V. obturatoria 4 M. pectineus
5
d Hernia ischiadica. 1 Hernia suprapiriformis 2 Hernia infrapiriformis 3 Hernia spinotuberosa 4 M. obturator internus, Mm. gemelli
5 6 7 8 9
N. ischiadicus M. piriformis M. glutaeus maximus M. glutaeus medius Lig. sacrotuberale
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761
20.2.2 Brüche der Leistenregion
1 B-20.12
Synopsis Seltene Bruchformen (Fortsetzung)
6 5
1 7
e
2 3
4
Hernia perinealis. Dargestellt sind eine ventrale und dorsale paravesikale und eine ischiorektale Hernie bei einer Frau. 1 Hernia perinealis anterior 2 Hernia perinealis posterior 3 Hernia ischiorectalis 4 M. levator ani 5 M. ischiocavernosus 6 M. bulbospongiosus 7 M. transversus perinei profundus
Übersicht seltene Bruchformen: Hernie
Lokalisation
N Spieghel-Hernie n
vordere Bauchwand zwischen Linea semilunaris und lateraler Rektusscheide, bevorzugt in Höhe der Linea arcuata
N Hernia lumbalis n
π
π
N Hernia obturatoria n
Hernia lumbalis superior: oberes Lendendreieck zw. 12. Rippe und dem M. sacrospinalis (Trig. Grynfelti) (1) Hernia lumbalis inferior: unteres Lendendreieck oberhalb der Crista iliaca (Trig. Petiti) (2)
Foramen obturatorium
Symptomatik π
π
π
N Hernia perinealis n
Foramen ischiadicum π Hernia suprapiriformis (1): oberhalb des M. piriformis π Hernia infrapiriformis (2): unterhalb des M. piriformis π Hernia spinotuberosa (3): vor dem Lig. sacrotuberale π
π
π
Hernia perinealis anterior: vor M. transversus perinei profundus (1) Hernia perinealis posterior: hinter M. transv. perinei profundus (2) Hernia ischiorectalis: durch M. levator ani in die Fossa ischiorectalis (3)
bewegungsabhängige lumbale Schmerzen
π π π
π π π π
π π
N Hernia ischiadica n
lokalisierter Schmerz im Bereich der Bruchpforte oder Ileussymptomatik
Differenzialdiagnosen
π
π π
π
Ileussymptomatik Schmerzen an der Innenseite des Oberschenkels Schmerzen ähnlich einer Ischialgie Ileussymptomatik gelegentlich Harnstauungsniere
lokale Schwellung der Labien, Dammregion
π π
π π
π π π
Bauchwandhämatome Tumoren intraabdominelle Erkrankungen
Lipome Weichteiltumoren Myogelosen Senkungsabszesse
Weichteiltumoren Lipome Weichteiltumoren Lipome
Abszesse Zysten Lipome
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762
20 Hernien
Seltene Bruchformen
20.2.3 Seltene Bruchformen
20.2.3
Spieghel-Hernie
Spieghel-Hernie
Definition
n Definition. Die Bruchpforten finden sich als kleine, präformierte Lücken im Bereich zwischen der Linea semilunaris und der lateralen Rektusscheide ( 1 B-20.12 a). Die bevorzugte Austrittsstelle liegt in Höhe der Linea arcuata.
Diagnose. Die Diagnose kann schwierig sein. Inkarzerationen sind besonders häufig. Differenzialdiagnostisch kommen Bauchwandhämatome oder Tumoren in Betracht.
Diagnose. Die Diagnose dieser Hernie kann schwierig sein. Die Patienten
Therapie. Sie erfolgt operativ durch Abtragen des Bruchsackes und Verschluss der Bruchlücke.
Therapie. Sie erfolgt operativ durch Freilegen und Abtragen des Bruchsacks.
Hernia lumbalis
Hernia lumbalis
Diese seltene Hernie tritt entweder im oberen oder unteren Lendendreieck auf ( 1 B-20.12 b). Die Patienten klagen über bewegungsabhängige lumbale Schmerzen. Nachgewiesene Hernien werden operativ behandelt.
Diese seltene Hernie tritt entweder im oberen Lendendreieck zwischen der 12. Rippe und dem M. sacrospinalis (Trigonum Grynfelti) oder im unteren Lendendreieck oberhalb der Crista iliaca (Trigonum Petiti) aus ( 1 B-20.12 b). Die Patienten klagen über bewegungsabhängige lumbale Schmerzen. Differenzialdiagnostisch kommen Lipome, Weichteiltumoren, Myogelosen und Senkungsabszesse in Betracht. Nachgewiesene Hernien werden operativ behandelt.
Hernia obturatoria
Hernia obturatoria
Definition
klagen meist über einen lokalisierten Schmerz im Bereich der Bruchpforte. Inkarzerationen sind bei dieser Form besonders häufig. Differenzialdiagnostisch sind Bauchwandhämatome, Tumoren oder auch intraabdominelle Erkrankungen in Erwägung zu ziehen.
Die Bruchlücke wird durch Naht der Aponeurose verschlossen.
n Definition. Der Bruchsack dieser Hernie verläuft zusammen mit dem Gefäßnervenbündel durch das Foramen obturatorium unter dem horizontalen Schambeinast hindurch bis zum M. pectineus ( 1 B-20.12 c).
Symptome. Betroffen sind vor allem adipöse Frauen. Die Irritation des N. obturatorius führt zu Schmerzen an der Innenseite des Oberschenkels.
Symptome. Betroffen sind vor allem adipöse Frauen. Die Irritation des N.
Therapie. Der operative Verschluss erfolgt von abdominal. Differenzialdiagnosen sind Weichteiltumoren oder Lipome.
Therapie. Der operative Verschluss erfolgt von abdominal.
obturatorius führt zu Schmerzen an der Innenseite des Oberschenkels. Inkarzerationen (oft im Sinne eines Darmwandbruchs) sind häufig. Die Diagnose wird in aller Regel erst intraoperativ bei Ileussymptomatik gestellt.
Differenzialdiagnosen sind Weichteiltumoren oder Lipome.
Klinischer Fall Eine 60-jährige adipöse Patientin berichtet über beim Husten und Pressen auftretende Schmerzen, die zur Innenseite des linken Oberschenkels ziehen. Bei der klinischen Untersuchung lässt sich im Bereich des linken Beines weder inspektorisch noch palpatorisch ein pathologischer Befund erheben. Im Bereich der Wirbelsäule
finden sich bei der Untersuchung ebenfalls keine Auffälligkeiten. Die von der Patientin geschilderte Schmerzsymptomatik lässt sich aber reproduzieren. Unter dem Verdacht auf eine Hernia obturatoria wird eine Exploration durchgeführt, die die Diagnose bestätigen kann.
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763
20.2.4 Innere Hernien
Hernia ischiadica
Hernia ischiadica
n Definition. Der Bruch tritt durch das Foramen ischiadicum majus oder minus ( 1 B-20.12 d). Man unterscheidet je nach Lokalisation der Bruchpforte die π Hernia suprapiriformis (tritt oberhalb des M. piriformis aus) π Hernia infrapiriformis (tritt unterhalb des M. piriformis aus) π Hernia spinotuberosa (tritt vor dem Lig. sacrotuberale aus).
Definition
Symptome. Klinisch lassen sich diese Brüche nur selten am Unterrand des
Symptome. Die Brüche sind am Unterrand des M. glutaeus maximus zu tasten. Der Schmerz ähnelt der Ischialgie. Differenzialdiagnosen sind Weichteiltumoren und Lipome.
Therapie. Die Bruchlücke lässt sich von glutäal oder abdominal schließen.
Therapie. Die Bruchlücke wird von glutäal oder abdominal verschlossen.
Hernia perinealis
Hernia perinealis
M. glutaeus maximus tasten. Die Schmerzsymptomatik kann der Ischialgie ähneln. Differenzialdiagnostisch ist ein Weichteiltumor der Glutäalregion zu erwägen. Gelegentlich finden sich im Bruchsack Adnexe und/oder Ureteranteile (u.U. Ursache einer Harnstauungsniere).
Letztere Methode ist aufgrund der Verletzungsgefahr des Ureters und des N. ischiadicus zu bevorzugen.
n Definition. Perineal- oder Beckenbodenhernien treten vor (Hernia perinealis anterior) oder hinter (Hernia perinealis posterior) dem M. transversus perinei profundus durch den Beckenboden oder durch den M. levator ani aus (Hernia ischiorectalis) ( 1 B-20.12 e).
Symptome. Die vorderen manifestieren sich im Bereich der Labien oder der Dammregion. Die hinteren treten durch den M. levator ani in die Fossa ischiorectalis (Hernia ischiorectalis). Differenzialdiagnosen sind Abszesse, Zysten, Lipome und andere Tumoren.
Therapie. Der Verschluss dieser Hernien erfolgt je nach Lokalisation von perineal oder abdominal.
20.2.4
Innere Hernien
Definition
Symptome Differenzialdiagnosen sind Abszesse, Zysten oder Tumoren. Therapie. Der Verschluss erfolgt je nach Lokalisation von perineal oder abdominal.
20.2.4
n Definition. Bei der Verlagerung von Darmschlingen oder Netz in peritoneale Taschen oder Duplikaturen spricht man von inneren Hernien. Sie sind äußerlich nicht sichtbar und fallen meist erst intraoperativ auf.
Typische Lokalisationen sind: π die Bursa omentalis (Hernia bursae omentalis) π die Flexura duodenojejunalis (Hernia recessus duodenalis) π das Mesokolon (Hernia duodenomesocolica) π das Zäkum (Hernia recessus ileocaecalis superior/inferior) π das Sigma (Hernia intersigmoidea). Von diesen natürlichen Hernien sind die iatrogenen inneren Hernien zu unterscheiden. Sie sind nach abdominellen Operationen Folge schlecht oder nicht verschlossener Mesoschlitze. Auch zufällig entdeckte Möglichkeiten einer Hernierung sollten einen Verschluss erhalten. Zwerchfellhernien zählen ebenfalls zu den inneren Hernien (s. Kap. B-2.2).
Innere Hernien
Definition
Typische Lokalisationen sind: Bursa omentalis π die Flexura duodenojejunalis π das Mesokolon π das Zäkum π das Sigma. π
Von den natürlichen Hernien sind die iatrogenen inneren Hernien zu unterscheiden, die durch schlecht oder nicht verschlossene Mesoschlitze nach abdominellen Operationen durchtreten. Zwerchfellhernien s. Kap. B-2.2.
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764 20.2.5 Narbenbrüche Definition
20 Hernien 20.2.5
Narbenbrüche
n Definition. Narbenbrüche sind im Bereich von Operationsnarben anzutreffen ( 1 B-20.13).
Ätiologie. Prädisponierende Faktoren liegen im Erkrankungsbild des Patienten oder können operationsbedingt sein. Beispiele: Eiweiß- und Faktor-VIIIMangel, Adipositas, Peritonitis, Asthma und andere pulmonale Erkrankungen (chronisch hohe Bauchdeckenbelastung) sowie medikamentöse Einflüsse (Steroiddauertherapie).
Ätiologie. Die prädisponierenden Faktoren lassen sich entweder auf das
Therapie. Größe, Lokalisation und Symptomatik entscheiden über die Frage der operativen Revision. Kleine Hernien inkarzerieren häufiger, größere selten; letztere sind jedoch kosmetisch störend. Die Bruchpforte lässt sich in der Regel durch Fasziendopplung schließen.
Therapie. Größe, Lokalisation und Symptomatik des Narbenbruchs ent-
Erkrankungsbild des Patienten zurückführen oder können operationsbedingt sein. Zu den ersteren gehören Eiweiß- und Faktor-VIII-Mangel, Adipositas, Peritonitis, Asthma und andere pulmonale Erkrankungen (chronisch hohe Bauchdeckenbelastung) sowie medikamentöse Einflüsse (Steroiddauertherapie). Als operationsbedingte Faktoren kommen Re-Operation und Wundinfektion in Betracht. Auch die Schnittführung kann die Entwicklung von Narbenbrüchen begünstigen (häufigeres Auftreten nach medianen Laparotomien).
scheiden über die Frage der chirurgischen Behandlung. Kleine Bruchpforten bergen das Risiko der Inkarzeration, große Hernien inkarzerieren selten, sind jedoch kosmetisch störend. Die operative Versorgung sollte frühestens ein Jahr nach dem Ersteingriff erfolgen. Die Bruchpforte lässt sich dabei in der Regel durch eine Fasziendopplung schließen. Bei zu großem Defekt müssen ggf. autologe (Kutis, Fascia lata) oder Fremdmaterialien (Kunststoffnetze) verwendet werden.
1 B-20.13
Narbenhernie Narbenhernie nach medianer Laparotomie.
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765 21
Weichteiltumoren
21
Weichteiltumoren
21.1
Definition und Einteilung
Hans-Jürgen Klomp 21.1
Definition und Einteilung
n Definition. Als Weichteil- oder Weichgewebstumoren wird eine heterogene Gruppe nicht epithelialer benigner und maligner Tumoren bezeichnet, die vom Binde- und Weichgewebe, der Muskulatur, dem Nervengewebe und den Kreislauforganen ausgehen können. Die malignen Tumoren werden unter dem Begriff der Weichteilsarkome zusammengefasst.
Definition
Die folgenden Tumoren werden nicht zu den malignen Weichteiltumoren im engeren Sinne gezählt: Sarkome des Gastrointestinaltraktes, des Uterus und der parenchymatösen Organe (Leber, Niere), die mesenchymalen Tumoren des Knochens und die bösartigen Neubildungen des lymphatischen und hämatopoetischen Systems.
Sarkome des Gastrointestinaltraktes, des Uterus, der parenchymatösen Organe, des Knochens und bösartige Neubildungen des lymphatischen und hämatopoetischen Systems gehören nicht zu den Weichteilsarkomen im engeren Sinne.
Epidemiologie. Im Gegensatz zu den häufig auftretenden gutartigen Tumoren (z.B. Lipome und Fibrome) sind Weichteilsarkome mit einer Inzidenz von 1–2 Erkrankungen pro 100 000 Einwohner pro Jahr relativ selten. Sie sind für ca. 1 % aller malignen Erkrankungen des Erwachsenen und 15 % der kindlichen Malignome verantwortlich.
Epidemiologie. Inzidenz 1–2 Erkrankungen pro 100 000 Einwohner pro Jahr. Dies entspricht ca. 1 % aller malignen Erkrankungen des Erwachsenen und 15 % der kindlichen Malignome.
Histologische Einteilung. Sarkome können überall im Körper relativ unabhängig von ihrer Gewebedifferenzierung entstehen. Tumoren, die histologisch einem malignen glattmuskulären Tumor (Leiomyosarkom) entsprechen, werden z.B. auch im Subkutangewebe oder quergestreiften Muskeln gefunden. Die histologische Einteilung erfolgt nach der vorherrschenden Gewebedifferenzierung oder, falls dies nicht möglich ist, deskriptiv nach dem vorherrschenden Zellbild. Eine Auswahl der wichtigsten Tumoren zeigt 2 B-21.1.
Histologische Einteilung. Sarkome können überall im Körper relativ unabhängig von ihrer Gewebedifferenzierung entstehen.
2 B-21.1
Die histologische Einteilung erfolgt nach dem vorherrschenden Gewebetyp oder Zellbild ( 2 B-21.1).
Histologische Einteilung der Weichteiltumoren
Gewebedifferenzierung »Ursprungsgewebe«
benigne
Fettgewebe
N Lipom n
N Liposarkom n
glatte Muskulatur
N Leiomyom n
N Leiomyosarkom n
quergestreifte Muskulatur
N Rhabdomyom n
N Rhabdomyosarkom n
fibröses Bindegewebe
n Fibrom N N fibröses Histiozytom n
n Fibrosarkom N N malignes fibröses Histiozytom n
Blutgefäße
n Hämangiom N N Hämangioperizytom n
n Angiosarkom N N malignes Hämangioperizytom n
Nervengewebe
n Schwannom N N Neurofibrom n
N malignes Schwannom n
nicht definierbar
Tumoren
maligne
n alveoläres Weichteilsarkom N N extraskelettales Ewing-Sarkom n N Epitheloidsarkom n
Die häufigsten histologischen Typen sind Liposarkome, Fibrosarkome und maligne fibröse Histiozytome. Im Kindesalter treten verhältnismäßig mehr Rhabdomyosarkome auf.
Liposarkome, Fibrosarkome und maligne fibröse Histiozytome sind am häufigsten, beim Kind auch Rhabdomyosarkome.
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766
21 Weichteiltumoren
Die histopathologische Beurteilung wird erschwert durch das seltene Vorkommen und die Vielgestaltigkeit der Tumoren. Die Abgrenzung niedrig maligner Formen von gutartigen Varianten kann schwierig sein.
Das histologische Bild kann innerhalb eines Tumors bunt gemischt sein, die Abgrenzung von Lymphomen oder Karzinomen ist mit den Standardfärbemethoden oft nicht möglich. Die Immunhistochemie erlaubt durch den Nachweis spezieller Marker eine genauere histologische Zuordnung. Beispiele sind der Nachweis von Zytokeratinen bei epithelialen Tumoren, von Vimentin bei mesenchymalen Tumoren und von Desmin bei von Muskelzellen ausgehenden Tumoren. Besondere Bedeutung für die Prognose hat der Malignitätsgrad (Grading).
n Merke. Bei prognostisch günstigeren – hoch differenzierten (»lowgrade«) Tumoren ist die Ähnlichkeit mit dem normalen Gewebe am größten, während bei niedrig oder entdifferenzierten (»high-grade«) Tumoren das Ursprungsgewebe kaum oder gar nicht mehr erkennbar ist.
Merke
Im Gegensatz zu den Karzinomen treten Lymphknotenmetastasen bei weniger als 10 % der Sarkome auf. Die TNM-Klassifikation (s. Kap. A-12, S. 238ff.) hat geringere prognostische Aussagekraft als bei den Karzinomen. Klinisch unterscheidet man zentrale (innere) und periphere (äußere) Sarkome ( 1 B-21.1), wobei die äußeren mit 80 % überwiegen.
21.2
Aus mehreren Gründen ist die Beurteilung maligner Weichteiltumoren für den Pathologen problematisch: Aufgrund des seltenen Vorkommens dieser Tumoren fehlt dem Untersucher vielfach die notwendige Erfahrung. Die Abgrenzung niedrig maligner Formen von gutartigen Varianten kann schwierig sein. So lassen sich hochdifferenzierte Leiomyosarkome fallweise histologisch nicht von gutartigen Leiomyomen unterscheiden. Hier führt dann u.U. erst der klinische Verlauf, z.B. das Auftreten eines Rezidivs oder von Metastasen, zur Diagnose des Sarkoms. Das histologische Bild kann innerhalb eines Tumors bunt gemischt sein, mit unterschiedlichen Differenzierungsmustern oder Zelltypen. Die Abgrenzung von lymphatischen Neoplasien oder – beim Vorhandensein epithelialer Elemente – von Karzinomen kann durchaus erschwert sein. Mit den Standardfärbemethoden können histogenetisch differente Tumoren histologisch ein sehr ähnliches Bild bieten. Eine Zuordnung kann durch die Anwendung der Immunhistochemie gelingen. Hierbei werden durch spezielle Antikörper (Marker) charakteristische Bestandteile des Zellskeletts, die sog. Intermediärfilamente, dargestellt. Beispiele sind der Nachweis von Zytokeratinen bei epithelialen Tumoren, von Vimentin bei mesenchymalen Tumoren und von Desmin bei von Muskelzellen ausgehenden Tumoren. Eine Vielzahl weiterer Marker steht zur Verfügung, mit denen durch z.T. sehr aufwendige Färbetechniken eine weitere Klassifizierung und die Identifizierung einzelner Tumortypen möglich ist. Für die Prognose ist mehr noch als der Tumortyp der Grad der Malignität, das sog. Grading entscheidend. Als Parameter dienen u.a. Zelldichte, Kernpolymorphie, Mitoserate, Nekrosezonen und der Differenzierungsgrad.
Symptomatik
Die klinische Symptomatik variiert stark in Abhängigkeit von Lokalisation und Erscheinungsbild des Tumors. Gutartige Tumoren nehmen allmählich an Größe zu. Periphere Weichteilsarkome manifestieren sich als schmerzlose Schwellung oder auch durch Schmerzen, Spannungsgefühl oder Gefäß- und Nervenirritation.
Im Gegensatz zu den Karzinomen treten bei Sarkomen Lymphknotenmetastasen in weniger als 10 % der Fälle auf. Lediglich bei bestimmten Tumoren, wie beim malignen fibrösen Histiozytom oder dem Rhabdomyosarkom, wird ein regionärer Lymphknotenbefall in bis zu 20 % beobachtet. Die TNM-Klassifikation (s. Kap. A-12, S. 238ff.) wird auch auf die Weichteilsarkome angewandt. Aufgrund der genannten Besonderheiten im biologischen Verhalten dieser Tumoren ist ihre prognostische Aussagekraft jedoch geringer. Unter klinisch-topographischen Gesichtspunkten hat sich eine Einteilung der Weichteilsarkome nach ihrer Lokalisation in zentrale (innere) und periphere (äußere) Tumoren bewährt ( 1 B-21.1). Die peripheren Sarkome machen 80 % der Tumoren aus, davon ist fast die Hälfte an der unteren Extremität lokalisiert und hier überwiegend stammnah.
21.2
Symptomatik
In Abhängigkeit von Lokalisation und Erscheinungsbild des Tumors (Größe, Wachstumsgeschwindigkeit) kann die klinische Symptomatik außerordentlich variieren. Gutartige Tumoren wie Lipome oder Fibrome fallen als langsam sich vergrößernde tast- und sichtbare Resistenzen auf, die den Patienten beunruhigen oder aus kosmetischen Gründen zum Arzt führen. Weichteilsarkome manifestieren sich an den Extremitäten häufig als schmerzlose Schwellung, die je nach Tumor innerhalb weniger Wochen oder über Monate bis Jahre entstanden sein können. Bei rasch wachsenden Tumoren können Schmerzen, lokales Spannungsgefühl oder Gefäß- und Nervenirritationen im Vordergrund stehen.
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767
21.3 Diagnostik
n Merke. Jeder an Größe zunehmende Tumor stellt, ebenso wie jede unklare Weichteilschwellung, einen abklärungsbedürftigen Befund dar, wobei bis zum Beweis des Gegenteils immer an einen malignen Tumor gedacht werden muss.
1 B-21.1
Merke
Synopsis Klinisch-topographische Einteilung der Weichteilsarkome
Kopf und Hals
10 %
Stamm davon: Mediastinum Retroperitoneum (inkl. Mesenterium)
10 –30 %
obere Extremitäten
15–20 %
untere Extremitäten
40– 45 %
1% 10–15 %
zentrale Weichteilsarkome 15 –20 %
80 –85 %
•Orbita •Mediastinum •Retroperitoneum periphere Weichteilsarkome: •Kopf und Hals •Brust- und Bauchwand • Extremitäten
Etwa 15 % aller Sarkome entstehen im Retroperitoneum. Sie werden nicht selten sehr spät diagnostiziert, da sie eine beträchtliche Größe erreichen können, bevor eine zunächst meist uncharakteristische Symptomatik auftritt. Häufigste Beschwerden sind Rückenschmerzen oder ein tastbarer abdomineller Tumor.
21.3
Diagnostik
Die diagnostische Abklärung umfasst neben Anamnese und gründlicher klinischer Untersuchung bei klinischem Malignitätsverdacht eine Reihe bildgebender diagnostischer Verfahren, die in 2 B-21.2 dargestellt sind. Die Computertomographie (CT) stellt ein wichtiges Hilfsmittel in der Diagnostik maligner Weichteiltumoren und zur Operationsplanung dar ( 1 B-21.2 und 1 B-21.3). Die Kernspin- oder Magnetresonanztomographie (MRT) bietet aufgrund ihres hohen Gewebekontrastes ( 1 B-21.4) und der Möglichkeit der Darstellung in verschiedenen Schnittebenen Vorteile, insbesondere bei der Beurteilung von Weichteiltumoren der Extremitäten ( 1 B-21.5).
Retroperitoneale Sarkome werden häufig sehr spät diagnostiziert und fallen durch Rückenschmerzen oder einen tastbaren abdominellen Tumor auf.
21.3
Diagnostik
Die diagnostische Abklärung malignitätsverdächtiger Weichteiltumoren umfasst eine Reihe bildgebender Verfahren ( 2 B-21.2), wobei CT ( 1 B-21.2 und 1 B-21.3) und MRT ( 1 B-21.4 und 1 B-21.5) neben dem Tumornachweis auch zur Operationsplanung dienen.
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768
2 B-21.2
21 Weichteiltumoren
Bildgebende Verfahren in der Diagnostik von Weichteiltumoren Die 3 wichtigsten zur Tumordiagnostik gebräuchlichen Verfahren sind: Ultraschalluntersuchung (Sonographie)
Computertomographie (CT)
Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspintomographie)
Vorteile
überall verfügbar, mobil, preiswert, keine Strahlenbelastung, beliebig wiederholbar
Schnittdarstellung peripherer und zentraler Tumoren, gleichzeitige Gefäß- und Darmkontrastierung durch Kontrastmittelgabe möglich, Beurteilung der Tumorausdehnung und Nachbarschaftsbeziehungen, Nachweis von Metastasen (Lymphknoten, Leber, Lunge)
wie CT, wegen des hohen Gewebskontrastes sehr gut geeignet zur anatomisch exakten Darstellung von Muskeln und Weichteilen, keine Strahlenbelastung
Nachteile
begrenzte Eindringtiefe, untersucherabhängige Aussagefähigkeit, medienabhängige Untersuchungsqualität (Störung durch Darmgas oder Lungenanteile)
Strahlenbelastung bei wiederholten Untersuchungen, Schnittbilddarstellung nur in einer Ebene möglich
Indikation
Primärdiagnostik (Abgrenzung solider Tumoren von Zysten, Tumorausdehnung), Metastasensuche (Leber)
Primärdiagnostik, Operationsplanung und Nachsorge
Primärdiagnostik, Operationsplanung und Nachsorge
Ergänzende Untersuchungsverfahren sind:
Indikation
Röntgen
Szintigraphie
Angiographie
Positronen-EmissionsTomographie (PET)
Metastasensuche (Lunge), Ausschluss knöcherner Arrosionen
Metastasensuche
präoperative Darstellung der Gefäßversorgung des Tumors, Ausschluss oder Nachweis einer Gefäßinfiltration
Metastasensuche, Rezidivdiagnostik
Die histologische Diagnosesicherung erfolgt durch primäre komplette Exstirpation oder im Falle ausgedehnter Tumoren durch Biopsie.
Neben der bildgebenden Diagnostik ist eine histologische Klassifizierung des Weichteiltumors anzustreben. Bei kleinen Tumoren, die ohne Beeinträchtigung funktionell wichtiger Nachbarstrukturen in toto entfernbar sind, sollte auf eine Biopsie verzichtet und die primäre Exstirpation durchgeführt werden. Handelt es sich hingegen um eine ausgedehnte Raumforderung, sollte primär eine Biopsie entnommen werden. Bestätigt sich der Verdacht auf einen malignen Tumor, erfolgt dann im Zweiteingriff die radikale Exstirpation.
1 B-21.2
Computertomographie des kleinen Beckens bei Liposarkom Computertomographie des kleinen Beckens bei einem 55-jährigen Mann. Retroperitoneales Liposarkom links ( Á) mit Verdrängung der Harnblase nach rechts ( Á Á).
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769
21.3 Diagnostik
1 B-21.3
Computertomographie des Abdomens bei Leiomyosarkom
1 B-21.4
Magnetresonanztomographie
1
3
2
4
5 Computertomographie des Abdomens bei einer 34-jährigen Frau. Vom linken M. psoas ausgehendes Leiomyosarkom ( Á).
Sagittale Schnittebene durch den Stamm einer weiblichen Patientin. Deutlich lassen sich von dorsal nach ventral Rückenmuskulatur, Wirbelsäule (1), Dickdarm (Colon sigmoideum und Rektum) (2), Uterus (3), Harnblase (4) und Symphyse (5) abgrenzen.
1 B-21.5
Magnetresonanztomographie der unteren Extremitäten bei Fibrosarkom
a Transversalebene.
Magnetresonanztomographie der unteren Extremitäten bei einer 35-jährigen Frau. Fibrosarkom ( Á) im Beugerkompartment des linken Oberschenkels.
b Axialschnittebene.
Um eine definitive histologische Beurteilung zu ermöglichen, muss eine repräsentative Biopsie im Sinne einer Inzisionsbiopsie entnommen werden. Hierbei wird die Tumorkapsel durch eine Inzision eröffnet und ein Gewebekeil entnommen, der bis ins Zentrum des Tumors reicht. Die Tumorkapsel wird anschließend durch Naht wieder verschlossen. Dränagen werden, falls erforderlich, so platziert, dass der Dränagekanal beim Zweiteingriff zusammen mit der Primärinzision in toto exstirpiert werden kann, um ver-
Nur durch eine ausreichend große, technisch korrekt durchgeführte Inzisionsbiopsie wird eine definitive histologische Beurteilung größerer Tumoren ermöglicht. Die Tumorkapsel wird anschließend durch Naht wieder verschlossen.
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770 1 B-21.6 I
21 Weichteiltumoren
Synopsis Stufenplan zur Diagnostik bei Weichteiltumoren
Anamnese
Art und Dauer der Beschwerden; Größenzunahme des Tumors; wenn ja, in welchem Zeitraum; Voroperationen; familiäre Belastung
II klinische Untersuchung
Größe, Lokalisation und Konsistenz des Tumors; Beziehung zu funktionell wichtigen Strukturen; Entzündungszeichen; Verschieblichkeit gegen Unterlage; tastbare Lymphknotenvergrößerungen
kleiner Tumor (< 5 cm) gut mobil, oberflächlich gelegen
III bildgebende Verfahren
großer Tumor (> 5 cm) und/oder in unmittelbarer Nähe zu vitalen Strukturen, in der Tiefe gelegen, nicht verschieblich
Sonographie und/oder CT und/oder MRT (Angiographie, Röntgen, Szintigraphie) – je nach Befund –
IV histologische Diagnostik
Exstirpation und histologische Untersuchung
Inzisionsbiopsie und histologische Untersuchung
histologisch benigne
histologisch maligne
histologisch benigne
histologisch maligne
keine weiteren Maßnahmen
Diagnostik (bildgebende Verfahren), onkologisches Konsil, ggf. Re-Operation, ggf. adjuvante Therapie
Exstirpation und histologische Untersuchung
onkologisches Konsil, ggf. Diagnostik (bildgebende Verfahren) komplettieren, Operation, ggf. neo-/ adjuvante Therapie
Im Falle einer nicht erwarteten Sarkomdiagnose erfolgt vor dem Zweiteingriff zunächst ein Staging mit den in 2 B-21.2 dargestellten bildgebenden Verfahren.
Das diagnostische Vorgehen bei Weichteiltumoren wird in 1 B-21.6 zusammengefasst.
schleppte Tumorzellen mit zu entfernen. Zu oberflächliche Biopsien oder Punktionszytologien ermöglichen keine exakte Diagnosestellung. Nicht selten stellt die Diagnose Weichteilsarkom einen unerwarteten Befund nach Exstirpation eines vermeintlich gutartigen Tumors dar. In diesen Fällen ist nach histologischer Diagnosestellung ein Staging mit den in 2 B-21.2 dargestellten bildgebenden Verfahren durchzuführen. Je nach Tumortyp wird dann das weitere Vorgehen festgelegt, das in der Regel einen ausgedehnten chirurgischen Eingriff beinhaltet. Das diagnostische Vorgehen bei Weichteiltumoren wird in 1 B-21.6 zusammengefasst. Diagnostik und Therapie sind eng miteinander verzahnt und beeinflussen sich gegenseitig.
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771
21.4.1 Chirurgische Therapie 21.4
Therapie
n Merke. Die aufgrund der Seltenheit und biologischen Vielfalt der Weichteilsarkome natürlicherweise begrenzte Erfahrung des einzelnen Behandlers kann zu therapeutischen Fehlentscheidungen führen.
Das Therapiekonzept für solche Patienten sollte daher in onkologischen Zentren im Dialog zwischen Chirurg, Strahlentherapeut und Onkologen individuell festgelegt werden. Um trotz der Seltenheit der Tumoren, der histologischen Vielfalt und des unterschiedlichen biologischen Verhaltens eine adäquate Therapie jedes einzelnen Patienten zu ermöglichen, haben sich interdisziplinäre, überregionale Studiengruppen wie die Cooperative Weichteilsarkom-Studie (CWS) gebildet. Diagnostik, Therapie und Nachsorge der innerhalb dieser Studien behandelten Patienten folgen definierten Protokollen. Hierdurch können Therapieergebnisse besser verglichen und neue Therapien kontrolliert erprobt werden. Für die meisten Weichteilsarkome existieren heute multimodale Therapieansätze. Die wichtigste Maßnahme im Rahmen eines kurativen Therapieansatzes stellt die radikale operative Tumorentfernung dar.
21.4.1
Chirurgische Therapie
Gutartige Tumoren werden in toto entfernt, bei unvollständiger Entfernung besteht eine erhöhte Rezidivneigung. Die histologische Untersuchung jedes operativ entfernten Tumors ist auch bei fehlendem klinischem Malignitätsverdacht obligat. Bei Verdacht auf einen malignen Tumor können kleinere Tumoren primär vollständig exstirpiert werden. Bei ausgedehnten Tumoren ist zunächst eine repräsentative Biopsie zu entnehmen. Die chirurgische Behandlung der Weichteilsarkome orientiert sich am charakteristischen Wachstumsverhalten dieser Tumoren. Anatomische Grenzlamellen wie Periost oder Faszien werden erst relativ spät durchbrochen. Der Tumor ist von einer tumorzellhaltigen Pseudokapsel umgeben und kann ein diskontinuierliches Wachstumsverhalten mit Satellitenknoten (sog. »skip lesions«) im gesunden peritumoralen Gewebe zeigen. n Merke. Die Chance einer chirurgischen Heilung ist nur bei radikalem Vorgehen gegeben. Dieses Ziel sollte unter weitestmöglichem Funktionserhalt des betroffenen Körperteils erreicht werden.
Das Ausmaß der Resektion muss in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung von Größe, Lokalisation und Nachbarschaftsbeziehungen des Tumors festgelegt werden. Ausreichende Radikalität kann durch eine weite Resektion mit Sicherheitsabstand zum gesunden Gewebe erzielt werden. Ist der Abstand zu gering, steigt die Rezidivrate an. Besonders im Bereich der Extremitätensarkome hat sich der Begriff der Kompartmentresektion etabliert. Hierbei werden vom Tumor befallene oder diesem unmittelbar benachbarte Muskelgruppen en bloc zusammen mit Ansatz und Ursprung entfernt. Ausgedehnte Resektionen können die Entfernung von Gefäßen und Nerven einschließen. Durch plastisch-rekonstruktive Verfahren unter Einschluss von Gefäßinterposition, Nerventransplantation und Muskeltransposition wird eine Defektdeckung unter Funktionserhalt angestrebt. Die Amputation oder Exartikulation stellt ebenfalls eine radikale chirurgische Therapie peripherer Sarkome dar, auf die in bestimmten Fällen aufgrund der Tumorausdehnung oder -lokalisation zurückgegriffen werden muss. Sie bedeutet aber per se gegenüber einem extremitätenerhaltenden Vorgehen keinen Radikalitätsgewinn.
21.4
Therapie
Merke
Innerhalb interdisziplinärer überregionaler Studiengruppen werden Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Sarkompatienten anhand definierter Protokolle durchgeführt und kontrolliert.
Im Rahmen multimodaler Therapiepläne stellt die Operation die wichtigste Kurativmaßnahme dar.
21.4.1 Chirurgische Therapie
Ziel der chirurgischen Therapie ist die vollständige Tumorentfernung. Hierbei muss das typische Ausbreitungsmuster der Sarkome berücksichtigt werden, das zur Ausbildung einer tumorzellhaltigen Pseudokapsel und zum Auftreten von Tumorzellnestern (sog. »skip lesions«) im gesunden peritumoralen Gewebe führt. Merke
Das Resektionsausmaß muss individuell festgelegt werden. Ausreichende Radikalität kann durch eine weite Resektion erzielt werden. Bei zu geringem Sicherheitsabstand steigt die Rezidivrate. Bei der Kompartmentresektion werden ganze Muskelgruppen en bloc zusammen mit Ansatz und Ursprung entfernt. Ausgedehnte Resektionen können die Entfernung von Gefäßen und Nerven einschließen. Durch plastisch-rekonstruktive Verfahren wird eine Defektdeckung unter Funktionserhalt angestrebt. Die Amputation oder Exartikulation stellt ebenfalls eine radikale chirurgische Therapie dar. Sie bedeutet aber per se keinen Radikalitätsgewinn.
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21 Weichteiltumoren
Merke
Ist eine radikale Operation nicht möglich, erfolgt in der Regel eine Zusatztherapie (Strahlentherapie) ( 1 B-21.7).
1 B-21.7
n Merke. Bei der »Enukleation« eines Sarkoms verbleibt durch Belassen der Pseudokapsel ein Tumorrest. Die Resektion entlang der Tumorkapsel wird als marginale Resektion bezeichnet und sollte vermieden werden, da auch hier mit hoher Wahrscheinlichkeit ein mikroskopischer Tumorrest zurückbleibt.
Ist eine radikale Operation nicht möglich, ist in der Regel eine Zusatztherapie (Strahlentherapie) indiziert ( 1 B-21.7).
Synopsis Diagnostik und Therapie bei juvenilem Fibrosarkom
a Klinisches Bild eines 9-jährigen Jungen mit großem juvenilem Fibrosarkom mit Einblutung.
b Computertomographie des gleichen Patienten.
c Intraoperativer Befund vor Resektion.
d Intraoperativer Befund nach Resektion und Einlage von Afterloadingsonden zur postoperativen lokalen Bestrahlung.
Der Stellenwert der Lymphadenektomie ist geringer als in der Karzinomchirurgie. Die z.T. sehr aufwendigen Operationen erfordern ein exaktes präoperatives Staging. Zentrale Weichteilsarkome können häufiger als periphere Tumoren nicht radikal entfernt werden. Fernmetastasen werden unter bestimmten Bedingungen palliativ chirurgisch behandelt. Dies gilt für isolierte Lungenmetastasen oder bei metastasenbedingten Komplikationen.
Wegen der vergleichsweise niedrigen lymphogenen Metastasierungsrate hat die diagnostische oder systematische Lymphadenektomie anders als in der Karzinomchirurgie einen geringeren Stellenwert. Die z.T. außerordentlich aufwendigen Operationen bei Weichteilsarkomen werden üblicherweise in speziellen Tumorzentren durchgeführt. Voraussetzung für die korrekte Indikationsstellung ist ein exaktes präoperatives Staging zur Bestimmung der Tumorausdehnung sowie zum Ausschluss einer Fernmetastasierung. Bei der chirurgischen Therapie der Weichteilsarkome des Stammes (zentrale Sarkome) ist aufgrund der verzögerten Diagnosestellung und der anatomischen Situation häufiger als bei den peripheren Sarkomen eine radikale Entfernung des Tumors nicht möglich. Die palliative chirurgische Therapie von Fernmetastasen kann unter bestimmten Bedingungen indiziert sein. Ein Beispiel sind isolierte Lungenmetastasen niedrig maligner Tumoren. Metastasenbedingte Komplikationen wie Einblutung, Exulzeration oder lokale Kompressionssyndrome können eine palliative chirurgische Intervention erforderlich machen.
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21.4.4 Andere Therapieformen 21.4.2
Strahlentherapie
21.4.2 Strahlentherapie
Während Sarkome früher als »strahlenresistent« galten, hat sich die Strahlentherapie in den letzten Jahren als adjuvante und palliative Therapieform bei der Behandlung von Weichteilsarkomen etabliert. Diese Entwicklung wurde ermöglicht durch Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik und neue Erkenntnisse der Tumor- und Strahlenbiologie. Nicht zuletzt haben dazu auch technische Weiterentwicklungen beigetragen, die eine differenzierte Therapie mit individueller Planung und besserer Steuerbarkeit bei geringeren Risiken und Nebenwirkungen erlauben. Die adjuvante Strahlentherapie kann nach operativer Tumorentfernung die Lokalrezidivrate senken. Eine solche Therapie ist indiziert, wenn eine ausreichend radikale Therapie nicht möglich ist oder vom Patienten abgelehnt wird. Dies gilt besonders dann, wenn bereits ein Rezidivtumor vorliegt. Durch eine hochdosierte palliative Strahlentherapie kann bei primär inoperablen Primärtumoren oder Rezidiven ein Wachstumsstillstand oder gar eine Tumorverkleinerung erreicht werden. Als Komplikationen der Strahlentherapie können u.a. Wundheilungsstörungen oder an den Extremitäten Gelenkkontrakturen bzw. eine Strahlenfibrose mit Stauungsödem auftreten. Die Strahlentherapie zentraler Weichteilsarkome wird erschwert durch das häufig fortgeschrittene Tumorstadium und die Nähe strahlensensibler Strukturen (Gastrointestinaltrakt, Harnleiter, Rückenmark).
21.4.3
Chemotherapie
Die adjuvante Strahlentherapie kann nach operativer Tumorentfernung die Lokalrezidivrate senken. Die palliative Strahlentherapie wird zur lokalen Tumorkontrolle eingesetzt. Komplikationen der Strahlentherapie sind Wundheilungsstörungen, Gelenkkontrakturen bzw. eine Strahlenfibrose mit Ödem. Die Gefahr strahlenbedingter Schäden innerer Organe und des Rückenmarks erschwert die Behandlung zentraler Sarkome. 21.4.3 Chemotherapie
Im multimodalen Therapiekozept der Weichteilsarkome wird die Chemotherapie bei einigen Tumoren zur präoperativen Tumorverkleinerung (neoadjuvante Therapie) oder zur postoperativen Nachbehandlung (adjuvante Therapie) im Rahmen von Studienprotokollen eingesetzt.
21.4.4
Die Strahlentherapie stellt heute eine etablierte Therapieform zur adjuvanten und palliativen Behandlung von Weichteilsarkomen dar.
Andere Therapieformen
Die Chemotherapie wird bei einigen Weichteilsarkomen zur präoperativen Tumorverkleinerung oder postoperativen Nachbehandlung eingesetzt.
21.4.4 Andere Therapieformen
Innerhalb der etablierten Therapieformen Chirurgie, Strahlentherapie und Chemotherapie geht die Suche nach Verbesserungen weiter. Dazu gehören die Entwicklung neuer Chemotherapeutika, die präoperative (»neoadjuvante«) Strahlen- oder Chemotherapie, die intraoperative Bestrahlung (IORT) und die gezielte lokale postoperative Bestrahlung über während der Operation eingebrachte sog. Afterloadingsonden ( 1 B-21.7 d). Bei der isolierten hyperthermen Extremitätenperfusion zirkuliert ein Zytostatikum in hoher Dosierung mittels eines extrakorporalen Kreislaufes isoliert in der vom Tumor befallenen Extremität. Durch Erwärmung der Lösung auf bis > 40 ΩC und die synchrone Perfusion von Substanzen wie dem Tumornekrosefaktor (TNF-a) wird die Wirkung des Medikamentes noch gesteigert. Eine weitere Form der Therapie stellt die lokale Hyperthermie im Tumorgebiet in Kombination mit einer systemischen Chemotherapie dar.
Dazu gehören: π neue Chemotherapeutika π neoadjuvante Strahlen- oder Chemotherapie π intraoperative Bestrahlung π postoperative Bestrahlung über Afterloadingsonden ( 1 B-21.7 d) π isolierte hypertherme Extremitätenperfusion π lokale Hyperthermie mit systemischer Chemotherapie.
Klinischer Fall Ein 35-jähriger Mann stellt sich mit einer seit mehreren Monaten zunehmenden Schwellung im Bereich des linken Oberarmes vor. Ein Trauma ist dem Patienten, der regelmäßig Kraftsport betreibt, nicht erinnerlich, auch bestehen keine weiteren Symptome. Bei der klinischen Untersuchung tastet man eine prallelastische Resistenz beugeseitig am linken Oberarm, die neurologische Untersuchung ist unauffällig. Ein zur weiteren Abklärung durchgeführtes MRT ( 1 B-21.8) zeigt einen Tumor, der
sich zwischen M. biceps und M. brachialis ausbreitet. Der Tumor wird operativ freigelegt und eine Inzisionsbiopsie entnommen. Diagnose: Fibromyxom, niedrig maligner Tumor nicht ausgeschlossen. Daraufhin wird der Tumor in toto mit Kapsel im Gesunden ohne zusätzlichen Sicherheitsabstand entfernt. Postoperativ treten keine Komplikationen auf, die endgültige Histologie ergibt ein myxoides Neurofibrom ohne Hinweis auf Malignität, sodass keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind.
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774
21 Weichteiltumoren
1 B-21.8
MRT bei myxoidem Neurofibrom Magnetresonanztomographie der linken oberen Extremität bei einem 35-jährigen Patienten mit myxoidem Neurofibrom.
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775 22
Transplantation
22
Transplantation
22.1
Organspende
22.1
Organspende
Doris Henne-Bruns Die Organspende umfasst zwei Bereiche: zum einen die Lebendorganspende und zum anderen die Verstorbenenorganspende (s. 2 B-22.1).
2 B-22.1
Möglichkeiten der Organspende Spende von:
N Verstorbenenorganspende n
n N N n N n N n N n N n
Nieren Leber Pankreas Herz Lunge Dünndarm
N Lebendorganspende n
n N N n N n N n
Niere Lebersegment Pankreasschwanz Dünndarmsegment
22.1.1
Organspende beinhaltet den Bereich der Verstorbenen- wie Lebendorganspende, 2 B-22.1.
Lebendorganspende
Eine Lebendorganspende ist grundsätzlich nur möglich bei paarigen Organen (Nieren). Segmenttransplantationen (Leber-, Pankreas-, Dünndarmtransplantationen) werden zwar durchgeführt, sollten jedoch wegen des Risikos für den Organspender nur besonderen Indikationen vorbehalten bleiben. Entsprechend des am 1. 12. 1997 in Kraft getretenen Transplantationsgesetzes ist die Entnahme von Organen bei lebenden Spendern nur dann zulässig, wenn sie der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte oder anderen Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahe stehen, dient. Jegliche Form der Kommerzialisierung der Organspende und Organtransplantation ist verboten und auch im Transplantationsgesetz mit Straf- und Bußgeldvorschriften belegt. Voraussetzungen für eine Lebendnierenspende sind: 1. Freiwilliger Entschluss eines Spenders zur Organspende (evtl. psychologische Evaluation). Kann diese angenommen werden und ergibt die Anamnese und körperliche Untersuchung keine Kontraindikationen (z.B. Malignome, erhöhtes Operationsrisiko, eingeschränkte Nierenfunktion, Hypertonus usw.), so kann mit der weiteren Abklärung begonnen werden. 2. Bestimmung der Blutgruppe. Liegt eine AB0-Kompatibilität vor, so erfolgt die Typisierung des HLA-A, -B und -DR sowie die Durchführung eines Crossmatch (= Kreuzprobe = Bestimmung von zytotoxischen Antikörpern im Serum des Empfängers, die gegen Lymphozyten des Spenders gerichtet sind). Der Stellenwert der HLA-Übereinstimmung wurde früher bei der Lebendnierenspende als sehr hoch bewertet. Die klinischen Erfahrungen aus Organübertragungen zwischen nicht verwandten Personen (z.B. Ehegatten) haben aber auch bei geringer HLA-Kompatibilität gute Resultate mit 1-Jahres-Transplantfunktionsraten von ca. 90 % ergeben. 3. Bevorzugt wird bei Lebendnierenspenden die linke Niere, da auf der linken Seite die Gefäße (Arterie und Vene) länger sind. Sollte die linke Niere über mehrere Arterien versorgt werden, wird die Niere mit möglichst nur einer Arterie bzw. der geringeren Anzahl versorgender Gefäße gewählt.
22.1.1 Lebendorganspende Eine Lebendorganspende ist nur möglich bei paarigen Organen (Nieren) oder als Segmenttransplantation (Leber, Pankreas, Dünndarm). Lebendorganspenden sind nur auf Verwandte 1. und 2. Grades, Ehegatten, Verlobte oder offenkundig nahe stehende Personen zulässig. Voraussetzungen für eine Lebendnierenspende sind:
1. Die Diagnostik bezüglich einer Lebendnierenspende kann erst bei nachweislich freiwilligem Entschluss eines Spenders und nach Ausschluss von Kontraindikationen (Malignome, erhöhtes Operationsrisiko, eingeschränkte Nierenfunktion, Hypertonus etc.) erfolgen. 2. Nur wenn Blutgruppenkompatibilität besteht, erfolgt die Durchführung eines Crossmatch sowie die Bestimmung der HLA-Kompatibilität, deren Stellenwert bei der Lebendnierenspende heute als gering eingestuft wird. 3. Bevorzugt wird die linke Niere bzw. die Niere mit der geringeren Anzahl versorgender Gefäße.
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776 22.1.2 Verstorbenenorganspende Merke
Eine Verstorbenenorganspende ist nur möglich, wenn der Hirntod festgestellt wurde und eine Einverständniserklärung (vom Verstorbenen oder eines Angehörigen) vorliegt.
22 Transplantation 22.1.2
Verstorbenenorganspende
n Merke. Der Tod eines Menschen mit der nachfolgenden Möglichkeit, Organe zu spenden ist mit der besonderen Konstellation verbunden, dass der Tod bei noch künstlich aufrechterhaltener Herz-Kreislauf-Funktion (Hirntod) eintritt.
Eine Organspende ist dann möglich, wenn der Hirntod festgestellt wurde und eine Einverständniserklärung entweder von dem Verstorbenen selbst in Form eines Organspendeausweises oder durch Einwilligung seiner Angehörigen (im Sinne des Verstorbenen) vorliegt.
Klinischer Fall Ein Patient wird mit schwerer Schädel-Hirn-Verletzung stationär aufgenommen. Neben sofort einsetzenden intensivmedizinischen Maßnahmen erfolgt die Diagnostik hinsichtlich seiner Verletzungen. Hieran schließen sich weiterführende Behandlungsmaßnahmen wie z.B. Operationen unter Fortführung der intensivmedizinischen Betreuung an. 22.1.3 Hirntod Definition
Zur Feststellung des Hirntodes s. 1 B-22.1 Die Feststellung des Hirntodes erfolgt unter: 1. exakter Einhaltung der Voraussetzungen 2. Feststellung der klinischen Symptome 3. Nachweis der Irreversibilität des Hirnfunktionsverlustes. Ad 1: Voraussetzung ist das Vorliegen einer schweren primären oder sekundären Hirnschädigung unter Ausschluss von Intoxikationen, metabolischen Stoffwechselstörungen sowie neuromuskulärer Blockade. Ad 2: Die maßgeblichen klinischen Symptome sind: Koma, lichtstarre Pupillen, Fehlen sämtlicher Hirnstammreflexe sowie Ausfall der Spontanatmung. Merke
Ad 3: Ergänzende Befunde sind: NullLinien-EEG, angiographischer oder transkranieller dopplersonographi-
22.1.3
Im weiteren Verlauf treten unter den intensivmedizinischen Behandlungsmaßnahmen klinische Zeichen auf (z.B. weite, lichtstarre Pupillen), die einen vollständigen und irreversiblen Ausfall aller Gehirnfunktionen vermuten lassen. Hierauf erfolgt die Diagnostik bezüglich des eingetretenen Hirntodes.
Hirntod
n Definition. Der Hirntod ist definiert als der vollständige und irreversible Ausfall aller Gehirnfunktionen (Großhirn, Kleinhirn, Hirnstamm) bei einer unter kontrollierter Beatmung noch künstlich aufrechterhaltenen Herz-Kreislauf-Funktion. Der Hirntod wird gleichgesetzt mit dem Tod des Menschen.
Die Feststellung des Hirntodes erfolgt nach den von der Bundesärztekammer 1982 erstmalig herausgegebenen und immer wieder aktualisierten Richtlinien, die 3 Bereiche umfassen ( 1 B-22.1): 1. die exakte Einhaltung der Voraussetzungen 2. die Feststellung der klinischen Symptome von Koma, Hirnstammareflexie und Atemstillstand 3. den Nachweis der Irreversibilität des Hirnfunktionsverlustes. Ad 1: Voraussetzung ist das Vorliegen einer akuten, schweren primären (z.B. traumatisch bedingte Blutung, Aneurysmablutung) oder sekundären (z.B. Zustand nach Reanimation mit längerfristiger Hypoxie) Hirnschädigung, wobei Intoxikationen, eine neuromuskuläre Blockade, Unterkühlung, ein endokrines oder metabolisches Koma usw. ausgeschlossen sein müssen. Ad 2: Die maßgeblichen klinischen Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion sind: Bewusstlosigkeit (Koma), weite lichtstarre Pupillen (Ausschluss der Gabe eines Mydriatikums!), Fehlen der Hirnstammreflexe wie okulozephaler Reflex, Kornealreflex, Pharyngealreflex, fehlende Reaktionen auf Schmerzreiz im Trigeminusbereich usw. sowie Ausfall der Spontanatmung. n Merke. Das Vorliegen all dieser Befunde muss übereinstimmend von zwei erfahrenen Untersuchern, die unabhängig von einem Transplantationsteam sind, festgestellt und dokumentiert werden. Zur Feststellung der Irreversibilität des Hirnfunktionsverlustes sind entweder eine weitere klinische Beobachtungszeit (s. ad 3) oder ergänzende Befunde notwendig.
Ad 3: Als ergänzende Befunde gelten: Das Null-Linien-EEG oder das Erlöschen der evozierten Potenziale oder der angiographische Nachweis eines intrazerebralen Zirkulationsstillstands oder der transkranielle dopplersonographische Nachweis des intrazerebralen Zirkulationsstillstands.
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777
22.1.4 Rechtliche Aspekte
1 B-22.1
Synopsis Hirntoddiagnostik
Hirntoddiagnostik
Voraussetzungen akute Hirnschädigungen
+
Klinisches Syndrom Koma Hirnstammareflexie
Ausschluss anderer Ursachen
+
Ausfall der Spontanatmung (Atemstillstand)
ergänzende Befunde oder Beobachtungszeit
Hirnschädigung
Null-Linien-EEG
oder
primär supratentoriell • Erwachsene • Kleinkinder • Neugeborene
12 h 24 h 72 h
zerebraler Zirkulationsstillstand
sekundär
72 h
oder erloschene evozierte Potenziale
Diagnose des Hirntodes
Für die Durchführung und Befundung der genannten Untersuchungen gelten jeweils spezielle Kriterien, die eingehalten und dokumentiert werden müssen. Liegen keine ergänzenden Untersuchungen vor, müssen die unter 2. genannten Ausfallsymptome beim Erwachsenen und Vorliegen einer primären Hirnschädigung über mindestens 12 Stunden nachgewiesen werden. Bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern sowie vorliegender sekundärer Hirnschädigung muss ein längerer Nachweis der unter 2. genannten Befunde (bis zu 3 Tagen) erbracht werden. Da der Zeitpunkt des Todeseintritts retrospektiv nicht eindeutig feststellbar ist, wird der Zeitpunkt, zu welchem die endgültigen diagnostischen Feststellungen getroffen werden, als Todeszeitpunkt dokumentiert.
22.1.4
Rechtliche Aspekte
In Deutschland existiert seit dem 1.12.1997 ein Transplantationsgesetz, das alle Bereiche, die im Zusammenhang mit der Entnahme und Übertragung von menschlichen Organen und Geweben stehen, regelt. Das Gesetz beinhaltet die in 2 B-22.2 aufgeführten Abschnitte.
2 B-22.2
scher Nachweis des intrazerebralen Zirkulationsstillstands. Liegen keine ergänzenden Befunde vor, sind die klinischen Symptome über einen definierten Zeitraum nachzuweisen, wobei der Zeitraum von der Primärdiagnose und dem Alter des Patienten abhängig ist. Der Abschluss der Hirntoddiagnostik wird als Todeszeitpunkt dokumentiert.
22.1.4
Rechtliche Aspekte
Das Transplantationsgesetz regelt alle Bereiche, die in Zusammenhang mit der Entnahme und Übertragung von menschlichen Organen und Geweben stehen ( 2 B-22.2).
Inhalte des Transplantationsgesetzes vom 1.12.1997
N Allgemeine Vorschriften (z.B. Anwendungsbereich, Aufklärung, n Organspenderausweis etc.) N Organentnahme bei toten Organspendern n N Organentnahme bei lebenden Organspendern n N Entnahme, Vermittlung und Übertragung bestimmter Organe n N Meldungen, Datenschutz, Fristen etc. n N Verbotsvorschriften n N Straf- und Bußgeldvorschriften n N Schlussvorschriften n
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778
22 Transplantation
Organisation der Organspende und Organtransplantation
22.1.5 Organisation der Organspende und Organtransplantation
22.1.5
»Eurotransplant« in Leiden ist die gemeinsame Organisationszentrale aller Transplantationszentren Deutschlands, der Beneluxstaaten und Österreichs. Von allen eine Transplantation erwartenden Patienten sind in Leiden Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Blutgruppe, HLA-Typisierung, Grunderkrankung und Dringlichkeit erfasst. Den organisatorischen Ablauf bei einer Organspendermeldung zeigt 1 B-22.2.
Die Transplantationszentren Deutschlands, der Beneluxstaaten und Österreichs sind zu einer gemeinsamen Organisationszentrale »Eurotransplant« mit Sitz in Leiden zusammengeschlossen. In dieser Organisationszentrale werden alle eine Organtransplantation erwartenden Patienten registriert. Bei der Anmeldung werden Daten wie Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Blutgruppe, HLA-Typisierung, Grunderkrankung und Dringlichkeit der Transplantation erfasst und die Patienten dann in die Warteliste aufgenommen. Im Falle einer Organspendermeldung aus einem Krankenhaus im Eurotransplantbereich ergibt sich folgende Organisationskette ( 1 B-22.2).
1 B-22.2
Synopsis Organisationskette der Organspende
Spenderkrankenhaus Meldung an Lokales Transplantationszentrum Feststellung der korrekten Hirntoddiagnostik Feststellung des Einverständnisses Meldung an Eurotransplant in Leiden Auswahl der Empfänger für Herz, Lunge, Leber nach AB0-Kompatibilität und Dringlichkeit Information an betreuende Transplantationszentren Nach HLA-Testung: Auswahl der Empfänger nach bester HLA- (und AB0-) Kompatibilität (Nieren), Wartezeit und Dringlichkeit Gemeinsame Organspendeoperation im Spenderkrankenhaus der beteiligten Zentren und/oder des lokalen Transplantationszentrums
Über die jeweiligen lokalen Transplantationszentren werden alle Organspender aus Deutschland, Österreich und den Beneluxstaaten Eurotransplant gemeldet, nachdem diese die Daten bezüglich der Hirntoddiagnostik überprüft haben. Absolute Kontraindikationen für eine Organspende sind: maligne Erkrankungen und manifeste Infektionen (bakteriell, viral). Organspezifische Vorerkrankungen müssen zusätzlich vor jeder Spende ausgeschlossen werden.
Die Vermittlung von Herz, Lunge und Leber erfolgt AB0-kompatibel nach klinischen Daten und Dringlichkeit.
Das den Organspender betreuende Krankenhaus verständigt nach abgeschlossener Hirntoddiagnostik und vorliegender Einverständniserklärung das lokale Transplantationszentrum. Nach Überprüfung der gemeldeten Daten bezüglich der Hirntoddiagnostik veranlasst das Transplantationszentrum dann weitere Untersuchungen. Hierzu gehören z.B. der serologische Ausschluss einer aktiven Hepatitis-B-/Hepatitis-C- oder HIV-Infektion, da diese absolute Kontraindikationen für eine Organspende darstellen. Weitere absolute Kontraindikationen für eine Organspende sind maligne Erkrankungen (Ausnahme: maligne Hirntumoren) oder schwere bakterielle oder virale Infektionen (z.B. Tuberkulose usw.). Ferner sind organspezifische Vorerkrankungen wie chronischer Alkoholabusus für die Leberspende, chronische Nierenerkrankungen für die Nierenspende oder chronische Pankreatitis für die Pankreasspende usw. auszuschließen. Nach Abschluss evtl. notwendiger zusätzlicher Untersuchungen werden von dem Transplantationszentrum alle Daten bezüglich Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Diagnose, Anamnese, Laborwerte und spezielle Untersuchungsergebnisse Eurotransplant übermittelt. Entsprechend der vorhandenen Daten und der Dringlichkeit werden von Eurotransplant die AB0-kompatiblen Empfänger für eine Leber-, Herz- oder
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779
22.1.7 Gewebespende Lungentransplantation ermittelt und die betreuenden Transplantationszentren benachrichtigt. Diese führen nach Abstimmung eines genauen Zeitplans unter Beteiligung des lokalen Transplantationszentrums im Spenderkrankenhaus gemeinsam die Organspendeoperation durch und im Anschluss daran in den jeweiligen Zentren die Organtransplantation. Die Vermittlung der entnommenen Nieren erfolgt erst nach Abschluss der HLA-Typisierung, da im Unterschied zu anderen Organen (Herz, Leber, Lunge) Abstoßungsreaktionen häufiger bei fehlender HLA-Kompatibilität auftreten. Ist das HLA-Muster bekannt, werden von Eurotransplant die Empfänger mit der besten Kompatibilität (AB0 und HLA) ermittelt (wobei die Auswahl der Empfänger unter Berücksichtigung der Wartezeit und Dringlichkeit erfolgt), die betreuenden Transplantationszentren verständigt und die Nieren den jeweiligen Zentren übersandt.
22.1.6
Organspendeoperation
Das Prinzip der Organspendeoperation besteht darin, die zu entnehmenden Organe möglichst schonend mit einer Konservierungslösung zu perfundieren und gleichzeitig zur Verringerung der Stoffwechselleistung zu kühlen. Für die abdominellen Organe erfolgt diese Perfusion durch Einbringen eines großlumigen Katheters in die Aorta proximal der Iliakalgefäße, welche unterbunden werden. Mit Beginn der Perfusion einer 4 ΩC kalten Lösung wird die Aorta proximal des Truncus coeliacus abgeklemmt, die distale V. cava eröffnet und Blut und Perfusat abgesaugt. Für die Konservierung einer Leber wird zusätzlich ein Perfusionskatheter in die Pfortader eingebracht. Für eine Herzentnahme wird zusätzlich die intrathorakale Aorta kanüliert. Über die Aorta/Pfortader gelangt über die versorgenden Gefäße die Perfusionslösung in die jeweiligen Organe, die 1. erythrozytenfrei gespült werden (Vermeidung von Thromben), 2. gekühlt werden und 3. mit Substrat (Elektrolyte, Glukose usw.) versorgt werden. Im Anschluss an die Perfusion erfolgt die Entnahme der Organe mit ihren jeweiligen Gefäßzu- und abflüssen mit anschließender Lagerung der Organe in der Perfusionslösung bis zur Implantation. Als tolerabel geltende Konservierungszeiten werden angegeben: π Herztransplantate bis 4 Stunden π Lungentransplantate bis 6 Stunden π Pankreastransplantate bis 12 Stunden π Lebertransplantate bis 18 Stunden π Nierentransplantate bis 36 Stunden.
22.1.7
Gewebespende
Eine Gewebespende von Kornea, Herzklappen und Gehörknöchelchen ist grundsätzlich bei allen Verstorbenen möglich, sofern eine Einverständniserklärung vorliegt und keine absoluten Kontraindikationen (z.B. Malignome, HIV-Infektion, Hepatitis) zur Organspende bestehen. n Merke. Eine Gewebespende kann auch noch Stunden nach eingetretenem Herz-Kreislauf-Stillstand erfolgen, da Kornea, Herzklappen und Gehörknöchelchen auch nach einer längeren Hypoxie nicht nekrotisch werden.
Die Entnahme des gespendeten Gewebes (Hornhaut und Gehörknöchelchen) kann bis zu 72 Stunden (Herzklappen bis zu 24 h) nach Eintritt des Herz-Kreislauf-Stillstands erfolgen. Bei allen Transplantationszentren Deutschlands können Kliniken und Hausärzte einen Gewebespender melden, woraufhin die Organisation der Gewebespende von den jeweiligen Zentren übernommen wird.
Die Vermittlung der Nieren erfolgt AB0-kompatibel erst nach HLA-Testung an die Empfänger mit der besten HLA-Kompatibilität, unter Berücksichtigung der Wartezeit und Dringlichkeit.
22.1.6 Organspendeoperation Vor der Entnahme von Spenderorganen werden diese während der Operation mit einer Konservierungslösung perfundiert. Die Perfusion der Organe erfolgt über die versorgenden Gefäße (z.B. Aorta und Pfortader für Nieren, Leber und Pankreas).
Die Perfusion dient der Freispülung von Erythrozyten (Thrombenbildung), der Substratzufuhr sowie der Kühlung (Stoffwechselreduktion). Nach der Perfusion erfolgt die Entnahme der Organe mit anschließender Lagerung in der Perfusionslösung bis zur Implantation. Tolerierte Konservierungszeiten: π Herz bis 4 Stunden π Lunge bis 6 Stunden π Pankreas bis 12 Stunden π Leber bis 18 Stunden π Nieren bis 36 Stunden
22.1.7 Gewebespende Eine Gewebespende ist bei vorliegender Einverständniserklärung und Ausschluss absoluter Kontraindikationen bis zu 72 h post mortem (HerzKreislauf-Stillstand) möglich. Merke
Hornhaut und Gehörknöchelchen können bis zu 72 Stunden, Herzklappen bis zu 24 Stunden post mortem entnommen werden. Nach Meldung an ein Transplantationszentrum wird dieses die Organisation der Spende übernehmen.
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780 22.2
22 Transplantation
Transplantationsimmunologie
22.2
Transplantationsimmunologie
Heike Kraemer-Hansen
Definition
n Definition. Unter chirurgischer Organtransplantation versteht man die Verpflanzung von Organen oder Organverbänden, die durch Gefäßanastomosen an den Kreislauf des Empfängers angeschlossen werden und die Funktion des jeweils terminal insuffizienten Organs übernehmen. Bei der therapeutischen Übertragung parenchymatöser Organe handelt es sich um allogene Transplantationen, d.h. Spender und Empfänger sind genetisch differente Individuen. Eine Ausnahme stellt die syngene Nierentransplantation zwischen eineiigen Zwillingen dar. Bei Allotransplantationen besteht zwischen Spender und Empfänger stets eine mehr oder weniger ausgeprägte Antigendifferenz ( 1 B-22.3).
1 B-22.3
Synopsis Organtransplantation ORGANTRANSPLANTATION
biologisches Verhältnis Empfänger Spender
Transplantationsmaterial
Isotransplantation = syngene Transplantation = Transplantation zwischen genetisch identischen Individuen (z.B. eineiige Zwillinge)
Organtransplantation = Transplantation des kompletten Organs (z.B. Niere, Leber, Herz, Lunge, Pankreas, Kornea)
substitutive Transplantation = vollständiger Ersatz des erkrankten Organes (z.B. Herz, Lunge, Leber)
orthotope Transplantation = das Organ wird als anatomischer »Ersatz« an die gleiche Stelle implantiert (Herz, Leber)
Allotransplantation = Transplantation zwischen genetisch nicht identischen Individuen gleicher Spezies (z.B. Mensch Mensch)
Zelltransplantation = Transplantation bestimmter Zellarten (z.B. Inselzellen des Pankreas, Knochenmarkzellen)
auxiliäre Transplantation = Unterstützung des im Körper bleibenden Organs (z.B. auxiliäre Lebertransplantation)
heterotope Transplantation = das Organ wird an anderer anatomischer Stelle implantiert (z.B. Niere)
Xenotransplantation = Transplantation zwischen Individuen unterschiedlicher Spezies (z.B. Schwein Mensch)
funktionelles Ergebnis der Transplantation
Implantationsorte
Autotransplantation = Empfänger Spender z.B. Hauttransplantation
Transplantationsantigene
22.2.1 Transplantationsantigene
22.2.1
Transplantations-(Allo-, Histokompatibilitäts-)antigene sind beim Menschen auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 kodiert (sog. HLA-Komplex). Innerhalb des HLA-Komplexes werden die Genorte HLA-A, -B und -C (Klasse-IAntigene) und die Genorte HLA-DR, -DQ und -DP (Klasse-II-Antigene) unterschieden. Klasse-I-Antigene sind auf allen kernhaltigen Organ- und Blutzellen, KlasseII-Antigene dagegen nur auf Makrophagen und aktivierten T- und B-Lymphozyten vorhanden. Für die immungenetische Spenderauswahl sind die HLA-A-, HLA-B- und HLA-DRMerkmale transplantationsrelevant.
Transplantationsantigene, auch Allo- oder Histokompatibilitätsantigene genannt, sind beim Menschen von einer Gengruppe kodiert, die auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 liegen, dem sog. HLA-Komplex (HLA = humane Leukozytenantigene). Innerhalb des HLA-Komplexes unterscheidet man die Genorte HLA-A, -B und -C (HLA-Klasse-I-Antigene) und die Genorte HLA-DR, -DQ und -DP (HLA-Klasse-II-Antigene). Die Genprodukte sind Glykoproteine, die in der Zytoplasmamembran verankert sind. HLA-Klasse-I-Antigene sind auf der Zelloberfläche aller kernhaltigen Organund Blutzellen vorhanden, die Antigene der Klasse II befinden sich dagegen nur auf sog. dendritischen Zellen, wie Makrophagen und aktivierten T- und B-Lymphozyten (Ø Zellen des lymphoretikulären Systems). Die große Vielzahl möglicher HLA-Merkmale in wechselnden Kombinationen bedingt, dass die meisten Menschen untereinander HLA-different sind. Für die immungenetische Spenderauswahl sind die HLA-A-, HLA-B- und HLA-DR-Merkmale transplantationsrelevant.
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781
22.2.2 Immunantwort gegen Alloantigene Als Transplantationsantigene wirksam sind auch die Blutgruppenmerkmale (AB0-System). Außerdem spielen noch zahlreiche polymorphe Zellmembranmoleküle für die Differenz zwischen Empfänger und Spender eine Rolle. n Merke. Trotz vollständiger HLA-Kompatibilität besteht zwischen 2 Individuen stets eine Histoinkompatibilität, die eine immunsuppressive Therapie des Organempfängers notwendig macht.
Immunantwort gegen Alloantigene
22.2.2
22.2.2
Für die Intensität der Immunantwort und damit auch für die Abstoßungsreaktion sind hauptsächlich HLA-Antigene der Klasse II und untergeordnet der Klasse I verantwortlich. Die Abstoßung beruht auf der Erkennung der fremden Antigene des Transplantats durch die Zellen des Empfängerimmunsystems (host versus graft reaction). Für die sehr komplexe Immunreaktion spielt die sog. Antigenpräsentation durch Makrophagen des Empfängers eine wesentliche Rolle. Die Zerstörung des Transplantats (Abstoßung, Rejektion) erfolgt überwiegend durch sensibilisierte Lymphozyten (zelluläre Immunreaktion) und/oder durch Antikörper (humorale Immunantwort) ( 1 B-22.4 und 1 B-22.5).
1 B-22.4
Als Transplantationsantigene wirksam sind auch die Blutgruppenmerkmale (AB0-System). Außerdem spielen zahlreiche polymorphe Zellmembranmoleküle für die Differenz zwischen Spender und Empfänger eine Rolle. Merke
Immunantwort gegen Alloantigene HLA-Klasse-I-, besonders aber Klasse-IIAntigene sind für die Abstoßungsreaktionen verantwortlich. Die Abstoßung beruht auf der Erkennung der fremden Antigene des Transplantats durch die Zellen des Empfängerimmunsystems (host versus graft reaction), die diesem durch Makrophagen präsentiert werden. Die Transplantatzerstörung erfolgt über sensibilisierte Lymphozyten (zelluläre) und/oder durch Antikörper (humorale Immunantwort) ( 1 B-22.4 und 1 B-22.5).
Synopsis Abstoßungsreaktion bei allogener Transplantation
Immunsystem
zentrale Phase
humorale Immunreaktion (Antikörperbildung)
zelluläre Immunreaktion (T-Zellen)
Antigen afferente Phase efferente Phase
efferente Phase
Transplantatzellen periphere Phase
spezifische Abstoßungsmechanismen Lymphokine
KomplementAktivierung K-Zellaktivierung
unspezifische Entzündungsreaktion Entzündungszellen
Die Zellbalken im unteren Teil der Abbildung repräsentieren das Transplantat, aus dem Antigene in das Immunsystem gelangen (afferente Phase) und dort die Bildung von Antikörpern (humorale Immunreaktion) und von sensibilisierten T-Zellen (zelluläre Immunreaktion) auslösen (zentrale Phase). Antikörper und sensibilisierte T-Zellen verlassen das Immunsystem und gelangen auf dem Blutweg in das Transplantat (efferente Phase). Nach Bindung an die Transplantationsantigene kommt es teilweise zu einer direkten Schädigung der Transplantatzellen, darüber hinaus auch zur Auslösung einer unspezifischen Entzündungsreaktion (vermittelt durch Komplementaktivierung oder aus Lymphozyten freigesetzten Lymphokinen) (periphere Phase der Abstoßung). Die Zerstörung des Transplantats beruht auf einem Zusammenspiel der direkten Wirkungen von Antikörpern, der T-Zellen und von unspezifischen Entzündungsreaktionen.
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22 Transplantation
1 B-22.5
Synopsis Lymphozytenaktivierung durch die Spender-HLA-Antigene und Angriffspunkte von Immunsuppressiva
allogene Zelle
Klasse-II-HLA-Antigen Anti-CD3 (OKT3)
Klasse-I-HLA-Antigen
CD3
CD4
CD8
CD3
TC R CD2 LFA-3
TH
akzessorische Zelle ICAM-1 ICAM-2
Glukokortikoide
R TC TC LFA-1
IL-1 R
IL-1
Mycophenolatmofetil TH
IL-1 IL-6
TC
Ciclosporin A Anti-IL-2R (CSA) (Anti-TAC)
Azathioprin Proliferation
Proliferation
Basiliximab Tacrolimus (TAC)
TH
IL-2
TH
TC
TC
IL-4 Il-5 Il-6
B allogene Zelle
IFNγ
akzessorische Zelle TA MØ NK ICAM-1 oder ICAM-2 (intracellular adhesion molecules) und LFA-1, respektive LFA-3 (leukocyte family of adhesion molecules) müssen eine gegenseitige Bindung eingehen, um die zytotoxische Aktivität zur Zerstörung der von einer T-Zelle gebundenen Zielzelle einzuleiten. Glukokortikoide hemmen die Aktivierung von akzessorischen Zellen, indem sie die Transkription des IL-1-Genes und des IL-6-Genes blockieren. CSA und TAC wirken im Verlauf der T-Zell-Aktivierung weiter distal als die Glukokortikoide; CSA und TAC hemmen vorwiegend die Produktion und Freisetzung von IL-2 und hemmen vor allem die T-Helferzellen und zytotoxischen T-Zellen, weniger die T-Suppressorzellen. Azathioprin und Mycophenolatmofetil hemmen als Antimetabolite die T-Zell-Aktivierung im Stadium der Proliferation, in der Aktivierungskaskade somit distaler als die Glukokortikoide, CSA und TAC. Die polyklonalen Antikörper (ALG/ATG) sind mit einem kleinen Anteil (5 %) gegen lymphatisches Gewebe gerichtet; der Hauptanteil geht je nach Präparation in unterschiedlichem Ausmaß unspezifische Bindungen ein. Die polyklonalen Antikörper binden auch an T- und B-Zellen und Makrophagen. Der monoklonale Antikörper OKT3 bindet spezifisch an den konstanten Teil des T-Zell-Rezeptor-Komplexes (TCR/CD3) und blockiert die transmembranöse Signalübertragung. Basiliximab ist ein chimärer (humaner und muriner Anteil) monoklonaler Antikörper, der die Bindung von IL-2 an die a -Kette des = Blockierung). IL-2-Rezeptors blockiert. ( = zytotoxische T-Zelle TCR = T-Zellrezeptor NK = natürliche Killerzelle TC TH MØ = Makrophage TA = aktivierte T-Zelle = T-Helferzelle
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22.2.2 Immunantwort gegen Alloantigene
Erkennungsphase
Erkennungsphase
Im Rahmen der Erkennungs- oder afferenten Phase der Immunreaktion werden die inkompatiblen löslichen Alloantigene von Makrophagen des Empfängers oder durch mit dem Transplantat übertragene Zellen des Spenders aufgenommen, bilden einen Antigen-Antikörper-Komplex auf der Zellmembran, gelangen auf dem Lymph- oder Blutwege ins lymphatische Gewebe und aktivieren dort als Antigen präsentierende Zellen T- und B-Lymphozyten, die spezifische Rezeptoren für die fremden Antigene besitzen. Die Klasse-II-Antigen tragenden Zellen des Spenders aktivieren direkt die Lymphozyten des Empfängers, sie repräsentieren ihr Antigen selbst.
Während der Erkennungs- oder afferenten Phase der Immunreaktion gelangen inkompatible Transplantationsantigene auf dem Lymph- oder Blutwege ins lymphatische Gewebe und aktivieren dort T- und B-Zellen, die spezifische Rezeptoren für die fremden Antigene besitzen.
Proliferationsphase
Proliferationsphase
Sie wird auch als zentrale Phase der Immunreaktion bezeichnet; es finden vielfältige Aktivierungs-, Proliferations- und Differenzierungsprozesse statt. Durch komplexe Interaktionen verschiedener antigenaktivierter Lymphozytengruppen (T-Helferzellen, zytotoxische T-Zellen, T-Suppressorzellen) kommt es zur Bildung von T-Effektorzellen. Aktivierte T-Helferzellen beeinflussen weitere Lymphozytenpopulationen, so die B-Lymphozyten, welche die Vorläufer Antigen produzierender Plasmazellen sind.
Während der Proliferations- oder auch zentralen Phase der Immunreaktion finden vielfältige Aktivierungs-, Proliferations- und Differenzierungsprozesse statt, es kommt zur Bildung von T-Effektorzellen und Antikörper bildenden Plasmazellen.
Zerstörungsphase
Zerstörungsphase
Während der Zerstörungs- oder auch efferenten Phase kommt es zur Destruktion des Transplantats durch die vorwiegend zellulär vermittelten Reaktionen.
Während der Zerstörungs- oder efferenten Phase kommt es durch T-Zellvermittlung zur Zerstörung des Transplantats.
Zelluläre Immunantwort
Zelluläre Immunantwort
Aktivierte T-Lymphozyten können über direkte zytolytische Wirkung das Transplantat schädigen. Außerdem vermögen sie, durch Freisetzung von Lymphokinen (insbesondere Interleukin II) nicht sensibilisierte Lymphozyten zu aktivieren oder durch Expression von löslichen Faktoren wie g-Interferon und chemotaktische Mediatorsubstanzen andere Entzündungszellen wie Makrophagen/Monozyten und Granulozyten so zu modulieren, dass auch sie im Sinne einer verzögerten Reaktion zur Transplantatrejektion beitragen.
Aktivierte T-Lymphozyten schädigen über zytolytische Wirkung das Transplantat direkt. Durch Freisetzung von Lymphokinen (insbesondere Interleukin II) aktivieren sie nicht sensibilisierte Lymphozyten; Expression von g -Interferon führt zur Aktivierung von Makrophagen und Monozyten, die ebenfalls zur Rejektion beitragen.
Humorale Immunantwort
Humorale Immunantwort
Sensibilisierte B-Lymphozyten reifen zu Plasmazellen heran, die antigenspezifische Antikörper (Immunglobuline) produzieren. Unter Komplementaktivierung, nach Bindung an die Transplantatzellen, wirken diese Antikörper direkt zytolytisch. Eine indirekte zytotoxische Wirkung üben die Antikörper auf die Transplantatzellen über Bindung an Killerlymphozyten (NK-Zellen) oder an Makrophagen. Dieser Vorgang wird als antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität bezeichnet.
Sensibilisierte B-Lymphozyten reifen zu AK (Immunglobuline) produzierenden Plasmazellen heran. Unter Komplementaktivierung, nach Bindung an Transplantatzellen, wirken diese AK direkt zytolytisch sowie indirekt zytotoxisch nach Bindung an Killerlymphozyten oder Makrophagen (= antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität).
Unspezifische Entzündungsreaktion
Unspezifische Entzündungsreaktion
Ins Transplantat eingewanderte Makrophagen, Monozyten und Granulozyten schädigen dieses im Rahmen einer unspezifischen Entzündungsreaktion und führen zu erhöhter Gefäßpermeabilität. Endothelzellen setzen nicht immunologische Faktoren wie proteolytische Enzyme und vasoaktive Substanzen frei, die über Vasospasmus und lokal gesteigerte Gerinnung zu Thrombosierungen kleiner und mittlerer Transplantatgefäße führen mit der Folge des Transplantatfunktionsverlustes. Nach Ende dieser Effektorphase werden T-Lymphozyten aktiviert, welche die immunologischen Vorgänge wieder unterdrücken durch sog. T-Suppressorzellen. Dieser Vorgang wird als Downregulation bezeichnet. Im Transplantatempfänger verbliebene sensibilisierte Lymphozyten funktionieren als Gedächtniszellen (memory-cells).
Ins Transplantat eingewanderte Makrophagen, Monozyten und Granulozyten führen zu einer unspezifischen Entzündungsreaktion. Vasospasmus und lokale Gerinnung führen zur Thrombosierung kleiner und mittlerer Gefäße und zum Transplantatfunktionsverlust. Nach Ende dieser Effektorphase werden die immunologischen Vorgänge durch T-Suppressorzellen unterdrückt (Downregulation). Im Transplantat verbliebene sensibilisierte Lymphozyten funktionieren als Gedächtniszellen (memory-cells).
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22 Transplantation
22.2.3
Arten der Transplantatabstoßung Immunsuppressive Therapie vermag Abstoßungsreaktionen meist erfolgreich zu kontrollieren. Klinisch lassen sich verschiedene Rejektionsformen unterscheiden.
22.2.3
Arten der Transplantatabstoßung
Mit immunsuppressiver Therapie lässt sich bei vielen Patienten eine Abstoßungsreaktion meist erfolgreich kontrollieren. Kommt es trotz Immunsuppression zu Rejektionen, sind klinisch verschiedene Formen zu unterscheiden.
Hyperakute Abstoßung
Hyperakute Abstoßung
Sie stellt im Wesentlichen die Rejektion nach xenogener Transplantation dar. Bei Allotransplantation ist sie selten. Ursächlich kommen präformierte Antikörper nach früherer Sensibilisierung durch Vortransplantation, Schwangerschaft oder Bluttransfusion in Betracht. Klinisch tritt die hyperakute Rejektion meist noch während der Operation ein. Durch intravasale Gerinnung ist das Organ irreversibel in seiner Funktion zerstört.
Sie stellt im Wesentlichen die Rejektionsform nach xenogener Transplantation dar (Transplantation zwischen Individuen verschiedener Spezies, z.B. Schwein/Mensch). Bei der allogenen Transplantation ist die hyperakute Abstoßung selten. Ursächlich kommen präformierte (zytotoxische) natürliche Antikörper in Betracht. Sie entstehen infolge früherer Sensibilisierung durch Transplantationen, aber auch nach Schwangerschaften oder Bluttransfusionen. Klinisch tritt die hyperakute Rejektion meist noch während der Operation ein, und zwar sofort nach Eröffnung der Gefäßanastomosen. Durch intravasale Gerinnung bis zur vollständigen Thrombosierung aller Gefäße ist das Organ irreversibel in seiner Funktion zerstört und muss wieder entfernt werden.
Akute Abstoßung
Akute Abstoßung
Die akute Abstoßung ist die häufigste Form der Rejektion. Sie ist überwiegend T-Zell-vermittelt. Klinische Zeichen: Schwellung des Transplantats, Schmerzhaftigkeit des Transplantatbetts, Fieber, Funktionsverschlechterung.
Sie ist überwiegend T-Zell-vermittelt und stellt in den ersten Monaten nach Transplantation die häufigste Form der Rejektionen dar. Typische klinische Zeichen sind Schwellung des Transplantats, Schmerzhaftigkeit des Transplantatbetts, Fieber und Funktionsverschlechterung. Die akute Abstoßungsreaktion ist in der Regel durch erhöhte Immunsuppression (s. Abstoßungstherapie) gut beherrschbar.
Chronische Abstoßung
Chronische Abstoßung
Fortgesetzte zelluläre und humorale Abstoßungsmechanismen führen zur Gefäßobliteration, zu Fibrose des Parenchyms und langsam progredienter Funktionseinschränkung des Transplantats.
Sie ist im Gegensatz zur akuten Rejektion fast nicht therapierbar und gestaltet sich so zum wichtigsten Langzeitproblem aller Transplantatempfänger. Fortgesetzte zelluläre und humorale Abstoßungsmechanismen führen zur Gefäßobliteration, zu Fibrose des Parenchyms und langsam progredienter Funktionseinschränkung des Transplantats.
Akute humorale Abstoßung
Akute humorale Abstoßung
Sie ist antikörpervermittelt und wird durch B-Zellaktivierung ausgelöst; sie verläuft meist rasch und ist häufig therapierefraktär.
Sie wird durch B-Zellaktivierung ausgelöst, die über Antikörper produzierende Plasmazellen unter Komplementaktivierung die Transplantatzellen zerstören. Die humorale Rejektion verläuft meist sehr rasch und ist häufig therapierefraktär.
Reverse Transplantatreaktion (GVH)
Reverse Transplantationsreaktion (GVH)
Die Graft-versus-Host-Reaktion wird durch übertragene Knochenmarkstammzellen ausgelöst, die gegen Gewebe des Empfängers reagieren. Bei Therapieresistenz führt diese immunologische Reaktion zum Tode.
Das Immunsystem des Empfängers reagiert gegen das Allotransplantat mit einer Abstoßungsreaktion (host versus graft). Bei der allogenen Knochenmarktransplantation dagegen können übertragene Knochenmarkstammzellen gegen Gewebe des Empfängers reagieren und das Bild der Graft-versusHost-Reaktion induzieren mit Schädigung vieler Organe. Diese immunologische Reaktion führt bei Therapieresistenz unter dem Bild des »Wasting-Syndroms« (Spleno- und Hepatomegalie, entzündlich degenerative Hauterkrankungen, Haarausfall, Kachexie) zum Tode.
22.2.4
22.2.4
Immunsuppression
Jedes transplantierte Organ unterliegt einer Abstoßungsreaktion. Sie ist am stärksten bei der Knochenmarktransplantation, am schwächsten bei der Lebertransplantation.
Immunsuppression
Jedes transplantierte Organ unterliegt einer Abstoßungsreaktion. Sie ist je nach Organ unterschiedlich heftig ausgeprägt, am stärksten bei der Knochenmarktransplantation, weniger stark bei Nieren-, Pankreas-, Herz- und Lungen-, am schwächsten bei der Lebertransplantation.
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22.2.4 Immunsuppression Zum Erhalt des transplantierten Organs ist eine immunsuppressive Therapie notwendig, um die Immunantwort des Empfängers gegen die Transplantationsantigene des Spenderorgans dauerhaft zu unterdrücken. Grundsätzlich wird zwischen einer Basisimmunsuppression (Induktions- und Erhaltungstherapie) und einer Antirejektionstherapie (Behandlung der Abstoßungskrise) unterschieden.
Zum Erhalt des transplantierten Organs ist eine immunsuppressive Dauertherapie notwendig. Man unterscheidet eine Basisimmunsuppression und eine Antirejektionstherapie.
Induktionstherapie
Induktionstherapie
Sie ist die (relativ hoch dosierte) immunsuppressive Behandlung der perioperativen Phase, erstreckt sich auf die ersten etwa 6 postoperativen Wochen und wird entsprechend zentrumseigenem Behandlungsplan oder nach empfänger- und transplantatspezifischen Risikofaktoren häufig als 4oder 3-Medikamententherapie (Quadrupel- oder Tripeltherapie) durchgeführt.
Sie ist die (relativ hoch dosierte) immunsuppressive Behandlung während der ersten etwa 6 postoperativen Wochen. Es wird häufig eine Quadrupel- oder Tripeltherapie durchgeführt.
Erhaltungstherapie Die Immunsuppression der perioperativen Phase wird schrittweise reduziert bis hin zur Erhaltungstherapie. Diese ist die mit verminderter Dosis der jeweiligen Pharmaka durchgeführte immunsuppressive Dauertherapie, die ab etwa dem 6. bis 12. Monat nach Transplantation angepasst an die individuelle Risikosituation des betreffenden Organempfängers durchgeführt wird. Überwiegend kommt eine 2-Medikamentenbehandlung (Dualtherapie) zur Anwendung. In vielen Zentren ist heute eine Tripeltherapie üblich (jedes einzelne Immunsuppressivum kann in niedrigerer Dosis verabreicht werden als bei 2fach- oder Monotherapie), um die medikamenteninduzierten Nebenwirkungen zu mindern. Eine Monotherapie (nur Ciclosporin) kommt nach allgemeiner Erfahrung nur für bestimmte Organempfänger (Diabetiker, Kinder, Patienten mit erhöhter Infektneigung, Osteoporose) in Betracht und sollte möglichst nicht vor dem 2. Jahr nach Transplantation eingesetzt werden. n Merke. Die Applikation nur eines Medikaments wie auch der Beginn einer Monotherapie vor Ablauf von 2 Jahren nach Transplantation erhöhen stets die Gefahr von Abstoßungsreaktionen.
Therapie der Abstoßungsreaktionen Je nach Schweregrad der Abstoßung (leichte bis mittelgradige) bleibt die Basisimmunsuppression unverändert beibehalten, zusätzlich werden an 3–5 Tagen erhöhte Steroidgaben verabreicht (250–500 mg, selten 1000 mg). Bei Therapieresistenz bzw. bei schweren Rejektionskrisen kommen polyklonale Antikörper gegen Lymphozyten (ATG = Anti-T-Zell-Globuline oder ALG = Antilymphozytenglobuline) zum Einsatz. Sie werden durch wiederholte Immunisierung verschiedener Tierspezies (Kaninchen, Pferd, Ziege) mit humanen Lymphozyten gewonnen (s. 1 B-22.5, 2 B-22.3). In vielen Transplantationszentren sind heute die polyklonalen Antikörper durch monoklonale abgelöst worden. Im Gegensatz zu den polyklonalen, die auch Granulozyten und Thrombozyten lysieren, ist es den monoklonalen Antikörpern möglich, selektiv nur diejenigen Lymphozyten zu blockieren, die an der Abstoßung beteiligt sind. Der bekannteste monoklonale (murine) Antikörper ist das OKT3. An Nebenwirkungen durch poly- oder monoklonale Antikörper werden Fieber, Urtikaria, Arthralgien, gastrointestinale Beschwerden, Myelo- und Thrombopenien beobachtet, beim OKT3 auch gelegentlich schwere pulmonale Insuffizienz. Nach allen Abstoßungstherapien erhöht sich für den Transplantatempfänger ganz erheblich das Infektionsrisiko, insbesondere für virale Infektionen.
Erhaltungstherapie Sie ist die mit verminderter Dosis durchgeführte immunsuppressive Dauertherapie, die etwa ab dem 6.–12. Monat nach Transplantation durchgeführt wird. Sie wird der individuellen Risikosituation des Empfängers angepasst (überwiegend Dual- oder Tripeltherapie). Eine Monotherapie (Ciclosporin) kommt nur für bestimmte wenige Organempfänger in Betracht.
Merke
Therapie der Abstoßungsreaktionen Bei leichten bis mittelgradigen Abstoßungsreaktionen wird zusätzlich zur Basisimmunsuppression eine Steroidbolusbehandlung (250–500 mg) an 3–5 Tagen durchgeführt. Bei Therapieresistenz oder schweren Rejektionskrisen kommen polyklonale Antikörper (Anti-T-Zell- oder Antilymphozytenglobuline) zum Einsatz (s. 1 B-22.5, 2 B-22.3). Monoklonale Antikörper blockieren selektiv nur diejenigen Lymphozyten, die an der Abstoßung beteiligt sind. Der bekannteste monoklonale (murine) Antikörper ist das OKT3. An Nebenwirkungen werden Fieber, Urtikaria, Arthralgien, Myelo- und Thrombopenien, beim OKT3 gelegentlich auch pulmonale Insuffizienz beobachtet. Nach Abstoßungstherapie erhöht sich für den Transplantatempfänger das Infektionsrisiko.
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2 B-22.3
22 Transplantation
Immunsuppressive Therapie (Beispiele), Transplantatfunktionsdiagnostik und Überlebensraten
Induktionstherapie (3–6 Wochen post TX)
Erhaltungstherapie (ab etwa 6–12 Monate post TX)
N CSA-Monotherapie n 8–12 mg/kg KG/Tag (nach Blutspiegel)
N CSA-Monotherapie n 2–6 mg/kg KG/Tag (nach Blutspiegel)
N TAC-Monotherapie n 0,075–0,15 mg/kg KG/Tag (nach Blutspiegel)
N TAC-Monotherapie n 2–10 mg/Tag (nach Blutspiegel)
N Dualtherapie n CSA (nach Blutspiegel) und Steroide oder TAC (nach Blutspiegel) und Steroide oder TAC bzw. CSA (jeweils nach Blutspiegel) und Mycophenolatmofetil (MMF)
N Dualtherapie n wie Induktionstherapie, jeweils adaptiert an klinische, hämatologische oder organspezifische Parameter bzw. toxische Nebenwirkungen
N Tripeltherapie n CSA bzw. TAC (jeweils nach Blutspiegel) Azathioprin 1–2 mg/kg KG/Tag oder MMF 1–2g/Tag Steroide 1–2 mg/kg KG/Tag beginnend, tgl. Reduktion bis zur Erhaltungsdosis in etwa 4 Wochen
N Tripeltherapie n als Erhaltungstherapie wegen erhöhter Inzidenz an Nebenwirkungen selten angebracht
N Quadrupeltherapie n CSA 5–8 mg/kg KG/Tag oder TAC 0,075–0,15 mg/kg KG/Tag Azathioprin 1–2 mg/kg KG/Tag oder MMF 1–2 g/Tag Steroide 1–2 mg/kg KG/Tag ATG/ALG bis T-Zellelimination bzw. 7–10 Tage oder OKT3 für 7–10 Tage oder Basiliximab (Simulect) je 20 mg an Tag 0 und Tag 4 post TX
CSA TAC MMF ATG ALG OKT3 TX
= = = = = = =
Ciclosporin A Tacrolimus Mycophenolatmofetil Anti-T-Zell-Globuline Antilymphozytenglobuline monoklonaler (muriner) Antikörper Transplantation
Abstoßungstherapie
Transplantatüberlebensraten
N 1. Abstoßungsreaktion n 250–500 mg (selten 1 g) i.v. Steroide über 3–5 Tage
Nieren
Leber
N 1. Jahr n 85–92 %
N 1. Jahr n 80–85 % bei elektiver TX, 40–50 % bei Notfall-TX
N 5. Jahr n 65–70 %
N 5. Jahr n 65–70 % bei bestimmten Indikationen (z.B. PBC)
N 10. Jahr n ca. 40 %
N 10. Jahr n ca. 40 %
N 2. Abstoßungsreaktion n ATG/ALG oder OKT3 über 7–10 Tage N 3. Abstoßungsreaktion n Wiederholung der ATG/ALG- bzw. OKT3-Gaben bzw. Wiederholung der Steroidbolustherapie
Transplantatfunktionsdiagnostik Nieren π
nicht invasiv
Leber π
invasiv
π
nicht invasiv
N Leberenzyme (SGOT, SGPT) n
N Duplexsonographie n
N Feinnadeln aspirationszytologie
N Urinzytologie n
N Biopsie n
N Bilirubin n
N Sonographie n
N Retentionswerte n (Harnstoff, Kreatinin) N Kreatinin-Clearance n
N cholestaseanzeigende n Enzyme (AP, g -GT)
π
invasiv
N Feinnadeln aspirationszytologie N Biopsie n
N Gerinnungsanalyse n N Gallezytologie n N Blastenmonitoring n (quantitativ aktivierte Lymphozyten und Lymphoblasten)
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22.2.4 Immunsuppression
Immunsuppressive Medikamente
Immunsuppressive Medikamente
Mit dem Einsatz von Azathioprin (Imurek) begann 1959 die Ära der pharmakologischen Immunsuppression. Durch die Kombinationstherapie mit Kortikosteroiden ab etwa 1960 und die Entdeckung der Histokompatibilitätsantigene gewann die allogene Organtransplantation zunehmend an klinischer Bedeutung. Ihren weltweiten Durchbruch erfuhr sie, nachdem 1978 Ciclosporin als erstes relativ selektives Immunsuppressivum klinisch eingesetzt werden konnte. Die wichtigsten immunsuppressiven Medikamente sind: π Steroide π Azathioprin π Mycophenolatmofetil π Ciclosporin π Tacrolimus π polyklonale AK (ALG/ATG) π monoklonale AK (OKT3, Basiliximab).
Azathioprin eröffnete 1959 die Ära der pharmakologischen Immunsuppression. Klinische Bedeutung erfuhr die Organtransplantation erst durch die Kombinationstherapie mit Kortikosteroiden. Weltweiter Durchbruch gelang 1978 mit dem Einsatz von Ciclosporin.
Steroide
Steroide
Wirkmechanismus. Neben allgemein antiinflammatorischer Wirkung
Wirkmechanismus. Allgemein antiinflammatorisch, Hemmung der Interleukin-I- und -II-Freisetzung sowie Unterdrückung der Antikörperproduktion der B-Zellen. Dosierung. 2–4 mg/kg KG/Tag in der Induktionsphase, etwa 0,1 mg/kg KG/Tag während der Erhaltungstherapie. Nebenwirkungen. Diabetes mellitus, Hypertonus, Osteoporose, peptische Ulzera, u.a.
hemmen sie die Interleukin-I- und -II-Freisetzung; außerdem unterdrücken sie die Antikörperproduktion der B-Zellen.
Dosierung. Üblicherweise 2–4 mg/kg KG/Tag in der Induktionsphase, danach rasche Reduzierung auf etwa 0,1 mg/kg KG/Tag während der Erhaltungstherapie.
Nebenwirkungen. Diabetes mellitus, Hypertonus, Osteoporose, Katarakt, aseptische Knochennekrosen (besonders Femur- und Humeruskopfnekrosen), peptische Ulzera, Pankreatitis, Muskeldystrophie, Hyperlipidämie, Stimmungslabilität bis hin zu Depressionen.
Die wichtigsten immunsuppressiven Medikamente sind: π Steroide π Azathioprin π Mycophenolatmofetil π Ciclosporin π Tacrolimus π polyklonale AK (ALG/ATG) π monoklonale AK (OKT3, Basiliximab).
Azathioprin
Azathioprin
Wirkmechanismus. Das Nitroimidazolderivat des 6-Mercaptopurins greift auf verschiedenen Ebenen in die DNA- und RNA-Synthese ein, sodass die antigeninduzierte Proliferation von T- und B-Lymphozyten vermindert wird.
Wirkmechanismus. Es greift in die DNA- und RNA-Synthese ein und vermindert auf diese Weise die antigeninduzierte Proliferation von T- und B-Lymphozyten. Dosierung. Initial etwa 2–3 mg/kg KG/Tag, danach angepasst an die hämatologische Toleranz etwa 1 mg/kg KG. Nebenwirkungen. In bis zu 10 % Myelosuppression, selten Panzytopenie; in der Langzeitbehandlung gelegentlich Hepatitis und Pankreatitis.
Dosierung. Etwa 2–3 mg/kg KG/Tag in der Initialphase, danach Reduzierung auf etwa 1 mg/kg KG. Die Dosierung sollte streng der hämatologischen Toleranz angepasst sein.
Nebenwirkungen. In bis zu 10 % treten schwere Myelosuppressionen auf, eine Panzytopenie ist selten (Cave: gleichzeitige Therapie mit Allopurinol). Ernste Komplikationen in der Langzeitbehandlung stellen gelegentlich eine Hepatitis und Pankreatitis dar.
Mycophenolatmofetil (MMF)
Mycophenolatmofetil (MMF)
Wirkmechanismus. Metabolisiert zur immunsuppressiv wirksamen Myco-
Wirkmechanismus. Die De-novoSynthese von Guanosinnukleotiden wird gemindert und auf diese Weise die Proliferation von aktivierten T- und B-Lymphozyten gehemmt.
Dosierung. 1–3 g/Tag, verteilt auf 2 Einzeldosen in der Initialphase. Die Erhaltungsdosierung richtet sich streng nach der Leukopoese und den intestinalen Nebenwirkungen.
Dosierung. Initial etwa 1–3 g/Tag verteilt auf 2 Einzeldosen.
Nebenwirkungen. Knochenmarkdepression mit führender Myelosuppres-
Nebenwirkungen. Myelosuppression, selten Agranulozytose. Sehr häufig Gastroenteritis mit massiven Diarrhöen.
phenolsäure, die die Inosinmonophosphat-Dehydrogenase reversibel inhibiert und somit die De-novo-Synthese von Guanosinnukleotiden vermindert. Auf diese Weise wird die Proliferation von aktivierten T- und B-Lymphozyten gehemmt.
sion bis zur Agranulozytose. Gastroenteritis mit massiven Diarrhöen limitieren oft die Anwendung. Seltene Nebenwirkungen sind Hyperlipidämie, Hyper- oder Hypokaliämie, Hypophosphatämie, Hämaturie, Albuminurie,
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22 Transplantation Hypertonie, Parästhesien, Tremor, Depression; sehr selten, aber schwerwiegend, Asthma und Lungenfibrose sowie orthostatische Hypotonie.
Ciclosporin A (CSA)
Ciclosporin A (CSA)
Wirkmechanismus. Hauptsächlich Blockade der Interleukin-II-Synthese in aktivierten T-Lymphozyten.
Wirkmechanismus. Die Blockade der Interleukin-II-Synthese in aktivierten
Dosierung. Sie richtet sich nach Blutspiegelhöhe, ist je nach transplantiertem Organ und Zeitabstand von der Transplantation unterschiedlich hoch.
Dosierung. Sie richtet sich nach Blutspiegelhöhe, ist je nach transplantier-
Nebenwirkungen. Allgemeine: Ödeme, Hochdruck, Hirsutismus, Gingivahyperplasie, Hyperkaliämie, Hyperurikämie, Hyperlipoproteinämie.
Nebenwirkungen. Sie lassen sich in allgemeine und organspezifische tren-
Organspezifische: Neurotoxizität und Hepatotoxizität. Die gravierendste Nebenwirkung ist die Nephrotoxizität, u.U. bis hin zur terminalen Niereninsuffizienz. Tacrolimus (TAC)
T-Lymphozyten ist nach heutiger Kenntnis der wichtigste Effekt. CSA wird zu ca. 98 % in der Leber metabolisiert, die Ausscheidung erfolgt über die Galle.
tem Organ und Zeitabstand von der Transplantation unterschiedlich hoch und außerdem von Laborbestimmungsmethoden abhängig. Interaktionen mit anderen Pharmaka bzw. Konkurrenz am biliären Ausscheidungsort bewirken CSA-Spiegelerhöhungen oder -senkungen.
nen. Allgemeine: Ödemneigung, Hochdruck, Hirsutismus, Gingivahyperplasie und Gingivitis, Hyperkaliämie, Hyperurikämie, Hyperlipoproteinämie. Organspezifische: Neurotoxizität (Tremor, Parästhesien, hirnorganische Krampfanfälle), Hepatotoxizität (Cholestase), Nephrotoxizität (sie ist die gravierendste Nebenwirkung des CSA und kann neben Retention harnpflichtiger Substanzen bis hin zur terminalen Niereninsuffizienz führen).
Tacrolimus (TAC) Bei diesem Immunsuppressivum handelt es sich um ein hydrophobes Makrolidantibiotikum; es ist seit 1989 im klinischen Einsatz.
Wirkmechanismus. Er ist dem des CSA sehr ähnlich; die Sekretion von Interleukin II sowie die Interleukin-II-Rezeptorexpression werden inhibiert.
Wirkmechanismus. Er ist dem des CSA sehr ähnlich. Die Sekretion von
Dosierung. Auch sie richtet sich – wie beim CSA – nach Blutspiegelhöhe.
Dosierung. Auch sie richtet sich – wie beim CSA – nach Blutspiegeln, wobei
Nebenwirkungen. Sie sind denen des CSA vergleichbar, ohne Hirsutismus und Gingivahyperplasie. Neben einer ausgeprägteren Nephro- und Neurotoxizität kommt jedoch noch ein hoher diabetogener Effekt hinzu.
Nebenwirkungen. Sie sind denen des CSA vergleichbar, Hirsutismus und
22.2.5
Überwachung der Abstoßungsreaktionen Organempfänger bedürfen einer engmaschigen Überwachung (zur Funktionsdiagnostik s. a. 2 B-22.3).
22.2.5
Präoperative Phase
Präoperative Phase
Blutgruppenbestimmung, HLA-Typisierung, Nachweis präformierter Antikörper, Virusdiagnostik. Ein negativer Crossmatch ist für Nieren- und Pankreasempfänger unabdingbar.
Blutgruppenbestimmung, HLA-Typisierung, Nachweis präformierter Antikörper und Virusdiagnostik (Hepatitis-B- und -C-Virus, HIV, Viren der Herpesgruppe) sind für alle Transplantatempfänger und Spender notwendige Voraussetzungen. Ein negativer Crossmatch ist für Nieren- und Pankreasempfänger unabdingbar.
Cytokinen (vorwiegend Interleukin II) und die Interleukin-II-Rezeptorexpression werden selektiv inhibiert. Ähnlich wie CSA wird TAC über Cytochrom P 450 metabolisiert. Aus diesem Grund führen Pharmaka zu Absenkungen oder Erhöhungen der TAC-Blutspiegel.
der initiale und auch Erhaltungsbereich noch nicht endgültig definiert ist (10–15 ng/ml initial bzw. 5–10 ng/ml ab ca. 3. Monat nach Transplantation). Initiale Einstiegsdosen sind 0,075–0,15 mg/kg KG.
Gingivahyperplasie bleiben aus. Hinzu kommt ein häufig auftretender generalisierter Pruritus. Blutkonzentrationen über 20 ng/ml sind mit einer (im Vergleich zu CSA) ausgeprägteren Nephro- und Neurotoxizität (besonders Tremor) assoziiert. TAC hat einen dosis- und prädispositionsunabhängigen diabetogenen Effekt, dagegen scheint es keinen wesentlichen Einfluss auf die Cholesterinsynthese auszuüben.
Überwachung der Abstoßungsreaktionen
Organempfänger bedürfen einer engmaschigen Überwachung. Je nach zeitlicher Phase sind unterschiedliche Diagnostiken notwendig (zur Transplantatfunktionsdiagnostik siehe auch 2 B-22.3).
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22.3.1 Maschinelle Nierenersatzbehandlung
Perioperative Phase
Perioperative Phase
Außer laborchemischen Überwachungsmethoden stehen sichere immunologische Diagnostiken noch nicht zur Vefügung.
Laborchemische Überwachung.
Postoperative Phase
Postoperative Phase
Neben organspezifischen serologischen Untersuchungen werden nicht invasive diagnostische Möglichkeiten wie Sonographie, Duplexsonographie, nuklearmedizinische Untersuchungen und zytologische Beurteilungen, z.B. aus Urin oder Galle genutzt. Die invasive Diagnostik (Aspirationszytologie oder Stanzbiopsie) hat in der postoperativen Abstoßungsreaktionsüberwachung den größten Stellenwert im Hinblick auf Früherkennung, Einteilung, Verlauf, Therapieeffekt und Differenzialdiagnosen.
Neben organspezifischen serologischen werden nicht invasive Untersuchungen wie Sonographie, Duplexsonographie eingesetzt. Die invasive Diagnostik (Aspirationszytologie oder Stanzbiopsie) hat den größten Stellenwert.
22.2.6
Differenzialdiagnosen
Die häufigste Ursache einer Transplantatfunktionsverschlechterung in den ersten 4 Wochen ist die Abstoßungsreaktion. Vor Beginn einer Antirejektionstherapie sollten andere Ursachen, soweit überhaupt und sofern zeitlich möglich (nach kritischer Würdigung des Zustands des Patienten und der Funktionsbeeinträchtigung des transplantierten Organs), ausgeschlossen sein, da teilweise diametral unterschiedliche Behandlungen erforderlich sind. Differenzialdiagnostisch kommen neben den verschiedenen Formen der Abstoßungsreaktionen Konservierungs- bzw. Ischämieschäden, operativtechnische Komplikationen, virale, bakterielle oder fungale Infektionen und Medikamententoxizität in Betracht.
22.3
Nierentransplantation
22.2.6
Differenzialdiagnosen
Die häufigste Ursache einer Transplantatfunktionsverschlechterung in den ersten 4 Wochen ist die Abstoßungsreaktion. Differenzialdiagnostisch kommen neben verschiedenen Formen der Abstoßungsreaktionen Konservierungs- bzw. Ischämieschäden, operativ-technische Komplikationen, virale, bakterielle oder fungale Infektionen und Medikamententoxizität in Betracht.
22.3
Nierentransplantation
Heike Kraemer-Hansen 22.3.1
Maschinelle Nierenersatzbehandlung
Jede terminale chronische Niereninsuffizienz erfordert eine Nierenersatzbehandlung. In den letzten 40 Jahren wurden moderne Blutreinigungsverfahren entwickelt, die teilweise die exkretorischen Funktionen der Niere ersetzen. Alle Blutreinigungsverfahren haben das Ziel, Stoffe, die normalerweise über die Nieren ausgeschieden werden, dauernd unterhalb toxischer Grenzen zu halten. Es werden überwiegend Membranverfahren wie Hämodialyse (ca. 90 %) und Hämofiltration (ca. 5 %) eingesetzt. Der Dialysator dient als Filter und selektiert die Stoffe je nach deren Molekulargewicht bzw. nach Membranporengröße.
Hämodialyse n Definition. Bei der Hämodialyse findet der Austausch harnpflichtiger Substanzen über semipermeable Dialysatormembranen statt, die das Patientenblut vom Dialysat trennen. Treibende Kraft ist der Konzentrationsgradient zwischen den Flüssigkeiten.
Blut und Dialysat werden im Gegenstrom geführt. Die Stoffe diffundieren passiv von der Flüssigkeit mit hoher zu der mit niedriger Konzentration. Auf diese Weise werden Urämietoxine aus dem Blut entfernt und ein Elektrolytund Säure-Basen-Ausgleich zwischen Blut und Dialysat erreicht.
22.3.1
Maschinelle Nierenersatzbehandlung Hämodialyse und Hämofiltration sind maschinelle Blutreinigungsverfahren, die teilweise die exkretorischen Funktionen der Niere ersetzen.
Hämodialyse Definition
Im Gegenstromverfahren diffundieren die Stoffe passiv durch die Dialysatormembran; es werden so Urämietoxine aus dem Blut entfernt und ein Elektrolyt- und Säure-Basen-Ausgleich erreicht.
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790 Hämofiltration Definition
22 Transplantation
Hämofiltration n Definition. Bei der Hämofiltration werden die harnpflichtigen Stoffe ausschließlich durch Konvektion aus dem Blut eliminiert. Die Strömung wird durch Druck hervorgerufen.
Bei der Hämofiltration erfolgt der Stoffaustausch durch Konvektion. Das entweder durch Überdruck auf der Blutseite oder Unterdruck auf der Filtratseite abgepresste Filtrat wird durch sterile Elektrolytlösung ersetzt. Voraussetzung für eine chronisch intermittierende Hämodialysebehandlung ist ein permanenter Gefäßzugang. Bewährt hat sich die arteriovenöse Fistel nach Brescia-Cimino (s. Kap. B-24.1.12).
Der Druckgradient kann durch Überdruck auf der Blutseite oder Unterdruck auf der Filtratseite des Dialysators erzeugt werden. Das abgepresste Filtrat wird durch sterile Elektrolytlösung ersetzt (50–70 l Substitutionslösung/ Behandlung). Voraussetzung für eine mehrjährige chronisch intermittierende Dialysebehandlung ist ein gut funktionierender permanenter Gefäßzugang. Am besten bewährt hat sich die interne arteriovenöse Fistel nach BresciaCimino (s. Kap. B-24.1.12). Die 5-Jahres-Überlebensrate in chronischer Dialysebehandlung liegt für 50-jährige Patienten ohne diabetische Nephropathie bei ca. 70 %.
22.3.2 Peritonealdialyse
22.3.2
Zum Stoffaustausch dient das Peritoneum. Die harnpflichtigen Stoffe diffundieren in die Dialysatflüssigkeit.
Im Gegensatz zur Hämodialyse wird zum Stoffaustausch das Bauchfell als natürliche Membran verwandt. Die Elimination harnpflichtiger Stoffe folgt den Gesetzmäßigkeiten der Diffusion. Zur Flüssigkeitsentfernung muss ein osmotischer Gradient gebildet werden. Als Trägersubstanz eignet sich Glukose. Für die chronische Behandlung werden vornehmlich (Tenckhoff-)Katheter aus Silikonkautschuk über eine subkutane Tunnelführung durch die Bauchhaut dauerhaft in der Bauchhöhle implantiert. Es gibt verschiedene Verfahren der Peritonealdialyse (PD): π IPD = intermittierende PD (hohe Spüllösungsmengen) π CAPD = kontinuierliche ambulante PD (ständig im abdominellen Cavum verbleibende Spüllösung, die mehrfach täglich gegen frisches Dialysat ausgetauscht wird) π CCPD = kontinuierliche zyklische PD (modifizierte CAPD, z.B. nur nächtlicher Austausch). Peritonealverfahren sind geeignet für Kinder, Diabetiker und Patienten höheren Lebensalters. Die schwerwiegendste Komplikation stellt die Peritonitis dar. Die technische Überlebensrate für CAPD nach 3 Jahren liegt bei etwa 60–70 %.
Zur chronischen Behandlung wird ein Katheter dauerhaft in der Bauchhöhle implantiert. Verschiedene Verfahren der Peritonealdialyse (PD): π IPD = intermittierende PD π CAPD = kontinuierliche ambulante PD π CCPD = kontinuierliche zyklische PD. Geeignet ist das Peritonealverfahren für Kinder, Diabetiker und Patienten höheren Lebensalters. Die schwerwiegendste Komplikation stellt die Peritonitis dar.
Peritonealdialyse
Nierentransplantation (NTX)
22.3.3 Nierentransplantation (NTX)
22.3.3
Die 1. erfolgreiche NTX wurde 1954 zwischen eineiigen Zwillingen durchgeführt. Heute stellt die NTX ein anerkanntes Therapieverfahren dar.
Die 1. erfolgreiche Nierentransplantation wurde 1954 zwischen eineiigen Zwillingen durchgeführt. Seit etwa 1965 hat die Nierentransplantation eine zunehmende klinische Bedeutung erfahren. Sie stellt heute ein anerkanntes und wichtiges Therapieverfahren dar. In Deutschland wurden 1997 etwa 2300 Nierentransplantationen durchgeführt. Hämodialyse und Nierentransplantation gelten in der Therapie der terminalen chronischen Niereninsuffizienz nicht als konkurrierende, sondern als sich ergänzende Konzepte. Der potenzielle Nierentransplantatempfänger ist im chronisch intermittierenden Dialyseprogramm, und er kehrt nach Funktionsverlust des Transplantats erneut an die Dialyse zurück. Zwingende Indikationen oder Kontraindikationen für das eine oder gegen das andere Behandlungsverfahren sind die Ausnahme.
Indikation
Indikation
Nahezu jeder chronisch hämodialysierende Patient gilt als potenzieller Kandidat für eine Nierentransplantation.
Nahezu jeder Patient im chronisch intermittierenden Hämodialyseprogramm gilt heute als potenzieller Kandidat für eine Nierentransplantation, wobei die Indikation stets den individuellen Gegebenheiten angepasst sein muss.
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22.3.3 Nierentransplantation (NTX)
Indikation bei Erwachsenen
Indikation bei Erwachsenen
Neben allgemeinen Gründen für eine Nierentransplantation wie Unabhängigkeit von der Maschine und Verbesserung der Lebensqualität (Berufsfähigkeit, Berufsausbildung), stellen einige dringende medizinische Gründe wie Shuntprobleme, schwere renale Osteopathie, therapieresistente renale Anämie, Polyneuropathie und Suizidgefährdung die überwiegenden Indikationen zur Transplantation beim Erwachsenen dar.
Indikationen im Erwachsenenalter sind verbesserte Lebensqualität und dringende medizinische Gründe wie Shuntprobleme, renale Osteopathie, therapieresistente Anämie, Polyneuropathie und Suizidgefährdung.
Nierentransplantation bei Kindern
Nierentransplantation bei Kindern
Die Nierentransplantation hat bei Kindern eine besondere Priorität. Gegenüber der Dialysebehandlung bietet sie viele Vorteile. Die psychische, somatische und hormonelle Entwicklung nimmt nach erfolgreicher Transplantation einen günstigeren Verlauf. Insbesondere im Hinblick auf das Längenwachstum sollte der Zeitpunkt zur Nierentransplantation möglichst noch während der prädialytischen Phase liegen. Bei sinkendem Spenderorganangebot und der zeitlichen Planbarkeit hat deswegen bei Kindern die Nierenlebendspende durch Eltern eine hohe Bedeutung.
Sie hat eine vordringliche Indikation und sollte möglichst noch im prädialytischen Stadium erfolgen (bessere psychische, somatische und hormonelle Entwicklung sowie verbessertes Längenwachstum). Die Nierenlebendspende durch Eltern hat bei Kindern eine hohe Bedeutung.
Mehrfachtransplantationen
Mehrfachtransplantationen
Mehrfachtransplantationen sind möglich. Das operative Risiko ist bei der Zweittransplantation auf derselben Seite vergrößert. Vernarbungen im operierten Gebiet sind oft erheblich, außerdem muss das Ersttransplantat zuvor meist entfernt werden. Immunologisch erhöht sich für die 2. Transplantation das Risiko des Empfängers insbesondere dann, wenn das Ersttransplantat durch immunologische Prozesse (akute oder chronische Abstoßungen) funktionslos wurde. Auch Dritt- oder Vierttransplantationen sind nicht ausgeschlossen. Wegen des zunehmend erhöhten Komplikationsrisikos bedürfen sie einer besonders sorgfältigen Indikationsstellung.
Mehrfachtransplantationen (Zweit-, Dritt-, Viert-NTX) sind möglich, jedoch erhöht sich sowohl das operative wie auch das immunologische Risiko.
Kontraindikationen
Kontraindikationen
Neben wenigen absoluten Kontraindikationen zur Nierentransplantation wie inkurable Infektionen (AIDS, chronisch infizierte Bronchiektasien) und manifeste maligne Tumorerkrankungen gibt es relative Kontraindikationen ( 2 B-22.4). Sie sind in einer Vielzahl vorhanden und betreffen das höhere Lebensalter über 70 Jahren, wobei das biologische Alter gegenüber dem kalendarischen entscheidend ist. Hochdruckkomplikationen, u.a. nach vorausgegangenen Insulten, Herzinfarkten oder bei fortgeschrittener allgemeiner Gefäßsklerose, aber auch der Diabetes mellitus mit schweren Gefäßkomplikationen und Missbildungen der ableitenden Harnwege gelten als relative Kontraindikationen. Systemische Erkrankungen wie der Lupus erythematodes und der Morbus Wegener stellen heute keine Kontraindikationen mehr dar. Bei der primären Oxalose sollte die Entscheidung zur simultanen Transplantation (Leber und Niere) getroffen werden.
Absolute und relative Kontraindikationen zur Nierentransplantation sind in 2 B-22.4 dargestellt.
2 B-22.4
Kontraindikationen zur Nierentransplantation
absolute Kontraindikationen N maligne Tumorerkrankungen n N inkurable Infektionen (z.B. HIV) n relative Kontraindikationen N Lebensalter > 70 Jahre n N Hochdruckkomplikationen (z.B. apoplektischer Insult, Herzinfarkt) n N fortgeschrittene allgemeine Gefäßsklerose n N schwere diabetische Angiopathie n N Missbildungen der ableitenden Harnwege n
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792
22 Transplantation
Die Indikationsstellung zur Nierentransplantation hat die Erfolgsaussichten einerseits und die Risiken der Transplantation andererseits gegeneinander abzuwägen.
Die Indikationsstellung zur Nierentransplantation hat die Erfolgsaussichten einerseits und die Risiken der Transplantation andererseits gegeneinander abzuwägen. Transplantationserfolg bedeutet für den Empfänger Lebensbedingungen, die denen Gesunder weitgehend entsprechen. Verbesserte Konzentrationsfähigkeit, gesteigerte körperliche Leistungsfähigkeit und emotionale Befindlichkeit sind die Hauptmerkmale, die die allgemeine Lebenszufriedenheit ausmachen. Insbesondere der Umstand, dass viele Patienten wieder in das Berufsleben zurückkehren, beeinflusst das Gefühl der Lebensqualität maßgeblich. Gerade deswegen äußern Patienten, obwohl die Überlebensraten an der Dialyse denen nach Transplantation vergleichbar sind, den Wunsch nach Transplantation und nehmen das Risiko der Operation und die Nachteile der Immunsuppression in Kauf.
Vorbereitung zur Nierentransplantation Diagnostische Vorbereitung Zu den allgemeinen diagnostischen Vorbereitungen zur Nierentransplantation gehören: π ein körperlicher und urologischer Status π der Gefäßstatus der Beckengefäße π eine Fokussuche und ggf. Sanierung (Zähne, Nebenhöhlen, evtl. Cholezystektomie oder Nephrektomie der Eigennieren) π Ausschluss einer Malignomerkrankung π Ausschluss höhergradiger anderer Risikofaktoren π Ausschluss einer manifesten HIV-Infektion. Blutchemische, mikrobiologische und virologische Untersuchungen sind selbstverständlich. Von besonderer Bedeutung ist der Zytomegalievirusstatus des Empfängers. Immunologische Vorbereitung
Vorbereitung zur Nierentransplantation
Zwingende immunologische Voraussetzungen vor der endgültigen Transplantation einer Spenderniere sind die Kompatibilität im AB0-Blutgruppensystem, eine gute Übereinstimmung der HLA-Antigene und ein negativer Crossmatch zwischen EmpfängerSerum und Spender-Lymphozyten.
Die Nierentransplantation erfolgt nach immunologisch orientierten Spender-Empfänger-Kriterien. Kompatibilität im AB0-Blutgruppensystem und eine möglichst gute Übereinstimmung in den HLA-Antigenen zwischen Spender und Empfänger sind notwendige Voraussetzungen. Um gute HLAÜbereinstimmungen zu erzielen, sind internationale Organaustauschinstitutionen gegründet worden, z.B. Eurotransplant mit Sitz in Leiden/Holland (s. a. S. 778).
Merke
Diagnostische Vorbereitung Im Rahmen der Vorbereitung auf eine geplante Nierentransplantation sind gezielte diagnostische Maßnahmen erforderlich. Hierzu gehören ein ausführlicher körperlicher und urologischer Status (Ausschluss von Obstruktionen), Überprüfung des Gefäßstatus im Bereich der Beckengefäße, Ausschluss akuter oder chronischer Infektionsherde sowie ggf. deren Sanierung (Zähne, HNO-Bereich, evtl. auch Cholezystektomie bei symptomatischer Steingallenblase, ggf. Nephrektomie der Eigennieren entweder bei persistierenden Infekten in pyelonephritischen Schrumpfnieren oder rezidivierenden Infekten in polyzystischen Nieren), aber auch prophylaktische Nephrektomie zur Minderung eines Tumorrisikos bei Analgetikanephropathie. Der Ausschluss höhergradiger anderer Risikofaktoren (Herz, Lunge, Leber, Divertikulitis, Ulkusleiden), Malignomerkrankung und manifeste HIV-Infektion bedürfen kaum der Erwähnung. Selbstverständlich sind blutchemische, mikrobiologische und virologische Untersuchungen, von besonderer Bedeutung ist die Feststellung des Zytomegalievirusstatus des Empfängers.
Immunologische Vorbereitung
n Merke. Vor der endgültigen Transplantation einer Spenderniere wird ein Kreuztest, sog. Crossmatch, zwischen Empfängerserum und Spenderlymphozyten durchgeführt. Ein positiver Crossmatch-Test ist eine absolute Kontraindikation zur geplanten Nierentransplantation.
Operationstechnik
Operationstechnik
Das Spenderorgan wird extraperitoneal in die rechte oder linke Fossa iliaca implantiert. Die Gefäßanastomosierung erfolgt End-zu-Seit an die Iliakalgefäße und die Implantation des Ureters in die Blase mit entsprechender Antirefluxplastik ( 1 B-22.6). Die Komplikationsrate beträgt etwa 3–10 %.
Nach bogenförmigem Unterbauchschnitt rechts oder links – je nach Angebot eines rechten oder linken Spenderorgans – Durchtrennung des M. obliquus externus und internus sowie des M. transversus, Abschieben des Peritoneums nach medial, Freilegen der Iliakalgefäße, wird das Spenderorgan in die Fossa iliaca platziert. Die Gefäßanastomosierung erfolgt End-zu-Seit an die V. und A. iliaca externa. Nach Freigabe der Blutzirkulation wird der Spenderureter dorsal im Blasendach mit entsprechender Antirefluxplastik implantiert (Ureteroneozystostomie); danach erfolgt der Bauchdeckenverschluss (s. 1 B-22.6). Die perioperative Letalität beträgt etwa 1–3 %, die Komplikationsrate etwa 3–10 %.
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793
22.3.3 Nierentransplantation (NTX)
1 B-22.6
Synopsis Nierentransplantation mit Ureteroneozystostomie
Spenderniere
A. iliaca externa V. iliaca externa Spenderarterie Spendervene Spenderureter Harnblase M. psoas
a Implantation der Spenderniere in die rechte Fossa iliaca. End-zuSeit-Anastomosierung der Spenderorganarterie mit der A. iliaca externa und der V. renalis mit der V. iliaca externa. Implantation des Spenderureters in die Harnblase (Ureterneozystostomie).
b Schematische Darstellung nach Nierentransplantation in die rechte Fossa iliaca.
Postoperative Behandlung Die postoperative Versorgung des Organempfängers gliedert sich in eine transplantatspezifische und eine allgemeine Behandlung.
Allgemeiner Behandlungsplan Außer einer perioperativen Infektprophylaxe (1–3-tägige Antibiotikagabe, Verabreichung kaum resorbierbarer oraler Antimykotika), intensiver Blutdrucküberwachung und Temperaturmessung ist eine streng bilanzierte Infusionstherapie ebenso notwendig wie bei akutem Nierenversagen. Sorgfältige Beobachtung erfordert die Nierenfunktion. Zu den wichtigsten Verlaufskontrollen gehören Körpergewicht, Urinvolumen, Bestimmung von Serumkreatinin und Elektrolyten. Bei sehr günstigem Verlauf nach Implantation des Spenderorgans setzen intraoperativ bereits Diurese und auch Entgiftung ein. Primäre Nichtfunktion des Transplantats (Anurie oder Oligurie bei etwa 10–20 % der Patienten) macht vorübergehende Dialysebehandlungen erforderlich. Besonderes Augenmerk gebührt dem Dialyseshunt, d.h. keine Braunülen, keine Venenkatheter am Dialysearm und weitgehende Schonung aller Venen des kontralateralen Unterarmes. Eine Isolierung des Patienten in einer sterilen Einheit ist nicht nötig. Allerdings sollten alle Verrichtungen am Patienten unter strenger Asepsis erfolgen, hierzu gehört besonders die Pflege von Kathetern (Venenkatheter, Blasenkatheter, Ureterschienen). Fremdmaterialien sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt entfernt werden. Rasche Mobilisierung (ab dem 1. postoperativen Tag) und aktives Atemtraining bedeuten für den immunsupprimierten Organempfänger die wichtigste Infektionsprophylaxe (Pneumonie). Da es sich bei der Nierentransplantation um eine extraperitoneale Operation handelt, kann in aller Regel nach 24 Stunden mit der Nahrungsaufnahme begonnen werden.
Postoperative Behandlung Die postoperative Versorgung des Organempfängers umfasst die transplantatspezifische und die allgemeine Behandlung. Allgemeiner Behandlungsplan Infektprophylaxe, Blutdrucküberwachung, Temperaturmessung und strenge Flüssigkeitsbilanzierung sind notwendige allgemeine Maßnahmen. Sorgfältige Beobachtung erfordert die Nierenfunktion. Körpergewicht, Urinvolumen, Serumkreatinin und Elektrolytbestimmungen sind die wichtigsten Verlaufsbeobachtungen. Bei primärer Nichtfunktion des Transplantats sind vorübergehende Dialysebehandlungen erforderlich. Wichtig ist die Schonung des Shuntarmes. Alle Verrichtungen am Patienten erfolgen unter strenger Asepsis. Rasche Mobilisierung und aktives Atemtraining sind die wichtigste Infektionsprophylaxe (Pneumonie).
Mit der Nahrungsaufnahme kann i.d. Regel nach 24 h begonnen werden.
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22 Transplantation
Transplantatspezifische Behandlung
Transplantatspezifische Behandlung
Die spezielle Therapie nach Nierentransplantation besteht in der Verabreichung immunsuppressiver Medikamente (s. S. 780 ff.). Nach erfolgreicher Transplantation besteht die Notwendigkeit zur immunsuppressiven Dauertherapie. Während der Dauer des Transplantatüberlebens steht der Patient in regelmäßiger ärztlicher Überwachung, wobei die Intervalle abhängig sind von der Zeit nach Transplantation. Unabdingbar ist die Kontrolle der Transplantatfunktion, des Blutbilds und Ciclosporin- bzw. Tacrolimusblutspiegels.
Die spezielle Therapie nach Nierentransplantation besteht in der Verabreichung immunsuppressiver Medikamente, die bereits präoperativ appliziert werden, um die Immunantwort des Empfängers gegen die Transplantationsantigene des Spenderorgans zu unterdrücken (s. S. 780 ff.). Für den erfolgreich transplantierten Patienten besteht eine Notwendigkeit zur immunsuppressiven Dauertherapie. Für die Zeit des Transplantatüberlebens steht der Patient in regelmäßiger ärztlicher Überwachung. Die Laborkontrollen sollten die Nierenretentionswerte (Harnstoff, Kreatinin), Blutbild, Ciclosporin- oder Tacrolimusblutspiegel, Urinuntersuchung (Bestimmung von Zellen, Eiweiß, Glukose, Bakteriologie) und bei CMV-negativen Empfängern, die ein CMV-positives Organ erhielten, den evtl. Nachweis des CMV-Frühantigens einmal wöchentlich während der ersten ca. 6 Monate nach Transplantation erfassen. Für die Überprüfung der Leberwerte, Blutgerinnung, Harnsäure und Blutfette sind vierteljährliche Intervalle ausreichend. Weitere regelmäßige Kontrollen zur Transplantatfunktion (Kreatinin-Clearance, Sonographie und Duplexsonographie ca. halbjährlich) sind ebenso notwendig wie Blutdruckmessungen und ganzkörperliche Untersuchungen mit Inspektion der Haut. Zahnärztliche Überwachung, gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen und die abdominelle Sonographie sollten mindestens einmal jährlich erfolgen.
Postoperative Komplikationen
Postoperative Komplikationen
Zu den postoperativen Problemen gehören Ischämieschäden, operativtechnische Komplikationen und Folgen der Immunsuppression.
Zu den postoperativen Problemen nach Nierentransplantation gehören die Ischämieschäden, die operativ-technischen Komplikationen sowie die Folgen aus der immunsuppressiven Therapie.
Ischämieschäden
Ischämieschäden
Konservierungsschäden und mehr als 24-stündige Ischämien führen häufig zur akuten tubulären Nekrose (ATN), die meist reversibel ist.
Konservierungsschäden und Ischämien (> 24 Stunden zwischen Organentnahme und Implantation) führen häufig zu länger anhaltender Anurie (primäre Nichtfunktion des Transplantats) infolge akuter Tubulusnekrose (ATN). Sie ist in der Regel reversibel.
Operativ-technische Komplikationen
Operativ-technische Komplikationen
Operativ-technische Probleme treten in etwa 3–10 % der Fälle auf. Zu unterscheiden sind lymphogene, vaskuläre und urologische Komplikationen.
Seit die Nierentransplantation zum Routinebehandlungsverfahren geworden ist, sind Komplikationen selten (etwa 3–10 %). Bei den chirurgischen Komplikationen sind lymphogene, vaskuläre und urologische Probleme auseinander zu halten.
Lymphogene Komplikationen
Lymphogene Komplikationen
Lymphogene Komplikationen sind Lymphorrhö und Lymphozelenbildung.
Ursachen vermehrter Lymphorrhö oder Lymphozelenbildung sind einerseits der Lymphabfluss aus den Lymphgefäßen des Transplantats selbst und andererseits die Eröffnung parailiakaler Lymphgefäße bei Freilegung der Beckengefäße.
Vaskuläre Komplikationen
Vaskuläre Komplikationen
Die häufigsten vaskulären Komplikationen sind lokale Hämatome oder Blutungen. Seltener sind infektionsbedingte Arrosionsblutungen, arterielle Stenosen, Thrombosen etc.
Die häufigsten vaskulären Komplikationen sind lokale Hämatome oder größere Blutungen aus Nahtinsuffizienzen. Selten sind infektionsbedingte Arrosionsblutungen, arterielle Stenosen, Thrombosen der Iliakal- oder Transplantatgefäße, Aneurysmen, AV-Fisteln nach Transplantatpunktionen oder Verschlüsse des Dialyseshunts anzutreffen. Arterielle Stenosen lokalisieren sich überwiegend im Anastomosenbereich. In der frühen postoperativen Phase sind sie meist Folge von Intimaläsionen, nach mehreren Wochen eher Folge abgelaufener Rejektionen. Arterielle Stenosen mit konsekutiver Hypertonie oder Funktionseinschränkung des Transplantats sind revisionsbedürftig. Der Versuch einer Dilatation hat Vorrang gegenüber der operativen Korrektur.
Arterielle Stenosen lokalisieren sich überwiegend im Anastomosenbereich. Bei Hypertonieentwicklung oder Funktionseinschränkung des Transplantats sind sie revisionsbedürftig.
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795
22.3.3 Nierentransplantation (NTX) Thrombosen im Bereich der renalen bzw. iliakalen Gefäße sind gefürchtete Komplikationen, da sie fast regelhaft den Verlust des Transplantats bedeuten. In der Frühphase nach Operation treten diese Komplikationen gelegentlich nach längeren Blutdruckabfällen oder nach Kompression durch Hämatome oder Lymphozelen auf. AV-Fisteln im Transplantat nach Biopsien sind sehr selten. Bei hämodynamischer Wirksamkeit kommt zum Erhalt des Transplantats nur die Teilresektion des Organs in Betracht.
Thrombosen im Bereich der Iliakaloder Transplantatgefäße führen fast regelhaft zum Verlust des Transplantats.
Urologische Komplikationen
Urologische Komplikationen
An chirurgisch-urologischen Komplikationen nach Nierentransplantation lassen sich verzeichnen: Ureterfisteln, Blasenleckagen, Harnleiterstenosen, vesikoureteraler bzw. vesikorenaler Reflux, Nebenhodenentzündung, Hydrozelenbildung, Potenzstörungen und Infektionen. Die Diagnosenstellung urologischer Komplikationen erfolgt durch Sonographie, i.v. Pyelographie, retrograde oder anterograde Pyelographie ( 1 B-22.7). Harnleiterfisteln gehen auf mangelhafte Anastomosentechnik oder Minderdurchblutung des distalen Ureters bei Skelettierung während der Spenderorganentnahme zurück. Komplikationen mit Urinextravasation aus Ureter und/oder Blase bedürfen nahezu immer der chirurgischen Korrektur. Harnleiterstenosen finden sich am häufigsten im Bereich der Harnleiter-Blasen-Anastomose. Bei Entwicklung einer Harnstauungsniere ( 1 B-22.7) mit Funktionsverschlechterung des Transplantats ist die Ureterneuimplantation die Therapie der Wahl.
Ureterfisteln, Blasenleckagen, Harnleiterstenosen, Reflux, Nebenhodenentzündung, Hydrozelenbildung, Potenzstörungen und Infektionen werden beobachtet. Die Diagnosenstellung urologischer Komplikationen erfolgt durch Sonographie, i.v. Pyelographie, retrograde oder anterograde Pyelographie ( 1 B-22.7). Blasen- oder Ureterleckagen bedürfen nahezu immer der chirurgischen Korrektur. Bei Harnleiterstenosen mit Harnstauungsniere ( 1 B-22.7) ist die Ureterneuimplantation in die Blase die Therapie der Wahl.
1 B-22.7
AV-Fisteln nach Biopsien sind sehr selten.
Intravenöse Urogramme transplantierter Nieren
a Regelrechtes Ausscheidungsurogramm.
b Urogramm einer Harnstauungsniere bei Ureterstenose.
Immunologische Komplikationen
Immunologische Komplikationen
Die immunologischen Komplikationen stellen ein sehr komplexes Problem dar. Zu ihnen gehören die verschiedenen Abstoßungsreaktionen (s. S. 784ff.), aber auch die rekurrierenden Glomerulonephritiden, die u.U. sehr rasch zum Transplantatversagen führen können (z.B. die rapid progressive Glomerulonephritis).
Ein sehr komplexes Problem sind die immunologischen Komplikationen. Zu ihnen zählen die Abstoßungsreaktionen und die rekurrierenden Glomerulonephritiden (s. S. 784ff.).
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796 Medikamenteninduzierte Komplikationen Durch die Immunsuppression kann es zu einer Vielzahl von Medikamentennebenwirkungen kommen (s. S. 785ff.).
22 Transplantation
Medikamenteninduzierte Komplikationen
Zu beachten ist die deutlich geminderte allgemeine Infektabwehr. Neben Infektionen durch Bakterien, Pilze und Protozoen spielen Viruserkrankungen durch Viren der Herpesgruppe (besonders Zytomegalie) eine bedeutende Rolle.
Die immunsuppressiven Medikamente bedingen eine Vielzahl möglicher Komplikationen, die sich als Folgen der Medikamentennebenwirkungen entwickeln (s. S. 785ff.). Hinzu kommt eine deutlich geminderte allgemeine Infektabwehr. Neben bakteriellen und fungalen Infektionen (besonders Candidiasis und Aspergillus) sowie Infektionen durch Protozoen (Toxoplasmose und Pneumocystis carinii), spielen eine bedeutende Rolle die Viruserkrankungen, insbesondere durch Viren der Herpesgruppe (Zytomegalie-, Herpes-simplex-, Epstein-Barr-, Varizella-zoster-Virus). Jede Infektion erfordert ihre gezielte spezifische Therapie. Bei lebensbedrohlichen Allgemeininfektionen muss die Immunsuppression reduziert bzw. gelegentlich ganz abgesetzt werden, um die Ausheilung der Infektion zu ermöglichen (dies trifft besonders bei Multiorganbefall durch Zytomegalie zu).
Ergebnisse
Ergebnisse
Seit Beginn der Ciclosporin-Ära liegt die Einjahres-Überlebensrate der Nierentransplantate bei etwa 85–90 %, die Fünfjahresrate bei etwa 70 %.
Seit Beginn der Ciclosporin-Ära hat sich die Einjahres-Überlebensrate der Nierentransplantate von ca. 70 % unter konventioneller Therapie (Azathioprin und Steroide) auf etwas 85–90 % erhöht. Die Fünfjahres-Überlebensraten liegen bei etwa 70 %. Eine erfolgreiche Nierentransplantation führt zur weitgehenden »Wiedergesundung«. Für Kinder bedeutet sie meist eine normale psychisch-somatische Entwicklung. Sportliche Betätigungen können in nahezu vollem Umfang wieder aufgenommen werden. Bei Frauen sind Schwangerschaften durchaus möglich.
Eine erfolgreiche Nierentransplantation führt zur weitgehenden Gesundung: normale psychisch-somatische Entwicklung bei Kindern. Mögliche Schwangerschaft bei Frauen.
Merke
Langzeitrisiken sind chronische Abstoßungen und das Wiederauftreten der Grunderkrankungen im Transplantat. Als gravierende Probleme der immunsuppressiven Dauertherapie sind die kardiovaskulären Risiken und eine erhöhte Malignomwahrscheinlichkeit hervorzuheben (Karzinome, Hauttumoren und maligne Lymphome).
n Merke. Die Nierentransplantation ist die erfolgreichste, wirklich rehabilitierende und resozialisierende wie auch volkswirtschaftlich günstigste Therapieform der terminalen chronischen Niereninsuffizienz.
Mit zunehmender Transplantatüberlebenszeit entwickeln sich für den Organempfänger die Langzeitrisiken. Hierzu gehören die Transplantatverluste durch chronische Abstoßung in einer Größenordnung von ca. 3–5 % pro Jahr und das Wiederauftreten der Grunderkrankungen im Transplantat. Gravierende Probleme bereiten die Nebenwirkungen der immunsuppressiven Dauertherapie, besonders durch ein gesteigertes kardiovaskuläres Risiko und durch eine erhöhte Tumorinzidenz. Die Malignomwahrscheinlichkeit liegt in der ersten Dekade nach Transplantation etwa 3–4fach über dem der gleichaltrigen Bevölkerung. Nach europäischen Tumorstatistiken stehen die Karzinome an erster Stelle, nach amerikanischen und australischen Studien führen Hauttumoren und maligne Lymphome.
Klinischer Fall Eine 35-jährige Patientin erhielt ein blutgruppen- und HLA-identisches Nierentransplantat, welches postoperativ sofort seine Funktion aufnahm. Am 5. postoperativen Tag traten Temperaturen bis 38 ΩC auf, die Diurese war rückläufig und die Patientin verspürte ein lokales Druckgefühl im Transplantatlager. Das Serumkreatinin stieg von 1,8 mg% am Vortag auf 2,1 mg% an. Im Urin fiel
eine Proteinurie auf, keine Leukozyturie, keine Bakteriurie. Nach Duplexsonographie ( 1 B-22.8) wurde an 3 aufeinander folgenden Tagen mit je 250 mg Steroiden behandelt; die Kontrolluntersuchung zeigte ( 1 B-22.9) danach eine gute Perfusion. Die Patientin wurde am 22. Tag mit normaler Transplantatfunktion entlassen.
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22.3.3 Nierentransplantation (NTX)
797
Klinischer Fall Einem 20-jährigen Patienten wurde eine blutgruppenidentische, HLA nur z.T. kompatible (je 1 Mismatch auf dem B- und DR-Lokus) Niere über Eurotransplant angeboten und implantiert. Mit sehr guter Transplantatfunktion (Kreatinin 1,2 mg%) konnte der Patient 17 Tage post transplantationem entlassen werden. Dem Hausarzt fielen 2 Wochen später erhöhte Blutdruckwerte, Beinödeme
und ein Serumkreatininanstieg auf 3,2 mg% auf, er veranlasste die sofortige stationäre Einweisung. Nach sonographischem Befund ( 1 B-22.10) und Duplexsonographie wurde die Niere biopsiert. Trotz Antirejektionstherapie (5 Tage je 500 mg Steroide) konnte das Transplantat nicht erhalten werden; es musste wegen nicht beherrschbarer vaskulärer Abstoßung entfernt werden.
1 B-22.8
1 B-22.9
Duplexsonographischer Befund bei Abstoßung
Schwere, akute vaskuläre Abstoßungsreaktion mit fehlender diastolischer Organperfusion.
1 B-22.10
Duplexsonographischer Befund nach erfolgreicher Abstoßungstherapie
Nach Abstoßungstherapie stabile immunologische Situation mit deutlich nachweisbarem enddiastolischen Blutfluss ( Á).
Sonographischer Befund einer rejezierenden Transplantatniere Geschwollenes Organ (Parenchym verbreitert) mit liquiden Markkegeln (Á).
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798 22.4
22 Transplantation
Lebertransplantation
22.4
Lebertransplantation Doris Henne-Bruns
1963 erfolgte die erste erfolgreiche Lebertransplantation durch T.E. Starzl. Neue Immunsuppressiva und Konservierungslösungen sowie eine standardisierte Operationstechnik haben zu einer deutlichen Verbesserung der Überlebensraten geführt.
Die erste erfolgreiche Lebertransplantation wurde 1963 von T.E. Starzl in Denver/USA durchgeführt. Die Standardisierung der Operationstechniken, die Einführung neuer potenter Immunsuppressiva wie Ciclosporin A (1978; Erstzulassung in der BRD 1983) und neuerdings Tacrolimus sowie die Weiterentwicklung der Konservierungslösungen zur Organprotektion haben zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Operationsergebnisse und des Langzeitüberlebens der Patienten nach Lebertransplantation geführt. Diese positive Entwicklung der Ergebnisse nach Lebertransplantation hat bei Internisten und Hepatologen zu einer breiten Akzeptanz der Transplantation als Therapieverfahren bei einer Vielzahl von Erkrankungen der Leber im Endstadium sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern geführt.
22.4.1
22.4.1
Indikationen
Die Senkung des Operationsrisikos hat zu einer deutlichen Verlagerung der Indikationsschwerpunkte geführt.
Merke
Nach der Dringlichkeit der Lebertransplantation kann man 5 Kategorien unterscheiden: π das akute, fulminante Leberversagen π die chronische Lebererkrankung mit akuter Verschlechterung (geschätzte Lebenserwartung ohne Transplantation < 7d) π die chronische Lebererkrankung mit Komplikation π die chronische Lebererkrankung ohne Komplikation π die aktuell nicht transplantablen Patienten. Jede chronische Lebererkrankung kann zu einer Verschlechterung der Leberfunktion führen, die sich klinisch oder laborchemisch erfassen lässt.
Liegt ein akutes Leberversagen z.B. bei fulminantem Verlauf einer akuten Hepatitis vor, besteht eine Notfallindikation. Es bestehen heute mehr als 60 Indikationen zur Lebertransplantation ( 2 B-22.5).
Indikationen
Die Verbesserung der Ergebnisse nach Lebertransplantation hat eine deutliche Veränderung in der Gewichtung der Indikationen verursacht. Wurde in den Entwicklungsjahren der Lebertransplantation wegen des hohen Operationsrisikos die Indikation zur Transplantation nur als Ultima ratio gestellt, so liegt der Indikationsschwerpunkt heute in der frühzeitigen Transplantationsabklärung benigner Lebererkrankungen. n Merke. Jede benigne chronische Lebererkrankung kann eine Indikation zur Lebertransplantation darstellen.
Hinsichtlich der Ausgangssituation, in der sich der zur Lebertransplantation anstehende Patient befindet, kann man 5 Indikationskategorien unterscheiden, die bei der Meldung eines Patienten bei Eurotransplant in Leiden mit angegeben werden müssen. Diese sind: π das akute, fulminante Leberversagen π die chronische Lebererkrankung mit akuter Verschlechterung und einer geschätzten Lebenserwartung ohne Transplantation von weniger als 7 Tagen π die chronische Lebererkrankung mit Komplikation π die chronische Lebererkrankung ohne Komplikation π die aktuell nicht transplantablen Patienten. Alle 5 Indikationskategorien sind jeweils dezidiert nach klinischen Befunden, Laborparametern und anderen Kriterien definiert. Jede chronische Lebererkrankung kann zu einer Verschlechterung der Leberfunktion führen. Dieses macht sich klinisch bemerkbar (Leistungsknick, Auftreten von Aszites und Ikterus, Ösophagusvarizenblutung etc.) bzw. ist laborchemisch erfassbar (Abnahme der Synthesefunktion – z.B. Gerinnungsparameter, Abnahme der Exkretionsfunktion – z.B. Bilirubinspiegel, Abnahme der Entgiftungsfunktion – z.B. Ammoniakspiegel). Im fortgeschrittenen Stadium kommt es dann zur zunehmenden Muskeldystrophie, Enzepohalopathie und Einschränkung der Nierenfunktion mit Ausbildung eines therapierefraktären Aszites. Bei akutem Leberversagen, z.B. infolge einer fulminant verlaufenden Hepatitis (marginale Gerinnungsfunktion, Coma hepaticum, Gefahr des Hirnödems, beginnende oder manifeste Einschränkung der renalen und respiratorischen Funktion) besteht eine Notfallindikation. Die guten Ergebnisse der Lebertransplantation haben zu einer schnellen Ausweitung der Indikationsstellung geführt, sodass heute mehr als 60 Indikationen ( 2 B-22.5) angegeben werden.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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22.4.3 Operationstechnik
2 B-22.5
Die häufigsten Indikationen zur Lebertransplantation
Parenchymerkrankungen
Erkrankungen des Gallenwegssystems
N Endstadiumzirrhose infolge chronisch aktiver viraler n Hepatitiden N alkoholische Leberzirrhose n N Autoimmunhepatitis n N neonatale Hepatitis n N kongenitale Leberfibrose n N zystische Fibrose n N akutes Leberversagen n N Zystenleber n N kryptogene Zirrhose n
n N N n N n N n
Tumorerkrankungen der Leber
Angeborene Stoffwechselerkrankungen N n n N N n N n N n N n N n
a -1-Antitrypsinmangel Morbus Wilson Morbus Byler Glykogenspeichererkrankung Typ I Hämochromatose (cave: primäres hepatozelluläres Karzinom) Hyperlipoproteinämie Typ II Amyloidose
22.4.2
Primär biliäre Zirrhose (PBC) sklerosierende Cholangitis sekundär biliäre Zirrhose Gallengangsatresie
n benigne, nicht resektable Lebertumoren N N primäres hepatozelluläres Karzinom n < 5 cm, nicht resektabel im Rahmen einer Zirrhose (N0-Stadium) N Hepatikusgabel-Karzinom (Klatskinn Karzinom im N0-Stadium) Sonstige: n Budd-Chiari-Syndrom N N Lebertrauma n
Kontraindikationen
22.4.2
Unter Berücksichtigung der begrenzten Zahl von Spenderorganen und des personellen und finanziellen Aufwands sollten Transplantationsindikationen mit erwiesen schlechter Prognose – wie z.B. beim multifokalen primären Leberzellkarzinom oder bei Lebermetastasen – nicht gestellt werden. Als absolute und relative Kontraindikationen zur Lebertransplantation gelten heute die in 2 B-22.6 aufgeführten Erkrankungen.
2 B-22.6
Kontraindikationen
Absolute und relative Kontraindikationen stellen die in 2 B-22.6 aufgeführten Erkrankungen dar.
Kontraindikationen zur Lebertransplantation
absolute Kontraindikationen
relative Kontraindikationen
N multifokales hepatozelluläres Karzinom (HCC) n oder HCC im N1- oder M1-Stadium N Cholangiokarzinom n N sekundäre Lebertumoren n N aktiver Alkoholismus n N aktive Drogenabhängigkeit n N aktive Tuberkulose n N HIV-Infektion n N manifeste Sepsis oder schwere kardiopulmonale n Begleiterkrankungen
n hepatozelluläres Karzinom > 5 cm im Durchmesser N N Lebermetastasen resektabler primärer endokriner n Pankreastumoren N Alkoholabstinenz < 6 Monate n N erhebliche Begleiterkrankungen n (z.B. Kardiomyopathie) N ausgedehnte Pfortaderthrombose n N fortgeschrittene Niereninsuffizienz n N erheblicher Mangel an Compliance des Patienten n
22.4.3
Operationstechnik
Die Standardtechnik ist die orthotope Transplantation der ganzen Leber mit Ersatz der erkrankten Leber durch das Transplantat. Wegen der Größeninkompatibilität (Erwachsener als Organspender – Kind als Organempfänger) wird bei Kindern in der Regel ein Leberteil, z.B. der linke Leberlappen (Lebersegmenttransplantation) transplantiert. Die erkrankte Leber wird im 1. Schritt der Operation entfernt und das Lebertransplantat mit dem passenden retrohepatischen Kavasegment eingepasst. Anastomosiert werden müssen die supra- und infrahepatische V. cava, die Pfortader, die Leberarterie und der Gallengang ( 1 B-22.11). In der anhepatischen Phase der Operation kann durch einen venovenösen extrakorporalen Bypass das Blut der Pfortader und der kaudalen V. cava zur V. axillaris umgeleitet werden, um den sonst zwangsweise auftretenden venösen Rückstau in der unteren Körperhälfte zu vermeiden.
22.4.3
Operationstechnik
Standard ist die orthope Transplantation der ganzen Leber mit Ersatz der erkrankten Leber durch das Transplantat. Bei Kindern wird wegen der Größeninkompatibilität auch eine Lebersegmenttransplantation durchgeführt. Folgende Strukturen müssen anastomosiert werden: supra- und infrahepatische V. cava, Pfortader, Leberarterie und Gallengang ( 1 B-22.11).
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800
22 Transplantation
1 B-22.11
Synopsis Anastomosen bei Lebertransplantation
V. cava suprahepatica
A. hepatica V. portae
V. cava infrahepatica
Ductus choledochus Situs nach Fertigstellung der Anastomosen bei Lebertransplantation.
Postoperative Behandlung
22.4.4 Postoperative Behandlung
22.4.4
Von entscheidender Bedeutung ist postoperativ die frühe und ausreichende Funktionsaufnahme des Transplantats. Bei ungenügender Transplantatfunktion kann das Leben des Patienten nur durch eine frühzeitige Retransplantation gerettet werden (Notfallindikation). Postoperativ sind die Laborparameter bedeutsam, die den Grad einer Transplantatschädigung einschätzen lassen (AST, ALT, GLDH) und Aussagen über die Funktionsaufnahme zulassen (Glukosestoffwechsel, Gerinnungsfaktoren, Bilirubinexkretion und Galleproduktion). Zur Verhinderung der postoperativen Transplantatabstoßung wird perioperativ die nach heutigem Stand lebenslang notwendige immunsuppressive Therapie begonnen. Die Diagnose einer Abstoßung wird durch den Verlauf der Leberenzyme, des Bilirubins, der Galleproduktion und durch Biopsie gestellt. Abstoßungsreaktionen werden mit Steroiden sowie polyklonalen (ATG) und monoklonalen (OKT3) Antikörpern gegen T-Lymphozyten therapiert.
Die vitale Bedeutung der Leberfunktion einerseits bei fehlender Möglichkeit eines technischen Leberfunktionsersatzes andererseits unterstreicht die Bedeutung einer schnellen postoperativen Funktionsaufnahme des Transplantats. Bei nicht ausreichender Transplantatfunktion kann das Leben des Patienten nur durch eine frühzeitige, möglichst innerhalb von 24 Stunden nach Diagnosestellung durchgeführte, Retransplantation gerettet werden (Notfallindikation). Entsprechend sind unmittelbar postoperativ besonders die Laborparameter von Bedeutung, die den Grad einer Transplantatschädigung einschätzen lassen (AST [GOT], ALT [GPT], GLDH) und Aussagen über die Funktionsaufnahme des Transplantats zulassen (Glukosestoffwechsel, Gerinnungsfaktoren, Bilirubinexkretion und Galleproduktion). Die Abstoßung des Transplantats wird durch die nach heutigem Stand lebenslang notwendige immunsuppressive Therapie verhindert, welche prä-, intra- oder postoperativ begonnen werden kann. Zur Anwendung kommen (meist in Kombination) folgende Medikamente: Kortison, Azathioprin und Ciclosporin A, wobei Ciclosporin A durch Tacrolimus ersetzt werden kann; Mycophenolatmofetil sowie derzeit noch unter Studienbedingungen z.B. 91-II-Rezeptorantikörper. Auftretende Abstoßungsepisoden werden aus dem Verlauf der Leberenzyme, der Bilirubinexkretion, der Galleproduktion sowie durch eine Leberbiopsie diagnostiziert und primär mit einer Steroidbolustherapie behandelt. Bei steroidresistenter Abstoßung kommen polyklonale (ATG) und monoklonale (OKT3) Antikörper gegen T-Lymphozyten zur Anwendung. Trotz vereinzelt berichteter Fälle von spontan erworbener Immuntoleranz, muss nach heutigem Wissen die immunsuppressive Therapie lebenslang fortgeführt werden.
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801
22.4.6 Ergebnisse Die Entwicklung neuer Immunsuppressiva und die Induktion von Immuntoleranz sind zentrale Forschungsthemen der Transplantationsmedizin.
22.4.5
Postoperative Komplikationen
Frühkomplikationen
22.4.5
Postoperative Komplikationen Frühkomplikationen
Die wesentlichen Frühkomplikationen nach Lebertransplantation sind folgenden Gruppen zuzuordnen: Operativ-chirurgische Ursachen: Die häufigsten perioperativen Komplikationen sind: Nachblutung, Leckage an der Gallenwegsanastomose, arterielle Thrombose und lokale sowie systemische Infektionen. Initiales Transplantatversagen: Die Konservierung und/oder eine Leberschädigung des Organspenders haben zu einer so starken Parenchymschädigung des Transplantats geführt, dass selbst bei noch möglicher Regenerationsfähigkeit des Transplantats eine ausreichende Funktionsaufnahme nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann. Abstoßungsreaktionen: Abstoßungsreaktionen nach Lebertransplantation können in der Regel ohne bleibenden Funktionsschaden des Transplantats therapiert werden. Virusinfektionen: Virusinfektionen, z.B. mit dem Zytomegalievirus (CMV) oder Epstein-Barr-Virus (EBV), können unter immunsuppressiver Therapie lebensbedrohliche Infektionen der Lunge (Pneumonie) oder des Transplantats (Hepatitis) verursachen. In den meisten Zentren wird daher entweder eine Prophylaxe mit Aciclovir (ZoviraxQ), Hyperimmunglobulinen und/oder Ganciclovir (CymevenQ) durchgeführt. Bei manifester Infektion sind diese Medikamente heute zur Standardtherapie geworden.
Frühkomplikationen nach Lebertransplantation lassen sich 4 Gruppen zuordnen: Operationsbedingte Ursachen sind: Nachblutung, Infektion, Galleleckage und arterielle Thrombose. Initiales Transplantatversagen: Konservierung und/oder Vorerkrankungen des Organspenders haben eine nicht mehr rechtzeitig regenerationsfähige Parenchymschädigung des Transplantats verursacht. Abstoßungsreaktionen: Nach Lebertransplantation können Abstoßungsreaktionen in der Regel ohne bleibenden Funktionsverlust therapiert werden. Virusinfektionen: Zytomegalie- oder Epstein-Barr-Virusinfektionen können unter immunsuppressiver Therapie lebensbedrohlich verlaufen. Eine Prophylaxe bzw. Therapie kann mit Aciclovir, Hyperimmunglobulinen und/oder Ganciclovir erfolgen.
Spätkomplikationen
Spätkomplikationen
Chronische Abstoßungsreaktionen können zu einem fortschreitenden Funktionsverlust des Transplantats führen. Die Therapie besteht derzeit ausschließlich in der Retransplantation.
Die Langzeitprognose transplantierter Patienten kann durch chronische Abstoßungen limitiert werden.
n Merke. Bedingt durch die Langzeitimmunsuppression haben transplantierte Patienten ein deutlich erhöhtes Risiko Malignomerkrankungen, besonders des lymphatischen Systems, zu entwickeln.
Neben der regelmäßigen Transplantatfunktionsüberwachung ist eine regelmäßige (1-mal jährlich) Tumorausschlussdiagnostik mit gründlicher körperlicher Untersuchung mit Hautinspektion, Tumormarkerbestimmung, Sonographie des Abdomens und Röntgen der Thoraxorgane notwendig.
22.4.6
Ergebnisse
In Abhängigkeit von der Indikationsstellung beträgt die Überlebensrate der Patienten ein Jahr nach Lebertransplantation zwischen 60–90 %. Die 5-Jahres-Überlebensrate aller in Europa seit 1988 transplantierten 27008 Patienten (Stand 12/98) liegt bei 66 %, die 10-Jahresüberlebensrate bei 58 %.
Merke
Neben der regelmäßigen Transplantatfunktionsüberwachung ist eine regelmäßige Tumorausschlussdiagnostik notwendig.
22.4.6
Ergebnisse
Je nach Indikationsstellung werden heute Überlebensraten der Patienten nach einem Jahr von 60–90 % erreicht.
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802
22 Transplantation
Klinischer Fall Eine 52-jährige Patientin mit primär biliärer Zirrhose wird im Stadium der Dekompensation (therapierefraktärer Aszites, Ikterus mit Bilirubinwerten um 12 mg%, Zustand nach einmaliger Ösophagusvarizenblutung) lebertransplantiert. Unter immunsuppressiver Tripeltherapie nimmt das Transplantat seine Funktion sofort auf, was erkennbar ist an der Produktion dunkelgrüner Galle. Die Bilirubinwerte sinken kontinuierlich, dagegen kommt es zu einem passageren Anstieg der Leberenzyme (GOT und GPT) als Folge eines reversiblen Perfusionsschadens nach Organentnahme (s. 1 B-22.12 a). Nach etwa 12 Tagen hat das Lebertransplantat eine fast vollständig normale Funktion (Leberenzyme, cholestaseanzeigende Parameter und Syntheseleistung regelrecht). Am 15. postoperativen Tag fühlt sich die Patientin krank,
1 B-22.12
Transplantatbioptischer Befund
a Perfusionsschaden: um die Zentralvene angeordnete Leberzellnekrosen ( Á).
22.5
klagt über Arthralgien, Spannungsgefühl im Bauch und hat Temperaturen > 38 ΩC. Nach Ausschluss anderer Ursachen für das Krankheitsgefühl (kein Keimnachweis in der Galle aus dem T-Drän, keine Pneumonie, kein Hinweis für eine endogene Virusreaktivierung) ( 1 B-22.12), wird eine Leberpunktion durchgeführt. Die Histologie zeigte eine Abstoßungsreaktion. Die Patientin erhält drei Tage lang Steroidbolusgaben (1 g) ohne dass die Abstoßung auch nach der Kontrollbiopsie ausreichend therapiert ist. Es wurde daher die Indikation zur ATG-Therapie gestellt. Unter einer 10-tägigen ATG-Therapie erholten sich sowohl das Transplantat als auch die Patientin relativ rasch. Sie konnte am 35. Tag post transplantationem die Anschlussheilbehandlung antreten.
Pankreas- und Dünndarmtransplantation
22.5
b Akute Abstoßungsreaktion: rundzellige Entzündungsinfiltrate (Á) der Portalfelder mit Gallengangsschädigung.
Pankreas- und Dünndarmtransplantation Doris Henne-Bruns Pankreas- und Inseltransplantation
Pankreas- und Inseltransplantation Indikation
22.5.1
Die Indikation zur Pankreastransplantation besteht beim Diabetes mellitus Typ I im Spätstadium. Ziel der Pankreastransplantation ist die Substitution der Insulinproduktion und deren physiologische Regulation, da trotz optimaler Blutzuckerregulation durch exogen zugeführtes Insulin in der Regel nach 20–30 Jahren verschiedene Komplikationen auftreten wie Mikround Makroangiopathie, Retinopathie Neuropathie und Nephropathie.
Die Indikation zur Pankreastransplantation besteht beim Insulinmangeldiabetes (Diabetes mellitus Typ I). Ziel der Pankreastransplantation ist die Substitution der Insulinproduktion und deren physiologische Regulation, da trotz optimaler Blutzuckerregulation durch exogen zugeführtes Insulin in der Regel nach 20–30 Jahren verschiedene Komplikationen auftreten wie Mikro- und Makroangiopathie, Retinopathie, Neuropathie und Nephropathie. Nach den Ergebnissen klinischer und experimenteller Untersuchungen können diese Komplikationen durch eine Pankreastransplantation vermieden werden. Andererseits bedarf der Patient nach einer Pankreastransplantation einer lebenslangen Immunsuppression, die ihrerseits mit erheblichen Nebenwirkungen belastet ist. Aus diesem Grund gilt derzeit eine Pankreastransplantation erst bei Diabetikern im Spätstadium ihrer Erkrankung mit einer bereits dialysepflichtigen Niereninsuffizienz als indiziert, wobei dann die synchrone Nieren- und Pankreastransplantation angestrebt wird. Eine Pankreastransplantation allein gilt nur bei Patienten mit schwer einstellbarem Diabetes ohne begleitende Nephropathie als indiziert. Weltweit wurden bis Ende 1998 mehr als 11 000 Pankreastransplantationen durchgeführt.
22.5.1
Da eine lebenslange Immunsuppression mit erheblichen Nebenwirkungen notwendig ist, sollte die Transplantation erst bei Diabetikern im Spätstadium durchgeführt werden.
Indikation
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803
22.5.1 Pankreas- und Inseltransplantation In Anbetracht des perioperativen Risikos einer Pankreastransplantation (Pankreatitis des Transplantats, Peritonitis usw.) wurde seit 1965 die Forschung auf dem Gebiet der Pankreasinseltransplantation intensiviert. Die Indikation zur Inseltransplantation ist dieselbe wie die für die Pankreastransplantation. Weltweit wurden bis heute erst einige hundert Inseltransplantationen durchgeführt.
Die Indikation zur Inseltransplantation besteht beim Diabetes mellitus Typ I. Die Inseltransplantation ist derzeit klinisch noch nicht fest etabliert.
Kontraindikationen
Kontraindikationen ( 2 B-22.7)
Als absolute und relative Kontraindikationen zur Pankreas- und/oder Dünndarmtransplantation gelten die in 2 B-22.7 aufgeführen Erkrankungen.
2 B-22.7
Kontraindikationen zur Pankreas- und/oder Dünndarmtransplantation
absolute Kontraindikationen
relative Kontraindikationen
N maligne Tumorerkrankungen n
N kardiopulmonale Grunderkrankungen n
N maligne Systemerkrankungen n
N Diabetes mellitus mit fortgeschrittenen n Sekundärerkrankungen
N chronische Lebererkrankungen mit Funktionseinschränkung n N chronische Infektionen (z.B. TBC, Aspergillose, Sarkoidose, HIV) n N andere aktive Virusinfektionen (z.B. EBV, CMV) n
N andere metabolische Störungen n (z.B. Fettstoffwechsel, Porphyrie)
N Non-Compliance n N chronische Suchtkrankheiten n N psychiatrische Grunderkrankungen n
Operationstechnik
Operationstechnik
Pankreastransplantation
Pankreastransplantation
Es gibt mehrere Techniken der Organtransplantation. Entweder erfolgt die Transplantation von Pankreaskorpus und -schwanz (segmentale Transplantation, selten) oder eine Transplantation des ganzen Pankreas ( 1 B-22.13).
Transplantiert wird entweder ein Segment des Pankreas oder das ganze Organ ( 1 B-22.13).
1 B-22.13
Synopsis Pankreastransplantation: Spenderoperation V. portae
A. mesenterica superior A. splenica
V./A. panceraticoduodenalis
A. mesenterica superior V. mesenterica superior Klammernahtgerät
Präparation des Pankreastransplantates: Der die Papille dränierende Duodenalabschnitt wird am Transplantat belassen; der übrige Dünndarm entfernt. Die Absetzung des Dünndarms und der Lumenverschluss erfolgt mit Klammernahtgeräten.
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804
22 Transplantation Das bevorzugte Verfahren zur Ableitung des exokrinen Sekrets ist die Anastomosierung des Transplantats mit einer ausgeschalteten Jejunumschlinge oder der Harnblase, wobei die Ableitung in die Harnblase das am häufigsten angewendete Verfahren darstellt ( 1 B-22.14). Die intraduktale Injektion von synthetischen Polymeren zur Okklusion des Pankreasgangs ist von eher untergeordneter Bedeutung, da neben der Fibrose der exokrinen Anteile auch eine Fibrosierung der Inseln auftreten kann.
Das exokrine Sekret wird in eine Jejunumschlinge oder in die Harnblase abgeleitet ( 1 B-22.14).
1 B-22.14
Synopsis Sekretableitung des Pankreastransplantats
V. splenica V. cava A. splenica V. portae
Aorta
rechte A. iliaca Truncus coeliacus
Duodenum Truncus coeliacus
A. iliaca A. splenica
V. iliaca
V. splenica a Anastomose mit ausgeschalteter Jejunumschlinge.
Duodenum Harnblase
V. portae b Harnblasenableitung.
Alle Varianten der Pankreastransplantation unterscheiden sich hinsichtlich der Transplantatüberlebenszeit nicht signifikant voneinander.
Als Transplantatgefäße werden der Truncus coeliacus, die A. mesenterica superior oder die A. splenica, die V. porta oder die V. splenica verwendet. Sie werden mit den Iliakalgefäßen des Empfängers verbunden. Sind die Arterien (A. mesenterica superior, A. splenica) zu kurz, können diese mittels eines Y-Grafts des gleichen Spenders (bestehend aus der A. iliaca communis mit Aufzweigung in A. iliaca externa und interna) verlängert werden, indem die von links kommende A. splenica den linken Schenkel und die hinter dem Pankreas verlaufende A. mesenterica superior an den rechten Schenkel des Y-Grafts angenäht werden. Alle Varianten der Pankreastransplantation unterscheiden sich hinsichtlich der Transplantatüberlebenszeit nicht signifikant voneinander.
Inseltransplantation
Inseltransplantation
Die Inseln werden nach entsprechender Vorbehandlung in Gewebekulturen kurzzeitig konserviert. Eine Sammlung von Inseln in Gewebebanken ist derzeit nur für wenige Wochen möglich.
Zur Gewinnung und Aufbereitung der Inselzellen aus der Bauchspeicheldrüse wird die Kollagenmatrix des Pankreas durch Perfusion mit Kollagenase durch den Ductus pancreaticus angedaut. Dann erfolgen multiple Reinigungsschritte zur Gewinnung der Inseln in hypothermer Konservierungslösung.
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805
22.5.1 Pankreas- und Inseltransplantation Die Inseln werden meist in Gewebekulturen kurzzeitig konserviert. Angestrebt wird eine Kryokonservierung zur Sammlung von Inseln in Gewebebanken, um sie dann in gepoolter Form in ausreichender Menge transplantieren zu können. Dies ist bislang nur für wenige Wochen möglich. Notwendig für eine Inseltransplantation sind ca. 5000–6000 Inseln/kg Körpergewicht (1 gesundes Pankreas enthält ca. 1–2,5 Millionen Inseln). Bei isolierter Inseltransplantation werden die Inseln perkutan transhepatisch in die V. portae injiziert. Bei kombinierter Nieren- und Inseltransplantation erfolgt die Einschwemmung in das portal-venöse System durch Punktion einer Mesenterialvene.
Notwendig für eine Inseltransplantation sind ca. 5000–6000 Inseln/kg Körpergewicht (1 gesundes Pankreas enthält ca. 1–2,5 Millionen Inseln). Bei isolierter Inseltransplantation werden die Inseln perkutan transhepatisch in die V. portae injiziert. Bei kombinierter Nieren- und Inseltransplantation erfolgt die Injektion in eine Mesenterialvene.
Postoperative Komplikationen
Postoperative Komplikationen
Pankreastransplantation
Pankreastransplantation
Neben den allgemeinen postoperativen Komplikationen wie Blutung und Infektion sind als spezifische zu nennen: die Thrombose der V. portae oder der V. splenica sowie die Fistelung von Pankreassekret aus dem Pankreasgang. Fistelungen treten sowohl nach Gangobliteration transplantierter Pankreassegmente als auch nach Transplantation der gesamten Pankreasdrüse auf. Hierbei hat die Form der Anastomose keinen Einfluss auf die Häufigkeit der Fistelentstehung. Häufig kommt es nach der Transplantation zum Auftreten einer Transplantatpankreatitis ggf. mit Dünndarmperforation. Die Abstoßungsdiagnostik erfolgt bei Implantation des Pankreas in die Blase durch die Amylasebestimmung im Urin. Ansonsten können nur indirekte Parameter wie Blutglukose, Insulinsekretion, C-Peptid und Glukagon zum Monitoring der Transplantatfunktion herangezogen werden. Ein Absinken des C-Peptids und des Glukagons zeigt bereits einen irreversiblen Transplantatschaden an. Im Falle der synchronen Nieren- und Pankreastransplantation liefert die Bestimmung der Nierenfunktion (Kreatinin, Harnstoff) indirekt auch einen Hinweis auf die Pankreastransplantatfunktion.
Neben immunologischen Problemen können Thrombosen, Pankreasfisteln sowie eine Transplantatpankreatitis auftreten.
Inseltransplantation
Inseltransplantation
Pankreasinseln besitzen eine hohe Immunogenität und induzieren dadurch Abstoßungsepisoden, durch die sie zerstört werden können. Auch autoimmunologische Prozesse, die ehemals den Diabetes mellitus Typ I ausgelöst haben, können die Inseln zerstören. Ihre Applikation führt in der Regel zu keinen Komplikationen. Bislang gibt es ebenso wie bei der Pankreastransplantation keine Markersubstanz, die Abstoßungsepisoden in der Frühphase erkennbar macht. Das Monitoring ihrer Funktion erfolgt über die Bestimmung von Blutglukose, Insulinsekretion, C-Peptid und Glukagon.
Pankreasinseln besitzen eine hohe Immunogenität, sie können durch Abstoßungsepisoden oder autoimmunologische Prozesse zerstört werden.
Postoperative Behandlung
Postoperative Behandlung
Pankreastransplantation
Pankreastransplantation
Die Immunsuppression erfolgt zumeist mittels Kombinationsbehandlung aus Ciclosporin A, Glukokortikoiden, Mycophenolatmofetil (Azathioprin) mit oder ohne zusätzliche Gabe von Antilymphozytenglobulinen (s. a. S. 785ff.).
Die Immunsuppression besteht aus einer Kombination von Ciclosporin A, Glukokortikoiden, Mycophenolatmofetil (Azathioprin) und ggf. Antilymphozytenglobulin.
Inseltransplantation
Inseltransplantation
Aufgrund der hohen Immunogenität von Pankreasinseln erfolgt eine präoperative Vorbehandlung mit Antilymphozytenglobulin oder monoklonalen Antikörperpräparationen (OKT3). Die postoperative Immunsuppression wird mit Mycophenolatmofetil (Azathioprin), Glukokortikoiden und Ciclosporin A oder Tacrolimus durchgeführt.
Präoperativ wird Antilymphozytenglobulin oder OKT3 verabreicht. Postoperativ entspricht die Behandlung der der Pankreastransplantation.
Die Abstoßungsdiagnostik erfolgt durch Amylasebestimmung im Urin und Messung von Blutglukose, Insulinsekretion, C-Peptid und Glukagon. Ein Absinken des C-Peptids und des Glukagons zeigt bereits einen irreversiblen Transplantatschaden an.
Ihre Applikation führt zu keinen Komplikationen. Das Monitoring ihrer Funktion erfolgt durch Bestimmung von Blutglukose, Insulinsekretion, C-Peptid und Glukagon.
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22 Transplantation
Ergebnisse
Ergebnisse
Pankreastransplantation
Pankreastransplantation
Die 1-Jahres-Funktionsrate beträgt derzeit 80–90 %.
Die 1-Jahres-Funktionsrate des Transplantats beträgt derzeit 80–90 %. (Int. Pankreastransplantationsregister 1998.)
Inseltransplantation
Inseltransplantation
Die 1-Jahres-Überlebensrate der Inseln beträgt ca. 40 %.
Bis Ende 1998 sind weltweit nur wenige hundert klinische Inselzelltransplantationen vorgenommen worden. Die 1-Jahres-Überlebensrate der Inseln beträgt ca. 40 %.
22.5.2
22.5.2
Dünndarmtransplantation
Dünndarmtransplantation
Indikation
Indikation
Die Indikation besteht beim Kurzdarmsyndrom, wenn der Restdünndarm keine ausreichende Resorptionsleistung zeigt.
Die Indikation zur Dünndarmtransplantation besteht beim Kurzdarmsyndrom, wenn der Restdünndarm nach einer ausreichend langen Adaptationsphase (1–2 Jahre) keine ausreichende Resorptionsleistung zeigt.
Ätiologie. Ein Kurzdarmsyndrom entsteht im Erwachsenenalter nach ausgedehnten Dünndarmresektionen oder entzündlichen Darmerkrankungen, im Kindesalter durch Darmgangrän nach Volvulus oder bei multiplen Dünndarmatresien.
Ätiologie. Ein Kurzdarmsyndrom entsteht im Erwachsenenalter z.B. nach
Bei Auftreten einer Leberinsuffizienz kommt auch eine kombinierte LeberDünndarmtransplantation in Betracht.
ausgedehnten Dünndarmresektionen wegen Durchblutungsstörungen (Mesenterialinfarkt u.ä.) oder entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn). Im Kindesalter ist ursächlich für die Dünndarmresektion zu nennen die Darmgangrän nach Volvulus, multiple Dünndarmatresien, nekrotisierende Enterokolitis usw. Auf Grund der fehlenden Resorptionsfläche müssen die Patienten langfristig partiell oder komplett parenteral ernährt werden. Die daraus resultierenden Komplikationen wie Kathetersepsis, metabolische Störungen oder Leberparenchymschäden lassen eine Dünndarmtransplantation indiziert erscheinen. Bei Auftreten einer Leberinsuffizienz kommt auch eine kombinierte Leber-Dünndarmtransplantation in Betracht.
Kontraindikationen (s.
Kontraindikationen (s. 2 B-22.7)
2
B-22.7)
Operationstechnik
Operationstechnik
Das Transplantat besteht aus Jejunum und Ileum (ca. 1 Meter), um u.a. die Resorption fettlöslicher Vitamine und Gallensäuren zu gewährleisten.
Die Darmanastomosen werden zunächst als Stomata ausgeleitet und erst nach ca. 4 Wochen mit dem Empfängerdarm anastomosiert.
Die optimale Transplantatlänge beträgt ca. 1 Meter. Das Transplantat sollte aus Jejunum und Ileum bestehen, um u.a. die Resorption fettlöslicher Vitamine und Gallensäuren zu gewährleisten. Die Transplantatgefäße sind entweder Mesenterialgefäße aus der A./V. ileocolica oder der A./V. mesenterica superior. Bei der Entnahme wird das Transplantat über die arteriellen Gefäße mit speziellen Konservierungslösungen perfundiert. Im Anschluss daran werden die Transplantatgefäße an die A./V. iliaca oder die Aorta/V. cava anastomosiert. Die Transplantatenden werden zunächst als Stomata ausgeleitet und dann – nach Stabilisierung des Patienten – nach ca. 4 Wochen mit dem Empfängerdarm anastomosiert.
Postoperative Komplikationen
Postoperative Komplikationen
Es kann zum Auftreten von Gefäßkomplikationen sowie zu Nahtinsuffizienzen im Bereich der Darmanastomosen kommen. Hauptproblem ist die schwere Abstoßungsreaktion auf Grund der hohen Immunogenität des Dünndarms durch seinen Gehalt an lymphatischem Gewebe. Die akute Abstoßung führt zu Fieber und diffusen abdominellen Schmerzen mit dem Bild einer hämorrhagischen Enteritis bis hin zur generalisierten Peritonitis.
Nichtimmunologische Frühkomplikationen können im Bereich der Gefäßanastomosen auftreten (Blutung, Thrombose, Stenose) und konsekutiv durch einen ischämischen Mukosaschaden zu einem enteralen Flüssigkeitsund Eiweißverlust führen. Im Bereich der Darmanastomosen kann es zum Auftreten von Insuffizienzen kommen. Das Hauptproblem der Dünndarmtransplantation ist die schwere Abstoßungsreaktion auf Grund der hohen Immunogenität des Dünndarms durch seinen Gehalt an lymphatischem Gewebe. Die akute Abstoßung führt zu Fieber und diffusen abdominellen Schmerzen mit dem Bild einer hämorrhagischen Enteritis mit Blutungen und Flüssigkeitsverlust in das Darmlumen bis hin zur generalisierten Peritonitis.
Die Transplantatgefäße werden an die A./V. iliaca oder die Aorta/V. cava anastomosiert.
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807
22.6.1 Herztransplantation Die chronische Abstoßung verläuft klinisch blande und äußert sich in einer allmählichen Verschlechterung der Transplantatfunktion, die mit einem progredienten Gewichtsverlust einhergeht.
Die chronische Abstoßung verläuft klinisch unauffällig und äußert sich durch progredienten Gewichtsverlust.
Postoperative Behandlung
Postoperative Behandlung
Die immunsuppressive Basistherapie umfasst die Gabe von Glukokortikoiden, Tacrolimus (Ciclosporin A), Antilymphozytenglobulin und Mycophenolatmofetil. Tacrolimus scheint bei der Dünndarmtransplantation besser wirksam zu sein als Ciclosporin A (s. a. S. 784ff.).
Die Therapie umfasst Tacrolimus oder Ciclosporin A, Glukokortikoide, Mycophenolatmofetil und Antilymphozytenglobulin.
Ergebnisse
Ergebnisse
Bis Ende 1997 sind weltweit ca. 300 klinische Dünndarmtransplantationen durchgeführt worden. Unter einer kombinierten Immunsuppression beträgt die derzeitige 1-Jahres-Überlebensrate des Transplantats 60 %. 90 % der überlebenden Patienten mit funktionstüchtigem Transplantat sind nach 1 Jahr enteral ernährbar.
Bislang sind weltweit mehr als 300 klinische Dünndarmtransplantationen durchgeführt worden. Die derzeitige 1-Jahres-Überlebensrate des Transplantats beträgt 60 %.
22.6
Herz-/Lungentransplantation
22.6
Herz-/Lungentransplantation
22.6.1
Herztransplantation
Jochen Cremer; Stephan Hirt 22.6.1
Herztransplantation
Seit Anfang der 80er Jahre wurde die Herztransplantation zu einem anerkannten Therapiekonzept für die terminale Herzinsuffizienz entwickelt. Die deutlich verbesserten Erfolgsaussichten zu diesem Zeitpunkt beruhten im Wesentlichen auf die Einführung von Ciclosporin A in das Konzept der immunsuppressiven Basistherapie. Dies führte zu wesentlich höheren kurzund langfristigen Überlebensraten bei geringerer Organtoxizität der Immunsuppression, besserer immunosuppressiver Potenz und geringer Inzidenz von Infektionen und Malignomen. Der Eingriff an sich wird heutzutage fast ausschließlich als orthotoper Ersatz ausgeführt, bei dem das kranke Herz exzidiert und das Spenderherz in gleicher Position (orthotop) implantiert wird. Die heterotope Transplantation unter Belassung des Empfängerherzens und „Seitanschluss“ des in die rechte Pleurahöhle positionierten Herzens wurde wegen deutlich schlechterer Erfolgsaussichten verlassen. Aufgrund der limitierten Verfügbarkeit von Spenderorganen besteht ein Missverhältnis von derzeit ca. 500 jährlich ausgeführten Herztransplantationen gegenüber ca. 2000 potenziellen Empfängern in Deutschland.
Indikation n Merke. Die progrediente terminale Herzinsuffizienz ohne fixierten erhöhten pulmonalen Gefäßwiderstand stellt die Indikation zur orthotopen Herztransplantation dar.
Zum Operationszeitpunkt befinden sich die Patienten üblicherweise im NYHA-Stadium IV oder sind nur noch minimal belastbar und haben mehrfach biventrikuläre Dekompensationen erlitten. Eine Verbesserung der medikamentösen Therapie ist nicht mehr möglich und eine progrediente weitere Verschlechterung ist anzunehmen. In der Mehrzahl der Fälle liegt der Herzinsuffizienz eine dilatative Kardiomyopathie unterschiedlicher Genese zu Grunde. Demgegenüber stellt die ischämische Kardiomyopathie (ICM) den Endzustand der Koronarsklerose dar und gilt als zweithäufigste Indikation zur Transplantation. Herztumoren und kongenitale Anomalien sind hingegen von untergeordneter Bedeutung.
Jährlich werden ca. 500 Herztransplantationen derzeit in Deutschland durchgeführt. Mit Einführung von Ciclosporin A in die Immunsuppression wurden die Erfolgsaussichten seit Anfang der 80er Jahre entscheidend verbessert.
Der Eingriff wird heute fast ausschließlich als orthotoper Ersatz ausgeführt, die heterotrope Transplantation hat deutlich schlechtere Erfolgsaussichten.
Indikation Merke
Die Patienten befinden sich meist im NYHA Stadium IV oder sind nur minimal belastbar und hatten mehrfach biventrikuläre Dekompensation. Die Herzinsuffizienz beruht vorwiegend auf dilatativer oder ischämischer Kardiomyopathie. Herztumoren und kongenitale Anomalien stellen seltene Ursachen für die Transplantation dar. Die hämodynamische Situation von Transplantationskandidaten ist gekennzeichnet durch: Herzindex ≤ 2,0 l/min/m2 und linksventrikuläre EF < 20 % ( 2 B-22.8).
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808 Um den rechten Ventrikel des Spenderorgans im Rahmen der Transplantation nicht zu überfordern, ist notwendig, dass der pulmonale Gefäßwiderstand (PVR) eine gewisse Grenze nicht überschreitet und nicht auf hohem Niveau fixiert ist. Derzeit wird als obere Grenze ein Wert von 300 dyn « s/cm 5 (normal ≤ 150 dyn « s/cm 5 ) angesehen.
Mechanische Herz-Kreislaufunterstützungssysteme können den Kreislauf des Patienten präoperativ unterstützen. In Abhängigkeit vom Typ des Systems kann dies bis zu > 1 Jahr möglich sein. Wegen der hohen Raten von Blutungsund Infektionskomplikationen sowie Thromboembolien werden voll implantierbare Kunstherzen derzeit klinisch nicht routinemäßig eingesetzt.
22 Transplantation Die hämodynamische Situation dieser Patienten zum Zeitpunkt der Indikationsstellung ist gekennzeichnet von einer hochgradig erniedrigten linksventrikulären Ejektionsfraktion (EF) auf unter 20 % (normal ≥ 60 %) und einem Herzindex (HI) unter 2,0 l/min/m2 (normal 3,0–3,5 l/min/m2). Um den rechten Ventrikel des Spenderorgans im Rahmen der Transplantation nicht zu überfordern, ist notwendig, dass der pulmonale Gefäßwiderstand (PVR) eine gewisse Grenze nicht überschreitet und nicht auf hohem Niveau fixiert ist. Derzeit wird als obere Grenze ein Wert von 300 dyn « s/cm5 (normal ≤ 150 dyn « s/cm5) angesehen ( 2 B-22.8). Die Reagibilität der pulmonalen Strombahn kann im Rahmen einer Rechtsherzkatheteruntersuchung durch die Gabe von Vasodilatanzien, insbesondere Nitropräparaten und Prostaglandinen getestet werden. Bei einem Teil der Patienten ist präoperativ die Kreislaufsituation nur noch mit Katecholaminen oder durch mechanische HerzKreislaufunterstützungssysteme in stationärer Behandlung zu stabilisieren. Das Spektrum der in dieser Situation verwandten Systeme reicht von intraaortalen Ballonpumpen über biventrikuläre extrakorporale Blutpumpen bis zu voll implantierbaren Pumpen, die in der Lage sind, die Funktion des linken Ventrikels komplett zu übernehmen. Der mögliche Zeitraum der Kreislaufunterstützung hängt wesentlich vom Typ des Systems ab und liegt für implantierbare Linksherzsysteme in Einzelfällen auch über einem Jahr. Wegen der hohen Raten von Blutungs- und Infektionskomplikationen sowie Thromboembolien werden voll implantierbare Kunstherzen derzeit klinisch nicht routinemäßig eingesetzt.
2 B-22.8
Indikationen zur Herztransplantation
Terminale Herzinsuffizienz Stadium IV (NYHA) Hämodynamik: N HI n
< 2,0 l/min/m 2
N EF n
< 20 %
N PVR < 300 dyn « s/cm5 n
Kontraindikationen
Kontraindikationen
Neben dem Vorliegen von Begleiterkrankungen entscheidet die erwartete Compliance des Patienten und seine psychosoziale Situation mit über die Eignung als Transplantationskandidat. Die wichtigsten Kontraindikationen zeigt 2 B-22.9 .
Während die kardiale Situation eines potenziellen Transplantationskandidaten relativ klar zu umreißen ist, bestimmen eine Reihe weiterer Faktoren die definitive Eignung zur Transplantation ( 2 B-22.9). Im Rahmen der Begleiterkrankungen gelten kurativ nicht behandelbare Tumorerkrankungen und eine Reihe maligner Systemerkrankungen (z.B. Kollagenosen, Amyloidose) als absolute Kontraindikationen. Chronische Organerkrankungen nicht kardialer Genese, wie beispielsweise chronische Leber- und Nierenerkrankungen mit insuffizienter Organfunktion sind ebenfalls als absolute Kontraindikation anzusehen, es sei denn, dass eine kombinierte Organtransplantation (z.B. Herz und Niere) zu erwägen ist. Chronische Infektionen, insbesondere wenn von einer Exazerbation im Rahmen der notwendigen Immunsuppression auszugehen ist, führen zur Ablehnung der Transplantation. Von klinischer Relevanz sind hierbei vor allem chronische Hepatitiden, Tuberkulose und HIV-Infektion. In Zusammenhang mit der Immunsuppression müssen gerade Erkrankungen des hämatopoetischen und des Immunsystems auf ihren erwarteten Verlauf überprüft werden. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus und degenerative vaskuläre Erkrankungen sind demgegenüber eher als relative Kontraindikationen einzuordnen. Unabhängig vom Ausmaß der Begleiterkrankungen stellen die psychosoziale Situation des Patienten und die erwartete Compliance weitere essenzielle Faktoren dar, die über die Eignung zur Transplantation entscheiden. Dies bedeutet, dass Patienten mit chronischen Suchtkrankheiten oder neurologisch/psychischen Erkrankungen von einer Transplantation ausgeschlossen werden. Darüber hinaus sollte idealerweise eine stabile Partnerbeziehung bestehen, in der die mit der Transplantation für den Patienten verbundene Belastung besser getragen wird. Altersgrenzen unterliegen eher dem biologischen Alter, wobei orientierend derzeit eine obere Grenze von 65 Jahren vorgeschlagen wird.
Allgemein wird derzeit eine obere Grenze von 65 Jahren vorgeschlagen.
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22.6.1 Herztransplantation
2 B-22.9
809
Kontraindikationen zur Herztransplantation
Absolute Kontraindikationen n maligne Tumorerkrankungen N N Systemerkrankungen (z.B. Amyloidose, Sklerodermie, Panarteriitis nodosa) n N chronische Lebererkrankung mit Funktionseinschränkung n
N chronische Nierenerkrankung mit Kreatinin-Clearance ≤ 40 ml/min n N chronische Infektionen (HIV, Hepatitis B, C und D, Tuberkulose, Aspergillose) n n Erkrankungen des hämatopoetischen Systems N N Erkrankungen des Immunsystems n Relative Kontraindikationen n insulinpflichtiger Diabetes mellitus N N generalisierte arterielle Verschlusskrankheit n N chronische Suchtkrankheiten n N neurologisch/psychische Erkrankungen n
Spenderkriterien und Operationstechnik Wie andere Organtransplantationen wird auch die Herzverpflanzung innerhalb des AB0-Systems ohne Berücksichtigung des Rhesusfaktors durchgeführt. Aufgrund der tolerierbaren Ischämiezeit, die bei ca. 3–4 Stunden liegt, kann routinemäßig keine Berücksichtigung des HLA-Matches stattfinden, da für diese Bestimmung aufwendige immunologische Untersuchungen mit Spender- und Empfängergewebe, die sich in diesem Zeitraum nur selten realisieren lassen, notwendig sind. In der Regel sollte Größengleichheit zwischen Organspender und -empfänger angestrebt werden, wobei für Patienten mit höherem pulmonalem Gefäßwiderstand eher größere Spenderorgane notwendig sind, um einer Überlastung des rechten Ventrikels des Spenderherzens (postoperatives Rechtsherzversagen) vorzubeugen. Das Spenderherz sollte vor Entnahme eine normale Kontraktilität besitzen und ohne oder höchstens mit mittleren Katecholamindosierungen (Dopamin, Dobutamin, Adrenalin) annähernd normale Kreislaufverhältnisse produzieren. Vorbestehende Herzerkrankungen (z.B. Klappenfehler oder Koronarsklerose) schließen eine Herzspende aus. Zur eigentlichen Organentnahme wird die Aorta ascendens abgeklemmt und kardioplegische Lösung (z.B. St. Thomas Hospital Solution, Belzer Lösung, o.ä.) über die Aortenwurzel ins Koronarsystem perfundiert. Anschließend exzidiert man das Organ unter Trennung von Hohl- und Lungenvenen. Aorta und Pulmonalarterie werden ebenfalls unter Belassen ausreichend langer Gefäßenden abgesetzt. Das Organ wird dann gekühlt (4 ΩC) transportiert und toleriert so konserviert eine Ischämiezeit von 3–4 Stunden. Unter Verwendung extrakorporaler Zirkulationstechniken erfolgt über eine mediane Sternotomie zunächst die Explantation des erkrankten Organs. Dazu werden die Ventrikel im AV-Sulkus unter Entnahme einer schmalen Vorhofmanschette sowie beider Herzohren abgesetzt und Aorta ascendens sowie A. pulmonalis oberhalb der Klappenebene durchtrennt ( 1 B-22.15 a). Die Implantation des Spenderorgans beginnt mit der Anastomosierung von linkem und rechtem Vorhof (wahlweise auch Anastomosierung der Hohlvenen) in fortlaufender Nahttechnik. Nach Längenanpassung werden die Enden von Aorta und Pumonalarterie von Empfänger und Spender vernäht ( 1 B-22.15 b, c). Im Anschluss an eine Reperfusionsphase, in der der Metabolismus des Spenderorgans wieder normalisiert wird, übernimmt das Transplantat seine Funktion normalerweise im Eigenrhythmus, sodass die extrakorporale Zirkulation beendet werden kann.
Postoperative Behandlung und Komplikationen Unter einer adäquaten pharmakologischen Therapie mit positiv-inotropen Substanzen (Dopamin, Dobutamin, Adrenalin, Phosphodiesterasehemmer) und chronotropen Substanzen (Alupent, Theophyllin), Vasodilatanzien (Ni-
Spenderkriterien und Operationstechnik Die Eignung eines Spenderorgans für den jeweiligen potenziellen Empfänger orientiert sich am AB0-System ohne Berücksichtigung von Rhesusfaktor und HLA-Match sowie an Größenverhältnissen und pulmonalem Gefäßwiderstand des Transplantatempfängers. Das Spenderherz sollte eine normale Kontraktilität besitzen. Vorbestehende Herzerkrankungen schließen eine Herzspende aus.
Das Spenderherz wird nach Perfusion kardioplegischer Lösung in das Koronarsystem unter Trennung der großen Gefäße exzidiert. Gekühlt (4 ΩC) toleriert das Organ eine Ischämiezeit von 3–4 Stunden. Unter Verwendung extrakorporaler Zirkulationstechniken werden nach Explantation des erkrankten Herzens ( 1 B-22.15 a) die Vorhöfe (wahlweise an Stelle des rechten Vorhofs auch die Hohlvenen) sowie Aorta und Pumonalarterie ( 1 B-22.15 b, c) anastomosiert.
Postoperative Behandlung und Komplikationen Bei ca. 95 % aller Transplantate lässt sich durch eine adäquate pharmakologische Therapie eine stabile Funktion
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22 Transplantation tropräparate und ACE-Hemmer) übernehmen mehr als 95 % aller Transplantate eine stabile Funktion mit ausreichenden Kreislaufverhältnissen. Bei stabilem Sinusrhythmus ist in den meisten Fällen die Implantation eines permanenten Schrittmachersystems nicht notwendig. Schwerwiegende postoperative Probleme der Transplantatfunktion, die zu einem akuten biventrikulären Versagen führen, sind relativ selten. Als mögliche Ursachen kommen eine unzureichende Spenderorganprotektion, eine zu lange Ischämiezeit, ein zu kleines Transplantat oder eine hyperakute antikörpervermittelte Abstoßungsreaktion in Frage. Demgegenüber kann ein zu hoher, insbesondere fixierter Pulmonalgefäßwiderstand zu einem isolierten rechtsventrikulären Versagen führen. Unter Verwendung entsprechender Kreislaufunterstützungssysteme können selbst derartige schwere Komplikationen überbrückt bzw. behandelt werden.
mit Eigenrhythmus erreichen. Zu einem biventrikulären Spenderorganversagen (selten) kann es durch unzureichende Spenderorganprotektion, zu lange Ischämiezeit oder hyperakute Abstoßungsreaktion kommen. Ein zu hoher Pulmonalgefäßwiderstand kann zu einem isolierten Rechtsherzversagen führen. Aufgrund der Immunsuppression besteht ein erhöhtes Risiko für perioperative, insbesondere bakterielle Infektionen.
1 B-22.15
Synopsis Herztransplantation a Operationssitus nach Exzision des erkrankten Herzens unter Absetzen im AV-Sulkus und Durchtrennen der großen Gefäße.
VCS Ao
PA
VCS Ao
LA
PA
RA
PA
Ao VCS
RA (Empfänger)
VCI a
LA
VCS
Ao
VCI PA
b
RA (Spender) b Implantation des Spenderherzens: Die Transplantation beginnt mit der Vereinigung des linken Spender- und Empfängervorhofs in der Höhe der linken oberen Lungenvenen. Anschließend erfolgt die Anastomosierung des rechten Vorhofs und der großen Gefäße.
c
VCI
c Operationssitus nach Implantation.
RA LA AO PA VCS VCI
= = = = = =
rechter Vorhof linker Vorhof Aorta Pulmonalarterie V. cava superior V. cava inferior
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22.6.1 Herztransplantation In Anbetracht der Immunsuppression ist bei Herztransplantierten mit einer höheren Rate peri- und postoperativer vorwiegend bakterieller Infektionen im Vergleich zu anderen Herzoperierten zu rechnen. Diesem Risiko wird durch eine verlängerte Antibiotikaprophylaxe (üblich 4–7 Tage), einem engmaschigen Infektionsmonitoring und bei Bedarf einer kompromisslosen Antibiotikatherapie Rechnung getragen. Das Infektionsmonitoring erfolgt besonders intensiv während der stationären Behandlungsphase, wird aber auch bei ambulanten Vorstellungen durchgeführt. Es erstreckt sich im Wesentlichen auf regelmäßige Röntgenuntersuchungen der Lungen, Blut-, Serum- und Urinanalysen sowie Untersuchung von Tracheal- bzw. Bronchialsekret. Besonderes Augenmerk gilt dabei bakteriellen Pneumonien, Aspergillus- und Candidaerkrankungen, sowie Zytomegalievirus- und Pneumocystis-carinii-Infektionen.
Diesem Risiko wird durch eine verlängerte Antibiotikaprophylaxe (üblich 4–7 Tage), einem engmaschigen Infektionsmonitoring und bei Bedarf einer kompromisslosen Antibiotikatherapie Rechnung getragen.
Immunsuppression
Immunsuppression
Zur Prophylaxe akuter und chronischer schwerer Abstoßungsreaktionen wird in den meisten Transplantationszentren eine 3fache immunsuppressive Basistherapie mit Steroiden, Ciclosporin A und Azathioprin angestrebt. Bis zum Erreichen ausreichender Wirkspiegel dieser Immunsuppressiva im Normalfall am Ende der ersten Woche, hat sich die Applikation antilymphozytärer Antikörper in der frühpostoperativen Phase zur Modulation bestimmter T-Zell-Funktionen als sehr vorteilhaft erwiesen. Ziel einer derartigen Basisimmunsuppression ist nicht die Elimination jeglicher Abstoßungsreaktionen, sondern die Verhinderung schwerer mit einer dauerhaften Funktionsstörung des Transplantats eingehender Abstoßungen. Zusätzlich soll ebenso die Inzidenz von Abstoßungsepisoden ohne Funktionsbeeinträchtigung gering gehalten werden. Eine übliche Tagesdosis der Immunsuppressiva im Langzeitverlauf eines erwachsenen Patienten wäre z.B. 5 mg Prednison, 150 mg Azathioprin und 2 « 150 mg Ciclosporin A. Die Nebenwirkungen der Einzelsubstanzen veranlassen im Einzelfall zur individuellen Dosisanpassung. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die steroidbedingte Osteopathie (vorwiegend Osteoporose der Wirbelsäule, aber auch selten aseptische Knochennekrosen) und die ciclosporininduzierte Nephropathie und Hypertonie (s. a. S. 784ff.).
Überwiegend wird eine 3fache immunsuppressive Basistherapie mit Steroiden, Ciclosporin A und Azathioprin durchgeführt. Bis zum Erreichen ausreichender Wirkspiegel der Basisimmunsuppression hat sich die Anwendung von antilymphozytären Antikörpern als vorteilhaft erwiesen.
Abstoßungsdiagnostik
Abstoßungsdiagnostik
Obwohl zur Abstoßungsdiagnostik eine Vielzahl verschiedener nicht invasiver Verfahren erprobt wurden, gilt die endomyokardiale Biopsie nach wie vor als Standardmethode ( 1 B-22.16). Über eine perkutane Schleuse, die man in Lokalanästhesie in die rechte V. jugularis interna einbringt, werden mit geeigneten Biopsiezangen mehrere rechtsventrikuläre Gewebsproben entnommen, histologisch untersucht und klassifiziert. Demgegenüber verfügen nicht invasive Methoden wie Echokardiographie, differenzierte EKGTechniken oder immunologische Serum- und Lymphozytentests nicht über eine gleichwertige diagnostische Sicherheit. In den ersten 3 Monaten nach Transplantation unterziehen sich die Patienten in zunächst wöchentlichen bis 14-tägigen Abständen einer Abstoßungsdiagnostik. Nach dem ersten Jahr können bei günstigem Verlauf die Untersuchungsintervalle 8–12 Wochen betragen. Im Rahmen dieser ambulanten Vorstellungen werden begleitend EKG- und Labordiagnostik durchgeführt sowie echokardiographische Befunde erhoben. Bei Vorliegen akuter Abstoßungsreaktionen erfolgt unverzüglich eine hoch dosierte intravenöse Steroidbehandlung (z.B. täglich 500 mg Methylprednisolon über 3 Tage) oder bei Persistenz bzw. insbesondere schweren Abstoßungsreaktion die Applikation von gegen Lymphozyten gerichteten Antikörpern (z.B. anti-Thymozytenglobulin, Anti-Lymphozytenglobulin, monoklonale T-Zell-Antikörper).
Standardmethode zur Abstoßungsdiagnostik ist die endomyokardiale Biopsie ( 1 B-22.16). Nicht invasive Methoden wie Echokardiographie, differenzierte EKG-Techniken oder immunologische Serum- und Lymphozytentests verfügen nicht über eine gleichwertige diagnostische Sicherheit. Die Abstoßungsdiagnostik wird in den ersten 2–3 Monaten ca. 7–14-tägig, nach dem 1. Jahr ca. alle 2–3 Monate durchgeführt.
Besonderes Augenmerk gilt dabei bakteriellen Pneumonien, Aspergillusund Candidaerkrankungen, sowie Zytomegalievirus- und Pneumocystiscarinii-Infektionen.
Ziel einer derartigen Basisimmunsuppression ist nicht die Elimination jeglicher Abstoßungsreaktionen, sondern die Verhinderung schwerer mit einer dauerhaften Funktionsstörung des Transplantats eingehender Abstoßungen.
Akute Abstoßungsreaktionen werden mit einer hoch dosierten intravenösen Steroidtherapie oder mit antilymphozytären Antikörpern behandelt.
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812
22 Transplantation
1 B-22.16
Synopsis Endomyokardiale Biopsie
V. jugularis interna
Über eine in die rechte V. jugularis interna eingeführte Schleuse werden mit einem geeigneten Biotom 4–8 Myokardstücke in einer Größe von 1–2 mm möglichst im Bereich des Ventrikelseptums gewonnen. Der Eingriff erfolgt in Lokalanästhesie unter Blutdruck- und EKG-Kontrolle.
Ergebnisse und Langzeiterwartungen
Ergebnisse und Langzeiterwartungen
Die perioperative Mortalität ist derzeit < 10 % und die 1-Jahres-Überlebensrate liegt um 80 %. Im 1. Jahr stellen Infektionen und akute Abstoßungsepisoden das Hauptproblem dar, während im Langzeitverlauf chronische Abstoßung und Tumorerkrankungen eine tragende Bedeutung haben. Nach dem 1. Jahr ist mit einer jährlichen Absterberate zwischen 2–5 % zu rechnen.
Im Zusammenhang mit der Standardisierung von Spender- und Empfängerkriterien, des operativen Vorgehens und der Immunsuppression unter Einbeziehung von Ciclosporin A, gelang es die perioperative Mortalität international auf < 10 % zu senken. Aufgrund des höheren Risikos schwerer akuter Abstoßungsepisoden und infektiöser Komplikationen beläuft sich die Absterberate im ersten Jahr auf zwischen 10–15 %. Danach bleibt die Überlebensrate ausgehend von Werten um 80 % nach dem 1. Jahr wesentlich stabiler. Nach 5 Jahren ist mit einer Überlebensrate von ca. 60 %–70 % zu rechnen. Während im 1. Jahr Infektionen und akute Abstoßungen das Hauptproblem darstellen, sind die Probleme des Langzeitverlaufs durch chronische Abstoßung und Tumorerkrankungen gekennzeichnet. Dabei imponiert die chronische Abstoßung klinisch als Transplantatvaskulopathie mit progressiver Funktionsverschlechterung. Eine Vaskulopathie kann sowohl an den größeren epikardialen Koronargefäßen (meist diffus und peripher lokalisiert) als auch ausschließlich als histologische Veränderung an Arteriolen und Kapillaren im Biopsat imponieren. Im Langzeitverlauf ist von einer jährlichen Absterberate zwischen 2–5 % bei herztransplantierten Patienten auszugehen. Die Mehrheit der vor der Transplantation weitgehend immobilisierten Patienten erreicht nach dem Eingriff eine altersentsprechende körperliche Belastung. Häufig kann für diese terminal Kranken eine soziale und auch berufliche Reintegration verbunden mit einer akzeptablen Langzeitperspektive erreicht werden. Bei einwandfreier Transplantatfunktion ist die körperliche Leistungsfähigkeit von der Herzfunktion her nicht limitiert, sodass auch gegen intensive sportliche Betätigung keine Einwände bestehen. Insbesondere im 1. Jahr sind die Patienten angehalten, die Exposition gegenüber erhöhten Infektionsrisiken so gering wie möglich zu halten.
Die Mehrheit der vor der Transplantation weitgehend immobilisierten Patienten erreicht nach dem Eingriff eine altersentsprechende körperliche Belastung.
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813
22.6.2 Lungen- und Herz-Lungentransplantation
Klinischer Fall Orthotope Herztransplantation: Bei einem 33-jährigen Mann mit vorbestehendem kombiniertem Aortenvitium bildete sich nach Virusmyokarditis eine dilatative Kardiomyopathie aus, die innerhalb von 6 Monaten zu einer rapiden Verschlechterung der körperlichen Belastbarkeit (NYHA IV) führte. Vor Transplantation war der Patient linksventrikulär dekompensiert und katecholaminpflichtig ( 1 B-22.17 a). Zusätzlich zur Herzinsuffizienz bestand ein ausgedehnter linksventrikulärer Thrombus und ein vermutlich embolischer frischer Milzinfarkt.
1 B-22.17
Röntgenthorax vor und nach Herztransplantation
a Thoraxbefund vor Transplantation: Erhebliche Vergrößerung der Herzsilhouette mit ausgeprägter pulmonaler Stauung als Zeichen der Linksherzinsuffizienz.
22.6.2
Präoperative Funktionsdaten: Ejektionsfraktion 17 %, Herzindex 1,7 l/min/m2, Pulmonalgefäßwiderstand 139 dyn · s · cm–5, arterieller Blutdruck 90/50 mmHg. Nach orthotoper Herztransplantation war der weitere Verlauf unkompliziert ( 1 B-22.17 b), sodass der Patient nach 22 Tagen nach Hause entlassen werden konnte. Der weitere Verlauf war problemlos mit 2 moderaten Abstoßungsepisoden innerhalb des 1. Halbjahres, die jeweils mit 3 « 500 mg Methylprednisolon behandelt wurden. Nach 4 Monaten konnte der Mann seine Berufstätigkeit wieder aufnehmen.
b Thoraxbefund vor Entlassung: Weitgehende Normalisierung mit normal großer Herzsilhouette und nahezu normaler Lungengefäßzeichnung.
Lungen- und Herz-Lungentransplantation
Vereinzelte operative Erfahrungen mit der klinischen Lungen- (LTX) und Herz-Lungentransplantation (HLTX) wurden bereits in den 60er Jahren gewonnen. Allerdings fand im Zuge verbesserter Erfolgsaussichten eine breitere klinische Entwicklung dieses Konzepts erst seit Mitte der 80er Jahre statt. Die heutige Akzeptanz dieses Verfahrens beruht im Gegensatz zur Herztransplantation nicht vorrangig auf der Verbesserung der immunsuppressiven Behandlungsstrategien. Entscheidend war besonders die Entwicklung suffizienter Techniken zur Konservierung der Spenderlungen, die heute vorwiegend als sog. »Flush«-Perfusion mit geeigneten Lösungen vorgenommen wird. Darüber hinaus mussten Probleme der Heilung bronchialer Anastomosen durch Modifikation der Operationstechniken gelöst werden. Dies begründete insbesondere bei der Doppellungentransplantation den Vorzug der bibronchialen Anastomosierung der Luftwege gegenüber einer einzigen trachealen Verbindung. Derzeit werden jährlich ca. 800 Lungen- und HerzLungenverpflanzungen weltweit vorgenommen.
22.6.2
Lungen- und Herz-Lungentransplantation Vereinzelte operative Erfahrungen mit der klinischen Lungen- (LTX) und HerzLungentransplantation (HLTX) wurden bereits in den 60er Jahren gewonnen. Die heutige Akzeptanz dieses Verfahrens beruht vor allem auf der Entwicklung suffizienter Techniken zur Konservierung der Spenderlungen.
Derzeit werden weltweit jährlich ca. 800 Lungen- und Herz-Lungenverpflanzungen vorgenommen.
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814
22 Transplantation
Indikation
Indikation
Terminale pulmonalvaskuläre und pulmonalparenchymatöse Erkrankungen bilden Indikationen zur HerzLungen- oder Lungentransplantation. Die vaskuläre Beteiligung äußert sich in Form einer primären oder sekundären pulmonalen Hypertonie.
Endzustände pulmonalvaskulärer und pulmonalparenchymatöser Erkrankungen bilden das Indikationsspektrum zur HLTX und LTX. Dies schließt bei vaskulärer Genese die primäre pulmonale Hypertonie, aber auch sekundäre Hypertonieformen aufgrund einer Eisenmenger-Reaktion bei kongenitalen Herzvitien oder auch aufgrund multipler Lungenembolien ein. Bei sekundärer pulmonaler Hypertonie sollte jedoch vorrangig eine konventionell chirurgische Behandelbarkeit überprüft werden, auch unter Berücksichtigung neuerer Operationsverfahren wie der pulmonalen Thrombendatherektomie beim Morbus embolicus (rezidivierende Lungenembolien mit chronischer Obstruktion der arteriellen Lungenstrombahn). Anders als bei der Herztransplantation sind quantifizierbare Kriterien abgeleitet von Hämodynamik, Lungenfunktionstes oder Blutgasanalyse für die Indikationsstellung nicht in dem Maße verwertbar. Subjektive Beschwerden und Progredienz des Krankheitsverlaufs sind zur Einschätzung der Transplantationsdringlichkeit ungleich entscheidender. Progrediente parenchymatöse Lungenerkrankungen führen in Abhängigkeit der Genese zur Lungenfibrose oder zum Lungenemphysem. Während terminale Fibrosen mit Einzellungentransplantationen zu behandeln sind, ist beim Lungenemphysem mit infektiöser Beteiligung eine Doppellungentransplantation notwendig, um ein Übergreifen der meist chronischen Infektion auf das Transplantat zu verhindern. Dies gilt obligatorisch für Mukoviszidosepatienten. Bei Emphysempatienten ohne Infektionsbeteiligung besteht die Tendenz eher eine Doppellungentransplantation vorzuschlagen, da von diesen Patienten der chirurgisch aufwendigere Eingriff besser toleriert wird und mit einer Doppellungentransplantation ein besseres funktionelles Ergebnis erzielt werden kann ( 2 B-22.10).
Subjektive Beschwerden und Progredienz des Krankheitsverlaufs sind zur Einschätzung der Transplantationsdringlichkeit entscheidend. Bei pulmonalparenchymatösen Erkrankungen kann bei Fehlen einer infektiösen Beteiligung eine Einzellungentransplantation durchgeführt werden. Chronische Infektionen der Lungen wie bei Mukoviszidose erfordern Doppellungentransplantationen, um ein Übergreifen der meist chronischen Infektion auf das Transplantat zu verhindern ( 2 B-22.10).
2 B-22.10
Indikationen zur Einzel- (SLTX), Doppel- (DLTX) und Herz-Lungentransplantation (HLTX)
N pulmonale Hypertonie n
DLTX, HLTX
N Fibrose n
SLTX
N Emphysem n
DLTX, SLTX
N Mukoviszidose n
DLTX
Für den Erfolg des Eingriffs sind hohe Motivation und gute Compliance Voraussetzung. Schon früh postoperativ ist eine physikalische Therapie mit Atemübungen und Lagerungsdränage sowie ein Training der Atemmuskulatur und des Hustenreflexes erforderlich und verlangen eine intensive Kooperation des Patienten.
Abgesehen von einer guten Transplantatfunktion ist für den Erfolg des Eingriffs eine gute Compliance und eine hohe Motivation Voraussetzung. Gerade in der Frühphase nach der Transplantation sind zur Sekretmobilisation und optimalen Belüftung des Transplantats konsequente Atemübungen und Lagerungsdränage unter intensiver krankengymnastischer Betreuung zu leisten. Zusätzlich muss bei den meisten oft kachektischen Patienten die Atemmuskulatur wieder auftrainiert werden und in Zusammenhang mit der fehlenden Innervation des Transplantats der sonst reflektorisch ausgeführte Hustenstoss bewusst eingesetzt werden.
Kontraindikationen
Kontraindikationen
Wie bei anderen Organtransplantationen gelten maligne Tumor- und Systemerkrankungen sowie chronische Leber- und Niereninsuffizienz als Kontraindikationen. Bei Aspergillus-, HIV- und Hepatitisinfektionen wird wegen möglicher Exazerbation unter Immunsuppression die Transplantation abgelehnt (s.a. 2 B-22.9).
Wie bei anderen Organentnahmen werden Tumorerkrankungen und maligne Systemerkrankungen sowie chronische Leber- und Niereninsuffizienz als Ausschlusskriterien betrachtet (s.a. 2 B-22.9). Demgegenüber müssen chronische und auch akute Infektionen der zu ersetzenden Lungen differenziert beurteilt werden. So werden chronische bakterielle Infekte mit Ausnahme der Tuberkulose mehrheitlich nicht als Transplantationshindernis angesehen. Bei Aspergillus-, HIV- und Hepatitisinfektionen jedoch wird eine Exazerbation der Infektion unter Immunsuppression angenommen. Eine bedeutsame Osteoporose sowie Thoraxdeformitäten stehen der Transplantation thorakaler Organe ebenfalls entgegen. Besondere Behandlungssituationen chronisch Lungenkranker wie eine hoch dosierte Langzeitsteroidbehandlung, das Vorhandensein eines Tracheostomas oder die präoperative
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22.6.2 Lungen- und Herz-Lungentransplantation Beatmung führen zu einer eher zurückhaltenden Indikationsstellung. Thorakale Voroperationen mit erheblicher Verwachsungstendenz, wie operative Pleurodesen gelten als relative Ausschlusskriterien ( 2 B-22.11).
2 B-22.11
Spezielle Aspekte und Kontraindikationen bei LTX und HLTX (zusätzlich zu den Kontraindikationen bei HTX)
N differenziertere Bewertung der Infektionslage n
Chronische pulmonale Infektionen werden individuell beurteilt. Besonderes Augenmerk erfordern osteoporotische Veränderungen, Thoraxdeformitäten sowie thorakale Voroperationen. Bei hoch dosierter Langzeitsteroidbehandlung, Tracheostoma und präoperativer Beatmung wird die Indikation zurückhaltend gestellt ( 2 B-22.11).
N Thorax- und Wirbelsäulendeformitäten (z.B. Trichterbrust, Skoliose) n N Ausmaß der präoperativen Osteoporose und Immobilisation n N Trainingszustand der Atemmuskulatur n N präoperative Beatmung und Tracheostoma n N thorakale Voroperationen (z.B. Pleurodesen, Bullektomie, Lungenresektion) n N Langzeitsteroidbehandlung n
Spenderkriterien
Spenderkriterien
Für die Lungen- und Herz-Lungenspende sollte bei stabiler Herz-Kreislaufsituation und unter standardisierter Beatmung (FiO2 100 %, PEEP 5 cm H2O) ein arterieller Sauerstoffpartialdruck von mindestens 350 mmHg erreicht werden. Das Röntgenbild des Thorax sollte im Wesentlichen Normalbefunde zeigen und insbesondere Infiltrate und Kontusionsherde ausschließen. Rippenserienfrakturen und Thoraxwandhämatome schließen eine Lungenspende demgegenüber nicht aus. In Anbetracht eines hohen Infektionsrisikos der Lungen wird eine Beatmungsdauer von mehr als 7 Tagen als relative Kontraindikation zur Lungenspende angesehen. Darüber hinaus versucht man vor Organentnahme auch bronchoskopisch akute Infektionen und Aspirationen auszuschließen ( 2 B-22.12). Die Berücksichtigung der Größenverhältnisse zwischen Spenderlunge und der Pleurahöhle bzw. des intrathorakalen Volumens des Empfängers ist von entscheidender Bedeutung. Im Hinblick auf Atelektasen ist eine Überdimensionierung der Spenderorgane zu vermeiden.
Die Spenderorgane werden anhand von Blutgasanalysen, Röntgenbild des Thorax, und bronchoskopischem Befund beurteilt. Infektionen und Aspirationen sind auszuschließen ( 2 B-22.12). Einer Berücksichtigung der Größen-/Volumenverhältnisse von Empfänger- und Spenderthorax ist für eine geeignete Dimensionierung notwendig.
2 B-22.12
Spenderkriterien zur Lungenspende
N PO2 > 350 mmHg (FiO 2 100 %; PEEP 5 cm H2 O) n N Spenderalter bis 60 Jahre (Nichtraucher) n N negative Lungenanamese n N Beatmungsdauer ≤ 7 Tage n N kein Infiltrat (radiologisch) n N keine Kontusionsherde oder Einblutungen (makroskopisch) n N keine Infektion oder Aspiration (bronchoskopisch) n
Organentnahme
Organentnahme
Unter Verwendung von geeigneten Konservierungslösungen (z.B. modifizierte Euro-Collins-Lösung mit Prostaglandinzusatz zur besseren Perfusionsverteilung) werden die Lungen als Doppellungenblock mit distaler Trachea, der Pulmonalbifurkation und einer linksatrialen Gewebsmanschette im halbgeblähten Zustand entnommen und transportiert. Bei Herz-Lungenentnahme ist zusätzlich die Protektion des Herzens mit geeigneten Perfusionslösungen (übliche kardioplegische Lösungen, z.B. St. Thomas Hospital Solution, Belzer Lösung, Bretschneider-Lösung u.a.) erforderlich. In diesem Fall entnimmt man die Organe als Herz-Lungenblock ohne Trennung der pulmonalen Strukturen unter Absetzen von proximaler Trachea, Hohlvenen und Aorta ascendens. Die mit dieser Technik tolerierbaren Ischämiezeiten liegen für Lungen bei 6 Stunden, während Herz-Lungentransplantate innerhalb von 4 Stunden reperfundiert werden sollten.
Bei Konservierung von Lungen- bzw. Herz-Lungentransplantation mit geeigneten Perfusionslösungen können Ischämiezeiten zwischen 4–6 Stunden toleriert werden.
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22 Transplantation
Operationstechnik
Operationstechnik
Bei Einzellungentransplantation erfolgt nach postero-lateraler Thorakotomie durch den 5. ICR ( 1 B-22.18 a) die Pneumonektomie der Empfängerlunge und die Implantation der Spenderlunge mit Anastomosierung von Bronchus, linkem Vorhof und Pulmonalarterie ( 1 B-22.18 b).
Als Operationszugang für die Einzellungentransplantation dient die posterolaterale Thorakotomie durch den 5. Interkostalraum ( 1 B-22.18 a). Nach Pneumonektomie der Empfängerlunge wird das Transplantat unter Anastomosierung von Bronchus (bifurkationsnah), einer linksatrialen Manschette, die die Lungenvenen trägt, und der Pulmonalarterienenden implantiert ( 1 B-22.18 b).
1 B-22.18
Synopsis Einzellungentransplantation
Sternum
PA
rechter Hauptbronchus
2 Lungenvenen 1
RA
LA a Zugangswege
b
a Zugangswege Einzellungentransplantation: posterolaterale Thorakotomie (5. ICR) (1); Doppellungentransplantation: beidseitige antero-laterale Thorakotomie (4. ICR) (2).
b Die Transplantation erfolgt unter Vereinigung des Hauptbronchus und der Pulmonalarterien von Spender und Empfänger, sowie der Anastomosierung des Vorhofs an die Lungenvenen. RA rechter Vorhof LA linker Vorhof PA Pulmonalarterie
Die Doppellungentransplantation erfolgt in ähnlicher Weise, jedoch bei Zugang über eine bilaterale anteriore Thorakotomie im 4. ICR mit querer Sternotomie ( 1 B-22.18).
Im Unterschied zur Einzel- und Doppellungentransplantation geht man bei der Herz-Lungentransplantation über eine mediane longitudinale Sternotomie in den Thorax ein ( 1 B-22.19 a).
Anastomosiert werden Trachea, rechter Vorhof und Aorta ascendens ( 1 B-22.19 b).
Bei Doppellungentransplantation eröffnet man die Thoraxhöhle über eine quere Sternotomie mit beidseits anteriorer Thorakotomie im 4. Interkostalraum (sog. »clamp shell incision«) ( 1 B-22.18). Sukzessiv werden die erkrankten Lungen explantiert und die Spenderorgane in gleicher Technik wie bei der Einzellungentransplantation eingepflanzt. Abhängig von der Stabilität der Kreislaufverhältnisse und insbesondere der rechtsventrikulären Funktion kann der intraoperative Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine notwendig werden. Im Unterschied zur Einzel- und Doppellungentransplantation geht man bei der Herz-Lungentransplantation über eine mediane longitudinale Sternotomie in den Thorax ein ( 1 B-22.19 a). Größte Aufmerksamkeit erfordert die Erhaltung der beiden Nn. phrenici, ohne deren Funktion keine ausreichende postoperative Spontanatmung möglich ist. In Zusammenhang mit der vorbestehenden pulmonalen Hypertonie besteht eine erhebliche Blutungsneigung des hinteren Mediastinums. Der Anschluss der Spenderorgane erfolgt durch die Anastomosierung von Trachea, rechtem Vorhof und der Aorta ascendens ( 1 B-22.19 b).
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22.6.2 Lungen- und Herz-Lungentransplantation
1 B-22.19
Synopsis Herz-Lungentransplantation Trachea
Sternum
Aorta (Empfänger)
Aorta (Spender)
N. phrenicus N. phrenicus RA (Empfänger)
a RA (Spender) a Zugangsweg bei Herz- bzw. Herz-Lungentransplantationen ist die mediane Sternotomie.
b Die Transplantation erfolgt über eine Anastomosierung der Aorta und des rechten Vorhofs von Spender und Empfänger sowie der Anastomosierung der Trachea. RA = rechter Vorhof
Postoperative Behandlung und Komplikationen Nach dem Eingriff werden die Patienten nachbeatmet und bei Erfüllen der üblichen Kriterien extubiert. Eine intensive Atemtherapie ist notwendig, um intrabronchiale Sekretverhalte bei operationsbedingt beeinträchtigtem Hustenreflex (fehlende Innervation des Transplantates) zu vermeiden. Die perioperative Immunsuppression umfasst wie bei der Herztransplantation eine 3fache Basistherapie mit Ciclosporin A, Azathioprin und Steroiden (s. a. S. 784ff.). Wegen eines im Vergleich zur Herztransplantation höheren Infektionsrisikos werden antilymphozytäre Antikörper bei Lungentransplantationen zurückhaltender eingesetzt. Als typische frühpostoperative Komplikation gilt das Reperfusionsödem der Lunge insbesondere nach längeren Ischämiezeiten. Heilungsprobleme der bronchialen Anastomose sind durch modifizierte Operationstechniken seltener geworden. Ein im Rahmen der Immunsuppression notwendiges engmaschiges Infektions- und Abstoßungsmonitoring beinhaltet Röntgenkontrollen des Thorax, Bronchoskopien, Blutgasanalysen und Lungenfunktionstests gleichermaßen. Auch unter Einschluss transbronchialer Biopsien ist die Differenzierung zwischen Abstoßung und Infektion häufig schwierig. Wie bei anderen Organtransplantationen sind in der Frühphase (3 Monate) kurzfristige (7–14 Tage) Kontrolluntersuchungen notwendig, um frühzeitig Abstoßungsepisoden oder Infektionen diagnostizieren und therapieren zu können.
Postoperative Behandlung und Komplikationen Die Basisimmunsuppression schließt Ciclosporin A, Azathioprin und Steroide ein. Gerade in der frühoperativen Phase ist eine intensive Atemtherapie bei eingeschränktem Hustenreflex notwendig. Typische Komplikationen sind das Reperfusionsödem der Lunge und Heilungsprobleme bronchialer Anastomosen. Die Abstoßungsdiagnostik orientiert sich vorwiegend an Röntgenaufnahmen, Bronchoskopieergebnissen, Blutgasanalysen und Lungenfunktionstests.
Ergebnisse und Langzeiterwartungen
Ergebnisse und Langzeiterwartungen
Abhängig von Operationsverfahren und Grundkrankheit liegt die perioperative Letalität annäherungsweise bei 10 % für Einzel- und Doppellungentransplantationen (SLTX/DLTX) und bei 20 % für Herz-Lungentransplantationen (HLTX). Bei gutem Ergebnis kann auch mit Einzellungentransplantationen eine altersentsprechende Belastbarkeit erreicht werden, sodass die alltäglichen Belastungen gut toleriert werden und selbst sportliche Aktivitäten wahrgenommen werden können. Abhängig von der Infektionsexposition am Arbeitsplatz ist eine berufliche Reintegration anstrebenswert. Im chronischen Verlauf geht man von einer Absterberate um 10 % pro Jahr aus, deren
Die perioperative Letalität liegt bei 10 % für Lungen- (SLTX/DLTX) und 20 % bei Herz-Lungentransplantationen. Hauptprobleme im Langzeitverlauf sind die chronische Abstoßung (Bronchiolitis obliterans) und Infektionen.
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22 Transplantation
Pulmonal vaskuläre Veränderungen und Koronarsklerose des Spenderherzens bei HLTX sind im Langzeitverlauf von untergeordneter Bedeutung.
Hauptursachen chronische Abstoßung (Bronchiolitis obliterans) und Infektionen sind. Pulmonal vaskuläre Veränderungen und Koronarsklerose des Spenderherzens bei HLTX sind im Langzeitverlauf von untergeordneter Bedeutung.
Klinischer Fall Ein 48-jähriger Mann mit terminalem Lungenemphysem ( 1 B-22.20 a) unklarer Genese war körperlich nur noch minimal belastbar und benötigte nachts Sauerstoff. Unter anderem erhielt er eine Dauermedikation mit 10 mg Kortison. Die präoperativen Lungenfunktionstests ergaben folgende Befunde: Vitalkapazität 2,8 l/min (64 %), Einsekundenkapazität 0,63 l/min (23 %), arterielle Blutgasanalyse: PO2 62 mmHg, PCO2 47 mmHg (in Ruhe). Nach rechtsseitiger Einzellungentransplantation ohne
1 B-22.20
Herz-Lungen-Maschine lag eine gute Initialfunktion vor, sodass die Extubation am 3. postoperativen Tag erfolgte. Abgesehen von einem Pneumothorax der kontralateralen Seite bestand ein unkomplizierter postoperativer Verlauf. Am 25. postoperativen Tag erfolgte die Entlassung aus stationärer Behandlung ( 1 B-22.20 b). Zu diesem Zeitpunkt lagen folgende Lungenfunktionswerte vor: Vitalkapazität 3,1 l/min (70,9 %), Einsekundenkapazität 1,9 l/min (69,4 %), PO2 93 mmHg, PCO2 39 mmHg.
Röntgenthorax vor und nach Lungentransplantation
a Thoraxbefund vor Transplantation: Massive beidseitige Überblähung bei terminalem Lungenemphysem.
b Thoraxbefund vor Entlassung: Normal große Spenderlunge rechts mit residualer Plattenatelektase und überdehnter nativer Emphysemlunge links.
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819 23
Kinderchirurgie
23
Kinderchirurgie
23.1
Erkrankungen und Missbildungen des Neugeborenenalters
Wolfgang Mengel 23.1
23.1.1
Erkrankungen und Missbildungen des Neugeborenenalters Zystisches Lymphangiom
n Definition. Das zystische Lymphangiom ist ein zu 90 % im Halsbereich zwischen M. sternocleidomastoideus und V. jugularis gelegener, häufig multizystischer Tumor.
Pathogenese. Dem zystischen Lymphangiom liegt ein gestörter Lymphabfluss nach Entwicklung des Lymphgefäßsystems zugrunde.
Symptome. Häufig macht sich post partum im seitlichen Halsdreieck ein
23.1.1 Zystisches Lymphangiom Definition
Pathogenese. Dem zystischen Lymphangiom liegt ein gestörter Lymphabfluss nach Entwicklung des Lymphgefäßsystems zugrunde.
palpabler zystischer Tumor bemerkbar, welcher bis in die Axilla bzw. das Mediastinum ausgedehnt sein kann ( 1 B-23.1). Er hat eine weiche bis prall elastische Konsistenz. Bei Ausdehnung bis in das Mediastinum treten Dyspnoe und Zyanose auf.
Symptome. Häufig macht sich im seitlichen Halsbereich ein palpabler Tumor bemerkbar ( 1 B-23.1). Bei Ausdehnung bis in das Mediastinum treten Dyspnoe und Zyanose auf.
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Befund bei sonogra-
Diagnose. Die Diagnostik ergibt sich aus dem klinischen Befund sowie durch die Sonographie.
Therapie. Grundsätzlich ist die operative Entfernung in jedem Lebensalter
Therapie. Grundsätzlich ist die operative Entfernung mit Einlage einer Lymphdränage indiziert.
phisch nachweisbarer echoarmer multizystischer Struktur.
indiziert. Da postoperativ häufig eine vermehrte Lymphsekretion aus dem Wundgebiet auftritt, muss die Einlage einer Dränage erfolgen.
1 B-23.1
Zystisches Lymphangiom
Prognose. Die Prognose ist in Abhängigkeit von der Größe und der Ausdehnung in den meisten Fällen gut.
Prognose. Sie ist in den meisten Fällen gut.
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23 Kinderchirurgie
23.1.2 Halszysten und -fisteln (s. Kap. B-15.2.1)
23.1.2
23.1.3 Schiefhals (s. Kap. B-15.3)
23.1.3
23.1.4 Ösophagusatresie
23.1.4
Halszysten und -fisteln (s. Kap. B-15.2.1)
Schiefhals
(s. Kap. B-15.3)
Ösophagusatresie
n Definition. Bei der Ösophagusatresie handelt es sich um eine angeborene Fehlbildung des Ösophagus. Die Inzidenz beträgt ca. 1 : 3000.
Definition
Pathogenese. Es liegt eine gestörte Entwicklung des Septum oesophagotracheale mit nachfolgender unvollständiger Trennung von Respirationsund Digestionstrakt zugrunde.
Pathogenese. Aus der gestörten Entwicklung des Septum oesophagotra-
Klassifikation. Unterschieden werden kurz- und langstreckige Atresien mit oder ohne Fistelverbindung zum Tracheobronchialsystem ( 1 B-23.2). In 90 % der Fälle liegt der Typ Vogt III b vor. Hier liegt der proximale Ösophagusblindsack in der oberen Thoraxapertur, der distale Anteil hat eine Fistelverbindung, welche in unterschiedlicher Höhe in die Trachea einmündet.
Klassifikation. Man unterscheidet kurz- und langstreckige Ösophagus-
1 B-23.2
cheale (4.–6. Schwangerschaftswoche) resultiert die unvollständige Trennung des Respirationstrakts vom Digestionstrakt mit der Ausbildung unterschiedlicher pathologisch-anatomischer Strukturen.
atresien mit oder ohne Fistelverbindung zum Tracheobronchialsystem ( 1 B-23.2). In 90 % der Fälle liegt der Typ Vogt III b vor. Hier liegt der proximale Ösophagusblindsack in der oberen Thoraxapertur, der distale Anteil hat eine Fistelverbindung, welche in unterschiedlicher Höhe in die Trachea einmündet. Bei 8 % der Patienten liegt ein oberer und unterer Ösophagusblindsack ohne jegliche Fistelverbindung zur Trachea vor (Vogt II). Hier handelt es sich häufig um langstreckige Atresien. Sonderformen sind sogenannte H-Fisteln ohne Atresie (1 bis 2 %).
Synopsis Einteilung der Ösophagusatresieformen nach Vogt
I Vogt I: Vogt II: Vogt III a: Vogt III b: Vogt III c: sog. H-Fistel:
II
III a
III b
III c
H-Fistel
vollständig fehlender Ösophagus langstreckige Ösophagusatresie ohne Fistel Ösophagusatresie mit oberer ösophagotrachealer Fistel Ösophagusatresie mit unterer ösophagotrachealer Fistel Ösophagusatresie mit oberer und unterer ösophagotrachealer Fistel Ösophagus ohne Kontinuitätstrennung mit Fistelverbindung zur Trachea
Symptome. In der Schwangerschaft ist ein Hydramnion auffällig. Post partum zeigen sich: π zähflüssiger Schaum vor Mund und Nase π Hustenanfälle π Zyanose und Dyspnoe.
Symptome. Unter physiologischen Bedingungen wird die Amnionflüssigkeit vom Feten geschluckt. Bei der Atresie ist dieser Weg blockiert, woraus eine Flüssigkeitsvermehrung im Sinne einer Hydramnionbildung während der Schwangerschaft resultiert. Die klinischen Symptome post partum sind: π zähflüssiger Schaum vor Mund und Nase π Hustenanfälle π Zyanose und Dyspnoe.
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23.1.5 Ösophagotracheale Fistel Nach einem Ernährungsversuch nehmen diese Krankheitszeichen zu, nach Absaugen bessert sich das klinische Bild sofort.
Diagnose. Die Röntgenübersichtsaufnahme des Thorax und Abdomens zeigt
Diagnose. Eine Sonde lässt sich nicht in den Magen vorschieben. Die Magensonde liegt im oberen Ösophagusblindsack. Luft im Magen-Darm-Trakt beweist die untere ösophagotracheale Fistel. Ein luftleeres Abdomen zeigt, dass keine Verbindung des distalen Ösophagusstumpfes mit der Trachea besteht.
Therapie. Nach rechtsseitiger Thorakotomie erfolgt die extrapleurale Dar-
Therapie. Ösophagotracheale Fisteln werden verschlossen und die Ösophagusenden End-zu-End anastomosiert.
die eingeführte Magensonde im oberen Ösophagusblindsack. Bei nicht eindeutigem Befund stellt sich dieser nach Insufflation von Luft oder Injektion von 0,5 ml wasserlöslichem Kontrastmittel in die Magensonde dar. Im Falle des unmittelbaren Übertritts von Kontrastmittel in die Trachea ist die ösophagotracheale Fistel gesichert. Luft im Magen-Darm-Trakt beweist die untere ösophagotracheale Fistel, ein luftleeres Abdomen zeigt, dass keine Verbindung des distalen Ösophagusstumpfes mit der Trachea besteht.
stellung der Ösophagusstümpfe. Nach Durchtrennung vorhandener ösophagotrachealer Fisteln erfolgt ein Nahtverschluss der trachealen Öffnung und End-zu-End-Anastomosierung der Ösophagusenden. Das Einlegen einer Ernährungssonde in den Magen erspart die Anlage einer Gastrostomie. Bei Unmöglichkeit einer primären Anastomosierung wegen einer langstreckigen Ösophagusatresie (Distanz > 4 cm), erfolgt zunächst zwecks frühzeitiger Ernährung und intestinalen Entwicklung die Anlage einer Gastrostomie. Folgende Behandlungsverfahren stehen zur Verfügung: π Sondenlängsbougierung nach Howard-Myers: Mittels Metallbougierungssonden wird eine tägliche Längsdehnung der Ösophagusblindsäcke durchgeführt. π Bougierungsbehandlung (Olivenmethode nach Rehbein): Mittels in die beiden Ösophagusblindsäcke eingelegter Bougierungsoliven erfolgt durch gegenläufigen Fadenzug die Näherung der Speiseröhrenenden. Für beide Bougierungsverfahren gilt, dass sie nach vorherigem operativem Verschluss evtl. vorhandener ösophagotrachealer Fisteln über 6–8 Wochen durchgeführt werden. Nach erfolgreicher Therapie kann der nachfolgende Sekundäreingriff mit Anastomosierung der beiden Ösophagusstümpfe erfolgen. Ansonsten ist ein Magenhochzug erforderlich. π Magenhochzug: Bei Unmöglichkeit einer sekundären Anastomosierung muss ein intrathorakaler Magenhochzug vorgenommen werden. Nach Bildung eines »Magenschlauchs« wird dieser nach intrathorakal verlagert und mit dem proximalen Ösophagusstumpf anastomosiert.
23.1.5
Ösophagotracheale Fistel
n Definition. Die ösophagotracheale Fistel ist eine Fistelverbindung zwischen Trachea und Ösophagus ohne Ösophagusatresie. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um eine im Halsbereich gelegene Fistel, die von der Trachea schräg nach unten zum Ösophagus verläuft (sog. H-Fistel, Synonym: N-Fistel) ( 1 B-23.2).
Ist bei einer langstreckigen Ösophagusatresie die primäre Anastomosierung nicht möglich, erfolgt die Anlage eines Gastrostomas zur frühzeitigen enteralen Ernährung. Folgende Verfahren stehen zur Verfügung: π Sondenlängsbougierung π Bougierungsbehandlung π Magenhochzug Nach 6–8-wöchiger Bougierungsbehandlung erfolgt ein Sekundäreingriff mit Anastomosierung. Bei Unmöglichkeit einer sekundären Anastomosierung erfolgt ein intrathorakaler Magenhochzug.
23.1.5 Ösophagotracheale Fistel Definition
Pathogenese. Es handelt sich um eine lokalisierte Fusionsstörung des Sep-
Pathogenese. Es handelt sich um eine lokalisierte Fusionsstörung des Septum oesophagotracheale.
Symptome. Während des Trinkens treten asphyktische Anfälle mit Dyspnoe
Symptome. Häufig kommt es nach dem Trinken zu asphyktischen Anfällen. Über die Fistel in den Magen-Darm-Kanal gelangende Luft führt zum Meteorismus. Aspirationsbedingt treten rezidivierende Pneumonien auf. Diagnose. Die endoskopische Darstellung der Fistelöffnungen ermöglicht die Lagebestimmung.
tum oesophagotracheale bei normal ausgebildeten Ösophagus- und Tracheobronchialstrukturen.
und Zyanose auf. Über die Fistel in den Magen-Darm-Kanal gelangende Luft führt zum Meteorismus. Aspirationsbedingt kommt es zu rezidivierenden Pneumonien.
Diagnose. Die endoskopische Darstellung der Fistelöffnungen sowohl in der Trachea wie auch im Ösophagus ermöglicht die genaue Lagebestimmung.
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822
23 Kinderchirurgie Die röntgenologische Darstellung mittels wasserlöslichen Kontrastmittels ist schwierig und gelingt nicht in allen Fällen.
Therapie. Der Zugang erfolgt bei oberer Fistel rechtsseitig am Hals oberhalb der Klavikula, bei unterer Fistel über eine Thorakotomie. Anschließend erfolgt eine Ligatur und Durchtrennung der Fistelverbindung.
Therapie. Von einem rechtsseitigen Zugang am Hals oberhalb der Klavikula
23.1.6 Tracheomalazie/Trachealstenose
23.1.6
Definition
nach Eingehen zwischen den großen Halsgefäßen und dem M. sternocleidomastoideus erfolgt die Darstellung einer hohen ösophagotrachealen Fistel. Bei tiefer gelegenen Fisteln erfolgt der Zugang über eine Thorakotomie. Nach Anschlingen des Ösophagus ober- und unterhalb der Fistel wird diese ligiert und durchtrennt.
Tracheomalazie/Trachealstenose
n Definition. Die Tracheomalazie/Trachealstenose führt zu einer Ateminsuffizienz durch funktionelle Instabilität der Trachea bzw. Kompression von außen. Sie ist häufig Begleitmissbildung einer Ösophagusatresie.
Pathogenese. Durch die inkomplette Ausbildung von Trachealringen kollabiert die Trachea bei der Exspiration.
Pathogenese. Aufgrund der unvollständigen Entwicklung eines oder meh-
Symptome. Kennzeichnend sind ein exspiratorischer Stridor, Zyanose, Apnoeanfälle und rezidivierende pulmonale Infekte.
Symptome. Ein exspiratorischer Stridor mit persistierendem bellenden
Diagnose. Durch die Tracheoskopie erfolgt der Nachweis der Instabilität bzw. Kompression.
Diagnose. Die Tracheoskopie beweist die Instabilität des betroffenen Trachealabschnitts bzw. die Kompression von außen.
Therapie. Die Trachealwand stabilisiert sich meist innerhalb des 1. Lebensjahres, sodass eine abwartende Haltung indiziert ist. Eine operative Versorgung kann bei schwerer Symptomatik entsprechend der Ursache notwendig werden.
Therapie. Da sich die Trachealwand in der Regel innerhalb des 1. Lebensjah-
23.1.7
23.1.7
Kongenitale Lungenfehlbildungen (s.a. Kap. 26.6.1)
Definition
Pathogenese. Das Fehlen funktionellen Lungengewebes führt zur kompensatorischen Überblähung des gesunden Gewebes. Liegt zusätzlich ein Zwerchfelldefekt vor, kommt es zu einer intrathorakalen Verlagerung von Abdominalorganen.
rerer Trachealringe kollabiert die Trachea bei der Exspiration. In seltenen Fällen liegt eine Tracheakompression durch die Aorta vor.
Husten, eine Ateminsuffizienz und Zyanose bei der Nahrungsaufnahme sowie Apnoeanfälle bei rezidivierenden pulmonalen Infekten über viele Wochen sind kennzeichnend für die Fehlbildung.
res festigt ist meist die symptomatische Behandlung rezidivierender Infekte ausreichend und eine abwartende Haltung indiziert. Bei Vorliegen einer schweren Symptomatik kann eine operative Stabilisierung bzw. die Verlagerung großer Gefäße, sofern diese die Kompression hervorrufen, notwendig werden. Liegt eine begleitende Ösophagusatresie vor, so ist deren operative Versorgung immer indiziert.
Kongenitale Lungenfehlbildungen (s.a. Kap. B-26.6.1)
n Definition. Kongenitale Lungenfehlbildungen sind Entwicklungsstörungen der Lungen mit unterschiedlichen klinischen Erscheinungsbildern: π Lungenagenesie Vollständiges Fehlen der Bronchien und des Lungenparenchyms einer Lunge π Lungenaplasie Bei angelegtem Bronchialstamm Fehlen des Lungenparenchyms π Lungenhypoplasie Minderentwicklung des Lungenparenchyms unterschiedlichen Ausmaßes ( 1 B-23.3), z.B. bei Zwerchfelldefekten und -hernien.
Pathogenese. Das Fehlen funktionellen Lungengewebes führt zu einer
mehr oder minder ausgeprägten kompensatorischen Überblähung des Parenchyms der Gegenseite mit Mediastinalverschiebung. Liegt im Ausnahmefall auf der betroffenen Seite zusätzlich ein Zwerchfelldefekt bzw. eine Relaxatio diaphragmatica vor, wird die Mediastinalverschiebung durch die intrathorakale Verlagerung von Abdominalorganen kompensiert.
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823
23.1.7 Kongenitale Lungenfehlbildungen
1 B-23.3
Kongenitale Lungenhypoplasie Kongenitale Lungenhypoplasie links sowie Mediastinalverschiebung nach links infolge Überblähung der rechten Lunge.
Symptome. Respiratorische klinische Symptome müssen nicht vorhanden
Symptome. Meistens bestehen rezidivierende Infekte der oberen Luftwege.
Diagnose. Die Thoraxübersichtsaufnahme zeigt eine Überblähung der
Diagnose. Auf der Thoraxübersicht zeigt sich die Überblähung der gesunden Lunge und eine Mediastinalverschiebung zur Gegenseite.
Therapie. Eine kausale Behandlungsmöglichkeit gibt es nicht.
Therapie. Es existiert keine kausale Behandlungsmöglichkeit. Prognose. Die Prognose ist vom Ausmaß der Fehlbildung abhängig.
sein. Ansonsten bestehen rezidivierende Infekte der oberen Luftwege, die durch Sekretverhalt in einem Bronchusblindsack der fehlangelegten Seite bedingt sind.
gesunden Lunge mit Verlagerung des Herzens und der großen Gefäße zur gegenüberliegenden Seite.
Prognose. Die Prognose ist abhängig von dem Ausmaß der Fehlbildung.
Nebenlungen n Definition. Sowohl intrathorakal wie intraabdominell vorkommend, handelt es sich bei der Nebenlunge um akzessorische Lungenanteile, die rudimentäre oder durch einen Bronchus mit der Trachea verbundene funktionsuntüchtige Bereiche darstellen.
Nebenlungen Definition
Therapie. Bei klinischer Unauffälligkeit ergibt sich keine Operationsindikation. Im Falle rezidivierender Infekte erfolgt die Nebenlungenresektion.
Therapie. Eine Resektion ist nur bei rezidivierenden Infekten indiziert.
Lungensequestration
Lungensequestration
n Definition. Es besteht eine Dysgenesie des Lungenparenchyms ohne Anschluss an das Bronchialsystem bei atypischer arterieller Gefäßversorgung (z.B. Aorta abdominalis). Bei der intralobären Sequestration (85 %) sind Lunge und Sequester von einer gemeinsamen Pleura visceralis überzogen. Die extralobäre Form (15 %) besitzt einen eigenen Pleuraüberzug.
Definition
Symptome. In den meisten Fällen ist der linke Unterlappen betroffen. Die Kinder fallen primär durch rezidivierende Infekte (z.B. Pneumonien) auf.
Symptome. Oft ist der linke Unterlappen betroffen. Auffallende Infektanfälligkeit der Kinder.
Diagnose. Die seitliche Röntgenaufnahme zeigt entweder eine Verschattung basal, zystische Aufhellungen in einem atelektatischen Bezirk oder emphysematöse Veränderungen. Die zusätzliche Abklärung erfolgt durch eine Computertomographie (CT) oder eine Angiographie.
Diagnose. In der Röntgenaufnahme zeigt sich eine basale Verschattung, zystische Aufhellungen oder emphysematöse Veränderungen.
Therapie. Sie besteht in der Resektion des Lungensequesters nach Diagnosestellung.
Therapie. Der Lungensequester wird operativ reseziert.
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
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824 Zystische Lungenveränderungen
23 Kinderchirurgie
Zystische Lungenveränderungen n Definition. Zystische Lungenveränderungen sind kongenitale Missbildungen im Bereich der Bronchien oder des Lungenparenchyms.
Definition
Pathogenese. Bronchogene Zysten sind durch Abspaltung bronchialer Strukturen, Lungenzysten durch eine Fehlbildung des Lungenparenchyms bedingt.
Pathogenese. Bronchogene Zysten sind zystische Gebilde, die durch
Symptome. Bronchogene Zysten, die im gesamten Tracheobronchialsystem lokalisiert sein können, sind klinisch meist unauffällig (selten Stridor, Husten, Dyspnoe). Lungenzysten treten meist einseitig auf. Bei multizystischem Vorkommen wird die Wabenlunge von der Zystenlunge unterschieden. Dyspnoe und Dysphagie sind mögliche Symptome. Beide Missbildungen können zu rezidivierenden Infekten führen.
Symptome. Bronchogene Zysten können im Verlauf des gesamten Tracheo-
Diagnose. Die Röntgenaufnahme in 2 Ebenen stellt dar: π bronchogene Zysten als luft- und flüssigkeitsgefüllten Rundherd π Lungenparenchymzysten als intrapulmonale Strukturveränderungen.
Diagnose. Die Thorax-Röntgenaufnahme in 2 Ebenen stellt dar:
Die CT erlaubt eine exakte Lokalisationsdiagnostik.
Abspaltung bronchialer Strukturen in der Embryonalphase entstehen. Lungenzysten (adenomatoid-zystische) sind durch eine Fehlbildung des Lungenparenchyms bedingt.
bronchialsystems lokalisiert sein. Sie führen durch Druck auf die Trachea bzw. Bronchien in seltenen Fällen zu einem Stridor, Husten und Dyspnoe. In der Regel bleiben sie klinisch unauffällig. Lungenzysten treten i.d.R. einseitig entweder als solitäre oder multiple Zysten auf. Ist bei multizystischem Vorkommen ein ganzer Lungenlappen betroffen, unterscheidet man die Wabenlunge (kleinzystische Form) von der Zystenlunge (großzystische Form). Lungenzysten können durch Verdrängungserscheinungen zu Dyspnoe und Dysphagien führen, auch asymptomatische Verläufe sind möglich. Bei beiden Missbildungen können rezidivierende Infekte auftreten.
den luft- und flüssigkeitsgefüllten Rundherd der bronchogenen Zyste entsprechend seiner Lokalisation: mediastinal, paratracheal, paraösophageal, hilär und intrapulmonal. π intrapulmonale Strukturveränderungen bei Lungenzysten. Die Darstellung eines Flüssigkeitsspiegels spricht für eine Infektion. Die CT erlaubt eine exakte topographische Zuordnung der zystischen Lungenveränderungen. π
Therapie. Bei bronchogenen Zysten erfolgt die Exstirpation, bei Lungenzysten deren Resektion.
Therapie. Grundsätzlich erfolgt die Exstirpation der bronchogenen Zyste,
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
23.1.8 Kongenitales lobäres Emphysem (s.a. Kap. B-26.6.1)
23.1.8
Definition
bei Lungenzysten erfolgt die Resektion der betroffenen Lungenabschnitte.
Kongenitales lobäres Emphysem (s. a. Kap. B-26.6.1)
n Definition. Beim kongenitalen lobären Emphysem kommt es zu einer massiven Überblähung eines, selten mehrerer Lungenlappen. Am häufigsten betroffen ist der linke Oberlappen sowie der rechte Ober- und Mittellappen.
Pathogenese. Meist infolge einer inkompletten Ausbildung von Bronchialknorpelringen kommt es bei der Exspiration zum funktionellen Kollabieren der dysplastischen Bronchialabschnitte. Die nicht ausreichende Exspiration führt zur Emphysembildung der betroffenen Lungenabschnitte.
Pathogenese. Das kongenitale lobäre Emphysem ist gekennzeichnet durch
Symptome. Häufige Symptome sind Dyspnoe und Zyanose bei abgeschwächtem Atemgeräusch. Rezidivierende Atemwegsinfekte und Gedeihstörungen können auftreten.
Symptome. Im Neugeborenenalter kann man eine zunehmende Dyspnoe
eine unvollständige Ausbildung der Bronchialknorpelringe der betroffenen Lungenabschnitte. In Ausnahmefällen finden sich ursächlich Schleimhautfalten, Obstruktionen durch ein abnorm verlaufendes Gefäß oder Sekretabflussbehinderungen. Pathomechanismus: Inspiration/Exspiration ist zu Lasten der Exspiration gestört. Die inspiratorisch in die Alveolen gelangte Luft kann diese bei der Exspiration aufgrund des funktionellen Kollabierens der dysplastischen Bronchialabschnitte nicht in ausreichender Menge verlassen. Hierdurch kommt es zu einer Überblähung der betroffenen Lungenabschnitte und nachfolgend zur Emphysenbildung.
und Zyanose bei abgeschwächtem Atemgeräusch über den betroffenen Lungenabschnitten feststellen. Im Verlauf kann es zu rezidivierenden Atemwegsinfekten und Gedeihstörungen kommen.
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23.1.9 Kongenitale Zwerchfelldefekte
825
Diagnose. Die Röntgen-Thorax-Übersichtsaufnahme zeigt eine Überblähung des befallenen Lungenlappens bei Zwerchfelltiefstand und eine Mediastinalverschiebung zur Gegenseite mit Atelektasen der gesunden Lungenlappen ( 1 B-23.4).
Diagnose. In der Thoraxübersichtsaufnahme zeigt sich ein Zwerchfelltiefstand sowie eine Verlagerung des Mediastinums zur Gegenseite ( 1 B-23.4).
1 B-23.4
Kongenitales lobäres Emphysem Die Thoraxübersicht zeigt eine Überblähung der linken Lunge, Mediastinalverlagerung nach rechts und Oberlappenatelektase rechts.
Differenzialdiagnostisch ist das lobäre Emphysem gegen den Pneumothorax und die kongenitale Lungenzyste abzugrenzen.
Therapie. Nach Thorakotomie erfolgt die Resektion des betroffenen Lungenlappens. Die Indikationsstellung sollte frühzeitig erfolgen.
Prognose. Die Prognose ist gut. 23.1.9
Kongenitale Zwerchfelldefekte
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die Resektion des betroffenen Lungenlappens. Prognose. Die Prognose ist gut.
23.1.9
n Definition. Bei kongenitalen Zwerchfelldefekten handelt es sich um einen unvollständigen Verschluss des Zwerchfells mit intrathorakaler Verlagerung von Abdominalorganen. Ein Zwerchfelldefekt kommt auf 2500 Lebendgeburten. Man unterscheidet: π Zwerchfelldefekt: Lückenbildung im Zwerchfell ohne Bruchsack π Zwerchfellhernie: Zusätzlich zu dem Defekt besteht ein pleuroperitonealer Bruchsack.
Pathogenese. Durch eine Hemmungsmissbildung unklarer Genese des sich
ab dem 2. Embryonalmonat entwickelnden Zwerchfells, welches Brust- und Bauchraum voneinander trennen soll, können Defekte unterschiedlicher Lokalisation und Größe persistieren. Zusätzlich besteht eine Hemmung der Lungenentwicklung der betroffenen Seite.
Klassifikation. Nach der Lokalisation werden folgende Defekte/Hernien unterschieden ( 1 B-23.5). π Morgagni-Hernie: Hernie im Bereich der Larrey-Spalte (sternokostaler Defekt) π pleuroperitoneale Hernie (posterolateraler Defekt) π Bochdalek-Hernie (lumbokostaler Defekt). Die Defekt-/Herniengrößen variieren zwischen Lückendurchmessern von 2–3 cm über die subtotale Zwerchfellaplasie bis zur Agenesie. Symptome. Bei großen Defekten resultieren aus der intrathorakalen Verlagerung abdomineller Organe kardiorespiratorische Störungen mit Dyspnoe, Zyanose und Tachykardien. Über der betroffenen Thoraxhälfte sind bei fehlender Ventilation evtl. Darmgeräusche auskultierbar.
Kongenitale Zwerchfelldefekte
Definition
Pathogenese. Es kommt zu einer Hemmungsmissbildung des Zwerchfells (ab 2. Embryonalmonat) mit zusätzlicher Hemmung der Lungenentwicklung dieser Seite.
Klassifikation. ( 1 B-23.5) Morgagni-Hernie (sternokostale Lücke/Larrey-Spalte) π pleuroperitoneale Hernie (posterolaterale Lücke) π Bochdalek-Hernie (lumbokostale Lücke). Symptome. Bei großen Defekten führt die intrathorakale Verlagerung von Abdominalorganen zu kardiorespiratorischen Störungen mit Dyspnoe, Zyanose und Tachykardien. Auskultatorisch ist eine fehlende Ventilation bei evtl. vorhandenen Darmgeräuschen festzustellen. π
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23 Kinderchirurgie
1 B-23.5
Synopsis Angeborene Zwerchfelldefekte
Lokalisation der verschiedenen Zwerchfelllücken bei Ansicht von kranial.
posterolateraler Defekt (pleuroperitoneale Hernie)
sternokostale Lücke (Morgagni-Hernie) V. cava inferior
Ösophagus
Trigonum fibrosum lumbocostale
lumbokostaler Defekt (Bochdalek-Hernie)
n Merke. Das Problem großer Zwerchfelldefekte besteht in der begleitenden Lungenhypoplasie und der ggf. vorhandenen Mediastinalverschiebung.
Merke
1 B-23.6
Synopsis Enterothorax
a Intrathorakale Verlagerung von Anteilen des Gastrointestinaltrakts bei kongenitalem Zwerchfelldefekt.
Diagnose. Mit der pränatalen Sonographie lassen sich das Hydramnion und die Mediastinalverlagerung darstellen. Postnatal sichert die Röntgenaufnahme von Thorax und Abdomen, bei liegender Magensonde, die Diagnose ( 1 B-23.6).
b Mediastinalverlagerung nach rechts ( Á) bei linksseitigem Enterothorax.
Diagnose. Die Diagnose sollte bereits pränatal sonographisch gestellt werden. Hierbei zeigt sich die durch den Enterothorax hervorgerufene Mediastinalverlagerung und ein Hydramnion. Postnatal sichert die Röntgenaufnahme von Thorax und Abdomen, bei liegender Magensonde, die Diagnose ( 1 B-23.6). Im Zweifelsfall ist die Gabe von 10 ml wasserlöslichem Kontrastmittel zur Darstellung des Magen-Darm-Kanals bzw. ein Kolonkontrasteinlauf indiziert.
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23.1.11 Relaxatio diaphragmatica (Zwerchfelllähmung) Differenzialdiagnostisch sind die Zwerchfelldefekte von der Relaxatio diaphragmatica, dem lobären Emphysem und von Lungenzysten abzugrenzen.
Therapie. Unmittelbar postnatal bzw. nach Diagnosestellung muss der Säugling intubiert und mit einer doppelläufigen Magensonde versorgt werden. Eine Maskenbeatmung verbietet sich, da eine Luftfüllung von Magen und Darm eine zusätzliche Lungenkompression bewirken kann. Nach entsprechender Vorbereitung und kontrollierter Beatmung (Kreislaufstabilisierung, Ausgleich der respiratorischen/metabolischen Azidose, liegende offene Magensonde) ist die Operationsindikation gegeben, sobald sich das Neugeborene in einem stabilen Allgemeinzustand befindet. Operationsverfahren: Von einem Oberbauchquerschnitt aus Darstellung des Defekts und Rückverlagerung der intrathorakalen Abdominalorgane in die Bauchhöhle. Kleine Zwerchfelllücken lassen sich nach direkter Vereinigung der Defektränder durch Naht verschließen. Ein pleuroperitonealer Bruchsack wird reseziert. Bei großen zentralen Defekten erfolgt die Implantation eines alloplastischen Materials (z.B. Goretex).
Therapie. Nach Diagnosestellung erfolgt die Intubation und die kontrollierte Beatmung. Befindet sich der Säugling in einem stabilen Allgemeinzustand, muss die Operation erfolgen.
π
n Merke. Die Thoraxdränage wird ohne Sog an ein Wasserschloss angeschlossen. Bei Saugung besteht die Gefahr einer Verletzung des unterentwickelten Lungenlappens, da eine Expansion der Lunge aufgrund der Hypoplasie nicht möglich ist und die Gefahr des Parenchymeinrisses besteht.
Prognose. Die Prognose ist abhängig von der Größe des Defekts und dem Ausprägungsgrad der Lungenhypoplasie. Die Prognose der kleinen Defekte ist sehr gut, die Letalität der großen Defekte beträgt infolge ausgeprägter Lungenhypoplasie ca. 50 %.
23.1.10
Bei großen zentralen Defekten erfolgt die Implantation eines alloplastischen Materials (z.B. Goretex). Merke
Prognose. Je nach Größe und Ausprägungsart ist die Prognose der kleinen Defekte gut, die Letalität der großen Defekte beträgt 50 %.
Brustwanddeformitäten
23.1.10 Brustwanddeformitäten (s. Kap. B-26.4.1)
Relaxatio diaphragmatica (Zwerchfelllähmung)
23.1.11 Relaxatio diaphragmatica (Zwerchfelllähmung)
(s. Kap. B-26.4.1)
23.1.11
Kleine Zwerchfelllücken lassen sich nach direkter Vereinigung der Defektränder durch Naht verschließen.
n Definition. Die Relaxatio diaphragmatica ist ein kongenitaler oder erworbener Zwerchfellhochstand, der in der Regel einseitig auftritt.
Definition
Pathogenese. Bei der erworbenen Form liegt eine Schädigung des N. phrenicus der betroffenen Seite – z.B. nach einem Geburtstrauma – in Kombination mit einer Plexus-brachialis-Lähmung vor. Bei der kongenitalen Form handelt es sich um eine Muskelanomalie, wobei angenommen wird, dass aufgrund einer Störung der Myoblastenwanderung entlang des N. phrenicus die muskuläre Umwandlung des Zwerchfells ausbleibt.
Pathogenese. Bei der erworbenen Form liegt eine Schädigung des N. phrenicus vor, während es sich bei der kongenitalen Form um eine Muskelanomalie mit Ausbleiben der muskulären Umwandlung des Zwerchfells handelt.
Symptome. Bei Vorliegen einer ausgeprägten Relaxatio ähnelt das klinische
Symptome. Typische Symptome einer ausgeprägten Relaxatio sind Zyanose, Dyspnoe und Tachykardie. Weniger ausgeprägte Defekte machen sich durch rezidivierende Infektionen bemerkbar.
Diagnose. Die Röntgenübersichtsaufnahme des Thorax zeigt den Zwerchfellhochstand, bei der Durchleuchtung stellen sich die paradoxen Atembewegungen dar ( 1 B-23.7). Die Relaxatio diaphragmatica ist differenzialdiagnostisch vom Zwerchfelldefekt und von Lungenzysten abzugrenzen.
Diagnose. Im Röntgenthorax zeigt sich ein Zwerchfellhochstand und bei der Durchleuchtung paradoxe Atembewegungen ( 1 B-23.7). Differenzialdiagnostisch sind Zwerchfelldefekt und Lungenzysten abzugrenzen.
Bild den großen Zwerchfelldefekten: Zyanose, Dyspnoe und Tachykardie stehen im Vordergrund. Weniger ausgeprägte Formen werden häufig erst bei älteren Kindern nach rezidivierenden pulmonalen Infekten im Rahmen der Diagnostik objektiviert.
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23 Kinderchirurgie
1 B-23.7
Synopsis Relaxatio diaphragmatica
b Thoraxübersicht mit deutlichem Zwerchfellhochstand rechts.
a Relaxatio diaphragmatica rechts.
Therapie. An der betroffenen Seite erfolgt eine Zerchfellraffung oder -dopplung ( 1 B-23.8).
Therapie. Von einem Oberbauchquerschnitt bzw. Rippenbogenrandschnitt der betroffenen Seite erfolgt eine Zwerchfellraffung bzw. -dopplung unter Schonung des N. phrenicus ( 1 B-23.8).
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
1 B-23.8
Synopsis Zwerchfellraffung/-dopplung bei Relaxatio diaphragmatica
a, b Vorgehen bei Dopplung des Zwerchfells.
c Zustand nach Dopplung des Zwerchfells.
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23.1.12 Omphalozele/Gastroschisis (Laparoschisis) 23.1.12
Omphalozele/Gastroschisis (Laparoschisis)
23.1.12 Omphalozele/Gastroschisis (Laparoschisis)
n Definition. Bei der Omphalozele und der Gastroschisis (Laparoschisis) handelt es sich um einen unvollständigen angeborenen Bauchwandverschluss mit extraabdomineller Lage von Anteilen des Gastrointestinaltrakts.
Embryologie. Die physiologische Entwicklung des Gastrointestinaltrakts
findet in der 6.–10. Gestationswoche mit Rückverlagerung der Eingeweide in die Bauchhöhle in der 10. Woche statt. In der 12. Gestationswoche kommt es zu einer Verschmelzung der Rektusmuskeln in der Medianlinie. Nach der Geburt persistiert im Bereich der Durchtrittsstelle der Nabelschnur ein etwa 0,5 bis 1 cm großer Nabeldefekt, der nach der Ligatur der Nabelschnur im weiteren Verlauf durch Granulationsgewebe verschlossen wird.
Pathogenese π
π
Gastroschisis (Laparoschisis): Hier findet sich ein inkompletter Bauchwandverschluss mit Eventeration von Dünn- und Dickdarmanteilen. Der Defektdurchmesser beträgt wenige Zentimeter bei linkslateraler Lage der Nabelschnur ( 1 B-23.9). Omphalozele: Es handelt sich in der Regel um einen großen Bauchwanddefekt, wobei Magen, Duodenum, Milz, Leber sowie der gesamte Dünnund Dickdarm in einem aus Peritoneum, Amnion und der Warton-Sulze bestehenden Bruchsack liegen können. Die Nabelschnur ist in der Mitte des Sackes lokalisiert ( 1 B-23.10). Bei der Omphalozele unterscheidet man die geschlossene von der rupturierten Form, bei der der Bruchsack eingerissen und somit die Abdominalhöhle eröffnet ist.
1 B-23.9
Gastroschisis (Laparoschisis)
Eventeration des Dünndarms mit Verdickung der Darmwand.
1 B-23.10
Definition
Embryologie. In der 10. Woche kommt es zur Rückverlagerung der Eingeweide in die Bauchhöhle, in der 12. Gestationswoche zu einer Verschmelzung der Rektusmuskeln in der Medianlinie. Der nach der Geburt persistierende Nabeldefekt verschließt sich im Verlauf durch Granulationsgewebe. Pathogenese Gastroschisis: Hier findet sich ein inkompletter Bauchwandverschluss mit Eventeration von Dünn- und Dickdarmanteilen ( 1 B-23.9). π Omphalozele: Es handelt sich um einen großen Bauchwanddefekt mit Bruchsack, dessen Inhalt aus Magen, Duodenum, Milz, Leber, Dünn- und Dickdarm bestehen kann ( 1 B-23.10). Man unterscheidet die geschlossene von der offenen Form. π
Omphalozele
Verschlossene (nicht rupturierte) Omphalozele: die Nabelschnur inseriert im Bereich des Bruchsacks.
Symptome. Nach der auf der Basis der pränatal sonographisch abgesicher-
Symptome. Die geschlossene Omphalozele macht sich durch die vom Bruchsack geschützten extraabdominell liegenden Organe mit zarten Gewebestrukturen bemerkbar. Bei der Gastroschisis kommt es zu einer ödematösen Verdickung der vor der Bauchhöhle liegenden Kolon- und Dünndarmanteile. Bei kleineren Bruchlücken zeigt sich infolge einer venösen Rückflussstörung eine livide Verfärbung des Darms.
Diagnose. Die pränatale Sonographie objektiviert die Eventeration der
Diagnose. Die pränatale Sonographie objektiviert die Eventeration der Abdominalorgane. Therapie. Nach der Entbindung durch Sectio werden die prolabierten Organe sofort steril abgedeckt. Im Anschluss
ten Diagnose durch Sectio (ab 35. SSW) erfolgten Entbindung finden sich bei der gedeckten, nicht rupturierten Omphalozele zarte Gewebsstrukturen der extraabdominellen Organe. Da die Darmschlingen bei der Gastroschisis in utero von der Amnionflüssigkeit umgeben sind, resultiert klinisch daraus eine Darmwandverdickung mit ödematöser Verquellung, Fibrinauflagerungen und reaktiver Adhäsion einzelner Darmschlingen. In der Regel liegt eine fehlende Fixation des Kolonrahmens sowie eine Anomalie der Dünndarmanlage im Sinne eines Mesenterium commune vor. Bei kleinen Bruchlücken kann aus der extraabdominellen Lage des Darms eine venöse Rückflussstörung mit livider Verfärbung resultieren.
Abdominalorgane.
Therapie. Nach der Entbindung durch Sectio erfolgt bei der Gastroschisis
und der rupturierten Omphalozele ein sofortiges steriles Abdecken der prolabierten Abdominalorgane durch Kochsalzkompressen. Unmittelbar nach
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23 Kinderchirurgie
wird der Versuch unternommen die Bauchwand operativ zu verschließen, wobei die Rückverlagerung der Organe in die Bauchhöhle mit anschließend primärem Faszienverschluss angestrebt wird. Gelingt dies nicht erfolgt der primär kutane Verschluss unter Verwendung des Amnions als Peritonealersatz. Bei der Omphalozele wird im Vorfeld der Bruchsack reseziert.
Stabilisierung des Herz-Kreislauf-Systems erfolgt das operative Vorgehen mit dem Ziel, einen Bauchwandverschluss zu erreichen. Nach medianer Ober- und Unterbauchlaparotomie (bei der Omphalozele wird der Bruchsack reseziert) manuelles Ausstreifen des Dünndarms nach oral, des Dickdarms nach aboral. Nach manueller Dehnung der Bauchwand erfolgt die Rückverlagerung der Organe in die Bauchhöhle. Gelingt dieses, wird ein primärer Faszienverschluss durchgeführt. Ist dieser nicht möglich, erfolgt ein primärer kutaner Verschluss unter Abdeckung der ehemals prolabierten MagenDarm-Anteile durch das Amnion von der Plazenta des Neugeborenen als Peritonealersatz zur Adhäsionsprophylaxe. In grenzwertigen Fällen, bei denen die mediane Vereinigung der Hautränder im Sinne eines primären Verschlusses nicht möglich ist, Anlegen eines Entlastungsschnitts im lateralen Bauchwandbereich unter Implantation alloplastischen Materials.
Prognose. Während die Prognose bei der Gastroschisis gut ist, ist die weitere Entwicklung bei der Omphalozele abhängig von zusätzlichen kardialen und neurogenen Fehlbildungen.
Prognose. Bei der Gastroschisis ist die Prognose gut. Bei der Omphalozele ist sie abhängig von den bei etwa 50 % der Kinder bestehenden zusätzlichen Fehlbildungen speziell des Herzens (Ventrikelseptumdefekt, Fallot-Tetralogie) und des zentralen Nervensystems. n Merke. Bei Gastroschisis und Omphalozele immer Plazenta in die kinderchirurgische Klinik mitschicken, da Amnion als Peritonealersatz verwendet werden kann.
Merke
23.1.13
Gallengangsatresie
Definition
23.1.13
Gallengangsatresie
n Definition. Die Gallengangsatresie ist eine Gallenabflussstörung bei Fehlen der intra- und/oder extrahepatischen Gallengänge. In 80 % der Fälle liegt bei der extrahepatischen Gallengangsatresie der Verschluss des Ductus hepaticus und seiner zuführenden Äste vor. Ductus choledochus, Ductus cysticus und Gallenblase können normal angelegt oder ebenfalls atretisch sein. Die Atresie kommt bei 1 : 10 000 Geburten vor.
Pathogenese. Die Ätiologie ist unbekannt. Eine perinatal virusbedingte Entzündung wird diskutiert.
Pathogenese. Bei ungeklärter Ätiologie wird folgende Ursache diskutiert:
Symptome. Ein postnataler Ikterus besteht bei 1 ⁄ 3 der Neugeborenen bereits bei Geburt, bei 2 ⁄ 3 der Kinder entwickelt er sich in den folgenden 1-2 Wochen. Bei zunächst normal gefärbtem Mekonium kommt es später zum Absetzen acholischer Stühle bei dunkelbrauner Urinverfärbung. Innerhalb weniger Wochen kommt es zur Lebervergrößerung mit derber Konsistenz. Diagnose. Bei Verdacht muss eine frühzeitige Diagnostik mit Sonographie und Cholangio-MRT, Leberbiopsie, ggf. Probelaparotomie zur intraoperativen Cholangiographie erfolgen.
Symptome. Bei 1⁄3 der Neugeborenen besteht bereits bei der Geburt ein Ikterus. Bei 2⁄3 der Kinder entwickelt sich der Ikterus erst in den folgenden 1–2 Wochen. Das Mekonium ist zunächst normal gefärbt, später werden die Stühle acholisch bei dunkelbrauner Färbung des Urins. Die Bilirubinprobe ist positiv, das Urobilinogen negativ. Innerhalb weniger Wochen vergrößert sich die Leber und entwickelt eine derbe Konsistenz.
Merke
Therapie. Die extrahepatische Form kann durch eine biliodigestive Anastomose versorgt werden ( 1 B-23.11).
Infolge einer virusbedingten perinatalen Entzündung der Gallengänge kommt es zu einer Degeneration der Epithelzellen der Gallenwege, Obliteration des Lumens und periduktalen Sklerose. Histologisch finden sich gleichzeitig cholestatische und entzündliche Leberparenchymveränderungen.
Diagnose. Da die Gallenabflussstörung zu einer Umwandlung der in den ersten Lebenswochen bestehenden rückbildungsfähigen Fibrose in eine Leberzirrhose führt, ist bei Verdacht auf eine Gallengangsatresie die frühestmögliche (1. Lebensmonat) Diagnostik mittels radiologischer Untersuchungsverfahren (Sonographie, Cholangio-MRT), Leberbiopsie sowie ggf. Probelaparotomie zur intraoperativen Cholangiographie indiziert. n Merke. Ein länger als 2 Wochen bestehender neonataler Ikterus bedarf der weiteren Abklärung.
Therapie. Die extrahepatische Form kann durch eine biliodigestive Anasto-
mose versorgt werden. Hierbei wird eine nach Y-Roux ausgeschaltete Jejunumschlinge mit dem Ductus choledochus oder Ductus hepaticus anastomosiert ( 1 B-23.11).
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831
23.1.14 Lageanomalien des Magen-Darm-Trakts
1 B-23.11
Synopsis Choledochojejunostomie mit einer Y-Roux-Schlinge
End-zu-Seit-Anastomose.
Bei der intrahepatischen Form wurde früher eine Hepatojejunostomie nach Kasai durchgeführt, bei der ebenfalls eine nach Y-Roux ausgeschaltete Jejunumschlinge auf die freigelegte Leberpforte geheftet wurde. Heutzutage sollten alle Patienten mit einer intrahepatischen Form der Gallengangsatresie einem Transplantationszentrum vorgestellt werden, da eine langfristige Überlebenschance nur nach einer Lebertransplantation zu erwarten ist.
Bei der intrahepatischen Form wird die Lebertransplantation empfohlen, da nur diese eine langfristige Überlebenschance erwarten lässt.
Prognose. Sie ist abhängig vom Atresietyp (Vorhandensein und Durchmesser extrahepatischer Gallengänge) und vom Operationszeitpunkt (Ausprägungsgrad der Leberzirrhose). Ist eine Gallenableitung bei Vorhandensein extrahepatischer Gallengänge möglich, ist die Prognose gut. Liegt eine intrahepatische Form vor, so überleben die Kinder ohne Therapie nicht das 2. Lebensjahr. Nach Lebertransplantation kann mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 65 % gerechnet werden.
Prognose. Sie ist vom Atresietyp und Operationszeitpunkt abhängig.
23.1.14
Lageanomalien des Magen-Darm-Trakts
n Definition. Lageanomalien sind Fehllagen des Magen-Darm-Kanals als Folge einer gestörten Darmentwicklung bei den fetalen Drehungsabläufen.
Embryologie. Die Nabelschleife – das primitive Darmrohr – eine extraabdo-
minell in die Nabelschnur vorverlagerte Darmschlinge – steht bis zur 4. Fetalwoche in der medianen Sagittalebene. Bis zur 8. Fetalwoche kommt es zu einer Drehung von 90Ω gegen den Uhrzeigersinn (von ventral betrachtet) in die Transversalebene, wobei der Ductus omphaloentericus die Drehachse darstellt. Aus dem kranialen Schenkel entwickeln sich Jejunum und oberes Ileum, aus dem kaudalen das untere Ileum und das Kolon bis einschließlich des Querkolons. Der obere Fußpunkt der Nabelschleife bildet die primitive Flexura duodenojejunalis, der kaudale die primäre Kolonflexur. Nach der 5. Fetalwoche wächst die zunächst kurze Nabelschleife in dem Nabelschnurzölom. Sie tritt in der 10. Fetalwoche unter einer 2. Drehung von 90Ω in die Bauchhöhle zurück, wobei das zunächst in der Transversalebene links gelegene primitive Zäkum in das rechte Epigastrium wandert. Bis zur 12. Fetalwoche ist eine weitere 90Ω-Drehung erfolgt (gesamt 270 Ω). In den folgenden Wochen bis zur Geburt verlagert sich das Zäkum durch Wachstum des proximalen Kolons in den rechten Unterbauch. Es kommt zu einer retroperitonealen Verlagerung des Duodenums, Ausbildung der linearen Radix mesenterii von der Flexura duodenojejunalis bis zur Ileozäkalregion und Fixation des
23.1.14 Lageanomalien des MagenDarm-Trakts Definition
Embryologie. Zwischen der 4. und 12. Fetalwoche kommt es zur Drehung und Verlagerung des Darms.
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23 Kinderchirurgie Colon ascendens, der rechten und linken Kolonflexur mit der hinteren Bauchwand.
Pathogenese. Die Lageanomalien entstehen durch 3 Mechanismen – in Kombination auftretend: 1. Störung der fetalen Darmdrehung 2. Wachstumsstörung einzelner Darmabschnitte 3. fehlende Mesenterialverklebung mit dem Peritoneum parietale. Klassifikation Bei Ausbleiben der fetalen Darmdrehung hängen Dünn- und Dickdarm an einem Mesenterium commune mit sagittal verlaufender Mesenterialwurzel. Bei der Nonrotation kommt es zu einem Stillstand der Nabelschleifendrehung nach 90 Ω ( 1 B-23.12 a). Das verstärkte Kolonwachstum kann zu Schlingenbildungen führen oder Obstruktionserscheinungen des Duodenums hervorrufen.
Pathogenese. Den Lageanomalien des Magen-Darm-Trakts liegen 3 Mechanismen zugrunde, die kombiniert auftreten können: 1. Störung der fetalen Darmdrehung 2. Wachstumsstörung einzelner Darmabschnitte 3. mangelnde bzw. ausbleibende Mesenterialverklebung mit dem Peritoneum parietale.
Klassifikation
π Ausbleiben der fetalen Darmdrehung: Findet keine Drehung der Nabelschleife statt, so hängen Dünn- und Dickdarm an einem Mesenterium commune, dessen Wurzel in sagittaler Richtung über der Wirbelsäule verläuft. Diese Fehlbildungen finden sich bei der Gastroschisis und Omphalozele.
Nonrotation: Nach der Nabelschleifendrehung von 90Ω bleiben die folgenden Drehungen aus: Die Pars caudalis duodeni kreuzt nicht hinter der Arteria mesenterica superior, sondern verbleibt rechts davon und geht ohne Ausbildung der Flexura duodenojejunalis in den rechts der Wirbelsäule liegenden Dünndarm über. Das Ileum mündet von rechts nach links in das vor der Wirbelsäule bzw. im linken Abdomen gelegene Kolon. Dünn- und Dickdarm hängen an einem Mesenterium commune ( 1 B-23.12 a). Infolge verstärkten Wachstums des Kolons können Schlingenbildungen entstehen oder die partielle Rechtsverlagerung des proximalen Kolons führt infolge Ausbildung einer rechtsseitigen Flexur zu Obstruktionserscheinungen des Duodenums.
π
Malrotation I: Nach einer Drehung der Nabelschleife bis 180Ω bleibt die weitere Rotation aus. Die Pars inferior duodeni liegt hinter der Mesenterialwurzel. Zäkum und Colon descendens liegen in der Mittellinie bzw. im rechten Oberbauch. Infolge sekundärer Verklebungen bilden sich Adhäsionen (Ladd-Bänder), die zu einer Obstruktion des Duodenums führen können ( 1 B-23.12 b).
Die Malrotation I entsteht durch einen Stillstand der Drehung nach 180Ω ( 1 B-23.12 b). Durch Adhäsionen (Ladd-Bänder) können Obstruktionen des Duodenums entstehen.
π
Bei der Malrotation II kommt es zunächst zu einer Drehung von 90 Ω , danach jedoch zu einer Rück- bzw. Fehldrehung von 90 oder 180Ω ( 1 B-23.12 c). In der Folge kann eine Hernia mesocolica entstehen ( 1 B-23.12 d).
Malrotation II: Nach der normalen Drehung der Nabelschleife von 90Ω erfolgt eine inverse Drehung (Rückdrehung im Uhrzeigersinn von ventral betrachtet) von 90 oder 180Ω. Die Pars inferior duodeni liegt vor der Mesenterialwurzel, das proximale Kolon dahinter ( 1 B-23.12 c). Entwickelt sich das Kolon in die normale Rechtslage, so bewegt es sich über das Duodenum hinweg nach rechts und kann auf seiner Wanderung mit seinem Meso den gesamten Dünndarm einhüllen (Hernia mesocolica, 1 B-23.12 d).
Bei dem Mesenterium commune, das infolge der ausbleibenden Fixation des Mescolon ascendens an der hinteren Bauchwand entsteht und eine stielförmige Mesenterialwurzel besitzt, ist das Colon ascendens frei beweglich und torsionsgefährdet. Als Folge der freien Beweglichkeit des Darmes kann ein Volvulus entstehen.
Mesenterium commune: Findet die Verwachsung des Mesocolon ascendens mit der hinteren Bauchwand nicht statt, entsteht ein Mesenterium commune. Infolgedessen ist das Colon ascendens frei beweglich und torsionsgefährdet. Die Mesenterialwurzel bildet beim Mesenterium commune einen unterhalb des Pankreas entspringenden schmalen Stiel, der fächerförmig ausgebreitet das Kolon versorgt ( 1 B-23.12 e). Als Folge der freien Beweglichkeit des Darms kann es zu einer Drehung des Darmkonvoluts bzw. einzelner Darmanteile um die Achse des Mesenterialstiels kommen (Volvulus).
Symptome. In der Regel besteht klinisch Unauffälligkeit. Fixierende Adhäsionen (Ladd-Bänder) und ein subtotaler Dünndarmvolvulus führen zu rezidivierenden abdominellen Beschwerden mit kolikartigen Bauchschmerzen, Völlegefühl und zeitweiligem Erbrechen. Die Torsion des Mesenterialstiels um 360Ω löst akut peritoneale Beschwerden aus: krampfartige Schmerzen, Druckschmerzen im Oberbauch, gelegentlich auch durchfallartige Darmentleerung.
Symptome. Die Lageanomalien des Darms verursachen in der Regel keine
Diagnose. Die Abdomenübersichtsaufnahme zeigt eine Dilatation des
π
π
klinischen Erscheinungen. Rezidivierende Abdominalbeschwerden mit kolikartigen Bauchschmerzen, Völlegefühl und zeitweiligem Erbrechen sind bedingt durch eine vorübergehende Passagestörung aufgrund fixierender Adhäsionen (z.B. Ladd-Bänder), einer abnormen Schlingenbildung, einem subtotalen Dünndarmvolvulus bzw. einer geringgradigen Torsion des Mesenterialstiels. Eine Torsion des Mesenterialstiels von 360Ω oder mehr löst akut peritoneale Reizerscheinungen aus: krampfartige Schmerzen und Druckschmerz im Oberbauch. Bei einigen Patienten erfolgt eine durchfallartige Entleerung des Dünn- und Dickdarms.
Diagnose. Die Abdomenübersichtsaufnahme zeigt beim Volvulus des Mesenterium commune eine Dilatation des Magens und Duodenums. Eine
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833
23.1.14 Lageanomalien des Magen-Darm-Trakts
1 B-23.12
Synopsis Lageanomalien des Magen-Darm-Trakts
a Nonrotation: Entwicklungsstillstand nach 90 Ω -Drehung der Nabelschleife gegen den Uhrzeigersinn.
d Malrotation II mit Bildung einer Hernia mesocolica.
b Malrotation I: Ausbleiben der Rotation nach Nabelschleifendrehung bis 180Ω , die Ausbildung von Ladd-Bändern (Verwachsungen) kann zu einer Passagestörung des Duodenums führen.
c Malrotation II: nach normaler 90Ω Rotation Rückdrehung der Nabelschleife (90Ω oder 180Ω im Uhrzeigersinn).
e Mesenterium commune mit Volvulus.
Kolonkontrastdarstellung objektiviert bei chronischen Beschwerden die entsprechende Form der Lageanomalie.
Therapie. Bei Vorliegen eines Volvulus erfolgt die sofortige Laparotomie und Detorquierung der betroffenen Darmanteile ggf. die Resektion ischämischer Darmabschnitte. Bei unklarer, evtl. reversibler Ischämie erfolgt eine Secondlook-Operation, um dann zu entscheiden, ob eine Resektion erforderlich ist. Ziel ist es, so viel Darm als möglich zu erhalten. Bei allen übrigen Lageanomalien wird nach diagnostischer Abklärung die operative Herstellung der Darmpassage durch Lösung von Verwachsungen (z.B. Ladd-Bänder) und Fixation mobiler Darmanteile durchgeführt. Prognose. Beim Volvulus ist die Prognose davon abhängig, wieviel Dünn-
darm erhalten werden kann. Als kritische untere Grenze gilt eine Darmlänge von 20–30 cm. Alle übrigen Behandlungsergebnisse sind als gut zu bewerten.
Magens und Duodenums. Die Kolonkontrastuntersuchung stellt Lageanomalien dar. Therapie. Beim Volvulus muss eine sofortige Laparotomie mit Detorquierung erfolgen, die Resektion ischämischer Darmabschnitte kann ggf. erst im Rahmen eines Zweiteingriffes durchgeführt werden. Bei allen übrigen Lageanomalien werden nach diagnostischer Abklärung Verwachsungen gelöst und mobile Darmanteile fixiert. Prognose. Die Prognose des Volvulus ergibt sich aus dem Anteil des geschädigten Dünndarms. Kritische untere Grenze ist eine Darmlänge von 20–30 cm. Bei den anderen Lageanomalien ist die Prognose gut.
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834 23.1.15 Duplikaturen des Magen-Darm-Trakts
23 Kinderchirurgie 23.1.15
Duplikaturen des Magen-Darm-Trakts
n Definition. Es handelt sich hierbei um Doppelbildungen einzelner Abschnitte des Intestinaltrakts. In ca. 70 % der Fälle ist der Dünndarm betroffen.
Definition
Symptome. Häufig bestehen unklare abdominelle Beschwerden im 1. Lebensjahr. Die intestinalen Duplikaturen finden sich im gesamten Intestinaltrakt. Sie können tubulär oder zystisch sein und haben am Mesenterialansatz eine gemeinsame Gefäßversorgung mit dem anliegenden Darmabschnitt.
Symptome. Im 1. Lebensjahr bestehen bei 2⁄3 der Fälle unklare abdominelle
Diagnose. Der Nachweis erfolgt durch die sonographische Darstellung der flüssigkeitsgefüllten zystischen Duplikaturen. Die Röntgenkontrastdarstellung zeigt tubuläre Duplikaturen mit Verbindung zum Gastrointestinaltrakt.
Diagnose. Die Abdominalsonographie ermöglicht den Nachweis flüssig-
Therapie. Es erfolgt die operative Resektion zystischer und tubulärer Duplikaturen.
Therapie. Zystische und tubuläre Duplikaturen werden reseziert. Auf den
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
23.1.16 Duodenalatresie/-stenose, Pancreas anulare
23.1.16
Beschwerden. Die intestinalen Duplikaturen – sie können tubulär oder zystisch sein und Magen-/Duodenal-/Dünndarm- oder Kolonschleimhaut enthalten – finden sich entlang des gesamten Intestinaltrakts. Im Bereich des Mesenterialansatzes, besteht eine gemeinsame Gefäßversorgung mit dem anliegenden Darmabschnitt, zu dem bei den tubulären Formen in ca. 20 % der Fälle eine Verbindung besteht. Der Inhalt der Duplikatur resultiert aus der Art des auskleidenden Epithels: Magenschleimhaut sezerniert eine saure, wässrig klare Flüssigkeit, die bei Ulzerationen hämorrhagisch verfärbt sein kann. Bei Dünndarm- und Kolonschleimhaut findet sich ein schleimiges Sekret in der Duplikatur.
keitsgefüllter zystischer Duplikaturen. Die Röntgenkontrastdarstellung bringt die in offener Verbindung zum Darmtrakt stehenden Duplikaturen zur Darstellung. Evtl. ist der Nachweis von Verdrängungserscheinungen des Intestinaltrakts durch die Duplikatur möglich.
Erhalt einer ausreichenden, der Resorption zur Verfügung stehenden Darmlänge, ist zu achten.
Duodenalatresie/-stenose, Pancreas anulare
n Definition. Die Duodenalatresie/-stenose ist eine komplette bzw. inkomplette Passagestörung des Duodenums durch extra- oder intraluminale Ursachen. Man unterscheidet folgende Formen ( 1 B-23.13): π Duodenalatresie Die Hemmungsmissbildung reicht von intraluminalen, die Passage störende Membranen – mit oder ohne Perforation – bis zur Kontinuitätstrennung des Darmrohres. π Extraluminale Duodenalstenose Aus Ladd-Bändern bei der Malrotation oder einem Volvulus bei Mesenterium commune resultiert eine Stenosierung. π Das Pancreas anulare umgreift das Duodenum ringförmig. Zusätzlich kann eine echte Atresie oder intraluminale Membran vorliegen.
Definition
Pathogenese Bei der Duodenalatresie/-stenose unterbleibt aufgrund einer Entwicklungsstörung die Rekanalisierung des in der 6.–7. Woche obliterierten Lumens im Duodenum.
Pathogenese
Das Pancreas anulare entsteht infolge einer Entwicklungsstörung durch Ausbildung eines kompletten Pankreasringes nach der duodenalen Drehung.
π
Duodenalatresie und -stenose: Die Proliferation der Epithelzellen des Primitivdarms im Alter von 6–7 Wochen führt zu einer Verlegung des Lumens im Duodenum. Anschließend erfolgt durch Revakuolisierung die Rekanalisierung. Läuft sie unvollständig ab, resultiert eine Stenose oder Atresie.
π
Pancreas anulare: Nach der Drehung des Duodenums vereinigt sich die ventrale mit der dorsalen Pankreasanlage zum Pankreaskopf. Ist das freie Ende der ventralen Anlage fixiert, umringt das Pankreas das Duodenum und bildet nach abschließender ventraler Vereinigung der beiden Anlagen einen kompletten Pankreasring.
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835
23.1.16 Duodenalatresie/-stenose, Pancreas anulare
1 B-23.13
Synopsis Ursachen angeborener Passagestörungen des Duodenums
a Membranöse Atresie.
b Atresie mit Kontinuitätstrennung des Darmrohrs.
c Pancreas anulare.
Diagnose. Durch die komplette bzw. inkomplette Passagestörung des Duo-
denums fallen die Kinder nach der Geburt frühzeitig durch Erbrechen auf. Durch die Distension des Magens und des prästenotischen/präatretischen Duodenums kann durch Nachweis des »Double-bubble-Phänomens« (= Luftansammlung im Magen und proximalen Duodenum) sowohl pränatal sonographisch wie auch postnatal auf der Abdomenübersichtsaufnahme im Hängen die Diagnose gestellt werden ( 1 B-23.14).
1 B-23.14
Diagnose. Durch die Passagestörung des Duodenums tritt frühzeitig Erbrechen auf. Der Nachweis der Luftansammlung im Magen und proximalen Duodenum (Double-bubblePhänomen) erfolgt pränatal sonographisch und postnatal röntgenologisch ( 1 B-23.14).
Duodenalatresie Duodenalatresie mit röntgenologischer Darstellung des »Double-bubble-Phänomens« (Á).
Therapie. Das operative Vorgehen richtet sich nach der Ursache: Beim Vol-
vulus erfolgt die Detorquierung, Ladd-Bänder werden durchtrennt und das Duodenum freipräpariert. Die membranöse Atresie wird unter sorgfältiger Schonung der Papilla Vateri, die häufig in die Membranbasis im posteromedialen Bereich einbezogen ist, reseziert. Beim Pancreas anulare erfolgt vor dem ventralen Pankreasring die Duodenoduodenostomie, welche auch bei kurzstreckigen Atresien durchgeführt wird. Langstreckige Atresien werden durch eine Duodenojejunostomie versorgt.
Therapie. Die operative Therapie richtet sich nach der Ursache: π Volvulus: Detorquierung π Ladd-Bänder: Durchtrennung π membranöse Atresie: Resektion π Pancreas anulare: Duodenoduodenostomie π kurzstreckige Atresie: Duodenoduodenostomie π langstreckige Atresie: Duodenojejunostomie.
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
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836 23.1.17
23 Kinderchirurgie Atresien des Jejunums, Ileums und Kolons
23.1.17
Atresien des Jejunums, Ileums und Kolons
n Definition. Atresien des Jejunums, Ileums und Kolons sind solitäre oder multiple intraluminäre Obstruktionen des Darms ( 1 B-23.15, 1 B-23.16).
Definition
1 B-23.15
Pathogenese. Ursachen sind die Minderdurchblutung der Mesenterialgefäße durch z.B. intrafetalen Volvulus, die Inkarzeration einer Darmschlinge bei Rückverlagerung aus dem physiologischen Nabelschnurbruch oder eine Invagination. Klassifikation. ( 1 B-23.16) π membranöse Atresie ohne Darmwandkontinuitätstrennung π Atresie bei strangartiger Verbindung der Darmschenkel
1 B-23.16
Multiple Dünndarmatresien (Á)
Pathogenese. Der Entstehung einer Atresie des Darms distal des Treitz-
Bandes liegt ursächlich meistens eine Minderdurchblutung der Mesenterialgefäße eines oder mehrerer Darmsegmente zugrunde, die zahlreiche Ursachen haben kann, z.B. ein intrafetaler Volvulus, eine Invagination oder die Inkarzeration einer Darmschlinge bei der Rückverlagerung aus dem physiologischen Nabelschnurbruch.
Klassifikation. Folgende Atresietypen werden unterschieden ( 1 B-23.16): π π
membranöse Atresie bei erhaltener Kontinuität der Darmwand Atresie mit strangartiger Verbindung der atretischen Darmschenkel
Synopsis Formen der Darmatresie
Typ 1 Membranöse Atresie.
Typ 2 Strangartige Verbindung der Darmschenkel.
Typ 3 Kontinuitätstrennung der Darmschenkel.
Typ 4 Multiple Atresien.
Beachte den dilatierten zuführenden (proximalen) Dünndarmschenkel.
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837
23.1.17 Atresien des Jejunums, Ileums und Kolons π
π
Atresie bei Kontinuitätstrennung des Darms und V-förmiger Mesenteriallücke multiple Atresien.
Symptome. Das Leitsymptom ist das frühzeitig einsetzende (24 Stunden), gallige Erbrechen, welches umso früher einsetzt, je höher die Passagestörung lokalisiert ist. Ein weiteres typisches Zeichen ist das aufgetriebene Abdomen, welches sich bei den tiefliegenden Formen ausgeprägter darstellt als bei den hohen. Auskultatorisch finden sich hochgestellte, klingende Darmgeräusche, die bei länger bestehendem Ileus (Tage) infolge der sich entwickelnden Darmparalyse nicht mehr zu hören sind. Diagnose. Die Röntgenübersichtsaufnahme des Abdomens in senkrechter
Position a.p. (Babygramm) zeigt bei den hohen jejunalen Atresieformen wenige Spiegel bei luftfreiem restlichen Abdomen. Multiple, sich über das ganze Abdomen verteilende Luftsicheln sprechen für eine Atresie im Bereich des Ileums oder Kolons ( 1 B-23.17). Sonographisch erkennt man überblähte und flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen, die proximal der Atresie entstehen.
1 B-23.17
π π
Atresie bei Kontinuitätstrennung multiple Atresien.
Symptome. Bei hoher Passagestörung zeigt sich frühzeitig einsetzendes (24 Stunden) galliges Erbrechen, bei tiefliegenden Formen kommt es zu einem meteoristisch aufgetriebenen Abdomen. Auskultatorisch finden sich hochgestellte, klingende Darmgeräusche, die infolge Darmparalyse im weiteren Verlauf nicht mehr zu hören sind. Diagnose. In der Röntgen-Abdomenaufnahme finden sich bei hohen Atresieformen wenige Spiegelbildungen im Oberbauch, während sich bei tiefen Atresieformen multiple Spiegelbildungen im gesamten Abdomen finden ( 1 B-23.17). Sonographisch erkennt man präatretisch dilatierte Darmschlingen.
Tiefe Dünndarmatresie Die Röntgenübersichtsaufnahme des Abdomens zeigt multiple Luftsicheln ( Á).
Therapie. Bei unkomplizierten Fällen erfolgt nach Resektion des proximalen
Therapie. Es erfolgt die Resektion der Atresie und eine End-zu-End-Anastomosierung. Bei großer Lumendifferenz wird eine End-to-Back-Anastomose hergestellt ( 1 B-23.18). Ist bei inkongruenten Darmlumen eine primäre Anastomosierung nicht möglich, muss eine Enterostomie angelegt werden.
Prognose. Bei frühzeitiger Diagnosestellung ohne Vorliegen zusätzlicher Begleiterkrankungen wie bakterielle Peritonitis durch Darmperforation, Sepsis usw. ist die Prognose gut.
Prognose. Bei frühzeitiger Diagnosestellung ist die Prognose gut.
dilatierten Darmabschnitts und Eröffnung des distalen Darmanteils die Endzu-End-Anastomosierung. Bei Vorliegen zu großer Lumendifferenzen zwischen dem oralen und aboralen Darmschenkel erfolgt nach antimesenterialer Inzision im Bereich des aboralen Schenkels die End-to-Back-Anastomose nach Denis Brown ( 1 B-23.18 a). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, durch sog. »Tapering« den Durchmesser des oral zu anastomosierenden Darmschenkels zu verkleinern, um so eine Anastomosierbarkeit zu erreichen ( 1 B-23.18 b). Erscheint aufgrund einer zu extremen Dilatation des oralen Darmabschnitts und eines zu kleinen Durchmessers des aboralen Darmschenkels eine primäre Anastomosierung nicht sinnvoll, erfolgt die Anlage einer Enterostomie bis zur Normalisierung der Darmlumina.
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838
23 Kinderchirurgie
1 B-23.18
Synopsis Darmanastomosierungstechniken aboraler Darmschenkel Inzision
Mesenterium a »End-to-Back«-Anastomose nach Denis Brown: erweiternde antimesenteriale Inzision des kleinlumigen aboralen Darmschenkels mit End-to-Back-Anastomosierung. Mikronadelhalter
Exzision Inzision
b »Tapering« mit »End-to-Back«-Anastomose: Entnahme eines keilförmigen Segments aus dem großlumigen oralen Darmschenkel. Lumenverkleinerung nach Anastomosierung der Exzisionsregion. Anschließende »End-to-Back«-Anastomose.
23.1.18
Anal- und Rektumatresie
Definition
Pathogenese. Ursache ist eine fehlerhafte Aufteilung der inneren Kloake in den Sinus urogenitalis und Enddarm aufgrund ungenügender Septumbildung. Als Residuen persistieren Fisteln zwischen Rektum und der Urethra, Blase oder Vagina. Klassifikation. Nach der WingspreadKlassifikation erfolgt die Einteilung der anorektalen Anomalien in hohe supralevatorische, intermediäre und tiefe translevatorische Atresien ( 1 B-23.19 ).
23.1.18
Anal- und Rektumatresie
n Definition. Bei der Anal- und Rektumatresie handelt es sich um eine Missbildung des Anorektums mit Hypoplasie der Kontinenzmuskulatur unterschiedlichen Ausmaßes. Kloakenmissbildungen sind gekennzeichnet durch eine einzige Kloakenöffnung, in welche die Urethra, Vagina und eine rektale Fistel in den oberen Abschnitt einmünden. Häufig liegen zusätzliche Missbildungen, z.B. eine Vagina duplex, ein Uterus duplex oder Vaginalatresie vor.
Pathogenese. Die Ursachen für die Entstehung der anorektalen Missbildun-
gen müssen in einer fehlerhaften Aufteilung der inneren Kloake in den Sinus urogenitalis und Enddarm aufgrund einer ungenügenden Septumbildung gesehen werden. Als Residuen der früheren Verbindung persistieren Fisteln zwischen dem Rektum und der Urethra, der Blase oder der Vagina.
Klassifikation. Die Klassifikation nach Wingspread unterteilt die Gesamtheit der anorektalen Fehlbildungen in sog. hohe supralevatorische, intermediäre und tiefe translevatorische Atresien ( 1 B-23.19).
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23.1.18 Anal- und Rektumatresie
1 B-23.19
839
Synopsis Wingspread-Klassifikation anorektaler Missbildungen
A. Hohe, supralevatorische Missbildungen weiblich
männlich
a Anorektale Atresie mit rektovaginaler Fistel.
b Anorektale Atresie mit rektoprostatisch-urethraler Fistel (hohe Einmündung der Fistel).
B. Intermediäre Missbildungen weiblich
männlich
c Rektumatresie mit rektovestibulärer Fistel.
d Rektumatresie mit rektobulbär-urethraler Fistel (tiefe Einmündung der Fistel).
C. Tiefe, translevatorische Missbildungen weiblich
männlich
e Anovestibuläre Fistel.
f Anokutane Fistel.
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23 Kinderchirurgie
Diagnose. Schon bei der Inspektion zeigt sich eine fehlende Afteröffnung mit oder ohne Fistel. Bei Vorhandensein einer Fistelöffnung im Perineum, Skrotum oder Vestibulum vaginae muss eine Kontrastmitteluntersuchung zur Objektivierung des Fistelverlaufs und Lagebestimmung des Enddarms erfolgen. Beim Knaben kann das Miktionszystourethrogramm rekto-prostatisch-urethrale, -vesikale oder -bulbärurethrale Fisteln nachweisen. Bei fehlendem Fistelgang wird zur Bestimmung der Distanz von Rektumblindsack und Analgrübchen nach frühestens 24 Stunden eine Röntgenaufnahme in Kopftieflage durchgeführt. Bei Unklarheit sollte eine MRT erfolgen.
Diagnose. Ergibt die äußere Betrachtung bei fehlender Afteröffnung einen
Therapie. Bei den hohen und intermediären Formen erfolgt die Anlage einer Kolostomie (rechte Kolonflexur).
Auch bei tiefen Analatresieformen wird der Rektumblindsack durch die Sphinktermuskulatur verlagert.
Therapie. Bei den hohen und intermediären Formen erfolgt zunächst die Anlage einer Kolostomie. Nach 3 Monaten oder später erfolgt der Korrektureingriff. Von einem perinealen Zugang erfolgt nach elektrischer Stimulation die Präparation der Kontinenzmuskulatur mit anschließender transsphinktärer Verlagerung des Rektums bis zum Damm unter Anwendung des Durchzugsoperationsverfahrens nach Peña. Evtl. bestehende Fisteln werden operativ verschlossen. Ist die Präparation des Rektumstumpfes bei hohen Anal- und Rektumatresien von dem perinealen Zugang allein nicht möglich, erfolgt nach zusätzlicher abdomineller Eröffnung die Rektummobilisation mit anschließendem Durchzug durch die Puborektalisschlinge und den M. sphincter ani externus. Bei den tiefen Analatresieformen gilt im Prinzip das gleiche Vorgehen: Durchzug des Rektumblindsacks durch die elektrisch stimulierte Sphinktermuskulatur.
Prognose. Bei tiefen Formen wird in ca. 90 % der Fälle eine vollständige Kontinenz erreicht. Bei intermediären und supralevatorischen Formen kann bei 20–30 % der Patienten eine Kontinenz hergestellt werden. Die Verbesserung der Kontinenzrate kann durch entsprechendes Training der Beckenbodenmuskulatur und Schließmuskeln erreicht werden.
Prognose. Eine vollständige Kontinenz wird bei den tiefen Formen in ca. 90 % erreicht. Bei den intermediären Atresieformen liegt sie bei etwa 50 %. Bei den hohen supralevatorischen Anal- und Rektumatresien ist eine gute Kontinenz lediglich bei 20–30 % der Kinder zu erreichen. Mit Erreichen der Pubertät bessert sich die Kontinenzrate, bei weiteren 30 % durch Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur, Schließmuskeltraining und geistige Entwicklung im Sinne eines zunehmenden hygienischen Bewusstseins. 40 % der Patienten dieser Gruppe bleiben inkontinent. Hier ist eine kontinenzverbessernde Operation die Therapie der Wahl.
23.1.19 Anal- und Rektumprolaps (s. Kap. B-7.3.9)
23.1.19
23.1.20 Mekoniumileus
23.1.20
Nach drei Monaten wird der Korrektureingriff durchgeführt: Hierbei wird in einer sphinktererhaltenden Vorgehensweise das Rektum bis zum Damm verlagert.
Definition
Pathogenese. Der bei der Mukoviszidose von den Becherzellen sezernierte hochvisköse Schleim kann nicht frei ins Darmlumen abfließen. Es kommt zu
Fistelgang, z.B. im Perineum, Skrotum oder Vestibulum vaginae, so erfolgt nach der Füllung mit wasserlöslichem Kontrastmittel (Gastrografin) die radiologische Darstellung zur Objektivierung des Fistelverlaufs und der Lagebestimmung des Enddarms. Beim Knaben sollte zusätzlich ein Miktionszystourethrogramm durchgeführt werden, um eine rekto-prostatisch-urethrale, -vesikale oder -bulbärurethrale Fistel nachzuweisen. Lässt sich kein Fistelgang finden, erfolgt frühestens nach 24 Stunden eine seitliche Röntgenaufnahme in Kopftieflage (Wangensteen). Durch die in dem Rektumblindsack aufsteigende Luft lässt sich nach Markierung des Analgrübchens die ungefähre Distanz zwischen der äußeren Markierung und dem Rektumblindsack darstellen. Eine bereits in den ersten Lebensstunden durchgeführte Wangensteen-Aufnahme oder auch im Rektumblindsack liegendes Mekonium können eine längere Distanz vortäuschen, als wirklich vorhanden. Im Zweifelsfall ist sonographisch gesteuert nach Punktion des Blindsacks durch die Instillation von Gastrografin eine direkte röntgenologische Darstellung möglich. Bei unklaren Fällen sollte eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden.
Anal- und Rektumprolaps (s. Kap. B-7.3.9)
Mekoniumileus
n Definition. Der Mekoniumileus ist ein Obturationsileus infolge abnormer Eindickung des Mekoniums im unteren Ileum. In über 95 % der Fälle ist er Ausdruck einer Mukoviszidose.
Pathogenese. Bei der Mukoviszidose besteht eine Störung der Schleimpro-
duktion der Lunge, des Pankreas sowie im Intestinaltrakt. Die hohe Viskosität des in den Becherzellen der Darmschleimhaut produzierten Schleims verhindert einen freien Abfluss über die Ausführungsgänge in das Darm-
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23.1.20 Mekoniumileus
841
lumen. Der sezernierte zähe Schleim führt zu einer Verklebung des eingedickten Mekoniums mit der Darmschleimhaut, woraus eine Obstruktion resultiert. Das zähe Mekonium findet sich in der Regel im distalen Dünndarm und Kolon.
einer Verklebung des eingedickten Mekoniums mit der Darmschleimhaut, welche zur Obstruktion führt. Das zähe Mekonium findet sich meist im distalen Dünndarm und Kolon.
Symptome. Bei fehlendem Mekoniumabgang – selten wird ein weißfarbener, lehmiger Schleimpfropf entleert – kommt es am 2. Lebenstag zunächst zu klarem, später galligem Erbrechen. Das Abdomen ist aufgebläht. Auskultatorisch findet sich eine vermehrte Peristaltik.
Symptome. Bei fehlendem Mekoniumabgang kommt es am 2. Lebenstag zum Erbrechen. Das Abdomen ist aufgebläht.
Diagnose. Die Abdomenübersichtsaufnahme im Hängen zeigt überblähte
Diagnose. In der Abdomenübersichtsaufnahme zeigen sich überblähte Dünndarmschlingen im Ober- und Mittelbauch. Im Bereich des Unterbauchs sind häufig fleckige Verschattungen (eingedicktes Mekonium) sichtbar. Bei der Kolonkontrastdarstellung zeigt sich ein Mikrokolon mit bleistiftstarkem Lumen und perlschnurartigen aufgereihten Mekoniumresten ( 1 B-23.20).
Dünndarmschlingen im Ober- und Mittelbauch. Die typischen Spiegelbildungen des mechanischen Ileus fehlen, da die Darmwand fest mit dem Mekonium verbacken ist. Im Bereich des Unterbauchs und der rechten Flanke finden sich manchmal fleckige, von feinen Luftbläschen durchsetzte Verschattungen, die dem eingedickten Mekonium entsprechen. Kommen Kalkablagerungen im Mittel- bis Unterbauch zur Darstellung, so handelt es sich um kalzifiziertes Mekonium, welches nach einer pränatalen Perforation mit nachfolgender aseptischer Peritonitis in die Bauchhöhle ausgetreten ist. In unklaren Fällen sollte eine Kolonkontrastdarstellung durchgeführt werden. Sie zeigt ein Mikrokolon mit schmalem, etwa bleistiftstarkem Lumen und perlschnurartig aufgereihten Mekoniumresten ( 1 B-23.20).
1 B-23.20
Synopsis Mekoniumileus
a Perlschnurartig im terminalen Ileum aufgereihte Mekoniumballen bei Dilatation der darüber liegenden Darmabschnitte, die mit zähflüssigem Mekonium gefüllt sind.
b Kolonkontrasteinlauf: perlschnurartig aufgereihte Mekoniumballen im Sigma (Á).
Therapie. In unkomplizierten Fällen kann der Versuch unternommen werden, durch Einläufe mit hyperosmolarem Gastrografin den Mekoniumileus zu beheben. Durch Einströmen von Flüssigkeit aus der Darmschleimhaut in das Darmlumen kommt es zu einer Lösung des Mekoniums, welches per vias naturales entleert wird. Dieser konservative Therapieversuch ist erfolgreich, wenn das Kontrastmittel das dilatierte Ileumsegment proximal des obstruierenden Mekoniums
Therapie. Als konservative Therapie bewirken transrektale hyperosmolare Gastrografineinläufe das Einströmen von Flüssigkeit aus der Darmschleimhaut in das Lumen mit Lösung des Mekoniums. Die Erfolgsrate liegt bei 50 %. Das Versagen der konservativen
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23 Kinderchirurgie
Therapie sowie primär alle komplizierten Formen erfordern ein operatives Vorgehen. Hierbei wird das Ileum im dilatierten Anteil eröffnet, der Darm freigespült und eine End-zu-SeitEnterostomie angelegt, die nach 1–2 Monaten zurückverlagert werden kann ( 1 B-23.21).
erreicht. Die Erfolgsrate der konservativen Therapie liegt bei 50 %. Bei Versagen der konservativen Therapie sowie bei komplizierten Fällen ist ein operatives Vorgehen indiziert. Im Falle des operativen Eingriffs erfolgt nach Eröffnung des Ileums im dilatierten Anteil die vollständige Freispülung des Darms von dem obstruierenden Mekonium mit anschließender Anlage einer End-zu-Seit-Enterostomie nach Bishop-Koop ( 1 B-23.21). Hierbei wird der orale Darmschenkel Endzu-Seit mit dem aboralen Darmschenkel anastomosiert, welcher als endständiges Enterostoma aus der Bauchhöhle herausgeleitet wird. Dieses operationstechnische Vorgehen ermöglicht auch postoperativ Spülmaßnahmen durchzuführen. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Erweiterung des Mikrokolons. Die Anus-praeter-Rückverlagerung erfolgt nach 1–2 Monaten.
1 B-23.21
Synopsis Enterostoma (End-zu-Seit-Anastomose) nach Bishop-Koop
endständiges Enterostoma Bauchwand terminales Ileum
Zäkum End-zu-Seit-Anastomose
Prognose. Die Prognose ist bezüglich des Mekoniumileus gut.
Prognose. Sie ist bezüglich des Mekoniumileus gut. Die Überlebensrate beträgt > 90 %. Hinsichtlich der Mukoviszidose ist die Prognose deutlich schlechter.
23.1.21
Nekrotisierende Enterokolitis (NEC)
Definition
Pathogenese. Infolge Hypozirkulation mit Vasokonstriktion der Mesenterialgefäße kommt es zu einer ischämischen Darmwandschädigung mit Permeabilitätsstörung, die zu einer Nekrose der Darmschleimhaut führt. Sekundär wandern anaerobe gasbildende Bakterien (Clostridien/Bacteroides) in die Darmwand ein, wodurch submuköse und subseröse Gasansammlungen entstehen (Pneumatosis cystoides intestini). Symptome. Bei galligem Erbrechen werden blutig-schleimige Stühle abgesetzt.
23.1.21
Nekrotisierende Enterokolitis (NEC)
n Definition. Die NEC ist eine gehäuft bei Frühgeborenen auftretende ischämische Schädigung des Dünn- und Dickdarms.
Pathogenese. Während der Geburt oder unmittelbar postpartal kommt es
infolge eines Schocks zu einer Hypozirkulation des Darms mit Vasokonstriktion der Mesenterialgefäße. Die Hypoxie führt zu einer ischämischen Darmwandschädigung mit nachfolgender Permeabilitätsstörung, wobei aufgrund des hohen Blutbedarfs die Schleimhaut als erste Darmwandschicht nekrotisch wird. Im weiteren Verlauf wandern anaerobe gasbildende Bakterien (Clostridien/Bacteroides) in die Darmwand ein, wodurch es zu submukösen und subserösen Gasansammlungen kommt (Pneumatosis cystoides intestini).
Symptome. Bei galligem Erbrechen werden blutig-schleimige Stühle abgesetzt. Durch die intraabdominelle Entzündung – am häufigsten betroffen ist das Ileum mit den angrenzenden Kolonabschnitten – kann es zu einer lokalisierten Rötung der Bauchdecken mit Ödem kommen.
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23.1.21 Nekrotisierende Enterokolitis (NEC)
843
Diagnose. Die Abdomenleeraufnahme im Hängen in 2 Ebenen zeigt im Anfangsstadium das Bild der Pneumatosis cystoides intestini: Submuköse bzw. subseröse Gasansammlungen als perlschnurartige Auftreibung von Gasbläschen in den betroffenen wandverdickten Darmschlingen ( 1 B-23.22). Im fortgeschrittenen Stadium Darstellung von Spiegelbildungen als Zeichen des Ileus. Nach einer Perforation findet sich freie Luft unter dem Zwerchfell.
Diagnose. Submuköse Gasansammlungen lassen sich röntgenologisch als perlschnurartig dargestellte Bläschen in den betroffenen wandverdickten Darmanteilen nachweisen ( 1 B-23.22). Spiegelbildungen sind als Zeichen des Ileums in fortgeschrittenem Stadium zu deuten.
1 B-23.22
Pneumatosis cystoides intestini Die Abdomenübersichtsaufnahme zeigt eine Darmwandverdickung durch subseröse/ submuköse Gasansammlung (Á).
Therapie. Bei lokalisierter Entzündung der Darmwand ohne Zeichen einer
Therapie. Bei geringgradig ausgeprägten lokalisierten Darmwandentzündungen und fehlenden Zeichen der Peritonitis ist die konservative Therapie indiziert: parenterale Ernährung, hochdosierte Antibiose, Intubation mit Dauerbeatmung, Anlegen einer Magensonde mit Dauerabsaugung. Die Operationsindikation ist bei klinischer Verschlechterung gegeben. Es erfolgt die sparsame Resektion der gangränösen Darmabschnitte (Cave: Kurzdarmsyndrom!) sowie die Anlage eines oder mehrerer Enterostomata. Diese können bei Nachweis einer freien Passage der Restdarmanteile nach ca. 6 Wochen wieder zurückverlagert werden.
Prognose. Die Überlebensrate liegt bei 80 %.
Prognose. Die Überlebensrate liegt bei 80 %.
Peritonitis erfolgt eine konservative Behandlung unter engmaschiger (3–4-stündlicher) klinischer Verlaufskontrolle: parenterale Ernährung mit hochdosierter antibiotischer Behandlung, Intubation mit Dauerbeatmung/ Bluttransfusion bei Anämie zur Verbesserung der Gewebeoxygenierung sowie nasogastrische Sonde mit Dauerabsaugung. Kommt es zu einer klinischen Verschlechterung mit lokalisierter Peritonitis, Rötung und Ödem der Bauchwand, Zunahme der Pneumatose und Ausbildung eines Pneumoperitoneums, ist die Operationsindikation zu stellen. Der operative Eingriff besteht in einer sparsamen Resektion der gangränösen Darmabschnitte (Cave: Kurzdarmsyndrom!) und Anlage eines bzw. mehrerer Enterostomata. Nach mehrwöchiger parenteraler Ernährung und Fortsetzung der konservativen Therapie kann nach Abklingen der entzündlichen Erscheinungen und unauffälligem Abdominalbefund mit einer vorsichtigen enteralen Belastung begonnen werden. Die Rückverlagerung der Enterostomata und Reanastomosierung erfolgt frühestens nach 6 Wochen, evtl. in mehreren Sitzungen. Zuvor ist mittels Kontrastdarstellung via Enterostomata die freie Passage der Restdarmanteile zu objektivieren.
n Merke. Der langstreckige Befall des Dünndarms kann zum Kurzdarmsyndrom führen. Sowohl bei konservativem wie auch operativem Vorgehen können sich im Rahmen der Abheilung Stenosen entwickeln.
Merke
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844 23.2
23 Kinderchirurgie
23.2
Kinderchirurgische Erkrankungen im Säuglingsalter
23.2.1 Hypertrophe Pylorusstenose
23.2.1
Hypertrophe Pylorusstenose
n Definition. Bei der hypertrophen Pylorusstenose handelt es sich um eine Magenabflussstörung durch Einengung des Canalis egestorius infolge Hypertrophie des Pylorusmuskels ( 1 B-23.23).
Definition
Pathogenese. Es handelt sich um eine muskuläre Hypertrophie im Bereich des Pylorus und präpylorischen Antrums unklarer Ätiologie.
1 B-23.23
Kinderchirurgische Erkrankungen im Säuglingsalter
Pathogenese. Es handelt sich um eine muskuläre Hypertrophie im Bereich
des Pylorus und präpylorischen Antrums unklarer Ätiologie, welche – progredient – aufgrund der zunehmenden Stenosierung im Bereich des Canalis egestorius zu einer Abflussstörung des Magens führt.
Synopsis Hypertrophe Pylorusstenose Curvatura gastrica minor
Corpus gastricum
M. sphincter pylori Canalis pyloricus Ostium pyloricum Duodenum
Curvatura gastrica major Pylorus mit engem und langem Canalis egestorius Antrum pyloricum a Hypertrophe Pylorusstenose.
Plicae gastricae der Tunica mucosa b Röntgenologische Darstellung der Stenosierung des Canalis egestorius ( Á).
Symptome. Meist kommt es in der 4.–6. Lebenswoche ca. 30 Minuten nach der Fütterung zu schwallartigem Erbrechen ohne Gallenbeimengung. Gewichtsabnahme und Dehydratation sind die Folge.
Symptome. In der Regel kommt es in der 4.–6. Lebenswoche, selten bereits in der ersten, ca. 30 Minuten nach der Fütterung zu schwallartigem Erbrechen, wobei das Erbrochene keine Galle enthält. Folge ist eine Gewichtsabnahme und Dehydratation. Häufig ist ein Pylorustumor als derbe Resistenz im rechten Oberbauch zu palpieren.
Diagnose. Sonographisch stellt sich die muskuläre Verdickung im Pylorusbereich bei Wandverdickung des pylorusnahen Antrums dar. Die röntgenologische Magen-Darm-Passage bringt den eingeengten verlängerten Pyloruskanal (Canalis egestorius) zur Darstellung ( 1 B-23.23). Es besteht eine hypochlorämische Alkalose und Hyponatriämie.
Diagnose. Sonographisch stellt sich die muskuläre Verdickung im Pylorus-
Therapie. Bei leichter klinischer Ausprägung kann ein konservatives Vorgehen mit vielen kleinen Mahlzeiten, Gabe von Spasmolytika, Hochlagerung usw. versucht werden.
Therapie. Bei leichter klinischer Ausprägung des Krankheitsbilds kann ein
bereich bei Wandverdickung des pylorusnahen Antrums dar. Die röntgenologische Magen-Darm-Passage bringt den eingeengten verlängerten Pyloruskanal (Canalis egestorius) zur Darstellung ( 1 B-23.23). Die hypertrophe Pylorusmuskulatur ragt bei Verlängerung des Pyloruskanals im Sinne einer Schulterbildung in das Duodenum vor. Im Bereich des Magens, der auffallend weit gestellt ist, findet sich eine lebhafte Hyperperistaltik. Es besteht eine hypochlorämische Alkalose und Hyponatriämie.
konservatives Vorgehen mit vielen kleinen Mahlzeiten, Gabe von Spasmolytika, Hochlagerung usw. versucht werden.
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23.2.2 Hiatushernie In der Regel ist die Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt die Therapie der Wahl: Nach Längsinzision über der gesamten Länge der verdickten Pylorusmuskulatur erfolgt die stumpfe Spreizung sämtlicher Muskelfasern bis auf die Mukosa. Diese, ca. zu 1⁄3 freigelegt, wölbt sich in den muskulären Defekt vor, wodurch die Stenosierung des Canales egestorius und damit die Passagebehinderung aufgehoben ist. Ab dem 2. postoperativen Tag erfolgt ein zügiger enteraler Nahrungsaufbau ( 1 B-23.24).
1 B-23.24
In der Regel ist die Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt die Therapie der Wahl ( 1 B-23.24).
Synopsis Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt
Pylorusmuskulatur vorgewölbte Schleimhaut Mukosa
Pankreas
Durchtrennung und Spreizung von Serosa und hypertropher Muskularis unter Schonung der Mukosa.
Prognose. Bei rechtzeitiger Pyloromyotomie ist die Prognose gut. 23.2.2
Hiatushernie
n Definition. Bei der Hiatushernie kommt es zur Verlagerung von Kardia und Magenanteilen in das Mediastinum. Man unterscheidet folgende Formen ( 1 B-23.25): π Hiatusgleithernie: Die Kardia ist durch den Hiatusschlitz in das Mediastinum getreten und liegt inspiratorisch oberhalb, exspiratorisch unterhalb des Diaphragmas. π paraösophageale Hernie: Bei einer in Höhe des Hiatus oesophagei fixierten Kardia findet sich eine Magentasche oberhalb des Zwerchfells. π Upside-down-stomach: Der gesamte Magen findet sich mit der großen Kurvatur nach kranial liegend gedreht im Mediastinum.
Pathogenese. Aufgrund eines unphysiologisch großen Durchmessers (Lücke) des Hiatus oesophagei kommt es zu einer Verkürzung des intraabdominellen Ösophagusabschnitts mit mediastinaler Verlagerung der Kardia und des Magenfundus. Infolge dieses Mechanismus streckt sich der HisWinkel, und die Kardia wird schlussunfähig. Symptome. Bereits im Neugeborenenalter kommt es nach der Nahrungsaufnahme zum Erbrechen. Das Erbrochene kann im weiteren Verlauf Hämatin enthalten. Durch den ständigen Magensaftreflux entsteht eine erosive Ösophagitis mit daraus resultierenden Schmerzen.
Diagnose. Die obere Magen-Darm-Passage (Gastrographie/Ösophagographie) objektivieren das Ausmaß der Hernie sowie des gastroösophagealen Refluxes. Die Ösophagoskopie objektiviert das Ausmaß ösophagitischer Veränderungen. Zusätzlich: Manometrie und 24-Stunden-pH-Metrie.
Pylorusmuskulatur
Prognose. Die Prognose ist gut.
23.2.2
Hiatushernie
Definition
Pathogenese. Aufgrund eines unphysiologisch großen Durchmessers des Hiatus oesophagei kommt es zu einer Mediastinalverlagerung von Kardia und Magenfundus, der His-Winkel streckt sich und die Kardia wird schlussunfähig. Symptome. Bereits im Neugeborenenalter kommt es nach der Nahrungsaufnahme zum Erbrechen. Im weiteren Verlauf kann sich eine erosive Ösophagitis entwickeln. Diagnose. Die obere Magen-DarmPassage, die Ösophagoskopie und die Manometrie sichern die Diagnose.
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846
23 Kinderchirurgie
1 B-23.25
Synopsis Formen der Hiatushernie
a Normalzustand (spitzer His-Winkel).
b Hiatusgleithernie.
c Paraösophageale Hernie.
d Upside-down-stomach.
Differenzialdiagnose. Das Erbrechen bei hypertrophischer Pylorusstenose ist schwallartig.
Differenzialdiagnose. Hypertrophe Pylorusstenose: Im Vergleich zu dem
Therapie. Zunächst erfolgt ein konservativer Therapieversuch mit sitzender Position bei der Nahrungsaufnahme und die Gabe von Antazida. Bei erfolgloser konservativer Therapie sowie den ausgeprägten Formen ist eine Operation angezeigt mit einer Hiatusplastik und Gastropexie, evtl. kombiniert mit einer Fundoplicatio nach Nissen.
Therapie. Im Neugeborenen- und jungen Säuglingsalter erfolgt ein konser-
Prognose. Sie ist abhängig vom Ausmaß der ulzerösen Ösophagitis.
Prognose. Bei nicht zu ausgeprägten narbigen Veränderungen nach ulzerö-
23.2.3
23.2.3
Invagination
Definition
Pathogenese. In 80–90 % der Fälle bleibt die Ursache unbekannt. In einigen Fällen werden Pseudotumoren (z.B. Darmpolyp, Meckel-Divertikel usw.) durch die Peristaltik in das
kurzzeitig nach der Nahrungsaufnahme auftretenden Erbrechen bei der Hiatushernie ist das Erbrechen der Pylorusstenose schwallartig.
vativer Therapieversuch mit angedickter Nahrung in sitzender Position bei der Nahrungsaufnahme und der Gabe von Antazida. Bei erfolgloser konservativer Therapie sowie den ausgeprägten Formen einer Hiatusgleithernie mit Refluxösophagitis bzw. paraösophagealen Hernie ist die Operation angezeigt. Nach medianer Oberbauchlaparotomie erfolgt die Verlagerung der mediastinal gelegenen Magenanteile und der Kardia nach intraabdominell. Durch eine Vereinigung der beiden retroösophagealen Hiatusschenkel wird eine Einengung des Hiatus im Sinne einer Hiatusplastik durchgeführt. Eine Gastropexie erfolgt an der vorderen Bauchwand. Ein ergänzendes Verfahren stellt die Fundoplicatio nach Nissen dar: Der freipräparierte Fundus des Magens wird manschettenförmig um den terminalen Ösophagus geschlungen.
ser Ösophagitis im terminalen Ösophagus sind die Ergebnisse gut.
Invagination
n Definition. Eine Invagination ist eine Einstülpung eines Darmsegments in das Lumen des sich aboral anschließenden Darms mit Vorschieben des Invaginats in analer Richtung. Mit einer Inzidenz von 1,5 bis 4 Erkrankungen auf 1000 Lebendgeborene stellt die Invagination eine der häufigsten Ileusursachen dar.
Pathogenese. In 80–90 % der Fälle bleibt die Ursache unbekannt. Eine Erklä-
rung, warum es zu einer Invagination gekommen ist, findet sich bei den Fällen, bei denen im Darmlumen in oder an der Darmwand oder im benachbarten Mesenterium Gewebsveränderungen bestehen, wie z.B. ein Darmpolyp, ein Meckel-Divertikel, eine enterogene Zyste oder mesenteriale Lymph-
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23.2.3 Invagination
847
knotenvergrößerungen. Diese Pseudotumoren werden durch die Peristaltik in das Darmlumen gezogen und führen zu der Invagination. Aus der Kompression der Mesenterialgefäße an der Eintrittsstelle der Invagination resultiert eine venöse Rückflussstörung mit Ödem und Blutung aus der Darmwand und Schleimhaut. Später kommt es zu einer Verklebung der invaginierten, aufeinander liegenden Serosaflächen.
Darmlumen gezogen und führen zur Invagination. Es kommt zur venösen Stauung mit Ödem und Blutungen aus der Darmwand.
Klassifikation. Nach der Lokalisation werden folgende Invaginationstypen
Klassifikation. Nach der Lokalisation werden folgende Invaginationstypen unterschieden ( 1 B-23.26): π ileoileale Invagination ( 1 B-23.27) π ileokolische Invagination π ileozäkale Invagination π kolokolische Invagination.
unterschieden ( 1 B-23.26). π ileoileale Invagination: Einstülpung von Ileum in Ileum ( 1 B-23.27) π ileokolische Invagination: Ileum ist ohne Beteiligung des Zäkalpols und der Appendix in das Kolon invaginiert π ileozäkale Invagination: das terminale Ileum und Zäkum/Appendix liegen vorgeschoben im Kolon π kolokolische Invagination: Kolon ist in das Kolon eingestülpt. In 80 % der Fälle kommt es zu einer ileokolischen bzw. ileozäkalen Invagination.
1 B-23.26
In 80 % der Fälle kommt es zu einer ileokolischen bzw. ileozäkalen Invagination.
Synopsis Invaginationsformen
Ileum
Colon ascendens Zäkum
Appendix vermiformis
a Ileoileale Invagination.
b Ileokolische Invagination.
c Ileozäkale Invagination.
d Kolokolische Invagination.
1 B-23.27
Intraoperativer Befund bei ileoilealer Invagination ( Á)
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23 Kinderchirurgie
Symptome π kolikartige Bauchschmerzen π reflektorisches Erbrechen möglich π blutiger Stuhl.
Symptome. Aus vollkommenem Wohlbefinden heraus treten rezidivierende kolikartige Bauchschmerzen auf, die an Intensität zunehmen. Zusätzlich kommt es zu einem reflektorischen Erbrechen. Innerhalb der kolikfreien Intervalle ist das Kind beschwerdefrei. Im weiteren Verlauf kann es zum Vollbild eines mechanischen Ileus kommen.
Diagnose. Palpatorisch ist ein walzenförmiger Tumor tastbar. Bei der rektalen Untersuchung zeigen sich hellrote Blutauflagerungen am Fingerling. Abdominalsonographie (Kokardenphänomen) und Röntgenkontrastuntersuchung (Füllungsdefekte) sichern die Diagnose.
Diagnose. Palpatorisch lässt sich bei anfänglich weichem Abdomen der wal-
Therapie. Liegt das intestinale Invaginationsereignis weniger als 24 Stunden zurück, ist unter Operationsbereitschaft der sonographisch bzw. radiologisch kontrollierte Repositionsversuch indiziert (retrograde hydrostatische Reposition) ( 1 B-23.28).
Therapie. Liegt das intestinale Invaginationsereignis weniger als 24 Stunden
zenförmige Invaginationstumor – z.B. bei ileozäkaler Invagination – im rechten Mittel- und Unterbauch palpieren. Die rektale Untersuchung ist zunächst unauffällig, zeigt aber im weiteren Verlauf infolge blutiger Transsudation des gestauten Invaginats hellrotes Blut am untersuchenden Finger. Die Abdominalsonographie und Röntgenkontrastuntersuchung sichern die Diagnose. π Abdominalsonographie: Das Invaginat kommt im Querschnitt als Kokardenphänomen zur Darstellung. π Röntgenkontrastuntersuchung: Die transrektale Kolonkontrastdarstellung zeigt entsprechend der Lokalisation und Länge des Invaginats unterschiedlich ausgeprägte Füllungsdefekte. zurück, ist unter Operationsbereitschaft der sonographische bzw. radiologisch kontrollierte Repositionsversuch indiziert (retrograde hydrostatische Reposition). Mittels transrektal eingebrachten Kontrastmittels oder RingerLactat-Lösung wird unter mäßigem Druck (der Irrigator darf maximal 1 Meter über dem Patienten stehen) die Desinvagination versucht ( 1 B-23.28). Eine weitere Methode ist die pneumatische Desinvagination: Anstelle der beschriebenen Flüssigkeiten wird Luft mit einem Druck von 80–100 mmHg im Intervall transrektal insuffliert.
1 B-23.28
Invagination
a Röntgenologische Darstellung einer ileokolischen Invagination (Á), (Querkolon [Á Á]).
b Röntgenologische Darstellung nach Desinvagination mittels Kontrastmittel (Colon ascendens [Á], Querkolon [ Á Á Á], Colon descendens [Á Á]).
Die Erfolgsrate bei der konservativen Therapie liegt bei 50–70 %. Lässt sich das Invaginat nicht vollständig reponieren oder liegt der Erkrankungsbeginn > 24 Stunden zurück, erfolgt die operative Maßnahme. Der nicht reponierbare Invaginationstumor wird reseziert und eine End-zu-End-Anastomose durchgeführt.
Die Erfolgsrate bei der konservativen Therapie liegt bei 50–70 %. Lässt sich das Invaginat nicht vollständig reponieren oder liegt der Erkrankungsbeginn > 24 Stunden zurück, erfolgt die operative Maßnahme: Nach vorsichtigem manuellen Herausdrücken des Invaginats aus dem distalen Darmabschnitt (Hutchinson-Handgriff), erfolgt die Fixation z.B. des terminalen Ileum am Colon ascendens durch einzelne Nähte. Der nicht reponierbare Invaginationstumor wird reseziert und eine End-zuEnd-Anastomose durchgeführt.
Prognose. Die Letalität liegt < 1 %, die Rezidivrate bei konservativer Therapie beträgt 3–5 %.
Prognose. Die Letalität bei Früherkennung liegt < 1 %. Die Rezidivrate der konservativ behandelten Fälle beträgt 3–5 %.
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23.2.5 Megacolon congenitum 23.2.4
Appendizitis
23.2.4
Appendizitis (s. Kap. B-5.2)
Megacolon congenitum
23.2.5
Megacolon congenitum
(s. Kap. B-5.2)
23.2.5
Synonym: Morbus Hirschsprung. Aganglionose. n Definition. Das Megacolon congenitum ist gekennzeichnet durch eine Motilitätsstörung des Dickdarms infolge Fehlens der Ganglienzellen des Plexus myentericus und submucosus.
Definition
Die Häufigkeit beträgt 1 auf 3000–5000 Geburten. Knaben sind 4-mal häufiger als Mädchen betroffen.
Die Häufigkeit beträgt 1 : 3000–5000 Geburten. Knaben/Mädchen 4 : 1.
Pathogenese. Die Ganglienzellen wandern in kraniokaudaler Richtung in
Pathogenese. Bleibt die Einwanderung von Ganglienzellen in den Darm in der Fetalzeit aus, bleiben die entsprechenden Darmabschnitte eng gestellt und stellen ein funktionelles Hindernis dar. Das Rektosigmoid ist am häufigsten befallen.
Klassifikation. Entsprechend der Länge der aganglionären Segmente lassen
Klassifikation. Entsprechend der Länge der aganglionären Segmente lassen sich folgende Formen unterscheiden: π anale Form π rektosigmoidale Form ( 1 B-23.29) π lange Form π subtotale kolische Form π totale kolische Form.
den Darm ein und erreichen in der 12. Fetalwoche den Anus. Ab der 6. Fetalwoche oder später (bis 9. Fetalwoche) kann diese Einwanderung aufhören, woraus ein Fehlen der Ganglienzellen des Plexus myentericus und submucosus der distalen Darmabschnitte bis zum Anus, in welche die Einsprossung der Ganglienzellen noch nicht erfolgt ist, resultiert. Je früher die Störung einsetzt, desto länger ist der aganglionäre Darmabschnitt ab Anus in oraler Richtung. Das Fehlen der intramuralen Ganglienzellen führt zu einer Hypertrophie der präganglionären parasympathischen Nervenfasern in der Lamina propria mucosae, Muscularis mucosae und den zirkulären Muskelfasern, die vermehrt das Enzym Acetylcholinesterase freisetzen. Die aganglionären Darmabschnitte bleiben eng gestellt und stellen ein funktionelles Hindernis dar. Am häufigsten ist das Rektosigmoid befallen.
sich folgende Formen unterscheiden: π anale Form: Megakolon mit ultrakurzem Segment mit 2–4 cm langer Aganglionose des Analkanals und des anschließenden Rektums π rektosigmoidale Form: Fehlen der Ganglienzellen im Bereich des rektosigmoidalen Übergangs (klassischer Morbus Hirschsprung) ( 1 B-23.29). π lange Form: Aganglionose bis in den Bereich der linken Flexur π subtotale kolische Form: die Aganglionose überschreitet die linke Flexur nach oral π totale kolische Form: Aganglionose des gesamten Kolons (Zuelzer-Wilson-Syndrom). π Sonderformen: Hypoganglionose: Es handelt sich um eine fehlerhafte Entwicklung des sakralen Parasympathikus mit gestörter Einsprossung der Ganglienzellen in die Darmwand, woraus sich eine Verminderung der Anzahl der Ganglienzellen und daraus resultierender Motilitätsstörung des betroffenen Darmabschnittes ergibt. Neuronale intestinale Dysplasie: Bei einer normalen Ganglienzellzahl liegt eine isolierte Störung der Ganglienzellen bzw. eine fehlerhafte Ausbildung der parasympathischen Nervenfasern im Synapsenbereich der intramuralen Ganglienzellen bzw. postganglionär vor.
Symptome. Da der aganglionäre eng gestellte Darmabschnitt ein funktionelles Hindernis darstellt, welches die propulsive Peristaltik des oral liegenden gesunden Darms auf Dauer nicht überwinden kann, kommt es nach einer ausgeprägten Erweiterung und Wandhypertrophie zu einer Motilitätsstörung des Kolons, die in 70 % der Fälle zu einem Ileus, in 30 % zu einer Enterokolitis führt. Entsprechend der Länge des aganglionären Segments resultieren unterschiedliche klinische Verläufe. Bei fehlendem Mekoniumabgang entwickelt sich im Neugeborenenalter ein zunehmend geblähtes Abdomen.
Sonderformen Hypoganglionose π neuronale intestinale Dysplasie. π
Symptome. Der aganglionäre eng gestellte Darmabschnitt stellt ein funktionelles Hindernis dar. Es kommt zu einer Motilitätsstörung des Kolons, die in 70 % zu einem Ileus, in 30 % zur Enterokolitis führt. Entsprechend der Länge des aganglionären Segments resultieren unterschiedliche klinische Verläufe.
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23 Kinderchirurgie
1 B-23.29
Megacolon congenitum (rektosimoidale Form)
a Operationssitus bei Megacolon congenitum. Dilatation des Colon transversum und descendens bei Engstellung des Sigma-Rektums.
b Kolonkontrastdarstellung mit sich darstellendem Lumensprung ( Á).
Die Symptome reichen von chronischer Obstipation mit Darmentleerungsstörungen bis zu intermittierend auftretenden Subileuserscheinungen mit meteoristisch geblähtem Abdomen.
Bei Vorliegen eines kurzen oder ultrakurzen Segmentes besteht eine chronische Obstipation mit Darmentleerungsstörungen, die bei stärkerem Ausprägungsgrad bis hin zu intermittierend auftretenden Subileuserscheinungen mit meteoristisch geblähtem Abdomen führen können.
Diagnose. Die rektale Untersuchung tastet eine leere Ampulle. Die Abdomenübersichtsaufnahme im Hängen zeigt typische Flüssigkeitsspiegel, die Kolonkontrastdarstellung den typischen Lumensprung ( 1 B-23.29 b) und die histochemische Untersuchung eine erhöhte Acetylcholinesteraseaktivität im Bereich des aganglionären Darmsegments. Manometrie und Saugbiopsie ergänzen die Diagnostik.
Diagnose. Die rektale Untersuchung tastet eine leere Rektumampulle. Die
Abdomenübersichtsaufnahme im Hängen zeigt typische Flüssigkeitsspiegel, wobei die Überblähung der Darmschlingen eine deutliche Abgrenzung des Kolonrahmens objektiviert. Bei Vorliegen eines Megacolon congenitum zeigt die Kolonkontrastdarstellung den sog. Lumensprung ( 1 B-23.29 b): Der hypertrophierte, stark erweiterte gesunde Darm geht trichterförmig in das aganglionäre enge Segment über. Diese typische Megabildung oder Dilatation des gesunden Darms mit trichterförmigem Übergang zum enggestellten aganglionären Segment ist häufig im Neugeborenen- und frühen Säuglingsalter noch nicht vorhanden. Bei der anorektalen Manometrie ist nach Erhöhung des rektalen Drucks die Relaxation des M. sphincter ani internus nicht auslösbar. Mit der Saugbiopsie werden im Rektum stecknadelkopfgroße Schleimhautgewebsproben entnommen (1, 3 und 5 cm oberhalb des Anus). Beim Morbus Hirschsprung ergibt die histochemische Untersuchung eine erhöhte Acetylcholinesteraseaktivität im Bereich des aganglionären Darmsegments. Falsch positive Ergebnisse mit erhöhter Enzymaktivität sind bei einer Enterokolitis möglich. Die Verlässlichkeit der Kolonkontrastuntersuchung liegt bei 65 %, der Manometrie bei 95 %, der Acetylcholinesterasebestimmung in Rektumschleimhautbiopsien bei 97 %.
Therapie. Die operative Behandlung besteht in einer Resektion des gesamten aganglionären Segments unter Einbeziehung des dilatierten vorgeschalteten Dickdarmabschnitts. Um die Kontinenz nicht zu gefährden, erfolgt die Resektion unter Belassung eines aganglionären Restsegments von 3–4 cm oberhalb der Linea dentata.
Therapie. Die operative Behandlung besteht in einer Resektion des gesam-
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
ten aganglionären Segments unter Einbeziehung des dilatierten vorgeschalteten Dickdarmabschnitts. Um die Kontinenz nicht zu gefährden, erfolgt die Resektion unter Belassung eines aganglionären Restsegments von 3–4 cm oberhalb der Linea dentata. Bei Vorliegen eines ultrakurzen Segments wird eine Sphinkteromyotomie (partielle Durchtrennung der Sphinktermuskulatur) durchgeführt, um den erhöhten Druck im M. sphincter ani internus herabzusetzen und somit die Defäkation zu erleichtern. Hierdurch besteht keine Gefahr der Inkontinenz.
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23.2.6 Nabelhernie 23.2.6
Nabelhernie
23.2.6
n Definition. Die Nabelhernie ist eine Lücke im Zentrum der Nabelplatte mit peritonealer Ausstülpung.
Nabelhernie
Definition
In den ersten Lebensmonaten findet sich bei zahlreichen Säuglingen eine Nabelhernie: Die Häufigkeit liegt bei einem Geburtsgewicht zwischen 1000–1500 g bei 80 %. Liegt dieses über 2500 g, beträgt die Häufigkeit noch 20 %. Innerhalb des 1. Lebensjahres kommt es bei der Mehrzahl der Säuglinge zu einem spontanen Verschluss.
Die Häufigkeit liegt bei einem Geburtsgewicht zwischen 1000–1500 g bei 80 %. Liegt dieses über 2500 g, beträgt die Häufigkeit noch 20 %.
Pathogenese. Physiologisch bildet sich nach Abfall des eingetrockneten Nabelschnurbetts eine bindegewebige Nabelplatte, die überhäutet wird und sich durch narbige Retraktion im Laufe des 1. Lebensjahres verschließt. Bei unvollständiger Ausbildung dieser Nabelplatte verbleibt eine Lücke im Zentrum des Nabels mit peritonealer Ausstülpung ( 1 B-23.30). Dabei sind Frühgeburtlichkeit und Dystrophie begünstigende Faktoren.
Pathogenese. Nach Abfall der Nabelschnur bildet sich eine bindegewebige Nabelplatte. Bei unvollständiger Ausbildung bleibt eine Lücke im Zentrum des Nabels bestehen ( 1 B-23.30).
1 B-23.30
Synopsis Nabelhernie
Netz Bruchsack Peritoneum parietale Linea alba
Darmschlingen (quer)
Spatium praeperitoneale a Prolaps von Omentum in der Bruchsack.
b Große Nabelhernie.
Symptome. Bei Betätigung der Bauchpresse oder in senkrechter Position kommt es in Abhängigkeit des Durchmessers der Bruchpforte infolge Prolabieren von Omentum bzw. einer Darmschlinge in den Bruchsack zu einer erbs- bis kirschgroßen Vorwölbung im Bereich des Hautnabels ( 1 B-23.30). Da die Bruchpforte (1,5–2 cm) im Verhältnis zum Bruchsack eine ausreichende Weite aufweist, ist die Reposition unkompliziert möglich. In der Regel kommt es bereits in liegender Position in Ruhe zur spontanen Reposition. Inkarzerationen sind die Ausnahme. Subjektive Beschwerden finden ihre Erklärung in der Verwachsung eines Netzzipfels mit dem peritonealen Bruchsack.
Symptome. Bei Betätigung der Bauchpresse oder beim Stehen kommt es zu einer Vorwölbung im Bereich des Nabels ( 1 B-23.30). Die Reposition ist meist unkompliziert möglich, Inkarzerationen sind selten.
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Bild. Palpatorisch
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Bild.
Therapie. Aufgrund der Erfahrung, dass es im Laufe des 1. Lebensjahres bei
Therapie. Meist kommt es im Laufe des 1. Lebensjahres zu einem spontanen Verschluss, der eine abwartende Haltung rechtfertigt. Eine relative Operationsindikation im Säuglingsalter ergibt sich bei Vorliegen übergroßer Bruchlücken oder bei Inkarzerationsgefahr. Persistiert die Nabelhernie über das 1. Lebensjahr hinaus, ist die absolute Operationsindikation gegeben.
tastet man mit dem Finger die Lückenbildung auf dem Nabelgrund.
zahlreichen Kindern zu einem spontanen Verschluss der Nabelhernie kommt, ist innerhalb dieses Zeitraums die abwartende Haltung gerechtfertigt. Eine relative Operationsindikation im Säuglingsalter ergibt sich bei Vorliegen übergroßer (Durchmesser 3–4 cm) Bruchlücken mit Prolaps von Abdominalinhalt oder bei Inkarzerationsgefahr. Persistiert die Nabelhernie über das 1. Lebensjahr hinaus, ist die absolute Operationsindikation gegeben.
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23 Kinderchirurgie Operatives Vorgehen: Nach halbbogenförmigem kaudalen Umschneiden des Nabels Darstellen des Bruchsacks, der eröffnet und reseziert wird. Verschluss der Faszienlücke durch Einzelknopfnähte bei Rekonstruktion des Nabels durch Fixation des Nabelgrundes an der Faszie.
π
Operatives Vorgehen: Der Bruchsack wird eröffnet und reseziert, die Faszienlücke verschlossen und der Nabelgrund an der Faszie fixiert.
π
Supraumbilikale Hernie
Supraumbilikale Hernie
Die Bruchpforte ist mediokranial oberhalb des Nabelgrundes lokalisiert. Das operative Vorgehen ist das gleiche wie bei der Nabelhernie.
Die Bruchpforte ist mediokranial oberhalb des Nabelgrundes lokalisiert. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Nabelhernie findet sich zwischen den beiden Bruchpforten ein quer verlaufendes Faszienband. Das operative Vorgehen ist das gleiche wie bei der Nabelhernie.
Epigastrische Hernie
Epigastrische Hernie
Durch kleine Faszienlücken im Bereich der Linea alba kranial des Nabels können präperitoneale Lipome prolabieren. In der Subkutis sind kleine Pseudotumoren palpabel.
Durch kleine Faszienlücken die im Bereich der Linea alba kranial des Nabels bestehen können präperitoneale Lipome prolabieren. Klinisch finden sich palpable linsengroße Pseudotumoren in der Subkutis. Operationstechnisch wird das Lipom nach einer Ligatur abgetragen und anschließend die Faszienlücke durch Einzelknopfnähte verschlossen.
23.2.7
23.2.7
Persistierender Ductus omphaloentericus/ Meckel-Divertikel
Persistierender Ductus omphaloentericus/ Meckel-Divertikel
n Definition. Hierbei handelt es sich um Überreste der embryonalen Verbindung zwischen Darm und Nabel ( 1 B-23.31).
Definition
Pathogenese. Obliteriert der Ductus omphaloentericus nicht in der 7. Fetalwoche, kann er teilweise oder ganz persistieren.
1 B-23.31
Pathogenese. Obliteriert der Ductus omphaloentericus – die embryonale
Verbindung des Dottersacks mit der Kuppe der Nabelschleife – nicht in der 7. Fetalwoche, kann er teilweise oder in ganzer Ausdehnung persistieren. Bleibt das darmnahe Ende bestehen, entwickelt sich das Meckel-Divertikel.
Synopsis Residualvarianten des Ductus omphaloentericus
Ileum
a Meckel-Divertikel ( Á).
b Meckel-Divertikel mit Strang zum Nabel (Á).
d Persistierender Ductus omphaloentericus ( Á).
e Dottergangszyste (Á).
c Nabelfistel (Á).
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23.2.7 Persistierender Ductus omphaloentericus/Meckel-Divertikel Von diesem kann der restliche obliterierte Ductus als strangförmige Verbindung zum Nabel ziehen. Das Divertikel, das bei ca. 0,5–3 % der Bevölkerung vorhanden ist, liegt meist innerhalb eines Meters oral der Ileozäkalklappe und kann ektopes Gewebe des gesamten Magen-Darm-Traktes enthalten. Zu 30-50 % handelt es sich um ektope Magenschleimhaut oder Pankreasgewebe (5 %). Eine Nabelfistel entsteht aus dem offen gebliebenen Rest des Duktus am Nabel. Persistiert der Duktus in seiner ganzen Ausdehnung, verbindet ein Fistelgang das Ileum mit dem Nabel. Kommt es bei Persistenz des Duktus zum Verschluss am Nabel und Darm, entsteht eine sog. Dottergangszyste.
Bleibt das darmnahe Ende bestehen, entwickelt sich das Meckel-Divertikel (in 0,5–3 %). Es ist meist innerhalb eines Meters oral der Ileozäkalklappe lokalisiert und kann ektopes Gewebe des gesamten Magen-Darm-Trakts enthalten. Eine Nabelfistel entsteht aus dem offen gebliebenen Rest des Duktus am Nabel.
Ductus omphaloentericus
Ductus omphaloentericus
Symptome. Im Nabelgrund findet sich nach Abfallen des Nabels eine mit rötlicher Schleimhaut ausgekleidete zentrale Öffnung, aus der sich Schleim und Stuhl entleert.
Symptome. Im Nabelgrund befindet sich eine Öffnung, aus der sich Stuhl entleert.
Diagnose. Der Fistelgang ist sonographisch und röntgenologisch nach Instil-
Diagnose. Der Fistelgang ist sonographisch und röntgenologisch darstellbar.
Therapie. Nach Eröffnung des Abdomens bei halbbogenförmigem subumbilikalen Hautschnitt Darstellung der Fistelverbindung, die am Nabel und Ileum reseziert wird.
Therapie. Es erfolgt die Resektion der Fistel.
Meckel-Divertikel
Meckel-Divertikel
Symptome. In den meisten Fällen bestehen keine Symptome. Gelegentlich
Symptome. Meist bestehen keine Symptome. Gelegentlich treten Abdominalbeschwerden oder rektale Blutungen auf.
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich bei Komplikationen wie Ulkusblutung
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich bei Komplikationen wie Ulkusblutung aus ektoper Magenschleimhaut, Perforation bei Ulkus oder Entzündung des Divertikels, Ileus durch Invagination oder Strangulation. Meist handelt es sich um einen Zufallsbefund bei Appendektomie. Ektope Magenschleimhaut lässt sich durch eine Technetium-Szintigraphie nachweisen ( 1 B-23.32).
lation von wasserlöslichem Kontrastmittel darstellbar.
können Abdominalbeschwerden beobachtet werden bzw. rektale Blutungen auftreten.
aus ektoper Magenschleimhaut, Perforation bei Ulkus oder Entzündung des Divertikels, Ileus durch Invagination oder Strangulation. In der Mehrzahl der Fälle findet sich das Divertikel als Zufallsbefund bei der Appendektomie oder anderen abdominellen Eingriffen. Der Nachweis ektoper Magenschleimhaut im Divertikel ist durch eine Technetium-Szintigraphie mit hoher Sensitivität und Spezifität möglich ( 1 B-23.32).
1 B-23.32
Technetium-Szintigraphie
Technetium-Szintigraphie mit fokaler Anreicherung in den Belegzellen des Magens ( Á) sowie ektopen Belegzellen des Meckel-Divertikels (re. Mittelbauch) (Á Á).
Therapie. Nach ovalärer Exzision des Divertikels erfolgt die quere Anastomosierung der Darmwandresektionsränder.
Therapie. Es erfolgt die Exzision des Divertikels.
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23 Kinderchirurgie
n Merke. Grundsätzlich sollte aufgrund der Komplikationsmöglichkeiten auch das reizlose Meckel-Divertikel entfernt werden, wenn es intraoperativ als Zufallsbefund entdeckt wird.
Merke
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
23.2.8
23.2.8
Urachusfistel
Urachusfistel
n Definition. Die Urachusfistel ist eine Fistel zwischen Harnblase und Nabel.
Definition
Pathogenese. Obliteriert die fetale Verbindung zwischen Blase und Nabel nicht, bleibt eine Urachusfistel bestehen.
Pathogenese. Die fetale Verbindung zwischen Blasenscheitel und Nabel,
Symptome und Diagnose. Der Nabel sondert eine klare Flüssigkeit ab. Der Nachweis gelingt durch die Abdominalsonographie und das MCU.
Symptome und Diagnose. Der in der Neugeborenenperiode klare Flüssig-
Therapie. Es erfolgt die Resektion der Fistelverbindung.
Therapie. Es erfolgt die Resektion der Fistelverbindung im Bereich des Nabels sowie am Übergang in die Blasenwand.
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
23.2.9
23.2.9
Leistenhernie/Hydrozele
der Urachus, entwickelt sich aus dem kranialen Alantoisabschnitt. Obliteriert er nicht zum Lig. vesicoumbilicale mediale, bleibt die Verbindung als Urachusfistel bestehen.
keit absondernde nässende Nabel ist das typische Symptom dieser Fistelverbindung. Die diagnostische Abklärung erfolgt durch die Abdominalsonographie und die Fisteldarstellung mittels des Miktionszystourethrogramms (MCU).
Leistenhernie/Hydrozele
n Definition. Die angeborene Leistenhernie ( 1 B-23.33 a) ist eine durch den Leistenkanal verlaufende indirekte Hernie infolge eines offenen Processus vaginalis peritonei. Bei der Hydrozele ( 1 B-23.34) kommt es zur Flüssigkeitsansammlung im Bereich des Samenleiters (Hydrocele funiculi spermatici) ( 1 B-23.33 b) oder der Hodenhüllen (Hydrocele testis; 1 B-23.33 c) bei partiell offenem Processus vaginalis peritonei. Die Häufigkeit beträgt 3 %, bei Frühgeburten 4,8 %. Knaben sind 9 « häufiger betroffen als Mädchen.
Definition
1 B-23.33
Leistenhernie und Hydrozelenformen
a Leistenhernie mit Darm als Inhalt.
b Hydrocele funiculi sperma- c Hydrocele testis mit Flüssigkeit innerhalb tici mit Flüssigkeit der Hodenhüllen. innerhalb des Samenleiters.
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855
23.2.9 Leistenhernie/Hydrozele
1 B-23.34
Hydrocele testis beidseits
Pathogenese. Die bei der Wanderung des Hodens in das Skrotum erfolgte
Pathogenese. Der Processus vaginalis peritonei obliteriert unvollständig oder gar nicht nach abgeschlossenem Descensus testis.
Symptome. Bei der Leistenhernie zeigt sich in senkrechter Position oder
Symptome. Bei der Leistenhernie zeigt sich im Bereich des äußeren Leistenrings eine Vorwölbung. Findet sich eine enge Bruchpforte, besteht erhöhte Inkarzerationsgefahr.
peritoneale Ausstülpung, der Processus vaginalis peritonei, ist nach abgeschlossenem Descensus testis unvollständig oder gar nicht obliteriert. Beim Mädchen verläuft der nicht obliterierte Processus vaginalis peritonei entlang des Lig. rotundum durch den Leistenkanal.
beim Pressen des Kindes distal des äußeren Leistenrings eine Vorwölbung, die sich in der horizontalen Lage in Ruhe spontan reponiert. Sind Bruchpforte und Leistenkanal weit, kann der Bruchsack mit Inhalt bis in das Skrotum reichen. Es imponiert ein dicker Wulst unterhalb des äußeren Leistenrings. Findet sich eine enge Bruchpforte, ist der Bruchsackinhalt schwierig zu reponieren. Es besteht erhöhte Inkarzerationsgefahr. Beim Mädchen in den ersten Lebenswochen findet sich häufig Ovar oder Tube als Bruchsackinhalt. In ca. 25 % der Fälle handelt es sich hierbei um Gleitbrüche. Läßt sich distal des äußeren Leistenrings im Verlauf des Samenstrangs ein abgrenzbares schmales Gebilde palpieren, welches nicht ausdrückbar ist, so handelt es sich in der Regel um eine Hydrocele funiculi. Kugelige Formen, die bis in das Skrotum reichen, sprechen für eine Hydrocele testis ( 1 B-23.34). Anamnestisch wird seitens der Mutter bei der Hydrocele testis häufig angegeben, dass die Schwellung im Bereich des Hodensäckchens abends stärker ist als am frühen Morgen. Die Erklärung ist darin zu suchen, dass die peritoneale Flüssigkeit in senkrechter Position im Laufe des Tages bei den Knaben über den kapillar offenen Processus vaginalis in die Hydrozele läuft, es in liegender Position (nachts) zu einem langsamen Zurücklaufen aus der Hydrozele in die Abdominalhöhle kommt.
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Befund. Die Diffe-
renzialdiagnose zwischen inkarzerierter Leistenhernie und Hydrocele funiculi bzw. testis kann schwierig sein. Im Zweifel sollte schnellstmöglich die Operation mit Eröffnung des Leistenkanals zur Abklärung des Befundes durchgeführt werden. n Merke. Die Diaphanie stellt keine sichere Methode zur Abklärung dar, da sich sowohl bei der Hydrozele wie auch bei der inkarzerierten Leistenhernie (Darmschlinge) ein diaphaniepositives Ergebnis findet.
Beim Mädchen in den ersten Lebenswochen findet sich häufig Ovar oder Tube als Bruchsackinhalt. Bei der Hydrocele funiculi lässt sich im Verlauf des Samenstrangs ein abgrenzbares schmales Gebilde tasten, bei der Hydrocele testis finden sich kugelige Formen, die bis in das Skrotum reichen ( 1 B-23.34).
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Befund. Die Differenzialdiagnose zwischen inkarzerierter Leistenhernie und Hydrocele funiculi bzw. testis kann schwierig sein.
Merke
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856 Therapie. Die Operationsindikation erfolgt mit Diagnosestellung. Das operative Vorgehen besteht in der Eröffnung des Leistenkanals bis in Höhe des inneren Leistenrings. Der offene Processus vaginalis peritonei wird verschlossen. Anschließend erfolgt der Verschluss der Leistenkanalvorderwand durch einzelne Nähte ohne Verstärkung der Hinterwand.
Bei der Hydrocele funiculi oder testis erfolgt das gleiche operationstechnische Vorgehen.
23 Kinderchirurgie
Therapie. Die Operationsindikation ist mit Diagnosestellung einer Leisten-
hernie gegeben, da von einem Spontanverschluss nicht auszugehen ist. Die Leistenhernie des Mädchens stellt eine dringliche Operationsindikation dar, da es durch Torsion von Tube oder Ovar zu Durchblutungsstörungen kommen kann. Das operative Vorgehen besteht in der Eröffnung des Leistenkanals bis in Höhe des inneren Leistenrings zwecks Darstellung des offenen Processus vaginalis peritonei, welcher beim Mädchen nach Eröffnung mittels einer Durchstechungsligatur am peritonealen Übergang verschlossen und abgetragen wird. Beim Knaben erfolgt das gleiche Vorgehen, nachdem zunächst die Vasa spermatica und der Ductus deferens von dem Bruchsack isoliert wurden. Abschließend erfolgt die Rekonstruktion der physiologischen Strukturen: der Verschluss der Leistenkanalvorderwand durch einzelne Nähte ohne Verstärkung der Hinterwand. Bei der Hydrocele funiculi oder testis erfolgt das gleiche operationstechnische Vorgehen mit Verschluss des häufig nur kapillar offenen Processus vaginalis in Höhe des inneren Leistenringes durch Naht. Bei der Hydrocele testis wird der Hydrozelensack, d.h. die äußeren Hodenhüllen, gespalten. Eine Resektion ist nicht erforderlich.
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
23.2.10 Wilms-Tumor
23.2.10
Wilms-Tumor
Synonym: Nephroblastom Definition
n Definition. Der Wilms-Tumor ist ein maligner Nierentumor des Kindesalters.
Pathogenese. Dem Wilms-Tumor liegt eine fehlerhafte Differenzierung embryonalen Nierengewebes zugrunde. Der Tumor wächst diffus und infiltrativ in Nachbarorgane. Die Metastasierung erfolgt lymphogen (paraaortal) und hämatogen (Lunge).
Pathogenese. Nach heutigen Erkenntnissen liegt der Entstehung des
Symptome. Neben uncharakteristischen Symptomen wie chronische Bauchschmerzen findet sich eine Umfangszunahme des Abdomens bei schmerzlosem palpablen Tumor. Weitere klinische Zeichen sind: Obstipation, Harnwegsinfekte, Gewichtszunahme, Blutdruckerhöhung sowie infolge pulmonaler Metastasen in seltenen Fällen Atemnot.
Symptome. Neben uncharakteristischen Symptomen – chronische Bauch-
Merke
Diagnose. Zur Diagnose und Stadieneinteilung werden i.v. Pyelogramm ( 1 B-23.35), Sonographie ( 1 B-23.36) Computertomographie, Röntgenthorax und in seltenen Fällen eine Kavographie durchgeführt.
Wilms-Tumors eine fehlerhafte Differenzierung embryonalen Nierengewebes zugrunde. Gelegentlich vorkommende konnatale Wilms-Tumoren unterstreichen die embryonale Genese. Das Tumorwachstum ist diffus und findet in der Regel in einer Niere zentral oder an einem Pol statt. Das progrediente Wachstum führt frühzeitig dazu, die Nierenkapsel zu durchbrechen und infiltrativ in Nachbarorgane und regionäre Lymphknoten einzuwachsen. Die Metastasierung erfolgt lymphogen (paraaortal) und hämatogen (Lunge). Bei 20 % der Kinder finden sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung pulmonale Metastasen.
schmerzen, unklare Temperaturerhöhung, Hämaturie – findet sich eine Umfangszunahme des Abdomens bei schmerzlosem palpablen Tumor, der häufig ein Zufallsbefund bei einer Routineuntersuchung ist. Besonders bei Säuglingen wird die Umfangszunahme des Abdomens als ein besonders gutes Gedeihen fehlgewertet. Weitere klinische Zeichen sind: Obstipation, Harnwegsinfekte, Gewichtsabnahme, Blutdruckerhöhung sowie infolge pulmonaler Metastasen in seltenen Fällen Atemnot. n Merke. Unbedingt vorsichtig palpieren, es besteht die Gefahr der Tumorruptur.
Diagnose. Das intravenöse Pyelogramm zeigt eine Verdrängung und Verformung der Nierenkelche ( 1 B-23.35). Die Sonographie bzw. Computertomographie (CT) erlaubt eine Abgrenzung zystischer und solider Tumoranteile ( 1 B-23.36). Die Röntgen-Thoraxaufnahme dient dem Nachweis von Lungenmetastasen. In seltenen Fällen ist eine Kavographie zum Nachweis von Tumorzapfen indiziert. In der Regel wird heutzutage bei Verdacht auf V.-cava-Thrombose, Leber- und/oder Zwerchfellinfiltration sowie intrathorakaler Tumorausdehnung eine Kernspintomographie durchgeführt.
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857
23.2.10 Wilms-Tumor
1 B-23.35
1 B-23.36
Pyelogramm bei Wilms-Tumor
Rechtsseitige Tumordarstellung ( Á) bei einem 4-jährigen Knaben.
Es zeigt sich eine Verlagerung des rechten Ureters nach median ( Á).
Die postoperativ mögliche Stadieneinteilung zeigt
2 B-23.1
2
Sonographische Darstellung eines Wilms-Tumor
B-23.1.
Zur Stadieneinteilung s.
2
B-23.1.
Stadieneinteilung des Wilms-Tumor (National-Wilms-Tumor-Study/NWTS)
N Stadium I: n
der Tumor ist auf eine Niere beschränkt, die Nierenkapsel ist intakt und komplett resezierbar.
N Stadium II: n
der Tumor überschreitet die Nierengrenze, ist aber vollständig resezierbar.
N Stadium III: Tumor überschreitet die Kapsel oder das Nierenparenchym, n Tumor rupturiert bei Resektion, peritoneale Absiedlungen oder paraaortale Lymphknotenmetastasen. Der Tumor kann nicht vollständig entfernt werden, weil er lokal in lebenswichtige Strukturen infiltriert ist, die nicht reseziert werden können. N Stadium IV: hämatogene Metastasen in Lunge, Leber, Knochen, Hirn und n andere Organe. N Stadium V: n
bilaterale Wilms-Tumoren.
Therapie. Alle Nephroblastome werden im Rahmen von Studienprotokollen
national und international therapiert und erfasst. Das aktuelle Therapiekonzept sieht eine Kombination aus Operation, Bestrahlung und Chemotherapie vor, da Nephroblastome neben einer hohen Strahlensensibilität eine gute Ansprechbarkeit auf Zytostatika aufweisen. Hierbei ist zu beachten, dass in den meisten Fällen (auch Stadium I und II) eine Chemotherapie vor der Operation durchgeführt wird. Die Indikationsstellung zur Chemotherapie erfolgt allein aus der radiologischen Befundkonstellation ohne vorherige Tumorbiopsie und Gewebegewinnung, da ansonsten ein evtl. als Stadium I zu klassifizierender Tumor in ein Stadium III überführt werden würde. n
Merke. Keine Tumorbiopsie vor Therapiebeginn.
Prognose. Die Prognose ist ganz wesentlich vom Stadium abhängig. Die
Kombinationsbehandlung macht auch bei Vorliegen von Lungenmetastasen eine vollständige Heilung möglich.
Therapie. Sie erfolgt im Rahmen von Studienprotokollen als Kombination aus Radio-, Chemotherapie und Operation. In den meisten Fällen wird eine Chemotherapie vor der Operation durchgeführt, wobei die Indikationsstellung allein aus der radiologischen Befundkonstellation ohne vorherige Tumorbiopsie erfolgt.
Merke Prognose. Die Prognose ist ganz wesentlich vom Stadium abhängig.
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858 23.2.11 Neuroblastom Definition
23 Kinderchirurgie 23.2.11
Neuroblastom
n Definition. Das Neuroblastom ist ein embryonaler, vom sympathischen Nervensystem ausgehender maligner Tumor.
Ca. 14 Erkrankungen pro 100 000 Kinder.
Es kommen ca. 14 Erkrankungen pro 100 000 Kinder vor, wobei 50 % bei der Diagnosestellung < 2 Jahre, 75 % < 4 Jahre alt sind. 70 % der Neuroblastome sind retroperitoneal lokalisiert.
Pathogenese. Von embryonalen sympathischen Neuroblasten ausgehender Tumor (Nebennierenmark, Sympathikusganglien).
Pathogenese. Der Tumor geht von embryonalen sympathischen Neuroblas-
Stadieneinteilung ( 2 B-23.2)
Stadieneinteilung. Für die Stadieneinteilung sind chirurgische und histolo-
ten entweder des Nebennierenmarkes oder der Sympathikusganglien aus. Entsprechend ist er in der Nebenniere oder im Bereich des Grenzstranges entlang der Wirbelsäule lokalisiert. gische Kriterien maßgebend ( 2 B-23.2).
2 B-23.2
Stadieneinteilung des Neuroblastoms (internationales Neuroblastomstadiensystem INSS)*
N Stadium I: n
lokalisierter Tumor mit makroskopisch kompletter Entfernung, repräsentative Lymphknoten tumorfrei
N Stadium II: n
unilateraler Tumor mit makroskopisch inkompletter Entfernung. Lymphknoten tumorfrei (a), regionale ipsilaterale LK positiv (b)
N Stadium III: n
bilateraler, nicht resektabler Tumor mit oder ohne Lymphknotenbefall oder unilateraler Tumor, mit kontralateralem Lymphknotenbefall
N Stadium IV: n
Disseminierung des Tumors in Knochenmark, Knochen, entfernte Lymphknoten, Leber, Haut und/oder andere Organe
N Stadium IV S: n
wie Stadium I–II und Disseminierung nur in Leber, Haut und/oder Knochenmark. Nur Säuglinge im 1. Lebensjahr.
* verkürzte Wiedergabe
Symptome. Die häufigsten Symptome des zervikal oder thorakal, meist jedoch abdominal lokalisierten Tumors sind Fieber, uncharakteristische Schmerzen und Gewichtsverlust. Als Folge einer Kompression der Spinalnerven können neurologische Ausfälle auftreten.
Symptome. Da sich der Tumor aus dem Grenzstrang entwickelt, kann er sowohl zervikal, thorakal als auch abdominal liegen. Am häufigsten ist der Tumor im Abdomen lokalisiert. Führende Symptome sind: π Fieber π uncharakteristische Schmerzen π Gewichtsverlust.
Diagnose. Sonographie, Computertomographie, MRT, 24-h-Urin: Erhöhung der Homovanillinsäure und Vanillinmandelsäure. Knochenmarkspunktion: Nachweis von Metastasen. Skelett- und Leberszintigraphie: Objektivierung des Metastasierungsausmaßes.
Diagnostik. Die Diagnose Neuroblastom erfolgt durch eine histologische
Therapie. Primär erfolgt die Resektion. Ist dies nicht möglich, erfolgt die Kombinationstherapie.
Therapie. Die Behandlung erfolgt risikoadaptierend. Das Risiko wird durch folgende Faktoren beschrieben: π molekulargenetische Parameter (z. B. Nmyc-Amplifikation)
Untersuchung des Tumorgewebes oder durch den Nachweis typischer Tumorzellnester im Knochenmark in Verbindung mit dem Nachweis erhöhter Katecholaminmetaboliten im Serum oder Urin: π Laborchemisch: Erhöhung der Katecholaminmetabolite ( Vanillinmandelsäure, Homovanillinmandelsäure) π Histologie: – Gewebeprobeentnahme – Knochenmarkausstrich π Röntgen-Thorax π Sonographie Abdomen π Computertomographie oder Magnetresonanztomographie π mIBG-Szintigraphie. 123-Jod-Metajodbenzylguanidin (mIBG) reichert sich über die Katecholaminrezeptoren der Neuroblastomzellen im Tumorgewebe an. (Wichtig: Blockierung der Schilddrüse durch Kaliumjodid oder Natriumperchlorat-Tropfen erforderlich).
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859
23.3.1 Zystische Nierenerkrankungen Alter Stadium π Symptomatik π Volumen des in situ belassenen Tumors. Die Einteilung erfolgt dann in folgende Gruppen: π Beobachtungsgruppe π Standardrisikogruppe π Hochrisikogruppe. Je nach Stadium und Gruppenteilung wird eine differenzierte Kombination von Primär-Op, Zweit- bis Dritt-Op, Chemotherapie, Radiotherapie, autologem Stammzellsupport oder einer Immuntherapie mit monoklonalen Antikörpern durchgeführt. π π
Operationsverfahren: Die primäre Resektion wird zunächst angestrebt. Ist hierdurch eine Gefährdung des Patienten zu befürchten und eine maßgebliche Tumorreduktion nicht möglich, wird mit einer Chemotherapie nach Histologiegewinnung begonnen. Eine Besonderheit ergibt sich, wenn der Tumor in den Spinalkanal eingebrochen ist oder zu einer Querschnittssymptomatik geführt hat bzw. droht zu einer solchen zu führen. Hier sollte im Allgemeinen primär operativ begonnen werden.
π
Prognose. Die Remissionsrate ist wesentlich vom Stadium abhängig. Die
Rate des ereignisfreien Überlebens nach fünf Jahren sinkt von annähernd 100 % im Stadium I bis auf 31 % im Stadium IV. Sowohl im lokalisierten Stadium (I–III) als auch im metastasierten Stadium (IV + IV S) sind die Überlebenschancen im Säuglingsalter besser. Als bester molekularer Parameter zur Risikodiskriminierung hat sich die Nmyc-Untersuchung im Tumorgewebe erwiesen. Patienten mit NmycAmplifikation weisen eine schlechtere Prognose auf.
23.3
23.3.1
Urologische Erkrankungen im Kindesalter Zystische Nierenerkrankungen
n Definition. Zystische Nierenerkrankungen sind kongenitale zystische Anomalien im Bereich der Nieren. Man unterscheidet verschiedene Formen: π die multizystische Nierendysplasie (Zystenniere) π die polyzystische Nierendegeneration π die Nierenzysten.
Prognose. Sie ist wesentlich vom Stadium abhängig.
23.3
Urologische Erkrankungen im Kindesalter
23.3.1
Zystische Nierenerkrankungen
Definition
Pathogenese. Der Entstehung der zystischen Fehlbildungen der Niere liegt
Pathogenese. Infolge verspäteten/ unvollständigen Anschlusses der Tubuli an die Sammelrohre, führt die einsetzende Nierenfunktion in den Tubuli zur Harnstauung.Die sich zu Zysten ausdehnenden Tubuli gehen zugrunde.
Multizystische Nierendysplasie
Multizystische Nierendysplasie
folgende pathoembryologische Entwicklung zugrunde: Die Kontaktstelle zwischen dem metanephrogenen Gewebe und der Ureterknospe liegt im Bereich der Parenchymgrenze der Niere. Erfolgt ein verspäteter oder unvollständiger Anschluss der Tubuli an die Sammelrohre, führt die einsetzende Nierenfunktion in den Tubuli zu einer Harnstauung. Die sich zu Zysten ausdehnenden Tubuli gehen zugrunde.
Synonym: Zystenniere
Pathogenese. Einseitige vollständige Dysplasie des Nierenparenchyms bei Hypoplasie bzw. Atresie des Ureters.
Pathogenese. Einseitige vollständige Dysplasie des Nierenparenchyms mit hypoplastischem/atretischem Ureter.
Symptome. Im Neugeborenenalter findet sich ein palpabler Abdominaltumor. Die Niere besteht aus zahlreichen von Bindegewebe umgebenen traubenartigen Zysten unterschiedlicher Größe ( 1 B-23.37). Der Ureter stellt sich strangförmig dar oder fehlt.
Symptome. Es findet sich ein palpabler Abdominaltumor im Neugeborenenalter. Die Niere besteht aus zahlreichen Zysten ( 1 B-23.37).
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860
23 Kinderchirurgie
1 B-23.37
Multizystische Nierendysplasie (Zystenniere)
Diagnose. Sonographie (traubenartige Zysten) und i.v. Pyelogramm (stumme Niere) sichern die Diagnose. In unklaren Fällen ist die CT oder MRT indiziert.
Diagnose. Mit Hilfe der Sonographie gelingt der Nachweis von traubenarti-
Therapie. Therapie der Wahl ist die Nephrektomie.
Therapie. Therapie der Wahl ist die Nephrektomie, welche bei Bestehen abdomineller Verdrängungserscheinungen bereits im Neugeborenenalter indiziert ist.
Polyzystische Nierendegeneration
Polyzystische Nierendegeneration:
Entwicklungsstörung beider Nieren.
Bei dieser Entwicklungsstörung sind beide Nieren betroffen.
Infantile polyzystische Niere
Infantile polyzystische Niere
Symptome. Es findet sich eine ausgeprägte Organvergrößerung durch die Nieren schwammartig durchsetzende kleine Zysten. Häufig besteht zusätzlich eine Missbildung der Periportalfelder. Der Erbgang ist autosomal rezessiv. Das Abdomen ist beidseits aufgetrieben.
Symptome. Bei der infantilen Form, die klinisch bereits unmittelbar post-
Prognose. Die Prognose ist infaust. Der Exitus letalis tritt innerhalb des 1. Lebensjahres ein.
Prognose. Die Prognose ist infaust. Der Exitus letalis tritt innerhalb des
Adulte polyzystische Niere
Adulte polyzystische Niere
Symptome. Es findet sich eine Zystenbildung in beiden Nieren unterschiedlichen Ausmaßes. Die Erkrankung wird meist erst um das 40. Lj. erkannt, der Erbgang ist autosomal dominant.
Symptome. Das Ausmaß der Zystenbildung in den beiden Nieren kann sich
gen Zysten. Im i.v. Pyelogramm stellt sich die Niere stumm dar. In unklaren Fällen wird eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt.
partal in Erscheinung tritt, handelt es sich um eine ausgeprägte Organvergrößerung, wobei kleine Zysten die Niere schwammartig durchsetzen. Der Erbgang ist autosomal rezessiv. Regelhaft findet sich auch eine Missbildung der Periportalfelder in der Leber mit einer periportalen Fibrose sowie einer Proliferation, Dilatation und frustranen Verzweigung von Gallenkanälchen. Es besteht ein beidseits aufgetriebenes Abdomen mit sonographisch objektivierbarer hochgradiger Organvergrößerung.
ersten Lebensjahres ein. Bei polyzystischer Degeneration lediglich der Nieren kann in Einzelfällen die sich entwickelnde Niereninsuffizienz durch die CAPD (kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse) überbrückt werden. Im Falle der guten körperlichen Entwicklung des Kindes käme ab einem Körpergewicht von ca. 10 kg die Nierentransplantation in Betracht.
quantitativ deutlich unterscheiden. Der Erbgang ist autosomal dominant. Die Bezeichnung »adult« ist nicht ganz exakt, da sich diese Form bereits im Kindesalter nachweisen lässt, die Krankheitszeichen manifestieren sich aber oft erst im Erwachsenenalter.
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861
23.3.2 Kongenitale Urethralklappen
Diagnose. Sonographie und i.v. Pyelogramm lassen die Erkrankung bereits im Adoleszenzalter erkennen.
Diagnose. Sonographie und i.v. Pyelogramm sichern die Diagnose.
Therapie. Selten ist eine operative Abtragung bzw. Zystenpunktion zwecks
Therapie. Im Terminalstadium ist die Nierentransplantation indiziert.
Nierenzysten
Nierenzysten
Solitäre Nierenzysten
Solitäre Nierenzysten
Pathogenese. Möglicherweise auf der Basis einer Tubulusobstruktion nach lokaler Ischämie oder Entzündung entwickeln sich solitäre Nierenrindenzysten. Sie stellen bei Kindern eine Ausnahme dar.
Pathogenese. Eine Tubulusobstruktion (ischämie-/entzündungsbedingt) führt zur Entwicklung der solitären Nierenrindenzyste.
Diagnose. Die Sonographie objektiviert die flüssigkeitsgefüllte Zyste im
Diagnose. Die Sonographie zeigt die flüssigkeitsgefüllte Zyste.
Therapie. In der Regel ist die Zystenabtragung nicht notwendig. Die Indikation zur operativen Maßnahme ergibt sich im Falle der Kompression des Nierenhohlsystems.
Therapie. Eine Zystenabtragung ist nur bei Vorliegen einer Kompression des Nierenhohlsystems notwendig.
Multilokuläre Zysten
Multilokuläre Zysten
Pathogenese. Hierbei handelt es sich um tumorartige, einseitige sich in
Pathogenese. Einseitige, in einem Nierensegment infiltrierend wachsende Zystenbildung mit Verdrängung des Hohlsystems.
Diagnose. Sonographisch stellt sich ein sog. Zystadenom als raumfordern-
Diagnose. Sonographisch erfolgt der Nachweis eines das Nierenhohlsystem verdrängenden »Zystadenoms«.
Therapie. Entsprechend der Ausdehnung und Lokalisation erfolgt die nach
Therapie. Es erfolgt eine organerhaltende Resektion der Zystenbildung.
Dekompression indiziert. Im Terminalstadium stellt diese Erkrankung eine gute Indikation zur Nierentransplantation dar.
Bereich des Nierenparenchyms.
einem Nierensegment während des Kindes- und Erwachsenenalters entwickelnde infiltrierend wachsende Zystenbildung, die das Hohlsystem verdrängt.
der Prozess mit Verdrängung des Nierenhohlsystems dar.
Möglichkeit organerhaltende Resektion.
23.3.2
Kongenitale Urethralklappen
n Definition. Kongenitale Urethralklappen sind segelartige Schleimhautfalten, die zu einer obstruktiven subvesikalen Harnabflussstörung führen.
Pathogenese. Es finden sich segelartige Schleimhautfalten (Diaphragma)
im Bereich der Urethra unterhalb des Colliculus seminalis von der Hinterwand schräg bis zur Vorderwand der Harnröhre verlaufend mit einer schlitzartigen Öffnung in der Mittellinie des Diaphragmas. Dadurch kommt es zu einer obstruierenden Harnabflussstörung. Die proximale Urethra ist dilatiert. Der als Folge der Harnabflussstörung gesteigerte Blaseninnendruck führt zur Muskelhypertrophie, Extravesikalisation der Ureterostien mit vesikoureteralem Reflux, Megaureter und Hydronephrose ( 1 B-23.38).
23.3.2 Kongenitale Urethralklappen Definition
Pathogenese. Es resultiert eine obstruierende Harnabflussstörung infolge Ausbildung segelartiger Schleimhautfalten in der Urethra unterhalb des Colliculus seminalis. Der als Folge der Harnabflussstörung gesteigerte Blaseninnendruck führt zur Muskelhypertrophie, Extravesikalisation der Ureterostien mit vesikoureteralem Reflux, Megaureter und Hydronephrose ( 1 B-23.38).
Symptome. Es besteht ein Harnträufeln aufgrund einer distendierten Harnblase. Bei älteren Kindern findet sich eine Enuresis diurna et nocturna. Harnwegsinfekte kommen gehäuft vor.
Symptome. Es kommt zu Harnträufeln und Enuresis diurna et nocturna. Harnwegsinfekte treten gehäuft auf.
Diagnose. Mit Hilfe der Sonographie (auch pränatal) gelingt der Nachweis. Eine Miktionszystoureterographie dokumentiert die Harnabflussstörung bei Dilatation der proximalen Urethra. Die Endoskopie stellt die segelartigen Urethralklappen dar. Proximal der Klappen findet sich eine Ausweitung der Urethra, intravesikal eine Trabekelblase.
Diagnose. Mit Hilfe der Sonographie gelingt der Nachweis. Eine Miktionszystoureterographie dokumentiert die Harnabflussstörung. Die Endoskopie stellt die segelartigen Urethralklappen dar.
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23 Kinderchirurgie
1 B-23.38
Synopsis Kongenitale Urethralklappen
Colliculus seminalis
segelartige Schleimhautfalten
Therapie. Es erfolgt eine transurethrale Klappenresektion.
Therapie. Es erfolgt die transurethrale Klappenresektion. Häufig ist im wei-
Prognose. Bei frühzeitiger Erkennung ist die Prognose gut.
Prognose. Bei frühzeitiger Diagnosestellung und Therapie ist die Prognose
23.3.3
23.3.3
Ureterabgangsstenose
teren Verlauf eine Antirefluxplastik notwendig.
gut.
Ureterabgangsstenose
n Definition. Die Ureterabgangsstenose ist eine Stenose am Übergang des Nierenbeckens zum Harnleiter mit Harnabflussstörung.
Definition
Pathogenese. Die Harnabflussstörung ist Folge einer kongenitalen Ureterabgangsstenose durch aberrierende Gefäße oder Bridenbildung, durch Ureterwandveränderungen oder durch den sog. hohen Ureterabgang im Nierenbecken. Es resultiert eine starke Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems (Hydronephrose), ( 1 B-23.39).
1 B-23.39
Pathogenese. Für die Entstehung einer kongenitalen Ureterabgangsstenose mit nachfolgender Nierenbeckenerweiterung (Hydronephrose) kommen verschiedene Ursachen in Frage. Aberrierende Gefäße oder Bridenbildungen können den Harnleiter am pyeloureteralen Übergang von außen komprimieren, woraus eine Harnabflussstörung mit Erweiterung des Nierenbeckens resultiert ( 1 B-23.39 a). Neben diesen durch kreuzende Gefäße und Briden bedingten sog. extrinsischen Stenosen führen Ureterwandveränderungen ungeklärter Ätiologie (embryonale Fibrose?) zur Ausbildung sog. intrinsischer Stenosen mit daraus resultierender Harnabflussstörung ( 1 B-23.39 b). Ferner kann der sog. hohe Ureterabgang im Nierenbecken zu einer funktionellen Harnabflussstörung mit Nierenbeckenektasie führen ( 1 B-23.39 c).
Synopsis Formen der Ureterabgangsstenose
a Extrinsische Stenose (Briden, aberrierende Gefäße).
b Intrinsische Stenose.
c Hoher Ureterabgang.
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863
23.3.4 Ureterostiumstenose
Symptome. In Einzelfällen findet sich bereits im Säuglingsalter ein palpab-
Symptome. Die Symptome sind zunächst uncharakteristisch. Mit zunehmendem Alter treten abdominelle Beschwerden bzw. kolikartige Schmerzen auf. Häufig findet sich eine Hämaturie und Pyurie.
Diagnose. Nach sonographischer Abklärung des Vorliegens einer Hydronephrose erfolgt die Anfertigung eines i.v. Pyelogramms, welches das Ausmaß der Hydronephrose objektiviert und die Stenose darstellt. Ferner werden zusätzliche Abflussstörungen (z.B. eine prävesikale Stenose), die in ca. 30 % der Fälle beide Nieren betrifft, diagnostiziert. Mit der Bestimmung der Clearancewerte durch die seitengetrennte Sequenzszintigraphie wird objektiviert, ob und in welchem Ausmaß die Obstruktion zu einem Funktionsverlust der betroffenen Niere geführt hat.
Diagnose. Die Sonographie stellt die Hydronephrose dar, das i.v. Pyelogramm zeigt die Stenose. Die seitengetrennte Sequenzszintigraphie objektiviert den Funktionsverlust bzw. das Ausmaß der Schädigung der betroffenen Niere.
Therapie. Nach antibiotischer Behandlung bei diagnostiziertem Harnwegs-
Therapie. Es erfolgt die Resektion der Stenose und des vergrößerten Nierenbeckens mit Reanastomosierung des Ureters.
Prognose. In Abhängigkeit der Ausprägung der hydronephrotischen Verän-
Prognose. Sie ist abhängig vom Ausmaß der hydronephrotischen Veränderungen.
ler Oberbauchtumor. In der Regel sind die Symptome im Säuglings- und Kleinkindesalter zunächst uncharakteristisch: Inappetenz, Spielunlust, Fieberschübe, quengeliges Wesen. Mit fortschreitendem Alter kommt es zu abdominellen Beschwerden wie bei der Appendizitis oder kolikartigen Schmerzen. Häufig findet sich eine Hämaturie bzw. Pyurie.
infekt erfolgt die Resektion der Stenose und des vergrößerten Nierenbeckens mit Reanastomosierung des Ureters.
derungen bei ausreichender Nierenfunktion gut.
23.3.4
Ureterostiumstenose
23.3.4
Ureterostiumstenose
Synonym: primärer kongenitaler Megaureter n Definition. Die Ureterostiumstenose ist eine Stenosierung des prävesikalen terminalen Uretersegments mit Dilatation des Harnleiters ( 1 B-23.40).
1 B-23.40
Definition
Synopsis Ureterostiumstenose mit Megaureter
Megaureter
Ostiumstenose
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23 Kinderchirurgie
Pathogenese. Durch unvollständige Rekanalisierung des entwicklungsgeschichtlich obliterierten Ureterlumens im terminalen Ureter kommt es zur obstruktiven Harnabflussstörung, Harnleiterwandhypertrophie und Dilatation im proximalen Bereich.
Pathogenese. Entwicklungsgeschichtlich obliteriert das Ureterlumen zwi-
Symptome. Es kann zu hochfieberhaften Harnwegsinfekten und zur Urosepsis kommen.
Symptome. Die Symptome sind die gleichen wie bei der Ureterabgangsste-
Diagnose. Sonographie, i.v. Pyelographie, Miktionszystoureterogramm und Szintigraphie sichern die Diagnose.
Diagnose. Sonographie, i.v. Pyelogramm, Miktionszystoureterogramm und Szintigraphie sichern die Diagnose. Bei unklaren Fällen, z.B. ungenügender Ausscheidung erfolgt die retrograde Pyelographie.
Therapie. Es erfolgt die Resektion des engen Segmentes und eine Ureterneueinpflanzung in die Blase. Evtl. ist eine operative Verschmälerung des dilatierten Ureterlumens notwendig. Prognose. Die Prognose ist bei frühzeitiger Diagnose gut.
Therapie. Es erfolgt eine Neueinpflanzung des Ureters in die Blase nach
23.3.5
23.3.5
Doppelureter
schen dem 37.–41. Tag der Embryonalentwicklung mit anschließender Rekanalisation, beginnend im mittleren Abschnitt und sich nach distal und proximal fortsetzend. Findet diese Rekanalisierung in dem oberhalb der Blase gelegenen terminalen Ureter nicht ausreichend statt, resultiert ein enges Segment (Länge: 0,5–4 cm). Proximal dieser obstruktiven Harnabflussstörung kommt es zur Ausbildung einer Harnleiterwandhypertrophie mit Dilatation des Ureters und Retroperistaltik. nose. Neben hochfieberhaften Harnwegsinfekten kann es im Ausnahmefall zu einer Urosepsis kommen.
Resektion des engen Segmentes. Bei ausgeprägter Megaureterbildung wird eine operative Verschmälerung des dilatierten Ureterlumens durchgeführt. Eine prä- und postoperative antibiotische Behandlung ist notwendig.
Prognose. Bei frühzeitiger Diagnosestellung ist die Prognose gut.
Doppelureter
Synonym: Ureter duplex. n Definition. Bei dem Doppelureter finden sich komplett voneinander getrennte Nierenbecken mit jeweils zugehörigen Ureteren.
Definition
Pathogenese. Aus 2 getrennten Ureterknospen entsteht ein doppelter Ureter.
1 B-23.41
Pathogenese. Aus 2 getrennten Ureterknospen entsteht ein doppelter Ureter. Die am Wolf-Gang kaudal entspringende Ureterknospe erreicht den unteren, die kraniale Ureterknospe den oberen Anteil der Nierenanlage.
Synopsis Doppelureterformen
a Separate Einmündung beider Ureteren in die Harnblase.
b Vereinigung der Ureteren im oberen Drittel mit Mündung in ein gemeinsames Ostium.
c Intramurale Vereinigung der beiden Ureteren mit Mündung in ein gemeinsames Ostium.
d Ektope Mündung eines Ureters im Bereich des Blasenhalses.
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23.3.6 Vesikoureteraler Reflux
Formen. Man unterscheidet folgende Formen: π π
π
separate Einmündung der beiden Ureteren in die Harnblase ( 1 B-23.41 a) gemeinsames Ostium nach Vereinigung der beiden Ureteren im oberen und mittleren oder unteren Drittel bzw. intramural ( 1 B-23.41 b, c) ektope Mündung des einen Ureters im Bereich des Blasenhalses, der Samenblasen oder der Urethra ( 1 B-23.41 d).
Symptome. Die Kinder sind häufig symptomlos. Es kommt zur Enuresis diurna und nocturna bei ektoper Uretermündung, begleitet von rezidivierenden Harnwegsinfekten. Diagnose. Sonographie, i.v. Pyelogramm, Miktionszystoureterogramm und Zystoskopie sichern die Diagnose und zeigen das Ausmaß der Folgeschäden ( 1 B-23.42).
1 B-23.42
Formen π separate Einmündung der beiden Ureteren in die Harnblase ( 1 B-23.41 a) π gemeinsames Ostium nach Vereinigung der beiden Ureteren ( 1 B-23.41 b, c) π ektope Mündung des einen Ureters ( 1 B-23.41 d). Symptome. Die Kinder sind häufig symptomlos. Bei ektoper Uretermündung kommt es zur Enuresis und rezidivierenden Harnwegsinfekten. Diagnose. Zur Diagnostik wird Sonographie, i.v. Pyelogramm, Miktionszystoureterogramm und Zystoskopie eingesetzt ( 1 B-23.42).
Doppelureter links im i.v. Pyelogramm
Therapie. Bei ektop mündendem Ureter bzw. vesikoureteralem Reflux erfolgt die Harnleiterneueinpflanzung in die Blase. Bei Hydronephrose eines Pols Heminephrektomie mit Entfernung des zugehörigen Ureters.
Therapie. Bei ektop mündendem Ureter bzw. vesikoureteralem Reflux erfolgt die Harnleiterneueinpflanzung in die Blase.
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
23.3.6
Vesikoureteraler Reflux
n Definition. Beim vesikoureteralen Reflux handelt es sich um ein Zurückfließen des Harns in Ureter und Pyelon infolge nicht ausreichender Verschlussfähigkeit des Ureterostiums.
23.3.6
Vesikoureteraler Reflux
Definition
Pathogenese. Voraussetzung für einen gut funktionierenden Verschlussmechanismus der Uretermündung in die Harnblase ist der schräge Eintritt des Ureters durch den Detrusor in die Blase und eine ausreichende intramurale und submuköse Tunnellänge beim Durchtritt des Ureters durch die Blasenwand. Der vesikoureterale Reflux entsteht durch einen fehlerhaften Aufbau des terminalen Ureters und mangelnde Verankerung des Harnleiters in der Blasenwand in Verbindung mit Lageanomalien des Harnleiterostiums. Als Folge des fehlerhaften Aufbaus des terminalen Ureters entsteht ein klaffendes insuffizientes Ureterostium, sodass beim Anstieg des intravesikalen Drucks der Harn in den Ureter bis in das Nierenbeckenkelchsystem zurückfließen kann.
Pathogenese. Als Folge des fehlerhaften Aufbaus des terminalen Ureters entsteht ein klaffendes insuffizientes Ureterostium, sodass beim Anstieg des intravesikalen Drucks der Harn in den Ureter bis in das Nierenbeckenkelchsystem zurückfließen kann.
Klassifikation. Der vesikoureterale Reflux wird in 5 Schweregrade unter-
Klassifikation. Der vesikoureterale Reflux wird in 5 Schweregrade unterteilt ( 1 B-23.43).
teilt ( 1 B-23.43):
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23 Kinderchirurgie
1 B-23.43
Synopsis Vesikoureteraler Reflux
Grad I: Füllung des Ureters.
Grad II: Füllung von Ureter, Pyelon und Kelchsystem ohne Dilatation.
Grad III: Geringgradige Dilatation des Ureters und Pyelons.
Grad IV: Stärkere Dilatation des Ureters und Pyelons bis in die noch konvexen Papillen.
Grad V: Massive Dilatation und Schlängelung des Ureters bei konkaven Papillen.
Symptome. Rezidivierende Harnwegsinfekte, Gedeih- und Entwicklungsstörungen sind typisch. Flankenschmerzen sprechen für eine infektionsbedingte Nierenparenchymbeteiligung.
Symptome. Neben rezidivierenden Harnwegsinfekten bestehen im Säug-
Diagnose. Sonographie, Miktionszystoureterogramm, Szintigraphie und Zystoskopie werden durchgeführt.
Diagnose. Sonographie, Szintigraphie, Miktionszystoureterogramm und
Therapie. Bei Reflux Grad I und II ist die konservative Therapie mit Antibiotikalangzeitprophylaxe ausreichend. Bei Reflux Grad III erfolgt bei Versagen der konservativen Therapie die Neueinpflanzung des Harnleiters mit Antirefluxplastik in die Harnblase. Für Reflux Grad IV–V besteht die grundsätzliche primäre Operationsindikation.
Therapie. Bei Reflux Grad I–II ist eine konservative Therapie des Harnwegs-
Prognose. Sie ist gut.
Prognose. Im Allgemeinen ist die Prognose gut. Nach operativer Neueinpflanzung des Harnleiters ist die Pyelonephritishäufigkeit deutlich geringer als bei der konservativen Therapie.
23.3.7
23.3.7
Ureterozele
Definition
Pathogenese. Es besteht eine Missbildung des Ureterostiums mit zystischer Vorwölbung in die Blase. Aus der Fehllage resultiert eine Harnstauung. Eine zusätzliche Doppelniere ist häufig.
lings- und Kleinkindesalter Gedeih- und Entwicklungsstörungen, im späteren Kindesalter verbunden mit Bauchschmerzen. Flankenschmerzen sprechen für eine infektionsbedingte Nierenparenchymbeteiligung.
Zystoskopie werden zur Diagnostik durchgeführt.
infekts mit Antibiotikaprophylaxe über 6–12 Monate angezeigt. Ein leichter Reflux kann durch eine wachstumsbedingte Verlängerung des intravesikalen Ureteranteils zur Ausheilung kommen. Führt die konservative Behandlung beim Reflux Grad III nicht zum Erfolg, ist wie beim Grad IV die Operationsindikation gegeben. Für den Reflux Grad IV–V besteht die grundsätzliche primäre Operationsindikation. Es erfolgt die Neueinpflanzung des Harnleiters mit Antirefluxplastik in die Harnblase. Zur Vermeidung einer Langzeitantibiotikabehandlung beim Reflux Grad I und II besteht die Möglichkeit der endoskopischen Kollageninstillation im Bereich des Ostiums.
Ureterozele
n Definition. Bei der Ureterozele besteht eine zystische Vorwölbung des Ureterostiums in die Blase.
Pathogenese. Es besteht eine Missbildung des Ureterostiums mit zystischer
Vorwölbung in die Blase. Infolge der Fehllage kommt es zu einer Harnstauung. Es findet sich in der Regel zusätzlich eine Doppelniere.
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23.3.8 Hypospadie
Symptome. Stauungsbedingt kommt es zu einer Harnwegsinfektion. Bei
Symptome. Stauungsbedingt kommt es zu einer Harnwegsinfektion.
Diagnose. Sonographisch und im Miktionszystoureterogramm gelingt die
Diagnose. Sonographie und Miktionsureterographie zeigen eine Aussparung im Bereich des Trigonums. Ergänzend werden ein i.v. Pyelogramm und eine Zystoskopie durchgeführt.
Therapie. Therapie der Wahl ist die Resektion der Ureterozele.
Therapie. Es erfolgt die Resektion der Ureterozele. Prognose. Die Prognose ist gut.
größeren Ureterozelen kann eine Verlegung des gegenüberliegenden Ureterostiums zu einer Stauung des harnableitenden Systems der Gegenseite führen.
Darstellung einer ovalären bis rundlichen Aussparung im Bereich des Trigonums der Blase. Ergänzend wird ein i.v. Pyelogramm und eine Zystoskopie durchgeführt. Die Zystoskopie zeigt eine zystische Vorwölbung des Ureterostiums.
Prognose. Die Prognose ist gut. 23.3.8
Hypospadie
23.3.8
n Definition. Die Harnröhrenöffnung mündet auf der Unterseite des Penis.
Pathogenese. Anstelle der fehlenden Urethra im Schaftbereich ist es zur Ausbildung eines bindegewebigen Stranges, der Chorda, gekommen, die zu einer Peniskrümmung nach unten führt. Die Urethralmündung, der Meatus, ist häufig verengt. Die Vorhaut ist auf der Penisunterseite gespalten. Dorsal und seitlich ist sie schürzenartig über die Glans ausgebreitet vorhanden. Entsprechend der Lokalisation des Meatus werden verschiedene Hypospadieformen unterschieden ( 1 B-23.44).
1 B-23.44
Hypospadie
Definition
Pathogenese. Die Urethralmündung, der Meatus, ist häufig verengt. Die Vorhaut ist auf der Penisunterseite gespalten. Entsprechend der Lokalisation des Meatus werden verschiedene Hypospadieformen unterschieden ( 1 B-23.44).
Synopsis Klassifikation der Hypospadie
Hypospadia glandis Hypospadia penis
Hypospadia penoscrotalis
Hypospadia perinealis
a Schematische Darstellung der Hypospadieformen.
b Hypospadia penis.
Klassifikation: Hypospadia glandis: die Harnröhrenmündung liegt im Glansbereich. π Hypospadia penis: der Meatus ist im Bereich des Penisschaftes lokalisiert. π Hypospadia penoscrotalis: anstelle der Harnröhre finden sich fibröse Stränge (Chorda), die zu einer Krümmung des Penisschafts führen. Der Meatus liegt im Bereich des penoskrotalen Übergangs. π Hypospadia perinealis: der Meatus ist bei hochgradig hypoplastischem Penis unterhalb des vollständig gespaltenen Skrotums lokalisiert. π
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868
23 Kinderchirurgie
Symptome. Der Urinstrahl ist nach hinten gerichtet. Bei Meatusstenose bestehen Miktionsstörungen.
Symptome. Es besteht eine Miktionsstörung bei Meatusstenose. Der Urin-
Diagnose. Die Diagnose wird klinisch (Inspektion) gestellt.
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Untersuchungsbe-
Therapie. Der stenosierte Meatus wird operativ erweitert, die Harnröhre rekonstruiert.
Therapie. Bei Vorliegen eines stenosierenden Meatus erfolgt die operative
Prognose. Sie ist von der Lokalisation der Hypospadie abhängig. Die Komplikationsrate durch infektionsbedingte Fisteln und Stenosen liegt bei 20 %.
Prognose. Die Prognose einer suffizienten (funktionellen wie kosmetischen) Rekonstruktion ist abhängig von der Lokalisation der Hypospadie. Bei den penoskrotalen und perinealen Formen ist die Operation aufwendiger und mit einer höheren Komplikationsrate behaftet. Die postoperative Komplikationsrate durch Infektion, Fisteln, Stenosen liegt bei ca. 20 %.
23.3.9
23.3.9
Phimose
Definition
Pathogenese. Bei Neugeborenen und Säuglingen besteht eine sog. physiologische Phimose.
Im Laufe des 1.–2. Lebensjahres lösen sich diese Verklebungen aufgrund der Vergrößerung der Eichel und der Absonderung von Smegma.
Merke
strahl ist nach hinten gerichtet, sodass die Miktion oft nur in sitzender Position möglich ist.
fund (Inspektion).
Erweiterung durch Meatotomie. Besteht eine Penisschaftkrümmung infolge einer Chorda, wird die Exzision dieses bindegewebigen Stranges und damit die Penisschaftaufrichtung durchgeführt. Für die nachfolgende Harnröhrenneubildung gibt es zahlreiche Rekonstruktionsverfahren. Grundsätzlich sollte die Korrektur aus psychologischen Gründen vor Schuleintritt abgeschlossen sein.
Phimose
n Definition. Die Phimose ist eine Verengung (Stenose) am distalen Übergang der äußeren Vorhaut zum inneren Vorhautblatt.
Pathogenese. Bei Neugeborenen und Säuglingen besteht eine sog. physiolo-
gische Phimose: Das innere Blatt der Vorhaut ist mit der Oberfläche der Glans durch epitheliale Verklebungen verbunden. Im Bereich der Übergangsstelle des inneren zum äußeren Blatt der Vorhaut besteht eine funktionelle Enge ohne narbige Veränderungen. Im Laufe des 1.–2. Lebensjahres lösen sich diese Verklebungen aufgrund der Vergrößerung der Eichel und der Absonderung von Smegma. Durch Balanitiden kann es zu entzündlichen Veränderungen im Bereich der Präputialöffnung kommen, die narbig ausheilen. n Merke. Versucht man bereits im Säuglingsalter die Vorhaut im Präputialbereich zu dehnen, können Risse mit nachfolgenden narbigen Ausheilungen zu einer pathologischen Phimose führen.
Symptome. Nach Vollendung des 2. Lebensjahres lässt sich die Vorhaut nicht über die Eichel streifen. Es besteht eine funktionelle oder narbige Stenose ( 1 B-23.45). Eine zurückgestreifte zu enge Vorhaut kann zur Paraphimose führen ( 1 B-23.46).
Symptome. Nach Vollendung des 2. Lebensjahres lässt sich die Vorhaut
Therapie. Therapie der Wahl ist die Zirkumzision (nicht vor dem 3. Lj.).
Therapie. Therapie der Wahl ist die Zirkumzision: Sie wird als radikale oder
Prognose. Die Prognose ist gut.
Prognose. Die Prognose ist gut.
nicht über die Eichel streifen. Es besteht eine narbige Stenose an der Übergangsstelle des inneren zum äußeren Vorhautblatt ( 1 B-23.45). Wird die zu enge Vorhaut in den Sulcus coronarius zurückgestreift, kann es zu einer strangulierenden Abschnürung, der Paraphimose (»spanischer Kragen«) durch eine ödematös anschwellende Vorhaut kommen ( 1 B-23.46). Aus dem zunehmenden Ödem resultiert eine Zirkulationsstörung, die zur Zyanose und evtl. Nekrose der Glans führen kann.
sparsame (eichelbedeckende) Zirkumzision der äußeren und inneren Vorhaut und Vereinigung durch Einzelnähte durchgeführt. In der Regel sollte die Zirkumzision nicht vor dem 3. Lebensjahr durchgeführt werden.
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869
23.3.10 Maldescensus testis
1 B-23.45
23.3.10
Phimose
1 B-23.46
Paraphimose bei Vorhautverengung (Phimose)
Maldescensus testis
23.3.10 Maldescensus testis
Synonym: Retentio testis, Kryptorchismus, Hodenhochstand. n Definition. Infolge eines unvollständigen Descensus testis liegt der Hoden nicht im Skrotum.
Definition
Pathogenese. Obwohl die pathogenetischen Zusammenhänge des unvollständigen Descensus testis unklar sind, muss davon ausgegangen werden, dass mechanische, anatomische und endokrine Ursachen, z.B. der Mangel an Gonadotropinen in den letzten beiden Schwangerschaftsmonaten, dafür verantwortlich zu machen sind. Eine weitere Faktorengruppe sind die sog. primären Dysgenesien, z.B. das Klinefelter-Syndrom, das sog. männliche Turner-Syndrom, das Moon-Bardet-Biedl-Syndrom, wobei die abnormen Keimdrüsen auf den gonadotropen Stimulus nicht reagieren. Während in den beidseitig im Skrotum liegenden (orthotopen) Hoden bis in die Pubertät eine kontinuierliche Entwicklung stattfindet, sistiert diese im retinierten Hoden. Im 3. Lebensjahr stagniert die Samenkanälchenentwicklung mit Reduzierung der Spermatogonien und kompensatorischer Verbreiterung des interstitiellen Bindegewebes. Auch bei einseitiger Fehllage läuft diese Entwicklungsstörung im Laufe der weiteren kindlichen Entwicklung am kontralateral deszendierten Hoden mit den gleichen pathomorphologischen Veränderungen ab.
Pathogenese. Vermutlich sind mechanische, anatomische und endokrine Ursachen für den unvollständigen Descensus testis verantwortlich. Eine weitere Faktorengruppe sind die sog. primären Dysgenesien (z.B. Klinefelter-Syndrom).
Häufigkeit. Die Maldeszensusrate liegt in den verschiedenen Lebensaltern
Häufigkeit. Die Maldeszensusrate liegt bei Frühgeburten zwischen 20–30 %, bei ausgetragenen Neugeborenen bis 4 %, im 2. Lebensjahr bis 1 %, im Erwachsenenalter bei 0,9 %.
Symptome. Entsprechend der Position des fehlliegenden Hodens werden
Symptome. Man unterscheidet den Pendelhoden (kommt spontan in seine physiologische Lage zurück) und den Gleithoden (retrahiert nach Reposition in seine Fehllage zurück).
unterschiedlich hoch. Bei Frühgeburten schwankt sie zwischen 20–30 %, bei 1,8–4 % der ausgetragenen Neugeborenen finden sich ein oder beide Testikel noch nicht in skrotaler Position. Innerhalb des 1. Lebensjahres kommt es bei einem Großteil der Säuglinge noch zu einem verspäteten, physiologischen Descensus testis. Die Maldeszensusrate beträgt im 2. Lebensjahr zwischen 0,7–1 %, im Erwachsenenalter 0,9 %.
folgende Formen unterschieden: Der Pendelhoden liegt physiologisch in skrotaler Position, lässt sich durch Auslösen des Kremasterreflexes aber in eine Fehlposition verlagern, tritt jedoch kurze Zeit später in die natürliche Lage zurück.
Während in den beidseitig im Skrotum liegenden (orthotopen) Hoden bis in die Pubertät eine kontinuierliche Entwicklung stattfindet, sistiert diese im retinierten Hoden.
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870
Bei der Hodenektopie ist der direkte Abstiegsweg in das Skrotum verlassen worden. Der Leistenhoden, im Leistenkanal bei weit offenem Processus vaginalis (Leistenhernie) liegend ist der untersuchenden Hand schwer zugänglich. Liegt der Hoden oberhalb des inneren Leistenringes, handelt es sich um einen Kryptorchismus bzw. Bauchhoden.
23 Kinderchirurgie Der Gleithoden liegt für die untersuchende Hand gut palpabel in Höhe des äußeren Leistenringes. Nach Transposition in das obere Skrotalfach erfolgt die Retraktion in die Fehllage. Bei der Hodenektopie ist der direkte Abstiegsweg in das Skrotum verlassen worden. Bei der häufigsten Form, der suprafaszialen Ektopie liegt der Hoden der untersuchenden Hand gut zugänglich oberhalb des äußeren Inguinalringes auf der Leistenkanalvorderwand. Neben diesen tiefen unterscheidet man folgende hohe Formen: Der Leistenhoden, im Leistenkanal bei weit offenem Processus vaginalis (Leistenhernie) liegend ist der untersuchenden Hand schwer zugänglich. Er lässt sich sonographisch darstellen. Liegt der Hoden oberhalb des inneren Leistenringes, handelt es sich um einen Kryptorchismus bzw. Bauchhoden.
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aufgrund der klinischen und sonographischen Untersuchung. Der Nachweis von Hodengewebe erfolgt durch HCG-Stimulation.
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aufgrund der klinischen Untersuchung.
Therapie. Die Behandlung beginnt erst im 2. Lebensjahr, da es bis dorthin zu einem verspäteten physiologischen Deszensus kommen kann. Zunächst sollte eine Hormontherapie mit humanem Choriongonadotropin durchgeführt werden. Ist diese erfolglos, so besteht die Indikation zur Operation. Die primär operative Indikation ergibt sich beim Bauchhoden, bei Verdacht auf ektope Hodenlage bzw. Vorliegen einer Leistenhernie.
Therapie. Da es innerhalb des 1. Lebensjahres noch zu einem verspäteten physiologischen Descensus testis kommen kann, nach Abschluss des 2. Lebensjahres aber die ersten pathomorphologischen Veränderungen im Keimepithel auftreten, ist das 2. Lebensjahr das optimale Behandlungsalter. Zunächst sollte eine Hormontherapie mit humanem Choriongonadotropin durchgeführt werden. Ist diese nicht erfolgreich, so ist die Operationsindikation gegeben. Eine primäre operative Indikation ergibt sich beim Bauchhoden, bei Verdacht auf ektope Hodenlage bzw. bei gleichzeitigem Vorliegen einer Leistenhernie. Der operative Eingriff besteht in einer ausgiebigen retroperitonealen Mobilisation des Ductus deferens und der Vasa spermatica, um eine spannungsfreie Verlagerung des Hodens in das Skrotum zu gewährleisten. Ist die skrotale Position infolge einer zu hohen Fehllage bei dem operativen Ersteingriff nicht zu erreichen, erfolgt nach Ablauf von 3 Monaten nach zuvor durchgeführter HCG-Therapie der Sekundäreingriff, wobei in der Mehrzahl der Fälle eine ausreichende skrotale Lage erreicht wird.
Merke
Lassen sich beide Hoden weder bei der klinischen noch bei der sonographischen Untersuchung objektivieren, erfolgt zum Ausschluss einer Anorchie die Stimulation mit humanem Choriongonadotropin (HCG). Sind Testikel vorhanden, kommt es nach 48 Stunden zu einem Testosteronanstieg.
n Merke. Der nicht skrotal zu verlagernde Hoden muss wegen des erhöhten Risikos der malignen Entartung entfernt werden.
Prognose. Bei rechtzeitiger skrotaler Verlagerung des Hodens ist die Prognose gut.
Prognose. Bei rechtzeitiger skrotaler Verlagerung des Hodens ist mit guten
23.3.11 Hodentorsion
23.3.11
Definition
Pathogenese. Die fehlende Verklebung des Hodens/Nebenhodens mit der Tunica vaginalis bedingt eine erhöhte Drehbeweglichkeit um die Achse des Samenstranges. Bei einer Verdrehung resultiert eine venöse Rückflussstörung mit Ödembildung bis zur hämorrhagischen Infarzierung.
Fertilitätsspätergebnissen zu rechnen.
Hodentorsion
n Definition. Bei der Hodentorsion handelt es sich um eine Verdrehung des Hodens um die Längsachse mit Störung der Blutzirkulation. Man unterscheidet folgende Formen ( 1 B-23.47): Supravaginale Torsion: Es besteht eine Verdrehung des gesamten Samenstranges im Bereich des Leistenkanals. Intravaginale Torsion: Verdrehung des Hodens innerhalb der Hodenhüllen (Skrotum).
Pathogenese. Aus der fehlenden Verklebung des Hodens/Nebenhodens mit der Tunica vaginalis resultiert eine erhöhte Motilität, die zu einer Torsion des Hodens führen kann. Ein gehäuftes Auftreten findet sich beim unvollständig deszendierten Hoden (z.B. Leistenhoden). Aus der Verdrehung um die Achse des Samenstranges resultiert eine venöse Rückflussstörung mit Ödembildung, die zu einer hämorrhagischen Infarzierung führen kann.
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871
23.3.12 Varikozele
1 B-23.47
Hodentorsion Klinischer Befund bei Revision einer Hodentorsion.
Symptome. Die Hodentorsion kommt besonders häufig im Säuglingsalter und während der Pubertät vor, das klassische Symptom ist der akut einsetzende heftige Schmerz im Bereich der Leiste bzw. des Skrotums.
Symptome. Typisch ist der akut einsetzende heftige Schmerz im Bereich der Leiste bzw. des Skrotums.
Diagnose. Bei der klinischen Untersuchung findet sich eine Druckschmerzhaftigkeit des Hodens. Liegt das Schmerzereignis 1–2 Stunden zurück, kommt es ödembedingt zunächst zu einer Vergrößerung des Hodens und später zu einer Schwellung und Rötung des Skrotums. Differenzialdiagnostisch kommen in Betracht: die Epididymitis, die Orchitis (Anamnese), ein direktes Trauma (Anamnese), das idiopathische Skrotalödem (allergisch, Schmerzlosigkeit), die Hydatidentorsion (Verdrehung von Hodenanhangsgebilde [Morgagni-Hydatide]). Diese ist klinisch von der Hodentorsion nicht abzugrenzen.
Diagnose. Es findet sich eine Druckschmerzhaftigkeit des Hodens. Ödembedingt kommt es zu einer Vergrößerung des Hodens mit nachfolgender Schwellung und Rötung des Skrotums. Differenzialdiagnostisch kommen die Epididymitis, die Orchitis, ein direktes Trauma, das idiopathische Skrotalödem und die Hydatidentorsion in Betracht.
Therapie. Bei dem geringsten Verdacht auf eine Hodentorsion ist die Indikation zur schnellstmöglichen Operation gegeben. Nach Eröffnen des Leistenkanals wird der Funiculus spermaticus und der Hoden aus dem Skrotum hervorluxiert. Nach Hodendetorquierung und Verschluss eines evtl. vorhandenen offenen Processus vaginalis erfolgt die skrotale Fixation. Grundsätzlich soll in gleicher Sitzung zur Vermeidung der möglichen Torsion die prophylaktische Orchidopexie des Hodens der Gegenseite durchgeführt werden. Die Indikation zur Entfernung des infarzierten Hodens sollte nur zurückhaltend gestellt werden, da mit einer Erholung der hormonproduzierenden Zellen auch bei schlecht durchblutet wirkenden Hoden zu rechnen ist.
Therapie. Bei Verdacht auf eine Hodentorsion muss schnellstmöglich die operative Freilegung mit Eröffnen des Leistenkanals, Hodendetorquierung und im Anschluss die skrotale Fixation erfolgen. Bestätigt sich die Diagnose Hodentorsion, wird auch eine prophylaktische Orchidopexie des Hodens der Gegenseite in gleicher Sitzung durchgeführt.
Prognose. Sie ist abhängig von dem Ausmaß der Torsion und dem Zeitpunkt
Prognose. Sie ist abhängig vom Zeitpunkt des operativen Eingriffs.
des operativen Eingriffs.
23.3.12
Varikozele
n Definition. Die Varikozele ist eine varizenartige Erweiterung der Venen des Plexus pampiniformis.
23.3.12 Varikozele Definition
Pathogenese. Venös fließt das Blut aus dem Hoden über den Plexus pampiniformis in die Vv. testiculares, danach auf der linken Seite in die V. renalis, rechts in die V. cava. Als Folge einer Klappeninsuffizienz der Venae testiculares kommt es zu einer varizenartigen Erweiterung der Samenstranggefäße, die – meist linksseitig auftretend – frühzeitig zu einer fortschreitenden Störung der testikulären Entwicklung führt, welche wahrscheinlich über eine lokale Temperaturerhöhung zu erklären ist.
Pathogenese. Infolge Klappeninsuffizienz der Vv. testiculares resultiert eine – meist linksseitig auftretende – varizenartige Erweiterung der Samenstranggefäße mit daraus resultierender Störung der testikulären Entwicklung.
Symptome. Die betroffene Skrotalhälfte, meist die linke, zeigt unterschiedliche Ausprägungsgrade der venösen Abflussstörung:
Symptome. Die betroffene Skrotalhälfte zeigt unterschiedliche Ausprägungsgrade der venösen Abflussstörung:
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872
23 Kinderchirurgie
I: palpable peritestikuläre Venen II: sichtbare und tastbare Varikozele III: das Skrotum sieht aus wie »ein Sack voll Würmer«
Grad I: palpable peritestikuläre Venen Grad II: sichtbare und tastbare Varikozele Grad III: die betroffene Skrotalhälfte imponiert wie »ein Sack voll Würmer«.
Subjektive Beschwerden bestehen nicht. Das klinische Bild ist in stehender Position vorhanden, in liegender Position nicht.
In stehender Position ist das betroffene Skrotum mehr oder weniger ausgeprägt vergrößert. Subjektive Beschwerden bestehen nicht. In liegender Position verschwindet die Schwellung. Bei manueller Kompression des Samenstrangs in Höhe des äußeren Inguinalrings tritt die Schwellung nach Wiedereinnehmen der stehenden Position erst wieder auf, wenn die Kompression nicht mehr durchgeführt wird. Die erneute Füllung der Varikozele spricht für die venöse Klappeninsuffizienz.
Diagnose. Ein sonographischer Ausschluss einer symptomatischen nierentumorbedingten Stauungsvarikozele muss erfolgen.
Diagnose. Ursächlich muss sonographisch ein Nierentumor (z.B. WilmsTumor) ausgeschlossen werden, da infolge einer Kompression der linken V. renalis eine symptomatische Stauungsvarikozele bestehen kann.
Therapie. Bei ausgeprägten Varikozelen besteht die Indikation zur Operation (Fertilitätsstörung!), z.B. als hohe Ligatur der Vv. testiculares.
Therapie. Bei geringer Ausprägung der Varikozele ist die abwartende Hal-
Prognose. Gut. Durch Ausbildung von Kollateralgefäßen besteht Rezidivgefahr.
Prognose. Gute Prognose. Durch Ausbildung von Kollateralgefäßen kann es
tung berechtigt. Wegen der Gefahr der Fertilitätsstörung ist bei ausgeprägten Varikozelen die Operationsindikation gegeben. Operativ erfolgt z.B. die retroperitoneale Darstellung der Vv. testiculares mit hoher Ligatur.
zu einem Rezidiv kommen.
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873 24
Gefäßchirurgie
24
Gefäßchirurgie
Andreas Schmid Geschichte: 1912 erhielt der Franzose Alexis Carrel den Medizin-Nobelpreis für seine grundlegenden Arbeiten über arterielle und venöse Rekonstruktionen. Die Angiographie zur Dokumentation von Gefäßveränderungen wurde von E. Monis und R. Dos Santos 1927–1929 entwickelt. Das 1916 entdeckte Heparin wurde 1935 erstmalig von C. Crafoord intraoperativ eingesetzt, um Thrombosen zu verhüten. Die Korrektur einer Aortenisthmusstenose mittels Resektion (Crafoord, 1944) bzw. mittels homologem Gefäßinterponat (R. Gross, 1948) waren weitere Meilensteine in der Gefäßchirurgie. Die folgenden Erstoperationen waren weitere Pioniertaten der Gefäßchirurgie: die Thrombendarteriektomie (TEA, R. Dos Santos, 1946), der femoropopliteale Bypass mit autologer V. saphena magna (J. Kunlin, 1948), der homologe Aortenbifurkationsersatz wegen einer Thrombose (J. Oudot, 1950) und wegen eines Aneurysmas (Ch. Dubost, 1951). 1953 gelang De Bakey die erste offene TEA der Karotisgabel. Es folgten Rekonstruktionen der Nierenarterien bei Stenose 1953 sowie bei chronischen Verschlussprozessen der Mesenterialgefäße 1958. Fogarty berichtete 1963 erstmals über den Einsatz des nach ihm benannten Ballonkatheters, der auch heute noch weltweit bei Embolektomien Verwendung findet. Als Gefäßersatzmaterial standen zunächst nur homologe Gefäßtransplantate vom Menschen oder heterologe Transplantate von Rind oder Kalb zur Verfügung. Bei kleineren Gefäßen wurde immer auf die V. saphena magna des Patienten zurückgegriffen. 1951 gründete R. Fontaine die erste Gefäßbank Europas (homologe Leichenarterien). Aufgrund der schwierigen langfristigen Konservierung dieser biologischen Implantate waren Komplikationen nicht selten (Thrombose, Verkalkungen, Aneurysma, Ruptur). Mit Entwicklung alloplastischer Gefäßprothesen (Dacron, Goretex/PTFE usw.), die auch bei langer Verweildauer im Patienten keine wesentlichen Materialveränderungen zeigen, hat die Gefäßchirurgie seit den 60er Jahren eine zunehmende Verbreitung erfahren und ihre heutige Bedeutung erlangt.
Geschichte: 1912 Nobelpreis an A. Carrel für Grundlagenforschung in der Gefäßchirurgie 1927–29 Entwicklung der Angiographie 1935 erster Einsatz von Heparin im OP 1944 erste Korrektur einer Aortenisthmusstenose 1946 erste Thrombendarteriektomie (TEA) 1948 erster femoropoplitealer Venenbypass 1950 erster homologer Aortenbifurkationsersatz 1953 erste offene TEA der A. carotis 1963 erste Embolektomie mit Fogarty-Ballonkatheter
24.1
Erkrankungen des Arteriensystems
24.1
24.1.1
Grundlagen
24.1.1
Erkrankungen der Arterien lassen sich in obliterierende (Gefäßverschluss) und dilatierende (Aneurysma) Formen unterteilen. Anatomisch lassen sich 3 Schichten der Arterienwand erkennen, die von innen nach außen Intima (Gefäßendothel, elastische Fasern und Basalmembran), Media (glatte Gefäßmuskulatur und Kollagen) und Adventitia (elastische Fasern, Kollagen, Vasa vasorum und Nervengewebe) genannt werden. Während bei den dilatativen Arteriopathien alle Gefäßwandschichten beteiligt sind, liegt bei den obliterierenden Erkrankungen vor allem eine Schädigung der beiden inneren Schichten vor (Verdickung und ulzeröse Veränderungen der Intima durch Anlagerung von Cholesterinkristallen und Thrombozytenaggregaten oder Entwicklung einer Mediasklerose durch Stoffwechselstörungen der Gefäßwand).
Die häufigste Ursache der arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) ist die Arteriosklerose (90–95 %), die vor allem durch Nikotinabusus und Stoffwechselkrankheiten (z.B. Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie, Hyperurikämie) und Hypertonie bedingt ist. Da zunehmend jüngere, erwerbstätige Menschen (Männer : Frauen = 4 : 1) betroffen sind, kommt der arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) eine große ökonomische Bedeutung zu. In Abhängigkeit von der Lokalisation des Verschlussprozesses, der Restdurchblutung des geschädigten Stromgebietes und der Ischämietoleranz des minderperfundierten Gewebes manifestieren sich die Folgen der AVK pri-
Erkrankungen des Arteriensystems Grundlagen
Formen der Arteriopathie: obliterierende (Gefäßverschluss) π dilatierende (Aneurysma). Anatomisch besteht eine Schichtung der gesunden Arterienwand in Intima, Media und Adventitia. Bei der dilatativen Arteriopathie sind alle Gefäßwandschichten beteiligt, bei den obliterierenden Erkrankungen sind v.a. die beiden inneren Schichten betroffen. π
Die häufigste Ursache der AVK ist in 90–95 % die Arteriosklerose, bedingt durch: Nikotinabusus, Stoffwechselstörungen (Diabetes, Hyperlipoproteinämie, Gicht) und Hypertonus. Männer sind viermal häufiger betroffen. Die Folgen der Ischämie sind abhängig von der Verschlusslokalisation, der Restperfusion des Organs und der Ischämietoleranz des Gewebes.
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874 Manifestationsformen der AVK sind Herzinfarkt, Hirninfarkt, Verschluss der Becken-/Beinstrombahn, mesenteriale und renale Durchblutungsstörung sowie Aneurysmen und deren Komplikationen.
24 Gefäßchirurgie mär als Herzinfarkt, ischämischer Hirninfarkt, Gefäßverschlüsse der Becken-/Beinstrombahn, mesenteriale und renale Durchblutungsstörungen. Weitere Komplikationen der Arteriosklerose sind Aneurysmen der Aorta und der großen Arterien mit der Möglichkeit zu rupturieren oder Embolien mit konsekutiven Gefäßverschlüssen zu verursachen. n Merke. In den Industrieländern stellen die Komplikationen der AVK ab dem 40. Lebensjahr die mit Abstand häufigste Todes- und Erkrankungsursache dar.
Merke
Angiologische Untersuchungstechnik
Angiologische Untersuchungstechnik
Klinische Untersuchung
Klinische Untersuchung
Untersuchungsziel ist, die Lokalisation des Verschlusses/Aneurysmas und das Ausmaß der Funktionsstörung mittels Anamnese, Inspektion, Palpation, Auskultation und Funktionstests zu erkennen ( 1 B-24.1). Bei plötzlichem Verschluss (Embolie) sind schwerwiegendere Funktionsausfälle zu erwarten als bei einer langsam entstandenen Gefäßstenose mit Kollateralbildungsmöglichkeit. π Anamnese: Eine chronische Verringerung des Gefäßquerschnitts um bis zu 70 % ist hämodynamisch unwirksam. Erreicht ein chronischer Gefäßverschluss ≥ 90 %, werden Ruheschmerzen angegeben. Patienten klagen häufig über ein zunehmendes Schwächegefühl, rasche Ermüdbarkeit, Enge- oder Druckgefühl, zunehmende Kälteempfindlichkeit oder schlecht heilende Wunden nach Bagatellverletzungen. Beschwerden auf dem Boden einer peripheren AVK sind durch eine definierte Belastung (Gehstrecke) reproduzierbar. AVK-bedingte Beschwerden werden immer distal des betroffenen Gefäßabschnitts lokalisiert (z.B. Oberschenkelverschluss: Wadenschmerz). Beim Untersuchungsgespräch müssen endogene Risikofaktoren (Diabetes, Hyperlipoproteinämie, Hypertonus etc.) und exogene Risikofaktoren (Nikotin, Medikamente) erfragt werden.
Die angiologische Untersuchung verfolgt das Ziel, Ort und Ausmaß einer pathologischen Gefäßstrombahnveränderung zu erkennen und zu dokumentieren. Die klinische Untersuchung umfasst Anamnese, Inspektion, Palpation, Auskultation und Funktionstests. Diese klinischen Maßnahmen sind zur Diagnosesicherung meist ausreichend ( 1 B-24.1).
π Inspektion: Bei der Inspektion werden beurteilt: π Hautfarbe und -trophik π Schwellungen (Ödem/Infekt) π Rhagaden und Ulzera π Nekrosen π Venenfüllung. π Blutdruckmessung: Blutdruckdifferenzen > 30 mmHg im Seitenvergleich sind pathologisch. π Palpation: Bei der Palpation ( 1 B-24.1) achtet man auf: π Pulsstärke und Qualität π Schwirren π Rhythmusstörungen π Hauttemperatur π Kapillarpuls. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer,
π Anamnese: Bei einem plötzlichen Verschluss (Embolie) sind bei gleichem Umfang der Gefäßverlegung schwerwiegendere Funktionsausfälle als bei einer langsam entstandenen Gefäßstenose zu erwarten, da sich bei dieser Kollateralen ausbilden, die im Einzelfall sogar Gefäßverschlüsse kompensieren können. Eine chronische Verringerung des Gefäßquerschnitts um bis zu 70 % ist hämodynamisch unwirksam. Bei fortschreitender Stenosierung treten zunehmend Belastungsbeschwerden auf. Erreicht der Gefäßverschluss ≥ 90 %, sind Ruhesymptome zu erwarten. 90 % der Patienten mit Symptomen einer AVK werden erst durch Schmerzen zum Arzt geführt. Bei chronischem Verlauf lassen sich bereits länger bestehende Beschwerden eruieren, die vom Patienten häufig fehlgedeutet wurden. Hier sind zu erwähnen: zunehmendes Schwächegefühl, rasche Ermüdbarkeit, Enge- oder Druckgefühl, zunehmende Kälteempfindlichkeit und schlecht heilende Wunden bei der peripheren AVK. Die Beschwerden einer peripheren AVK sind in der Regel bei einer definierten Belastung (Gehstrecke) reproduzierbar. Art und Ausmaß der Beschwerden, die im Rahmen einer AVK auftreten, sind je nach betroffenem Gefäßabschnitt unterschiedlich und werden immer distal des Verschlussprozesses angegeben (z.B. Wadenschmerzen bei Oberschenkelgefäßverschlüssen, Gesäß- oder Oberschenkelbeschwerden bei Beckengefäßverschlüssen). Endogene Risikofaktoren wie Diabetes, Hyperlipoproteinämie, Hyperurikämie und Hypertonus sowie der wesentliche exogene Risikofaktor, der Nikotinabusus, müssen neben eingenommenen Medikamenten (z.B. Ergotaminpräparate bei Migräne) erfragt werden, da sie Rückschlüsse auf die Erkrankung erlauben. Evtl. durchgeführte Voroperationen können, wie bekannte andere Grundkrankheiten (koronare Herzkrankheit/KHK), wichtige Hinweise für das Vorliegen einer AVK liefern.
Inspektion: Die Inspektion des entkleideten Patienten erlaubt die Beurteilung der Hautfarbe und -beschaffenheit, ggf. vorliegender Rhagaden, Ulzera, einer Nekrose (trocken, demarkiert) oder einer Gangrän (feucht/infiziert, nicht demarkiert) sowie der Venenfüllung im Seitenvergleich.
π
π Blutdruckmessung: Die Blutdruckmessung an beiden Armen ist bei allen Patienten obligatorisch. RR-Differenzen > 30 mmHg sind pathologisch.
Palpation: Bei der Palpation werden alle tastbaren Arterienpulse im Seitenvergleich hinsichtlich Stärke und Qualität beurteilt ( 1 B-24.1). Bei einem vorgeschalteten Hindernis ist eine Abschwächung vorhanden. Weitere Hinweise auf eine AVK liefern ein verzögerter Kapillarpuls (d.h. > 1 Sekunde) und eine erniedrigte Hauttemperatur. Ein lokales Schwirren kann Folge
π
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24.1.1 Grundlagen
875
einer hochgradigen Stenose, eines Aneurysmas oder einer AV-Fistel sein. Rhythmusstörungen gehen überzufällig häufig mit Embolien einher.
1 B-24.1
Synopsis Klinische Untersuchung bei Erkrankungen der Arterien
Obligatorische Palpationsstellen der Pulse
Obligatorische Auskultationsregionen
A. temporalis superficialis A. carotis
Aorta abdominalis A. radialis A. ulnaris A. femoralis
A. poplitea (Kniekehle)
A. tibialis posterior A. dorsalis pedis
Familienanamnese
Hypertonus, Diabetes mellitus, Herzinfarkt, Schlaganfall, arterielle Verschlusskrankheit, Fettstoffwechselstörung, Gicht
Eigenanamnese
Größe, Gewicht, Diabetes mellitus, Herzinfarkt, Schlaganfall, Hypertonus, Hyperlipidämie, Gicht, »Durchblutungsstörungen«, Ulcera cruris, Voroperationen, Medikamente, Nikotin
Symptome
Gehstrecke, Kältegefühl, Empfindungsstörungen, Belastungsschmerz, Ruheschmerz, Ulcera cruris, Schmerzcharakter, -ausstrahlung und -dauer
Inspektion
Hautfarbe (Blässe, Rötung), Schwellungen, Ulcera cruris, Nekrosen/Gangrän, Operationsnarben, Amputationen
Palpation
Pulsqualität im Seitenvergleich, Rhythmusstörungen, Schwirren, Kapillarpuls, Hauttemperatur
Auskultation
Strömungsgeräusche
Blutdruckmessung
RR-Messung im Seitenvergleich (Differenz > 30 mmHg ist pathologisch)
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876 π Auskultation: Die Auskultation ergänzt die Palpation. Pulssynchrone Geräusche sind ab 70 %iger Stenose zunehmend hochfrequenter und schärfer auskultierbar. Auskultierbare Geräusche sind über dem Entstehungsort oder kurz dahinter am lautesten; sie können aber auch fortgeleitet sein (z.B. Aortenklappe: Schwirren über der A. carotis). AV-Fisteln verursachen Maschinengeräusche über der Fistel.
24 Gefäßchirurgie Auskultation: Die Auskultation ergänzt den Palpationsbefund. Hiermit können auch Arterienabschnitte beurteilt werden, die der direkten Palpation nicht zugänglich sind (z.B. Aortoiliakalregion). Der Auskultationsbefund kann bei beginnender Stenosierung dem Tastbefund vorausgehen, wobei ein Stenosegeräusch mit zunehmender Gefäßeinengung (>70%) hochfrequenter und lauter wird. Die Möglichkeit eines fortgeleiteten Geräusches (z.B. Schwirren über der A.carotis bei einer Aortenklappenstenose) muss bei der Auskultation stets bedacht werden. Bei einer AV-Fistel ist ein Maschinengeräusch über der Fistel auskultierbar. Verstärkte lokale Pulsationen können ein Aneurysma markieren (z.B. Leistenaneurysma). π
n Merke. Die Konstellation einer absoluten Arrhythmie mit einer diffusen, plötzlich aufgetretenen Abdominalsymptomatik muss an einen Mesenterialinfarkt denken lassen.
Merke
π Funktions- und Belastungstests: Sie sind geeignet, das Ausmaß einer Minderdurchblutung zu dokumentieren ( 1 B-24.2). π Gehtest Man achtet darauf, wo und nach welcher Gehstrecke Schmerzen auftreten. π Ratschow-Lagerungsprobe Mit diesem Test können arterielle Durchblutungsstörungen der Beine erfasst werden.
Faustschlussprobe/Elevated-ArmStress-Test Dieser Test dient dem Nachweis einer arteriellen Minderperfusion der Arme. π
π Allen-Test Er gibt Aufschluss über die Perfusion der A. radialis, A. ulnaris und des Arcus palmaris. π Kältetest Durch Kälteexposition kann eine Raynaud-Symptomatik ausgelöst werden.
Bildgebende Untersuchungsverfahren Apparative Untersuchungsverfahren ( 1 B-24.3) werden ergänzend durchgeführt zur π Dokumentation des klinischen Befundes π adäquaten OP-Planung π Verlaufskontrolle. Als nicht invasive Methoden stehen die Doppler-Sonographie, die Oszillographie, die Sonographie und die CT sowie MRT zur Verfügung. Die Angiographie in konventioneller und DSA-Technik sind die invasiven Diagnostika der Wahl. Die Doppler-Sonographie stellt das Ausmaß von Gefäßverschlüssen dar (Richtung und Stärke des Blutstromes, peripherer Verschlussdruck, AV-Fistelvolumen).
Funktions- und Belastungstests: Sie sind geeignet, das Ausmaß einer Minderdurchblutung zu dokumentieren ( 1 B-24.2). Im Gehtest achtet man bei einer Gehgeschwindigkeit von 60 m/min darauf, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Lokalisation Schmerzen einsetzen (schmerzfreie Gehstrecke), wann eine Schonhaltung (Hinken) beginnt und nach wieviel Metern der Patient schmerzbedingt anhalten muss. Die Ratschow-Lagerungsprobe ist ein Test zur Erfassung arterieller Durchblutungsstörungen der Beine. Hierbei wird zunächst das Abblassen der Füße unter Belastung (30–40 « Flexion/Extension im OSG bei erhobenen Beinen in Rückenlage) und anschließend die Hautrötung und Venenfüllung unter Entlastung (Herabhängen der Füße im Sitzen) als ein Maßstab für die Durchblutungsverhältnisse im Seitenvergleich beurteilt, wobei sich bei Gefäßgesunden die Vorfüße nach 5 Sekunden röten und die Fußrückenvenen nach 10 Sekunden füllen. Die Faustschlussprobe bzw. der Elevated-Arm-Stress-Test nach Ross dient dem Nachweis arterieller Minderperfusion der Arme. Hierbei schließt der Patient bei erhobenen Armen wiederholt die Fäuste. Bei einer A.-subclaviaStenose distal des A.-vertebralis-Abganges (Thoracic-outlet-Syndrom, TOS) kann eine vorzeitige Ermüdung der Armmuskulatur und bei Stenose proximal des A.-vertebralis-Abganges ein Subclavian-steal-Phänomen mit Auftreten einer Synkope provoziert werden. Der Allen-Test gibt Aufschluss über die A.radialis, A.ulnaris und den Arcus palmaris. Ist eines dieser Gefäße verschlossen, blasst die Hand bei Kompression des anderen Gefäßes ab, besonders wenn gleichzeitig die Faust mehrfach geschlossen wird. Im Kältetest kann durch Kälteexposition (z.B. fließendes Wasser) ein Raynaud-Phänomen ausgelöst werden. π
Bildgebende Untersuchungsverfahren Apparative Untersuchungsverfahren können eine gute klinische angiologische Untersuchung nicht ersetzen. Sie sind aber ergänzend notwendig, um einen Befund zu dokumentieren, Differenzialdiagnosen abzuklären und um eine adäquate Operationsplanung durchführen zu können. Es werden nicht invasive (Doppler-Sonographie, Oszillographie, Sonographie, Computertomographie, MR-Angiographie) von invasiven Methoden (Angiographie, digitale Subtraktionsangiographie) unterschieden ( 1 B-24.3). Bei der Doppler-Sonographie werden die vom Schallkopf emittierten Ultraschallwellen von den korpuskulären Bestandteilen des Blutes in Abhängigkeit von der Flussgeschwindigkeit und Richtung reflektiert und im Bereich hörbarer Frequenzen wiedergegeben. So können Strömungsverlangsamungen nach Stenosen, eine Strömungsumkehr (z.B. über der A. ophthalmica bei extrakraniellen Stenosen der A. carotis interna) und periphere Verschlussdrücke (nach Anlage und Blockung einer Blutdruckmanschette) erfasst werden. Die Farb-Doppler-Sonographie macht verschiedene Flussintensitäten und Richtungen (z.B. bei AV-Fisteln) farbunterschiedlich sichtbar.
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877
24.1.1 Grundlagen
1 B-24.2
Synopsis Funktionstests bei Erkrankungen der Arterien
Gehtest zur Erfassung der schmerzfreien Gehstrecke (60 m = 120 Schritte/min). Gehstrecke in Metern
Ratschow-Lagerungsprobe zur Erfassung arterieller Durchblutungsstörungen der Beine.
Schmerzbeginn S1
Beginn Schongang S2
Stillstand S3
30 – 40 × Beurteilungskriterien Abblassen von Fußsohlen und Zehen: •Zeit? •gleichmäßig? •seitengleich? nach 2 min
Rötung von Fußsohlen und Zehen: • Zeit? (normal 5s) •gleichmäßig? •seitengleich? Füllung der Vorfußvenen: • Zeit? (normal 10s) •seitengleich? • Nachröte?
Faustschlussprobe, Elevated-Arm-Stress-Test/EAST zur Erfassung arterieller Minderperfusion der Arme.
30–40 ×/min über 3 Minuten 80 cm H2O =60 mmHg
Allen-Test zur Erfassung von Perfusionsstörungen der A. radialis, A. ulnaris und des Arcus palmaris. Verschluss
Kältetest zur Provokation eines arteriellen Gefäßspasmus bei entsprechender Disposition.
Ein 10-minütiges Wasserbad in 12°C kaltem Wasser kann eine Raynaud-Symptomatik auslösen.
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878 1 B-24.3
24 Gefäßchirurgie
Synopsis Bildgebende Verfahren bei Erkrankungen der Arterien
Doppler-Sonographie Sie erfasst die Flussrichtung und Fließgeschwindigkeit der korpuskulären Bestandteile des Blutes; mit Hilfe einer Blutdruckmanschette kann der periphere Verschlussdruck an den Extremitäten gemessen werden.
Arm: RR 170/80 mmHg Oberschenkel:
a Flussmessung mit der Doppler-Methode.
170 mmHg
200 mmHg
Wade:
100 mmHg
170 mmHg
Knöchel:
170 mmHg
100 mmHg b Druckmessung mit der Doppler-Methode.
c Nachweis eines A.- femoralis-superficialisVerschlusses rechts mit der Doppler-Methode.
Oszillographie Sie erfasst pulssynchrone Volumenschwankungen an den Extremitäten mit Hilfe einer die Extremität umschließenden Druckmanschette.
a Oszillographie. Duplexsonographie Sie erlaubt die anatomische Darstellung von Aneurysmen, Aneurysmakomplikationen (z.B. Perforation) und Gefäßwandveränderungen (z.B. Ulkus/Plaque).
normale Pulskurve
integrierter Puls (über Kollateralen, kompletter Verschluss)
dikrotielose Kurve (Wandsklerose)
anarchischer Puls (durch kleine Kollateralen kompensiert)
Stenosepuls (schräger Anstieg, dikrotieloser Abstieg)
stumme Kurve (akuter Verschluss)
b Druckkurvendarstellungen bei Oszillographie. homogener Flow prästenotisch
Gefäßwand intra- und poststenotische FlowBeschleunigung und Turbulenzen Duplexsonographie der A. carotis communis, bei stenosierend verkalktem Gefäßwandplaque.
Computertomographie (CT)
ACC
Strömungsrichtung verkalkter Plaque mit 60 % Lumeneinengung
dorsaler Schallschatten
V. cava Aortenaneurysma (Durchmesser 7 cm)
Anschnitt der Leber Anschnitt der rechten Niere
M. psoas Rückenmark
Wirbelkörper
M. erector trunci CT-Bild eines Aortenaneurysmas von 7 cm Durchmesser.
Dornfortsatz
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879
24.1.1 Grundlagen
1 B-24.3
Synopsis Fortsetzung
Magnetresonanzangiographie (MRA)
Aorta
Milz
Anschnitt der A. splenica
doppelt angelegte linke A. renalis
A. renalis rechts
Verschluss der A. iliaca communis links
rechte Niere Verschluss der A. iliaca interna rechts
linke Niere A. mesenterica inferior
A. iliaca externa rechts MR-Angiographie der Aorta bei Verschluss der A. iliaca communis links und der A. iliaca interna rechts.
A. rectalis ima
Angiographie und digitale Subtraktionsangiographie (DSA)
arteriosklerotisch veränderte Aorta Ektasie der A. iliaca communis rechts
DSA bei Stenose der A. iliaca communis links.
hochgradige Stenose der A. iliaca communis links abgangsnaher Verschluss der A. iliaca interna links
Mit der Oszillographie können pulssynchrone Volumenschwankungen im Bereich der Extremitäten nach Anlage einer Blutdruckmanschette an verschiedenen Stellen im Seitenvergleich mechanisch oder elektronisch aufgezeichnet werden. Mit der Belastungsoszillometrie können auch klinisch noch stumme Gefäßstenosierungen nachgewiesen werden. Die Sonographie ( 1 B-24.4) eignet sich zur Darstellung von Aneurysmen (abdominelle Aorta, Leiste, Karotis) und deren Komplikationen (Blutung, Thrombose, Perforation). Heutzutage werden viele asymptomatische Bauchaortenaneurysmen im Rahmen von Routinesonographien inzidenziell diagnostiziert. Mit hochauflösenden Schallköpfen können sogar Gefäßwandveränderungen (Ulzera, Plaques) an oberflächennahen Gefäßen (z.B. Karotisgabel) erkannt werden. Eine kombinierte Abbildung von Strömungskurve und realem Ultraschallbild ermöglicht die sog. Duplexsonographie.
1 B-24.4
Infrarenales Bauchaortenaneurysma in der Oberbauchsonographie + ∏
Die Oszillographie misst pulssynchrone Volumenschwankungen.
Die Domäne der Sonographie ( 1 B-24.4) ist die Abbildung von Aneurysmen (Abdomen, Leiste) mit ihren Komplikationen (Perforation, Blutung). Hochauflösende Schallköpfe sind in der Lage, Gefäßwandveränderungen (Ulzera, Plaques) darzustellen. Die Duplexsonographie ermöglicht die kombinierte Abbildung von Strömungskurve und realem Ultraschallbild.
∏ ∏
+
a Im Längsschnitt zeigt sich ein infrarenales Bauchaortenaneurysma auf einer Länge von 80 mm ( ∏ ) und einer Breite von 39 mm (+).
+
+ ∏
b Im Querschnitt erkennt man das 39 mm große Aortenaneurysma ( ∏ ) mit thrombotischem Randwall und einem durchflossenen Lumen von 21 mm (+).
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880
24 Gefäßchirurgie
Klinischer Fall Ein 56-jähriger Mann klagt über zunehmende Rückenschmerzen. Er gibt an, täglich ca. 20 Zigaretten zu rauchen. Die Blutdruckmessung ergibt einen Hypertonus mit Werten von 180/100 mmHg an beiden Armen. Bei der flachen Palpation des Bauches ist um den Nabel
1 B-24.5
herum ein verstärktes Pulsieren tastbar. Die orientierende Sonographie des Abdomens zeigt 1 B-24.4. Im Rahmen der präoperativen Planung wird eine Computertomographie des Abdomens durchgeführt ( 1 B-24.5).
Infrarenales Bauchaortenaneurysma bei CT des Abdomens 3
2
2
1
3
1 4 4 Bei guter Kontrastierung der Aorta, der V. cava (1) und der Darmschlingen (2) zeigt sich ein Aortenaneurysma mit einem Durchmesser von 4 cm mit thrombotischem
Mit der Computertomographie (CT) lassen sich Aneurysmen an sonographisch schlecht einsehbaren Regionen untersucherunabhängig darstellen (s. 1 B-24.5). Nach Kontrastmittelgabe ist bei Aortenaneurysmen eine Aussage über die Durchblutungssituation (Nieren, Mesenterialgefäße) möglich. Bei Kontrastmittelallergie kann eine MR-Angiographie indiziert sein. Die Angiographie ermöglicht als invasive Methode durch Abbildung des Ausmaßes und der Morphologie der Gefäßveränderungen eine adäquate Planung der Therapiemodalität (medikamentös/konservativ, radiologisch interventionell, operativ). Die Gefäßdarstellung erfolgt als indirekte Katheterangiographie in Seldinger-Technik mit Zugang über die A. femoralis oder A. brachialis. Durch selektive/supraselektive Katheterangiographie lassen sich einzelne Stromgebiete isoliert kontrastieren und spezielle Fragestellungen beantworten.
Randwall (3) und zentral leicht exzentrisch durchflossenem Lumen (4) ohne Anhalt für Perforation oder Penetration.
Die Computertomographie (CT) wird eingesetzt, um Aneurysmen in ganzer Größe reproduzierbar abzubilden. Auch Regionen, die sonographisch nicht darstellbar sind (z.B. wegen Darmgasüberlagerung), können so erfasst werden. Nach zusätzlicher i.v. Kontrastmittelgabe zeigt sich das Ausmaß eines thrombotischen Randwalls (s. 1 B-24.5). Bei Aortendissektionen kann zudem zwischen dem durchströmten und nicht durchströmten Lumen unterschieden werden. Dadurch ist eine Aussage über Gefäßverschlüsse im Bereich der Nieren- oder Mesenterialgefäße möglich. Liegt eine Kontrastmittelallergie vor, ist alternativ die Durchführung einer Magnetresonanz-Angiographie (MR-Angiographie) zur Abbildung eines Aneurysmas möglich. Die invasive Darstellung der Gefäße im Rahmen der Angiographie wird eingesetzt, um durch Abbildung der Art und des Ausmaßes der Gefäßveränderungen das richtige therapeutische Konzept festlegen zu können. Die Gefäßdarstellung erfolgt als indirekte Katheterangiographie in Seldinger-Technik. Hierbei wird nach Punktion der A. femoralis oder A. brachialis ein Katheter bis vor das darzustellende Stromgebiet vorgeschoben und Kontrastmittel über eine Kontrastmittelpumpe appliziert. Durch selektive und supraselektive Angiographien, bei der Katheter in Gefäßabgänge eingelegt werden (z.B. A. carotis, A. hepatica u.a.), gelingt es, spezielle Gefäßregionen optimal abzubilden und spezifische Fragestellungen zu beantworten.
Klinischer Fall Eine 66-jährige Patientin klagt über rezidivierende Schwindelattacken. Sie berichtet über kurzfristige Sehstörungen, die bereits an beiden Augen aufgetreten seien. Bei der klinischen Untersuchung ist über beiden Karotiden ein Strömungsgeräusch auskultierbar. Die Über-
sichtsangiographie der supraaortalen Gefäße in DSATechnik ( 1 B-24.6) dokumentiert eine hochgradige Stenose im Bereich beider Karotisgabeln sowie eine Abgangsstenose der A. vertebralis rechts.
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24.1.1 Grundlagen
1 B-24.6
DSA-Angiographie
1
1
881
3
4
5
Die DSA-Angiographie der supraaortalen Gefäße zeigt eine hochgradige Stenose im Bereich beider Karotisgabeln sowie eine Abgangsstenose der A. vertrebralis rechts. 1 Karotisgabel 2 A. vertebralis rechts 3 A. vertebralis 4 A. carotis communis 5 A. subclavia links 6 A. subclavia rechts 7 Truncus brachiocephalicus 8 Aortenbogen
6 7 2
8
Bei der digitalen Subtraktionsangiographie (DSA) werden die Angiographiebilder digital auf Computer abgespeichert. Die anschließende Bearbeitung ermöglicht dreidimensionale Rekonstruktionen der Gefäße. Der Hintergrund (Knochen und Weichteile) kann aus dem Bild herausgerechnet und so Kontrastmittel eingespart werden. Diese Technik ermöglicht zudem sogar die Abbildung arterieller Gefäßabschnitte nach venöser Kontrastmittelgabe, allerdings bei vergleichsweise schlechterer Bildqualität und geringerer Aussagekraft ( 1 B-24.6). Die Indikation zur Angiographie sollte wegen der möglichen Komplikationen (Hämatom, Infektion, Aneurysmabildung, Gefäßwanddissektion, Embolisation, Apoplex bei Karotisangiographie und Schock bei Kontrastmittelunverträglichkeit) eng gestellt werden. Bei niereninsuffizienten Patienten (Kreatinin > 2 mg/dl) kann nach Kontrastmittelgabe eine zusätzliche Verschlechterung der Nierenfunktion eintreten und eine Dialyse notwendig werden.
Verfahren der gefäßchirurgischen Therapie Bei der Therapie arterieller Gefäßerkrankungen werden medikamentöse, radiologisch interventionelle und chirurgische Behandlungskonzepte ergänzend eingesetzt.
Medikamentöse und interventionelle Therapie Absolute Nikotinkarenz, Gewichtsreduktion (bessere Diabeteseinstellung, Besserung der Hyperlipämie und des Hypertonus) und Gehtraining (Kollateralenbildung) sollten am Anfang der therapeutischen Überlegungen stehen. Die medikamentöse Therapie beruht auf Maßnahmen, die die Fluidität des Blutes verbessern. Dies ist durch eine Verdünnung der korpuskulären Elemente (Aderlass, Hydroxyäthylstärke/HAES-Infusion: untere Grenze Hb 12 g %, Hkt 30 %) oder Beeinflussung der Gerinnungsfaktoren (Heparin: PTT 60–70 s, Marcumar: Quick 15–25 %) und Thrombozytenaggregation (Aspi-
Die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) ermöglicht eine exaktere Darstellung des arteriellen Gefäßbaums unter Einsparung von Kontrastmittel ( 1 B-24.6). Mögliche Komplikationen der Angiographie sind neben einem kontrastmittelbedingten anaphylaktischen Schock die Ausbildung von Hämatomen, Infekten, Blutungen, Aneurysmen, Embolien, Hirninsulten (Karotisangiographie) und die Verschlimmerung einer bestehenden Niereninsuffizienz. Daher sollte die Indikation zur Angiographie eng gestellt werden. Verfahren der gefäßchirurgischen Therapie Man unterscheidet medikamentöse, radiologisch interventionelle und chirurgische Therapiekonzepte. Medikamentöse und interventionelle Therapie Der erste Schritt der Therapie besteht in völliger Nikotinkarenz, Gewichtsreduktion und Gehtraining. Nächstes Ziel ist die Senkung der Blutviskosität durch: Aderlass und Hämodilution mit HAES-Infusionen (untere Grenze: Hb 12 g %, Hkt 30 %) Heparinisierung: initialer i.v. Bolus 5000–10 000 IE, dann ca. 1000 IE/h
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882
24 Gefäßchirurgie
(PTT 60–70 s), Marcumar: Quick 15–25 % und Aspirin: 50–100 mg/d. Bei thromboembolischem Gefäßverschluss kann die Thrombolyse mit Streptokinase, Urokinase, rt-PA oder APSAC systemisch oder als lokale Katheterlyse (geringeres systemisches Risiko) erwogen werden (TZ 60–70 s). Tödliche Komplikation: 1–2 %!
Zu Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Dosierung der Thrombolytika s.a. 2 B-24.10, S. 936. Die Wirkung einer PTA, bei der kurzstreckige, wenig verkalkte Stenosen nach Einführung eines Ballonkatheters dilatiert werden (Dotterung), kann durch die Einbringung eines Stents (selbstexpandierender innerer Gefäßtubus) verbessert werden ( 1 B-24.7).
1 B-24.7
rin: 50–100 mg/d) zu erreichen. Marcumar und Aspirin sind bei bekannten gastrointestinalen Ulzera kontraindiziert. Bei thromboembolischem Gefäßverschluss kann eine systemische Thrombolyse mit Urokinase/Streptokinase (TZ 60–70 s), rt-PA (recombinant tissue plasminogen activator) oder APSAC (Anisoyl-Plasminogen-StreptokinaseActivator-Complex) indiziert sein. Dies ist umso erfolgversprechender, je jünger der Verschluss ist. Eine Thrombolyse ist während der ersten 10–14 Tage postoperativ, bei alten Patienten (> 70 Jahre: erhöhtes Risiko der Hirnblutung), Hypertonikern (zerebrale Massenblutung), langjährig insulinpflichtigen Diabetikern (Netzhauteinblutung bei -ablösung) und fortgeschrittenen Karzinomen (Einblutung) kontraindiziert. Bei der sog. Katheterthrombolyse wird der Katheter zur Gabe des Thrombolytikums unter Durchleuchtung direkt in den Thrombus eingelegt, was bei größerem Aufwand die Erfolgsaussichten erhöht und die systemische Blutungsneigung vermindert. Insgesamt werden tödliche Blutungskomplikationen in ca. 1–2 % beobachtet. Zu Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Dosierung der Thrombolytika s.a. 2 B-24.10, S. 936. Kurzstreckige, wenig verkalkte Stenosen großer Gefäße sind eine Indikation für die perkutane, transluminäre Angioplastie (PTA), bei der radiologischerseits ein spezieller Ballonkatheter in der Stenose für ca. 20 Sekunden aufgeblasen und dadurch die Enge aufgeweitet wird (Dotterung) ( 1 B-24.7). Längerstreckige Stenosen können bei Risikopatienten nach Dilatation mit einem Stent (in der Stenoseregion platzierter, selbstexpandierender Maschendrahttubus) überbrückt und offengehalten werden.
Synopsis Perkutane transluminäre Angioplastie (PTA)
1a
1b
1c
2
1 Perkutane Punktion der A. femoralis (a) und Vorschieben eines Führungsdrahtes im Lumen über die Gefäßstenose hinweg (b, c) (unter Röntgen-Durchleuchtung). 2 Über den Führungsdraht wird der Dilatationskatheter unter Röntgen-Kontrolle mit seinem Ballon in die Stenose eingelegt. 3 Dilatation der Stenose durch kontrolliertes Füllen des Ballons mit Überdruck.
Bei Vorliegen einer symptomatischen pAVK der Beine kann die periphere Durchblutung vorübergehend (6–12 Monate) durch eine lumbale Sympathikolyse verbessert werden ( 1 B-24.8).
Besteht ein Raynaud-Syndrom der oberen Extremität, ist analog eine thorakale Sympathikolyse möglich.
3
4
5a
5b
4 Nach Rückzug des Dilatationskatheters kann der Erfolg der Dilatation, bei liegendem Führungsdraht, angiographisch dokumentiert werden. Bei gewünschtem Effekt wird der Draht entfernt und die Arterienpunktionsstelle komprimiert. 5 Sonderfall: Stenose der distalen Aorta (a). Hier kann ein ausreichender Dilatationsquerschnitt nur in der sog. »Kissingballon«-Technik aufgebaut werden, d.h. dass von jeder Leiste je ein Dilatationskatheter vorgeschoben und simultan in der Stenose geblockt wird (b).
Durch eine lumbale Sympathikolyse ist es möglich, bei Patienten mit einer symptomatischen peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), die kleineren Arterien mittelfristig (ca. 6–12 Monate) weit zu stellen und so die Durchblutungssituation am entsprechenden Bein zu verbessern. Hierbei wird über eine lange Infiltrationskanüle zunächst ein Lokalanästhetikum um den lumbalen Grenzstrang (zwischen LWK 2–4) eingebracht ( 1 B-24.8). Lässt sich ein klinischer Effekt nachweisen (Zunahme der Hautdurchblutung und der schmerzfreien Gehstrecke oder Rückbildung des Ruheschmerzes), erfolgt am Folgetag die Verödung des Grenzstranges durch die lokale Applikation eines Verödungsmittels (z.B. Alkohol 70 %). Bei Durchblutungsstörungen der oberen Extremität (z.B. Raynaud-Syndrom) ist analog eine thorakale Sympathikolyse im Bereich des 3.-4. thorakalen Sympathikus-Ganglions möglich.
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883
24.1.1 Grundlagen
1 B-24.8
Synopsis Schematische Darstellung der lumbalen Sympathikolyse
AB a Lagerung des Patienten auf die gesunde Seite (A Beckenkammoberkante, B Rippenbogen).
M. quadriceps lumbalis
Nadel
linke Niere M. psoas major
Grenzstrang
Aorta
M. erector spinae V. cava inferior
b Mit einer Infiltrationskanüle wird die Vorderkante des Wirbelkörpers (zwischen LWK II–IV) lokalisiert und so das Lokalanästhetikum /Sklerosierungsmittel im Bereich des Grenzstranges eingebracht.
Nahtmaterial, Prothesen
Nahtmaterial, Prothesen
Die Fortschritte in der Gefäßchirurgie wurden erst durch die Entwicklung eines speziellen Instrumentariums und synthetischer Nahtmaterialien und Prothesen möglich ( 1 B-24.9). Gefäßnähte werden im Wesentlichen mit nicht resorbierbaren, atraumatischen, monofilen Fäden (Polypropylen, Polytetrafluoroethylen) der Stärke 3–0 (Aorta) bis 6–0 (feine Anastomosen am Unterarm oder Unterschenkel) durchgeführt. Bei Kindern werden für zirkuläre Gefäßnähte in manchen Fällen resorbierbare monofile Fäden verwendet (z.B. Maxon), um ein Mitwachsen der Gefäßanastomosen zu ermöglichen. Für den Gefäßersatz stehen folgende Materialien zur Verfügung: π Dacron (gewebte Prothesen, Einsatz vor allem im aortoiliakalen/femoralen Bereich) π Goretex-Prothesen (an allen Gefäßen einsetzbar)
Das in der Gefäßchirurgie eingesetzte Instrumentarium muss eine atraumatische Behandlung der empfindlichen Gefäßwände ermöglichen. Dem entspricht auch, neben einer subtilen Operationstechnik, die Verwendung atraumatischen, nicht resorbierbaren, überwiegend monofilen Nahtmaterials (z.B. Polypropylen, Goretex/Polytetrafluoroethylen) ( 1 B-24.9). Als Prothesenmaterial hat sich Kunststoff bewährt (Dacron, Goretex/PTFE). Bei gelenküberschreitenden Rekonstruktionen können diese Prothesen ringverstärkt sein, um Abknickungen zu vermeiden.
1 B-24.9
Instrumentarium und Prothesenmaterialien 5
7
3
4 6 2 8 1 1 2 3 4
Goretex-Prothese ringverstärkte Goretex-Prothese Dacron-y-Prothese Duktusklemme
5 6 7 8
Pott’sche Schere Dissektor Fogarty-Katheter Ringstripper.
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884 1 B-24.10
24 Gefäßchirurgie
Synopsis
Gefäßchirurgische Methoden der Gefäßrekonstruktion und des Gefäßersatzes
Embolektomie (z.B. simultanes, beidseitiges Fogarty-Manöver bei reitendem Thrombus der Aortenbifurkation).
Aorta Thrombus vor der Aortenbifurkation A. iliaca externa A. femoralis communis
Thrombendarteriektomie (TEA) (z.B. halboffene, retrograde TEA der A. iliaca externa mit dem Ringstripper).
A. iliaca interna
Leistenband
Ringstripper
A. iliaca communis rechts Fogarty-Katheter A. iliaca externa
Patchplastik (z.B. Patcherweiterungsplastik der A. iliaca communis und externa rechts).
arteriosklerotischer Intimazylinder
Aorta
Goretex-Patch
Aortenersatz (z.B. als aortobifemorale Y-Prothese bei arteriosklerotischen Stenosen).
A. femoralis
Aorta
A. iliaca communis
A. iliaca interna
A. iliaca externa
A. iliaca externa
A. femoralis
a
b
c
d
Goretex-Prothesen ringverstärkt (für gelenküberschreitende, periphere Bypässe) π autologe V. saphena magna (bei Anastomosen an peripheren, z.B. kruralen Gefäßen). Während Goretex-Prothesen initial blutdicht sind, müssen Dacron-Prothesen mit nicht heparinisiertem Patientenblut intraoperativ geklottet werden. Alternativ werden mit Kollagen abgedichtete Dacron-Prothesen industriell angeboten. Bypässe mit autologer V. saphena magna haben die geringste Verschlussund Infektrate, allerdings ist die Entnahme der Vene vom ipsi- oder kontralateralen Bein mit zusätzlichem operativem Aufwand verbunden. π
Bei peripheren Anastomosen mittelbzw. kleinlumiger Gefäße ist die autologe V. saphena magna als Bypass überlegen (geringste Infekt- und Verschlussrate).
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885
24.1.1 Grundlagen
1 B-24.10
Synopsis Fortsetzung
Prothesenbypass (z.B. als femoropoplitealer Bypass bei Verschluss der A. femoralis superficialis).
A. iliaca externa
A. femoralis superficialis
femoropoplitealer Bypass Stenose/Verschluss
Venenbypass (Präparation der V. saphena magna für einen Venenbypass (a,b); bei Anlage eines In-situBypasses bleibt die Vene in anatomischer Position – dann müssen die Venenklappen mit einem Valvulotomiekatheter zerstört werden (c,d).
V. saphena magna
Ligatur von Seitenästen
A. femoralis communis a
proximales Venenende distales Venenende b
Venenklappen
Valvulotomiekatheter
c
d
Operationsverfahren
Operationsverfahren
Kann mittels konservativer oder interventioneller Maßnahmen keine Verbesserung des Beschwerdebilds erreicht werden, muss die Indikation zu einer operativen Therapie überdacht werden. Hierbei muss die klinische Gesamtsituation (Erkrankungsstadium, Operabilität, psychosoziale Situation des Patienten) gegenüber dem zu erwartenden Nutzen und der Invasivität des geplanten Eingriffs gegeneinander abgewogen werden. Welches operative Vorgehen den größten Benefit für den Patienten verspricht, muss mit Hilfe der Angiographie geklärt werden (Zustrom- und Abflussverhältnisse). Bei den Operationen werden gefäßerhaltende, rekanalisierende, rekonstruktive Verfahren von gefäßersetzenden oder gefäßumgehenden Bypass-Verfahren unterschieden ( 1 B-24.10).
Nach Ausschöpfen aller medikamentöser und minimal invasiver Maßnahmen stellt sich, nach Ausschluss allgemeiner Kontraindikationen, die Frage nach dem operativen Vorgehen anhand der angiographischen Situation.
Es werden rekonstruktive gefäßerhaltende von gefäßersetzenden Operationen unterschieden ( 1 B-24.10).
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886
24 Gefäßchirurgie
Rekonstruktive Verfahren
Rekonstruktive Verfahren
Zu den rekonstruktiven Verfahren zählen die Embolektomie und die Thrombendarteriektomie (TEA) (s. 1 B-24.10). π Embolektomie: Entfernen eines arteriellen Embolus nach Freilegen und querer Inzision des Gefäßes durch Einführen des entblockten und Rückzug des geblockten Ballonkatheters nach Fogarty.
Zu den rekanalisierenden Verfahren zählen die Embolektomie und die Thrombendarteriektomie (TEA) (s. 1 B-24.10).
π Thrombendarteriektomie: Entfernen eines arteriosklerotischen Intimazylinders nach Längsinzision des Gefäßes in Allgemeinnarkose mit Hilfe eines Gefäßdissektors (direkt/offen) oder durch Einbringen eines Ringstrippers und eines Ballonkatheters (indirekt/halboffen). Eine Arteriotomie kann bei großen Gefäßen direkt verschlossen und bei kleineren Gefäßen durch Einnähen eines Venen- oder Goretexflickens (Patch) erweitert werden.
π
Gefäßersetzende Verfahren
Gefäßersetzende Verfahren
Embolektomie: Die Embolektomie wird bei thromboembolischen Verschlüssen der Arm- oder Becken-/Beinstrombahn als Fernembolektomie nach Zugang über die Ellenbeuge oder Leiste retro- oder orthograd mit einem Fogarty-Ballonkatheter durchgeführt. Hierbei wird der entblockte Ballonkatheter nach Querarteriotomie über den Embolus vorgeschoben. Beim Zurückziehen des geblockten Katheters wird der Thrombus von dem Ballon vorgeschoben und über die Arteriotomie gewonnen. Eine Embolektomie kann ggf. in Lokalanästhesie durchgeführt werden.
π
Thrombendarteriektomie: Eine Thrombendarteriektomie (TEA) kann nach Längsarteriotomie offen (im Bereich des freigelegten Gefäßabschnitts) oder halboffen (nach proximal und distal über die Freilegungsstelle hinaus) durchgeführt werden. Bei der offenen TEA werden die arteriosklerotisch und ulzerös veränderten Gefäßwandabschnitte mit dem Dissektor abgetragen. Dabei entstehende Intimastufen müssen mit einer Naht angeheftet werden. Bei der halboffenen Methode wird ein Ringstripper über einen liegenden Ballonkatheter nach proximal oder distal vorgeschoben. Unter Drehungen des Ringstrippers werden die veränderten Intimazylinder gelöst und durch Rückzug des geblockten Ballonkatheters geborgen. Je nach Zirkumferenz der Gefäßwand im Bereich der Arteriotomie wird diese direkt genäht (z.B. A. femoralis) oder mit einem Gewebeflicken (Vene oder Goretex) im Sinne einer Patchplastik erweitert (z.B. A. carotis).
Zu den gefäßersetzenden Verfahren gehören Protheseninterpositionen und Bypässe (s. 1 B-24.10). Gefäßprotheseninterpositionen: Sie sind dann notwendig, wenn aneurysmatisch veränderte Gefäßabschnitte reseziert und ersetzt werden müssen, z.B. als Aorteninterponate, aortoiliakale oder aortofemorale Y-Prothesen.
π
Protheseninterpositionen: Aneurysmatisch veränderte Gefäßabschnitte (z.B. Aorta) werden reseziert und mit Protheseninterpositionen überbrückt.
π
π Bypässe: Langstreckig verschlossene Gefäßabschnitte können in anatomischer oder extraanatomischer Position mit Prothesen (Dacron, Goretex, autologe Vene) umgangen werden. An mittel- und dünnkalibrigen Arterien sollte wegen der geringsten Verschluss- und Infektrate autologe V. saphena magna bevorzugt werden. Reicht die entnommene Vene nicht aus, kann sie nach proximal mit einer Kunststoffprothese verlängert werden (Composite Graft).
π
Amputation
Amputation
Amputationen sind bei ischämisch infizierten Gliedmaßen das letzte Therapiekonzept. Grundsätzlich sollte unter Resektion aller Infektzonen ein möglichst langer, gut weichteilgedeckter Stumpf verbleiben, um eine optimale prothetische Versorgung und Rehabilitation zu ermöglichen. 1 B-24.11 fasst die Amputationsformen zusammen.
Ist eine Rekonstruktion der Gefäßstrombahn nicht möglich und liegen bereits Nekrosen (Gangrän) vor, ist eine Amputation nicht zu umgehen. Die Amputationshöhe ist so zu wählen, dass alle Infektbezirke entfernt werden und ein gut durchbluteter Muskel-/Weichteilmantel verbleibt, um den Stumpf zu decken. Je mehr funktionell intakte Extremität verbleibt, umso besser ist die Möglichkeit der prothetischen Versorgung und der sozialen Rehabilitation. 1 B-24.11 stellt die gebräuchlichen Amputationshöhen dar.
Bypässe: Zur Umgehung langstreckig verschlossener, nicht rekanalisierbarer Arterienabschnitte können bei ausreichendem Abstromgebiet (sog. run off) Bypässe in anatomischer oder extraanatomischer Position eingesetzt werden. An großkalibrigen Gefäßabschnitten werden die Bypässe mittels Dacron- oder Goretex-Prothesen angelegt. An mittel- und dünnkalibrigen Arterien sollte autologe V. saphena magna bevorzugt werden, da sie die geringsten Verschluss- und Infektraten aufweist. Im Bedarfsfall kann eine kurze Vene auch nach proximal mit Kunststoffprothesen verlängert werden (Composite Graft). Bei Anlage eines In-situ-Venenbypasses wird die V. saphena magna in ihrer anatomischen Position belassen. Nach Ligatur aller Seitenäste müssen die Venenklappen mit einem feinen Valvulotomkatheter zerstört werden, um im Bypass den Blutfluss in zentripedaler Richtung zu ermöglichen.
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887
24.1.1 Grundlagen
1 B-24.11
Synopsis Amputationsmethoden in der Gefäßchirurgie
Oberschenkel
Hüftgelenksexartikulation
M. rectus femoris
M. vastus lateralis
Oberschenkelamputation (kurzer Stumpf)
N. ischiadicus M. gracilis
Oberschenkelamputation (langer Stumpf)
M. biceps femoris
M. semitendinosus
a
M. semimembranosus b
Oberschenkelamputation: Bei jeder Amputation muss auf eine gute Weichteildeckung des geglätteten Knochenabsetzungsrandes geachtet werden, um eine optimale Belastbar- und Beweglichkeit des Stumpfes zu gewährleisten. Zu diesem Zwecke werden die Muskeln der Oberschenkelbeuger und Oberschenkelstrecker (a, b) spannungsfrei vor dem Knochenstumpf zusammengeführt und mit Fasziennähten fixiert (sog. Myoplastik).
Kniegelenksexartikulation Unterschenkelamputation (kurzer Stumpf)
Unterschenkel
Unterschenkelamputation (langer Stumpf)
Tibia Fibula
V. saphena magna
Syme-Amputation
Amputationshöhen
c
N. tibialis
V. saphena parva
d
Unterschenkelamputation: Neben einer guten Muskel- und Weichteildeckung muss darauf geachtet werden, daß die Fibula etwa 2 cm mehr als die Tibia gekürzt wird, damit diese die wesentliche Kraft auf die Prothese weiterleitet und Durchspießungen der Fibula durch die Haut vermieden werden (c,d). Vorfuß
Chopart
Lisfranc
Fußamputation nach Chopart und Lisfranc: Die Absetzungslinie folgt dem jeweiligen Gelenkspalt (Chopart: Articulatio cuneo-navicularis und cuboido-calcanearis/ Lisfranc: Articulatio tarso-metatarsea), wobei die jeweiligen Gelenkflächen entknorpelt werden. Die Weichteildeckung des Stumpfes erfolgt durch nach fußrückenwärts angehobene Anteile der Fußsohle, sodass ein endbelastungsfähiger Stumpf resultiert.
Grenzzonenamputation: Bei der Grenzzonenamputation z.B. der Großzehe (g) wird der noch gut durchblutete Weichteilmantel über dem Grundgelenk fischmaulförmig zugunsten der Plantarseite (h) abgesetzt, das Köpfchen des ersten Mittelfußknochens entknorpelt und der plantarseitige Weichteillappen fußrückenseitig über dem ehem. Grundgelenk verschlossen (i).
g
e
f
Vorfußamputation: Bei dieser Amputationsform wird die Absetzungslinie etwa durch die Mitte der Metatarsalia geführt (e). Die Weichteildeckung der gut geglätteten Mittelfußknochenstümpfe erfolgt durch Fußsohlenanteile (f).
h
i
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888
24 Gefäßchirurgie
Komplikationen in der Gefäßchirurgie Die Komplikationen der gefäßchirurgischen Therapie ergeben sich aus der Chronizität des Grundleidens oder sind bedingt durch falsche Indikationen, falsche Anastomosentechnik, Fehldosierung von Antithrombotika oder Infekte. Bei den allgemein gefäßveränderten Patienten sind perioperative Zwischenfälle (Herzinfarkt, Apoplex) nicht selten. Über spezifische Komplikationen gibt 2 B-24.1 Auskunft.
Komplikationen in der Gefäßchirurgie Die Komplikationen einer gefäßchirurgischen Therapie erklären sich zum Teil durch die Chronizität des Grundleidens (bei fortschreitender Arteriosklerose kann es, wie bei persistierenden Herzrhythmusstörungen zu einem erneuten Gefäßverschluss kommen). Andere Komplikationen sind bedingt durch falsche Indikationen (unzureichender Zustrom/Abfluss), falsche Anastomosentechnik (Frühverschluss, Nachblutung, Nahtaneurysmabildung), Fehldosierung von gerinnungshemmenden Medikamenten (Blutung, Gefäßverschluss) oder Infekte (Abszesse, Nahtaneurysmen). Bei den allgemein gefäßveränderten Patienten sind perioperative Zwischenfälle wie Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Apoplexe (vor allem nach Karotis-TEA) nicht selten. Über andere spezifische Komplikationen von Gefäßoperationen gibt 2 B-24.1 Auskunft.
2 B-24.1
Spezifische Komplikationen nach gefäßchirurgischen Operationen
N Karotisstromgebiet n
Apoplex, TIA, Verletzungen des N. hypoglossus, N. vagus und N. laryngeus recurrens
N A. subclavia n
Schädigung des Armplexus, Pleuraeröffnung
N Nierenarterien n
Nierenversagen
N Mesenterialgefäße n
Darmischämie
N infrarenale Aorta n
ischämische Kolitis des linken Hemikolons, vaskuläre und/oder neurogene Impotenz
N Beckenstrombahn n
Verletzungen der Ureteren und der Beckenvenen
N Leistenregion n
Verletzungen des N. femoralis und der V. femoralis
N Extremitäten n
Verletzungen peripherer Nerven
Bei Nachblutungen ist eine sofortige Revision angezeigt. Infizierte Prothesen müssen in der Regel entfernt werden.
Bei Nachblutungen ist nach Konsolidierung der Gerinnungsparameter eine unverzügliche Revision angezeigt. Infizierte Prothesen lassen sich in der Regel durch Antibiotika nicht sanieren. Sie müssen entfernt werden, möglichst bevor septische Komplikationen auftreten. Sollte nach Gefäßprothesenentfernung eine Revaskularisierung auch durch einen extraanatomischen Bypass im Bereich der Extremitäten nicht möglich sein, muss amputiert werden (life before limb!).
24.1.2
24.1.2
Akute Arterienverschlüsse der Extremitäten
Merke
Ätiologie. Häufigste Ursache des akuten arteriellen Gefäßverschlusses ist die Embolie (70–90 %). Andere Gründe sind arterielle Thrombosen, Gefäßverletzungen, Aortendissektionen und die Phlegmasia coerulea dolens. Gefäßspasmen können Embolien vortäuschen (Pseudoembolie). Die meisten Emboli entstehen im Herzen (meist linker Vorhof): bei Rhythmusstörungen, Klappenfehlern, Herzwandaneurysmen und Endokarditis bilden sich Thromben im Herzen, die ebenso wie mechanische Herzklappen Ausgangspunkt von Embolien sein können ( 2 B-24.2).
Akute Arterienverschlüsse der Extremitäten
n Merke. Der akute arterielle Gefäßverschluss stellt eine Notfallsituation dar, die sofortiges diagnostisches und therapeutisches Handeln erfordert.
Ätiologie. Ursachen des akuten arteriellen Gefäßverschlusses sind überwie-
gend Embolien (70–90 %). Männer und Frauen mittleren und vor allem höheren Alters sind etwa gleich häufig betroffen. Seltener sind akute Gefäßverschlüsse durch lokale arterielle Thrombosen bei Arteriosklerose oder Thrombangitis obliterans, Gefäßverletzungen, Aortendissektion oder durch eine Phlegmasia coerulea dolens bedingt. Gefäßspasmen können eine Embolie vortäuschen (Pseudoembolie). Häufigster Bildungsort eines Embolus ist das Herz (v.a. linker Vorhof). Als zugrunde liegende Herzerkrankung kommen Rhythmusstörungen (z.B. Vorhofflimmern bei Mitralvitium, Arrhythmia absoluta bei KHK), Herzwandaneurysmen, eine Endokarditis oder Herzklappenfehler (z.B. bei rheumatischem Fieber) in Betracht. Auch mechanische Herzklappen können, vor allem bei unzureichender Antikoagulation, Ausgangspunkt einer Embolie sein ( 2 B-24.2).
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24.1.2 Akute Arterienverschlüsse der Extremitäten
2 B-24.2
889
Ursachen arterieller Embolien
N Herz n
Klappen: Klappenfehler (v.a. Mitralklappe), mechanische Herzklappen, Endokarditis Vorhöfe: Arrhythmia absoluta, offenes Foramen ovale, Vorhofmyxom Ventrikel: Herzwandaneurysma nach Infarkt, Rhythmusstörungen z.B. bei KHK
N Aneurysmen n
z.B. der Aorta, A. carotis, A. poplitea, A. subclavia
N ulzerierte n Gefäßwandplaques
z.B. der A. carotis, Aorta abdominalis
N Tumoren n
ins Gefäßsystem eingebrochene Karzinome oder Gefäßwandtumoren (z.B. Hämangiosarkom)
N Fettembolie n
nach Frakturen (z.B. Femur, Becken)
N Luftembolie n
nach Eröffnung großlumiger Venen
N Fremdkörperembolie n
abgebrochene Venenkatheter, Schrittmacherkabel, Sonden, Granatsplitter usw.
Weitere Bildungsorte von embolisierenden Abscheidungsthromben sind Aneurysmen und nicht selten auch Tumoren (Vorhofmyxom, Gefäßwandtumoren). Als paradoxe Embolien werden Thromben aus dem venösen Stromgebiet bezeichnet, die über das offene Foramen ovale in die arterielle Strombahn gelangen und dort embolisieren. Die meisten Embolien betreffen das Hirnstromgebiet (Apoplex). In der Peripherie befinden sich 75 % der Verschlüsse im Bereich der unteren und 20 % im Bereich der oberen Extremität. In ca. 5 % kommt es zu Mesenterialinfarkten. Prädilektionsorte für embolische Gefäßverschlüsse sind Gefäßaufzweigungen (Aortenbifurkation, A. femoralis, A. poplitea, A. brachialis, A. carotis) und Gefäßabgänge (A. mesenterica). Arterielle Thrombosen können sich in bereits arteriosklerotisch-ulzerös veränderten Gefäßabschnitten entwickeln, indem an der vorgeschädigten Gefäßwand ortsständige Thromben entstehen, die das Restlumen embolisch verschließen. Gefäßspasmen können durch die Einnahme ergotaminhaltiger Präparate (Ergotismus) z.B. bei Migräne oder durch versehentliche intraarterielle Injektion bestimmter Pharmaka (Barbiturate, Tranquilizer, Antibiotika) hervorgerufen werden. Eine Sonderform stellen sog. Mikroembolien dar. Hierbei werden maximal 1 mm große Emboli aus atheromatösen Gefäßulzera und Plaques (A. carotis, Aorten-/Poplitealaneurysma) abgeschwemmt. Bei Befall der Hirnstrombahn entsteht z.B. das Bild einer Amaurosis fugax oder einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA). Durch Mikroembolisation in der Peripherie kann ein sog. Blue-toe-Syndrom entstehen.
Symptome. Die Klinik eines akuten Gefäßverschlusses ist abhängig von der
Lokalisation, dem Vorhandensein von Kollateralen (komplette/inkomplette Ischämie), der Ischämietoleranz des Gewebes und der Zeitdauer. Als Symptome entwickeln sich die sog. »6 P« nach Pratt: π Pulselessness (Pulsverlust) π Pain (Schmerz) π Pallor (Blässe) π Paraesthesiae (Sensibilitätsstörung) π Paralysis (Bewegungsunfähigkeit) π Prostration (Erschöpfung/Schock) in dieser Reihenfolge. Ein akuter arterieller Gefäßverschluss kann mit schwersten Schmerzen einhergehen (komplette Ischämie), bei vorhandenen Kollateralen aber auch larviert verlaufen (Hand). Nach Pulsverlust kommt es zu einem Schmerzempfinden unterschiedlicher Ausprägung. Beim kompletten Arterien-
Weitere Emboliequellen sind Aneurysmen, Tumoren und das venöse Stromgebiet. Bei letzterem können bei offenem Foramen ovale Thromben aus dem venösen Stromgebiet in die arterielle Strombahn gelangen (sog. paradoxe Embolie). Embolien manifestieren sich in absteigender Häufigkeit im Hirnstromgebiet (Apoplex), in den Beinen, den Armen und den Viszeralgefäßen (Mesenterialinfarkt). Prädilektionsstellen für embolische Gefäßverschlüsse sind Gefäßaufzweigungen. In arteriosklerotischen Gefäßen können an der vorgeschädigten Gefäßwand Thromben entstehen, die embolisieren und so zu einer arteriellen Thrombose führen. Gefäßspasmen können durch ergotaminhaltige Präparate oder durch versehentliche intraarterielle Injektion bestimmter Pharmaka hervorgerufen werden. Mikroembolien (max. 1 mm Größe) entstehen an atheromatösen Gefäßwandulzera und verursachen Krankheitsbilder wie die Amaurosis fugax, transitorische ischämische Attacken (TIA) oder ein Blue-toe-Syndrom. Symptome. Die Symptomatik einer akuten kompletten Ischämie beinhaltet die sog. »6 P« nach Pratt: π Pulselessnes (Pulsverlust) π Pain (Schmerz) π Pallor (Blässe) π Paraesthesiae (Sensibilitätsstörung) π Paralysis (Bewegungsunfähigkeit) π Prostration (Erschöpfung).
Nach Pulsverlust kommt es zu einem Schmerzempfinden unterschiedlicher Ausprägung. Kälte und Blässe entstehen etwa eine Hand breit distal
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890 des Verschlusses. Im Spontanverlauf entwickelt sich eine zunehmende, anfangs noch reversible Schädigung der Nerven (Parästhesie) und Muskulatur (Bewegungsunfähigkeit). Das Vollbild des ischämischen Gewebeschadens ist irreversibel.
Toxische Stoffwechselprodukte und saure Metaboliten (TourniquetSyndrom) können innerhalb kurzer Zeit vor allem bei Verschluss der Aortenbifurkation (sog. LéricheSyndrom) einen Schock verursachen ( 1 B-24.12 b).
24 Gefäßchirurgie verschluss eines zuvor Gefäßgesunden tritt der Schmerz sehr heftig, peitschenschlagartig auf. Blässe und Kälte entwickeln sich in der Regel eine Hand breit distal des Verschlusses. Durch zunehmende Ernährungsstörung der Nerven entsteht eine Parästhesie. Bei ödematöser Schwellung der Muskulatur im Rahmen der Mangeldurchblutung tritt eine zusätzliche Druckschädigung der Nerven auf (Kompartmentsyndrom), die in eine Bewegungsunfähigkeit der Muskulatur einmündet. Im weiteren Verlauf entstehen Stagnationsthromben, die die Zirkulation zusätzlich behindern. Das Vollbild des irreversiblen Gewebetodes imponiert durch einen avitalen, sensibilitätslosen, indurierten, bewegungsunfähigen, mit Spannungsblasen übersäten Extremitätenabschnitt (ischämische Nekrose/Gangrän). Durch Einschwemmung saurer Stoffwechsel- und toxischer Abbauprodukte (Tourniquet-Syndrom) kann sich beim Vollbild der Ischämie in wenigen Stunden (vor allem bei Verschluss der Aortenbifurkation, sog. Lériche-Syndrom) ein Schock entwickeln ( 1 B-24.12 b).
1 B-24.12
Akuter arterieller Verschluss
a Akuter arterieller Verschluss der rechten Beckenstrombahn in der DSA-Angiographie ( Á rechte A. iliaca stellt sich nicht dar, Abgang verschlossen).
b Kompletter infrarenaler Verschluss der Aorta abdominalis ( Á ) im Sinne eines Lériche-Syndroms in der DSA-Aortographie. Diagnose. Die Diagnose eines akuten Arterienverschlusses durch Embolie wird klinisch gestellt. Sie kann dopplersonographisch quantifiziert werden (komplett/inkomplett). Sollte sich anamnestisch der Verdacht auf eine arterielle Thrombose ergeben ( 2 B-24.3), ist zur Therapieplanung eine Angiographie indiziert ( 1 B-24.12).
Diagnose. Die Verdachtsdiagnose der Embolie lässt sich in aller Regel mit Hilfe der Anamnese und der körperlichen Untersuchung klinisch stellen. Die Doppler-Sonographie kann den Palpationsbefund (Pulsverlust, Kälte) verifizieren. Da für eine Embolektomie nicht grundsätzlich eine Angiographie vorliegen muss, ist die klinische Abgrenzung zur arteriellen Thrombose wichtig. Deren Korrektur erfordert oft eine aufwendige Rekonstruktion, die das Vorliegen einer Angiographie zur Therapieplanung notwendig macht ( 1 B-24.12). Anamnestisch verwertbare Differenzierungsmerkmale sind in 2 B-24.3 dargestellt.
Differenzialdiagnose. Ein Gefäßspasmus (Anamnese/Medikamente), eine Immunvaskulitis (erhöhte Entzündungsparameter, Autoantikörper), eine tiefe Beinvenenthrombose (Palpation, Doppler-Sonographie) und eine Phlegmasia coerulea dolens (Anamnese, Doppler-Sono) müssen abgegrenzt werden. Aortendissektionen können ebenfalls einen akuten Gefäßverschluss hervorrufen.
Differenzialdiagnose. Für das Vorliegen eines arteriellen Gefäßspasmus
(Pseudoembolie) spricht, neben dem Zusammenhang mit Injektionen und der Medikamentenanamnese (Ergotismus), jugendliches Alter, weibliches Geschlecht und das Fehlen jeglicher Risikofaktoren. Bei Ergotismus auftretende, oft fadenförmige Spasmen auch großer Gefäße sind in der Angiographie in typischer Weise darstellbar. Die Koronar- und/oder Mesenterialgefäße sind dann häufig ebenfalls betroffen. Seltene Differenzialdiagnosen für akute, arterielle Gefäßverschlüsse sind Immunvaskulitis, tiefe Beinvenenthrombosen mit einer Phlegmasia coerulea dolens sowie eine Aortendissektion.
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24.1.2 Akute Arterienverschlüsse der Extremitäten
2 B-24.3
Differenzialdiagnostische Hinweise für das Vorliegen einer arteriellen Embolie oder einer arteriellen Thrombose
Anhaltspunkte für eine Embolie
Anhaltspunkte für eine Thrombose
N bekannte Herzerkrankung (Klappenfehler, n Rhythmusstörungen, Infarkt)
N bekannte arterielle Verschlusskrankheit/AVK n (Claudicatio intermittens)
N Embolie in der Anamnese n
N Gefäßoperation, Angiographie, PTA in der Anamnese n
N plötzlicher Beginn mit starken Schmerzen n (komplette Ischämie, keine Kollateralen)
N schleichender Beginn mit weniger starken Schmerzen n (inkomplette Ischämie bei vorhandenen Kollateralen)
N gleichzeitig plötzliche Durchblutungsstörungen n in mehreren Regionen (z.B. periphere Embolie und Apoplex oder TIA)
N gleichzeitig abgeschwächte Pulse auf der Gegenseite n als Hinweis auf eine AVK
N bisher leere angiologische Anamnese n
N Ausschluss eines Emboliestreuherdes n
N anamnestische Hinweise auf eine auslösende n Ursache (Digitalisierung, besondere körperliche Anstrengung, Herzstolpern)
N Hinweise für thrombosefördernde Faktoren (forcierte n Diurese, Polyzythämie, Polyglobulie, Leukose)
Auch nicht gefäßchirurgische Krankheitsbilder wie Muskelzerrungen und -faserrisse sowie Bandscheibenvorfälle, Neuritiden, rheumatische Beschwerden und Tumoren müssen in die diagnostischen Erwägungen mit einbezogen werden.
Auch an nicht gefäßchirurgische Krankheitsbilder wie Muskelzerrungen, degenerative Gelenkerkrankungen, Neuritiden, Bandscheibenvorfälle und Tumoren usw. muss gedacht werden.
Klinischer Fall Ein 66-jähriger Mann mit bekanntem Nikotinabusus wird wegen akuter Ruheschmerzen im Bereich des gesamten rechten Beines eingewiesen. Anamnestisch ist bereits eine Claudicatio intermittens mit einer schmerzfreien Gehstrecke von knapp 200 m bekannt. Bei der klinischen Untersuchung imponiert eine Blässe und Kälte des gesamten rechten Beines bei Pulslosigkeit im Bereich
der A. femoralis und poplitea. Dopplersonographisch kann kein Fluss über der rechten Beinstrombahn nachgewiesen werden. Die daraufhin durchgeführte Beckenbeinangiographie ( 1 B-24.12) in DSA-Technik dokumentiert einen kompletten frischen Verschluss der rechten Beckenstrombahn.
Therapie. Die Therapie des akuten embolischen Extremitätenverschlusses
besteht in der i.v. Applikation von 5 000– 10 000 IE Heparin, der Polsterung und dem unverzüglichen Transport in den OP zur Embolektomie. Über den Erfolg entscheiden Ausmaß und Dauer der Ischämie, da durch Appositionsthromben das rekanalisierbare Gefäßsystem mit zunehmendem Zeitintervall abnimmt. Beträgt die Amputationsrate innerhalb der ersten 6 Stunden noch weniger als 5 %, so steigt sie nach 2 Tagen auf 25–30 % an. Bei Rekanalisation nach langer Ischämie ist ferner ein zunehmender Reperfusionsschaden zu erwarten, wobei über Endothelschäden durch freie Radikale und toxische Stoffwechselprodukte ein zusätzliches Ödem mit weiterem Funktionsverlust der Extremität eintritt (Tourniquet-Syndrom). Postoperativ muss eine Antikoagulation (Heparin) beibehalten und das Grundleiden behandelt werden (z.B. Digitalisierung bei Vorhofflattern, Herzklappenersatz bei Klappenfehler als Emboliequelle usw.), um Rezidive möglichst zu vermeiden. Die arterielle Thrombose bei vorbestehendem arteriosklerotischen Gefäßschaden erfordert größeren diagnostischen und therapeutischen Aufwand. Wegen der vorhandenen Kollateralen ist, außer bei einer kompletten Ischämie, eine konservative Behandlung mit Rheologika und Antikoagulanzien (Vollheparinisierung) angezeigt. Bei frischen Thromben kann eine Lyse mit Streptokinase/Urokinase/rt-PA erwogen werden, wenn keine Kontraindikationen bestehen. Eine Operationsindikation ist dann gegeben, wenn die Rekanalisierung nicht gelingt oder wenn nach angiographischem Befund eine hohe Reokklusionswahrscheinlichkeit besteht, die nicht durch Einlage eines Stents behoben werden kann. Es kommen meist eine TEA mit und ohne Patchplastik, oder ein Bypass in Frage.
Therapie. Die akute Embolie muss nach i.v. Heparinisierung (5000–10 000 IE) unverzüglich durch eine Embolektomie behandelt werden. Bei späterer Rekanalisation entsteht neben der ischämiebedingten Gewebeschädigung ein zusätzlicher Reperfusionsschaden (Tourniquet-Syndrom), der die Amputationsrate von < 5 % innerhalb der 6-Stunden-Frist auf 25–30 % nach 48 Stunden ansteigen lässt. Postoperativ muss eine Antikoagulation (Heparin) beibehalten und das Grundleiden behandelt werden, um Rezidive zu vermeiden. Eine arterielle Thrombose kann oft konservativ (Heparin, Rheologika, Lysetherapie) behandelt werden. Eine Operationsindikation (TEA, Bypass) besteht bei misslungener Rekanalisation oder hoher Reokklusionswahrscheinlichkeit nach angiographischem Befund.
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24 Gefäßchirurgie
Patienten mit peripheren Mikroembolien müssen heparinisiert werden. Rezidive lassen sich nur durch die Sanierung der Emboliequelle vermeiden.
Bei rezidivierenden Mikroembolien gilt es, die Emboliequelle zu lokalisieren (z.B. Echokardiographie) und zu sanieren (z.B. Herzklappenersatz bei Klappenvitium). Zwischenzeitlich ist bei einer peripheren Symptomatik eine i.v. Heparinisierung indiziert.
24.1.3
24.1.3
Akrale Ischämiesyndrome
Ätiologie. Während der primäre Morbus Raynaud vor allem Frauen von 20–40 Jahren betrifft (80 %) und durch akrale Gefäßspasmen sowie eine Kapillaropathie hervorgerufen wird, wird die Minderung des akralen Perfusionsdrucks bei der sekundären Form im Rahmen einer anderen Grunderkrankung verursacht ( 2 B-24.4). Bei der primären Form besteht eine überzufällige Koinzidenz mit der Migräne und der vasospastischen Angina pectoris (sog. PrinzmetalAngina).
2 B-24.4
Akrale Ischämiesyndrome
Ätiologie. Etwa 2 % der Erwachsenen leiden unter akralen Ischämiesyndro-
men, die sich in einen primären Morbus Raynaud und ein sekundäres Raynaud-Phänomen unterteilen lassen. Der primäre Morbus Raynaud ist ein Krankheitsbild sui generis, welches durch akrale Gefäßspasmen und eine Kapillaropathie mit Minderung des akralen Perfusionsdrucks bedingt ist. Dieses Perfusionsdefizit kann auch als sekundäres Raynaud-Phänomen im Rahmen anderer Grunderkrankungen, v.a. des TOS (Thoracic-outlet-Syndrom), der Sklerodermie, leukämischer Erkrankungen und durch Kälteagglutinine ausgelöst werden ( 2 B-24.4). Während der primäre Morbus Raynaud vor allem bei Frauen zwischen 20–40 Jahren (80 %) auftritt, die häufig zusätzlich unter einer Migräne oder einer vasospastischen koronaren, sog. Prinzmetal-Angina leiden, ist eine Geschlechts- oder Altersprädisposition bei der sekundären Form nicht vorhanden.
Anhaltspunkte und Ursachen für einen primären Morbus Raynaud oder ein sekundäres Raynaud-Phänomen
Anhaltspunkte für einen primären Morbus Raynaud
Mögliche Grunderkrankungen bei sekundärem Raynaud-Phänomen Beispiele
N anfallsartige akrale Gefäßspasmen n ohne Grunderkrankung
N arterielle Verschlusskrankheit n
AVK, Thrombangitis obliterans, Gefäßtraumen
N weibliches Geschlecht, n Alter 20–40 Jahre (80 %)
N Kompressionssyndrome n
Thoracic-outlet-Syndrom, KarpaltunnelSyndrom, Sulcus-ulnaris-Syndrom
N symmetrischer beidseitiger Befall n mit Aussparung der Daumen
N neurologische Erkrankungen n
Multiple Sklerose, Poliomyelitis, HWSSyndrom, Neuritiden, spinale Tumoren
N ggf. Schwellung der Akren nach n Beendigung des Vasospasmus
N Kollagenosen n
Sklerodermie, Lupus erythematodes, Dermatomyositis
N keine trophischen Störungen an n den Akren
N hämatologische Erkrankungen n
Leukosen, Polyglobulie, Kälteagglutinine, Thrombozytose, Paraproteinämien
N oft Migräne oder vasospastische n Angina pectoris in der Anamnese
N Medikamente n
Ergotamin, b -Blocker, Sympathomimetika, Ovulationshemmer
N fehlende berufliche Exposition n
N berufsbedingte Traumen/ n Umweltgifte
Vibrationstraumen (Presslufthammer), Fehlbelastung (Gehstützen, Klavierspiel, Maschineschreiben), chronische Schwermetallvergiftung (Maler), PVC
Symptome. Das Raynaud-Phänomen äußert sich durch eine anfallsartige Ischämie der Finger und Hände (Füße/ Zehen) mit Taubheitsgefühl und schmerzhafter Fingersteifigkeit. Pathognomonisch ist die »Trikolore« mit einer initialen Leichenblässe, die über eine Zyanose in eine terminale Rötung übergeht. Bei der primären Form imponiert ein symmetrischer Befall unter Aussparung der Daumen. Begleitend werden Parästhesien und Schmerzen angegeben. Bei der sekundären Form treten im Rahmen der progredienten Grunderkrankung oft akrale Nekrosen auf.
Symptome. Das Raynaud-Phänomen äußert sich durch eine anfallsartige
Ischämie der Finger und Hände (Füße/Zehen) mit Taubheitsgefühl und schmerzhafter Fingersteifigkeit, die durch Kälte oder psychischen Stress ausgelöst wird. Pathognomonisch für eine Raynaud-Ischämie ist die sog. »Trikolore« mit einer initialen Leichenblässe, die über eine Zyanose in eine terminale Rötung übergeht. Bei der primären Form entwickelt sich die ausgeprägte, passagere Ischämie oft aus völligem Wohlbefinden, wobei die Daumen (Kleinfinger) oft ausgespart und beide Hände symmetrisch betroffen sind. Im »anfallsfreien« Intervall persistiert allenfalls eine diskrete akrale Minderdurchblutung. Bei der sekundären Form können sich durch Fortschreiten der Grunderkrankung akrale Nekrosen entwickeln.
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24.1.4 Chronische Verschlussprozesse der Extremitäten
Diagnose. Die Diagnostik soll das Raynaud-Phänomen sichern und ggf. ver-
Diagnose. Die Diagnostik soll das Raynaud-Phänomen sichern und ggf. verursachende Grunderkrankungen aufdecken. Der Kältetest kann das klinische Bild des Raynaud-Phänomens provozieren. Laborchemisch ergeben sich möglicherweise Anhaltspunkte für ein internistisches Grundleiden. In der Doppler-Sonographie lassen sich zentrale Gefäßstenosen erkennen. Die Angiographie erlaubt meist eine Differenzierung zwischen primärem und sekundärem Raynaud-Phänomen, ein peripher spastischer Gefäßbaum ohne Stenosen und Gefäßabbrüche spricht für einen primären Morbus Raynaud.
Differenzialdiagnose. Abzugrenzen sind Krankheitsbilder wie die Akro-
Differenzialdiagnose. Die folgenden Krankheitsbilder können vom RaynaudPhänomen zumeist klinisch differenziert werden: die Akrozyanose, das Burning-feet-Syndrom, die paroxysmale Fingerapoplexie (AchenbachSyndrom) und das Blue-toe-Syndrom.
Therapie. Die Therapie des primären Morbus Raynaud besteht in der Einnahme von Vasodilatanzien (Nitropräparate, a-Blocker). Chirurgisch kann
Therapie. Nach Einsatz gefäßdilatierender Medikamente besteht beim primären Morbus Raynaud die Möglichkeit der thorakalen Sympathektomie. Die Therapie des sekundären RaynaudPhänomens besteht in der Sanierung der Grunderkrankung und bei Progredienz in Grenzzonenamputationen.
ursachende Grunderkrankungen aufdecken. Im anfallsfreien Intervall kann das Raynaud-Phänomen durch einen Kältetest (10 Minuten im Wasserbad bei 12 ΩC) provoziert werden und das typische klinische Bild hervorrufen. Eine weitergehende Labordiagnostik (Blutbild, BSG, Autoantikörper, Kälteagglutinine) muss zum Ausschluss der sekundären Formen durchgeführt werden. Mittels Doppler-Sonographie kann der periphere Verschlussdruck bestimmt und somit eine zentrale Stenose ausgeschlossen werden. Bei einer Angiographie unter der Fragestellung eines Raynaud-Phänomens sollten Vasodilatanzien (Regitin) vorgespritzt werden ( Pharmakoangiographie), da das Kontrastmittel selber Gefäßspasmen auslösen kann. Die Angiographie erlaubt meist eine Differenzierung zwischen primärem und sekundärem Raynaud-Phänomen. Ein peripher spastischer Gefäßbaum ohne Stenosen und Gefäßabbrüche spricht für einen primären Morbus Raynaud. zyanose (sich bei Kälteexposition verstärkende Zyanose der Akren auf dem Boden kardiopulmonaler Erkrankungen), das Burning-feet-Syndrom (durch Wärme provoziertes Kribbeln und Parästhesien der Fußsohlen bei Polyneuropathie), die paroxysmale Fingerapoplexie (sog. Achenbach-Syndrom: spontan oder nach Anstrengung vor allem bei Frauen auf der Volarseite eines Langfingers auftretendes, sehr schmerzhaftes Hämatom) und das Blue-toe-Syndrom (akrale Ischämie bei Mikroembolien).
bei Beschwerdepersistenz eine thorakale Sympathektomie durchgeführt werden, die eine längerfristige Gefäßweitstellung bedingt. Beim sekundären Raynaud-Phänomen steht die Behandlung der Grundkrankheiten im Vordergrund. Bei Progredienz des Grundleidens sind oft Grenzzonenamputationen notwendig.
24.1.4
Chronische Verschlussprozesse der Extremitäten
n Merke. Die untere Extremität ist mit 80 % der weitaus häufigste Manifestationsort der chronischen AVK.
Ätiologie und Pathogenese. Die physiologische Alterung der Arterien führt
zu einem Elastizitätsverlust ohne Lumeneinengung. Demgegenüber führen pathologische Prozesse an der Gefäßwand zu Stenosierungen und Gefäßverschlüssen ( 2 B-24.5). Hauptursache ist in 90–95 % die Arteriosklerose (m : w = 4 : 1), die durch endogene (z.B. Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie/-cholesterinämie, Hypertonie) und exogene Faktoren (Nikotin) hervorgerufen wird ( 2 B-24.5).
2 B-24.5
24.1.4
Chronische Verschlussprozesse der Extremitäten
Merke
Ätiologie und Pathogenese. Pathologische Veränderungen an der Gefäßwand bedingen Stenosen und Gefäßverschlüsse ( 2 B-24.5). Hauptursache der AVK ist die Arteriosklerose (90–95 %), die durch endogene Faktoren wie Diabetes mellitus,
Risikofaktoren der Arteriosklerose
N unbeeinflussbare n Risikofaktoren
fortgeschrittenes Alter, männliches Geschlecht, familiäre Vorbelastung (familiäre Hypercholesterinämie, Hyperlipidämie oder Dys-b -Lipoproteinämie)
N reversible n Risikofaktoren
Nikotinabusus, Hypertonus, Adipositas
N bedingt n beeinflussbare Risikofaktoren
Hyperlipidämie, Hyperglykämie bei Diabetes mellitus, niedrige HDL-Spiegel, Hypothyreose, systemischer Lupus erythematodes, chronische Niereninsuffizienz, Homozystinurie, chronische Vitamin-D-Intoxikation
N zusätzliche prän disponierende Faktoren
körperliche Inaktivität, Art der Stressbewältigung
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894 Hyperlipidämie und Hypertonie sowie den exogenen Faktor Nikotin ausgelöst wird ( 2 B-24.5). Männer überwiegen um den Faktor 4.
Die Makroangiopathie manifestiert sich vor allem an Leitungsgefäßen, rechtwinkligen Gefäßabgängen und dichotomen Gefäßaufzweigungen. Beim Diabetes mellitus laufen die arteriosklerotischen Veränderungen durch Einlagerung pathologischer Stoffwechselprodukte in die Gefäßwand und eine Verdickung der Endothelbasalmembran beschleunigt ab. Die diabetische Mikroangiopathie mit vorzeitigem Verschluss kleiner arterieller Gefäße (Zehennekrose bei palpablen Fußpulsen) entsteht verstärkt auf dem Boden der peripheren diabetischen Polyneuropathie. Periphere polyneuropathische Sensibilitätsstörungen in Kombination mit der diabetischen Mikroangiopathie erklären die häufig auftretenden schmerzlosen Fußulzera.
Merke
Weitere Ursachen ( < 10 %) der AVK bilden die: π Endangiitis obliterans (Morbus Winiwarter-Buerger): chronisch rezidivierende, thrombosierende segmentale Entzündung der Beinarterien v.a. bei stark rauchenden jungen Männern. Begleitend tritt eine Phlebitis migrans auf. π Fibromuskuläre Dysplasie (perlschnurartige, segmentale Stenosen im Bereich der Iliakalgefäße junger Frauen). π Mönckeberg-Mediasklerose (steinharte, gänsegurgelähnliche Mediaverkalkungen der Unterschenkelund Fußgefäße männlicher Diabetiker und Urämiker). π Zystische Adventitiadegeneration (streng unilaterale Einengung der A. poplitea mittelalter Männer) π Immunarteriopathien: z.B. Wegener-Granulomatose, TakayasuSyndrom, Arteriitis temporalis Horton, Panarteriitis nodosa, KawasakiSyndrom oder begleitend bei Kollagenosen.
24 Gefäßchirurgie Pathogenetisch kommt es zu einer Oberflächenschädigung des Intimaendothels (mechanisch: z.B. Hypertonus, chemisch: z.B. Hyperlipidämie) und zur Gefäßwandverdickung durch Einlagerung von Cholesterinkristallen und subendotheliale Einwanderung von Makrophagen und glatten Muskelzellen (aus der Media). An ulzerösen Endothelläsionen bilden sich Thrombozytenaggregate. Die dort entstehenden Plaques und Thromben führen, wie die Gefäßwandverdickung zu einer progredienten Lumeneinengung. Im weiteren Verlauf entwickeln sich im geschädigten Bereich Verkalkungen der Gefäßwände. Prädilektionsorte dieser arteriosklerotischen Makroangiopathie sind große Leitungsgefäße (Aorta, A. femoralis superficialis), rechtwinklige Gefäßabgänge (Mesenterialgefäße, A. renalis, A. cerebri media) und dichotome Gefäßaufzweigungen (Karotisgabel, Femoralisaufzweigung). Makroangiopathische Gefäßveränderungen entstehen beim Diabetes mellitus beschleunigt, u.a. durch vermehrte Einlagerung nicht enzymatisch glykolysierter Proteine (vor allem Kollagen und Lipoproteine) in die Gefäßwand, Anhäufung gefäßwandtoxischer Stoffwechselprodukte (Sorbitol), Verdickung der Basalmembran, weil Insulin eine wachstumsfördernde Wirkung auf glatte Muskelzellen der Gefäßwand entfaltet. Die damit verbundene Gefäßwandstarre und Lumeneinengung verstärkt den Hypertonus. Zusätzlich entwickelt sich verstärkt eine diabetische Mikroangiopathie (Durchblutungsstörung der kleinen Gefäße), die neben den o.g. Pathomechanismen primär durch die diabetische Polyneuropathie verursacht wird, welche u.a. eine Innervationsstörung der Gefäße mit konsekutiver Durchblutungsstörung hervorruft. Die Kombination der peripheren polyneuropathischen Sensibilitätsstörung mit der diabetischen Mikroangiopathie erklärt die bei dieser Erkrankung häufig auftretenden, schmerzlosen Fußulzera, welche vom Patienten häufig erst im infizierten Stadium (z.B. Gangrän einer Zehe nach Pediküre) bemerkt werden. n Merke. Bei der arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) sind meist mehrere Gefäßetagen (z.B. Becken- und Oberschenkeletage) und mehrere Organsysteme (z.B. periphere AVK und koronare Herzkrankheit/ KHK) betroffen.
Weitere Ursachen (< 10 %) der chronischen AVK sind: π Endangiitis (Thrombangiitis) obliterans (Morbus Winiwarter-Buerger) Sie ist eine chronisch rezidivierende, segmentale Entzündung kleiner und mittelgroßer muskulärer Arterien im Bereich der unteren Extremität (80 %), die multilokulär auftritt, mit Thrombosierungen oberflächlicher Venen einhergeht (Phlebitis migrans) und hauptsächlich starke Raucher unter 40 Jahren (m : w = 9 : 1) befällt. π Fibromuskuläre Dysplasie: Sie tritt vor allem bei Frauen jüngeren bis mittleren Alters auf. Sie ist gekennzeichnet durch angiographisch nachweisbare segmentale, perlschnurartige, kurzstreckige Lumeneinengungen, die fast ausschließlich im Bereich der Beckenstrombahn lokalisiert sind. π Mönckeberg-Mediasklerose: Sie wird vor allem bei Diabetikern und Urämikern beobachtet (m : w = 3 : 1). Sie ist durch steinharte, spangenförmige Mediaverkalkungen (Gänsegurgel) hauptsächlich der Unterschenkelund Fußarterien unter Beteiligung ihrer Nebenäste charakterisiert. π Zystische Adventitiadegeneration: Sie befällt streng einseitig Männer mittleren Alters (m : w = 8 : 1) und führt zu Stenosierungen gelenknaher Gefäße (vor allem A. poplitea). π Immunarteriopathien: Sie können selbst (Panarteriitis nodosa, WegenerKlinger-Granulomatose, Takayasu-Syndrom, Arteriitis temporalis Horton, Kawasaki-Syndrom) oder im Rahmen anderer Grunderkrankungen (Sklerodermie, Dermatomyositis) zu Arterienverschlüssen führen.
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895
24.1.4 Chronische Verschlussprozesse der Extremitäten
Klinik. Die Klinik der pAVK ist abhängig vom Kompensationsgrad (Leistungsfähigkeit der Kollateralen) und der Lokalisation der Verschlussprozesse ( 1 B-24.13).
1 B-24.13
Klinik. Die Symptomatik der pAVK wird bestimmt durch die Verschlusslokalisation und den Kompensationsgrad ( 1 B-24.13).
Synopsis Stadieneinteilung der chronisch peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK)
Lokalisationstyp
Schweregrad nach Ratschow-Fontaine Stadium
Beckentyp
I
Stenosen ohne klinische Symptomatik
II a
schmerzfreie Gehstrecke > 200 m, Belastungsdekompensation bedingt Claudicatio-intermittens-Symptomatik (»Schaufensterkrankheit«)
II b
Claudicatio intermittens mit schmerzfreier Gehstrecke von < 200 m
III
Ruhedekompensation bedingt Ruheschmerzen, der Patient lässt daher das Bein nachts oft aus dem Bett hängen (verbessert die Durchblutung, verursacht Unterschenkelödem)
IV a
Ruhedurchblutung nicht mehr ausreichend, es entstehen trockene Nekrosen (Mumifikation)
IV b
bei bakterieller Infektion entsteht eine feuchte Gangrän
Oberschenkeltyp
Unterschenkeltyp
akraler Typ
Beschwerdebild
Frühsymptome (Stadium I nach Fontaine) der pAVK sind unspezifisch. Sie können sich in Enge-, Kälte- oder Schwächegefühlen in den Beinen äußern. Mit zunehmender Lumeneinengung (> 70 %) entsteht eine reproduzierbare Symptomatik, wobei die Beschwerden distal des Verschlussprozesses empfunden werden. Das Ausmaß der Durchblutungsstörung zeigt sich in der Latenzzeit bis zum Auftreten der Claudicatio intermittens (»Schaufensterkrankheit«) (Stadium II a u. II b nach Fontaine). Die beschwerdefreie Gehstrecke ist beeinflussbar durch die Gehgeschwindigkeit, die Belastung (Einkaufstasche), das Schuhwerk (Bergschuhe) und den Untergrund (lockerer Sand). In manchen Fällen wird nach initialen Ischämiebeschwerden eine Rückbildung der Symptomatik angegeben. Dieses sog. »walking through« erklärt sich durch die lokale Anhäufung saurer Metaboliten, die zu einer Gefäßdilatation führen. Bei einer pAVK vom Beckentyp bestehen neben ischialgiformen Beschwerden häufig Erektionsstörungen, insbesondere wenn ein beidseitiger Befall der Iliakalgefäße (chronisches Lériche-Syndrom) oder ein Diabetes mellitus (Mikroangiopathie und Polyneuropathie) vorliegt. Erreichen Gefäßstenosen > 90 %, ist peripher davon kein Puls mehr tastbar. Bei der pAVK vom Stadium III nach Fontaine besteht Ruheschmerz, betont an den Füßen/Zehen. Das häufig begleitende Unterschenkel-/Fußödem ist dadurch bedingt, dass die Patienten ihr Bein nachts aus dem Bett hängen lassen, um somit die Durchblutung zu verbessern und die Beschwerden zu mildern (Symptome einer venösen Abflussstörung sind unter Hochlagerung rückläufig). Trophische Störungen an den Akren sind erhöht infektgefährdet. Reicht die Ruhedurchblutung nicht mehr aus, entstehen trockene Nekrosen (Mumifikation) an Zehen und Ferse (Stadium IVa nach Fontaine). Ein bakterieller Infekt der Nekrosen führt zur feuchten Gangrän (Stadium IV b) oder Phlegmone, die Ausgangspunkt für eine Sepsis sein kann. Im Gegensatz zu den akralen Ulzera bei pAVK sind venöse Stauungsulzera vor allem oberhalb des Innenknöchels lokalisiert. Bei Diabetikern ist das kombinierte Auftreten der AVK-Stadien II und IV (Makro- und Mikroangiopathie) gehäuft zu beobachten (s. 1 B-24.13).
Diagnose. Die Diagnose der Lokalisation und des Schweregrades der AVK
ist nach Anamneseerhebung und klinischer Untersuchung (Inspektion, Palpation, Auskultation, Gehtest) eindeutig zu stellen. Die Doppler-Sonogra-
Beschwerden in Stadium I nach Fontaine sind unspezifisch (Schweregefühl, Kälteempfinden, Schwäche). Im Stadium II entwickelt sich in Abhängigkeit der Verschlussprozesse, Gehgeschwindigkeit und Belastung die typische Claudicatio intermittens (»Schaufensterkrankheit«). Nach kurzer Gehstrecke können initial auftretende Ischämiebeschwerden wieder abklingen, da saure Metaboliten eine lokale Gefäßerweiterung bewirken (sog. »walking through«).
Eine pAVK vom Beckentyp geht, insbesondere beim chronischen Lériche-Syndrom und bei Diabetikern häufig mit Erektionsstörungen einher. Das Stadium III nach Fontaine ist durch akral betonte Ruheschmerzen gekennzeichnet. Oft besteht ein Begleitödem des Fußes/Unterschenkels, da die Patienten ihr Bein nachts aus dem Bett hängen lassen. Im Stadium IV a ist die völlige Dekompensation der Durchblutung erreicht. Es bilden sich Mumifikationen an Zehen und Ferse. Durch Infekte dieser Nekrosen entsteht die Gangrän (Stadium IV b), ein potenzieller Sepsisherd (s. 1 B-24.13).
Diagnose. Die Lokalisations(Verschlusstyp) und Kompensationsdiagnose (Schweregrad) kann durch
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896 die klinische Untersuchung eindeutig festgelegt werden. Dopplersonographisch lässt sich der Befund dokumentieren. Bei Interventionsnotwendigkeit nach Ausschöpfen konservativer Behandlungsmaßnahmen sind die Möglichkeiten einer operativen Therapie anhand einer Angiographie zu prüfen.
24 Gefäßchirurgie phie gibt Aufschluss über den peripheren Verschlussdruck (Differenzierung Makro-/Mikroangiopathie). In Abhängigkeit der klinischen Diagnostik wird die Indikation zur Therapie gestellt. Sind konservative Behandlungskonzepte ausgeschöpft oder unzureichend, muss die Indikation zur interventionellen/operativen Therapie gestellt werden. Die technischen Möglichkeiten und die potenziellen Erfolgsaussichten einer Intervention müssen, wie die Wahl des Behandlungsverfahrens (Sympathikolyse, PTA/Stenteinlage, Op) anhand der zuvor anzufertigenden Angiographie/DSA überprüft werden.
Klinischer Fall Bei einem 53-jährigen Patienten war wegen einer ausgeprägten Arteriosklerose mit hochgradigen Stenosen im Bereich der Beckenstrombahn beidseits 6 Jahre zuvor eine aorto-bifemorale Y-Prothese implantiert worden. Postoperativ hatte sich eine schmerzfreie Gehstrecke von über 500 Metern ergeben. Innerhalb des letzten halben Jahres war es nun zu einer deutlichen Verschlechterung der schmerzfreien Gehstrecke auf zuletzt ca. 100 Meter gekommen. Bei der klinischen Untersuchung sind beidseits keine Leistenpulse palpabel. Die Angiographie zeigt einen kompletten Verschluss der Beckenstrom-
1 B-24.14
bahn beidseits mit ausgeprägtem Umgehungskreislauf ( 1 B-24.14 a). Nach stationärer Aufnahme wird der Patient operiert und eine Thrombendarteriektomie der verschlossenen Y-Prothesenschenkel durchgeführt. Zusätzlich wird ein femoro-poplitealer Bypass rechts angelegt. Die postoperative Kontrollangiographie ( 1 B-24.14 b) dokumentiert offene Y-Prothesenschenkel beidseits mit regelrechter Gefäßversorgung im Bereich des linken Oberschenkels und regelrechtem oberen Abschnitt des femoro-poplitealen Bypass rechts.
pAVK vom Beckentyp
a Kompletter Verschluss der Becken- b Postoperativ offene Y-Prothesenschenkel. strombahn beidseits mit ausgeprägtem Umgehungskreislauf in der Angiographie. Differenzialdiagnose. Symptome einer pAVK können auch bei Kompressionssyndromen (Entrapment der A. poplitea, Adduktoren-outlet-Syndrom) auftreten oder eine nicht vaskuläre Genese (z.B. Lumbago) haben.
Ergibt sich klinisch kein Anhalt für eine pAVK oder ein Kompressionssyndrom, sollte bei Extremitätenbeschwerden auch an Erkrankungen auf orthopädischem (Gelenke, Wirbelsäule, Muskulatur) oder neurologischem Fachgebiet (Neuritis, Wurzelsyndrome) gedacht werden ( 1 B-24.15).
Differenzialdiagnose. Symptome einer pAVK können auch bei Kompressi-
onssyndromen auftreten oder eine nicht vaskuläre Genese (z.B. Lumbago) haben. Kompressionssyndrome: Häufige Ursache einer Claudicatio-Symptomatik bei jungen Patienten ist die Einengung der A. poplitea von außen (Entrapment) durch eine Fehlinsertion des M. gastrocnemius oder eine Lagevariante der Arterie (in ca. 25 % beidseitig). Pathognomonisch ist das Verschwinden normaler Fußpulse beim Anspannen der Wadenmuskulatur. Oft entsteht ein poststenotisches Poplitealaneurysma. Bei klinischem Verdacht erfolgt die Diagnosesicherung angiographisch ggf. in Provokationshaltung (Zehenspitzenstand). Nach extremer sportlicher Belastung kann ein sog. Adduktorenoutlet-Syndrom auftreten, bei dem ein Intimaeinriss der A. femoralis superficialis an der Durchtrittsstelle aus dem Adduktorenkanal eine lokale arterielle Thrombose verursacht. Ergibt sich klinisch kein Anhalt für eine pAVK oder ein Kompressionssyndrom, sollte bei Extremitätenbeschwerden auch an Erkrankungen auf orthopädischem (Gelenke, Wirbelsäule, Muskulatur) oder neurologischem Fachgebiet (Neuritis, Wurzelsyndrome) gedacht werden ( 1 B-24.15).
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24.1.4 Chronische Verschlussprozesse der Extremitäten
1 B-24.15
897
Synopsis Häufige Differenzialdiagnosen bei chronischen arteriellen Verschlussprozessen
Verschlusslokalisation
A. subclavia
Aorta, A. iliaca communis
A. femoralis
Lokalisation des Belastungsschmerzes
mögliche Differenzialdiagnose
»Periarthritis humeroscapularis« HWS-Syndrom Schulter-Arm-Syndrom Thoracic-outletSyndrom Thoracic-inlet-Syndrom
Koxarthritis, -arthrose LWS-Syndrom
Neuritis LWS-Syndrom Ischialgie Myositis
A. poplitea
Gonarthrose Entrapment A. poplitea Adduktoren-outletSyndrom Phlebothrombose
distal der A. poplitea
Phlebothrombose
Therapie. Nach Ausschöpfen aller erfolgversprechenden konservativen (Nikotinkarenz, vasoaktive Substanzen, rheologische Maßnahmen, Gewichtsreduktion, Gehtraining, Antikoagulanzien) und interventionellen (PTA, Stent) Behandlungskonzepte wird die Op-Indikation anhand des klinischen Stadiums (Kompensationsgrad), der psychosozialen Situation (Alter, Beruf) und der Angiographie (Zustrom- und Abflussverhältnisse) unter Berücksichtigung stattgehabter Voroperationen und der allgemeinen Operabilität (Begleiterkrankungen, lokale Infekte) gestellt ( 1 B-24.16).
Therapie. Die Wahl der Therapie (konservativ, interventionell, operativ) richtet sich nach dem Kompensationsgrad und der Lokalisationsdiagnose der pAVK unter Berücksichtigung der psychosozialen Situation, der Begleiterkrankungen und der allgemeinen Risikofaktoren ( 1 B-24.16).
Nachbehandlung. Alle Patienten mit Bypässen der unteren Extremität werden früh-postoperativ vollheparinisiert. Ob über die Hospitalphase hinaus eine Antikoagulation (Marcumar) oder ein Aggregationshemmer (Aspirin) indiziert ist, muss im Einzelfall anhand der Gefäßsituation, des Prothesenmaterials, der Anastomosenhöhe und der Kooperationsfähigkeit des Patienten entschieden werden.
Nachbehandlung. Sie besteht in einer früh-postoperativen Vollheparinisierung und einer fakultativen Antikoagulation (ASS, Marcumar) in der Posthospitalphase.
Klinischer Fall Ein 48-jähriger Patient stellt sich mit einem kalten rechten Unterschenkel und ausgeprägtem Ruheschmerz vor. Bei kräftigem Leistenpuls rechts ist der Puls der A. poplitea nicht zu tasten. Die anschließend durchgeführte Angiographie ( 1 B-24.17 a) dokumentiert einen kompletten Verschluss der A. poplitea ohne anschlussfähige periphere Gefäße. Es wird die Indikation zur Lysethera-
pie mit Streptokinase gestellt. Diese wird in Form einer Katheterlyse durchgeführt. Bei deutlicher klinischer Besserung erfolgt eine Kontrollangiographie 72 Stunden nach Beginn der Lyse. Sie zeigt ein völlig freies Unterschenkelstromgebiet rechts mit Abbildung der A. tibialis anterior, A. tibialis posterior und A. fibularis sowie eine kräftige Darstellung der Fußgefäße ( 1 B-24.17 b, c).
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898 1 B-24.16
24 Gefäßchirurgie
Synopsis Stadiengerechte operativ-interventionelle Therapiekonzepte bei der pAVK
Stadium II
Die Therapie ist abhängig von der Verschlusslokalisation, der Gehstrecke (IIa, IIb) und sozialen Faktoren (z.B. Beruf). Nikotinkarenz, Gewichtsreduktion und Gehtraining sind grundsätzlich indiziert. z.B. infrarenaler Aortenverschluss oder biiliakaler Verschluss:
pAVK vom Beckentyp
a Aorto-bifemorale, aorto-biiliakale Y-Prothese.
b Fehler: c Fehler: zu langer aortaler zu tiefe aortale Prothesenschenkel. Prothesenimplantation.
z.B. einseitiger Verschluss der Beckenstrombahn:
Patcherweiterungsplastik
FogartyKatheter
Ringstripper (retrograde TEA) a, b Halboffene oder offene Iliaka-TEA, ggf. mit Patchplastik (bei geringer Verkalkung).
c Aorto-femoraler Bypass (bei starker Verkalkung).
d Extraanatomischer suprapubischer iliakofemoraler Bypass.
z.B. kurzstreckige, nicht verkalkte distale Aortenstenose: PTA in der »Kissing-ballon«-Technik z.B. kurzstreckige Iliakalstenose: PTA (Dotterung) und Stenteinlage
pAVK vom Oberschenkeltyp
z.B. Verschluss der A. femoralis superficialis (AFS): A. femoralis communis
supragenualer und infragenualer femoro-poplitealer Sequenzial-Bypass (Goretex auf die supragenuale A. poplitea und Vene auf die Trifurkation)
TEA der AFP AFS AFP a
b
Goretex Patchplastik der AFP
c
supragenualer und infragenualer CompositeBypass
infragenualer femoropoplitealer Venenbypass
d
e
f
a–c Offene TEA der A. profunda femoris (AFP) mit Patchplastik, ggf. zusätzlich Sympathikolyse (bei kurzstreckiger Stenose), femoro-poplitealer Bypass (bei langstreckigem Verschluss) d–f pAVK vom Unterschenkeltyp
Femoro-kruraler Venenbypass mit Sympathikolyse, ggf. als In-situ-Venenbypass.
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899
24.1.4 Chronische Verschlussprozesse der Extremitäten
1 B-24.16
Synopsis Fortsetzung
Stadium III
Absolute Op-Indikation, Technik wie in Stadium II.
Stadium IV
Absolute Op-Indikation, Amputation der nekrotisch/gangränösen Extremitätenabschnitte, bei Möglichkeiten der Gefäßbahnrekonstruktion Technik wie in Stadium II.
Kombinierte Bypassverfahren: Alle o.g. Operationsmethoden können miteinander kombiniert werden, z.B. Y-Prothese und femoro-poplitealer Bypass bei pAVK vom Becken- und Oberschenkeltyp.
Extraanatomische Bypassverfahren:
iliakofemoraler Bypass
a, b Obturatorbypässe zur Umgehung der Leistenregion.
1 B-24.17
aortofemoraler Bypass durch das Foramen obturatum
subklavio-axillobifemoraler Bypass beidseits auf die A. femoralis profunda
c Subklavio-bifemoraler Bypass z.B. nach Ausbau einer infizierten Y-Prothese.
Kompletter Verschluss der A. poplitea rechts
c
a Angiographischer Befund vor Lysetherapie.
b
Nach Lysetherapie völlig freies Unterschenkelstromgebiet rechts (b) mit Darstellung der Fußgefäße (c).
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900 24.1.5
24 Gefäßchirurgie Neurovaskuläre Kompressionssyndrome, Thoracic-outlet-Syndrom (TOS)
Neurovaskuläre Kompressionssyndrome, Thoracic-outlet-Syndrom (TOS)
n Definition. Das Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) fasst einen Symptomenkomplex zusammen, der durch permanente oder intermittierende Kompression des zum Arm ziehenden Gefäßnervenbündels im Bereich der Skalenuslücke, des Kostoklavikularspalts oder des Korakopektoralraums entsteht.
Definition
Pathogenese. Durch Kompression des zum Arm ziehenden Gefäßnervenbündels können Nerven- (sensomotorische Ausfälle) und Gefäßschäden (Stenose, Aneurysma, Embolie, Thrombose) verursacht werden ( 1 B-24.18).
1 B-24.18
24.1.5
Pathogenese. Im Bereich der oberen Thoraxapertur muss das den Arm versorgende Gefäßnervenbündel 3 anatomisch präformierte Engstellen, die Skalenuslücke, den Kostoklavikularraum und den Kostopektoralraum passieren. Durch pathologische, angeborene oder erworbene Veränderungen kann ein Symptomenkomplex hervorgerufen werden, der als Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) zusammengefasst wird ( 1 B-24.18). Durch permanente oder intermittierende Kompression können Nervenschäden bis zum Armplexusausfall mit konsekutiven sensomotorischen Störungen und Gefäßkomplikationen im Sinne einer poststenotischen Aneurysmabildung mit peripheren Embolien, einer lokalen arteriellen Thrombose oder einer venösen Thrombose auftreten.
Synopsis Klinisch-anatomische Einteilung des Thoracic-outlet-Syndroms (TOS)
Anatomie der Engstellen
Ort der Kompression
Bezeichnung des Krankheitsbildes
Skalenuslücke A. subclavia Plexus brachialis Processus coracoideus
M. scalenus medius
• Halsrippensyndrom •Syndrom der 1. Rippe • Skalenussyndrom
Kostoklavikularspalt
• Kostoklavikularsyndrom •Hyperabduktionssyndrom
Korakopektoralraum
•Korakopektoralsyndrom
M. scalenus anterior Klavikula
M. pectoralis minor
Kostoklavikularspalt
Korakopektoralraum
V. subclavia
Symptome. Die zunächst nur intermittierend bei Dorsalflexion oder Hyperabduktion hauptsächlich bei körperlich trainierten, jüngeren Patienten (20–50 Jahre) auftretenden Symptome gehen später, als Ausdruck von Gefäß- und Nervenkomplikationen, in Dauerbeschwerden über. Folgende Symptome werden im zeitlichen Ablauf angegeben: Schmerzen treten initial im Bereich der Schulter und supraklavikulär auf. Es folgen Parästhesien, die bei fortschreitender Nervenschädigung in Paresen übergehen. Typisch sind vasomotorische Störungen (Raynaud-Phänomen). Bei Subklaviaaneurysmen entstehen arterielle Mikroembolien. Bei arteriellem Verschluss liegt eine permanente Minderdurchblutung vor.
Skalenuslücke
Symptome. Das TOS manifestiert sich zwischen dem 20.–50. Lebensjahr (m : w = 2 : 1). Bestimmte Berufsgruppen, die die Schulter-Arm-Region besonders belasten (Gewichtheber, Automechaniker, Anstreicher) sind vorzugsweise betroffen. Nach zunächst intermittierender Symptomatik, hauptsächlich bei Dorsalflexion der Schulter und dem Tragen schwerer Gewichte, sind permanente Beschwerden Ausdruck des fortgeschrittenen Leidens mit strukturellen Schäden an Nerven oder Gefäßen. Folgende Symptome sind im zeitlichen Ablauf zu beobachten: Schmerzen treten initial im Bereich der Schulter und supraklavikulär auf. Sie können nach präkordial (Pseudoangina) und in die Hinterkopf-/Nackenregion (okzipitaler Kopfschmerz) ausstrahlen. Es folgen Parästhesien, welche sich im Bereich der gesamten oberen Extremität, besonders im Versorgungsbereich des N. ulnaris manifestieren können. Bei fortschreitender Nerven- oder Plexusschädigung werden Paresen beklagt. Vasomotorische Störungen (Raynaud-Phänomen) werden typischerweise angegeben. Arterielle Mikroembolien sind oft wegweisend und Ausdruck des bereits entstandenen Subklaviaaneurysmas. Eine permanente Minderdurchblutung des Arms spricht für einen arteriellen Verschluss. Venöse Abflussstörungen können durch eine Einengung der V. subclavia (Thoracic-inlet-Syndrom) oder eine V.-subclavia-Thrombose (Paget-vonSchroetter-Syndrom) bedingt sein.
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901
24.1.6 Chronische Verschlussprozesse der supraaortalen Gefäße
Diagnose. Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Anamnese, Symptomatik, klinischen Untersuchung und aus Provokationstests (Faustschlussprobe und Adson-Test: der Patient retroflektiert den Kopf zur erkrankten Seite bei gleichzeitiger Inspiration), wobei diese oft auch beim Gesunden positiv sein können. Komplettiert wird die Diagnostik durch eine Thoraxaufnahme (Halsrippe?), Rö-HWS in 4 Ebenen, Messung der N.-ulnaris-Leitgeschwindigkeit und eine dynamische Armangio-/Phlebographie unter Elevationshaltung beider Arme ( 1 B-24.19).
1 B-24.19
Diagnose. Die typische klinische Symptomatik führt zur Verdachtsdiagnose TOS. Die Diagnosesicherung gelingt durch den Adson-Test, Röntgen-Thorax und -HWS, N.-ulnaris-Leitgeschwindigkeit und eine dynamische Armangiographie ( 1 B-24.19).
DSA bei A.-subclavia-Stenose 1
2
3
DSA der supraaortalen Äste mit hochgradiger abgangsnaher Stenose der linken A. subclavia. 1 A. carotis communis links 2 A. carotis communis rechts 3 A. subclavia rechts 4 Stenose der A. subclavia links 5 Aortenbogen
4
5
Differenzialdiagnose. Häufigere Erkrankungen, die teilweise Symptombestandteile des TOS entwickeln, sind u.a. das Schulter-Arm-Syndrom, degenerative HWS-Schäden und Insertionstendopathien auf orthopädischem, sowie primäre Erkrankungen des ZNS (z.B. Multiple Sklerose) oder periphere Nervenschädigungen (z.B. Karpaltunnelsyndrom) auf neurologischem Fachgebiet.
Differenzialdiagnose. Das SchulterArm-Syndrom, degenerative HWS-Schäden und Insertionstendopathien machen ähnliche Beschwerden wie das TOS.
Therapie. Bei ausgeprägter vaskulärer oder neurologischer Symptomatik ist die Resektion der 1. Rippe oder Halsrippe und ggf. die Durchtrennung des M. scalenus anterior oder die Abtrennung des M. pectoralis minor vom Processus coracoideus zur Erweiterung der Engen indiziert. Ein symptomatisches Subklaviaaneurysma wird reseziert und mit einem Interponat überbrückt. Zur Besserung eines Raynaud-Phänomens kann eine thorakale Sympathektomie durchgeführt werden.
24.1.6
Chronische Verschlussprozesse der supraaortalen Gefäße
Die Hirndurchblutung wird in einem weiten Bereich durch eine, im Wesentlichen durch den lokalen CO2-Partialdruck (PCO2) gesteuerte Autoregulation konstant gehalten (Bayliss-Effekt). Bei einer Perfusionsminderung auf 50 % treten Funktionsstoffwechselstörungen der Ganglienzellen auf, die ab 20 % in einen irreversiblen Strukturuntergang übergehen. In Deutschland erleiden ca. 250 000 Patienten pro Jahr einen ischämischen Apoplex. 1⁄3 dieser Erkrankungen ist durch Gefäßveränderungen im Bereich der supraaortalen, extrakraniellen Arterien bedingt, deren Gefäßabschnitte in unter-
Therapie. Es erfolgt die Resektion der 1. Rippe oder Halsrippe, ggf. die Durchtrennung des M. scalenus anterior oder des M. pectoralis minor.
24.1.6
Chronische Verschlussprozesse der supraaortalen Gefäße
Die Hirndurchblutung unterliegt einer Autoregulation, die im Wesentlichen durch den lokalen PCO 2 gesteuert wird. Unterschreitet sie ein Minimum von 50 %, kommt es zu Ganglienzelldefekten, die mit Symptomen der zerebrovaskulären oder vertebrobasilären Insuffizienz einhergehen.
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902 Bei ca. 60 000 Patienten in Deutschland könnten die hierfür verantwortlichen, chronischen Veränderungen der extrakraniellen, supraaortalen Gefäße ( 1 B-24.20) operativ saniert werden.
24 Gefäßchirurgie schiedlicher Häufigkeit betroffen sind ( 1 B-24.20). Etwa 75 % dieser Gefäßveränderungen (ca. 60 000 Patienten) sind einer operativen Therapie zugänglich. Je nach befallenem Hirnstromgebiet treten Störungen im zerebrovaskulären (A. carotis) oder im vertebrobasilären Bereich auf.
1 B-24.20
Synopsis Prozentuale und anatomische Verteilung arterieller Verschlussprozesse an den extrakraniellen supraaortalen Gefäßen
A. basilaris A. carotis externa (2–3%) A. carotis interna (50–55%) A. carotis communis (± 3%) A. vertebralis (± 10%) A. subclavia (± 15%)
Truncus brachiocephalicus (1,5%)
Zerebrovaskuläre Insuffizienz
Zerebrovaskuläre Insuffizienz
Ätiologie. Die zerebrovaskuläre Insuffizienz ist vor allem durch arteriosklerotische Gefäßveränderungen in Form von Stenosen (70 %) oder ulzerierende Plaques (30 %) an der Karotisgabel bedingt. Seltenere Ursachen sind Aneurysmen, eine fibromuskuläre Dysplasie oder Knickbildungen (Kinking, Coiling) der A. carotis interna ( 1 B-24.21).
Ätiologie. Arteriosklerotische Veränderungen der supraaortalen Gefäße manifestieren sich bevorzugt in Form von Stenosen (70 %) oder Mikroembolien verursachender atheromatöser Plaques (30 %) im Bereich der Karotisgabel. Stenosen sind vor allem bei Blutdruckschwankungen und beidseitigem Befall Ursache zerebraler Durchblutungsstörungen im Bereich der Großhirnhemisphären (außer Temporookzipitalrinde = vertebrobasiläres Versorgungsgebiet). Seltener werden Durchblutungsstörungen der Hemisphären durch Aneurysmen, eine fibromuskuläre Dysplasie oder Knickbildungen (Kinking, Coiling) der A. carotis interna ausgelöst ( 1 B-24.21).
Symptome. Klinik der Karotisstenose: π homolaterale Sehstörungen π kontralaterale Paresen π Aphasien. Es gibt 4 Stadien der Ischämie ( 1 B-24.21). Prodromi wie Amaurosis fugax sind häufig (ca. 50 %). 1 ⁄ 3 der Patienten mit KHK oder pAVK weisen auch Veränderungen an der Karotis auf.
Symptome. Die Klinik der Karotisstenose äußert sich in unterschiedlich ausgeprägten homolateralen Sehstörungen (Mikroembolien der Netzhaut) und/oder kontralateralen Halbseitensymptomen wie Mono-/Hemiparesen, sowie motorischen oder sensorischen Aphasien. Es werden 4 Schweregrade unterschieden ( 1 B-24.21). Etwa die Hälfte der Patienten mit Apoplex weisen Prodromi (z.B. flüchtige Erblindung = Amaurosis fugax) auf. Kommt es bei einer zuvor asymptomatischen Karotisstenose zu einem Verschluss, muss in 20 % mit einem Apoplex und in 30 % mit einer TIA gerechnet werden. Bei Patienten mit KHK oder pAVK lässt sich in 20–30 % eine mindestens 50 %ige Karotisstenose nachweisen.
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903
24.1.6 Chronische Verschlussprozesse der supraaortalen Gefäße
1 B-24.21
Synopsis Anatomie, klinische Stadieneinteilung und operative Therapie der zerebrovaskulären Insuffizienz
Anatomie
Klinische Stadieneinteilung und Symptomatik der Karotisinsuffizienz I Verschlussprozesse der A. carotis im symptomfreien Stadium (sonographischer oder angiographischer Zufallsbefund).
a > 70 % ACI-Stenose mit poststenotischem Aneurysma.
c Coiling der ACI.
b Ulkus der ACI als Streuherd für Embolien.
d Kinking der ACI.
II a Transitorisch-ischämische Attacke (TIA) mit neurologischen Ausfällen aller Schweregrade (Amaurosis fugax, Paresen, Parästhesien, Aphasien). Völlige Rückbildung der Symptome 24 Stunden.
M. sternocleidomastoideus A. carotis interna
A. carotis externa
Schnittführung
A. carotis communis
Lagerung und Schnittführung zur Operation an der rechten A. carotis.
II b Prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit (PRIND). Klinik wie Stadium IIa, die > 24 Stunden anhält. a
a–d Anatomie der pathologisch veränderten A. carotis interna (ACI).
M. digastricus N. vagus N. hypoglossus
Operationstechnik
III Frischer ischämischer Schlaganfall (progressive stroke) mit neurologischer Symptomatik 4 Wochen und bleibendem Restdefizit.
V. facialis
b
c
a–c Karotis-TEA mit Patcherweiterungsplastik. a Passagere intraoperative Einlage eines intraluminalen Shunts in die ACI. b Dissektion des stenosierenden Intimazylinders unter Anhebung des intraluminalen Shunts. c Aufbringen des Venenerweiterungspatches mit fortlaufender Naht im Bereich der ACI. Vor Beendigung der Naht wird der intraluminale Shunt entfernt.
Ansa cervicalis A. thyreoidea superior A. carotis communis M. omohyoideus V. jugularis interna Operationssitus bei Karotisoperationen.
IV Chronisches neurologisches Defizit nach Apoplex mit fehlender Rückbildung der Ausfallerscheinungen > 4 Wochen.
Resektionsränder a
b
c
a–c Resektion eines ACI-Abschnittes bei Coiling des Gefäßes (a) mit intraoperativer Einlage eines intraluminalen Shunts (b) und fakultativer Venenpatcherweiterungsplastik (c).
Bei Patienten mit einem asymptomatischen unilateralen Karotisverschluss und zusätzlicher Erkrankung weiterer supraaortaler Gefäße, beträgt die jährliche Apoplexrate ca. 10 %.
Die Hälfte der Patienten mit einem unilateralen Karotisverschluss müssen mit Symptomen einer zerebralen Ischämie rechnen.
Diagnose. Bei entsprechender Klinik und Anamnese ist in > 80 % ein Steno-
Diagnose. Bei entsprechender Klinik und Anamnese ist in > 80 % ein Stenosegeräusch über der A. carotis auskultierbar. Die Duplexsonographie gibt
segeräusch über der A. carotis auskultierbar. Die Duplexsonographie (kombinierte Abbildung von Realbild-Sonographie und Doppler-Stömungskurve) gibt Auskunft über den Schweregrad (Minderung des Blutflusses) und die
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904 Auskunft über den Schweregrad und die Morphologie einer Stenose oder eines Plaques. Strömungsgeschwindigkeit und -richtung der extrakraniellen Gefäße und der Funktionszustand der Kollateralen können beurteilt werden. Die selektive Angiographie ( 1 B-24.22) der supraaortalen Gefäße, bevorzugt in DSA-Technik, kann Gefäßabschnitte abbilden, die sonographisch nicht beurteilt werden können. Das Apoplexrisiko bei der selektiven Angiographie liegt < 0,5 %. CT und MRT dokumentieren zerebrale Ischämiekorrelate bei symptomatischen und asymptomatischen Patienten. Eine ischämische Hirnregion mit der CT als hypodenses Areal frühestens nach 24 Stunden nachweisbar.
24 Gefäßchirurgie Morphologie (Ausdehnung und Beschaffenheit) einer Stenose oder eines Plaques. Strömungsgeschwindigkeit und -richtung der extrakraniellen Gefäße sowie der Funktionszustand der Kollateralen (A. ophthalmica, Circulus arteriosus Willisi) können beurteilt werden. In einem weiten Bereich korreliert der Duplexbefund mit der Angiographie, sodass bereits manchmal, bei isoliertem Befund an der A. carotis auf eine präoperative Angiographie verzichtet wird. Die Angiographie/DSA ( 1 B-24.22) des Aortenbogens und der supraaortalen Äste stellt morphologische Besonderheiten (Kinking, umspülter Thrombus u.a.) sowie Mehrgefäßerkrankungen zuverlässig dar und ist die entscheidende Hilfe beim Festlegen der OP-Indikation und -Taktik. Bei speziellen Fragestellungen können einzelne Gefäße supraselektiv sondiert und abgebildet werden. Das Apoplexrisiko der Karotisangiographie liegt < 0,5 %. Die kranielle Computertomographie (CCT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht die Beurteilung von zerebralen Strukturdefekten bei symptomatischen Patienten. Allerdings weisen auch 15 % der vermeintlich asymptomatischen Patienten zerebrale Ischämiekorrelate auf. Mittels Angio-MRT lässt sich der gesamte hirnversorgende Gefäßbaum ohne Kontrastmittel dreidimensional rekonstruiert darstellen.
1 B-24.22
Selektive Angiographie der Karotisstrombahn links in DSA-Technik Es zeigt sich eine hochgradige Abgangsstenose der A. carotis interna und externa bei sonst unauffälliger Karotisstrombahn. 1 Stenose der ACI links 2 Stenose der ACE links.
2
Differenzialdiagnose. Kardiale Synkopen, Epilepsien und intrakranielle Erkrankungen müssen erwogen werden.
1
Differenzialdiagnose. Kardiale Synkopen, Epilepsien und intrakranielle
Erkrankungen (Hirntumor, Aneurysma, Blutung) müssen ebenso wie otogener Schwindel oder ophthalmologische Sehstörungen differenziert werden.
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905
24.1.6 Chronische Verschlussprozesse der supraaortalen Gefäße
Therapie. Die Op-Indikation ist schon im Stadium I zur Prophylaxe ischämischer Insulte hauptsächlich bei > 70 %igen Stenosen gegeben. Im Ver-
gleich zur konservativen Therapie (Thrombozytenagreggationshemmer/ ASS) lässt sich durch eine Karotisdesobliteration und ASS das TIA- und Apoplexrisiko in einem Zeitraum von 4 Jahren nahezu halbieren (24,5 % vs 12,9 %), selbst wenn man die perioperative Letalität (ca. 1 %) und die perioperative Apoplexrate (ca. 2 %) berücksichtigt. Die Operation im Stadium II, nach abgelaufener transitorischer ischämischer Attacke (TIA) oder prolongiertem ischämisch-neurologischen Defizit (PRIND) ist therapeutisch. Im Stadium III kann beim nicht bewusstlosen Patienten nach Ausschluss einer Hämorrhagie innerhalb von 6 Stunden operativ eine Besserung erzielt werden (seltene Indikation). Die Op-Indikation im Stadium IV ist palliativ, um bei kontralateraler hochgradiger Stenose einen weiteren Apoplex zu verhüten. Kontraindikationen zur Operation sind allgemeine, gravierende Risikofaktoren und eine länger als 6 Stunden bestehende Symptomatik, da hier bei Wiedereröffnung der Strombahn das Risiko besteht, eine ischämische in eine hämorrhagische Hirnläsion zu überführen. Die Operation der Wahl bei Karotisstenose oder Plaque ist die Karotis-TEA (ggf. mit Venenpatchplastik). Bei Kinking und Coiling wird das Gefäß verkürzt und reanastomosiert (s. 1 B-24.21). Ein langstreckiger Verschluss der A. carotis interna lässt sich durch eine intrakranielle A.-carotis-externa-interna-Anastomose (A. temporalis auf Äste der A. cerebri media durch Neurochirurgen) umgehen. Um die intraoperative Apoplexrate (ca. 2 %) zu minimieren, wird der Patient nach Hämodilution vor Ausklemmen der A. carotis heparinisiert und der Blutdruck nach Ausklemmen hyperton gehalten. Zudem kann perioperativ ein Shunt in das Lumen der A. carotis interna eingelegt werden. Intraoperativ müssen Schädigungen des N. hypoglossus und des N. vagus/recurrens vermieden werden. Die Letalität beträgt ca. 1 %. Postoperativ erfolgt die Blutdruckeinstellung auf normotone Werte. Nach kurzzeitiger Vollheparinisierung wird der Patient mit einen Thrombozytenaggregationshemmer (z.B. ASS 100 mg/Tag) weiterbehandelt.
Vertebrobasiläre Insuffizienz n Definition. Durch verringerten Zustrom (Stenose/Verschluss) oder vermehrten Abstrom (Steal-Phänomen durch Strömungsumkehr) kann eine Minderperfusion des vertebrobasilären Stromgebietes auftreten.
Störungen des Karotisstromgebietes sind 6 « häufiger. Die verschiedenen Verschlusslokalisationen mit ihren Folgen für die Flussrichtung des Blutes sind 1 B-24.23 zu entnehmen. Eine Sonderform der vertebrobasilären Insuffizienz ist das SubclavianSteal-Syndrom. Hierbei kommt es aufgrund einer hochgradigen Stenose bzw. eines Verschlusses der A. subclavia proximal des Abganges der A. vertebralis bei physischer Anstrengung des ipsilateralen Armes zu einer Strömungsumkehr in der A. vertebralis zugunsten der gleichseitigen A. axillaris. Durch den retrograden Fluss in der A. vertebralis kommt es zum Entzug von Blut aus der Hirnversorgung zugunsten der Armversorgung. Das SubclavianSteal-Syndrom tritt in 70 % der Fälle auf der linken Seite auf.
Symptome. Entsprechend des Versorgungsgebietes der A. basilaris treten
bilaterale oder gekreuzte neurologische Ausfälle auf, die durch Minderperfusion des Hirnstamms, des Kleinhirns oder der Okzipitalrinde erklärt werden können. Die Symptome verstärken sich als Zeichen eines Steal-Phänomens bei Betätigung des Arms auf der betroffenen Seite. Sie bestehen in Hinterkopfschmerzen, Schwindel mit Nystagmus, Doppelbildern (Augenmuskelparese) und bilateralen Gesichtsfeldausfällen, Drop attacks (plötzliches Hinfallen ohne Bewusstlosigkeit), Gangunsicherheit, Hörstörungen, Dysphagie und Artikulationsstörungen, Hemi- oder Tetraparese.
Therapie. Op-Indikation besteht im Stadium I prophylaktisch und im Stadium II therapeutisch zur Prävention eines Apoplexes. Im Stadium III kann eine Operation innerhalb der ersten 6 Stunden bei erhaltenem Bewusstsein und nach Ausschluss einer Blutung (CT), in seltenen Fällen indiziert sein. Im Stadium IV kann die Operation, bei hochgradiger Stenose der Gegenseite, zur Prävention eines weiteren Apoplexes indiziert sein. Besteht zusätzlich zur zerebrovaskulären Insuffizienz eine operationswürdige KHK ist ggf. ein Simultaneingriff (Karotis-TEA und ACVB) indiziert. Kontraindikationen sind: allgemeine Risikofaktoren, eine über 6 Stunden anhaltende zerebrale Ischämie und eine schwere Zerebralsklerose. Die Operation der Wahl bei Karotisstenose oder Plaque ist die Karotis-TEA. Zur Operationstechnik der KarotisTEA s. 1 B-24.21. Op-bedingte Komplikationen: π Nachblutung, Infekt π Nervenschädigung (Hypoglossus, Vagus, Rekurrens) π Apoplexrate ca. 2 % π Letalität ca. 1 %.
Postoperative Maßnahmen: Blutzuckerregulation, Hämodilution, Heparin, ASS. Vertebrobasiläre Insuffizienz Definition
Eine Sonderform der vertebrobasilären Insuffizienz ist das Subclavian-StealSyndrom, bei dem es durch Stenose bzw. Verschluss der A. subclavia proximal des Abganges der A. vertebralis bei physischer Anstrengung des Armes zu einer Strömungsumkehr in der A. vertebralis mit Entzug von Blut aus der Hirnversorgung kommt. Das Subclavian-Steal-Syndrom tritt in 70 % der Fälle auf der linken Seite auf. Symptome. Sie können in Hinterkopfschmerzen, Claudicatio intermittens des Armes, zentralen Seh- und Hörstörungen, Ataxie, Sprach- und Schluckstörungen, zentralen Parästhesien, Paresen und Drop attacks bestehen.
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906 1 B-24.23
24 Gefäßchirurgie
Synopsis Supraaortale Verschlusslokalisationen mit Strömungsumkehr im vertebrobasilären Stromgebiet und Ausbildung eines Steal-Phänomens, Anatomie und operative Therapiemöglichkeiten
Verschlussformen
OP-Taktik
Zugangswege 3
2
4
Stenose a
a
b
1 Schnittführung zur Freilegung supraaortaler Arterienäste: 1 Sternotomie (Truncus brachiocephalicus). 2 A. carotis und A. subclavia. 3 A. subclavia (mittleres Drittel) und A. vertebralis. 4 Distale A. subclavia.
c
d
b
c
a–d Proximale Stenosen der A. carotis communis und der A. subclavia; operative Korrekturmöglichkeit. a Karotis-Subklavia-Bypass. b Transposition der A. subclavia auf die A. carotis communis. c Subklavia-Karotis-Bypass. d Transposition der A. carotis communis auf die A. subclavia.
d
a–d Formen extrakranieller Verschlusslokalisationen mit sekundärem Steal-Effekt. a Proximaler linksseitiger Subklaviaverschluss. b Proximaler rechtsseitiger Subklaviaverschluss. c Truncus-brachiocephalicus-Verschluss mit gleichzeitigem »Carotid-recovery-Phänomen«. d Atypische Coarctatio aortae.
e Extraanatomischer Subklavia-SubklaviaBypass (bei Subclavian-Steal-Syndrom links).
Diagnose. Hinweise liefern die Anamnese sowie Pulsstatus und Blutdruck im Seitenvergleich. DopplerSonographie und Angiographie/DSA sichern die Diagnose.
Diagnose. Hinweise liefern die Anamnese (Subclavian-Steal-Syndrom), der beidseitige Pulsstatus mit Blutdruckdifferenz (> 30 mmHg), die Faustschlussprobe und die Doppler-Sonographie der Aa. vertebrales (einseitige Strömungsumkehr). Ausmaß und Lokalisation einer Stenose lassen sich nur mit einer Aortenbogenangiographie dokumentieren.
Therapie. Nur bei deutlicher Klinik ist die Anlage extraanatomischer Bypässe indiziert, mit dem Ziel, die orthograde Perfusion wiederherzustellen ( 1 B-24.23).
Therapie. Eine Op-Indikation besteht nur bei ausgeprägten Symptomen. Es
24.1.7
24.1.7
Ischämiesyndrome der Viszeralarterien Ätiologie. Trotz ausgezeichneter Kollateralisierung der 3 großen Eingeweidearterien Truncus coeliacus, A. mesenterica superior und A. mesenterica inferior kann es durch Arteriosklerose, Angiitiden, Kompressionssyndrome und Steal-Phänomene manchmal zu Symptomen der chronischen mesenterialen Durchblutungsstörung (Claudicatio intestinalis) kommen. Akute Mesenterialverschlüsse sind ein embolisch (in > 50 % A. mesenterica superior) bedingter, absoluter Notfall und zwingen unverzüglich zur Intervention.
kommen vor allem extraanatomische Bypässe in Frage mit dem Ziel, die betroffene A. vertebralis wieder orthograd zu perfundieren ( 1 B-24.23). Die Op-Letalität beträgt ca. 0,5 %.
Ischämiesyndrome der Viszeralarterien
Ätiologie. Die großen Eingeweidearterien (Truncus coeliacus, A. mesenterica superior und inferior) sind über die pankreatikoduodenalen Arkaden, die Riolan-Anastomosen und die A. iliaca interna/perirektale Anastomosen kollateralisiert. Daher bleiben chronische, vor allem arteriosklerotisch bedingte Verschlussprozesse in der Regel (ca. in 80 %) asymptomatisch. Chronische mesenteriale Durchblutungsstörungen (Claudicatio intestinalis) können auch durch Arteritiden (Endangiitis obliterans, Periarteriitis nodosa), fibromuskuläre Dysplasie oder externe Kompression (Tumor, Lymphome, Kompression des Truncus durch die Zwerchfellschenkel) hervorgerufen werden. Akute Mesenterialverschlüsse, hervorgerufen durch Embolien und Arterienthrombosen betreffen hauptsächlich die A. mesenterica superior (weit > 50 %) und stellen einen lebensbedrohlichen Notfall dar, der wegen der geringen Ischämietoleranz der Eingeweide unverzüglich der chirurgischen Intervention bedarf.
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907
24.1.7 Ischämiesyndrome der Viszeralarterien Der Ursprungsort der Thromben ist vornehmlich das Herz (linker Vorhof bei Vorhofflimmern mit absoluter Arrhythmie). In zunehmendem Maße lassen sich durch die transösophageale Echokardiographie aber auch Ulzera im Aortenbogen bzw. in der proximalen Aorta descendens als Emboliequelle darstellen. 20–30 % der akuten viszeralen Durchblutungsstörungen entstehen auf dem Boden einer nicht okklusiven mesenterialen Ischämie (NOMI) durch Hypovolämie bzw. Steal-Syndrome oder Vasospasmus z.B. im Rahmen eines Volumenmangelschocks, eines Herzinfarktes, einer Herzinsuffizienz, bei Aortenisthmusstenose, bei Marathonläufen oder nach Drogeneinnahme. Eine Mesenterialvenen-/Pfortaderthrombose ist in 10 % der Patienten Ursache für akute mesenteriale Durchblutungsstörungen (v.a. bei Leberzirrhose mit portaler Hypertension). Das Durchschnittsalter der betroffenen Patienten liegt mit 48–60 Jahren deutlich unter dem der Patienten mit einer arteriellen mesenterialen Ischämie. Als Prädisposition gelten in 80 % der Fälle ein Antithrombin-III-, Protein-S- und Protein-C-Mangel, sowie alle Erkrankungen, die mit einer Koagulopathie einhergehen (Polycythaemia vera, myeloproliferative Syndrome). Die Mesenterialvenenthrombose kann auch als Komplikation der Sklerosierung von Ösophagusvarizen auftreten.
Ursprungsort der Thromben ist meist das Herz (linker Vorhof). 20–30 % der akut viszeralen Durchblutungsstörungen entstehen auf dem Boden einer nicht okklusiven mesenterialen Ischämie (NOMI) durch Hypovolämie, Steal-Syndrome oder Vasospasmus. Eine Mesenterialvenen-/Pfortaderthrombose ist bei ca. 10 % als Ursache zu finden. Die Inzidenz liegt bei 5–10 %. Als Prädisposition gelten alle Erkrankungen, die mit einer Koagulopathie einhergehen (AT-III-, Protein-S-, Protein-C-Mangel, Polycythaemia vera, myeloproliferative Syndrome).
Symptome. Die typische Symptomtrias der chronischen Angina intestinalis mit postprandialem Schmerz, Malabsorption/Gewichtsverlust und abdominellen Gefäßgeräuschen bei Stenosen der A. mesenterica superior ist selten. Das konstanteste Symptom ist der 10–30 Minuten postprandial auftretende, periumbilikal lokalisierte, 1–4 Stunden anhaltende, dumpfe Bauchschmerz. Dieser ist im Wesentlichen für die Gewichtsabnahme verantwortlich, da die Patienten eine Nahrungsaufnahme meiden. Das Beschwerdebild ist stadienabhängig ( 2 B-24.6).
Symptome. Die Symptome sind stadienabhängig ( 2 B-24.6). Die typische Symptomtrias der chronischen Angina intestinalis mit postprandialem Schmerz, Malabsorption/ Gewichtsverlust und abdominellen Gefäßgeräuschen ist selten.
2 B-24.6
Klinik der chronischen Angina intestinalis
Stadium
Klinische Symptomatik
N Stadium I n
asymptomatisch
N Stadium II n
postprandiale Beschwerden, Malabsorption
N Stadium III n
Dauerschmerz, ischämische Kolitis/Enteritis
N Stadium IV n
Darmparalyse, Gangrän, Peritonitis mit akutem Abdomen
Klagen Patienten nach Implantation einer Aortenprothese mit Ligatur der A. mesenterica inferior über peranalen Schleim- und Blutabgang, ist eine ischämische Kolitis wahrscheinlich. Der akute Mesenterialgefäßverschluss (A. mesenterica superior) verläuft in 3 Stadien: Im Initialstadium (1–2 Stunden) werden messerstichartige, diffuse Bauchschmerzen beklagt. Es besteht eine deutliche Diskrepanz zum scheinbar unauffälligen Palpationsbefund des Abdomens. Die Peristaltik ist normal. Das Allgemeinbefinden ist deutlich beeinträchtigt. Häufig besteht eine Arrhythmia absoluta. In einem Latenzstadium (2–6 Stunden) kommt es zu einer scheinbaren Abnahme der Symptomatik. Auffällig ist allenfalls eine verminderte Peristaltik. Im Endstadium (12–48 Stunden) besteht ein akutes Abdomen mit diffuser Abwehrspannung auf dem Boden eines paralytischen Ileus bei Gangrän des Darms mit Durchwanderungsperitonitis und zunehmender, septisch-toxischer Allgemeinsymptomatik. Es kann zu vermehrtem Erbrechen und zum Auftreten blutiger Durchfälle kommen. Die Gesamtletalität von fast 90 % ist dadurch bedingt, dass der Mesenterialinfarkt oft erst in diesem Stadium diagnostiziert wird. n Merke. Es besteht eine eindrückliche Diskrepanz zwischen dem Allgemeinzustand des Patienten und dem Lokalbefund.
Klinik des akuten Mesenterialgefäßverschlusses: π Initialstadium (1–2 Stunden) Der Bauch ist weich, aber diffus druckschmerzhaft, die Peristaltik ist normal. Oft besteht eine absolute Arrhythmie. π Latenzstadium (2–6 Stunden) Es kommt zu einer scheinbaren Besserung. Es entwickelt sich eine zunehmende Darmparalyse. π Endstadium (12–48 Stunden) Gangrän des Darms mit paralytischem Ileus und Peritonitis, akutes Abdomen mit zunehmender septischer Allgemeinsymptomatik. Jetzt beträgt die Letalität fast 90 %. Merke
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908
24 Gefäßchirurgie
Klinik der Mesenterialvenenthrombose: π diffuse Abdominalbeschwerden π Darmparalyse π ggf. Aszites. Eine spezifische Symptomatik fehlt. Diagnose. Die Diagnose der chronischen Angina intestinalis stützt sich auf Anamnese (AVK, KHK, Voroperationen), Auskultation (Stenosegeräusche), Doppler-Sonographie und Angiographie.
Die Diagnose des akuten Mesenterialinfarkts stützt sich auf die Anamnese und das o.g. typische klinische Bild (Embolien, absolute Arrhythmie, akutes Abdomen), Labor (Leukozytose, Laktat > 20 m g/ml) und Rö-Abdomen (Darmparalyse).
1 B-24.24
Eine Mesenterialvenenthrombose kann mit diffusen Abdominalbeschwerden, mit Darmparalyse und ggf. neu auftretendem Aszites, einhergehen. Eine spezifische Symptomatik fehlt. Typisch ist jedoch im Gegensatz zum arteriellen Verschluss der weniger schmerzhafte und langsamere Beginn.
Diagnose. Bei der Diagnose der chronischen Angina intestinalis sind phy-
sikalische Untersuchungen oft unergiebig, teilweise sind Stenosegeräusche auskultierbar. Häufig wird dieses Krankheitsbild gar nicht in die differenzialdiagnostischen Erwägungen einbezogen. Wertvolle Hinweise liefern arteriosklerotische Schädigungen anderer Stromgebiete oder gefäßchirurgische Voroperationen. Der Nachweis der chronischen intestinalen Gefäßverschlussprozesse gelingt nur angiographisch. Hierbei sind zusätzliche Aufnahmen im lateralen Strahlengang unerlässlich. Die Diagnose des akuten Mesenterialinfarktes stützt sich auf das o.g. typische klinische Bild. Außer im Initialstadium besteht radiologisch ein zunehmender, paralytischer Ileus. Im weiteren Verlauf kommt es zum Anstieg der Leukozytenzahl, der LDH und des Laktats. Ein Serumlaktatspiegel > 20 mg/ml ist nahezu beweisend (Sensitivität und Spezifität ca. 90 %). Im Zweifelsfall ist eine Laparoskopie oder Explorativlaparotomie indiziert. Die Notwendigkeit und der Nutzen einer präoperativen selektiven Mesenterikographie/DSA bei einem akuten embolischen Mesenterialgefäßverschluss werden sehr kontrovers diskutiert, da sich bei nicht arteriosklerotisch veränderter Mesenterialstrombahn keine therapeutischen Konsequenzen ergeben, zusätzliche Kosten anfallen und die Laparotomie verzögert wird. Bei Patienten mit bekannter pAVK sollte die Indikation zur Mesenterikographie allerdings weit gestellt werden, um eine gezielte Planung ggf. notwendiger Revaskularisationsmaßnahmen zu ermöglichen ( 1 B-24.24).
Angiographische Darstellung einer akuten arteriellen Dünndarmischämie
c Es ist eine Perfusion bis in die Peripherie nachweisbar.
a Subtraktionsaufnahme einer Mesenterikographie in Seitenansicht. Es zeigt sich ein vollständiger Verschluss der A. mesenterica superior 4 cm nach dem Abgang aus der Aorta.
b Mesenterikographie 8 Stunden nach Lyse (20 mg r-TPA). Die Arterie ist nahezu vollständig eröffnet.
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24.1.7 Ischämiesyndrome der Viszeralarterien
909
Der Verdacht auf eine Mesenterialvenenthrombose lässt sich mittels Duplexsonographie der Pfortader/V. mesenterica superior oder einer Doppelspiral-CT (arterielle und portalvenöse Kontrastmittelphase) erhärten. Genaue Auskunft über perfundierte bzw. verschlossene Anteile der venösen Mesenterialstrombahn gibt die indirekte Splenoportographie in DSA-Technik, bei der man den Angiographiekatheter in die A. lienalis bzw. die A. mesenterica superior einlegt und gezielt den Kontrastmittelabfluss über die V. lienalis bzw. die V. mesenterica superior in die V. porta darstellt. Laborchemisch imponiert bei Pfortaderbeteiligung ein Anstieg der Transaminasen als Ausdruck der akut verminderten Leberperfusion. Intramurale Gasansammlungen (Pneumatosis intestinalis), die sich im Rahmen einer DSA oder einer CT darstellen lassen, weisen auf eine Darmwandnekrose/-gangrän hin.
Notwendigkeit und Nutzen einer präoperativen selektiven Mesenterikographie/DSA werden sehr kontrovers diskutiert, bei Patienten mit bekannter pAVK wird die Indikation jedoch großzügig gestellt ( 1 B-24.24). Die Diagnose einer Mesenterialvenenthrombose lässt sich mittels Duplexsonographie (Pfortader/V. mesenterica superior) oder Doppelspiral-CT erhärten. Laborchemisch imponiert bei Pfortaderbeteiligung ein Transaminasenanstieg.
Differenzialdiagnose. Abdominalbeschwerden werden in der Regel durch
Differenzialdiagnose. Häufige Erkrankungen wie gastrointestinale Ulzera, Pankreatitis, Gallensteine, Malignome usw. müssen ausgeschlossen werden.
häufigere Krankheitsbilder wie Cholelithiasis, gastrointestinale Ulzera, Pankreatitis oder Malignome hervorgerufen, die anamnestisch, laborchemisch, endoskopisch und radiologisch ausgeschlossen werden müssen. Für einen chronischen Mesenterialgefäßprozess und somit für die Indikation zur Angiographie sprechen die Arteriosklerose induzierenden Risikofaktoren und eine entsprechende Anamnese. Gegenüber dem akuten Mesenterialinfarkt ist die Mesenterialvenenthrombose oft erst nach Laparotomie abzugrenzen. Ein Mesenterialinfarkt kann auch als Symptom eines Aortenaneurysmas bzw. einer Aortendissektion auftreten (Sonographie, CT, Angio). Nonokklusive Mesenterialinfarkte als Ausdruck der intestinalen Hypoperfusion können im protrahierten Schock oder bei septisch-toxischem Kreislaufgeschehen auftreten. Hier steht zunächst die Therapie des verursachenden Grundleidens im Vordergrund.
Therapie und Prognose. Die Therapie chronischer mesenterialer Ver-
schlussprozesse ist abhängig von der Verschlusslokalisation und dem Kollateralisationsgrad ( 1 B-24.25).
1 B-24.25
Klinisch kann der akute Mesenterialinfarkt von der Mesenterialvenenthrombose nicht differenziert werden. Weitere Differenzialdiagnosen: Aortenaneurysma oder Aortendissektion, gedeckte gastrointestinale Perforation, Pankreatitis, Peritonitis, Herzinfarkt. Therapie und Prognose. Bei chronisch mesenterialen Verschlussprozessen ist die Therapie von Verschlusslokalisation und Kollateralisationsgrad abhängig ( 1 B-24.25).
Synopsis Mesenteriale Ischämieformen
a Akuter Verschluß der A. mesenterica superior, der mit einem vollständigen Dünndarminfarkt einhergeht.
b Die chronische Form mesenterialer Ischämie an den mesenterialen Gefäßabgängen (ohne Beeinflussung der Arkaden) stellen keine Gefahr für den Dünndarm dar. Sie entspricht jedoch nicht mehr den Perfusionsanforderungen, was postprandial zu einer Claudicatio intestinalis führen kann.
Grundsätzlich besteht sie in der Revaskularisation der verschlossenen, durchblutungsrelevanten Mesenterialgefäße mittels Lysetherapie, TEA ggf. mit Patchplastik oder durch einen Bypass.
c Verschlüsse der Arkade haben anatomische Segmentausfälle zur Folge.
Eine Revaskularisation mittels Lysetherapie, TEA oder Bypass ist anzustreben.
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910 Merke
Bei akuten Mesenterialinfarkten liegt zum Zeitpunkt der Laparotomie meist bereits eine Gangrän eines Darmabschnitts vor, welcher dann reseziert werden muss. Bei inkompletter Ischämie und lokalisierbarer, stammnaher Stenose, kann eine Gefäßdesobliteration erfolgreich sein. Die Letalität beträgt aufgrund verspäteter Diagnostik bis 90 %. Die Langzeitprognose wird von der Länge des Restdarms bestimmt. Nicht gangränöse, restperfundierte Darmabschnitte sollten daher möglichst erhalten werden (ggf. Versuch der selektiven Lyse s.a. 1 B-24.24). Bei einer Dünndarmlänge < 100 cm droht ein KurzdarmSyndrom.
Merke
Bei der NOMI auf dem Boden von Gefäßspasmen kann eine medikamentöse Dilatation mit Papaverin versucht werden. Die Mesenterialvenenthrombose erfordert eine Vollheparinisierung des Patienten. Die Letalität beträgt 20–50 %.
24 Gefäßchirurgie
n Merke. Perfusionsverbessernde interventionelle Maßnahmen entbinden nicht von der operativen Revision mit Resektion nekrotischer Darmanteile.
Bei akuten Verschlussprozessen muss unverzüglich laparotomiert werden. Meist ist eine Resektion der ischämischen Darmabschnitte unumgänglich. Bei inkompletter Ischämie und lokalisierbarer, stammnaher Stenose, kann eine Gefäßdesobliteration erfolgreich sein. Die perioperative Letalität ist abhängig vom Ausmaß der Peritonitis, dem Allgemeinzustand des Patienten und dem Verlauf der ggf. vorliegenden Sepsis. Aufgrund der häufig verspäteten Diagnostik beträgt die Letalität bis zu 90 %. Die Langzeitprognose wird von der Länge des zu erhaltenden Restdarms bestimmt. Daher sollen nicht gangränös veränderte, restperfundierte Darmabschnitte nach Möglichkeit erhalten werden, weil sich die Durchblutungssituation unter Stabilisierung der Perfusionsverhältnisse (Volumenersatz, Heparinisierung, Dextrane) wieder erholen kann. Bei frühzeitiger Diagnose und/oder inkompletter Ischämie kann je nach Verschlusslokalisation und Allgemeinzustand des Patienten, die selektive Lyse (s. 1 B-24.24) versucht werden. Verbleiben vom Dünndarm weniger als 100 cm, droht ein Kurzdarm-Syndrom. n Merke. Um fortschreitende Nekrosen zu erfassen und gleichzeitig die Darmperfusion zu überprüfen, sollte nach 12–48 Stunden eine Relaparotomie (sog. Second-look-Laparotomie) vorgenommen werden.
Bei der NOMI auf dem Boden von Gefäßspasmen kann eine medikamentöse Dilatation mit Papaverin (PaveronQ, 1 mg/ml und 30–60 mg/h) versucht werden. Wegen der Nebenwirkungen (Hypotension bei systemischer Vasodilatation) kann dies jedoch nur unter intensivmedizinischer Überwachung (hoher Volumenbedarf) erfolgen. Die Therapie der Mesenterialvenenthrombose besteht in der Regel in der Vollheparinisierung des Patienten zur Vermeidung von Appositionsthromben. Bei isolierter Pfortaderthrombose auf dem Boden einer passageren Hypovolämie oder Hyperkoagulabilität bei Exsikkose/Leukose kann unter Korrektur der auslösenden Faktoren eine Embolektomie der Pfortader erwogen werden. Die Letalität der Mesenterialvenenthrombose ist mit 20–50 % deutlich geringer als die der arteriellen intestinalen Ischämie.
Klinischer Fall Eine 83-jährige Patientin beklagt in der Nacht plötzlich einsetzende Bauchschmerzen, die vornehmlich auf den rechten Unterbauch reflektiert werden. Bei Beschwerdepersistenz treten Übelkeit, Erbrechen und Durchfall hinzu. Am Folgetag erfolgt die Krankenhauseinweisung. Bei der klinischen Untersuchung findet sich eine Druckdolenz im rechten Unterbauch; die rektal digitale Untersuchung lässt Teerstuhl nachweisen. In der Anamnese ist eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern bekannt. Die Laboruntersuchungen zeigen bis auf eine Leukozytose von 14,7/nl und ein CRP 274 mg/l vollständig normale Werte. In der Abdomenübersicht im Stehen und Liegen fällt ein ausgeprägter Dünn- und Dickdarmmeteorismus auf, dem jedoch keine übergeordnete Bedeutung zugemessen wurde. Noch am Aufnahmetag erfolgt die explorative Laparotomie, bei der sich eine Perfusionsstörung des Dünndarms zeigt, ohne dass ein definiertes Areal des Darms abgrenzbar ist. Das Abdomen wird verschlossen.
Um zur Genese der Durchblutungsstörung eine Aussage machen zu können, wird eine Übersichtsaortographie sowie eine Mesenterikographie veranlasst. Hierbei findet sich in der Seitenansicht ein vollständiger embolischer Verschluss des Hauptstammes der Arterie ( 1 B-24.24 a). Aufgrund des frischen Ereignisses wird nach selektiver Katheterisierung eine lokale Lyse mit 20 mg r-TPA (tissue-plasminogen-activator, ActilyseQ) über 8 Stunden eingeleitet. Die anschließende Kontrollangiographie zeigt eine nahezu vollständige Eröffnung der A. mesenterica superior und ihrer Seitenäste ( 1 B-24.24 b). Die Second-look-Operation nach der Kontrollangiographie zeigt gleichentags eine weitestgehende Erholung des Dünndarms. Es kommt lediglich zu einem Verlust von 120 cm Darm. Nach einem 4-wöchigen Krankenhausaufenthalt kann die Patientin bei normaler Ernährung entlassen werden.
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911
24.1.8 Renovaskuläre Insuffizienz 24.1.8
Renovaskuläre Insuffizienz
24.1.8
Renovaskuläre Insuffizienz
Ätiologie. Ein akuter Nierenarterienverschluss kann durch Embolien (ca.
Ätiologie. Ein akuter Nierenarterienverschluss kann durch Embolie (70 %), traumatische Gefäßabrisse oder Komplikation bei Aortendissektion/-aneurysma verursacht werden. Ursachen der chronischen Nierenarterienstenose (NAS) sind vor allem Arteriosklerose (70–75 %) und fibromuskuläre Dysplasie (20–25 %). In 50 % besteht beidseitiger Befall. Folgen der chronischen NAS bestehen in der Entwicklung einer renovaskulären Hypertonie durch Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems (Goldblatt-Mechanismus).
Symptome. Die warme Ischämietoleranz der Niere beträgt, je nach Kollate-
Symptome. Symptom des akuten Verschlusses ist ein akuter Flankenschmerz. Die chronische NAS verläuft zunächst klinisch inapparent. Vor allem bei beidseitigem Befall entwickelt sich ein renovaskulärer Hypertonus und konsekutiv eine chronische Niereninsuffizienz bis hin zur Dialysepflicht.
70 %), arterielle Thrombosen, Aortendissektionen und traumatische Gefäßabrisse oder Intimaeinrisse mit konsekutiver Thrombose verursacht werden. Ursachen der chronischen Nierenarterienstenose (NAS) sind vor allem Arteriosklerose (70–75 %) und fibromuskuläre Dysplasie (20–25 %). In 5 % spielen Aneurysmen, Gefäßmissbildungen, AV-Fisteln oder externe Kompression eine Rolle. In 50 % bestehen beidseitige Veränderungen der Nierenarterien. Die chronische NAS ist für 5–10 % der arteriellen Hypertonien (sog. renovaskulärer Hochdruck) verantwortlich. Kommt es zur Senkung des Perfusionsdrucks der Niere, wird kompensatorisch das Renin-AngiotensinSystem stimuliert (Goldblatt-Mechanismus).
ralen (zusätzliche Polgefäße) 20–120 Minuten. Akute Verschlüsse verursachen in der Regel heftige Flankenschmerzen und bei beidseitigen Befall Anurie. Chronische Verschlussprozesse verlaufen bis auf das Auftreten eines renovaskulären Hypertonus meist klinisch stumm. Bei beidseitigem Befall entsteht längerfristig eine chronische Niereninsuffizienz, die in der Dialysepflichtigkeit enden kann. n Merke. Eine sich rasch entwickelnde, medikamentös schlecht beeinflussbare Hypertonie bei jungen Patienten (< 40 Jahre) sollte an eine renovaskuläre Ursache denken lassen.
Merke
Diagnose. Nach adäquatem Trauma muss eine akute Schädigung der Nieren (-durchblutung) immer ausgeschlossen werden. Besteht der Verdacht auf einen akuten Nierenarterienverschluss, muss dieser unverzüglich nachgewiesen werden, um die notwendige Laparotomie nicht zu verzögern (kurze Ischämietoleranz). Es kann deshalb indiziert sein, nach einer Sonographie (z.B. Ausschluss Harnstauung bei Ureterstein, Aortenaneurysma/-dissektion) primär eine Gefäßdarstellung zu veranlassen, da lediglich hierdurch die Lokalisation und Art des Verschlusses direkt dargestellt werden kann. Die Abklärung einer chronischen NAS wird in der Regel zum Ausschluss eines renovaskulären Hypertonus durchgeführt und umfasst die Duplexsonographie (Schrumpfniere?/Durchblutungssituation?), das Infusionsurogramm (verzögerte Kontrastmittelaufnahme und -ausscheidung?), das Isotopennephrogramm (seitengetrennte Clearance) und die Angiographie/DSA (Lokalisation und Morphologie der Nierenarterienstenose). Ein massiver Anstieg des Reninspiegels auf > 180 mU/ml nach Captoprilgabe ist fast beweisend für eine einseitige NAS (Captopriltest).
Diagnose. Akuter Flankenschmerz nach Trauma, bei Arteriosklerose oder Arrhythmien kann durch einen Nierenarterienverschluss ausgelöst sein. Richtungweisend ist die Sonographie, beweisend die Angiographie. Die Diagnostik der chronischen NAS wird in der Regel zum Ausschluss eines renovaskulären Hypertonus durchgeführt: Anamnese (AVK, früheres Trauma), Auskultation (Stenosegeräusch), Captopriltest, Duplexsonographie, Isotopen-Nephrogramm, Angio/ DSA, MR-Angiographie.
Differenzialdiagnose. Beim akuten Niereninfarkt muss die orientierende Sonographie initial Hinweise liefern (Milzinfarkt bei Splenomegalie, Nephrolithiasis, Aortenaneurysma, traumatische Nierenruptur, Pankreatitis, freie Luft bei gastrointestinaler Perforation). Die Differenzialdiagnose der chronischen NAS entspricht der Differenzialdiagnose der Hypertonie.
Differenzialdiagnose des akuten Niereninfarktes: Koliken bei Nephrolithiasis, traumatische Nierenruptur, Pyelonephrits (Urinsediment), Pankreatitis, Ulkusperforation, Milzinfarkt, Aortenaneurysma, Appendizitis.
Therapie. Ziel bei akuter Ischämie ist die Funktionserhaltung der Niere
Therapie des akuten Niereninfarktes ist die sofortige Revaskularisation. Ist die warme Ischämietoleranz überschritten, muss die Niere entfernt werden. Bei der chronischen NAS haben die Möglichkeiten der Angioplastie, ggf. mit Stenteinlage, die invasive operative Therapie weitgehend verdrängt ( 1 B-24.26).
durch unverzügliche Revaskularisation mittels TEA mit Patchplastik, Reanastomosierung oder Bypass. Ist die warme Ischämietoleranz überschritten, muss die Niere entfernt werden. Eine chronische NAS kann mit gutem Erfolg durch eine Ballondilatation (Dotterung), ggf. mit Stenteinlage behandelt werden. In 80 % der fibromuskulären und 40 % der arteriosklerotischen Stenosen ist so zumindestens eine Besserung des Hypertonus zu erzielen. Die Möglichkeiten der operativen Therapie sind 1 B-24.26 zu entnehmen.
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912
24 Gefäßchirurgie
1 B-24.26
Synopsis Operationsverfahren bei der Nierenarterienstenose (NAS)
Reinsertion a Thrombendarteriektomie mit Patchplastik bei NAS.
b Neueinpflanzung der Nierenarterie bei NAS.
interponierte V. saphena magna
c Interponat eines Venengrafts oder einer Goretex-Prothese und Neueinpflanzung der Nierenarterie bei fibromuskulärer Dysplasie.
24.1.9
Arterienverletzungen
24.1.9
d Beidseitige TEA mit Patchplastik bei beidseitiger NAS.
Arterienverletzungen
Ätiologie. Faktoren von Gefäßverletzungen: Krieg, Bandenkriminalität, Industrialisierung, Verkehrsdichte, Berufs- und Freizeitsport, Verletzungen im Haushalt und Hobby. Ferner nehmen Gefäßverletzungen im Rahmen diagnostischer Maßnahmen und operativer Eingriffe zu. Man unterscheidet 3 Arten von Gefäßverletzungen ( 1 B-24.27). π direkte scharfe Verletzung π direkte stumpfe Verletzung π indirekte stumpfe Verletzung.
Ätiologie. Die Inzidenz von Gefäßverletzungen ist abhängig von der Bevölkerungsstruktur (Kriminalität: Großstadt > ländliche Gemeinden) und dem
Symptome. Je nach Verletzungsmechanismus und Schweregrad stehen die Blutung oder die Ischämie im Vordergrund. Charakteristika der direkten scharfen Gefäßverletzung sind die Blutung nach außen und/oder innen und die periphere Ischämie mit Pulslosigkeit.
Symptome. Leitsymptome einer Arterienverletzung sind Blutung, Ischämie
Technisierungsgrad (Industrie, Haushalt, Verkehr, Sport). In Kriegszeiten überwiegen Schussverletzungen der Gefäße (Vietnamkrieg 95 %) gegenüber anderen Ursachen. Ferner nehmen Gefäßverletzungen im Rahmen diagnostischer Maßnahmen (Angiographie, Herzkatheter) und operativer Eingriffe (extrakorporale Zirkulation, Angioplastie, Tumor- und Gefäßchirurgie) zu. Man unterscheidet 3 Arten von Gefäßverletzungen ( 1 B-24.27). π direkte scharfe Verletzung (Stich, Schnitt, Schuss, Pfählung, iatrogen), mit stufenweiser Gefäßwanddurchtrennung von außen nach innen und äußerer Wunde, π direkte stumpfe Verletzung (Schlag, Quetschung, Kontusion, Kompression) π indirekte stumpfe Verletzung (Überdehnung bei Luxation oder Fraktur, Dezelerationstrauma, Gefäßspasmen, Kompartmentsyndrom) mit Schädigung der Gefäßwandschichten von innen nach außen bei meist fehlender äußerer Wunde. Diese Pathomechanismen werden auch der Stadieneinteilung zugrunde gelegt und bestimmen die klinischen Symptome (Blutung oder Ischämie) ( 1 B-24.27). oder Embolien. Charakteristika der direkten scharfen Gefäßverletzung sind die äußerlich sichtbare Verletzung (z.B. Stichwunde) über einem Gefäß und direkte (Blutung nach außen) oder indirekte (Blutung in Körperhöhlen oder Muskeln) Blutungszeichen (Blutdruckabfall, Frequenzanstieg, Hb-Abfall) bei umschriebenem Gefäßdefekt. Während sich glatte Durchtrennungen auch größerer Arterien (A. axillaris, A. femoralis superficialis) durch Einrollen der Intima zumindestens vorübergehend selber stillen können (Kontrolle der peripheren Pulse!), blutet es aus Längsverletzungen unaufhaltsam.
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913
24.1.9 Arterienverletzungen
1 B-24.27
Synopsis Stadieneinteilung, Klinik, Ursachen und Therapie von Gefäßverletzungen
Stadieneinteilung
Klinik
Ursachen
Klinisch stumm, je nach Verletzung begleitender Nerven sensible oder motorische Ausfälle, im weiteren Verlauf ggf. Aneurysma, keine Ischämie.
Gefäßverletzung von außen nach innen mit äußerer Wunde durch: • Schnitt, Stich, Schuss, Pfählung • iatrogene Maßnahmen (Angiographie, PTA, diagnostische Punktionen, Operationen).
Therapie
Direkte, scharfe Gefäßverletzung Grad I
Partielle Gefäßwanddurchtrennung ohne Eröffnung des Lumens. Grad II
Durchtrennung der Gefäßwand mit Lumeneröffnung, aber erhaltener Kontinuität. Grad III
Blutung nach außen, ins Gewebe oder in Körperhöhlen, bei Begleitverletzung von Nerven entsprechende Ausfälle; evtl. periphere Ischämie.
a Transmurale Gefäßwandverletzung: direkte Naht.
b Komplette Gefäßdurchtrennung: schräge End-zu-End Naht.
c Wie a, zusätzlich zirkumferenzielles Gefäßwanddefizit: Defektverschluss durch Patchplastik.
Wie Stadium II, spontane Blutstillung durch Einrollen der Gefäßstümpfe möglich, periphere Ischämie.
Vollständige Durchtrennung des Gefäßes.
d Wie b, zusätzlich longitudinales Gefäßwanddefizit: Interposition von autologer Vene oder Kunststoffprothese.
Direkte und indirekte stumpfe Gefäßverletzung
Typische Verletzungen mit indirekten stumpfen Gefäßtraumen
Grad I
Einriss oder Quetschung der Intima.
Grad II
Einriss von Intima und Media. Im Verlauf Gefäßthrombose, später: traumatisches Aneurysma. Grad III
Völlige Zerquetschung der Arterienwand.
Keine äußere Blutung, später Mikroembolien und/oder Gefäßthrombosen mit peripherer Ischämie.
Keine Blutung, periphere Ischämie durch arterielle Gefäßthrombose, Spätfolge: traumatisches Aneurysma.
Peripheres Ischämiesyndrom durch arterielle Thrombose bei eingerollten Gefäßstümpfen.
Direkte Quetschung oder Schlag mit Verletzung der Gefäßwand von innen nach außen ohne äußere Wunde nach Kontusionen, Hämatomen oder Frakturen. Indirekte Gefäßverletzungen im Rahmen von Luxationen, Frakturen oder Dezelerationstraumen (siehe rechts).
b Trauma der distalen a Trauma der A. brachialis durch A. brachialis durch die Trochlea humeri. den Humeruskopf.
c Trauma der distalen A. femoralis superficialis durch die Femurkondylen.
d Trauma der A. poplitea durch den Tibiakopf.
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914 Mögliche Spätsymptome sind die Ausbildung einer AV-Fistel oder eines Aneurysma spurium. Bei fehlender äußerer Wunde bleiben stumpfe Gefäßverletzungen trotz langstreckigen Gefäßschadens oft initial unerkannt. 1 B-24.27 gibt typische Verletzungsmuster wieder, bei denen eine Beteiligung der Gefäße ausgeschlossen werden muss. Charakteristische Symptome stumpfer Gefäßverletzungen sind die periphere Ischämie mit Pulslosigkeit bei kompletter Ischämie und rezidivierende Embolien nach Intimaeinriss bei inkompletter Ischämie ( 1 B-24.28). Thoraxschmerz und Mediastinalverbreiterung nach schwerem Trauma müssen an ein thorakales Aortenaneurysma denken lassen.
24 Gefäßchirurgie Als Spätkomplikation eines direkten scharfen Gefäßtraumas (v.a. nach Herzkatheter oder Dilatationen) können sich falsche Aneurysmen (Aneurysma spurium) und AV-Fisteln (Leiste) ausbilden. Indirekte und direkte stumpfe Gefäßverletzungen werden oft initial trotz langstreckigen Gefäßschadens übersehen (keine äußere Wunde), da andere Traumafolgen zunächst im Vordergrund stehen. Typische Verletzungsmuster, bei denen gehäuft indirekte Gefäßverletzungen auftreten können, sind in 1 B-24.27 dargestellt. Charakteristische Symptome sind der Pulsverlust bei kompletter Ischämie, periphere Embolien bei inkompletter Ischämie (Ausgangspunkt ist die eingerissene Gefäßintima: z.B. rezidivierende TIA nach Luxationstrauma des Halses mit Intimaeinriss in der A.carotis) oder Thoraxschmerz und Mediastinalverbreiterung nach Dezelerationstrauma (traumatisches Aneurysma der thorakalen Aorta am Ansatzpunkt des Lig. arteriosum Botalli) ( 1 B-24.28). Hier kann sich auch nach vielen Jahren noch ein traumatisches Aneurysma entwickeln.
1 B-24.28
Dezelerationstrauma der A. subclavia Verschluss der A. subclavia links nach Abgang der A. vertebralis durch einen Intimaeinriss (1) nach Dezelerationstrauma in der DSA-Angiographie. 1
Ein arterieller Gefäßspasmus entsteht meist bei iatrogenen Manipulationen. Traumatische Gefäßspasmen lösen sich innerhalb von 24 Stunden spontan.
Ein arterieller Gefäßspasmus ist sehr selten und entsteht meist im Zusammenhang mit iatrogenen Manipulationen (Katheterangiographie, versehentliche intraarterielle Injektionen). Traumatische Gefäßspasmen (selten) lösen sich innerhalb von 24 Stunden spontan.
Diagnose. Die Diagnose einer Gefäßverletzung stützt sich auf die Ergebnisse der π klinischen Untersuchung (Anamnese, Pulsstatus, Auskultation) π Angiographie. bei V.a. auf ein thorakales Aneurysma π Rö-Thorax und ggf. π Thorax-CT/Angio-MRT.
Diagnose. Besteht vonseiten der Anamnese, des Unfallhergangs und des
Therapie. Die Therapie der Gefäßverletzung verfolgt das Ziel, den Verblutungstod zu verhindern und die betroffenen Gliedmaßen/Organe zu erhalten.
Therapie. Das Behandlungsprinzip akuter Gefäßverletzungen gliedert sich in Sofortmaßnahmen, die den Verblutungstod verhindern und die definitive chirurgische Versorgung, die dem Funktionserhalt des betroffenen Organsystems dient. Sofortmaßnahmen bestehen in der vorläufigen Blutstillung durch direkte Kompression oder Anlage eines sterilen Druckverbands. Hierbei müssen sekundäre Druckschädigungen der Nerven vermieden werden. Unter parenteraler Volumensubstitution zur Schockprophylaxe muss der Patient ohne Verzögerung der endgültigen Versorgung zugeführt werden. Die Revaskularisation erfolgt nach operativer Exploration mittels Übernähung (direkt oder mit Patchplastik), End-zu-End-Anastomose oder Interponat (Vene oder Goretexprothese), wie in 1 B-24.27 dargestellt. Ligaturen sollten nur bei
Sofortmaßnahmen bestehen in der vorläufigen Blutstillung durch direkte Kompression oder Anlage eines sterilen Druckverbands unter Vermeidung sekundärer Druckschädigungen der Nerven. Die definitive Versorgung (Revaskularisation) erfolgt nach operativer Exploration mittels Übernähung, End-zu-End-Anastomose oder
Verletzungsmusters sowie einer äußeren Blutung oder peripheren Ischämie der Verdacht auf eine arterielle Gefäßverletzung, so ist diese bei peripherer Pulslosigkeit dopplersonographisch und angiographisch zu sichern. Bei Verdacht auf eine Blutung in die Bauchhöhle kann freie Flüssigkeit sonographisch nachgewiesen werden. Ergibt sich nach Dezelerationstrauma im Röntgen-Thoraxbild eine Mediastinalverbreiterung, muss ein traumatisches thorakales Aneurysma mittels Thorax-CT und ggf. zusätzlicher Angiographie ausgeschlossen werden.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
915
24.1.10 Arterielle Aneurysmen kleinen Arterien, guter Kollateralisation (z.B. Verletzung der A. radialis bei intakter A. ulnaris), oder massiven Begleitdefekten durchgeführt werden. Ist keine Gefäßrekonstruktion möglich, erfolgt als Ultima ratio die Extremitätenamputation. Zeigt sich bei intraabdominellen Blutungen nach Laparotomie eine abgangsnahe Viszeralarterienverletzung muss diese rekonstruiert werden. Periphere Äste mit guter Kollateralisation können umstochen werden. Bei einer irreversiblen Ischämie des Darms sind die entsprechenden Abschnitte zu resezieren. Ein gesichertes thorakales Aortenaneurysma an typischer Stelle (unmittelbar distal des Aortenbogens bzw. des A.-subclavia-Abgangs) nach Dezelerationstrauma wird über eine linksseitige Thorakotomie entweder direkt übernäht oder mit einem Protheseninterponat versorgt (s.a. Kap. B-25.3.7). Die Amputationsrate nach rekonstruierten peripheren Gefäßverletzungen liegt < 5 %. Bei zentralem Gefäßtrauma können irreversible Ischämieschäden innerer Organe (Nieren, Leber, Darm) oder des ZNS (Gehirn, Rückenmark) die Prognose bestimmen. Komplikationen nach Revaskularisation (Re-Verschluss, Nachblutung, Infekt) oder nicht erkannter Gefäßverletzung (AV-Fistel, Aneurysma) stellen in der Regel eine Op-Indikation dar. Venenverletzungen können aufgrund guter Kollateralisation in der Regel ohne Folgen ligiert werden. Große Leitungsvenen (V. femoralis) müssen erhalten werden (Übernähung, ggf. Patchplastik oder Protheseninterponat). Verletzungen von Lymphgefäßen imponieren durch anhaltende Lymphfisteln. Abdominelle Lymphgefäßverletzungen verursachen einen Chylaskos, thorakale (Ductus thoracicus) einen Chylothorax. Während sich kleine Lymphfisteln spontan verschließen, müssen größere Lymphgefäße ligiert werden.
Interponat ( 1 B-24.27). Prinzipiell müssen alle peripheren und viszeralen Hauptarterien ohne Kollateralen rekonstruiert werden. Ist eine Gefäßrekonstruktion nicht möglich, erfolgt als Ultima ratio die Extremitätenamputation.
Thorakale Aortenaneurysmen werden nach linksseitiger Thorakotomie mittels Übernähung oder Protheseninterponat saniert (s.a. Kap. B-25.3.7). Die Amputationsrate bei regelrecht versorgten peripheren Gefäßverletzungen beträgt < 5 %. Komplikationen nach Gefäßrekonstruktion sind Re-Verschluss, Nachblutung, Infekt und die Entstehung eines Nahtaneurysmas. Therapie von Venenverletzungen: große Leitungsvenen werden rekonstruiert, kleine Venen können ligiert werden. Lymphgefäßverletzungen machen sich durch anhaltende Lymphfisteln bemerkbar. Heilen diese nicht spontan aus, müssen sie operativ ligiert werden.
Klinischer Fall Eine 26-jährige Patientin wird mit dem Notarztwagen in der Klinik vorgestellt, nachdem sie als angeschnallte Fahrerin in einen Verkehrsunfall verwickelt worden war, bei dem sich der Pkw überschlug. Auffällig ist eine deutliche Minderdurchblutung des linken Armes mit Pulslosigkeit der A. radialis et ulnaris. Die Angiographie der supraaor-
24.1.10
talen Äste in DSA-Technik (s. 1 B-24.28) dokumentiert einen Verschluss der A. subclavia links nach Abgang der A. vertebralis bedingt durch einen Intimaeinriss bei Dezelerationstrauma. Durch unverzügliche operative Revision konnte die Armstrombahn links revaskularisiert und somit die Gliedmaße erhalten werden.
Arterielle Aneurysmen
n Definition. Ein Aneurysma ist ein pulsierender arterieller Tumor, der entweder nach Dilatation aller Gefäßwandschichten (Aneurysma verum), oder nach Einriss der Intima/Media und Dilatation der Media/ Adventitia (Aneurysma dissecans), oder nach Gefäßwandverletzung und Dilatation des umgebenden Bindegewebes (Aneurysma spurium) entsteht.
Ätiologie. Die weitaus meisten echten Aneurysmen sind arterioskleroti-
schen Ursprungs (m : w = 10 : 1). Bevorzugte Lokalisation ist die infrarenale Aorta abdominalis. Seltener sind die A. iliaca interna, A. femoralis oder A. poplitea (90 % der peripheren Aneurysmen) betroffen. In 50–70 % bestehen multiple arteriosklerotische Aneurysmen ( 1 B-24.29). In Zusammenhang mit der arteriosklerotischen Genese bestehen folgende Begleiterkrankungen: KHK (ca. 55 %), periphere AVK (ca. 40 %), Herzinsuffizienz (ca. 30 %) sowie Diabetes mellitus und Zerebralsklerose in je 10 %. Meist multipel auftretende, kongenitale Aneurysmen stehen im Zusammenhang mit einer angeborenen Bindegewebsschwäche (Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom). Sie entstehen vor allem an den basalen Hirnarterien und der Aorta ascendens (oft mit Entwicklung einer Aortenklappeninsuffizienz), seltener sind die Viszeral- oder Nierengefäße beteiligt.
24.1.10 Arterielle Aneurysmen Definition
Ätiologie. Die weitaus meisten echten Aneurysmen sind arteriosklerotischen Ursprungs (m : w = 10 : 1) ( 1 B-24.29). Bevorzugte Lokalisation ist die infrarenale Aorta abdominalis. Periphere Aneurysmen betreffen überwiegend die A. poplitea. An Begleiterkrankungen liegen vor: KHK (55 %), pAVK (40 %), Herzinsuffizienz (30 %), Diabetes mellitus und Zerebralsklerose (je 10 %). Kongenitale Aneurysmen sind selten (Ehlers-Danlos- und Marfan-Syndrom). Prädilektionsorte liegen im Bereich des Circulus arteriosus Willisii und an der Aorta ascendens.
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916 Syphilitische Aneurysmen liegen bevorzugt am Aortenbogen und sind heute selten. Mykotische Aneurysmen entstehen nach bakteriellen Embolien durch Infektion der Gefäßwand kleinerer Arterien. Poststenotische Aneurysmen entwickeln sich durch vermehrte turbulente Strömungen hinter einer Stenose. Traumatische Aneurysmen entsprechen meist einem Aneurysma spurium. Häufigste Ursachen sind iatrogene Läsionen in der Leiste (Angiographie, perkutane Angioplastie) oder ein Gefäßtrauma (Aneurysma am Aortenisthmus nach Dezelerationstrauma).
Disseziierendes Aneurysma (s.a. Kap. B-25.3.7): Eine Aortendissektion entsteht durch einen Einriss der Intima, in den sich das Blut vorwühlt. Die konsekutive Aufspaltung der Gefäßwand verursacht ein echtes und ein falsches Lumen ( 1 B-24.30). Der Verlauf einer Aortendissektion wird bestimmt durch die Neigung, Organe von der Perfusion auszuschließen, zu rupturieren oder, nach Perforation der Dissektionsmembran nach innen, ein prognostisch günstiges Re-Entry zu schaffen, wobei jedoch weiterhin Rupturgefahr besteht.
Merke
24 Gefäßchirurgie Syphilitische Aneurysmen mit bevorzugter Lokalisation am Aortenbogen haben seit Einführung der Antibiotika deutlich abgenommen. Der Pathomechanismus dieser frühzeitig rupturierenden Aneurysmen ist die von den Vasa vasorum ausgehende Mediazerstörung. Im Rahmen septischer bakterieller Embolien (unter Ausschluss der Syphilis) kann es bevorzugt an kleineren und mittleren Arterien (seltener Aorta oder A. mesenterica superior) zu einer infektiösen Gefäßwandschädigung mit Ausbildung mykotischer Aneurysmen kommen, die frühzeitig zur Ruptur neigen. Poststenotische Aneurysmen sind Ausdruck der veränderten Hämodynamik mit verstärkten poststenotischen Turbulenzen, die die Gefäßwand ermüden. Typisches Beispiel ist ein Subklaviaaneurysma beim Thoracic-outlet-Syndrom (TOS). Traumatische Aneurysmen entwickeln sich nach spitzer oder stumpfer Gewalt mit Teildurchtrennung der Gefäßwand von innen oder außen als falsche Aneurysmen. Diese Aneurysmen entstehen gehäuft nach iatrogener Intervention im Bereich der Leiste (Angiographie, Herzkatheter, Dilatationen). Hier handelt es sich um bindegewebig umhüllte, pulsierende Hämatome mit großer Rupturneigung. Ein typisches posttraumatisches Aneurysma ist das des Aortenisthmus nach Dezelerationstrauma (Verkehrsunfall, Sturz aus großer Höhe). Weitere falsche Aneurysmen können an Anastomosen nach Gefäßprothesenimplantation entstehen. Hier liegt ursächlich meist ein Protheseninfekt vor. Ein Aneurysma dissecans (s.a. Kap. B-25.3.7) entsteht durch Aufsplitterung der Gefäßwand mit Zerstörung der Media im Rahmen einer Medianecrosis cystica Erdheim-Gsell (seltener Marfan-Syndrom, Lues, Riesenzellarteriitis), oder einer Schädigung der Intima durch Arteriosklerose. Nach Intimaeinriss entwickelt sich ein, im Bereich der Läsion nach antegrad und/oder nach retrograd vorwühlendes, die Gefäßwand disseziierendes Hämatom. Es entsteht ein zweikanaliges Gefäß mit einem durchströmten und einem nicht durchströmten Lumen ( 1 B-24.30). Je nach Lokalisation des initialen Intimaeinrisses ist die gesamte Aorta oder nur die A. abdominalis betroffen. Durch Vorwölbung des nicht durchströmten in das perfundierte Lumen können Gefäßabgänge okkludiert und entsprechende Ischämiesyndrome verursacht werden (Herz, Gehirn, Nieren, Leber, Darm, Extremitäten). Im weiteren Verlauf kann eine Perforation nach außen (Ruptur, Blutung) oder zurück in das durchströmte Lumen auftreten (prognostisch günstiges Re-Entry durch Fensterung der Dissektionsmembran), wobei jedoch weiterhin Rupturgefahr besteht. n Merke. Charakteristisch für jedes Aneurysma ist die Größenzunahme mit steigender Rupturgefahr. 50 % aller Aneurysmen rupturieren innerhalb von 10 Jahren.
1 B-24.29
Aneurysma der A. iliaca communis links
2 1 3
Arteriosklerotisch bedingtes Aneurysma der A. iliaca communis links (1) bei einem 85-jährigen Patienten in der DSA-Angiographie. Zudem zeigt sich eine Ektasie der Aorta (2) und eine Ektasie und Elongation der A. iliaca communis rechts (3).
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917
24.1.10 Arterielle Aneurysmen
1 B-24.30
Synopsis Arterielle Aneurysmen und Dissektionen
Aortenaneurysma, Morphologie und Therapie
AMI
a Mediane Laparotomie.
b Inzision des präaortalen Peritoneums.
Angiographie eines infrarenalen Bauchaortenaneurysmas (BAA).
d Ausräumen des thrombotischen Randwalls.
e Durchstechung der rückblutenden Lumbalgefäße.
f Eingenähte Rohrprothese.
c Infrarenales und biiliakales Ausklemmen der Gefäße, ggf. Ausklemmen der A. mesenterica inferior (AMI) und Eröffnen des infrarenalen BAA durch Längsinzision.
i Fakultative Reimplantation der AMI in die Aortenprothese.
g, h Verschluss der ehemaligen Aneurysmawand vor der aorto-aortalen Rohr- (g) oder aorto-biiliakalen Y-Prothese (h).
Aortendissektion, Morphologie und Therapie a Thorako-abdominelle Aortendissektion mit falschem und echtem Lumen, sowie Okklusion des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior (AMS). Stenose des Gefäßabgangs durch Dissektionsmembran
c
b Thorako-abdomineller Aortenersatz mit Implantation der Spinalgefäße, des Truncus coeliacus, der AMS und der Nierenechtes falsches Lumen arterien.
d
e
c – e Alternative: Eröffnen der Dissektionsmembran im Sinne einer Fensterung (c) mit distalem Anheften der Membran an die Aortenwand (d) und Patcherweiterungsplastik.
Komplikationen prä- und postoperativ Häufige Rupturlokalisationen und -häufigkeit: aorto-duodenale Perforation 2 %
retroperitoneale Perforation 80 %
aorto-kavale Fistelung 2 %
freie Perforation 10 %
a Bei Aortenaneurysma.
Nahtaneurysma mit aorto-intestinaler Fistel (meist Duodenum) b Nach Aortenersatz.
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918 Symptome. Aneurysmen verursachen Symptome durch Wachstum mit Organverdrängung, Penetration und Perforation und durch die Ausbildung von embolisierenden Thromben. Thorakale Aortenaneurysmen s. Kap. B-25.3.7. Abdominelle Aortenaneurysmen sind in > 90 % infrarenal lokalisiert. Sie werden symptomatisch bei Größenzunahme durch Druck auf Wirbelkörper, Ureter und Nerven, bei Penetration durch Fistel oder Blutung und bei Perforation durch ein akutes Abdomen mit Blutungsschock. Häufige Beschwerden wie Rücken- und Flankenschmerzen werden oft fehlgedeutet. Die Rupturhäufigkeit ( 1 B-24.30) nimmt ab einem Durchmesser von 4 cm deutlich zu. Im Falle einer Perforation liegt die Letalität aufgrund der Blutung (Schock) trotz Notoperation bei 50–80 %. Merke
24 Gefäßchirurgie
Symptome. Die Klinik eines an Größe zunehmenden Aneurysmas ist abhän-
gig von der Aneurysmalokalisation und den Aneurysmakomplikationen. Viele Aneurysmen weisen einen thrombotischen Randwall auf, der Ausgangspunkt für periphere Embolien (oft das erste Symptom) sein kann. Thorakale Aortenaneurysmen s. Kap. B-25.3.7. Abdominelle Aortenaneurysmen sind in über 90 % infrarenal lokalisiert. Sie werden symptomatisch bei Größenzunahme durch Druck auf Wirbelkörper, Ureter und Nerven, bei Penetration durch Fistel oder Blutung und bei Perforation durch ein akutes Abdomen mit Blutungsschock. Durch Zunahme der sonographischen Untersuchungen werden 30–50 % im asymptomatischen Stadium akzidentell entdeckt. Die Rupturhäufigkeit der Aneurysmen nimmt ab einem Durchmesser von 4 cm deutlich zu und beträgt bei einer durchschnittlichen Größenzunahme von 0,4 cm insgesamt etwa 10–15 %/anno. Die häufigsten Rupturrichtungen sind der 1 B-24.30 zu entnehmen. Im Falle einer gedeckten oder freien Perforation steht der Blutungsschock im Vordergrund. Die Letalität ist dann, trotz notfallmäßiger Operation hoch (50–80 %).
n Merke. Die in ca. 50 % durch Größenzunahme symptomatischen, infrarenalen Aortenaneurysmen werden häufig im Sinne von degenerativen Wirbelsäulenschäden, Nierenkoliken und Lumbalgien fehlgedeutet.
Periphere Aneurysmen verursachen periphere Embolien mit Ischämiesymptomen (thrombotischer Verschluss) und/oder Nervenirritationen durch lokale Verdrängung.
Periphere Aneurysmen, vor allem an der A. poplitea lokalisiert, stellen Emboliestreuherde dar, welche sich durch thrombotische Gefäßverschlüsse und durch lokale Nervenkompression bemerkbar machen können. Ein Aneurysma spurium der Leiste (pulsierendes Hämatom) neigt frühzeitig zur Ruptur.
Diagnose. Die Diagnose des Aortenaneurysmas stützt sich auf die: π Anamnese π klinische Untersuchung π Sonographie (Aneurysmalokalisation und Größe, freie Flüssigkeit intraperitoneal) π CT-Abdomen mit Kontrastmittelgabe ( 1 B-24.31) π Angiographie vor Elektiv-OP.
Diagnose. Die Diagnose des abdominellen Aortenaneurysmas erfolgt
meist sonographisch, wobei Darmgasüberlagerungen die Beurteilung erschweren können. Bei Verdacht auf Wirbelsäulenschaden angefertigte Röntgenaufnahmen der LWS lassen durch prävertebrale Verkalkungsstrukturen oft ein Aneurysma vermuten. Eine Darstellung des Aneurysmas in ganzer Länge und eine Beurteilung seiner Lokalisation (Nierenarterien) und Morphologie (Randthrombus, drohende Perforation/Penetration, Dissektionsmembran) erlaubt die Kontrast-CT ( 1 B-24.31). Die zusätzliche Angiographie dokumentiert die lokale und periphere Durchblutungssituation.
1 B-24.31
Gedeckt perforiertes Aortenaneurysma
2 3
1
CT mit Kontrastmittel bei gedeckt in das rechte Retroperitoneum perforiertem Aortenaneurysma. Es zeigt sich ein ca. 7 cm großes infrarenales Aortenaneurysma mit thrombotischem Randwall (1), 5 cm durchmessendem durchströmten Lumen (2) und kindskopfgroßem Hämatom im rechten Retroperitoneum mit flauer Kontrastmittelaufnahme (3).
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24.1.10 Arterielle Aneurysmen
Klinischer Fall 65-jähriger Patient mit zunehmenden Rückenschmerzen bei bekanntem Aortenaneurysma. Das CT-Abdomen ( 1 B-24.32 a) zeigt ein ausgeprägtes, im größten Durchmesser ca. 9 cm messendes, partiell verkalktes Aortenaneurysma mit nur geringen randständigen Thromben,
1 B-24.32
welches den Lendenwirbelkörper bereits deutlich arrodiert hat. Es besteht höchste Rupturgefahr. Der intraoperative Situs dokumentiert das fast kindskopfgroße Aneurysma ( 1 B-24.32 b). Situs nach Einnähen der aortobiiliakalen Y-Prothese aus Dacron ( 1 B-24.32 c).
Aortenaneurysma im CT-Abdomen und intraoperativer Situs des Aortenaneurysmas
a Partiell verkalktes Aortenaneurysma mit geringen randständigen Thromben im CT-Abdomen. Durch das Aneurysma bedingte Arrosion des Lendenwirbelkörpers ( Á).
b Fast kindskopfgroßes Aneurysma.
c Situs nach Einnähen einer aorto-biiliakalen Y-Draconprothese.
Therapie. Die Op-Indikation bei asymptomatischen, abdominellen Aneu-
rysmen ist abhängig vom biologischen Alter des Patienten, der Rupturwahrscheinlichkeit (Größe, Hypertonus) und den allgemeinen Risikofaktoren. Sie ist ab einem Durchmesser von 4 cm bis zum 75. Lebensjahr grundsätzlich gegeben. Entschließt man sich zur Beobachtung, sind regelmäßige sonographische Verlaufskontrollen unerlässlich. Bei symptomatischen Aneurysmen (Schmerzen) ist die Op nach Lokalisationsdiagnostik (Sono/CT) am selben Tag und bei Notfallsituationen (gedeckte oder freie Perforation) sofort gegeben. Die Operationstrategie besteht in der teilweisen Resektion des Aneurysmas und der Implantation einer aortalen Rohrprothese bzw. einer aortobiiliakalen oder aortobifemoralen Y-Prothese, wie in 1 B-24.30 zu sehen. Sind im Rahmen eines abdominellen oder thorako-abdominellen Aneurysmas Viszeralarterien oder die Nierengefäße minderperfundiert, so müssen diese revaskularisiert und in die Prothese implantiert werden. Die A. mesenterica inferior kann in der Regel folgen-
Therapie. Aufgrund der Wachstumstendenz und der Rupturgefahr ist die Op-Indikation in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand, auch bei asymptomatischen Aneurysmen ab einem Durchmesser von 4 cm bis zum 75. Lebensjahr grundsätzlich gegeben. Bei symptomatischen Aneurysmen besteht absolute, bei perforierten Aneurysmen sofortige Op-Indikation. Zur Op-Technik s. 1 B-24.30.
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24 Gefäßchirurgie los ligiert werden. Die Letalität von Elektiveingriffen liegt < 5 % und > 50 % bei Notfalleingriffen. Bei der (thorako-)/abdominellen Aortendissektion, die mit einem absteigenden Ischämiesyndrom einhergehen kann (Verschluss des Truncus coeliacus, der A. mesenterica superior, der Aa. renales) besteht oft ein LéricheSyndrom (Verschluss der Aortengabel) mit Ischämie der unteren Extremität. Wenn es der Zustand des Patienten noch zulässt, muss hier ein prothetischer Ersatz der befallenen Aorta (oft thorakoabdominell) mit Re-Implantation
Die Operationsletalität beträgt < 5 % bei Elektiv- und > 50 % bei Notfalleingriffen. Bei Aortendissektionen ist die Op-Indikation gegeben, um Ischämiesyndromen vorzubeugen. Bei gutem Allgemeinzustand sollte ein Protheseninterponat mit Re-Implantation der A. radicularis magna, der Viszeral- und Nierengefäße eingebracht werden.
1 B-24.33
Synopsis Operatives Vorgehen bei peripheren Aneurysmen
Aneurysma verum der rechten Leiste A. femoralis communis (AFC)
A. femoralis profunda (AFP) a Lateralkonvexe Schnittführung zur Versorgung eines Aneurysmas in der rechten Leiste. Die Leistenbeuge sollte nicht überschritten werden.
A. femoralis superficialis (AFS)
b Das Aneurysma wird freigelegt und proximal (AFC) sowie distal (AFS und AFP) nach systemischer Gabe von 5000 IE Heparin ausgeklemmt.
c Anschließend wird das Aneurysma längs, türflügelartig eröffnet. Rückblutende kleine Arterien werden umstochen und die Prothese (z.B. Goretex ringverstärkt) eingenäht.
b Exposition der supra- und infragenualen A. poplitea.
c Ligatur proximal und distal des Aneurysmas und Anlage eines femoro- bzw. popliteo-poplitealen Bypass.
Aneurysma der A. poplitea medialer Zugang: M. sartorius (Leitstruktur)
a Der Hautschnitt wird von proximal nach distal geführt. Der M. sartorius dient als Leitstruktur.
dorsaler Zugang: M. semitendinosus
A. poplitea V. poplitea
M. semimembranosus
N. fibularis N. tibialis
medial
lateral
a Der Hautschnitt wird von proximal-medial nach distallateral geführt.
medial
lateral
b Exposition des mittleren Poplitea-Drittels von dorsal.
c Ausklemmen der A. poplitea proximal und distal des Aneurysmas.
d Longitudinales Eröffnen des Aneurysmas und Durchstechung kleinerer Arterienabgänge von innen.
e Einnähen eines Veneninterponates (Saphena magna) mit stark angeschrägten Anastomosen (geringeres Stenoserisiko).
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24.1.10 Arterielle Aneurysmen der A. radicularis magna (Adamkiewicz-Arterie, entspringt in 80 % zwischen BWK 7 und LWK 4, essenziell zur Versorgung des Rückenmarks), der Viszeral- und Nierengefäße durchgeführt werden. Bei Dissektionen ohne Ischämiesyndrom ist die Fensterung der Dissektionsmembran ausreichend, um dem falschen Lumen ein Re-Entry zu verschaffen (s. 1 B-24.30). Periphere Aneurysmen werden entweder reseziert und mit einem Venenbzw. Protheseninterponat überbrückt oder ligiert und mittels Prothesenbypass umgangen ( 1 B-24.33). Bei falschen Aneurysmen der Leiste reseziert man das pulsierende, teilthrombosierte Hämatom und übernäht die Gefäßwandperforation. Als Komplikation nach Aortenaneurysmaoperation kann es nach Protheseninterponat, vor allem bei Arteriosklerose der Viszeralarterien, zu einer ischämischen Kolitis oder einer Gangrän des linken Hemikolons kommen (Ligatur der A. mesenterica inferior). Op-bedingt (Verletzung des Plexus hypogastricus, Umgehung der A. iliaca interna beidseits) kann beim Mann eine Impotenz resultieren bzw. eine Ureterkompression mit Abflussstörungen auftreten. Gefürchtete Spätkomplikation ist die Entwicklung einer aortointestinalen Fistel mit heftiger, meist intermittierender, oberer oder unterer gastrointestinaler Blutung nach Aortenprothesenimplantation als Ausdruck einer Nahtaneurysmabildung (falsches Aneurysma) auf dem Boden eines Protheseninfektes. Hier muss die Darmfistel übernäht, die Prothese entfernt, die Aorta verschlossen und die Blutversorgung mittels extraanatomischer, axillobifemoraler Bypässe sichergestellt werden (s. 1 B-24.16, S. 898). Die Letalität liegt im Notfall bei > 80 %.
1 B-24.34
921 Der Minimaleingriff besteht in der Fensterung der Dissektionsmembran (s. 1 B-24.30).
Periphere Aneurysmen werden reseziert und mit einem Protheseninterponat überbrückt oder mittels Prothesenbypass umgangen ( 1 B-24.33). Mögliche Komplikationen nach Protheseninterponat sind die Nachblutung, die Infektion, die ischämische Kolitis, eine Ureterkompression mit Abflussstörung und die Impotenz beim Mann. Spätkomplikationen können die Nahtaneurysmabildung bei Protheseninfekt und die Ausbildung einer aortointestinalen oder aortokavalen Fistel sein.
Aneurysma spurium (Nahtaneurysma)
a, b Kontrastmittelaustritt ( Á) in der Angiographie am Übergang zwischen linkem Prothesenschenkel und der A. femoralis communis.
c
Op-Situs mit exponiertem Aneurysma
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922
24 Gefäßchirurgie
Klinischer Fall 69-jähriger Patient mit Anlage einer aortobifemoralen Y-Prothese vor 2 Jahren. Jetzt besteht eine pulsierende Schwellung im Bereich der linken Leiste. Die Angiographie ( 1 B-24.34 a + b) dokumentiert einen Kontrastmittelaustritt am Übergang zwischen linkem Prothesen-
24.1.11 Arteriovenöse Fisteln Definition
Ätiologie. Arteriovenöse Fisteln sind in ca. 30 % angeboren ( 1 B-24.35). Sie sind häufig mit anderen Gefäßmissbildungen kombiniert (Klippel-TrenaunaySyndrom, Sturge-Weber-Syndrom).
Etwa 70 % der AV-Fisteln sind erworben. Sie entstehen iatrogen (Angiographie, Punktion, Massenligatur u.a.), durch Fremdeinwirkung (Schuss, Messerstich, Pfählung) oder spontan (tumorbedingt) ( 1 B-24.35). Symptome. Die akute, großvolumige AV-Fistel verursacht eine akute Hypovolämie durch »Verbluten« nach innen und eine akute Herzinsuffizienz.
Die chronische AV-Fistel kann sich als pulsierender Tumor mit Maschinengeräusch, als einseitige chronisch venöse Insuffizienz (Varikosis mit pulsierenden Varizen), eine periphere arterielle Ischämie mit Claudikatiosymptomatik oder als Herzinsuffizienz mit Kardiomegalie manifestieren. Als Folge eines erniedrigten arteriellen PO2 kann sich eine Polyglobulie entwickeln.
Diagnose. Die Diagnose peripherer AV-Fisteln stützt sich auf die klinische Untersuchung (pulsierender Tumor, Maschinengeräusch, Varikose), den Nicoladoni-Branham-Test, die DopplerSonographie, die Messung des HZV und venösen PO2 (erhöht), sowie die Angiographie.
24.1.11
schenkel und A. femoralis communis links im Sinne eines Aneurysma spurium. Die linke Leiste wird freigelegt und das Aneurysma exponiert ( 1 B-24.34 c). Nach Aneurysmaresektion erfolgt die Rekonstruktion unter Zuhilfenahme eines kurzen Goretex-Interponates.
Arteriovenöse Fisteln
n Definition. Unter arteriovenösen Fisteln (AV-Fistel) versteht man eine direkte, pathologische Kurzschlussverbindung zwischen dem arteriellen Hochdruck- und dem venösen Niederdrucksystem.
Ätiologie. Arteriovenöse Fisteln sind entweder bereits kongenital angelegt
(30 %) oder werden im Laufe des Lebens erworben (70 %) ( 1 B-24.35). Kongenitale Fisteln sind die Folge von Differenzierungsstörungen des Kapillarplexus bzw. persistierenden Gefäßkurzschlüssen. Sie treten als lokalisierte tumoröse Längsachsenkurzschlüsse mit kavernösen Hohlräumen (Typ III nach F.P. Weber, sog. Rankenangiom) im Bereich der Kopf- und Gehirngefäße, als generalisierte Form (Typ II, F.P.-Weber-Syndrom) mit zwischengeschalteten angiomatösen Gefäßen im Bereich der Extremitäten, oder als Einzelshunts (Typ I, Ductus Botalli apertus) auf. Sie sind häufig mit anderen Gefäßmissbildungen kombiniert (Klippel-Trenaunay-Syndrom, SturgeWeber-Syndrom). Innere Organe (Lunge, Nieren, Milz) können ebenfalls kongenitale Fisteln aufweisen. Bei der Genese erworbener AV-Fisteln werden traumatische (Schuss, Stich), iatrogene (Angiographie, Nierenpunktion, Massenligatur) und spontane Ursachen (Gefäßkurzschlüsse in Tumoren, z.B. Hypernephrom; Ruptur eines arteriellen Aneurysmas in die begleitende Vene) unterschieden ( 1 B-24.35).
Symptome. Die Klinik ist abhängig von der Fistellokalisation, dem Fistelvo-
lumen und der Geschwindigkeit der Fistelentstehung. Bei einer akuten, großvolumigen AV-Fistel entsteht eine akute Hypovolämie durch »Verbluten« in das eigene venöse Niederdrucksystem. Kompensatorisch entwickelt sich eine Vasokonstriktion nicht betroffener Gefäßabschnitte und eine Erhöhung des Herzzeitvolumens, u.a. durch Zunahme des Blutvolumens (10 Liter und mehr). Dies kann eine akute Herzinsuffizienz zur Folge haben. Bei der chronischen AV-Fistel imponiert lokal das Bild einer venösen Stauung mit pulsierenden Venen und den Symptomen einer chronisch venösen Insuffizienz (Stauungsulzera). Zudem kann eine periphere arterielle Minderperfusion mit Claudikatiosymptomatik bestehen. Über der Fistel ist ein Schwirren palpabel und ein Maschinengeräusch auskultierbar. Durch Fistelkompression kommt es zur Pulsverlangsamung und zum Blutdruckanstieg (Nicoladoni-Branham-Test). Auf dem Boden des chronisch erhöhten Herzminutenvolumens entsteht längerfristig eine Kardiomegalie mit Herzinsuffizienz. Auf dem Boden einer aortokavalen Fistel kann ein portaler Hypertonus mit allen Folgeerscheinungen (Ösophagusvarizen) entstehen. Als Folge eines erniedrigten arteriellen PO2 kann sich eine Polyglobulie entwickeln.
Diagnose. Bei peripheren AV-Fisteln ist bereits die klinische Untersuchung
richtungweisend (einseitige massive Varikosis, Maschinengeräusch, Nicoladoni-Branham-Test). Ausgeprägte einseitige Varizen bei jungen Patienten mit lokalisiertem Riesenwuchs legen ein kongenitales Fistelleiden nahe. Eine Messung des Herzzeitvolumens und ein Röntgen-Thorax (Herzverbreiterung) können den Verdacht erhärten. Die Sauerstoffsättigung im venösen Blut ist erhöht, wenn es aus der Fistel gespeist wird. Die Lokalisation der Fistel ist dopplersonographisch möglich, die genaue Morphologie der Fistel lässt sich nur mittels Angiographie der Fistelregion erfassen.
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24.1.11 Arteriovenöse Fisteln
1 B-24.35
Synopsis Arteriovenöse Fisteln: Ätiologie, Morphologie und Therapie
Ätiologie kongenital (~30 %) •offener Ductus Botalli •Klippel-Trenaunay-Syndrom •Sturge-Weber-Syndrom •F.P.-Weber-Syndrom •Rankenangiome u.a.
Morphologie
Therapie
singulär (Typ I) z.B. offener Ductus Botalli direkt
Resektion, Naht
indirekt
Resektion, Patchplastik und Interponat
periphere Fisteln
4-Punkt-Ligatur
multipel (Typ II)
generalisierte Form
(Typ III)
tumoröse Form
•Separationsverfahren • Skelettierungsoperation •ggf. Katheterembolisation •ggf. Amputation
erworbene (~70 %) •traumatisch (Stich, Schuss u.a.) • iatrogen (Punktion, Angio u.a.) •spontan (Tumor, Aneurysma)
typische traumatische oder iatrogene AV-Fistel (z.B. Leiste)
Verschluss der Fistel durch Naht nach Venotomie oder Arteriotomie
Therapie. Die Spontanheilung einer AV-Fistel ist nicht zu erwarten. Die The-
Therapie. Die Spontanheilung einer AV-Fistel ist nicht zu erwarten. Die Therapie der Wahl besteht in der Beseitigung der Fistel unter Erhalt der Gefäßstrombahn ( 1 B-24.35). In Abhängigkeit der Fistellokalisation, Morphologie und des Fistelvolumens werden chirurgische oder radiologisch-interventionelle Verfahren eingesetzt.
Prognose. Die Prognose ist bei erworbenen Fisteln in der Regel günstig.
Die Prognose ist bei erworbenen Fisteln in der Regel günstig, kongenitale Fisteln können progredient verlaufen.
rapie der Wahl besteht in der Beseitigung der Fistel unter Erhalt der Gefäßstrombahn ( 1 B-24.35). In Abhängigkeit der Fistellokalisation, Morphologie und des Fistelvolumens werden chirurgische oder radiologisch-interventionelle Verfahren eingesetzt. Wenn möglich sollten Fisteln im Kopf-/Hirnbereich und an den Extremitäten reseziert werden (Separationsverfahren). Bei multiplen, langstreckigen peripheren AV-Fisteln (z.B. F.P.-Weber-Syndrom) müssen die Stammgefäße langstreckig präpariert werden (Skelettierungsoperation). Bei Fisteln distal der Ellenbeuge bzw. des Kniegelenks ist eine Ligatur der zu- und abführenden Gefäße erlaubt (Vierpunktligatur). AV-Fisteln im Bereich parenchymatöser Organe (z.B. Hämangiome der Leber, AV-Fisteln in inoperablen Tumoren) können alternativ im Rahmen einer selektiven Katheterangiographie durch Injektion von Mikrosphären aus Kunststoff, Gel-Foam oder Metallcoils (Spiralen) embolisiert werden.
Kongenitale AV-Fisteln (F.P.-Weber-Syndrom) zeigen oft einen progredienten Verlauf und sind häufig nicht rekonstruktiv sanierbar. Zudem neigen sie zu Rezidiven proximal eines zuvor operierten Fistelabschnitts. Gelegentlich muss amputiert werden.
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24 Gefäßchirurgie
24.1.12 Sonderform der AV-Fistel: Der Hämodialyseshunt π Shuntformen: Für die passagere Dialyse (akutes Nierenversagen) werden großlumige Doppellumenkatheter über die V. jugularis oder V. subclavia eingelegt. Für eine Dauerdialyse sind diese Systeme wegen der Infektions- und Thromboseneigung nicht geeignet. Deshalb muss eine AV-Fistel, bevorzugt zwischen der
1 B-24.36
24.1.12
Sonderform der AV-Fistel: der Hämodialyseshunt
Shuntformen: Für die passagere Dialyse (akutes Nierenversagen) werden großlumige Einlumen- (Shaldonkatheter) oder Doppellumenkatheter (Marhurkakatheter) über die V. jugularis, V. subclavia oder V. femoralis eingelegt, über die eine sog. Single-needle-Dialyse möglich ist. Bei terminal niereninsuffizienten Patienten, bei denen die Entsorgung harnpflichtiger Substanzen sowie die Entwässerung mit Hilfe der Dialyse aufrechterhalten werden muss (Dauerdialyse), sind diese Systeme wegen der Infektions- und Thromboseneigung nicht geeignet. Zur Durchführung der Hämodialyse ist π
Synopsis Gebräuchliche Formen des Hämodialyseshunts
Arteriovenöse Dialyseshunts: Unterarm Brescia-Cimino-Fistel (handgelenknah)
Oberarm strömungsdynamisch günstig, knickgefährdet
Cephalicashunt V. basilica V. cephalica
A. radialis
V. mediana cubiti A. brachialis V. cephalica antebrachii
A. radialis
7,0 Faden, fortlaufend End zu Seit, »Smooth loop«
A. ulnaris
Arteriovenöse Dialyseshunts mit Protheseninterponat (Goretex oder V. saphena magna): Unterarm Straight-Graft V. cephalica V. basilica
Oberarm Shuntschleife V. basilica/ mediana cubiti
Shuntschleife
Oberschenkel Shuntschleife
M. pectoralis major M. deltoideus
A. brachialis
V. mediana cubiti
A. femoralis communis V. saphena magna
V. axillaris A. ulnaris
V. femoralis profunda
A. radialis V. cephalica antebrachii V. basilica
A.brachialis
V. mediana cubiti V. cephalica antebrachii
V. basilica/ mediana cubiti A. brachialis
N. medianus
A. femoralis communis V. saphena magna V. femoralis profunda
Goretex A. radialis
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24.1.13 Angiome und Angiodysplasien ein sicherer, gut punktierbarer Gefäßabschnitt notwendig, der einen ausreichenden Flow (ca. 200 ml/min) aufweist. Da subkutane Venen diese Voraussetzung nicht erfüllen, muss der Flow durch Anlage von AV-Fisteln auf das notwendige Maß erhöht werden. Grundsätzlich sollen Shunts zunächst am nicht dominanten Arm und möglichst peripher angelegt werden. Sind nach wiederholter Shuntanlage keine shuntfähigen Venen mehr vorhanden, muss auf die Verwendung von Gefäßprothesen (PTFE) zurückgegriffen werden. Die Anlage von Dialyseshunts hat sich in folgenden Lokalisationen bewährt ( 1 B-24.36). π Brescia-Cimino-Fistel zwischen A. radialis und V. cephalica antebrachii π Cephalica-Fistel zwischen A. brachialis und V. mediana cubiti. AV-Fisteln unter Verwendung von Goretex-Prothesen: π Straight-Graft Unterarm zwischen A. radialis und V. mediana cubiti/V. basilica π Unterarmshuntschleife zwischen proximaler A. radialis, A. brachialis und V. mediana cubiti π Oberarmshuntschleife zwischen distaler A. brachialis und V. axillaris π Oberschenkelshuntschleife zwischen A. femoralis communis und V. femoralis. Shuntkomplikationen: Frühkomplikationen bestehen in der Nachblutung, dem Shuntfrühverschluss sowie der Infektion (< 5 %). Spätkomplikation sind das Shuntaneurysma, die Shuntstenose, der Verschluss und der Infekt. Wenn keine Komplikationen auftreten, kann die Funktionsdauer eines Dialyseshunts mehrere Jahre betragen.
π
24.1.13
Angiome und Angiodysplasien
n Definition. Unter der Bezeichnung Angiom werden Gefäßerweiterungen (Angiektasien und Angiodysplasien), Gefäßkonvolute (Hamartome) und Gefäßtumoren (Hämangiome/Hämangioblastome) zusammengefasst.
Ätiologie. Teleangiektasien, d.h. Erweiterungen bestehender Kapillaren,
können erworben (Spider naevus = N. araneus, Besenreiser) oder angeboren (Naevus flammeus) sein. Handelt es sich um Feuermäler in der Mittellinie des Nackens, des Oberlides oder der Nasenwurzel, können Spontanremissionen auftreten. Bei lateralen, mit dem befallenen Körperteil mitwachsenden Feuermälern, kann ein F.P.-Weber- oder ein Klippel-Trenaunay-Syndrom vorliegen. Eine Verödung der Nävi kann mit dem Argon-Laser erfolgen. Die Teleangiectasia hereditaria haemorrhagica (Morbus Osler-Rendu) ist eine autosomal dominant vererbte Erkrankung mit multiplen Angiektasien der Haut, Schleimhäute und inneren Organe (Gastrointestinaltrakt, Luftund Harnwege), die ab der Pubertät progredient zu Blutungen führen können. Oft besteht eine Blutungsanämie. Therapeutisch kommen endoskopische Methoden der Blutstillung (Sklerosierung, Laser) zur Anwendung. Angiodysplasien entsprechen gestreckten, erweiterten Venolen und Kapillaren der Mukosa und Submukosa. Sie können im gesamten Gastrointestinaltrakt auftreten, werden aber bevorzugt im rechten Hemikolon und terminalen Ileum beobachtet. Blutungen aus Angiodysplasien manifestieren sich selten vor dem 55. Lebensjahr. Besteht bei Patienten dieser Altersgruppe eine gastrointestinale Blutung mit radiologisch (Angiographie, Szintigraphie) und endoskopisch nicht lokalisierbarer Blutungsquelle, so liegt dieser mit großer Wahrscheinlichkeit eine Angiodysplasie zugrunde. Lässt sich die Angiodysplasie endoskopisch sichern, sollte die Blutstillung endoskopisch erfolgen. In seltenen Fällen ist eine Darmresektion indiziert. Glomangiome (Masson-Tumor) bestehen aus kleinen, gutartigen, im Unterhautgewebe der Endphalangen (selten Zunge, Nase, Lippen, Penis) gelegenen, rot-bläulichen Angiomyoneuromen (DD: malignes Melanom). Der Glomus (Hoyer-Grosser-Organ, wichtig für die Steuerung der Hautdurchblutung und des Wärmehaushalts) ist ein abgekapseltes, knäuelartiges Gefäßge-
A. radialis und der V. cephalica antebrachii des nicht dominanten Armes angelegt werden (Brescia-Cimino-Fistel), um einen ausreichenden Flow zu gewährleisten. Die gebräuchlichen Dauerdialyseshuntformen sind in 1 B-24.36 dargestellt.
Shuntkomplikationen sind die Nachblutung, der Frühverschluss, die Shuntinfektion, die Shuntstenose mit -thrombose und das Shuntaneurysma.
π
24.1.13 Angiome und Angiodysplasien Definition
Ätiologie. Teleangiektasien sind durch Aufweitungen bestehender Kapillaren bedingt. Bei gestörter Kosmetik kann eine Behandlung durch Argon-Laser durchgeführt werden.
Multiple Teleangiektasien der Haut, Schleimhäute und an inneren Organen in Rahmen des hereditären Morbus Osler-Rendu können zu blutungsbedingten Anämien führen. Hier sind endoskopische Methoden der Blutstillung angezeigt. Angiodysplasien stellen bei älteren Patienten ( > 55 Jahre) eine häufige Ursache für eine untere gastrointestinale Blutung dar. Ist eine endoskopische Blutstillung nicht erfolgreich, ist bei rezidivierenden Blutungsepisoden eine Darmresektion indiziert.
Das Glomangiom (Masson-Tumor) entspricht einem sehr druckschmerzhaften, meist subungualen, punktförmigen Gefäß-Nerven-Tumor, der vererbt werden kann.
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926 Die Therapie besteht in der Exstirpation.
Gutartige Hämangiome/Hämangioblastome entsprechen einer tumorähnlichen Ansammlung echter Gefäßneubildungen, die sich in kapillare und kavernöse Hämangiome gliedern lassen. Kapillare Hämangiome treten bevorzugt am Kopf, seltener am Stamm auf. Bei guter Rückbildungstendenz ist eine operative Therapie nur bei Größenzunahme mit Irritation anderer Organe indiziert. Kavernöse Hämangiome (Blutschwamm) der Haut werden oft durch Ulzerationen und Blutungen symptomatisch. Auch innere Organe (vor allem die Leber) können Hämangiome aufweisen. Die Therapie symptomatischer Hämangiome besteht in der Exzision oder Embolisation (bei Inoperabilität).
Diffuse Hämangiomatosen treten im Rahmen hereditärer Erkrankungen auf.
Das Hämangioendotheliom und Hämangioperizytom neigen zur Entartung und sollten daher exzidiert werden.
24 Gefäßchirurgie bilde, welches aus einer arteriovenösen Anastomose mit dickwandiger afferenter Arterie, präterminaler Arteriole und efferenter Vene aufgebaut ist. Die Ausbildung von Glomustumoren wird oft dominant vererbt. Sie wachsen langsam (subungual). Charakteristisch sind anfallsweise auftretende heftigste Schmerzen. Die kurative Therapie besteht in der Resektion. Gutartige Hämangiome/Hämangioblastome bestehen aus autonomen, von den Gefäßwänden ausgehenden, tumorähnlichen Geschwülsten. Es handelt sich um echte Gefäßneubildungen mit unterschiedlicher Wachstumstendenz. Spontanremissionen sind nicht selten. Man unterscheidet im Wesentlichen kapillare und kavernöse Hämangiome. Kapillare Hämangiome werden nach der Geburt in planotuberöser oder tuberonodöser Form bevorzugt am Kopf (Stirn, Oberlider, Mund), seltener am Stamm beobachtet. Wegen ausgeprägter Rückbildungstendenz der benignen Angiome innerhalb von 2–5 Jahren ist eine operative Therapie nur bei Größenzunahme mit Irritation anderer Organe (Orbita, Larynx) indiziert. Eine Argonlaserbestrahlung kann zur Rückbildung der Läsionen führen. Kavernöse Hämangiome (Blutschwamm) unterscheiden sich von der kapillaren Form durch Ausbildung von blutgefüllten Hohlräumen, die bei entsprechender Größe thrombosieren können. Sie zeigen nur eine mäßige Rückbildungstendenz. In der Haut gelegene kavernöse Hämangiome neigen zu Ulzeration und Blutung. Ein häufiger von kavernösen Hämangiomen betroffenes inneres Organ stellt die Leber dar. In seltenen Fällen können Leberhämangiome nach Größe und Lage durch Verdrängung anderer Organe, Ikterus, Aszites oder Ruptur mit Blutung in die freie Bauchhöhle symptomatisch werden. Eine Rarität bilden Hämangiome in Wirbelkörpern, Gehirn, Hirnhäuten und Nerven. Besteht wegen Größenzunahme oder Komplikationen Handlungsbedarf, sollte das Hämangiom reseziert werden. Alternativ besteht, im Falle einer Inoperabilität, die Möglichkeit der Embolisation im Rahmen einer selektiven Angiographie. Diffuse Hämangiomatosen gehen im Rahmen hereditärer Erkrankungen mit multiplen Hämangiomen in zahlreichen inneren Organen, dem Skelett, der Haut und dem ZNS einher (z.B. Hippel-Lindau-, Sturge-Weber-Krabbe-, Klippel-Trenaunay-, Osler-Rendu- oder Maffucci-Syndrom). Hämangioendotheliom (Wucherung aus Blutgefäßen und endothelialisierten Hohlräumen) und Hämangioperizytom (von der Adventitia ausgehende Gefäßwucherungen) sind seltene, potenziell maligne Gefäßtumoren, die stets weit im Gesunden entfernt werden sollten.
Maligne Hämangioblastome
Maligne Hämangioblastome
Man unterscheidet: π Hämangiosarkom
Hoch maligne, völlig entdifferenzierte, von den Gefäßen ausgehende, nicht weiter klassifizierbare Tumoren werden unter der Bezeichnung Hämangiosarkom zusammengefasst. Demgegenüber ist das maligne, sarkomatöse Hämangioendotheliom aus mehrschichtigen, entdifferenzierten Endothelmassen aufgebaut. Dieser Tumor kann in Schilddrüse, Leber, Haut, Herz, Lunge, im Gastrointestinaltrakt sowie in den langen Röhrenknochen auftreten. Seltene Angioleiomyosarkome werden bisweilen im Bereich der abdominellen V. cava diagnostiziert. Selbst nach radikaler Resektion ist die Prognose wegen frühzeitigem Auftreten von Lungen- und Lebermetastasen schlecht. Das seltene maligne Hämangioperizytom (Stouts-Tumor) wächst hauptsächlich am Oberschenkel und retroperitoneal (als Nierensarkom). Die einzige Therapie der Angiosarkome mit kurativem Ansatz ist die frühzeitige, radikale Exstirpation. Das multiple idiopathische hämorrhagische Sarkom ist unter dem Begriff Kaposi-Sarkom bekannt. Es ist gekennzeichnet durch zunächst symmetrisch in der Haut der Füße und Unterschenkel auftretende, schmerzhafte, rot-violette, derb-elastische Knoten (Granulome mit Gefäßneubildungen), die sich im weiteren Verlauf auch am Stamm und den Händen ausbreiten und in innere Organe metastasieren. Es besteht eine Koinzidenz mit malignen Erkrankungen des retikuloendothelialen Systems. Ein langjährig progre-
π
π
sarkomatöses Hämangioendotheliom
Angioleiomyosarkom
Hämangioperizytom (StoutsTumor) Die einzige Therapie der Angiosarkome mit kurativem Ansatz ist die frühzeitige, radikale Exstirpation. π
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24.2 Erkrankungen der Venen dienter Verlauf ist kennzeichnend für die Erkrankung, eine kurative Therapie ist nicht bekannt. Seit Erstbeschreibung des infektiösen Immundefektsyndroms AIDS wird das Kaposi-Sarkom gehäuft als Komplikation dieser Erkrankung beobachtet. Als Ursache für die gehäufte Koinzidenz wird eine Infektion mit dem humanen Herpes-Virus 8 (HHV 8) vermutet (s. a. Kap. A-3.11.1). Karotis-Glomus-Tumor (Chemodektom). Das Glomus caroticum entspricht einem nonchromaffinen Paraganglion, welches gut vaskularisiert in der Adventitia der Karotisgabel gelegen ist und als Chemorezeptor fungiert. Bei tumorösem Wachstum drohen maligne Entartung und Gefäßkompression. Der Tumor ist im Trigonum caroticum palpabel und sonographisch hinter der Karotisgabel darstellbar (DD: thrombosiertes Aneurysma der Karotisgabel). Die Diagnose wird durch eine Angiographie gesichert, welche eine Aufspreizung der Karotisgabel durch einen reich vaskularisierten Tumor zeigt. Bei der chirurgischen Exstirpation ist der Tumor oft von der Gefäßwand nicht zu trennen, sodass diese häufig mitreseziert und anschließend rekonstruiert werden muss (vor allem A. carotis interna).
Das Kaposi-Sarkom tritt gehäuft in seiner epidemiologischen Form im Rahmen einer HIV-Infektion, mit generalisiertem, multizentrischen Befall auf, bei dem zuletzt auch innere Organe betroffen sind (s. a. Kap. A-3.11.1). Karotis-Glomus-Tumor. Es handelt sich um einen Tumor des in der Karotisgabel gelegenen Paraganglions (Chemorezeptor), welcher durch Verdrängung der A. carotis symptomatisch wird. Die Diagnose wird durch Angiographie gesichert. Die Therapie besteht in der Resektion mit häufig notwendiger Rekonstruktion der A. carotis.
24.2
Erkrankungen der Venen
24.2
24.2.1
Grundlagen
24.2.1 Grundlagen
Den Venen kommt die Aufgabe zu, das Blut zum Herzen zurückzubefördern. Sie enthalten ca. 85 % des Blutvolumens (Kapazitätssystem/Volumenregulation). Bedingt durch die aufrechte Körperhaltung, sind die Venen der unteren Extremität beim Menschen besonders belastet, da die Blutsäule gegen die Schwerkraft angehoben werden muss. Demzufolge sind Venenerkrankungen in dieser Region häufig. Nahezu 15 % der Bundesbürger leiden an einer Stammvarikosis unterschiedlicher Ausprägung. Über die Hälfte dieser Patienten ist in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt, ca. 1⁄4 scheidet vorzeitig aus dem Erwerbsleben aus. Das Venensystem der unteren Extremität gliedert sich in ein oberflächliches, epifasziales System und ein parallel dazu intermuskulär verlaufendes, tiefes Beinvenensystem. Beide Systeme sind durch Perforans- und Kommunikansvenen miteinander verbunden, die zielgerichtet (Venenklappen) Blut vom oberflächlichen in das tiefe System dränieren. Das tiefe Beinvenensystem, welches 85 % des venösen Rückstroms bewältigt, wird durch die Muskelpumpe der Wadenmuskulatur und die Funktion der Venenklappen, die einen unidirektionalen Blutfluss sicherstellen, unterstützt. Zusätzlich werden im Ruhezustand Pulswellen der Arterien auf die begleitenden Venen übertragen. Die Mechanismen der kontrahierenden Beinmuskulatur und der Pulswelle gelten nicht für das epifasziale System. Aufgrund der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Venenleiden und der Beeinträchtigung des Einzelnen besteht die Notwendigkeit, Risikofaktoren zu vermeiden (Prophylaxe) und preiswerte, nicht invasive Untersuchungen einzusetzen, um Venenerkrankungen frühzeitig erkennen und vor Eintritt der Komplikationen behandeln zu können. Aus klinischer Sicht hat sich die folgende Einteilung der Venenerkrankungen bewährt ( 2 B-24.7).
2 B-24.7
Erkrankungen der Venen
Die Venenfunktion, das Blut zum Herzen zurückzuführen, wird beim Menschen, bedingt durch die oft stehende oder sitzende Tätigkeit, behindert. Dadurch treten gehäuft Erkrankungen des Beinvenensystems auf. 15 % der Erwachsenen leiden unter Krampfadern, 50 % davon mit Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Das Venensystem der Beine gliedert sich in: π oberflächliches, epifasziales Stammvenensystem (enthält ca. 15 % des Beinvenenblutes) π subfasziales, tiefes System (transportiert ca. 85 % des Beinvenenblutes). Die Verbindung beider Systeme besteht durch Perforans- und Kommunikansvenen. Venenklappen gewährleisten die regelrechte Flussrichtung des Blutes vom oberflächlichen in das tiefe System. Zusätzlich werden Pulswellen der Arterien auf die begleitenden Venen übertragen.
Einteilung der Venenerkrankungen nach 2 B-24.7.
Einteilung der Venenerkrankungen
Erkrankungen des oberflächlichen Venensystems N akut n Thrombophlebitis N chronisch n primäre Varikosis Erkrankungen des tiefen Venensystems N akut n Phlebothrombose Phlegmasia coerulea dolens N chronisch n postthrombotisches Syndrom (PTS) sekundäre Varikosis
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24 Gefäßchirurgie
Phlebologische Untersuchungstechnik Klinische Untersuchung
Phlebologische Untersuchungstechnik
Die klinische Untersuchung beinhaltet: π Anamnese (Adipositas, Schwangerschaft, Beruf, Sport, Tumorleiden) π Inspektion (Venenzeichnung, Ödeme, Pigmentstörungen, Rötung, Ulzera) π Palpation (Indurationen, Venenstränge, Schmerzpunkte, Überwärmung, Faszienlücken) π Beinumfangsmessung π Venenfunktionstest ( 2 B-24.8).
Nach allgemeiner Anamneseerhebung unter Berücksichtigung der Familienanamnese, der Inspektion am stehenden entkleideten Patienten (Lokalisation von Venenveränderungen, Hautveränderungen, Ulzera und Schwellungszuständen), der Palpation (Schmerzhaftigkeit von Venensträngen, Lokalisation, Ausdehnung und Konsistenz von Schwellungen/Ödemen, Faszienlücken, Schmerzpunkte, lokale Überwärmung) und der Messung des Beinumfangs im Seitenvergleich an festgelegten Stellen haben sich folgende Venenfunktionstests für die Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Stammvenenklappen, des tiefen Venensystems und der Perforansvenen bewährt ( 2 B-24.8).
2 B-24.8
Klinische Untersuchung
Phlebologische Untersuchungstechnik
Klinische Untersuchung
Funktionstests
Bildgebende Untersuchungsverfahren
N Anamnese: familiäre Vorben lastung, Schwangerschaften, stehende Tätigkeit, Adipositas, Alter, Rauchgewohnheiten, Vorerkrankungen (Tumorleiden, Frakturen), Medikamente (Steroide), Sport (Body-Building), Vor-Operationen
N Brodie-Trendelenburg-Test: n (Nachweis einer Perforans-/ Stammvenenklappeninsuffizienz)
N Doppler-Sonographie: Nachweis einer V.-cavan Thrombose oder tiefen Beinvenenthrombose im Becken- u. Oberschenkelbereich, Nachweis insuffizienter Perforansvenen und Venenklappen bei Varikosis (Refluxdiagnostik, Provokation durch Druck und Entlastung sowie ValsalvaPressversuch) N Sonographie: Lokalisation und Ausprägung n (okklusiv/nicht okklusiv) von Thromben der Becken- und Oberschenkelstrombahn, Altersbestimmung von Thromben durch Abbildung der Venenwandreaktion und Thrombusdichte möglich
N Inspektion: Venenzeichnung, n Varizentyp, Pigmentstörungen, Ödeme, Rötungen, Ulzera
N Perthes-Test: (indirekter Test n zur Durchgängigkeit der tiefen Beinvenen und Perforansvenen)
N Venenverschlussplethysmographie: Nachweis n von Transportstörungen bei der Stammvarikosis und bei tiefen Beinvenenthrombosen durch Dokumentation einer verminderten venösen Dränagefähigkeit und einer verminderten venösen Transportkapazität
N Palpation: Venenstränge, Indun rationen, Überwärmungen, Schmerzpunkte, Faszienlücken
N Mahorn-Ochsner-Test: (Nachn weis und Lokalisation insuffizienter Perforansvenen)
N Lichtreflexrheographie: Früherkennung einer n chronischen Beinvenentransportinsuffizienz bei der Stammvarikosis und der tiefen Bein-/Beckenvenenthrombose
N Umfangmessung der Extremin täten im Seitenvergleich in cm, morgens und abends
N Labordiagnostik: Blutbild, n BSG, Gerinnungsparameter, ggf. Eiweißelektrophorese, ggf. Radiofibrinogentest
N Phlebographie: Darstellung des Venensystems n mit seinen anatomischen Variationen und pathologischen Veränderungen (Lokalisation und Ausmaß von Varizen, Venenthrombosen sowie Venenkompressionen von außen)
Der Brodie-Trendelenburg-Test dient zum Nachweis von Klappeninsuffizienzen der Perforans- und Stammvenen.
Der Perthes-Test beurteilt die Funktion der Perforans- und tiefen Beinvenen.
Der Brodie-Trendelenburg-Test dient dem Nachweis einer Klappeninsuffizienz im Bereich der Perforans- und Stammvenen. Nach Ausstreichen der Varizen am erhobenen Bein beim liegenden Patienten wird unterhalb der Leiste bzw. der V.-saphena-magna-Einmündung ein Stauschlauch angelegt. Füllen sich die Varizen innerhalb der nächsten 30 Sekunden beim stehenden Patienten schnell auf, spricht dies für insuffiziente Perforansvenen. Füllt sich die V. saphena magna zunächst nicht und nach Lösen der Staubinde schnell, so besteht eine Insuffizienz der V.-saphena-magna-Mündungsklappe bei suffizienten Perforansklappen. Der Perthes-Test beurteilt indirekt die Durchgängigkeit der tiefen Beinvenen und die Funktion der Vv. perforantes. Am stehenden Patienten mit Varizen werden die oberflächlichen Venen mit einem Stauschlauch oberhalb des Knies komprimiert. Nach Betätigung der Wadenmuskelpumpe (mehrfacher Zehenspitzenstand, Umhergehen) spricht eine weitgehende Entleerung der Varizen für funktionstüchtige Perforansklappen bei intakten tiefen Bein-
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24.2.2 Thrombophlebitis
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venen. Eine unveränderte oder zunehmende Füllung der Varizen ist Hinweis für eine Perforansinsuffizienz und/oder eine Strömungsbehinderung in den tiefen Beinvenen. Der Mahorn-Ochsner-Test erlaubt die Höhenlokalisation insuffizienter Perforansvenen. Hierbei werden 2 Stauschläuche im Abstand von 5 cm stufenweise am Bein nach oben verschoben. Im Bereich einer insuffizienten Perforansvene füllen sich die oberflächlichen Venen zwischen den Staubinden auf.
Der Mahorn-Ochsner-Test erlaubt die Lokalisation insuffizienter Perforansvenen.
Bildgebende Untersuchungsverfahren Apparative Untersuchungsverfahren sind geeignet, pathologische Befunde am Venensystem genau zu lokalisieren, zu quantifizieren und reproduzierbar zu dokumentieren ( 2 B-24.8). Die Doppler-Sonographie ist die wichtigste, nicht invasive bildgebende Untersuchungsmethode in der Phlebologie. Mit ihr können die Blutströmungsrichtung und die atemabhängige Blutströmungsgeschwindigkeit über verschiedenen Venenabschnitten gemessen werden. Es lassen sich so Verschlüsse der Becken- und Oberschenkelstammvenen (kein Flow, ggf. höhere Flussgeschwindigkeit über Kollateralen) sowie Insuffizienzen der Stammvenen-, Mündungs- (Saphena-Crossen-Klappe) und Perforansvenenklappen (Strömungsumkehr im Valsalva-Pressversuch) nachweisen. Mit der farbkodierten Doppler-Sonographie können bei idealen Untersuchungsbedingungen oft sogar die Strömungsverhältnisse der tiefen Unterschenkelvenen abgebildet werden. Die konventionelle Sonographie ermöglicht in der Hand des Geübten die Darstellung von Thrombosen in Knie-, Oberschenkel- und Beckenvenen. Durch unterschiedliche, vom Organisationsgrad des Thrombus abhängige Echotextur und Ausprägung der perivenösen Begleitreaktion lassen sich frische (echoarm – echofrei, geringe/keine Begleitreaktion der Venenwand) von älteren Thromben (zunehmend echodicht, Venenwandverdickung, Venenklappen zerstört) unterscheiden. Die Venenverschlussplethysmographie dokumentiert Volumenschwankungen im Unterschenkelvenensystem nach Stauung am Oberschenkel mit 80 mmHg (Venenkapazität) bzw. nach Ablassen der Stauung (Venendränage) mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen. Die Lichtreflexrheographie dient der Erfassung einer gestörten venösen Hämodynamik im Frühstadium mit Hilfe eines in die Hautgefäße strahlenden Infrarotmesskopfes, der die reflektierte Strahlung über einen Photodetektor 10 cm über dem Innenknöchel registriert. Bei normalen Abflussverhältnissen blasst der dermale Venenplexus unter Betätigung der Muskelpumpe in ± 15 Sekunden ab und füllt sich in Ruhe innerhalb von 25 Sekunden wieder auf. Bei Abflussstörungen ist die Venenentleerung unvollständig und die Auffüllzeit verkürzt. Die aszendierende Phlebographie der Bein- und Beckenvenen, nach Kontrastmittelinjektion über Fußrückenvenen durchgeführt, erlaubt, ggf. in Kombination mit einer retrograden Pressphlebographie, die Darstellung des Venensystems mit seinen anatomischen Varianten. Lokalisation, Ausdehnung und Morphologie einer Venenthrombose, sowie das Ausmaß einer Varikosis und der Perforansveneninsuffizienz lassen sich exakt dokumentieren.
24.2.2
Thrombophlebitis
Pathogenese. Die häufigste Form der akuten Erkrankung des oberflächlichen Venensystems ist die Thrombophlebitis superficialis. Sie entwickelt sich definitionsgemäß an nicht vorgeschädigten Venen und wird vor allem durch den mechanischen Reiz von Venenkathetern oder Braunülen oder den chemisch-osmotischen Reiz von i.v. applizierten Infusionslösungen und Medikamenten hervorgerufen. Eine septische Thrombophlebitis entsteht durch zusätzliche bakterielle Kontamination. Hauptlokalisation dieser Phlebitisformen ist die obere Extremität.
Bildgebende Untersuchungsverfahren Es stehen verschiedene apparative Untersuchungsverfahren zur Verfügung ( 2 B-24.8). Die Doppler-Sonographie erfasst die Strömungsrichtung und Geschwindigkeit der Venen. Erfassbar sind Oberschenkel- und Beckenvenenthrombosen sowie Stammvenen-, Mündungsund Perforansveneninsuffizienzen.
Die konventionelle Sonographie ermöglicht die Lokalisation von Thromben in Knie-, Oberschenkel- und Beckenvenen sowie deren Altersbestimmung.
Die Venenverschlussplethysmographie beurteilt die Dränagefähigkeit und die Kapazität der Beinvenen. Die Lichtreflexrheographie erfasst venöse Abflussstörungen im Frühstadium.
Die Phlebographie stellt das Venensystem mit seinen anatomischen Varianten sowie die Ausdehnung und die Morphologie pathologischer Befunde dar.
24.2.2
Thrombophlebitis
Pathogenese. Die Thrombophlebitis superficialis entsteht an nicht vorgeschädigten Venen vor allem durch Venenverweilkatheter oder nach i.v. Applikation intimareizender Medikamente. Bei zusätzlicher bakterieller Infektion spricht man von einer septischen Thrombophlebitis.
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24 Gefäßchirurgie
Eine Varikophlebitis bildet sich durch Thrombosierung eines Varixknotens.
Die Varikophlebitis entsteht in varikös veränderten, oberflächlichen Venen des Ober- und Unterschenkels vor allem bei Frauen in der Schwangerschaft oder im Wochenbett.
Symptome. Die erkrankte Vene ist strangförmig verhärtet, gerötet und druckschmerzhaft. Es besteht eine umschriebene lokale Schwellung.
Symptome. Die erkrankte Vene ist strang- oder knotenförmig verhärtet,
gerötet, überwärmt und druckschmerzhaft. Bei ausgeprägtem Lokalbefund können die regionären Lymphbahnen und -knoten beteiligt sein (Lymphangitis, -adenitis). Im Gegensatz zur Phlebothrombose (s. S. 934) besteht nur eine umschriebene lokale Schwellung.
Diagnose. Die Diagnose wird klinisch durch Inspektion und Palpation gestellt. Differenzialdiagnostisch muss an ein Erysipel oder eine Phlegmone gedacht werden.
Diagnose. Die Diagnose ist klinisch durch Inspektion und Palpation ohne technische Hilfsmittel zu stellen. Differenzialdiagnostisch muss an ein Erysipel oder eine Phlegmone (fieberhafter Streptokokkeninfekt) gedacht werden. Gefürchtet sind Beteiligungen des tiefen Venensystems.
Therapie. Die Therapie besteht in Entfernung des verursachenden Agens, einem Heparinsalbenverband, Rivanolumschlägen und ggf. Antiphlogistikagabe. Abszedierende Thrombophlebitiden müssen durch Inzision behandelt werden. Eine Antibiotikagabe ist nicht notwendig, eine Low-dose-Heparinisierung ist ratsam.
Therapie. Die Therapie, nach Entfernung der auslösenden Venenkatheter, besteht in der lokalen Applikation von abschwellenden, antiphlogistischen Salbenverbänden (Heparin-Reparilsalbe) oder Umschlägen (Alkohol). Milde Analgetika/Antiphlogistika (Ibuprofen, Diclofenac) können hilfreich sein. Eine Varikophlebitis der Beine wird mit einem elastischen Salbenverband versorgt und der Patient mobilisiert. Sollten sich lokal abszedierende Einschmelzungen entwickeln, müssen diese chirurgisch eröffnet werden. Eine Antibiotikagabe ist nicht notwendig, eine Low-dose-Heparinisierung (3 « 5000 IE s.c.) ratsam. Bei Ausbildung einer Phlegmone/Erysipel muss der Patient hochdosiert antibiotisch abgedeckt werden (z.B. Penicillin).
Sonderformen der Thrombophlebitis
Sonderformen der Thrombophlebitis
Die Thrombophlebitis migrans bezeichnet eine spontan auftretende, segmentale Entzündung oberflächlicher Venen und betrifft vor allem junge Männer. Hier müssen folgende schwerwiegende Grunderkrankungen ausgeschlossen werden ( 2 B-24.9).
Die Thrombophlebitis saltans (migrans) bezeichnet eine, vor allem bei jungen Männern spontan auftretende, segmentale Entzündung oberflächlicher, zuvor scheinbar gesunder Venen an den Beinen, seltener an den Armen. Der Prozess bildet sich innerhalb von 14 Tagen zurück und tritt nach variablen Zeitabständen (Tage – Jahre) an anderer Stelle wieder auf. Histologischbioptisch handelt es sich um eine Panphlebitis. Dieser liegt in 25 % eine allergisch-hyperergische Reaktion der Venenwand unterschiedlicher Genese zugrunde. Folgende schwerwiegende Grunderkrankungen müssen ausgeschlossen werden ( 2 B-24.9).
2 B-24.9
Der Morbus Mondor entspricht einer ätiologisch ungeklärten oberflächlichen Phlebitis der V. thoracoepigastrica. Es besteht eine häufige Koinzidenz mit Malignomen und Autoimmunerkrankungen.
Auszuschließende Grunderkrankungen bei der Thrombophlebitis saltans
N Malignome n
Karzinome (Prostata, Pankreas, Bronchialsystem), Morbus Hodgkin
N arterielle n Verschlusskrankheit
Endangitis obliterans, Periarteritis nodosa, Arteriitis temporalis
N Autoimmunerkrankungen n
Lupus erythematodes, Morbus Behçet, Kollagenosen
N hämatologische n Erkrankungen
Polycythaemia vera, Polyglobulie, Thrombozytosen, Leukämien
N Infektionskrankheiten n
Tuberkulose, Ornithose, Rickettsiose
Der Morbus Mondor entspricht einer ätiologisch ungeklärten, strangförmigen, wenig druckschmerzhaften, oberflächlichen Phlebitis der V. thoracoepigastrica an der lateralen Thoraxwand (Eisendrahtphlebitis), die wie ein Narbenstrang imponiert. Nach Mammaamputation ist die Inzidenz leicht gehäuft. Die Phlebitis bildet sich spontan zurück. Da diese Phlebitis häufig mit Malignomen und Autoimmunerkrankungen assoziiert ist, sollte eine entsprechende Fokussuche durchgeführt werden.
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24.2.3 Chronische Erkrankung des oberflächlichen Venensystems, Varikosis 24.2.3
Chronische Erkrankung des oberflächlichen Venensystems, Varikosis
n Definition. Varizen sind sackartig erweiterte, geschlängelt verlaufende, oberflächliche Venen der unteren Extremität. Es werden primäre, idiopathische Varizen (75 %) und sekundäre, symptomatische Varizen (25 %) unterschieden.
Ätiologie. Die primäre Varikosis entsteht durch Degeneration der Venenwand auf dem Boden von Stoffwechselstörungen der glatten Muskelzellen, die zu sackartigen, geschlängelten Erweiterungen dieser Venen mit Insuffizienz der Venenklappen führt. Prädisponierende Faktoren sind familiäre Vorbelastung, stehende Tätigkeit, Übergewicht, mehrere Schwangerschaften und das weibliche Geschlecht (Progesteroneffekt). Die sekundäre Varikosis ist Folge eines chronischen Verschlusses des tiefen Venensystems mit Perforansinsuffizienz und Strömungsumkehr oder kongenitaler bzw. traumatischer AV-Fisteln. Von der eigentlichen Stammvarikosis der V. saphena magna und/oder parva werden Besenreiservarizen (intrakutane, sternförmige, hellrote bis dunkelblaue Mikrovarizen) und retikuläre Varizen (bläulich schimmernde Phlebektasien in den oberen Schichten der Subkutis) unterschieden. Eine Insuffizienz der Perforansvenenklappen kann als eigenständige Entität oder in Kombination mit einer Stammvarikosis auftreten ( 1 B-24.37). Die Stammvarikosis vom Saphena-magna-Typ beginnt in der Leiste (Crossen-Klappen-Insuffizienz) oder in der Knieregion und schreitet unter Zerstörung der Venenklappen nach distal fort. Je nach Lokalisation des distalen Insuffizienzpunkts erfolgt die Stadieneinteilung nach Hach I-IV ( 1 B-24.37), die in der Regel gut mit der Schwere des Krankheitsbildes korreliert. Stadium IV entspricht einer varikösen Degeneration der gesamten Vene von der Leiste bis zum Fuß. Eine entsprechende Stadieneinteilung (I-III) besteht auch bei der Stammvarikosis vom Saphena-parva-Typ ( 1 B-24.37). Seitenastvarikosen entstehen, wenn sich das Blut der gestauten Stammvenen in Seitenvenen (Vv. saphenae accessoriae am Ober-, Vv. arcuatae am Unterschenkel) dräniert. Je nach Schwere und Krankheitsdauer können folgende Komplikationen auftreten : π Hautveränderungen (Pigmentierung, Induration, Ekzeme, Corona phlebectatica = variköser Venenkranz an den Fußrändern, Atrophie blanche = eingesunkene, atrophisch-weißliche Areale der Knöchelregion, Ulcus cruris) π Varikophlebitis, Varixknotenperforation mit Blutung π zunehmende Ödemneigung π tiefe Beinvenenthrombose. Symptome. Während Besenreiservarizen in der Regel lediglich eine kosme-
tische Beeinträchtigung darstellen, können Stammvarizen je nach Ausprägung Beschwerden verursachen, die unter dem Symptomenkomplex einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI) zusammengefasst werden: Schwellneigung mit Hitze-, Schwere- und Spannungsgefühl und rascher Ermüdbarkeit, Neigung zu nächtlichen Wadenkrämpfen und »restless legs«. Das Auftreten von Ulcera cruris bei primären Varizen ist selten. Komplikationen des Krampfaderleidens (s.o.) verursachen zusätzliche Beschwerden (z.B. Varikophlebitis) und müssen oft zusätzlich behandelt werden (z.B. Umstechung einer blutenden Varixknotenperforation). Die Beschwerden akzentuieren sich am Abend, bei größerer Hitze, während der Menstruation und nach längerem Stehen oder Sitzen. Bei Betätigung der Muskelpumpe (Sport) wird Erleichterung empfunden.
Diagnose. Art und Ausprägung sowie Stadium einer Varikosis lassen sich
durch die klinischen Untersuchungen diagnostizieren. Anamnestisch ergeben sich oft bereits Hinweise, ob in der Vorgeschichte eine Thrombose vorlag und es sich somit um eine sekundäre Varikosis handeln kann. Funktions-
24.2.3
Chronische Erkrankung des oberflächlichen Venensystems, Varikosis
Definition
Ätiologie. Die primäre Varikosis entsteht durch Degeneration der Venenwand, welche zur Insuffizienz der Venenklappen führt. Prädisponierende Faktoren sind familiäre Vorbelastung, stehende Tätigkeit, Übergewicht, mehrere Schwangerschaften und das weibliche Geschlecht (Progesteroneffekt). Die sekundäre Varikosis ist Folge eines chronischen Verschlusses des tiefen Venensystems. Von der Stammvarikosis der V. saphena magna/parva werden Besenreiservarizen und retikuläre Varizen unterschieden. Die Stadieneinteilung der Stammvarikosis erfolgt nach der Klassifizierung von Hach ( 1 B-24.37). Die Stammvarikosis vom Saphenamagna-Typ beginnt in der Leiste oder Knieregion und schreitet nach distal fort.
Seitenastvarikosen entstehen bei Dränage der gestauten Stammvenen in Seitenvenen. Je nach Schwere und Krankheitsdauer können folgende Komplikationen auftreten: π Hautveränderungen (Pigmentierung, Induration, Ödem, Ekzem) π Stauungsulzera π Varikophlebitis π Varixknotenblutung π tiefe Beinvenenthrombose. Symptome. Die Klinik reicht von kosmetischen Störungen über ein zunehmendes Spannungsgefühl mit Schwellneigung der Beine bis zum Vollbild der chronisch venösen Insuffizienz (CVI) mit ausgeprägter Ödemneigung und Bildung von Ulcera cruris.
Die Beschwerden treten v.a. abends, bei Hitze, während der Menstruation und nach längerem Stehen/Sitzen auf. Diagnose. Art und Ausprägung sowie Stadium einer Varikosis lassen sich durch die folgenden Untersuchungen diagnostizieren:
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932 1 B-24.37
24 Gefäßchirurgie
Synopsis Formen und Stadieneinteilung der Varikosis
Varizenformen
Formen und Stadien der Stammvarikosis
Formen der Seitenastund Perforansvarikosis
Dodd-Gruppe
MayPerforans (GastroknemiusPunkt)
Linton-Linie Boyd-Perforans
Soleus-Punkt
24 cm Perforans Cockett III (18,5 cm) Cockett II (13,5 cm) a
b
a Stadium I
b Stadium II
c Stadium III
d Stadium IV
a
Cockett I (6– 7 cm)
c
d
laterale Perforans 12 cm Perforans b
BassiPerforans
variköser Seitenast
c
d
a Besenreiservarizen. b Retikuläre Varizen. c Stammvarizen vom V.-saphena-magnaTyp. d Stammvarizen vom V.-saphena-parvaTyp.
e Stadium I
g Stadium III
Stadieneinteilung der Stammvarikosis nach Hach: a–d Stammvarizen vom Saphena-magna-Typ, Stadium I–IV. e–g Stammvarizen vom Saphena-parva-Typ, Stadium I–III. distaler Insuffizienzpunkt.
Anamnese (Erfragen der Risikofaktoren) π Inspektion (Art und Lokalisation der Varizenstränge und ggf. vorhandener trophischer Störungen) π Palpation (Verhärtungen, Ödeme) π Funktionstests (Trendelenburg, Mahorn-Ochsner, Perthes). Doppler-Sonographie sowie ggf. Lichtreflexionsrheograhie und Plethysmographie dokumentieren den Funktionszustand der Venen. Die aszendierende Phlebographie zeigt: π anatomische Varianten des Venensystems π Lage und Verlauf der Varizen π insuffiziente Perforansvenen π die Beschaffenheit der tiefen Beinvenen mit Ausschluss postthrombotischer Veränderungen. π
f Stadium II
e
Lokalisation und Bezeichnung der Perforansvenen bei Ansicht von medial (a) und dorsal (b). c, d Inkomplette distale Stammveneninsuffizienz vom Perforanstyp, Lokalisation der insuffizienten Perforansvene. e Inkomplette distale Stammveneninsuffizienz vom Seitenasttyp, Lokalisation des insuffizienten Seitenastes.
tests wie der Trendelenburg-Test zur Beurteilung der Klappenfunktion, der Mahorn-Ochsner-Test zur Lokalisation insuffizienter Perforansvenen und der Perthes-Test zur Überprüfung des tiefen Beinvenensystems schließen sich an. Die Doppler-Sonographie der Stamm- und Perforansvenen erlaubt über den Nachweis des venösen Refluxes, vor allem beim Valsalva-Pressversuch, eine bildgebende Dokumentation des Insuffizienzgrades. Zudem kann das tiefe Beinvenensystem beurteilt werden. Die Varizendiagnostik kann ggf. durch die Lichtreflexionsrheographie und die Plethysmographie ergänzt werden. Während die apparativen Untersuchungen den Funktionszustand des Venensystems darlegen, ermöglicht die abschließende Phlebographie die morphologische Darstellung der: π insuffizienten Venenabschnitte und Perforansvenen π Durchgängigkeit und Beschaffenheit des tiefen Venensystems π anatomischen Varianten und den Ausschluss eines postthrombotischen Syndroms. Die Phlebographie sollte vor einer operativen Varizentherapie nicht fehlen.
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933
24.2.3 Chronische Erkrankung des oberflächlichen Venensystems, Varikosis
Therapie. Am Anfang steht die konservative Therapie mit Kompressionsver-
bänden und ggf. -Strumpfhosen. Stehen und Sitzen sollen zugunsten von Liegen und Laufen weitgehend vermieden werden. Bei Ödemen kann eine passagere Diuretikagabe hilfreich sein; von sog. venentonisierenden Medikamenten ist kein wesentlicher Effekt zu erwarten. Retikuläre und Besenreiservarizen sind eine Domäne der perkutanen Sklerosierungstherapie (lokale Thrombose) ( 1 B-24.38), wobei zunehmend Argon-Laser zur Verödung von Besenreisern eingesetzt werden. Insuffiziente Perforansvenen dürfen nicht sklerosiert werden, da es hierbei zur Schädigung und Thrombosierung des tiefen Beinvenensystems kommen könnte. Bei alleiniger Insuffizienz der Perforansvenen kann die subfasziale Ligatur ausreichend sein. Bei der primären Stammvarikosis und insuffizienten Perforansvenen ist grundsätzlich die Indikation zur Operation gegeben. Methode der Wahl ist das Varizenstripping mit der Babcock-Sonde ( 1 B-24.38). Hierbei muss die Einmündung der V. saphena magna in die Vena femoralis profunda dargestellt werden. Alle in den Venenstern einmündenden Seitenäste müssen
1 B-24.38
Synopsis
Therapie. Am Anfang steht die konservative Therapie mit Kompressionsverbänden und ggf. -Strumpfhosen unter weitgehender Vermeidung stehender und sitzender Tätigkeiten. Retikuläre und Besenreiservarizen sind eine Domäne der perkutanen Sklerosierungstherapie (lokale Thrombose) ( 1 B-24.38). Insuffiziente Perforansvenen dürfen nicht sklerosiert werden, da es hierbei zur Schädigung und Thrombosierung des tiefen Beinvenensystems kommen könnte. Bei alleiniger Insuffizienz der Perforansvenen kann die subfasziale Ligatur ausreichend sein. Bei der primären Stammvarikosis und Perforansinsuffizienz wird ein Varizenstripping mit der Babcock-Sonde durchgeführt ( 1 B-24.38).
Therapie der primären Varikosis
Verödung von retikulären und Besenreiser-Varizen
Entfernung variköser Seitenäste (a) und Versorgung insuffizienter Perforansvenen (b) a Nach Einzeichnen der Seitenvarizen am stehenden Patienten werden diese bei der Operation über kleine Hautinzisionen freigelegt, mit Moskitoklemmen gefasst, auf die Klemme aufgewickelt und entfernt.
Verödungsmittel 0,5 ml
b Insuffiziente Perforansvenen werden präoperativ am stehenden Patienten mit einem Doppler-Gerät markiert. Intraoperativ werden sie dargestellt, subfaszial umstochen und durchtrennt.
Luft Nach Vorspritzen von ½ ml Luft wird das Verödungsmittel in die variköse Vene eingespritzt. Cave: Perforansvenen dürfen nicht verödet werden! Varizenstripping nach Babcock bei der Stammvarikosis vom Saphena-magna-Typ
V. femoralis profunda
V. pudenda externa
V. saphena magna
V. epigastrica superficialis V. saphena accessoria V. saphena magna
a
c
V. femoralis profunda Über einen kleinen Querschnitt in der Leiste wird zunächst die Einmündung der V. saphena magna in die V. femoralis profunda dargestellt. Dann werden alle in die Saphena einmündenden Seitenäste ligiert und abgesetzt (a).
b
d
Anschließend wird die distale V. saphena magna über einen Längsschnitt über der Innenknöchelvorderseite präpariert, die Vene fußwärts ligiert, eröffnet und die Sonde von distal nach proximal vorgeschoben (b). Nachdem die V. saphena magna proximal mittels Durchstechungsligatur von der V. femoralis abgesetzt worden ist, wird die Sonde am kranialen Ende der Saphena ausgeleitet, der Sondenkopf aufgeschraubt und die Saphena am proximalen Sondenende verknotet (c). Zuletzt wird die Babcock-Sonde mit der darauf fixierten Saphena nach distal geborgen (d), wobei die Seitenäste abreißen, die dann geborgen werden können.
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934
24 Gefäßchirurgie
Wichtige Grundregeln beim Stripping: π sichere Schonung der tiefen Beinvenen π Erhalt intakter, distaler Stammvenen (z.B. für ACVB) π Ligatur aller oberflächlichen Venen, die in den Venenstern einmünden (Crossektomie) π subfasziale Durchstellung insuffizienter Perforansvenen. Postoperativ sollten Kompressionsstrümpfe/-hosen für mindestens 3 Monate getragen werden. Die Letalität der Varizenchirurgie beträgt ca. 0,02 %.
unter Schonung der tiefen Beinvenen ligiert werden (Crossektomie). Das Varizenstripping soll nur bis zum distalen Insuffizienzpunkt erfolgen, damit die intakten oberflächlichen Stammvenen für ggf. später notwendige aortocoronare Venenbypass-Operationen zur Verfügung stehen. Insuffiziente Perforansvenen müssen freigelegt und subfaszial mit einer Durchstechungsligatur versorgt werden. Postoperativ sollte die Kompressionstherapie (Kompressionsstrümpfe/-hose der Kompressionsklasse 2) für mindestens 3 Monate fortgeführt werden. Postoperative Komplikationen (Wundinfekte, Hämatome, Lymphfisteln) sind selten. Nach Varizenstripping am Unterschenkel können Sensibilitätsstörungen (meist reversibel) durch Irritation des N. saphenus auftreten. Gravierend sind Verletzungen des tiefen Beinvenensystems, insbesondere der V. femoralis. Die Letalität der Varizenchirurgie liegt bei 0,02 %.
24.2.4 Akute Erkrankung des tiefen Venensystems, BeckenBeinvenenthrombose
24.2.4
Ätiologie. Die Virchow Trias: π Gefäßwandschaden π Stase π Hyperkoagulabilität beschreibt die wichtigsten Faktoren zur Entstehung einer tiefen Beinvenenthrombose. Aus z.T. asymptomatischen Unterschenkelvenenthrombosen entstehen in 10 % Becken-Beinvenenthrombosen, die in 30 % Lungenembolien verursachen. Schwere Lungenembolien sind mit einer 50 %igen Letalität behaftet. Bis zu 40 % der tiefen Beinvenenthrombosen bedingen ein postthrombotisches Syndrom (PTS). Risikofaktoren bilden Operationen (vor allem Hüft- und Kniegelenkersatz), Polytraumen, immobilisierende Erkrankungen, maligne Erkrankungen (paraneoplastisches Syndrom), weibliches Geschlecht, Exsikkose, Diabetes mellitus, Nikotinabusus, Adipositas, langes/beengtes Sitzen und ein AT-IIIMangel. Das linke Bein ist bevorzugt betroffen (5 : 1).
Ätiologie. Virchow stellte bereits 1858 die Bedeutung des Gefäßwandscha-
Symptome. Frühsymptome sind unspezifisch und bleiben häufig unbemerkt. Subfebrile Temperaturen, Beinschmerzen beim Husten, vermehrtes Vortreten der prätibialen Pratt-»Warnvenen«, nächtliche Beinkrämpfe, Fußsohlenschmerzen, leichtes Spannungsgefühl des Beines, aber auch eine Lungenembolie sind als Erstsymptom möglich. Symptome des Vollbildes sind Beinschwellungen, Konsistenzvermehrung, Zyanose und Glanzhaut der Unterschenkel.
Symptome. Lokale Frühsymptome werden von 50 % der Patienten nicht
Diagnose. Der klinische Verdacht auf das Vorliegen einer tiefen Beinvenenthrombose muss umgehend gesichert werden, um durch das sofortige Einleiten der Therapie die Entstehung einer Lungenembolie oder eines PTS möglichst zu vermeiden. Zu typischen Druckschmerzpunkten bei einer Thrombose s. 1 B-24.39.
Diagnose. Die Früherkennung der tiefen Beinvenenthrombose ist von
Akute Erkrankung des tiefen Venensystems, Becken-Beinvenenthrombose
dens, der Strömungsverlangsamung und der Hyperkoagulabilität als pathogenetische Faktoren für eine Venenthrombose heraus. Das gesunde Endothel hat eine hohe antithrombotische Aktivität. Durch Schädigung des Endothels (Trauma, Hypoxie, Endotoxin, Radiatio) werden subendotheliale Strukturen freigelegt, an die sich aktivierte Thrombozyten anlagern. Nach bestimmten chirurgischen Eingriffen (vor allem Hüft- und Kniegelenkersatz) zeigen 30–60 % der Patienten eine im Radiofibrinogentest nachweisbare, asymptomatische Unterschenkelvenenthrombose, die sich in ca. 10 % zu einer tiefen Becken-Beinvenenthrombose entwickelt. In bis zu 30 % führen diese Thrombosen zu Lungenembolien und in 10–40 %, je nach Ausdehnung, zu einem postthrombotischen Syndrom (PTS). Anerkannte Risikofaktoren sind neben perioperativen Einflüssen (Trauma, Immobilisation, Veränderung der Gerinnungsparameter) die familiäre Disposition, das weibliche Geschlecht (Schwangerschaft, Wochenbett, Ovulationshemmer), vorbestehende Venenerkrankungen, Adipositas, Nikotinabusus, Malignome (paraneoplastisch oder lokales Abflusshindernis), langes Sitzen (Bus, Flugzeug), Exsikkose, Diabetes mellitus sowie ein AT-III-Mangel. Das linke Bein ist bevorzugt betroffen (5:1), da die linke V. iliaca communis von der überkreuzenden rechten A. iliaca pulsabhängig komprimiert werden kann.
angegeben, sodass sich eine tiefe Beinvenenthrombose nicht selten (ca 30 %) unter dem Bild einer Lungenembolie bemerkbar macht. Liegt anamnestisch und im Hinblick auf die o.g. Risikofaktoren eine spezielle Gefährdung des Patienten vor und zeigen sich anderweitig nicht erklärbare, subfebrile Temperaturen sowie eine Pulsbeschleunigung, muss umgehend eine tiefe Beinvenenthrombose ausgeschlossen werden. Andere mögliche Frühsymptome können ein vermehrtes Vortreten der prätibialen Pratt-»Warnvenen«, ein leichtes Schweregefühl im Bein, Schmerzen an der Fußsohle oder im Venenverlauf, nächtliche Ober- und Unterschenkelkrämpfe sowie Beinschmerzen beim Husten sein. Schwellung des Beins mit Umfangsvermehrung, erhöhte Konsistenz der Muskulatur, Zyanose und Glanzhaut der Unterschenkel sind Symptome des bereits voll entwickelten Krankheitsbildes.
essenzieller Bedeutung, da nur durch den frühzeitigen Einsatz therapeutischer Maßnahmen schwere Lungenembolien vermieden und die weitere Ausdehnung der Thrombose gehemmt werden kann. Zudem lässt sich die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung eines PTS durch Rekanalisation der Venenstrombahn, unter Erhaltung funktionsfähiger Venenklappen, vermindern. Der klinische Verdacht auf eine tiefe Becken-Beinvenenthrombose lässt sich durch die Schmerzauslösung bei der Palpation spezieller Druckpunkte erhärten ( 1 B-24.39). Mit einem Radiofibrinogentest, bei dem mar-
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24.2.4 Erkrankung des tiefen Venensystems, Becken-Beinvenenthrombose kiertes Fibrin in einen Thrombus eingebaut wird und dort szintigraphisch gemessen werden kann, sind sogar asymptomatische Thrombosen nachzuweisen. Doppler-Sonographie, Venenverschlussplethysmographie und Lichtreflexionsrheographie erfassen Funktionsstörungen, die im Zusammenhang mit Venenthrombosen auftreten, ohne diese direkt morphologisch nachweisen zu können. Dieser Nachweis kann im Becken- und Oberschenkelbereich mit der farbkodierten Duplexsonographie abhängig von den Untersuchungsbedingungen (Darmgasüberlagerung) und der Erfahrung des Untersuchers in bis zu 90% geführt werden. Die Sonographie ermöglicht über die Darstellung der Morphologie und des Organisationsgrades eines Thrombus eine Aussage über sein Alter. Goldstandard der Thrombosediagnostik (Morphologie, Ausdehnung, Lokalisation) ist aber nach wie vor die aszendierende Phlebographie der Bein- und Beckenvenen.
1 B-24.39
935 Mit einem Radiofibrinogentest lassen sich asymptomatische Thrombosen nachweisen. Funktionsstörungen des tiefen Venensystems bei einer tiefen Venenthrombose lassen sich durch Doppler-Sonographie, Plethysmographie und Lichtreflexionsrheographie erfassen. Die farbkodierte Duplexsonographie kann Thrombosen im Oberschenkel und Beckenbereich direkt darstellen. Goldstandard der Thrombosediagnostik (Morphologie, Ausdehnung, Lokalisation) ist die aszendierende BeckenBein-Phlebographie.
Synopsis Druckpunkte zur Diagnostik tiefer Becken- und Beinvenenthrombosen
Druckschmerz an der Oberschenkelinnenseite (M. sartorius, M. gracilis)
Druckschmerz am Kniegelenkbereich (Muskelansätze, medialer Kniegelenkspalt)
Meyer-Druckpunkte im Verlauf der V. saphena magna
bei Dorsalflexion des Fußes Schmerzen in der Wade (Homann-Zeichen)
Wadendruckschmerz Schmerzen in der Wade (Lowenberg-Zeichen)
Kulissenschmerz Druckschmerz der Fußsohle (Payr-Zeichen)
Differenzialdiagnose. Erkrankungen, die mit ähnlichen Beschwerden ein-
Differenzialdiagnose. Muskelfaserrisse, Lymphödeme und große Bakerzysten können Symptome wie eine tiefe Beinvenenthrombose verursachen.
Therapie. Bei unbehandelten tiefen Beinvenenthrombosen entwickelt sich in 80 % ein postthrombotisches Syndrom (PTS). Bereits bei Thromboseverdacht sollte dem Patienten Bettruhe verordnet, das Bein gewickelt und hoch gelegt sowie die i.v. Heparinisierung eingeleitet werden (PTT 60–70 Sekunden, z.B. 24 000 IE Heparin/24 Stunden). Nach Diagnosesicherung ist die weitere Therapie abhängig von Lokalisation und Ausmaß der Thrombose, ihrem Alter und der klinischen Situation des Patienten. Neben Antikoagulanziengabe besteht die Möglichkeit der systemischen Lyse bzw. der direkten Katheterthrombolyse oder der chirurgischen Thrombektomie.
Therapie. Bereits bei Thromboseverdacht sollte ein elastischer Salbenverband angelegt, absolute Bettruhe verordnet und eine i.v. Heparinisierung durchgeführt werden (PTT 60–70 sec). Bei gesicherter Thrombose bestehen die Möglichkeiten der weiteren Vollheparinisierung, der systemischen Lyse bzw. der direkten Katheterthrombolyse, sowie der chirurgischen Thrombektomie.
hergehen können wie eine tiefe Venenthrombose sind ein Muskelfaserriss, ein Lymphödem oder eine große Bakerzyste, welche durch Kompression der V. poplitea den venösen Abstrom aus dem Unterschenkel deutlich behindern kann.
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24 Gefäßchirurgie
Indikation zur Vollheparinisierung (PTT ä 60 s) besteht bei umschriebenen Unterschenkelthrombosen, bei älteren Thrombosen ( > 2 Wochen) oder bei bestehender Kontraindikation zur Thrombolyse oder Thrombektomie. Bei ausgedehnter Becken-/Oberschenkelthrombose, Thromboserezidiv oder abgelaufener Lungenembolie muss nach 1 Woche überlappend für mindestens 6 Monate marcumarisiert (Quick 20–25 %) werden. π Lysetherapie: Frische Thromben (< 14 Tage) im Becken-/Oberschenkelstromgebiet, oder Mehretagenverschlüsse stellen eine Indikation zur Lysetherapie dar. Eine Fibrinolysetherapie mit Streptokinase, Urokinase oder rekombinantem Tissue-Plasminogen-Aktivator (rt-PA) basiert auf der Aktivierung des körpereigenen Plasminogens. Sie muss bei absoluter Bettruhe, unter Überwachung der Gerinnung, des Stuhlgangs und der Miktion durchgeführt werden. Die Erfolgsrate einer Lysetherapie liegt bei 60–80 %, die Reokklusionsrate bei 5–20 %.
2 B-24.10
Bei älteren Thrombosen (1–2 Wochen) oder umschriebenen Thrombosen einer Unterschenkelgruppe, sowie bei Kontraindikationen zur Thrombolyse oder Thrombektomie, bleiben die Patienten vollheparinisiert (PTT ä 60 Sekunden). Eine Kontrollphlebographie nach 7–14 Tagen (Rekanalisation, Kollateralisierung?) ist Grundlage für das weitere Therapiekonzept. Sollte eine ausgedehnte Thrombose im Becken-/Oberschenkelgebiet bzw. ein Thromboserezidiv vorliegen oder eine Lungenembolie abgelaufen sein, müssen die Patienten noch 1 Woche überlappend für mindestens 6 Monate marcumarisiert (Quick 20–25 %) werden. Lysetherapie: Bei frischen, insbesondere umspülten Thromben (hohe Lungenemboliegefahr) besteht die Möglichkeit einer systemischen oder einer Katheterthrombolyse (hier wird ein Katheter direkt in den Thrombus vorgeschoben) mit Streptokinase, Urokinase oder rekombinantem Tissue-Plasminogen-Aktivator (rt-PA). Alle diese Fibrinolytika aktivieren körpereigenes Plasminogen. Die Lysetherapie muss bei absoluter Bettruhe, unter Überwachung der Gerinnung, des Stuhlgangs und der Miktion durchgeführt werden. Bei der Thrombolyse muss in bis zu 5 % (rt-PA, ultrahochdosierte Streptokinase bei Beckenvenenthrombosen) mit einer Lungenembolie (1 % letal) gerechnet werden, die Gesamtletalität beträgt 1–2 %. Der Vorteil der Thrombolyse besteht darin, dass nach Rekanalisation der Venen, unter Erhalt funktionierender Venenklappen, ein PTS weitgehend vermieden werden kann. Die Erfolgsrate liegt bei 60–80 %, die Reokklusionsrate bei 5–20 %.
π
Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Dosierung der Thrombolytika Streptokinase, Urokinase und rt-PA
Kontraindikationen
Essenzielle Voruntersuchungen und potenzielle Nebenwirkungen
Dosierungen
N absolute Kontraindikationen: n π hämorrhagische Diathese, manifeste Blutung π Apoplex vor < 2–4 Monaten, SHT vor < 4 Wochen π Operationen, Punktionen, Traumata < 10 Tage π florides gastrointestinales Ulkus, π Sepsis, Endokarditis, akute Pankreatitis π Aortenaneurysma, Karotisstenose/-plaque π therapierefraktäre arterielle Hypertonie (Systole > 200/ Diastole > 105 mmHg) π bekannte Malignome gastrointestinal und zerebral π ASL-Titer > 200 (nur für Streptokinase)
N Essenzielle Untersuchungen vor n Lysetherapie: π Anamnese und körperliche Untersuchung π EKG und Röntgen-Thorax π augenärztliches Konsil (Augenhintergrund) π Labordiagnostik mit Blutbild, Gerinnung, Leberwerten, Elektrolyten und Retentionswerten π Blutgruppe und Kreuzblut für 4 Konserven π Sonographie-Abdomen π Gastroskopie π ggf. Duplexsonographie des Herzens und der A. carotis
N Streptokinase*: n Initialdosis: 250 000 IE/20–30 min Erhaltungsdosis: 100 000 IE/h Dauer: bis zu 6 Tage (danach: Antikörperbildung) alternativ: ultrahoch dosierte Streptokinasetherapie mit 1,5 Mio IE/h i.v. in 1–3 Zyklen über 6 Stunden.
N relative Kontraindikationen: n π Schwangerschaft π Alter > 75 Jahre π i.m. Injektion, zentrale Venenpunktion vor < 1 Woche π Diabetes mellitus mit Fundusveränderung III–IV π vorhergegangene Streptokinasetherapie (nur für Streptokinase) π allergische Diathese (nur für Streptokinase) π schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen
N Potenzielle Nebenwirkungen der n Lysetherapie: π Blutungen: zerebral, gastrointestinal, retroperitoneal π Aktivierung des Gerinnungssystems: z.B. Lungenarterienembolien und Embolien im großen Kreislauf bei unzureichender begleitender Antikoagulation π Unverträglichkeitsreaktionen: z.B. Tachykardie, Flush, Temperaturanstieg, Exanthem, Bronchospasmus, Anstieg der Transaminasen, Antikörperbildung bei Streptokinase
N Urokinase*: n Initialdosis: 500 000 IE/20 min Erhaltungsdosis: 100 000 IE/h, Dosisanpassung nach Fibrinogen Dauer: bis zu 14 Tage (danach ist kein weiterer Lyseerfolg zu erwarten) N rt-PA*: n Initialdosis: 5–15 mg/1–2 min Erhaltungsdosis: ca. 0,3–0,5 mg/kg KG/d Dauer: ca. 7 Tage, Gesamtdosis < 100 mg, im Anschluss ggf. Urokinase für 1 Woche
* Im Allgemeinen erfolgt ab dem 2. Lysetag eine begleitende Heparinisierung. Die Heparindosierung beträgt je nach Thrombinzeit, PTT oder Reptilasezeit 15 000–20 000–30 000 IE Heparin/24 h.
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937
24.2.4 Erkrankung des tiefen Venensystems, Becken-Beinvenenthrombose Die Kontraindikationen und potenziellen Nebenwirkungen der Thrombolyse, sowie die Dosierungen der einzelnen Thrombolytika sind in 2 B-24.10 zusammengefasst. Thrombektomie: Wird frühpostoperativ (≤ 10. Tag) eine Becken- oder Oberschenkelvenenthrombose diagnostiziert, kann bei fehlenden Kontraindikationen eine venöse Thrombektomie über die V. femoralis communis in Anti-Trendelenburg-Lagerung unter PEEP-Beatmung durchgeführt werden. Bei erhöhter Thromboserezidivneigung kann passager für ca. 3 Monate ein Korbhenkelshunt zwischen der A. femoralis superficialis und einem Nebenast der V. saphena magna angelegt werden, um den Flow in der venösen Beckenstrombahn zu erhöhen ( 1 B-24.40).
π
1 B-24.40
Zu Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Dosierung der einzelnen Fibrinolytika s. 2 B-24.10 Thrombektomie: Tritt frühpostoperativ (≤ 10. Tag) ein Becken- oder Oberschenkelvenenverschluss auf, kann eine venöse Thrombektomie durchgeführt werden. Um das Risiko der Reokklusion zu vermindern, kann passager eine AV-Fistel angelegt werden, die den Flow im betroffenen Beckenstromgebiet erhöht ( 1 B-24.40).
π
Synopsis Durchführung der venösen Thrombektomie bei tiefer Becken-Beinvenenthrombose
Lagerung und Schnittführung
+40° –10° Anti-Trendelenburg-Lagerung.
Lateral-konvexer Längsschnitt über den Leistengefäßen zur Schonung der Lymphgefäße.
Durchführung blockierender Katheter
V. circumflexa iliaca superficialis
V. pudenda externa V. femoralis V. saphena magna
primär thrombektomierender Katheter V. femoralis V. saphena magna V. profunda femoris
a Präparation der V. femoralis oberhalb der V.-saphena-magna-Einmündung mit Darstellung der Seitenäste. Alle Gefäße werden angeschlungen bzw. passager ausgeklemmt. V. iliaca externa A. femoralis
Lig. inguinale
A. profunda femoris
V. saphena magna
b Unter Überdruckbeatmung (PEEP mindestens 10 mmHg) wird ein großer Fogartykatheter nach querer Venotomie über den Thrombus in die V. cava vorgeschoben und dort geblockt (Lungenembolieprophylaxe). Danach wird der 2. Ballonkatheter zur Embolektomie eingeführt.
c, d Jetzt wird die Beckenstrombahn durch Rückzug des geblockten 2. Katheters embolektomiert. Anschließend werden die Thromben in der venösen Beinstrombahn durch mehrfaches Auswickeln mit einer Esmarchbinde exprimiert. Nach Rekanalisation werden alle Katheter entfernt und die Venotomie verschlossen.
e Um den Blutfluss in der venösen Beckenstrombahn zu erhöhen um somit das Re-Thromboserisiko zu vermindern, kann vorübergehend ein sog. Korbhenkelshunt zwischen einem Ast der V. saphena magna und der A. femoralis angelegt werden. Dieser passagere AV-Shunt darf höchstens 3 Monate belassen werden, da durch erhöhten Druck in der Beckenstrombahn sonst eine sekundäre Varikosis resultieren würde, die sich bei längerem Verlauf bis hin zu einem klinischen Bild wie beim postthrombotischen Syndrom entwickeln kann.
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938 Komplikationen sind Wundheilungsstörungen, Hämatome, Lymphfisteln, Thromboserezidive (5 %) und Lungenembolien (2–3 %). Bei Defektheilung ist ein PTS wahrscheinlich. Bei rezidivierenden Lungenembolien muss der Patient marcumarisiert und ggf. ein Kavaschirm angelegt bzw. eine Sperroperation durchgeführt werden ( 1 B-24.41).
24 Gefäßchirurgie
Komplikationen. Postoperative Komplikationen bestehen in Wundheilungsstörungen, Hämatomen und Lymphfisteln. Die Thromboserezidivrate beträgt 5 %, die Lungenembolierate 2–3 % und die Klinikletalität 1–2 %. Je nach Alter, Ausdehnung und Behandlungsmodalität der Thrombose muss mit einer Defektheilung mit Entwicklung eines PTS gerechnet werden. Bei rezidivierenden Lungenembolien müssen die Patienten dauerhaft marcumarisiert werden. Zudem sollte die Einlage eines intraluminalen Kavaschirmes in die infrarenale V. cava oder eine V.-cava-Sperroperation erwogen werden ( 1 B-24.41).
1 B-24.41
Synopsis Sperroperation der infrarenalen V. cava
V. renalis dexter
24.2.5
Sonderformen der tiefen Venenthrombose Phlegmasia coerulea dolens Definition
24.2.5
V. renalis sinister
Ist es bei rezidivierenden Lungenembolien aus der Becken-Beinstrombahn nicht möglich, interventionell einen Kava-Schirm in der infrarenalen Hohlvene zu platzieren – dieser wird über die V. jugularis interna rechts eingeführt und mit einem Führungskatheter durch den rechten Vorhof hindurch unter Röntgenkontrolle in Höhe des 3. LWK verankert – kann alternativ eine Kava-Sperroperation durchgeführt werden. Hierbei wird die V. cava von rechts retroperitoneal freigelegt und mit einem Teflonclip infrarenal partiell verschlossen.
Sonderformen der tiefen Venenthrombose
Phlegmasia coerulea dolens n Definition. Die schwerste Form der foudroyant verlaufenden tiefen Beinvenenthrombose mit komplettem Verschluss der gesamten Venenstrombahn der unteren Extremität bei gleichzeitiger Kompression der Lymphgefäße und progredienter Behinderung des arteriellen Zuflusses heißt Phlegmasia coerulea dolens. Unbehandelt geht sie in eine venöse Gangrän über, in deren Verlauf auch das arterielle Stromgebiet thrombosiert.
Symptome. Es imponiert eine massive, sehr schmerzhafte, zyanotische Schwellung des gesamten Beins mit Flüssigkeitssequestration (Volumenmangel) und zusätzlicher Beeinträchtigung der arteriellen Durchblutung. Als Endzustand findet sich eine funktionslose, livide, nekrotisch-kühle Extremität. Diagnose. Die Diagnose lässt sich dopplersonographisch sichern.
Symptome. Initial besteht eine pralle, zyanotische, sehr schmerzhafte
Therapie. Die Therapie der Phlegmasia coerulea dolens besteht in der Vollheparinisierung, venösen Thrombektomie oder ggf. Lysetherapie. Oft ist nur noch eine Amputation (ä 50 %) möglich.
Therapie. Die Basistherapie entspricht der der tiefen Venenthrombose. Therapie der Wahl ist die frühzeitige venöse Thrombektomie mit großzügiger Indikation zur Fasziotomie. Alternativ kann eine Thrombolyse versucht werden. Die Mortalität der Erkrankung ist hoch (bis 50%). Trotz adäquater Therapie sind Amputationen bei nahezu jedem 2. Patienten unvermeidlich. Nach erfolgreicher Thrombektomie muss der Patient für mindestens 6 Monate marcumarisiert werden.
Schwellung des gesamten Beins. Da der venöse Rückstrom komplett unterbrochen ist, entwickelt sich eine Flüssigkeitsequestrierung von bis zu 5 Litern, die zu einem Volumenmangelschock führen kann. Durch Anstieg des Gewebedrucks werden die Kapillaren verlegt, es entwickelt sich ein nutritiver Gewebeschaden. Als Endzustand findet sich eine funktionslose, livide, nekrotisch-kühle Extremität.
Diagnose. Bei typischem klinischen Bild lässt sich die Diagnose dopplersonographisch sichern (venös kein Flow, arterielle Minderperfusion).
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24.2.5 Sonderformen der tiefen Venenthrombose
Thrombosen der Vena cava superior und inferior Ätiologie. Ursache einer V.-cava-superior-Thrombose ist in der Regel eine Kompression von außen durch maligne Tumoren (Lymphome, Bronchialkarzinome usw.) oder ein Aneurysma der Aorta ascendens. Eine V.-cava-inferior-Thrombose bildet sich meistens durch proximale Progression einer Beckenvenenthrombose. Seltene Ursachen sind Leiomyosarkome der V. cava oder, über die Nierenvene in die untere Hohlvene vorwachsende Tumorzapfen eines Nierenzellkarzinoms.
1 B-24.42
939 Thrombosen der Vena cava superior und inferior Ätiologie. Thrombosen der V. cava werden vor allem durch Kompression von außen (z.B. Tumor) hervorgerufen. Die untere Hohlvene kann auch im Rahmen einer fortgeschrittenen Beckenvenenthrombose okkludieren.
Kavographie mit Darstellung der venösen Beckenstrombahn Es zeigt sich eine hochgradige Abflussbehinderung der unteren V. cava mit nahezu völligem Verschluss der linken V. iliaca communis und ausgeprägtem venösen Umgehungskreislauf über die Paralumbalvene links sowie hochgradiger Abflussbehinderung der V. iliaca rechts mit Kollateralenbildung.
Symptome. Bei Thrombosen der oberen Hohlvene besteht eine obere Ein-
Symptome. Mögliche Symptome einer Kavathrombose sind obere oder untere Einflussstauung, Luftnot, Thoraxschmerz und Rückenschmerzen.
Diagnose. Die Diagnose lässt sich phlebographisch sichern ( 1 B-24.42), im
Diagnose. Die Diagnose lässt sich mittels Doppler-Sonographie, Phlebographie ( 1 B-24.42) und ggf. Angio-CT/ MRT sichern.
Therapie. Die Therapie besteht in einer Heparinisierung der Patienten und
Therapie. Je nach Ursache und Befund ist eine Vollheparinisierung, Lysetherapie, Thrombektomie oder Stenteinlage indiziert.
Paget-von-Schroetter-Syndrom
Paget-von-Schroetter-Syndrom
Ätiologie. Akute Thrombosen der V. subclavia oder axillaris entstehen im Rahmen einer venösen Einflussstörung (Thoracic-inlet-Syndrom), nach schwerer körperlicher Anstrengung (Gewichtheber, Bodybuilder) und ggf. unter Einnahme von Ovulationshemmern.
Ätiologie. Als Ursache für eine Subklaviavenenthrombose kommen in Frage: π venöse Einflussstauung π schwere körperliche Arbeit π Hormoneinflüsse.
Symptome. Subklaviathrombosen können, bei ausgezeichneter Kollateralisation bis auf eine Schwellung der Schulter-/Armregion asymptomatisch sein. Im akuten Stadium wird oft ein akuter Schmerz mit Spannungsgefühl angegeben. Im Falle eines chronischen Verschlusses ist das Geflecht der subkutanen Kollateralvenen an der Schulter und im oberen Thoraxbereich deutlich sichtbar ( 1 B-24.43).
Symptome. Patienten klagen bei akuten V.-subclavia-Verschlüssen über eine schmerzhafte Armschwellung. Chronische Verschlüsse imponieren durch sichtbare, subkutane Kollateralvenen im Bereich der Schulter und der oberen Thoraxwand ( 1 B-24.43).
Diagnose. Die Diagnose stützt sich auf das typische klinische Bild, die Doppler- und/oder Realtime-Sonographie und die Phlebographie ( 1 B-24.44). Ein Thoracic-outlet Syndrom/TOS bzw. ein Thoracic-inlet-Syndrom muss
Diagnose. Die Diagnose stützt sich auf das typische klinische Bild, die Sonographie und die Phlebographie ( 1 B-24.44).
flussstauung, ggf. mit Luftnot und Thoraxschmerzen. Eine Thrombose der unteren Hohlvene kann sich in Rückenschmerzen, Schwellung und Zyanose beider Beine und ggf. in Kollateralen der Bauchdecke äußern; asymptomatische Verläufe sind jedoch, vor allem bei sich langsam entwickelnden Verschlüssen, nicht selten.
Bereich der unteren Hohlvene auch dopplersonographisch. Bei Tumorverdacht ist eine CT-Untersuchung mit Kontrastmittelgabe bzw. eine MRT indiziert.
je nach Ursache der Thrombose in einer Thrombektomie und ggf. in der chirurgisch-interdisziplinären Behandlung der Grundkrankheit. Bei hochgradiger Enge der V. cava superior kann die Einflussstauung durch Einlage eines intraluminalen Stents behoben werden.
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940
24 Gefäßchirurgie
1 B-24.43
Kollateralvenen bei Paget-von-Schroetter-Syndrom Paget-vonSchroetterSyndrom mit subkutaner Venenzeichnung der vorderen Brustwand.
1 B-24.44
Paget-von-Schroetter-Syndrom in der DSA-Angiographie
a Zentraler Verschluss der V. subclavia links ( Á) unmittelbar vor Mündung in die V. anonyma. (Beachte die ausgeprägte Kollateralenbildung.)
b Zentraler Verschluss der V. subclavia rechts sowie Dialysekatheter über V. jugularis rechts.
Die Ursachen der Abflussstörung müssen abgeklärt werden (Rö-Thorax, -HWS, ggf. CT).
immer ausgeschlossen werden (z.B. Halsrippe). Differenzialdiagnostisch kommen als Ursache für die venöse Abflussstörung Lymphome, Herzschrittmacherkabel oder zentrale Venenwege am betroffenen Arm in Frage.
Therapie. Innerhalb der ersten 3–4 Tage i.v. Lysetherapie möglich (Cave: Kontraindikationen), ansonsten ist zur Behandlung der isolierten Subklaviavenenthrombose die passagere Vollheparinisierung ausreichend. Eine operative Intervention ist nur beim Vorliegen eines TOS notwendig.
Therapie. Innerhalb der ersten 3–4 Tage nach Auftreten eines Paget-vonSchroetter-Syndroms kann unter Berücksichtigung der Kontraindikationen eine i.v. Lysetherapie durchgeführt werden. Ansonsten besteht die Therapie in der Heparinisierung der Patienten und in der Hochlagerung und Kühlung der Extremität. Auslösende Ursachen wie Katheter sollten entfernt werden. Da wegen der guten venösen Kollateralisierung kaum Spätfolgen einer V.-subclavia-Thrombose zu erwarten sind, besteht keine generelle Indikation zur Lyse. Die Resektion einer Halsrippe ist nur bei zusätzlicher Irritation der arteriellen Strombahn oder des Armplexus indiziert.
Klinischer Fall 47-jährige chronisch dialysepflichtige Patientin. Z. n. tion beider Arme dokumentiert. Die Armphlebographie Nierentransplantation und chronischem Transplantat- mit oberer Kavographie in DSA-Technik zeigt einen zenversagen mit erneuter Dialysepflichtigkeit. Auffällig ist tralen Verschluss der V. subclavia links (s. 1 B-24.44 a) eine ausgeprägte subkutane Venenzeichnung im Bereich sowie der V. subclavia rechts (s. 1 B-24.44 b). Nebenbeder vorderen Brustwand (s. 1 B-24.43). Bei der Patientin fundlich ist auf dieser Abbildung der zum Zeitpunkt der ist es rezidivierend zu Verschlüssen der Dialyseshunts an Untersuchung über die rechte V. jugularis eingebrachte beiden Oberarmen gekommen. Daher wird nun vor Dialysekatheter erkennbar. Anlage eines erneuten Shunts die venöse DränagesituaAus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
941
24.2.6 Chronische Erkrankung des tiefen Venensystems – PTS 24.2.6
Chronische Erkrankung des tiefen Venensystems – das postthrombotische Syndrom (PTS)
Ätiologie. Das postthrombotische Syndrom (PTS) oder die chronisch venöse
Insuffizienz (CVI) ist mit ihren Folgen die gravierendste Komplikation der tiefen Beinvenenthrombose. Durch mangelhafte Rekanalisation des tiefen Venensystems und Zerstörung der Venenklappen (insbesondere der Perforansvenen) kommt es zu einer Insuffizienz der Muskelpumpe mit Umkehr der venösen Strömungsrichtung von innen nach außen. Als Ausdruck der mangelhaften venösen Dränageleistung entwickeln sich ein chronisches Ödem, Ulcera cruris und sekundäre Varizen (ca. 10 % aller Varizen).
Symptome. Die Symptome des PTS richten sich nach Lokalisation und Aus-
maß der durchgemachten Thrombose sowie dem Umfang der rekanalisierten Gefäße und der Ausbildung von Kollateralen. Sie reichen von abends betonten Schwellungszuständen und leichten Pigmentstörungen, über chronische Indurationen des Gewebes, bis zu ausgeprägten trophischen Störungen mit ausgeprägten, oft superinfizierten, schlecht abheilenden Ulzera, vor allem oberhalb des Innenknöchels ( 2 B-24.11).
2 B-24.11
24.2.6
Chronische Erkrankung des tiefen Venensystems – das postthrombotische Syndrom (PTS) Ätiologie. Das PTS entspricht einem chronischen Stauungszustand der unteren Extremität nach tiefer Beinvenenthrombose, bedingt durch Verminderung der venösen Dränageleistung, bei Zerstörung von Venenklappen, Vernarbung der Venenwand oder Okklusion von Venenabschnitten. Symptome. Die klinischen Symptome reichen von abendlich betonten Ödemen, Indurationen der Haut, Stauungsdermatosen, Stauungsulzera bis hin zur Ausbildung von sekundären Varizen. Zur Stadieneinteilung s. 2 B-24.11.
Stadieneinteilung der chronisch venösen Insuffizienz beim postthrombotischen Syndrom
N Stadium I n
Stauungszeichen ohne trophische Hautveränderungen
N Stadium II n
Stauungszeichen mit trophischen Hautveränderungen, aber ohne Ulkus
N Stadium III n
Stauungszeichen mit trophischen Hautveränderungen und floridem oder abgeheiltem Ulkus
Diagnose. Eine durchgemachte Beinvenenthrombose kann anamnestisch
Diagnose. Die Diagnose des PTS wird klinisch gestellt und apparativ (Plethysmographie, Lichtreflexrheographie) untermauert. Goldstandard in der Darstellung aller postthrombotischen Veränderungen ist die aszendierende Phlebographie.
Therapie. Die Therapie der CVI beginnt mit der Thromboseprophylaxe
Therapie. Die Therapie beginnt mit der Thromboseprophylaxe und der Therapie der tiefen Beinvenenthrombose. Sollte ein PTS entstanden sein, muss eine konsequente Kompressionstherapie durchgeführt werden. Wenn Stauungsulzera durch insuffiziente Perforansvenen unterhalten werden, so sind diese subfaszial freizulegen und zu umstechen. Liegt die wesentliche Ursache einer venösen Abflussstörung in einem kurzstreckigen Iliakalvenenverschluss begründet, kann eine Rekonstruktion der Venenstrombahn durch Protheseninterponat oder ein venovenöser extraanatomischer Bypass nach Palma indiziert sein ( 1 B-24.45).
fast immer eruiert werden. Neben der Inspektion und Palpation ist die Umfangmessung im Seitenvergleich, vor allem am Abend hilfreich. Zur quantitativen Erfassung der venösen Abflussbehinderung eignen sich die Doppler-Sonographie, die Plethysmographie, die Lichtreflexrheographie und die Venendruckmessung. Das Ausmaß der morphologischen Veränderungen dokumentiert die aszendierende Phlebographie.
sowie der adäquaten Therapie einer tiefen Beinvenenthrombose. Im Falle einer Defektheilung ist eine entsprechende Kompressionsbehandlung (Gegendruck 20–50 mmHg) unerlässlich. Langes Stehen und Sitzen müssen vermieden werden, das betroffene Bein sollte auch tagsüber, soweit möglich, hochgelagert werden. Haben sich bereits Stauungsulzera eingestellt, müssen die o.g. Therapiekonzepte besonders beherzigt werden. Bewährt hat sich die Durchstechung insuffizienter Perforansvenen, die als sog. »Nährvenen« ein Ulkus unterhalten können. Bei kurzstreckigen Venenverschlüssen im Oberschenkel- und Beckenbereich kann eine Rekonstruktion der Venenstrombahn durch Interposition einer Prothese oder einen venovenösen, extraanatomischen Bypass nach Palma, ggf. mit passagerer Anlage einer AV-Fistel zur Erhöhung des Blutflusses, indiziert sein ( 1 B-24.45).
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24 Gefäßchirurgie
1 B-24.45
Synopsis Palma-Umgehungsoperation bei einseitigem Verschluss der venösen Beckenstrombahn
V. cava V. saphena magna
V. iliaca sinistra postthrombotisch verschlossen V. saphena magna
V. saphena parva
V. femoralis a
b
c
Die Palma-Umgehungsoperation kann bei chronisch venöser Insuffizienz auf dem Boden eines einseitigen Beckenverschlusses (a) den venösen Abstrom des betroffenen Beines erleichtern. Nach Schnittführung wie in b wird die V. saphena magna auf der gesunden Seite auf 20 cm nach distal freigelegt, dort abgesetzt und extraanatomisch, suprapubisch auf die erkrankte Gegenseite verlagert. Nach End-zu-Seit Anastomose mit der V. femoralis der Gegenseite kann das Blut aus den tiefen Beinvenen des erkrankten
24.3
Chirurgie der Lymphgefäße
24.3
d
Beines über die offenen Beckenvenen der gesunden Seite abfließen (c). Alternativ kann auch ein suprapubischer, venovenöser Prothesenbypass angelegt werden (d). Um den venösen Blutfluss zur Gegenseite zu beschleunigen, können beide Verfahren mit einer passageren AV-Fistel im Sinne eines sog. Korbhenkelshuntes (zwischen einem Seitenast der V. saphena magna der erkrankten Seite und der A. femoralis) kombiniert werden (d).
Chirurgie der Lymphgefäße
Das Lymphsystem des Körpers hat die Aufgabe, die Lymphe, welche als eiweißreiches Ultrafiltrat im Kapillarstromgebiet entsteht (2–4 l/d), zu dränieren und den Lymphozyten den Übertritt aus den Lymphknoten in die Blutbahn zu ermöglichen. Über die Cisterna chyli und den Ductus thoracicus gelangt die Lymphe aus dem Pfortaderstromgebiet und der unteren Extremität in das Hohlvenensystem.
Das Lymphsystem des Körpers hat die Aufgabe, die Lymphe, welche als eiweißreiches Ultrafiltrat im Kapillarstromgebiet entsteht (2–4 l/d), zu dränieren und den Lymphozyten den Übertritt aus den Lymphknoten in die Blutbahn zu ermöglichen. Der Transport der eiweißreichen, interstitiellen Flüssigkeit, die durch Ultrafiltration im Bereich der Kapillaren entsteht, erfolgt im Wesentlichen über die Lymphgefäße. Die mit Klappen versehenen Lymphgefäße, welche in die Lymphknoten dränieren, verlaufen an den Extremitäten parallel mit den Venen. An den Beinen besteht keine Verbindung zwischen dem oberflächlichen und dem tiefen Lymphsystem. Die Lymphe des Pfortaderstromgebiets und der unteren Extremität sammelt sich in der Cisterna chyli und gelangt über den Ductus thoracicus, welcher nach Aufnahme der Lymphe aus der linken oberen Körperhälfte im linken Venenwinkel mündet, in das obere Hohlvenensystem.
24.3.1 Entzündliche Erkrankung des Lymphsystems Symptome, Diagnose. Bei einer Lymphangitis imponiert ein vom Infektherd zur regionalen Lymphknotengruppe ziehender, schmerzloser roter Streifen. Sind zusätzlich die Lymphknoten schmerzhaft geschwollen, besteht eine Lymphadenitis. Therapie. Die Therapie einer Lymphangitis besteht in der Sanierung des Infektherds, Ruhigstellung und Hochlagerung der Extremität und systemischer Penicillingabe sowie ggf. in der Ausräumung von abszedierten Lymphknoten. Differenzialdiagnose der Lymphknotenschwellung: Infektionskrankheiten (bakteriell und viral), Erkrankungen des lymphatischen Formenkreises und Metastasen solider Tumoren müssen ausgeschlossen werden.
24.3.1
Entzündliche Erkrankung des Lymphsystems
Symptome, Diagnose. Charakteristisch für die Lymphangitis ist ein roter
Streifen, der von einem akralen Entzündungsherd, entlang der Venen, subkutan in Richtung der regionalen Lymphknotengruppe verläuft. Wird diese erreicht, entwickelt sich eine schmerzhafte Lymphknotenschwellung als Ausdruck der Lymphadenitis.
Therapie. Die Therapie der Lymphangitis besteht in der Hochlagerung, Ruhigstellung und Kühlung der betroffenen Extremität, Sanierung des verursachenden Infektionsherds und Antibiotikagabe (Penicillin). Abszedierende Lymphknoteneinschmelzungen bei Lymphadenitis müssen chirurgisch ausgeräumt werden.
Differenzialdiagnose. Gegen die Lymphangitis ist die Thrombophlebitis
abzugrenzen. Bei dieser ist der rote Strang breiter, derber und druckschmerzhaft. Lymphknotenschwellungen können im Rahmen vieler Infektionskrankheiten (Tbc, Syphilis, Toxoplasmose, Brucellose, Tularämie, Katzenkratzkrankheit, Morbus Pfeiffer, Lymphogranuloma inguinale, Röteln, Masern, Yersi-
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
943
24.3.2 Lymphödeme nien) und Tumoren (Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphom, Sarkoidose, Metastasen) auftreten. Wenn anamnestisch ein begründeter Verdacht besteht, ist eine umfangreichere Diagnostik (Labor mit spezifischer Serologie, ggf. CT und Lymphographie bei Tumorverdacht) bis hin zur Lymphknotenbiopsie oder Lymphadenektomie indiziert. n Merke. Bei Operationen am Lymphsystem ist eine subtile Präparationstechnik von großer Wichtigkeit, um den Lymphabfluss möglichst wenig zu beeinträchtigen und die Entstehung von Lymphfisteln oder Lymphozelen nicht zu provozieren.
24.3.2
Lymphödeme
Ätiologie. Ein Lymphödem entsteht, wenn die zu dränierende Lymphmenge
die Transportkapazität der Lymphgefäße übersteigt. Beim primären Lymphödem läßt sich eine kongenitale, familiäre Form (Nonne-Milroy) von einer familiären, nicht kongenitalen Form (Meige) unterscheiden. Ursache des meist einseitig auftretenden primären Lymphödems ist eine Hypo- oder Aplasie der subkutanen Lymphbahnen oder eine Blockade iliofemoraler lymphatischer Strukturen mit offenen und dilatierten peripheren Lymphbahnen (Hyperplasie). 94 % der primären Lymphödemformen bei Hypo- bis Aplasie, oder Hyperplasie der Lymphgefäße treten sporadisch auf. Von der primären Form sind überwiegend junge Frauen (90 %) betroffen, auslösende Faktoren sind Pubertät oder Schwangerschaft. Die sekundären Lymphödemformen entwickeln sich nach Obliteration der Lymphknoten oder Lymphbahnen. Bei ihnen stehen ursächlich rezidivierende lymphangitische Infekte (Erysipel, bakteriell), Traumen, Operationen mit Bestrahlung (Ablatio mammae mit axillärer Lymphadenektomie und Radiatio), Tumorbefall von Lymphknoten und vor allem das postthrombotische Syndrom im Vordergrund, in tropischen Ländern auch Parasiten (Filarien). Es tritt meist im 4. Lebensjahrzehnt auf, wobei Männer und Frauen etwa gleich häufig betroffen sind. n Merke. Gefährdete Engstellen des Lymphabflusses befinden sich in der Axilla, der Leiste und an der Knieinnenseite. Großzügige, quere Inzisionen haben hier eine deutliche Verminderung der Lymphtransportkapazität mit der großen Gefahr der Lymphödementstehung zur Folge.
Merke
24.3.2
Lymphödeme
Ätiologie. Ein Lymphödem entsteht, wenn die zu dränierende Lymphmenge die Transportkapazität der Lymphgefäße übersteigt. Beim primären Lymphödem lassen sich eine kongenitale, familiäre Form (Nonne-Milroy) von einer familiären, nicht kongenitalen Form (Meige) unterscheiden. Es tritt meist einseitig und überwiegend bei jungen Frauen (Pubertät, Schwangerschaft) auf. Ursache ist eine Hypo- oder Aplasie oder eine Hyperplasie der peripheren Lymphbahnen. Sekundäre Lymphödeme entwickeln sich nach Obliteration der Lymphknoten/Lymphbahnen, v.a. nach rezidivierenden lymphangitischen Infekten, postoperativ, posttraumatisch, nach Bestrahlungen, durch Lymphknotenmetastasen und parasitär (Filarien). Es tritt meist im 4. Lebensjahrzehnt ohne Geschlechtsbevorzugung auf. Merke
Symptome. Hauptsymptom ist eine progressive, anfänglich nächtlich noch reversible, körperfarbene, nicht schmerzhafte, zunehmend derber werdende Schwellung der betroffenen Extremität. Bei der primären Form schreitet das Ödem von distal nach proximal fort. Bei der sekundären Form beginnt das Ödem meist am Ort der Schädigung und schreitet von dort in die Peripherie fort. Die initial säulenförmige Schwellung kann sich zu einer grotesken Elephantiasis mit Lymphdiapedese nach außen entwickeln. Charakteristisches Frühsymptom ist die fehlende Faltbarkeit der Fußrückenhaut (Stemmer-Zeichen) und die Persistenz von Hautfalten. Das anfangs weiche und eindrückbare Ödem lässt keine Dellen zurück (DD: kardiales Ödem: beidseitig und dellenbildend!) und bildet sich während Hochlagerung im Vergleich zu anderen Ödemen kaum zurück. Komplizierend auftretende, rezidivierende Erysipele und Phlegmonen führen zur weiteren Obliteration der Lymphbahnen und können den Krankheitsverlauf aggravieren. Als ernste Spätkomplikationen beider Ödemformen kann ein Lymphangiosarkom (Stewart-Tereves-Syndrom) auftreten.
Symptome. Hauptsymptom ist eine progressive, nicht schmerzhafte, zunehmend derber werdende Schwellung der betroffenen Extremität. Bei der primären Form schreitet das Ödem von distal nach proximal fort, bei der sekundären Form vom Ort der Schädigung nach distal. Die säulenförmige Schwellung kann sich im Verlauf zu einer Elephantiasis mit Lymphdiapedese nach außen entwickeln. Frühsymptom ist das Stemmer-Zeichen und die Persistenz von Hautfalten. Das anfangs eindrückbare Ödem hinterlässt keine Dellen und bildet sich bei Hochlagerung kaum zurück. Die Neigung zu Erysipelen und Phlegmonen führt zur weiteren Verschlechterung. Spätkomplikation beider Ödemformen ist das Lymphangiosarkom.
Diagnose. Bei der klinischen Untersuchung sind Haut und Subkutis derb
Diagnose. Die Diagnose ergibt sich aus klinischer Untersuchung, Lymphsequenzszintigraphie und Patentblauinjektion. Bei Tumorverdacht können eine CT oder MRT weiterhelfen.
und konsistenzvermehrt. Das Ödem ist nicht wegdrückbar. Im weiteren Verlauf wird die Haut hart und rissig. Die Injektion von Patentblau markiert die Lymphgefäße und den »dermal backflow«. Eine Lymphsequenzszintigraphie dient der Darstellung des Lymphabstroms. Bei Tumorverdacht können eine CT oder MRT weiterhelfen.
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944
24 Gefäßchirurgie
n Merke. Eine Lymphographie soll zur Diagnostik des Lymphödems nicht eingesetzt werden, da das ölige Kontrastmittel die verbliebenen Lymphbahnen zusätzlich verkleben kann.
Merke
Therapie. Die konservative Therapie besteht aus: π Hochlagerung π Kompressionsverbänden π Lymphdränage π Infektionsprophylaxe. Das Prinzip operativer Strategien besteht in der Verminderung der gestauten Subkutisschichten durch Resektion, Umleitung gestauter epifaszialer Lymphgefäße in das subfasziale System ( 1 B-24.46) oder der mikrochirurgischen Ableitung gestauter Lymphgefäße über lymphovenöse Anastomosen oder Lymphgefäßtransplantate (bei sekundären Ödemen).
1 B-24.46
Therapie. Die konservative Therapie besteht in der Hochlagerung, der
Anlage von Kompressionsverbänden, der manuellen Lymphdränage und der Infektionsprophylaxe. Diuretika zeigen kaum einen Effekt. Wenn nach konsequenter Kompressionsbehandlung am Bein/Unterschenkel medial und lateral schlaffe Vollhautlappen zurückbleiben, können diese wetzsteinförmig längs exzidiert werden. Das zurückbleibende Integument wird nach großzügiger Dränageneinlage locker adaptiert (Keilresektion nach Mikulicz-Sistrunk). Operationen bei fortgeschrittenen Lymphödemen, die auf eine konservative Therapie kaum mehr ansprechen, verfolgen das Prinzip, das abflussgestörte oberflächliche Lymphsystem über die gestauten, subepidermalen Lymphbahnen in das nicht abflussgestörte, subfasziale System umzuleiten. Bei der Operation nach Thompson wird ein dorsal gestielter, medialer Hautlappen mit der indurierten Subkutis von der Faszie abpräpariert. Nach Resektion der tiefen Subkutisschichten, unter Schonung des subepidermalen Lymphplexus, erhält man einen überstehenden Rand, der durch das Dermatom von der Epidermis befreit und als Transpositionslappen in der Muskelloge fixiert wird ( 1 B-24.46). Bei richtiger Indikationsstellung sind die Ergebnisse dieser Technik noch vergleichsweise ermutigend. Bei frühen sekundären Ödemen oder fortgeschrittenen primären kann auch die Durchführung lymphovenöser Anastomosen oder freier Lymphgefäß-
Synopsis Resezierende und dränierende Operationen bei chronischem Lymphödem
Op nach Mikulicz-Sistrunk
Bleiben nach konsequenter Kompressionsbehandlung des Lymphödems schlaffe Vollhautlappen zurück (a), können diese in Längsrichtung abgetragen und die Haut/Subkutis wieder locker adaptiert werden (b).
b
a Dränageoperation nach Thompson
b
a
c
d
Nach Längsinzision über der Innenseite des Beines (a) wird zunächst die Haut türflügelartig mit einem Skalpell vom Unterhautfettgewebe abgetragen (b). Anschließend wird der freiliegende Subkutanblock mit der darunter liegenden Muskelfaszie reseziert (c). Hierdurch soll eine direkte kapillare Verbindung zwischen den oberflächlichen Lymphspalten der Haut und dem tiefen, subfaszialen Lymphsystem ermöglicht werden. Um diese Verbindung zwischen oberflächlichem und tiefem Lymphdränagesystem weiter zu verbessern, wird an einem Teil des Hautstreifens mit einem Dermatom zusätzlich die Epidermis entfernt und dieser de-epithelialisierte Kutislappen in der Tiefe zwischen den Muskellogen verankert (d).
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24.3.2 Lymphödeme transplantate erwogen werden, sofern keine venöse Abflussstörung vorliegt. Trotz mikrochirurgischer Anastomosentechnik sind die Erfolgsraten bisher enttäuschend (> 50 %ige Verschlussrate der Anastomosen). Postoperative Komplikationen bestehen in Wundheilungsstörungen, der Entwicklung von Lymphfisteln, Narbenkeloiden und Rezidiven. Auf dem Boden langjährig bestehender Fisteln (ca. > 15 Jahre) können sich Sarkome entwickeln.
945
Postoperative Komplikationen: Wundheilungsstörungen, Lymphfisteln und Narbenkeloide. Bei langjährigen chronischen Fisteln können Sarkome entstehen.
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947 25
Herzchirurgie
25
Herzchirurgie
Arnd Böhle 25.1
Grundlagen der Herzchirurgie
Die moderne Herzchirurgie umfasst die chirurgische Behandlung angeborener und erworbener Erkrankungen des Herzens sowie der herznahen großen Gefäße. Voraussetzung für die Durchführung von Eingriffen am offenen Herzen war die Einführung der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) mittels Herz-LungenMaschine (HLM) durch John H. Gibbon im Jahre 1953. Am Anfang der Behandlung von Erkrankungen des Herzens steht deren Diagnostik. Diese beginnt mit der ausführlichen Anamneseerhebung und genauen klinischen Untersuchung. Die weiteren diagnostischen Maßnahmen leiten sich aus dem erhobenen Befund ab. Die diagnostischen Verfahren und deren Wertigkeit sind im Nachfolgenden dargestellt ( 2 B-25.1).
2 B-25.1
Grundlagen der Herzchirurgie Die moderne Herzchirurgie umfasst die chirurgische Behandlung angeborener und erworbener Erkrankungen des Herzens sowie der herznahen großen Gefäße. Voraussetzung dafür war die Einführung der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) mittels Herz-LungenMaschine (HLM). Am Anfang der Behandlung von Erkrankungen des Herzens steht deren Diagnostik. Die diagnostischen Verfahren und deren Wertigkeit sind im Nachfolgenden dargestellt ( 2 B-25.1).
Diagnostik von Herzerkrankungen
Verfahren
Wertigkeit
N Elektrokardiogramm n (EKG)
Darstellung der elektrischen Erregungsabläufe, Diagnostik von Ischämien und Rhythmusstörungen
N Langzeit-EKG n
Diagnostik intermittierender Rhythmusstörungen
N Belastungs-EKG n
Diagnose belastungsabhängiger myokardialer Ischämien und Arrhythmien
N transthorakale n Echokardiographie
Darstellung der Morphologie des Herzens und seiner Beweglichkeit in Echtzeit, Beurteilung der Kontraktilität und der Klappenbeweglichkeit
N transösophageale n Echokardiographie
höhere Auflösung des Bildes mit verbesserter Beurteilbarkeit
N Duplexsonographie n
Darstellung der Blutströmungsverhältnisse im Herzen, Darstellung turbulenter Strömungen bei Klappenvitien und Septumdefekten
N Rechtsherzkathetern untersuchung
Darstellung der Binnenräume und Blutflussverhältnisse des rechten Herzens und der A. pulmonalis durch Kontrastmittelinjektion, Messung der Druckverhältnisse, Messung der O2 -Sättigung, Sondierung von Septumdefekten, Beurteilung der Kontraktilität
N Linksherzkathetern untersuchung
Darstellung der Binnenräume und Blutflussverhältnisse des linken Herzens und der Aorta durch Kontrastmittelinjektion, Messung der Druckverhältnisse, Messung der O2 -Sättigung, Beurteilung der Kontraktilität
25.1.1
25.1
Geschlossene Herzoperation
Unter dem Begriff der geschlossenen Herzoperation versteht man Eingriffe am schlagenden und nicht eröffneten Herzen ohne Einsatz der HLM ( 2 B-25.2) wie Perikardfensterungen oder die Perikardiolyse beim Panzerherz, Übernähung von Herzverletzungen, die geschlossene Kommissurotomie bei Mitralklappenstenosen, die Operation eines persistierenden Ductus arteriosus Botalli, einer Aortenisthmusstenose oder die Anlage palliativer Shunts wie z.B. einer Blalock-Taussig Anastomose. Die Blutzirkulation ist hierbei nicht oder nur kurzzeitig unterbrochen.
25.1.1 Geschlossene Herzoperation Unter geschlossenen Herzoperationen versteht man Eingriffe am schlagenden Herzen ohne Einsatz der HLM ( 2 B-25.2), z.B. Übernähung von Herzverletzungen oder Perikardiolyse beim Panzerherz.
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948
25 Herzchirurgie
2 B-25.2
Operationen am geschlossenen und offenen Herzen
Operationen am geschlossenen Herzen
Operationen am offenen Herzen
N Perikardiolyse bei Panzerherz n n geschlossene Kommissurotomie N
N Herzklappenoperationen n n Bypassoperationen N
N Aortenisthmusstenose n n Herzverletzungen N
N thorakale Aortenaneurysmen n n Korrektur kongenitaler Herzfehler N
Operation am offenen Herzen
25.1.2 Operation am offenen Herzen
25.1.2
Operationen am offenen Herzen bezeichnen Eingriffe am nicht schlagenden Herzen unter Verwendung der EKZ, z.B. Bypassoperationen oder Herzklappenersatzoperationen ( 2 B-25.2).
Unter der Bezeichnung Operationen am offenen Herzen werden jene kardiochirurgischen Eingriffe zusammengefasst, bei denen das Herz stillgelegt und der Blutkreislauf des Patienten mittels EKZ durch die HLM aufrechterhalten wird. Es ist dabei keineswegs grundsätzlich eine Eröffnung der Herzhöhlen impliziert. Zu den Eingriffen am offenen Herzen gehören der Herzklappenersatz, die Myokardrevaskularisation mittels Bypassoperation, die Korrekturoperationen angeborener Herzfehler und die Operationen thorakaler Aortenaneurysmen ( 2 B-25.2).
25.1.3 Prinzip der extrakorporalen Zirkulation Das Prinzip der EKZ besteht in einer Überbrückung des Herz-Lungen-Kreislaufs durch die HLM. Auf diese Weise werden Eingriffe am eröffneten, nicht schlagenden Herzen unter Sicht möglich ( 1 B-25.1).
25.1.3
Die wichtigsten Funktionselemente der HLM sind: π Blutpumpe π Oxygenator π Wärmetauscher π Sauger. I. Die Blutpumpe ersetzt die Pumpfunktion des Herzens. Am weitesten verbreitet ist dabei heute die Verwendung von Rollerpumpen.
II. Der Oxygenator dient der Arterialisierung des Blutes, d.h. Anreicherung mit Sauerstoff bei gleichzeitiger CO2 -Abgabe. Unterschieden werden entsprechend ihrer Funktionsweise: π Filmoxygenator π Blasenoxygenator π Membranoxygenator.
Prinzip der extrakorporalen Zirkulation (EKZ)
Das Prinzip der EKZ besteht in einer Überbrückung des Herz-Lungen-Kreislaufs, indem das venöse Blut aus den Hohlvenen in die HLM dräniert, dort oxygeniert, und anschließend in die Aorta zurückgeleitet wird. Auf diese Weise werden Eingriffe am eröffneten, nicht schlagenden Herzen unter Sicht möglich, während der übrige Körperkreislauf aufrechterhalten bleibt ( 1 B-25.1). Die wichtigsten Funktionselemente der HLM sind: π Blutpumpe π Oxygenator π Wärmetauscher π Sauger. I. Die Blutpumpe, mittels der die Pumpfunktion des Herzens ersetzt und die Blutzirkulation aufrechterhalten wird. Am weitesten verbreitet ist dabei heute die Verwendung von Rollerpumpen, die einen nicht pulsatilen, kontinuierlichen Blutfluss erzeugen. Da dieser Blutfluss unphysiologisch ist, wurden Blutpumpen eingesetzt, die einen pulsatilen Blutfluss erzeugten. In der herzchirurgischen Routine haben sich diese Systeme aber bisher nicht etabliert. Trotz der theoretischen Vorteile eines pulsatilen Blutflusses während der extrakorporalen Zirkulation gibt es derzeit keine überzeugenden Hinweise, dass bei einer begrenzten Perfusionsdauer unter Routinebedingungen der nicht pulsatile Blutstrom von Nachteil für den Patienten ist. II. Der Oxygenator, der eine Arterialisierung des Blutes, d.h. Anreicherung mit Sauerstoff bei gleichzeitiger CO2-Abgabe bewirkt und damit die Funktion der Lunge als Gasaustauschfläche ersetzt. Bei den Oxygenatoren unterscheidet man entsprechend ihrer Funktionsweise folgende Typen: Filmoxygenator: Der Gasaustausch erfolgt durch direkten Blut-Gas-Kontakt über filmähnlich ausgezogene Blutschichten, z.B. mittels rotierender Scheiben im Scheibenoxygenator. Diese Oxygenatoren sind heute nur noch von historischem Interesse. Blasenoxygenator: Im sog. bubble oxygenator erfolgt die Oxygenierung mittels Dispersion kleinster Sauerstoffbläschen im Blut, d.h. der Gasaustausch erfolgt durch direkten Gas-Blut-Kontakt. Problematisch ist die erhebliche Schaumbildung im Oxygenator mit der Gefahr von Mikroembolien. Zusätzlich fördert die Blasenbildung das Auftreten einer Hämolyse infolge mechanischer Irritation geformter Blutbestandteile.
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25.1.3 Prinzip der extrakorporalen Zirkulation
1 B-25.1
949
Synopsis Prinzip der extrakorporalen Zirkulation (EKZ)
Schematische Darstellung der extrakorporalen Zirkulation (EKZ).
arterieller Zufluss zur Aorta
Filter venöser Abfluss zur HLM
Rollerpumpe
Warm- bzw. Kaltwasserzulauf
Oxygenator mit Wärmetauscher
Membranoxygenator: Im Membranoxygenator erfolgt der Gasaustausch über eine semipermeable Membran, an deren einer Seite das Patientenblut fließt, an deren anderer Seite der Sauerstoff eingeleitet wird. Auf diese Weise wird der physiologische Gasaustausch in der Lunge imitiert. Diese Oxygenatoren werden in der herzchirurgischen Routine am häufigsten eingesetzt. III. Der Wärmetauscher ermöglicht das rasche Kühlen und Erwärmen des Perfusates und damit des Patienten, was Grundvoraussetzung für Eingriffe in Ganzkörperhypothermie ist. Diese Technik erlaubt das Operieren bei komplettem Zirkulationsstillstand, wie es z.B. bei der Korrektur komplexer angeborener Herzfehler erforderlich sein kann. IV. Der Sauger. Mittels Handsauger oder Entlastungsdränage wird intraoperativ aus dem Herzen abgesaugtes Blut in die HLM zurückgeführt und für die Zirkulation erhalten.
Standardverfahren der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) Das Standardverfahren der EKZ besteht in einer medianen Sternotomie des Patienten und der anschließenden Eröffnung des Herzbeutels. Der Anschluss an die HLM erfolgt durch Platzierung eines Stufenkatheters im Bereich von rechtem Vorhof und unterer Hohlvene oder zweier einzelner Katheter in der oberen und unteren Hohlvene. Hiervon wird das venöse Blut
III. Der Wärmetauscher ermöglicht das rasche Kühlen und Erwärmen des Perfusates und damit des Patienten, sowie die Konstanthaltung der gewünschten Körpertemperatur. IV. Der Sauger. Mittels Handsauger oder Entlastungsdränage wird intraoperativ aus dem Herzen abgesaugtes Blut in die HLM zurückgeführt. Standardverfahren der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) Das operative Standardverfahren der EKZ beinhaltet die Dränage des Hohlvenenblutes in die HLM, von wo es nach Oxygenierung unter Umgehung
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950 des kleinen Kreislaufs in die Aorta zurückgepumpt wird.
Eine Vollheparinisierung mit 300 IE Heparin pro kg Körpergewicht ist erforderlich. Die Myokardprotektion erfolgt durch selektive Perfusion der Koronararterien mit kardiopleger Lösung, die durch eine Elektrolytverschiebung zur elektromechanischen Entkoppelung des Herzens führt. Gleichzeitig erfolgt eine externe Kühlung des Herzens durch Eiswasser.
Nach Abschluss der EKZ wird das Heparin durch Gabe von Protamin antagonisiert.
25 Herzchirurgie zur HLM geleitet, wo es durch den Wärmetauscher gekühlt und im Oxygenator mit Sauerstoff angereichert wird. Von dort wird das Blut durch einen in der Aorta ascendens platzierten Katheter unter Umgehung von Herz und Lungen (sog. totaler Bypass) in die Aorta gepumpt. Um ein Gerinnen des Blutes im extrakorporalen Kreislauf zu vermeiden ist vor Beginn der EKZ eine Vollheparinisierung (Heparin 300 IE/kg Körpergewicht) erforderlich. Bei Beginn der EKZ schlägt das Herz des Patienten zunächst noch, jedoch ohne dabei Blut auszuwerfen, da dieses durch den Hohlvenenkatheter in die HLM dräniert wird. Durch Perfusion der Koronararterien mit gekühltem Perfusat wird das Herz abgekühlt und beginnt schließlich zu flimmern. In diesem Moment wird die Aorta mittels einer Gefäßklemme proximal des Aortenkatheters ausgeklemmt und die Koronararterien werden über einen selektiv eingebrachten Katheter mit kardiopleger Lösung zur Myokardprotektion perfundiert. Bei der kardioplegen Lösung handelt es sich um eine kaliumreiche Lösung, die durch eine Elektrolytverschiebung zur elektromechanischen Entkoppelung des Herzens führt (S. 951, Myokardprotektion). Gleichzeitig erfolgt eine externe Kühlung des Herzens durch Eiswasser. Nach Abschluss der operativen Korrektur am Herzen wird die Gefäßklemme von der Aorta ascendens entfernt und dadurch der Blutfluss in die Koronararterien freigegeben. Gleichzeitig erfolgt eine Erwärmung des Perfusats in der HLM und das Herz beginnt bei Erwärmung spontan wieder zu schlagen. Nach einer gewissen Erholungszeit des Herzens wird die Pumpleistung der HLM schrittweise reduziert und das Herz übernimmt wieder die Pumpfunktion im Kreislauf. Nach Entfernung der Kanülen aus Aorta und Hohlvenen wird abschließend die Heparinwirkung durch Gabe von Protaminchlorid (300 IE/kg Körpergewicht) antagonisiert.
Linksherzbypass
Linksherzbypass
Das Prinzip des Linksherzbypasses besteht in einer Überbrückung des linken Herzens. Das Blut wird bei dieser Bypassform in den Lungen oxygeniert, die Verwendung eines Oxygenators ist überflüssig ( 1 B-25.2).
Das Prinzip des Linksherzbypasses besteht in einer Überbrückung des linken Herzens, indem ein Katheter im linken Vorhof platziert und ein Teil des Blutes von dort über einen in der Femoralarterie liegenden Katheter retrograd in die untere Körperhälfte eingeleitet wird, während die obere Körperhälfte weiterhin durch das normal schlagende Herz mit Blut versorgt wird. Das Blut wird bei dieser Bypassform in den Lungen oxygeniert, die Verwendung eines Oxygenators ist überflüssig ( 1 B-25.2). Indikation für diese Bypassform sind Eingriffe im Bereich der thorakalen deszendierenden Aorta, bei denen die Aorta zeitweilig ausgeklemmt und damit der Blutstrom zur unteren Körperhälfte unterbrochen wird.
Indikation: Eingriffe im Bereich der thorakalen deszendierenden Aorta.
Femoro-femoraler Bypass
Femoro-femoraler Bypass
Beim femoro-femoralen Bypass wird die EKZ durch Kanülierung von A. u. V. femoralis eingeleitet.
Beim femoro-femoralen Bypass wird das Blut mittels entsprechend platzierter Katheter aus der V. femoralis zur HLM geleitet, dort oxygeniert und über die A. femoralis retrograd in den Kreislauf zurückgepumpt. Indikation für diese Bypassform sind Eingriffe, bei denen ein Beginn der EKZ vor vollständiger Eröffnung des Thorax erforderlich sein kann, z.B. bei Reoperationen des Herzens. Eine weitere Anwendung besteht in der Langzeitoxygenierung von Patienten mit schwerster transitorischer respiratorischer Insuffizienz, wie z.B. bei der Schocklunge ( 1 B-25.3).
Indikation: Eingriffe bei denen ein Beginn der EKZ vor vollständiger Eröffnung des Thorax erforderlich sein kann, z.B. bei Reoperationen des Herzens oder Langzeitoxygenierung bei Schocklunge ( 1 B-25.3).
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25.1.3 Prinzip der extrakorporalen Zirkulation
1 B-25.2
1 B-25.3
Synopsis Linksherzbypass
Im Linksherzbypass wird das arterialisierte Blut retrograd in die Aorta abdominalis geleitet. Die supraaortalen Gefäße werden weiterhin durch das schlagende Herz perfundiert.
Synopsis Femoro-femoraler Bypass
Femoro-femoraler Bypass mit retrograder Perfusion der Aorta.
Pumpe
Oxygenator
Pumpe
Myokardprotektion und Kardioplegie n Definition. Der Begriff der Myokardprotektion beschreibt protektive Maßnahmen zum Schutz des Herzmuskels während des intraoperativen Herzstillstands (Kardioplegie.).
Zu unterscheiden sind Verfahren mit und ohne Koronardurchblutung: Bei erhaltener Koronardurchblutung kann ein Herzstillstand intraoperativ mittels einer sog. Flimmerelektrode elektrisch induziert werden. Die Koronararterien bleiben intraoperativ perfundiert und der aerobe Stoffwechsel der Herzmuskelzelle bleibt erhalten. Nachteil dieser Methode ist die fortbestehende elektromechanische Aktivität und die daraus resultierende Tonisierung des Herzens. Die dadurch bedingte Erhöhung der transmuralen Wandspannung kann eine Minderperfusion des Myokards mit nachfolgender Schädigung bewirken. Wird die koronare Durchblutung am warmen Herzmuskel unterbrochen, so läuft der intrazelluläre Stoffwechsel bis zum kompletten Verbrauch der intrazellulären Energiespeicher weiter. Anschließend tritt ein ischämischer Herzstillstand ein. Anfallende saure Metabolite des anaeroben Stoffwechsels
Myokardprotektion und Kardioplegie Definition
Zu unterscheiden sind Verfahren mit und ohne Koronardurchblutung. Bei elektrisch induziertem Herzstillstand und erhaltener Koronardurchblutung bleibt der Herzmuskel tonisiert und blutgefüllt.
Der ischämisch induzierte Herzstillstand bei unterbrochener koronarer Durchblutung beinhaltet das Risiko der nicht kalkulierbaren Ischämietoleranz
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25 Herzchirurgie
Das heute am häufigsten angewandte Verfahren zur intraoperativen Myokardprotektion bei nicht erhaltener Koronardurchblutung stellt die hypotherme Kardioplegie dar. Verwendung kalter kaliumreicher kardiopleger Lösung zur Myokardprotektion führt zur elektromechanischen Entkoppelung des Herzens bei erhaltenen intrazellulären Energiespeichern. Die interne und externe Kühlung des Herzens führt zum Sistieren der Stoffwechselvorgänge und schützt so das Herz vor dem Anfall schädlicher saurer Metabolite.
haben eine schädigende Wirkung auf die Herzmuskelzelle. Nachteil des ischämisch eingeleiteten Herzstillstands ist die unkalkulierbare Ischämietoleranz des Herzens mit möglicher irreversibler Schädigung des Myokards, weshalb er in der klinischen Routine keine Anwendung findet und heute nur noch von historischem Interesse ist. Das heute am häufigsten angewandte Verfahren zur intraoperativen Myokardprotektion bei nicht erhaltener Koronardurchblutung stellt die hypotherme Kardioplegie dar. Durch Perfusion der Koronarien mit einer gekühlten kaliumreichen kardioplegen Lösung wird die Elektrolytverschiebung induziert, die zur elektromechanischen Entkoppelung des Herzens führt. Zusätzlich enthaltene Lokalanästhetika und Kalziumantagonisten tragen zur Membranstabilisierung bei. Puffersubstanzen neutralisieren saure Stoffwechselprodukte. Die interne und externe Kühlung des Herzmuskels führt zum Sistieren intrazellulärer Stoffwechselvorgänge und schützt so das Herz vor dem Anfall schädlicher saurer Metabolite. Exemplarisch sei die Zusammensetzung der Stanford Kardioplegie dargestellt. Sie enthält: Na+ 25 mmol/l, Cl— 30 mmol/l, K+ 30 mmol/l, HCO3— 25 mmol/l, Mannitol 1,25 %, Dextrose 5 %. Osmolarität 450 mosm/l. pH 8,5–8,7. Die hypotherme Kardioplegie führt zu einem abrupten Herzstillstand durch elektromechanische Entkoppelung mit Sistieren der Stoffwechselvorgänge bei erhaltenen intrazellulären Energiespeichern, was einen sicheren Myokardschutz bei blutleerem Herzen für mehrere Stunden gewährleistet.
Assistierte Zirkulation
Assistierte Zirkulation
des Herzens mit irreversibler Schädigung des Myokards. Diese Form des Herzstillstandes findet heute keine klinische Anwendung mehr.
Definition
n Definition. Der Begriff der assistierten Zirkulation bezeichnet die temporäre Kreislaufunterstützung bei myokardialem Pumpversagen (sog. Low-output-Syndrom) verschiedener Ursachen.
Neben der Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs besteht ein weiterer Effekt in der Reduktion der Herzarbeit und damit des myokardialen Sauerstoffverbrauchs. Es können verschiedene Verfahren der Zirkulationsassistenz unterschieden werden:
Neben der Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs besteht ein weiterer Effekt in der Reduktion der Herzarbeit und damit des myokardialen Sauerstoffverbrauchs, was die Rekonvaleszenz des Herzmuskels nach operativen Eingriffen oder abgelaufenem Myokardinfarkt unterstützt. Es können verschiedene Verfahren der Zirkulationsassistenz unterschieden werden:
Intraaortale Ballongegenpulsation (IABP) Intraaortale Gegenpulsation durch IABP führt zur Senkung der Nachlast des linken Ventrikels. Die Erhöhung des diastolischen Drucks verbessert den koronaren Blutfluss ( 1 B-25.4).
Intraaortale Ballongegenpulsation (IABP) Bei diesem Verfahren wird ein Ballonkatheter über die A. femoralis retrograd in die deszendierende thorakale Aorta vorgeschoben. Der so platzierte Ballon wird EKG-gesteuert während der Systole entlastet und bewirkt so eine Senkung des Aortendrucks und damit der linksventrikulären Nachlast (Afterload). Während der Diastole wird der Ballon rasch insuffliert (Volumen 30–40 ml). Dies führt zu einer Steigerung der koronaren Perfusion, indem das Blut aus der Aorta in die Koronarien gepresst wird. Gleichzeitig kommt es zu einer Steigerung der peripheren Perfusion durch Anhebung des arteriellen Mitteldrucks ( 1 B-25.4).
Indikation. Medikamentös nicht beherrschbares Linksherzversagen.
Indikation. Anwendung findet dieses Verfahren bei medikamentös nicht zu
Kontraindikation. Aortenklappeninsuffizienz und Aortenaneurysmen.
Kontraindikation. Eine Kontraindikation stellen Aortenklappeninsuffizien-
beherrschendem Linksherzversagen nach Myokardinfarkt oder Herzoperationen.
zen dar, da die Blutsäule aus der Aorta in den linken Ventrikel zurückgepresst würde, was zu einer Überdehnung mit irreversiblem Funktionsverlust des Ventrikels führen kann. Aortenaneurysmen stellen ebenfalls eine Kontraindikation für die intraaortale Gegenpulsation dar, da hier die Gefahr der Aortenruptur gegeben ist. Die Entlastungskapazität der IABP hat jedoch Grenzen, insbesondere beim kombinierten biventrikulären Pumpversagen oder schweren generalisierten
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25.1.3 Prinzip der extrakorporalen Zirkulation
1 B-25.4
953
Synopsis Intraaortale Ballongegenpulsation (IABP)
Systole a Entlastung des Ballons in der Systole senkt die linksventrikuläre Nachlast.
EKG
Diastole c Füllung des Ballons in der Diastole hebt den arteriellen Mitteldruck und steigert den koronaren Blutfluss.
EKG
IABP
IABP
normal
normal systolische Druckentlastung
b Intraaortaler Druckverlauf systolisch.
diastolische Augmentation d Intraaortaler Druckverlauf diastolisch.
Schockzuständen, was die Anwendung eines hämodynamisch wirksameren Systems zur Kreislaufunterstützung erforderlich machen kann.
Univentrikuläre Kreislaufpumpe
Univentrikuläre Kreislaufpumpe
Hierbei kommen Pumpsysteme zur Anwendung, die eine Volumenentlastung des rechten oder linken Ventrikels beim temporären univentrikulären Herzversagen bewirken ( 1 B-25.5).
Sie findet Anwendung zur Volumenentlastung des linken oder rechten Ventrikels beim temporären Pumpversagen ( 1 B-25.5).
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25 Herzchirurgie
1 B-25.5
Synopsis Univentrikuläre Kreislaufpumpe
Unterstützung der linksventrikulären Pumpfunktion durch eine univentrikuläre Kreislaufpumpe. Kanülierung des linken Vorhofs und der Aorta ascendens. Die Kanülen sind perkutan ausgeleitet und mit einer extrakorporal gelegenen Pumpe konnektiert.
Dabei werden großlumige Kanülen vor und hinter dem betroffenen Ventrikel platziert und das Blut mittels einer extrakorporal gelegenen Pumpe am funktionsgeminderten Ventrikel vorbeigeleitet. Bei den Pumpen handelt es sich um pneumatisch angetriebene Pumpkammern, die einen pulsatilen Blutfluss erzeugen, oder um Roller- oder Kreiselpumpen, die einen kontinuierlichen Blutfluss erzeugen. Indikationen für den Linksherzbypass stellen infarktbedingte oder postoperative Low-output-Syndrome dar. Infolge des normalerweise deutlich niedrigeren pulmonalen Gefäßwiderstands ist der Rechtsherzbypass wesentlich seltener indiziert und wird eher bei der Behandlung kongenitaler Vitien mit rechtsherzventrikulärer Ausflussbehinderung oder Störung der Trikuspidalklappenfunktion in Betracht gezogen. Biventrikuläre Kreislaufpumpe
Biventrikuläre Kreislaufpumpe
Hierbei wird die Pumpfunktion beider Ventrikel (sog. Kunstherz) ersetzt. Indikation: generalisiertes myokardiales Pumpversagen. Unterschieden werden Systeme mit intra- oder extrathorakal gelegener Pumpeinheit.
Hier wird das Prinzip des Kunstherzens mit partieller oder kompletter Übernahme der Kreislauffunktion verwirklicht. Im Gegensatz zur HLM erfolgt die Oxygenierung des Blutes aber weiterhin in der Lunge. Dabei sind grundsätzlich zwei Funktionsprinzipien zu unterscheiden. Zum einen Systeme mit einer extrakorporalen Pumpeinheit, die über entsprechende Schlauchsysteme mit dem Blutgefäßsystem des Patienten verbunden sind, und zum anderen Systeme, bei denen die Pumpeinheit intrathorakal platziert ist und lediglich deren Antrieb außerhalb des Körpers des Patienten gelegen ist.
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25.2.1 Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae)
n Merke. Jedes dieser Systeme muss als Unterstützungssystem betrachtet werden, das die Funktion des Herzens nur für einen begrenzten Zeitraum übernehmen kann, um entweder eine Erholung des geschädigten Herzmuskels zu ermöglichen oder die Zeit bis zur Bereitstellung eines Spenderherzens zur Transplantation zu überbrücken (Bridging). Mittelfristig ist aber trotz vieler Verbesserungen noch keines dieser Systeme in der Lage, das patienteneigene Herz zu ersetzen.
Merke
Infektionen, Hämolyse infolge der mechanischen Traumatisierung geformter Blutbestandteile, thrombembolische Komplikationen und Blutungskomplikationen infolge der erforderlichen andauernden Antikoagulation sind limitierende Faktoren. Die maximalen Überlebenszeiten von Patienten an der biventrikulären Ventrikelpumpe liegen derzeit bei ca. 13 Monaten.
Die maximalen Überlebenszeiten von Patienten an der biventrikulären Ventrikelpumpe liegen derzeit bei ca. 13 Monaten. Komplikationen sind Hämolyse, Thrombembolien, Infektionen und Blutungen.
Hypothermie/Kreislaufstillstand
Hypothermie/Kreislaufstillstand
Die Erzeugung eines kompletten Zirkulationsstillstands in tiefer Ganzkörperhypothermie (20 ΩC) kann erforderlich werden zur operativen Korrektur von komplexen angeborenen Herzfehlern und zur operativen Behandlung thorakaler Aortenaneurysmen unter Beteiligung der supraaortalen Äste. Von Vorteil ist die homogene Kühlung des Myokards und die fehlende Gefahr der topischen Wiedererwärmung des Herzens durch Blutüberlauf aus der systemischen Zirkulation. Bei einer Körperkerntemperatur von 20 ΩC können Kreislaufunterbrechungen von bis zu 60 Minuten toleriert werden.
Die Erzeugung eines kompletten Zirkulationsstillstands in tiefer Ganzkörperhypothermie (20 Ω C) kann erforderlich werden zur operativen Korrektur von komplexen angeborenen Herzfehlern und zur operativen Behandlung thorakaler Aortenaneurysmen unter Beteiligung der supraaortalen Äste.
Postperfusionssyndrom
Postperfusionssyndrom
n Definition. Das Postperfusionssyndrom bezeichnet die unerwünschten postoperativen Effekte der extrakorporalen Zirkulation.
Das Ausmaß des Postperfusionssyndromes ist vor allem von der Dauer der extrakorporalen Zirkulation abhängig. Zu den Veränderungen im Rahmen des Postperfusionssyndromes zählen im Einzelnen: π Thrombozytopenie als Folge des Anhaftens von Thrombozyten im Schlauchsystem der EKZ π Hämolyse infolge mechanischer Traumatisierung der Erythrozyten π Nierenfunktionsstörungen infolge inadäquater Perfusion der Nieren π Zerebrale Funktionsstörungen (Durchgangssyndrom) infolge mangelhafter Perfusion und möglicher Mikroembolien aus der HLM π Gasaustauschstörungen der Lunge als Ausdruck eines interstitiellen Ödems infolge der Volumenbelastung durch die HLM.
25.2
Kongenitale Fehlbildungen
25.2.1
Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae)
n Definition. Bei der Aortenisthmusstenose handelt es sich um eine umschriebene Enge der thorakalen Aorta in unmittelbarer Nähe zum Ligamentum arteriosum, dem obliterierten Ductus arteriosus Botalli (DAB), stromabwärts der linken A. subclavia. Entsprechend der topographischen Beziehung zum Lig. arteriosum unterscheidet man eine präund postduktale Form. Typischerweise ist bei der postduktalen Form der Aortenisthmusstenose der Ductus arteriosus Botalli obliteriert, bei der präduktalen Form hingegen offen ( 1 B-25.6).
Epidemiologie. Die Aortenisthmusstenose ist eine relativ häufige Anomalie und stellt ca. 5–7 % aller kongenitalen kardiovaskulären Missbildungen dar. Das Verhältnis Jungen zu Mädchen beträgt dabei 2 : 1.
Definition
Dazu gehören: Thrombozytopenie π Hämolyse π Nierenfunktionsstörung π zerebrale Dysfunktion π Gasaustauschstörung. π
25.2
Kongenitale Fehlbildungen
25.2.1 Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae) Definition
Epidemiologie. Sie stellt ca. 5–7 % aller kongenitalen kardiovaskulären Missbildungen dar ( W : w 2 : 1).
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25 Herzchirurgie
Pathophysiologie und Symptome. Die Verengung der Aorta führt zu einer Drucksteigerung im oberen Körperkreislauf bei Hypotonie in der unteren Körperhälfte. Der Hochdruck in der oberen Körperhälfte begünstigt das Auftreten einer frühen Zerebralsklerose mit möglicher Apoplexie bereits im Jugendalter.
1 B-25.6
Pathophysiologie und Symptome. Die Verengung der Aorta führt zu einer
Drucksteigerung im oberen Körperkreislauf bei gleichzeitig bestehender Druckminderung in der unteren Körperhälfte. Die Druckerhöhung in den prästenotischen Gefäßbereichen führt zu einer erheblichen Belastung des linken Ventrikels, was insbesondere bei der präduktalen Form zu einer frühen Linksherzdekompensation führen kann. Der Hochdruck in der oberen Körperhälfte begünstigt das Auftreten einer frühen Zerebralsklerose mit möglicher Apoplexie bereits im Jugendalter.
Synopsis Aortenisthmusstenose
Acd
Acd
Acs
Asd
Ass
Asd
Ass
Ao
Ao
PA
PA
Ductus arteriosus Botalli (obliteriert) a Postduktale Aortenisthmusstenose mit obliteriertem Ductus arteriosus Botalli. Ao PA
Acs
Aorta Pulmonalarterie
Bei der postduktalen Stenose mit obliteriertem DAB kommt es zur Ausbildung von Kollateralkreisläufen. Häufig bestehen keine Beschwerden, manche Patienten klagen über Kopfschmerzen und Parästhesien der Beine. Es besteht in der Regel keine Zyanose der unteren Körperhälfte. Bei der präduktalen Stenose bedingt die Perfusion der unteren Körperhälfte über den offenen Ductus arteriosus Botalli einen funktionellen Rechtslinks-Shunt. Häufig besteht eine leichte Zyanose in der unteren Körperhälfte, die Femoralispulse sind meist schwach tastbar. Merke
Therapie. Die Operationsindikation ist nach Stellung der Diagnose gegeben. Der Operationszeitpunkt richtet sich
Asd A. subclavia dextra Acd A. carotis dextra
Ductus arteriosus Botalli mit Rechtslinks-Shunt b Präduktale Aortenisthmusstenose mit typischerweise offenem Ductus arteriosus Botalli. Acs A. carotis sinistra Ass A. subclavia sinistra
Die Unterscheidung in eine infantile (= präduktale) und eine erwachsene (= postduktale) Form bezieht sich auf den Zeitpunkt der klinischen Manifestation der Erkrankung. Bei der postduktalen Stenose mit obliteriertem DAB kommt es zur Ausbildung von Kollateralkreisläufen, u. a. über die Interkostalarterien, was die Ausbildung von Rippenusuren zur Folgen haben kann. Eine Zyanose der unteren Körperhälfte ist zumeist nicht zu beobachten, der Femoralispuls ist bei hochgradigen Stenosen nicht zu tasten. Distal der Stenose kann es zu einer erheblichen poststenotischen Dilatation der Aorta kommen. Häufig bestehen keine Beschwerden, manche Patienten klagen über Kopfschmerzen und Parästhesien der Beine. Bei der präduktalen Stenose kommt es infolge des niedrigen Drucks in der unteren Körperhälfte postpartal nicht zur Flussumkehr im DAB, der physiologische Obliterationsreiz fehlt somit. Die Perfusion der unteren Körperhälfte über den offenen Ductus arteriosus Botalli bedingt einen funktionellen Rechts-links-Shunt. Häufig besteht eine leichte Zyanose in der unteren Körperhälfte, die Femoralispulse sind meist schwach tastbar. n Merke. Leitsymptom ist die arterielle Druckdifferenz zwischen oberer und unterer Körperhälfte.
Therapie. Die Operationsindikation ist nach Stellung der Diagnose gege-
ben. Der notfallmäßige Eingriff im frühen Säuglingsalter bei kardialer Dekompensation ist mit einem hohen Risiko (Letalität bis zu 20 %) verbun-
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25.2.1 Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae)
1 B-25.7
Synopsis Operationsverfahren der Aortenisthmusstenose
a a, b
957
b Resektion der Stenose und End-zu-End-Anastomose.
Acd
Acs
Asd
Ass
Subklaviastumpf
c, d
Plastische Erweiterung durch Längsinzision und Subklaviapatch nach Waldhausen und Nahrwold.
e
f
e, f
Plastische Erweiterung durch Längsinzision und Einnähen eines Kunststoffpatches.
Asd Acd Acs Ass
A. subclavia dextra A. carotis dextra A. carotis sinistra A. subclavia sinistra
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958
25 Herzchirurgie
nach dem transstenotischen Druckgradienten und dem Grad der kardialen Dekompensation.
den, im späteren Säuglings- und Kindesalter nimmt die Letalität ab (ca. 1 %). Jenseits des 30. Lebensjahres ist das Operationsrisiko infolge der bereits eingetretenen kardialen Folgeschäden wieder als erhöht zu beurteilen.
Operationsverfahren. Bei kurzstreckigen Stenosen erfolgt eine komplette Resektion und End-zu-End Anastomose. Bei langstreckiger Stenose erfolgt eine Längseröffnung und Einnähen eines Subklaviapatches, bei dem die linke A. subclavia nach distal ligiert wird.
Operationsverfahren. Im Falle einer kurzstreckigen Stenose kann diese
Andere Verfahren sind das Einnähen eines Kunststoffpatches oder die Interposition einer Gefäßprothese ( 1 B-25.7).
komplett reseziert werden und die beiden Gefäßstümpfe der Aorta können nach ausreichender Mobilisation spannungsfrei End-zu-End vereinigt werden. Ist dieses Verfahren nicht möglich so kann die Stenose nach Längseröffnung durch Einnähen eines Subklaviapatches, bei dem die linke A. subclavia nach distal ligiert wird, erweitert werden (Operation nach Waldhausen und Nahrwold). Die Durchblutung des linken Armes ist über Kollateralgefäße gewährleistet. Erscheinen diese Verfahren nicht möglich, kann die Stenose durch Einnähen eines Kunststoffpatches erweitert oder durch Interposition einer Gefäßprothese überbrückt werden ( 1 B-25.7).
Komplikationen. Es kann zu intraoperativer Paraplegie, Mesenterialarteriitis infolge der Drucksteigerung in der unteren Körperhälfte oder narbigen Restenosierungen kommen.
Komplikationen. Intraoperativ kann es in ca. 0,4 % durch eine ischämische
25.2.2 Aortenbogenanomalien
25.2.2
Rückenmarksschädigung zur Ausbildung einer Paraplegie kommen. Die akute Drucksteigerung in der unteren Körperhälfte kann eine Mesenterialarterienarteriitis mit der Folge einer Darmgangrän oder Magenulzera auslösen. Die direkte Vereinigung der beiden Aortenstümpfe kann zur Ausbildung einer narbigen Restenosierung führen, die Verwendung eines Subklaviapatches kann später aneurysmatische Erweiterungen zur Folge haben. Da Kunststoffprothesen das Wachstum des Kindes nicht nachvollziehen können, kann die Verwendung von Kunststoffmaterialien eine Restenosierung im späteren Lebensalter bewirken.
n Definition. Hierunter werden kongenitale Fehlbildungen im Bereich des Aortenbogens zusammengefasst ( 1 B-25.8).
Definition
1 B-25.8
Aortenbogenanomalien
Synopsis Aortenbogenanomalien
Tb
Acd
Acs
Ass
Acd
Acs
Acs
Asd
Ass Ass
Al Db Ao
Ao PA
a Doppelter Aortenbogen. Ao Aorta PA Pulmonalarterie
Ao PA
PA
b Rechtsseitig deszendierende Aorta.
Asd A. subclavia dextra Acd A. carotis dextra
Acs A. carotis sinistra Ass A. subclavia sinistra
c A. lusoria.
Al A. lusoria Tb Truncus brachiocephalicus
Db Ductusband
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959
25.2.3 Kongenitale Aortenstenosen Die häufigsten Fehlbildungen im Bereich des Aortenbogens sind: π der doppelte Aortenbogen π die rechtsseitig deszendierende Aorta in Kombination mit einem persistierenden Ductus arteriosus Botalli bzw. Ductusband π die Arteria lusoria, bei der die A. subclavia dextra als letztes Gefäß hinter der A. subclavia sinistra aus dem Aortenbogen entspringt und hinter Trachea und Ösophagus zur rechten Seite zieht.
Dazu zählen der doppelte Aortenbogen, die A. lusoria und die rechts deszendierende Aorta in Kombination mit einem Ductusband.
Symptome. Allen diesen Fehlbildungen gemeinsam ist, dass sie eine Art Schlinge bilden, in der es zu einer Kompression von Trachea und Ösophagus kommen kann. Entsprechend sind die klinischen Symptome Dysphagie, Dyspnoe und Stridor; zusätzlich besteht die Gefahr der Tracheomalazie. Der Säugling versucht durch Dorsalflektion des Kopfes die Trachea zu entlasten.
Symptome. Allen diesen Fehlbildungen gemeinsam ist, dass sie eine Art Schlinge bilden, in der es zu einer Kompression von Trachea und Ösophagus mit Dysphagie, Dyspnoe und Stridor kommen kann.
Therapie. Die Operationsindikation besteht bei klinischer Symptomatik.
Therapie. Operationsindikation besteht nur bei bestehender klinischer Symptomatik. Operationsverfahren. Beim doppelten Aortenbogen wird der schwächere Ast durchtrennt. Beim rechts deszendierenden Aortenbogen erfolgt die Durchtrennung des Ductusbändchens oder Ligatur des offenen DAB. Die A. lusoria wird durchtrennt.
Operationsverfahren. Der operative Zugang besteht stets in einer linkslate-
ralen Thorakotomie. Im Falle eines doppelten Aortenbogens wird der schwächere Ast, zumeist der vordere, unterbunden und durchtrennt. Im Falle eines rechtsdeszendierenden Aortenbogens erfolgt die Durchtrennung des Ductusbändchens oder Ligatur und Durchtrennung des offenen Ductus arteriosus (DAB). Die A. lusoria wird nach Ligatur durchtrennt, eine ausreichende Durchblutung des rechten Armes ist über Kollateralen praktisch immer gewährleistet.
Komplikationen. Das Operationsrisiko ist als gering zu bewerten (< 5 %),
Komplikationen. Das Operationsrisiko ist als gering zu bewerten ( < 5 %).
Unterbrochener Aortenbogen
Unterbrochener Aortenbogen
das operative Ergebnis ist im Allgemeinen als gut zu beurteilen. Lediglich bei bereits bestehender Tracheomalazie kann der Stridor einige Zeit bis zur Stabilisierung der Trachea fortbestehen.
n Definition. Bei dieser insgesamt seltenen Fehlbildung (1,5 % aller kongenitalen Herzfehler) besteht in verschiedener Höhe des Aortenbogens eine vollständige strukturelle Trennung, wobei die beiden Enden häufig durch ein bindegewebiges Band verbunden sind. Die supraaortalen Äste gehen dabei zumeist von der aszendierenden Aorta ab, die untere Körperhälfte wird über einen offenen Ductus arteriosus perfundiert ( 1 B-25.9).
Definition
Symptome. Klinisch imponiert schon in der Neugeborenenperiode ein
Symptome. Schon in der Neugeborenenperiode imponiert ein schweres Krankheitsbild, wobei Zeichen der Herzinsuffizienz dominieren.
Therapie. Die Behandlung besteht zunächst in einem Offenhalten des Duc-
Therapie. Prostaglandin E 1 kann zum Offenhalten des Ductus arteriosus bis zur operativen Korrektur eingesetzt werden. Die Operation strebt eine Vereinigung der beiden Aortenstümpfe an.
schweres Krankheitsbild, wobei Zeichen der Herzinsuffizienz dominieren, begleitet von Atemnot, metabolischer Azidose und Niereninsuffizienz.
tus arteriosus durch Prostaglandin-E1-Infusion. Die Operation schließt sich unmittelbar der Diagnostik an und beinhaltet die Vereinigung der beiden Gefäßstümpfe. Wenn dies nicht möglich erscheint, erfolgt die Überbrückung des Defektes durch Interposition einer Gefäßprothese oder eines Segmentes der linken A. subclavia.
25.2.3
Kongenitale Aortenstenosen
Unter dem Oberbegriff der kongenitalen Aortenstenosen werden alle angeborenen Verengungen der linksventrikulären Ausflussbahn zusammengefasst. Entsprechend ihrer topographischen Beziehung zur Aortenklappe werden subvalvuläre, valvuläre und supravalvuläre Aortenstenosen unterschieden. Hämodynamisch gemeinsam haben diese Defekte eine Ausflussbahnbehinderung des linken Ventrikels. Die Mehrarbeit, die der linke Ventrikel in Abhängigkeit vom Grad der Stenosierung leisten muss, führt zu
25.2.3 Kongenitale Aortenstenosen Hierunter werden alle angeborenen Verengungen der linksventrikulären Ausflussbahn zusammengefasst. Entsprechend ihrer topographischen Beziehung zur Aortenklappe werden subvalvuläre, valvuläre und supravalvuläre Aortenstenosen unterschieden ( 1 B-25.10).
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960 1 B-25.9
25 Herzchirurgie
Synopsis Unterbrochener Aortenbogen
Acd
Acd
Acs Ass
Asd
Acs
Asd
Ass
Acs
Asd
Ass
DAB
DAB
DAB Ao
Acd
Ao Ao PA
a Vollständig unterbrochener Aortenbogen distal der supraaortalen Äste. Ao PA DAB Asd
Aorta Pulmonalarterie Ductus arteriosus Botalli A. subclavia dextra
PA
PA
b Unterbrechung vor Abgang der A. subclavia sinistra.
c Unterbrechung vor Abgang der A. carotis sinistra.
Acd A. carotis dextra Acs A. carotis sinistra Ass A. subclavia sinistra
einer Muskelhypertrophie bei erhöhtem Sauerstoffbedarf und später bei Überschreitung des kritischen Herzgewichts zur Ausbildung einer Linksherzinsuffizienz ( 1 B-25.10).
1 B-25.10
Synopsis Kongenitale Aortenstenosen
Lokalisation der Stenosen des linksventrikulären Ausflusstraktes.
Ao
supravalvulär valvulär
subvalvulär
LA
LV
Ao Aorta LA Linker Vorhof LV Linker Ventrikel
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25.2.3 Kongenitale Aortenstenosen
961
Valvuläre Aortenklappenstenose
Valvuläre Aortenklappenstenose
Die kongenitale valvuläre Aortenklappenstenose tritt mit einer Häufigkeit von 5 % der angeborenen Herzfehler auf, das Verhältnis Jungen zu Mädchen beträgt 4:1, typische begleitende Fehlbildungen sind Coarctatio aortae und offener Ductus arteriosus Botalli. Bei der valvulären Aortenstenose ist die Klappe am häufigsten bikuspidal angelegt, sie kann aber auch trikuspidal mit teilweise verschmolzenen Kommissuren angelegt sein. In seltenen Fällen kommen monokuspidal angelegte Klappen vor.
Sie tritt mit einer Häufigkeit von 5 % der angeborenen Herzfehler auf, das Verhältnis Jungen zu Mädchen beträgt 4 : 1.
Symptome. Die Klinik ist abhängig von der verbliebenen Klappenöffnungsfläche und dem resultierenden transvalvulären Druckgradienten. In milden Fällen können die Patienten bis in das Erwachsenenalter frei von Symptomen bleiben. In ausgeprägten Fällen dominieren frühzeitig die Symptome der Herzinsuffizienz in Form von reduzierter körperlicher Leistungsfähigkeit, Dyspnoe und Synkopen, in seltenen Fällen tritt eine Angina pectoris auf. Bei hochgradigen Stenosen kann peripher eine abgeflachte Druckkurve (Pulsus parvus et tardus) beobachtet werden, im Stadium der Kompensation fehlt dieses Symptom aber häufig. Elektrokardiographisch bestehen Zeichen der Linkshypertrophie, echokardiographisch zeigt sich eine verminderte Beweglichkeit der Klappensegel. Die farbkodierte Duplexsonographie und Herzkatheterisierung mit Messung des transvalvulären Druckgradienten vervollständigt die Diagnostik. Häufig besteht eine poststenotische Dilatation der Aorta.
Symptome. Sie sind abhängig von der verbliebenen Klappenöffnungsfläche und dem resultierenden transvalvulären Druckgradienten. Klinische Symptome sind reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit, Belastungsdyspnoe, Synkopen und selten Angina pectoris.
Therapie. Die Operationsindikation ergibt sich bei einem transvalvulären Druckgradienten > 40 mmHg, Zeichen der Linksherzüberlastung oder statt-
Therapie. Operationsindikation besteht bei einem transvalvulären Druckgradienten > 40 mmHg, Zeichen der Linksherzüberlastung oder stattgehabten Synkopen. Die operative Behandlung erfolgt durch offene oder geschlossene Kommissurotomie. Mit Ausnahme der Notfalleingriffe im frühen Säuglingsalter bei drohender kardialer Dekompensation ist das operative Risiko vergleichsweise gering.
gehabten Synkopen. Behandlung der Wahl ist heute die offene Kommissurotomie nach supravalvulärer Eröffnung der Aorta unter Einsatz der HLM. Die geschlossene Kommissurotomie mittels Ballondilatation birgt das Risiko der Erzeugung einer nicht kalkulierbaren Aortenklappeninsuffizienz, die im Vergleich zur Insuffizienz der Pulmonalklappe nach Ballonvalvuloplastie wesentlich schwerer wiegt. Mit Ausnahme der Notfalleingriffe im frühen Säuglingsalter bei drohender kardialer Dekompensation ist das operative Risiko mit 5–10 % vergleichsweise gering. In der Regel bleibt aber nach Komissurotomie ein Restgradient bestehen. Verbleibende Deformitäten der Klappe begünstigen das Auftreten von Superinfektionen und sekundären Veränderungen, sodass in vielen Fällen der operative Aortenklappenersatz im Erwachsenenalter erforderlich wird. Die kritische Aortenstenose im Neugeborenenalter bei erhöhtem Operationsrisiko stellt eine Indikation für die Ballonvalvuloplastie dar, da das Risiko dieser Methode im Vergleich zur operativen Behandlung niedriger zu beurteilen ist. Der Klappenersatz im Kindesalter soll nach Möglichkeit vermieden werden, da diese Klappen nicht mitwachsen können und eine Reoperation des Heranwachsenden somit programmiert ist.
Subvalvuläre Aortenstenosen Zu unterscheiden ist die membranöse subvalvuläre Aortenstenose von der primären hypertrophen Kardiomyopathie.
Membranöse subvalvuläre Aortenstenose Die membranöse subvalvuläre Aortenstenose tritt in Form eines Septumwulstes oder einer Endokardleiste direkt unter der Klappenebene auf und muss von einer diffusen primären oder sekundären subvalvulären Hypertrophie der linken Kammermuskulatur, insbesondere des Septums, unterschieden werden.
Symptome. Die Hämodynamik und Klinik gleicht der der valvulären Aortenstenose, eine poststenotische Dilatation der Aorta fehlt jedoch.
Bei der valvulären Aortenstenose ist die Klappe am häufigsten bikuspidal angelegt, sie kann aber auch trikuspidal mit teilweise verschmolzenen Kommissuren angelegt sein.
In der Regel bleibt aber nach Komissurotomie ein Restgradient bestehen. Verbleibende Deformitäten der Klappe begünstigen das Auftreten von Superinfektionen und sekundären Veränderungen, sodass in vielen Fällen der operative Aortenklappenersatz im Erwachsenenalter erforderlich wird. Der Klappenersatz im Kindesalter soll vermieden werden, da eine Reoperation des Heranwachsenden programmiert ist. Subvalvuläre Aortenstenosen Man unterscheidet die membranöse subvalvuläre Aortenstenose von der primären hypertrophen Kardiomyopathie. Membranöse subvalvuläre Aortenstenose Die membranöse subvalvuläre Aortenstenose tritt in Form eines Septumwulstes oder einer Endokardleiste direkt unter der Klappenebene auf. Symptome. Wie bei der valvulären Aortenstenose.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
962 Therapie. Die operative Behandlung besteht in einer Resektion der überschüssigen Gewebsanteile. Das operative Risiko ist vergleichbar dem der valvulären Aortenstenose.
Primäre hypertrophe Kardiomyopathie Bei der primären hypertrophen Kardiomyopathie kommt es zu einer Obstruktion der linksventrikulären Ausflussbahn infolge einer nicht arbeitsbedingten Hypertrophie pathologischer Muskelzellen.
Therapie. Behandlung der Wahl ist die Therapie durch b -Rezeptorenblocker und Kalziumantagonisten. Eine Operation ist erst bei fortbestehender Angina pectoris trotz maximaler Medikation indiziert.
25 Herzchirurgie
Therapie. Die operative Behandlung besteht in einer Resektion der über-
schüssigen Gewebsanteile unter Einsatz der HLM. Das operative Risiko ist vergleichbar dem der valvulären Aortenstenose. Im Fall der membranösen subvalvulären Aortenstenose sind die operativen Ergebnisse meist gut. Rezidive treten äußerst selten auf.
Primäre hypertrophe Kardiomyopathie Im Falle der primären hypertrophen Kardiomyopathie kommt es aus unbekannter Ursache zur nicht arbeitsbedingten Septumhypertrophie pathologischer Muskelzellen. Kompliziert werden kann dieses Krankheitsbild durch eine begleitende Mitralklappeninsuffizienz infolge pathologischer Kontraktionsvorgänge der Papillarmuskeln. Eine zusätzliche reaktive Myokardhypertrophie als Folge der linksventrikulären Ausflussbehinderung kann das Krankheitsbild erschweren. Differenzialdiagnostisch kann die primär hypertrophe Kardiomyopathie echokardiographisch von der membranösen subvalvulären Aortenstenose aufgrund einer unterschiedlichen Morphologie des Ventrikelseptums abgegrenzt werden.
Therapie. Behandlung der Wahl ist die Therapie durch b-Rezeptoren-
blocker und Kalziumantagonisten. Eine Operation ist erst bei fortbestehender medikamentös nicht beherrschbarer Angina pectoris indiziert. Die postoperative Rezidivrate liegt deutlich höher als bei anderen Formen der Aortenstenose. Unbehandelt liegt die Lebenserwartung der Patienten bei 30–40 Jahren.
Supravalvuläre Aortenstenosen
Supravalvuläre Aortenstenosen
Die Häufigkeit beträgt < 0,5 % der angeborenen Herzfehler. Unterschieden werden kurzstreckige und langstreckige supravalvuläre Aortenstenosen.
Die Häufigkeit der supravalvulären Aortenstenose beträgt < 0,5% der angeborenen Herzfehler. Unterschieden werden kurzstreckige und langstreckige supravalvuläre Aortenstenosen. Häufig treten andere arterielle Stenosen vergesellschaftet auf, typisch ist die Kombination mit einer supravalvulären Pulmonalstenose. In diesem Zusammenhang wichtig zu erwähnen ist das Williams-Beuren-Syndrom, bestehend aus supravalvulärer Aortenstenose, supravalvulärer Pulmonalstenose, geistiger Retardierung, Minderwuchs und typischer Gesichtsdysplasie.
Therapie. Die Operationsindikation besteht spätestens bei Auftreten von klinischen Symptomen.
Therapie. Wie bei den anderen Formen der Aortenstenosen besteht die
Die operative Behandlung besteht in der longitudinalen Inzision der Stenose auf ganzer Länge und Einnähen eines Kunststoffpatches als Erweiterungsplastik. Das Operationsrisiko ist abhängig von der Ausdehnung der Stenose und dem daraus resultierenden Umfang des Eingriffes.
25.2.4 Kongenitale Pulmonalstenosen Definition
Man unterscheidet eine subvalvuläre, valvuläre und supravalvuläre Form ( 1 B-25.11).
Operationsindikation spätestens beim Auftreten von Zeichen der Linksherzinsuffizienz, Synkopen oder Angina pectoris. Die operative Behandlung unter Verwendung der HLM besteht in der longitudinalen Inzision der Stenose auf ganzer Länge und Einnähen eines Kunststoffpatches (Dacron-Velour) als Erweiterungsplastik. Langstreckige Stenosen können die Implantation eines sog. apikoaortalen Conduits erforderlich machen. Das Operationsrisiko ist abhängig von der Ausdehnung der Stenose und dem daraus resultierenden Umfang des Eingriffes. Kurzstreckige Stenosen können unkompliziert plastisch erweitert werden, langstreckige oder aufeinanderfolgende Stenosen erfordern einen wesentlichen größeren rekonstruktiven Aufwand mit entsprechend gesteigertem Operationsrisiko.
25.2.4
Kongenitale Pulmonalstenosen
n Definition. Die Pulmonalstenose ist mit ca. 10 % eine der häufigsten angeborenen kardialen Missbildungen und tritt in 25–30% als begleitendes Vitium bei anderen kardialen Fehlbildungen auf. Das Verhältnis Jungen zu Mädchen beträgt 1 : 1.
Wie bei der Aortenstenose erfolgt auch hier eine Untergliederung in eine subvalvuläre, valvuläre und supravalvuläre Form in Abhängigkeit der topographischen Beziehung zur Pulmonalklappe ( 1 B-25.11).
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963
25.2.4 Kongenitale Pulmonalstenosen
1 B-25.11
Synopsis Kongenitale Pulmonalstenosen
Lokalisation der Stenosen des rechtsventrikulären Ausflusstraktes.
peripher supravalvulär
Ao
peripher supravalvulär PA zentral supravalvulär
LA
valvulär RA
subvalvulär LV RV
PA Pulmonalarterie Ao Aorta RA rechter Vorhof
RV rechter Ventrikel LA linker Vorhof LV linker Ventrikel
In jedem Fall besteht eine Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn, deren Ausprägung vom Grad der Stenosierung abhängt. Dadurch bedingt ist ein eingeschränkter pulmonaler Blutfluss mit der Gefahr hypoxämischer Zustände bei gleichzeitiger Druckbelastung des rechten Ventrikels. Infolge der daraus resultierenden Muskelhypertrophie besteht eine reduzierte Dehnbarkeit des rechten Ventrikels. Dies erschwert die diastolische Füllung, was zu einer Druckerhöhung im rechten Vorhof führt. n Merke. Bei hochgradiger Stenose kann die Druckerhöhung im rechten Vorhof das Foramen ovale offen halten und somit einen Rechts-linksShunt auf Vorhofebene verursachen.
In jedem Falle besteht eine Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn, deren Ausprägung vom Grad der Stenosierung abhängt. Es resultiert eine Reduktion des pulmonalen Blutflusses bei gleichzeitiger Druckbelastung des rechten Ventrikels, welcher hypertrophiert. Merke
Symptome. Die klinische Symptomatik resultiert aus dem Grad der Stenose.
Symptome. Die klinische Symptomatik resultiert aus dem Grad der Stenose. Im Allgemeinen bleiben die Kinder mit einer isolierten Pulmonalstenose jahrelang symptomfrei, erst später kommt es zum Auftreten von Belastungsdyspnoe bei eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit.
Therapie. Eine Operationsindikation ist in Anbetracht des geringen Operationsrisikos auch beim beschwerdefreien Patienten bei einem Druckgradienten > 50 mmHg in Ruhe, Rechtsherzhypertrophiezeichen und pathologischen EKG-Veränderungen gegeben. Unbehandelt beträgt die mittlere Lebenserwartung 21 Jahre.
Therapie. In Anbetracht des geringen Operationsrisikos ist eine Operationsindikation auch bei beschwerdefreien Patienten bei einem Druckgradienten > 50 mmHg in Ruhe und Rechtsherzhypertrophiezeichen im EKG gegeben.
Isoliert valvuläre Pulmonalstenose
Isoliert valvuläre Pulmonalstenose
Ähnlich wie bei der Aortenstenose handelt es sich auch bei der valvulären Pulmonalstenose um die häufigste Form der Pulmonalstenosen. Ursächlich ist auch hier eine Verklebung der Kommissuren. Es kann aber auch eine bikuspidal angelegte Klappe zugrunde liegen. Typisch ist die poststenotische Dilatation der A. pulmonalis.
Ursache ist eine Verklebung der Kommissuren oder eine bikuspidal angelegte Klappe. Typisch ist die poststenotische Dilatation der A. pulmonalis.
Im Allgemeinen bleiben die Kinder mit einer isolierten Pulmonalstenose jahrelang symptomfrei, erst später kommt es zum Auftreten von Belastungsdyspnoe bei eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit. Ausnahme sind Kinder mit extremer Stenosierung, die schon im Säuglingsalter durch eine erhebliche Zyanose infolge des Rechts-links-Shunts und drohende kardiale Dekompensation auffällig werden und eines kardiochirurgischen Notfalleingriffs bedürfen.
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25 Herzchirurgie
Therapie. Bei gegebener Op-Indikation besteht die Behandlung der Wahl in der offenen Kommissurotomie. Bei hohem Operationsrisiko z.B. im frühen Säuglingsalter erfolgt die Behandlung mittels Ballonvalvuloplastie oder durch geschlossene Kommissurotomie nach Brock.
Therapie. Bei gegebener Op-Indikation besteht die Behandlung der Wahl in der offenen Kommissurotomie unter Einsatz der HLM. Dieses Verfahren erlaubt auch die Beseitigung einer evtl. zusätzlich bestehenden infundibulären Pulmonalstenose. Bei hohem Operationsrisiko z.B. im frühen Säuglingsalter erfolgt die Behandlung mittels Ballonvalvuloplastie oder durch geschlossene Kommissurotomie nach Brock ohne extrakorporale Zirkulation. Nachteil dieses Verfahrens ist die unkontrollierte »Sprengung« der Klappe mit dem Risiko der iatrogenen Pulmonalklappeninsuffizienz, die jedoch von den Patienten wesentlich besser klinisch kompensiert werden kann, als die bereits erwähnte Aorteninsuffizienz. Bei der kritischen Pulmonalstenose im frühen Säuglingsalter kann zunächst auch die Anlage eines palliativen aortopulmonalen Shunts erforderlich werden, der zunächst einen verbesserten pulmonalen Blutfluss mit der Folge einer verbesserten Oxygenierung bewirkt. Die Kommissurotomie erfolgt dann erst im Alter von 8–12 Monaten, was zur Senkung des Operationsrisikos beiträgt. Ein nach Kommissurotomie verbleibender Restgradient von 20–30 mmHg kann auf eine reaktive Infundibulumhypertrophie zurückgeführt werden, die sich infolge der beseitigten Stenose postoperativ selbstständig zurückbildet.
Komplikationen. Das Operationsrisiko von Noteingriffen im frühen Säuglingsalter ist vergleichsweise hoch, bei elektiven Eingriffen liegt es < 1 %.
Komplikationen. Das Operationsrisiko von Noteingriffen im frühen Säuglingsalter ist infolge der ungünstigen Voraussetzungen vergleichsweise hoch, bei elektiven Eingriffen liegt es < 1 %. Reoperationen aufgrund von Reststenosen oder Insuffizienzen sind nur selten erforderlich.
Subvalvuläre Pulmonalstenose
Subvalvuläre Pulmonalstenose
Die subvalvulären Pulmonalstenosen werden untergliedert in eine infundibuläre und eine subinfundibuläre Form.
Der rechte Ventrikel wird durch die Crista supraventricularis in eine trabekulierte Muskelhöhle und einen glatten Ausflusstrakt unterteilt. Die subvalvulären Pulmonalstenosen werden daher untergliedert in eine infundibuläre und eine subinfundibuläre Form. Insgesamt ist ihr Auftreten selten.
Infundibuläre Pulmonalstenose
Infundibuläre Pulmonalstenose
Sie entsteht infolge reaktiver Hypertrophie der Crista supraventricularis aufgrund valvulärer oder supravalvulärer Pulmonalstenosen.
Hierbei handelt es sich um eine Stenosierung im Bereich der rechtsventrikulären Ausflussbahn infolge reaktiver Hypertrophie der Crista supraventricularis als Folge valvulärer oder supravalvulärer Pulmonalstenosen.
Therapie. Die Behandlung besteht in einer transvalvulären Resektion überschüssiger Muskelmasse.
Therapie. Die Behandlung besteht in einer transvalvulären Resektion überschüssiger Muskelmasse. Nach Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache ist eine spontane Remission durch Rückgang der Muskelhypertrophie möglich.
Subinfundibuläre Pulmonalstenose
Subinfundibuläre Pulmonalstenose
Es handelt sich um eine Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn unterhalb des Infundibulums durch fibromuskuläre Verdickungen oder pathologische Muskelbündel.
Hierbei handelt es sich um eine Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn unterhalb des Infundibulums durch fibromuskuläre Verdickungen oder pathologische Muskelbündel. Ein isoliertes Auftreten ist sehr selten, vielmehr treten diese Veränderungen im Rahmen der Fallot-Tetralogie oder bei Vorliegen eines Ventrikelseptumdefekts auf.
Therapie. Beseitigung des zugrunde liegenden Defektes und Resektion überschüssigen Gewebes zur Erweiterung der Ausflussbahn.
Therapie. Die chirurgische Behandlung besteht neben der Beseitigung des
Supravalvuläre Pulmonalstenose
Supravalvuläre Pulmonalstenose
Sie treten meistens im Rahmen anderer komplexer Missbildungen auf.
Supravalvuläre Pulmonalstenosen treten ausgesprochen selten als isolierte Fehlbildung, sondern meistens im Rahmen anderer komplexer Missbildungen auf (VSD, Fallot-Tetralogie, Williams-Beuren-Syndrom).
zugrunde liegenden Defekts in der Resektion überschüssigen Gewebes zur Erweiterung der Ausflussbahn. Ist diese nicht ausreichend, kann eine Patcherweiterungsplastik der rechtsventrikulären Ausflussbahn erforderlich werden.
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25.2.5 Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt Unterschieden werden zentrale und periphere supravalvuläre Pulmonalstenosen, wobei die zentrale Form den Stamm und die Hauptäste der A. pulmonalis betrifft, die periphere Form dagegen Lappen- und Segmentpulmonalarterienäste. Typisch ist eine poststenotische Dilatation des betroffenen Gefäßabschnitts.
Unterschieden werden zentrale und periphere supravalvuläre Pulmonalstenosen, wobei die zentrale Form den Stamm und die Hauptäste der A. pulmonalis betrifft, die periphere Form dagegen Lappen- und Segmentarterienäste.
Therapie. Die zentral gelegene Stenose kann z.B. durch Patcherweiterungs-
Therapie. Die zentral gelegene Stenose kann z.B. durch Patcherweiterungsplastiken behoben werden, eine peripher intrapulmonal gelegene Stenose entzieht sich der operativen Behandlung.
plastik behoben werden, eine peripher intrapulmonal gelegene Stenose entzieht sich der operativen Behandlung. Da die supravalvuläre Pulmonalstenose sehr selten isoliert auftritt, müssen Prognose und Komplikationsrate der operativen Behandlung in Zusammenhang mit dem vergesellschafteten Herzfehler beurteilt werden.
25.2.5
Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene und Fehleinmündungen der Lungenvenen
25.2.5 Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene und Fehleinmündungen der Lungenvenen
n Definition. Bei den kongenitalen Herzfehlern mit Links-rechtsKurzschluss (Shunt) auf Vorhofebene handelt es sich um azyanotische Vitien, bei denen das oxygenierte Blut auf Vorhofebene rezirkuliert ( 1 B-25.12).
1 B-25.12
Definition
Synopsis Vorhofseptumdefekte
ASD II (hochsitzend)
LA LA
LA RA
RA
LV
RA
LV RV
LV RV
RV ASD I (tiefsitzend)
a Sinus-venosus-Defekt. Fehleinmündung der rechten Lungenvenen in den rechten Vorhof. RA RV LA LV ASD
b Ostium-secundum-Defekt (ASD II). Da der Defekt weiter posterior liegt, ist die Schnittebene im Vergleich zu a und c nach dorsal verlagert.
c Ostium-primum-Defekt (ASD I).
rechter Vorhof rechter Ventrikel linker Vorhof linker Ventrikel Vorhof-Septum-Defekt
Pathophysiologie. Septumdefekte auf Vorhofebene, Fehleinmündungen
der Lungenvenen oder ein persistierender Ductus arteriosus führen aufgrund der physiologischen Druck- und Widerstandsverhältnisse zu einem Links-rechts-Shunt, bei dem das Blut, dem geringsten Widerstand folgend, in den Lungenkreislauf zurückfließt. Dies führt zu einer gesteigerten Lun-
Pathophysiologie. Eine Kenngröße für das Shuntvolumen ist dabei die Angabe der Shuntgröße in Prozent, wobei derjenige Prozentanteil des gesamten Lungenstromvolumens gemeint ist, der über den Defekt zirkuliert.
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Als Folge der Volumen- und Druckbelastung im Lungenkreislauf kann es zur irreversiblen Widerstandserhöhung durch Mediahypertrophie und Intimaproliferation der Arteriolen im kleinen Kreislauf kommen, der sog. Eisenmenger-Reaktion. Als besonders schädlich hat sich das Einwirken des systemarteriellen Drucks auf die Lungenstrombahn erwiesen.
Merke
25 Herzchirurgie gendurchblutung bei zunächst noch normalem Körperzeitvolumen. Eine Kenngröße für das Shuntvolumen ist die Angabe der Shuntgröße in Prozent, wobei derjenige Prozentanteil des gesamten Lungenstromvolumens gemeint ist, der über den Defekt rezirkuliert. Bei einem Links-rechts-Shunt von 50 % kommen 50 % des gesamten Lungenstromvolumens über den Kurzschluss. Anders ausgedrückt: das Shuntvolumen erhöht den Lungendurchfluss auf insgesamt 200 %! Als Folge der Volumen- und Druckbelastung im Lungenkreislauf kann es zur irreversiblen Widerstandserhöhung durch Mediahypertrophie und Intimaproliferation der Arteriolen im kleinen Kreislauf kommen, der sog. Eisenmenger-Reaktion. Dies führt zunächst zu einer Abnahme des Shuntvolumens und schließlich sogar zur Flussumkehr mit Rechts-links-Shunt und Abnahme des pulmonalen Blutflusses. Dadurch wird aus einem primär azyanotischen ein sekundär zyanotisches Vitium. Als besonders schädlich hat sich die Druckbelastung der Lungenstrombahn erwiesen. So entwickeln 25 % der Kinder mit einem Ventrikelseptumdefekt unbehandelt innerhalb der ersten 2 Jahre eine Eisenmenger-Reaktion, dagegen nur 2–5 % der Kinder mit einem Vorhofseptumdefekt. n Merke. Ist es über die Eisenmenger-Reaktion zu einer Shuntumkehr gekommen, ist der zugrunde liegende Herzfehler nicht mehr operabel, da der rechte Ventrikel infolge des hohen Widerstands im Lungenkreislauf bei Septumdefektverschluss dekompensieren würde.
Ostium-primum-Defekt (ASD I)
Ostium-primum-Defekt (ASD I)
Bei den Vorhofseptumdefekten unterscheidet man ASD I, ASD II, offenes Foramen ovale und den Sinus-venosusDefekt ( 1 B-25.12).
Vorhofseptumdefekte machen ca. 7–10 % der angeborenen Herzfehler aus, das Verhältnis Jungen zu Mädchen beträgt dabei 1:2. Unterschieden werden Ostium-primum-(ASD I) und Ostium-secundum-(ASD II) Defekt, offenes Foramen ovale und Sinus-venosus-Defekt ( 1 B-25.12). Der Ostium-primum-Defekt macht ca. 25 % der Vorhofseptumdefekte aus, bei > 30 % dieser Kinder liegt zusätzlich ein Morbus Down (Trisomie 21) vor.
Pathophysiologie. Das fetale Vorhofseptum bildet ein Membranventil, in dem das Blut nur von rechts nach links fließen kann. Nach der Geburt sinkt der Widerstand im Lungenkreislauf als Folge der Lungenentfaltung. Dadurch werden die Membranen aufeinandergepresst und verschmelzen.
Pathophysiologie. Entwicklungsgeschichtlich entsteht das Vorhofseptum aus 2 Scheidewänden, die das primitive Atrium in 2 Vorhöfe teilen. Zunächst entwickelt sich links der Mittellinie das Septum primum. Kaudal verschmilzt es mit den sog. Endokardkissen, die für die Entwicklung der Atrioventrikularklappen von Bedeutung sind. In seinem kranialen Anteil bleibt dieses Septum offen. Das Septum secundum wächst rechts davon und behält distal versetzt in seiner Mitte ebenfalls eine Öffnung, das Foramen ovale. Auf diese Weise bildet das fetale Vorhofseptum ein Membranventil, in dem das Blut von rechts nach links, nicht aber in umgekehrter Richtung fließen kann. Nach der Geburt sinkt der Widerstand im Lungenkreislauf als Folge der Entfaltung der Lungen, der Druck im rechten Vorhof sinkt unter dem im linken Vorhof und die Membranen (Septum primum und secundum) werden aufeinandergepresst und verschmelzen innerhalb weniger Wochen. Die möglichen Fehlentwicklungen reichen vom völligen Fehlen des Septums (Atrium commune) bis zum schlitzförmigen offenen Foramen ovale. Bei 25 % der Erwachsenen ist das Foramen ovale mittels Katheter sondierbar, ohne dass jedoch ein nennenswerter Shuntfluss besteht. Daher stellt das offene Foramen ovale keinen Herzfehler im engeren Sinne dar, sondern ist eher als Normvariante anzusprechen. Im Gegensatz zum unkomplizierten ASD II ist der tiefer gelegene Ostiumprimum-Defekt häufig Bestandteil einer komplizierten Hemmungsmissbildung unter Mitbeteiligung der Endokardkissen. Fehlt die Verbindung zwischen Septum primum und Endokardkissen, so resultiert der Ostium-primum-Defekt häufig. Ist dieser mit einer Fehlbildung der Atrioventrikularklappen vergesellschaftet, so resultiert je nach Ausdehnung ein partieller gemeinsamer AV-Kanal oder ein kompletter AV-Kanal ( 1 B-25.13).
Bei 25 % der Erwachsenen ist das Foramen ovale mittels Katheter sondierbar, ohne dass jedoch ein nennenswerter Shuntfluss besteht (kein Herzfehler im engeren Sinne). Im Gegensatz zum unkomplizierten ASD II ist der tiefer gelegene ASD I häufig Bestandteil einer komplizierten Hemmungsmissbildung unter Mitbeteiligung der Endokardkissen, welche für die Entwicklung der AV-Klappen von Bedeutung sind. So resultiert je nach Ausdehnung ein partieller gemeinsamer AV-Kanal oder ein kompletter AV-Kanal ( 1 B-25.13).
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25.2.5 Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt
1 B-25.13
Synopsis AV-Kanal
Valvula tricuspidalis
Valvula mitralis ASD I LA
RA
LV a Partieller gemeinsamer AV-Kanal mit Spaltbildung im anterior-septalen Segel der Mitralklappe.
Valvula tricuspidalis
RV
Valvula mitralis
hochsitzender VSD c Hämodynamik des kompletten AV-Kanals. Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene und Links-rechts-Shunt vom LV in RV und RA.
kombinierter ASD I und VSD
b Kompletter AV-Kanal mit Spaltbildung im Bereich von Mitralklappe und Trikuspidalklappe und hochsitzendem VSD bei ASD I.
RA LA RV LV
rechter Vorhof linker Vorhof rechter Ventrikel linker Ventrikel
Beim partiellen gemeinsamen AV-Kanal kommt zu dem Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene ein Links-rechts-Shunt auf Ventrikelebene durch die Mitralinsuffizienz infolge Spaltmissbildung im anterior-septalen Segel der Mitralklappe hinzu. Beim kompletten gemeinsamen AV-Kanal liegt mit dem tiefen Vorhofseptumdefekt ein kombinierter hoher Ventrikelseptumdefekt (VSD) als Folge der schweren Missbildung im Bereich der AV-Klappen vor. Dadurch besteht eine Kurzschlussverbindung auf Vorhof- und Ventrikelebene mit Druck- und Volumenüberlastung aller Herzhöhlen. Hohes Risiko einer EisenmengerReaktion!
Beim partiellen gemeinsamen AV-Kanal kommt zum Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene ein Links-rechts-Shunt auf Ventrikelebene hinzu.
Symptom. Die Ostium-primum-Defekte äußern sich durch respiratorische Insuffizienz, gehäufte bronchiale Infekte, Herzinsuffizienz und Gedeihstörungen.
Symptome. Die Ostium-primumDefekte äußern sich durch respiratorische Insuffizienz, gehäufte bronchiale Infekte, Herzinsuffizienz und Gedeihstörungen.
n Merke. Eine Op-Indikation ist je nach Ausmaß des Defekts u.U. bereits im frühen Säuglingsalter gegeben. Zuwarten erhöht die Inzidenz der Eisenmenger-Reaktion.
Therapie. Die operative Behandlung besteht im Verschluss des Septumdefekts über einen rechtsatrialen Zugang. Beim ASD I ist ein Direktverschluss nur selten möglich, meist ist der Verschluss mittels Perikard- oder Kunststoffpatch erforderlich. Liegt ein partieller gemeinsamer AV-Kanal vor, so ist
Beim kompletten AV-Kanal besteht eine Kurzschlussverbindung auf Vorhof- und Ventrikelebene. Hohes Risiko einer Eisenmenger-Reaktion.
Merke
Therapie. Die operative Behandlung besteht im Verschluss des Septumdefekts über einen rechtsatrialen Zugang. Liegt ein partieller gemeinsamer
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25 Herzchirurgie
AV-Kanal vor, so ist ein Nahtverschluss des Spalts im Mitralklappensegel erforderlich. Beim kompletten gemeinsamen AV-Kanal ist das Einnähen eines zweiteiligen Patches zur Deckung von ASD und VSD erforderlich.
ein Nahtverschluss des Spalts im Mitralklappensegel erforderlich. Das Operationsrisiko liegt hier wenig über dem der ASD-II-Operation. Beim kompletten gemeinsamen AV-Kanal ist die Trennung der AV-Klappe in einen Mitral- und einen Trikuspidalanteil und das Einnähen eines zweiteiligen Patches zur Deckung von ASD und VSD erforderlich.
Komplikationen. Komplikationen durch Reizleitungsstörungen können infolge Schädigung des Reizleitungsbündels beim Septumdefektverschluss entstehen.
Komplikationen. Das operative Risiko ist abhängig vom Ausmaß des
Ostium-secundum-Defekt (ASD II)
Ostium-secundum-Defekt (ASD II)
Der Ostium-secundum-Defekt ist mit 75 % der häufigste Vorhofseptumdefekt und stellt eine vergleichsweise unkomplizierte Fehlbildung dar ( 1 B-25.12 b).
Der Ostium-secundum-Defekt ist mit 75 % der häufigste Vorhofseptumdefekt und stellt eine vergleichsweise unkomplizierte Fehlbildung dar ( 1 B-25.12 b). In 25 % liegt zusätzlich eine Fehleinmündung der Lungenvenen vor.
Symptome. In der Regel sind die Patienten im Säuglingsalter frei von Symptomen. Später treten Dyspnoe, Leistungsminderung und Gedeihstörungen auf.
Merke
Therapie. Symptomlose Patienten sollten bei einem Shuntvolumen > 30 % noch im Vorschulalter operiert werden.
Die operative Behandlung besteht im direkten Nahtverschluss des Defekts oder der Deckung durch einen Perikard- oder Kunststoffpatch.
In jüngster Zeit etabliert sich die Verwendung eines Schirmchens zum Verschluss des Vorhofseptumdefekts, welches mittels Herzkatheter platziert wird. Sinus-venosus-Defekt Definition
Symptome. In Abhängigkeit vom Shuntvolumen entspricht die Klinik der des Ostium-secundum-Defekts. Therapie. Die operative Behandlung eines Vorhofseptumdefekts mit partieller oder kompletter Fehleinmün-
Defekts und dem Grad der kardialen Dekompensation. Komplikationen durch Reizleitungsstörungen können infolge Schädigung des Reizleitungsbündels beim Septumdefektverschluss entstehen. Die Spätergebnisse sind vor allem abhängig von der Funktion der AV-Klappen. 30–50 % aller Primumdefekte weisen postoperativ eine hämodynamisch wirksame Mitralklappeninsuffizienz auf.
Symptome. Die Klinik ist bestimmt vom Ausmaß des Links-rechts-Shunts.
Infolge der fehlenden Druckbelastung im kleinen Kreislauf ist die Eisenmenger-Reaktion relativ selten. In der Regel sind die Patienten im Säuglingsalter frei von Symptomen, später treten Dyspnoe, Leistungsminderung und Gedeihstörungen auf. Nur in Ausnahmefällen treten bereits im Säuglingsalter Zeichen der kardialen Dekompensation auf. Trotz der initial milden Klinik liegt die Lebenserwartung unbehandelt bei 40 Jahren. 40 % der > 40-Jährigen entwickeln eine Eisenmenger-Reaktion. n Merke. Das Auftreten von Rhythmusstörungen und Zeichen der Rechtsherzdekompensation sind prognostisch ungünstig zu bewerten.
Therapie. Symptomlose Patienten sollten bei einem Shuntvolumen > 30 %
noch im Vorschulalter operiert werden. Bei Zeichen der Rechtsherzbelastung und beginnender Widerstandserhöhung im kleinen Kreislauf sollte unabhängig vom Lebensalter die operative Korrektur unmittelbar nach Diagnosestellung erfolgen. Die operative Behandlung besteht im direkten Nahtverschluss des Defekts oder der Deckung durch einen Perikard- oder Kunststoffpatch. Bei elektiven Eingriffen beträgt das Operationsrisiko 1%, später steigt das Operationsrisiko mit der Widerstandserhöhung im Lungenkreislauf und dem Auftreten von Herzrhythmusstörungen. Nach elektiver Korrektur entspricht die Lebenserwartung der eines Gesunden. In jüngster Zeit etabliert sich die Verwendung eines Schirmchens zum Verschluss des Vorhofseptumdefekts, welches mittels Herzkatheter platziert wird. Der Vorteil dieser Methode liegt in ihrer geringen Invasivität im Vergleich zur Operation mit der HLM.
Sinus-venosus-Defekt n Definition. Beim Sinus-venosus-Defekt handelt es sich um einen hochsitzenden Vorhofseptumdefekt mit partieller Fehleinmündung einer oder mehrerer Lungenvenen (s. 1 B-25.12 a).
Symptome. In Abhängigkeit vom Shuntvolumen entspricht die Klinik der des Ostium-secundum-Defekts.
Therapie. Die operative Behandlung eines Vorhofseptumdefekts mit partieller oder kompletter Fehleinmündung der Lungenvenen erfolgt durch Einnähen eines Perikard- oder Kunststoffpatches über einen rechtsatrialen
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25.2.5 Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt
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Zugang, der so um die fehleinmündenden Lungenvenenostien genäht wird, dass diese jetzt in das linke Atrium dränieren. Ein direkter Verschluss des Defekts ist nur bei sehr kleinen Defekten möglich und beinhaltet das Risiko einer Stenosierung der Ostien der fehleinmündenden Lungenvenen.
dung der Lungenvenen erfolgt durch Einnähen eines Perikard- oder Kunststoffpatches.
Partielle Lungenvenenfehleinmündung
Partielle Lungenvenenfehleinmündung
Anomalien des pulmonalvenösen Rückflusses machen ca. 2 % der angeborenen Herzfehler aus. Man unterscheidet die partiellen von den kompletten Fehleinmündungen, die sich klinisch und prognostisch erheblich voneinander unterscheiden. Je nach Ort der falschen Einmündung werden bei der partiellen wie bei der kompletten Fehleinmündung der Lungenvenen eine suprakardiale, kardiale und infrakardiale Form unterschieden. Im Falle der partiellen Fehleinmündung der Lungenvenen münden diese entweder in den rechten Vorhof (kardiale Form) oder die systemischen Venen. Oft ist diese Fehlbildung mit einem Sinus-venosus-Defekt kombiniert. Die rechten Lungenvenen sind häufiger als die linken betroffen, die des Oberlappens häufiger als die des Unterlappens. Bei der infrakardialen Form dränieren die Lungenvenen in die V. cava inferior, bei der suprakardialen Form in die V. cava superior.
Man unterscheidet je nach Lokalisation der Fehleinmündung eine suprakardiale, kardiale und infrakardiale Form.
Symptome. Infolge des kleineren Shuntvolumens ist der klinische Verlauf
Symptome. Infolge des kleineren Shuntvolumens ist der klinische Verlauf vergleichsweise gutartig.
Therapie. Die operative Behandlung erfolgt im Falle des kardialen Typs wie
Therapie. Die operative Korrektur beinhaltet den Vorhofseptumdefektverschluss mit zusätzlicher Normalisierung des pulmonalvenösen Rückstroms.
Totale Lungenvenenfehleinmündung
Totale Lungenvenenfehleinmündung
Pathophysiologie. Embryologisch betrachtet handelt es sich bei der kompletten Form der Lungenvenenfehleinmündung um das Fehlen der Verbindung zwischen linkem Vorhof und dem Gefäßbündel, das sich auf Ebene der Lungenanlage entwickelt. Diese Verbindung entsteht normalerweise unter Bildung einer einzelnen Lungenvene, die sich im Weiteren in 4 Venen differenziert. Findet diese Verbindung nicht statt, münden die Lungenvenen in das systemische Venenbett. Der linke Vorhof, vom venösen Rückstrom abgeschnitten, bleibt abnorm klein. In diesem Falle resultiert infolge der kompletten Lungenvenenfehleinmündung ein erheblicher Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene mit einer entsprechenden Volumenbelastung des rechten Ventrikels. Fehlt ein zusätzlicher Septumdefekt, ist ein Übertritt des Blutes in den dann hypoplastischen linken Ventrikel nicht möglich. Dieser Befund ist mit dem Leben nicht vereinbar. Die Fehleinmündung kann im Bereich des rechten Vorhofs, der oberen oder unteren Hohlvene, in seltenen Fällen im Bereich der Pfortader, lokalisiert sein, wobei die Lungenvenen dann häufig zu einem einzigen Gefäß zusammengefasst sind.
Pathophysiologie Bei der totalen Lungenvenenfehleinmündung münden die Lungenvenen komplett in das systemische Venenbett, der linke Vorhof bleibt vom venösen Rückfluss abgeschnitten. Es resultiert eine erhebliche Volumenbelastung des rechten Ventrikels. Nur ein zusätzlicher Septumdefekt erlaubt den Übertritt des Blutes in die systemarterielle Zirkulation.
Symptome. Im Vergleich zur partiellen Fehleinmündung ist das klinische
Symptome. In den ersten Lebensmonaten entwickelt sich eine progrediente Herzinsuffizienz, begleitet von Atemnot und stauungsbedingter Hepatomegalie.
Therapie. Aufgrund des schweren Krankheitsbilds müssen alle kompletten
Therapie. Wegen der schlechten Prognose müssen alle kompletten Formen der Lungenvenenfehleinmündung einer raschen chirurgischen Korrektur unterzogen werden.
vergleichsweise gutartig.
beschrieben durch Verschluss des Vorhofseptumdefektes, im Falle der infraoder suprakardialen Fehleinmündung kann u.U. zunächst eine Vergrößerung des Vorhofseptumdefekts mit anschließendem Patchverschluss erforderlich sein, wobei der Patch so vor die abnormen Einmündungsstellen platziert wird, dass es zur hämodynamischen Normalisierung kommt.
Bild schwerer. In den ersten Lebensmonaten entwickelt sich eine progrediente Herzinsuffizienz, begleitet von Atemnot und stauungsbedingter Hepatomegalie.
Formen der Lungenvenenfehleinmündung einer raschen chirurgischen Korrektur unterzogen werden. Im Falle der notfallmäßigen Operation im frühen Säuglingsalter wird die Operationsletalität mit 35–60 % angegeben. Unter Umständen kann zunächst nur die Durchführung einer palliativen Atrioseptostomie nach Rashkind ( 1 B-25.18) zur Verminderung der Lungenstauung
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25 Herzchirurgie
Das Operationsprinzip besteht in der Bildung einer Anastomose zwischen Lungenvenen und linkem Vorhof und Verschluss des Vorhofseptumdefekts.
und Steigerung des HZV indiziert sein. Die definitive Korrektur erfolgt dann zu einem späteren Zeitpunkt. Die operative Technik hängt von der Lage der Fehleinmündung ab. Das Operationsprinzip besteht in der Bildung einer Anastomose zwischen Lungenvenen und linkem Vorhof und Verschluss des Vorhofseptumdefekts.
25.2.6 Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt auf Ventrikelebene
25.2.6
In diese Gruppe fallen diejenigen angeborenen Herzfehler, die einen anatomischen oder funktionellen Links-rechtsShunt auf Ventrikelebene bedingen. Volumen- und Druckbelastung erhöhen das Risiko einer Eisenmenger-Reaktion.
In diese Gruppe fallen angeborene Herzfehler, die einen anatomischen oder funktionellen Links-rechts-Shunt auf Ventrikelebene bedingen. Im Vergleich zu den Defekten auf Vorhofebene addiert sich hier zu der Volumenbelastung der Lungenstrombahn auch eine Druckbelastung, was das Risiko der Entwicklung einer Eisenmenger-Reaktion beinhaltet. Hat diese zu einer Shuntumkehr mit Rechts-links-Shunt geführt, so wird aus dem primär azyanotischen ein sekundär zyanotisches Vitium. Eine Operabilität ist dann nicht mehr gegeben.
Ventrikelseptumdefekt (VSD)
Ventrikelseptumdefekt (VSD)
Mit 22 % der angeborenen Defekte ist der Ventrikelseptumdefekt (VSD) der weitaus häufigste Herzfehler. 25 % der kleineren Defekte verschließen sich in den ersten drei Lebensjahren spontan.
Mit 22 % der angeborenen Herzvitien ist der Ventrikelseptumdefekt (VSD) der weitaus häufigste Herzfehler. Defekte des Septum interventriculare treten in 25 % der Fälle isoliert auf, in 25 % in Kombination mit anderen kardiovaskulären Fehlbildungen. 25 % der kleineren Defekte mit geringer hämodynamischer Relevanz verschließen sich in den ersten 3 Lebensjahren spontan, weitere 30% verkleinern sich. Jenseits der ersten 3 Lebensjahre werden Spontanverschlüsse praktisch nicht mehr beobachtet. Unbehandelt beträgt die mittlere Lebenserwartung der Patienten ca. 35 Jahre.
Klassifikation. 4 Formen des VSD werden unterschieden: der membranöse, der muskuläre, der suprakristale ( 1 B-25.14) und der VSD bei Endokardkissendefekt (ASD I) (s. 1 B-25.13).
Klassifikation. Kammerscheidewanddefekte lassen sich in 4 Formen unterscheiden. Am häufigsten tritt der hoch gelegene membranöse VSD im membranösen Anteil des Ventrikelseptums auf. Die zweithäufigste Form ist die tiefer gelegene muskuläre VSD im muskulären Anteil des Septums, der aus mehreren Lücken bestehen kann, während die anderen Formen grundsätzlich nur aus einem Defekt bestehen. An dritter Stelle folgt dann der suprakristale VSD im infundibulären Septum unterhalb der Pulmonalklappe ( 1 B-25.14). An vierter Stelle ist der Ventrikelseptumdefekt im Rahmen der bereits beschriebenen Endokardkissendefekte bei ASD I zu nennen ( 1 B-25.13). Die Größe des VSD ist sehr variabel und reicht von wenigen Millimetern Durchmesser bis zum totalen Fehlen des Septums (SingleVentrikel).
Symptome. Das klinische Bild resultiert aus der Größe des Shuntvolumens. Symptome sind Trinkschwäche, Dyspnoe, gehäufte Bronchitiden als Ausdruck der pulmonalen Überflutung, später die Zeichen der progredienten Herzinsuffizienz. Therapie. Kleine Links-rechts-Shunts mit normalen Drücken im kleinen Kreislauf sind mit dem Leben vereinbar und bedürfen keiner Operation. Große Shunts mit noch reversibler Widerstandserhöhung der Lungenstrombahn machen eine Operation bereits im Säuglingsalter erforderlich.
Symptome. Das klinische Bild resultiert aus der Größe des VSD in Relation
Die operative Technik besteht in einem transatrialen oder transventrikulären Verschluss des Septumdefekts, meist unter Verwendung eines Patches.
Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt auf Ventrikelebene
zum Aortendurchmesser. Das daraus resultierende Shuntvolumen kann bis zu 500 % des Körperkreislaufvolumens betragen. Symptome sind Trinkschwäche, Dyspnoe, gehäufte Bronchitiden als Ausdruck der pulmonalen Überflutung, später die Zeichen der progredienten Herzinsuffizienz.
Therapie. Die Operationsindikation und der Operationszeitpunkt leiten sich aus dem Shuntvolumen und dem pulmonalen Gefäßwiderstand ab. Kleine Links-rechts-Shunts mit normalen Drücken im kleinen Kreislauf sind mit dem Leben vereinbar und bedürfen keiner Operation. Große Links-rechts-Shunts mit nur geringer Druckerhöhung im kleinen Kreislauf stellen eine günstige Operationsvoraussetzung dar und werden im Vorschulalter operiert. Große Shunts mit noch reversibler Widerstandserhöhung der Lungenstrombahn machen eine Operation bereis im Säuglingsalter erforderlich. Bei späterer irreversibler Widerstandserhöhung ggf. sogar mit Shuntumkehr besteht Inoperabilität. Die operative Technik besteht in einem transatrialen oder transventrikulären Patchverschluss des Septumdefekts, eine direkte Naht erscheint nur in wenigen Fällen möglich. Als Patch finden Dacron-Velour-Flicken Verwen-
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25.2.6 Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt auf Ventrikelebene
1 B-25.14
Synopsis Ventrikelseptumdefekt 1 membranöser VSD 2 muskulärer VSD 3 suprakristaler VSD im infundibulären Septum
3 1 LV 2 RV
dung. Körpereigenes Perikard hält der Druckbelastung nicht ausreichend stand.
Komplikationen. Das Operationsrisiko liegt bei elektiven Eingriffen bei 4 %,
Komplikationen. Das Operationsrisiko liegt bei elektiven Eingriffen bei 4 %.
Prognose. Nach rechtzeitiger Korrektur besteht eine normale Leistungsfä-
higkeit und Lebenserwartung. In 10 % der Fälle sind Reoperationen aufgrund eines Rezidivs oder Restdefekts (muskulärer VSD!) erforderlich.
Prognose. Nach rechtzeitiger Korrektur besteht eine normale Leistungsfähigkeit und Lebenserwartung.
Ductus arteriosus Botalli
Ductus arteriosus Botalli
bei Notfalloperationen innerhalb der ersten 6 Lebensmonate liegt es deutlich höher. Komplikationen können durch postoperative Reizleitungsstörungen entstehen.
n Definition. Beim Ductus arteriosus Botalli persistens handelt es sich um die persistierende Kurzschlussverbindung zwischen A. pulmonalis und Aorta descendens ( 1 B-25.15). Der Ductus arteriosus Botalli tritt mit einer Häufigkeit von 15 % der angeborenen Vitien auf. Das Verhältnis Jungen : Mädchen beträgt 1 : 2.
Pathophysiologie. Während der Fetalperiode dient der Ductus arteriosus Botalli (DAB) als Kurzschlussverbindung zwischen A. pulmonalis und der Aorta. Auf diese Weise wird die Lungenstrombahn mit ihrem sehr hohen Gefäßwiderstand infolge der fehlenden Entfaltung der Lungen umgangen. Mit dem ersten Atemzug nach der Geburt kommt es zur Entfaltung der Lungen und der Gefäßwiderstand sinkt dramatisch. Dies führt zu einer Flussumkehr im Ductus. Der Sauerstoffreiz führt zur vollständigen Obliteration und Fibrose in den nächsten Lebenswochen. Unterbleibt diese Obliteration resultiert ein persistierender Ductus arteriosus Botalli mit einem Links-rechts-Shunt, bei dem der systemarterielle Druck in der Lungenstrombahn wirksam wird (Gefahr der EisenmengerReaktion). Als Ursachen der unterbliebenen Obliteration gelten postpartale Hypoxie, Unreife bei der Geburt, pulmonale Hypertonie und besondere histologische Beschaffenheit des Ductus.
Definition
Pathophysiologie. Während der Fetalperiode dient der Ductus arteriosus Botalli (DAB) als Kurzschlussverbindung zwischen A. pulmonalis und der Aorta. Nach dem ersten Atemzug kommt es innerhalb weniger Wochen zur Obliteration und Fibrosierung des DAB. Unterbleibt die Obliteration, resultiert ein persistierender DAB mit einem Links-rechts-Shunt, bei dem der systemarterielle Druck in der Lungenstrombahn wirksam wird (Gefahr der Eisenmenger-Reaktion).
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25 Herzchirurgie
1 B-25.15
Synopsis Ductus arteriosus Botalli und das aortopulmonale Fenster a Ductus arteriosus Botalli. b Aortopulmonales Fenster. Ao Aorta PA Pulmonalarterie
a Ao
b PA
Symptome. Dyspnoe, Bronchitiden und Gedeihstörungen. Typischer Auskultationsbefund: Maschinengeräusch.
Symptome. Klinisch fallen die Kinder neben einem typischen Auskulta-
Therapie. Es erfolgt ein operativer Verschluss des persistierenden Ductus.
Therapie. Die Behandlung besteht in einem operativen Verschluss des per-
Die Operationsindikation besteht bei Diagnosestellung, der Operationszeitpunkt hängt vom klinischen Schweregrad der Erkrankung ab.
Merke
tionsbefund (Maschinengeräusch) durch Dyspnoe, Leistungsschwäche, Gedeihstörungen und gehäufte Bronchitiden auf. Unbehandelt sterben 30 % der Säuglinge mit einem großen Shuntvolumen bereits innerhalb des ersten Lebensjahres, die mittlere Lebenserwartung liegt bei 30 Jahren.
sistierenden Ductus. Dabei wird der Ductus ligiert und durchtrennt. Alleinige Ligatur ist aufgrund der Gefahr einer Rekanalisation nicht ausreichend. Der Operationszeitpunkt hängt vom klinischen Schweregrad der Erkrankung ab. Kinder mit respiratorischer Insuffizienz müssen umgehend operiert werden, die elektive Operation sollte innerhalb des Vorschulalters erfolgen. n Merke. Jeder persistierende Ductus muss verschlossen werden, da in 10 % der unbehandelten Fälle eine Eisenmenger-Reaktion auftritt. Der persistierende DAB geht mit einem erhöhten Risiko einer subakuten bakteriellen Endokarditis einher.
In Einzelfällen gelingt es, in der Neugeborenenperiode durch Gabe von Indometacin den Ductus pharmakologisch zu verschließen.
In Einzelfällen gelingt es in der Neugeborenenperiode durch Gabe von Indometacin den Ductus pharmakologisch zu verschließen. Speziell beim unreifen Neugeborenen mit einem hohen Operationsrisiko ist daher ein medikamentöser Behandlungsversuch indiziert. Die Operationsletalität liegt bei elektiven Eingriffen < 2 %, nach Ductusverschluss besteht eine normale Lebenserwartung.
Aortopulmonales Fenster
Aortopulmonales Fenster
Definition
Ätiopathogenese. Ursächlich ist eine unvollständige Septierung des fetalen Truncus arteriosus.
n Definition. Bei dieser sehr seltenen Fehlbildung sind Aorta und Pulmonalarterie unmittelbar oberhalb der Klappenebene durch ein ovales Fenster miteinander verbunden ( 1 B-25.15).
Ätiopathogenese. Ursächlich ist eine unvollständige Septierung des fetalen Truncus arteriosus.
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25.2.6 Kongenitale Herzfehler mit Links-rechts-Shunt auf Ventrikelebene Der resultierende Links-rechts-Shunt wirkt sich ähnlich dem persistierenden Ductus arteriosus Botalli aus, jedoch sind Druckbelastung der pulmonalen Strombahn und Herzbelastung schwerwiegender und damit die Prognose ungünstiger.
Es resultiert ein massiver Links-rechtsShunt.
Therapie. Die Behandlung besteht in einem operativen Verschluss des »Fensters« mittels Dacronflicken über einen transaortalen oder transpulmonalen Zugang unter Einsatz der HLM. Der günstigste Operationszeitpunkt ist das Vorschulalter.
Therapie. Es erfolgt ein operativer Verschluss des »Fensters« mittels Dacronflicken über einen transaortalen oder transpulmonalen Zugang.
Cor triatriatum
Cor triatriatum
n Definition. Beim Cor triatriatum wird der linke Vorhof durch ein fibromuskuläres Septum in 2 Kompartimente unterteilt, von denen das obere die Lungenvenen aufnimmt, das untere das linke Herzohr trägt und durch die Mitralklappe mit dem linken Ventrikel verbunden ist ( 1 B-25.16).
1 B-25.16
Definition
Synopsis Cor triatriatum RA LA RV LV
rechter Vorhof linker Vorhof rechter Ventrikel linker Ventrikel
fibromuskuläres Septum LA Valvula mitralis LA
RA
LV RV
Pathophysiologie. Wird während der fetalen Entwicklung der Sinus, in dem
Pathophysiologie. Das obere Kompartment ist vergrößert und stellt den Zusammenfluss der Lungenvenen dar. Es kommuniziert über eine oder mehrere Öffnungen der unterteilenden Membran mit dem unteren Kompartment.
Symptome. Der Schweregrad der Erkrankung ist abhängig vom Grad der
Symptome. Der Schweregrad der Erkrankung ist abhängig vom Grad der inneratrialen Flussbehinderung.
Therapie. Die Indikationsstellung zur Exzision der inneratrialen Membran
Therapie. Bei einem hohen transmembranösen Druckgradienten besteht die Indikation zur Exzision der intraatrialen Membran.
die Lungenvenen zusammenfließen, nicht in den wahren linken Vorhof inkorporiert, kommt es zur Ausbildung des Cor triatriatum. Das obere Kompartment ist vergrößert und stellt den Zusammenfluss der Lungenvenen dar. Es kommuniziert über eine oder mehrere Öffnungen der unterteilenden Membran mit dem unteren Kompartment. Die Folge kann eine Behinderung der Ventrikelfüllung auf Vorhofebene sein. Zusätzlich kann ein Vorhofseptumdefekt oder häufiger ein offenes Foramen ovale bestehen; es resultiert dann ein Links-rechts-Shunt.
inneratrialen Flussbehinderung. Bei einer ausreichend großen Durchtrittsfläche können klinische Symptome völlig fehlen, bei hochgradiger Obstruktion besteht für die Säuglinge zumeist keine Überlebenschance.
erfolgt in Abhängigkeit von der Höhe des transmembranösen Blutdruckgradienten im Vorhof. Fälle mit niedrigen Gradienten bedürfen keiner chirur-
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25 Herzchirurgie gischen Korrektur, bei höherem Druckgradienten mit entsprechender Flussbehinderung ist die operative Behandlung angezeigt, ggf. mit gleichzeitigem Verschluss des Septumdefekts.
25.2.7 Kongenitale Herzfehler mit Rechts-links-Shunt Definition
25.2.7
Kongenitale Herzfehler mit Rechts-links-Shunt
n Definition. Hierbei handelt es sich um angeborene Fehlbildungen des Herzens mit einem Rechts-links-Shunt auf Vorhof- oder Ventrikelebene.
Pathophysiologie. Es tritt sauerstoffarmes Blut in die systemische Zirkulation über. Es resultiert eine zentrale Zyanose.
Pathophysiologie. Im Gegensatz zu den azyanotischen Herzvitien mit
Transposition der großen Arterien (TGA)
Transposition der großen Arterien (TGA)
Definition
einem Links-rechts-Shunt, bei denen es zu einer Überflutung der Lunge mit sauerstoffreichem Blut kommt, tritt bei den Vitien mit Rechts-links-Shunt sauerstoffarmes Blut in die systemische Zirkulation über. Es resultiert eine zentrale Zyanose. Die Lungendurchblutung ist um den Betrag des Shuntvolumens reduziert. Aufgrund der peripheren Widerstandsverhältnisse erhöht sich aber das Herz-Zeit-Volumen im Körperkreislauf nicht.
n Definition. Bei der Transposition der großen Arterien (TGA) geht die Pulmonalarterie aus dem linken Ventrikel, die Aorta aus dem rechten Ventrikel hervor. Zumeist bestehen zusätzlich Septumdefekte auf Ventrikel- oder Vorhofebene, andernfalls sind großer und kleiner Kreislauf komplett voneinander getrennt ( 1 B-25.17).
Epidemiologie. Die TGA macht 6 % der angeborenen Herzvitien aus und ist nach der Fallot-Tetralogie das zweithäufigste zyanotische Herzvitium.
Epidemiologie. Die TGA macht 6 % der angeborenen Herzvitien aus und ist
Pathophysiologie. Ursächlich ist eine Anomalie der embryonalen Septumbildung in Bulbus und Urstamm, die zu einer Inversion von Aorta und Pulmonalarterie führt.
Pathophysiologie. Ursächlich ist eine Anomalie der embryonalen Septum-
Symptome. Es besteht eine zentrale Zyanose mit vermehrter Lungendurchblutung. Der Grad der Zyanose ist abhängig von der Größe der Kurzschlussverbindung.
Symptome. Es besteht eine zentrale Zyanose mit vermehrter Lungendurch-
Therapie. Als erste Behandlungsmaßnahme erfolgt häufig die palliative Atrioseptostomie nach Rashkind ( 1 B-25.18).
Therapie. Als erste Behandlungsmaßnahme erfolgt häufig die palliative
nach der Fallot-Tetralogie das zweithäufigste zyanotische Herzvitium. Wichtigste begleitende Fehlbildung ist in 40 % ein isolierter Ventrikelseptumdefekt, am zweithäufigsten wird eine subvalvuläre Pulmonalstenose beobachtet.
bildung in Bulbus und Urstamm. Dieses Septum verläuft normalerweise spindelförmig, sodass Aorta und Truncus pulmonalis sich umeinander schlingen. Verläuft das Septum stattdessen gestreckt, führt dies zu einer Inversion von Aorta und Pulmonalarterie, was als Transposition bezeichnet wird. Die Aorta entspringt jetzt dem rechten, die Lungenarterie dem linken Ventrikel. Liegt zusätzlich kein Septumdefekt im Vorhof- oder Ventrikelseptum vor, sind der Körperkreislauf und der Lungenkreislauf vollständig voneinander getrennt und die Kinder versterben unmittelbar nach der Geburt, spätestens nach der Obliteration des Ductus arteriosus Botalli.
blutung. Der Grad der Zyanose ist abhängig vom Shuntvolumen. Bei großem Septumdefekt oder offenem Ductus Botalli kann sie zunächst in Ruhe ganz fehlen, häufig imponiert jedoch unmittelbar nach der Geburt eine schwere Zyanose, die eine rasche Diagnostik und Behandlung erforderlich macht. Ein großer Vorhofseptumdefekt erlaubt eine Durchmischung des Blutes unter Niederdruckbedingungen. Im Falle eines Ventrikelseptumdefektes resultiert die prognostisch ungünstigere Druckbelastung der Lungenstrombahn. Atrioseptostomie nach Rashkind im Rahmen der Herzkatheterdiagnostik ( 1 B-25.18). Hierbei wird ein Ballonkatheter durch das Foramen ovale geführt und geblockt zurückgezogen. Dadurch wird ein ASD erzeugt, die Durchmischung des Blutes auf Vorhofebene ermöglicht und so die Zyanose gelindert. Die operative Vorhofseptektomie nach Blalock und Henlon hat an Bedeutung verloren.
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25.2.7 Kongenitale Herzfehler mit Rechts-links-Shunt
1 B-25.17
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Synopsis Transposition der großen Arterien
Ao
PA
Ao LA
PA LA
RA
VSD
RA LV
LV
RV
RV
Lu n er Kö rp
Kö rp
er
Lu n
ge
c ge
a
b
d
a, b Die Transposition der großen Arterien führt zu einer kompletten Trennung von Körper- und Lungenkreislauf.
c, d Nur ein zusätzlicher Septumdefekt macht diese Fehlbildung mit dem Leben vereinbar.
1 B-25.18
Synopsis Palliative Atrioseptostomie nach Rashkind
a Ballonkatheter wird durch das Foramen ovale in den linken Vorhof geführt.
b Geblockter Ballonkatheter wird zurückgezogen.
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976 Bei den Korrektureingriffen unterscheidet man: I. Prinzip der Vorhofumkehr: Sie lässt das Hohlvenenblut in den linken, das Lungenvenenblut in den rechten Ventrikel dränieren. Der morphologisch rechte Ventrikel wird Systemventrikel! Dies führt im Erwachsenenalter zur Herzinsuffizienz, da der rechte Ventrikel langfristig der Druckbelastung des systemarteriellen Kreislaufs nicht gewachsen ist. II. Prinzip der anatomischen Korrektur: Aorta und A. pulmonalis werden ausgetauscht (sog. Switch-Op), der linke Ventrikel wird somit Systemventrikel. Die Koronararterien müssen neu implantiert werden! Merke
Pulmonales Banding führt über die Widerstandserhöhung in der linksventrikulären Ausflussbahn zur Muskelhypertrophie und ermöglicht die zweizeitige Switchoperation.
25 Herzchirurgie Bei den Korrektureingriffen sind 2 operative Prinzipien zu unterscheiden. I. Prinzip der Vorhofumkehr: Unter Einsatz der HLM in tiefer Ganzkörperhypothermie erfolgt bei den Operationen nach Senning oder Mustard die Umleitung des Hohlvenenblutes auf Vorhofebene über die Mitralklappe in den linken Ventrikel und damit in die Lungenstrombahn. Das Blut aus der Lungenvene gelangt über die Trikuspidalklappe in den rechten Ventrikel und damit in den Körperkreislauf. Vorteil der Methode ist die vergleichsweise geringere Operationsletalität. Nachteilig wirkt sich die Tatsache aus, dass der morphologisch rechte Ventrikel Systemventrikel bleibt, was zur Herzinsuffizienz im frühen Erwachsenenalter führt, da der rechte Ventrikel auf Dauer der Druckbelastung des systemarteriellen Kreislaufs nicht gewachsen ist. II. Prinzip der anatomischen Korrektur: Hierbei werden Aorta und A. pulmonalis supravalvulär abgesetzt und ausgetauscht (sog. Switch). Zusätzlich müssen die Koronararterien neu implantiert werden, da sonst die Koronargefäße venös durchblutet werden, was zu rascher Herzinsuffizienz führt. n Merke. Dieser Eingriff kann nur in den ersten 3 Lebenswochen erfolgreich durchgeführt werden, da andernfalls der morphologisch linke Ventrikel infolge des geringen Drucks im Lungenkreislauf an Muskelmasse verliert und nach erfolgtem Switch nicht in der Lage ist, den systemarteriellen Druck aufzubauen.
Trotz einer höheren Operationsletalität ist die anatomische Korrektur zum Verfahren der Wahl geworden.
Ist der Zeitpunkt für eine primäre Switchoperation verstrichen kann durch ein pulmonales Banding der Widerstand der linksventrikulären Ausflussbahn erhöht werden. Dabei wird der Stamm der A. pulmonalis durch einen zirkulär platzierten Zügel verengt, und so der Ventrikel infolge der Ausflussbahnverengung zur Muskelhypertrophie angeregt. Die anatomische Korrektur kann dann zweizeitig erfolgen. Trotz einer höheren Operationsletalität ist die anatomische Korrektur zum Verfahren der Wahl geworden, da so der morphologisch linke Ventrikel zum Systemventrikel wird, was zu deutlich besseren Langzeitergebnissen führt.
Fallot-Tetralogie
Fallot-Tetralogie
Definition
n Definition. Bei der Fallot-Tetralogie handelt es sich um die Kombination von subvalvulärer Pulmonalstenose, konsekutiver Hypertrophie des rechten Ventrikels, Ventrikelseptumdefekt und Überreiten der Aorta ( 1 B-25.19).
Epidemiologie. Sie ist das häufigste Herzvitium mit Rechts-links-Shunt. Bei zusätzlichen ASD spricht man von einer Fallot-Pentalogie. Fehlt die überreitende Aorta, spricht man von einer Fallot-Trilogie.
Epidemiologie. Die Fallot-Tetralogie ist mit 10–15 % der kongenitalen Herz-
Pathophysiologie. Ursächlich für die Tetralogie ist eine Entwicklungsstörung des infundibulären Septums. Die Rechtsverschiebung dieses Gebildes ist verantwortlich für die immer vorhandene infundibuläre Pulmonalstenose und den hochsitzenden, subaortal gelegenen Ventrikelseptumdefekt. Hämodynamisch resultiert infolge der verengten rechtsventrikulären Ausflussbahn bei überreitender Aorta ein Rechts-links-Shunt mit zentraler Zyanose.
Pathophysiologie. Ursächlich für die Tetralogie ist eine Entwicklungsstö-
vitien das häufigste mit Rechts-links-Shunt. In Kombination mit einem zusätzlichen Vorhofseptumdefekt spricht man von einer Fallot-Pentalogie. Bei der Fallot-Trilogie fehlt im Gegensatz zur Tetralogie die überreitende Aorta.
rung des infundibulären Septums (Konusseptum). Die Rechtsverschiebung dieses Gebildes ist verantwortlich für die immer vorhandene infundibuläre Pulmonalstenose und den hochsitzenden, subaortal gelegenen Ventrikelseptumdefekt, über dem die Aorta reitet. Eine valvuläre Stenose kann zusätzlich vorliegen. Die reaktive Hypertrophie des rechten Ventrikels ist eine Folge der Pulmonalstenose und keine Fehlbildung im eigentlichen Sinne. Hämodynamisch resultiert infolge der verengten rechtsventrikulären Ausflussbahn bei überreitender Aorta ein Rechts-links-Shunt mit zentraler Zyanose. Das Ausmaß des Shunts hängt vom Grad der Pulmonalstenose ab.
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25.2.7 Kongenitale Herzfehler mit Rechts-links-Shunt
1 B-25.19
Synopsis Fallot-Tetralogie 1 2 3 4
subvalvuläre Pulmonalstenose rechtsventrikuläre Hypertrophie VSD mit Rechts-links-Shunt Überreiten der Aorta über dem VSD
RA LA RV LV
rechter Vorhof linker Vorhof rechter Ventrikel linker Ventrikel
LA 4
RA
3 LV
1 RV 2
Symptome. In den ersten Lebensmonaten kann der Rechts-links-Shunt nur
gering ausgeprägt sein. Mit zunehmender Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn infolge reaktiver muskulärer Hypertrophie des rechten Ventrikels jenseits des 6. Lebensmonats nimmt der Shunt zu, der pulmonale Blutfluss damit ab, und es resultiert eine Zyanose. Als Folge der niedrigen O2-Sättigung kommt es zur Ausbildung einer reaktiven Polyglobulie. Rasche Ermüdbarkeit und Belastungsdyspnoe sind typische Symptome, ebenso wie die für die Fallot-Tetralogie typische reflektorisch eingenommene Hockstellung. Durch diese Haltung steigern die Kinder wahrscheinlich den peripheren Widerstand und reduzieren den Rechts-links-Shunt, was zu einer verbesserten Lungenperfusion führt. n Merke. Ein persistierender Ductus Botalli führt hier zu verbesserter pulmonaler Durchblutung und kann die Zyanose in den ersten Lebensmonaten kupieren.
Therapie. Die Korrektur der Tetralogie wird innerhalb des 1. Lebensjahres
angestrebt, ein späterer Operationszeitpunkt beinhaltet das Risiko einer fortschreitenden Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn infolge der reaktiven muskulären Hypertrophie des rechten Ventrikels. Die Operation beinhaltet die Erweiterung der rechtsventrikulären Ausflussbahn durch Resektion überschüssigen Gewebes und Patcherweiterungsplastik, ggf. Kommissurotomie der Pulmonalklappe sowie den Patchverschluss des Ventrikelseptumdefekts, wobei der Patch so platziert wird, dass er das Überreiten der Aorta korrigiert. Das Operationsrisiko liegt je nach Lebensalter zwischen 5–15 %. Langfristig resultiert trotz Totalkorrektur häufig nur eine mittlere körperliche Leistungsfähigkeit infolge verbleibender Restobstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn oder Pulmonalklappeninsuffizienz nach Kommissurotomie oder einem transvalvulär platzierten Patch. Lässt der Zustand des Kindes keine kurative Korrekturoperation zu oder besteht eine hypoplastische Lungenstrombahn, so kann zunächst durch einen Palliativeingriff die Lungenperfusion des Kindes verbessert werden und der Korrektureingriff im späteren Lebensalter bei besserem Allgemeinzustand des Kindes erfolgen.
Symptome. In den ersten Lebensmonaten ist der Rechts-links-Shunt nur gering ausgeprägt. Mit zunehmender Obstruktion jenseits des sechsten Lebensmonats nimmt der Shunt zu, der pulmonale Blutfluss ab, und es resultiert eine Zyanose. Rasche Ermüdbarkeit und Belastungsdyspnoe sind typische Symptome.
Merke
Therapie. Die operative Korrektur der Tetralogie wird innerhalb des 1. Lebensjahres angestrebt. Die Operation beinhaltet die Erweiterung der rechtsventrikulären Ausflussbahn sowie den Patchverschluss des Ventrikelseptumdefekts, wobei der Patch so platziert wird, dass er das Überreiten der Aorta korrigiert. Langfristig resultiert trotz Totalkorrektur häufig nur eine mittlere körperliche Leistungsfähigkeit infolge verbleibender Restobstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn oder verbliebener Pulmonalklappeninsuffizienz.
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25 Herzchirurgie
Palliativeingriffe
Palliativeingriffe
Ziel ist die Verbesserung des pulmonalen Blutflusses zur Linderung der Zyanose ( 1 B-25.20). Es stehen zur Verfügung: π Blalock-Taussig-Anastomose π Waterstone-Anastomose.
Ziel ist die Verbesserung des pulmonalen Blutflusses zur Linderung der Zyanose ( 1 B-25.20). Blalock-Taussig-Anastomose: End-zu-Seit-Anastomose zwischen A. subclavia und A. pulmonalis. Modifikation durch Interposition einer Gefäßprothese, was den Vorteil hat, die A. subclavia zu erhalten. Waterstone-Anastomose: Direkte Seit-zu-Seit-Anastomose zwischen Aorta ascendens und Pulmonalarterie.
1 B-25.20
Synopsis Palliativeingriffe bei Fallot-Tetralogie.
1a 1b
2
LA
RA LV RV
1 Blalock-Taussig-Anastomose 1a End-zu-Seit-Anastomose zwischen A. subclavia dextra und A. pulmonalis 1b Modifikation mit Gefäßprothese zwischen A. subclavia sinistra und A. pulmonalis 2 Waterstone-Anastomose Seit-zu-Seit-Anastomose zwischen Aorta ascendens und A. pulmonalis
Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt Definition
Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt n Definition. Hierbei handelt es sich um eine komplette Atresie der Pulmonalklappe in Verbindung mit einem Ventrikelseptumdefekt. Die Häufigkeit beträgt ca. 1 % aller angeborenen Herzfehler.
Pathophysiologie. Es resultiert ein Rechts-links-Shunt unmittelbar nach der Geburt mit zentraler Zyanose.
Pathophysiologie. Es kommt zu einem Rechts-links-Shunt unmittelbar
Symptome. Das klinische Bild wird durch die Zyanose bestimmt, welche von Geburt an besteht.
Symptome. Das klinische Bild wird durch die Zyanose bestimmt, welche
nach der Geburt mit zentraler Zyanose. Die Durchblutung der Lunge erfolgt über einen offenen Ductus Botalli, Bronchialarterien oder aortopulmonale Kollateralen.
von Geburt an besteht. Die pulmonale Durchblutung hängt vom Ausmaß der
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25.2.7 Kongenitale Herzfehler mit Rechts-links-Shunt Kollateralen und der Ausbildung des pulmonalen Gefäßbetts ab. Im EKG finden sich Zeichen der Rechtshypertrophie. Röntgenologisch zeigt sich bei normaler Herzgröße eine reduzierte Lungengefäßzeichnung.
Therapie. Erste Palliativmaßnahme kann die Anlage einer aortopulmonalen Anastomose zur Verbesserung des pulmonalen Blutflusses sein. Ist ein ausreichend weites Lungengefäßbett vorhanden und der rechte Ventrikel adäquat groß, wird ggf. nach der Primärpalliation durch Shuntanlage, die Korrektur durch transanuläre Erweiterungsplastik der rechtsventrikulären Ausflussbahn durchgeführt und der Ventrikelseptumdefekt verschlossen. Eine große atretische Distanz oder komplettes Fehlen des Pulmonalisstamms verlangt eine Rekonstruktion mittels Interposition eines klappentragenden Conduits oder eines Homografts zwischen rechtem Ventrikel und Konfluenz der rechten und linken Pulmonalarterie. Bei hypoplastischer Lungenstrombahn erfolgt die Erweiterungsplastik der rechtsventrikulären Ausflussbahn unter Belassung des Septumdefekts, da der hohe pulmonale Widerstand sonst zur Dekompensation des rechten Ventrikels führt.
Therapie. Palliativ erfolgt zunächst die Anlage eines aortopulmonalen Shunts zur Verbesserung der Lungendurchblutung. Die definitive Korrektur erfolgt durch transanuläre Erweiterungsplastik der rechtsventrikulären Ausflussbahn. Eine große atretische Distanz oder komplettes Fehlen des Pulmonalisstamms verlangt eine Rekonstruktion mittels Interposition eines klappentragenden Conduits oder eines Homografts.
Double outlet right ventricle (DORV)
Double outlet right ventricle (DORV)
n Definition. Aorta und A. pulmonalis entspringen ganz oder in ihrem größten Anteil dem rechten Ventrikel ( 1 B-25.21). Die Häufigkeit beträgt 0,5 % aller kongenitalen Herzvitien.
1 B-25.21
Definition
Synopsis Double outlet right ventricle Pulmonalarterie und Aorta entspringen dem rechten Ventrikel. Ein zusätzlicher VSD erlaubt die Dränage des linken Ventrikels in die Aorta. PA Ao LA LV RA RV
Ao PA
Pulmonalarterie Aorta linker Vorhof linker Ventrikel rechter Vorhof rechter Ventrikel
LA RA LV RV
Pathophysiologie. Der DORV ist immer mit einem Ventrikelseptumdefekt
verknüpft, der den einzigen Ausgang des linken Ventrikels in die fehlentspringende Aorta darstellt. Zusätzlich kann eine Pulmonalstenose bestehen, welche den Widerstand in der pulmonalen Ausflussbahn erhöht. Es resultiert dann ein Rechts-links-Shunt. Fehlt die Pulmonalstenose kann ein Linksrechts-Shunt resultieren. Erst die pulmonale Widerstandserhöhung führt dann zur sekundären Shuntumkehr.
Symptome. Ein charakteristisches klinisches Bild besteht nicht, vielmehr wird die Klinik durch den aus dem anatomischen Befund resultierenden Shuntfluss geprägt. Bei den Formen ohne Pulmonalstenose resultiert ein
Pathophysiologie. Der DORV ist immer mit einem Ventrikelseptumdefekt verknüpft, der den einzigen Ausgang des linken Ventrikels in die fehlentspringende Aorta darstellt. Bei zusätzlich vorhandener Pulmonalstenose resultiert dann ein Rechts-links-Shunt. Fehlt die Pulmonalstenose, kann ein Links-rechts-Shunt resultieren. Symptome. Das klinische Bild ist abhängig von Größe und Richtung des Shuntflusses.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
980 Der spontane Verlauf ist dem der Fallot-Tetralogie vergleichbar. Die Pulmonalstenose wirkt druckmindernd und stellt so einen Schutz der Lungenstrombahn dar.
25 Herzchirurgie ausgeprägter Links-rechts-Shunt mit der Gefahr der pulmonalen Hypertension und konsekutiven Herzinsuffizienz, die unbehandelt im 1. Lebensjahr zum Tode führen kann. Für die prognostisch günstigeren Formen mit Pulmonalstenose resultiert ein Rechts-links-Shunt. Der spontane Verlauf ist dem der Fallot-Tetralogie vergleichbar. Die Pulmonalstenose wirkt druckmindernd und stellt so einen Schutz der Lungenstrombahn dar.
Therapie. Fehlt eine Pulmonalstenose erfolgt zunächst ein palliatives Banding der A. pulmonalis zum Schutz des pulmonalen Gefäßbettes und Umverteilung des Shuntvolumens zugunsten des Körperkreislaufes. Die Korrekturoperation erfolgt durch Bildung eines internen Kanals vom Ventrikelseptumdefekt zur Aorta.
Therapie. Bei den Missbildungen ohne Pulmonalstenose ist man oft zu
Truncus arteriosus communis
Truncus arteriosus communis
Definition
einem Früheingriff gezwungen. Hier erfolgt zunächst ein palliatives Banding der Pulmonalarterie zum Schutz des pulmonalen Gefäßbetts und Umverteilung des Shuntvolumens zugunsten des Körperkreislaufs. Die Korrekturoperation kann dann um 2–3 Jahre verschoben werden. Die Korrekturoperation erfolgt durch Bildung eines internen Kanals vom Ventrikelseptumdefekt zur Aorta unter Verwendung eines Dacronpatches, der groß genug bemessen sein muss, um dem steigenden Herzzeitvolumen des Heranwachsenden gerecht zu werden. Bei den Formen mit Pulmonalstenose ist man selten gezwungen frühzeitig zu intervenieren. Die Korrekturoperation kann hier als Primäreingriff jenseits des 4. Lebensjahres erfolgen. Zusätzlich zur Bildung einer linksventrikulären Ausflussbahn erfolgt die plastische Erweiterung der Pulmonalstenose.
n Definition. Der Truncus arteriosus communis ist als singulärer Gefäßstamm definiert, aus dem die Aorta, die Koronararterien und die A. pulmonalis hervorgehen ( 1 B-25.22).
1 B-25.22
Synopsis Truncus arteriosus communis Singulärer Gefäßstamm (Truncus), aus dem Aorta und A. pulmonalis oberhalb des VSD entspringen. Ao PA LA LV RA RV
Ao PA
Aorta Pulmonalarterie linker Vorhof linker Ventrikel rechter Vorhof rechter Ventrikel
LA RA LV RV
Pathophysiologie. Stets besteht ein hoher, unterhalb des Truncus gelegener VSD, welcher zumeist zu einem Druckausgleich in beiden Ventrikeln führt. Der Lungengefäßwiderstand und die Größe der Pulmonalarterien bestimmen die Verteilung des Kreislaufvolumens und damit den Grad der Zyanose.
Pathophysiologie. Ursächlich ist ein Ausbleiben der Septierung des
embryonalen Gefäßschlauchs. Stets besteht ein hoher, unterhalb des Truncus gelegener Ventrikelseptumdefekt, welcher zumeist zu einem Druckausgleich in beiden Ventrikeln führt. Über den Ventrikelseptumdefekt entleeren sich beide Ventrikel in den Truncus. Der Lungengefäßwiderstand und die Größe der Pulmonalarterien bestimmen die Verteilung des Kreislaufvolumens und damit den Grad der Zyanose.
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25.2.7 Kongenitale Herzfehler mit Rechts-links-Shunt
Symptome. Die klinische Symptomatik ist durch eine rasch einsetzende Herzinsuffizienz und zentrale Zyanose gekennzeichnet. Das Vorliegen von nur einer gemeinsamen Semilunarklappe stellt ein wichtiges differenzialdiagnostisches Kriterium zum aortopulmonalen Fenster dar.
Symptome. Es entwickelt sich eine rasch progrediente Herzinsuffizienz bei zentraler Zyanose.
Therapie. Die Operationsindikation ergibt sich aus der Gefahr der kardialen Dekompensation und der irreversiblen pulmonalen Widerstandserhöhung. Als Palliativmaßnahme steht das pulmonale Banding zur Verfügung. Da aber auch dieser Eingriff mit einem hohen operativen Risiko behaftet ist, bevorzugt man die primäre Korrektur, ggf. bereits im frühen Säuglingsalter. Diese erfolgt unter Einsatz der HLM durch Verschluss des Ventrikelseptumdefekts und Bildung eines neuen rechtsventrikulären Ausflusstrakts unter Verwendung einer klappentragenden Gefäßprothese oder eines homologen Aortentransplantats (Operation nach Rastelli). Die primäre Letalität wird mit 10–20 % angegeben.
Therapie. Als Palliativmaßnahme steht das pulmonale Banding zur Verfügung.
Trikuspidalatresie
Trikuspidalatresie
n Definition. Durch das Fehlen der Trikuspidalklappe besteht bei diesem seltenen Vitium keine Kommunikation zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer ( 1 B-25.23).
1 B-25.23
Die operative Korrektur erfolgt durch Verschluss des VSD und Schaffung eines rechtsventrikulären Ausflusstrakts mittels klappentragenden Conduits.
Definition
Synopsis Trikuspidalatresie Durch das Fehlen der Trikuspidalklappe besteht keine Kommunikation zwischen rechtem Vorhof und rechtem Ventrikel. ASD VSD LA LV RA RV
1 RA
Vorhofseptumdefekt Ventrikelseptumdefekt linker Vorhof linker Ventrikel rechter Vorhof rechter Ventrikel
LA
2 RV
1 = ASD
LV
2 = VSD
Pathophysiologie. Das Hohlvenenblut kann nur über einen lebenserhaltenden Vorhofseptumdefekt in den linken Vorhof dränieren, von wo es nach Durchmischung mit dem Lungenvenenblut in die linke Kammer gelangt. Von dort gelangt das Blut einerseits über einen Ventrikelseptumdefekt in die rechte Kammer und die Lungenstrombahn, andererseits über die Aorta in den Körperkreislauf. Die Lungendurchblutung ist abhängig von der Größe des Ventrikelseptumdefekts, dem Ausmaß der häufig vorhandenen Pulmonalstenose und dem Vorhandensein eines persistierenden Ductus Botalli.
Pathophysiologie. Das Hohlvenenblut kann nur über einen lebenserhaltenden Vorhofseptumdefekt in den linken Vorhof dränieren, von wo es nach Durchmischung mit dem Lungenvenenblut in die linke Kammer gelangt. Von dort gelangt das Blut über einen VSD in die rechte Kammer und die Lungenstrombahn und in die Aorta.
Symptome. Meist resultiert eine schwere zentrale Zyanose mit verminderter Lungendurchblutung und entsprechend reduziertem körperlichen Leistungsvermögen. Nur wenige Kinder erreichen das 3. Lebensjahr.
Symptome. Die zentrale Zyanose bedingt ein reduziertes Leistungsvermögen.
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982 Therapie. Die palliativen Bemühungen sollen die pulmonale Durchblutung durch Anlage palliativer aortopulmonaler Anastomosen verbessern. Dies bedeutet aber eine weitere Volumenbelastung des linken Ventrikels.
25 Herzchirurgie
Therapie. Die palliativen therapeutischen Bemühungen zielen auf eine Ver-
Operation nach Glenn: Terminolaterale Anastomose zwischen oberer Hohlvene und rechter Lungenarterie. Fontanoperation: Implantation einer klappentragenden Gefäßprothese zwischen rechtem Vorhof und A. pulmonalis und Verschluss des Vorhofseptumdefekts.
besserung der pulmonalen Durchblutung ab. Diese kann durch Anlage palliativer aortopulmonaler Anastomosen erfolgen, z.B. nach Blalock-Taussig. Diese bedeuten aber eine weitere Volumenbelastung des linken Ventrikels mit dem Risiko der kardialen Dekompensation. Daher sollten palliative Eingriffe bei verbessertem Allgemeinzustand des Kindes durch eine definitive operative Korrektur ergänzt werden. Bei der Operation nach Glenn erfolgt die Anlage einer funktionellen Endzu-Seit-Anastomose zwischen oberer Hohlvene und rechter Lungenarterie. Bei der Operation nach Fontan erfolgt die Implantation einer klappentragenden Gefäßprothese zwischen rechtem Vorhof und A. pulmonalis und der Verschluss des Vorhofseptumdefekts. Voraussetzung ist ein ausreichender Druckaufbau im rechten Vorhof, um die Lungendurchblutung zu gewährleisten.
Ebstein-Erkrankung
Ebstein-Erkrankung
Definition
n Definition. Zugrunde liegt eine Fehlbildung der Trikuspidalklappe, deren septales und posteriores Segel weit unterhalb des Atrioventrikularrings innerhalb der rechten Kammer ansetzen. Man spricht auch von einer Atrialisierung des rechten Ventrikels ( 1 B-25.24).
1 B-25.24
Synopsis Ebstein-Erkrankung
Verlagerung der AV-Klappenebene von ihrer physiologischen Position (1) in den rechten Ventrikel (2).
RA RV
2
1 ARV
ARV atrialisierter rechter Ventrikel RA rechter Vorhof RV rechter Ventrikel Epidemiologie. 0,3 % aller kongenitalen Vitien. Pathophysiologie. Es resultiert ein verkleinerter rechter Ventrikel und ein atrialisierter Anteil, der funktionell in den rechten Vorhof mit einbezogen ist. 75 % haben einen zusätzlichen ASD.
Epidemiologie. Seltene Fehlbildung mit 0,3% aller kongenitalen Vitien. Pathophysiologie. Aus der Fehlpositionierung der Trikuspidalklappe resultiert ein verkleinerter rechter Ventrikel, der auf die Ausflusskammer reduziert ist und ein atrialisierter Anteil, der funktionell in den rechten Vorhof mit einbezogen ist. 75 % der Patienten weisen zusätzlich einen Vorhofseptumdefekt auf.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
983
25.2.7 Kongenitale Herzfehler mit Rechts-links-Shunt
Symptome. Eine Zyanose tritt nicht in allen Fällen auf, sondern zumeist erst
als Folge der Rechtsherzinsuffizienz, wenn der Druck im rechten Vorhof den im linken übersteigt. In 25 % der Fälle treten Arrhythmien in Form paroxysmaler supraventrikulärer Tachykardien auf. Typisch ist das kugelförmig vergrößerte Herz im Röntgenbild (sog. Bocksbeutelherz) als Ausdruck der beidseitigen Vorhofhypertrophie ( 1 B-25.5).
1 B-25.25
Symptome. Eine Zyanose tritt nicht in allen Fällen auf, sondern zumeist erst als Folge der Rechtsherzinsuffizienz. In 25 % treten paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien auf. Typisch ist das kugelförmig vergrößerte Herz im Röntgenbild (sog. Bocksbeutelherz [ 1 B-25.25]).
Ebstein-Anomalie Ausgeprägte kugelförmige Verbreiterung des Herzens nach beiden Seiten durch Vorhofhypertrophie.
Die mittlere Lebenserwartung der zyanotischen Patienten liegt unbehandelt bei 12, bei den azyanotischen Patienten bei 25 Jahren.
Therapie. Die günstigsten Ergebnisse werden durch die Klappenrekonstruktion mit Verschluss des Vorhofseptumdefekts erreicht. Die Implantation einer Herzklappenprothese in orthotoper Position hat sich nicht als ebenbürtige Methode erwiesen. Die Operationsmortalität beträgt bis zu 30 %.
Therapie. Die günstigsten Ergebnisse werden durch einen Versuch der Klappenrekonstruktion mit Verschluss des Vorhofseptumdefekts erreicht.
Fehleinmündung der Hohlvenen
Fehleinmündung der Hohlvenen
n Definition. Fehleinmündungen der Hohlvenen bezeichnen die atypische Einmündung der Hohlvenen in den rechten, den linken oder auch in beide Vorhöfe. Der atypische venöse Rückfluss kann zusätzlich kombiniert mit einer Fehleinmündung der Lungenvenen auftreten.
Pathophysiologie. Im Falle der Fehleinmündung in den rechten Vorhof han-
delt es sich um eine anatomische Variante ohne hämodynamische Beeinträchtigung. In vielen Fällen existiert aber eine zusätzliche linke obere Hohlvene, die im Bereich des Koronarvenensinus mündet. Im Falle der Fehleinmündung in den linken Vorhof wird am häufigsten die Fehleinmündung einer linken oberen Hohlvene in den linken Vorhof beschrieben. Die Folge ist ein funktioneller Rechts-links-Shunt auf Vorhofebene. In seltenen Fällen fehlt eine rechte obere Hohlvene und das gesamte Blut der oberen Körperhälfte dräniert in den linken Vorhof. Weitere zahlreiche Varianten mit Fehleinmündung der unteren Hohlvene und der Kombination mit fehleinmündenden Lungenvenen wurden beschrieben.
Definition
Pathophysiologie. Im Falle der Fehleinmündung in den rechten Vorhof handelt es sich um eine anatomische Variante ohne hämodynamische Beeinträchtigung. Im Falle der Fehleinmündung in den linken Vorhof wird am häufigsten die Fehleinmündung einer linken oberen Hohlvene in den linken Vorhof beschrieben. Die Folge ist ein funktioneller Rechts-links-Shunt auf Vorhofebene. Weitere zahlreiche Varianten wurden beschrieben.
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25 Herzchirurgie
Symptome. Die chirurgische Vorgehensweise richtet sich nach dem Lokalbefund.
Symptome. Die anatomischen Varianten sind zahlreich, der resultierende
Therapie. Ziel ist die Korrektur des Blutflusses zu den korrespondierenden Vorhöfen.
Therapie. Die chirurgische Vorgehensweise richtet sich nach dem Lokalbe-
25.3
25.3
Erworbene Herzerkrankungen
25.3.1
Erworbene Herzklappenfehler
Erworbene Herzerkrankungen 25.3.1 Erworbene Herzklappenfehler Sie sind weit häufiger als die angeborenen Herzfehler. Eine Verkleinerung der Klappenöffnungsfläche führt zu einer Stenose.
Aus der Klappenstenose resultiert eine Druckbelastung der vorgeschalteten Herzkammer. Merke
Die Insuffizienz bedeutet Schlussunfähigkeit der Klappe. Es resultiert eine Volumenbelastung der betroffenen Herzkammer. Sekundär kann es zur Muskelhypertrophie kommen.
Langfristig führen Stenosen als auch Insuffizienz zur kardialen Dekompensation ( 2 B-25.3). Ursächlich werden 3 Gruppen unterschieden.
funktionelle Shuntfluss bestimmt das klinische Bild und damit die Notwendigkeit zur chirurgischen Intervention.
fund. Ziel ist die Korrektur des Blutflusses zu den korrespondierenden Vorhöfen.
Im Gegensatz zu den angeborenen Fehlbildungen des Herzens stehen die wesentlich häufigeren, erworbenen Herzklappenfehler. Eine Verkleinerung der Klappenöffnungsfläche z.B. infolge der entzündlichen Verschmelzung der Kommissuren führt zu einer Stenose. Je höher der Grad der Stenose desto mehr Druck muss vom Herzen aufgebracht werden, um das Herzzeitvolumen durch den verkleinerten Querschnitt zu pumpen. Aus der Klappenstenose resultiert somit eine Druckbelastung der vorgeschalteten Herzkammer, die zunächst zu einer Muskelhypertrophie führt. n Merke. Kommt es zum Überschreiten des kritischen Herzgewichts (500 g) kann die hypertrophe Muskulatur nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, die Folge ist eine Angina-pectoris-Symptomatik.
Die Insuffizienz bedeutet Schlussunfähigkeit der Klappe, die damit ihrer Ventilfunktion nicht mehr gerecht werden kann. Je größer die Insuffizienz, desto größer die Volumenbelastung des Herzens. Es resultiert als Folge der Volumenbelastung zunächst eine Vergrößerung der betroffenen Herzkammer, in die das ausgeworfene Blut zurückfließt. Erst sekundär kann es zur Ausbildung einer Muskelhypertrophie kommen. Grundsätzlich kann eine Volumenbelastung länger klinisch kompensiert werden als eine Druckbelastung. Langfristig führen aber sowohl Stenose als auch Insuffizienz zur kardialen Dekompensation. Zu den wichtigsten erworbenen Herzklappenfehlern gehören die Aorten- und Mitralklappenstenose bzw. -insuffizienz ( 2 B-25.3). Bei den erworbenen Klappenfehlern können hinsichtlich ihrer Ätiologie 3 Gruppen unterschieden werden.
Rheumatischer Herzklappenfehler
Rheumatischer Herzklappenfehler
Bei der rheumatischen Endokarditis handelt es sich um eine abakterielle Entzündung des Herzens als Ausdruck einer hyperergen immunologischen Reaktion nach Infektionen durch hämolysierende Streptokokken der Gruppe A.
Bei der rheumatischen Endokarditis handelt es sich um eine abakterielle Entzündung des Herzens als Ausdruck einer hyperergen immunologischen Reaktion nach Streptokokkeninfekten. Vorangegangen sind typischerweise Infekte der oberen Atemwege mit hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A. Kreuzreagierende Antikörper richten sich gegen Endokard und Myokardstrukturen, wo es zu einer immunkomplexbedingten Kapillarschädigung kommt. Der Krankheitsbeginn liegt meist zwischen dem 5.-15. Lebensjahr. In 70 % der Fälle ist die Mitralklappe, in 10 % die Aortenklappe und in 20 % der Fälle sind beide Klappen befallen. Typisch ist eine Klappenstenose als Ausdruck entzündlicher Verschmelzungen der Klappenränder, begleitet von einer Insuffizienz als Folge einer narbigen Schrumpfung des Klappenrings.
In 90 % der Fälle ist die Mitralklappe allein oder in Kombination mit der Aortenklappe betroffen. Typisch ist eine Klappenstenose als Ausdruck entzündlicher Verschmelzung der Klappenränder, evtl. begleitet von einer Insuffizienz.
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25.3.1 Erworbene Herzklappenfehler
2 B-25-3
Die wichtigsten erworbenen Herzklappenfehler Aortenklappenstenose
Aortenklappeninsuffizienz
Mitralklappenstenose
Mitralklappeninsuffizienz
Klinik
NYHA* I: symptomfrei, linker Ventrikel kompensiert Stenose durch Hypertrophie. NYHA II u. III: Belastungsdyspnoe, Belastungsangina, Schwindel, Synkopen. IV: Ruhedyspnoe, Ruheangina, Orthopnoe, Asthma cardiale, Lungenödem
Bei kardialer Kompensation symptomfrei, später Herzklopfen, Druckgefühl in Brust und Hals, bei beginnender Linksherzinsuffizienz Belastungs-, später Ruhedyspnoe, Schwindel, retrosternale Schmerzen.
In den ersten Jahren symptomfrei, später Symptome der Lungenstauung wie Dyspnoe, Orthopnoe, Hämoptysen, rezidivierende Stauungsbronchitiden. Vorhofflimmern mit sekundären Thrombembolien. Periphere Zyanose, sek. Polyglobulie, kardiale Kachexie, Lungenödem bei Dekompensation.
Lange Phase der kardialen Kompensation, später Zeichen der latenten und manifesten Herzinsuffizienz mit pulmonaler Stauung, Vorhofflimmern und schließlich Rechtsherzinsuffizienz.
Hämodynamik
Entstehung eines transvalvulären Druckgradienten bei Klappenöffnungsfläche unter 2 cm 2 . Reaktive konzentrische Hypertrophie des linken Ventrikels, bei Überschreiten des kritischen Herzgewichts sekundäre Dilatation.
Diastolischer Reflux in den linken Ventrikel. Absinken des diastolischen Aortendrucks, Vergrößerung der Blutdruckamplitude systolisch, da das Schlagvolumen um den Anteil regurgitierten Blutes erhöht ist. Kompensatorische Dilatation des linken Ventrikels bei zunächst erhaltener Kontraktilität.
Infolge reduzierter Mitralklappenöffnungsfläche Druckanstieg im linken Vorhof, Hypertrophie des linken Vorhofes, später Dilatation mit Vorhofflimmern. Pulmonale Stauung mit sekundärer Erhöhung des pulmonalarteriellen Widerstandes.
Systolische Regurgitation in den linken Vorhof mit exzentrischer Hypertrophie des linken Ventrikels und Dilatation des linken Vorhofes.
Diagnostik
Die Diagnostik der Klappenvitien erfolgt mittels transthorakaler oder transösophagealer Echokardiographie und Berechnung der Klappenöffnungsfläche sowie im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung durch Ventrikulographie und Aortographie mittels Kontrastmittelinjektion und Bestimmung des transvalvulären Druckgradienten.
Op-Indikation
Klappenersatz im klinischen Stadium NYHA III und IV. Beim Übersteigen eines transvalvulären Druckgradienten von über 50 mmHg ist der Klappenersatz auch beim asymptomatischen Patienten bei Zeichen der linksventrikulären Hypertrophie indiziert.
Klappenersatz bei NYHA III und IV.
* NYHA: Klinische Stadieneinteilung der New York Heart Association (s.
NYHA III und IV π klappenerhaltende Operation durch Kommissurotomie π prothetischer Klappenersatz.
2
Ab NYHA II klappenerhaltende Operation durch Valvuloplastik π prothetischer Klappenersatz. π
B-25.4)
Bakterielle Endokarditis
Bakterielle Endokarditis
Bei der bakteriellen Endokarditis kommt es zur direkten bakteriellen Besiedelung der Herzklappe. Typische Erreger sind Staphylococcus aureus und b-hämolysierende Streptokokken. Bevorzugt befallen werden bereits durch rheumatisches Fieber vorgeschädigte oder kongenital missgebildete Klappen. Begünstigende Faktoren sind Drogenkonsum, Alkoholabusus, reduzierte Immunkompetenz und operative Eingriffe mit dem Risiko der Einschwemmung von Bakterien in die Blutbahn. Die typische Funktionsstörung ist eine Klappeninsuffizienz als Folge des Substanzverlustes durch entzündliche Destruktion der Klappenanteile.
Bei der bakteriellen Endokarditis kommt es zur direkten bakteriellen Besiedelung der Herzklappe. Typische Erreger sind Staphylococcus aureus und b -hämolysierende Streptokokken. Bevorzugt befallen werden bereits durch rheumatisches Fieber vorgeschädigte oder kongenital missgebildete Klappen.
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986 Merke
25 Herzchirurgie
n Merke. 80 % der bakteriellen Endokarditiden können antibiotisch erfolgreich behandelt werden. 20 % bedürfen aufgrund akuter kardialer Dekompensation infolge des akuten Funktionsverlustes der Klappe der operativen Behandlung.
Idiopathische Klappensklerose
Idiopathische Klappensklerose
Die Genese ist weder rheumatisch noch bakteriell. Mit zunehmendem Lebensalter kommt es zu einem Funktionsverlust aufgrund starrer, sklerotischer Klappenanteile, was zu Stenosen, möglicherweise begleitet von Insuffizienz, führt.
Unter dem Begriff der idiopathischen Klappensklerose werden diejenigen erworbenen Klappenfehler zusammengefasst, deren Genese weder rheumatisch noch bakteriell bedingt ist. Hier kommt es mit zunehmendem Lebensalter zu einem Funktionsverlust aufgrund starrer, sklerotischer Klappenanteile, was funktionell zu Stenosen, möglicherweise begleitet von Insuffizienz, führt.
Therapie
Therapie
Zur Behandlung der erkrankten Herzklappe stehen die operative Korrektur unter Erhalt der betroffenen Klappe oder ihr vollständiger Ersatz zur Verfügung. Klappenerhaltende Operationen
Zur Behandlung der erkrankten Herzklappe stehen die operative Korrektur unter Erhalt der betroffenen Klappe oder ihr vollständiger Ersatz zur Verfügung.
Kommissurotomie: Unter Sicht wird eine Trennung der verschmolzenen Kommissuren durchgeführt.
Kommissurotomie: Unter Sicht wird eine Trennung der verschmolzenen Kommissuren durchgeführt, sodass anschließend die Klappensegel wieder frei beweglich sind. Diese Kommissurotomie kann aber nur in ausgewählten Fällen Anwendung finden. Häufig liegt eine so erhebliche Sklerosierung der Klappe vor, dass ihr kompletter Ersatz erforderlich ist.
Besteht eine ausgeprägte Sklerosierung, muss die Klappe komplett ersetzt werden.
Klappenerhaltende Operationen
Plastische Rekonstruktionen: Im Falle von Klappeninsuffizienzen kommen plastische Rekonstruktionen zur Anwendung, deren Ziel es ist, die ursprüngliche Geometrie und damit die Fähigkeit zum Klappenschluss wiederherzustellen.
Plastische Rekonstruktionen: Im Falle von Klappeninsuffizienzen kommen in ausgewählten Fällen plastische Rekonstruktionen zur Anwendung, deren Ziel es ist, die ursprüngliche Geometrie der Klappe und damit ihre Fähigkeit zum Klappenschluss wiederherzustellen. Im Bereich der Mitralklappe kann ein dilatierter Anulus fibrosus durch raffende Nähte oder Implantation eines Carpentier-Rings rekonstruiert werden und dadurch eine volle Koaptation der Segelränder erreicht werden. Das gleiche Ziel verfolgen plastische Rekonstruktionen der Klappensegel und ihrer Sehnenfäden. Auch bei der Aortenklappe kann in seltenen Fällen durch plastische Rekonstruktion der Aortenwurzel die Funktion der Klappe wiederhergestellt werden.
Herzklappenersatz
Herzklappenersatz
Können klappenerhaltende Maßnahmen nicht durchgeführt werden, so ist der operative Klappenersatz indiziert. Hierfür stehen 3 verschiedene Klappentypen zur Verfügung ( 1 B-25.26). Kunststoffprothesen: Sie bedürfen bei guter mechanischer Haltbarkeit lebenslanger Antikoagulanzienbehandlung.
Können die genannten klappenerhaltenden Maßnahmen nicht durchgeführt werden, so ist der operative Klappenersatz indiziert. Hierfür stehen grundsätzlich 3 verschiedene Klappentypen zur Verfügung ( 1 B-25.26). I. Kunststoffprothesen: Hierbei handelt es sich um mechanische Herzklappenprothesen. Inzwischen historisch sind die Kugelventile. Zur Zeit breiteste Anwendung finden Kippscheibenventile oder Zweiflügelventile. Vorteil der mechanischen Herzklappenprothesen ist ihre lange Haltbarkeit. Nachteil ist die durch die mechanischen Bauteile bedingte Hämolyse und vor allem die Notwendigkeit der lebenslangen Antikoagulation, da sonst die Gefahr thrombembolischer Komplikationen droht. Die Antikoagulation selbst ist wiederum mit dem Risiko von Blutungskomplikationen behaftet. II. Bioprothesen: Hierzu gehören Herzklappenprothesen, welche aus biologischen Materialien hergestellt werden. Die breiteste Verwendung finden glutaraldehydfixierte porcine Aortenklappen, welche auf einen sog. Stent aufgebracht werden, an welchem zur Implantation ein Nahtring befestigt ist. Der Vorteil dieser Klappen besteht in ihren physiologischen Strömungseigenschaften und der fehlenden Notwendigkeit zur Antikoagulation. Der erhebliche Nachteil liegt in ihrer begrenzten Haltbarkeit. Innerhalb von
II. Bioprothesen: Sie unterliegen einer relativ raschen Degeneration. Eine Antikoagulation ist nicht notwendig. Der Vorteil dieser Klappen besteht in ihren physiologischen Strömungseigenschaften und der fehlenden
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25.3.2 Koronare Herzkrankheit (KHK)
1 B-25.26
Ia
II Ia Ib II III
Synopsis Herzklappenersatz
Ib
III Kippscheiben-Kunststoffprothese. Zweiflügel-Kunststoffprothese. Porcine Bioprothese (Schweinegewebe) mit Stent (= mit Gerüst). Humaner Homograft.
5–10 Jahren entsteht infolge eines sklerotischen Umbaus die Notwendigkeit zum Prothesenwechsel. Insbesondere bei jungen Menschen tritt eine besonders frühe verkalkende Degeneration der Prothesen auf. Daher werden Bioprothesen in der kardiochirurgischen Routine nur bei Patienten mit einer Kontraindikation zur Antikoagulation verwandt. III. Homograft: Bei den Homografts handelt es sich um humane Herzklappen, die in Aorten- oder Pulmonalisposition implantiert werden können. Der Vorteil besteht in der fehlenden Notwendigkeit zur Antikoagulation. Ferner wird der sklerotische Umbau wie bei den porcinen Klappen in weit geringerem Maße beobachtet. Der gravierende Nachteil entsteht durch die eingeschränkte Verfügbarkeit humaner Klappentransplantate. Homografts finden vor allem Anwendung bei Klappenersatz junger Patienten. Aufgrund der niedrigen Druckverhältnisse im rechten Herzen ist die mechanische Beanspruchung der Klappen hier geringer. Die Notwendigkeit zum Klappenersatz ist wesentlich seltener.
Notwendigkeit zur Antikoagulation. Der erhebliche Nachteil liegt in ihrer begrenzten Haltbarkeit. Bioprothesen werden in der kardiochirurgischen Routine nur bei Patienten mit einer Kontraindikation zur Antikoagulation verwandt. III. Homograft: Hierbei handelt es sich um humane Herzklappen, die in Aorten- oder Pulmonalisposition implantiert werden können. Der gravierende Nachteil entsteht durch die eingeschränkte Verfügbarkeit humaner Klappentransplantate. Homografts finden vor allem Anwendung beim Klappenersatz junger Patienten.
Komplikationen. Das operative Risiko beim elektiven Klappenersatz wird mit 1–2 % angegeben und ist unabhängig von der Art der verwendeten Klappenprothese.
Komplikationen. Das operative Risiko beim elektiven Klappenersatz wird mit 1–2 % angegeben.
25.3.2
Koronare Herzkrankheit (KHK)
n Definition. Die koronare Herzkrankheit resultiert aus der Minderdurchblutung primär intakten Myokards infolge erworbener arteriosklerotischer Verengungen der Koronararterien. Eine Myokardischämie mit den Symptomen der Angina pectoris oder dem Untergang von Myokard ist die Folge ( 1 B-25.27).
25.3.2 Koronare Herzkrankheit (KHK) Definition
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988
25 Herzchirurgie
1 B-25.27
Synopsis Herzkranzgefäße
Schemazeichnung der Koronararterien.
A. coronaria sinistra A. coronaria dextra
Ramus marginalis dexter Ramus interventricularis posterior
Pathophysiologie. Arteriosklerotische Veränderungen der Gefäßwände sind die häufigste Ursache der KHK.
Begünstigende Faktoren für die Arteriosklerose sind neben einer erblichen Disposition Fettstoffwechselstörungen, Nikotinabusus, Diabetes mellitus und arterieller Hypertonus. Eine Einengung des Gefäßquerschnitts um 75 % führt zur belastungsabhängigen Angina pectoris. Eine Verengung des Gefäßquerschnittes um 90 % führt zur Ruheangina. Die Bildung eines Appositionsthrombus auf einer arteriosklerotischen Plaque führt zum Gefäßverschluss und Myokardinfarkt. In der Beurteilung der KHK wird die rechte Koronararterie, der R. interventricularis anterior und der R. circumflexus der linken Koronararterie funktionell als jeweils ein Gefäß aufgefasst. Entsprechend ihrer Beteiligung spricht man von einer 1-, 2- oder 3-Gefäßerkrankung. Symptome. Klinisch äußert sich die koronare Herzkrankheit zunächst durch belastungsabhängige Dyspnoe und retrosternalen Schmerz. Man unterscheidet 4 Schweregrade der Angina pectoris ( 2 B-25.4).
Ramus circumflexus Ramus interventricularis anterior Ramus marginalis sinister
Pathophysiologie. Arteriosklerotische Veränderungen der Gefäßwände sind die häufigste Ursache der koronaren Herzkrankheit. Ursächlich dafür sind Intimadefekte der Gefäße, durch die die Ablagerung von Lipiden und Kalk in den Gefäßwänden möglich wird, was schließlich zur Entstehung arteriosklerotischer Plaques führt. Begünstigende Faktoren für die Arteriosklerose sind neben einer erblichen Disposition Fettstoffwechselstörungen, Nikotinabusus, Diabetes mellitus und arterieller Hypertonus. Durch die Einengung des Gefäßquerschnitts infolge der atheromatösen Plaques kommt es zu einer Reduktion des koronaren Blutflusses. Da der Herzmuskel bereits unter Ruhebedingungen 60–70 % des Sauerstoffs aus dem Blut extrahiert, kann eine Erhöhung des myokardialen Sauerstoffbedarfs nur durch Steigerung des koronaren Blutflusses kompensiert werden. Eine Einengung des Gefäßquerschnittes um 75 % führt daher infolge der Mangelversorgung des Muskels mit Sauerstoff zur belastungsabhängigen Angina pectoris. Eine Verengung des Gefäßquerschnitts um 90% führt zur Ruheangina. Die Bildung eines Appositionsthrombus auf einer arteriosklerotischen Plaque führt zum Gefäßverschluss mit nachfolgendem Myokardinfarkt. In der Beurteilung der koronaren Herzkrankheit wird die rechte Koronararterie, der R. interventricularis anterior und der R. circumflexus der linken Koronararterie funktionell als jeweils ein Gefäß aufgefasst. Entsprechend ihrer Beteiligung spricht man von einer 1-, 2- oder 3-Gefäßerkrankung. Geht der R. interventricularis posterior, der die hinteren Anteile des Septums versorgt, aus der rechten Koronarie hervor, spricht man von einem Rechtsversorgungstyp, andernfalls von einem Linksversorgungstyp. Symptome. Klinisch äußert sich die koronare Herzkrankheit zunächst durch
belastungsabhängige Dyspnoe und retrosternalen Schmerz, häufig mit Ausstrahlung in den linken Arm oder den Unterkiefer. In späteren Stadien kann diese Symptomatik bereits in Ruhe auftreten. Gemäß der New York Heart Association (NYHA) erfolgt die Einteilung der Angina pectoris in 4 Schweregrade ( 2 B-25.4).
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25.3.2 Koronare Herzkrankheit (KHK)
2 B-25.4
Einteilung der Angina pectoris nach der New York Heart Association (NYHA)
N NYHA I n
keine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, keine subjektiven Symptome
N NYHA II n
Beschwerden bei stärkerer körperlicher Belastung
N NYHA III Beschwerden bei leichter körperlicher Belastung n N NYHA IV Beschwerden bereits in Ruhe n
Therapie
Therapie
Perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) Ist unter medikamentöser Therapie der koronaren Herzkrankheit kein ausreichendes Behandlungsergebnis zu erzielen, besteht die Indikation zur perkutanen transluminalen Koronarangioplastie. Das Prinzip der PTCA besteht in der kontrollierten Ballondilatation stenosierter Gefäßabschnitte. Dazu erfolgt die Sondierung des betroffenen Koronargefäßes durch einen Führungsdraht nach Punktion der Femoralarterie oder Brachialarterie. Über diesen Führungsdraht wird dann ein Ballonkatheter in dem verengten Gefäßabschnitt platziert und anschließend insuffliert. Eigenschaft dieses Ballons ist, sich nicht über einen gewissen Durchmesser hinaus auszudehnen, wodurch eine kontrollierte Dilatation des verengten Koronargefäßes möglich ist ( 1 B-25.28).
1 B-25.28
Perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) Ist unter medikamentöser Therapie der koronaren Herzkrankheit kein ausreichendes Behandlungsergebnis zu erzielen, besteht die Indikation zur PTCA. Das Prinzip der PTCA besteht in der kontrollierten Ballondilatation stenosierter Gefäßabschnitte ( 1 B-25.28).
Synopsis Perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA)
Führungskatheter Stenose
Stenose
Ballonkatheter
a Über einen Führungskatheter wird die Koronararterie mit einem Führungsdraht sondiert.
b Passieren der Stenose mit dem Führungsdraht.
c, d Platzieren eines Ballonkatheters über den Führungsdraht und Dilatation der Stenose.
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990 85–90 % der Dilatationen sind primär erfolgreich.
Ein Jahr nach erfolgter PTCA ist in ca. 15–30 Prozent der Fälle mit einer Restenosierung zu rechnen.
25 Herzchirurgie 85–90 % der Dilatationen sind primär erfolgreich. Sog. elastische Stenosen infolge Intimahypertrophie oder semizirkulärer Kalkspangen mit erhaltenen elastischen Gefäßwandabschnitten können sich der erfolgreichen Dilatation entziehen indem sie sich nach Entfernen des Ballons wieder zusammenziehen. Hier kann dann die Platzierung eines intraluminären Wall-stents, der den dilatierten Gefäßabschnitt wie ein Gerüst stützt, Abhilfe schaffen. Ein Jahr nach erfolgter PTCA ist in ca. 15–30 % der Fälle mit einer Restenosierung zu rechnen, die jedoch einer erneuten Angioplastie zugänglich sein kann.
Indikationen zu PTCA sind koronare 1- und 2-Gefäßerkrankungen. In ausgewählten Fällen ist die Dilatation von 3-Gefäßerkrankungen angezeigt. In günstigen Fällen ist die Rekanalisation verschlossener Gefäße möglich.
Indikation. Indikationen zur PTCA sind koronare 1- und 2-Gefäßerkrankun-
Kontraindikation zur PTCA sind hochgradige Stammstenosen und hochgradige Abgangsstenosen der Koronararterien. Risiko dieser Behandlung ist neben der Perforation des Koronargefäßes dessen Verschluss infolge Intimadissektion. Koronardilatationen erfolgen in kardiochirurgischer Operationsbereitschaft.
Kontraindikation. Kontraindikationen zur PTCA sind hochgradige Stammstenosen und hochgradige Abgangsstenosen der Koronararterien. Risiko dieser Behandlung ist neben der Perforation des Koronargefäßes dessen Verschluss infolge Intimadissektion. Während der Insufflation des Ballons ist der koronare Blutfluss in den nachgeschalteten Gefäßabschnitten unterbrochen, was in Einzelfällen zu irreversiblen ischämischen Schäden führen kann. Daher erfolgen Koronardilatationen in kardiochirurgischer Operationsbereitschaft.
Aortokoronare Venenbypassoperation Das Prinzip der koronaren Bypassoperation besteht in einer Überbrückung des verengten Abschnittes der betroffenen Koronararterien durch ein aortokoronares Gefäßinterponat ( 1 B-25.29).
Aortokoronare Venenbypassoperation (ACVB)
gen, in ausgewählten Fällen ist die Dilatation von 3-Gefäßerkrankungen angezeigt. Im Falle kurzstreckiger Verschlüsse ist auch die Rekanalisation verschlossener Gefäße möglich. Infolge der ständig wachsenden Erfahrung und der Verbesserung des Instrumentariums werden die Indikationen zunehmend weiter gestellt.
Ist eine PTCA nicht angezeigt, kommt eine aortokoronare Venenbypassoperation zur Myokardrevaskularisation in Betracht. Das Prinzip der koronaren Bypassoperation besteht in einer Überbrückung des verengten Abschnitts der betroffenen Koronararterien durch ein aortokoronares Gefäßinterponat. Voraussetzung ist ein poststenotisch anastomosierbares Gefäß mit mindestens 1 mm Durchmesser und das Vorhandensein kontraktilen Myokards ( 1 B-25.29).
1 B-25.29
Synopsis Aortokoronare Venenbypässe (ACVB) Anlage von drei aortokoronaren Venenbypässen. 1 auf die A. coronaria dextra 2 auf den Ramus interventricularis anterior 3 auf den Ramus marginalis sinister
3
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25.3.3 Herzwandaneurysmen
Indikation. Indikationen zur aortokoronaren Bypassoperation sind hoch-
gradige Abgangsstenosen der Koronararterien, hochgradige Stammstenosen, langstreckige Verschlüsse und ausgeprägte 3-Gefäßerkrankungen. Besonders gefährlich sind zentrale Gefäßstenosen im Koronarsystem, da im Falle eines Gefäßverschlusses ein dem Perfusionsausfall entsprechend großes Infarktareal mit myokardialem Funktionsverlust resultiert. Zur Revaskularisation werden Teile der V. saphena magna oder V. saphena parva zwischen Aorta und dem der Stenose nachgeschalteten Koronargefäßabschnitt interponiert. Neben den Beinvenen findet zur Revaskularisation der Koronarien die A. mammaria interna (streng anatomisch als A. thoracica interna anzusprechen) Anwendung. Diese kann sowohl als »In-situ-Transplantat«, d.h. unter Belassung ihres Abganges aus der A. subclavia oder auch als freies Transplantat Verwendung finden. Vorteil der A. mammaria interna gegenüber dem Venentransplantat ist ihre überlegene Durchgängigkeitsrate im Langzeitverlauf, weshalb sie insbesondere bei jungen Menschen Verwendung findet. Für die A. mammaria interna wird nach 5 Jahren eine Durchgängigkeitsrate von 88 % beschrieben, nach 10 Jahren beträgt diese noch 51 %. Vergleichsweise sind ca. 75 % der Venentransplantate nach 5 Jahren durchgängig, nach 10 Jahren nur noch ca. 30 %. Stenosierte Bypassgefäße können mittels PTCA dilatiert werden. Nachteilig wirkt sich die begrenzte Länge der A. mammaria interna aus, weshalb die Gefäße der Herzhinterwand einer Revaskularisation durch A. mammaria interna nicht zugänglich erscheinen. Die Verwendung der A. mammaria interna beidseits ist zudem mit einer höheren Inzidenz von Wundheilungsstörungen im Bereich der Sternotomie verbunden. Die Letalität der elektiven ACVB-Operation wird mit 1–3 % angegeben.
25.3.3
Herzwandaneurysmen
n Definition. Das postinfarzielle Ventrikelaneurysma stellt eine gut abgrenzbare Narbenplatte im Bereich der Ventrikelwand dar, welche sich nicht kontrahiert oder sogar paradoxe Pulsationen zeigt. Die Ausbuchtung betrifft alle Wandschichten des Ventrikels.
85 % der Ventrikelaneurysmen sind im Bereich der Vorderwand des linken Ventrikels und apexnah, 5–10 % sind im Bereich der Hinterwand nahe der Herzbasis lokalisiert. Die Entstehung eines Ventrikelaneurysmas wird bei bis zu 15 % aller Infarktpatienten beobachtet. Das Ventrikelaneurysma führt zur Senkung der linksventrikulären Auswurffraktion. Gleichzeitig besteht eine Erhöhung des enddiastolischen Druckes mit der Folge einer erhöhten transmuralen Wandspannung und eines reduzierten koronaren Blutflusses. Ventrikelaneurysmen begünstigen das Auftreten von Herzrhythmusstörungen und die Entstehung intrakardialer Thromben mit dem Risiko peripherer Embolien. n Merke. Die Resektion eines Ventrikelaneurysmas verbessert die linksventrikuläre Auswurffraktion bei gesteigertem koronaren Blutfluss und reduziert die Gefahr kardiogener Embolien. Eine Markumarisierung des Patienten muss postoperativ nicht fortgesetzt werden.
Therapie. Das Ventrikelaneurysma wird primär konservativ behandelt. Eine
Operationsindikation ist jedoch bei medikamentös nicht beherrschbarer manifester Herzinsuffizienz, schwerer Angina-pectoris-Symptomatik, lebensbedrohlichen ventrikulären Rhythmusstörungen und Auftreten von rezidivierenden peripheren Embolien gegeben. Auch die Rupturgefahr bzw. die gedeckte Perforation stellt eine Operationsindikation dar. Im Rahmen der zumeist gleichzeitig notwendigen Myokardrevaskularisation erfolgt die Resektion des Aneurysmas und das Ausschälen evtl. vorhan-
Indikation zur aortokoronaren Bypassoperation sind hochgradige Abgangsstenosen der Koronararterien, hochgradige Stammstenosen, langstreckige Verschlüsse und ausgeprägte 3-Gefäßerkrankungen. Neben den Beinvenen findet zur Revaskularisation der Koronarien die A. mammaria interna (A. thoracica interna) Anwendung. Vorteil der A. mammaria interna gegenüber dem Venentransplantat ist ihre überlegene Durchgängigkeitsrate im Langzeitverlauf, weshalb sie insbesondere bei jungen Menschen Verwendung findet.
Nachteilig wirkt sich die begrenzte Länge der A. mammaria interna aus, weshalb die Gefäße der Herzhinterwand einer Revaskularisation durch A. mammaria interna nicht zugänglich erscheinen. Die Letalität der elektiven ACVB-Operation beträgt 1–3%. 25.3.3 Herzwandaneurysmen Definition
85 % der Ventrikelaneurysmen sind im Bereich der Vorderwand und apexnah lokalisiert. Das Ventrikelaneurysma führt zur Reduktion der linksventrikulären Auswurffraktion. Gleichzeitig besteht eine Erhöhung des enddiastolischen Drucks mit der Folge einer erhöhten transmuralen Wandspannung und dem Effekt eines reduzierten koronaren Blutflusses. Ventrikelaneurysmen begünstigen das Auftreten von Herzrhythmusstörungen und die Entstehung intrakardialer Thromben mit dem Risiko peripherer Embolien. Merke
Therapie. Typische Op-Indikationen sind: π manifeste Herzinsuffizienz π schwere Angina-pectoris-Symptomatik π lebensbedrohliche ventrikuläre Rhythmusstörungen π rezidivierende periphere Embolien π Rupturgefahr/gedeckte Perforation.
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992
25 Herzchirurgie
Die operative Behandlung erfolgt durch vollständige Resektion des Ventrikelaneurysmas.
dener Thromben. Ein kleiner Rand der Narbenplatte wird dabei zur Schonung der intakten Muskulatur als Widerlager für die anschließende Ventrikelnaht belassen. Alternativ dazu besteht die Technik von Jatene und Dor, welche die Rekonstruktion des Ventrikels unter Verwendung eines Dacronpatches vorschlagen, mit dem Ziel die Ventrikelgeometrie weitgehend zu erhalten. Die Operationsletalität wird mit 5–8 % angegeben.
25.3.4 Chirurgie bei Herzrhythmusstörungen Man unterscheidet: π Implantation eines Schrittmachers π Implantation eines Defibrillators π direkte Eingriffe am Reizleitungssystem
25.3.4
Herzschrittmacher
Herzschrittmacher
Herzschrittmacher finden vor allem Anwendung in der Behandlung bradykarder Rhythmusstörungen infolge Störungen der Reizbildung oder der Reizleitung.
Herzschrittmacher finden vor allem Anwendung in der Behandlung bradykarder Rhythmusstörungen infolge Störungen der Reizbildung oder der Reizleitung. Indikation zur Schrittmachertherapie sind stattgehabte AdamsStokes-Anfälle, sinuatriale Blockierungen, atrioventrikuläre Überleitungsstörungen IIΩ-IIIΩ sowie Sinusbradykardien und Bradyarrhythmia absoluta.
Chirurgie bei Herzrhythmusstörungen
In der Chirurgie der Herzrhythmusstörungen muss die Behandlung durch Implantation von Herzschrittmachern und internen Defibrillatoren von den direkten Eingriffen am Reizleitungssystem unterschieden werden.
1 B-25.30
Synopsis Herzschrittmacher
Über die V. subclavia werden Schrittmacherelektroden im rechten Vorhof und rechten Ventrikel platziert und mit dem subkutan platzierten Schrittmacher konnektiert. 1 Vorhofelektrode 2 Kammerelektrode 3 Schrittmacher
3 1 2
2 Funktionen werden unterschieden: π Reizbildung π Reizwahrnehmung (Sensing). Hinsichtlich ihrer Funktionsweise lassen sich 3 Schrittmachertypen unterscheiden: I. Demand-Schrittmacher: stimuliert bei unzureichender Eigenfrequenz, wird durch Eigenaktion des Herzens inhibiert. II. Getriggert: Dieser Schrittmachertyp registriert die Vorhofaktion und stimuliert daraufhin die Kammer. Voraussetzung ist eine erhaltene Reizbildung auf Vorhofebene.
Zwei Funktionen müssen unterschieden werden: π Reizbildung durch elektrische Impulsgabe π Reizwahrnehmung (Sensing) elektrischer Aktivität des Herzens durch atrial oder ventrikulär platzierte Elektroden. Hinsichtlich ihrer Funktionsweise lassen sich 3 Schrittmachertypen unterscheiden: I. Demand-Schrittmacher: stimuliert bei unzureichender Eigenfrequenz. Die Impulsgabe des Schrittmachers wird durch Eigenaktion des Herzens inhibiert. II. Getriggert: Dieser Schrittmachertyp registriert die Vorhofaktion und stimuliert daraufhin die Kammer. Diese Schrittmacher finden Anwendung in der Behandlung von atrioventrikulären Überleitungsstörungen. Voraussetzung ist eine erhaltene Reizbildung auf Vorhofebene. Der Vorteil gegenüber einer kontinuierlichen Stimulation des Ventrikels ist die erhaltene Anpas-
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25.3.4 Chirurgie bei Herzrhythmusstörungen sung der Herzfrequenz bei körperlicher Belastung mit dem Ergebnis besserer körperlicher Leistungsfähigkeit. III. Dual: Diese Schrittmacher vereinigen die unter I. und II. beschriebenen Funktionsprinzipien, können also sowohl getriggert elektrische Impulse des Herzens bei AV-Block weiterleiten, als auch diese bei fehlender kardialer Reizbildung ersetzen. Eine Übersicht über die wichtigsten Schrittmachertypen gibt 2 B-25.5.
2 B-25.5
993
III. Dual: Diese Schrittmacher können sowohl getriggert elektrische Impulse des Herzens bei AV-Block weiterleiten als auch diese bei fehlender kardialer Reizbildung ersetzen. Eine Übersicht über die wichtigsten Schrittmacher gibt 2 B-25.5.
Übersicht der wichtigsten Schrittmachertypen
Bezeichnung
Ort der Stimulation
Ort der Impulsabgabe
Funktionsweise
N AAI n Vorhof Demand
A Vorhof
A Vorhof
I
(Demand)
N VVI Ventrikel n Demand
V Ventrikel
V Ventrikel
I
(Demand)
N DDD n »Alleskönner«
D Vorhof und Ventrikel
D Vorhof und Ventrikel
D (getriggert und Demandfunktion)
A = atrial V = ventrikulär D = dual I = inhibiert (gleich demand oder stand by)
Zur temporären Versorgung, z.B. bei Rhythmusstörungen nach Herzoperationen, werden die Schrittmacherelektroden intraoperativ epikardial platziert und transkutan ausgeleitet, wo sie mit einem externen Schrittmachergerät verbunden werden. Ist der Schrittmacher nicht mehr notwendig, können die Drähte einfach gezogen werden. Zur permanenten Versorgung werden die Schrittmacherelektroden transvenös über die V. subclavia im rechten Vorhof oder Ventrikel endokardial platziert und mit dem Schrittmachergerät verbunden, welches in einer subkutanen Tasche implantiert wird ( 1 B-25.30). Die Programmierung der Schrittmacher kann perkutan erfolgen.
Zur temporären Versorgung werden die Schrittmacherelektroden intraoperativ epikardial platziert und transkutan ausgeleitet.
Automatischer implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (AICD)
Automatischer implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (AICD)
Rhythmusstörungen mit dem Risiko des Kammerflimmerns auf dem Boden einer kongestiven oder ischämischen Kardiomyopathie können die Implantation interner Defibrillatoren zur Kardioversion bei Kammerflimmern erforderlich machen. Die Arrhythmieerkennung und R-Zacken-Synchronisation des Defibrillationsimpulses erfolgt dabei entweder über eine bipolare rechtsventrikulär platzierte Sonde oder zwei myokardiale Schraubelektroden. Für die Abgabe des Defibrillationsimpulses dienen zwei Elektroden, die entweder beide flächig epikardial oder epikardial und endovasal platziert werden. Das eigentliche Defibrillatorgerät wird mit den Elektroden verbunden und retromuskulär in der Rektusscheide platziert. Eine subkutane Platzierung kommt aufgrund der Größe des Gerätes nicht in Betracht und würde zum Generatordekubitus führen. Im Falle eines Kammerflimmerns kommt es nach einer Detektionszeit von 10–15 Sekunden zur Abgabe eines Defibrillatorimpulses mit 25–35 Wattsekunden. Persistiert das Kammerflimmern, wird die Defibrillation bis zu 4-mal wiederholt. Zur Kardioversion bei Kammerflimmern werden erhebliche elektrische Energien freigesetzt, die vom Patienten, so er noch bei Bewusstsein ist, sehr schmerzhaft wahrgenommen werden. Defibrillatoren können allein oder in Verbindung mit Schrittmachern implantiert werden.
Rhythmusstörungen mit dem Risiko des Kammerflimmerns können die Implantation interner Defibrillatoren erforderlich machen.
Zur permanenten Versorgung werden die Schrittmacherelektroden transvenös im rechten Vorhof oder Ventrikel endokardial platziert. Das Schrittmachergerät wird in einer subkutanen Tasche implantiert ( 1 B-25.30).
Für die Abgabe des Defibrillationsimpulses dienen 2 Elektroden, die entweder beide flächig epikardial oder zwei epikardial und endovasal platziert werden. Das eigentliche Defibrillatorgerät wird mit den Elektroden verbunden und retromuskulär in der Rektusscheide platziert. Im Falle eines Kammerflimmerns kommt es nach einer Detektionszeit von 10–15 Sekunden zur Abgabe eines Defibrillatorimpulses. Zur Kardioversion bei Kammerflimmern werden erhebliche elektrische Energien freigesetzt, die vom Patienten sehr schmerzhaft wahrgenommen werden.
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994 Eingriffe am Reizleitungssystem des Herzens Pathophysiologie. Während Schrittmachersysteme in der Behandlung bradykarder Rhythmusstörungen indiziert sind, kommen bei der Behandlung tachykarder Arrhythmien direkte chirurgische Eingriffe am Reizleitungssystem des Herzens in Betracht. Als Ursache tachykarder Rhythmusstörungen werden kreisende Erregungen, die über einen »Reentrymechanismus« auf erregbares Myokard treffen, angesehen. Im Falle der supraventrikulären paroxysmalen Tachykardien können akzessorische atrioventrikuläre Reizleitungsbahnen den Makroreentrykreis schließen. Im Falle ventrikulärer Tachyarrhythmien auf dem Boden einer ischämischen Kardiomyopathie wird die Tachykardie durch einen Mikroreentrykreis in Form überlebender Purkinjefasern im Randbereich von Myokardnarben unterhalten. Diagnose. Voraussetzung für eine chirurgische Intervention ist die präzise Diagnostik kreisender Erregungen und die Lokalisation arrhythmogener Bezirke. Therapie. Die chirurgische Behandlung supraventrikulärer Tachyarrhythmien zielt auf Unterbrechung akzessorischer Leitungsbahnen. Epikardiale Dissektion: Durchtrennung akzessorischer Bündel. Offene Technik: Durchtrennung akzessorischer Leitungsbahnen nach Eröffnung des Vorhofs von endokardial her. Im Falle ventrikulärer ektoper arrhythmogener Zentren zielt die chirurgische Behandlung durch eine transmurale Exzision, Inzision oder partielle Endokardresektionen auf die elektrische Isolation der betreffenden Areale. Komplikationen. Die Operationsletalität wird im Mittel mit 15 % angegeben.
25 Herzchirurgie
Eingriffe am Reizleitungssystem des Herzens Pathophysiologie. Während Schrittmachersysteme in der Behandlung bra-
dykarder Rhythmusstörungen indiziert sind, kommen bei der Behandlung tachykarder Arrhythmien direkte chirurgische Eingriffe am Reizleitungssystem des Herzens in Betracht. Medikamentös nicht beherrschbare ventrikuläre und supraventrikuläre Tachykardien stellen wegen des Risikos des plötzlichen Herztodes eine besondere Gefährdung des Patienten dar und sind daher Indikation zur operativen Intervention. Als Ursache tachykarder Rhythmusstörungen werden kreisende Erregungen, die über einen »Reentrymechanismus« auf erregbares Myokard treffen, angesehen. In der chirurgischen Behandlung wird von der Annahme ausgegangen, dass der Rhythmusstörung ein anatomisches Korrelat in Form akzessorischer Leitungsbahnen oder ektoper Erregungsbildungszentren zugrunde liegt. Im Falle der supraventrikulären paroxysmalen Tachykardien können akzessorische atrioventrikuläre Reizleitungsbahnen wie das Kent-Bündel beim Wolff-Parkinson-White-Syndrom oder James-Fasern beim Lown-GanongLevine-Syndrom ursächlich sein, welche den Makroreentrykreis schließen. Im Falle ventrikulärer Tachyarrhythmien auf dem Boden einer ischämischen Kardiomyopathie wird die Tachykardie durch einen Mikroreentrykreis in Form überlebender Purkinjefasern im Randbereich von Myokardnarben unterhalten.
Diagnose. Voraussetzung für eine chirurgische Intervention ist die präzise
Diagnostik kreisender Erregungen und die Lokalisation arrhythmogener Bezirke. Dieses geschieht durch programmierte rechtsventrikuläre Stimulation tachykarder Rhythmusstörungen und endokardiales Kathetermapping. Intraoperativ ergänzt ein epikardiales Mapping die Lokalisationsdiagnostik.
Therapie. Die chirurgische Behandlung supraventrikulärer Tachyarrhyth-
mien zielt auf Unterbrechung akzessorischer Leitungsbahnen. Hierbei werden zwei Techniken unterschieden. Die epikardiale Dissektion beinhaltet die Durchtrennung akzessorischer Bündel nach Freipräparation der AV-Grube (sog. geschlossene Technik). Bei der offenen Technik erfolgt die Durchtrennung akzessorischer Leitungsbahnen nach Eröffnung des Vorhofs und Präparation des Reizleitungsbündels von endokardial her. Dieser Methode sind auch tiefer gelegene Leitungsbahnen zugänglich, weshalb sie die besseren Ergebnisse geliefert hat. In diesem Bereich etablieren sich in jüngster Zeit auch transvenöse Techniken der Katheterablation akzessorischer Bündel. Im Falle ventrikulärer ektoper arrhythmogener Zentren zielt die chirurgische Behandlung durch eine transmurale Exzision, Inzision oder partielle Endokardresektionen auf die elektrische Isolation der betreffenden Areale. Limitierender Faktor ist die Schonung noch kontraktilen Myokards, da bei nahezu allen Patienten eine schwere linksventrikuläre Funktionseinschränkung auf dem Boden einer ischämischen Kardiomyopathie vorliegt.
Komplikationen. Die Operationsletalität wird im Mittel mit 15 % angegeben. Ursächlich hierfür dürfte vor allem die eingeschränkte linksventrikuläre Funktion sein. Die Rezidivrate tachykarder Arrhythmien beträgt nach einem Jahr etwa 15 %, nach 5 Jahren liegt sie bei ca. 35 %.
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25.3.6 Erkrankungen des Perikards
25.3.5
Herztumoren
25.3.5 Herztumoren
n Definition. Primäre Tumoren des Herzens sind extrem seltene Erkrankungen. Sie müssen von Pseudotumorbildung infolge Thrombusformation unterschieden werden. Befallen werden Peri-, Myo- und Endokard. 70 % der Tumoren des Herzens sind gutartige, 30 % sind bösartige Neubildungen. Mit 20 % am häufigsten ist das gutartige linksatriale Myxom. Eine Übersicht über die Tumoren des Herzens gibt 2 B-25.6.
Symptome. Einige Herztumoren manifestieren sich nur durch unspezifische
Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsverlust, Myalgien, Athralgien oder Raynaud-Symptomatik. Intrakavitäre Tumoren können zu einer hämodynamischen Flussbehinderung oder Störung der Klappenfunktion führen. Dieses kann sich klinisch in Form von synkopalen Ereignissen äußern. Rhythmusstörungen und periphere Embolisation von Appositionsthromben können weitere Symptome sein.
2 B-25.6
Symptome. Einige Herztumoren manifestieren sich nur durch unspezifische Allgemeinsymptome. Intrakavitäre Tumoren können zu einer hämodynamischen Flussbehinderung oder Störung der Klappenfunktion führen.
Übersicht über die Herztumoren, geordnet nach ihrer Häufigkeit
Benigne Tumoren
Maligne Tumoren
n N N n N n N n N n N n N n N n N n N n
n N N n N n N n N n N n N n N n N n N n
Myxom Lipom papilläres Fibroelastom Rhabdomyom Fibrom Hämangiom Teratom Mesotheliom des AV-Knotens Neurofibrom Lymphangiom
Angiosarkom Rhabdomyosarkom Mesotheliom Fibrosarkom malignes Lymphangiom extraossäres Osteosarkom neurogenes Sarkom malignes Teratom Leiomyosarkom Liposarkom
Therapie. Ziel der chirurgischen Behandlung ist die möglichst vollständige
Entfernung tumorösen Gewebes. Das individuelle Vorgehen ist dabei abhängig von Ausdehnung, Lage und Dignität des Tumors. Die funktionellen Erfordernisse des Herzens begrenzen die chirurgischen Möglichkeiten der radikalen Exstirpation, weshalb im Falle maligner Prozesse die Prognose zumeist als ungünstig zu beurteilen ist.
25.3.6
Definition
Erkrankungen des Perikards
Therapie. Ziel der chirurgischen Behandlung ist die möglichst vollständige Entfernung tumorösen Gewebes.
25.3.6 Erkrankungen des Perikards
Akute Perikarderkrankungen
Akute Perikarderkrankungen
Ätiopathogenese. Ursächlich für akute Perikarderkrankungen können ent-
Ätiopathogenese. Ursächlich für akute Perikarderkrankungen können bakterielle oder virale entzündliche Prozesse, urämische Perikarditis, rheumatisches Fieber oder infarktbedingte bzw. traumatische Herzwandrupturen sein. Dies kann zur Ausbildung eines Perikardergusses mit der Entstehung einer Perikardtamponade führen.
Symptome. Klinische Symptome sind Halsvenenstauung, Dyspnoe, Tachy-
Symptome. Klinische Symptome sind Halsvenenstauung, Dyspnoe, Tachykardie und Hypotension bis hin zum kardiogenen Schock.
zündliche Prozesse, bedingt durch virale oder bakterielle (Tbc) Infekte, urämische Perikarditis, rheumatisches Fieber oder infarktbedingte bzw. traumatische Herzwandrupturen sein. Dies kann zur Ausbildung eines Perikardergusses mit der Entstehung einer Perikardtamponade führen. Die zunehmende Tamponade des Perikards behindert die diastolische Füllung des Herzens mit der Folge einer Einflussstauung bei u.U. massiv reduziertem Herzzeitvolumen. Gleichzeitig führt die externe Kompression des Herzens zu einer Reduktion des koronaren Blutflusses mit der Folge einer hypoxischen Herzmuskelinsuffizienz.
kardie und Hypotension bis hin zum kardiogenen Schock. Im EKG zeigt sich typischerweise eine Niedervoltage.
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25 Herzchirurgie
Therapie. Aufgrund der vitalen Bedrohung des Patienten ist die sofortige Entlastung der akuten Tamponade angezeigt. Gelingt diese nicht durch Perikardpunktion, ist die operative Behandlung durch Perikardfensterung oder partielle Perikardresektion notwendig.
Therapie. Aufgrund der vitalen Bedrohung des Patienten ist die sofortige Entlastung der akuten Tamponade bei Eintreten hämodynamischer Einschränkungen angezeigt. Gelingt diese nicht durch Perikardpunktion, ist die operative Behandlung notwendig. Im Falle chronisch rezidivierender Tamponaden, z.B. bei urämischer Perikarditis, kann eine großzügige Perikardfensterung oder partielle Perikardresektion zum therapeutischen Erfolg führen.
Chronische Perikarderkrankungen
Chronische Perikarderkrankungen
Ätiologie. Die Ursache vieler chronischer Perikardentzündungen bleibt unbekannt.
Ätiologie. Ursächlich für eine chronische Perikarditis können die bereits
Pathogenese. Infolge des chronisch entzündlichen Prozesses kommt es zunächst zu einer Verklebung von Epiund Perikard, sekundär dann zur Ausbildung von Kalkspangen und langfristig zur Herzmuskelatrophie.
Pathogenese. Infolge des chronisch entzündlichen Prozesses kommt es
Symptome. Dyspnoe, Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Hepatomegalie, Aszites, Ödeme und Stauungsproteinurie.
Symptome. Neben einer Dyspnoe und Einschränkung der körperlichen Leis-
Merke
Therapie. Die chirurgische Behandlung besteht in einer möglichst kompletten Entfernung des verkalkten Perikards (Dekortikation), ggf. unter Einsatz der HLM.
Merke
25.3.7 Thorakales Aortenaneurysma Definition
Zu unterscheiden sind ( 1 B-25.31): π Aneurysma verum mit einer Ausweitung aller drei Gefäßwandschichten. π Aneurysma dissecans, bei dem es nach Intimaeinriss durch intramurale Einblutung zu einem Abscheren der Gefäßwandschichten kommt. π Aneurysma falsum, bei dem es infolge Gefäßverletzung zur Ausbildung eines perivasalen Hämatoms kommt, welches bindegewebig durchbaut wird und in seinem Inneren durchströmt bleibt.
erwähnten Auslöser einer akuten Perikarditis sein. In einem erheblichen Anteil der chronischen Perikarditiden ist jedoch kein akutes Entzündungsereignis bekannt.
zunächst zu einer Verklebung von Epi- und Perikard, sekundär dann zur Ausbildung von Kalkspangen. Dieses führt neben einer erheblichen Einschränkung der diastolischen Ventrikelfüllung mit der Folge eines reduzierten Herzzeitvolumens auch zu einer Einschränkung der systolischen Beweglichkeit. Längerfristig kommt es zu einer Herzmuskelatrophie.
tungsfähigkeit imponiert vor allem eine Einflussstauung, ggf. begleitet von Hepatomegalie, Aszites, Ödemen und einer Stauungsproteinurie. n Merke. Zeichen der manifesten Rechtsherzinsuffizienz bei röntgenologisch nicht vergrößertem Herzen müssen an eine Pericarditis constrictiva denken lassen! Das gilt auch für die »digitalisrefraktäre« Rechtsherzinsuffizienz.
Therapie. Die chirurgische Behandlung besteht in einer möglichst kompletten Entfernung des verkalkten Perikards (Dekortikation), ggf. unter Einsatz der HLM. Zu beachten ist die Schonung des entlang des Perikards laufenden N. phrenicus, andernfalls drohen Zwerchfellhochstand und respiratorische Komplikationen. n Merke. Zu späte Indikationsstellung kann aufgrund der Rückbildung des Myokards postoperativ zur Dilatation und Dekompensation des Herzens führen.
25.3.7
Thorakales Aortenaneurysma
n Definition. Beim Aneurysma handelt es sich um eine umschriebene Ausweitung der Arterienwand unter Beteiligung aller 3 Wandschichten.
Zu unterscheiden sind ( 1 B-25.31): π Aneurysma verum (wahres Aneurysma) mit einer Ausweitung aller drei Gefäßwandschichten (Intima, Media, Adventitia) π Aneurysma dissecans (disseziierendes Aneurysma), bei dem es nach Intimaeinriss durch intramurale Einblutung zu einem Abscheren der Gefäßwandschichten kommt π Aneurysma falsum (falsches Aneurysma), bei dem es infolge Gefäßverletzung, z.B. nach Punktion, zur Ausbildung eines perivasalen Hämatoms kommt, welches bindegewebig durchbaut wird und in seinem Inneren durchströmt bleibt. Die eigentliche Gefäßwand ist dabei nicht pathologisch verändert.
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25.3.7 Thorakales Aortenaneurysma
1 B-25.31
Synopsis Aneurysmen
a Aneurysma verum.
b Aneurysma dissecans. c Aneurysma falsum.
Ätiologie. Ursachen thorakaler Aortenerkrankungen sind Arteriosklerose, Entzündungen (Lues III, mykotische Aneurysmen), Traumen sowie Kollagenosen (Marfan-Syndrom u.a.). Ein typischer Unfallmechanismus ist ein Dezelerationstrauma, z.B. ein Sturz aus großer Höhe. Beim Aufschlag auf den Boden wird die Vorwärtsbewegung des Aortenbogens vor allem durch das Ductusbändchen eingeschränkt, so dass es hier durch Intimaeinrisse zur Entstehung traumatischer Aneurysmen kommen kann.
Ätiologie. Ursachen thorakaler Aortenerkrankungen sind Arteriosklerose, Entzündungen, Traumen sowie Kollagenosen.
Pathophysiologie. Im Falle des Aneurysma verum kommt es im Bereich der
Pathophysiologie. Im Falle des Aneurysma verum kommt es im Bereich der Gefäßerweiterung zu einer Unterbrechung der laminaren Blutströmung, was die Ablagerung von Thromben begünstigt, welche sekundär embolisieren können. Durch stete Größenzunahme besteht Rupturgefahr. Im Falle einer Dissektion der thorakalen Aorta kommt es nach einem Intimaeinriss zur Einblutung in die Gefäßwand mit Abscheren der Gefäßabgänge.
Symptome. Das chronisch bestehende thorakale Aneurysma kann zunächst symptomlos bleiben, periphere Embolien können indirekte Anzeichen sein. Durch die mediastinale Raumforderung kann eine Kompression von Ösophagus und Trachea mit Stridor und Schluckbeschwerden resultieren. Kompression der V. cava superior kann zum Bild der oberen Einflussstauung führen. Durch Irritation des N. recurrens, der linksseitig den Aortenbogen umschlingt, kann es zum Auftreten von Heiserkeit kommen. Die Irritation des Grenzstranges linksseitig kann zur Ausbildung eines Horner-Syndroms führen. Gelegentlich besteht ein thorakales Druckgefühl. Kommt es zum Auftreten einer Aneurysmaruptur, verspüren die Patienten häufig einen starken linksthorakalen Schmerz mit Ausstrahlung in den Rücken. In Abhängigkeit von der Menge des Blutverlustes resultiert ein hypovolämischer Schock, bei freier Perforation Tod durch Verblutung.
Symptome. Durch die mediastinale Raumforderung kann eine Kompression von Ösophagus und Trachea mit Stridor und Schluckbeschwerden resultieren. Durch Kompression der V. cava superior kann es zur oberen Einflussstauung kommen.
Gefäßerweiterung zu einer Unterbrechung der laminaren Blutströmung, was die Ablagerung von Thromben begünstigt, welche sekundär embolisieren können. Die stete Größenzunahme des Aneurysmas führt zu seiner Ruptur. Erfolgt diese frei in der Brusthöhle sind die Patienten meist nicht mehr zu retten. Im Falle der gedeckten Perforation wird der Gefäßwanddefekt durch eine aufliegende Struktur (Wirbelsäule) gedeckt und der Blutverlust verlangsamt. Im Falle einer Dissektion der thorakalen Aorta kommt es nach einem Intimaeinriss zur Einblutung in die Gefäßwand, was zu einem Abscheren der Gefäßabgänge mit der Folge ihrer Verlegung führen kann. Dies kann zum ischämischen Infarkt im nachgeschalteten Stromgebiet führen. Falsche Aneurysmen sind im thorakalen Bereich extrem selten zu beobachten, sie können Folge einer iatrogenen Gefäßperforation nach Kathetermanipulation sein.
n Merke. Bei unspezifischen Rückenschmerzen an Aneurysmen denken!
Die Irritation des Grenzstranges linksseitig kann zur Ausbildung eines Horner-Syndroms führen. Eine Aneurysmaruptur macht sich durch starke thorakale Schmerzen und einen hypovolämischen Schock bemerkbar. Merke
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998 Im Falle des dissezierenden Aneurysmas markiert ein scharfes thorakales Schmerzereignis den Intimaeinriss. Die Dissektion kann in tieferen Aortenabschnitten durch einen weiteren Intimaeinriss wieder Anschluss an die ursprüngliche Strombahn gewinnen, sog. Reentry. Spontanverlauf. Unbehandelt kommt es beim symptomatischen Aneurysma mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Auftreten einer Aneurysmaruptur. Operationsindikation besteht bei Diagnosestellung. Merke
Bei der akuten Aortendissektion besteht eine Operationsindikation bei Diagnosestellung. Bei der chronischen Aortendissektion ist eine abwartende Haltung angezeigt. Klassifikation. Sie erfolgt entsprechend der Lokalisation in Aneurysmen der Aorta ascendens, des Aortenbogens und der Aorta descendens. Im Falle der dissezierenden Aortenaneurysmen erfolgt die Unterteilung nach DeBakey in 3 Typen ( 1 B-25.32).
Klinisch durchgesetzt hat sich die Einteilung nach Dailey. Typ-A-Dissektion: Unter Einbeziehung der A. ascendens. Typ-B-Dissektion: Auf die A. descendens beschränkt. Therapie. Die operative Behandlung des Aortenaneurysmas zielt auf einen Ersatz der betroffenen Gefäßabschnitte durch Implantation einer Gefäßprothese ab.
Beim Ersatz der deszendierenden Aorta kann es infolge der sehr variablen Lokalisation der A. von Adamkiewicz zur Unterbrechung der Blutversorgung des Rückenmarks mit der Folge einer Paraplegie (10 %) kommen.
25 Herzchirurgie Im Falle des dissezierenden Aneurysmas markiert ein scharfes thorakales Schmerzereignis den Intimaeinriss. Die nachfolgende Einblutung in die Gefäßwand kann zum Abscheren der Gefäßabgänge führen. In Abhängigkeit von den betroffenen Gefäßen resultiert ein zerebrovaskulärer Insult (Aa. carotides), eine Querschnittsymptomatik (A. von Adamkiewicz), Anurie (Aa. renales), akutes Abdomen mit Mesenterialinfarkt (Aa. mesentericae). Die Dissektion kann in tieferen Aortenabschnitten durch einen weiteren Intimaeinriss wieder Anschluss an die ursprüngliche Strombahn gewinnen, sog. Reentry. Die Ruptur nach außen führt zum akuten hypovolämischen Schock, ggf. zum Verbluten des Patienten. Spontanverlauf: Unbehandelt kommt es beim symptomatischen Aneurysma verum mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Auftreten einer Aneurysmaruptur, weshalb sich die Operationsindikation bei Stellung der Diagnose ergibt. n Merke. Asymptomatische Aneurysmen sollten engmaschig, d.h. zunächst alle 3 Monate, durch Sonographie oder Computertomographie kontrolliert werden. Eine Größenzunahme gilt als Operationsindikation.
Die akute Aortendissektion endet unbehandelt in 50 % der Fälle binnen 48 Stunden letal. Innerhalb der nächsten 3 Monate versterben weitere 30 % der Patienten, weshalb die Operationsindikation bei Diagnosestellung gegeben ist. Bei der chronischen Aortendissektion ist eine abwartende Haltung angezeigt.
Klassifikation. Die Klassifikation thorakaler Aneurysmen erfolgt entspre-
chend ihrer Lokalisation in Aneurysmen der Aorta ascendens, des Aortenbogens und der Aorta descendens. Im Falle der dissezierenden Aortenaneurysmen erfolgt die Unterteilung nach DeBakey in 3 Typen ( 1 B-25.32): DeBakey I: Intimaeinriss im Bereich der Aorta ascendens, das Doppellumen reicht über den Aortenbogen hinaus. DeBakey II: Intimaeinriss ebenfalls im aszendierenden Aortenabschnitt, das Doppellumen bleibt aber auf die aszendierende Aorta beschränkt. DeBakey III: Intimaeinriss im Bereich der deszendierenden Aorta. Doppellumen betrifft die deszendierende Aorta. Klinisch durchgesetzt hat sich die Einteilung nach Dailey. Diese Einteilung berücksichtigt nicht den Ort des Intimaeinrisses, sondern nur die Ausdehnung des Doppellumens. Typ-A-Dissektionen beziehen die Aorta ascendens mit ein, Typ-B-Dissektionen beschränken sich auf die Aorta descendens, unabhängig vom Grad der Ausdehnung nach distal.
Therapie. Die operative Behandlung des Aortenaneurysmas zielt auf einen Ersatz der betroffenen Gefäßabschnitte durch Implantation einer Gefäßprothese ab, ggf. mit Neuimplantation der aus dem Aneurysma hervorgehenden Gefäße. In Abhängigkeit von der Lokalisation des Aneurysmas erfolgt dieser Eingriff unter Einsatz der HLM, ggf. in tiefer Ganzkörperhypothermie und intermittierendem Zirkulationsstillstand. Ist der Aortenklappenring in die aneurysmatische Erweiterung der aszendierenden Aorta einbezogen, erfolgt die Implantation einer klappentragenden Gefäßprothese, eines sog. Conduits mit anschließender Reimplantation der Koronargefäße. Die Beteiligung des Aortenbogens macht die Reimplantation der supraaortalen Gefäße in die Gefäßprothese erforderlich. Die Beteiligung der deszendierenden Aorta kann bei großer Ausdehnung des Aneurysmas einen kombinierten Zugang durch mediane Sternotomie und linkslaterale Thorakotomie erforderlich machen. Beim Ersatz der deszendierenden Aorta kann es infolge der sehr variablen Lokalisation der A. von Adamkiewicz zur Unterbrechung der Blutversorgung des Rückenmarks mit der Folge einer Paraplegie (10 %) kommen.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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25.3.8 Verletzungen des Herzens
1 B-25.32
Synopsis Einteilung des Aneurysma dissecans nach DeBakey und nach Dailey
1b
De Bakey II
1c
De Bakey III
2b
Typ-BDissektion
Dailey:
2a 1a
De Bakey I
Typ-ADissektion
In der operativen Behandlung dissezierender Aneurysmen kommen neben dem prothetischen Ersatz der Aorta auch rekonstruierende Eingriffe in Betracht.
Neben dem prothetischen Ersatz der Aorta kommen auch rekonstruierende Eingriffe in Betracht.
Ergebnisse. Die Frühletalität des Aortenersatzes der thorakalen Aneurys-
Ergebnisse. Die Frühletalität des Aortenersatzes der thorakalen Aneurysmen wird mit 8–15 % angegeben.
men wird mit 8–15 % angegeben; im Falle der akuten Aortendissektion muss von einem höheren Operationsrisiko ausgegangen werden. Im Falle eines akuten Blutungsereignisses beträgt die Operationsletalität über 70 %. n Merke. Die Diskrepanz der Operationsletalität zwischen elektiven und notfallmäßigen Eingriffen unterstreicht die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Diagnostik und Indikationsstellung.
25.3.8
Verletzungen des Herzens
Verletzungen des Herzens mit Eröffnung einer Herzhöhle sind nur in Ausnahmefällen mit dem Leben vereinbar. Zumeist kommt es zur hämorrhagischen Perikardtamponade oder zum akuten Verblutungstod. Eine Verletzung der Koronargefäße kann zusätzlich zur Infarzierung der nachgeschalteten Myokardbereiche führen. In den seltenen Fällen, in denen offene Herzverletzungen überlebt werden ist zumeist nur der rechte Ventrikel betroffen und der Defekt von umschriebener Größe. Im Rahmen eines Notfalleingriffs kann die Übernähung des Defektes erfolgen.
Im Falle eines akuten Blutungsereignisses beträgt die Operationsletalität über 70 %. Merke
25.3.8 Verletzungen des Herzens Verletzungen des Herzens mit Eröffnung einer Herzhöhle sind nur in Ausnahmefällen mit dem Leben vereinbar. Meistens kommt es zur hämorrhagischen Perikardtamponade oder zum akuten Verblutungstod.
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1000
25 Herzchirurgie
Herzkontusion
Herzkontusion
Im Rahmen eines stumpfen Thoraxtraumas kann es zum Auftreten einer Herzkontusion kommen. Diese äußert sich klinisch in ausgeprägten Fällen in einer temporären kontraktilen Herzinsuffizienz infolge der Ausbildung eines intramuralen Hämatoms.
Im Rahmen eines stumpfen Thoraxtraumas kann es zum Auftreten einer Herzkontusion kommen. Diese äußert sich klinisch in ausgeprägten Fällen in einer temporären kontraktilen Herzinsuffizienz infolge der Ausbildung eines intramuralen Hämatoms. Röntgenologisch kann es zu einer Verbreiterung der Herzsilhouette kommen. Verschiedene Arrhythmieformen können auftreten. Im EKG können Veränderungen der Q-Welle beobachtet werden. Manche Patienten klagen über retrosternale Beschwerden, subjektive Symptome können auch ganz fehlen. Laborchemisch kann eine Erhöhung der Kreatinkinase und CK-MB imponieren. Echokardiographisch kann eine Einschränkung der Kontraktilität beobachtet werden. Die Behandlung erfolgt konservativ, wenn notwendig durch medikamentöse Unterstützung der Herzfunktion.
Die Behandlung erfolgt konservativ, wenn notwendig durch medikamentöse Unterstützung der Herzfunktion.
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1001
Thoraxchirurgie
26
26
Thoraxchirurgie
Anatomie
Ronald Elfeldt 26.1
Anatomie
26.1
26.1.1
Oberflächenanatomie
26.1.1 Oberflächenanatomie
Zur Orientierung bei Punktionen, der Einlage von Dränagen und bei der Führung von Hautschnitten hat sich die Verwendung von Hilfslinien bewährt, die nach den jeweiligen markanten oberflächlichen anatomischen Strukturen benannt sind. Als Hilfslinien gelten ( 1 B-26.1): π ventral die Parasternallinie ca. 2 Querfinger neben dem Sternum, die Medioklavikularlinie und die vordere Axillarlinie π lateral: die vordere, mittlere und die hintere Axillarlinie π dorsal: die Skapularlinie und die Paravertebrallinie.
1 B-26.1
Synopsis Topographische Hilfslinien am Thorax
a 1 Parasternallinie 2 Medioklavikularlinie 3 vordere Axillarlinie
1 2
1 2 3
1 2 3
b 1 vordere Axillarlinie 2 mittlere Axillarlinie 3 hintere Axillarlinie
c 1 Paravertebrallinie 2 Skapularlinie
n Merke. Beim Legen einer Thoraxdränage von lateral ist auf den Verlauf des N. thoracicus longus zu achten, der vor dem M. serratus anterior etwa in der mittleren Axillarlinie verläuft. Bei einer Dränage von ventral muss die A. thoracica interna, die ca. 1 cm lateral und parallel zum Sternum verläuft, geschont werden. Unabhängig von der Lokalisation wird am Oberrand der Rippe in den Pleuraraum eingegangen, da die Gefäße und Nerven am Unterrand liegen.
26.1.2
Hilfslinien dienen der Orientierung bei Punktionen, Einlage von Dränagen oder Hautschnitten, um Verletzungen von Nerven oder Gefäßen zu vermeiden. Wichtige Hilfslinien ( 1 B-26.1) sind: π die Parasternallinie π die Axillarlinie π die Skapularlinie und die Paravertebrallinie.
Anatomie der Brusthöhle
Der Thorax besteht aus dem knöchernen Brustkorb, der Muskulatur, den beiden Pleurahöhlen mit den Lungen und dem dazwischen liegenden Mediastinum mit der Speiseröhre, dem Herzen und den Gefäßen und Nerven. Die vordere, seitliche und hintere Begrenzung der Brusthöhle wird durch den Brustkorb, die mediale Begrenzung von der Wirbelsäule und dem Mediastinum gebildet, der kaudale Abschluss durch das Zwerchfell und der kraniale durch die obere Thoraxapertur gebildet.
Merke
26.1.2
Anatomie der Brusthöhle
Beide Pleurahöhlen mit den Lungen sowie das Mediastinum mit seinen Organen bilden den Inhalt des Thorax.
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1002
26 Thoraxchirurgie
Pleura
Pleura
Eine Serosa umhüllt als Pleura visceralis die Lunge und kleidet als Pleura parietalis die Thoraxwand von innen aus. Nach kaudal, unterhalb des Lungenhilus, verbinden sie sich zum Lig. pulmonale. Nur die Pleura parietalis ist sensibel innerviert. Die Umschlagfalten bilden Recessus, in denen die Lunge sich bei Inspiration ausdehnen kann.
Die Lungen sind von der Pleura visceralis (pulmonalis) überzogen. Der Lungenhilus ist als Eintrittsstelle des Hauptbronchus, der Gefäße und der Nerven von dem serösen Überzug ausgespart, da die Pleura pulmonalis hier in die Pleura parietalis umschlägt. Die Pleura parietalis kleidet die Brustwand von innen aus. Unterhalb des Lungenhilus vereinigen sich die beiden Pleurablätter zum Lig. pulmonale. Nur die Pleura parietalis ist mit sensiblen, schmerzleitenden Nervenfasern versorgt. Die Grenzen der Pleurahöhle entsprechen den Umschlagfalten der beiden Pleurablätter. Diese Recessus sind Reserveräume, um den Lungen bei Inspiration die Ausdehnung zu ermöglichen. Der größte Recessus mit einer Länge von 6–7 cm ist der Recessus costodiaphragmaticus. Er projiziert sich auf die mittlere Axillarlinie. In diesem Recessus als tiefsten Punkt der Pleurahöhle sammelt sich bei Reizung der Pleurablätter zuerst Flüssigkeit (Pleuraergüsse). Die zwischen den Pleurablättern gebildete Pleurahöhle ist im Normalzustand ein kapillarer Verschiebespalt. In ihm herrscht ein negativer Druck von –5 cm H2O bei Exspiration, der bei tiefer Inspiration auf Werte von –10 cm H2O absinkt.
Im Recessus costodiaphragmaticus als tiefstem Punkt der Pleurahöhle sammelt sich zuerst Flüssigkeit. Die Pleurahöhle ist ein kapillarer Verschieberaum, der die Atemexkursion der Lunge ermöglicht.
Trachea und Lunge
Trachea und Lunge
Die Trachea ist bis zur Bifurcatio tracheae ca. 10-12 cm lang. Der rechte Hauptbronchus verläuft fast gerade und ist etwas kürzer und weiter als der linke.
Die Trachea ist bis zur Aufteilung in die beiden Hauptbronchien (Bifurcatio tracheae mit Carina) ca. 10–12 cm lang. Der rechte Hauptbronchus setzt den Verlauf der Trachea in etwa fort, ist kürzer und etwas weiter als der linke, der stärker nach lateral abzweigt.
Merke
Hufeisenförmige Knorpelspangen, die untereinander durch die Ligg. anularia verbunden sind, versteifen die Trachea. An der Rückseite verläuft die Pars membranacea. Die weitere Aufteilung verläuft dichotom in Lappen- und Segmentbronchien. Die rechte Lunge besitzt 3 Lappen- mit 10 Segmentbronchien, die linke 2 Lappen- mit 9 Segmentbronchien ( 1 B-26.2). Die Lunge ist entsprechend der Aufzweigung der Bronchien ebenfalls in Lappen und Segmente unterteilt. Beide Lungen sind durch die Fissura obliqua in Ober- und Unterlappen unterteilt, vom rechten Oberlappen wird zusätzlich durch die Fissura horizontalis ein Mittellappen abgegrenzt. Gefäßversorgung der Lunge Vasa publica ( 1 B-26.3). Die A. pulmonalis bringt venöses Blut zur Arterialisation in die Alveolen der Lunge. Das postalveoläre Kapillarnetz vereinigt sich zu den Vv. pulmonales, die in den linken Vorhof münden.
Vasa privata: Die Aa. bronchiales versorgen die Bronchien mit sauer-
n Merke. Aufgrund des fast geraden Verlaufs des rechten Bronchus finden sich hier aspirierte Fremdkörper häufiger als links.
Die Trachea wird durch 12–20 hufeisenförmige Knorpelspangen, die untereinander durch die Ligg. anularia und an der Rückseite durch die Pars membranacea verbunden sind, versteift. Nach der Aufteilung in die beiden Hauptbronchien erfolgt die weitere Verzweigung dichotom in Lappen- und Segmentbronchien. Die Anzahl der Lappen- und Segmentbronchien ist auf beiden Seiten unterschiedlich. Die rechte Lunge besitzt 3 Lappen- mit insgesamt 10 Segmentbronchien, die linke Lunge 2 Lappen- mit 9 Segmentbronchien ( 1 B-26.2). Die Lunge ist entsprechend der Aufzweigung der Bronchien ebenfalls in Lappen und Segmente unterteilt. Mit Pleura pulmonalis (visceralis) ausgekleidete Fissuren unterteilen die Lunge in einzelne Lappen. Die Segmente der einzelnen Lappen werden nur durch bindegewebige Septen getrennt. Beide Lungen sind durch die Fissura obliqua in Ober- und Unterlappen unterteilt, vom rechten Oberlappen wird zusätzlich durch die Fissura horizontalis der Mittellappen abgegrenzt. Die Lungensegmente werden von 1–10 nummeriert. Die Segmente 4 und 5 bilden im linken Oberlappen die Lingula, rechts bilden sie einen eigenen Lappen, den Mittellappen. Das 7er-Segment ist nur auf der rechten Seite vorhanden ( 1 B-26.2). Die Gefäßversorgung der Lunge und ihrer Gefäße besteht aus 3 Teilen: Den Vasa publica (A. und V. pulmonalis) ( 1 B-26.3), die das venöse Blut des Körpers zur Arterialisation in die Lunge leiten und von dort zum linken Herzen zurückführen. Die rechte und linke Pulmonalarterie entspringen am rechten Herzen aus dem Truncus pulmonalis. Die A. pulmonalis tritt am Lungenhilus aus und verzweigt sich entsprechend den Bronchien, bis sie um die Alveolen ein Kapillarnetz bildet. Die postkapillaren Venolen vereinigen sich zu den Segment- und Lappenvenen, die über die beiden rechten und linken Vv. pulmonales in den linken Vorhof münden. Die Vasa privata (Aa. bronchiales), zur unmittelbaren Versorgung der Bronchien und des peribronchialen Bindegewebes mit sauerstoffreichem Blut,
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1003
26.1.2 Anatomie der Brusthöhle
1 B-26.2
Synopsis Lappen- und Segmentbronchien der Lunge
OberlappenStammbronchus
apikoposteriorer Segmentbronchus (1+2) apikaler Segmentbronchus (1)
OberlappenStammbronchus
apikaler Segmentbronchus (1)
posteriorer Segmentbronchus (2)
posteriorer Segmentbronchus (2) anteriorer Segmentbronchus (3) Hauptbronchus
Bronchus intermedius
lateraler Segmentbronchus (4) medialer Segmentbronchus (5)
Mittellappen Unterlappen
Lingulasegmentbronchus
anterobasaler Segmentbronchus (8)
mediobasaler Segmentbronchus (7)
laterobasaler Segmentbronchus (9)
rechts
oberer (4) unterer (5)
UnterlappenStammbronchus rechts
anterobasaler Segmentbronchus (8)
Oberlappen
Lingulabronchus (unterer Ast des linken OberlappenStammbronchus)
UnterlappenStammbronchus links UnterlappenSpitzenbronchus (6)
MittellappenStammbronchus
Lappen
oberer Ast des linken Oberlappen-Stammbronchus anteriorer Segmentbronchus (3)
laterobasaler Segmentbronchus (9)
posterobasaler Segmentbronchus (10)
Segmentbezeichnung 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
apikales Segment posteriores Segment anteriores Segment laterales Segment links mediales Segment apikales Segment mediobasales (kardiales) Segment anterobasales Segment laterobasales Segment posterobasales Segment
Lappen Oberlappen
Unterlappen
entspringen für die rechte Lunge aus der 3. oder 4. Interkostalarterie und für die linke Lunge direkt aus der Brustaorta. Die Vv. bronchiales der peripheren Bronchien münden in die Vv. pulmonales, während die zentralen in die V. azygos bzw. V. hemiazygos abfließen. Die Vasa vasorum sind Äste der Aa. bronchiales und versorgen die großen Stämme der A. pulmonalis. Zwischen A. pulmonalis und Aa. bronchiales bestehen regelmäßig Anastomosen. n Merke. Die Aa. bronchiales verhindern eine Infarzierung der Lunge bei einer Lungenembolie.
Die Lunge besitzt ein sehr ausgeprägtes Lymphsystem, wobei intrapulmonale und extrapulmonale (mediastinale) Lymphknoten unterschieden werden. Von der nach zentral fließenden Lymphe werden folgende Lymphknotenstationen passiert ( 1 B-26.4):
Segmentbezeichnung 1.+2. 3. 4. 5. 6. 8. 9. 10.
apikoposteriores Segment anteriores Segment superiores Segment der Lingula inferiores Segment apikales Segment anterobasales Segment laterobasales Segment posterobasales Segment
stoffreichem Blut. Sie entspringen für die rechte Lunge aus der 3. oder 4. Interkostalarterie, für die linke Lunge aus der Brustaorta. Die Vv. bronchiales der peripheren Bronchien münden in die Vv. pulmonales, die zentralen in die V. azygos bzw. V. hemiazygos. Vasa vasorum: Die A. pulmonalis selbst wird durch Äste der Aa. bronchiales mit Blut versorgt. Merke Die Lunge besitzt ein sehr ausgeprägtes Lymphsystem:
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1004
26 Thoraxchirurgie
1 B-26.3
Synopsis Gefäßversorgung der Lunge (Vasa publica)
Die bronchopulmonalen Segmente zeigen einen typischen Aufbau hinsichtlich der Bronchialgefäßverhältnisse. Der Segmentbronchus tritt zentral in sein Parenchymgebiet ein und wird von der zugehörigen Segmentarterie (rot) begleitet. Die Parenchymgrenze zum Nachbarsegment ist gekennzeichnet durch den intersegmentalen Verlauf der pulmonalen Vene (blau).
1 B-26.4
Synopsis Lymphknotenstationen der Lunge
4
4 1
3 1
Die Einteilung der Lymphknoten in das gezeigte Schema ist im Rahmen der Tumorchirurgie (z.B. Stadieneinteilung des Bronchialkarzinoms) von Bedeutung.
2 23
1
1
1
5
5
2
6 2 1
1
5 5
1 2 3 4 5 6
1
bronchopulmonal/Lappenspalt Hilus/Hauptbronchus subcarinal/subaortal paratracheal paraösophageal/Lig. pulmonale paraaortal
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1005
26.1.2 Anatomie der Brusthöhle intrapulmonale Lymphknoten an den Bronchialaufteilungen und dem Lungenhilus π mediastinale Lymphknoten im Bereich der Carina, entlang der Trachea und des Ösophagus π extrapulmonale, im Bereich der tiefen Halsregion und des Lig. pulmonale gelegene Lymphknoten. Entsprechend dem anatomischen Verlauf der Lymphabflussbahnen können Metastasen maligner Lungentumoren in mediastinalen Lymphknotenstationen der kontralateralen Seite auftreten. In bis zu 8 % wird eine Metastasierung von rechts nach links und in bis zu 25 % von links nach rechts gefunden. Über das Lymphsystem des Lig. pulmonale können intraabdominelle, dem Truncus coeliacus benachbarte Lymphknoten bei Lungentumoren metastatisch befallen werden.
Die Lymphe fließt von den intrapulmonalen zu den mediastinalen Lymphstationen. Ein Teil gelangt auch zu extrapulmonalen Lymphknoten ( 1 B-26.4).
Mediastinum
Mediastinum
π
Die Begrenzungen des Mittelfells (Mediastinum) bilden die Brustwirbelsäule (hinten), das Sternum (vorne), das Zwerchfell (unten) und seitlich die beiden Lungen. Nach oben besteht Verbindung mit den Bindegewebsräumen des Halses, die kontinuierlich in die Faszien des Mediastinums übergehen. Hieraus ist die Ausbreitung kollarer Entzündungen in das Mediastinum (Senkungsabszesse) zu erklären. Das Mediastinum wird eingeteilt in ein Mediastinum anterius, das zwischen Perikard und Sternumrückfläche liegt, ein Mediastinum medium, das in der Hauptsache vom Herzen ausgefüllt wird, ein Mediastinum posterius, das zwischen hinterem Perikard und der Wirbelsäule liegt, und dem Mediastinum superius, das oberhalb des Herzens liegt ( 1 B-26.5).
1 B-26.5
Tumoren einer Seite können zu kontralateralen mediastinalen oder sogar zu intraabdominellen Lymphknotenstationen metastasieren.
Die Einteilung erfolgt in ein Mediastinum anterius, medium, posterius und superius ( 1 B-26.5) .
Synopsis Gliederung des Mediastinums in einem schematisierten medianen Sagittalschnitt
Ösophagus Trachea
A
Manubrium sterni Angulus sterni B Corpus sterni
D
C Pericardium
Diaphragma
Ösophagus Aorta
A B C D
Mediastinum superius Mediastinum anterius Mediastinum medium Mediastinum posterius
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1006 Im Mediastinum befinden sich, bis auf die Lungen, alle Organe des Brustkorbes ( 2 B-26.1).
26 Thoraxchirurgie Das Mediastinum enthält, bis auf die Lungen, alle Organe des Brustkorbes ( 2 B-26.1).
2 B-26.1
Inhalte des Mediastinums
N Mediastinum anterius n π lockeres Bindegewebe zwischen Sternum und Perikard π Lymphgefäße π kleinere Gefäße N Mediastinum medium n π Herz und Herzbeutel π Aorta ascendens π Endabschnitte von V. cava superior und V. azygos π Truncus pulmonalis mit seinen Aufzweigungen π V. pulmonales π Nn. phrenici mit Vasa pericardiacophrenica N Mediastinum posterius n π Ösophagus mit Nn. vagi (Trunci vagales) π Aorta descendens mit ihren Ästen π Ductus thoracicus π V. azygos und hemiazygos π Truncus sympathicus und Nn. splanchnici majores et minores N Mediastinum superius n π Arcus aortae, A. brachiocephalica, Anfangsteil der A. carotis communis sinistra und A. subclavia sinistra π V. cava superior (oberer Teil), V. brachiocephalica π Thymus π Nn. vagi, Nn. recurrens sinistra, Nn. cardiaci phrenici (obere Abschnitte) π Trachea π Ösophagus π Ductus thoracicus (oberer Abschnitt)
Pathophysiologie der Atmung Die Hauptaufgabe der Lunge besteht in der äußeren Atmung, d.h. dem Gasaustausch zwischen der Atemluft und dem Blut. Dieser Aufgabe kann sie nur nachkommen, wenn 3 Funktionen aufeinander eingestellt sind: π die Ventilation (Lungenbelüftung), π die Perfusion (Lungendurchblutung) und π die Diffusion. Teilfunktionsstörungen können zur Gasaustauschstörung und damit zur respiratorischen Insuffizienz führen. Vor allen Eingriffen, insbesondere aber vor lungenverkleinernden Operationen, muss daher eine umfangreiche präoperative Funktionsdiagnostik erfolgen.
26.2
26.2.1
26.2.1
26.2
π
Verfahren zur Untersuchung der Lungenfunktion Spirometrie: Messung der Ventilationsgrößen wie der statischen und der dynamischen Lungenvolumina.
Weitere Verfahren, denen in der Operationsvorbereitung eine weniger große Bedeutung zukommt, sind: π Ganzkörperplethysmographie: Messung des Atemwegswiderstandes sowie der funktionellen Residualkapazität.
Pathophysiologie der Atmung
Die Hauptaufgabe der Lunge besteht in der äußeren Atmung, d.h. dem Gasaustausch zwischen der Atemluft und dem Blut. Die äußere Atmung ist nur dann effektiv, wenn 3 spezielle Funktionen in ökonomischer Weise aufeinander eingestellt sind: π die Ventilation (Lungenbelüftung) π die Perfusion (Lungendurchblutung) und π die Diffusion (Austausch der Gasmoleküle zwischen lufthaltigen Alveolen und Blut). Jede dieser Teilfunktionen kann für sich allein, aber auch in Kombination mit anderen gestört sein und somit zu einer Gasaustauschstörung führen, die eine respiratorische Insuffizienz zur Folge hat. Durch Eingriffe an den Organen in der Brusthöhle, bei lungenverkleinernden Operationen, aber auch bei großen Eingriffen im Oberbauch (z.B. Gastrektomie mit nachfolgender Paralyse des Darms und Zwerchfellhochstand) können solche Störungen auftreten. Daher ist vor solchen geplanten Operationen eine umfangreiche präoperative Funktionsdiagnostik erforderlich.
π
π
Verfahren zur Untersuchung der Lungenfunktion
Spirometrie: Messung der Ventilationsgrößen wie der statischen und der dynamischen Lungenvolumina (s.u.). Sie ist das einfachste Verfahren zur Bestimmung der Lungenfunktion und die wichtigste präoperative Untersuchung. Daneben gibt es weitere aufwändige Messmethoden, denen in der Operationsvorbereitung eine weniger große Bedeutung zukommt: Ganzkörperplethysmographie: Messung des Atemwegswiderstandes sowie der funktionellen Residualkapazität. Sie kommt vor allem bei der Untersuchung obstruktiver Ventilationsstörungen zum Einsatz.
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26.2.2 Ventilationsgrößen Spiroergometrie: Messung der funktionellen Leistungsfähigkeit der Lunge bei abgestufter Arbeitsbelastung. π Pulmonalisangiographie: (s. S. 1012 ) π Lungenszintigraphie: (s. S. 1012 ) π Blutgasanalyse: Bestimmung der Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdrücke im arteriellen Blut (PaO2, PaCO2). Normalwerte: PaO2 = 90–102 mmHg, PaCO2 = 34–46 mmHg, Standardbikarbonat (HCO3) = 24–32 mval/l, Base excess (BE) = ± 2 mval/l π
26.2.2
Ventilationsgrößen
Spiroergometrie: Messung der funktionellen Leistungsfähigkeit der Lunge. π Pulmonalisangiographie (s. S. 1012) π Lungenszintigraphie (s. S. 1012) π Blutgasanalyse: Bestimmung der Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdrücke im arteriellen Blut (PaO2 , PaCO2 ). Normalwerte: PaO 2 = 90–102 mmHg, PaCO2 34–46 mmHg, HCO 3 = 24–32 mval/l, BE = ± 2 mval/l. π
26.2.2 Ventilationsgrößen
Der Gasgehalt der Lungen setzt sich aus einem mobilisierbaren, direkt spirometrisch messbaren und einem nicht mobilisierbaren, nur durch indirekte Methoden bestimmbaren Teil zusammen. Ersterer wird unterteilt in statische (zeitunabhängige) und dynamische (in Abhängigkeit von der Zeit gemessene) Lungenvolumina.
Man unterscheidet spirometrisch messbar statische (zeitunabhängige) und dynamische (in Abhängigkeit von der Zeit gemessene) Lungenvolumina.
Statische Lungenvolumina ( 1 B-26.6) π Vitalkapazität (VK): das nach einer maximalen Exspiration maximal inspirierbare Luftvolumen. π Totalkapazität (TK): das totale Luftvolumen der Lunge am Ende einer maximalen Inspiration. π Inspiratorisches Reservevolumen (IRV): Luftmenge, die am Ende einer Inspiration bis zur maximalen Inspirationsstellung noch zusätzlich eingeatmet werden könnte. π Exspiratorisches Reservevolumen (ERV): Luftmenge, die am Ende einer Exspiration bis zur maximalen Exspirationsstellung noch zusätzlich ausgeatmet werden könnte. π Funktionelle Residualkapazität (FRK): das am Ende einer normalen Exspiration noch in der Lunge verbleibende Gasvolumen. π Atemzugvolumen (AZV): das bei einem Atemzug eingeatmete Luftvolumen.
Statische Lungenvolumina ( 1 B-26.6) sind: π die Vitalkapazität (VK) π die Totalkapazität (TK) π das inspiratorische Reservevolumen (IRV) π das exspiratorische Reservevolumen (ERV) π die funktionelle Residualkapazität (FRK) π das Atemzugvolumen (AZV).
1 B-26.6
Synopsis Lungenvolumina
Aus den spirometrischen Messungen und der Messung des Residualvolumens ergeben sich alle Lungenvolumina. Linke Ordinate: absolute Werte für einen lungengesunden jungen Mann; rechte Ordinate: Lungenvolumina in Prozent der totalen Lungenkapazität.
0
totale Lungenkapazität
80
Vitalkapazität
inspiratorische Kapazität funktionelle Residualkapazität
inspiratorisches Reservevolumen Residualvolumen
2
exspirator. Reservevolumen
4
Atemzugvolumen
Lungenvolumen (l BTPS)
6
60
40
20
Lungenvolumen in % der totalen Lungenkapazität
100
0
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1008
26 Thoraxchirurgie
Dynamische Lungenvolumina sind: π FEV (= forciertes endexspiratori1 sches Volumen) π das Atemminutenvolumen (AMV) π der Atemgrenzwert (AGW).
Dynamische Lungenvolumina π FEV 1 (= forciertes endexspiratorisches Volumen) , gemessen im Tiffeneau-Test (Atemstoßtest): Luftmenge, die nach maximaler Einatmung mit forcierter Exspiration in der ersten Sekunde ausgestoßen wird. Sie beträgt normalerweise 70–80 % der Vitalkapazität. π Atemminutenvolumen (AMV): das in 1 Minute ventilierte Luftvolumen. Es beträgt normalerweise 6–8 l/min. π Atemgrenzwert (AGW): die Luftmenge, die in 1 Minute maximal ventiliert werden kann. Der Normalwert beträgt bei Männern 120 l/min, bei Frauen 110 l/min.
Compliance: Maß für die Dehnbarkeit des Lungengewebes (elastischer Widerstand).
Compliance: Sie gilt als Maß für die Dehnbarkeit des Lungengewebes (elastischer Widerstand) und ist definiert als diejenige transpleurale Druckdifferenz, die nötig ist, um die Lungen auf das Volumen von 1 l zu dehnen. Die Compliance ist z.B. erhöht beim Lungenödem, Pneumonie und Atelektasen, erniedrigt beim Lungenemphysem.
26.2.3 Störungen der Lungenfunktion Ventilationsstörungen
26.2.3
π
π
Störungen der Lungenfunktion
Ventilationsstörungen
Obstruktive Ventilationsstörungen: Sie entstehen durch einen erhöhten Atemwegswiderstand bei Verengung der oberen oder Veränderungen der peripheren Luftwege.
π
Obstruktive Ventilationsstörungen. Sie entstehen durch einen erhöhten Atemwegswiderstand, entweder bei Verengung der oberen Luftwege (z.B. durch Tumoren oder Fremdkörper) oder bei Veränderungen der peripheren Luftwege (z.B. beim Emphysem, Asthma bronchiale, akuter und chronischer Bronchitis, Bronchiektasen).
Restriktive Ventilationsstörungen: Sie entstehen durch Reduktion des ventilierten und perfundierten Lungenparenchyms sowie einer verminderten Compliance der Lunge.
π
Restriktive Ventilationsstörungen: Sie entstehen durch Reduktion des ventilierten und perfundierten Lungenparenchyms (z.B. Pleuraschwarten, Pleuraergüsse) sowie einer verminderten Ausdehnungsfähigkeit der Lunge (verminderte Compliance) bei Lungenfibrosen oder Thoraxdeformitäten (Kyphoskoliose, Trichterbrust, Morbus Bechterew). Auch nach Lungenresektionen oder bei Linksherzinsuffizienz mit Lungenstauung und Lungenödem können restriktive Ventilationsstörungen auftreten.
Diffusionsstörungen
Diffusionsstörungen
Diffusionsstörungen entstehen durch eine Permeabilitätsänderung der alveolo-kapillaren Membranen mit daraus resultierender Verminderung des Gasaustausches.
Diffusionsstörungen entstehen durch eine Permeabilitätsänderung der alveolo-kapillaren Membranen (diffuse Lungenfibrosen, interstitielles Lungenödem) und daraus resultierender Verminderung des Gasaustausches zwischen den Alveolen und den Lungenkapillaren.
Ventilations-Perfusions-Störungen
Ventilations-Perfusions-Störungen
Sie sind bedingt durch intra- und extrapulmonale arteriovenöse Shunts.
Sie sind bedingt durch intra- und extrapulmonale arteriovenöse Shunts (Zirkulationsstörungen). Sie treten auch auf, wenn unterschiedlich belüftete Lungenbezirke nebeneinander existieren, beispielsweise bei Tumoren mit poststenotischer Atelektase (Ventilationsstörungen).
π Hypoxämie: Sauerstoffmangel im Blut (erniedrigtes PaO2 ). Die Folge ist eine Hypoxie, d.h. ein Sauerstoffmangel in den Körpergeweben.
π
π Hyperkapnie: Erhöhung des CO2 -Partialdrucks im arteriellen Blut (erhöhtes PaCO2 ).
π Hyperkapnie: Erhöhung des CO2-Partialdruckes im arteriellen Blut (erhöhtes PaCO2). Ursache ist z.B. eine alveoläre Hypoventilation mit verminderter Abatmung des CO2. Das Gegenteil der Hyperkapnie ist die Hypokapnie, d.h. eine Erniedrigung des CO2-Partialdruckes im arteriellen Blut, z.B. bei Hyperventilation.
π Partialinsuffizienz: Folge einer Verteilungsstörung aufgrund eines Nebeneinanders von hypo- und hyperventilierten Lungenabschnitten und
π
Hypoxämie: Sauerstoffmangel im Blut (erniedrigtes PaO2), z.B. bei Verlegung der Atemwege durch Fremdkörper oder Tumoren. Die Folge ist eine Hypoxie, d.h. ein Sauerstoffmangel in den Körpergeweben.
Partialinsuffizienz: Folge einer Verteilungsstörung aufgrund eines Nebeneinanders von hypo- und hyperventilierten Lungenabschnitten und somit einer Änderung des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses. Die gut belüfteten Lungenareale eliminieren durch eine kompensatorische Hyperventila-
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1009
26.2.5 Risikoabschätzung vor lungenresezierenden Eingriffen tion CO2 aus dem Blut, d.h. die Hyperkapnie der hypoventilierten Abschnitte wird durch die Hypokapnie der hyperventilierten Abschnitte kompensiert. Die Hypoxämie der schlecht ventilierten Abschnitte jedoch kann durch die hyperventilierten Areale nicht vollständig kompensiert werden, sodass es insgesamt zu einem Abfall des PaO2 kommt.
somit einer Änderung des VentilationsPerfusions-Verhältnisses. Insgesamt resultiert ein Abfall des PaO2 .
π Globalinsuffizienz: Sie entsteht durch eine generelle alveoläre Hypoventilation mit daraus resultierendem PaCO2-Anstieg (Hyperkapnie) und einem PaO2-Abfall (Hypoxämie). Eine akute respiratorische Insuffizienz ist gekennzeichnet durch einen Abfall des PaO2 auf Werte < 60 mmHg und einen Anstieg des PaCO2 auf Werte > 50 mmHg (Beatmungspflicht).
π Globalinsuffizienz: Sie entsteht durch eine generelle alveoläre Hypoventilation mit daraus resultierendem PaCO2 -Anstieg (Hyperkapnie) und einem PaO 2 -Abfall (Hypoxämie).
26.2.4
Störungen des Säure-Basen-Haushaltes (s.a. Kap. A-6.1.2)
26.2.4 Störungen des Säure-BasenHaushaltes (s. a. Kap. A-6.1.2).
Die pulmonale Regulation an der Beeinflussung des Säure-Basen-Haushaltes ist durch die Reaktion — CO2 + H2O = H2CO3 = H+HCO3 gekennzeichnet. — Ein verstärkter Wasserstoffionenanfall wird durch HCO3 sofort neutralisiert. Die hieraus entstehende Kohlensäure dissoziiert in H2O und CO2, das über die Lunge abgeatmet wird.
Die pulmonale Regulation an der Beeinflussung des Säure-Basen-Haushaltes ist durch die Reaktion CO2 + H2 O = H2 CO 3 = H+ HCO—3 gekennzeichnet.
Respiratorische Azidose
Respiratorische Azidose
n Definition. Azidose bedeutet Zunahme der Wasserstoffionenkonzentration mit einem Abfall des arteriellen Blut-pH-Wertes auf < 7,36.
Definition
Ätiologie. Die pulmonale Ursache (respiratorische Azidose) liegt in einer Abnahme der pulmonalen Ausscheidung von CO2 mit daraus resultierendem Anstieg des PaCO2 bzw. der H2CO3-Konzentration. Ursache für respiratorische Azidosen sind sämtliche Vorgänge, die die Lungenfunktion im Sinne einer Hypoventilation stören (diffuse pulmonale oder bronchiale Erkrankungen, Asthma bronchiale, mechanische Einschränkungen der Atmung, Obstruktion der Luftwege, restriktive Veränderungen u.a.).
Ätiologie. Ursachen sind hypoventilatorische Störungen der Lungenfunktion, wie z. B.: π pulmonale und bronchiale Erkrankungen π Asthma bronchiale π mechanische Einschränkungen π Obstruktion π Restriktion.
Respiratorische Alkalose
Respiratorische Alkalose
n Definition. Alkalose bedeutet Abnahme der Wasserstoffionenkonzentration mit Anstieg des arteriellen Blut-pH-Wertes auf > 7,44.
Ätiologie. Die pulmonale Ursache der Alkalose (respiratorische Alkalose) liegt in einer verstärkten pulmonalen CO2-Abgabe bei Hyperventilation. Durch die gesteigerte Abgabe des CO2 kommt es zu einem Abfall des PaCO2 bzw. der H2CO3-Konzentration und damit zu einem Anstieg des pH-Wertes > 7,44. Die häufigsten Ursachen sind Hyperventilation bei Angst, emotionalen Reaktionen oder psychischen Spannungen. 26.2.5
Risikoabschätzung vor lungenresezierenden Eingriffen
Jeder lungenresezierende Eingriff bewirkt durch den Verlust von Lungenparenchym eine postoperativ zu erwartende Funktionseinschränkung. Bei älteren Menschen oder vorbestehender Lungenerkrankung kann die Funktionsreserve überschritten werden. Darüber hinaus können postoperativ auftretende Pneumonien sowie Schmerzen im Bereich der Thorakotomienarben (Postthorakotomiesyndrom, Interkostalneuralgie) weitere Probleme
Definition
Ätiologie. Die häufigsten Ursachen sind: π Hyperventilation bei Angst π bei emotionalen Reaktionen π bei psychischen Spannungen.
26.2.5 Risikoabschätzung vor lungenresezierenden Eingriffen Vor jedem lungenresezierenden Eingriff müssen wegen der postoperativ zu erwartenden Einschränkungen mehrere Lungenfunktionsuntersuchungen durchgeführt werden, um das Operationsrisiko abzuschätzen.
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1010 Als Basisdiagnostik sollte eine Blutgasanalyse sowie eine Spirometrie mit Bestimmung der Vitalkapazität und der FEV 1 durchgeführt werden.
Zur Erkennung und Vorbeugung möglicher pulmonaler Komplikationen nach lungenresezierenden Eingriffen hat sich in der klinischen Routine die Lungenfunktionseinschätzung nach folgendem Schema bewährt ( 1 B-26.7).
26 Thoraxchirurgie ergeben, da sowohl durch die Pneumonie als auch bei Schmerzen und reduzierter Atemarbeit die Gasaustauschfläche reduziert ist. Aus diesem Grunde müssen vor jedem thoraxchirurgischen Eingriff Lungenfunktionsuntersuchungen durchgeführt werden, um das Operationsrisiko abzuschätzen. Als Basisdiagnostik sollte bei jedem Patienten eine Blutgasanalyse sowie eine Spirometrie mit Bestimmung der Vitalkapazität und der FEV1 durchgeführt werden. Zur Erkennung und Vorbeugung möglicher pulmonaler Komplikationen nach lungenresezierenden Eingriffen hat sich in der klinischen Routine die Lungenfunktionseinschätzung nach folgendem Schema bewährt ( 1 B-26.7).
1 B-26.7
Synopsis Flussschema zur funktionellen Operabilität
FEV1 geplante Operation Pneumonektomie
> 2,5
< 2,5
Lobektomie
> 1,75
< 1,75
Segmentresektion
> 1,5
< 1,5
operabel
Perfusionsscan
prognostischer FEV1 nach Resektion
Pneumonektomie
> 1,5
1,0 – 1.5 (< 70 Jahre)
< 1,0 < 1,5 (> 70 Jahre)
Lobektomie Segmentresektion
> 1,2
0,8 – 1,2
< 0,8
operabel
»high risk«
inoperabel
Bewertung der funktionellen Operabilität in Beziehung zum Einsekunden-Atemstoß. Die Perfusionsszintigraphie ermöglicht die postoperative FEV1 zu prognostizieren, also den Atemstoßwert, der nach der Resektion des betroffenen Lungenabschnittes resultiert. Berechnung der postoperativen Lungenfunktion: 100-A–k « B FEV 1 postoperativ = FEV1 präoperativ « (l/s) 100 N FEV 1 postoperativ: für die frühe postoperative Phase errechneter Atemstoß n n FEV 1 präoperativ: präoperativ gemessener Atemstoß N N A: n Perfusion des Resektates in Prozent der Gesamtlunge N B: n N k: n
Perfusion des Rests der zu operierenden Seite in Prozent der Gesamtlunge 0,37 (Konstante für die postoperative Phase nach Loddenkemper et al. 1983).
Die präoperative FEV 1 wird spirometrisch bestimmt, A und B lungenszintigraphisch.
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1011
26.3.1 Bildgebende Verfahren
26.3
Untersuchungsmethoden
26.3
26.3.1
Bildgebende Verfahren
26.3.1 Bildgebende Verfahren
Thoraxübersichtsaufnahmen ermöglichen die primäre Diagnostik eines unklaren thorakalen Befundes und dessen Lokalisation. Sie sollten grundsätzlich in 2 Ebenen (a.p. = anterior-posterior und seitlich) durchgeführt werden, da Befunde, die sich hinter dem Herzschatten verbergen und in der a.p.-Ebene nicht sichtbar sind, nur in der seitlichen Aufnahme erkannt werden können. n Merke. Röntgenaufnahmen des Thorax müssen immer in 2 Ebenen a.p. und seitlich angefertigt werden.
Die Computertomographie ermöglicht neben der genauen Lokalisation und Ausdehnung intrapulmonaler Prozesse auch eine Beurteilung der Strukturen des Mediastinums (Lymphknoten, Tumorinfiltration usw.). Bei der konventionellen Tomographie werden Röntgenröhre und Film derart gegenläufig bewegt, dass nur die im Drehpunkt liegende, zum Film paral-
1 B-26.8
Untersuchungsmethoden
Thoraxübersichtsaufnahmen ermöglichen die primäre Diagnostik eines unklaren thorakalen Befundes und dessen Lokalisation.
Merke
Die Computertomographie ermöglicht neben der genauen Lokalisation und Ausdehnung intrapulmonaler Prozesse auch eine Beurteilung der Strukturen des Mediastinums.
Bronchographie und Lungenszintigraphie
a Bronchogramm des rechten Lungenunterlappens mit sackförmigen Bronchiektasen.
b Lungenszintigraphie mit vollständigem Perfusionsausfall der rechten Lunge.
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1012 Die konventionelle Tomographie ist heute nur noch selten, z.B. zur Abklärung unklarer hilärer oder mediastinaler Strukturen, indiziert. Die Bronchographie, d.h. die röntgenologische Darstellung des Bronchialsystems, ist nur noch selten, z.B. bei Verdacht auf Bronchiektasen, indiziert ( 1 B-26.8 a). Die Pulmonalisangiographie ist eine Röntgenkontrastdarstellung der Pulmonalarterien. Sie dient der Beurteilung einer Tumorinfiltration zentraler Gefäße vor thoraxchirurgischen Operationen (selten angewandt). Die Lungenszintigraphie ermöglicht die Darstellung der Lungendurchblutung mithilfe von intravenös injizierten, radioaktiv markierten Eiweißteilchen. Sie ist vor lungenresezierenden Eingriffen zur Beurteilung der postoperativen Lungenrestfunktion indiziert ( 1 B-26.8 b).
26 Thoraxchirurgie lele Schicht scharf abgebildet wird, wohingegen die darunter und darüber liegenden Schichten verwischt werden. Diese Untersuchung ist heute nur noch relativ selten, z.B. zur Abklärung unklarer hilärer oder mediastinaler Strukturen, indiziert. Eine Bronchographie, d.h. die röntgenologische Darstellung des Bronchialsystems unter Instillation eines leicht resorbierbaren jodhaltigen Kontrastmittels in die zu untersuchenden Bronchien, wird ebenfalls nur noch selten, z.B. bei Verdacht auf Bronchiektasen ( 1 B-26.8 a), durchgeführt. Die Pulmonalisangiographie ist eine Röntgenkontrastdarstellung der Pulmonalarterien. Das Kontrastmittel wird mit einem z. B. über die V. pulmonalis ins Herz eingeführten Katheter appliziert. Die Methode dient vor allem der Beurteilung zentraler, beispielsweise tumorbedingter Stenosen oder Embolien oder sollte nur in ausgewählten Fällen in der präoperativen Diagnostik thoraxchirurgischer Operationen angewandt werden. Die Lungenszintigraphie ermöglicht die Darstellung der Lungendurchblutung mittels Aufzeichnung der Verteilung des aus dem rechten Ventrikel in die Pulmonalarterie strömenden Blutes. Es handelt sich hierbei um ein nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren, bei dem möglichst kurzlebige, radioaktiv markierte Eiweißteilchen (z. B. 131J-Albumin-Partikel), welche die Lungenkapillaren nicht passieren können, injiziert werden. Die zweidimensionale Darstellung erfolgt im Sinne eines Szintigramms ( 1 B-26.8 b). Die Perfusionsszintigraphie der Lunge ist das am häufigsten präoperativ verwandte Verfahren zur Evaluierung der postoperativ zu erwartenden Lungenrestfunktion (gemessen an der FEV1).
Endoskopische Verfahren
26.3.2 Endoskopische Verfahren
26.3.2
Bronchoskopie
Bronchoskopie
Die Bronchoskopie, d.h. die direkte Betrachtung des Bronchialsystems durch optische Systeme, ist das wichtigste Untersuchungsverfahren in der Thoraxchirurgie. Die starre Bronchoskopie wird mit geraden Metallrohren in Allgemeinnarkose, die Fiberbronchoskopie mit flexiblen Geräten, üblicherweise in Lokalanästhesie, durchgeführt. Hierbei können je nach Dicke der Geräte Bronchien III.-V. Ordnung erreicht werden ( 1 B-26.9).
Das wichtigste endoskopische Untersuchungsverfahren in der Thoraxchirurgie ist die Bronchoskopie, d.h. die direkte Betrachtung des Bronchialsystems durch optische Systeme. Während diese Untersuchung früher nur mit Hilfe von geraden Metallrohren und meistens in Allgemeinnarkose durchgeführt wurde (»starre Bronchoskopie«), ist es seit der Einführung dünner flexibler Geräte in den 70er Jahren möglich geworden, auch in Lokalanästhesie über einen transnasalen oder transoralen Zugang weiter peripher gelegene Bronchien in Lokalanästhesie zu inspizieren (»Fiberbronchoskopie« 1 B-26.9). Je nach Dicke des Gerätes können hierbei Bronchien III.-V. Ordnung erreicht werden. Makroskopisch verdächtige Befunde lassen sich mit Hilfe einer Biopsiezange für die histologische oder einer Bürstenentnahme für die zytologische Untersuchung abklären. Die flexiblen Biopsiezangen bzw. Bürsten werden durch den
1 B-26.9
Fiberbronchoskop mit Monitor und Lichtquelle
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1013
26.3.2 Endoskopische Verfahren Arbeitskanal des Bronchoskops vorgeschoben, sodass unter endoskopischer Sicht die Proben entnommen werden können. Weiter peripher gelegene Tumoren lassen sich durch eine Bronchoskopie unter Röntgendurchleuchtung erreichen. Hierbei wird die Biopsiezange oder die Bürste so weit in Richtung des Tumors vorgeschoben, bis sich die Spitze unter Durchleuchtung in 2 Ebenen auf den Tumor projiziert ( 1 B-26.10). Mittlerweile wurden ultradünne Bronchoskope entwickelt, die durch den Arbeitskanal der flexiblen Bronchoskope bis weit in die Peripherie vorgeschoben werden können. Dieser Methode kommt jedoch noch eine begrenzte Bedeutung zu, da die ultradünnen Geräte über keinen Arbeitskanal verfügen.
1 B-26.10
Weiter peripher gelegene Tumoren lassen sich durch die Bronchoskopie unter Röntgendurchleuchtung erreichen ( 1 B-26.10).
Bronchoskopie unter Durchleuchtung Transbronchiale Lungenbiopsie unter Durchleuchtung in der Seitaufnahme. Das Bronchoskop steht vor dem Subsegmentbronchus, die Biopsiezange wird unter Durchleuchtung bis zu dem Tumor vorgeschoben und die korrekte Lage der Zange im Tumor in 2 Ebenen kontrolliert.
Indikation. Die Bronchoskopie mit einem flexiblen Gerät stellt heute die Standardmethode in der Diagnostik zentraler Lungenprozesse dar. Dennoch hat auch die starre Bronchoskopie noch ihren Stellenwert. Sie ist vor allem indiziert bei: π pädiatrischen Bronchoskopien π Fremdkörperaspirationen π größeren endobronchialen Blutungen π Biopsien stark vaskularisierter Tumoren π Abtragungen von Granulomen und Tumoren der Trachea und der Hauptbronchien π und ggf. bei der endoskopischen Behandlung inoperabler, zentraler Bronchialtumoren mittels Laser. Komplikationen. Verletzung des Tracheobronchialsystems sowie Auftreten endobronchialer Blutungen, insbesondere nach Entnahme einer Gewebsprobe (Probeexzision PE).
Indikation. Die Bronchoskopie mit einem flexiblen Gerät stellt heute die Standardmethode in der Diagnostik zentraler Lungenprozesse dar. Die starre Bronchoskopie ist indiziert bei: π pädiatrischen Bronchoskopien π Fremdkörperaspirationen π endobronchialen Blutungen π Biopsien stark vaskularisierter Tumoren π Abtragung von Granulomen oder Tumoren der Trachea und der Hauptbronchien π ggf. bei der endoskopischen Behandlung inoperabler, zentraler Bronchialtumoren mittels Laser. Komplikationen. Verletzungen des Tracheobronchialsystems und Blutungen nach Gewebsprobenentnahmen.
Thorakoskopie
Thorakoskopie
Die Thorakoskopie dient der direkten Betrachtung der Thoraxhöhle. Die Untersuchung wird in Vollnarkose oder in Lokalanästhesie durchgeführt. Nach Setzen eines Pneumothorax wird über einen kleinen Hautschnitt eine starre Optik in die Thoraxhöhle vorgeschoben ( 1 B-26.11).
Die Thorakoskopie dient der direkten Betrachtung der Thoraxhöhle. Sie wird mit einer starren Optik durchgeführt ( 1 B-26.11).
Indikationen. Indikationen für die diagnostische Thorakoskopie sind
Indikationen. Indikationen für die diagnostische Thorakoskopie sind unklare pleurale Veränderungen, rezidivierende Pleuraergüsse und periphere Lungentumoren. Gelegentlich erfolgt eine Inspektion der Thoraxhöhle nach vorausgegangenen Lungenoperationen.
unklare pleurale Veränderungen, rezidivierende Pleuraergüsse und periphere Lungentumoren. In seltenen Fällen kann es notwendig sein, nach einer vorangegangenen Lungenresektion eine Inspektion der Thoraxhöhle vorzunehmen, z.B. wegen eines Hämatothorax oder einer größeren bronchopleuralen Fistel.
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1014 In den letzten Jahren ist aus der primär diagnostischen Thorakoskopie ein therapeutisch operatives Verfahren geworden (VATS). Man unterscheidet:
1. die operative Video-Thorakoskopie, bei der das Operationsfeld nur über den Monitor einsehbar ist. 2. die videoassistierte Thorakotomie, bei der zusätzlich zu den Trokarinzisionen eine Mini-Thorakotomie angelegt wird.
Indikationen für therapeutische thorakoskopische Operationen sind u.a. Zystenresektionen bzw. parietale Pleurektomien bei Spontanpneumothorax, Keilresektionen bei peripheren Rundherden, Lungenbiopsien bei unklaren Lungengerüsterkrankungen, Pleuratumorresektionen sowie Perikardfensterungen bei rezidivierenden Perikardergüssen.
26 Thoraxchirurgie Durch eine rasante technische Weiterentwicklung, insbesondere im Bereich der Videotechnik sowie endoskopisch einsetzbarer Instrumente, ist in den letzten Jahren aus der ursprünglich primär diagnostischen Thorakoskopie in zunehmendem Maße ein therapeutisch operatives Verfahren geworden, welches im anglo-amerikanischen Sprachraum als Video-Assisted Thoracic Surgery (VATS) bezeichnet wird. Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Verfahren: 1. Die sogenannte operative Video-Thorakoskopie, bei der sämtliche Instrumente über Trokare in die Thoraxhöhle eingebracht werden. Konventionelle chirurgische Instrumente werden nicht eingesetzt, das Operationsfeld ist nur über den Monitor einsehbar. 2. Die sogenannte videoassistierte Thorakotomie, bei der zusätzlich zu den Trokarinzisionen eine Mini-Thorakotomie angelegt wird, welche zunächst der Präparatebergung dient, zusätzlich aber auch einen wesentlichen Sicherheitsfaktor bei der Präparation an den zentralen Lungengefäßen darstellt. Außerdem eröffnet sie in Kombination mit einem Rippensperrer einen direkten Blick auf das Op-Feld und ermöglicht dem Operateur, einen Finger zur Palpation der Lunge in die Thoraxhöhle einzuführen. Die Palette der Indikationen für therapeutische thorakoskopische Operationen hat sich in den letzten Jahren erheblich erweitert: Zystenresektionen bzw. parietale Pleurektomien beim Spontanpneumothorax, Keilresektionen bei peripheren Rundherden, Lungenbiopsien bei unklaren Lungengerüsterkrankungen, Resektionen von Pleuratumoren, Perikardfensterungen bei rezidivierenden Perikardergüssen. Seltenere Indikationen sind Sympathektomien bei Hyperhydrosis, Resektion von Ösophagusdivertikeln oder Myotomien bei Achalasie. Selbst Lobektomien werden heute in einigen Zentren videoassistiert durchgeführt. Bei onkologischen Eingriffen wird diese Vorgehensweise jedoch kontrovers diskutiert.
1 B-26.11
Komplikationen. Komplikationen der Thorakoskopie sind Verletzungen der Lunge, der Interkostalgefäße mit Hämatothorax, Verletzungen des Mediastinums und des Herzens.
Thorakoskopie mit starrer Optik
Komplikationen. Mögliche Komplikationen der Thorakoskopie sind Verletzungen der Lunge, Verletzungen von Interkostalgefäßen mit anschließendem Hämatothorax, Verletzungen des Mediastinums und des Herzens. Bei lege artis durchgeführten Untersuchungen liegt die Komplikationsrate bei < 3 %.
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26.3.2 Endoskopische Verfahren
Mediastinoskopie
Mediastinoskopie
Die Mediastinoskopie ermöglicht eine direkte Betrachtung des paratrachealen, subkarinalen und beidseits tracheobronchialen Mediastinums.
Die Mediastinoskopie ermöglicht eine direkte Betrachtung des paratrachealen und tracheobronchialen Mediastinums. Indikationen π Klärung der Operabilität bei malignen Bronchialtumoren mit röntgenologischem Verdacht auf mediastinale Lymphknotenmetastasen (Staging) π Diagnosesicherung bei Verdacht auf Systemerkrankungen mit Befall des Mediastinums (z.B. maligne Lymphome, Sarkoidose etc.).
Indikationen
Klärung der Operabilität bei malignen Bronchialtumoren mit röntgenologischem Verdacht auf mediastinale Lymphknotenmetastasen (Staging). π Diagnosesicherung bei Verdacht auf Systemerkrankungen mit Befall des Mediastinums (z.B. maligne Lymphome, Sarkoidose usw.). Beim Vorliegen einer oberen Einflussstauung, einer großen Struma, bei vorangegangenen Mediastinoskopien oder Bestrahlungen sollte die Indikation aufgrund der Verletzungsgefahr sehr eng gestellt werden. π
Kontraindikationen. Eine Kontraindikation zur Mediastinoskopie sind akut entzündliche Mediastinal- oder Lungenprozesse (Keimverschleppung).
Durchführung. Bei der kollaren Mediastinoskopie wird in Vollnarkose ein querer Hautschnitt 2 cm oberhalb des Jugulums angelegt. Anschließend wird die Fascia praetrachealis freipräpariert, eröffnet und stumpf die Tracheavorderwand mit dem Finger freipräpariert. Nach Eingehen mit dem Mediastinoskop erfolgt die weitere stumpfe Präparation mit dem Stieltupfer. Der auf diese Weise evaluierbare Raum liegt prä- und paratracheal sowie bis zu den beiden Hauptbronchien. Die vordere oder anteriore Mediastinoskopie erlaubt die diagnostische Exploration des vorderen Mediastinums, das mit der kollaren Mediastinoskopie nicht zugänglich ist. Die Untersuchung erfolgt durch eine horizontal verlaufende Inzision, die seitlich des Brustbeins in Höhe des 2. oder 3. Rippenknorpels angelegt wird. Der knorpelige Anteil der entsprechenden Rippe wird reseziert, die A. und V. thoracica interna werden aufgesucht, unterbunden und durchtrennt. Anschließend wird die parietale Pleura nach lateral abgeschoben, sodass das vordere Mediastinum extrapleural eröffnet werden kann.
Kontraindikationen. Eine Kontraindikation zur Mediastinoskopie sind akut entzündliche Mediastinal- oder Lungenprozesse (Keimverschleppung). Durchführung. Die kollare Mediastinoskopie erlaubt die Exploration des prä- und paratrachealen Raumes bis zu den beiden Hauptbronchien.
Die vordere oder anteriore Mediastinoskopie erlaubt die diagnostische Exploration des vorderen Mediastinums, das mit der kollaren Mediastinoskopie nicht zugänglich ist.
Komplikationen. Verletzung der Trachea oder der Hauptbronchien, Gefäß-
verletzungen (Aortenbogen, Truncus brachiocephalicus rechts, A. carotis links, daher immer in Sternotomie- oder Thorakotomiebereitschaft mediastinoskopieren!), Rekurrensparese und Pneumothorax. Bei atypischer Verlagerung des Ösophagus können auch Ösophagusperforationen auftreten.
Komplikationen. Sie können auftreten in Form von Verletzungen der Trachea, der Hauptbronchien, der Gefäße (daher immer Sternotomie- oder Thorakotomiebereitschaft), einer Rekurrensparese, einem Pneumothorax oder einer Ösophagusperforation.
Lungenbiopsie
Lungenbiopsie
Die Entnahme einer Lungenbiopsie kann zur Abklärung unklarer interstitieller pulmonaler Prozesse erforderlich sein. Sie erfolgt entweder: π transbronchial im Rahmen einer Bronchoskopie unter Durchleuchtung (s. S. 1012) π perkutan mit Hilfe einer Stanze, meist unter CT-Kontrolle π chirurgisch im Rahmen einer Thorakoskopie (therapeutische Thorakoskopie, s. S. 1013) oder π als invasivste Maßnahme im Rahmen einer offenen Thorakotomie mit Entnahme einer größeren Lungengewebsprobe für die histologische Untersuchung.
Die Lungenbiopsie kann zur Abklärung unklarer interstitieller pulmonaler Prozesse erforderlich sein. Sie erfolgt entweder π transbronchial im Rahmen einer Bronchoskopie (s. S. 1012) π perkutan mit Hilfe einer Stanze, meistens unter CT-Kontrolle π chirurgisch im Rahmen einer Thorakoskopie (s. S. 1013) oder π als invasive Maßnahme im Rahmen einer offenen Thorakotomie mit Entnahme einer größeren Lungengewebsprobe für die histologische Untersuchung.
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26 Thoraxchirurgie
26.4
Thoraxwand und Pleura
26.4.1 Angeborene Thoraxdeformitäten
26.4.1
Angeborene Thoraxdeformitäten
Trichterbrust
Trichterbrust
26.4
Thoraxwand und Pleura
Synonym: Pectus excavatum n Definition. Die Trichterbrust ist die häufigste Missbildung der Thoraxwand ( 1 B-26.12). Das Sternum sowie der angrenzende Rippenknorpel sind in der Frontalund Sagittalebene muldenförmig eingezogen.
Definition
Ätiologie. Ursache ist eine kongenitale Wandschwäche der sternokostalen Rippenabschnitte bei Störung des Mukopolysaccharidstoffwechsels. Symptome. Die leichteren Formen haben kosmetische Bedeutung, die schweren können zu einer Verkleinerung des Thoraxvolumens mit Verdrängung und Torquierung des Herzens führen. Diagnose. Meistens fällt die Fehlbildung erst im 2. Lebensjahr auf. Die Diagnose ist durch Inspektion und seitliches Röntgenbild einfach zu stellen ( 1 B-26.13).
1 B-26.12
Ätiologie. Ursache ist eine kongenitale Wandschwäche der sternokostalen Rippenabschnitte bei Störung des Mukopolysaccharidstoffwechsels.
Symptome. Während die leichteren Formen überwiegend kosmetische
Bedeutung haben, jedoch psychische Belastungen für die Kinder verursachen, führen die schwereren Formen zu einer erheblichen Verkleinerung des Thoraxvolumens mit Verdrängung bzw. Torquierung des Herzens und der großen Gefäße nach links.
Diagnose. Die Fehlbildung fällt meist erst im 2. Lebensjahr auf. Die Diag-
nose ist durch Inspektion und ein seitliches Röntgenbild einfach zu stellen ( 1 B-26.13).
Trichterbrust (Pectus excavatum)
Therapie. Die Indikation zur Operation ist bei den schweren Formen immer gegeben. Der günstigste Zeitpunkt für Operationen liegt zwischen dem 5. und 9. und dem 13. und 14. Lebensjahr. Die bekanntesten Operationsverfahren sind die Methoden nach Rehbein und Ravitch.
1 B-26.13
Trichterbrust im seitlichen Röntgen-Thoraxbild
Therapie. Die Indikation zur Operation ist bei den schweren Formen immer
gegeben, zumal diese Veränderungen progressiv sind. Leichtere Formen stellen wegen der psychischen Belastung eine Operationsindikation dar. Die Operation sollte nicht vor einer gewissen Stabilisierung des Brustkorbes und nicht vor einer einsetzenden starken Wachstumsphase durchgeführt werden. Somit liegen die günstigsten Korrekturzeitpunkte zwischen dem 5. und 9. sowie dem 13. und 14. Lebensjahr. Die bekanntesten Operationsmethoden sind die von Rehbein und Ravitch entwickelten Verfahren. Während bei der Rehbein-Technik die vordere Brustwand nach Durchtrennung und Keilresektion der Rippen mit schmalen Metallschienen stabilisiert wird, verzichtet Ravitch bei seinem Verfahren auf
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26.4.1 Angeborene Thoraxdeformitäten diese Schienung. Hier werden die parasternalen an der Deformität beteiligten Abschnitte der 3.-7. Rippe vom Perichondrium befreit und reseziert, das Sternum osteotomiert, schrittweise vom Mediastinum angehoben und in dieser Position mit einem aus der Rippe gebildeten Keil aufgerichtet und fixiert. Weitere Verfahren sind: Operation nach Brunner (Keilexzision der Rippen und Sternotomie), nach Jung (gestielte Umkehrplastik) und die Sternumaugmentation mit Omentum majus.
Hühnerbrust
Weitere Operationsverfahren sind die Methoden von Brunner, Jung bzw. die Sternumaugmentation mit Omentum majus. Hühnerbrust
Synonym: Kielbrust, Pectus carinatum n Definition. Bei der Hühnerbrust springt das Brustbein in seinem vorderen Anteil oft asymmetrisch kielartig vor ( 1 B-26.14). Der Sagittaldurchmesser des Thorax ist vergrößert.
1 B-26.14
Definition
Hühnerbrust (Kielbrust, Pectus carinatum)
Ätiologie. Ursache hierfür kann z.B. die heute nur noch sehr seltene Rachitis
Ätiologie. Rachitis. Jungen sind häufiger betroffen.
Therapie. Eine Operationsindikation besteht nur aus kosmetischen Gründen (z.B. Methode nach Ravitch mit Resektion des Rippenknorpels).
Therapie. Eine Operationsindikation besteht nur aus kosmetischen Gründen.
Seltene Deformitäten
Seltene Deformitäten
Sternumspalte/Rippenaplasie
Sternumspalte/Rippenaplasie
sein. Die Deformität ist deutlich seltener als die Trichterbrust und findet sich bei Jungen häufiger als bei Mädchen.
n Definition. Die Sternumspalte ist eine Hemmungsmissbildung durch Ausbleiben der embryonalen Verschmelzung der rechten und linken Sternalleiste. Häufig liegen weitere Missbildungen wie Omphalozelen vor. Bei einer Rippenaplasie ist die Ausbildung der Rippen unvollständig.
Symptome. Sternumspalten und Rippenaplasien bedingen eine Instabilität der Thoraxwand mit paradoxer Atmung und Dyspnoe.
Definition
Symptome. Beide Deformitäten bedingen eine Instabilität der Thoraxwand mit paradoxer Atmung und Dyspnoe.
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26 Thoraxchirurgie
Therapie. Operative Vereinigung der Sternumhälften. Bei einseitiger Rippenaplasie können Rippen von der intakten Brusthälfte subperiostal entnommen und in den Defekt zwischen Pleura und Haut eingepflanzt werden.
Therapie. Die Therapie besteht in der operativen Vereinigung der Sternum-
Brustwandbruch/Halsrippe
Brustwandbruch/Halsrippe
Brustwandbrüche kommen als Pneumatozelen oder Lungenhernien vor. Eine Halsrippe kann durch Kompression der A. subclavia ein Thoracicoutlet-Syndrom verursachen (s. Kap. B-24.1.5).
Brustwandbrüche kommen im Bereich kongenitaler oder erworbener Brustwanddefekte als Pneumatozele oder Lungenhernie vor. Bei Bindegewebsschwäche können sie im Bereich der Pleurakuppe supraklavikulär auftreten. Eine Halsrippe kann durch Kompression der A. subclavia typische Beschwerden im Sinne eines Thoracic-outlet-Syndroms hervorrufen (s. Kap. B-24.1.5).
26.4.2
26.4.2
Pleuraerguss
Definition
Ätiologie. Das Gleichgewicht zwischen Resorption und Sekretion in der Pleura ist gestört. Abflussbehinderung, Dysproteinämie oder Permeabilitätsstörungen sind mögliche Ursachen des Pleuraergusses Pleuraergüsse werden nach Eiweißgehalt und spezifischem Gewicht unterschieden in: π Transsudate: Eiweißgehalt < 3 g/100 ml, spezif. Gewicht < 1015, v.a. infolge Stauung sowie Dys- und Hypoproteinämie. π Exsudate: Eiweißgehalt > 3 g/100 ml, spezif. Gewicht > 1015, meist entzündlich oder neoplastisch bedingt.
hälften. Liegt die Rippenaplasie einseitig vor, so können Rippen von der intakten Brustkorbhälfte subperiostal entnommen und in den Defekt zwischen Pleura und Haut eingepflanzt werden. Das Periost der entnommenen Rippe entwickelt bald ein Rippenregenerat.
Pleuraerguss
n Definition. Eine vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Pleuraspalt wird als Pleuraerguss bezeichnet.
Ätiologie. Das Gleichgewicht zwischen Resorption und Sekretion in der
Pleura wird durch die ausgeprägt vorhandenen Lymphgefäße, das Kapillarnetz und die dünne Serosa der beiden Pleurablätter aufrechterhalten. Abflussbehinderungen des Gefäßsystems, der Lymphbahnen, ein zu geringer onkotischer Druck durch Dysproteinämie oder eine erhöhte Permeabilität der Serosa sind mögliche Ursachen eines Pleuraergusses. Je nach Eiweißgehalt und spezifischem Gewicht des Ergusses unterscheidet man ein Transsudat von einem Exsudat: π Transsudate mit einem Eiweißgehalt < 3 g/100 ml und einem spezifischen Gewicht von < 1015, welches stauungsbedingt ist (z.B. bei Herzinsuffizienz) oder infolge Dys- und Hypoproteinämie auftritt. π Exsudate: mit einem Eiweißgehalt > 3 g/100 ml und einem spezifischen Gewicht > 1015, welches meist entzündlich (z.B. bei Pneumonie) oder neoplastisch (z.B. Pleurakarzinose) bedingt ist. Pleuraergüsse können sowohl durch entzündliche intrathorakale (z.B. bei Pneumonie) als auch durch Begleitreaktionen bei subphrenischen (extrathorakalen) Prozessen entstehen (z.B. bei Pankreatitis).
Symptome. Sie reichen von Schmerzen bis zu Dyspnoe und Atemnot.
Symptome. Die Symptome eines Ergusses sind abhängig von dessen Ausprägung, d.h. ihrer Raumforderung im Thorax und ihrem Druck auf den rechten Vorhof. Sie reichen von geringen Schmerzen bei einer Begleitpleuritis bis zur Dyspnoe und Atemnot bei Verdrängung der Lunge durch große Flüssigkeitsmengen.
Diagnose. Pleuraergüsse können radiologisch im Stehen ab 400 ml und in Seitenlage ab 100 ml diagnostiziert werden ( 1 B-26.15)
Diagnose. Perkutorisch findet sich eine Klopfschalldämpfung, auskultatorisch ein abgeschwächtes Atemgeräusch. Das Röntgenbild des Thorax p.-a. zeigt eine an der lateralen Thoraxwand ansteigende Verschattung ab 400 ml Erguss ( 1 B-26.15). Geringere Mengen (ab 100 ml Flüssigkeit) lassen sich in der seitlichen Liegeaufnahme erkennen. Sonographisch kann ebenfalls ein Pleuraerguss diagnostiziert und damit die optimale Punktionsstelle markiert werden. Das gewonnene Punktat muss in jedem Fall bakteriologisch untersucht werden. Je nach Anamnese bzw. Verdachtsdiagnose sollte das gewonnene Punktat auf Eiweißgehalt, Leukozytenzahl, Lipase und Amylase, LDH, Bakterien (auch Mycobacterium tuberculosis), Pilze und maligne Zellen untersucht werden. Bei einem überwiegend Lymphozyten enthaltenden Erguss kommt differenzialdiagnostisch neben der Tuberkulose eine Pilzinfektion in Betracht. Finden sich im Pleurapunktat maligne Zellen, ist dies ein Hinweis auf eine Pleurakarzinose, d.h. auf ein fortgeschrittenes Tumorwachstum.
Sonographisch kann ein Erguss früher gesehen werden. Eine Markierung der Punktionshöhe ist ebenfalls möglich. Immer muss eine Untersuchung des Punktates erfolgen (mikrobiologisch, zytologisch, biochemisch).
Der zytologische Nachweis maligner Zellen weist auf eine Pleurakarzinose hin.
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1019
26.4.2 Pleuraerguss
1 B-26.15
Pleuraerguss Röntgen-Übersichtsaufnahme eines 55-jährigen Mannes mit einem linksseitigen postpneumonischen Pleuraerguss, erkennbar an dem geraden horizontal verlaufenden Spiegel. Prinzipiell stellt sich röntgenologisch jede Flüssigkeit (Blut, Eiter, seröser Erguss) in gleicher Weise dar.
n
Merke. Grundsätzlich ist jeder Pleuraerguss abklärungsbedürftig.
Therapie. Bei größerer Ergussmenge und entsprechender Symptomatik
(Dyspnoe, Atemnot) muss eine sofortige Entlastungspunktion durchgeführt werden. Ist ein Nachlaufen des Ergusses zu erwarten oder handelt es sich um einen Begleiterguss im Rahmen längerdauernder Erkrankungen (z.B. bei akuter Pankreatitis mit septischem Verlauf), sollte eine Thoraxdränage gelegt werden. Selbstverständlich muss die Ursache des Pleuraergusses mit behandelt werden. Bei malignen Pleuraergüssen ist eine Pleurodese indiziert. Hierbei werden die Pleurablätter durch eine induzierte Entzündungsreaktion miteinander verklebt.
Durchführung von Pleurapunktion, Dränage, Pleurodese Auch vor jeder Punktion oder Dränage ist der Patient über die Behandlung und mögliche Komplikationen (Blutung, Infektion, Pneumothorax, Verletzung von Nerven und Gefäßen) aufzuklären. Voraussetzung sind strenge Asepsis und eine Assistenz. Der Patient sitzt leicht nach vorn gebeugt (eine Hilfsperson stützt den Patienten nach vorne). Die Punktionsstelle wird nach sonographischer Diagnostik (bzw. perkutorisch) festgelegt. Pleurapunktion: Zuerst wird die Ergusshöhe und damit die Punktionsstelle perkutorisch oder sonographisch festgelegt. In der Regel ist das der 7. oder 8. Interkostalraum (ICR) beim sitzenden Patienten. Die Punktion erfolgt in der hinteren Axillarlinie. Nach Setzen der Lokalanästhesie (nach allergischen Reaktionen fragen!) im entsprechenden ICR wird am Oberrand der Rippe (Gefäße und Nerven liegen am Unterrand!) in den Pleuraraum eingegangen. Bei diagnostischen und therapeutischen Punktionen haben sich 3-WegeRotanda-Spritzen bewährt, mit denen der Erguss luftdicht abgesaugt werden kann. Um einen Pneumothorax zu vermeiden, kann die Punktion mit einer Verres-Nadel durchgeführt werden.
π
Bülau-Dränage: Sie wird beim liegenden, evtl. seitlich gelagerten Patienten gelegt ( 1 B-26.16). Der Punktionsort ist abhängig von der Ursache der Beschwerden. Beim Hämatothorax oder Pleuraerguss sollte die Dränage im 4. ICR in der hinteren Axillarlinie nach dorsal gelegt werden. Beim Pneumothorax kann sie von ventral im 2. ICR in der Medioklavikularlinie (Cave: Subklaviagefäße, A. mammaria) angelegt werden. Nach lokaler Anästhesie der Haut, des subkutanen Gewebes und der Interkostalmuskulatur wird der Trokar nach Hautinzision mit dem Dränageschlauch zunächst subkutan parallel zum Thorax über mindestens eine ICR-Breite nach kranial geschoben, damit ein luftdichter Tunnel entsteht. π
Merke Therapie. Die Indikation zur sofortigen therapeutischen Punktion ergibt sich aus der Symptomatik (Dyspnoe, Ateminsuffizienz). Zur Dauerableitung sollten bei längerdauernden Verläufen Dränagen gelegt werden. Maligne Pleuraergüsse werden durch eine Pleurodese behandelt.
Durchführung von Pleurapunktion, Dränage, Pleurodese Vor Punktionen und vor dem Einlegen von Dränagen sind die Patienten aufzuklären. Eine Pleurapunktion muss unter aseptischen Kautelen mit Hilfe einer Assistenz durchgeführt werden.
Pleurapunktion: Normalerweise im 7. oder 8. ICR je nach Höhe der Perkussionsgrenze in der hinteren Axillarlinie. Die Punktion des Pleuraraumes wird in LA über den Oberrand der Rippe durchgeführt.
π
Bülau-Dränage: Sie wird beim liegenden, evtl. seitlich gelagerten Patienten gelegt ( 1 B-26.16). Bei Flüssigkeit im Pleuraraum ist der Punktionsort der 4. ICR in der hinteren Axillarlinie, bei Pneumothorax der 2. ICR in der Medioklavikularlinie.
π
Die Dränage muss über mindestens eine ICR-Breite subkutan nach kranial über den Oberrand der Rippe geschoben werden, damit ein luftdichter Tunnel entsteht.
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26 Thoraxchirurgie Nach Erreichen des zu punktierenden ICRs muss die Spitze fast senkrecht auf die Thoraxwand zeigen und der Trokar wird durch die Interkostalmuskulatur geführt. Nach Durchtritt durch die Interkostalmuskulatur und die parietale Pleura wird die Dränage in die gewünschte Richtung vorgeschoben und in dieser Position mittels Hautnaht fixiert.
1 B-26.16
Synopsis Anlegen einer Thoraxdränage
Arbeitsschritte beim Legen einer Thoraxdränage:
a Nach Setzen einer Lokalanästhesie und Anlage eines Hautschnittes Vorschieben der Thoraxdränage zunächst senkrecht zur Thoraxwand.
b Nach Erreichen der Rippen Abwinkeln der Dränage um 90 Ω und subkutanes Vorschieben der Dränage parallel zur Thoraxwand.
c Nach Erreichen des nächsthöheren Interkostalraumes Durchstoßen der Interkostalmuskulatur.
d Nach Durchstoßen der Thoraxwand Vorschieben der Dränage in die Thoraxhöhle.
e Drei liegende Thoraxdränagen bei einem thorakotomierten Patienten.
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26.4.3 Pleuraempyem
1021
Der Dränageschlauch wird entweder mit einem Wasserschloss verbunden (Erguss) oder es wird mit einem Sog von –20 cm H2O (Pneumothorax) gesaugt. Das Dränagesystem muss luftdicht sein, damit sich kein Pneumothorax entwickelt.
Der Dränageschlauch wird mit einem Wasserschloss verbunden (Erguss) oder es wird mit einem Sog von –20 cm H2 O (Pneumothorax) gesaugt.
n Merke. Häufige Ursache insuffizienter Dränagen sind undichte Verbindungsstücke des Schlauchsystems.
Merke
n Merke. Je visköser und eiweißreicher der Pleuraerguss ist (Hämatothorax, Pleuraempyem), desto größer sollte der Durchmesser des Dränageschlauches sein, damit es nicht durch Fibrinausfällung zur Okklusion kommt.
Merke
Pleurodese: Das Pleurodesemittel (z.B. Tetracyclin) wird in einem Lokalanästhetikum gelöst, um eine lokale Anästhesie der Pleurablätter zu erreichen. Dieses Gemisch wird durch die liegende Dränage nach Entleerung der Pleurahöhle instilliert. Dann wird die Dränage für 1 Stunde abgeklemmt und der Patient alle 15 Minuten um 90Ω gedreht, damit die Pleuraoberflächen gleichmäßig benetzt werden. Die Dränage kann dann geöffnet werden. Je nach weiterer Ergussproduktion (> 100 ml/24 h) kann die Behandlung nach 24 Stunden wiederholt werden. Nach jeder Punktion, Dränage oder Pleurodese wird ein Röntgen-Thoraxbild angefertigt, um Fehllagen oder die Reduktion des Ergusses zu kontrollieren. Inkorrekt liegende oder ungenügend dränierende Dränagen sind häufige Ursachen für Verklebungen (Kammerung) und damit für spätere Komplikationen. π
Komplikationen. Typische Komplikationen bei Thoraxdränagen sind Infek-
tionen, Verletzung der Interkostalgefäße mit stärkerer Blutung oder Verletzung der Interkostalnerven. Weiterhin kann es zu Fehlpunktionen und Fehllagen der Dränagen kommen: π subkutane Lage bei adipösen Patienten ohne Dränagewirkung π intrapulmonale Lage mit Fistelung der Saugung oder Blutung π intraabdominelle Lage mit Verletzung von Leber, Milz oder Zwerchfell π mediastinale Fehllage mit Verletzung des Herzens oder der großen Gefäße.
26.4.3
Pleuraempyem
Pleurodese: Zunächst erfolgt die Dränage der Pleurahöhle und dann die Instillation des Pleurodesemittels durch die Dränage. Um die gesamte Pleurafläche zu benetzen, sollte der Patient auf alle Seiten gedreht werden.
π
Nach Punktionen, Dränagen und Pleurodesen ist ein Röntgenbild zur Lageund Befundkontrolle durchzuführen.
Komplikationen. Infektion, Verletzung von Nerven und Gefäßen, Fehlpunktionen und Fehllagen sind die häufigsten Komplikationen.
26.4.3
Pleuraempyem
Synonym: Pyothorax n Definition. Beim Pleuraempyem handelt es sich um eine Eiteransammlung in der Pleurahöhle.
Ätiologie. Die häufigsten Ursachen sind fortgeleitete entzündliche Prozesse
des Thorax (z.B. Pneumonie, Bronchiektasen, Mediastinitis oder Lungenabszesse). Auch bei intraabdominellen bakteriellen Entzündungen, z.B. subphrenischen oder subhepatischen Abszessen, kann es zu Pleuraempyemen kommen. Postoperativ können Pleuraempyeme als Wundinfektion nach Eingriffen an der Lunge oder am Mediastinum (Lungenteilresektion, Ösophagusresektion) auftreten. Posttraumatisch sind Pleuraempyeme selten. Durchbricht ein Pleuraabszess die Thoraxwand, spricht man von einem Empyema necessitatis (Empyema perforans).
Pathogenese. Die Ausbildung des Pleuraempyems kann entweder bei intra-
thorakalen Entzündungen per continuitatem oder durch hämatogene Streuung z.B. bei intraabdominellen Prozessen erfolgen. Bei traumatisch bedingten Pleuraempyemen ist die direkte Kontamination der Thorax-
Definition
Ätiologie. Ursachen eines Pleuraempyems sind in erster Linie entzündliche Prozesse des Thorax (z. B. Pneumonie, Bronchiektasen). Postoperativ können Pleuraempyeme durch direkte Keiminvasion auftreten. Posttraumatisch sind Pleuraempyeme selten.
Pathogenese. Die Keiminvasion kann per continuitatem (z.B. Pneumonie), hämatogen (Sepsis) oder durch direkte Kontamination (z.B. bei offenen Thoraxverletzungen) erfolgen.
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1022 Die Entwicklung des Empyems verläuft in 3 Phasen: π exsudative Phase π fibrinös-purulente Phase π Phase der Verschwielung/Vernarbung
26 Thoraxchirurgie wunde ursächlich. Bei der Entwicklung des Empyems unterscheidet man 3 Phasen: π die exsudative Phase π die fibrinös-purulente Phase π sowie die Phase der Verschwielung/Vernarbung.
Symptome. Dyspnose, Leukozytose, hohes Fieber und schweres Krankheitsgefühl sind typische Symptome.
Symptome. Typische Zeichen sind Dyspnoe mit atemabhängigen Schmer-
Diagnose. Eine Verschattung im Röntgenbild, die Klinik und die mikrobiologische Untersuchung des Punktats sichern die Diagnose.
Diagnose. Radiologisch findet sich eine Verschattung. Das Röntgenbild, die
Therapie. Mit einer großlumigen SpülSaugdränage sowie antibiotischer Behandlung nach Antibiogramm lassen sich fast alle Pleuraempyeme ausreichend behandeln.
zen, Leukozytose, hohes Fieber und schweres Krankheitsgefühl. Abgekapselte Prozesse können symptomarm sein.
Klinik und die mikrobiologische Untersuchung des Punktats sichern die Diagnose.
Therapie. Antibiotische Behandlung nach Resistenzbestimmung und Drä-
nage des Pleuraempyems sind obligat. Wie beim Hämatothorax sollte eine großlumige (24 Ch) Dränage gelegt werden, um eine Okklusion durch Fibrinausfällung zu verhindern. Doppelläufige Spül-Saugdränagen sind durch Verdünnung des Eiters effektiver. Die kausale Ursache (z.B. Bronchusfistel) muss ebenfalls behandelt werden.
Komplikationen. Akute Komplikationen sind Sepsis oder die Ausbildung einer bronchopulmonalen Fistel.
Komplikationen. Akute Komplikationen des Pleuraempyems sind Sepsis
Spätfolgen können die Bildung von Schwarten oder Empyemresthöhlen sein.
Spätfolgen. Infolge später oder insuffizienter Entleerung (Dränage!) eines Empyems können sich Schwarten oder bei ungenügender Ausdehnung der Lunge Empyemresthöhlen entwickeln. Bei Auftreten dieser Spätfolgen ist die operative Sanierung indiziert. Sie erfolgt als: π thorakoskopische Dränage und Spülung (Eröffnung der Kammern unter Sicht) π Thorakotomie mit Entleerung der Empyemhöhle und ggf. Dekortikation. Hierbei werden die Verwachsungen zwischen Pleura und Schwarte gelöst ( 1 B-26.17). Wichtig ist eine sorgfältige Präparation, da bei Verletzung der Lunge Fisteln resultieren, die erneut einen Infekt unterhalten können. Die Operationsletalität liegt zwischen 3–10 %.
In diesen Fällen ist die operative Sanierung indiziert, d.h. die thorakoskopische Dränageneinlage oder die Thorakotomie mit Entleerung der Empyemhöhle und ggf. Dekortikation ( 1 B-26.17).
oder Ausbildung einer bronchopulmonalen Fistel durch Arrosion eines Bronchus.
1 B-26.17
Pleuraempyem Operationssitus einer rechtsseitigen Dekortikation bei perforiertem Lungenabszess im anterobasalen Unterlappensegment. Die Schwarte ist mit den beiden Klemmen gefasst und bereits teilweise von der Lunge abgezogen. Der perforierte Abszess ist auf der linken Seite zu sehen (49jährige Patientin).
26.4.4 Tumoren der Thoraxwand und der Pleura
26.4.4
Benigne Tumoren der Thoraxwand
Benigne Tumoren der Thoraxwand
Die benignen Tumoren der Thoraxwand gehen entweder von den Weichteilen oder vom Thoraxskelett aus. Am häufigsten sind:
Die benignen Tumoren der Thoraxwand gehen entweder von den Weichteilen oder vom Thoraxskelett aus. Bei den ersteren sind die Lipome am häufigsten, die multipel vorkommen und sich nicht nur im subkutanen Fettge-
Tumoren der Thoraxwand und der Pleura
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1023
26.4.4 Tumoren der Thoraxwand und der Pleura webe, sondern auch subfaszial und intermuskulär finden können. Darüber hinaus gibt es Fibrome, Hämangiome, Lymphangiome, Neurinome und Atherome. Vom Thoraxskelett gehen Chondrome, Osteome und Osteochondrome aus. Sie wölben sich oft nach außen vor und verursachen durch Druck auf Nerven Schmerzen.
Lipome, Fibrome, Hämangiome, Lymphangiome, Neurinome, Atherome. Chondrome, Osteome und Osteochondrome.
Therapie. Die Therapie sämtlicher benigner Tumoren besteht in der Operation, d.h. bei möglichst radikaler Geschwulstentfernung. Bei Chondromen und Osteomen sollte immer eine Resektion der entsprechenden Rippenanteile durchgeführt werden, da eine Rezidivneigung besteht.
Therapie. die Therapie besteht in der radikalen Entfernung, bei Chondromen und Osteomen mit Resektion der entsprechenden Rippenanteile (Rezidivneigung!)
Maligne Tumoren der Thoraxwand
Maligne Tumoren der Thoraxwand
Analog zu den benignen Tumoren gehen auch die malignen Tumoren der Thoraxwand von den Weichteilen (Lipo-, Myo- und Fibrosarkome, maligne Melanome) oder dem Thoraxskelett (Chondrosarkome, osteogene Sarkome, Plasmozytom, Ewingsarkom) aus.
Analog zu den benignen Tumoren gehen auch die malignen Tumoren von den Weichteilen (Lipo-, Myo-, Fibrosarkome, maligne Melanome) oder dem Thoraxskelett (Chondrosarkome, osteogene Sarkome, Plasmozytom, Ewingsarkom) aus. Diagnose. Die Diagnose wird durch die klinische und röntgenologische Untersuchung, ggf. durch Punktionszytologie oder Probeexzision gesichert. Therapie. Die Therapie besteht in der radikalen Exstirpation, bei Inoperabilität in Bestrahlung und/oder Chemotherapie.
Diagnose. Die Diagnose wird durch die klinische und röntgenologische Untersuchung (Thorax in 2 Ebenen, Computertomographie) sowie gelegentlich durch eine Punktionszytologie oder Probeexzision gesichert. Therapie. Die Therapie besteht immer in der radikalen Exstirpation und ggf. Deckung der Defekte in der Brustwand durch plastische Eingriffe. Bei Inoperabilität sollte eine Bestrahlung und/oder Chemotherapie erfolgen.
Pleuratumoren
Pleuratumoren
Man unterscheidet zwischen den primären und den sekundären (metastatischen) Pleuratumoren. Die primären Geschwülste der Pleura sind selten. Die größte Bedeutung hat das Pleuramesotheliom ( 1 B-26.18), das von den Deckzellen (Mesothelzellen), der Pleura visceralis und parietalis ausgeht. Die Geschwülste können lokalisiert (rundlich, breitbasig oder gestielt) oder diffus (flächenhaft, meist vom phrenikokostalen Winkel ausgehend) wachsen. Neben den sehr seltenen gutartigen Mesotheliomen gibt es die häufigeren bösartigen Pleuramesotheliome mit einer schlechten Prognose.
Man unterscheidet zwischen den primären und den sekundären (metastatischen) Pleuratumoren. Die wichtigste primäre Geschwulst der Pleura ist das Pleuramesotheliom ( 1 B-26.18). Es geht von den Deckzellen (Mesothelzellen) der Pleura visceralis und parietalis aus. Gutartige Mesotheliome sind sehr selten, die häufigeren bösartigen Pleuramesotheliome haben eine schlechte Prognose.
1 B-26.18
Pleuramesotheliom Thorakoskopisches Bild eines malignen Pleuramesothelioms. Erkennbar ist das polypöse Tumorwachstum (Á) (55-jähriger Patient, langjährige Asbestose in der Anamnese).
Ätiologie. Es gilt heute als gesichert, dass eine, meistens beruflich bedingte,
Ätiologie. Die Asbestexposition gilt als die Hauptursache für das Pleuramesotheliom. Dies kann wichtig für die Anerkennung als Berufserkrankung sein.
Symptome.
Symptome. Pleuramesotheliome machen anfangs häufig keine
Asbestexposition die Hauptursache für das Pleuramesotheliom darstellt. Dies kann im Hinblick auf die Anerkennung als Berufserkrankung von entscheidender Bedeutung sein.
Pleuramesotheliome machen anfangs häufig keinerlei Beschwerden. Bei den diffusen Formen kommt es jedoch später zu Thorax-
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1024
26 Thoraxchirurgie
Beschwerden, später kommt es zu Thoraxschmerzen und Dyspnoe aufgrund eines meist exzessiven Pleuraergusses.
schmerzen und Dyspnoe aufgrund eines meistens exzessiven Pleuraergusses.
Diagnose. Röntgenologisch zeigt sich eine pleurale Wandverdickung ( 1 B-26.19).
Diagnose. In der Röntgen-Thoraxübersichtaufnahme in 2 Ebenen zeigt sich
eine starke, pleurale Wandverdickung ( 1 B-26.19). Mittels Computertomographie kann das Ausmaß der Tumorausbreitung exakt beurteilt werden. Gesichert wird die Diagnose durch die Zytologie des Pleuraexsudates oder durch eine thorakoskopische Gewebeentnahme.
1 B-26.19
Pleuramesotheliom Röntgen-Übersichtsaufnahme bei malignem Pleuramesotheliom. Zu sehen ist die deutliche linksseitige pleurale Wandverdickung ( Á).
π
π π π
Histologie: Histologisch werden die Pleuramesotheliome in 3 Typen unterteilt: epithelial (ca. 70 %) biphasisch (ca. 20 %) fibrös (ca. 10–20 %).
Therapie. Umschriebene Tumoren lassen sich durch eine partielle Pleurektomie entfernen. Diffuse Formen können manchmal durch eine PleuroPneumonektomie entfernt werden. Bei Inoperabilität wird die Ergussbildung u.U. durch eine Pleurodese symptomatisch behandelt.
Prognose. Die Prognose des Pleuramesothelioms ist immer als schlecht zu bezeichnen (mediane Überlebenszeit 9 Monate).
26.5
π
π π π
Histologie: Die malignen Pleuramesotheliome werden histologisch folgendermaßen eingeteilt: epithelial (tubulo-papillär, karzinomatös) (Häufigkeit ca. 70 %) biphasisch (karzino-sarkomatös) (Häufigkeit ca. 20 %) fibrös (mesenchymal, fibro-sarkomatös) (Häufigkeit ca. 10–20 %).
Therapie. Die lokalisierten oder umschriebenen Tumoren lassen sich häufig
durch eine partielle Pleurektomie entfernen. Bei den diffusen Formen ist, wenn die Ausdehnung des Befundes und der Zustand des Patienten es erlauben, die Indikation zur Pleuro-Pneumonektomie zu stellen. Hierbei wird der gesamte Pleurasack ohne Eröffnung der Pleurahöhle entfernt. Da eine Ablösung der parietalen Pleura von den lateralen Anteilen des Herzbeutels und vom Centrum tendineum des Zwerchfells technisch nicht möglich ist, werden die Anteile von Perikard und Diaphragma mitreseziert (P3D: Pleurektomie, Pneumonektomie, Perikardektomie, Diaphragmaresektion). Ist eine operative Therapie nicht möglich, so lässt sich die rezidivierende Ergussbildung u.U. durch eine Pleurodese symptomatisch behandeln.
Prognose. Die Prognose des Pleuramesothelioms ist immer als schlecht zu bezeichnen. Nach größeren Sammelstatistiken wird der Median der Überlebenszeit bei 9 Monaten angesetzt. Die Tumorprogression kann sehr unterschiedlich sein, sodass Verläufe von 2–5 Jahren möglich sind.
26.5
Mediastinum
26.5.1
Entzündungen
Mediastinum
26.5.1 Entzündungen
Akute Mediastinitis
Akute Mediastinitis Definition
n Definition. Es handelt sich um einen akuten entzündlichen Prozess des Mediastinums, dessen Ausbreitung durch das lockere, fettreiche Bindegewebe und das ausgeprägte Lymphsystem des Mediastinums begünstigt wird.
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26.5.2 Tumoren
Ätiologie. Die akute Mediastinitis entsteht am häufigsten direkt durch Per-
Ätiologie. Die akute Mediastinitis entsteht direkt durch Perforation der Trachea oder des Ösophagus, durch Nahtinsuffizienz an Ösophagusanastomosen oder fortgeleitet durch entzündliche Prozesse aus der Nachbarschaft, sehr selten auch lymphogen oder hämatogen.
Symptome. Meistens finden sich eine erhebliche Beeinträchtigung des All-
Symptome. Meistens finden sich eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, Fieber, Schüttelfrost, Tachykardie, trockener Zunge, Singultus, Schmerzen hinter dem Brustbein und ggf. ein Hautemphysem. Diagnose. Die Röntgen-Thoraxübersicht in 2 Ebenen zeigt ein verbreitertes Mediastinum sowie ein Pneumomediastinum. Bei Verdacht auf Ösophagusperforation sollte ein wasserlösliches Kontrastmittel gegeben oder eine Ösophago- oder Bronchoskopie durchgeführt werden. Therapie. Die operative Entlastung und Dränage im Sinne einer Mediastinotomie sollte unverzüglich erfolgen. Bei Perforation des Ösophagus oder des Tracheobronchialsystems ist die operative oder endoskopische Versorgung indiziert. Zusätzlich erfolgt eine hochdosierte Antibiotikagabe und intensivmedizinische Überwachung.
foration der Trachea oder des Ösophagus durch einen Tumor oder ein Ulkus, während einer Endoskopie, durch Fremdkörperingestion, durch stumpfes Trauma (Boerhaave-Syndrom, s. a. Kap. B-1.7) oder durch Nahtinsuffizienz an Ösophagusanastomosen. Darüber hinaus können auch fortgeleitete entzündlich-eitrige Prozesse aus der Nachbarschaft (Pleuraempyem, Lungenabszess) oder lymphogene und hämatogene Fortleitung bei Masern, Pleuritis, Pneumonie oder Scharlach (sehr selten) ursächlich sein.
gemeinbefindens, Fieber, Schüttelfrost, Tachykardie, trockene Zunge, Singultus, Schmerzen hinter dem Brustbein und ggf. auch ein Hautemphysem am Hals und im Gesicht.
Diagnose. Bei einer Röntgen-Thoraxübersichtsaufnahme in 2 Ebenen zeigt sich ein verbreitertes Mediastinum sowie ein Pneumomediastinum. Bei Verdacht auf Ösophagusperforation oder Nahtinsuffizienz können eine Röntgen-Kontrastmittelgabe (nur wasserlöslich!) oder eine Ösophagoskopie die Diagnose sichern. Bei Verdacht auf eine Trachea- oder Bronchusruptur muss eine Bronchoskopie erfolgen. Therapie. Die operative Entlastung und Dränage erfolgt je nach Lokalisation
des Herdes als kollare, abdominale oder transpleurale Mediastinotomie. Bei Perforation des Ösophagus oder des Tracheobronchialsystems wird entweder eine operative Versorgung (Thorakotomie, primäre Übernähung, transpleurale Dränage) oder eine endoskopische Versorgung mittels eines die Perforation überbrückenden Tubus durchgeführt. Zusätzlich erfolgt eine hochdosierte Antibiotikagabe und intensivmedizinische Überwachung. Bei ausgeprägten Befunden ist die Letalität der Mediastinitis auch heute noch hoch.
Chronische Mediastinitis
Chronische Mediastinitis
Ätiologie. Die chronische Mediastinitis tritt am häufigsten als Folge einer Tuberkulose, einer Lues oder einer Aktinomykose auf. Zusätzlich können aber auch eingedrungene Fremdkörper (z.B. Granatsplitter) noch nach vielen Jahren eine chronische Mediastinitis hervorrufen.
Ätiologie. Am häufigsten ist sie Folge einer Tuberkulose, einer Lues oder einer Aktinomykose. Zusätzlich kann sie auch durch eingedrungene Fremdkörper entstehen.
Symptome. Hauptsächlich treten retrosternale Schmerzen und ggf. auch eine Kompression von Trachea, Ösophagus oder großen Gefäßen auf.
Symptome. Hauptsächlich treten retrosternale Schmerzen auf.
Diagnose. Die Diagnose lässt sich oft durch eine Röntgen-Thoraxaufnahme sowie eine Computertomographie sichern.
Therapie. Sie richtet sich nach der Ursache (Fremdkörperentfernung, Tuberkulostatika, Antibiotika usw.). 26.5.2
Tumoren
Diagnose. Die Diagnose lässt sich oft durch eine Röntgen-Thoraxaufnahme sowie eine Computertomographie sichern. Therapie. Sie richtet sich nach der Ursache.
26.5.2 Tumoren
Unter dem Begriff Mediastinaltumor wird eine Vielzahl von Geschwülsten zusammengefasst, die im Mediastinum lokalisiert sind und aus den verschiedenen Organen, Lymphknoten und Nerven entstehen. Zusätzlich findet im Mediastinum die embryonale Differenzierung der Organanlagen für den oberen Verdauungstrakt, das Herz und die Respirationsorgane statt, sodass bei embryonalen Fehlbildungen Tumoren sich hier manifestieren können. Entsprechend dem geweblichen Ursprung der Tumoren gibt es bevorzugte Lokalisationen.
Unter dem Begriff Mediastinaltumor wird eine Vielzahl von Geschwülsten zusammengefasst, die im Mediastinum lokalisiert sind und aus den verschiedenen Organen, Lymphknoten und Nerven entstehen. Entsprechend dem geweblichen Ursprung gibt es bevorzugte Lokalisationen.
Lokalisation. Mediastinaltumoren können sowohl gut- als auch bösartig
Lokalisation. Mediastinaltumoren können gut- und bösartig sein. Die häufigsten Tumoren mit den bevorzugten Lokalisationen zeigt 2 B-26.2.
sein. Die häufigsten Tumoren mit den bevorzugten Lokalisationen sind 2 B-26.2 zu entnehmen.
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26 Thoraxchirurgie
2 B-26.2
Mediastinaltumoren und ihre bevorzugte Lokalisation
N Mediastinum superius n
Struma retrosternalis, Struma endothoracica, Nebenschilddrüsenadenome, Thymome, Lymphome, Hämangiome, Sarkome, Dermoidzysten, Teratome (Kinder)
N Mediastinum anterius n
Lipome Zwerfellhernien (rechts Morgagni, links Larrey)
N Mediastinum medium n
Hilustumoren, hiläre Lymphknotenmetastasen, maligne Lymphome, Sarkoidose, bronchogene Zysten, Perikardzyste
N Mediastinum posterius n
Neurinome, Neurofibrome, Ganglioneurome, Ösophagustumoren und Divertikel, Lymphome, Teratome, epiphrenales Zwerchfelldivertikel, Fibrosarkome, Xanthome
Symptome. Die Symptome können sehr unterschiedlich sein. Sie sind abhängig von der Lage und der Schnelligkeit des Wachstums. Man findet Heiserkeit, Husten, Dysphagie, Stridor, obere Einflussstauung, Horner-Syndrom, Singultus, Zwerchfellhochstand, Schmerzen, Herzrhythmusstörungen. Manchmal sind sie auch symptomlos.
Symptome. Die Symptome der Mediastinaltumoren können sehr unter-
Diagnose. Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen sind: RöntgenThoraxaufnahme; Computertomographie, ggf. Magnetresonanztomographie. Oft gelingt die Diagnosesicherung erst durch eine Thorakotomie.
Diagnose. Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen sind neben der
Therapie. Die Tumorresektion stellt in den meisten Fällen die einzige Möglichkeit zur kurativen Therapie dar. Eine Ausnahme bilden die malignen Lymphome, die auf Chemotherapie ansprechen.
Therapie. Die Tumorresektion durch eine transthorakale oder transsternale
26.5.3 Thymus
26.5.3
Anatomie. Die Thymusdrüse ist aus zwei Lappen zusammengesetzt. Sie liegt über dem Herzbeutel vor der V. brachiocephalica sinistra und der V. cava superior hinter dem Sternum. Sie wiegt bei der Geburt 12 g, im Alter von 10–15 Jahren 30 g und durchläuft dann eine physiologische Involution, d.h. an die Stelle des lymphatischen Gewebes tritt immer mehr Fettgewebe.
Anatomie. Die Thymusdrüse ist aus zwei ovalen, miteinander verwachse-
Das Thymusgewebe ist epithelialer Herkunft. In der äußeren Rindenzone proliferieren T-Lymphozyten, in der zentralen Markzone befinden sich die immunkompetenten Zellen. Die Thymusdrüse ist für den Chirurgen aus onkologischer Sicht und aus neurologisch-autoimmunologischen Gründen von Bedeutung.
schiedlich sein und sind u. a. von der Lage und der Schnelligkeit des Tumorwachstums abhängig. Im Vordergrund stehen die Auswirkungen durch Kompression und Verdrängung mit daraus resultierender Heiserkeit, Husten, Dysphagie, Stridor, oberer Einflussstauung, Horner-Syndrom, Singultus, Zwerchfellhochstand, Schmerzen oder Herzrhythmusstörungen. Gelegentlich sind Mediastinaltumoren auch symptomlos und werden als Zufallsbefund, z.B. anlässlich einer Röntgen-Thoraxuntersuchung, gefunden.
Röntgen-Thoraxaufnahme in 2 Ebenen die Computertomographie und ggf. die Magnetresonanztomographie. Spezielle Verfahren wie Mediastinoskopie, Bronchoskopie, Ösophagoskopie usw. sind nur in einzelnen Fällen indiziert. Oft gelingt die Diagnosesicherung erst durch eine Thorakotomie.
Mediastinotomie stellt in den meisten Fällen die einzige Möglichkeit zur kurativen Therapie dar. Eine Ausnahme ergibt sich nur für die malignen Lymphome, die in der Regel auf Chemotherapie ansprechen.
Thymus
nen Lappen zusammengesetzt. Sie liegt über dem Herzbeutel vor der V. brachiocephalica sinistra und der V. cava superior, zwischen den beiden Mediastinalblättern der Pleura hinter dem Sternum. Ein normaler Thymus wiegt bei der Geburt etwa 12 g, erreicht sein maximales Gewicht von bis zu 30 g im Alter von 10–15 Jahren und durchläuft danach eine physiologische Involution. Hierbei tritt an die Stelle des lymphatischen Gewebes Fettgewebe, welches etwa ab dem 30. Lebensjahr den überwiegenden Anteil des Thymus beansprucht. Beim Älteren findet man nur noch kleine Inseln immunologisch aktiven Gewebes. Das Gewebe des Thymus ist epithelialer Herkunft und wird sekundär von Lymphozyten besiedelt. Man unterscheidet die äußeren Rindenzonen, in der T-Lymphozyten proliferieren und reifen sowie eine zentrale Markzone, die ausdifferenziert die immunkompetenten Zellen enthält. Die Thymusdrüse ist für den Chirurgen aus onkologischer und aus neurologisch-autoimmunologischen Gründen von Bedeutung.
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26.5.3 Thymus
Thymome n Definition. Eine von der Thymusdrüse ausgehende Geschwulst wird als Thymom bezeichnet. Man unterscheidet zwischen echten Thymomen, d.h. epithelialen Tumoren, die in unterschiedlichem Ausmaß von Lymphozyten besiedelt sind und den nicht epithelialen Thymusvergrößerungen (follikuläre Hyperplasien, maligne Lymphome, Keimzelltumoren oder Karzinoide).
Histologie. Die echten malignen Thymome werden missverständlicherweise als »lymphoepithelial« bezeichnet, obwohl eine Beteiligung lymphatischer Zellen nicht vorliegt. Die feingewebliche Einteilung ist in der Literatur unterschiedlich: polygonal, epitheloid, spindelzellig, klarzellig, sarkomatös, basaloid, mukoepidermoid, anaplastisch, undifferenziert. Als wichtigstes Kriterium für die Bestimmung der Malignität eines Thymoms gilt die Invasivität des Tumors. Nicht invasive Thymome besitzen eine intakte Kapsel, wohingegen invasive (maligne) Thymome die Kapsel infiltrieren bzw. durchbrechen. n Merke. Insgesamt sind etwa 30 % aller Thymusvergrößerungen als maligne anzusehen. Hauptkriterium für die Malignität ist in jedem Fall die Invasivität!
Thymome Definition
Histologie. Die echten malignen Thyome werden missverständlicherweise als »lymphoepithelial« bezeichnet, obwohl eine Beteiligung lymphatischer Zellen nicht vorliegt. Wichtigstes Malignitätskriterium eines Thymoms ist die Invasivität. Nicht invasive Thymome besitzen eine Kapsel, invasive (maligne) Thymome infiltrieren bzw. durchbrechen diese.
Merke
Symptome und Diagnose. Viele Patienten mit einem Thymom sind asymp-
tomatisch. Ihre Thymustumoren werden meist zufällig bei Röntgen-Thoraxaufnahmen entdeckt. Mit Hilfe einer thorakalen Computertomographie, bei der sich normalerweise der Thymus lediglich als zarte, dreieckige Struktur zeigt, lässt sich die Diagnose einer Thymusvergrößerung stellen. Die Tumorbildung kann mit einer Hypogammaglobulinämie einhergehen.
Symptome und Diagnose. Viele Patienten sind asymptomatisch. Ihre Thymustumoren werden zufällig bei einer Röntgen-Thoraxaufnahme entdeckt. Mit Hilfe der CT lässt sich die Thymusvergrößerung feststellen. Es kann eine Hypogammaglobulinämie vorliegen.
Therapie
Therapie
n Merke. Jedes Thymom sowie auch jeder Verdacht auf ein Thymom stellt aufgrund der hohen Malignitätsrate eine Operationsindikation dar.
Merke
Über eine mediane Sternotomie erfolgt die vollständige Entfernung der Thymusdrüse und möglicher versprengter germinativer Zentren im umgebenden Fett- und Bindegewebe. Die Radikalität der Operation ist prognostisch relevant. Daher sollten bei Infiltration des Tumors in benachbarte Strukturen wie die großen Gefäße, Perikard, Lunge etc. die betroffenen Abschnitte mitreseziert werden, ggf. auch unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Bei malignen Thymomen erfolgt tumorstadienabhängig die chirurgische Therapie in Kombination mit der Strahlentherapie und Chemotherapie als neoadjuvantes oder adjuvantes Therapiekonzept.
Über eine mediane Sternotomie erfolgt die vollständige Entfernung der Thymusdrüse. Da die Radikalität der Operation prognostisch relevant ist, sollten bei Infiltration des Tumors die betroffenen Abschnitte mitreseziert werden. Bei malignen Thymomen erfolgt tumorstadienabhängig die chirurgische Therapie in Kombination mit Strahlenund Chemotherapie als neoadjuvantes oder adjuvantes Therapiekonzept.
Myasthenia gravis
Myasthenia gravis
n Definition. Die Myasthenia gravis ist eine erworbene Autoimmunerkrankung mit einem Acetylcholinrezeptordefekt an der motorischen Endplatte. In 80–90 % der Fälle können zirkulierende Acetylcholinrezeptorantikörper nachgewiesen werden, die eine verminderte Antwort auf die von der Nervenendigung freigesetzten Acetylcholinquanten bewirken.
Über die Rolle des Thymus hinsichtlich der Entstehung der Myasthenia gravis gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Nach der Virustheorie z.B. soll eine Thymitis den Autoimmunprozess triggern. Gesicherte Kenntnisse stehen zur Zeit jedoch noch aus.
Definition
Über die Rolle des Thymus hinsichtlich der Entstehung der Erkrankung gibt es unterschiedliche Vorstellungen.
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26 Thoraxchirurgie
Epidemiologie. Die Inzidenz liegt bei 2–5/1 Mill./Jahr, das Verhältnis Frauen : Männer beträgt 3 : 2.
Epidemiologie. Die Inzidenz dieser Erkrankung beträgt 2–5/1 Mill./Jahr,
Symptome. Die ersten Symptome sind eine meist beidseitige Ptosis und Diplopie, Verlust des Gesichtsausdruckes, nach außen gekehrte Lippen, hängender Unterkiefer, nasale Regurgitation von Flüssigkeiten, Verschlucken von Speisen und Sekreten und eine verwaschene nasale und leise Sprache. Abnorme Ermüdbarkeit der Extremitätenmuskeln, ggf. auch Dyspnoe treten auf. Die Thymusdrüse kann normal groß oder gering bis stark vergrößert sein.
Symptome. Die ersten Symptome finden sich meistens an den Augenmus-
Diagnose. Die Diagnose basiert auf der charakteristischen Vorgeschichte, den körperlichen Befunden und auf den Cholinesterasetests. Meistens können Acetylcholinrezeptorenantikörper nachgewiesen werden. Histologisch findet sich typischerweise eine follikuläre Hyperplasie mit lymphozytären Infiltraten. Therapie. Neben der medikamentösen Therapie ist immer die Indikation zur Thymektomie, auch ohne Nachweis eines Thymoms, gegeben ( 1 B-26.20). Die Thymektomie erfolgt über eine mediane Sternotomie oder thorakoskopisch.
Diagnose. Die Diagnose basiert auf der charakteristischen Vorgeschichte,
ihre Prävalenz 13–64/Mill. Das Verhältnis Frauen : Männer beträgt 3 : 2. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, jedoch weist die Inzidenz bei Frauen in der 3. Dekade und bei Männern in der 6. und 7. Lebensdekade einen Gipfel auf.
keln, in der Regel beidseitig mit einer Ptosis und Diplopie. Die Schwäche weiterer von Hirnnerven innervierten Muskeln führt zum Verlust des Gesichtsausdrucks, nach außen gekehrte Lippen, hängendem Unterkiefer, nasaler Regurgitation von Flüssigkeiten, Verschlucken von Speisen und Sekreten und verwaschener, nasaler und leiser Sprache. Darüber hinaus treten abnorme Ermüdbarkeit der Extremitätenmuskeln mit Schwierigkeiten beim Haarekämmen, wiederholtem Heben von Gegenständen, Treppensteigen, Gehen oder Springen auf. Eine Dyspnoe kann schon bei geringer Anstrengung oder sogar in Ruhe auftreten. Die Thymusdrüse kann normal groß oder gering bis stark vergrößert sein (Thymushyperplasie bei ca. 65 %). Ein Thymom findet sich in ca. 15 % der Fälle.
den körperlichen Befunden und den Cholinesterasetests. Untersuchungen auf Acetylcholinrezeptorantikörper sind bei fast allen Patienten mit schwerer Myasthenia gravis positiv. Histologisch findet sich in den resezierten Präparaten typischerweise eine follikuläre Hyperplasie mit lymphozytären Infiltraten.
Therapie. Neben der medikamentösen Therapie (Cholinesterasehemmer,
Prednisongaben, Azathioprin) ist die Indikation zur Thymektomie auch ohne Nachweis eines Thymoms gegeben. Über eine mediane Sternotomie erfolgt die vollständige Entfernung der Thymusdrüse ( 1 B-26.20). Die Letalität der Thymektomie wird in der Literatur zwischen 0 und 4 % angegeben. Die Patienten müssen darüber aufgeklärt werden, dass evtl. eine postoperative Langzeitbeatmung notwendig ist und dass das Auftreten von Rezidiven oder nur eine eingeschränkte Besserung des Krankheitsbildes möglich sind. Die vollständige Entfernung der Thymusdrüse kann heutzutage auch thorakoskopisch erfolgen.
1 B-26.20
Thymektomie Operationspräparat einer vollständig entfernten, leicht vergrößerten Thymusdrüse bei nachgewiesener Myasthenia gravis (24-jährige Patientin).
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26.6.1 Fehlbildungen von Lunge und Bronchien
26.6
Bronchien und Lunge
26.6
Bronchien und Lunge
26.6.1
Fehlbildungen von Lunge und Bronchien
26.6.1
Fehlbildungen von Lunge und Bronchien (s.a. Kap. B-23.1.7)
(s.a. Kap. B-23.1.7)
Agenesie n Definition. Agenesie bedeutet das Fehlen einer Lunge oder eines Lungenlappens und der entsprechenden Bronchusanlage.
Agenesie Definition
Eine Agenesie kann ein- oder doppelseitig vorkommen. Bei einseitiger Agenesie ist eine relativ normale Entwicklung des Kindes möglich, sofern keine anderen Fehlbildungen (Zwerchfellhernie, Bauchwandhernie) vorliegen.
Eine Agenesie kann ein- oder doppelseitig vorkommen.
Aplasie
Aplasie
n Definition. Bei der Aplasie ist nur die Bronchusanlage ohne zugehöriges Lungenparenchym entwickelt.
Definition
Eine Symptomatik besteht meistens durch Schleimretention im rudimentären Bronchusstück (rezidivierende Infekte).
Es können rezidivierende Infekte auftreten.
Hypoplasie
Hypoplasie
n Definition. Bei der Hypoplasie handelt es sich um einen unterschiedlich stark ausgeprägten Parenchymdefekt, der im Bereich der gesamten Lunge auftreten kann.
Definition
Auch hier können sich rezidivierende Infekte aufgrund einer bestehenden Sekretretention entwickeln.
Auch hier sind rezidivierende Infekte bei Schleimretention möglich.
Kongenitales lobäres Emphysem (s.a. Kap. B-23.1.8)
Kongenitales lobäres Emphysem (s. a. Kap. B-23.1.8). Von dem Emphysem des Erwachsenen muss das lobäre Emphysem des Kindes abgegrenzt werden.
Von dem Emphysem des Erwachsenen muss das lobäre (kongenitale) Emphysem des Kindes abgegrenzt werden. Betroffen ist normalerweise nur ein Lungenlappen, in der Regel der Oberlappen der linken Lunge.
Pathogenese. Beim lobären Emphysem des Neugeborenen findet sich histologisch eine Hypoplasie der Bronchialknorpel. Die hierdurch bedingte Instabilität der Bronchialwand führt zu einem Kollaps der Segmentbronchien bei der Inspiration mit daraus resultierender Überblähung der distalen Anteile des Lappens. Durch einen zusätzlichen Schleimverhalt wird die Stenose noch verstärkt, sodass in den distalen Lungenabschnitten eine Retentionspneumonie entsteht.
Pathogenese. Histologisch findet man eine Hypoplasie des Bronchialknorpels. Hierdurch entsteht eine Instabilität der Bronchialwand mit Kollaps bei der Inspiration und daraus resultierender Überblähung der distalen Anteile der Lunge.
Symptome. Das lobäre Emphysem des Neugeborenen macht sich klinisch
Symptome. Häufigste Symptome sind Dyspnoe, Stridor, rezidivierende Atemwegsinfekte und Gedeihstörungen.
Diagnose. Die Röntgenthoraxaufnahme zeigt eine Überblähung des betrof-
Diagnose. Die Röntgenthoraxaufnahme sichert die Diagnose (s.a. 1 B-23.4).
Therapie. Eine Operationsindikation beim lobären Emphysem des Kindes ist
Therapie. Die Resektion des erkrankten Lappens ist praktisch immer erforderlich.
häufig erst durch Dyspnoe und Stridor bemerkbar. Zusätzlich leiden die Kinder unter rezidivierenden Atemwegsinfekten und Gedeihstörungen.
fenen Areals, einen Zwerchfelltiefstand und ggf. eine Mediastinalverschiebung zur gesunden Seite (s.a. 1 B-23.4). meistens gegeben. Die Resektion des kranken Lungenabschnittes in Form einer Lobektomie sollte möglichst bald nach Diagnosestellung erfolgen, da sich der Allgemeinzustand der Kinder durch die rezidivierenden Infekte zunehmend verschlechtert.
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1030 Adenomatoidzystische Lungenfehlbildungen
26 Thoraxchirurgie
Adenomatoidzystische Lungenfehlbildungen n Definition. Fehlen einer ausreichenden Läppchenentwicklung mit voluminöser Überschussbildung der kleinen Bronchien, sodass sowohl solides als auch zystisches Gewebe entsteht.
Definition
Meist einseitiges Auftreten.
Der Befall ist im Allgemeinen einseitig und auf einen Lungenlappen begrenzt.
Symptome. Mögliche Symptome sind Dyspnoe, Tachykardie und Zyanose, asymptomatische Verläufe sind beschrieben.
Symptome. Im Neugeborenenalter stehen Dyspnoe, Tachykardie, Schmerzen und Zyanose im Vordergrund. Sowohl eine Spätmanifestation als auch asymptomatische Verläufe sind beschrieben.
Therapie. Die Resektion des befallenen Lungenabschnittes ist die Therapie
Therapie. Resektion des befallenen Lungenabschnittes.
der Wahl.
Bronchogene Zysten
Bronchogene Zysten n Definition. Fehlbildungen des Bronchialbaumes mit Ausbildung einer kirsch- bis apfelgroßen Zyste, die mit Schleim gefüllt ist.
Definition
Einteilung. Es werden intrapulmonale (70 %) von mediastinalen (30 %) Zysten unterschieden. Symptome. Die Zysten bleiben häufig symptomlos. Große Zysten können ein Atemnotsyndrom verursachen. Eine Superinfektion der Zysten ist möglich.
Einteilung. Man unterscheidet die häufigeren intrapulmonalen Zysten (70 %) von den mediastinalen Zysten (30 %).
Symptome. Im Neugeborenenalter können die Zysten zur Dyspnoe und
Tachypnoe führen. Sehr große Zysten können ein Atemnotsyndrom verursachen. Häufig bleiben die Zysten symptomlos oder werden als Zufallsbefund diagnostiziert. Eine Superinfektion der Zysten ist möglich und äußert sich in Fieber, purulentem Sputum und Schmerzen. Weitere Symptome resultieren aus der Kompression oder Verdrängung benachbarter Organe.
Diagnose. Sie wird durch die Röntgenaufnahme in 2 Ebenen und die CT gestellt. Therapie. Sie besteht in der Zystenresektion.
Diagnose. Die Diagnose wird durch eine Röntgenübersichtsaufnahme in
Lungensequester (s.a. Kap. B-23.1.7)
Lungensequester (s.a. Kap. 23.1.7)
zwei Ebenen und eine Computertomographie des Thorax gestellt.
Therapie. Die Therapie besteht in der Zystenresektion. Je nach Größe und Lage wird diese durch Thorakotomie oder videoassistiert durchgeführt.
n Definition. Beim Lungensequester handelt es sich um eine umschriebene Lungenfehlbildung mit Atelektase bei fehlendem Anschluss an das Bronchialsystem und anormaler arterieller Gefäßversorgung.
Definition
Einteilung. Man unterscheidet die intralobuläre (85 %) von der extralobulären (15 %) Form. π Intralobuläres Lungensequester: Die Missbildung liegt im Lungenparenchym, meistens im posterobasalen Segment des linken Unterlappens. Die Gefäßversorgung erfolgt meist über die Aorta und die untere Lungenvene. π Extralobuläres Lungensequester: Die Missbildung liegt meistens links paravertebral und epidiaphragmal und hat einen eigenen Pleuraüberzug. Die Gefäßversorgung erfolgt über die Aorta und die V. azygos.
Einteilung. Man unterscheidet die häufigere intralobuläre (85 %) von der
extralobulären (15 %) Form. Intralobuläres Lungensequester: Die Missbildung liegt innerhalb des Lungenparenchyms, meistens im posterobasalen Segment des linken Unterlappens. Häufig kommunizieren die Zysten mit einem Ast des Unterlappenbronchus. Hierdurch kann es zu Infektionen mit entsprechender Symptomatik kommen. Der venöse Abfluss erfolgt meistens über die untere Lungenvene, die arterielle Versorgung meist aus der Aorta. π Extralobuläres Lungensequester: Die Missbildung liegt meistens links paravertebral und epidiaphragmal und hat einen eigenen Pleuraüberzug. Es handelt sich um eine schleimgefüllte, von Bronchusepithel ausgekleidete Zyste ohne Anschluss an das Bronchialsystem. Die arterielle Gefäßversorgung erfolgt aus der Aorta, der venöse Abfluss über die V. azygos. Es besteht keine Beziehung zum Pulmonalkreislauf. π
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26.6.1 Fehlbildungen der Lunge
Symptome. Die Patienten fallen häufig mit Husten, Auswurf, aber auch mit
Symptome. Husten, Auswurf und Asthmaanfälle durch rezidivierende Pneumonien, selten Hämoptysen oder rezidivierende Pleuraergüsse.
Diagnose. Auf dem Röntgenbild erkennt man streifige zystische und immer
Diagnose. Diagnostisch stehen Röntgenbild und CT im Vordergrund. Ein Bronchialkarzinom ist durch eine Bronchoskopie auszuschließen.
Therapie. Die Resektion des Lungensequesters ist wegen der erhöhten Infektionsgefahr immer notwendig. Ein intralobuläres Lungensequester sollte durch eine Lobektomie, ein extralobuläres durch eine einfache Exstirpation entfernt werden ( 1 B-26.21).
Therapie. Die Resektion ist wegen der erhöhten Infektionsgefahr immer notwendig ( 1 B-26.21).
Asthmaanfällen durch rezidivierende Pneumonien auf. Selten bestehen auch Hämoptysen oder rezidivierende Pleuraergüsse.
dorsobasal gelegene Verschattungen. Die weitere Abklärung erfolgt über eine CT oder Angiographie. Ein Bronchialkarzinom ist durch eine Bronchoskopie auszuschließen.
1 B-26.21
Lungensequester Operationspräparat eines vollständig entfernten extralobären Lungensequesters. Erkennbar ist der bis zum Hilus reichende eigene Pleuraüberzug.
Klinischer Fall Eine 32-jährige Patientin kommt wegen rezidivierender linksseitiger Pleuraergüsse zur stationären Aufnahme. Nach Anlage einer Thoraxdränage und Ablassen des Pleuraergusses wird eine Computertomographie des Thorax durchgeführt. Hierbei zeigt sich im linken basalen Thorax eine Raumforderung, bei der nicht sicher zu entscheiden ist, ob es sich um einen soliden Tumor oder lediglich um ein organisiertes Hämatom handelt. Die Indikation zur Operation wird gestellt. Nach Eröffnung des Thorax
durch eine anterolaterale Thorakotomie zeigt sich ein etwa kindskopfgroßer, dünnwandiger, prallelastischer, dem Zwerchfell aufsitzender Tumor, der völlig von der Lunge getrennt ist. Der Stiel dieses Tumors ist am Zwerchfell paravertebral gelegen, der Tumor selbst wird von einer kleinen Arterie versorgt. Die Geschwulst wird in toto entfernt. Das aufgeschnittene Tumorpräparat enthält große Mengen schwarzer Blutgerinnsel. Histologisch wird die Diagnose eines Lungensequesters bestätigt.
Arteriovenöse Aneurysmen n Definition. Kurzschlussverbindungen zwischen A. und V. pulmonalis. Sie sind vorwiegend im Unterlappen lokalisiert. Das arteriovenöse Mischblut ist am Gasaustausch nicht beteiligt. Die Wände sind oft papierdünn, brüchig und durch Thromben verdickt.
Ätiologie und Pathogenese. Als Ursache wird eine primäre Stoffwechselstörung mit Ausbildung einer Vasektasie und Eröffnung präformierter Gefäßanastomosen peribronchiolär angenommen. Jugendliche und junge Erwachsene sind häufig betroffen. Bei 2⁄3 der Fälle wird eine hereditäre Teleangiektasie (Morbus Osler) festgestellt. Symptome. Arteriovenöse Aneurysmen fallen häufig erst durch ihre Komplikationen auf. Hierzu zählen Thromboembolien, Blutungen in Lunge und
Arteriovenöse Aneurysmen Definition
Ätiologie und Pathogenese. Als Ursache wird eine primäre Stoffwechselstörung vermutet. Jugendliche und junge Erwachsene sind häufiger betroffen. Bei 2 ⁄ 3 der Fälle liegt eine hereditäre Teleangiektasie (Morbus Osler) vor. Symptome. Bedingt durch Komplikationen sind Thromboembolien,
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26 Thoraxchirurgie Pleurahöhle, Zyanose, Dyspnoe, Tachykardie, Schwindelanfälle, Ohnmachtsanfälle, Uhrglasnägel, Trommelschlegelfinger, respiratorische Insuffizienz sowie Belastungsinsuffizienz.
Blutungen in Lunge und Pleurahöhle, Zyanose, Dyspnoe, Tachykardie, Schwindel- und Ohnmachtsanfälle, Uhrglasnägel, Trommelschlegelfinger, respiratorische Insuffizienz und Belastungsinsuffizienz. Diagnose. Auskultatorisch findet sich ein systolisch-diastolisches Geräusch. Im Röntgenthorax erkennt man gelegentlich traubenförmige, zum Hilus ziehende Verschattungen. Beweisend ist nur die Angiographie. Therapie. Die Lappen- oder Segmentresektion ist immer indiziert.
Diagnose. Bei der Auskultation findet sich ein systolisch-diastolisches Strömungsgeräusch. Auf der Thoraxübersichtsaufnahme kann gelegentlich eine traubenförmige, zum Hilus ziehende Verschattung erkannt werden. Letztendlich beweisend ist nur die Angiographie.
Lobus venae azygos
Lobus venae azygos
Definition
Therapie. Wegen der Gefahr einer Hirnembolie ist die Operation dringend indiziert. Durchgeführt werden sollte eine Segment- oder Lappenresektion.
n Definition. Der Lobus venae azygos ist anatomisch gesehen kein überzähliger Lappen. Vielmehr wird ein medialer Anteil des Oberlappens durch die V. azygos, die abnorm durch die Thoraxhöhle verläuft, separiert. Er stellt eine harmlose Anomalie dar.
Bei Thorakotomien, z.B. aufgrund einer geplanten Lobektomie, wird er oft als Zufallsbefund entdeckt.
Der Lobus venae azygos wird bei Thorakotomien, z.B. wegen einer geplanten Lobektomie, gelegentlich als Zufallsbefund entdeckt.
26.6.2 Spontanpneumothorax
26.6.2
Definition
Spontanpneumothorax
n Definition. Der Spontanpneumothorax stellt einen spontan auftretenden Kollaps der Lungen durch Einströmen von Luft aus dem Bronchialsystem in den Pleuralspalt dar. Die Luftansammlung kann auf den Spitzenbereich lokalisiert bleiben (»Spitzenpneumothorax«) oder zum Totalkollaps führen.
Klassifikation. Man unterscheidet den sog. idiopathischen Spontanpneumothorax, der ohne erkennbare Ursache überwiegend bei jungen Männern auftritt, und den symptomatischen Spontanpneumothorax, der das Symptom einer anderen Erkrankung darstellt.
Klassifikation. Der Däne Kjaergaard begründete die auch heute noch gül-
Epidemiologie. Die Inzidenz liegt bei 4–5 auf 100 000 in Europa. Junge Männer sind häufiger betroffen als junge Frauen.
Epidemiologie. Die Inzidenz des Spontanpneumothorax wird heute mit 4–5
Ätiologie und Pathogenese. Neben dem Altersemphysem sind zahlreiche Erkrankungen bekannt, die einen Spontanpneumothorax verursachen können: Lungenfibrosen, Marfan-Syndrom, Sarkoidose, Histiocytosis X, Lungenabszesse, Tuberkulose. Auch das Rauchen wird als wesentlicher ätiopathogenetischer Faktor diskutiert. Bei fast allen Patienten, die operiert werden, finden sich Lungenblasen, die meistens im Bereich der Lungenspitze lokalisiert sind ( 1 B-26.22). Symptome. Die Beschwerden sind unspezifisch. Meistens handelt es sich um Thoraxschmerzen, verbunden mit einer mehr oder weniger stark ausge-
Ätiologie und Pathogenese. Neben dem Altersemphysem sind heute zahl-
tige Einteilung in den sog. idiopathischen Spontanpneumothorax, der ohne erkennbare Ursache überwiegend bei jungen Männern auftritt, und den symptomatischen Spontanpneumothorax, der das Symptom einer anderen Erkrankung darstellt. Da das Altersemphysem in der Vergangenheit lange Zeit die einzige bekannte Ursache für den Spontanpneumothorax war, wurde der symptomatische mit dem Alterspneumothorax und der idiopathische mit dem jugendlichen Spontanpneumothorax gleichgesetzt.
auf 100 000 in Europa angegeben. Junge Männer sind häufiger betroffen als junge Frauen. Je nach Literaturangabe schwankt das Geschlechtsverhältnis Männer : Frauen zwischen 3 : 1 und 10 : 1.
reiche weitere Erkrankungen bekannt, die auch beim jungen Menschen einen Spontanpneumothorax verursachen können: Lungenfibrosen, MarfanSyndrom, Sarkoidose, Histiocytosis X, Lungenabszesse, Tuberkulose. In der neueren Literatur wird auch das Rauchen als wesentlicher ätiopathogenetischer Faktor für den Spontanpneumothorax des Jugendlichen angenommen. Bei fast allen Patienten, die wegen eines Spontanpneumothorax operiert werden, finden sich Lungenbullae. Sie reichen von kleinsten, meistens im Lungenspitzenbereich lokalisierten Veränderungen ( 1 B-26.22) bis zu monströsen blasigen Umwandlungen des Lungenparenchyms.
Symptome. Die Beschwerden, die den Patienten zum Arzt führen, sind
unspezifisch. Meistens handelt es sich um Thoraxschmerzen, verbunden mit einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Dyspnoe, die bis zur Atemnot reichen kann. Manchmal geben solche Symptome in der Vergangenheit Hin-
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26.6.1 Fehlbildungen der Lunge
1 B-26.22
Spontanpneumothorax bei Lungenbulla
a Operationssitus einer kleinen Lungenbulla im Spitzenbereich bei einer 24-jährigen Patientin mit einem Spontanpneumothorax.
b Operationssitus einer perforierten großbullösen Lungenbulla im Spitzenbereich bei einem 35-jährigen Patienten mit einem Spontanpneumothorax.
weise auf einen abgelaufenen, klinisch nicht erfassten Spontanpneumothorax. Das Auftreten dieser Erkrankung ist unabhängig von der körperlichen Betätigung. So kann der Spontanpneumothorax sowohl in Ruhe als auch bei sportlicher oder sonstiger körperlicher Betätigung auftreten. Bei der klinischen Untersuchung findet man in ausgeprägten Fällen ein Nachschleppen der erkrankten Thoraxseite bei der Atmung, einen hypersonoren bis tympanitischen Klopfschall bei Perkussion und ein abgeschwächtes oder fehlendes Atemgeräusch bei der Auskultation.
prägten Dyspnoe, die bis zur Atemnot reichen kann. Bei der klinischen Untersuchung findet man ein Nachschleppen der erkrankten Seite, einen hypersonoren bis tympanitischen Klopfschall und ein abgeschwächtes bis aufgehobenes Atemgeräusch.
Diagnose. Die Diagnose ist durch ein Röntgen-Thoraxbild in 2 Ebenen leicht zu stellen ( 1 B-26.23). Das Röntgenbild sollte in Exspiration angefertigt werden, da bei der Ausatmung durch die größere Gewebsdichte der Lungen sowie ein günstigeres Raum-Lungen-Verhältnis der Pneumothorax besser erkannt wird als in der Inspiration. Größere bullöse Veränderungen stellen sich häufig bereits auf den Übersichtsaufnahmen bei ausgedehnten Lungen dar. Kleine Bullae sowie deren topographische Lokalisation lassen sich dagegen nur in der Computertomographie nachweisen. Sie versagt bei kleinsten Veränderungen < 5 mm, wie sie typischerweise bei jugendlichen Patienten anzutreffen sind. Andere diagnostische Verfahren, wie die konventionelle Tomographie, die Pleurographie oder die diagnostische Thorakoskopie sind heute weitgehend verlassen worden, weil sie entweder zu aufwändig oder zu wenig aussagefähig sind.
Diagnose. Die Diagnose lässt sich durch ein Röntgen-Thoraxbild in 2 Ebenen in Exspiration leicht stellen. Gelegentlich kann eine Computertomographie zum Nachweis von Zysten weiterhelfen ( 1 B-26.23).
1 B-26.23
Vollständiger Spontanpneumothorax Röntgenbild eines vollständigen rechtsseitigen Spontanpneumothorax (35-jähriger Patient) mit fehlender peripherer Lungenzeichnung und zentraler Verschattung durch die vollständig kollabierte Lunge (Totalkollaps, Á).
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1034 Therapie. Ziel der Therapie muss es sein, eine schnelle Reexpansion der Lunge zu erreichen. Folgende Therapieverfahren stehen zur Verfügung (s. a. S. 1019): π Belastungsreduktion: Sie ist nur noch beim Spitzenpneumothorax oder beim Mantelpneumothorax von < 2–3 cm Breite indiziert, wobei häufige Röntgenkontrollen nötig sind. π Thoraxdränage: Die Thoraxdränage, an die ein Dauersog von –20 cm H2 O angeschlossen wird (s. 1 B-26.16), ist die wichtigste Maßnahme bei der Behandlung des Spontanpneumothorax. Sie ist jedoch mit einer hohen Rate an Früh- bzw. Spätrezidiven behaftet.
π Pleurodese: Das Ziel der Pleurodese besteht in der Verklebung der parietalen mit der viszeralen Pleura durch eine fibrinöse Pleuritis. Die Pleurodese wird entweder blind über die Thoraxdränage oder gezielt im Rahmen einer Thorakoskopie durchgeführt. Verwendet werden verschiedene Substanzen (z. B. Tetracyclin oder 30 %ige Glukose). π Thorakoskopie: Die Thorakoskopie ist durch die Entwicklung endoskopisch einsetzbarer Klammernahtapparate zu einem effektiven minimal invasiven Eingriff geworden. So ist man heute in der Lage, größere Lungenbullae bzw. blasig veränderte Areale auf thorakoskopischem Wege zu resezieren ( 1 B-26.24).
26 Thoraxchirurgie
Therapie. Ziel der Therapie muss es sein, eine schnelle Reexpansion der
Lunge bei möglichst geringer Früh- und Spätkomplikationsrate zu erreichen. Prinzipiell stehen folgende Therapieverfahren zur Verfügung (s. a. S. 1019): π Therapie mittels alleiniger Belastungsreduktion: Aufgrund der geringen spontanen Resorption von 1,25 % pro Tag ist die Belastungsreduktion nur beim Spitzenpneumothorax oder beim Mantelpneumothorax von < 2–3 cm Breite indiziert. Es müssen röntgenologische Verlaufskontrollen, zunächst in täglichen, später in mehrtägigen Abständen, durchgeführt werden. π Thoraxdränage: Die wichtigste Maßnahme bei der Behandlung des Spontanpneumothorax ist die Anlage einer interkostalen Thoraxdränage, an die ein Dauersog von –20 cm H2O angeschlossen wird (s. 1 B-26.16). Normalerweise kommt es hierdurch zu einer schnellen Ausdehnung der Lunge, sodass bereits nach 4–5 Tagen die Dränage abgeklemmt und nach entsprechender Röntgenkontrolle entfernt werden kann. Erfahrungsgemäß ist dieses Verfahren schon beim Erstereignis in vielen Fällen nicht ausreichend. So tritt häufig eine Persistenz (unvollständige Ausdehnung der Lunge) oder ein Frührezidiv (erneuter Kollaps während des stationären Aufenthaltes nach primär reexpandierter Lunge) auf. Darüber hinaus kann auch noch nach Jahren ein Spätrezidiv auftreten. Aus diesem Grunde sind andere Therapieverfahren entwickelt worden. π Pleurodese: Das Ziel der Pleurodese besteht darin, auf dem Boden einer fibrinösen Pleuritis eine Verklebung der viszeralen mit der parietalen Pleura herbeizuführen. Die Instillation der pleurareizenden Mittel geschieht entweder blind über eine Thoraxdränage oder gezielt im Rahmen einer Thorakoskopie. Verwendet werden z.B. Tetracyclin, 30 %ige Glukose, Eigenblut, Fibrinkleber oder Silbernitrat. Auch Talkum wird wieder zur Pleurodese eingesetzt, nachdem es längere Zeit als kanzerogen galt, was sich jedoch nicht mit Sicherheit nachweisen ließ. π Thorakoskopie. Früher waren auf thorakoskopischem Wege lediglich Strangdurchtrennungen, Koagulationen kleinerer Bullae oder gezielte Pleurodesen möglich. Seit der Entwicklung endoskopisch einsetzbarer Klammernahtapparate sind minimal invasive Eingriffe auch in der Thoraxchirurgie möglich geworden. So ist man heute in der Lage, größere Lungenbullae bzw. bullös veränderte Abschnitte mit den darin enthaltenen bronchopleuralen Fisteln thorakoskopisch zu resezieren ( 1 B-26.24).
1 B-26.24
Thorakoskopische Entfernung von Lungenbullae
Operationssitus bei einer thorakoskopischen Lungenspitzenresektion wegen eines Spontanpneumothorax (38-jähriger Patient).
a Fassen des bullös veränderten Areals mit der Fasszange. π Thorakotomie: Im Rahmen einer Thorakotomie werden parietale Pleurektomien durchgeführt oder große Lungenbullae reseziert, die man thorakoskopisch nicht entfernen kann.
b Platzieren des Klammernahtgerätes.
π Thorakotomie: Im Jahre 1956 wurde die parietale Pleurektomie von Gaensler in das Behandlungskonzept eingeführt. Hierbei wird über eine anterolaterale, axillare oder posterolaterale Thorakotomie eine Entfernung der parietalen Pleura, entweder im Bereich der gesamten Thoraxhöhle (totale Pleurektomie) oder in ausgewählten Abschnitten (partielle Pleurek-
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26.6.3 Emphysem des Erwachsenen
1035
tomie) durchgeführt. Die hierdurch erzielten Verwachsungen ermöglichen eine sehr effektive Rezidivprophylaxe bei insgesamt geringer Einschränkung der Lungenfunktion. In den vergangenen Jahren konnte nachgewiesen werden, dass im Rahmen einer Thorakotomie auch die alleinige Resektion von Lungenbullae, die man thorakoskopisch nicht entfernen kann, mit einer gleich hohen Effektivität wie die Pleurektomie verbunden ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei einem Primärereignis und radiologisch nicht nachweisbaren Bullae die alleinige Thoraxdränage indiziert ist. Hierbei muss es kurzfristig zum Sistieren der Luftleckage kommen. Bei radiologisch erkennbaren Bullae (hohe Rezidivgefahr) oder beim ersten Rezidiv werden die Bullae thorakoskopisch abgetragen und ferner eine partielle parietale Pleurektomie, ggf. auch nur eine mechanische Pleurodese, durchgeführt.
Zusammenfassend gilt: Bei einem Primärereignis und radiologisch fehlendem Bullaenachweis ist die alleinige Thoraxdränage indiziert. Bei einem Rezidiv oder radiologischem Bullaenachweis erfolgt deren thorakoskopische Abtragung und eine partielle Pleurektomie.
Komplikation. Mögliche Komplikation des Spontanpneumothorax ist der
Spannungspneumothorax mit Verdrängung des Mediastinums und des Zwerchfells zur Gegenseite. Hierdurch wird der Blutrückfluss zum Herzen behindert. Es resultiert eine zunehmende Atemnot mit Zyanose, die rasch in einen Schockzustand mit tödlichem Ausgang enden kann.
26.6.3
Emphysem des Erwachsenen
n Definition. Unter einem Lungenemphysem versteht man einen vermehrten Luftgehalt von Lungenteilen oder der gesamten Lunge mit Lungenüberblähung und Ausbildung von Lungenblasen (sog. Bullae).
Komplikation. Spannungspneumothorax mit Verdrängung des Mediastinums und des Zwerchfells zur Gegenseite (cave: Schock).
26.6.3
Emphysem des Erwachsenen
Definition
Pathoanatomie. Pathologisch-anatomisch besteht eine abnorme, permanente Vergrößerung der luftleitenden Wege distal der terminalen Bronchiolen, begleitet von einer Destruktion der Wände ohne wesentliche Fibrose.
Pathoanatomie. Pathologisch-anatomisch besteht eine abnorme, permanente Vergrößerung der luftleitenden Wege distal der terminalen Bronchien.
Histologie. Histologisch wird das Emphysem unterteilt in den zentroazinären und in den panazinären (panlobulären) Typ. Bei der ersten Form dilatieren primär die Bronchioli respiratorii bei zunächst noch erhaltener peripherer Azinusstruktur, welche erst sekundär in den Prozess mit einbezogen wird. Bei der panazinären Form kommt es von Anfang an zu einer Beteiligung des gesamten Azinus. Als Endzustand findet sich in beiden Fällen die vollständige zystische Umwandlung des gesamten Azinus.
Histologie. Histologisch unterscheidet man zwischen dem zentroazinären Typ und dem panazinären (panlobulären) Typ.
Ätiologie und Pathogenese. Die zentroazinäre Form ist das typische Emphysem des Rauchers, wobei eine eindeutige Bevorzugung der Oberlappen erkennbar ist. Die panazinäre Form tritt dagegen in typischer Weise bei Patienten mit einem homozygoten a 1–Antitrypsinmangel auf, und betrifft üblicherweise die gesamte Lunge oder bevorzugt den Unterlappen. Pathogenetisch scheint ein Missverhältnis von Proteinasen und Antiproteinasen im Lungengewebe die emphysematische Umwandlung des Lungengewebes zu fördern. Durch ein Ungleichgewicht zugunsten der Granulozytenelastase in der Lunge kommt es zu einem Um- und Abbau elastischer Fasern und damit der Entstehung emphysematischer Veränderungen.
Ätiologie und Pathogenese. Das zentroazinäre Emphysem ist das typische Emphysem des Rauchers mit Bevorzugung des Oberlappens. Das panazinäre Emphysem tritt vor allem beim homozygoten a1–Antitrypsinmangel auf und betrifft üblicherweise die gesamte Lunge oder bevorzugt den Unterlappen. Pathologisch scheint ein Missverhältnis von Proteinasen und Antiproteinasen im Lungengewebe eine Rolle zu spielen.
Symptome. Das Altersemphysem bleibt häufig lange symptomlos und wird oft nur als Zufallsbefund bei einer Röntgen-Thoraxübersichtsaufnahme entdeckt. Gelegentlich können die Bullae auch perforieren und einen Spontanpneumothorax hervorrufen. In seltenen Fällen können Bullae so groß werden, dass sie zu einer Verdrängung der übrigen Lunge führen.
Symptome. Das Altersemphysem bleibt oft lange symptomlos und wird oft nur als Zufallsbefund in der RöntgenThoraxaufnahme gefunden. Wenn die Bullae perforieren, kann ein Spontanpneumothorax entstehen.
Diagnose. Die Diagnose lässt sich häufig schon durch die Röntgen-Thoraxübersichtsaufnahme in 2 Ebenen oder ggf. eine Computertomographie des Thorax stellen.
Diagnose. Die Diagnose lässt sich durch die Röntgen-Thoraxaufnahme und ggf. eine Computertomographie des Thorax stellen.
Therapie. Das asymptomatische Altersemphysem bedarf keiner Therapie.
Therapie. Das asymptomatische Altersemphysem bedarf keiner Therapie.
Ein symptomatischer Spontanpneumothorax dagegen muss primär mit
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1036
26 Thoraxchirurgie
1 B-26.25
Lungenemphysem Operationssitus einer Riesenbulla bei einem großbullösen Lungenemphysem (63-jähriger Patient).
Beim Spontanpneumothorax muss eine Thoraxdränage gelegt und die Bullae auf operativem Wege entfernt werden. Monströse Bullae müssen ebenfalls operativ behandelt werden ( 1 B-26.25).
einer Thoraxdränage versorgt und später die Bullae auf operativem Wege entfernt werden. Eine weitere Operationsindikation kann bei monströsen Bullae mit Verdrängung des restlichen Lungenparenchyms gegeben sein ( 1 B-26.25). Durch eine Thorakoskopie oder Thorakotomie lassen sich die Blasen, die häufig eine sehr schmale Basis haben, abtragen. In seltenen Fällen, bei ausgeprägter zystischer Umwandlung eines gesamten Lungenlappens, muss eine Lappenentfernung durchgeführt werden.
26.6.4
26.6.4
Entzündliche Erkrankungen der Lunge Bronchiektasen Definition
Ätiologie Primäre Bronchiektasen sind Folge angeborener Bronchusveränderungen. Sekundäre Bronchiektasen entstehen nach erworbenen Bronchusstenosen (z. B. durch Fremdkörper, Karzinome) durch chronische Abflussbehinderung des Bronchialsekrets. Pathogenese. Sektretstau und mangelnde Ventilation mit rezidivierender bakterieller Besiedlung und Wanddestruktion sind die Ursachen der Bronchiektasen. Symptome. Chronischer Husten mit morgendlicher mundvoller Expektoration, Hämoptysen und rezidivierende Infektionen der Luftwege sind typische Symptome.
Entzündliche Erkrankungen der Lunge
Bronchiektasen n Definition. Bronchiektasen sind irreversible zylindrische, sackartige oder zystische Erweiterungen der mittleren und kleinen Bronchien.
Ätiologie. Unterschieden werden primäre von sekundären Bronchiektasen.
Primäre Bronchiektasen sind angeborene Defekte der Bronchuswand oder der Schleimhaut. Sekundäre Bronchiektasen entwickeln sich distal von Stenosen in den kleinen Bronchien durch chronische Abflussbehinderung des Bronchialsekretes. Ursachen können Verlegung des Bronchus durch Fremdkörper, Karzinome oder extraluminäre Kompression sein.
Pathogenese. Im Bereich der poststenotischen Bronchien kommt es auf-
grund mangelnder Ventilation und Abflussbehinderung zur bakteriellen Besiedlung mit Infektion. Rezidivierende Infekte mit Gewebseinschmelzung und Wanddestruktion führen zu weiterer Ektasie mit erneuten entzündlichen Schüben.
Symptome. Die Patienten berichten über chronischen Husten mit reichlich
Auswurf (mundvolle morgendliche Expektoration). Der Verlauf der Erkrankung ist chronisch rezidivierend. Typische Symptome sind rezidivierende Infekte der oberen Luftwege bis hin zu Hämoptysen.
Diagnose. Das Röntgenbild und die Bronchographie sichern die Diagnose.
Diagnose. Auskultatorisch finden sich mittel- bis grobblasige Rasselgeräu-
Komplikationen. Pneumonien, Abszesse mit Gefahr der metastatischen Streuung, Pleuraempyem und Hämoptysen sind typische Komplikationen. Aus der bronchialen Obstruktion kann sich im Verlauf eine pulmonale Hypertonie oder ein Cor pulmonale entwickeln.
Komplikationen. Rezidivierende Pneumonien, Abszesse mit Gefahr der
sche. Das Röntgenbild der Lunge und eine Bronchoskopie sichern die Diagnose.
metastatischen Streuung und das Pleuraempyem sind typische Komplikationen. Bei 1⁄4 der Patienten kommt es zu Hämoptysen. Die bronchiale Obstruktion kann zu einem Schwund der Alveolarsepten im von der Obstruktion betroffenen Lungenabschnitt führen. Hieraus resultiert eine Verringerung des Gefäßquerschnitts und nachfolgend eine Widerstandserhärtung in der Lungenstrombahn, welche bei ausgepräg-
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1037
26.6.4 Entzündliche Erkrankungen der Lunge tem Befund zur pulmonalen Hypertonie und einem Cor pulmonale führen kann.
Therapie. Primär erfolgt die konservative Behandlung mit Mukolytika,
Lagerungsdränage und Antibiose im akuten Schub. Bei der Lagerungsdränage befindet sich der Patient in Knie-Ellenbogen-Lage. In dieser Lagerung wird eine Klopfmassage durchgeführt. Dadurch kommt es zur Lockerung des Sekretes, das leichter abgehustet werden kann. Eine primäre Operationsindikation besteht nur bei lokalem Befall. Im Kindesalter wird die Segment- oder Lappenresektion durchgeführt, um den Komplikationen, d.h. den rezidivierenden Infekten, vorzubeugen. Bei Erwachsenen ergibt sich die Indikation bei Misserfolgen der konservativen Behandlung oder beim Auftreten von Hämoptysen. Als Operationsverfahren kommt die Entfernung des betroffenen Areals z.B. als Segment- oder Lappenresektion in Betracht ( 1 B-26.26). Während eines fieberhaften Infektes sollte nicht oder nur nach vorheriger gezielter antibiotischer Behandlung operiert werden.
1 B-26.26
Therapie. Zunächst konservative Behandlung mit Mukolytika, Antibiose und Lagerungsdränage. Eine Operation sollte nur bei lokalem Befall, Hämoptysen oder Versagen der konservativen Behandlung durchgeführt werden.
Parenchymsparende Lappen- oder Segmentresektion ist das Verfahren der Wahl ( 1 B-26.26).
Bronchiektasen Operationspräparat eines linken Lungenunterlappens bei Bronchiektasen. Im aufgeschnittenen Präparat erkennt man die ausgedehnten sackförmigen, bis zur Peripherie reichenden Erweiterungen der Bronchien (24-jähriger Patient).
Chronische Pneumonie
Chronische Pneumonie
n Definition. Die chronische Pneumonie ist eine Entzündung des Lungenparenchyms unterschiedlicher Genese, die trotz adäquater antibiotischer Behandlung länger als 8 Wochen besteht.
Ätiologie. Beim sog. Mittellappensyndrom verursachen vergrößerte Lymphknoten im Bereich des Mittellappenbronchus eine partielle Obstruktion mit Sekretverhalt und sind so die Ursache der chronischen Pneumonie. Symptome. Der Patient ist subfebril und im Allgemeinzustand reduziert. Klinisch finden sich eine Klopfschalldämpfung, abgeschwächte Atemgeräusche und bronchitische Rasselgeräusche. Trotz entsprechender antibiotischer Behandlung bestehen die Symptome weiter.
1 B-26.27
Definition
Ätiologie. Beim Mittellappensyndrom kommt es zu rezidivierenden Infekten im Bereich des Mittellappens als Folge einer partiellen Obstruktion des Bronchus. Symptome. Auskultatorisch ohrnahe Rasselgeräusche, Temperaturerhöhung und ein reduzierter Allgemeinzustand sind typische Zeichen.
Pneumonie Röntgen-Übersichtsaufnahme eines 58-jährigen Mannes mit einer beidseitigen, vorwiegend basalen Pneumonie mit einem beginnenden rechtsseitigen Pleuraempyem (Spiegelbildung Á).
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1038 Diagnose. Inhomogene Verschattungen im Röntgenbild, die im Verlauf konstant bleiben ( 1 B-26.27). Differenzialdiagnostisch muss eine Tbc oder ein Karzinom ausgeschlossen werden.
26 Thoraxchirurgie
Diagnose. Es finden sich radiologische Veränderungen wie inhomogene
Verschattung im Bereich der betroffenen Areale, die trotz gezielter antibiotischer Behandlung bestehen bleiben ( 1 B-26.27). Die Differenzialdiagnose einer Tbc oder eines Karzinoms mit peritumoröser Entzündungsreaktion kann schwierig sein. Manchmal muss die Abklärung durch eine Operation erfolgen.
Therapie. Resektion des betroffenen Lungenabschnitts.
Therapie. Die Indikation zur Resektion des betroffenen Lungenabschnitts ist
Lungenabszess
Lungenabszess
aufgrund des chronischen Verlaufs und evtl. zur Diagnosesicherung (DD Karzinom) gegeben.
n Definition. Ein Lungenabszess ist eine bakterielle Entzündung mit solitären oder multiplen eitrigen Einschmelzungen im Lungenparenchym. Meistens handelt es sich um Mischinfektionen durch Staphylokokken, Pneumokokken und Enterokokken.
Definition
Ätiologie. Lungenabszesse entstehen: π metapneumonisch π durch hämatogene Streuung π durch fortgeleitete entzündliche Prozesse π durch bronchogene Ursachen.
Ätiologie. Lungenabszesse entstehen: π metapneumonisch ( > 50 %) bei Pneumonie oder eitriger Bronchitis
Symptome. Schweres Krankheitsgefühl, Fieber, Schüttelfrost, Dyspnoe und Husten. Diagnose. Die Röntgenaufnahme zeigt eine Verschattung mit Spiegelbildung ( 1 B-26.28). Wichtig ist der Erregernachweis.
Symptome. Die Patienten sind schwer krank mit Fieber, Schüttelfrost, Dys-
π π
π
durch hämatogene Streuung, z.B. Furunkel, Angina, Otitis durch fortgeleitete entzündliche Prozesse des Mediastinums, der Pleura oder des Zwerchfells durch bronchogene Ursachen wie Aspiration von Mageninhalt, Fremdkörpern oder bei ösophagotrachealen Fisteln.
pnoe und Husten.
Diagnose. Das Röntgenbild zeigt die Abszesshöhle mit Flüssigkeit und Luft als charakteristische Spiegelbildung. Wichtig ist der Erregernachweis durch Bronchialabstrich bzw. bronchoskopische Lavage ( 1 B-26.28).
1 B-26.28
Lungenabszess
a Röntgen-Übersichtsaufnahme einer 71-jährigen Patientin mit einem Abszess im rechten Lungenunterlappen. Der Abszess ist bis zur Hälfte mit Eiter gefüllt, erkennbar an dem horizontal verlaufenden Spiegel (Á)
Therapie. Mit antibiotischer Behandlung nach Antibiogramm und gezielter bronchoskopischer Absaugung lassen sich fast alle Abszesse erfolgreich behandeln. Beim Versagen der konservativen Behandlung kann
b Röntgen-Übersichtsaufnahme eines 38-jährigen Mannes mit einem Pyopneumothorax aufgrund eines perforierten Lungenabszesses im rechten Mittelgeschoss. Erkennbar sind neben der leergelaufenen Abszesshöhle (Á Á) ein Mantelpneumothorax sowie ein horizontal verlaufender Spiegel ( Á) als Ausdruck eines Pleuraempyems.
Therapie. Die antibiotische Behandlung muss nach Antibiogramm erfol-
gen. Mit der Kombination von systemischer Antibiotikagabe und bronchoskopischer Absaugung lassen sich ca. 80 % aller Lungenabszesse erfolgreich behandeln. Bei Versagen der konservativen Therapie ist die parenchymsparende Resektion des Bezirks indiziert (chronischer Abszess). In seltenen Fäl-
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26.6.4 Entzündliche Erkrankungen der Lunge
1039
len, wenn der Zustand des Patienten keinen Eingriff erlaubt, kann durch eine CT-gesteuerte Punktion der Herd dräniert werden. Bei Ausbildung von Bronchusfisteln kann versucht werden die Fistel bronchoskopisch mit einem Fibrinkleber zu verschließen.
der Abszess parenchymsparend reseziert oder perkutan dräniert werden. Bronchusfisteln können gelegentlich mit Fibrinkleber verschlossen werden.
Komplikationen. Seltene, mit einer ersten Prognose behaftete Komplikationen sind Pleuraempyem, Bronchusfistel oder Blutungen durch Gefäßarrosion. Eine Sepsis oder metastatische Abszesse (z.B. Endokarditis) entstehen durch bakterielle Streuung. Unter einer Lungengangrän versteht man eine entzündliche Einschmelzung des Lungenparenchyms bei Infektion durch Fäulniserreger (Proteus, Pseudomonas, Anaerobier). Die Diagnose wird aufgrund der mikrobiologischen Untersuchung gestellt. Die klinischen Zeichen entsprechen bis auf den fötiden Geruch denen des Lungenabszesses.
Komplikationen. Pleuraempyem, Bronchusfisteln oder Blutungen durch Arrosion. Eine Sepsis oder metastatische Abszesse entstehen durch bakterielle Streuung. Eine Lungengangrän ist ein mit Anaerobiern besiedelter Lungenabszess.
Tuberkulose (s. a. Kap. A-3.5)
Tuberkulose (s. a. Kap. A-3.5)
n Definition. Die Tuberkulose (Tbc) entsteht durch eine Infektion mit dem säurefesten Mycobacterium (M.) tuberculosis, in der Regel mit dem Mycobacterium hominis, seltener mit Mycobacterium bovis.
Definition
Symptome. Die Patienten klagen über Abgeschlagenheit, Husten und
Symptome. Die Patienten klagen über Abgeschlagenheit, Husten und Hämoptysen, gelegentlich über Brustwandschmerzen. Es finden sich subfebrile Temperaturen und Nachtschweiß.
Diagnose. Die radiologischen Zeichen der Tuberkulose sind mannigfaltig.
Diagnose. Radiologisch ist das Bild mannigfaltig. Zur sicheren Diagnose muss das Mykobakterium in der Kultur oder histologisch im Nativmaterial nachgewiesen werden. Der Nachweis ist heutzutage mittels PCR-Reaktion möglich.
Hämoptysen, gelegentlich über Brustwandschmerzen. Es finden sich subfebrile Temperaturen und Nachtschweiß. Die Tuberkulose wird gehäuft bei Patienten beobachtet, die, bedingt durch eine andere Grunderkrankung, eine allgemeine Schwächung der Immunabwehr aufweisen (AIDS, Alkoholismus, Malignome, Immunsuppression bei Transplantierten).
Sie reichen von der einfachen Infiltration (Primärkomplex) zum Rundherd, über Höhlen mit sekundärer Besiedlung (Kavernen), bis zur tuberkulösen Pneumonie. Die definitive Diagnose wird über das Nativmaterial, in dem säurefeste Stäbchen in der Ziehl-Neelsen-Färbung nachgewiesen werden, gestellt. M. tuberculosis oder M. bovis können auch in der Kultur nachgewiesen werden. Durch eine bronchoskopische Lavage des Bronchialsystems und insbesondere des betroffenen Lungenlappens kann heutzutage zügig mittels PCR-Untersuchung (Polymerasekettenreaktion) aus Lavagematerial das Mycobacterium tuberculosis identifiziert werden.
1 B-26.29
Tuberkulose: Folgezustände
a Röntgen-Übersichtsaufnahme einer 72-jährigen Patientin, bei der vor etwa 30 Jahren eine vollständige rechtsseitige Thorakoplastik wegen einer Tuberkulose vorgenommen wurde.
b Aspergillom in einer alten tuberkulösen Kaverne (Durchleutung).
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1040 Therapie. Die Tuberkulose wird nur noch in Ausnahmefällen chirurgisch behandelt. Die tuberkulostatische Therapie ist die Methode der Wahl. Operationsindikation bei der Tbc sind: π Kavernen und Abszesse π Bronchusstenosen mit rezidivierenden Infekten π Arrosionsblutung und π unklare Rundherde (DD Tumor).
26 Thoraxchirurgie
Therapie. Zunächst ist immer die tuberkulostatische Behandlung als 3er-
Eine früher häufig durchgeführte chirurgische Behandlung der Lungentuberkulose ist die Thorakoplastik ( 1 B-26.29). Dieses Verfahren ist von den parenchymsparenden Resektionsverfahren fast vollkommen verdrängt worden.
oder 4er-Kombination durchzuführen, die Erfolgsrate liegt bei 95–98 %. Trotz einer Steigerung der Infektionsrate mit Mykobakterien in den letzten Jahren hat die Tuberkulose aufgrund der Tuberkulostatika ihre frühere Bedeutung in der Thoraxchirurgie verloren. Dennoch gibt es Indikationen zum operativen Vorgehen. Diese sind: π Kavernen ohne Rückbildungstendenz oder bei bakterieller Besiedlung (Abszess) π posttuberkulöse Bronchusstenose mit rezidivierenden Infekten π Arrosionsblutung π Rundherde, deren Dignität nicht gesichert ist. Diese werden zur histologischen Untersuchung operativ entfernt. Eine früher häufig durchgeführte chirurgische Behandlung der Lungentuberkulose war die Thorakoplastik. Dabei wird die Brusthöhle durch Resektion der Rippen und Einschlagen der mobilen Thoraxwand über dem entsprechenden Areal verkleinert und dadurch die Kaverne verschlossen ( 1 B-26.29). Dieses Verfahren ist von den parenchymsparenden Resektionsverfahren fast vollkommen verdrängt worden.
Pilzinfektion (s. a. Kap. A.3.13)
Pilzinfektion (s. a. Kap. A-3.13)
Definition
n Definition. Infektionen mit Aspergillus fumigatus sind fast immer Spätkomplikationen nach längerer Intubationsdauer, Antibiotikagabe, Strahlentherapie, langjähriger Immunsuppression oder AIDS, die häufig in präformierten Höhlen (tuberkulös, nach Lungenabszessen oder bei Karzinomen) auftritt ( 1 B-26.29).
Symptome. Typische Symptome sind Fieber, Husten und Luftnot.
Symptome. Die Patienten sind überwiegend schwer krank und klagen
Diagnose. Radiologisch findet sich typischerweise eine Luftsichel. Der Erreger kann im Sputum nachgewiesen werden, im Serum finden sich Antigene.
Diagnose. Radiologisch findet sich eine charakteristische Luftsichel (Luft
Therapie. Antimykotika. Bei Misserfolg oder Blutungen Resektion.
Therapie. Zunächst antimykotische Behandlung, bei Misserfolg oder bei Blutungen ist die Resektion indiziert.
Aktinomykose (s. a. Kap. A-3.6)
Aktinomykose (s. a. Kap. A-3.6)
Definition
über Fieber, Husten und Auswurf. Bei ausgedehntem Befall kommt es zu Hämoptysen und Luftnot.
zwischen Pilzknäuel und Höhlenwand), die sich bei Lagerungsänderung bewegt. Die Diagnose wird über wiederholten Erregernachweis aus dem Sputum oder aus bronchoskopisch gewonnenem Material gesichert. Im Serum lassen sich Aspergillus-Antigene nachweisen.
n Definition. Es handelt sich um eine bakterielle Infektion mit Actinomyces israeli. Die Erkrankung tritt meistens im Gesichts- und Halsbereich auf, da das grampositive Bakterium häufig symbiotisch auf Zahnfleisch und Mandeln vorkommt. In ca. 15 % der Fälle kommt es zu einer pulmonalen Manifestation.
Symptome. Typischerweise klagen die Patienten über Husten, Schmerzen und Fieber.
Symptome. Die Symptomatik kann der einer Tbc gleichen. Die Patienten
Diagnose. Radiologisch finden sich unspezifische Rundherde.
Diagnose. Radiologisch finden sich unspezifische Rundherde, manchmal in
Therapie. Behandlung zunächst mit Antibiotika (Penicillin), bei Misserfolg ist die Resektion indiziert.
Therapie. Die Behandlung erfolgt zunächst grundsätzlich konservativ mit
berichten über Husten, Schmerzen und Fieber. Wenn diese Symptome auftreten, liegt häufig bereits ein ausgedehnter Lungenbefall vor.
Verbindung mit einer Höhle. Actinomyces israeli läßt sich im Bronchialsekret nachweisen.
Antibiotika (Penicillin). Bei Misserfolg und begrenzter Lokalisation erfolgt die Resektion.
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1041
26.6.4 Entzündliche Erkrankungen der Lunge
Parasitäre Lungeninfektion (s. a. Kap. A-3.12)
Parasitäre Lungeninfektion (s. a. Kap. A-3.12)
n Definition. Infektion des Menschen durch die Eier des Echinococcus cysticus oder des Echinococcus alveolaris führt zur Echinokokkose.
Definition
Die Lunge ist mit einem Befall von 10–30 % zweithäufigster Infektionsort nach der Leber. Die Infektion erfolgt über den Verdauungstrakt via Pfortader in die Leber (65–70 %), ca. 10 % der Larven gelangen mit dem Blutstrom in die Lunge, prinzipiell ist auch über Aspiration eine Infektion möglich.
Die Lunge ist zweithäufigster Infektionsort nach der Leber. Die Infektion erfolgt über den Verdauungstrakt oder über die Atemwege.
Symptome. Klinisch finden sich uncharakteristische Beschwerden wie eit-
Symptome. Es finden sich unspezifische Symptome wie Husten, Auswurf und Hämoptysen.
Diagnose. Radiologisch erscheinen die Zysten in der Lunge als Rundherde. Bei einer Zystenruptur kommt es zur Spiegelbildung wie bei einem Abszess.
Diagnose. Die Echinokokkuszysten erscheinen radiologisch als Rundherde.
rige Bronchitis, Husten, Atemnot und manchmal Hämoptysen.
n Merke. Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch serologische Methoden. Probepunktionen sind streng kontraindiziert.
Komplikationen. Als Folge einer Zystenperforation kommt es zu: π π π
Verschleppung mit Dissemination allergischen Reaktionen sekundärer Infektion der Zysten mit Abszessbildung.
Therapie. Die Operationsindikation bei einer ausgebildeten Echinokokkus-
zyste ist praktisch immer gegeben, da medikamentöse Behandlungsversuche erfolglos sind. Die Operation erfolgt über eine seitliche Thorakotomie, wobei unbedingt darauf zu achten ist, dass die Zyste nicht perforiert und der Inhalt sich nicht in der Thoraxhöhle verteilt. Als Operationsverfahren kommen in Frage: π die Keilresektion ( 1 B-26.30 ), in seltenen Fällen auch die Segmentresektion und bei besonders großen Zysten die Lobektomie π die Perizystektomie, d.h. die Entfernung der intakten Parasitenzyste mit der Wirtskapsel π die Zystektomie, d.h. die Enukleation der Parasitenzyste, ohne sie zu eröffnen.
1 B-26.30
Merke
Komplikationen. Zystenperforation mit Dissemination, allergische Reaktionen und sekundäre Infektion der Zyste. Therapie. Operation, da medikamentöse Behandlungsversuche erfolglos sind. Die Operation erfolgt über eine seitliche Thorakotomie als: π Keilresektion ( 1 B-26.30), seltener Segmentresektion, bei sehr großen Zysten Lobektomie π Perizystektomie π Zystektomie
Echinokokkuszyste Operationspräparat einer mittels Keilresektion vollständig entfernten Echinokokkuszyste aus dem rechten Lungenunterlappen. Man erkennt die weißliche, teilweise kollabierte Kutikula (22-jähriger Patient).
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1042
26 Thoraxchirurgie
Tumoren der Lunge
26.6.5 Tumoren der Lunge
26.6.5
Rundherde
Rundherde
Definition
Ätiologie. Häufigste Ursache solitärer Rundherde sind: Bronchialkarzinome, Metastasen, Tuberkulome, Adenome und Hamartome.
Merke
n Definition. Bei den Rundherden handelt es sich um rundliche, relativ scharf begrenzte, meistens homogene, teilweise auch verkalkte Verschattungen, die von gesundem Lungenparenchym umgeben sind und sich häufig nur als Zufallsbefund bei einer Röntgen-Thoraxaufnahme in 2 Ebenen zeigen.
Ätiologie. Die häufigsten Ursachen solitärer Lungenrundherde sind Bron-
chialkarzinome, Metastasen, Tuberkulome, Adenome und Hamartome. Seltener handelt es sich um Echinokokkuszysten, Abszesse, Aspergillome oder andere Tumoren. n Merke. Grundsätzlich muss jeder Rundherd so lange als potenziell maligne angesehen werden, bis ein Karzinom ausgeschlossen ist. Etwa 2⁄3 der Rundherde sind maligne, 1⁄3 benigne.
Symptom. Rundherde können asymptomatisch sein oder mit Schmerzen, Husten, Hämoptysen oder Belastungsdyspnoe einhergehen.
Symptom. Neben asymptomatischen Rundherden, die nur als Zufallsbe-
Diagnose. Zur Klärung stehen die Röntgen-Thoraxaufnahmen in 2 Ebenen, Computertomographie, Bronchoskopie, ggf. unter Durchleuchtung, Thorakoskopie oder Thorakotomie mit Biopsie bzw. Resektion des Tumors zur Verfügung. Nur der histologische Befund kann die Diagnose sichern!
Diagnose. Diagnostisch stehen neben der Röntgenaufnahme in 2 Ebenen die
Merke
fund entdeckt werden (20 %), gibt es auch solche, die Schmerzen, Husten, Hämoptysen oder Belastungsdyspnoe verursachen.
Computertomographie, die Bronchoskopie, ggf. unter Durchleuchtung, die Thorakoskopie mit Biopsie und die Thorakotomie mit Keilresektion des Tumors zur Verfügung. Häufig kann auch der Vergleich mit Voraufnahmen, sofern vorhanden, die Verdachtsdiagnose erhärten. Eine schnelle Größenzunahme des Befundes spricht für Malignität. Dennoch kann nur der histologische Befund die Diagnose sichern! n Merke. Ein Rundherd in der Lunge sollte immer entfernt werden. Die negativen Folgen eines zu spät operierten Bronchialkarzinoms stehen in keinem Verhältnis zu den Nachteilen, die sich aus einer »umsonst« durchgeführten Thorakotomie aufgrund eines benignen Tumors ergeben.
Klinischer Fall Ein 74-jähriger Patient wird mit einem seit 8 Jahren bekannten Rundherd im linken Oberlappen, der in der letzten Zeit an Größe zugenommen hat, vorgestellt. Bisher war keine weitere Abklärung des Tumors erfolgt, da man das Operationsrisiko für zu hoch gehalten hatte. Bronchoskopisch konnte kein Tumor gefunden werden. Wegen der Größenzunahme des Tumors wird nun doch die Indikation zur Thorakotomie gestellt. Intraoperativ
zeigt sich ein gut 5 cm durchmessender großer, peripher im linken Oberlappen gelegener Tumor, der bereits zu einer Einziehung der Lungenoberfläche geführt hat. Aufgrund des makroskopischen Befundes muss von einem malignen Tumor ausgegangen werden. Aus diesem Grunde wird eine Oberlappenresektion durchgeführt. Die histologische Diagnose ergibt ein Adenokarzinom des linken Lungenoberlappens.
Benigne nicht epitheliale Tumoren
Benigne nicht epitheliale Tumoren
Hamartome
Hamartome
Definition
n Definition. Bei den Hamartomen handelt es sich um ortsständige Fehlbildungen, die aus demselben Keimblatt stammen wie das übrige Gewebe. Somit liegt eher ein atypisches Differenzierungsprodukt und weniger ein echter Tumor vor.
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26.6.5 Tumoren der Lunge
1043
Hamartome in der Lunge sind überwiegend chondromatös. Sie können sich peribronchial, aber auch subpleural befinden. Sie sind stets gutartig und entarten nie.
Meistens handelt es sich um chondromatöse Hamartome. Sie sind stets gutartig und entarten nie.
Symptome und Diagnose. Hamartome können sich durch Husten und Hämoptysen bemerkbar machen. Im Röntgenbild in 2 Ebenen erkennt man in der Regel eine scharf begrenzte, homogene, rundliche Struktur, die je nach Sitz auch zu Atelektasen- oder Bronchiektasenbildung führen kann. Gelegentlich können auch Verkalkungen sichtbar sein. Eine Bronchoskopie mit Biopsie erbringt nur bei zentralem Sitz die Diagnosesicherung.
Symptome und Diagnose. Husten und Hämoptysen können auftreten. Diagnostisch steht das Röntgenbild in 2 Ebenen im Vordergrund.
Therapie. Die Enukleation, ggf. auch die keilförmige Lungenresektion
(wedge resection), ist die Therapie der Wahl. Nur in seltenen Fällen ist eine Segmentresektion oder gar Lobektomie erforderlich.
Therapie. Die Enukleation oder keinförmige Lungenresektion ist die Therapie der Wahl.
Bronchialadenome
Bronchialadenome
n Definition. Bronchialadenome sind Tumoren, die sich überwiegend in den großen Bronchien, nur sehr selten auch weiter peripher befinden. Sie wachsen überwiegend endobronchial, zum Teil aber auch intramural bzw. extrabronchial.
Definition
Klassifikation. In der früheren Klassifikation wurden Tumoren zusammen-
Klassifikation. Nach der revidierten Klassifikation der WHO von 1981 werden zu den Adenomen nur noch eindeutig gutartige Tumoren gerechnet.
Symptome. Bronchialadenome wachsen polypenartig in die Lichtung eines
Symptome. Durch Bronchialverschluss kann es zu Bronchiektasen und rezidivierenden Pneumonien kommen. Zusätzlich kann es durch Ulzerationen zu Blutungen sowie durch Bronchialstenosen zu Herdemphysemen kommen.
Diagnose. Die Diagnose ist im Rahmen einer Bronchoskopie häufig schon
Diagnose. Die Diagnose lässt sich durch eine Bronchoskopie (meistens starr wegen der Blutungsbereitschaft) stellen.
Therapie. Eine adäquate Therapie der Bronchialadenome ist nur durch die
totale Entfernung des Tumors, meistens im Rahmen einer Lappenentfernung möglich.
Therapie. Totale Entfernung des Tumors, meistens nur im Rahmen einer Lappenentfernung.
Maligne epitheliale Tumoren
Maligne epitheliale Tumoren
Bronchialkarzinom
Bronchialkarzinom
Epidemiologie. Das Bronchialkarzinom war vor 100 Jahren noch eine Seltenheit und fand sich nur bei alten Menschen. Eine rapide Zunahme der Häufigkeit begann in den 20er Jahren und brachte dann alle 10 Jahre eine Verdopplung der Todesfälle, wobei seit ein paar Jahren ein Maximum erreicht zu sein scheint. Das Bronchialkarzinom gehört heute zu den häufigsten Tumorerkrankungen des Mannes in den meisten Industrieländern. Bei Frauen zeigte sich eine Zunahme des Auftretens etwa seit dem Jahre 1960 ( 1 B-26.31). 1995 starben in der Bundesrepublik Deutschland etwa 34 000 Menschen an Lungenkrebs, der Altersgipfel liegt nach chirurgischen Statistiken zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr.
Epidemiologie. Das Bronchialkarzinom hat seit den 20er Jahren ständig an Häufigkeit zugenommen. Es gehört heute zu den häufigsten Tumorerkrankungen des Mannes in den meisten Industrieländern ( 1 B-26.31).
gefasst, die nach ihren histologischen Merkmalen unterschiedlich strukturiert sind. Zu den Adenomen zählten auch die Karzinoide, die Zylindrome und die Mukoepidermoidtumoren. Nach der revidierten histologischen Klassifikation der WHO von 1981 gehören zur Gruppe der Adenome jedoch nur noch eindeutig gutartige epithelial-drüsige Tumoren.
Bronchus hinein und können durch Bronchialverschluss zur Entwicklung von Bronchiektasen und rezidivierenden Pneumonien führen. Zusätzlich können durch Ulzerationen der Oberfläche Blutungen auftreten, durch ventilartige Bronchialstenosen können Herdemphyseme entstehen.
makroskopisch zu stellen. Aufgrund der Blutungsbereitschaft sollte eine Probenentnahme nicht im Rahmen einer Fiberbronchoskopie, sondern möglichst nur mittels eines starren Instrumentes erfolgen. Dies kann im Falle einer massiven Blutung sofort in den Hauptbronchus der gesunden Seite vorgeschoben werden, sodass eine adäquate Belüftung jederzeit gewährleistet ist.
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1044 1 B-26.31
26 Thoraxchirurgie
Synopsis Mortalität verschiedener Krebsformen
40
80
Lunge
Pankreas
Magen
0 1930 Prostata
20
0 1930
Leber 1950
Lunge
1940
Ovarien
1950
1960
1970
1980
1990
b Entwicklung der altersadjustierten Mortalität bei verschiedenen Krebsformen in den USA zwischen 1930 und 1990 (bei Frauen). Pankreas
1940
Kolon und Rektum
Magen
20
60
40
Mammae
400 300
1960
1970
1980
1990
a Entwicklung der altersadjustierten Mortalität bei verschiedenen Krebsformen in den USA zwischen 1930 und 1990 (bei Männern).
200 100
Ätiologie und Pathogenese. Man geht heute davon aus, dass 85–90 % der Faktoren, die das Lungenkarzinom verursachen, dem Tabakrauch zugeschrieben werden können. In etwa 8 % scheinen gewerbliche Substanzen wie Asbest ursächlich zu sein. Luftverschmutzung und andere Faktoren machen nicht mehr als 7 % aus. Neuere Studien haben gezeigt, dass zumindest ein proportionaler (bei höherem Zigarettenkonsum ein exponentieller) Anstieg der jährlichen Neuerkrankungsziffer für das Lungenkarzinom in Abhängigkeit von den täglich konsumierten Zigaretten vorliegt ( 1 B-26.32).
Ätiologie und Pathogenese. Erste epidemiologische Untersuchungen über einen Zusammenhang zwischen dem Zigarettenkonsum und dem Bronchialkarzinom wurden von Doll und Hill in England im Jahre 1951 durchgeführt. Heute ist dieser Zusammenhang unbestritten. Man geht davon aus, dass etwa 85–98 % der Faktoren, welche das Lungenkarzinom verursachen, dem Tabakrauch zugeschrieben werden können. In ca. 8 % scheinen gewerbliche Substanzen wie etwa Asbest ursächlich zu sein. Luftverschmutzung und andere Faktoren machen zusammen nicht mehr als 7 % der kausalen Faktoren aus. Neuere Studien haben gezeigt, dass zumindest ein proportionaler (bei höherem Zigarettenkonsum ein exponentieller) Anstieg der jährlichen Neuerkrankungsziffer für das Lungenkarzinom in Abhängigkeit von den täglich konsumierten Zigaretten vorliegt ( 1 B-26.32).
Klassifikation Histologie Nach der WHO-Klassifikation ( 2 B-26.3) unterscheidet man die nicht kleinzelligen Karzinome
π
π
2 B-26.3
Klassifikation
Histologie: In 2 B-26.3 sind die heute gültigen WHO-Klassifikationen der Lungenkarzinome sowie ihre relativen Häufigkeiten zusammengestellt. Danach werden 4 histologische Typen des Bronchialkarzinoms unterschieden.
Modifizierte WHO-Klassifikation des Bronchialkarzinoms und dessen Häufigkeitsverteilung
Histologische Klassifikation
Häufigkeit
N Plattenepithelkarzinom n π Spindelzellkarzinom N Kleinzelliges Bronchialkarzinom n π Haferzelltyp (»oat-cell type«) π Intermediärer Zelltyp (»intermediate-cell type«) π Kombiniertes Haferzellkarzinom (»combined oat-cell carcinoma«) N Adenokarzinom n π azinäres Adenokarzinom π papilläres Adenokarzinom π solide, schleimbildende Adenokarzinome π bronchiolo-alveoläres Karzinom N Großzelliges Bronchialkarzinom n π Riesenzellkarzinom π hellzelliges Bronchialkarzinom
ca. 40 % ca. 20 %
ca. 20 %
ca. 15 %
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1045
26.6.5 Tumoren der Lunge
1 B-26.32
Synopsis Inzidenz des Bronchialkarzinoms in Abhängigkeit vom Zigarettenkonsum
400 300 200 100 0 0
10
20
30
40
c Zahl der gerauchten Zigaretten pro Tag (Abzisse) und jährliche Neuerkrankungsziffer (Inzidenz) (altersstandardisiert).
Im Hinblick auf Therapie und Prognose des Bronchialkarzinoms erfolgt die Einteilung in 2 Gruppen: π nicht kleinzellige Karzinome (non s mall cell l ung cancer – NSCLC) und π kleinzellige Karzinome ( small cell lung cancer – SCLC). Innerhalb eines Tumors kommen jedoch auch Kombinationen verschiedener histologischer Typen vor. So finden sich beispielsweise in Plattenepithelkarzinomen auch Areale mit kleinzelligen Karzinomzellen. Diese sog. morphologische Heterogenität ist kein seltenes Phänomen, sondern bei vielen Bronchialkarzinomen vorhanden: In 50 % der Plattenepithelkarzinome, in etwa 40 % der Adenokarzinome und in etwa 70% der großzelligen Karzinome. Nur die kleinzelligen Karzinome erscheinen relativ uniform. π Karzinomlokalisation: Neben der histologischen Typisierung gibt es zusätzlich eine WHO-Klassifizierung zur Karzinomlokalisation, die für die Prognose und Operationstaktik von Bedeutung ist: – zentrales Karzinom: ausgehend vom Haupt- oder Lappenbronchus – intermediäres Karzinom: ausgehend vom Segmentbronchus oder übergreifend auf Lappen- und Hauptbronchus – peripheres Karzinom ( 1 B-26.33): ausgehend von den Bronchien V. Ordnung. π TNM-System: Die Definition des TNM-Systems für das Lungenkarzinom in der heute gültigen Fassung (5. Auflage 1997) ist in 2 B-26.4 dargestellt.
1 B-26.33
(non small cell lung cancer – NSCLC) von den kleinzelligen Karzinomen (small cell lung cancer – SCLC). Bei vielen Tumoren findet man Kombinationen verschiedener histologischer Typen nebeneinander (= morphologische Heterogenität).
Karzinomlokalisation: Neben der histologischen Typisierung gibt es eine WHO-Klassifikation zur Karzinomlokalisation, die für die Prognose und Operationsstatistik von Bedeutung ist (zentrales Karzinom, intermediäres Karzinom, peripheres Karzinom) ( 1 B-26.33).
π
π
TNM-System: Die Definition des TNM-Systems in der heute gültigen Fassung ist in 2 B-26.4 dargestellt.
Peripheres Plattenepithelkarzinom Operationspräparat eines aufgeschnittenen peripheren Plattenepithelkarzinoms im rechten Lungenoberlappen bei einem 65-jährigen Patienten.
Um die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der TNM-Klassifikation bezüglich Prognose und Therapie zu vereinheitlichen, wurde im Jahre 1987 eine zusätzliche Stadieneinteilung vorgenommen ( 1 B-26.34). Die gute Korrelation zwischen Prognose und Stadium darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Prognose nicht nur allein vom Tumor abhängt,
Die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der TNM-Klassifikation werden bezüglich Prognose und Therapie in Stadien eingeteilt ( 1 B-26.34).
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26 Thoraxchirurgie
2 B-26.4
TNM-Klassifikation maligner Lungentumoren (International Union Against Cancer, UICC 1997)
T – Primärtumor N TX n Primärtumor kann nicht beurteilt werden, oder Nachweis von malignen Zellen im Sputum oder bei Bronchialspülungen, jedoch Tumor weder radiologisch noch bronchoskopisch sichtbar N T0 n Kein Anhalt für Primärtumor N Tis Carcinoma in situ n N T1 n Tumor 3 cm oder weniger in größter Ausdehnung, umgeben von Lungengewebe oder viszeraler Pleura, kein bronchoskopischer Nachweis einer Infiltration proximal eines Lappenbronchus (Hauptbronchus frei)1 N T2 n Tumor mit wenigstens einem der folgenden Kennzeichen hinsichtlich Größe oder Ausbreitung – Tumor mehr als 3 cm in größter Ausdehnung – Tumor befällt Hauptbronchus, 2 cm oder weiter distal der Carina – Tumor infiltriert viszerale Pleura – assoziierte Atelektase oder obstruktive Entzündung bis zum Hilus, aber nicht der ganzen Lunge N T3 n Tumor jeder Größe mit direkter Infiltration einer der folgenden Strukturen: Brustwand (einschließlich der Sulcus-superior-Tumoren), Zwerchfell, mediastinale Pleura, parietales Perikard; oder Tumor im Hauptbronchus weniger als 2 cm distal der Carina 1 , aber Carina selbst nicht befallen, oder Tumor mit Atelektase oder obstruktiver Entzündung der ganzen Lunge N T4 n Tumor jeder Größe mit Infiltration wenigstens einer der folgenden Strukturen: Mediastinum, Herz, große Gefäße, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper, Carina; vom Primärtumor getrennte Tumorherde im gleichen Lappen; oder Tumor mit malignem Pleuraerguß2 N – Regionäre Lymphknoten N NX regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden n N N0 keine regionären Lymphknotenmetastasen n N N1 Metastase(n) in ipsilateralen peribronchialen und/oder ipsilateralen Hiluslymphknoten (einschließlich n eines Befalls durch direkte Ausbreitung des Primärtumors in intrapulmonale Lymphknoten) N N2 Metastasen in ipsilateralen mediastinalen und/oder subcarinalen Lymphknoten n N N3 Metastasen in kontralateralen mediastinalen, kontralateralen Hilus-, ipsi- oder kontralateralen Skalenusn oder supraklavikulären Lymphknoten M – Fernmetastasen N MX Fernmetastasen können nicht beurteilt werden n N M0 keine Fernmetastasen n N M1 Fernmetastasen, einschließlich vom Primärtumor getrennter Tumorherde in einem anderen Lungenn lappen (ipsilateral oder kontralateral) Stadiengruppierung N Okkultes Karzinom n N Stadium 0 n N Stadium IA n N Stadium IB n N Stadium II A n N Stadium IIB n N Stadium IIIA n N Stadium IIIB n N Stadium IV n
TX Tis T1 T2 T1 T2 T3 T1 T2 T3 T4 jedes T jedes T
N0 N0 N0 N0 N1 N1 N0 N2 N2 N1, N2 jedes N N3 jedes N
M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M0 M1
R-Klassifikation das Fehlen oder Vorhandensein von Residualtumor nach Behandlung kann durch das Symbol R beschrieben werden: N RX n das Vorhandensein von Residualtumoren kann nicht beurteilt werden N R0 n kein Residualtumor N R1 n mikroskopischer Residualtumor N R2 n makroskopischer Residualtumor 1 2
Ein seltener, sich oberflächlich ausbreitender Tumor jeder Größe mit einer nur auf die Bronchialwand begrenzten Infiltration wird auch dann, wenn er sich weiter proximal ausdehnt, als T1 klassifiziert. Die meisten Pleuraergüsse bei Lungenkarzinomen sind durch den Tumor verursacht. Es gibt jedoch einige wenige Patienten, bei denen die mehrfache zytologische Untersuchung des Pleuraergusses negativ und der Erguss weder hämorrhagisch noch exsudativ ist. Wo diese Befunde und die klinische Beurteilung einen tumorbedingten Erguss ausschließen, sollte der Erguss als Kriterium der Klassifikation nicht berücksichtigt und der Tumor als T1, T2 oder T3 eingestuft werden.
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26.6.5 Tumoren der Lunge
1047
sondern auch von anderen patienten- und therapieassoziierten Faktoren. Dennoch kann eine gewisse Prognoseabschätzung aufgrund des Tumorstadiums vorgenommen werden. Bei der Definition der neuen TNM-Klassifikation und der auf ihr beruhenden Stadieneinteilung wurde berücksichtigt, dass die Klassifikation der kleinzelligen Karzinome bisher im Allgemeinen nicht nach TNM erfolgte, sondern in die Gruppe limited, extensive I und extensive II disease eingeteilt wurde. In der jetzigen Klassifikation entsprechen ungefähr die Stadien I-IIIA dem Begriff limited, Stadium IIIB extensive I und Stadium IV extensive II disease. Damit können auch die kleinzelligen Karzinome nach der Stadieneinteilung der UICC klassifiziert werden, wenngleich die Prognose des kleinzelligen Bronchialkarzinoms bei gleichem Stadium im Vergleich zum nicht kleinzelligen Karzinom deutlich schlechter ist.
Aufgrund des Tumorstadiums kann eine gewisse Prognoseabschätzung erfolgen. Die Prognose beim SCLC ist bei gleichem Stadium im Vergleich zum NSCLC deutlich schlechter. Die Klassifikation der kleinzelligen Karzinome erfolgt bisher nicht nach der TNM-Klassifikation. In der jetzigen Klassifikation entsprechen ungefähr die Stadien I-IIIA dem Begriff limited, Stadium IIIB extensive I und Stadium IV extensive II disease.
Metastasierungswege. Das kleinzellige und das nicht kleinzellige Bronchialkarzinom metastasieren bevorzugt in folgende Organe: Gehirn, Leber, Skelett, Nebenniere, Lunge, Pleura und Lymphknoten. Beim SCLC ist das Knochenmark häufig mitbeteiligt (ca. 10 %).
Metastasierungswege. Metastasierung bevorzugt in Gehirn, Leber, Skelett, Nebenniere, Lunge, Pleura und Lymphknoten.
Symptome. Die Symptome sind häufig im Frühstadium besonders spärlich,
Symptome. Manche Tumoren sind völlig symptomlos und werden zufällig entdeckt. Verdächtig sind längerdauernder Reizhusten, Brustschmerzen, Hämoptysen, Dyspnoe, Leistungsknick und Gewichtsabnahme. Je nach Lokalisation des Tumors finden sich zusätzlich Rekurrensparese, Horner-Syndrom oder Armschmerzen. Bei diesem sog. Pancoasttumor handelt es sich um ein Lungenspitzenkarzinom mit Infiltration der Brustwand. Weiterhin können Bronchusstenosen mit poststenotischer Pneumonie und zentrale Tumornekrosen mit Abszedierung auftreten.
gelegentlich können sie auch ganz fehlen. Nicht selten wird ein Tumor im Rahmen einer Röntgen-Thoraxaufnahme rein zufällig entdeckt. Verdächtig sind längerdauernder Reizhusten, Brustschmerzen, Hämoptysen, Dyspnoe, Leistungsknick und Gewichtsabnahme. Je nach Lokalisation des Tumors können hinzutreten: Rekurrensparese bei Infiltration des N. recurrens am Aortenbogen, Horner-Syndrom oder heftige Armschmerzen durch Ummauerung des Armplexus bei einem sog. Pancoasttumor, d.h. einem Karzinom der Lungenspitze mit Infiltration der Brustwand. Nicht selten können Bronchusstenosen mit poststenotischen Pneumonien oder auch zentralen Nekrosen aufgrund eines Tumorzerfalls bzw. eine zentrale Nekrose mit Abszedierung auftreten.
1 B-26.34
Synopsis Stadiengruppierung nach der 5. TNM-Klassifikation (UICC 1997)
M0 N0
N1
Tx
okkult
Tis
0
T1
IA
IIA
T2
IB
IIB
T3
IIB
T4
M1 N2
N3
IV
IIIA IIIB
Daneben sind Symptome durch Hormonproduktion des Tumors im Rahmen eines paraneoplastischen Syndroms möglich. Hierzu zählen z. B. das Cushing-Syndrom (ACTH ), das Karzinoid-Syndrom (vasoaktive Amine ) (s. a. S. 1053) und das Hyperkalzämie-Syndrom (Parathormon ).
Außerdem können Symptome durch Hormonproduktion des Tumors im Rahmen eines paraneoplastischen Syndroms auftreten.
Diagnose. In der Diagnose stehen die Röntgen-Thoraxuntersuchung in 2
Diagnose. Die Röntgen-Thoraxaufnahme in 2 Ebenen ( 1 B-26.35 a) sowie die Fiberbronchoskopie (s. S. 1012) stehen im Vordergrund.
Ebenen ( 1 B-26.35 a) sowie die Fiberbronchoskopie mit Entnahme einer Probeexzision oder einer Lavage (Histologie, Zytologie) im Vordergrund, bei peripherem Sitz des Tumors auch eine Fiberbronchoskopie unter Durchleuchtung (s. S. 1012). Die Bronchoskopie kann die Diagnose in bis zu 70 % aller Fälle sichern.
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26 Thoraxchirurgie
Darüber hinaus kommen der Computertomographie ( 1 B-26.35 b), der Thorakoskopie, der transthorakalen computertomographisch gesteuerten Punktionszytologie sowie der Mediastinoskopie eine weitere Bedeutung zu.
1 B-26.35
Darüber hinaus kommt der Computertomographie ( 1 B-26.35 b) zur Beurteilung des Tumors sowie des Mediastinums, ggf. auch der Thorakoskopie und der transthorakalen computertomographisch gesteuerten Punktionszytologie eine weitere Bedeutung zu. Die Mediastinoskopie kann zur Diagnosesicherung, aber auch zum präoperativen Staging sowie zur Operationsplanung eingesetzt werden.
Synopsis Röntgenbefunde bei Bronchialkarzinom
a Pulmonaler Rundherd links im Röntgenthorax (p.a.).
Therapie π Operative Therapie: Für die nicht kleinzelligen Bronchialkarzinome (NSCLC) gilt, dass nur die chirurgische Entfernung eine Chance auf Heilung erbringt. Die Behandlung des NSCLC ist streng stadienabhängig. Im Stadium I + II ist die operative radikale Tumorentfernung mit kurativem Ansatz als Lobektomie, Pneumonektomie oder Bilobektomie das Verfahren der Wahl ( 1 B-26.37). Ein weiteres Verfahren ist die Manschettenresektion ( 1 B-26.36). Sie sollte, wenn onkologisch möglich, einer Pneumonektomie vorgezogen werden, da eine parenchymsparende Resektion eine wesentlich bessere Lebensqualität beinhaltet. Bei jeder kurativen Operation muss eine systematische Lymphadenektomie der zugehörigen regionalen und mediastinalen Stationen erfolgen.
b Computertomographischer Befund bei pulmonalem Rundherd im linken Oberlappen (Lingulasegment).
Therapie
Operative Therapie: Für die nicht kleinzelligen Bronchialkarzinome gilt, dass nur die chirurgische Entfernung eine Chance auf Heilung erbringt. Die Behandlung des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms ist streng stadienabhängig. Daher ist die Basis für eine Therapieplanung die Kenntnis des exakten Tumorstadiums. Im Stadium I + II ist die operative radikale Tumorentfernung mit kurativem Ansatz das Verfahren der Wahl. Die Lobektomie ist der onkologisch erforderliche kleinstmögliche Eingriff ( 1 B-26.37). Je nach Tumorsitz kann aber auch eine Pneumonektomie oder auf der rechten Seite eine untere Bilobektomie (Entfernung von Unter- und Mittellappen) oder eine obere Bilobektomie (Entfernung von Ober- und Mittellappen) erforderlich werden. Eine weitere Möglichkeit onkologisch adäquat, aber dennoch lungenparenchymsparend zu resezieren, ist die Durchführung einer Manschettenresektion. Hierunter versteht man die Entfernung eines Lappens inklusive eines Bronchussegments, z. B. wenn eine Infiltration aus dem rechten Oberlappen auf den Bronchus intermedius reicht, der Mittel- und Unterlappen aber tumorfrei sind. Eine Bronchusmanschette kann hierbei zwischen Hauptbronchus und Bronchus intermedius reseziert und nach der Lobektomie eine Bronchuskontinuität durch Anastomose des Bronchus intermedius mit dem Stumpf des rechten Hauptbronchus wiederhergestellt werden ( 1 B-26.36). Die Manschettenresektion ist auch auf der linken Seite durchführbar. Sie sollte, wenn onkologisch möglich, immer einer Pneumonektomie vorgezogen werden, da eine parenchymsparende Resektion eine wesentlich bessere postoperative Lebensqualität beinhaltet. Bei jeder Operation mit kurativem Ansatz muss eine systematische Lymphadenektomie der zugehörigen regionalen wie mediastinalen Stationen erfolgen. π
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26.6.5 Tumoren der Lunge
1 B-26.36
Synopsis Manschettenresektion
Tumor
Resektionsgrenzen
a Prinzip der Manschettenresektion, hier am Beispiel eines Tumors des Oberlappens mit Übergreifen auf den rechten Hauptbronchus. Operationssitus bei einer Oberlappenmanschettenresektion rechtsseitig, d.h. der Entfernung des Oberlappens mitsamt einer Hauptbronchusmanschette (61-jähriger Patient).
b Das Präparat ist entfernt, man blickt auf die beiden zu anastomosierenden Bronchusstümpfe.
1 B-26.37
c Zustand nach Herstellung der End-zu-EndAnastomose mittels Einzelknopfnähten, rechts angeschlungen der Stamm der Arteria pulmonalis.
Lobektomie des linken Lungenoberlappens Operationspräparat eines aufgeschnittenen, zentral nekrotisch zerfallenden Plattenepithelkarzinoms des linken Lungenoberlappens bei einem 54-jährigen Patienten.
Im Stadium III a ist die Tumormasse inkl. der befallenen Lymphknoten technisch resektabel. Der Überlebensvorteil einer alleinigen Operation gegenüber adjuvanten oder neoadjuvanten Therapiekonzepten wird kontrovers diskutiert. Zur Zeit laufen weltweit Studien zur Prüfung der geeigneten Verfahrenswahl. Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass die neoadjuvante Therapie, d.h. Beginn der Behandlung mit einer Kombination aus einer Radiochemotherapie gefolgt von einer Operation die besseren Langzeitergebnisse zu erzielen scheint.
Im Stadium III a ist die Tumormasse inkl. der befallenen Lymphknoten technisch resektabel. Allerdings deuten Studienergebnisse darauf hin, dass mit neoadjuvanter Therapie (Beginn der Behandlung mit einer Kombination aus einer Radiochemotherapie, gefolgt von einer Operation) bessere Langzeitergebnisse erzielt werden.
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1050 Im Stadium III b werden ähnliche Therapieansätze wie im Stadium III a evaluiert. Im Stadium IV ist lediglich eine palliative Behandlung möglich, die auf dem »best supportive care«, also einer symptomatischen Therapie der tumorassoziierten Symptome ausgerichtet sein muss. Zum Stadium IV wird auch ein lokal komplett resezierbarer Tumor mit bereits vorhandener isolierter Metastase gezählt. Hier kann eine Resektion des Lungentumors und der Metastase sinnvoll sein. Eine operative Therapie beim kleinzelligen Bronchialkarzinom (SCLC) kommt nur im Stadium I und ggf. II in Betracht. Beim SCLC muss immer eine Kombinationstherapie aus Polychemotherapie und Bestrahlung erfolgen. Operative Technik: Bei der operativen Versorgung von Gefäßen, Bronchien und Parenchym werden neben den klassischen Ligaturen und Umstechungen zunehmend Klammernahtgeräte eingesetzt ( 1 B-26.38). Gerade bei zentralen Strukturen lassen sich hiermit sichere luft- und flüssigkeitsdichte Verschlüsse herstellen. Auch bei der Entfernung peripherer Rundherde geht der Einsatz dieser Geräte mit einer erheblichen Zeitersparnis einher. Stellt sich ein Tumor als intraoperativ nicht resektabel dar, so muss der Eingriff als so genannte Probethorakotomie beendet werden.
26 Thoraxchirurgie Im Stadium III b werden ähnliche Therapieansätze evaluiert, wie sie im Stadium III a diskutiert werden. Auch hier erhält der Stellenwert der Operation eine neue Wertigkeit. Im Stadium IV ist lediglich eine palliative Behandlung möglich. Die Therapie muss auf »best supportive care« ausgerichtet sein. Dieser Begriff bedeutet eine symptomatische Therapie der tumorassoziierten Symptome: Schmerztherapie, antibiotische Therapie, antiemetische Therapie sowie ggf. eine strahlentherapeutische palliative Intervention. Zum Stadium IV gehört auch ein Patient mit einem lokal komplett resezierbarem Tumor, bei dem aber bereits eine isolierte (z. B. Hirn-)Metastase vorhanden ist. In einzelnen Fällen kann es sinnvoll sein, eine Resektion des Lungentumors und der Metastase durchzuführen. Eine operative Therapie beim kleinzelligen Bronchialkarzinom (SCLC) kommt nur im Stadium I und ggf. II in Betracht. In jedem Fall muss bei diesem Tumortyp eine Kombinationstherapie, bestehend aus einer Polychemotherapie und einer Bestrahlung, durchgeführt werden. Operative Technik: Bei den Operationen kommen heute zur Versorgung von Gefäßen, Bronchien und Parenchym neben den klassischen Ligaturen und Umstechungen in zunehmendem Maße auch Klammernahtgeräte zum Einsatz ( 1 B-26.38). Gerade bei den zentralen Strukturen, etwa dem Stamm der Arteria pulmonalis oder dem Hauptbronchus bzw. der Pulmonalvene, lassen sich hiermit sichere luft- und flüssigkeitsdichte Verschlüsse herstellen. Auch bei der Entfernung peripherer Rundherde werden diese Geräte eingesetzt,was eine erhebliche Zeitersparnis bedeutet, da die früher notwendige aufwändige anatomische Präparation der Segmente entfällt und man, ohne Rücksicht auf die Segmentgrenzen nehmen zu müssen, den Herd keilförmig aus dem Lungenparenchym herausnehmen kann. Stellt sich ein Tumor intraoperativ als nicht resektabel dar (z.B. aufgrund einer präoperativ nicht erkannten breiten Infiltration des Mediastinums), so muss der Eingriff als sog. Probethorakotomie beendet werden. Die Zahl der Probethorakotomien ist dank besserer Diagnostik von 16 % auf etwa 2 % zurückgegangen.
1 B-26.38
Intraoperativer Einsatz eines Klammernahtgerätes Operationssitus bei einer Unterlappenresektion. Die Unterlappenvene ist freipräpariert und das Klammernahtgerät eingebracht. Nach Schließen und Auslösen des Gerätes ist die Vene mit einer vollständig dichten Klammernahtreihe versorgt.
Komplikationen: Die Operationsletalität beträgt für Lobektomien etwa 3–5 %, für Pneumonektomien 7–9 %. Wichtigste postoperative Komplikationen sind Blutungen, Pneumonien, Schmerzen (Postthorakotomiesyndrom) und das Auftreten bronchopleuraler Fisteln infolge zentraler Bronchusstumpfinsuffizienz oder Undichtigkeit des Parenchymmantels.
Komplikationen: Die Operationsletalität beträgt heute für eine Lobektomie etwa 3–5 %, für eine Pneumonektomie 7–9 %. Sie steigt ab dem 70. Lebensjahr deutlich an. Wichtigste postoperative Komplikationen sind neben Blutungen vor allem postoperative Pneumonien, Schmerzen im Bereich der Thoraxwand bzw. im Ausstrahlungsgebiet der Interkostalnerven (Postthorakotomiesyndrom). Darüber hinaus können bronchopleurale Fisteln auftreten. Sie sind entweder als Früh- oder Spätkomplikation einer zentralen Bronchusstumpfinsuffizienz (2 %) oder als meist spontan ausheilende Undichtigkeit des Parenchymmantels anzusehen. Die unmittelbar postoperativ (bis zum 7. Tag) auftretende Bronchusstumpfinsuffizienz ist als techni-
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26.6.5 Tumoren der Lunge sche Komplikation anzusehen und stellt deshalb eine Indikation für eine operative Sofortversorgung dar, um das sonst zwangsläufig auftretende Pleuraempyem zu vermeiden. Die spät auftretende Insuffizienz (14 Tage und später) ist Ausdruck einer Heilungsstörung (Durchblutungsstörung) und wird zumeist erst an einem Pleuraempyem erkannt.
Klinischer Fall Ein 55-jähriger Patient, bei dem wegen einer koronaren Herzerkrankung ein 3facher aortokoronarer Venenbypass und in gleicher Sitzung wegen eines nachgewiesenen Oberlappenkarzinoms linksseitig eine atypische Oberlappenresektion unter Belassung eines Teils der Lingula durchgeführt wurde, erholte sich zunächst recht gut von diesem Eingriff. 3 Wochen postoperativ traten septische Temperaturen auf, die zur erneuten stationären Aufnahme führten. Bei einer zunächst angefertigten Röntgen-Thoraxaufnahme zeigte sich ein Pleuraempyem linksseitig. Die sofort eingelegte Thoraxdränage förderte
große Mengen Eiter sowie Luft. Somit lag ein Pleuraempyem aufgrund einer bronchopleuralen Fistel vor. Nach sorgfältiger Spülung des Pleuraraumes wurde eine Bronchoskopie sowie eine gezielte Darstellung der peripheren Parenchymfistel durchgeführt. Es zeigte sich, dass die Fistel sich im Bereich der teilweise verbliebenen Lingula befand. Anschließend wurde Fibrinkleber in den betroffenen Segmentbronchus appliziert und auf diese Weise ein sofortiger Verschluss der Fistel erreicht. Wenige Tage später konnte die Dränage entfernt und der Patient entlassen werden.
π Kombinierte und adjuvante Therapieverfahren: Trotz erheblicher Verbesserungen in der Frühdiagnostik sowie der operativen Behandlung ist die Prognose des Bronchialkarzinoms auch heute noch ungünstig (s.u.). Aus diesem Grund werden ständig neue kombinierte, neoadjuvante und adjuvante Therapieverfahren entwickelt. Für das kleinzellige Bronchialkarzinom ist ein kombiniertes Therapieverfahren, bestehend aus einer Chemotherapie und einer zusätzlichen Strahlentherapie auf den Primärtumor und das Mediastinum, standardisiert. Die Chemotherapie führt im Stadium limited disease zu hohen Remissionsraten, die jedoch häufig nur von begrenzter Dauer sind. Das Wiederauftreten des Tumors kann in der Regel nicht vermieden werden. Wegen der Strahlensensibilität des Tumors wird bei den meisten Therapieschemata eine begleitende Strahlentherapie durchgeführt. Eine Operation kommt, wenn überhaupt, nur im Stadium I und ggf. II als Therapie in Betracht (s.o.). Beim nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom wird die postoperative Bestrahlung des Mediastinums im Falle eines mediastinalen Lymphknotenbefalls heute allgemein als sinnvoll angesehen. Andererseits zeigt dieses Karzinom nur eine geringe Zytostatikaempfindlichkeit. Der Wert dieser adjuvanten Chemotherapie beim operierten Patienten ist noch umstritten. Eine Zusammenfassung der Therapieverfahren ist 2 B-26.5 und 2 B-26.6 zu entnehmen. π Palliative Maßnahmen bei inoperablen Tumoren: Aufgrund der oft relativ langen Verschleppungszeit zwischen Erkrankungsbeginn und Diagnosestellung (im Durchschnitt 4–6 Monate) sind viele Tumoren bereits zum Zeitpunkt der Diagnose aufgrund ihrer anatomischen Lokalisation oder ihrer Ausdehnung nicht mehr operabel. Darüber hinaus kann Inoperabilität auch aufgrund einer zu geringen funktionellen Reserve von Seiten des Patienten
2 B-26.5
Kombinierte und adjuvante Therapieverfahren: Wegen der auch heute noch schlechten Prognose des Bronchialkarzinoms (s.u.) werden ständig neue kombinierte, neoadjuvante und adjuvante Therapieverfahren entwickelt. Für das kleinzellige Bronchialkarzinom ist eine kombinierte Therapie, bestehend aus einer Chemo- und einer Strahlentherapie, standardisiert. Eine Operation kommt, wenn überhaupt, nur im Stadium I und II in Betracht (s.o.). π
Beim nicht kleinzelligen Karzinom wird die postoperative Bestrahlung des Mediastinums im Falle eines mediastinalen Lymphknotenbefalls heute allgemein als sinnvoll angesehen. Eine Zusammenfasung der Therapieverfahren zeigen 2 B-26.5 und 2 B-26.6. Palliative Maßnahmen bei inoperablen Tumoren: Aufgrund der langen Verschleppungszeit zwischen Erkrankungsbeginn und Diagnosestellung oder einer zu geringen funktionellen Reserve vieler Patienten sind nur 30 %
π
Therapieverfahren bei Kleinzeller (SCLC)
Stadium I a + I b
n Chemotherapie gefolgt von Operation N oder N Operation gefolgt von Chemotherapie n
Stadium II a + II b
N Chemotherapie, evtl. konsolidierende Strahlentherapie n
Stadium III a + III b
n Chemotherapie, evtl. konsolidierende Strahlentherapie N oder N Hochdosis-Chemotherapie mit peripherer autologer n Stammzellreinfusion
Stadium IV
N Chemotherapie, »Best supportive care« n
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26 Thoraxchirurgie
2 B-26.6
aller Bronchialkarzinome zum Zeitpunkt der Diagnose noch operabel. Als Palliativmaßnahmen bietet sich bei zentralen Tumoren zur Wiedereröffnung stenosierender Bronchien eine endobronchiale Lasertherapie mit dem Neodym-YAG-Laser an. Ein weiteres Rekanalisationsverfahren bietet die Afterloadingtherapie.
Eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung einer endobronchialen Tumorstenose ist die Einlage einer Endoprothese (Stent) ( 1 B-26.39).
Therapieverfahren bei Nicht-Kleinzeller (NSCLC)
Stadium I a + I b
N Operation n
Stadium II a + II b
N Operation n
Stadium III a
n Operation + adjuvante postoperative Therapie N N Einbringen in eine neoadjuvante Studie mit n präoperativer Therapie + Operation + ggf. postoperativer Therapie
Stadium III b
n Radio-Chemotherapie, keine Operation N N Einbringen in eine neoadjuvante Studie mit n präoperativer Therapie + Operation + ggf. postoperativer Therapie
Stadium IV
n N N n N n N n
Radio-Chemotherapie ggf. palliative Resektion ggf. Resektion von Primärtumor + solitärer Metastase »Best supportive care«
bestehen. Insgesamt sind nur etwa 30 % aller Bronchialkarzinome zum Zeitpunkt der Diagnose noch operabel. Als palliative Therapie lässt sich bei zentralen Tumoren im Bereich der Trachea, der Hauptbronchien, ggf. auch der Lappenbronchien mit Hilfe der endoskopischen Lasertherapie eine Wiedereröffnung der stenosierten Bronchien erreichen und somit eine poststenotische Pneumonie sowie eine Tumorblutung verhindern. Üblicherweise wird die endobronchiale Lasertherapie mit dem Neodym-YAG-Laser durchgeführt. Der therapeutische Effekt beruht auf 2 leistungsabhängigen Wirkungen: der Koagulation bei 20–40 Watt und der Verdampfung bei 60–80 Watt. Der Eingriff wird in Vollnarkose, meistens mit einem starren Bronchoskop oder einem Fiberbronchoskop durchgeführt. Als weiteres Verfahren zur Rekanalisation eines bronchialen Verschlusses steht die Afterloadingtherapie, ggf. kombiniert mit einer perkutanen Strahlentherapie, zur Verfügung. Eine weitere Möglichkeit, eine erneute Tumorstenose zu verhindern, besteht in der Einlage einer Endoprothese (Stent) als Platzhalter ( 1 B-26.39). Diese röhrenförmigen Prothesen bestehen aus Drähten, die wie ein gestricktes Maschenwerk aufgebaut sind. Sie werden auf endoskopischem Wege eingelegt und erst im Bronchialsystem auf den erforderlichen Durchmesser aufgedehnt.
1 B-26.39
Stenteinlage bei Tumorstenose Obduktionspräparat eines 58-jährigen Mannes mit einem malignen Melanom. Wegen einer schweren Dyspnoe aufgrund einer ausgedehnten mediastinalen Lymphknotenmetastasierung mit daraus resultierender Stenose im Bereich der Trachea und der Hauptbronchien wurde ein Stent in die distale Trachea sowie je einer in den rechten und in den linken Hauptbronchus eingelegt.
Prognose. Die Prognose des Bronchialkarzinoms ist schlecht ( 2 B-26.7). Bei Diagnosestellung sind nur 25–30 % der Patienten kurativ operabel.
Prognose. Die Prognose des Bronchialkarzinoms ist insgesamt als schlecht zu bewerten und beim SCLC im Vergleich zum NSCLC nochmals deutlich schlechter. Die stadienabhängige 5-Jahres-Überlebensrate der beiden
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26.6.5 Tumoren der Lunge Tumortypen zeigt 2 B-26.7. Bei Diagnosestellung sind lediglich 25–30 % der Patienten noch kurativ operabel.
2 B-26.7
5-Jahres-Überlebensrate des NSCLC und des SCLC
Stadium
NSCLC
SCLC
Stadium I
68–82 %
50–64 %
Stadium II
47 %
35–42 %
Stadium III a
25–40 % (T3 N0-1 M0) 10–30 % (T1-3 N2 M0) 25 %
10–21 %
< 1%
< 2%
III b Stadium IV
Karzinoid der Lunge (Karzinoidtumoren, APUDome)
Karzinoid der Lunge (s.a. Kap. B-4.9.3)
Der Begriff »Karzinoid« ist unglücklich, da er impliziert, dass der Tumor nur »so ähnlich« wie ein Karzinom ist und somit nicht die Kriterien der Malignität erfüllt. Die Karzinoide zählen zu den neuroendokrinen Tumoren. Zu diesen zählen das Karzinoid, das atypische Karzinoid sowie die kleinzelligen Karzinome. Von diesen 3 Tumorentitäten stellt das Karzinoid die gutartigste, das kleinzellige Karzinom die bösartigste Variante dar. Im Gegensatz zu den Bronchialkarzinomen zeichnen sie sich durch ein sehr langsames Wachstum (Verläufe über 10 bis 20 Jahre) aus. Sie wachsen lokal infiltrierend, die Metastasierungshäufigkeit wird mit 5–22 % angegeben. Der Altersgipfel der Manifestation liegt ohne Geschlechtsbevorzugung im vierten Lebensjahrzehnt. Sie sind wie Karzinoide des Darms von den APUD-Zellen (Amino-Precursor-Uptake-Derivates) abzuleiten und können endokrin aktiv sein, wobei Serotonin, Kalzitonin, Endothelin und zahlreiche weitere Peptide und Peptidvorstufen im Tumorgewebe nachgewiesen worden sind. Meistens wird ein stärkeres extrabronchial gerichtetes Wachstum als eine intraluminale polypöse Tumorentwicklung beobachtet (sogenanntes Eisbergphänomen) ( 1 B-26.40).
Es wächst lokal infiltrierend, die Metastasierungshäufigkeit wird mit 5–22 % angegeben.
(s.a. Kap. B-4.9.3)
1 B-26.40
Wie die Karzinoide des Darmes sind sie von den APUD-Zellen abzuleiten und können endokrin aktiv sein.
Meistens wird ein stärkeres extrabronchial gerichtetes Wachstum als eine intraluminale polypöse Tumorentwicklung beobachtet (sog. Eisbergphänomen) ( 1 B-26.40).
Karzinoid Bronchoskopisches Bild eines Karzinoids im rechten Hauptbronchus bei einer 27-jährigen Patientin. Erkennbar ist die glasige und gefäßreiche Tumoroberfläche.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die chirurgische Resektion. Sie muss
den allgemeinen onkologischen Radikalitätskriterien folgen, d.h. als Minimaleingriff ist eine Lobektomie durchzuführen. Die endoskopische Tumorabtragung oder eine Wedgeresektion werden nur als palliative Maßnahme, oder bei Patienten, die funktionell eine onkologische Operation nicht ver-
Therapie der Wahl ist die chirurgische Resektion (Minimaleingriff: Lobektomie) mit systematischer Lymphadenektomie. Die endoskopische Tumorabtragung oder eine Wedge-Resektion
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26 Thoraxchirurgie
werden nur palliativ oder bei Patienten mit Kontraindikation für die radikale Resektion durchgeführt.
kraften würden, durchgeführt. Eine systematische Lymphadenektomie ist ebenfalls Standard.
Lungenmetastasen
Lungenmetastasen
Die Lunge ist durch ihren Kapillarfilter häufiger Manifestationsort hämatogener Metastasen.
Die Lunge ist durch ihren Kapillarfilter häufiger Manifestationsort hämatogener Metastasen. Die lymphogene Metastasierung geht meist von karzinomatös befallenen Hilusknoten aus. Sie kann auch in subpleuralen Lymphgefäßen beginnen oder von einer Lungenmetastase ausgehen. Tumoren, die besonders häufig in die Lunge metastasieren, zeigt 2 B-26.8. Auch gastrointestinale Tumoren können nach primärem Befall der Leber sekundär in die Lunge metastasieren. Bei einem nachgewiesenen Adenokarzinom in der Lunge sollte immer eine Primärtumorsuche durchgeführt werden, da anhand der Histologie nicht entschieden werden kann, ob eine Lungenmetastase eines andernorts gelegenen Adenokarzinoms oder das relativ seltene primäre Adenokarzinom der Lunge vorliegt.
Tumoren, die besonders häufig in die Lunge metastasieren zeigt 2 B-26.8. Bei einem nachgewiesenen Adenokarzinom der Lunge sollte immer eine Primärtumorsuche durchgeführt werden.
2 B-26.8
Die chirurgische Therapie der Lungenmetastasen besteht in der keilförmigen Exzision des Tumors mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand (mindestens 1 cm). Die Metastasenchirurgie der Lunge ist nur indiziert, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind.
26.7
Thoraxverletzungen
Häufige Primärtumoren bei Lungenmetastasen
N Chorionkarzinom n
N Osteosarkom n
N Hodentumor n
N Weichteilsarkom n
N Tumoren des Kopf-Hals-Bereiches n
N Morbus-Hodgkin-Lymphom n
N Ewing-Sarkom n
N Schilddrüsenkarzinom n
N Nierenkarzinom n
N Mammakarzinom n
N malignes Melanom n
N Prostatakarzinom n
Die chirurgische Therapie von Lungenmetastasen besteht in der keilförmigen Exzision des Tumors mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand vom Tumorrand (mindestens 1 cm). Bei zentral sitzenden Metastasen kann eine Lobektomie oder Pneumonektomie in Einzelfällen indiziert sein. Die operative Entfernung von Lungenmetastasen ist nur sinnvoll, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind: Der Primärtumor bzw. ein evtl. vorhandenes lokoregionäres Tumorrezidiv müssen vollständig entfernt sein, die Fernmetastasen müssen auf die Lunge beschränkt sein und hier entweder solitär oder nur vereinzelt vorkommen. Eine längere Tumorverdoppelungszeit (mehr als 40 Tage) wird als Voraussetzung für einen anhaltenden Erfolg angesehen. Allerdings ist die Tumorverdoppelungszeit häufig nicht zu bestimmen. Ein Beobachten über 3–6 Monate (keine oder nur geringe Größenzunahme, keine neuen Metastasen) gilt als zu riskant, da Metastasen auch ihrerseits metastatisch streuen können.
26.7
Thoraxverletzungen
Die mit dem Thoraxtrauma verbundenen Gefahren bestehen meist in Störungen der Respiration und Hämodynamik. Oberstes Ziel ist daher die Normalisierung der kardiopulmonalen Funktion.
Die mit dem Thoraxtrauma verbundenen Gefahren für den Verletzten lassen sich bis auf wenige Ausnahmen auf Störungen der Respiration und Hämodynamik beziehen. Auch wenn Herz und Lunge nicht unmittelbar verletzt sind, werden sie durch Beeinträchtigung des Gasaustausches und des Strömungsvolumens funktionell in Mitleidenschaft gezogen. Oberstes Ziel muss daher immer die Normalisierung der kardiopulmonalen Funktion sein.
26.7.1 Stumpfe Thoraxverletzungen
26.7.1
Definition
Stumpfe Thoraxverletzungen
n Definition. Bei stumpfen Thoraxverletzungen handelt es sich um eine Verletzung des Brustkorbes und/oder der darin enthaltenen Organe ohne Verbindung des Pleuraraumes mit der Außenluft.
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26.7.1 Stumpfe Thoraxverletzungen
Thoraxprellung (Commotio thoracis) n Definition. Es handelt sich um eine stumpfe Verletzung des Thorax ohne knöcherne Beteiligung.
Thoraxprellung (Commotio thoracis) Definition
Ätiologie. Ursache einer Thoraxprellung ist ein stumpfes Trauma durch
Ätiologie. In der Regel findet sich ein Schlag oder Anprall als Ursache.
Symptome. Die Patienten klagen über Druckschmerz über dem betroffenen
Symptome. Es finden sich atemabhängige Schmerzen, Druckschmerzen und Schonatmung.
Diagnose. In erster Linie handelt es sich um eine klinische Diagnose. Bei
Diagnose. Eine Röntgenaufnahme des Thorax in 2 Ebenen muss erfolgen.
Therapie. Bei der Behandlung steht die symptomatische, d.h. analgetische
Therapie. Wichtig ist eine analgetische Behandlung, um einer Pneumonie vorzubeugen. Bei unklarem Befund erfolgt die stationäre Überwachung.
Thoraxquetschung (Contusio thoracis)
Thoraxquetschung (Contusio thoracis)
Schlag oder Anprall. Bei 79 % aller Thoraxverletzungen finden sich initial keine äußeren Verletzungszeichen. Im weiteren Verlauf können sich dennoch Prellmarken an der Haut abzeichnen.
Areal, atemabhängige Schmerzen und Schonatmung.
jeder Thoraxverletzung muss zwingend eine Röntgenaufnahme des Thorax in 2 Ebenen durchgeführt werden. Ergeben diese Röntgenbilder Verletzungen, müssen u.U. spezielle Aufnahmen angefertigt werden.
Behandlung im Vordergrund, da es sonst durch schmerzbedingte Schonatmung zu einer Pneumonie kommen kann. Bei unklarem Befund sollte die stationäre Überwachung erfolgen, um sich im Verlauf manifestierende Begleitverletzungen (z.B. Lungenkontusion, s.u.) zu erfassen.
n Definition. Hierbei handelt es sich um eine Thoraxwandverletzung unter Mitbeteiligung intrathorakaler Organe, wobei Rippenfrakturen in Kombination mit einer Lungenkontusion am häufigsten vorkommen.
Ätiologie. Wie bei der Thoraxprellung entsteht die Thoraxquetschung durch
Schlag oder Anprall, jedoch mit deutlich stärkerer Gewalteinwirkung. Die Lungenkontusion ist die häufigste Begleitverletzung des stumpfen Thoraxtraumas. Es kommt hierbei zu Läsionen des Lungenparenchyms mit nachfolgendem interstitiellen Lungenödem. Als Folge von Einblutungen in das Lungenparenchym mit lokalem Ödem tritt im Verlauf häufig eine Pneumonie auf. Je nach Ausmaß der Verletzungen kann es nach Stunden oder Tagen zur Dyspnoe bis hin zur Ateminsuffizienz kommen. n Merke. Bei Kindern tritt die Lungenkontusion aufgrund des elastischen Brustkorbs häufig ohne Rippenfraktur auf.
Definition
Ätiologie. Schlag oder Anprall mit im Vergleich zur Prellung stärkerer Gewalteinwirkung. Die Lungenkontusion ist die häufigste Komplikation der Thoraxquetschung. Es kommt zur Lungenparenchymverletzung mit interstitiellem Lungenödem. Als Folge von Einblutungen kann es zu einer Pneumonie, zur Dyspnoe bis hin zur Ateminsuffizienz kommen. Merke
Eine Sonderform der Thoraxquetschung ist das Perthes-Syndrom (Compressio thoracis). In Folge eines reflektorischen Glottisverschlusses kommt es zu einer intrathorakalen Druckerhöhung. Durch die klappenlosen Venen von Kopf und Hals wird der Druck nach kranial fortgeleitet, sodass es zu petechialen Einblutungen in diesen Bereichen kommt.
Perthes-Syndrom (Compressio thoracis): Es handelt sich um eine Thoraxquetschung mit intrathorakaler Druckerhöhung aufgrund eines reflektorischen Glottisverschlusses.
Symptome. Wie bei der Brustkorbprellung kommt es zu atemabhängigen
Symptome. Wie bei Thoraxprellung (s.o.). Beim Perthes-Syndrom finden sich petechiale Einblutungen im Kopf- und Halsbereich.
Diagnose. Die Röntgen-Thoraxaufnahme in 2 Ebenen ist obligat, bei Ver-
Diagnose. Röntgen-Thoraxaufnahmen in 2 Ebenen sowie »knöcherne« Zielaufnahmen bei Verdacht auf Rippenfrakturen müssen durchgeführt werden. Radiologische Verlaufskontrollen sind nötig.
Schmerzen und Schonatmung der betroffenen Seite. Bei der Compressio thoracis (Perthes-Syndrom) finden sich petechiale Einblutungen in der oberen Körperhälfte und im Bereich der Augen (Retina, Glaskörper).
dacht auf Rippenfraktur (deutlicher lokalisierter Druckschmerz) soll grundsätzlich eine »knöcherne« Zielaufnahme bzw. knöcherner Hemithorax durchgeführt werden. Radiologische Verlaufskontrollen erfassen das gesamte Ausmaß der Lungenverletzung häufig erst nach Tagen.
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26 Thoraxchirurgie
Therapie. Stationäre Aufnahme, analgetische Behandlung und intensive
Therapie. Je nach Schwere und Verlauf der Verletzung reicht das Spektrum von der analgetischen Behandlung mit Atemtherapie bei einfachem Verlauf bis hin zur intensivmedizinischen Behandlung mit Intubation und Beatmung.
Atemtherapie sind notwendig, um einer Pneumonie vorzubeugen. In schweren Fällen mit Ateminsuffizienz ist eine Intubation und intensivmedizinische Behandlung notwendig. Kommt es als Folge der Lungenkontusion zu einer Pneumonie, muss nach mikrobiologischer Testung antibiotisch behandelt werden.
Rippenfrakturen
Rippenfrakturen
Definition
n Definition. Man unterscheidet Frakturen der oberen und unteren Rippen, Rippenserienfrakturen (mindestens 3 Rippen einer Seite sind frakturiert) und Rippenstückbrüche. Bei letzteren ist eine Rippe mehrfach gebrochen. Sog. Separationen sind Frakturen des Knorpel-KnochenÜberganges.
Ätiologie. Direkte oder indirekte Gewalteinwirkung auf den Brustkorb.
Ätiologie. Direkte oder auch indirekte Gewalteinwirkung auf den Brustkorb. Die Verletzungsschwere reicht von der unkomplizierten Fraktur einer Rippe ohne wesentliche Störung der Atemmechanik bis hin zur Rippenserienfraktur mit instabilem Thorax und Ateminsuffizienz, die eine sofortige Intubation notwendig macht.
Symptome. Zeichen der Rippenfraktur sind atemabhängige Schmerzen, nachschleppende Atembewegung der betroffenen Seite, Druckschmerz und selten Krepitationen. Bei ausgedehnten Rippenserienfrakturen oder Rippenstückbrüchen kann es zur instabilen Thoraxwand mit paradoxer Atmung und Ateminsuffizienz kommen.
Symptome. Zeichen der Rippenfraktur sind atemabhängige Schmerzen
Diagnose. Die Röntgen-Thoraxaufnahme in 2 Ebenen und eine »knöcherne« Aufnahme sind immer durchzuführen. Je nach Verletzungsmuster muss nach Begleitverletzungen gesucht werden. Frakturen der 1.–3. Rippe werden durch beträchtliche Gewalt hervorgerufen. Begleitverletzungen wie Gefäßund Plexusschäden oder Rupturen des Tracheobronchialbaumes müssen ausgeschlossen werden.
Merke
und nachschleppende Atembewegungen der betroffenen Seite. Charakteristischerweise findet sich über der Fraktur ein deutlicher Druckschmerz, evtl. eine Krepitation. Eine instabile Thoraxwand mit paradoxer Atmung ist Folge einer Rippenserienfraktur oder kann durch Rippenstückbrüche verursacht sein. Typisch sind inspiratorische Einziehungen und exspiratorische Auswärtsbewegungen der betreffenden Brustkorbseite. Durch die Pendelluft zwischen beiden Lungen mit mangelndem Gasaustausch (Totraumventilation) kommt es zur Ateminsuffizienz (s. a. offener Pneumothorax, S. 1059).
Diagnose. Wie bei allen Thoraxverletzungen soll zunächst eine Röntgenauf-
nahme des Brustkorbes in 2 Ebenen und zusätzlich ein »knöcherner« Hemithorax mit dem Zentralstrahl im Bereich des größten Schmerzes durchgeführt werden. Entsprechend dem Verletzungsmuster (s.u.) muss nach Begleitverletzungen gesucht bzw. müssen radiologische Verlaufskontrollen durchgeführt werden. Frakturen der oberen Rippen (1.–3. Rippe) werden durch erhebliche Gewalteinwirkung hervorgerufen, da der Schultergürtel die obere Thoraxregion wie ein Wall schützt. Begleitverletzungen wie Plexusschäden, Gefäßverletzungen oder Rupturen des Tracheobronchialbaumes sind auszuschließen. n Merke. Die Indikation zur Angiographie ist gegeben bei: fehlendem Puls der oberen Extremität π raschem Auftreten eines Hämatothorax π sensiblen oder motorischen Ausfällen der Hand. π
Frakturen der unteren Rippen können typischerweise zu intraabdominellen (Milz, Leber) oder zu retroperitonealen (Nieren) Begleitverletzungen führen. Sonographische Verlaufskontrollen des Abdomens und ein Urinsediment gehören zur Diagnostik bei Frakturen der unteren Rippen. Therapie. Unkomplizierte Rippenfrakturen werden analgetisch behandelt.
Bei Frakturen der unteren Rippen können durch die fehlende stabilisierende Verbindung mit dem Sternum intraabdominelle (Leber, Milz) oder retroperitoneale Organe (Nieren) mitverletzt werden. Eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens und ein Urinsediment gehören zur Primärdiagnostik. Diese Untersuchungen sollten nach einigen Stunden wiederholt werden, um zeitlich verzögert auftretende Komplikationen (z.B. zweizeitige Milzruptur) rechtzeitig erkennen zu können.
Therapie. Einfache Rippenfrakturen werden analgetisch behandelt. Liegt eine Rippenserienfraktur vor, ist die stationäre Überwachung und radiologi-
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26.7.1 Stumpfe Thoraxverletzungen sche Verlaufskontrolle obligat. Beim Auftreten eines Hämato- oder Pneumothorax (s.u.) muss eine Bülau-Dränage gelegt werden. Bei instabiler Thoraxwand (ausgedehnte Rippenserienfraktur) mit Ateminsuffizienz muss der Patient intubiert und mit endexspiratorischem Überdruck (PEEP) beatmet werden. Ob die Behandlung mit dieser »inneren Schienung« fortgeführt wird oder ob eine operative Stabilisierung der Rippen notwendig ist, kann später entschieden werden. In der Regel ist die maschinelle Beatmung die Therapie der Wahl. Nur in sehr seltenen Fällen erfolgt eine Stabilisierung der Thoraxwand durch eine Osteosynthese.
Beim Hämato- oder Pneumothorax muss eine Thoraxdränage gelegt werden. Eine instabile Thoraxwand mit Ateminsuffizienz wird durch Intubation und Überdruckbeatmung (PEEP) behandelt (»innere Schienung«).
Komplikationen. Die häufigsten Komplikationen bei Rippenfrakturen sind Hämatothorax, Pneumothorax oder Lungenkontusion. Auch an intraabdominelle oder retroperitoneale Verletzungen ist zu denken. Die Patienten müssen stationär zur analgetischen Behandlung und zur Überwachung aufgenommen werden. Beim Auftreten der oben genannten Begleitverletzungen (Gefäßabriss, Milz-, Leber-, Nierenverletzung) ist die operative Behandlung indiziert.
Komplikationen. Hämatothorax, Lungenkontusion und Pneumothorax sind die häufigsten Komplikationen bei Rippenfrakturen.
Sternumfraktur
Sternumfraktur
Ätiologie. Ein direktes Trauma auf das Brustbein ist meistens die Ursache dieser Verletzung (typische Autounfallverletzung), bei der das Sternum nach dorsal verformt wird. Es kann dabei zu einer Contusio cordis kommen. In der Regel handelt es sich um Querfrakturen zwischen Korpus und Manubrium sterni.
Ätiologie. Direkte Gewalteinwirkung auf das Sternum unter möglicher Beteiligung des Herzens (Contusio cordis). In der Regel liegt eine Querfraktur vor.
Symptome. Es besteht ein heftiger Druckschmerz über der Fraktur, gleichzeitig atemabhängige Schmerzen. Bei Sternumfrakturen können begleitende Rippenfrakturen und Knorpelsprengungen auftreten.
Symptome. Es bestehen atemabhängige Schmerzen und ein z.T. heftiger Druckschmerz über der Fraktur.
Diagnose. Obligat ist die Röntgen-Thoraxübersichtsaufnahme und eine seit-
Diagnose. Obligat sind eine RöntgenThoraxübersichtsaufnahme und eine seitliche Aufnahme des Sternums. Ggf. Ultraschalluntersuchung oder konventionelle Tomographie.
liche Aufnahme des Sternums. Bei unklaren Befunden kann eine Ultraschalluntersuchung, ggf. eine konventionelle Tomographie des Sternums durchgeführt werden, da erst hier der Frakturspalt sichtbar wird. Zwingend erforderlich ist ein EKG und die Bestimmung der Herzenzyme (CK-MB, GOT, LDH), um eine Contusio cordis auszuschließen. Wichtig ist der zeitliche Verlauf des Enzymmusters.
Therapie. Patienten mit einer Sternumfraktur müssen stationär überwacht
werden. Bei unkompliziertem Verlauf ist eine analgetische Behandlung ausreichend.
Treten Begleitverletzungen auf, ist die operative Behandlung indiziert.
Das EKG und die Herzenzyme müssen ebenfalls untersucht werden, um eine Contusio cordis auszuschließen. Therapie. Stationäre Überwachung. Eine analgetische Behandlung erfolgt wie bei Rippenfrakturen.
Komplikationen. Bei einer Contusio cordis kann es zu Herzrhythmusstörungen mit entsprechenden hämodynamischen Veränderungen kommen.
Komplikationen. Als Folge der Herzverletzung können Herzrhythmusstörungen auftreten.
Lungenkontusion
Lungenkontusion
n Definition. Die Lungenkontusion ist eine Schädigung des Lungenparenchyms als Folge einer Gewalteinwirkung.
Ätiologie. Nach stumpfen, aber auch bei spitzen Thoraxverletzungen mit Übertragung der Gewalt auf die Lunge kommt es zur hämorrhagischen Durchsetzung des Parenchyms. Gleichzeitig auftretende Permeabilitätsveränderungen verursachen ein interstitielles und alveoläres Ödem mit Mikroatelektasen. Diese Veränderungen können zu einem intrapulmonalen Rechts-links-Shunt und dadurch zur arteriellen Hypoxie (respiratorische Insuffizienz) führen. Einteilung. Stellt sich die Lungenverletzung nur radiologisch dar, handelt es
sich um eine einfache Lungenkontusion. Liegt die arterielle Sauerstoffsättigung unter der Norm, handelt es sich um eine Lungenkontusion mit respiratorischer Insuffizienz.
Definition
Ätiologie. Einblutungen in das Lungenparenchym sowie interstitielles und alveoläres Ödem können zur respiratorischen Insuffizienz führen.
Einteilung. Stellt sich die Lungenverletzung nur radiologisch dar, handelt es sich um eine einfache Lungenkontusion. Liegt die Sauerstoffsättigung unter der Norm, handelt es sich um eine Lungenkontusion mit respiratorischer Insuffizienz.
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26 Thoraxchirurgie
Symptome. Die Begleitverletzungen (Rippenfrakturen, Pneumothorax) stehen zunächst symptomatisch im Vordergrund.
Symptome. Die Beschwerden sind abhängig vom Ausmaß der Lungenverlet-
Diagnose. Die Röntgenbefunde reichen von diffusen, weich abgegrenzten kleinfleckigen Verschattungen über großflächige Infiltrate bis zur Verschattung ganzer Lungenlappen ( 1 B-26.41). Wichtig ist die Wiederholung der Röntgenaufnahmen und Blutgasanalysen im zeitlichen Verlauf.
Diagnose. Das Thoraxröntgenbild kann zunächst völlig unauffällig sein. Die Röntgenbefunde reichen von diffusen, weich abgegrenzten, kleinfleckigen Verschattungen über großflächige Infiltrate bis zur Verschattung ganzer Lungenlappen ( 1 B-26.41). Wichtig sind wiederholte Röntgenaufnahmen der Lunge im zeitlichen Verlauf, um die Diagnose einer Lungenkontusion stellen zu können. Für die arterielle Blutgasanalyse gilt das gleiche Vorgehen, da nur so der Zeitpunkt zur Intervention rechtzeitig erkannt werden kann.
zung und werden von den Begleitverletzungen (Rippenfrakturen, Pneumothorax), die häufig symptomatisch im Vordergrund stehen, überdeckt. Da sich Lungenkontusionen erst im Verlauf von Stunden entwickeln, können sie klinisch und radiologisch zunächst »stumm« sein.
1 B-26.41
Lungenkontusion Röntgenbild bei einer schweren rechtsseitigen Rippenserienfraktur mit Lungenkontusion. Der anfänglich aufgetretene Pneumothorax wurde bereits mit einer Thoraxdränage versorgt (26-jährige Motorradfahrerin).
Therapie. Ausreichende Analgesie und aktive Atemtherapie sind wichtige Maßnahmen. In schweren Fällen erfolgt eine maschinelle Beatmung mit PEEP.
Therapie. Aktive intensive Atemtherapie bei Lungenkontusion ohne respi-
Komplikationen. Pneumonien treten häufig auf. Die Folgen können ein ARDS mit Ateminsuffizienz sein.
Komplikationen. Häufig entwickelt sich eine Pneumonie bei den Patienten.
26.7.2
26.7.2
Penetrierende Thoraxverletzungen Traumatischer Pneumothorax Definition
Ätiologie. Verletzungen der Thoraxwand und der Pleura parietalis (Stichund Schussverletzungen) verursachen einen äußeren, Defekte der Pleura visceralis (Lungenverletzungen) einen inneren Pneumothorax. Ein Pneumothorax kann geschlossen, offen oder wie ein Ventil sein. Demnach wird der geschlossene vom offenen Pneumothorax unterschieden.
ratorische Insuffizienz. Wichtiger ist die ausreichende Analgesie bei bestehenden Begleitverletzungen (z.B. Rippenfrakturen). Bei respiratorischer Insuffizienz ist die maschinelle Beatmung mit endexspiratorischem Überdruck (PEEP) die Therapie der Wahl.
Ein Übergang in eine Schocklunge bzw. ein Acute respiratory distress syndrome (ARDS) ist möglich.
Penetrierende Thoraxverletzungen
Traumatischer Pneumothorax n Definition. Beim traumatischen Pneumothorax gelangt aufgrund einer Verletzung Luft in die Pleurahöhle.
Ätiologie. Perforierende Verletzungen der Thoraxwand können ebenso wie
stumpfe Thoraxtraumen mit Verletzung der Lunge einen Pneumothorax verursachen. Bei Leckagen der Pleura visceralis handelt es sich um einen inneren, bei Leckagen der Pleura parietalis um einen äußeren Pneumothorax. Ein äußerer Pneumothorax tritt nach Stich-, Schuss- und Pfählungsverletzungen auf, ein innerer nach Rippenfrakturen oder stumpfen Thoraxtraumen mit Verletzung der Lunge. Der Defekt kann sich spontan verschließen, dauernd offen bleiben oder sich wie ein Ventil verhalten, das nur Luft bei Inspiration einströmen lässt. Demnach unterscheidet man einen geschlossenen und einen offenen Pneumothorax.
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26.7.2 Penetrierende Thoraxverletzungen
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Beim geschlossenen Pneumothorax besteht keine Verbindung mehr zur Außenluft. Je nach Lokalisation kann es sich um einen inneren oder äußeren geschlossenen Pneumothorax handeln (s.o.). Die Lunge kann je nach Zeitdauer und Größe der Öffnung mehr oder weniger kollabiert und damit atelektatisch sein. Die Durchblutung besteht weiterhin, jedoch fehlt, wenigstens zum Teil, die Oxygenierung, und es kommt zur venösen Beimischung im Bereich dieser Lunge (Rechts-links-Shunt). Ist die Lungenoberfläche 3 cm von der Thoraxwand entfernt, besteht eine Verminderung des Lungenvolumens um 50 %. Beim offenen Pneumothorax besteht eine dauernde Verbindung von Pleurahöhle und Außenluft. Dies kann in Form einer Lungenverletzung als innerer offener Pneumothorax (s.o.) vorliegen. Die Lunge kollabiert meistens komplett. Hinzu kommt, dass die betroffene Lunge den Atemexkursionen der Thoraxwand nicht folgen kann, dadurch entsteht Pendelluft mit mangelndem Gasaustausch. Durch die Bewegungen der gesunden Seite kann es zum Mediastinalpendeln (Mediastinalflattern) mit Abknickung der unteren Hohlvene und Behinderung des venösen Rückstroms zum Herzen kommen. Als Folge entsteht eine Herz-Kreislauf-Insuffizienz. Der Spannungspneumothorax ist eine Sonderform des Pneumothorax. Er ist durch einen Ventilmechanismus bedingt, bei dem Luft während der Inspiration in die betroffene Pleurahöhle gesaugt wird. Bei Exspiration schließt sich der Defekt, und die angesaugte Luft kann nicht entweichen. Dadurch kommt es zum Überdruck in der Pleurahöhle mit Mediastinalverdrängung zur gesunden Seite. Die Folge ist eine Kompression des Herzens mit Behinderung des venösen Rückstroms bis hin zum Schock.
Beim geschlossenen Pneumothorax bestand nur kurz eine Verbindung mit der Außenluft. Beim ausgedehnten Pneumothorax ist die Lunge z.T. kollabiert und damit atelektatisch. Die Folge ist eine Beimischung venösen Blutes (Rechts-links-Shunt).
Symptome. Beim einfachen Pneumothorax finden sich Dyspnoe und atem-
Symptome. Die Symptome reichen beim einfachen Pneumothorax von Schmerzen und Dyspnoe über die Ateminsuffizienz beim offenen Pneumothorax bis zur Zyanose, Tachykardie und Einflussstauung mit Atem- und Kreislaufinsuffizienz und Schock beim Spannungspneumothorax.
Diagnose. Abgeschwächtes bis aufgehobenes Atemgeräusch und hyperso-
Diagnose. Das Atemgeräusch ist abgeschwächt, der Klopfschall tympanitisch. Radiologisch werden ein Spitzen-, ein Mantel-, ein Total- und ein Spannungspneumothorax mit Mediastinalverschiebung unterschieden.
Therapie. Beim Spitzen- oder Mantelpneumothorax kann der Spontanver-
Therapie. Beim Spitzen- oder Mantelpneumothorax kann unter Kontrolle der Spontanverlauf abgewartet werden. Ausgedehnte Pneumothoraces müssen durch Einlage einer Dränage mit Sog behandelt werden (s. a. S. 1019).
abhängige Schmerzen der betroffenen Seite. Beim offenen Pneumothorax kommt es durch den weitgehenden Lungenkollaps zusätzlich zur Ateminsuffizienz. Beim Spannungspneumothorax kommt es als klinisches Zeichen der venösen Abflussbehinderung zu einer zunehmenden Zyanose, Tachykardie und Einflussstauung. Insgesamt resultiert ein akut lebensbedrohlicher Zustand als Folge einer Atem- und Kreislaufinsuffizienz.
norer Klopfschall sind die physikalischen Zeichen des einfachen Pneumothorax. Im Röntgenbild ist die fehlende Lungenzeichnung charakteristisch. Je nach Ausmaß des Lungenkollapses unterscheidet man radiologisch einen Spitzenpneumothorax, über der Lungenspitze, einen Mantelpneumothorax mit einem ca. 1–2 cm breiten lateralen Saum und einen Totalkollaps der Lunge. Beim Spannungspneumothorax findet sich zusätzlich eine Mediastinalverschiebung zur gesunden Seite.
lauf unter radiologischer und klinischer Kontrolle abgewartet werden, da geringere Luftmengen resorbiert werden. Bei ausgedehnten Pneumothoraces muss zur Entfaltung der Lunge der Unterdruck im Pleuralspalt durch eine Dränage mit Saugung wiederhergestellt werden (s. a. S. 1019). Beim reinen Pneumothorax sollte sie im 2. ICR in der vorderen Medioklavikularlinie gelegt werden, da die Luft nach oben steigt (liegender Patient!). Es kann sich dabei um eine dünnlumige Dränage handeln, die an einen Sog von –20 cm H2O angeschlossen wird. Nach Einlage der Dränage und Saugung ist eine radiologische Lage- und Erfolgskontrolle obligat. Beim äußeren offenen Pneumothorax mit Verletzung der Thoraxwand muss zunächst ein lockerer, luftdurchlässiger (cave: Ventilmechanismus!) Verband angelegt werden. Nach Einlage einer Bülau-Dränage kann die Wunde verschlossen und ein Sog an die Dränage angelegt werden. Der lebensbedrohliche Zustand beim Spannungspneumothorax erfordert eine sofortige Entlastung des Überdrucks in der Pleurahöhle durch Einlage einer Bülau-Dränage (4. ICR, hintere Axillarlinie). Im Notfall muss eine Punktion mit einer dicklumigen Kanüle im 2. ICR medioklavikular erfolgen. Die Kanüle sollte mit einem Fingerling, der wie ein Überdruckventil wirkt, versorgt werden (Tiegel-Kanüle). Anschließend
Beim offenen Pneumothorax findet sich ein ausgedehnter Kollaps der Lunge; fehlende Atemexkursionen und dadurch entstehende Pendelluft sind die Folge. Das Mediastinum wird mitbewegt (Mediastinalflattern), dadurch kann es zum Abknicken der unteren Hohlvene mit Herz-Kreislaufinsuffizienz kommen. Beim Spannungspneumothorax kommt es durch einen Ventilmechanismus zum Überdruck in der betroffenen Thoraxseite mit Verdrängung des Mediastinums zur gesunden Seite. Es resultiert eine Kompression des Herzens mit venöser Abflussbehinderung bis zum Schock.
Beim offenen Pneumothorax wird zunächst ein lockerer Wundverband und dann eine Bülau-Dränage angelegt. Der Spannungspneumothorax erfordert die sofortige notfallmäßige Entlastung der Pleurahöhle durch eine Kanüle (2. ICR medioklavikular). Anschließend erfolgt die Einlage einer Bülau-Dränage.
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26 Thoraxchirurgie
Keine Intubation und Beatmung, bevor die betroffene Pleurahöhle entlastet ist.
erfolgt die Einlage einer Bülau-Dränage. Eine Beatmung darf vor Behebung des Spannungspneumothorax und Einlage einer Dränage nicht durchgeführt werden. Ist die Atemmechanik wiederhergestellt, kann die Ursache der Störung behandelt werden.
Hämatothorax
Hämatothorax
Definition
n Definition. Blutungen in die Pleurahöhle werden als Hämatothorax bezeichnet.
Ätiologie. Ursächlich kann jede Art von Verletzung mit Beteiligung der Pleura sein. Dies gilt für penetrierende Verletzungen ebenso wie für stumpfe Thoraxtraumen.
Ätiologie. Ein Hämatothorax ist die Folge von Verletzungen der Lunge, der Pleura oder der Thoraxwand. Ursachen können sein: Punktionen (Pleurapunktion, zentrale Venenwege), Verletzungen im Bereich des Tracheobronchialsystems, Rippenfrakturen, Aortenrupturen und in seltenen Fällen Spontanrupturen von Lungenzysten oder Lungentumoren.
Symptome. Je nach Ausprägung der Blutung finden sich Dyspnoe, atemabhängige Schmerzen, abgeschwächtes Atemgeräusch, Klopfschalldämpfung, Hb-Abfall und Schocksymptome.
Symptome. Die Patienten klagen über Dyspnoe und atemabhängige
Diagnose. Die Thoraxröntgenübersicht zeigt eine homogene Verschattung der betroffenen Seite.
Diagnose. Im Thoraxröntgenbild findet sich eine homogene Transparenz-
Therapie. Zur Entlastung und Kontrolle der Blutungsmenge wird eine BülauDränage eingelegt (s. a. S. 1019). Eine operative Therapie ist bei längerdauernder Blutung von > 100 ml/h indiziert.
Therapie. Es muss eine Thoraxdränage zur Entlastung der Pleurahöhle und
zur Kontrolle der Blutungsmenge eingelegt werden (s. a. S. 1019). Die komplette Entleerung der Pleurahöhle verhindert eine Schwartenbildung mit späterer Fesselung der Lunge. Eine operative Therapie ist bei längerdauernder Blutung von > 100 ml/h indiziert.
Chylothorax
Chylothorax
Definition
Schmerzen. Bei der Untersuchung finden sich ein abgeschwächtes Atemgeräusch, eine Klopfschalldämpfung und je nach Schwere der Blutung ein Hb-Abfall und Schocksymptome.
minderung der betroffenen Seite. Bei Aufnahmen im Stehen zeigen sich erst Flüssigkeitsmengen von > 400–500 ml.
n Definition. Es handelt sich um eine Chylusansammlung im Pleuraraum.
Ätiologie. Meistens handelt es sich um eine Verletzung des Ductus thoracicus. Weitere Möglichkeiten sind Verlegung des Ganges durch Tumoren oder Entzündungen.
Ätiologie. Ein Chylothorax ist fast immer Folge einer Verletzung des Ductus thoracicus oder der Cisterna chyli nach Traumen. Häufiger jedoch verursachen iatrogene Verletzungen im Rahmen von Thoraxeingriffen z.B. Ösophagusresektion oder Eingriffe an der Aorta einen Chylothorax. Andere seltenere Ursachen sind Verlegung des Lymphabflusses durch Tumoren oder Entzündungen (z.B. Tuberkulose). Eine Rarität ist eine kongenitale Fehlanlage, die immer mit einem Chylaskos (Chylus im Abdomen) einhergeht.
Symptome. Wie bei einem Pleuraerguss finden sich Klopfschallverkürzung und abgeschwächtes Atemgeräusch.
Symptome. Die Symptome sind wie bei einem Pleuraerguss Klopfschallver-
Diagnose. Das Punktat ist milchig-trüb mit hohem Eiweiß- und Fettgehalt.
Diagnose. Die Punktion milchig-trüber Flüssigkeit mit einem Fettgehalt von
Therapie. Zunächst Einlage einer Dränage und Abwarten des Spontanverlaufs. Ggf. ist eine Ligatur indiziert.
Therapie. Die Behandlung ist zunächst konservativ. Einlage einer Dränage
kürzung und abgeschwächtes Atemgeräusch. Bei großen Chylusmengen hat der Patient Dyspnoe.
0,4–4 %, einem Eiweißgehalt bis zu 30 % und Lymphozyten ist beweisend.
und Abwarten des Spontanverlaufs unter fettarmer Diät, um die Chylusproduktion zu drosseln. Sistiert die Chylusproduktion nicht, ist eine operative Ligatur des Ductus thoracicus indiziert.
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26.7.2 Penetrierende Thoraxverletzungen
Hautemphysem
Hautemphysem
n Definition. Es handelt sich um eine verletzungsbedingte Luftansammlung im Unterhaut- und Muskelgewebe.
Definition
Ätiologie. Es kommt zur traumatisch bedingten Kommunikation von lufthaltigen Organen mit dem subkutanen Bereich. Sie tritt häufig auf bei Bronchus- oder Trachealverletzungen.
Ätiologie. Ursächlich sind verletzungsbedingte Verbindungen von lufthaltigen Organen mit der Subkutis.
Symptome. Bei Palpation der aufgetriebenen Hautareale ( 1 B-26.42) findet
Symptome. Es finden sich aufgedunsene Haut und Knistern bei der Palpation ( 1 B-26.42).
Diagnose. Im Röntgenbild zeigen sich typische streifige Aufhellungen in den Weichteilen.
Diagnose. Typische streifige Aufhellungen in den Weichteilen sind im Röntgenbild zu erkennen.
sich ein Knistern (Schneeballknirschen).
1 B-26.42
Hautemphysem Hautemphysem am linken Augenlid bei einem Patienten, bei dem eine linksseitige Lobektomie durchgeführt wurde. Aufgrund einer persistierenden bronchopleuralen Fistel gelangt die Luft vom Thorax aus im Subkutangewebe bis zum linken Augenlid, wo das Emphysem am Ort des geringsten Widerstandes in Erscheinung tritt.
Therapie. Bestand nur eine geringgradige Verletzung, ist eine Behandlung des Hautemphysems nicht notwendig, da die Luft resorbiert wird. Ist eine Lungenfistel die Ursache, sollte eine Dränage gelegt werden.
Therapie. Bei Lungenbeteiligung erfolgt die Einlage einer BülauDränage.
Mediastinalemphysem
Mediastinalemphysem
n Definition. Es handelt sich um eine Luftansammlung im Mediastinum als Folge einer Verletzung.
Definition
Ätiologie. Durch eine traumatische Eröffnung der Pleura mediastinalis tritt
Ätiologie. Ursache ist eine Verbindung von lufthaltigen Organen mit dem Mediastinum.
Symptome. Es finden sich meistens ein Hautemphysem (s.o.), eine Dyspnoe
Symptome. Es finden sich ein Hautemphysem, evtl. eine Einflussstauung und Dyspnoe ( 1 B-26.43).
Therapie. Bei kleineren Defekten (Abnahme des Mediastinalemphysems im
Therapie. Bei einer Mediastinitis muss eine Mediastinaldränage und antibiotische Behandlung durchgeführt werden. Die weitere Behandlung hängt von der Ursache ab.
Luft in das Mediastinum über. Typische Verletzungen sind Ösophagusperforation, Bronchus- oder Trachealruptur.
und bei massiver Ausprägung eine Einflussstauung. Als Folge der Verletzung kann es zu einer Mediastinitis kommen ( 1 B-26.43).
weiteren Verlauf) kann zunächst abgewartet werden. Bei Ausbildung einer Mediastinitis muss eine antibiotische Behandlung und Dränage durch jugulare Mediastinotomie erfolgen. Bei größeren Defekten erfolgt je nach Ursache (Ösophagusperforation, Pneumothorax) der operative Verschluss der Leckage und/oder die Einlage einer Thoraxdränage.
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1062 1 B-26.43
26 Thoraxchirurgie
Synopsis Mediastinalemphysem und seine klinischen Folgen
Ruptur des linken Hauptbronchus
a Normalzustand.
Lungenruptur Definition
b Durch die Entwicklung des Mediastinalemphysems entsteht ein Überdruck im Mediastinum mit Kompression der im Mediastinum gelegenen Venen (V. cava superior, V. brachiocephalica sinistra) und daraus resultierender Einflussstauung.
c Typisches Bild einer oberen Einflussstauung mit aufgedunsenem Gesicht bei traumatischer Trachealruptur und Hautemphysem.
Lungenruptur n Definition. Zerreißung oder Berstung von Lungenparenchym als Folge stumpfer oder spitzer Gewalteinwirkung.
Ätiologie. Die Lungenruptur ist meist Folge von schweren Traumen.
Ätiologie. Lungenlazerationen oder Lungenrupturen sind meist Folge direk-
Symptome. Ateminsuffizienz, Blutung und Pneumothorax sind typisch für eine Lungenruptur. Hämoptysen sind Zeichen einer bronchialen Beteiligung.
Symptome. Der Patient ist ateminsuffizient, häufig auch als Folge von
Diagnose. Je nach Schwere der Verletzungen finden sich alle radiologischen Zeichen des Thoraxtraumas.
Diagnose. Wie bei allen Erkrankungen oder Verletzungen des Thorax erfolgt zunächst die Röntgenaufnahme des Thorax in 2 Ebenen sowie eine CT. Radiologisch und klinisch finden sich die Zeichen eines Pneumo- oder Hämatothorax (s.o.).
Therapie. Zunächst erfolgt eine Behandlung der Komplikationen (Blutungen, Pneumothorax), bei Ateminsuffizienz Intubation und Beatmung. Bei Fortbestehen der Leckage (Fistelung) oder bei Nekrose von Lungenparenchym ist die Operationsindikation gegeben.
Therapie. Die oben genannten Verletzungsfolgen müssen zunächst mit
ter Gewalteinwirkung oder perforierender Verletzungen (z.B. Rippenfraktur). Es kommt je nach Schwere der Verletzung zum Hämato- bzw. Pneumothorax.
Begleitverletzungen (Pneumothorax) und aufgrund des Schocks. Klinisch findet sich ein abgeschwächter oder hypersonorer Klopfschall. Bei bronchialer Beteiligung kommt es zu Hämoptysen.
einer Thoraxdränage versorgt werden. Der ateminsuffiziente Patient wird intubiert und beatmet. Der klinische Verlauf entscheidet über die Notwendigkeit eines operativen Vorgehens. Bei anhaltender Blutung (Hb-Kontrolle, Förderung großer Dränagemengen), ausgedehnten Thoraxwandverletzungen oder anhaltendem Lungenkollaps trotz adäquater Dränage (z.B. Bronchusriss) ist die Indikation zur Operation gegeben. Kleinere Parenchymdefekte werden übernäht, nekrotisches Gewebe wird reseziert.
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1063
26.7.2 Penetrierende Thoraxverletzungen Schussverletzungen werden nach den gleichen Kriterien versorgt, obligat ist jedoch die Exzision und Versorgung des Schusskanals.
Schussverletzungen werden nach den gleichen Kriterien versorgt, obligat ist jedoch die Exzision und Versorgung des Schusskanals.
Explosionstrauma
Explosionstrauma
n Definition. Hierbei handelt es sich um eine Kombinationsverletzung aus Lungenzerreißungen (-rupturen) und Lungenkontusionen, hervorgerufen durch eine Druckwelle.
Definition
Symptome. Entsprechend der Schwere des Traumas können eine Dyspnoe, eine leichte, respiratorische Insuffizienz, Hämoptysen und ein interstitielles und alveoläres Lungenödem auftreten. Weiterhin können sich als Verletzungsfolge alle klinischen Symptome, die durch einen Pneumo- oder Hämatothorax bedingt sind, entwickeln.
Symptome. Auftreten können Dyspnoe, Ateminsuffizienz, Hämoptysen, Lungenödem und alle klinischen Zeichen einer Pleura- oder Thoraxwandverletzung.
Diagnose. Das radiologische Bild hängt von der Schwere der Verletzung und
Diagnose. Je nach Schwere der Verletzung können vom unauffälligen Befund bis zum ausgedehnten Hämato-/Pneumothorax mit Lungenkontusion alle Übergangsformen auftreten.
Therapie. Zunächst Einlage einer Thoraxdränage, Überwachung und je nach
Therapie. Bülau-Dränage und intensivmedizinische Behandlung sind obligat. Eine Resektion ist bei infizierten Nekrosen und Abszessbildung indiziert.
Trachea- und Bronchusverletzungen
Trachea- und Bronchusverletzungen
vom zeitlichen Verlauf ab. Es finden sich vom unauffälligen Ausgangsbefund bis zum ausgedehnten Hämato-/Pneumothorax mit Lungenkontusion (s.o.) alle Übergangsformen.
weiterem Verlauf intensivmedizinische Behandlung. Bei großen Defekten des Lungenparenchyms mit Nekrosen und Abszessbildung kann die Resektion indiziert sein.
n Definition. Rupturen des Tracheabronchialsystems sind meistens Folge von sehr schweren stumpfen Thoraxtraumen, insbesondere bei Kindern mit elastischem Thorax.
Definition
Symptome. Da Trachea und Bronchusverletzungen selten isoliert auftreten, finden sich fast alle Symptome möglicher Thoraxverletzungen. Hämato-, Pneumothorax, Atelektase und Haut- bzw. Mediastianalemphysem sind Folgen der Bronchusruptur. Besonders bei einem Pneumothorax, der trotz adäquater Dränage nicht behoben werden kann, muss nach Bronchusverletzungen gesucht werden.
Symptome. Es können sich alle Zeichen der Thoraxverletzung zeigen. Hämatound Pneumothorax, Atelektase sowie Haut- bzw. Mediastinalemphysem sind typisch.
Diagnose. Radiologische Befunde wie beim Explosionstrauma (s.o.). Wichtig ist die Bronchoskopie, um das Ausmaß und die Lokalisation der Verletzung vor der Operation festzustellen.
Diagnose. Die Bronchoskopie dient zur Lokalisation der Bronchusverletzung.
Therapie. Zunächst erfolgt die Dränage der betroffenen Thoraxseite. Beim
Therapie. Zunächst erfolgt eine Dränage des Thorax, dann operative Versorgung der Ruptur durch Naht bzw. Reanastomosierung bei Abriss.
Einreißen eines Bronchus oder der Trachea erfolgt die Naht des Defektes, beim Abriss die Reanastomosierung.
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Traumatologie
27
Traumatologie
Allgemeine Traumatologie
Hans-Jörg Oestern; Michael Dürig 27.1
Allgemeine Traumatologie
27.1
27.1.1
Frakturenlehre
27.1.1 Frakturenlehre
n Definition. Eine Fraktur ist die Unterbrechung des Knochens in 2 oder mehrere durch den Frakturspalt getrennte Bruchstücke.
Definition
Frakturmechanismen
Frakturmechanismen
Unter den Frakturmechanismen, die einen Knochenbruch herbeiführen, werden vornehmlich 4 Ursachen unterschieden. Hierzu gehören die: π direkte Fraktur, die durch eine adäquate, äußere Gewalteinwirkung auf den Knochen (direktes Trauma beim Fußballspielen oder Stoßstangenanpralltrauma) hervorgerufen wird ( 1 B-27.1 a) π indirekte Fraktur durch Biegung, Drehung, Stauchung, Scherung, Abriss (Unterschenkeldrehbruch beim Skifahren, Abscherbruch am Knöchel) ( 1 B-27.1 b) π pathologische oder Spontanfraktur am krankhaft veränderten Knochen ohne adäquates Trauma. Die krankhaften Veränderungen können durch primäre Knochentumoren oder Metastasen verursacht sein. Bevorzugt in die Knochen metastasieren das Schilddrüsen-, Mamma-, Bronchial-, Prostataund das Nierenzellkarzinom. Zu einer generalisierten Knochenschwächung führen auch die Osteogenesis imperfecta oder die Osteoporose ( 1 B-27.1 c) π Ermüdungsbruch (ca. 2 % aller Frakturen). Eine persistierende mechanische Überbeanspruchung durch ungewohnte Biegebeanspruchung führt zu einem Missverhältnis zwischen Belastung und Anpassungsfähigkeit des gesunden Knochens. In der Folge kann es ohne angemessenen Unfallmechanismus zu einem Ermüdungsbruch kommen ( 1 B-27.1 d).
Man unterscheidet im Wesentlichen 4 Frakturmechanismen: π direkte Fraktur. Sie wird durch eine adäquate, äußere Gewalteinwirkung auf den Knochen verursacht ( 1 B-27.1 a). π indirekte Fraktur ist die Folge einer Hebel- oder Drehkraft auf den Knochen ( 1 B-27.1 b). π pathologische oder Spontanfraktur durch Krafteinwirkung auf einen krankhaft veränderten Knochen ohne adäquates Trauma ( 1 B-27.1 c). π Ermüdungsbruch als Folge des Missverhältnisses zwischen Belastung und Anpassungsfähigkeit des Knochens durch ungewohnte Biegebeanspruchung ( 1 B-27.1 d).
Frakturformen
Frakturformen
Die Frakturform wird durch Art und Umfang der Gewalteinwirkung sowie die Struktur und mechanische Belastbarkeit des Knochens bestimmt. Entsprechend der direkten und indirekten Gewalteinwirkung werden die Bruchformen wie folgt unterschieden:
Die Frakturform wird durch Art und Umfang der Gewalteinwirkung sowie die Struktur und mechanische Belastbarkeit des Knochens bestimmt. Man unterscheidet folgende Bruchformen:
Biegungsbruch
Biegungsbruch
Der Biegungsbruch entsteht durch ein direktes oder indirektes Biegemoment, das die Konvexseite des Knochens auf Zug und die Konkavseite auf Druck belastet. Hierdurch wird an der Konkavseite ein sog. Biegungskeil ausgesprengt ( 1 B-27.2).
Der Biegungsbruch entsteht durch ein direktes oder indirektes Biegemoment, das die Konvexseite des Knochens auf Zug und die Konkavseite auf Druck belastet ( 1 B-27.2).
Dreh- oder Torsionsbruch
Dreh- oder Torsionsbruch
Diese Frakturen entstehen immer indirekt, wenn 2 gegenläufige Kräfte auf den Knochen einwirken. Die Frakturlinien verlaufen immer gleichlinig oder zur Drehrichtung. Bei einem schwachen Drehmoment resultiert eine lange Spiralfraktur, während ein starkes Drehmoment zu einem kurzen Drehbruch führt. Ein zusätzliches Biegungs- oder Stauchungsmoment ist für die Bildung eines Drehkeils verantwortlich ( 1 B-27.3).
Diese Frakturen entstehen immer indirekt, wenn 2 gegenläufige Kräfte auf den Knochen einwirken ( 1 B-27.3).
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27 Traumatologie
Synopsis
Frakturmechanismen
a Direkte Fraktur durch eine angemessene äußere Gewalteinwirkung auf den Knochen.
b Indirekte Fraktur durch Drehung im Knochen. Der Drehmechanismus erzeugt Zugspannungen, die zu einem spiralförmigen Bruch führen.
c Pathologische oder Spontanfraktur durch Überlastung des durch einen krankhaften Prozess geschädigten Knochengewebes bei Tumoren, Tumormetastasen oder der juvenilen Knochenzyste.
d Ermüdungsbruch am Metatarsale II/III bei einem langdauernden Missverhältnis zwischen Belastung und Anpassungsfähigkeit des Knochens (Marschfraktur).
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27.1.1 Frakturenlehre
1 B-27.2
Biegungsbruch Z
D
K
Entstehung eines Biegungsbruchs: Auf der Seite der einwirkenden Gewalt (Konkavseite = K) kommt es zur Druckspannung (D) mit Aussprengung eines Biegungskeils. Auf der Konvexseite kommt es zur Zugspannung (Z), welche zum Einreißen des Knochens führt.
1 B-27.3
Synopsis
Dreh- oder Torsionsbruch
b Beispiel eines Oberschenkeldrehbruchs.
a Ein Dreh- oder Torsionsbruch entsteht durch indirekte Gewalt im Sinne zweier gegenläufiger Kräfte.
Abrissfraktur
Abrissfraktur
Sie entsteht durch Zugkräfte, die durch ein Band oder einen Sehnenansatz auf den Knochen übertragen werden, wobei die Bruchlinie quer zur Zugrichtung verläuft. Typische Beispiele sind die Olekranonfraktur (M. triceps), die Fraktur an der Basis des Os metatarsale V (M. peronaeus brevis), die Fraktur der Tuberositas tibiae (M. quadriceps), der Trochanter-minor-Abriss (M. iliopsoas) und der Supinationsbruch des Außenknöchels ( 1 B-27.4).
Sie entsteht durch Zugkräfte, die durch ein Band oder einen Sehnenansatz auf den Knochen übertragen werden, wobei die Bruchlinie quer zur Zugrichtung verläuft ( 1 B-27.4).
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1068
27 Traumatologie
1 B-27.4
Synopsis Abrissfraktur
Abrissfraktur durch Zugkräfte eines Ligamentes oder Sehnenansatzes auf den Knochen.
a Tuberositas tibiae
b Olekranon
Abscherfraktur
Abscherfraktur
Bei Abscherfrakturen wirken neben Zug- auch Scher- und Schubkräfte auf den Knochen ein. Hier greifen 2 Kraftmechanismen in entgegengesetzter Richtung aufeinander ein. Der Bruchspalt verläuft parallel zur Scherkraft ( 1 B-27.5).
Bei Abscherfrakturen wirken neben Zug- auch Scher- und Schubkräfte auf den Knochen ein. Hier greifen Kraftmechanismen in entgegengesetzter Richtung aufeinander ein. Der Bruchspalt verläuft parallel zur Scherkraft, z.B. Supinationstrauma des Sprunggelenkes mit Abscherfraktur des Innenknöchels, Abscherfraktur des Azetabulums am hinteren Pfannenrand und die Meißelfraktur des Radiusköpfchens ( 1 B-27.5).
1 B-27.5
Synopsis Abscherfraktur
a Meißelfraktur des Radiusköpfchens.
Kompressions- oder Stauchungsbruch Dieser Bruch entsteht vornehmlich im spongiösen Knochen und ist mit einem irreversiblen Substanzverlust verbunden ( 1 B-27.6).
c Azetabulumfraktur am hinteren b Abscherfraktur des InnenPfannenrand. knöchels im Rahmen einer Supinationsfraktur des oberen Sprunggelenkes.
Kompressions- oder Stauchungsbruch Dieser Bruch entsteht vornehmlich im spongiösen Knochen von Epi- oder Metaphysen, der Wirbelkörper, der Hand- und Fußwurzelknochen. Als Folge kommt es zu einem irreversiblen Substanzverlust ( 1 B-27.6).
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1069
27.1.1 Frakturenlehre
Trümmerbruch
Trümmerbruch
Er ist immer Folge einer erheblichen Gewalteinwirkung. Durch Zusammenwirken unterschiedlicher Mechanismen kann es zu Berstung und Aufsplitterung des Knochens kommen. Neben der Defektbildung besteht ein hohes Risiko begleitender Weichteilverletzungen. Als Beispiel gilt die Schussfraktur. Bei den Trümmerbrüchen existieren definitionsgemäß mehr als 6 Fragmente ( 1 B-27.7).
Er ist immer Folge einer erheblichen Gewalteinwirkung, die zu Berstung und Aufsplitterung des Knochens führen kann. Bei den Trümmerbrüchen existieren definitionsgemäß mehr als 6 Fragmente ( 1 B-27.7).
Unvollständiger Knochenbruch
Unvollständiger Knochenbruch
Hierzu gehören Ausrisse und Fissuren, die nicht zu einer vollständigen Kontinuitätsunterbrechung geführt haben. Meistens ist ein Periostschlauch einseitig erhalten geblieben. Die Brüche werden im Kindesalter Grünholzfrakturen genannt ( 1 B-27.8).
Die Kontinuitätsunterbrechung ist nicht vollständig, meist ist ein Periostschlauch einseitig erhalten. Die Brüche werden im Kindesalter Grünholzfrakturen genannt ( 1 B-27.8).
1 B-27.6
Kompressions- oder Stauchungsbruch
1 B-27.7
Trümmerbruch
1 B-27.8
Unvollständiger Knochenbruch
Trümmerfraktur des Unterschenkels mit zahlreichen Knochenfragmenten, die bei Verlust des Kontaktes mit dem Periost devitalisiert sein können.
Luxationsfraktur
Luxationsfraktur
Bei ihr liegt neben einer gelenknahen Fraktur gleichzeitig eine Luxation mit einer Abscherung knorpeltragender Gelenkteile vor. Die Prognose wird durch die begleitenden Kapsel-, Band- und Meniskusschäden bestimmt.
Neben einer gelenknahen Fraktur liegt gleichzeitig eine Luxation mit einer Abscherung knorpeltragender Gelenkteile vor.
Verschiebung der Bruchstücke
Verschiebung der Bruchstücke
Nur bei wenigen Frakturen ist die Gewalteinwirkung so gering, dass keine Verschiebung resultiert. Wir sprechen dann von unverschobenen Brüchen. In den meisten Fällen kommt es jedoch zu einer Dislokation der Fragmente.
Nur bei wenigen Frakturen ist die Gewalteinwirkung so gering, dass keine Verschiebung resultiert (unverschobene Brüche).
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1070 Dislokationsmöglichkeiten sind: π seitliche Fragmentverschiebung ( 1 B-27.9) π Verdrehung bzw. Rotation π Verkürzung ( 1 B-27.10) π Verlängerung π Achsenknick.
27 Traumatologie Folgende Dislokationsmöglichkeiten werden unterschieden: π seitliche Fragmentverschiebung (Dislocatio ad latus) ( 1 B-27.9 ) π Verdrehung bzw. Rotation (Dislocatio ad peripheriam) π Verkürzung (Dislocatio ad longitudinem cum contractione) ( 1 B-27.10 ) π Verlängerung (Dislocatio ad longitudinem cum distractione) π Achsenknick (Dislocatio ad axim). Bei der Achsabknickung wird zwischen Varus- und Valgusfehlstellung sowie Antekurvations- und Rekurvationsfehlstellung unterschieden.
1 B-27.9
Dislocatio ad latus
Oberschenkelquerbruch mit einer seitlichen Fragmentverschiebung.
1 B-27.10
Dislocatio ad longitudinem cum contractione
Oberschenkelquerbruch mit einer Verkürzung durch Muskelzug.
AO-Klassifizierung der Frakturen
AO-Klassifizierung der Frakturen
Das Prinzip dieser Klassifikation besteht in der Unterteilung aller Frakturen eines Knochensegmentes in 3 Typen, die ihrerseits in 3 Gruppen und 3 Untergruppen unterteilt werden. Jeder lange Röhrenknochen ist beziffert; die Malleolen bilden eine Ausnahme ( 1 B-27.11).
Das Prinzip dieser Klassifikation besteht in der Unterteilung aller Frakturen eines Knochensegments in 3 Typen, die ihrerseits in 3 Gruppen und 3 Untergruppen unterteilt werden. Jeder lange Röhrenknochen ist beziffert und hat 3 Segmente: das proximale, das diaphysäre und das distale Segment. Die Malleolen bilden eine Ausnahme und sind als 4. Segment der Tibia/Fibula zuzuordnen ( 1 B-27.11). Die Frakturen sind nach zunehmendem Schweregrad entsprechend ihrer morphologischen Komplexität, dem Schwierigkeitsgrad ihrer Behandlung und der Prognose a-nummerisch geordnet. Die Frakturen des diaphysären Segmentes sind entweder einfach (Typ A) oder mehrfragmentär. Bei den mehrfragmentären Frakturen werden Keilfrakturen (Typ B) und komplexe Frakturen (Typ C) unterschieden ( 1 B-27.12). Das Wesen einer einfachen Fraktur liegt darin, dass bei einer gedachten Reposition die Kortikalis beider Hauptfragmente aufeinander stehen. Bei den Typ-B-(Keil-)Frakturen führt die Reposition nur zu einer Verbindung einer Kortikalis der beiden Hauptfragmente, während bei den C-Frakturen aufgrund der Trümmerzone keine Möglichkeit eines direkten Kontaktes der beiden Hauptfragmente besteht.
Die Frakturen sind nach zunehmendem Schweregrad entsprechend ihrer morphologischen Komplexität, dem Schwierigkeitsgrad ihrer Behandlung und der Prognose a -nummerisch geordnet. Man unterscheidet Typ-A-, -B- und -C-Frakturen ( 1 B-27.12).
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27.1.1 Frakturenlehre
1 B-27.11
1071
Synopsis Nummerierung aller Knochen oder Knochengruppen
Die Knochen werden fortlaufend nummeriert (z. B. Humerus 1). Die langen Röhrenknochen werden zusätzlich eingeteilt in: proximal (1), diaphysär (2), distal (3). Beispiel: Diaphyse des Humerus = Knochensegment 12.
92
91.2 91.3
11
∏1
12 13
∏ 2
∏5
21 22
61
∏6
23
∏7
31 62
∏3
32 33 91.1 41
∏4
42 43
44
∏8
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1072 1 B-27.12
27 Traumatologie
Synopsis AO-Klassifikation diaphysärer und meta-/epiphysärer Frakturen
Humerus (1)
Radius/Ulna (2)
Femur (3)
Tibia/Fibula (4) Segment
Diaphyse
Meta-/Epiphyse
proximal (1) A
1
B
2
C
3
diaphysär (2)
distal (3) (Malleolar 4)
a Lokalisation der Frakturen.
b Fraktureneinteilung der langen Röhrenknochen mit den Typen: A = einfache Fraktur, B = Keilfraktur, C = komplexe Fraktur. Eine weitere nummerische Unterteilung bezieht sich auf die endständigen Segmente: 1 = metaphysäre, extraartikuläre Frakturen. 2 und 3 = metaphysäre intraartikuläre Frakturen.
Frakturen im Kindesalter
Frakturen im Kindesalter
Nach einer Fraktur kann es zur Spontankorrektur kommen. Während Seitenverschiebungen vollständig korrigiert werden, hängt die Korrektur der Achsenabknickung sowohl von der Art der Fraktur als auch der Lokalisation ab. Am besten werden Achsenabweichungen am proximalen Humerus und distalen Radius ausgeglichen. Auch Rotationsfehler (z. B. Oberschenkel, Oberarm) erfahren einen vollständigen Ausgleich. Verlängerungen werden nicht ausgeglichen. Demgegenüber können Verkürzungen, die mit einer erheblichen Seitenverschiebung verbunden sind aufgrund der vermehrten Umbauvorgänge teilweise korrigiert werden. Insbesondere Schaftfrakturen und epiphysennahe Metaphysenfrakturen können über eine Epiphysenstimulation zu Wachstumsstörungen führen.
Die Besonderheiten des kindlichen Skeletts werden durch die Epiphysenfuge mit Bestimmung des Längenwachstums, dem Endost und Periost mit ihrem Einfluss auf Form und Dicke des diaphysären Knochens und den Epiphysen, die die Größe der Gelenke ausmachen, bestimmt. Bei einer Fraktur kann das Zusammenspiel dieser Vorgänge zur posttraumatischen Spontankorrektur führen. Während Seitenverschiebungen und Rotationsfehler vollständig korrigiert werden, hängt die Korrektur der Achsenabknickung sowohl von der Art der Fraktur als auch der Lokalisation ab. Am besten werden sie am proximalen Humerus und distalen Radius ausgeglichen. Im Gegensatz zu Verlängerungen, die nicht ausgeglichen werden, können sich Verkürzungen, die mit einer erheblichen Seitenverschiebung verbunden sind, aufgrund der vermehrten Umbauvorgänge teilweise spontan korrigieren. Wachstumsstörungen sind von der Dauer der Umbauvorgänge abhängig. Insbesondere nach Schaftfrakturen und epiphysennahen Metaphysenfrakturen kommt es zu einer Stimulation der distal und proximal der Fraktur gelegenen Epiphysen. Am Oberschenkel ist z. B. bei 70 % aller Patienten mit einem Längenwachstum von 1 cm zu rechnen.
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27.1.1 Frakturenlehre
1073
Verkürzungen und Fehlwachstum können bei einem partiellen Verschluss der Epiphysenfuge beobachtet werden. Ein totaler Verschluss ist selten, führt jedoch zu einer erheblichen Verkürzung der betroffenen Extremität. Eine Besonderheit stellen die Apophysen dar, die bei gleichem Aufbau wie die Epiphysen nicht am Längenwachstum des Knochens beteiligt sind. Sie bilden die Ansatzpunkte für Sehnen und Bänder. Bei einem Apophysenausriss handelt es sich dementsprechend in der Regel um einen knöchernen Bandausriss.
Am Oberschenkel ist z. B. bei 70 % aller Patienten mit einem Längenwachstum von 1 cm zu rechnen. Bei einem partiellen Verschluss der Epiphysenfuge können Verkürzungen und Fehlwachstum beobachtet werden.
Symptome. Die Klinik entspricht der des Erwachsenen, kann jedoch bei
Symptome. Die Klinik entspricht der des Erwachsenen.
Diagnose. Die Röntgenkontrolle in zwei Ebenen (a.p. und seitlich) ist das Diagnostikum der ersten Wahl und sollte bei Schaftfrakturen immer die benachbarten Gelenke miterfassen. Vergleichsaufnahmen der Gegenseite sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie unmittelbare therapeutische Konsequenzen zur Folge (z. B. Beurteilung der Apophyse) haben. Die Beurteilung des Röntgenbildes bei Kleinkindern kann durch die unvollständige Ossifikation erheblich erschwert sein. Die Sonographie kann hier zusätzliche Informationen liefern (z. B. Hämatom, Frakturlinie).
Diagnose. Die Röntgenkontrolle in zwei Ebenen ist das Diagnostikum der ersten Wahl und sollte bei Schaftfrakturen immer die benachbarten Gelenke miterfassen. Die Beurteilung des Röntgenbildes bei Kleinkindern kann durch die unvollständige Ossifikation erheblich erschwert sein. Die Sonographie kann hier zusätzliche Informationen liefern.
Therapie. Bei der hohen Reparationstendenz des wachsenden Knochens ist bei ca. 90 % aller kindlichen Frakturen ein konservatives Vorgehen gerechtfertigt. Repositionen müssen unter kontinuierlichem Zug erfolgen; eine Achsenkorrektur sollte angestrebt, jedoch nicht erzwungen werden. Achsenabweichungen können zu einem späteren Zeitpunkt durch Keilungen des Gipsverbandes korrigiert werden. Die Gipsbehandlung sollte sich maximal über 4–5 Wochen erstrecken. Die operative Behandlung ist bei folgenden Verletzungen indiziert: π dislozierte Epiphysenfraktur (Aitken II und III) π Distraktionsfrakturen (Olekranon, Patella, als Gelenkfrakturen exakte Reposition erforderlich) π dislozierte Apophysenabrisse (z. B. Epicondylus ulnaris) π irreponible Schaftfrakturen mit nicht tolerabler Fehlstellung π multiple Frakturen einer oder mehrerer Extremitäten π Begleitverletzungen eines Schädel-Hirn-Traumas π Frakturen mit begleitenden Gefäß- und Nervenverletzungen π dislozierte Schenkelhalsfrakturen im Kindesalter (Rate der Kopfnekrose ca. 20 %). Unter den verfügbaren Osteosyntheseverfahren stellt die Marknagelung keine Kontraindikation mehr dar und findet bei diaphysären Vorderarmund queren Femurschaftfrakturen zunehmend Anwendung.
Therapie. Bei ca. 90 % aller kindlichen Frakturen ist ein konservatives Vorgehen gerechtfertigt. Repositionen müssen unter kontinuierlichem Zug erfolgen; eine Achsenkorrektur ist anzustreben. Achsenabweichungen können zu einem späteren Zeitpunkt (Keilungen des Gipsverbandes) korrigiert werden. Die Gipsbehandlung sollte maximal 4–5 Wochen dauern. Die operative Behandlung ist indiziert bei: π dislozierten Epiphysenfrakturen (Aitken II und III) π Distraktionsfrakturen π dislozierten Apophysenabrissen π irreponiblen Schaftfrakturen mit nicht tolerabler Fehlstellung π multiplen Frakturen einer oder mehrerer Extremitäten π Begleitverletzungen eines SchädelHirn-Traumas π Frakturen mit begleitenden Gefäßund Nervenverletzungen π dislozierten Schenkelhalsfrakturen im Kindesalter (Rate der Kopfnekrose ca. 20 %). Unter den verfügbaren Osteosyntheseverfahren stellt die Marknagelung keine Kontraindikation mehr dar. Nachbehandlung. Eine spezielle Nachbehandlung kindlicher Frakturen ist nicht erforderlich, da es meist zu Spontanmobilisationen kommt. Spickdrähte sollten nach 3 Wochen, Schrauben nach 4–8 Wochen, Platten nach 4–6 Monaten entfernt werden. Um Wachstumsstörungen ausschließen zu können, sind alle Verletzungen der Wachstumsfuge, die gelenknahen Frakturen und die Frakturen der unteren Extremitäten mindestens zwei Jahre bzw. bis zum Ende des Wachstums zu kontrollieren. Man unterscheidet:
Stauchungs- und Gelenkfrakturen wegen der geringen Symptomatik schwierig beurteilbar sein.
Nachbehandlung. Eine spezielle Nachbehandlung kindlicher Frakturen ist nicht erforderlich, da es in der Regel zu Spontanmobilisationen kommt. Die Entfernung des Osteosynthesematerials muss frühzeitig erfolgen (Spickdrähte nach 3 Wochen, Schrauben nach 4–8 Wochen, Platten nach 4–6 Monaten). Um Wachstumsstörungen mit Sicherheit ausschließen zu können, sind alle Verletzungen der Wachstumsfuge, die gelenknahen Frakturen und die Frakturen der unteren Extremitäten mindestens zwei Jahre bzw. bis zum Ende des Wachstums zu kontrollieren, um entsprechende Maßnahmen (Absatzerhöhung, Korrekturosteotomie) rechtzeitig einleiten zu können. Unterschieden werden Wulstbrüche, Grünholzbrüche und Epiphysenfugenverletzungen.
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1074
27 Traumatologie
Wulstbruch (Stauchungsbruch) Er entsteht durch Kompression. Das Periost ist immer erhalten. Grünholzbruch
Wulstbruch (Stauchungsbruch) Er entsteht durch Kompression. Das Periost ist immer erhalten.
Grünholzbruch
Beim Grünholzbruch bricht der Knochen an der Zugseite, die Kompressionsseite biegt sich ( 1 B-27.8).
Beim Grünholzbruch wird die Biegefestigkeit des Knochens auf der Zugseite überbeansprucht, sodass diese bricht. Die Kompressionsseite biegt sich ( 1 B-27.8).
Epiphysenfugenverletzungen
Epiphysenfugenverletzungen
Epiphysenfugenverletzungen werden nach Aitken und Salter eingeteilt
Die Epiphysenfugenverletzungen werden entsprechend der Prognose nach Aitken sowie Salter und Harris eingeteilt ( 1 B-27.13). Bei den Aitken-I- bzw.
1 B-27.13
Synopsis Einteilung der Epiphysenfugenverletzungen
a Epiphysiolyse (Salter I).
b Lyse und metaphysäres Abbruchfragment (Salter II).
c Epiphysenfraktur (Salter III)
d Epimetaphysäres Ausbruchfragment (Salter IV).
Einteilung der Epiphysenfugenverletzungen
Aitken
Salter I
N Lyse n
I
II
N Lyse und metaphysäres Fragment n
II
III
N Lyse und epiphysäres Fragment n
III
IV
N epimetaphysäres Fragment n
V
N Stauchung (»crush«) n
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1075
27.1.1 Frakturenlehre Salter-I- und -II-Verletzungen ist das Stratum germinativum (die für das Längenwachstum verantwortliche Zone) der Epiphysenfuge unverletzt und die Prognose demnach gut. Bei den Aitken-II- und -III- bzw. Salter-III-, -IV- und -V-Verletzungen ist das Stratum germinativum verletzt, eine unsachgemäße Behandlung ohne exakte Reposition führt zur kallösen Überbrückung und einem partiellen Fugenverschluss.
( 1 B-27.13). Bei den Aitken-I-, bzw. Salter-I- und -II-Verletzungen ist das Stratum germinativum nicht verletzt, bei den Aitken-II-, -III- bzw. Salter-III-, -IV-, -V-Frakturen ist das Stratum germinativum verletzt.
Fraktursymptomatik
Fraktursymptomatik
Jede Fraktur hat mehr oder weniger ausgeprägte Auswirkungen auf die Umgebung oder ggf. auf den gesamten Organismus, die vom Unfallmechanismus und der Lokalisation abhängig sind. Die Folgen sind Schmerzen, Schwellung und Hämatombildung mit teilweise erheblichen Blutverlusten. Sie gehören wie die eingeschränkte Funktionsfähigkeit zu den unsicheren Frakturzeichen. Zu den sicheren Frakturzeichen gehören die Fehlstellung, die abnorme Beweglichkeit, das Knochenreiben (Krepitation) und bei offenen Frakturen die erkennbaren Knochenfragmente. An den kleinen Knochen des Skelettes, bei Stauchungsbrüchen und Abrissfrakturen können die sicheren Frakturzeichen fehlen. Nicht selten können jedoch Stauchungs-, Zug- und Biegungsschmerz ausgelöst werden.
Schmerzen, Schwellung, Hämatombildung und eingeschränkte Funktionsfähigkeit sind unsichere Frakturzeichen.
n Merke. Nach Begutachtung der Hautverhältnisse ist es bei jeder Fraktur erforderlich, die Sensibilität, Motorik und die Durchblutung der entsprechenden Extremität zu überprüfen.
Zu den sicheren Frakturzeichen gehören die Fehlstellung, die abnorme Beweglichkeit, das Knochenreiben (Krepitation) und bei offenen Frakturen die erkennbaren Knochenfragmente.
Merke
Begleitverletzungen
Begleitverletzungen
Die Dringlichkeit der Versorgung, die Verfahrenswahl und die Prognose der Fraktur werden wesentlich von der Art und Ausdehnung der Begleitverletzungen bestimmt. Grundsätzlich wird zwischen der geschlossenen Fraktur mit und ohne Weichteilschaden und der offenen Fraktur unterschieden, wobei die Schäden der Weichteile nach dem Schweregrad unterteilt werden.
Die Begleitverletzungen einer Fraktur bestimmen wesentlich Dringlichkeit und Art der Versorgung sowie die Prognose. Man unterscheidet zwischen der geschlossenen Fraktur mit und ohne Weichteilschaden und der offenen Fraktur.
Geschlossene Fraktur
Geschlossene Fraktur
Entsprechend dem Ausmaß des Weichteilschadens unterscheidet man verschiedene Schweregrade. Weichteilschaden Grad 0: kein Weichteilschaden, einfacher Frakturverlauf. Weichteilschaden Grad I: Er umfasst oberflächliche Schürfungen, Hautkontusionen und Druckstellen von Knochenfragmenten nach außen ( 1 B-27.14 a). Als typisches Beispiel kann die Luxationsfraktur des oberen Sprunggelenks in Pronationsstellung gelten, bei der die Bruchkante des Innenknöchels durch Druck von innen zu einer Weichteilschädigung führt. Weichteilschaden Grad II: Hierunter fallen tiefe, kontaminierte Schürfungen und lokalisierte Haut- und Muskelkontusionen mit drohendem Kompartmentsyndrom (s. u.). In der Regel liegt ein direktes Trauma mit mittelschweren bis schweren Bruchformen vor. Als Beispiel ist die 2-Etagen-Fraktur der Tibia durch ein direktes Stoßstangentrauma zu betrachten ( 1 B-27.14 b). Zum Weichteilschaden Grad III gehören die ausgedehnten Hautkontusionen, Hautquetschungen mit Ablösung vom subkutanen Fettgewebe (Décollement), die Zerstörung der Muskulatur, das manifeste Kompartmentsyndrom und begleitende Gefäßverletzungen ( 1 B-27.14 c).
Entsprechend dem Ausmaß des Weichteilschadens unterscheidet man verschiedene Schweregrade: Grad 0: kein Weichteilschaden. Grad I: oberflächliche Schürfungen, Hautkontusionen und Druckstellen von Knochenfragmenten nach außen ( 1 B-27.14 a). Grad II: tiefe, kontaminierte Schürfungen und lokalisierte Haut- und Muskelkontusionen mit drohendem Kompartmentsyndrom ( 1 B-27.14 b). Grad III: ausgedehnte Haut- und Muskelverletzungen, manifestes Kompartmentsyndrom ( 1 B-27.14 c).
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27 Traumatologie
1 B-27.14
Weichteilschäden verschiedener Schweregrade
a Weichteilschaden Grad I.
b Weichteilschaden Grad II nach direktem Trauma am Unterschenkel mit Haut- und Muskelkontusion.
c Weichteilschaden Grad III an beiden Oberschenkeln und linkem Hüftbereich.
Offene Fraktur
Offene Fraktur
Die Einschätzung der Behandlungsstrategie einer offenen Fraktur muss an dem Ausmaß und dem Schweregrad der Kontamination ausgerichtet werden. Hierbei entscheiden der Grad der Weichteilschädigung und der Umfang der Muskelquetschung. π Grad I: Geringe Hautverletzung, unbedeutende bakterielle Kontamination. π Grad II: Umschriebene Haut- und Weichteilkontusion, mittelschwere, bakterielle Kontamination.
Die Einschätzung der Behandlungsstrategie einer offenen Fraktur muss an dem Ausmaß und dem Schweregrad der Kontamination ausgerichtet werden. Hierbei entscheidet nicht die Ausdehnung der Hautwunde, sondern der Grad der Weichteilschädigung und der Umfang der Muskelquetschung. π Offene Fraktur Grad I: Durchtrennung der Haut mit fehlender oder nur geringer Kontusion und einer unbedeutenden bakteriellen Kontamination. Die Haut ist durch ein Knochenfragment unterschiedlicher Länge von innen her durchspießt. π Offene Fraktur Grad II: Eröffnung der Haut von außen durch direkte Gewalteinwirkung, umschriebene Haut- und Weichteilkontusion mit mittelschwerer, bakterieller Kontamination.
1 B-27.15
Offene Frakturen verschiedener Schweregrade
a Offene Fraktur Grad III des Unterschenkels mit freiliegendem Knochen der proximalen Tibia.
b Offene Fraktur Grad IV mit totaler Amputation des Armes.
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1077
27.1.1 Frakturenlehre π
π
Offene Fraktur Grad III: Hautdurchtrennung mit ausgedehnter Weichteildestruktion und häufig zusätzlichen Gefäß- und Nervenverletzungen, starke Wundverschmutzung (Schussfraktur, landwirtschaftliche Unfälle) ( 1 B-27.15 a). Offene Fraktur Grad IV: Totale und subtotale Amputation ( 1 B-27.15 b). Eine subtotale Amputation ist definiert durch die Durchtrennung der wichtigsten anatomischen Strukturen, besonders der Hauptgefäßverbindungen mit totaler Ischämie. Sie setzt voraus, dass maximal 1⁄4 der Zirkumferenz des Weichteilmantels erhalten ist. Bestehen noch Zeichen einer Restdurchblutung, ist die Fraktur in den Grad III einzuordnen.
AO-Klassifizierung der Begleitverletzungen Diese Einteilung erlaubt die genaue Beschreibung des Hautschadens, der Muskulatur- und Sehnenverletzungen (MT) sowie der Nerven- und Gefäßverletzungen (NV). An der Haut wird unterschieden zwischen geschlossenen (integument closed) und offenen (integument open) Schäden. Muskulatur-, Sehnen- (MT) und die Nerven-/Gefäßverletzungen (NV) werden in 5 Kategorien eingeteilt.
Grad III: Ausgedehnte Weichteilkontusion, schwere bakterielle Kontamination ( 1 B-27.15 a). π Grad IV: Totale und subtotale Amputation ( 1 B-27..15 b). π
AO-Klassifizierung der Begleitverletzungen Diese Einteilung erlaubt die genaue Beschreibung des Hautschadens, der Muskulatur- und Sehnenverletzungen (MT) sowie der Nerven- und Gefäßverletzungen (NV).
Knochenheilung
Knochenheilung
Grundlage der Knochenheilung sind 3 Blasteme: das Endost, das Periost und das Havers-System. Verantwortlich für den ständigen Knochenumbau sind die Zellpopulationen aus diesen Blastemen. Die Osteoblasten sorgen für den Aufbau neuer Knochensubstanz, während die Osteoklasten Knochen abbauen. Voraussetzung für eine ungestörte Frakturheilung ist die intakte Durchblutung der Fragmente, die Ruhigstellung der Fraktur und der Knochenkontakt zueinander. Unter diesen Voraussetzungen kommt es zu einer direkten oder primären Knochenheilung ohne Kallusbildung ( 1 B-27.16). Bei stabiler Fixation und guter Durchblutung wird der Bruchspalt direkt von den Osteonen längs durchzogen und die Fraktur verbunden. Es kommt zur sog. Kontaktheilung. Verbleiben zwischen stabil fixierten Fragmenten minimale Knochenspalten, kommt es durch Auffüllen mit Geflechtknoten durch Endost und Periost und Umbau des Havers-Systems zur Spaltheilung. Der definitive Umbauprozess der primären Knochenheilung dauert ca. 1,5–2 Jahre. Die indirekte oder sekundäre Knochenheilung ( 1 B-27.17) ist die natürliche Form der Frakturheilung. Sie verläuft in physiologischen Schritten: 1. Ausbildung eines Frakturhämatoms 2. Organisation des Hämatoms durch einwachsende Fibroblasten 3. Differenzierung des Zwischengewebes zu Geflechtknochen (Kallus) 4. funktionelle Adaptation zu lamellärem Knochen und Rekonstruktion des medullären Gefäßsystems unter Abbau von überschüssigem Kallus. Als Induktoren der Knochenheilung sind Interleukine, Hypoxie, Zelldehnung und elektrische Potenziale bekannt. Wachstumsfaktoren (TGF-b4, EGF1, EGF2, PDGF) und Zytokine werden von pluripotenten Stammzellen im Frakturhämatom sezerniert und spielen eine zentrale Rolle für die Steuerung der Zellinfiltration, der Angiogenese und Zelldifferenzierung. Der Verknöcherungsprozess der sekundären Frakturheilung ist nach 2–3 Jahren abgeschlossen.
Voraussetzung für eine ungestörte Frakturheilung ist die intakte Durchblutung der Fragmente, die Ruhigstellung der Fraktur und der Knochenkontakt zueinander.
Unter diesen Voraussetzungen kommt es zu einer direkten oder primären Knochenheilung ohne Kallusbildung ( 1 B-27.16). Dabei kann man die sog. Kontaktheilung von der Spaltheilung unterscheiden. Der definitive Umbauprozess der primären Knochenheilung dauert ca. 1,5–2 Jahre. Die indirekte oder sekundäre Knochenheilung ( 1 B-27.17) ist die natürliche Form der Frakturheilung.
Der Verknöcherungsprozess der sekundären Frakturheilung ist nach 2–3 Jahren abgeschlossen.
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1078 1 B-27.16
27 Traumatologie
Synopsis Direkte oder primäre Knochenheilung
2
1
a Direkte oder primäre Knochenheilung bei stabiler Fixation. Es kommt zur sog. Kontaktheilung (1). Verbleibt bei fixierten Fragmenten ein Frakturspalt, kommt es zur Spaltheilung (2).
1
2
b Kontaktheilung. Die Fraktur wird durch einwachsende Osteone (1) verzahnt, denen das Einsprossen der Havers-Kanäle (2) folgt. 1
2
c Spaltheilung. Einsprossende Kapillaren (1) lassen zunächst Geflechtknochen entstehen, der erst dann durch einwachsende Osteone (2) umgebaut wird.
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1079
27.1.1 Frakturenlehre
1 B-27.17
Synopsis Indirekte oder sekundäre Knochenheilung
a Ausbildung eines Frakturhämatoms.
b Organisation des Hämatoms durch einwachsende Fibroblasten.
c Differenzierung des Zwischengewebes zu Geflechtknochen.
d Funktionelle Adaptation zu lamellären Knochen und Rekonstruktion des medullären Gefäßsystems unter Abbau von überschüssigem Kallus.
Grundlagen der Frakturbehandlung
Grundlagen der Frakturbehandlung
Die konservative wie auch die operative Behandlung von Knochenbrüchen folgen den 3 Grundsätzen: Reposition, Retention und Rehabilitation.
Die konservative und die operative Behandlung von Knochenbrüchen folgen den 3 Grundsätzen: Reposition, Retention und Rehabilitation.
Reposition Jede Reposition erfolgt mit kontinuierlichem, langsamen Zug und Gegenzug ( 1 B-27.18 a). Durch seitlichen Druck können Fragmente eingerichtet und Achsenfehler korrigiert werden ( 1 B-27.18 b). Hierbei muss das periphere auf das zentrale Hauptfragment eingestellt werden. Für eine schonende Reposition sind Schmerzausschaltung und Muskelrelaxanzien erforderlich. Neben der Allgemeinnarkose, der Regional- und Leitungsanästhesie kommt in ausgewählten Fällen auch die Bruchspaltanästhesie zur Anwendung. n Merke. Vor und nach jeder Reposition müssen Durchblutung, Motorik und Sensibilität überprüft und das Repositionsergebnis radiologisch dokumentiert werden.
Sind Frakturen nicht in einem Manöver einzurichten, kann die Fraktur auch durch Dauerzug (Extension) reponiert und zwischenzeitlich ruhiggestellt werden (z.B. bei Tibiafraktur, Schenkelhalsfraktur). Durch die Extension werden die auf die Fraktur wirkenden Muskelkräfte neutralisiert. Verkürzungen können so ausgeglichen und Achsenfehlstellungen durch Änderung der Zugrichtung korrigiert werden. Um das Körpergewicht des Patienten als Gegenzug am zentralen Fragment zu nutzen, muss das Fußende des Bettes hochgestellt werden. Das Bein wird auf einer verstellbaren Schiene gelagert. Über Kirschner-Drähte oder Steinmann-Nägel wird direkter Zug am Knochen ausgeübt ( 1 B-27.19).
Reposition Kontinuierlicher, langsamer Zug und Gegenzug ( 1 B-27.18 a) und seitlicher Druck auf die Fragmente ( 1 B-27.18 b) ermöglichen die Reposition.
Merke
Sind Frakturen nicht in einem Manöver einzurichten, kann die Fraktur auch durch Dauerzug (Extension) reponiert und zwischenzeitlich ruhiggestellt werden. Durch die Extension werden die auf die Fraktur wirkenden Muskelkräfte neutralisiert. Verkürzungen können so ausgeglichen und Achsenfehlstellung durch Änderung der Zugrichtung korrigiert werden ( 1 B-27.19).
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1080 1 B-27.18
27 Traumatologie
Synopsis Reposition
a Reposition mit kontinuierlichem Zug und Gegenzug.
1 B-27.19
b Einrichtung der Fragmente durch seitlichen Druck.
Synopsis Extensionsbehandlung der unteren Extremität a Als Lokalisationsorte für Extensionen dienen spongiöse Knochenbereiche mit geringer Weichteildeckung.
b Die Zuggewichte betragen am Oberschenkel 1 ⁄ 7 –1 ⁄ 10 des Körpergewichtes, am Fersenbein 1–4 kg.
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27.1.1 Frakturenlehre Lokalisationsorte für Extensionen sind spongiöse Knochenbereiche mit nur geringer Weichteildeckung (Femurkondylen, Tibiakopf und Fersenbein). Die Zuggewichte betragen am Oberschenkel 1⁄7–1⁄10 des Körpergewichtes, am Fersenbein 1–4 kg. Zu den Gefahren der Extension gehören zu starke Distraktion und Fragmentdiastase, Überdehnung des Kapsel-Band-Apparates des proximal gelegenen Gelenkes, Druckschäden (Nerven) auf Schienen, erhöhtes Thromboserisiko und Pin-Infektionen. Zu den Vorteilen der Extension gehört die Repositionsmöglichkeit durch gezielte Platzierung des Extensionsdrahtes (Pilon-tibial-Frakturen), die Korrekturmöglichkeit von Fehlstellungen und die mögliche Hautpflege. Liegt durch eine Weichteilinterposition oder verkantete Fragmente ein Repositionshindernis vor, muss die Reposition offen erfolgen. Hiervon sind alle Frakturen betroffen, die nicht oder nicht anatomisch reponiert werden können (Gelenkfrakturen, Abrissfrakturen). Der offenen Reposition wird in der Regel die operative Versorgung angeschlossen.
Gefahren der Extension: zu starke Distraktion und Fragmentdiastase, Überdehnung des Kapsel-Band-Apparates, erhöhtes Thromboserisiko, Pin-Infektionen. Vorteile der Extension: Repositionsmöglichkeit durch gezielte Platzierung des Extensionsdrahtes, Korrekturmöglichkeiten von Fehlstellungen, mögliche Hautpflege.
Retention
Retention
Die Retention soll den reponierten Knochen dauerhaft ruhigstellen, bis die knöcherne Konsolidierung eingetreten ist. Dies kann durch eine Dauerextension, einen Gips- oder Kunststoffverband, Schienen (z.B. Brace) oder aber unterschiedliche Osteosyntheseverfahren erreicht werden.
Die Retention soll den reponierten Knochen bis zur knöchernen Konsolidierung dauerhaft ruhigstellen durch: Dauerextension, Gips- oder Kunststoffverband, Schienen oder Osteosynthese.
Die Entscheidung zwischen konservativer und operativer Behandlung bedarf einer überlegten Indikationsstellung und einer angemessenen Aufklärung, da für nahezu alle Frakturen alternative Behandlungsmethoden bestehen. In keinem Fall darf die verbesserte Lebensqualität nach einer operativen Behandlung mit einem erhöhten Komplikationsrisiko bei einem zu erwartenden gleichwertigen Resultat einer konservativen Behandlung erzwungen werden. Das Behandlungskonzept wird durch π die Lokalisation der Fraktur (Dia-, Meta-, Epiphyse) π den Frakturtyp (einfach, Trümmer) π die Weichteilbeschaffenheit (offene, geschlossene Fraktur, Begleitverletzungen) π die Zusatzverletzungen (Mono-, Polytrauma) π den Allgemeinzustand des Patienten (z.B. kardiale Erkrankungen, Diabetes mellitus) und π das Alter des Patienten bestimmt.
Liegt ein Repositionshindernis in Form von Weichteilen oder verkanteten Fragmenten vor, muss die Reposition offen erfolgen. Dies betrifft meist auch Abriss- und Gelenkfrakturen.
Die Entscheidung über eine operative oder konservative Behandlung einer Fraktur bedarf einer klaren Indikation und der Aufklärung des Patienten über alternative Behandlungsverfahren. Das Behandlungskonzept wird durch die π Lokalisation der Fraktur π den Frakturtyp π die Weichteilbeschaffenheit π Zusatzverletzungen π den Allgemeinzustand und π das Alter des Patienten bestimmt.
Konservative Frakturbehandlung
Konservative Frakturbehandlung
Der konservativen Behandlung werden alle wenig dislozierten und damit relativ stabilen Frakturen, die meisten Frakturen im Wachstumsalter, Frakturen an Beckenring, Klavikula, Skapula, Fersenbein sowie wenig dislozierte Frakturen an Humerus, Humerusschaft und einfache Unterschenkelschaftbrüche zugänglich sein. Das Gleiche gilt für stabile Wirbelbrüche ohne neurologische Ausfälle. Bei Frakturen der oberen Extremität (Humerus und Klavikula) genügt meist ein stabilisierender Verband (z.B. Rucksack- oder Desault-Verband bzw. verstärkter Gilchrist bei den Humerusfrakturen). Bei Verkürzung oder Dislokation einer Fraktur kann dieser durch eine Dauerextension entgegengewirkt werden. Unterstützend werden Gipsverbände angelegt, wobei die der Fraktur benachbarten Gelenke in Funktionsstellung zur Ruhigstellung miterfasst werden.
Konservativ behandelt werden in der Regel alle wenig dislozierten, stabilen Frakturen, die meisten Frakturen im Wachstumsalter, Frakturen an Beckenring, Klavikula, Skapula, Fersenbein sowie wenig dislozierte Frakturen des Humerus und Unterschenkelschaftbrüche. Das Gleiche gilt für stabile Wirbelbrüche ohne neurologische Ausfälle.
n Merke. Ein erster Gipsverband nach Reposition muss wegen der zu erwartenden posttraumatischen Schwellung immer bis auf die Haut gespalten und aufgebogen werden. Eine regelmäßige Kontrolle von Sensibilität, Motorik und Durchblutung ist obligat.
Merke
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1082
27 Traumatologie Nach Abnahme der Schwellung kann der Gipsverband geschlossen und nach Abschwellen der Weichteile ggf. durch einen zirkulären Kunststoffverband ausgetauscht werden. Eine Röntgenkontrolle der Frakturstellung ist anzuschließen.
Merke
Nachteil der konservativen Behandlung: Inaktivitätsatrophie des Knochens mit Entkalkung.
Merke
n Merke. Ein schmerzhafter Gipsverband muss immer kontrolliert und gegebenenfalls entfernt werden.
Ein wesentlicher Nachteil der konservativen Behandlung sind die Immobilisierungsschäden durch eine Inaktivitätsatrophie des Knochens mit Entkalkung, die erhebliche Schmerzen bereiten kann. n Merke. Bei einer Gipsbehandlung der unteren Extremität muss eine Thromboseprophylaxe eingeleitet werden.
Operative Frakturbehandlung
Operative Frakturbehandlung
Durch die operative Frakturbehandlung wird eine frühzeitige funktionelle Nachbehandlung ermöglicht und Immobilitätsschäden vermieden.
Das Ziel der operativen Frakturbehandlung besteht in einer anatomisch exakten Reposition, insbesondere bei Gelenkfrakturen und der dauerhaften Retention durch Implantate. Dadurch wird eine frühzeitige funktionelle Nachbehandlung ermöglicht und Immobilitätsschäden wie Gelenkversteifungen und Muskelatrophie werden vermieden. Als Nachteile gelten neben dem Narkoserisiko die Gefahr der Knocheninfektion und die Gefahr von Nerven- und Gefäßverletzungen bei nicht anatomiegerechtem Zugang. Die Indikationen zur operativen Behandlung sind klar definiert. Hierzu gehören: π Frakturen, die mit konservativen Maßnahmen nicht verheilen (Olekranonfraktur, Patellaquerfraktur und Adduktionsfrakturen des Schenkelhalses) π nicht reponierbare Gelenkfrakturen an belasteten Gelenken (untere Extremität) π Schaftfrakturen an Femur, Unterarm und die Mehrzahl der Frakturen der Tibia π Ketten- oder Serienfrakturen (mehrere Frakturen an einer Extremität, z.B. Patella, Femurschaft, Azetabulum durch Armaturenbrettverletzung) π offene Frakturen π geschlossene Frakturen, die durch Begleitverletzungen kompliziert sind (z.B. Gefäßverletzungen) π stammnahe Frakturen bei Mehrfachverletzungen π Frakturen des geriatrischen Patienten insbesondere der unteren Extremität, bei denen unter konservativer Therapie die Gefahr der längerfristigen Immobilisation besteht π pathologische Frakturen π irreponible Epiphysenverletzungen. Die Osteosyntheseverfahren beruhen auf 2 Prinzipien, der interfragmentären Kompression und der Schienung oder der Kombination beider Verfahren. Die Kompression kann statisch (d.h. eine Kompression, die sich kurzfristig nicht ändert) durch interfragmentäre Zugschrauben erreicht werden. Je nach Knochenart (Kortikalis oder Spongiosa), werden spezifische Schrauben verwandt, die senkrecht zum Frakturspalt eingebracht werden und nur jenseits der Frakturlinie in einem vorgeschnittenen Gewinde fassen. Die Kompressionskraft kann 2000–3000 Newton betragen ( 1 B-27.20). Eine dynamische Kompression (d.h. belastungsabhängig) kann durch eine Zuggurtung erreicht werden. Die Kompressionserzeugung der Zuggurtung basiert auf der funktionellen Belastung einer Fraktur. Ein typisches Beispiel ist die Zuggurtungsosteosynthese der Patellaquerfraktur. Der Draht wandelt in Zusammenarbeit mit den Femurkondylen den Zug der Quadrizepsmuskulatur in dynamische Kompression um. Der Kompressionsdruck wirkt auf die Innenfläche der Patella unter Entlastung der Außen-
Nachteile der operativen Behandlung: Narkoserisiko, Gefahr der Knocheninfektion, Gefahr von Nerven- und Gefäßverletzungen. Indikation zur operativen Behandlung: π Frakturen, die mit konservativen Maßnahmen nicht verheilen π nicht reponible Gelenkfrakturen an belasteten Gelenken π Schaftfrakturen an langen Röhrenknochen π Ketten-, Serienfrakturen π offene Frakturen π geschlossene Frakturen, die durch Begleitverletzungen kompliziert sind π stammnahe Frakturen des Mehrfachverletzten π Frakturen des geriatrischen Patienten π pathologische Frakturen π irreponible Epiphysenverletzungen.
Die Osteosyntheseverfahren beruhen auf den Prinzipien der Kompression und Schienung.
Die Kompression erfolgt statisch durch Zugschrauben ( 1 B-27.20) oder dynamisch (belastungsabhängig) durch Zuggurtung ( 1 B-27.21).
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27.1.1 Frakturenlehre
1 B-27.20
1083
Synopsis Zugschraubenprinzip
Zugschraubenprinzip für interfragmentäre Kompression nach AO-Technik.
a Mit Spongiosaschrauben im epiphysären Bereich.
b Mit Kortikalisschrauben im diaphysären Bereich.
fläche. Die Zuggurtung ermöglicht die belastungsinduzierte Bewegung ( 1 B-27.21). Das Prinzip der Schienung wird durch intra- oder extramedulläre Implantate verwirklicht. Bei den extramedullären Implantaten finden Platten oder Fixateure Anwendung. Durch Reduktion der physiologischen Last auf eine Schraubenfixation und Übertragung der Kraft vom zentralen Hauptfragment auf das periphere Fragment über den Frakturspalt hinweg bewirkt die Schienung eine Neutralisation. Die äußere Schienung kann ebenfalls im Sinne einer Abstützung angewandt werden.
1 B-27.21
Das Prinzip der Schienung wird durch intra- oder extramedulläre Implantate verwirklicht. Bei den extramedullären Implantaten finden Platten oder Fixateure Anwendung.
Zuggurtung des Olekranons Zuggurtung des Olekranons mit zwei Drahtschlingen (a.p. und seitlich). Bei eingekeilter Fraktur konnte auf eine zusätzliche Drahtfixation verzichtet werden.
Für die extramedulläre Schienung stehen Platten zur Verfügung, die aufgrund der Plattenlochgeometrie eine Kompression auf die Fraktur gestatten und gleichzeitig das Einbringen von Zugschrauben erlauben, die sog. dynamische Kompressionsplatte (DCP). Eine Weiterentwicklung der DCP ist die LCDCP (Limited Contact Dynamic Compression Plate). Durch Aussparungen der Plattenunterseite wird durch Reduktion der Andruckfläche eine verbes-
Für die extramedulläre Schienung stehen Platten zur Verfügung, die aufgrund der Plattenlochgeometrie eine Kompression auf die Fraktur gestatten und gleichzeitig das Einbringen von Zugschrauben erlauben ( 1 B-27.22 ).
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1084
27 Traumatologie serte Blutversorgung des unter der Platte liegenden Knochens gewährleistet. Voraussetzung für eine biomechanisch korrekte Kompressionsplattenosteosynthese ist die Vorbiegung. Durch die Vorbiegung wird eine Kompression auf die der Platte gegenüberliegende Kortikalis gebracht, die bei einer direkt dem Knochen anmodellierten Platte fehlen würde ( 1 B-27.22).
1 B-27.22
Synopsis Prinzip der extramedullären Schienung a Direkte Frakturheilung unter stabiler Osteosynthese. Hierbei wird die Platte so vorgebogen, dass an der gegenüberliegenden Kortikalis unter Kompression direkter Knochenkontakt entsteht.
b Ein direktes Anmodellieren der Platte führt aufgrund der vorhandenen Knochenbiegung zu einer Spaltbildung in der gegenüberliegenden Kortikalis. Der Fixateur externe gestattet eine Stabilisierung ohne Manipulation an Knochen oder Weichteilen. Dieses Verfahren ist bei offenen Brüchen oder Frakturen mit schweren Weichteilschäden sowie beim schwerverletzten Patienten als temporäre Maßnahme indiziert ( 1 B-27.23).
Die intramedulläre Schienung erfolgt durch Marknägel. Er ist für viele Frakturen im Schaftbereich des Femurs, der Tibia und des Humerus geeignet. Die Verriegelung der Marknägel verhindert ein Zusammensintern der Fraktur und gewährleistet Rotationsstabilität ( 1 B-27.24).
Die Spickdrahtosteosynthese ist eine Adaptationsosteosynthese und muss mit einem Gipsverband kombiniert werden. Die Verbundosteosynthese ist die Kombination von Metallimplantaten mit Knochenzement zur Stabilisierung pathologischer Frakturen und
Eine rasche Stabilisierungsmöglichkeit gestattet der Fixateur externe. Dabei werden in den Knochen eingebrachte Steinmann-Nägel oder Schanz-Schrauben durch äußere Verbindungsstangen oder Rohrsysteme miteinander so verbunden, dass ohne Manipulation an der Fraktur oder den Weichteilen Stabilität erreicht wird. Dieses Verfahren ist bei offenen Brüchen oder Frakturen mit schweren Weichteilschäden sowie beim schwerverletzten Patienten als temporäre Maßnahme indiziert ( 1 B-27.23). Gelenknahe Frakturen oder Frakturen mit Knochenverlust können mit Hilfe von Ringfixateuren ruhiggestellt werden. Ein intramedulläres Schienenimplantat ist der Marknagel. Er ist für viele Frakturen im Schaftbereich des Femurs, der Tibia und z.T. des Humerus geeignet. Durch proximale und distale Verriegelung kann einerseits ein Zusammensintern der Fraktur und andererseits eine Rotationsinstabilität vermieden werden. Durch die Möglichkeit der Verriegelung hat sich das Anwendungsgebiet des Marknagels bis in das proximale und distale Drittel einer Schaftfraktur erweitert. Eine zusätzliche Verbesserung stellt der unaufgebohrte Marknagel dar. Durch Vermeidung des Aufbohrens des Markkanals können Druck- und Hitzenekrosen der Kortikalis vermieden werden, die druckbedingte Fetteinschwemmung wird vermindert. Der solide Nagel vermeidet Totraum, der beim aufgebohrten Marknagel als Nährboden für Bakterien dienen kann. Die Durchblutung des Knochens bleibt unbeeinflusst. Sie werden bevorzugt bei offenen Frakturen oder polytraumatisierten Patienten eingesetzt ( 1 B-27.24). Die Spickdrahtosteosynthese erlaubt lediglich eine Adaptation von Frakturen und muss mit einer Gipsfixation kombiniert werden. Sie ist bei peripheren und kindlichen Frakturen im Epiphysenbereich indiziert. Die Verbundosteosynthese dient der Stabilisierung von pathologischen Frakturen, die durch metastasierendes Tumorwachstum mit Knochenzerstörung hervorgerufen werden. Zum Aufbau des metastatisch zerstörten Knochens wird Knochenzement in Kombination mit Metallimplantaten ver-
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27.1.1 Frakturenlehre
1 B-27.23
1 B-27.24
Synopsis Fixateur externe Fixateur externe als temporäre Fixation von offenen Brüchen mit begleitenden, schweren Weichteilverletzungen oder bei mehrfachverletzten Patienten, um Lagerungsstabilität zu erzielen.
Synopsis Femurverriegelungsnagel nach Grosse-Kempf
wendet. Dies gestattet bei den Palliativeingriffen eine sofortige Vollbelastung der betroffenen Extremität ( 1 B-27.25).
1 B-27.25
Durch die Verriegelung wird ein Zusammensintern vermieden und gleichzeitig die Rotationsstabilität gewährleistet.
gestattet sofortige Vollbelastung der betroffenen Extremität ( 1 B-27.25).
Synopsis Prinzip der Verbundosteosynthese
a Pathologische Fraktur durch metastasierendes Tumorwachstum mit Knochenzerstörung.
b Aufbau des zerstörten Knochens mit Knochenzement in Kombination mit Metallimplantaten.
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27 Traumatologie
Rehabilitation
Rehabilitation
Die Rehabilitation beginnt in Abhängigkeit vom Frakturtyp und dem gewählten Behandlungsverfahren mit einer frühzeitigen Übungsbehandlung. Dazu gehören bei konservativer Bruchbehandlung die aktive Bewegung der frakturnahen, nicht ruhiggestellten Gelenke und das isometrische Muskeltraining. Die Nachbehandlung nach Frakturoperationen richtet sich nach dem Stabilitätsgrad: π lagerungsstabil: nur medizinisch indizierte Lagerungen sind erlaubt. π bewegungsstabil: aktive, passive und assistive Bewegungen sind erlaubt. π belastungsstabil: Bewegungen gegen Widerstand sind erlaubt (physiologische Belastbarkeit). π trainingsstabil: wiederholte aktive Bewegungen gegen Widerstand und Schwerkraft sind erlaubt.
Die Rehabilitation beginnt in Abhängigkeit vom Frakturtyp und dem gewählten Behandlungsverfahren mit einer frühzeitigen Übungsbehandlung. Hierzu gehört bei konservativer Bruchbehandlung neben der aktiven Bewegung der frakturnahen, nicht ruhiggestellten Gelenke das isometrische Muskeltraining der ruhiggestellten Muskulatur. Bei operativ behandelten Frakturen richtet sich die Nachbehandlung nach dem Stabilitätsgrad. Hierbei bedeutet: π lagerungsstabil: die geringste Stufe eines medizinischen Behandlungsergebnisses, das weder eine passive, assistive noch aktive Übungsbehandlung zulässt. Es sind lediglich medizinisch indizierte Lagerungen gestattet. π bewegungsstabil: der betroffene Körperabschnitt ist sowohl aktiven, passiven als auch assistiven Bewegungen zugänglich. π belastungsstabil: es sind Bewegungen oder Übungen gegen Widerstand in den Grenzen der physiologischen Belastbarkeit erlaubt. π trainingsstabil: wiederholte, aktive Bewegungsabläufe gegen Widerstand und die Schwerkraft sind gestattet, ohne dass Wiederholungen einen negativen Einfluss auf die vormals verletzten Strukturen nehmen. Die Belastungssteigerung erfolgt anhand der radiologisch kontrollierten Frakturheilung.
Komplikationen
Komplikationen
Kompartmentsyndrom (Logensyndrom)
Kompartmentsyndrom (Logensyndrom) n Definition. Beim Kompartmentsyndrom handelt es sich um einen Zustand, in dem ein erhöhter Gewebedruck innerhalb eines geschlossenen Raumes die neuromuskuläre Funktion beeinträchtigt.
Definition
Ätiologie. Für die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms sind folgende Voraussetzungen entscheidend: π eine weitgehend erhaltene Muskelloge π eine Druckerhöhung mit venöser Abflussbehinderung π eine Verminderung der kapillaren Muskeldurchblutung π eine Störung der neuromuskulären Funktion. 80 % aller Kompartmentsyndrome betreffen Unterschenkel und Unterarm ( 1 B-27.26). Merke
Pathophysiologie. Der Verlust der kapillaren Perfusion trotz erhaltener arterieller Stammdurchblutung führt aufgrund metabolischer Störungen zu einer Ischämie von Muskeln und Nerven. Eine neuromuskuläre Ischämie, die 4 Stunden überschreitet, kann zu irreversiblen Gewebeschäden führen.
Ätiologie. Für die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms sind folgende
Voraussetzungen von entscheidender Bedeutung: eine weitgehend erhaltene Muskelloge π eine Druckerhöhung innerhalb des Weichteilmantels mit Behinderung der venösen Dränage π eine Verminderung der kapillaren Muskeldurchblutung π eine Störung der neuromuskulären Funktion. 80 % aller Kompartmentsyndrome betreffen Unterschenkel und Unterarm ( 1 B-27.26). Besonders bei suprakondylären Oberarmfrakturen im Kindesalter, Quetschverletzungen sowie direkten Traumen (z.B. Unterschenkelfraktur beim Fußballspieler, Stoßstangenanpralltrauma) muss auf die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms geachtet werden. π
n Merke. Die Verkleinerung eines Kompartments kann neben Frakturhämatomen durch konstringierende Verbände auch durch den Verschluss eines Fasziendefektes oder durch intensiven Gebrauch eines untrainierten Muskels (funktionelles Kompartmentsyndrom) provoziert werden.
Pathophysiologie. Kommt es innerhalb eines geschlossenen Kompartments
zu kapillaren Leckagen, resultiert eine Erhöhung des Flüssigkeitsdrucks, der den venösen Dränagedruck übersteigt. Hierdurch entsteht ein zyklischer Effekt mit weiterer Zunahme von Kapillarleck und Flüssigkeitsdruck. Eine Erhöhung des normalerweise < 10 mmHg liegenden Gewebedruckes vermindert die Gewebeperfusion und damit die Abgabe von Sauerstoff an das Muskelgewebe. Nach der arteriovenösen Gradiententheorie reduziert ein Anstieg des Gewebedruckes den lokalen arteriovenösen Gradienten und deshalb die lokale Durchblutung nach der Formel:
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27.1.1 Frakturenlehre
1 B-27.26
Querschnitt der unteren Extremität und Darstellung der Kompartments Zunehmender Gewebedruck innerhalb einer Muskelloge kann eine venöse Abflussstörung mit daraus resultierender kapillarer Minderperfusion bedingen. Die eintretende Ischämie von Muskeln und Gefäßen kann zu irreversiblen Gewebsschäden führen (Kompartmentsyndrom). a b c d e f g T F
LBF = Pa – Pv R
LBF Pa Pv R
= = = =
= = = = = = = = =
Extensorenloge tiefe Flexorenloge A./V. tibialis anterior, N. peronaeus profundus A./V. tibialis posterior, N. tibialis Peronaeusloge N. peronaeus superficialis oberflächliche Flexorenloge Tibia Fibula
lokaler Blutfluss arterieller Druck venöser Druck lokaler Gefäßwiderstand.
Der Verlust der kapillaren Perfusion trotz erhaltener arterieller Stammdurchblutung führt aufgrund der metabolischen Störungen zu einer Ischämie von Muskeln und Nerven. Eine neuromuskuläre Ischämie, die 4 Stunden überschreitet, kann zu irreversiblen Gewebeschäden führen.
Symptome. Das klinische Bild wird durch starke, teils brennende Schmerzen, Weichteilschwellung, eine deutliche Muskelverhärtung in der betroffenen Loge und Ischämieschmerzen bei passiver Bewegung der Muskulatur geprägt. Bald folgen sensible und motorische Ausfälle. Während der Ausbildung eines Kompartmentsyndroms bleibt die arterielle Perfusion der Extremität mit dem Nachweis peripherer Pulse erhalten. Diagnose. Neben dem klinischen Bild kann das Kompartmentsyndrom, ins-
besondere beim bewusstlosen Patienten durch Messung des subfaszialen Gewebedrucks objektiviert werden. Hierbei werden Messfühler in das gefährdete Kompartment eingebracht und der Druck einmalig oder kontinuierlich registriert. Während der normale Druck < 10 mmHg beträgt, steigt er bei einem manifesten Kompartmentsyndrom auf 30–40 mmHg an. Entscheidend ist hierbei der Gradient zwischen arteriellem Mitteldruck und Kompartmentdruck, aus dem der Perfusionsdruck resultiert (s.o.). Fällt der Perfusionsdruck < 30 mmHg, ist mit einer ischämischen Muskelnekrose zu rechnen.
Therapie. Das manifeste Kompartmentsyndrom verlangt die sofortige Druckentlastung der Muskulatur durch eine Fasziotomie. Hierbei ist zu beachten, dass am Unterschenkel 4 Muskellogen mit entsprechenden Faszien vorliegen. Eine Hochlagerung der entsprechenden Extremität muss vermieden werden, um den arteriovenösen Druckgradienten nicht durch eine Verringerung des arteriellen Druckes zu erniedrigen. Das nicht oder zu spät behandelte Kompartmentsyndrom endet mit einer ischämischen Muskelkontraktur, der sog. Volkmann-Kontraktur.
Symptome. Das klinische Bild ist geprägt durch starke, teils brennende Schmerzen, deutliche Muskelverhärtung und Weichteilschwellung, Ischämieschmerz bei passiver Bewegung sowie sensible und motorische Ausfälle. Periphere Pulse sind nachweisbar. Diagnose. Das Kompartmentsyndrom ist neben dem klinischen Bild durch Messungen des subfaszialen Gewebedruckes objektivierbar. Normaldruck < 5 mmHg. Ab 30–40 mmHg ist mit einer ischämischen Muskelnekrose zu rechnen.
Therapie. Das manifeste Kompartmentsyndrom verlangt die sofortige Druckentlastung der Muskulatur durch eine Fasziotomie. Eine Hochlagerung der entsprechenden Extremität muss vermieden werden, um den arteriovenösen Druckgradienten nicht zu erniedrigen. Unbehandelt resultiert eine ischämische Muskelkontraktur (VolkmannKontraktur).
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27 Traumatologie
Frakturheilungsstörungen
Frakturheilungsstörungen
Unzureichende Stabilität oder nicht ausreichende Durchblutung der Knochenfragmente können zu Störungen der Frakturheilung führen. Unterschieden werden: Verzögerte Heilung (delayed union)
Unzureichende Stabilität, mangelnder Kontakt der Knochenfragmente oder nicht ausreichende Durchblutung der Knochenfragmente können zu Störungen der Frakturheilung führen. Unterschieden werden:
Bei ihr liegt eine verzögerte Konsolidierung mit verspäteter Überbauung 4–6 Monate nach der Fraktur vor.
Bei ihr liegt eine verzögerte Konsolidierung mit verspäteter Überbauung der Fraktur 4–6 Monate nach dem Unfall vor. Röntgenologisch werden die Frakturlinien zunächst weiter; u.U. zeigt sich ein wolkiger, unscharf konturierter Reizkallus.
Pseudarthrose
Pseudarthrose
Eine Pseudarthrose liegt dann vor, wenn die Fraktur nach 6–8 Monaten weder nach klinischen noch radiologischen Kriterien verheilt ist. Unterschieden werden die hypertrophe und atrophe Pseudarthrose. Eine hypertrophe Pseudarthrose ( 1 B-27.27 a) entsteht durch eine überschießende Kallusbildung infolge mechanischer Unruhe im Frakturgebiet bei gut durchbluteten Knochen. Liegt neben einer Instabilität gleichzeitig eine Durchblutungsstörung der Fragmentenden mit Nekrose vor, entwickelt sich eine atrophe Pseudarthrose ohne Kallusbildung ( 1 B-27.27 b).
Eine Pseudarthrose liegt dann vor, wenn die Fraktur nach 6–8 Monaten nur eine fibröse Verbindung ohne knöchernen Durchbau aufweist und somit weder nach klinischen noch nach radiologischen Kriterien verheilt ist. Unterschieden werden die hypertrophe und atrophe Pseudarthrose. Führt unkontrollierte mechanische Unruhe im Frakturgebiet zu einem Ausbleiben der Knochenheilung, kommt es bei gut durchbluteten Fragmentenden zu einer überschießenden Kallusbildung (Elefantenfußpseudarthrose) mit Ausbildung einer reaktiven, hypertrophen Pseudarthrose ( 1 B-27.27 a). Sie macht 90 % aller Pseudarthrosen aus. Liegt neben einer Instabilität gleichzeitig eine Durchblutungsstörung der Fragmentenden mit Nekrose vor, entwickelt sich eine atrophe Pseudarthrose ( 1 B-27.27 b). Charakteristisch für diese Form der Pseudarthrose ist die fehlende Kallusbildung. Zwischen den Fragmenten findet sich lediglich gefäßloser Faserknorpel.
Verzögerte Heilung (delayed union)
1 B-27.27
Pseudarthrosen
a Hypertrophe Pseudarthrose mit Pseudogelenkspalt und partieller Sklerosierung nach instabiler Osteosynthese einer Unterarmfraktur.
b Atrophe Pseudarthrose nach Knochennekrose bei Durchblutungsstörung.
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27.1.1 Frakturenlehre
Therapie. Während die hypertrophe Pseudarthrose therapeutisch lediglich der Ruhigstellung durch eine stabile Osteosynthese bedarf, erfordert die atrophe Pseudarthrose neben einer stabilen Fixation eine ausgedehnte Dekortikation mit Transplantation autologer Spongiosa ( 1 B-27.28).
1 B-27.28
Synopsis Operative Therapie der Pseudarthrosen
a Hypertrophe Pseudarthrose: Ruhigstellung durch stabile Osteosynthese.
1089 Therapie. Die Therapie der hypertrophen Pseudarthrose besteht in einer stabilen Osteosynthese. Bei der atrophen Pseudarthrose ist zusätzlich eine Dekortikation mit Transplantation autologer Spongiosa notwendig ( 1 B-27.28).
b Atrophe Pseudarthrose: ausgedehnte Dekortikation mit Defektüberbrückung durch autologe Spongiosa.
Die Infektpseudarthrosen stellen die Kombination einer atrophen Pseudarthrose mit gleichzeitigem Infekt dar. Sie werden begünstigt durch Knochensequester, durch Osteolysen sowie Lockerung des Osteosynthesematerials. Liegen nach einer infizierten Pseudarthrose ausgedehnte Osteolysen vor, spricht man von Defektpseudarthrosen.
Die Infektpseudarthrose stellt eine Kombination von atropher Pseudarthrose mit gleichzeitigem Infekt dar und wird durch Knochensequester, Osteolysen und Instabilität begünstigt.
Therapie. Die Behandlung besteht in einem ausgedehnten Knochenweich-
Therapie. Die Behandlung besteht in einem ausgedehnten Knochenweichteildébridement, Aufbau des Knochens mit autologer Spongiosa, Stabilisierung und suffizienter Weichteildeckung. Zur Überbrückung größerer Defektstrecken hat sich der Segmenttransport mittles Kallusdistraktion besonders bewährt.
Refrakturen und Ermüdungsfrakturen
Refrakturen und Ermüdungsfrakturen Unter Refrakturen versteht man einen Bruch im früheren Frakturbereich, der noch nicht völlig durchbaut war. Ein Ermüdungsbruch entsteht außerhalb der primären Fraktur.
teildébridement, Aufbau des Knochens mit autologer Spongiosa, Stabilisierung und suffizienter Weichteildeckung, u.U. durch lokale Lappen oder Fernlappen. Besonders bewährt zur Überbrückung größerer Defektstrecken hat sich der Segmenttransport mit Hilfe der Kallusdistraktion. Dabei wird der noch gesunde Röhrenknochen oberhalb oder unterhalb der Defektzone mit einem Meißel durchtrennt und das so gewonnene Segment durch unterschiedliche Transportmechanismen mit einer Transportgeschwindigkeit von 1 mm pro Tag in den Knochendefekt hineingezogen.
Unter Refrakturen versteht man einen Bruch im früheren Frakturbereich, der noch nicht völlig durchbaut war. Ein typisches Beispiel für eine Refraktur stellt der Bruch nach zu früher Metallentfernung dar. Ein Ermüdungsbruch entsteht außerhalb der primären Fraktur, z.B. am Ende von Implantaten.
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1090 Knocheninfektion (Osteitis) (s. a. S. 1103 ff.)
27 Traumatologie
Knocheninfektion (Osteitis) (s. a. S. 1103 ff.) n Definition. Im Gegensatz zur akuten hämatogenen Osteomyelitis, der eine allgemeine Erkrankung mit einer Organmanifestation zugrunde liegt, ist die posttraumatische Osteitis eine primäre Lokalaffektion, die allgemeine Krankheitserscheinungen auslösen kann.
Definition
Ätiologie. Von kausaler Bedeutung sind: π die Resistenz des Patienten π die Virulenz der inokulierten Keime π die Intensität und Ausdehnung des Gewebetraumas.
Besonders infektgefährdet sind Frakturen mit Weichteilschäden.
Ätiologie. Für die Ätiologie einer Osteitis sind verschiedene Faktoren von
kausaler Bedeutung: die Resistenzlage des Patienten (Alter, Diabetes mellitus, arterielle Verschlusskrankheit, Nikotinabusus) π die Virulenz der inokulierten Keime π die Intensität und Ausdehnung des Gewebetraumas (exogen unfallbedingt, Quetschung, Nekrosen; exogen fortgeleitet z.B. über ein vorbestehendes Ulkus; endogen über operationsbedingtes Gewebetrauma). Besonders infektgefährdet sind Frakturen mit Weichteilschäden. Hierzu gehören die offenen Frakturen und die geschlossenen Frakturen mit einem Weichteilschaden Grad II und III. Zur Infektion eines gesunden Knochens sind ca. 106–108 Keime/g Gewebe notwendig. Häufigste Keime sind Staphylokokken, Pseudomonas aeruginosa und E. coli. π
Symptome. Die Symptomatik kann akut oder langsam beginnen. Beim schleichenden Infekt können Entzündungszeichen fehlen.
Symptome. Die Symptomatik kann akut oder langsam beginnen. Ausgangs-
Diagnose. Röntgenologisch finden sich periostale Auflagerungen, Osteolysen und Verdichtungen der Knochenstruktur in den Randbereichen. Labor: Leukozytose, CRP-Erhöhung.
Diagnose. Röntgenologisch finden sich periostale Auflagerungen, Osteolysen und Verdichtungen der Knochenstruktur in den Randbereichen, die jedoch erst im fortgeschrittenen Stadium nachweisbar werden. Laborchemisch findet sich neben der Leukozytose eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins (CRP).
Therapie. Der akute Infekt verlangt ein Débridement, das ggf. nach 24–48 Stunden wiederholt werden muss, bis die Infektzeichen abgeklungen sind. Neben einer Wunddränage kann die Heilung durch kurzfristige, hochdosierte und resistenzgerechte antibiotische Behandlung unterstützt werden. Bei einer postoperativen Osteitis kann das Osteosynthesematerial bei stabiler Fixation belassen werden, liegt eine Instabilität vor, muss neben dem Débridement eine Restabilisierung erfolgen.
Therapie. Die Therapie hängt vom Ausmaß und Stadium des Infektes ab. Der
Bei chronischen Infekten müssen alle Sequester entfernt werden.
Sudeck-Dystrophie (Algodystrophie)
punkt ist häufig ein infiziertes Hämatom oder Serom. Die akute Entzündung zeigt sich mit Überwärmung und Schwellung. Diese Zeichen können beim schleichenden Infekt fehlen.
akute Infekt verlangt ein Débridement und muss ggf. nach 24–48 Stunden wiederholt werden, bis die Infektzeichen abgeklungen sind (Second-lookOperation). Neben einer Wunddränage kann die Heilung durch eine kurzfristige, hochdosierte und resistenzgerechte antibiotische Behandlung unterstützt werden. Besteht bei einer postoperativen Osteitis zwischen den Knochenfragmenten eine stabile Fixation, kann das Osteosynthesematerial belassen werden, da eine ungestörte Knochenheilung zu erwarten ist. Liegt eine Instabilität zugrunde, ist der Heilungsprozess gestört. Bei Knochenresorption, Sequesterbildung und evtl. Implantatlockerung muss neben dem Débridement eine Restabilisierung erfolgen. Bei chronischen Infekten müssen alle Sequester entfernt werden. Besonders wichtig ist die Deckung mit gut vaskularisiertem Weichteilgewebe. Nicht selten sind hierfür freie Lappenplastiken erforderlich. In schweren Fällen chronischer Knocheninfekte kann die Entfernung des gesamten, erkrankten Knochens erforderlich werden. Ein Wiederaufbau kann dann durch die Kallusdistraktion (Verfahren nach Ilizarov) erfolgen.
Sudeck-Dystrophie (Algodystrophie) n Definition. Es handelt sich um eine neurovegetative Fehlregulation mit Durchblutungsstörungen an Knochen und Weichteilen unbekannter Ätiologie. Sie tritt bevorzugt bei älteren Patienten mit peripheren, gelenknahen Frakturen und lang anhaltendem Frakturschmerz auf.
Definition
Symptome und Diagnose. Das klinische Bild verläuft in 3 Stadien. π 1. Anfangsstadium: Bewegungsschmerz, nächtlicher Ruheschmerz.
Symptome und Diagnose. Das klinische Bild verläuft in 3 Stadien: π
1. Stadium: Am Anfang sind teigige Weichteilschwellungen mit glänzender, livider und schwitzender Haut zu beobachten. Das Wachstum von
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1091
27.1.1 Frakturenlehre
π
π
Haaren und Nägeln ist vermehrt. Dieses Bild wird von Bewegungsschmerz und charakteristischem nächtlichen Ruheschmerz begleitet. Radiologisch findet sich eine subchondrale Entkalkung. 2. Stadium: Im Stadium der Dystrophie bilden sich die Schmerzen zurück, während die trophischen Störungen zunehmen. Die Haut wird blass, die Weichteile schrumpfen und die Muskulatur wird atroph. Im Röntgenbild zeigt sich nun eine fleckige Entkalkung der Knochen, insbesondere der gelenknahen Anteile. 3. Stadium: Das Stadium der Atrophie endet mit einer Schrumpfung von Weichteilen und Muskulatur mit Versteifung der Gelenke. Das Röntgenbild zeigt jetzt eine diffuse Osteoporose mit Verschmälerung der Kortikalis ( 1 B-27.29).
1 B-27.29
π
π
Weichteilschwellung mit glänzender, livider und schwitzender Haut. Vermehrtes Wachstum von Haaren und Nägeln. Subchondrale Entkalkung im Röntgenbild. 2. Stadium der Dystrophie: Rückgang der Schmerzen, Zunahme der trophischen Störungen. Atrophie von Weichteilen und Muskulatur. Fleckige Entkalkung im Röntgenbild. 3. Stadium der Atrophie: Schrumpfung von Weichteilen und Muskulatur mit Versteifung der Gelenke. Diffuse Osteoporose im Röntgenbild ( 1 B-27.29).
Sudeck-Dystrophie: Stadium der Atrophie
Rechter Fuß (a.p./seitlich) mit Entkalkung der Phalangen.
Therapie. Die Therapie besteht primär in einer Ruhigstellung zur Schmerzausschaltung. Medikamentös sind Antiphlogistika, Steroide, Calcitonin, Sympathikolytika und Psychopharmaka im Gebrauch. Nach Abklingen der Schmerzen kann eine vorsichtige Übungsbehandlung begonnen werden, um Gelenkversteifungen zu vermeiden. Die Dystrophieprophylaxe ist jedoch wichtiger und erfolgreicher als die Therapie. n Merke. Die beste Therapie besteht in der Prävention durch Schmerzreduktion, Vermeidung konstringierender und zu enger Verbände, Vermeidung von Überdistraktion, z.B. bei distalen Radiusfrakturen mit dem Fixateur externe und sofortigem Beginn mit aktiven Bewegungsübungen.
Therapie. Ruhigstellung zur Schmerzausschaltung. Medikamentös sind Antiphlogistika, Steroide, Calcitonin, Sympathikolytika und Psychopharmaka in Gebrauch. Nach Abklingen der Schmerzen kann eine vorsichtige Übungsbehandlung begonnen werden.
Merke
Therapeutisch ist eine aktive Bewegungstherapie ohne Schmerzauslösung, die Ödemreduktion sowie eine medikamentöse Beeinflussung mit Sympathikusblockaden, a-Sympatholytika (Hydergin) oder eine antisympathotone Therapie mit Guanethidin erfolgreich.
Prognose. Stadium I und II sind unter Therapie rückbildungsfähig, Stadium III ist irreversibel.
Prognose. Nur Stadium I und II sind rückbildungsfähig.
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27 Traumatologie
Fettembolie-Syndrom
Fettembolie-Syndrom
Die Fettembolisation ist nach größeren Schaftfrakturen obligat und verläuft oft asymptomatisch. Nach Verletzung großer Röhrenknochen und des Beckens kann sich nach einem symptomfreien Intervall (bis 48 h) ein Fettembolie-Syndrom einstellen. Ätiologie. Auslösend sind unversorgte Frakturen oder operativ durch Marknagelung versorgte Schaftfrakturen großer Röhrenknochen. Toxine, Bakterien und Debris der Weichteilverletzungen werden in den Blutkreislauf eingeschwemmt und führen zu einer Kapazitätsüberlastung der Lunge mit Beeinträchtigung der Respiration.
Die Fettembolisation nach größeren, zumeist unversorgten Schaftfrakturen ist obligat und verläuft durch die Clearance-Kapazität des Pulmonalendothels häufig asymptomatisch. Zuweilen kann sich jedoch ein typisches Fettembolie-Syndrom nach einem symptomfreien Intervall von bis zu 48 Stunden nach Verletzung großer Röhrenknochen oder des Beckens einstellen.
Ätiologie. Auslösend sind unversorgte Frakturen oder operativ durch Marknagelung versorgte Schaftfrakturen großer Röhrenknochen. Obwohl das Pulmonalendothel eine wesentliche Clearance und Lysekapazität aufweist, kann durch Toxin, Bakterieneinschwemmungen und Debris der Weichteilverletzungen eine Überlastung eintreten, sodass zusätzliche Partikeleinschwemmungen aus nicht versorgten Frakturen oder bei der Marknagelung in die Lunge zu einer Kapazitätsüberlastung und messbaren Beeinträchtigung der Respiration führen kann.
Symptome. Das klinische Bild besteht in Hypoxie, Dyspnoe, Thrombozytopenie mit petechialen Blutungen an Thorax, Axilla und den Konjunktiven.
Symptome. Dyspnoe, Hypoxie, Thrombozytopenie und Bewusstseinstrü-
Therapie. Angemessene Schockbehandlung und ggf. Beatmung. Die Prophylaxe eines FettembolieSyndroms besteht in einer frühzeitigen Fixation der stammnahen langen Röhrenknochen und des Beckenringes durch zunächst wenig belastende chirurgische Maßnahmen.
Therapie. Die Therapie des Fettembolie-Syndroms besteht in einer adäquaten Schocktherapie und ggf. Beatmung. Es gilt der Grundsatz, dass jeder polytraumatisierte Patient so lange als respiratorisch insuffizient zu betrachten ist, bis Blutgase und O2-Sättigung das Gegenteil bestätigen. Die Prophylaxe eines Fettembolie-Syndroms besteht in einer frühzeitigen Fixation der stammnahen langen Röhrenknochen und des Beckenringes durch zunächst wenig belastende chirurgische Maßnahmen wie Fixateur externe oder unaufgebohrte Marknagelung.
27.1.2
27.1.2
Allgemeine Untersuchungstechnik des Bewegungsapparates
Die Untersuchungstechnik am Bewegungsapparat orientiert sich an folgenden Punkten: π Anamnese: (Unfallhergang, Schmerzsymptomatik) π Inspektion: (Formabweichungen, Schwellungen etc.) π Palpation: (Diastase, Dehiszenzen, Pulse etc.) π Funktionsprüfung: (aktives und passives Bewegungsausmaß, motorische Defizite).
Das Bewegungsausmaß wird mit der Neutral-0-Methode gemessen ( 1 B-27.30).
π Vergleichende Umfangs- und Längenmessungen ( 1 B-27.31).
bungen treten ebenso auf wie petechiale Blutungen, vornehmlich an Thorax, Axilla und den Konjunktiven.
Allgemeine Untersuchungstechnik des Bewegungsapparates
Die Untersuchungstechnik am Bewegungsapparat orientiert sich an folgenden Punkten: π Anamnese: Unfallhergang, Unfallzeitpunkt, Unfallmechanismus, Verhalten nach dem Unfall, Schmerzsymptomatik, Beginn evtl. neurologischer Ausfallerscheinungen, frühere Unfälle, frühere Erkrankungen. π Inspektion: Formabweichungen (z.B. Außenrotation bei pertrochantärer Oberschenkelfraktur), Schwellungen, Verfärbungen, Narben, Bewegungsabläufe (z.B. hinkendes Gangbild). π Palpation: Art der Schwellung (z.B. Gelenkerguss, Weichteilschwellung), Druckpunkte, Diastase (z.B. bei Wirbelfrakturen zwischen den Dornfortsätzen), Dehiszenzen (z.B. Achillessehnenruptur), Nervenaustrittspunkte, Pulse, Gelenkfläche (z.B. Patella). π Funktionsprüfung: aktives und passives Bewegungsausmaß, motorische Defizite. Das Bewegungsausmaß wird mit der Neutral-0-Methode gemessen ( 1 B-27.30). Die Neutralstellung bedeutet: herabhängender Arm, nach vorne gerichteter Daumen, parallele, nach vorn gerichtete Fußstellung. Das Bewegungsausmaß wird mit 3 Zahlen beschrieben. Wird die Neutralposition bei der Bewegung durchschritten, steht die 0 zwischen den beiden das Bewegungsausmaß anzeigenden Zahlen. Steht eine 0 am Anfang, bedeutet dies, die Neutralstellung wurde nicht erreicht, es besteht ein Bewegungsdefizit. Beispiel: Beugung/Streckung im Hüftgelenk 90/0/5Ω auf der gesunden Seite und 70/20/0Ω auf der Gegenseite bedeutet eine Einschränkung der Beugung um 20Ω im Vergleich zur Gegenseite und ein Streckdefizit von 20Ω entsprechend einem Bewegungsdefizit zur Gegenseite von 25Ω. Vergleichende Umfangs- und Längenmessung: Die Messungen müssen an definierten reproduzierbaren Punkten durchgeführt werden ( 1 B-27.31). Umfangsmessungen werden im Liegen, Längenmessungen im
π
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27.1.3 Gelenkverletzungen
1 B-27.30
1093
Synopsis Klinische Untersuchung und normales Bewegungsausmaß am Beispiel des Schultergelenks (Neutral-0-Methode) Schultergelenk 180Ω
0Ω
40–60Ω
0Ω
20–40 Ω
95Ω
seitwärts/körperwärts
150–170Ω
Drehung auswärts/einwärts
70Ω
0Ω
30–50Ω
70Ω 0Ω
rückwärts/vorwärts
Drehung auswärts/einwärts
Stehen vorgenommen, wobei die Muskulatur möglichst entspannt sein sollte. π Zusatzuntersuchungen: Dazu gehören zunächst die Röntgenaufnahmen der verletzten Extremität, jeweils mit den benachbarten Gelenken (cave: Zusatzverletzungen, z.B. Oberschenkelfraktur und Hüftpfannenfraktur). Gelegentlich sind Schrägaufnahmen und Schichtaufnahmen, z.B. bei Tibiakopffrakturen, notwendig, Computertomogramm, angiographische Darstellung, z.B. mit der digitalen Subtraktionsangiographie (DSA), Fistelfüllungen bei Infekten oder MRT. Weitere Zusatzuntersuchungen sind Szintigraphie und Sonographie.
27.1.3
Gelenkverletzungen
Gelenke stellen eine funktionelle Einheit dar, die nach einem bestimmten Aufbau gegliedert sind: π 2 knorpeltragende Knochen (Gelenkpfanne und Gelenkkopf) π Gelenkkapsel aus Synovium und fibröser Außenschicht π Bandstrukturen. Zur Verbesserung der Kongruenz sind zuweilen Menisci und Disci zwischengeschaltet. π Knorpel ( 1 B-27.32 ): Der Knorpel besitzt eine weiche, gleitende Oberfläche, die eine erhebliche Widerstandskraft und Steifigkeit gegen Kompressionen aufweist. Er ist ein avaskuläres, alymphatisches Gewebe und ist in 4 Zonen gegliedert:
Zusatzuntersuchungen. (Röntgenaufnahmen, Computertomographie, MRT, Szintigraphie und Sonographie).
27.1.3 Gelenkverletzungen Die Gelenke stellen eine funktionelle Einheit dar und bestehen aus: π 2 knorpeltragenden Knochen (Gelenkpfanne und Gelenkkopf) π Gelenkkapsel π Bandstrukturen π fakultativ (zur Kongruenzverbesserung) Menisci und Disci. π Knorpel ( 1 B-27.32): Knorpel ist ein avaskuläres, alymphatisches Gewebe, das in 4 Zonen gegliedert ist:
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27 Traumatologie
1 B-27.31
Synopsis Längen- und Umfangsmessung der Extremitäten
Umfangsmessung
Längenmessung
N Oberarm: n in leichter Abduktionsstellung am Ansatz des M. deltoideus auf Höhe der Achselfalte. Der Ellbogen ist um ca. 45 Ω gebeugt.
N Armlänge: n Distanz zwischen Akromionspitze und Processus styloideus radii.
N Ellbogen: n auf Höhe des Olekranons in Streckstellung. N Unterarm: n 10–20 cm unterhalb des Epicondylus lateralis humeri. N Oberschenkel: n beim Erwachsenen 15 cm, 20 cm oder 25 cm oberhalb des medialen Kniegelenkspaltes. Als Bezugspunkt kann auch der obere Patellapol gewählt werden, wenn der mediale Gelenkspalt nicht sicher tastbar ist. N Unterschenkel: n 15 oder 20 cm unterhalb des medialen Kniegelenkspaltes. In der Regel erfolgt die Messung des größten und kleinsten Umfangs (Wade und Fessel).
N Oberarmlänge: n Akromionspitze bis Epicondylus lateralis humeri. N Unterarmlänge: n Epicondylus lateralis humeri bis zum Processus styloideus radii. N Beinlänge: n Distanz zwischen Spina iliaca anterior superior und Spitze des Malleolus lateralis. N Oberschenkellänge: n Distanz zwischen der Spitze des Trochanter major und dem lateralen Kniegelenkspalt. N Unterschenkellänge: n Lateraler Kniegelenkspalt bis zur Spitze des Malleolus lateralis.
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27.1.3 Gelenkverletzungen Tangentialzone Übergangszone π Radiärzone π Kalk-Knorpel-Zone. Innerhalb jeder Zone weisen die Chondrozyten wie auch die kollagenen Fibrillenzonen spezifische Anordnungen und Durchmesser auf. Die Zellen machen im Erwachsenenknorpel < 5 % des gesamten Gewebevolumens aus, der Rest ist extrazelluläre Matrix (95 %). Die Hauptaufgabe der Chondrozyten besteht in der Produktion von extrazellulärer Matrix sowie der Kontrolle des Matrixmoleküls »turn-over«. Die extrazelluläre Matrix besteht aus hydrophilen, negativ geladenen Proteoglykanmolekülen, welche einen Verbund mit Kollagenfasern bilden. Dieser Verbund ist mit Wasser und Ionen gesättigt. Die Schwelleigenschaften, die Flüssigkeits- und Ionentransportkapazität sowie die intrinsischen, mechanischen Eigenschaften der Kollagen-Proteoglykanmatrix bilden die Grundlage der Deformationseigenschaften des artikulären Knorpels. Bei Belastung kommt es zu einem Zusammenspiel von Zugbelastung, Druckverteilung und komprimierenden Kräften. Die Knorpelmatrix wird durch die Austreibung von Flüssigkeit aus den belasteten Regionen deformiert. So wird durch das Gewebe Energie absorbiert, indem Wasser verdrängt wird. Sobald die Belastung aufgehoben wird, gewinnt das Gewebe seine ursprüngliche Form durch das »Einsaugen von Wasser« wieder. π
π
π
π
1 B-27.32
π π
Die Zellen machen im Erwachsenenknorpel < 5 % des gesamten Gewebevolumens aus, der Rest ist extrazelluläre Matrix (95 %). Die extrazelluläre Matrix besteht aus hydrophilen, negativ geladenen Proteoglykanmolekülen, welche einen Verbund mit Kollagenfasern bilden.
Bei Belastung kommt es zu einem Zusammenspiel von Zugbelastung, Druckverteilung und komprimierenden Kräften.
Synopsis Zusammensetzung des Gelenkknorpels Gelenkflächenschichten
Kollagenfaserverlauf
Lamina splendens
Gelenkkapsel Stratum fibrosum
Chondrozyten in Lakunen
Zone III: Radiarzone (primäre Verknöcherung)
Stratum synoviale Blutgefäße und Nerven
»Tidemark«
subchondrale Spongiosa
verkalkter Knorpel
Kompakta
subchondraler Knochen
Synovium: Die Synovialschicht kleidet alle Gelenke mit Ausnahme des Knorpels und der Menisci aus und ist ca. 25 Mikron dick. Die führenden Kollagene sind Typ I und III, zu einem geringeren Anteil auch Typ VI. Diese fibrösen Elemente gewährleisten ein elastisches Netzwerk für das Gewebe bei Distraktion und Kontraktion je nach Gelenkbewegung. Innerhalb der Synovia existiert wahrscheinlich auf Proteoglykanebene eine Diffusionsbarriere zwischen Plasma und Gelenkflüssigkeit, die die subatmosphärischen Drücke innerhalb des Gelenkes aufrechterhält. Die Synovialzellen bestehen aus den makrophagenähnlichen A-Zellen, die reich an lysosomalen Strukturen sind, den fibroblastenähnlichen B-Zellen und den intermediären C-Zellen. Die synoviale Flüssigkeit bewirkt eine Lubrikation des Knorpels und gewährleistet damit die adhäsiven Eigenschaften und die Gelenkstabilität. Die möglichen Folgen einer Gelenkverletzung lassen sich wie folgt unterteilen: π Knorpelverletzungen (s.u.) π Luxationen (Verrenkungen) (s.u.) π Verletzungen der Bandstrukturen und π Gelenkguss (s.u.). (s.u.)
Zone I: Tangentialzone (Wachstum)
Zone II: Übergangszone (Zone der knorpeligen Umwandlung
Matrix
π
Tangentialzone Übergangszone Radiärzone und Kalk-Knorpel-Zone.
Zone IV: Kalkknorpelzone (Metaphyse) Endplatte Spongiosa
Synovium: Die Synovialschicht ist ca. 25 Mikron dick und besteht hauptsächlich aus den Kollagenen Typ I und III. Zur Aufrechterhaltung des subatmosphärischen Druckes besteht eine Diffusionsbarriere innerhalb der Synovia zwischen Plasma und Gelenkflüssigkeit. Die Synovialflüssigkeit bewirkt eine Lubrikation des Knorpels und gewährleistet die adhäsiven Eigenschaften und damit die Gelenkstabilität. Die möglichen Folgen einer Gelenkverletzung lassen sich wie folgt unterteilen: π Knorpelverletzungen (s.u.) π Verletzungen der Bandstrukturen (s.u.) π Luxationen (Verrenkungen) (s.u.) und π Gelenkguss (s.u.). π
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27 Traumatologie
Knorpelverletzungen
Knorpelverletzungen
Man unterscheidet ( 1 B-27.33): Kontusionen: π subchondrales Hämatom π Fissuren. Impressionen: π Impressionsfraktur π federnde Impression π Gelenkkantenimpression. Frakturen: π chondrale Frakturen π osteochondrale Frakturen.
Bei den Knorpelverletzungen kann man folgende Formen unterscheiden ( 1 B-27.33): Kontusionen: π subchondrales Hämatom π Fissuren. Impressionen: π Impressionsfraktur π federnde Impression π Gelenkkantenimpression. Frakturen: π chondrale Frakturen π osteochondrale Frakturen.
Kontusionen Subchondrales Hämatom Vorkommen. Es zeigt sich häufig am korrespondierenden Widerlager einer Impressionsfraktur oder bei schweren Gelenkverletzungen an den Bruchrändern. Verletzungsmechanismus. Kartilaginäre Kontusionen entstehen durch direkte stumpfe Gewalt. Morphologie. Die Knorpelstruktur erscheint makroskopisch intakt. Blutigtingierte Grundsubstanz.
Kontusionen Subchondrales Hämatom Vorkommen. Ein subchondrales Hämatom zeigt sich häufig am korrespon-
dierenden Widerlager einer Impressionsfraktur oder bei schweren Gelenkverletzungen an den Bruchrändern.
Verletzungsmechanismus. Kartilaginäre Kontusionen entstehen ausschließlich durch direkte stumpfe Gewalt.
Morphologie. Die leichteste Form ist das subchondrale Hämatom, bei dem die Knorpelstruktur makroskopisch intakt erscheint. Die Grundsubstanz ist blutig-tingiert. Die Konsistenz des Gewebes ist beim Belasten normal.
Therapie. Kurzzeitige Teilbelastung bei voller Mobilität.
Therapie. Bei alleiniger Kontusion ist eine kurzzeitige Teilbelastung bei vol-
Knorpelfissuren
Knorpelfissuren
Verletzungsmechanismus. Größere Gewalteinwirkungen führen zu Zerreißungen des Knorpelgewebes.
Verletzungsmechanismus. Größere Gewalteinwirkungen führen zu Zerrei-
Morphologie. Knorpelfissuren nehmen meist von Impressionsdefekten ihren Ausgang.
Morphologie. Die Knorpelfissuren verlaufen meist parallel, können aber
Diagnose. Mit der Kernspintomographie können einige dieser Verletzungen nachgewiesen werden.
Diagnose. Diese Verletzungen sind meist sehr schwierig zu diagnostizieren,
Therapie. Partielle Entlastung der Extremität bei voller Mobilität.
Therapie. Die Behandlung besteht in einer partiellen Entlastung der Extre-
Prognose. Das Ausmaß der Knorpelschädigung bestimmt die Prognose der Gelenkverletzung.
Prognose. Das Ausmaß der Knorpelschädigung, d.h. Proteoglykanverlust
Impressionen
Impressionen
Definition
ler Mobilität angezeigt.
ßungen des Knorpelgewebes.
auch durch einzelne Sprünge miteinander verbunden sein. Selten treten sternförmige Verästelungen auf, meist nehmen diese von Impressionsstellen oder -defekten ihren Ausgang.
da sie auch optisch schwer nachweisbar sind. Mit der Kernspintomographie gelingt es, einige dieser Verletzungen nachzuweisen.
mität bei voller Mobilität und Muskelaufbautraining.
mit Veränderungen des Kollagenfibrillennetzwerkes oder Zerstörung des Verhältnisses von Kollagenfibrillen zu Proteoglykangehalt, bestimmt auch die Prognose der Gelenkverletzung: entweder kommt es zu einer Reparatur der Knorpelschädigung oder aber zu einem weiteren Verlust der Strukturen.
n Definition. Während bei der schweren Kontusion mehr oder weniger ausgedehnte Gefügestörungen vorliegen, kommt es bei der Impression vor allem zur Zerstörung der darunter liegenden Knochenstruktur. Unterschieden werden die Impressionsfraktur, die federnde Impression und die Gelenkkantenimpression.
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27.1.3 Gelenkverletzungen
Impressionsfraktur
Impressionsfraktur
Flächenhafte Impression oder Impressionsfrakturen stellen echte Frakturen dar, bei denen ein Fragment in die darunter liegende Spongiosa eingestaucht wird und eine Stufenbildung am Rande des Fragmentes charakteristisch ist.
Flächenhafte Impressionen oder Impressionsfrakturen stellen echte Frakturen dar. Charakteristisch ist eine Stufenbildung.
Federnde Impression
Federnde Impression
Vorkommen. Die federnde Knorpel-Knochen-Impression wird nur bei
Vorkommen. Die federnde KnorpelKnochen-Impression wird nur bei osteoporotischen Knochen beobachtet ( 1 B-27.33).
osteoporotischen Knochen beobachtet ( 1 B-27.33).
1 B-27.33
Knorpelschäden
a Rezidivierende Patellaluxation links mit Knorpelschaden Grad 4 (Outerbridge) an der lateralen Seite bzw. Kante der Trochlea femoris.
b Gleiche Patientin wie a. Korrespondierender Knorpelschaden an der medialen Patellafacette.
c Chondromalazie von der Trochlea femoris bis zum Condylus femoris.
d Arthroskopische Aufsicht auf einen tiefen Knorpelschaden am medialen Femurkondylus mit gut erkennbarem freiliegendem subchondralen Knochen.
Morphologie. Durch die Kontusion kommt es zu einer Eindellung und Zusammensinterung der subchondralen Spongiosa, während der Knorpel selbst auf ursprüngliches Niveau zurückfedert. Die Folge ist, dass der entstandene Hohlraum durch weitere Belastungen vermehrt eingedellt wird.
Morphologie. Durch die Kontusion kommt es zu einer Eindellung der subchondralen Spongiosa, der Knorpel federt auf sein urprüngliches Niveau zurück und hinterlässt einen Hohlraum.
Gelenkkantenimpression
Gelenkkantenimpression
Die Gelenkkantenimpression findet sich vorzugsweise am Femurkondylus. Diese Läsion entsteht durch forcierte Überstreckung des Kniegelenkes mit Impression der Schienbeinvorderkante bzw. des Meniskusrandes in die Femurrolle ( 1 B-27.34).
Die Gelenkkantenimpression entsteht vorzugsweise am Femurkondylus durch Überstreckung des Kniegelenkes ( 1 B-27.34).
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27 Traumatologie
Diagnose. Wichtig ist die Erhebung des Unfallmechanismus (Hyperextensionstrauma, direkte Kontusion, Distorsion). Apparativ ist die Kernspintomographie und Arthroskopie bedeutsam.
Diagnose. Da die radiologischen Zeichen außer bei den Impressionsfrakturen häufig wenig aussagefähig sind, haben der Unfallmechanismus, d.h. ein Hyperextensionstrauma, eine direkte Kontusion oder auch ein Distorsionsmechanismus eine erhöhte Bedeutung für die Diagnostik. Neben der Kernspintomographie kommt der Arthroskopie die höchste Bedeutung in der Diagnostik zu.
Therapie. Therapeutisch können über eine Arthroskopie Impressionen unter arthroskopischer Kontrolle von der Spongiosaseite her reponiert werden.
Therapie. Bei kleineren Impressionen findet sich häufig arthroskopisch ein
Nachbehandlung. Sie erfolgt sofort mit partieller Entlastung, CPM und aktiver Bewegung.
Nachbehandlung. Sie erfolgt mit partieller Entlastung, CPM (continuous
Gefäßpannus, der immer als pathologisch und knorpelzerstörend angesehen werden muss und deshalb entfernt wird. Erhebliche Impressionen werden von der Spongiosaseite her reponiert und der Defekt mit autologer Spongiosa aufgefüllt.
passive motion) auf der Motorschiene und aktiver Bewegung sowie Kräftigung der Muskulatur vom Unfalltage an.
1 B-27.34
Gelenkkantenimpression Kantenimpression am Femurkondylus durch Überstreckung des Kniegelenkes.
Knorpelfrakturen Unterschieden werden chondrale und osteochondrale Frakturen.
Knorpelfrakturen Neben der direkten offenen Verletzung, bei der Knorpel oder auch Knorpelknochenteile abgetrennt werden, haben vor allem die indirekten Mechanismen eine vorherrschende pathogenetische Bedeutung. Die Knorpelfraktur führt zur vollständigen Dislokation des Fragmentes. Unterschieden werden chondrale und osteochondrale Frakturen.
Chondrale Frakturen
Chondrale Frakturen
Verletzungsmechanismus. Bei den chondralen Frakturen werden die korrespondierenden Knorpelflächen des Gelenkes so fest aufeinander gepresst, dass jegliche Gleitbewegung ausgeschaltet wird und nur ein Rotationsmechanismus wirksam werden kann.
Verletzungsmechanismus. Isolierte Knorpelfrakturen entstehen selten durch direkte Gewalt, sondern vor allem durch einen Kompressions-Rotations-Mechanismus. Der Knorpel ist imstande, Kräfte von 25 N/mm2 zu tolerieren. Damit es zu einer reinen Knorpelabscherung kommt, müssen bei Bewegung des Gelenkes die korrespondierenden Knorpelflächen so fest aufeinander gepresst werden, dass jegliche Gleitbewegung ausgeschaltet wird. Dies trifft am Kniegelenk bei forcierter Rotation und maximaler Belastung bei leichter Beugestellung zu.
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1099
27.1.3 Gelenkverletzungen
Osteochondrale Frakturen
Osteochondrale Frakturen
n Definition. Durch Mitbeteiligung des knöchernen Untergrundes kommt es zur osteochondralen Fraktur.
Verletzungsmechanismus. Vor allem 2 Mechanismen führen zu den typi-
schen Erscheinungen dieses Verletzungsbildes. Die Abscherung und der Ausriss. Ein typisches Beispiel für eine Abscherung ist die Patellaluxation, bei der die Kniescheibe aus dem Femurgleitlager trotz Kapselspannung und Quadrizepstonus herausgerissen wird. In diesem Augenblick bricht entweder die mediale Kniescheibenkante oder von der lateralen Femurrolle werden Knorpelknochenfragmente abgeschert ( 1 B-27.35).
1 B-27.35
a
Definition
Verletzungsmechanismus. Die häufigsten Verletzungsmechanismen sind die Abscherung und der Ausriss. Ein typisches Beispiel für die Abscherung ist die Patellaluxation, bei der die Kniescheibe aus dem Femurgleitlager trotz Kapselspannung und Quadrizepstonus herausgerissen wird ( 1 B-27.35).
Synopsis Patellaluxation
b
c
Die femoro-patellare Luxation erfolgt immer nach lateral (a) mit Aufreißen des medialen Retinaculum patellae. Hierbei wird es der Patella ermöglicht, über den lateralen Epicondylus femoris zu gleiten und ein Knorpel-Knochen-Fragment sowohl aus der Patella als auch dem Femur herauszubrechen (b). Die gleiche Gefahr besteht bei der Reposition der Patella (c).
Osteochondrale Frakturen entstehen auch durch Ausrisse. Am adoleszenten Kniegelenk führt ein entsprechender Verletzungsablauf nicht zum Kreuzbandriss, sondern der tibiale Ansatz wird mit der ganzen Eminentia und anhängenden Knorpelteilchen der Gelenkfläche aus dem Schienbeinkopfplateau herausgerissen. Ebenso können Hüftgelenksverrenkungen von den typischen Knorpelausrissen am Lig. teres capitis begleitet sein. Osteochondrale Frakturen entstehen gewöhnlich bei Jugendlichen, während die Knorpelverletzungen eher bei älteren Patienten entstehen.
Ein Beispiel für eine Ausrissverletzung ist der Ausriss der Eminentia und anhängenden Knorpelteilen aus dem Schienbeinkopfplateau.
Diagnose. Der Verletzungsmechanismus kann einen Hinweis geben, der
Diagnose π Verletzungsmechanismus π Gelenkerguss mit Fettaugen π Röntgendiagnostik, ggf. MRT π Arthroskopie.
Therapie. Die Entfernung des Fragmentes ist bei den reinen chondralen
Therapie. Bei den reinen chondralen Verletzungen des Erwachsenen wird das Fragment entfernt. Bei Jugendlichen sollte eine Replantation durchgeführt werden ( 1 B-27.36).
blutige Gelenkerguss mit Fettaugen weist auf eine spongiöse Verletzung hin. Im Röntgenbild lassen sich zumindest die osteochondralen Fragmente darstellen, während die chondralen häufig nur im Kernspintomogramm nachweisbar sind. Aufgrund des blutigen Gelenkergusses wird die Diagnose in den meisten Fällen durch die Arthroskopie gestellt.
Verletzungen des Erwachsenen indiziert. Eine Revitalisierung mit einer festen Verbindung zwischen Knorpel und subchondralem Knochen ist äußerst unwahrscheinlich und führt zur Bildung eines Dissekates. Bei Kindern sollte man sich trotz der verminderten Widerstandsfähigkeit zwischen Knorpel und subchondralem Knochen eher für eine Replantation entscheiden ( 1 B-27.36). Bei osteochondralen Fragmenten muss die Refixierung des Fragmentes so rasch wie möglich erfolgen, da sich sonst aufgrund eines Remodelings des Fragmentes erhebliche Schwierigkeiten bei der Replantation ergeben. Zur Stabilisierung sind Kirschner-Drähte, biodegradable Implantate, Fibrinklebung, in seltenen Fällen auch Schrauben indiziert. Verbleibende Defekte in der Belastungsebene können mit autologen (autogenen) Knorpel-Knochen-Transplantaten oder mit vorkultivierten Chondrozytentransplantationen behandelt werden.
Bei osteochondralen Fragmenten muss die Refixierung des Fragmentes sehr rasch erfolgen. Verbleibende Defekte können mit autologen Knorpel-Knochen-Transplantaten oder Chondrozytentransplantationen behandelt werden.
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1100
27 Traumatologie
1 B-27.36
Knorpelschaden
a Arthroskopische Präsentation eines tiefen Knorpelschadens am lateralen Femurkondylus mit herabhängenden Knorpelfetzen vor autologer Transplantation von Rippenperichondrium.
Nachbehandlung. Die Nachbehandlung besteht in Frühmobilisation ohne Belastung. Die Entlastungsphase beträgt im Allgemeinen zwischen 6 und 12 Wochen. Verletzungen der Bandstrukturen
b Arthroskopie nach autologer Transplantation von Rippenperichondrium.
Nachbehandlung. Die Nachbehandlung besteht in Frühmobilisation ohne
Belastung. Die Entlastungsphase beträgt im Allgemeinen zwischen 6 und 12 Wochen.
Verletzungen der Bandstrukturen n Definition. Bänder sind hochspezialisierte, dynamische, feste Bindegewebsstrukturen, die Knochen verbinden und eine passive mechanische Funktion in der Stabilisierung von Gelenken und in der Gelenkführung ausüben.
Definition
Morphologie. Eine wichtige Aufgabe liegt in der Übermittlung propriorezeptiver Informationen auf die Muskeln. Chemisch bestehen die Bänder aus Wasser, Typ-I- und -III-Kollagen, verschiedenen Proteoglykanen, Elastin und einigen anderen Substanzen.
Morphologie. Die Bänder besitzen darüber hinaus eine wichtige neurosen-
Einteilung. Die Bandverletzungen werden eingeteilt in Zerrung und Ruptur.
Einteilung. Unter den Bandverletzungen unterscheiden wir:
Ätiologie. Meist liegt eine indirekte Krafteinwirkung zugrunde mit Mikrobandrissen im Falle einer Zerrung und Durchtrennung der Kollagenfasern bei einer Bandruptur.
Ätiologie. Beiden liegt zumeist eine indirekte Krafteinwirkung zugrunde, die zu einer Überbeanspruchung der mechanischen Eigenschaften der Bänder und im Falle einer Zerrung zu einer Dehnung mit Mikrobandrissen und bei einer Bandruptur zur Druchtrennung der Kollagenfasern führt. Bei einer Zerrung ist die Kontinuität des Bandes makroskopisch nicht unterbrochen.
Lokalisation. Hauptlokalisation der Bandverletzungen: Fingergelenke, Ellbogen-, Knie- und Sprunggelenk.
Lokalisation. Hauptlokalisation der Bandverletzungen sind die Fingergelenke, das Ellbogen- sowie das Knie- und Sprunggelenk.
Diagnose. Wichtig ist der Unfallmechanismus. Neben dem Druck- und Bewegungsschmerz gelingt die Prüfung der
Diagnose. Der Unfallmechanismus gibt häufig Hinweise auf das Ausmaß der Verletzung. An den Bandansätzen findet sich ein Druck- und Bewegungsschmerz. Die Prüfung der Funktion gelingt meist nur kurz nach der Verlet-
sorische Aufgabe in der Übermittlung propriorezeptiver Informationen und dienen als wichtige Überträger der dynamischen Information auf die Muskeln. Alter und Belastung sind wichtige Faktoren für die strukturellen und mechanischen Eigenschaften der Bänder. Chemisch bestehen die Bänder aus Wasser, Typ-I- und -III-Kollagen, verschiedenen Proteoglykanen, Elastin und einigen anderen Substanzen. Die Stabilität wird durch intermolekulare Verbindungen erreicht.
π π
Zerrung (Distorsion) Ruptur.
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1101
27.1.3 Gelenkverletzungen zung objektiv und zuverlässig, da der Schmerz häufig verzögert auftritt. Ein Hämarthros ist möglich, kann aber auch bei extrasynovialen Rissen oder bei komplexen Bandrupturen fehlen. Bei starken Schmerzen führt erst die Narkoseuntersuchung bzw. die Arthroskopie zur korrekten Diagnose. Bei der apparativen Diagnostik von Bandverletzungen gewinnt die Magnetresonanztomographie zunehmende Bedeutung.
Bandstabilität häufig nur kurz nach der Verletzung. Bei starken Schmerzen ist eine Narkoseuntersuchung zumeist mit Arthroskopie erforderlich.
Klassifikation. Die Schweregradklassifizierung einer Bandverletzung
Klassifikation. Man unterscheidet 3 Schweregrade: π Grad I: Aufklappbarkeit ≤ 5 mm (Dehnung) π Grad II: Aufklappbarkeit ≤ 10 mm (Zerrung) π Grad III: Aufklappbarkeit > 10 mm (Ruptur). Therapie. Die Therapie bei Bandverletzungen ist überwiegend funktionell. Zerrungen werden kurzfristig mit Kälte und später mit funktioneller Therapie behandelt.
erfolgt immer im Vergleich zur Gegenseite: π Grad I: Aufklappbarkeit ≤ 5 mm (Dehnung) π Grad II: Aufklappbarkeit ≤ 10 mm (Zerrung) π Grad III: Aufklappbarkeit > 10 mm (Ruptur).
Therapie. In der Therapie der Bandverletzungen ist ein Wandel eingetreten
von der ausschließlich operativen bzw. konservativen zu einer differenzierten, bedarfsadaptierten Behandlungsform. Zerrungen werden konservativ behandelt, je nach Befund mit Kälte und später mit funktioneller Therapie, u. U. unterstützt durch Tape-Verbände. Jene Bandrupturen, die muskulär kompensiert sind, behandelt man nach kurzer Ruhigstellung zur Schmerzausschaltung ebenfalls funktionell. Dabei wird das Bewegungsausmaß vermieden, welches die verletzten Bandstrukturen unter erhöhten Stress bringt. Typische Bandverletzungen für eine funktionelle Behandlung sind die Fingergelenke mit Ausnahme des Daumengrundgelenkes, die medialen Seitenbandverletzungen des Kniegelenkes, die lateralen Bandrupturen des oberen Sprunggelenkes sowie die Bandverletzungen am Ellbogengelenk.
Bei Bandrupturen erfolgt die funktionelle Therapie nur in dem Bewegungsausmaß, welches die Bandstruktur nicht unter Stress setzt.
Luxationen (Verrenkungen)
Luxationen (Verrenkungen)
Luxationen werden durch stark dislozierende Kräfte auf die gelenkbildenden Skelettanteile verursacht, häufig durch zusätzliche Hebelwirkung. Dabei kommt es zu ausgedehnten Kapsel-Band-Zerreißungen, die eine anhaltende oder kurzdauernde Dislokation knöcherner Gelenkkomponenten aus der Gelenkkapsel heraus bewirken. Die fehlende Artikulation der Gelenkkörper kann entweder Folge einer traumatischen Schädigung des Kapselbandapparates oder Folge einer chronischen Kapselschädigung sein. Unterschieden werden: π traumatische Luxationen π habituelle Luxationen π angeborene Luxationen.
Die fehlende Artikulation der Gelenkkörper kann entweder Folge einer traumatischen Schädigung des Kapselbandapparates oder Folge einer chronischen Kapselschädigung sein.
Unterschieden werden: traumatische Luxationen π habituelle Luxationen π angeborene Luxationen. π
Traumatische Luxationen Verletzungsmechanismus. Sie entstehen durch ein adäquates Trauma, z.B.
am Schultergelenk, durch eine Außenrotation/Hyperextensionsbewegung. Die Vorstufe der traumatischen Luxation ist die traumatische Subluxation, bei der es zu einer kurzzeitigen unvollständigen Verrenkung und Reposition kommt, im Schultergelenk kenntlich am Dead-Arm-Syndrom, d.h. der Gefühllosigkeit und Kraftlosigkeit des Armes. Besteht auch nach Reposition eine hochgradige Instabilität, handelt es sich häufig um Gelenkzerreißungen, z.B. bei einer Knieluxation. Kommt es nach der Erstluxation zu erneuten Verrenkungen, sprechen wir von einer rezidivierenden Luxation, die z.B. am Schultergelenk bei Limbusverletzungen auftreten kann. Betroffen sind von einer hohen Luxationsrate (bis zu 80 %) besonders sportlich aktive Jugendliche im 2. Lebensjahrzehnt. Von einer veralteten Luxation sprechen wir bei einer Luxationsdauer > 14 Tage.
Diagnose. Diese gelingt meist durch die äußerste Schmerzhaftigkeit mit aufgehobener Funktion. Das Röntgenbild in 2 Ebenen dient der Dokumentation.
Traumatische Luxationen Verletzungsmechanismus. Traumatische Luxationen entstehen durch ein adäquates Trauma, z.B. am Schultergelenk durch eine forcierte Außenrotation/Hyperextensionsbewegung. Die Vorstufe der Luxation kann die Subluxation mit einer kurzzeitigen, unvollständigen Verrenkung und anschließenden Reposition sein. Bei einer Gelenkzerreißung besteht auch nach der Reposition noch eine Instabilität. Kommt es nach der Erstluxation zu erneuten Verrenkungen, sprechen wir von einer rezidivierenden Luxation. Eine veraltete Luxation liegt bei einer Luxationsdauer > 14 Tage vor. Diagnose. Äußerste Schmerzhaftigkeit bei aufgehobener Funktion und Röntgenbild bilden die Grundlage der Diagnostik.
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27 Traumatologie
Therapie. Luxationen und Luxationsfrakturen, die eine Gefährdung der Weichteile oder Gefäßversorgung hervorrufen, müssen unverzüglich reponiert werden. Luxationen großer Gelenke, z.B. Hüftgelenk, werden unter Narkose eingerichtet.
Therapie. Luxationen oder Luxationsfrakturen, die eine Gefährdung der
Habituelle Luxationen
Habituelle Luxationen
Verletzungsmechanismus. Sie sind Folge sekundärer gelenkmechanischer oder anatomischer Veränderungen (z.B. habituelle Patellaluxation).
Verletzungsmechanismus. Sie entstehen als Folge primärer oder sekundä-
Diagnose. Anamnese, Röntgenbefund.
Diagnose. Die Anamnese, das hypermobile Gelenk und der Röntgenbefund,
Weichteile und Gefäße bedingen, sollten bereits an der Unfallstelle reponiert werden. Luxationen großer Gelenke, wie z.B. des Hüftgelenkes, müssen in Narkose eingerichtet werden. Nach der Reposition ist die Stabilität des Gelenkes zu prüfen.
rer gelenkmechanischer oder anatomischer Veränderungen. Ein typisches Beispiel ist die Fehlform der Kniescheibe bei habitueller Patellaluxation.
z.B. der Kniescheibe weisen auf eine habituelle Luxationsneigung hin.
Therapie. Stabilisierende Rekonstruktionsmaßnahmen und krankengymnastische Bewegungstherapie.
Therapie. Die Behandlung besteht in stabilisierenden Rekonstruktionsmaß-
Angeborene Luxationen
Angeborene Luxationen
Ätiologie. Diese finden sich aufgrund von Dysplasien der Gelenkkörper.
Ätiologie. Diese finden sich aufgrund von Dysplasien, z.B. Hüftgelenk und Schultergelenk. Bei Neugeborenen beträgt die Häufigkeit der Hüftdysplasie 2–3 %.
Diagnose. Sonographie, Röntgenaufnahme. Therapie. Entsprechend der Lokalisation.
Diagnose. Sie wird sonographisch oder röntgenologisch gestellt.
Gelenkerguss
Gelenkerguss
Pathophysiologie. Ausmaß und Beschaffenheit der Gelenkflüssigkeit werden bestimmt durch: π Permeabilität der Gefäßmembran π Strecke zwischen Kapillaren und Gelenkraum π chemische Beschaffenheit der extrazellulären Matrix. Direkte oder indirekte Verletzungen betreffen naturgemäß die kapillare Permeabilität und führen zum blutigen Gelenkerguss. Ein klarer, seröser Erguss gibt eher Hinweise auf Veränderung in der kapillaren Permeabilität.
Pathophysiologie. 3 Parameter tragen hauptsächlich zum Austausch zwischen den synovialen Kapillaren und der Gelenkflüssigkeit bei: π die Permeabilität der Gefäßmembranen π die Strecke zwischen Kapillaren und Gelenkraum π die chemische Beschaffenheit der extrazellulären Matrix, durch welche die diffundierenden Moleküle dringen. Direkte oder indirekte Verletzungen betreffen naturgemäß die kapillare Permeabilität und führen zum blutigen Gelenkerguss. Ein klarer, seröser Erguss gibt eher Hinweis auf Veränderungen in der kapillaren Permeabilität. Sie sind meist Ausdruck der Sekretion vasoaktiver Mediatoren wie Leukotriene, Histamin, Bradykinin und bestimmter Zytokine, welche zu einem mikrovaskulären Leck führen. Quantitative und qualitative Veränderungen im Bereich der extrazellulären Matrix können ebenfalls zu Permeabilitätsveränderungen beitragen. Ursachen können Vernarbungen im Bereich der Synovia darstellen. Die rheumatoide synoviale Flüssigkeit enthält Substanzen, die die Permeabilität der Endothelzellen in vitro erhöhen. Dabei ist eine 92kd-Gelatinase in diesen Prozess involviert. Weiterhin trägt der höhere Proteingehalt der Synovialflüssigkeit über eine Erhöhung des onkotischen Gradienten zwischen Plasma und Synovialflüssigkeit zu diesen Ergüssen bei.
Weiterhin trägt der höhere Proteingehalt der Synovialflüssigkeit über eine Erhöhung des onkotischen Gradienten zwischen Plasma und Synovialflüssigkeit zu diesen Ergüssen bei.
Auswirkungen des Gelenkergusses. Bei vorentzündlichen Gelenken kann eine Quadrizepskontraktion zu intraartikulären Drucksteigerungen von > 500 mmHg führen, sodass die Gelenkkapsel rupturieren kann. Die Bildung der Baker-Zysten ist u.U. auf eine chronische Drucküberlastung zurückzuführen ( 1 B-27.37).
nahmen der Muskulatur und der Bänder und krankengymnastischer Bewegungstherapie.
Therapie. Sie richtet sich nach der Lokalisation.
Auswirkungen des Gelenkergusses. Während der normale intraartikuläre
Druck in Ruhestellung unter dem atmosphärischen Druck liegt, führt bereits die Injektion von 20 ml physiologischer Kochsalzlösung bei Quadrizepskontraktion zu einem positiven Druck von 25 mmHg. Bei vorentzündlichen Gelenken sind Synovialis und Kapsel weniger nachgiebig, sodass beträchtliche intraartikuläre Druckwerte resultieren. Die Quadrizepskontraktion bei solchen Gelenken kann zu Druckwerten von > 500 mmHg führen, sodass die Gelenkkapsel rupturieren kann. Die Bildung der Baker-Zysten ist u.U. auf eine chronische Drucküberlastung zurückzuführen ( 1 B-27.37).
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27.1.4 Knochen- und Gelenkinfektionen
1 B-27.37
Baker-Zyste Baker-Zyste bei rheumatoider Arthritis; Bauchlage, die oberflächlichen Gefäße werden zur Seite gehalten.
Die mechanische Zerstörung der Synovialzellen kann zur Freisetzung von Zytokinen in einer biologisch aktiven Form führen, sodass dadurch die Möglichkeit besteht, den Entzündungsprozess, die synoviale Hypertrophie und die Knorpelzerstörung weiter zu verstärken. Von besonderer Wichtigkeit ist die Tatsache, dass die synovialen Zytokine ihre eigene Synthese fördern, sodass ein verhältnismäßig kleiner Zellschaden erheblich potenziert wird. Die hohen intraartikulären Druckwerte können ebenso zu einer Verminderung der Durchblutungssituation mit zwei wesentlichen Veränderungen führen. π Ischämie führt zu einer Verminderung des PO , zu einer vermehrten Lak2 tatproduktion und damit einer Verminderung des pH-Wertes. Dies führt zu einer erheblichen Gefährdung der Gelenkintegrität unter azidotischen Bedingungen bei niedriger Sauerstoffspannung. π Die nach der Ischämie folgende Reperfusion bewirkt eine vermehrte Produktion von toxischen Sauerstoffradikalen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Gelenkpunktion unter qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten. Eine Gelenkpunktion darf nur unter sterilen Kautelen erfolgen und wird heute nur noch mit Einmalinstrumentarien durchgeführt.
27.1.4
Knochen- und Gelenkinfektionen
Osteitis/Osteomyelitis n Definition. Die Osteitis ist eine bakterielle Infektion von Knochen, Periost und/oder Markraum. Zu trennen ist die Osteitis, die als lokale Entzündung nach Traumen oder Operationen von Gefäßen der Havers-Kanäle ausgeht, von der Osteomyelitis, die primär im Markraum lokalisiert ist und eine Systemerkrankung nach hämatogener oder posttraumatischer Keimeinschleppung darstellt. Histopathologisch besteht kein Unterschied zwischen der Osteomyelitis und der Osteitis.
Klassifikation. Eine Klassifikation der Osteomyelitis bzw. Osteitis kann
nach folgenden Faktoren erfolgen: π Aufgrund der histologischen Veränderungen unterscheidet man zwischen der spezifischen und der unspezifischen Osteomyelitis. Zu den spezifischen Formen gehört die tuberkulöse Osteomyelitis, die insbesondere an der Medialseite der Tibia auftritt. π Nach der Verlaufsform unterscheidet man zwischen der akuten und der chronischen Form (> 6 Wochen). Eine Sonderform stellt der Brodie-Abszess dar. Dabei handelt es sich um einen abgekapselten Herd bei wenig virulenten Keimen und guter Abwehrlage des Organismus.
Die mechanische Zerstörung der Synovialzellen kann zur Freisetzung von Zytokinen führen, die den Entzündungsprozess, die synoviale Hypertrophie und die Knorpelzerstörung weiter verstärken. Die erhöhten intraartikulären Druckwerte können zu einer verminderten Durchblutungssituation führen.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Gelenkpunktion unter qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten.
27.1.4 Knochen- und Gelenkinfektionen Osteitis/Osteomyelitis Definition
Klassifikation. Eine Klassifikation der Osteomyelitis bzw. Osteitis kann nach folgenden Faktoren erfolgen: π Nach den histologischen Veränderungen (spezifisch/unspezifisch). π Nach der Verlaufsform (akut/chronisch). Eine Sonderform stellt der Brodie-Abszess dar. Dabei handelt es sich um einen abgekapselten Herd bei wenig virulenten Keimen und guter Abwehrlage des Organismus.
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27 Traumatologie
π Nach dem Entstehungsmechanismus (endogen/exogen).
Nach dem Entstehungsmechanismus kann man endogene (primäre) Formen, die hämatogen durch septische Streuung bakterieller Herde entstehen, von exogenen (sekundären) Formen unterscheiden. Zu den exogenen Formen zählt die posttraumatische und die iatrogene Osteitis nach operativen Eingriffen. Die endogene Osteomyelitis tritt häufig bei Kindern und Jugendlichen auf, bei Erwachsenen ist sie eher selten.
π
Bei der klinisch orientierten Klassifikation wird die Ursache der Infektion, die Infektionsdauer, der Knochenbefund und der Weichteilzustand berücksichtigt. n Merke. Therapieresistenz verbunden mit der hohen Rezidivgefahr führt meistens zu einem lebenslangen Leiden für den Patienten. Diese Entzündungsformen können praktisch nie als ausgeheilt betrachtet werden, auch wenn eine klinische Beschwerdefreiheit vorliegt.
Merke
Hämatogene Osteomyelitis
Hämatogene Osteomyelitis
Ätiologie. Die Abwehrlage des Patienten und die Virulenz des Erregers entscheiden bei einer hämatogenen Streuung in die Markhöhle über den Verlauf einer Osteomyelitis. Dieser kann von einer primär chronischen Osteomyelitis ( 1 B-27.38) bis zur osteomyelitischen Sepsis reichen.
Ätiologie. Bei jeder Sepsis kann die Streuung aus Erregerherden eine Ansie-
1 B-27.38
delung in die Markhöhle verursachen. Hierbei bilden die Abwehrlage des Patienten und die Virulenz des Erregers die entscheidenden Parameter für die Inzidenz und den zu erwartenden Verlauf einer Osteomyelitis. Dieser kann von einer primär chronischen Osteomyelitis (Osteomyelitis sclerosans) ( 1 B-27.38) bis zu einem akuten, lebensbedrohenden Krankheitsbild (Osteomyelitis acuta, osteomyelitische Sepsis) reichen.
Chronische hämatogene Osteomyelitis des Erwachsenen
a a.p. und Seitenaufnahme einer chronischen Osteomyelitis des Oberschenkels.
b Fisteldarstellung zur Identifikation der Ausdehnung des Herdes und Darstellung möglicher Sequester.
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27.1.4 Knochen- und Gelenkinfektionen
Pathophysiologie. Hämatogene Herde entstehen vor allem in der gut vaskularisierten Metaphyse. Von den Markraumabszessen ausgehend breitet sich die Infektion je nach Keimvirulenz und Abwehrlage des Organismus weiter aus. Neben einer Markraumphlegmone können bei einem Kortikalisdurchbruch mit Periostabhebung subperiostale Abszesse und eine reaktive Knochenneubildung auftreten. Im weiteren Verlauf kann es zu Fistelbildung, Knochennekrose mit Sequesterbildung und Gelenkeinbruch (Pyarthros) kommen. Um den Sequester entsteht im Verlauf eine Osteosklerose, die bildlich als Totenlade bezeichnet wird. Die Ausbildung einer Nekrose durch die Infektion bedingt gleichzeitig das Fortbestehen der Osteomyelitis. Das anorganische Interzellulargerüst des toten Knochens stellt ein ideales Milieu für das Keimwachstum dar. Es kann nicht revaskularisiert werden und bleibt dadurch für Antibiotika unerreichbar. Eine Ausheilung durch hämatogene Resorption oder Abstoßung des Sequesters über eine Fistel ist ebenfalls unmöglich. Die Ausbreitungsmöglichkeit der hämatogenen Osteomyelitis wird durch die anatomischen Veränderungen der Gefäßversorgung im Wachstumsverlauf vorgegeben. Wichtig ist hierbei die Möglichkeit der Gelenkbeteiligung im Säuglings- und Erwachsenenalter durch die Blutversorgung der Epiphyse aus den metaphysären Gefäßen. Im Kindesalter stellt die avaskuläre Epiphysenfuge eine natürliche Barriere dar. Nur bei Gelenken mit Kapselinsertion an der Metaphyse ist ein Durchbruch mit Gelenkinfiltration möglich.
Pathophysiologie. Prädilektionsort für hämatogene Herde ist die gut vaskularisierte Metaphyse. Im weiteren Verlauf kann es zu Fistelbildung, Knochennekrose und Sequesterbildung kommen. Um den Sequester entsteht im Verlauf eine Osteosklerose, die als Totenlade bezeichnet wird. Diese kann nicht revaskularisiert werden und bleibt dadurch für Antibiotika unerreichbar.
Hämatogene Osteomyelitis im Säuglingsalter
Hämatogene Osteomyelitis im Säuglingsalter
Die anatomischen Veränderungen der Gefäßversorgung geben die Ausbreitungsmöglichkeit der hämatogenen Osteomyelitis vor. Im Säuglings- und Erwachsenenalter besteht die Möglichkeit der Gelenkbeteiligung, im Kindesalter stellt die avaskuläre Epiphysenfuge eine natürliche Barriere dar.
n Definition. Die hämatogene Osteomyelitis im Säuglingsalter ist eine eitrige Entzündung des Knochenmarks im 1.–2. Lebensjahr. Vom metaphysären Bereich über die Gefäßverbindungen zur Epiphyse ist eine Penetration in das benachbarte Gelenk möglich.
Definition
Ätiologie. In der Vorgeschichte sind Allgemeininfektionen nach Nabel-
schnurentzündung und/oder Infekte der oberen Atemwege oder anderer Lokalisationen abgelaufen. Das Erregerspektrum wird von Streptokokken (> 50 %), Staphylokokken und Pneumokokken gebildet.
Ätiologie. Anamnestisch sind Allgemeininfektionen nach Nabelschnurentzündungen und Infekte der oberen Atemwege nachweisbar, in > 50 % sind Streptokokken die Erreger.
Symptome. Die Osteomyelitis ist bevorzugt in der Femurmetaphyse lokalisiert. Ein akuter, hochfebriler Verlauf ist nicht immer gegeben. Schwellung, Rötung und Überwärmung der Haut finden sich erst spät bei weiterer Ausbreitung der Entzündung. Die Gliedmaße wird geschont. Eine Schonhaltung mit Bewegungsschmerz gilt als Hinweis für eine Gelenkbeteiligung. Die zunehmende Luxation eines Gelenkes, z.B. des Hüftgelenkes, kann auf eine septische Arthritis hinweisen.
Symptome. Ein akuter, hochfebriler Verlauf ist nicht immer gegeben. Klinisch finden sich Schwellung, Hautrötungen, Überwärmung und Schonung der Gliedmaße. Eine Schonhaltung mit Bewegungsschmerz gilt als Hinweis für eine Gelenkbeteiligung.
n Merke. Jeder Verdacht einer Säuglingsosteomyelitis stellt eine Notfallsituation dar und bedarf der stationären Abklärung.
Diagnose. BSG, CRP und Leukozytenzahl sind erhöht. Zur Diagnosesicherung dienen die Gelenkpunktion mit mikroskopischem und kulturellem Keimnachweis und die Blutkultur, die in 50 % positiv ist. Ergänzend werden eingesetzt: π Die Sonographie dient zum Nachweis eines Gelenkergusses. π Röntgen: Im akuten Stadium ist das Röntgenbild meist unauffällig, evtl. kann eine Aufhellung im Bereich der Spongiosa beobachtet werden. Nach ca. 3 Wochen lassen sich häufig Destruktionen, periostale Reaktionen, Sequesterbildungen und/oder Fisteln nachweisen. π Die Skelettszintigraphie in 3-Phasen-Technik kann in unklaren Fällen hilfreich sein. Therapie. Eine sofort eingeleitete Therapie soll die Spätschäden durch Destruktion des Knochenkerns, des Knorpels und des sensiblen Epiphysen-
Merke
Diagnose. Leukozyten, CRP und BSG sind erhöht. Zur Diagnosesicherung dienen Gelenkpunktion und Blutkultur. Die Sonographie dient zum Nachweis eines Gelenkergusses. π Radiologische Veränderungen finden sich meist erst nach 3 Wochen (Destruktionen und periostale Reaktionen). π Die Skelettszintigraphie in 3-Phasen-Technik kann in unklaren Fällen hilfreich sein. Therapie. Sofortige Ruhigstellung und hochdosierte Antibiotikagabe sind in π
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1106
27 Traumatologie
der Anfangsphase entscheidend. Bei Gelenkempyem und subperiostalem Abszess muss die operative Sanierung erfolgen.
fugenbereiches verhindern. In der Frühphase erfolgt die Ruhigstellung und eine parenterale, hochdosierte Antibiotikagabe. Bei einem Gelenkempyem, subperiostalem Abszess oder entzündetem Weichteilmantel muss die operative Sanierung erfolgen. Die Prognose hängt vom Zeitpunkt des Therapiebeginns ab.
Komplikationen. Gelenkempyem, Gelenkdestruktion und Fehlstellungen können auftreten.
Komplikationen. Als Komplikationen können ein Gelenkempyem, Zerstö-
Hämatogene Osteomyelitis im Kindesalter
Hämatogene Osteomyelitis im Kindesalter
Definition
rung des Epiphysenknorpels und eine Wachstumsstörung mit schwerster Gelenkdeformierung mit nachfolgender Fehlstellung auftreten.
n Definition. Die hämatogene Osteomyelitis im Kindesalter ist eine eitrige Entzündung des Knochenmarks zwischen dem 3. und 16. Lebensjahr. Aufgrund der separaten Gefäßversorgung der Epiphyse und Metaphyse mit der Trennlinie der avaskulären Epiphysenfuge bleibt die Infektion meist auf den Markraum beschränkt. Eine Ausnahme sind die Gelenke mit einer an der Metaphyse ansetzenden Gelenkkapsel. Hier ist ebenfalls eine Gelenkbeteiligung möglich.
Symptome. Häufig finden sich Allgemeininfektionen in der Vorgeschichte. Jungen zwischen dem 7. und 9. Lebensjahr sind bevorzugt betroffen. Neben dem typisch akuten Krankheitsbild ist ein schleichender Beginn möglich.
Symptome. Ähnlich wie bei der Säuglingsosteomyelitis sind Allgemeinin-
Diagnose. Die Diagnose stützt sich neben der typischen Klinik und Serologie auf Röntgenbild und MRT. Differenzialdiagnostisch muss immer ein tumoröses Geschehen, z.B. EwingSarkom, abgegrenzt werden.
Diagnose. Neben der Symptomatik und den serologischen Entzündungspa-
Therapie. Im Frühstadium ist eine Antibiose und Ruhigstellung ausreichend. Bei ausgedehnten Phlegmonen, Gelenkbeteiligung oder subperiostalen Abszessen ist eine operative Behandlung indiziert.
Therapie. Im Frühstadium ist eine Antibiose und die Ruhigstellung der
Hämatogene Osteomyelitis im Erwachsenenalter Ätiologie. Sie ist selten, eine besondere Lokalisation beim Erwachsenen ist die Osteomyelitis des Wirbelkörpers. Bevorzugtes Keimspektrum sind Staphylococcus aureus, epidermidis und Haemophilus influenzae.
Hämatogene Osteomyelitis im Erwachsenenalter
Symptome und Diagnose. Die Klinik und Diagnostik ist entsprechend der Osteomyelitis im Kindesalter.
Symptome und Diagnose. Die Klinik und Diagnostik der hämatogenen Osteomyelitis im Erwachsenenalter entspricht der im Kindesalter.
Therapie. Ruhigstellung der betroffenen Extremität, Antibiotikagabe und evtl. operative Ausräumung.
Therapie. Die primäre Behandlung besteht in der Ruhigstellung der betrof-
fektionen in der Vorgeschichte erfragbar. Eine Häufung zeigt sich vom 7.–9. Lebensjahr und bei Jungen. Die Symptomatik der Osteomyelitis im Kindesund Säuglingsalter unterscheidet sich nicht wesentlich. Zu beachten sind die schleichenden, unspezifischen Fälle, die im Gegensatz zum typisch akuten Krankheitsbild mit lokalen und systemischen Entzündungszeichen schwieriger zu diagnostizieren sind.
rametern erweisen sich Röntgenbild und MRT als wichtiger Stützpfeiler für die Diagnose. Die osteomyelitisch bedingten Veränderungen (zystische Formationen, evtl. mit Sklerosezone) sind immer differenzialdiagnostisch gegen tumoröse Geschehen und hierbei vor allem gegen das Ewing-Sarkom abzugrenzen.
betroffenen Extremität ausreichend. Bei ausgedehnten Phlegmonen, bei Gelenkbeteiligung oder subperiostalen Abszessen muss eine operative Therapie erfolgen. Eine frühzeitige, suffiziente Behandlung kann schwere Schäden an der Wachstumsfuge und daraus resultierende Deformitäten verhindern.
Ätiologie. Sie ist extrem selten und breitet sich entlang der Gefäßversor-
gung von der Metaphyse über die Epiphyse nach subperiostal oder in die Markhöhle aus. Eine besondere Lokalisation beim Erwachsenen ist die Osteomyelitis des Wirbelkörpers. Die Vorgeschichte ist ähnlich wie bei der kindlichen hämatogenen Osteomyelitis. Das Keimspektrum umfasst überwiegend Staphylococcus aureus, gefolgt von Staphylococcus epidermidis und Haemophilus influenzae.
fenen Extremität und der Gabe von Antibiotika, begleitet von einer operativen Ausräumung.
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27.1.4 Knochen- und Gelenkinfektionen
Posttraumatische und postoperative Osteitis Ätiologie und Pathogenese. Die Erkrankung beginnt mit einer lokalen Kno-
chenentzündung (Osteitis) nach exogener Keimeinschleppung (z.B. offene Frakturen, Operationen, schwere Weichteilschädigungen, Gelenkprothesen). Für die Entstehung und Ausbreitung einer posttraumatischen Osteitis sind folgende Faktoren von Bedeutung: π Die Schwere des Gewebetraumas mit Weichteil-, Knochen- und Vaskularisationsschaden. Avitale Fragmente, ausgedehnte Weichteilkontusionen und schlechte Durchblutung fördern die Entstehung einer Osteitis. π Die Virulenz des Erregers und die Abwehrlage des Organismus. Eine schlechte Abwehrlage durch neoplastische Erkrankungen, Zytostatika oder Immunsuppression oder eine Systemerkrankung wie Diabetes mellitus begünstigen die Ausbreitung einer Osteitis. π Die Art der posttraumatischen Versorgung (erster Verband, Operationstrauma, Fremdmaterial, Stabilität). n Merke. Alle offenen Wunden müssen prinzipiell als kontaminiert angesehen werden. Bereits die Qualität des ersten Verbandes entscheidet über das Schicksal des Patienten.
Posttraumatische und postoperative Osteitis Ätiologie und Pathogenese. Die Erkrankung beginnt mit einer lokalen Knochenentzündung nach exogener Keimeinschleppung (offene Frakturen, Operationen). Verlaufsbestimmende Faktoren der posttraumatischen Osteitis sind: π Schwere des Gewebetraumas π Virulenz des Erregers und Abwehrlage π Art des posttraumatischen Managements.
Merke
Neben diesen allgemein zu betrachtenden Faktoren sollte eine genauere klinische Klassifikation der Verletzungsschwere erfolgen, um eine prognostische Aussage treffen zu können (Polytraumaschlüssel, Hannover-fracturescale).
Eine genauere klinische Klassifikation der Verletzungsschwere ist für eine prognostische Aussage erforderlich.
Symptome. Das Erscheinungsbild kann von der harmlosen Wundheilungs-
Symptome. Das Erscheinungsbild kann vielfältig sein: es kann von einer einfachen Wundheilungsstörung bis zur Ausbildung eines tiefen Abszesses reichen.
Diagnose. Neben dem Bild der Entzündung (Dolor, Rubor, Calor, Tumor, Functio laesa und Fieber), der Fistelbildung, den erhöhten serologischen Entzündungswerten (CRP, BSG und Leukozytenzahl) und dem mikrobiologischen Keimnachweis mit Antibiogramm kann die Diagnose auch durch ergänzende technische Untersuchungen gestützt werden. Als bildgebende Verfahren werden das konventionelle Röntgenbild in 2 Ebenen, die 3-Phasen-Skelettszintigraphie und insbesondere im Kindesalter oder zum Weichteilabszessnachweis die Sonographie angewandt. Zusätzlich kann die konventionelle Tomographie bei Verdacht einer Sequesterbildung und eine Fistelfüllung bei klinischem Fistelnachweis erfolgen (s. 1 B-27.38 b). Eine weiterführende Diagnostik bei unklaren Fällen wird mit der Computertomographie (CT), der Magnetresonanztomographie (MRT) oder der Leukozytenszintigraphie durchgeführt.
Diagnose. Die Entzündungsparameter CRP, BSG und die Leukozytenzahl sind zumeist erhöht. Entscheidend ist der mikrobiologische Keimnachweis mit Antibiogramm.
störung bei Weichteilschaden bis zur Ausbildung eines tiefen Abszesses mit ausgeprägter Allgemeinsymptomatik reichen. Jede länger anhaltende Rötung, Überwärmung, Schwellungsneigung und Erhöhung der serologischen Entzündungsparameter im postoperativen Heilungsverlauf muss an die Entstehung einer Osteitis denken lassen.
n Merke. Die primäre Röntgendiagnostik und die CT weisen am Anfang keine Auffälligkeiten auf. Im Verlauf können sich jedoch alle Zeichen einer Osteitis nachweisen lassen.
Als Röntgenzeichen der Osteitis zeigt der Knochen 2–3 Wochen nach der Kontamination in der Nativaufnahme eine Strukturauflockerung und Demineralisation ( 1 B-27.39). Zu diesem Zeitpunkt ist auch eine periostale Reaktion im Sinne einer Kallusbildung nachweisbar, während Osteolysen bereits Randsklerosen zeigen können. Die Knochenszintigraphie erfasst die Aktivität der Entzündung, ist aber bei frischen Frakturen ebenfalls positiv und in diesem frühen Stadium unspezifisch. Hier kann die spezifischere Leukozytenszintigraphie differenzialdiagnostisch weiterhelfen.
Als bildgebende Verfahren werden das konventionelle Röntgenbild in 2 Ebenen, die 3-Phasen-Skelettszintigraphie und insbesondere im Kindesalter oder zum Weichteilabszessnachweis die Sonographie angewandt. Diagnostisch unterstützend sind Fistelfüllung (s. 1 B-27.38 b) und Leukozytenszintigraphie.
Merke
Als Röntgenzeichen der Osteitis zeigt der Knochen 2–3 Wochen nach der Kontamination in der Nativaufnahme eine Strukturauflockerung und Demineralisation ( 1 B-27.39).
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1108 Therapie. Die einzige kausale Behandlung stellt die operative Sanierung dar.
Prinzipien der Osteitistherapie: π Débridement π Stabilisierung π knöcherner Defektaufbau π Weichteildeckung π antimikrobielle Therapie.
Die chirurgische Behandlung umfasst die radikale Ausräumung des nekrotischen Gewebes, des avitalen Knochens und ggf. die Implantation von gentamicinhaltigen PMMA-Ketten. Ist die Fraktur instabil, muss eine stabile Osteosynthese zumeist mit einem Fixateur externe durchgeführt werden.
Die planmäßige Second-look-Operation dient dem erneuten Débridement und der Kettenentfernung. Wichtig ist neben der Auffüllung des Knochendefektes eine suffiziente Weichteildeckung, u.U. mit gestielten oder freien Muskelhautlappen. Komplikationen π Infektrezidiv: Lang anhaltende Osteitiden neigen immer wieder zu Rezidiven.
27 Traumatologie
Therapie. Aufgrund der bekannten
1 B-27.39
Osteitis
Pathophysiologie der posttraumatischen Osteitis wird deutlich, dass die einzige Therapie zur Sanierung des akuten Infektes die operative Ausräumung darstellt. Die Prinzipien der Osteitistherapie bestehen in: π Débridement von Knochen und Weichteilen π Stabilisierung (mit oder ohne Verfahrenswechsel) π knöcherner Defektaufbau π Weichteildeckung π antimikrobielle Therapie. Perioperativ wird mit der parenteralen Gabe eines Breitbandantibiotikums begonnen, das entsprechend dem zu erwartenden Keim ausgewählt wird und ggf. nach dem intraoperativ gewonnenen Abstrich mit Antibiogramm korrigiert werden kann. Chirurgisch erfolgt die radikale Ausräumung des Herdes mit Nekroseentfernung und Sequesterektomie bis zur Grenze vitalen Gewebes und eine intensive Spülung mit antiseptischen Lösungen. Neben der systemischen Antibiose wird eine lokale Therapie mit gentamicinhaltigen PMMA-Ketten oder einem antibiotikumgetränkten Kollagenvlies, die in die Wunde eingebracht Posttraumatische Osteitis mit Demineralisierung und Osteolyse werden, durchgeführt. Die Stabilität im Humerusschaftbereich. Das der Fraktur muss wiederhergestellt Periost ist angehoben. werden. Hierbei wird gelockertes Osteosynthesematerial entfernt und eine Ruhigstellung zumeist mit dem Fixateur externe vorgenommen. Eine planmäßige Second-look-Operation dient dem erneuten Débridement und der Kettenentfernung, falls diese nicht durch die Haut ausgeleitet wurden. Bei größeren Knochendefekten ist eine autologe Spongiosaplastik, Transplantation eines kortikospongiösen Spanes oder die Verschiebung eines vitalen Knochensegmentes durch Segmenttransport notwendig. Bei vorbestehenden größeren Weichteildefekten muss eine Deckung mit gestielten oder freien Muskelhautlappen erfolgen.
Komplikationen
π Infektrezidiv: Lang anhaltende Osteitiden, z.B. aus Kriegsverwundungen, neigen immer wieder zu Rezidiven. Bei einer Markraumosteitis kann u.U. das Aufbohren des Markraumes mit der Öffnung von ossären Abszesshöhlen zu einer rezidivfreien Ausheilung führen. π Infektpseudarthrose: Bei ausbleibender knöcherner Heilung und weiter π Infektpseudarthrose: Langwierige knöcherne Heilung bei bestehendem bestehendem Infekt kann es zu einem Bild der Infektspeudarthrose komInfekt fördert die Ausbildung einer men. Diese muss dann in toto ausgeräumt werden und der Weichteildefekt Infektpseudarthrose, die in toto saniert durch Lappenplastik gedeckt, der Knochendefekt durch Transplantate oder werden muss. Segmenttransport aufgefüllt werden. Unterschieden wird zwischen einem ersatzstarken und ersatzschwachen Lager. Beim ersatzschwachen Lager sind in jedem Fall vaskularisierende Maßnahmen notwendig. π Fistelkarzinom: Dieses ist häufig schwierig zu diagnostizieren, da Tumorπ Fistelkarzinom: Jede über Jahre bestehende Fistel muss bioptisch auf zerfall und eitrige Sekretion parallel verlaufen. Jede über Jahre bestehende Karzinomzellen untersucht werden. Fistel muss jedoch bioptisch auf Karzinomzellen untersucht werden. Häufig ist in diesen Fällen die Amputation die einzige Therapiemöglichkeit. π Amyloidose: Hierbei handelt es sich um eine Spätfolge lang anhaltender π Amyloidose: Als Spätfolge langanhaltender Osteitiden kann sich eine Osteitiden mit Ablagerungen von Amyloid häufig in mehreren Bereichen, Amyloidose entwickeln. z.B.Duale LeberReihe und Rektumschleimhaut. Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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27.1.4 Knochen- und Gelenkinfektionen
Gelenkinfektionen
Gelenkinfektionen
n Definition. Entsprechend dem zeitlichen Auftreten unterscheiden wir akute und chronische Gelenkinfekte. Die bakterielle Infektion eines Gelenkes führt sehr rasch zu einer Knorpelbeteiligung und ausgeprägtem Synoviabefall. Wir unterscheiden das Empyem und die Panarthritis. Beim Empyem sind der Knorpel und die Knochen noch intakt, die Panarthritis ist charakterisiert durch die Destruktion dieser Gelenkanteile.
Ätiologie. Eine Gelenkinfektion entsteht:
hämatogen, ausgehend von einem entfernten Infektherd π durch direkte Inokulation, sei es durch ein offenes Gelenktrauma oder durch Gelenkpunktion π durch lokale Ausbreitung eines Abszesses, einer septischen Bursitis oder Tenosynovitis π durch Gelenkeinbruch einer periartikulären Osteitis. Prädisponierende Faktoren sind: π präexistierende Gelenkerkrankungen, insbesondere die rheumatoide Arthritis. Sie stellt aufgrund der Hyperämie und Neovaskularisation, welche ebenso wie die veränderte Gelenkstruktur für Bakterien zugänglich ist, einen prädisponierenden Faktor dar. Die Inzidenz bei rheumatoiden Patienten beträgt 0,3–3 %. Weitere prädisponierende Faktoren beim Rheumatiker sind die häufige Kortikoidmedikation sowie die verzögerte Diagnose. π geschlossene Gelenkverletzungen π Medikamentenabhängigkeit π eingeschränkte Abwehrmechanismen, einschließlich Tumorerkrankungen, Steroidmedikation, Zytostatika, Diabetes mellitus und anderer chronischer Erkrankungen sowie das Alter. π
Infektionswege
Hämatogene Kontamination: Da die Synovialmembran des Gelenkes stark vaskularisiert ist und keine limitierende Basalmembran besitzt, ist sie für eine bakterielle Besiedlung während einer Bakteriämie prädestiniert. π Direkte Inokulation: Eine iatrogene Inokulation kann z.B. nach operativen Eingriffen wie Arthroskopien entstehen. Die Inzidenz beträgt hier 0,004– 1,4 %. Bei offener Gelenkchirurgie beträgt die Infektionsrate < 1 %. Nach Kortikosteroidinjektionen wird eine Infektionsrate von < 0,008 % berichtet. Geschlossene Verletzungen können wahrscheinlich über Hyperämie und Zerstörung der lokalen anatomischen Verhältnisse im Gelenkbereich ebenfalls prädisponierend für einen Gelenkinfekt wirken. π Keimspektrum: Die häufigsten Keime sind Staphylococcus aureus, Streptokokken, Escherichia coli, Pseudomonas und Neisseria gonorrhoeae. Eine Borrelieninfektion kann in 60 % eine Gelenkbeteiligung nach sich ziehen. π
Definition
Ätiologie. Eine Gelenkinfektion entsteht: π hämatogen, ausgehend von einem entfernten Infektherd π durch direkte Kontamination π durch lokale Ausbreitung einer Entzündung π durch Gelenkeinbruch einer periartikulären Osteitis. Prädisponierende Faktoren sind: π präexistierende Gelenkerkrankungen, insbesondere rheumatoide Arthritis π geschlossene Gelenkverletzungen π Medikamentenabusus π reduzierte Abwehrlage durch Tumoren, Steroide, Zytostatika oder auch Diabetes mellitus.
Infektionswege Hämatogene Kontamination: Da die Synovialmembran des Gelenkes stark vaskularisiert ist und keine limitierende Basalmembran besitzt, ist sie für eine bakterielle Besiedlung während einer Bakteriämie prädestiniert. π Direkte Inokulation: Eine iatrogene Inokulation, z.B. nach operativen Eingriffen wie Arthroskopien, erfolgt in bis zu 1,4 % der Eingriffe. π Keimspektrum: Die häufigsten Erreger sind Staphylokokken, Streptokokken und E. coli. π
Lokalisation. Bevorzugtes Gelenk ist das Kniegelenk mit 40–50 % gefolgt
Lokalisation. Am häufigsten sind das Knie-, Hüft-, Schulter- und Sprunggelenk befallen.
Symptome und Diagnose. Die Gelenkinfektion zeigt alle Zeichen einer aku-
Symptome und Diagnose. Die Gelenkinfektion zeigt alle Zeichen einer akuten Entzündung wie Schmerz, Schwellung, Überwärmung, Funktionseinschränkung. Der Keimnachweis erfolgt direkt aus dem Punktat (GramFärbung).
vom Hüftgelenk mit 20–25 %, dem Schultergelenk mit 10–15 %, dem Handgelenk mit 10 % und dem oberen Sprunggelenk mit 10–15 %.
ten Entzündung wie Schmerz, Schwellung, Überwärmung und Funktionseinschränkung mit entsprechender Anamnese. Ein Anstieg des C-reaktiven Proteins (CRP) sowie eine ausgeprägte Leukozytose sind am Anfang der Infektion nur in 50 % nachweisbar. Röntgenologisch lässt sich bei gasbildenden Bakterien Luft im Gelenk nachweisen. Die unverzügliche Punktion und bakteriologische Untersuchung stellt die Grundvoraussetzung für die weitere Therapie dar. Für die vorläufige Diagnose wird aus dem Punktat ein Gram-Präparat angefertigt und mikroskopisch untersucht. Damit ist eine orientierende Klassifikation des Erregers möglich, wenn mindestens 103 Erreger/ml vorhanden sind (1 ml Eiter enthält ca. 108 Keime). Die übliche Erregerkultur führt zur genauen Identifikation des Keimes mit entsprechendem Antibiogramm.
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27 Traumatologie
Therapie. Die Therapie ist abhängig vom Schweregrad der Infektion. Im Frühstadium ist die arthroskopische Spülung gerechtfertigt, im Spätstadium ist die Synovektomie oder letztendlich die Arthrodese indiziert.
Therapie. Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Infektion.
27.1.5 Verletzungen und Erkrankungen der Weichteile Häufigkeit: 30 % aller Sportverletzungen betreffen Muskeln und Sehnen.
27.1.5
Verletzungen der Muskulatur
Verletzungen der Muskulatur
Unterschieden werden: π Muskelzerrung π Muskelfaserriss π Muskelkontusion π Muskelquetschung π Myositis ossificans π Faszienverletzungen.
Unterschieden werden: π Muskelzerrung π Muskelfaserriss π Muskelkontusion π Muskelquetschung π Myositis ossificans π Faszienverletzungen.
Muskelzerrung
Muskelzerrung
Pathogenese. Sie entsteht durch übermäßige Verlängerung des Muskels oder die Kombination von Überdehnung und gleichzeitiger Kontraktion.
Pathogenese. Auslösend für eine Muskelzerrung ist eine Störung des den
Symptome. Der Muskel ist schmerzhaft, der Muskeltonus erhöht.
Symptome. Der gesamte Muskel ist in seinem Tonus erhöht und erscheint
Diagnose. Der Anamnese kommt besondere Bedeutung zu. Typische Zerrungen betreffen den M. quadriceps femoris beim Sprint, die Adduktorengruppe bei Ballspielen, die ischiokrurale Muskulatur durch Sprint und Springen. Therapie. Kompressionsverband und Kühlung.
Diagnose. Der Anamnese kommt eine besondere Bedeutung zu. So entste-
Muskelfaserriss
Muskelfaserriss
Definition
Symptome. Es findet sich ein Hämatom, der Patient klagt über Schmerzen.
Neben der Antibiotikagabe kann bei Frühinfektionen die arthroskopische Spülung, die in 24- bis 48-stündigem Abstand wiederholt wird, ausreichend sein. Die Spülung wird so lange durchgeführt, bis der Keimnachweis nicht mehr gelingt. Bei einer ausgedehnten Panarthritis muss eine arthroskopische oder offene Gelenkrevision erfolgen. Bei entsprechender Gelenkdestruktion sind weitergehende operative Eingriffe bis zur Arthrodese notwendig.
Verletzungen und Erkrankungen der Weichteile
Häufigkeit: Etwa 30 % aller Sportverletzungen betreffen Muskeln und Sehnen. Die Ursache besteht zum einen im fehlenden Training, insbesondere bei Freizeitsportlern, zum anderen sind die Verletzungen bei Hochleistungssportlern häufig durch Überlastung der Muskulatur und der Sehnen verursacht. Besonders die Sehnen können im Vergleich zur Muskulatur nicht angemessen an Höchstleistungen adaptiert werden.
Muskeltonus regulierenden Spindelapparates. Sie wird durch eine übermäßige Verlängerung des Muskels oder die Kombination von Überdehnung und gleichzeitiger Kontraktion, also einer mangelhaften Bewegungskoordination hervorgerufen.
gequollen. Es besteht ein deutlicher Schmerz im Muskelverlauf.
hen Zerrungen des M. quadriceps femoris beim Sprint, eine Zerrung der Adduktorengruppe bei Ballspielen, die ischiokrurale Muskulatur ist durch Sprint und Springen betroffen.
Therapie. Als Sofortmaßnahmen haben sich Kompressionsverbände und
Kühlung (Eisbeutel) bewährt. Nach Tagen körperlicher Schonung beginnen physikalische Maßnahmen, die der Muskelatrophie entgegenwirken.
n Definition. Der Muskelfaserriss stellt im Gegensatz zur Muskelzerrung eine Kontinuitätsunterbrechung von Faserbündeln dar, deren Ursache in einer Überschreitung der biomechanischen Eigenschaften der Muskelfaser liegt. Prädestinierend für einen Muskelfaserriss sind die mangelnde Durchblutung bei Kälte, ungenügendes Stretching sowie degenerative Veränderungen, insbesondere im Alter.
Symptome. Als Folge der intramuskulären Blutung findet sich ein Häma-
tom, durch die Freisetzung von Mediatoren, wie z.B. Bradykinin, Histamin, Serotonin oder auch Prostaglandinen werden die Schmerzrezeptoren erregt.
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27.1.5 Verletzungen und Erkrankungen der Weichteile
Diagnose. Auffallend ist ein stechender Schmerz. Bei der Palpation findet
Diagnose. Auffallend ist ein stechender Schmerz. Bei der Palpation findet sich ein punktförmiger Druckschmerz, bei schweren Faserrissen eine Dellenbildung.
Therapie. Die Erstbehandlung des Muskelfaserrisses besteht in der Ein-
Therapie. Die Erstbehandlung erfolgt durch einen mit Eiswasser getränkten Schwamm, der unter starkem Druck großflächig angewickelt wird.
Muskelkontusion
Muskelkontusion
Pathogenese. Sie entsteht durch stumpfe Gewalteinflüsse, wie z.B. bei Kon-
Pathogenese. Sie entsteht durch stumpfe Gewalteinflüsse.
Symptome und Diagnose. Häufig finden sich ein palpables ausgeprägtes
Symptome und Diagnose. Es finden sich ein ausgeprägtes Hämatom und ein Druckschmerz.
Therapie. Besserung bringt die sonographisch geführte Punktion des Häma-
Therapie. Sonographisch geführte Punktion des Hämatoms, leichte Kompressionsverbände und Kühlung.
Nachbehandlung. Die funktionelle Nachbehandlung sollte früh einsetzen.
Nachbehandlung. Die frühe funktionelle Nachbehandlung ist anzustreben.
Komplikationen. Verknöcherungen finden sich bei Quadrizepshämatomen in bis zu 20 %.
Komplikationen. Hämatomverknöcherungen.
Muskelquetschung
Muskelquetschung
Pathomechanismus. Sie entsteht durch ein massives direktes Trauma, z.B.
Pathomechanismus. Eine Muskelquetschung entsteht durch massives direktes Trauma.
Symptome und Diagnose. Es besteht ein ausgeprägter Schmerz mit
Symptome und Diagnose. Es besteht ein ausgeprägter Schmerz mit Schwellung der Extremität.
sich ein punktförmiger Druckschmerz und eine tastbare Faserunterbrechung, die bei schweren Faserrissen als Delle imponiert. Die sonographische Untersuchung kann die Diagnose erhärten.
schränkung der Gewebeblutung durch Druck und Kälte, z.B. durch einen mit Eiswasser getränkten Schwamm, der unter starkem Druck großflächig angewickelt wird. Diese Maßnahme wird nach 60 Minuten nochmals wiederholt. Die weitere Behandlung erfolgt mit Tape-Verbänden und Schonung bis zur Schmerzreduktion.
taktsportarten. Die Kontusion hat die beste Muskelregenerationsrate.
Hämatom und ein Druckschmerz.
toms, leichte Kompressionsverbände und Kühlung mit Eisbeutel.
Immobilisation führt zu einer Verzögerung des Heilungsverlaufes.
Überrolltrauma mit Quetschung und Zerreißung der Muskulatur. Häufig finden sich ein ausgeprägtes Décollement und Spannungsblasen.
Schwellung der Extremität. Wegen der Gefahr eines Kompartmentsyndroms können bei bewusstlosen Patienten intrakompartmentale Druckmessungen erforderlich sein. n Merke. Bei einer Muskelquetschung besteht die Gefahr eines Kompartmentsyndroms. Eine engmaschige Kontrolle der Nervenfunktion und Durchblutung sind unerlässlich.
Merke
Therapie. Bei ausgedehnter Muskelquetschung besteht die Versorgung in
Therapie. Ausgedehntes Débridement mit Spaltung der Muskellogen. Wegen der Gefahr der anaeroben Superinfektion Antibiotikatherapie und Tetanusprophylaxe.
Myositis ossificans
Myositis ossificans
Pathogenese. Pathogenetisch liegt eine Muskelverletzung mit Hämatom-
Pathogenese. Pathogenetisch liegt eine Muskelverletzung mit Hämatombildung und nachfolgenden kartilaginären Metaplasien der Muskelzellen zugrunde. Nach 4–8 Wochen zeigen sich Spongiosastrukturen.
einem operativen Débridement und einer Entlastung der Muskellogen durch Faszienspaltung. Bei ausgeprägter Nekrosebildung besteht die Gefahr der anaeroben Superinfektion. Aus diesem Grund sollte neben einer Tetanusprophylaxe eine hochdosierte Antibiotikatherapie eingeleitet werden. Wegen der Gefahr einer Crush-Niere (Myoglobinbestimmung) ist auf eine ausreichende Diurese zu achten. Kleinere Quetschungen können mit antiphlogistischen und ruhigstellenden Maßnahmen behandelt werden.
bildung zugrunde. Es kommt zu kartilaginären Metaplasien der Muskelzellen. Nach 4–8 Wochen zeigen sich dann zarte Spongiosastrukturen. Aufgrund der großen Muskelmasse ist der Oberschenkel in besonderem Maße betroffen. Der M. quadriceps femoris und die Adduktoren werden häufig bei Kontaktsportarten, Reiten und Skilaufen verletzt. Auch traumatisierende
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27 Traumatologie Operationszugänge, wie z.B. bei Azetabulumfrakturen, können Ursache von Muskelverkalkungen sein. Ein generalisiertes Auftreten findet sich bei zentralen Störungen, z.B. beim Schädel-Hirn-Trauma.
Symptome. Schmerz, palpabler Tumor und Abnahme des Bewegungsumfanges benachbarter Gelenke.
Symptome. Die Trias Schmerz, palpabler Tumor und Abnahme des Bewegungsumfanges benachbarter Gelenke ist wegweisend.
Diagnose. BSG und AP sind erhöht, Röntgen ( 1 B-27.40) und Szintigraphie geben weiteren Aufschluss.
Diagnose. Laborchemisch finden sich im frühen Stadium eine Erhöhung der
BSG, der alkalischen Phosphatase (AP) und zuweilen eine Leukozytose. Weitere diagnostische Verfahren sind Röntgenuntersuchungen ( 1 B-27.40) und Szintigraphie.
1 B-27.40
Posttraumatische Myositis ossificans Posttraumatische intramuskuläre Verkalkungen ( Á) nach Femurschaftfraktur.
Merke
Therapie. Die therapeutischen Maßnahmen bestehen in Belastungsreduktion und Kälteapplikation. Medikamentös haben sich Indometacin und Diphosphonate bewährt. Eine Operationsindikation besteht nur bei erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen.
n Merke. Bei jedem Verdacht auf Myositis ossificans müssen Sarkome ausgeschlossen werden.
Therapie. Die therapeutischen Maßnahmen bestehen in Reduzierung der
Belastung und Kälteapplikation. Bei operationsinduzierter Myositis ossificans, z.B. Azetabulumfrakturen, hat sich eine unmittelbar postoperativ einsetzende Röntgenbestrahlung bewährt. Die medikamentöse Therapie wird mit Diphosphonaten und Indometacin durchgeführt. Eine Operationsindikation besteht nur bei erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen. Der richtige Zeitpunkt kann durch radiologische und vor allem szintigraphische Verlaufsbeobachtungen ermittelt werden. Ferner ist das Absinken der alkalischen Phosphatase ein zuverlässiger Indikator. Im Falle einer zu frühen Operation (szintigraphisch hoch aktiv) ist mit einer hohen Rezidivneigung zu rechnen.
Faszienverletzungen
Faszienverletzungen
Pathogenese. Sie können im Zusammenhang mit Frakturen entstehen.
Pathogenese. Nach direktem Trauma oder im Zusammenhang mit Fraktu-
Symptome. Durch die Faszienlücke ist der Muskel als elastischer Tumor
Symptome. Durch die Faszienlücke ist der Muskel als weicher, elastischer
ren, z.B. des Ober- und Unterschenkels, können Faszienrupturen entstehen.
Tumor tastbar. Bei Muskelkontraktionen tastet man eine Verfestigung; der
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27.1.5 Verletzungen und Erkrankungen der Weichteile Patient verspürt einen Schmerz. Durch Kompression lässt sich der relaxierte Muskel leicht reponieren. Dies kann auch sonographisch dargestellt werden.
tastbar. Der Patient klagt über Schmerzen.
Therapie. Abhängig von den funktionellen Beeinträchtigungen ist die Behandlung zumeist konservativ. Beim operativen Verschluss muss darauf geachtet werden, dass das Kompartment nicht zu sehr eingeengt wird, da ansonsten die Gefahr eines Kompartmentsyndroms (s. S. 1086) besteht. In manchen Fällen ist eine Vergrößerung des Faszieneinrisses sinnvoll und beseitigt Schmerzen.
Therapie. Die Behandlung ist zumeist konservativ. Bei operativer Behandlung ist darauf zu achten, dass das Kompartment nicht zu sehr eingeengt wird (s. S. 1086).
Sehnenverletzungen
Sehnenverletzungen
Die primäre Funktion der nur gering dehnbaren Sehnen ist die Übertragung der Muskelkraft auf den Knochen. Daneben kann der Muskeltonus beeinflusst und die Kraftübertragung verstärkt und gemindert werden. Die kollagenen, für die Zugfestigkeit verantwortlichen Fasern werden ergänzt durch elastische Fasern, die eine Rückkehr in die Ausgangslage ermöglichen. Umgeben werden die Sehnen von Sehnenscheiden, die eine Verbesserung der Gleitfähigkeit und Reibungsschutz ermöglichen. Bei den Sehnenverletzungen werden unterschieden: π Tendinosen π Einrisse und knöcherne Abrisse π Insertionstendopathien π Tendovaginitis.
Bei den Sehnenverletzungen müssen unterschieden werden: π Tendinosen π Einrisse und knöcherne Abrisse π Insertionstendopathien π Tendovaginitis.
Tendinose
Tendinose
Pathogenese. Sie stellt die häufigste Sehnenverletzung als Folge andauern-
Pathogenese. Sie stellt die häufigste Sehnenverletzung aufgrund chronischer Fehlbelastung dar. Langfristig nimmt die Sehne Schaden und degeneriert.
Symptome. Die Patienten klagen über aktivitätsabhängige Beschwerden, später auch über Ruhe- und Nachtschmerz.
Symptome. Die Patienten klagen über Schmerzen.
Therapie. Die Therapie erfolgt zunächst konservativ mit Belastungsvermin-
Therapie. Belastungsverminderung kombiniert mit Wärmebehandlungen und oralen nichtsteroidalen Antiphlogistika.
Sehnenriss und -abriss
Sehnenriss und -abriss
Intratendinöse Risse einer gesunden Sehne sind ebenso selten wie Abrissverletzungen der Sehne vom Ansatz, d.h. Risse durch den fibrokartilaginären Übergangsbereich. Es dominieren vielmehr die Ausrissverletzungen, die mit einem knöchernen Fragment abreißen ( 1 B-27.41). Hierbei handelt es sich häufig um eine Verletzung des jüngeren Menschen zwischen Pubertät und 20. Lebensjahr. Bevorzugte Sehnen sind z.B. der M. sartorius an der Spina iliaca anterior superior, der M. rectus femoris an der Spina iliaca anterior inferior, die ischiokrurale Muskelgruppe am Tuber ischiadicum, der M. iliopsoas am Trochanter minor und der M. glutaeus medius und minimus am Trochanter major. Die am häufigsten verletzten Sehnen sind die Achillessehne, Quadrizepssehne, Lig. patellae sowie der lange Kopf der Bizepssehne und die Supraspinatussehne.
Intratendinöse Risse sind sehr selten. Die häufigsten Verletzungen treten beim jüngeren Patienten auf: M. sartorius, M. rectus femoris, ischiokrurale Muskelgruppe. Die am häufigsten verletzten Sehnen sind die Achillessehne, Quadrizepssehne, Lig. patellae sowie der lange Kopf der Bizepssehne und die Supraspinatussehne ( 1 B-27.41).
Tendopathie
Tendopathie
Pathogenese. Aufgrund stärkerer mechanischer Überlastung oder einer
Pathogenese. Stärkere mechanische Überlastung kann zu intra- oder peritendinösen Veränderungen (Ödem, zystische Degeneration, Kalzifizierung)
der Höchstbelastung oder chronischer Fehlbelastung dar. Im fibrokartilaginären Übergangsbereich führen Mikroeinrisse zu entzündlichen Reaktionen. Langfristig nimmt die Sehne Schaden und degeneriert unter Verringerung der mechanischen Belastbarkeit.
derung. Wärmebehandlungen und Gabe oraler, nichtsteroidaler Antiphlogistika. Weiterhin sind Krankengymnastik, Stretching und progressive Übungen gegen Widerstand indiziert.
veränderten Durchblutungssituation kann es zu Schäden intratendinös oder peritendinös kommen. Histologisch findet sich bei diesen Veränderungen neben einem Ödem teilweise eine zystische Degeneration und Kalzifizie-
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27 Traumatologie
1 B-27.41
Achillessehnenabriss
a Knöcherner Abriss der Achillessehne (Á).
b Die Refixation erfolgte mit 2 Spongiosazugschrauben.
führen. Hauptlokalisation dieser Veränderungen sind die Achillessehne, die Patellarsehne und die Peronäalsehnen. Symptome. Es findet sich ein deutlicher Druck- und Bewegungsschmerz.
rung der Sehne. Hauptlokalisation dieser Veränderungen sind die Achillessehne (Achillodynie), die Patellarsehne und die Peronäalsehnen.
Diagnose. Sonographie und Röntgen.
Diagnose. Hinweise können die Sonographie und im Falle von Verkalkungen eine Röntgenaufnahme geben.
Therapie. Vgl. Tendovaginitis
Therapie. Vgl. Tendovaginitis.
Tendovaginitis
Tendovaginitis
Pathogenese. Entzündliche Veränderungen der Sehnenscheide führen zu Funktionseinschränkungen hauptsächlich der Beugesehnen.
Pathogenese. Entzündliche Veränderungen der Sehnenscheide können zu
Symptome. Es findet sich ein lokalisierter Druckschmerz über der Sehnenscheide. Diagnose. Sonographie.
Symptome. Neben einer häufig bestehenden Funktionsbehinderung findet
Therapie. Zunächst ist eine konservative Behandlung mit lokaler Eistherapie, Schonung und Iontophorese anzustreben. Bei Funktionseinschränkungen ist die operative Behandlung indiziert.
Therapie. Für die Tendopathie und die Tendovaginitis sind lokale Eistherapie, Schonung, Iontophorese und nichtsteroidale Antirheumatika die primären Therapieverfahren. Bei stärkeren Verkalkungen bzw. Funktionseinschränkungen (schnellender Finger) sind die Entfernung der Verkalkungen bzw. Spaltung der Sehnenscheide die Verfahren der Wahl.
Schleimbeutelentzündungen
Schleimbeutelentzündungen
Definition
Symptome. Neben einem deutlichen Druck- und Bewegungsschmerz findet sich zuweilen eine Schwellung und Rötung.
erheblichen Funktionseinschränkungen führen. Hauptsächlich betroffen sind die Beugesehnen (schnellender Finger) sowie die Sehne des M. tibialis posterior und M. flexor hallucis longus.
sich ein lokalisierter Druckschmerz über der Sehnenscheide.
Diagnose. Die Sonographie kann den Befund erhärten.
n Definition. An vorspringenden Bereichen finden sich zum Schutz von Haut, Muskulatur oder Sehnen Schleimbeutel. Durch chronische Überlastung, ebenso wie durch offene Verletzungen kann es zu Entzündungsreaktionen im Bereich des Schleimbeutels kommen. Unterschieden werden akute und chronische Bursitiden.
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
Lokalisation. Bevorzugte Lokalisation der chronischen Bursitis ist das Olekranon ( 1 B-27.42), der Trochanter major, der Großzehenballen bei Hallux valgus, bei der akuten Bursitis die Bursa subdeltoidea, Bursa praepatellaris und Bursa olecrani.
1 B-27.42
Lokalisation. Chronische Bursitis: Olekranon ( 1 B-27.42), Trochanter major, Großzehenballen bei Hallux valgus. Akute Bursitis: Bursa subdeltoidea, Bursa praepatellaris, Bursa olecrani.
Chronische Bursitis des Olekranons Prominente Bursa über dem Olekranon. Entzündungszeichen fehlen. Klinisch ist eine Fluktuation nachweisbar.
Symptome. Bei der akuten Bursitis stehen plötzlicher Druckschmerz und Schwellung im Vordergrund, die chronische Bursitis ist häufig nicht schmerzhaft und nur durch eine Schwellung gekennzeichnet. Therapie. Zunächst konservativ mit Antiphlogistika und Kälte, bei rezidivie-
renden Bursitiden ist die Bursektomie indiziert. Bei den chronischen Bursitiden muss zur Vermeidung eines Rezidivs die Ursache mit beseitigt werden, z.B. Hallux valgus, Exostose bei der Bursitis olecrani. Bei der eitrigen Bursitis ist die Bursektomie unter antibiotischer Abschirmung indiziert.
27.2
Spezielle Traumatologie
27.2.1
Schultergürtel und Oberarm
Symptome. Bei der akuten Bursitis finden sich ein plötzlicher Druckschmerz und eine Schwellung. Bei der chronischen Bursitis ist die Schwellung häufig nicht schmerzhaft. Therapie. Es wird zunächst eine konservative Therapie mit Antiphlogistika und Kälte empfohlen, bei rezidivierenden Bursitiden ist die Bursektomie indiziert.
27.2
Spezielle Traumatologie
27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
Untersuchungstechniken
Untersuchungstechniken
Anamnese. Bei der Anamneseerhebung ist besonders auf die Schmerzsymp-
Anamnese. Wie ist die Schmerzsymptomatik? Wie ist die Funktionseinschränkung?
Inspektion. Eine abgeflachte Schulterkontur kann auf eine Schulterluxation
Inspektion. Bestehen Atrophien, Hämatome oder Schwellungen?
Palpation. Palpiert werden die Rotatorenmanschette, die Bursa subacro-
Palpation. Palpiert werden die Rotatorenmanschette, Bursa subacromialis/ subdeltoidea und die Axilla.
tomatik zu achten. Besteht ein Dauerschmerz, Nachtschmerz? Wie hoch ist der Schmerzmittelgebrauch und wie ist die Einschränkung der Aktivität (z.B. das Anziehen eines Mantels)?
oder eine erhebliche Muskelatrophie hinweisen. Weiterhin ist nach Schwellungen oder Hämatomen zu suchen.
mialis und subdeltoidea, die Axilla sowie das Akromioklavikulargelenk (AC-Gelenk) und die Muskulatur des Schultergürtels. Durch Extension des Armes können die Mm. supraspinatus und infraspinatus sowie teres minor palpiert werden. Die Bursa subdeltoidea und subacromialis kann ebenfalls durch passive Extension nach vorne gebracht und palpiert werden.
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Folgende Muskeln können palpiert werden: π M. sternocleidomastoideus π M. pectoralis π M. biceps π M. deltoideus.
Palpation des AC-Gelenkes durch direkten Druck. Bei Verletzung ist das Klaviertastenphänomen palpabel ( 1 B-27.43).
27 Traumatologie Die Axilla hat die Form einer Pyramide, deren vordere Begrenzung durch den M. pectoralis major, die hintere durch den M. latissimus dorsi, die mediale Wand durch die Rippen II–VI und den M. serratus anterior und die laterale Begrenzung durch den Sulcus bicipitis gebildet wird. Die obere Begrenzung wird durch das Glenohumeralgelenk gebildet. Neben den genannten Strukturen ist immer auf Lymphknotenveränderungen zu achten. Folgende Muskeln können palpiert werden: π M. sternocleidomastoideus bds. (Hämatome, Hyperextensionstraumen) π M. pectoralis major (mediale Begrenzung druckdolent bei Tietze-Syndrom) π M. biceps (palpabel bei gebeugtem Ellenbogengelenk, Palpation der Bizepssehne zwischen den beiden Tuberkula, Schmerzen bei Tendosynovitis und Luxation bzw. Subluxation, Palpation der distalen Sehne an der Tuberositas bicipitis des Radius) π M. deltoideus (Palpation der Pars clavicularis, Pars acromialis, Pars spinalis), Palpation der knöchernen Vorsprünge: Akromion (acromioclaviculare), Tuberculum majus und Tuberculum minus sowie Spina scapulae, Klavikula und Processus coracoideus. Die Palpation des AC-Gelenkes erfolgt durch direkten Druck. Bei Verletzung ist das Klaviertastenphänomen palpabel ( 1 B-27.43).
1 B-27.43
Synopsis Klaviertastenphänomen bei Luxation des Akromioklavikulargelenkes
Federnder Widerstand der nach oben abstehenden Klavikula mit sichtbarer Stufenbildung. Funktionsprüfungen π Aktive Bewegungstests: Abduktion und Außenrotation
Innenrotation und Adduktion.
π Passive Bewegungstests: Die Testung der passiven Bewegung und Muskulatur beinhaltet Flexion/ Extension, Ab-/Adduktion, Außen-/ Innenrotation, skapuläre Elevation und Retraktion, Schulterprotraktion.
Funktionsprüfungen
Aktive Bewegungstests: Abduktion und Außenrotation: Der Patient versucht, durch Bewegung im Schultergelenk seine Hand auf den oberen, medialen Winkel der Skapula zu legen. Innenrotation und Adduktion: Der Patient legt die Hand des zu untersuchenden Schultergelenkes auf die Schulter des anderen Armes oder versucht mit den Fingerspitzen den unteren Winkel der Skapula zu erreichen. π Passive Bewegungstests: Bei der Testung der passiven Abduktion ist darauf zu achten, dass die Bewegung im glenohumoralen und skapulothorakalen Gelenk in einem Verhältnis von 2 : 1 abläuft, d.h. 3Ω Abduktion werden zu 2Ω im Schultergelenk und zu 1Ω im skapulothorakalen Gelenk durchgeführt. Die Testung der Bewegung und π
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm Muskulatur beinhaltet die Flexion, die Extension, die Abduktion, die Adduktion, die Außenrotation, die Innenrotation, die skapuläre Elevation, die skapuläre Retraktion sowie die Schulterprotraktion. Yergason-Test: Außenrotation und Zug nach kaudal führt zu einer Luxation der langen Bizepssehne bei Instabilität ( 1 B-27.44 a). Supraspinatus-Test: Elevation des 90Ω abduzierten und innenrotierten Armes gegen Widerstand führt zu Schmerzen bei Affektion der Supraspinatussehne ( 1 B-27.44 b). Impingement-Test: Forcierte Abduktion des Armes führt in einem Bewegungsradius zwischen 60 und 120Ω zu Schmerzen beim Impingement-Syndrom. Der Schmerz wird vermindert oder verschwindet nach subakromialer Injektion von 10 ml eines Lokalanästhetikums ( 1 B-27.44 c). Apprehension-Test: Druck von dorsal auf den außenrotierten und 90Ω abduzierten Arm führt zu einer Schmerzreaktion bei Instabilität im Schultergelenk ( 1 B-27.44 d). Drop-Arm-Test: Der Patient ist bei einer Rotatorenmanschettenruptur nicht in der Lage, den abduzierten Arm in waagerechter Stellung gegen die Schwerkraft zu halten (Pseudoparalyse).
1 B-27.44
Yergason-Test ( 1 B-27.44 a). Supraspinatus-Test ( 1 B-27.44 b).
Impingement-Test ( 1 B-27.44 c).
Apprehension-Test ( 1 B-27.44 d).
Drop-Arm-Test.
Synopsis Spezielle Funktionstests Schultergürtel und Oberarm
a Yergason-Test zur Anspannung der langen Bizepssehne: Supination gegen Widerstand bei rechtwinklig gebeugtem Ellenbogengelenk.
30Ω
30Ω
b Supraspinatus-Test (Jobe-Test) zur Prüfung der Haltefunktion des M. supraspinatus: Die um 90 Ω abduzierten Arme werden um 30 Ω horizontalflektiert und innenrotiert, um sie dann gegen Druck von kranial zu halten.
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1118 1 B-27.44
27 Traumatologie
Synopsis Fortsetzung
c Impingement-Test (nach Neer): Bei fixierter Skapula wird der betroffene Arm des Patienten in Abduktion und Innenrotation geführt. Zu einer Schmerzprovokation kommt es beim Anstoßen des Tuberculum majus am Fornix humeri.
d Apprehension-Test: Abduktion, Außenrotation und Hyperextension des Armes bei gleichzeitigem Druck von dorso-kranial gegen den Humeruskopf. Der Test ist als positiv zu betrachten, wenn es zum Anspannen, evtl. mit Schmerzen kommt.
Sternoklavikulargelenkluxation
Sternoklavikulargelenkluxation
Anatomie. Das Sternoklavikulargelenk ist ein Diarthrodialgelenk, welches durch den Bandapparat gesichert ist.
Anatomie. Das Sternoklavikulargelenk ist ein Diarthrodialgelenk. Die
Pathogenese. Direkte Gewalteinwirkung führt zur Dislokation nach dorsal, eine indirekte Gewalteinwirkung führt häufig zu einer Luxation nach ventral.
Pathogenese. Direkte Gewalteinwirkung von vorn auf die Klavikula führt zu
Klassifikation π Vordere Verrenkung (Luxatio praesternalis): häufigster Verletzungstyp.
Klassifikation
Posteriore Verrenkung (Luxatio retrosternalis): selten.
π
Obere Verrenkung (Luxatio suprasternalis): selten. Diagnose. Die mediale Klavikula ist gewöhnlich prominent.
π
Merke
Gelenkfläche der Klavikula ist dabei weit größer als die des Sternums. Wegen der erheblichen Gelenkinkongruität wird das Gelenk durch Bänder gesichert (intraartikuläres Diskusligament, extraartikuläres kostoklavikuläres Band.
einer Dislokation der Klavikula nach dorsal. Eine indirekte Gewalteinwirkung kann durch Sturz auf die Schulter auf das Sternoklavikulargelenk einwirken und führt häufig zu einer Luxation nach ventral.
Vordere Verrenkung (Luxatio praesternalis): häufigster Verletzungstyp. Das mediale Klavikularende ist nach vorn oder vorn oben disloziert. Das mediale Ende ist prominent und sichtbar und kann palpiert werden. π Posteriore Verrenkung (Luxatio retrosternalis): diese ist selten. Das mediale Ende der Klavikula ist nach hinten oben disloziert. Der Patient hat starke Schmerzen. Es kann eine Stauung im Bereich der Halsvenen beobachtet werden mit Dyspnoe, Durchblutungsverminderung des ipsilateralen Armes und Schluckschmerzen. π Obere Verrenkung (Luxatio suprasternalis): selten. π
Diagnose. Die mediale Klavikula ist gewöhnlich prominent. Inspektorisch besteht ein deutlicher Unterschied zur Gegenseite. n Merke. Bei den hinteren Luxationen ist der neurovaskuläre Status der oberen Extremitäten zu beachten.
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm Die SC-Gelenksprengung ist häufig schwierig zu diagnostizieren. Die von kaudal gerichtete 45Ω-Aufnahme nach Rockwood und die seitliche Sternumaufnahme können neben Schichtaufnahmen und der CT die Diagnose erhärten.
Die von kaudal gerichtete 45 Ω-Aufnahme nach Rockwood und die seitliche Sternumaufnahme können neben Schichtaufnahmen und der CT die Diagnose erhärten.
Therapie. Bei den vorderen Luxationen gelingt die Reposition durch Zug nach lateral am gestreckten Arm und Druck auf die mediale Klavikula. π Operative Therapie: bei Versagen der konservativen Therapie oder bei funktioneller Beeinträchtigung erfolgt die Operation nach Bunnell (Fixation von Sternum und Klavikula mit resorbierbarer Kordel. Die Resektion und Arthrodese stellt die Ultima ratio dar.
Therapie. Die Reposition der vorderen Luxation gelingt durch Zug am Arm und Druck auf die mediale Klavikula. π Operative Therapie: bei Versagen der konservativen Therapie oder bei funktioneller Beeinträchtigung erfolgt die Operation.
Klavikulafraktur
Klavikulafraktur
Anatomie. Die Klavikula ist der einzige Knochen, welcher den Stamm mit dem Schultergürtel und dem Arm verbindet und ein Gelenk zum Stamm aufweist. Bei Aufsicht von oben imponiert die Klavikula als ein S-förmiger Knochen, konkav ventral in der lateralen und konvex ventral in der medialen Hälfte. Der Querschnitt ist lateralseitig flach und prismatisch im medialen Drittel. Der Unterschied im Querschnitt und in der Form sowie der hier fehlende ligamentäre und muskuläre Ansatz erklären die Häufigkeit der Frakturen im mittleren Drittel.
Anatomie. Bei Aufsicht von oben imponiert die Klavikula als ein S-förmiger Knochen, konkav ventral in der lateralen und konvex ventral in der medialen Hälfte.
Klassifikation und Verteilung der Frakturen
Klassifikation und Verteilung der Frakturen π Gruppe 1: Frakturen des mittleren Drittels (80 %) ( 1 B-27.45).
Gruppe 1: Frakturen des mittleren Drittels. Sie entsprechen 80 % aller Klavikulafrakturen. Durch den Zug des M. sternocleidomastoideus wird das proximale Fragment nach oben und dorsal gezogen, während das distale Fragment durch die Schwerkraft und den Zug des M. pectoralis nach vorn gezogen wird ( 1 B-27.45). π Gruppe 2: Frakturen des distalen Drittels. Sie machen 10–15 % aller Klavikulafrakturen aus. Die Dislokation des medialen Fragmentes hängt von der begleitenden Bandverletzung (Ligg. conoideum und trapezoideum) ab. π Gruppe 3: diese Frakturen umfassen das proximale Drittel der Klavikula und machen 5–6 % aller Klavikulafrakturen aus. Die Dislokation dieser Frakturen hängt im Wesentlichen auch von den begleitenden Bandverletzungen ab. π
Der Querschnitt ist lateralseitig flach und prismatisch im medialen Drittel.
Gruppe 2: Frakturen des distalen Drittels (10–15 %).
π
Gruppe 3: Frakturen des proximalen Drittels (5–6 %).
π
Pathogenese. Neben der geburtstraumatisch bedingten Fraktur (1–2 % der
Pathogenese. Bei 1–2 % der Neugeborenen in Folge eines Geburtstraumas und eine der häufigsten Frakturen beim Kind und Erwachsenen. Der Verletzungsmechanismus beim Kind ist meist der Sturz auf die ausgestreckte Hand, beim Erwachsenen der Sturz auf die Schulter. Indirekte Traumen führen häufig zur mittleren, direkte Traumen zur lateralen Klavikulafraktur.
Symptome und Diagnose. Bei Neugeborenen sind die Frakturen häufig nur schwer zu diagnostizieren. Sie können klinisch als Pseudoparalyse imponieren. Bei Kindern und Erwachsenen kann bereits durch die charakteristische Fehlstellung mit Verkürzung bei dem dünnen Weichteilmantel die Fraktur diagnostiziert werden. Die klinische Diagnostik wird dann durch den röntgenologischen Befund ( 1 B-27.45) unterstrichen. An Begleitverletzungen können vorliegen: π Gefäßverletzungen π Plexus-brachialis-Verletzungen π Verletzungen von Lunge und Pleura π begleitende knöcherne Verletzungen wie Rippenfrakturen, insbesondere 1. Rippe.
Symptome und Diagnose. Bei Neugeborenen können die Frakturen klinisch als Pseudoparalyse imponieren. Bei Kindern und Erwachsenen kann durch die charakteristische Fehlstellung die Fraktur diagnostiziert werden. Die klinische Diagnostik wird dann durch den röntgenologischen Befund ( 1 B-27.45) unterstrichen. An Begleitverletzungen muss gedacht werden (Gefäßverletzungen, Plexusbrachialis-Verletzungen, Verletzung von Lunge und Pleura).
Neugeborenen) ist die Klavikulafraktur eine der häufigsten Frakturen im Kindes- und Erwachsenenalter. Bei Kindern finden sich 50 % aller Klavikulafrakturen vor dem 7. Lebensjahr. Der Verletzungsmechanismus umfasst meistens den Sturz auf die ausgestreckte Hand. Bei Erwachsenen ist der häufigste Verletzungsmechanismus der Sturz auf die Schulter. Diese indirekten Traumen führen meist zur Fraktur des mittleren Drittels der Klavikula, während direkte Traumen häufig das laterale Drittel betreffen.
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27 Traumatologie
1 B-27.45
Klavikulafraktur Klavikulafraktur der Gruppe I mit Dislokation des proximalen Fragments nach oben und dorsal, während das distale Fragment vom M. pectoralis nach vorn gezogen wird.
Therapie. Die Reposition – falls möglich – erfolgt in Bruchspaltanästhesie, die Retention mit Rucksackverband. Die Indikation zur Osteosynthese stellen begleitende Gefäß-NervenVerletzungen, offene Frakturen, gelenknahe Frakturen mit Bandrupturen sowie Pseudarthrosen dar.
Therapie. Etwa 200 verschiedene konservative Behandlungsmethoden sind
Komplikationen. Neurovaskuläre Einengungen (Kallusbildung) oder Kompression der A. subclavia können als Komplikationen auftreten.
Komplikationen. Neurovaskuläre Einengungen können durch massive Kal-
Akromioklavikulargelenkluxation
Akromioklavikulargelenkluxation
Anatomie. Das Gelenk ist umgeben von einer dünnen Gelenkkapsel und wird durch kräftige Ligg. acromioclavicularia oben und unten sowie ventral und dorsal gehalten. Als primärer Stabilisator fungiert das Lig. coracoclaviculare. Das Lig. coracoclaviculare übernimmt etwa 80 % der Kraft des Schultergelenkes, das Lig. acromioclaviculare nur ca. 20 %.
Anatomie. Das Akromioklavikulargelenk ist ein Diarthrodialgelenk. Die
Pathogenese. Durch Sturz auf die Schulter bei abduziertem Arm kommt es durch die starke Hebelwirkung am Schultergürtel zu Gelenkverletzungen.
Pathogenese. Durch Sturz auf die Schulter bei abduziertem Arm kann es aufgrund der starken Hebelwirkung am Schultergürtel zu Gelenkverletzungen unterschiedlichen Ausmaßes kommen.
Klassifikation Nach Rockwood werden 6 Typen ( 1 B-27.46), nach Tossy werden 3 Formen unterschieden: π Tossy I: Überdehnung oder Zerrung der Ligg. acromioclaviculare und coracoclaviculare π Tossy II: Ruptur des Lig. acromioclaviculare und Überdehnung des Lig. coracoclaviculare mit daraus resultierender Subluxation im Akromioklavikulargelenk π Tossy III: Ruptur der Ligg. acromioclaviculare und coracoclaviculare mit daraus resultierender Luxation im Akromioklavikulargelenk. Diagnose. Bei Tossy III Verletzungen
Klassifikation
beschrieben. Eine exakte Immobilisierung der Fraktur ist mit allen konservativen Methoden jedoch nicht möglich. Eine geringe Deformität und Verkürzung führt zu keiner Funktionsminderung. Die Reposition – falls möglich – erfolgt in Bruchspaltanästhesie, die Retention mit Rucksackverband. Die Indikation zur Osteosynthese stellen begleitende Gefäß-Nerven-Verletzungen, offene Frakturen, gelenknahe Frakturen mit Bandrupturen, d.h. Frakturen der Gruppe 2 mit Zerreißung der Ligg. conoideum und trapezoideum sowie Pseudarthrosen dar.
lusbildung entstehen. Die A. subclavia kann zwischen Klavikula und 1. Rippe komprimiert werden. Pseudarthrosen können durch operative Maßnahmen wie nicht indizierte intramedulläre Osteosynthesen entstehen.
Gelenkflächengrößen betragen 9 « 19 mm. Das Gelenk ist umgeben von einer dünnen Gelenkkapsel und wird durch kräftige Ligg. acromioclavicularia oben und unten sowie ventral und dorsal gehalten. Die Fasern des Lig. acromioclaviculare superius strahlen in die Fasern des M. deltoideus und des M. trapezius ein. Als primärer Stabilisator fungiert das Lig. coracoclaviculare mit den Anteilen Lig. trapezoideum und Lig. conoideum. Das Lig. coracoclaviculare übernimmt etwa 80 % der Kraft im Schultergelenk, das Lig. acromioclaviculare nur ca. 20 %.
Nach Rockwood werden 6 Typen unterschieden ( 1 B-27.46). Daneben ist die Einteilung nach Tossy gebräuchlich, die 3 Formen unterscheidet: π Tossy I: Überdehnung oder Zerrung der Ligg. acromioclaviculare und coracoclaviculare π Tossy II: Ruptur des Lig. acromioclaviculare und Überdehnung des Lig. coracoclaviculare mit daraus resultierender Subluxation im Akromioklavikulargelenk π Tossy III: Ruptur der Ligg. acromioclaviculare und coracoclaviculare mit daraus resultierender Luxation im Akromioklavikulargelenk.
Diagnose. Bei einer kompletten Zerreißung aller Bänder (Tossy III) kann man bei der Palpation das typische »Klaviertastenphänomen« feststellen (s. 1 B-27.43).
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
1 B-27.46
1121
Synopsis Verletzungsschwere der Bandstrukturen des Schultergelenkes nach Rockwood Typ 1: Dehnung des Lig. acromioclaviculare. Geringer Druckschmerz, geringer Bewegungsschmerz.
Typ 2: Ruptur des Lig. acromioclaviculare. Geringe Subluxation des peripheren Klavikulafragmentes. Bewegungsschmerz. Röntgenologisch erscheint der Gelenkspalt erweitert.
Typ 3: Ruptur der akromioklavikulären und korakoklavikulären Bänder. Es besteht eine deutliche Stufenbildung zwischen Akromion und Klavikula.
Typ 4: Es finden sich die gleichen Verletzungen wie bei Typ 3. Der Unterschied besteht in der Dislokation der Klavikula nach dorsal in oder durch den M. trapezius. Das Klavikulaende kann manchmal dorsalseitig palpiert werden.
Typ 5: Zwischen Klavikula und Skapula findet sich ein größerer Abstand. Die Mm. deltoideus und trapezius sind abgerissen. Die Schulter ist nach unten gesunken. Die Klavikula weicht nach oben. Es findet sich eine wesentlich stärkere Muskel- und Weichteilzerreißung als beim Typ 3.
Typ 6: Die Klavikula ist unter das Akromion oder den Proc. coracoideus disloziert. Häufigste Begleitverletzungen sind Rippenfrakturen, Klavikulafrakturen, Plexus-brachialis-Verletzungen.
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27 Traumatologie
lässt sich das »Klaviertastenphänomen« feststellen (s. 1 B-27.43). Die Röntgenbelastungsaufnahme zeigt ein Höhertreten des peripheren Klavikulaendes ( 1 B-27.47).
1 B-27.47
Die Röntgenaufnahme des Schultergelenkes in beiden Ebenen zeigt einen erweiterten Gelenkspalt sowie die Verschiebung der Klavikula nach dorsal. Die Belastungsaufnahmen mit 10–15 kg Gewicht zeigen ein Höhertreten des peripheren Klavikulaendes ( 1 B-27.47).
Verletzung des Akromioklavikulargelenkes
a
b
Röntgenaufnahme unter Belastung mit 10–15 kg am hängenden Arm. Beurteilung des Schweregrades: Tossy I: keine Instabilität, Tossy II: Subluxation (a) Tossy III: Luxation um Schaftbreite (b).
Therapie. Die Therapie erfolgt konservativ durch Tape-Verbände, bei Verletzungen vom Typ III nach Tossy oder Typ 3, 5 oder 6 nach Rockwood funktionell operativ durch Bandnähte. Postoperativ wird ein Gilchrist-Verband für eine Woche angelegt, danach funktionelle Mobilisation.
Therapie. Verletzungen vom Schweregrad III nach Tossy oder vom Typ 3 und
Komplikationen. Persistierende Schmerzen, Sekundärdislokationen, Verkalkungen, AC-Gelenkarthrose.
Komplikationen. Persistierende Schmerzen, Verkalkungen, Arthrose des
Skapulafraktur
Skapulafraktur
Lokalisation und Häufigkeit. Hauptlokalisation der Frakturen sind Skapulahals und -körper.
Lokalisation und Häufigkeit. Die Hauptlokalisation der Frakturen umfasst den Skapulahals mit 20 % und den Körper mit 70 %. 10 % der Frakturen sind intraartikulär. Frakturen der Skapula machen etwa 3–5 % aller Verletzungen des Schultergürtels und 0,4–1 % aller Frakturen aus.
Verletzungsmechanismus. Skapulafrakturen entstehen meist durch ein starkes direktes Trauma. In 35–98 % aller Skapulafrakturen finden sich Begleitverletzungen wie Rippenfrakturen, Lungenkontusion, Pneumothorax, Plexus-brachialis-Verletzungen und Arterienverletzungen. Klassifikation. Unterschieden werden Skapulakörper-, Skapulahals-, Glenoid-, Akromion- und Proc.-coracoideus-Frakturen. Die Glenoidfrakturen werden in 5 Typen eingeteilt (Ideberg).
Verletzungsmechanismus. Skapulafrakturen entstehen meist durch ein starkes direktes Trauma. Begleitverletzungen finden sich in 35–98 % aller Skapulafrakturen. Diese umfassen Rippenfrakturen, Lungenkontusion, Pneumothorax, Plexus-brachialis-Verletzungen und Arterienverletzungen.
5 nach Rockwood stellen eine Operationsindikation dar. Um neurologische oder vaskuläre Schäden zu verhüten ist die Typ-6-Fraktur nach Rockwood eine dringliche Operationsindikation. Ansonsten kann eine konservative Behandlung mittels Desault-/Gilchrist- oder Tape-Verbänden durchgeführt werden. Bei der operativen Behandlung erfolgen die Refixation der Muskulatur sowie Bandnähte, die durch eine resorbierbare korakoklavikuläre Cerclage gesichert werden. Postoperativ wird ein Gilchrist-Verband für 1 Woche angelegt, danach krankengymnastische funktionelle Mobilisation. AC-Gelenkes oder Instabilitäten im Schultereckgelenk können auftreten.
Klassifikation. Unterschieden werden Skapulakörper-, Skapulahals-, Glenoid-, Akromion- und Proc.-coracoideus-Frakturen. Die Glenoidfrakturen werden in 5 Typen eingeteilt (Ideberg): π Typ I: vorderer Pfannenrandabbruch π Typ II: quer oder schräg verlaufende Frakturen (Dislokation durch das Caput longum des M. triceps) π Typ III: Glenoid- und Skapulahalsfraktur im oberen Drittel häufig kombiniert mit Frakturen des Akromions und der Klavikula. π Typ IV: Horizontalfraktur durch Glenoid, Hals und Körper π Typ V: Kombination von Typ II und IV.
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
Symptome. Der Patient hält den Arm gewöhnlich adduziert und vermeidet
die Abduktion. Diese Stellung wird hervorgerufen durch die intramuskuläre Blutung in die Mm. supra-/infraspinatus und M. subscapularis. Der Patient hat Schmerzen bei Bewegung im Schultergelenk und einen lokalen Druckschmerz.
Diagnose. Zur Diagnostik sind Röntgenaufnahmen mit anterior/posteriorem und tangentialem Zentralstrahl notwendig, evtl. auch Schrägaufnahmen ( 1 B-27.48 a). Zur Dokumentation einer Gelenkbeteiligung ist zumeist eine CT erforderlich ( 1 B-27.48 b).
1 B-27.48
Symptome. Der Patient hat Schmerzen bei Bewegung im Schultergelenk und einen lokalen Druckschmerz. Diagnose. Röntgenaufnahmen des Schultergelenkes in 2 Ebenen, evtl. auch Schrägaufnahmen sind erforderlich ( 1 B-27.48 a). Zur Dokumentation einer Gelenkbeteiligung ist zumeist eine CT erforderlich ( 1 B-27.48 b).
Skapulafraktur
a Röntgendiagnostik des Schulterblattes a.p. und tangentialer Strahlengang.
b CT mit Nachweis der Schulterblattfraktur ( Á).
Therapie
Skapulakörperfrakturen: Es genügt eine kurzfristige Immobilisation bis zur Schmerzreduktion. Nach 1 Woche kann die funktionelle Behandlung begonnen werden. π Skapulahalsfrakturen: Bei den wenig verschobenen Skapulahalsfrakturen genügt ebenfalls eine konservative Behandlung mit Ruhigstellung bis zur Schmerzfreiheit und anschließender Mobilisation. Stark dislozierte Frakturen werden stabilisiert. π Intraartikuläre Skapulafrakturen: Wie bei allen Gelenkfrakturen ist hier die anatomische Reposition notwendig. Anschließend erfolgt eine übungsstabile Osteosynthese, meist mittels Platte und Schrauben. π Frakturen des Proc. coracoideus: Diese werden normalerweise konservativ behandelt, nur bei starker Dislokation kann aufgrund des Muskelzuges (kurze Sehne M. biceps, M. coracobrachialis, Ansatz der Ligg. coracoacromiale, coracoclaviculare) eine operative Fixation notwendig sein. In den meisten Fällen genügt jedoch eine konservative Behandlung. π Akromionfrakturen: bei wenig verschobenen Frakturen Beginn der funktionellen Behandlung nach Schmerzfreiheit. Stark dislozierte Frakturen des Akromions können u.U. eine Operation erfordern. π
Therapie. Bei Skapulakörperfrakturen erfolgt nach kurzfristiger Immobilisation die funktionelle Behandlung. Stark verschobene Skapulahals- und intraartikuläre Frakturen werden operativ behandelt. Nicht dislozierte Brüche können konservativ versorgt werden. Das Gleiche gilt für Frakturen des Proc. coracoideus und des Akromions.
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27 Traumatologie
Schultergelenkluxation
Schultergelenkluxation
n Definition. Hinsichtlich des zeitlichen Auftretens unterscheiden wir die Erstluxation, die innerhalb der ersten Stunden nach der Verletzung diagnostiziert wird, von der chronischen, die über längere Wochen bestanden hat. Hinsichtlich des Grades der Instabilität versteht man unter einer Luxation die vollständige Trennung des Oberarmkopfes vom Glenoid, während eine Subluxation definiert wird als eine verstärkte Translation des Humeruskopfes auf dem Glenoid während einer Schulterbewegung.
Definition
Häufigkeit. Mit 50 % insgesamt häufigste Luxation. Hierbei ist die Luxation nach vorn (Luxatio subcoracoidea) die häufigste Form (80–90 %), während die axilläre Luxation und die hintere Luxation selten sind. Klassifikation. Die Schultergelenkinstabilität umfasst ein Spektrum verschiedener Erkrankungen und Verletzungen mit unterschiedlicher Frequenz, unterschiedlichem Schweregrad, unterschiedlicher Richtung und Ätiologie. Die Schultergelenkinstabilität kann nach folgenden Kriterien klassifiziert werden (s. a. 2 B-27.1 ): π dem zeitlichen Auftreten und der Häufigkeit π dem Schweregrad π der Instabilitätsrichtung π der Ätiologie π dem Willen.
2 B-27.1
Häufigkeit. Mit 50 % tritt die Schultergelenkluxation am häufigsten von allen Luxationen des Körpers auf. Hierbei ist die Luxation nach vorn (Luxatio subcoracoidea) die häufigste Form (80–90 %), während die axilläre Luxation mit 15 % und die hintere Luxation mit 5 % selten sind. Klassifikation. Die Schultergelenkinstabilität umfasst ein Spektrum verschiedener Erkrankungen und Verletzungen mit unterschiedlicher Frequenz, unterschiedlichem Schweregrad, unterschiedlicher Richtung und Ätiologie. Die Schultergelenkinstabilität kann nach folgenden Kriterien klassifiziert werden (s. a. 2 B-27.1): π dem zeitlichen Auftreten und der Häufigkeit π dem Schweregrad π der Instabilitätsrichtung π der Ätiologie π dem Willen.
Klassifikation der Schultergelenkinstabilität
N zeitliches Auftreten/ akute Luxation n π Erstluxation Häufigkeit π rezidivierende Luxation
chronische Luxation
N Schweregrad n
Verrenkung
Subluxation
N Richtung n
vordere Instabilität
hintere Instabilität
inferiore Instabilität
N Ätiologie n
traumatisch
atraumatisch
Überlastung wiederholte Bagatelltraumen
N Willen n
unwillentlich
willentlich π positionell bei bestimmten Armstellungen π muskulär bei selektiven Muskelaktivierungen π bei psychologischen Veränderungen
bidirektionale Instabilität
multidirektionale Instabilität π anterior-inferior π posterior-inferior
Anatomie
Anatomie
Die Stabilität des Schultergelenks hängt von folgenden 5 Faktoren ab:
Durch eine spezielle Anatomie (großer Oberarmkopf und relativ kleine, flache Schulterpfanne, Größenverhältnis 1 : 5) ist das beweglichste Körpergelenk für Luxationen besonders anfällig. Die Stabilität des Schultergelenkes hängt von folgenden 5 Faktoren ab:
1. Glenohumerale Bänder
1. Glenohumerale Bänder
Unterschieden werden das größte und wichtigste Lig. glenohumerale inferius, das Lig. glenohumerale medius und das Lig. glenohumerale superius.
Sie stellen eine Verdickung der vorderen und unteren Kapsel dar. Unterschieden werden das größte und wichtigste Lig. glenohumerale inferius, das glenohumerale medius und das Lig. glenohumerale superius.
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm Das vordere Labrum ist der mediale Ansatz des Lig. glenohumerale inferius. Das hintere Labrum stellt eine Fortsetzung des Ansatzpunktes des langen Bizepskopfes dar und hat im Gegensatz zum vorderen Labrum keine Bedeutung hinsichtlich der Stabilität.
2. Negativer intraartikulärer Druck
2. Negativer intraartikulärer Druck
Der Unterdruck im Bereich der Gelenkkapsel führt zu einem Anpressen des Humeruskopfes in die Pfanne; dabei wirkt das Labrum wie eine Saugglocke. Die Größe dieses negativen Druckes liegt etwa bei – 42 cm H2O beim adduzierten relaxierten Schultergelenk, wahrscheinlich aufgrund des hohen osmotischen Druckes im Interstitium, der zum intraartikulären Wasserverlust führt.
Der Unterdruck im Bereich der Gelenkkapsel führt zu einem Anpressen des Humeruskopfes in die Pfanne; dabei wirkt das Labrum wie eine Saugglocke.
1 B-27.49
Ligamentäre Verbindungen des Schultergürtels Lig. coracoacromiale Lig. acromioclaviculare
Akromion
Labrum glenoidale Cavitas glenoidalis
M. biceps brachii, Caput breve
Lig. coracoclaviculare, Lig. trapezoideum Klavikula Lig. coracoclaviculare, Lig. conoideum Proc. coracoideus Tendo m. bicipitis brachii, Caput longum
M. pectoralis minor M. coracobrachialis
3. Labrum
3. Labrum
Das Labrum glenoidale trägt über 3 Mechanismen zur Stabilität des Schultergelenkes bei ( 1 B-27.49): π es dient als fibrokartilaginärer Ring und Verankerungspunkt für die kapsuloligamentären Strukturen π es vertieft die Konkavität in superior-inferiore Richtung um 9 mm und in der anterior-posterioren Richtung um 6 mm. π es gewährt die Gelenkstabilität durch Vergrößerung der Kontaktoberfläche für den Humeruskopf; dadurch wird der glenohumerale Index vergrößert.
Stabilitätsmechanismen des Labrum glenoidale sind ( 1 B-27.49): π Verankerungspunkt der kapsuloligamentären Strukturen π Vertiefung der Konkavität π Vergrößerung der Kontaktoberfläche für den Humeruskopf.
4. Rotatorenmanschette
4. Rotatorenmanschette
Die Rotatorenmanschette wird von den Mm. supraspinatus, infraspinatus, teres minor und subscapularis gebildet und fungiert als aktiver Stabilisator gegen Subluxation oder Dislokation des Oberarmkopfes nach kranial ( 1 B-27.50). Darin wird die Rotatorenmanschette durch den M. biceps unterstützt. Als Depressoren des Kopfes wirken bei Seitstellung des Armes der M. supraspinatus und der lange Kopf des Bizeps. Ansonsten würde der Oberarmkopf durch die Kraft des M. deltoideus nach kranial bewegt. Bei Anheben des Armes wirken der untere Teil des M. subscapularis und des M. infraspinatus sowie der M. teres minor und der M. teres major als Depressoren. Die dorsalen Anteile der Rotatorenmanschette sowie die Bizepssehne reduzieren die Spannung des Lig. glenohumerale inferius.
Sie wirkt gemeinsam mit der Bizepssehne als aktiver Stabilisator gegen Subluxation oder Dislokation des Oberarmkopfes nach kranial ( 1 B-27.50).
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27 Traumatologie
1 B-27.50
Rotatorenmanschette (nach Rockwood) M. supraspinatus
M. infraspinatus
M. teres minor
M. subscapularis
Rotatorenmanschette (nach Rockwood). Sie stellt eine funktionelle Erweiterung des Glenoids dar.
5. Neigung des Oberarmkopfes und des Glenoids Durch Retroversion wird eine Instabilität des Schultergelenkes nach vorn verhindert. Akute traumatische vordere Schulterluxation Dies ist die häufigste Form der Schulterinstabilität (80–90 %).
5. Neigung des Oberarmkopfes und des Glenoids Durch Retroversion von 25–50Ω (Oberarmkopf) und eine Retroversion von 4–12Ω (Glenoid) verhindert der knöcherne Aufbau eine Instabilität des Schultergelenkes nach vorn.
Akute traumatische vordere Schulterluxation Diese Verletzung stellt die häufigste Form der Schulterinstabilität dar (80–90 %).
Pathogenese. Der Verletzungsmechanismus besteht in einer forcierten Abduktion und Außenrotation (Sturz auf den ausgestreckten Arm).
Pathogenese. Der Verletzungsmechanismus umfasst eine forcierte Abduk-
Symptome. Heftigste Schmerzen, fehlende Schulterkontur, blockierte Beweglichkeit, leichte Abduktionshaltung.
Symptome. Der Patient hat heftigste Schmerzen (Spontan- und Bewegungsschmerz) und hält den Arm gestützt an der Seite. Die normale Schulterkontur fehlt (abgeflachte Kontur der M. deltoideus, hervorstehendes Akromion). Die Beweglichkeit ist blockiert. Der Arm wird in leicht abduzierter Form gehalten.
Diagnose. Die Gelenkpfanne ist leer, der Oberarmkopf ist außerhalb der Pfanne tastbar.
Diagnose. Die Gelenkpfanne ist leer, der Oberarmkopf ist außerhalb der
Merke
Die Röntgenuntersuchung umfasst immer mindestens 2 Ebenen ( 1 B-27.52) und gibt Hinweise auf: π Richtung der Luxation π Impressionsfraktur (Hill-SachsLäsion). π Abriss des Labrums (Bankart-Läsion, 1 B-27.53).
tion und Außenrotation, wie sie typischerweise beim Handballspielen auftreten kann (Sturz auf den ausgestreckten Arm).
Pfanne tastbar.
n Merke. Eine Prüfung des N. axillaris ( 1 B-27.51) und der A. axillaris ist obligat.
Die Röntgenuntersuchung muss immer Aufnahmen in 2 Ebenen einschließen ( 1 B-27.52), dadurch kann das Übersehen einer Luxation verhindert werden. Folgende 3 wichtige Befunde können erhoben werden: π Richtung der Luxation: subkorakoidal (häufigster Typ), subglenoidal, subklavikulär, intrathorakal, dorsale Luxation selten, inferior und superior. π Impressionsfraktur: Bei der vorderen Luxation liegt sie posterolateral (Hill-Sachs-Läsion) in 80 % der Fälle. Sie entsteht durch die Impression des Humeruskopfes durch den vorderen Pfannenrand. π Abriss des Labrums im Sinne einer Bankart-Läsion bzw. nach dem Erstbeschreiber Perthes-Läsion ( 1 B-27.53).
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
1 B-27.51
Sensibilitätsausfall bei einer Schädigung des N. axillaris
1 B-27.52
Schultergelenkluxation
a Vordere Schulterluxation a.p. und tangential.
b Zustand nach Reposition des Kopfes in der gleichen Projektionsebene mit deutlich erkennbarer Hill-SachsLäsion ( Á).
n Merke. Bankart-Läsion: Läsion des ventralen Pfannenrandes mit Abriss des Labrum glenoidale. Hill-Sachs-Läsion ( 1 B-27.52): dorsolaterale Impression am Humeruskopf durch den Glenoidrand während der Luxation.
Therapie. Die sofortige Reposition sollte unter Sedierung und Analgesie,
evtl. auch unter Narkose durchgeführt werden. Die Einrichtung einer Schulterluxation erfolgt am häufigsten nach der Methode von Hippokrates. Dabei wird der unbeschuhte Fuß als Gegenzug
Merke
Therapie. Die sofortige Reposition sollte unter Sedierung und Analgesie, evtl. auch unter Narkose durchgeführt werden.
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27 Traumatologie
1 B-27.53
Bankart-Läsion Abriss des Labrum glenoidale ( Á Á) mit zusätzlicher Fraktur des Tuberculum majus (Á).
Die Einrichtung erfolgt nach Hippokrates oder Arlt ( 1 B-27.54). Wegen der hohen Rezidivgefahr beim jugendlichen Sportler wird hier häufig die Arthroskopie mit einer Refixation des Labrum empfohlen.
1 B-27.54
zum Zug am Unterarm von kaudal in die Axilla gebracht. Nach anfänglicher Außenrotation und Abduktion wird der Arm dann in Innenrotation und Adduktion gebracht ( 1 B-27.54 a). Das Repositionsverfahren nach Arlt wird am sitzenden Patienten durchgeführt, wobei eine speziell verstellbare Sessellehne als Hypomochlion dient ( 1 B-27.54 b). Bei der Erstluxation eines jungen Menschen wird aufgrund einer Reluxationsrate von bis zu 80 % die Arthroskopie des Schultergelenkes empfohlen. Dabei kann ein abgerissenes Labrum arthroskopisch refixiert werden.
Synopsis Reposition der Schulterluxation
a Reposition nach Hippokrates.
b Reposition nach Arlt.
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
Nachbehandlung. Nach kurzzeitiger Ruhigstellung (1-2 Wochen) im Desault- oder Gilchrist-Verband erfolgt die frühzeitige Mobilisation unter Vermeidung der Außenrotation.
Komplikationen. Axillarislähmung und insbesondere beim älteren Menschen die Rotatorenmanschettenruptur sowie die Reluxation sind die wichtigsten Komplikationen.
Impingementsyndrom
Impingementsyndrom
n Definition. Bei einem Impingementsyndrom handelt es sich um eine Einengung des Raumes oberhalb des M. supraspinatus. Die Begrenzung dieses Raumes nach kranial ist der Vorderrand des Akromions, das Lig. coracoacromiale und das Akromioklavikulargelenk ( 1 B-27.55).
1 B-27.55
Nachbehandlung. Nach kurzzeitiger Ruhigstellung (1–2 Wochen) im Desault- oder Gilchrist-Verband erfolgt die frühzeitige Mobilisation unter Vermeidung der Außenrotation. Komplikationen. Axillarislähmung, Rotatorenmanschettenruptur und Reluxation sind die wichtigsten Komplikationen.
Definition
Synopsis Impingementsyndrom Akromioklavikulargelenk
M. supraspinatus
Bursa
Kapsel
a
b Aus der Neutral-0-Stellung (a) werden bei Abduktion zwischen ca. 60 bis 120 Ω die Bursa subacromialis und die Supraspinatussehne zwischen Humeruskopf und Akromion eingeklemmt (sog. schmerzhafter Bogen) (b).
Pathogenese. Die Ursachen dieser Einengung sind: π
π
Anbauten am Vorderrand des Akromions aufgrund der Zugwirkung des Lig. coracoacromiale. Form des Akromions: Typ 1: flache Form. Bei einer Rotatorenmanschettenruptur haben 3 % ein Typ-1-Akromion. Typ 2: leicht gebogene Form, 24 % bei Rotatorenmanschettenruptur. Typ 3: hakenförmige Form. Bei einer Rotatorenmanschettenruptur weisen 74 % der Patienten diesen Typ auf.
Pathogenese. Wichtigste Ursachen des Impingementsyndroms sind: π Anbauten am Akromionvorderrand π Form des Akromions, insbesondere Typ 3 π steilere Neigungswinkel des Akromions π Veränderungen im AC-Gelenk.
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27 Traumatologie Neigungswinkel des Akromions. Je flacher der Neigungswinkel, desto geringer ist die Inzidenz einer Rotatorenmanschettenruptur. π Veränderungen im Bereich des Akromioklavikulargelenkes (Osteophyten). Weitere Ursachen können sein: Pseudarthrose oder fehlverheiltes Tuberculum majus, Bizepssehnenruptur, Kontraktur der dorsalen Kapsel (führt bei Flexion zu einem Anstoßen des Humeruskopfes gegen das Akromion), Bursitis (bei rheumatischer Arthritis), iatrogen durch eingebrachte Nähte, Drähte und Platten, die den Raum einengen. π
Symptome. Schmerzhafte Funktionseinschränkung und Schwäche des Armes mit schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit zwischen ca. 60 Ω und 120 Ω sind typisch.
Stadieneinteilung. Das Impingementsyndrom wird in 3 Stadien eingeteilt: π Stadium I: Morphologisch finden sich Ödem und Blutung nach Überkopfbelastung (z.B. Tennisspiel). π Stadium II: Morphologisch ist dieses Stadium durch Fibrose charakterisiert. Die verdickte Bursa vermindert den subakromialen Raum und macht die Schulter anfälliger gegenüber Impingementschmerzen. π Stadium III (Rotatorenmanschettenruptur): Die Patienten können den Arm häufig nicht heben (Pseudoparalyse). Beim Befall der Infraspinatussehne kann eine durch den Untersucher fixierte Außenrotation nicht gehalten werden. Der Arm geht sofort in Innenrotation zurück.
Symptome. Auffällig ist die Funktionseinschränkung aufgrund von Schmer-
zen und muskulärer Schwäche. Schmerzen treten insbesondere nachts beim Schlafen auf der betroffenen Seite auf. Typisch ist der schmerzhafte Bogen zwischen ca. 60Ω und 120Ω (maximale Spannung der Rotatorenmanschette), Krepitieren bei der Bewegung und eine Schwäche bei Abduktion und Außenrotation ( 1 B-27.55 b). Der Impingement-Test ist positiv, d.h. die schmerzhafte Elevation und Innenrotation ist nach subakromialer Injektion eines Lokalanästhetikums nicht mehr schmerzhaft (s. a. S. 1129).
Stadieneinteilung. Das Impingementsyndrom wird in 3 Stadien eingeteilt.
Stadium I: Histologisch findet sich im Bereich der Muskulatur ein Ödem und eine Blutung, insbesondere bei jüngeren Sportlern durch Überkopfbelastung (z.B. Tennisspiel) oder bei ständigem Überkopfgebrauch des Armes (z.B. beim Anstreichen). Eine ähnliche Symptomatik weist die akute traumatische subakrominale Bursitis auf, die bei Kontaktsportarten oder nach einem Sturz auf die Schulter auftritt. π Stadium II: Histologisch imponiert eine Fibrose der Muskulatur, die Patienten sind im Durchschnitt zwischen 30 und 40 Jahre alt. Durch häufige Überkopfbewegungen wird die subakromiale Bursa fibrotisch und verdickt. Die verdickte Bursa verkleinert den subakromialen Raum und macht die Schulter anfälliger gegenüber Impingementschmerzen. π Stadium III (Rotatorenmanschettenruptur): Die Patienten sind häufig älter als 50, selten jünger als 40 Jahre. Eine Verletzungsanamnese ist nicht zwingend. Es finden sich Schmerzen im Sinne einer intermittierenden Bursitis. Auffällig sind die Schwäche des Armes (Pseudoparalyse) und Geräusche. Die Patienten können häufig keine Tasse anheben. Die Symptomatik steht in Abhängigkeit zur Größe des Defektes. Bei Befall der Infraspinatussehne tritt ein positives Drop-Arm-Zeichen auf. Der Patient kann eine durch den Untersucher fixierte Außenrotation nicht halten und geht sofort in eine Innenrotation zurück. Differenzialdiagnostisch kommt noch eine Paralyse der Nervenwurzel C5/6 in Betracht. Arthrographisch findet sich ein positives Flüssigkeitszeichen, nämlich die Kommunikation der Gelenkflüssigkeit mit der Bursa ( 1 B-27.56). π
Diagnose. Im Röntgenbild finden sich eine Verminderung der akromiohumeralen Distanz, Humeruskopfhochstand ( 1 B-27.56) und eine Prominenz oder Exostose des Tuberculum majus. Sonographie und MRT erhärten die Diagnose.
Diagnose. Im Röntgenbild finden sich eine Verminderung der akromiohu-
Therapie. Primär physikalische und funktionelle Therapie (antiphlogistisch, analgetisch und Krankengymnastik). Bei Persistenz der Beschwerden über 6–8 Wochen hinaus operatives Vorgehen.
Therapie. Primär physikalische und funktionelle Therapie (antiphlogistisch,
Ruptur der Bizepssehne
Ruptur der Bizepssehne
Pathogenese. Die Rupturen der langen Bizepssehne betreffen bis auf wenige Ausnahmen vorgeschädigte Sehnen. Meist geht eine Bizepssehnentendinitis voraus.
Pathogenese. Die Rupturen der langen Bizepssehne treffen bis auf wenige Ausnahmen vorgeschädigte Sehnen. In > 80 % ist ein Impingementsyndrom
meralen Distanz, Humeruskopfhochstand und eine Prominenz oder Exostose des Tuberculum majus sowie häufig eine vordere akromiale Ausziehung. Die Unterfläche des Akromions erscheint sklerosiert, das Tuberculum majus dekalzifiziert. Die Diagnose kann erhärtet werden durch die Sonographie und in Ausnahmefällen durch die MRT.
analgetisch, aktive und assistierte Mobilisation des Schultergelenkes). Persistieren nach 6–8 Wochen die Beschwerden und ist die Abduktion weiterhin nicht über 90Ω möglich, sollte eine Naht der Ruptur vorgenommen werden.
mit Läsion des M. supraspinatus begleitend. Der Bizepssehnenruptur geht häufig eine Bizepssehnentendinitis voraus. Die folgenden Sportarten prä-
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
1 B-27.56
Röntgenbefunde bei Rotatorenmanschettenruptur
a Nativaufnahme der Schulter bei Rotatorenmanschettenruptur mit Hochstand des Humeruskopfes ( Á) und Pseudozysten (Á Á).
b Arthrographie des Schultergelenkes mit Kontrastmittelübertritt in die Bursa subacromialis und Austritt gegen die lange Bizepssehne.
destinieren zu einer Bizepssehnentendinitis: Schwimmen, Tennis, Golf und Wurfsportarten. Bei diesen Aktivitäten bringt die Rotation des Oberarmes auf Höhe der Horizontalen das Tuberkulum, den Sulcus bicipitis mit der Bizepssehne sowie die Rotatorenmanschette in direkten Kontakt mit dem Vorderrand des Akromions und dem Lig. coracoacromiale. Sportbedingt können bei jüngeren Patienten ansatznahe Rupturen und Läsionen der langen Bizepssehne mit einer Schädigung des Labrums auftreten, sog. SLAP- (superior labrum anterior posterior) Läsionen.
Schwimmen, Tennis, Golf und Wurfsportarten sind prädestinierende Aktivitäten. In > 80 % ist ein Impingementsyndrom begleitend.
Symptome. Bei der Bizepssehnentendinitis findet sich zumeist ein Nacht-
Symptome. Bei der Tendinitis klagen die Patienten über Nachtschmerz mit Ausstrahlung in den Oberarm. Bei der Ruptur besteht ein Hämatom und Schmerzen bei starker Beugung (geringer Funktionsverlust). Die Kontur des verletzten M. biceps zeigt eine proximal gelegene Dellenbildung ( 1 B-27.57).
schmerz mit Ausstrahlung der Schmerzen in den distalen Oberarm, bei der Ruptur liegen bei minimalem Funktionsverlust ein Hämatom und Schmerzen bei starker Beugung vor, insbesondere, wenn diese gegen Widerstand geführt wird. Bei der Inspektion zeigt die Kontur des M. biceps auf der verletzten Seite proximal eine Dellenbildung und distal eine verstärkte Vorwölbung ( 1 B-27.57).
1 B-27.57
Bizepssehnenruptur Ruptur der langen Bizepssehne mit einer Delle im proximalen ( Á) und einer Vorwölbung im distalen Bizepsanteil (Á Á).
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1132 Diagnose. Die folgenden diagnostischen Tests weisen auf eine Bizepssehnentendinitis hin: π Speeds-Test π Yergason-Test π Ludington-Test.
Sonographisch kann die Ruptur der langen Bizepssehne eindeutig dargestellt werden.
27 Traumatologie
Diagnose. Die folgenden diagnostischen Tests weisen auf eine Bizepsseh-
nentendinitis hin: Speeds-Test: Bei Abduktion des gestreckten und supinierten Armes gegen Widerstand wird ein Schmerz im Sulcus bicipitis angegeben. π Yergason-Zeichen: Das Ellbogengelenk ist gebeugt, der Patient supiniert gegen Widerstand. Dabei wird ein Schmerz im Sulcus bicipitis angegeben. π Ludington-Test: Der Patient hält seine Hände hinter den Kopf. Beugt der Patient in dieser abduzierten und außenrotierten Stellung den Bizeps isometrisch, treten Schmerzen im Sulcus bicipitis auf. Sonographisch kann die Ruptur der langen Bizepssehne eindeutig dargestellt werden. π
Therapie. Beim älteren Patienten erfolgt die Behandlung konservativ mit kurzfristiger Ruhigstellung des Armes. Beim jüngeren Patienten erfolgt die Refixation der langen Bizepssehne am Oberarmschaft.
Therapie. Der Verlust der langen Bizepssehne führt in Langzeitergebnissen
Distale Ruptur der Bizepssehne
Distale Ruptur der Bizepssehne
Pathogenese. Ruckartige, kraftvolle Tätigkeiten können zu einem Abriss der Bizepssehne an der Tuberositas radii führen.
Pathogenese. Der distale Abriss der Bizepssehne an der Tuberositas radii
Symptome. Der Patient verspürt einen stechenden Schmerz, der Unterarm kann nicht gegen Widerstand gebeugt und nicht supiniert werden. Diagnose. Mittels Sonographie.
Symptome. Hervorstechendes Merkmal ist ein erheblicher Schmerz und die Verlagerung des Muskelbauches nach proximal. Die Patienten können den Unterarm nicht gegen Widerstand beugen und nicht supinieren.
nicht zu einer Störung der Beugung und Supination. Deshalb wird beim älteren Patienten die Behandlung konservativ durchgeführt mit kurzfristiger Ruhigstellung des Armes. Beim jüngeren Patienten erfolgt die Refixation der langen Bizepssehne am Oberarmschaft oder sie wird an den kurzen Bizepssehnenkopf angeheftet. Eine Reinsertion am Ursprung ist wegen der degenerativen Sehnenveränderungen nicht indiziert.
erfolgt häufig durch ruckartige kraftvolle Tätigkeiten. Gelegentlich können jedoch auch degenerative Veränderungen bei Bagatelltraumen zu einer Ruptur der distalen Bizepssehne führen.
Diagnose. Sonographisch lässt sich der Verdacht einer distalen Bizepssehnenruptur erhärten.
Therapie. Wegen des Funktionsverlustes ist die Refixation der Sehne an der Tuberositas radii anzustreben.
Therapie. Wegen des Funktionsverlustes ist hier immer die Refixation der
Humeruskopffraktur
Humeruskopffraktur
Definition
Anatomie. Die Blutversorgung erfolgt über die vordere und hintere
Sehne an der Tuberositas radii anzustreben.
n Definition. Die proximalen Oberarmfrakturen machen etwa 4–5 % aller Frakturen aus und werden vorzugsweise bei älteren Patienten gesehen. Am häufigsten verläuft die Fraktur durch das Collum chirurgicum.
Anatomie. Die Besonderheit der Frakturen liegt in der Blutversorgung des Humeruskopfes, die über die vordere und die hintere A. circumflexa humeri
1 B-27.58
Posttraumatische avaskuläre Nekrose des Humeruskopfes Operationsbefund einer avaskulären Knochennekrose des Humeruskopfes (Á) mit Defektbildung.
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
1 B-27.59
Synopsis Frakturen des proximalen Humerus nach Neer
Frakturen des proximalen Humerus Neer 1
undislozierte bzw. minimale Dislokation alle 4 Fragmente können betroffen sein Neer 2–6: dislozierte Frakturen Neer 2: Collum anatomicum
2-Fragment-Fraktur
Neer 3: Collum chirurgicum
2-Fragment-Fraktur ad axim
2-Fragment-Fraktur ad latus
mit Trümmerzone
Neer 4: Tuberculum majus
2-Fragment-Fraktur
3-Fragment-Fraktur (kombiniert mit Collum-chirurgicumFraktur)
Neer 5: Tuberculum minus
2-Fragment-Fraktur
3-Fragment-Fraktur (kombiniert mit Collum-chirurgicumFraktur)
4-Fragment-Fraktur (kombiniert mit Collum-chirurgicumund Tuberculumminus-Fraktur) Neer 6: Luxationsfrakturen
4-Fragment-Fraktur (kombiniert mit Collum-chirurgicumund Tuberculummajus-Fraktur)
mit vorderer Kopfluxation
mit hinterer Kopfluxation
Klassifikation der dislozierten Humeruskopffraktur nach Neer. Als Dislokation gilt eine Fragmentabweichung > 1 cm oder eine Abkippung > 45 Ω . Zweifragmentfrakturen können im Tuberkulum im anatomischen oder chirurgischen Hals auch im Tuberculum majus oder minus dislozieren. Bei drei Fragmenten dreht sich der Kopf im chirurgischen Hals. Bei vier Fragmenten sind beide Tuberkula und das Kopffragment disloziert. Luxationsfrakturen mit zwei bis vier Fragmenten treten nach vorne oder hinten aus.
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27 Traumatologie
A. circumflexa humeri. Bei einer Verletzung des Gefäßes besteht die Gefahr der avaskulären Kopfnekrose ( 1 B-27.58).
erfolgt, deren aufsteigender Ast in der Nähe des Sulcus bicipitis in den Knochen eindringt. Bei einer Verletzung oder Schädigung des Gefäßes unfallbedingt oder durch erweiterte operative Freilegung kann es zur avaskulären Nekrose des Oberarmkopfes kommen ( 1 B-27.58).
Pathogenese. Der klassische Mechanismus ist der Sturz auf den ausgestrecken Arm.
Pathogenese. Der klassische Mechanismus ist der Sturz auf den ausge-
Klassifikation. Die Einteilung nach Neer berücksichtigt die 4 Anteile des Oberarmkopfes: π Kalottenfragment π Tuberculum-majus-Fragment π Tuberculum-minus-Fragment π Schaftfragment.
Klassifikation. Von Neer wurde eine Klassifikation eingeführt, welche die 4 Anteile des Oberarmkopfes berücksichtigt: π das Kalottenfragment, welches die Gelenkfläche umfasst; die Grenze bildet der anatomische Hals π das Tuberculum-majus-Fragment π das Tuberculum-minus-Fragment π und das Schaftfragment. Ein Fragment gilt als verschoben, wenn die Dislokation > 1 cm beträgt oder das Fragment um 45Ω abgewinkelt ist. Entsprechend dem Anteil der frakturierten Fragmente spricht man von Twopart-, Three-part- oder Four-part-Frakturen. Es ergibt sich nach Neer eine Einteilung von Typ 1–6 ( 1 B-27.59): Typ 1: unverschobene Fraktur Typ 2: Fraktur durch den anatomischen Hals Typ 3: Two-part-Fraktur, Frakturlinie verläuft durch den chirurgischen Hals Typ 4: Tuberculum-majus-Fraktur (Two-, Three- oder Four-part-Fraktur) Typ 5: Tuberculum-minus-Fraktur (Two-, Three- oder Four-part-Fraktur) Typ 6: Luxationsfrakturen. Die AO-Klassifikation mit der Einteilung nach A, B und C bezeichnet als A-Frakturen die unifokalen extraartikulären Frakturen, Abriss des Tuberculum majus (A1), metaphysär impaktiert (A2) und nicht impaktiert (A3). Die B-Frakturen sind die extraartikulären bifokalen und die C-Frakturen die Gelenkfrakturen mit vollständiger Ablösung der Gelenkfläche.
Ein Fragment gilt als verschoben, wenn die Dislokation > 1 cm beträgt oder das Fragment um > 45 Ω abgewinkelt ist. Entsprechend der Lokalisation und Anzahl der frakturierten Fragmente kann man nach Neer 6 Typen unterscheiden ( 1 B-27.59).
Weiterhin gibt es die AO-Klassifikation mit der Einteilung nach A, B und C.
Symptome und Diagnose. Es liegen ein starkes Hämatom und eine erhebliche Weichteilschwellung vor. Die exakte Diagnose erfolgt radiologisch durch Aufnahmen in 2 Ebenen ( 1 B-27.60).
streckten Arm. Bei gleichzeitiger Abduktion führt dies bei einem älteren Patienten zur Fraktur, beim jüngeren Menschen eher zu einer Luxation.
Symptome und Diagnose. Es liegen ein starkes Hämatom und eine erhebliche Weichteilschwellung vor. Verletzungen des N. axillaris und des Plexus brachialis sind möglich. Seltener treten Gefäßverletzungen auf. Die exakte Diagnose erfolgt radiologisch durch Aufnahmen in 2 Ebenen ( 1 B-27.60).
1 B-27.60
Humeruskopffraktur
a Humeruskopffraktur in a.p. (a) und axialer (b) Projektion.
b
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm
Therapie. Die meisten Frakturen, soweit unverschoben und stabil, können
Therapie. Bei eingestauchter, wenig dislozierter Fraktur genügt die kurzfristige Ruhigstellung mittels Desaultoder Gilchrist-Verband. Ansonsten erfolgt eine operative Therapie in Form einer Minimalosteosynthese mit Kirschner-Drähten ( 1 B-27.61 a–c). Selten ist eine Platte indiziert. Bei Vierfragment- und Luxationsfrakturen kann eine Endoprothese implantiert werden. Ein disloziertes Tuberculum-majusFragment wird mit Schrauben oder einer Zuggurtung versorgt ( 1 B-27.61 d–f).
konservativ mit kurzfristiger Ruhigstellung mittels Desault- oder GilchristVerband behandelt werden. Ansonsten erfolgt eine operative Therapie in Form einer Minimalosteosynthese mit Kirschner-Drähten oder Schrauben ( 1 B-27.61 a–c). In seltenen Fällen ist eine Platte indiziert (Gefährdung der Gefäßversorgung). Bei den Vierfragment-Frakturen und Luxationsfrakturen kann auch die primäre Implantation einer Endoprothese mit gutem Ergebnis durchgeführt werden. Ein > 5 mm disloziertes Tuberculum-majus-Fragment wird angeschraubt oder mittels Zuggurtung stabilisiert ( 1 B-27.61 d–f).
1 B-27.61
a
Synopsis Operative Therapie der Humeruskopffraktur
b
c
Minimalosteosynthese einer Humeruskopf-Impressionsfraktur (a) mit perkutanen Kirschner-Drähten (b) oder offen eingebrachten Schrauben in Kombination mit einer Zuggurtung (c).
d
e
f
Ein disloziertes Tuberculum majus (d) wird angeschraubt (e) oder mit einer Zuggurtung (f) stabilisiert.
Kindliche proximale Oberarmfrakturen Anatomie. Die proximale Humerusepiphyse trägt zu 80 % zum Längen-
wachstum des Humerus bei. Der Epiphysenschluss erfolgt bei Mädchen durchschnittlich zwischen dem 14. und 17., bei Jungen zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr. Die proximale Epiphyse ist asymmetrisch angeordnet, wobei die Spitze der Epiphyse posteromedial mit einem sehr stark ausgebildeten Periost liegt. Die meisten Frakturen zeigen eine Verschiebung des Schaftfragmentes nach vorn und nach lateral aufgrund des schwächeren Periostes in diesem Bereich. Das sehr straffe posteromediale Periost bleibt häufig distal mit dem metaphysären knöchernen Fragment verbunden. Gelegentlich kann dieses Periost zusammen mit der Bizepssehne interponieren und so die Reposition erschweren.
Kindliche proximale Oberarmfrakturen Anatomie. Die proximale Humerusepiphyse trägt zu 80 % zum Längenwachstum des Humerus bei. Der Epiphysenschluss erfolgt bei Mädchen durchschnittlich zwischen dem 14. und 17., bei Jungen zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr. Die meisten Frakturen zeigen eine Verschiebung des Schaftfragmentes nach vorn und nach lateral aufgrund des schwächeren Periostes in diesem Bereich.
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27 Traumatologie
Häufigkeit. Die Frakturen machen < 1 % aller Frakturen bei Kindern aus.
Häufigkeit. Die Frakturen machen < 1 % aller Frakturen bei Kindern aus und nur 3–6 % aller Epiphysenfrakturen.
Pathogenese. Beim älteren Kind ist der Fall auf die ausgestreckte Hand die häufigste Verletzungsform. Symptome. Neugeborene weisen häufig eine Pseudoparalyse des Armes auf. Beim älteren Kind imponiert der Schmerz und die Bewegungseinschränkung mit Verkürzung des Armes und Prominenz des Schaftfragmentes nach vorn.
Pathogenese. Bei Neugeborenen entstehen die Frakturen häufig während
Diagnose. Die röntgenologische Diagnose ist aufgrund der noch unvollständigen Ossifikation schwierig. Vergleichsaufnahmen mit der Gegenseite können hilfreich sein.
Diagnose. Beim Neugeborenen ist die röntgenologische Diagnose sehr
Differenzialdiagnose. Bei proximalen Oberarmfrakturen des Neugeborenen ist an eine Klavikulafraktur oder Plexus-brachialis-Verletzung ebenso wie an eine Infektion zu denken.
der Geburt durch Hyperextension oder erhebliche Rotation. Beim älteren Kind ist der Fall auf die ausgestreckte Hand die häufigste Verletzungsform.
Symptome. Neugeborene weisen häufig eine Pseudoparalyse des Armes auf.
Beim älteren Kind imponiert der Schmerz und die Bewegungseinschränkung mit Verkürzung des Armes und Prominenz des Schaftfragmentes nach vorn.
schwierig, da häufig noch keine Ossifikation in der proximalen Humerusepiphyse vorhanden ist. Das Verhältnis des Humerusschaftes zur Skapula, auch im Vergleich zur Gegenseite, kann in solchen Situationen hilfreich sein. Auch bei älteren Kindern können u.U. Vergleichsaufnahmen notwendig sein, wobei hier immer Aufnahmen in 2 Ebenen zu fordern sind.
Differenzialdiagnose. Bei proximalen Oberarmfrakturen des Neugeborenen ist an eine Klavikulafraktur oder Plexus-brachialis-Verletzung ebenso wie an eine Infektion zu denken.
Therapie. Die Einrichtung erfolgt durch Flexion im Ellenbogen- und Abduktion im Schultergelenk mit anschließender Ruhigstellung im Desault-Verband. Erweist sich die Fraktur nach Reposition als instabil, erfolgt die perkutane K-Draht-Fixierung.
Therapie. Die Behandlung hängt vom Alter des Kindes, dem Ausmaß der Verschiebung und dem Grad der Stabilität ab. Die Behandlung ist in den meisten Fällen konservativ, dabei kann die Fraktur durch Flexion im Ellenbogengelenk und Abduktion im Schultergelenk von jeweils 90Ω unter Längszug reponiert werden. Die Ruhigstellung erfolgt mit Hilfe eines Desault-Verbandes. Erweist sich die Fraktur nach Reposition als instabil, erfolgt die perkutane K-Draht-Fixierung. Die Implantate werden nach 3–4 Wochen entfernt. In einzelnen Fällen mit Interposition der Bizepssehne und des Periostes gelingt keine geschlossene Reposition. In diesen Fällen, ebenso wie bei offenen Frakturen, ist eine offene Reposition und anschließende K-Draht-Fixierung indiziert.
Humerusschaftfrakturen
Humerusschaftfrakturen
Anatomie. Der kräftige Muskelmantel des Oberarmschaftes ist neben den biomechanischen Voraussetzungen der Grund für eine gute Heilungstendenz der Oberarmschaftfrakturen. Wichtig ist die genaue Kenntnis über den Verlauf des N. radialis.
Anatomie. Der kräftige Muskelmantel des Oberarmschaftes ist neben den
Klassifikation. Entsprechend der AO-Einteilung unterscheidet man A-, Bund C-Frakturen.
Klassifikation. Entsprechend der AO-Einteilung unterscheiden wir die ein-
Symptome und Diagnose. Neben den typischen Frakturzeichen sind evtl. neurologische Ausfallzeichen einer N.-radialis-Läsion vorhanden.
Symptome und Diagnose. Neben den typischen Frakturzeichen (Krepita-
biomechanischen Voraussetzungen der Grund für eine gute Heilungstendenz der Oberarmschaftfrakturen. Wichtig ist die genaue Kenntnis über den Verlauf des N. radialis, der kranial dem Fasciculus posterior des Plexus brachialis entstammt und dann von axillär nach dorsal direkt auf dem Periost des Humerus in Schaftmitte und distal unter seinem Leitmuskel, dem M. brachioradialis, verläuft.
fache Bruchform (A), den Biegungsbruch (B) und die komplexen Brüche (C).
tion, Fehlstellung) sind evtl. neurologische Ausfallzeichen einer N.-radialisLäsion vorhanden (Fallhand). n Merke. Wichtig ist die Beachtung der Sensibilität und Motorik (N. radialis) sowie der Durchblutung.
Merke
Therapie π Konservative Therapie: Da der Humerus statisch nicht belastet wird, sind Verschiebungen bis zu Schaftbreite, Achsenabweichung bis 20Ω und
Therapie
Konservative Therapie: Da der Humerus statisch nicht belastet wird, sind Verschiebungen bis zu Schaftbreite, Achsenabweichungen bis 20Ω und Rotationsfehler bis 10Ω ohne Funktionseinschränkungen tolerabel.
π
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm Bei der konservativen Behandlung werden primär nur die starken Achsenabknickungen und Seitverschiebungen sowie Rotationsfehler unter Einstauchung der Fragmente (cave Diastase) korrigiert. Die Ruhigstellung erfolgt entweder in einem Gips-Desault-Verband, einer Gips-U-Schiene oder einem verstärkten Gilchrist-Verband. Nach etwa 1–2 Wochen wird ein Oberarmbrace angelegt.
1 B-27.62
Rotationsfehler bis 10 Ω ohne Funktionseinschränkungen tolerabel. Die Ruhigstellung erfolgt für 1–2 Wochen entweder in einem GipsDesault-Verband, einer Gips-U-Schiene oder einem verstärkten GilchristVerband mit anschließendem Oberarmbrace.
Therapiemöglichkeiten der Humerusschaftfrakturen
a Humerusschaftfraktur ohne neurologische Ausfälle.
b, c Intramedulläre Stabilisierung mit einem distalen Verriegelungsnagel.
d Stabilisierung einer proximalen Humerus-Refraktur mit einem Fixateur externe.
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27 Traumatologie
π Operative Therapie: Operativ versorgt werden müssen offene Frakturen, Frakturen mit Gefäßverletzungen, Defektbrüche, Weichteilinterpositionen, primäre Radialisparesen ohne Rückbildungstendenz, sekundäre Radialisparesen sowie Kettenfrakturen. An operativen Verfahren stehen die Plattenosteosynthese, die intramedulläre Stabilisierung und der Fixateur externe zur Verfügung ( 1 B-27.62).
π Operative Therapie: Die Indikation zur operativen Behandlung stellen offene Frakturen, Frakturen mit Gefäßverletzungen, Defektbrüche, Weichteilinterpositionen, primäre Radialisparesen ohne Rückbildungstendenz, sekundäre Radialisparesen sowie Kettenfrakturen der oberen Extremität dar. Alle anderen Brüche können konservativ versorgt werden. Folgende operative Verfahren stehen zur Verfügung: π Plattenosteosynthese: Bei Radialisparese erfolgt über einen dorsalen Zugang die Darstellung des N. radialis und der Fraktur. π Intramedulläre Stabilisierung: Durch spezielle Oberarmnägel, die entweder von distal oder von proximal eingeführt werden und die Möglichkeit zur Verriegelung gewährleisten. Ebenso können auch Bündelnägel Verwendung finden, die jedoch weniger rotationsstabil sind ( 1 B-27.62 b– c). π Fixateur externe: Bei weit offenen Brüchen, z.B. Schussbrüchen kann ein Fixateur entweder temporär mit späterem Verfahrenswechsel oder als definitive Osteosynthese notwendig sein ( 1 B-27.62 d).
Komplikationen. Pseudarthrose bei operativer und konservativer Behandlung. Bei operativer Behandlung besteht die Infektionsmöglichkeit und Gefahr der N.-radialis-Parese.
Komplikationen. Gemeinsame Komplikationen für die operative und kon-
Distale Oberarmfrakturen
Distale Oberarmfrakturen
Anatomie. Das Ellenbogengelenk setzt sich zusammen aus der Articulatio humeroradialis, der Articulatio humeroulnaris und der Articulatio radioulnaris proximalis. Pathogenese. Suprakondyläre Frakturen entstehen beim Sturz auf den gebeugten Ellenbogen.
Anatomie. Das Ellenbogengelenk setzt sich zusammen aus der Articulatio
Klassifikation. Unterschieden werden die extraartikulären Frakturen (A), die partiellen Gelenkfrakturen (B) und die vollständige Gelenkfraktur (C).
Klassifikation. Die extraartikulären Frakturen (A) umfassen die Abrissfrak-
Symptome und Diagnose. Es liegen die typischen Frakturzeichen vor. Wichtig ist die Kontrolle von Puls und sensibler und motorischer Nervenfunktion.
Symptome und Diagnose. Es liegen Bewegungseinschränkungen im Ellen-
Röntgenaufnahmen (a.p. und zusätzliche Ebenen) sind erforderlich, evtl. auch Schichtaufnahmen. Das positive Fettkörperzeichen oder ein intraartikulärer Fettspiegel sind indirekte Frakturzeichen.
Therapie. Bei wenig verschobenen Frakturen genügt eine 2–3-wöchige
servative Behandlung ist die Pseudarthrose. Bei der konservativen Behandlung ist die Vermeidung einer Diastase wichtig, bei der operativen Therapie die Beachtung der biomechanischen und besonders der biologischen Prinzipien. Bei operativer Behandlung besteht die Infektionsmöglichkeit und Gefahr der N.-radialis-Parese.
humeroradialis, der Articulatio humeroulnaris und der Articulatio radioulnaris proximalis.
Pathogenese. Es handelt sich bei den suprakondylären Frakturen häufig um
extraartikuläre Biegungsbrüche, die beim Sturz auf den gebeugten Ellenbogen auftreten. Längsstauchung führt zu Y-förmigen Brüchen bis zur Zertrümmerung des Gelenkkörpers.
turen (Epicondylus radialis und ulnaris, A1), die einfachen metaphysären Brüche (A2) und die metaphysären Mehrfragmentbrüche (A3). B-Frakturen sind partielle Gelenkfrakturen, d.h. laterale (B1) und mediale (B2) Kondylenbrüche, sowie Abscherbrüche des Capitulums (B3). Unter den C-Frakturen werden die vollständigen Gelenkfrakturen zusammengefasst, d.h. einfache artikulär-metaphysäre Frakturen (C1), einfache artikuläre und metaphysäre Mehrfragmentfrakturen (C2) und artikuläre Mehrfragmentbrüche (C3).
bogengelenk und typische Frakturzeichen vor. Wegen der Verletzungsgefahr der A. brachialis ist die Pulskontrolle obligat. Weiterhin ist wegen der Verletzungsmöglichkeit der Nn. ulnaris, radialis und medianus eine exakte Kontrolle der sensiblen und motorischen Nervenfunktion wichtig. Neben der a.p. Röntgenaufnahme sind Aufnahmen in 2 zusätzlichen Ebenen (je 45Ω versetzt) notwendig, um mögliche Trochlea- oder Capitulumhumeri-Absprengungen nicht zu übersehen. Evtl. sind auch Schichtaufnahmen erforderlich. Das positive Fettkörperzeichen (= sichtbare Vorwölbung der ventralen oder dorsalen Gelenkkapsel) ist ein indirektes Frakturzeichen. Eine intraartikuläre Spiegelbildung auf der seitlichen Aufnahme ist ein Hinweis auf ein Lipohämarthros.
Therapie. Die Behandlung ist nur in Ausnahmesituationen bei gering dislo-
zierten Frakturen konservativ. Um eine funktionelle Nachbehandlung mit
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm sofortiger Bewegung des Ellenbogengelenks zu ermöglichen, ist in jedem Fall operativ eine bewegungsstabile Osteosynthese anzustreben. Diese erfolgt mittels Plattenosteosynthese, Schrauben oder Zuggurtung.
Gipsruhigstellung, bei dislozierten Brüchen erfolgt eine Platten-, Schrauben- oder Zuggurtungsosteosynthese.
Komplikationen. Bewegungseinschränkungen mit periartikulären Ossifikationen stellen die häufigsten Komplikationen dar. Wesentlich seltener sind Pseudarthrosen sowie Verletzungen der A. und V. brachialis durch direkte Anspießung, bzw. Verletzung des N. ulnaris und N. medianus.
Komplikationen. Periartikuläre Ossifikationen, Pseudarthrosen, Gefäß- und Nervenverletzungen.
Kindliche distale Humerusfrakturen
Kindliche distale Humerusfrakturen
Das Verhältnis von Bandstabilität zur Widerstandsfähigkeit des Knochens ist beim Kind einem altersmäßigen Wechsel unterworfen. Während zwischen dem 7. und 10. Lebensjahr häufiger Frakturen gefunden werden, überwiegen jenseits dieses Alterszeitraumes die Luxationen vom mittleren zum dorsalen Drittel.
Während zwischen dem 7. und 10. Lebensjahr häufiger Frakturen gefunden werden, überwiegen jenseits dieses Alterszeitraumes die Luxationen vom mittleren zum dorsalen Drittel.
Suprakondyläre Humerusfraktur
Suprakondyläre Humerusfraktur
n Definition. Es handelt sich hier um die häufigste ellenbogengelenknahe Verletzung (50–60 %) im Wachstumsalter. Zu 98 % finden sich Extensionsfrakturen und nur in 2 % der Fälle Flexionsfrakturen. Der linke Ellenbogen ist doppelt so häufig betroffen.
Definition
Symptome. Neben den typischen Frakturzeichen weist die Dislokation
Symptome. Neben den typischen Frakturzeichen liegt meist eine Dislokation vor. Die Fragmentverschiebung birgt die Gefahr einer Gefäß-/Nervenschädigung.
Diagnose. Röntgenaufnahme a.p. mit extraartikulärem Frakturlinienverlauf
Diagnose. Röntgenaufnahme a.p. mit extraartikulärem Frakturlinienverlauf ( 1 B-27.63). Auf den seitlichen Röntgenaufnahmen ist die Rotationsfehlstellung kenntlich an einem meist ventralen, selten dorsalen Sporn des proximalen Fragmentes. MRT und CT sind nur in Ausnahmefällen indiziert.
meist eine Antekurvationsfehlstellung, eine Seitverschiebung und einen Rotationsfehler auf. Durch die Fragmentverschiebung (distales Fragment gleitet nach kranial, das proximale verschiebt sich ellenbogenwärts) besteht die Gefahr einer Schädigung der A. radialis und der Nn. medianus und radialis.
( 1 B-27.63). Auf den seitlichen Röntgenaufnahmen ist die Rotationsfehlstellung kenntlich an einem meist ventralen, selten dorsalen Sporn des proximalen Fragmentes.
1 B-27.63
Kindliche suprakondyläre Humerusfraktur Suprakondyläre Humerusfraktur mit vollständiger Dislokation nach radial (a.p.).
In unklaren Fällen ist ein Seitenvergleich mit der Gegenseite hilfreich. MRT und CT sind nur in Ausnahmefällen indiziert. Bei der Beurteilung der Röntgenbilder ist die Kenntnis der Ossifikationszentren wichtig. Das Capitulum ossifiziert als erstes zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr (Epicondylus medialis [4. Lebensjahr], Radiusköpfchen
Bei der Beurteilung der Röntgenbilder ist die Kenntnis der Ossifikationszentren wichtig.
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Diagnostische radiologische Hilfslinien: π radiokapituläre Linie π anterohumerale Linie π Begrenzungslinie der Fossa coronoidea.
Therapie. Bei undislozierten Frakturen erfolgt eine Ruhigstellung in der Blount-Schlinge oder im Oberarmgips. Bei dislozierten Brüchen erfolgt eine Reposition mit anschließender Kirschner-Draht-Fixation.
27 Traumatologie [5. Jahr], Trochlea [8. Jahr], Olekranon [9. Jahr], Epicondylus lateralis [10.–11. Lebensjahr]) und fusioniert mit dem Humerusschaft um das 14. Lebensjahr. Die radiologischen Linien erleichtern die Diagnostik von Fehlstellungen: π Radiokapituläre Linie: Die Linie durch die Längsachse des Radius trifft die Mitte des Capitulums. π Anterohumerale Linie: Die Tangente zur anterioren Begrenzung des Humerus und der Spitze der Fossa coronoidea schneidet das Capitulum am Übergang zur dorsalen Hälfte des mittleren Drittels. π Die Begrenzungslinie der Fossa coronoidea schneidet den vorderen Anteil des Capitulums.
Therapie. Die Behandlung richtet sich nach der Dislokation der Fraktur.
Liegt eine rotationsfehlerfreie, nahezu undislozierte oder lediglich antekurvierte Fraktur vor, so wird konservativ behandelt. Die Ruhigstellung erfolgt in der Blount-Schlinge oder einem Oberarmgips. Bei primär nachgewiesenem Rotationsfehler erfolgt die geschlossene Reposition der Fraktur durch Längszug, manuelle Beseitigung der Seitverschiebung und Ausgleich der Rotationsfehlstellung in der überwiegenden Zahl durch Pronation. Anschließend erfolgt die Stabilisierung der Fraktur durch Kirschner-Drähte. Ist eine geschlossene Einrichtung nicht möglich, wird offen reponiert und mit Kirschner-Drähten stabilisiert.
Komplikationen. Bei einem Rotationsfehler entsteht eine Flexionsfehlstellung und Cubitus varus.
Komplikationen. Während sich die Antekurvationsfehlstellung bei jüngeren Patienten ausgleichen kann, bedeutet ein Rotationsfehler eine Flexionsfehlstellung und Cubitus varus.
Epicondylus-ulnaris-Fraktur
Epicondylus-ulnaris-Fraktur
Definition
n Definition. Beide Epikondylen stellen Traktionsepiphysen, d.h. Apophysen, dar und sind nicht am Längenwachstum des Humerus beteiligt. Ein Ausriss des Epicondylus ulnaris ist zu 2⁄3 Begleitverletzung einer Ellenbogenluxation. Das bevorzugte Alter betrifft Kinder zwischen 9 und 15 Jahren. Der Verletzungsmechanismus ist ein typischer Valgusstress.
Symptome und Diagnose. Schwellung, Bewegungseinschränkung. Röntgenaufnahmen und evtl. gehaltene Aufnahmen führen zur Diagnose.
Symptome und Diagnose. Neben der Schwellung und Bewegungsein-
Therapie. Nicht oder gering dislozierte Frakturen werden konservativ mit Oberarmgips versorgt, ansonsten erfolgt eine Zuggurtungs- oder Schraubenosteosynthese.
Therapie. Nicht verschobene Verletzungen und bis zu 2 mm dislozierte Frakturen werden konservativ für 3 Wochen mit Oberarmgips behandelt. Dislozierte Frakturen mit Seitenbandinstabilität werden mittels Zuggurtungs- oder Schraubenosteosynthese stabilisiert.
Komplikationen. Pseudarthrose und Irritationen des N. ulnaris können auftreten.
Komplikationen. Dislozierte Frakturen, die nicht adäquat behandelt wer-
Fraktur des Condylus ulnaris humeri
Fraktur des Condylus ulnaris humeri
Definition
schränkung führen die Röntgenaufnahmen und ggf. gehaltene Aufnahmen zur Diagnose.
den, führen zur Pseudarthrose. Die Spätfolgen können in einer Irritation des N. ulnaris liegen sowie einer chronischen medialen Instabilität.
n Definition. Es handelt sich um eine Epiphysenfraktur mit metaphysärem Keil, die häufiger bei älteren Jugendlichen auftritt.
Symptome und Diagnose. Schwellung und schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Die Röntgenaufnahme in 2 Ebenen sichert die Diagnose.
Symptome und Diagnose. Schwellung und schmerzhafte Bewegungsein-
Therapie. Undislozierte Frakturen werden konservativ im Oberarmgips behandelt. Dislozierte Frakturen
Therapie. Undislozierte Frakturen werden konservativ im Oberarmgips
schränkung evtl. verbunden mit einer Fehlstellung. Die Diagnosesicherung erfolgt durch Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen.
behandelt. Dislozierte Frakturen werden primär mittels Kompressionsschrauben fixiert.
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27.2.1 Schultergürtel und Oberarm Die postoperative Ruhigstellung erfolgt im Gipsverband für 4 Wochen. Die Metallentfernung wird zwischen der 6. und 12. Woche nach Operation vorgenommen.
Fraktur des Condylus radialis humeri n Definition. Es handelt sich um die zweithäufigste Ellenbogengelenksverletzung mit einer fugenkreuzenden Gelenkfraktur (Aitken III, s. a. S. 1074). 10–15 % aller Ellenbogengelenksfrakturen betreffen den Condylus radialis. Selten wird der Capitulumkern tangiert, da die Frakturlinie meist medial verläuft. Durch Druck des Radiusköpfchens wird der Schermechanismus verstärkt.
1 B-27.64
werden primär mittels Kompressionsschrauben fixiert. Nach 4-wöchiger Ruhigstellung (Gips) erfolgt zwischen der 6. und 12. postoperativen Woche die Metallentfernung. Fraktur des Condylus radialis humeri Definition
Kindliche Fraktur des Condylus radialis humeri
a Kindliche Schrägfraktur des Condylus radialis humeri in 2 Ebenen.
b Zustand nach Zugschrauben-Osteosynthese.
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27 Traumatologie
Epidemiologie. Der Altersgipfel liegt zwischen 4 und 8 Jahren; m : w = 9 : 1.
Epidemiologie. Der Altersgipfel liegt bei Mädchen zwischen 4 und 5 Jahren
Symptome und Diagnose. Das Röntgenbild ( 1 B-27.64 a) mit evtl. Vergleichsaufnahmen zur Gegenseite führen zur Diagnose. Die klinische Symptomatik ist häufig diskret.
Symptome und Diagnose. Das Röntgenbild ( 1 B-27.64 a) zeigt eine schräge
Therapie. Undislozierte Frakturen werden konservativ, dislozierte mit Kleinfragmentzugschraube behandelt ( 1 B-27.64 b).
band behandelt. 4 Tage nach Unfall wird eine Röntgenkontrolle durchgeführt. Bei zunehmender Dislokation erfolgt die Operation. Bei dislozierten Frakturen erfolgt die offene Reposition und sog. »wasserdichte« Osteosynthese mittels Zugschraube ( 1 B-27.64 b) oder Spickdraht.
Komplikationen. Es kann zur Pseudarthrose mit schwerer Valgusfehlstellung des Ellenbogens kommen (cave: N. ulnaris-Irritation).
Komplikationen. Die Pseudarthrosenbildung mit Dislokation des periphe-
27.2.2
Ellenbogengelenk und Unterarm Untersuchungstechniken
27.2.2
Anamnese. Zeitpunkt und Schmerzintensität geben Hinweise auf die Diagnose.
Anamnese. Zeitpunkt und Schmerzintensität, wie z.B. unerklärbares Fallen-
Inspektion. Zu achten ist auf Achsenfehlstellungen, Gelenkerguss und Proliferation des Synovialgewebes.
Inspektion. Zu achten ist auf Achsenfehlstellungen, der normale Valgus bei Männern beträgt 10Ω, bei Frauen 13Ω. Bei der Inspektion von lateral deutet
Palpation. Wichtig ist das HueterDreieck, welches durch die beiden Epikondylen und die Spitze des Olekranons gebildet wird. Bei einer Fraktur ist diese durch die 3 Punkte bei Beugung vorgegebene Dreieckstruktur verändert ( 1 B-27.65).
Palpation. Für die Palpation ist das Hueter-Dreieck wichtig, welches durch die beiden Epikondylen und die Spitze des Olekranons gebildet wird. Bei Beugung des Ellbogengelenkes bilden die 3 Punkte ein Dreieck, bei Streckung im Ellenbogengelenk eine gerade Verbindungslinie ( 1 B-27.65). Bei der Palpation von lateral lässt sich das Radiusköpfchen durch Pronation/ Supination und Flexion/Extension eindeutig identifizieren. Die Palpation der Sehne des M. extensor carpi radialis brevis, speziell bei lateraler Epikondylitis, wird begünstigt durch Extension im Hand- und
1 B-27.65
und bei Jungen zwischen 5 und 8 Jahren, die Geschlechterverteilung liegt bei 9:1 männlich zu weiblich.
Frakturfläche im seitlichen Bild, Vergleichsaufnahmen zur Gegenseite erhärten die Diagnose. Die klinische Symptomatik ist häufig diskret.
Therapie. Undislozierte Frakturen werden konservativ in einem Gipsver-
ren Fragmentes nach proximal radial ist gefürchtet. Die Folge ist eine schwere Valgusfehlstellung des Ellenbogens mit der Gefahr der späteren N.-ulnaris-Irritation.
Ellenbogengelenk und Unterarm
Untersuchungstechniken lassen von Gegenständen bei der Epikondylitis, können bereits Hinweise auf die Diagnose geben.
eine infrakondyläre Schwellung auf einen Gelenkerguss, auf eine Proliferation des Synovialgewebes oder auf eine Radiusköpfchenveränderung hin, wie z.B. Fraktur, Subluxation oder Verrenkung. Dünne und adhärente Haut lateralseitig kann Hinweis sein auf Kortisoninjektionen. Inspektion von dorsal: prominente Bursa olecrani, als Hinweis auf ein entzündliches oder rheumatisches Krankheitsbild.
Synopsis Hueter-Linie und Hueter-Dreieck am Ellenbogengelenk
Epikondylen und Olekranon bilden von dorsal bei Streckung (a) und von seitlich bei Beugung (b) eine gerade Linie. Von dorsal bei rechtwinklig gebeugtem Ellenbogengelenk bilden die drei Punkte ein gleichschenkliges Dreieck (c). Frakturen oder Luxationen verändern die Dreiecksstruktur.
a
b
c
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
27.2.2 Ellenbogengelenk und Unterarm
1143
Ellenbogengelenk. Ein Gelenkerguss lässt sich am günstigsten über dem dorsalen Rezessus palpieren. Ein gespannter Hämarthros führt zu einer Ellenbogenstellung von etwa 80Ω, der Position mit einem Maximum an Gelenkinhalt. Palpation von medial: Im Sulcus n. ulnaris kann der N. ulnaris gefühlt und leicht bewegt und eine Subluxation diagnostiziert werden. Die 4 Muskeln, welche vom Epiconcylus medialis entspringen, können palpiert werden, ebenso das mediale Kollateralband bei einer Beugung im Gelenk von 30–60Ω. Von dorsal können das Olekranon und die Trizepsaponeurose sowie die Bursa olecrani getastet werden, bei Beugung im Ellenbogengelenk die Fossa olecrani. Die Palpation des Humeroulnargelenkes mit gleichzeitiger Valgusbelastung des Ellenbogengelenkes, die das Humeroulnargelenk in volle Extension bringt, kann Schmerzen provozieren bei Patienten, die sportlich oder beruflich ihren Arm in forcierte Streckung bringen müssen, z.B. Basketballspieler. Die Palpation von vorn informiert zunächst über die laterale Begrenzung (M. brachioradialis) und die mediale Begrenzung (M. pronator teres) der Fossa cubiti. 4 Strukturen passieren die Fossa cubiti: π N. musculocutaneus π Bizepssehne π A. brachialis π N. medianus.
Die Palpation der Sehne des M. extensor carpi radialis ist bei der Diagnose der Epicondylitis humeri radialis wichtig.
Funktionsprüfungen. Die Beweglichkeit im Ellenbogengelenk beträgt für Beugung/Streckung normalerweise 150/0/0Ω +/– 10Ω. Das tatsächliche Bewegungsausmaß für die tägliche Arbeit beträgt etwa 30–130Ω. 90 % der Tätigkeiten können mit einem Pronations-/Supinationsausmaß von 50/0/50Ω bewerkstelligt werden. Die Flexions- und Extensionskraft wird unter der jeweiligen Bewegung gegen Widerstand gemessen. Die dominierende Seite ist im allgemeinen 5–10 % stärker als die Gegenseite. Das weibliche Kraftausmaß beträgt etwa 50 % des männlichen ( 1 B-27.66).
Funktionsprüfungen. Die Beweglichkeit im Ellenbogengelenk beträgt für Beugung/Streckung normalerweise 150/0/0Ω +/– 10 Ω . Die Flexions- und Extensionskraft wird unter der jeweiligen Bewegung gegen Widerstand gemessen. Das weibliche Kraftausmaß beträgt 50 % des männlichen ( 1 B-27.66).
1 B-27.66
Der N. ulnaris kann medial im Sulcus n. ulnaris getestet werden.
Olekranon, Trizepsaponeurose und Bursa olecrani werden dorsal getastet.
4 Strukturen passieren die Fossa cubiti: π N. musculocutaneus π Bizepssehne π A. brachialis π N. medianus.
Synopsis Funktionsprüfung
90°
0°
150°
0° 10°
a Beugen und Strecken im Ellenbogengelenk bei uneingeschränkter Beweglichkeit.
80°–90°
80°–90°
b Pronation/Supination des Vorderarmes.
Instabilitätsprüfung. Die Varusinstabilität des Ellenbogens wird bei voller
Innenrotation des Humerus und einem Varusstress auf das leicht gebeugte Ellenbogengelenk gemessen. Eine Valgusinstabilität wird bei voller Außenrotation und leicht gebeugtem Ellenbogengelenk gemessen.
Instabilitätsprüfung. Bei voller Innenrotation des Humerus und einem Varusstress wird die Varusinstabilität gemessen, bei voller Außenrotation die Valgusinstabilität.
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27 Traumatologie
Ellenbogengelenkluxation
Ellenbogengelenkluxation
Die Verrenkung des Ellenbogengelenkes ist nach der Schulterluxation die zweithäufigste Verrenkung.
Die Verrenkung des Ellenbogengelenkes ist nach der Schulterluxation die zweithäufigste Verrenkung.
Anatomie. Am Ellenbogengelenk unterscheiden wir den humeroulnaren, den humeroradialen und den radioulnaren Anteil. Die Stabilität wird gewährleistet durch das Scharniergelenk, mediale und laterale Seitenbänder, Lig. anulare radii und dem Muskelsehnenmantel.
Anatomie. Am Ellenbogengelenk unterscheiden wir den humeroulnaren,
den humeroradialen und den radioulnaren Anteil. Die Stabilität wird gewährleistet durch: π den scharnierartigen humeroulnaren Anteil π den Kapselbandapparat mit den Kollateralbändern und dem Lig. anulare radii π die muskuläre Stabilisierung ventralseitig durch den M. brachialis, M. biceps und dorsal durch den M. triceps brachii.
Pathogenese. Indirekte Gewalteinwirkung durch Sturz auf die pronierte Pathogenese. Indirekte Gewalteinwirkung durch Sturz auf die pronierte Hand bei gestrecktem oder leicht gebeugtem Ellenbogengelenk kann zu Hand bei gestrecktem oder leicht einer Ellenbogenluxation führen. gebeugten Ellenbogengelenk kann zu einer Ellenbogenluxation führen. Klassifikation. 80–90 % aller Luxationen erfolgen nach dorsoradial, die Klassifikation. 80–90 % aller Luxaübrigen sind ventrale, seitliche und divergierende Luxationen ( 1 B-27.67). tionen erfolgen nach dorsoradial, die Die Luxationen des Speichenköpfchens sind häufig begleitet von einer proübrigen sind ventrale, seitliche und divergierende Luxationen ( 1 B-27.67). ximalen Ulnafraktur (Monteggia-Verletzung). Chronische Instabilitäten könDie Luxationen des Speichenköpfchens nen bei gleichzeitiger Abscherung des Kronenfortsatzes mit Muskelabrissen sind häufig begleitet von einer proxientstehen. malen Ulnafraktur (Monteggia-Verletzung). 1 B-27.67 Synopsis Formen der Ellenbogenluxation
a Nach dorsal.
Symptome und Diagnose. Die schmerzhafte federnde Fixation des Ellenbogengelenkes ist der auffälligste Befund. Beweisend ist die Röntgenaufnahme des Ellenbogengelenkes in 2 Ebenen.
Merke
Therapie. Die Reposition erfolgt durch Zug des gebeugten Unterarmes. Nach Überprüfung von Gelenkstabilität und Sensibilität erfolgt die Ruhigstellung des Gelenkes im Oberarmgipsverband für 2–3 Wochen. Danach vorsichtige Bewegungstherapie.
b Nach dorsoradial.
c Divergierend.
Symptome und Diagnose. Die schmerzhaft federnde Fixation des Ellenbogengelenkes ist der auffälligste Befund. Beweisend ist die Röntgenaufnahme des Ellenbogengelenkes in 2 Ebenen. Bei kindlichen Ellenbogenluxationen findet sich häufig noch ein Abriss des medialen Epikondylus. n Merke. Wichtig ist die exakte Überprüfung der Durchblutung, Motorik und Sensibilität wegen möglicher Begleitverletzungen.
Therapie. Die Reposition sollte in Allgemeinnarkose oder unter Leitungsan-
ästhesie vorgenommen werden und kann durch Zug des gebeugten Unterarmes erfolgen. Nach Reposition muss die Stabilität des Gelenkes durch Varus- und Valgusstress wie auch durch eine Bewegung bis zur vollständigen Streckung geprüft werden. Außerdem ist eine Sensibilitätsprüfung erforderlich. Die konservative Behandlung besteht in einer kurzfristigen 2–3-wöchigen Ruhigstellung des Gelenkes im Oberarmgipsverband bei 110Ω-Beugung. Anschließend aktiv geführte Bewegungstherapie, wobei die vollständige Streckung innerhalb der ersten 2 Wochen vermieden werden muss.
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27.2.2 Ellenbogengelenk und Unterarm Die Indikation zur operativen Behandlung besteht bei Verletzungen von Gefäßen und Nerven, drohendem Kompartmentsyndrom, Begleitfrakturen, Repositionshindernis sowie bei offenen Verletzungen. Zeigt sich nach der Reposition eine völlige Instabilität mit Tendenz zur Subluxation und Luxation, muss ebenfalls die operative Stabilisierung des Bandapparates erfolgen.
Bei Reluxationsneigung, bei GefäßNerven-Verletzungen, drohendem Kompartmentsyndrom, Begleitfrakturen oder Repositionshindernis muss operiert werden.
Komplikationen. In etwa 2 % kann es zu einer rezidivierenden Ellenbogengelenkluxation kommen. Nicht beseitigte Abschlagfragmente des Proc. coronoideus, des Radiusköpfchens oder der Oberarmrolle können zu einer mechanischen Irritation und Einleitung arthrotischer Veränderungen mit bleibender Bewegungseinschränkung führen.
Komplikationen. Rezidivierende Ellenbogenluxationen (2 %) und nicht beseitigte knöcherne Abschlagfragmente können zur bleibenden Bewegungseinschränkung führen.
Pronatio dolorosa
Pronatio dolorosa
n Definition. Beim Kleinkind kann es durch eine Pronationsbewegung und Zug am Arm zu einer Subluxation des Radiusköpfchens kommen. Dabei subluxiert das Radiusköpfchen unter das Lig. anulare radii.
Definition
Durch teilweises Herausluxieren des Radiusköpfchens aus dem Lig. anulare radii kommt es zur Einklemmung des Bandes zwischen Radius und Capitulum humeri. Eine Pseudoparese (Chassaignac-Lähmung) ist die Folge.
Durch Einklemmung des Lig. anulare radii entsteht eine Pseudoparese (Chassaignac-Lähmung).
Diagnose. Bei der Inspektion imponiert eine blockierte Pronation im Ellenbogengelenk. Der gesamte Arm hängt herab (Pseudoparese). Eine Röntgenuntersuchung des Ellenbogengelenkes in mindestens 2 Ebenen zum Ausschluss knöcherner Verletzungen ist obligat.
Diagnose. Der klinische Befund (blockierte Pronation im Ellenbogengelenk, Pseudoparese) und die Röntgenuntersuchung in 2 Ebenen führen zur Diagnose.
Therapie. Die Therapie besteht in der Reposition, wobei unter starker Supi-
Therapie. Die Reposition erfolgt, indem unter starker Supination das gebeugte Ellenbogengelenk in Streckstellung gebracht wird. Eine Ruhigstellung ist nicht notwendig.
Epicondylitis humeri radialis
Epicondylitis humeri radialis
nation das gebeugte Ellenbogengelenk in Streckstellung gebracht wird. Die Reposition kann durch Daumendruck auf das Radiusköpfchen unterstützt werden. Nach erfolgter Reposition ist das Kind in wenigen Minuten beschwerdefrei. Eine Ruhigstellung ist nicht notwendig.
n Definition. Insertionstendopathie bei chronischer Überlastung durch häufige Streckung des Hand- und Ellenbogengelenkes mit wechselnder Pro- und Supination. Die Epicondylitis humeri radialis wird vielfach auch als Tennisellenbogen bezeichnet (Major 1883).
Definition
Ätiologie. Betroffen ist primär der Ursprung des M. extensor carpi radialis
Ätiologie. Verschiedene Theorien existieren zur Ursache: traumatische Periostitis, Arthritis, Synovitis, Läsion oder Fibrositis des Ursprungs der Extensoren des Unterarmes, des M. pronator teres, des M. extensor carpi radialis longus sowie des M. extensor carpi radialis brevis.
Symptome und Diagnose. Die Patienten klagen über einen Druckschmerz im Bereich des Insertionsgebietes der Extensoren am Epikondylus über dem Radiusköpfchen, dem Lig. anulare radii, im Insertionsgebiet des M. supinator. Gegen Widerstand und bei Pronation ist die Extension der Hand schmerzhaft.
Symptome und Diagnose. Es findet sich ein Druckschmerz im Bereich des Epicondylus radialis. Die Extension der Hand gegen Widerstand und bei Pronation ist schmerzhaft.
Therapie. Konservative Möglichkeiten sind nichtsteroidale Antiphlogistika,
Therapie. Konservative Möglichkeiten sind: nichtsteroidale Antiphlogistika, Kryotherapie. Operativ wird die Denervierung und Muskeleinkerbung empfohlen.
brevis bzw. die Vorderseite des M. extensor digitorum communis und die tiefe Schicht des M. extensor carpi radialis longus. Verschiedene Theorien existieren zur Ursache: traumatische Periostitis, Arthritis, Synovitis, Läsion oder Fibrositis des Ursprungs der Extensoren des Unterarmes, des M. pronator teres, des M. extensor carpi radialis longus sowie des M. extensor carpi radialis brevis.
Epikondylitisspangen bzw. -bandagen, Kryotherapie, evtl. Ruhigstellung. In der operativen Behandlung hat sich die Kombination einer Denervierung nach Wilhelm und Muskeleinkerbung nach Homann bewährt.
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27 Traumatologie
Olekranonfraktur
Olekranonfraktur
Pathogenese. Die Frakturen entstehen durch direkten Sturz auf das gebeugte Ellenbogengelenk oder einen gewaltsamen Schlag auf den Ellenhaken.
Pathogenese. 10 % aller Frakturen am Arm betreffen das Olekranon. Die
Klassifikation. Die Olekranonfrakturen gehören in der Gruppe der proximalen Unterarmfrakturen zur Gruppe B1 (nach AO-Klassifikation, s. S. 1070 ff.).
Klassifikation. Die Olekranonfrakturen gehören in der Gruppe der proxi-
Frakturen entstehen durch direkten Sturz auf das gebeugte Ellenbogengelenk oder einen gewaltsamen Schlag auf den Ellenhaken. Als Folge einer reflektorischen Kontraktion des M. triceps brachii kann zusätzlich eine weitere Dislokation des abgesprengten Fragmentes eintreten. Aufgrund des nur dünnen Weichteilmantels sind Abschürfungen und Prellmarken häufig.
malen Unterarmfrakturen zur Gruppe B1 (nach AO-Klassifikation, s. S. 1070 ff.).
1 B-27.68
Olekranonfraktur Röntgenbild des rechten Ellenbogens seitlich: proximale Trümmerfraktur der Ulna mit Abriss des Olekranons, Subluxationsstellung im Humeroulnargelenk und Impression des Radiusköpfchens.
Symptome und Diagnose. Bei den verschobenen Olekranonfrakturen ist die Diastase unter der Haut palpabel. Die Röntgenaufnahme sichert die Diagnose ( 1 B-27.68).
Symptome und Diagnose. Bei den verschobenen Olekranonfrakturen ist
Therapie. Die konservative Behandlung ist nur bei unverschobenen Brüchen angezeigt, ansonsten erfolgt eine Zuggurtungsosteosynthese bei dislozierten Frakturen ( 1 B-27.69).
Therapie. Die konservative Behandlung ist nur bei unverschobenen Brüchen
die Diastase unter der Haut palpabel. Häufig findet sich eine erhebliche Schwellung und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Die Röntgenaufnahme sichert die Diagnose ( 1 B-27.68).
angezeigt. Frakturen mit Dislokation heilen unter konservativer Behandlung nicht aus. Das Verfahren der Wahl ist die Zuggurtungsosteosynthese mit 2 parallel eingeführten, in der Gegenkortikalis sicher verankerten Drähten und einer Zuggurtung ( 1 B-27.69). Gelegentlich ist die Kombination mit einer Schraubenosteosynthese (Schrägfraktur) oder Plattenosteosynthese bei Trümmerbrüchen indiziert.
1 B-27.69
Therapiemöglichkeit der Olekranonfraktur
a Röntgenbild des rechten Ellenbogens b Versorgung mittels Zuggurtungsbei Abrissfraktur des Olekranons. osteosynthese.
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27.2.2 Ellenbogengelenk und Unterarm
Komplikationen. Bewegungseinschränkung sowie periartikuläre Ossifikationen können ebenso wie eine Pseudarthrose oder Weichteilirritationen durch subkutane Drähte postoperativ eintreten.
Komplikationen. Bewegungseinschränkung, periartikuläre Ossifikationen, Pseudarthrose und Weichteilirritationen.
Radiusköpfchenfraktur
Radiusköpfchenfraktur
Pathogenese. Beim Sturz auf die ausgestreckte Hand werden 60 % der auf-
Pathogenese. Maßgebend für den Verletzungstyp sind folgende Punkte: π Radiusköpfchenführung π unterschiedliche Radien π exzentrische Druckbelastung π direkte Kraftübertragung π Rotations-/Scherkraft der Bizepssehne π Kerbwirkung.
genommenen Energie über den Radius auf das Capitulum humeri übertragen und 40 % über die Ulna geleitet. Maßgebend für den Verletzungstyp sind folgende Punkte: π die Führung des Radiusköpfchens durch den osteofibrösen Ring aus Lig. anulare und Incisura radialis ulnae π die unterschiedlichen Radien von Capitulum humeri und Radiusköpfchen π die exzentrische, punktuelle Druckbelastung des Radiusköpfchens in Pronation und Supination π die direkte Kraftübertragung von der Hand über den Radius auf das Capitulum humeri π die Rotations- und Scherkraft der Bizepssehne (Radiushalsfraktur) π die Kerbwirkung durch die Verjüngung des Radiushalses. Der typische Verletzungsmechanismus ist der Sturz auf die Hand bei gestrecktem Ellenbogen. Je nach Stellung (Pronation oder Supination) entstehen die typischen Bruchformen.
Der typische Verletzungsmechanismus ist der Sturz auf die Hand bei gestrecktem Ellenbogen. Je nach Stellung (Pronation oder Supination) entstehen die typischen Bruchformen.
Klassifikation. Nach der AO-Einteilung gehören die Radiusköpfchenfrakturen zur Gruppe B2. Nach Mason erfolgt die Einteilung in 3 Gruppen: Gruppe I: Randabbrüche und Meißelfrakturen (Spaltbrüche) ohne Verschiebung Gruppe II: Meißelfrakturen mit Dislokation > 2 mm Gruppe III: Mehrfragment- und Trümmerfrakturen.
Klassifikation. Nach der AO-Einteilung gehören die Radiusköpfchenfrakturen zur Gruppe B2. Nach Mason erfolgt die Einteilung in 3 Gruppen.
Symptome. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung (Hämarthros) und
Symptome. Hämarthros, Bewegungseinschränkung und Druckschmerz sind typisch.
Diagnose. Neben den Standardaufnahmen, Ellenbogen in 2 Ebenen
Diagnose. Ellenbogengelenk in 2 Ebenen ( 1 B-27.70) und Spezialaufnahme nach Norman und Greenspan.
Druckschmerz an der Lateralseite des Ellenbogengelenkes sind typisch, ebenso wie der Schmerz ulnarseitig in Folge des Abduktionsmechanismus. ( 1 B-27.70), hat sich die spezielle Einstellung nach Norman und Greenspan bewährt (Schrägposition lateromedial).
1 B-27.70
Meißelfraktur des Radiusköpfchens (Mason II)
Therapie. Undislozierte Frakturen und Brüche mit Gelenkstufen < 2 mm
können nach Punktion des Gelenkes durch eine kurzfristige Gipsruhigstellung behandelt werden. Nach 5–8 Tagen kann dann eine funktionelle Thera-
Therapie. Bei unverschobenen Brüchen und Frakturen mit Gelenkstufen < 2 mm erfolgt eine kurzfristige Ruhigstellung
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1148 und funktionelle Behandlung. Die übrigen Brüche werden operativ behandelt ( 1 B-27.71). Bei Mehrfragment- und Trümmerbrüchen erfolgt eine primäre Radiusköpfchenresektion.
27 Traumatologie pie durchgeführt werden. Starke dislozierte Frakturen werden durch kleine Schrauben, Drähte oder resorbierbare Stifte nach Reposition stabilisiert ( 1 B-27.71). Bei Mehrfragment- und Trümmerbrüchen wird wegen der besseren funktionellen Ergebnisse eine primäre Radiusköpfchenresektion durchgeführt.
1 B-27.71
Radiusköpfchenosteosynthese Radiusköpfchenfraktur, die mit 2 Schrauben versorgt wurde.
Komplikationen. Bewegungseinschränkung, periartikuläre Verkalkungen und N.-radialis-Schädigung.
Komplikationen. Bewegungseinschränkung und periartikuläre Verkalkun-
Radiushalsfraktur
Radiushalsfraktur
Pathogenese. Neben den dislozierten und undislozierten Radiushalsfrakturen des Erwachsenen treten Radiushalsfrakturen wesentlich häufiger bei Kindern auf. Da die Blutversorgung des Radiusköpfchens über die Gelenkkapsel und periostalen Gefäße verläuft, können Radiushalsfrakturen zu Umbaustörungen des Radiushalses und Radiusköpfchens führen.
Pathogenese. Neben den dislozierten und undislozierten Radiushalsfraktu-
Klassifikation. Nach der AO-Klassifikation gehören die Radiushalsfrakturen zu den A2-Frakturen. Die kindlichen Frakturen werden nach Judet in Grad 1–4 eingeteilt ( 1 B-27.72).
Klassifikation. Nach der AO-Klassifikation gehören die Radiushalsfrakturen
Symptome und Diagnose. Druckschmerz, Schwellung und Bewegungseinschränkungen. Röntgenuntersuchung. Therapie. Dislozierte Radiushalsfrakturen mit Trümmerzone bei Erwachsenen werden reseziert.
gen können ebenso wie eine N.-radialis-Schädigung postoperativ eintreten.
ren des Erwachsenen treten Radiushalsfrakturen wesentlich häufiger bei Kindern auf. Bei Brüchen des Radiushalses kippt das Kopffragment wegen des physiologischen Valgusknickes immer nach lateral. Die Wachstumsfuge ist zumeist nicht tangiert. Da die Blutversorgung des Radiusköpfchens über die Gelenkkapsel und periostalen Gefäße verläuft, können Radiushalsfrakturen zu Umbaustörungen des Radiushalses und Radiusköpfchens mit leichter Verkürzung des proximalen Radiusendes und geringer Valgisierung führen.
zu den A2-Frakturen. Die kindlichen Frakturen werden nach Judet eingeteilt: Grad 1: keine oder geringe Dislokation, keine oder geringe Abkippung π Grad 2: Dislokation um 1⁄2 Schaftbreite, Kippung um 30 Ω, Periost teilweise zerrissen π Grad 3: stärkere Dislokation, Kippung zwischen 30–60 Ω ( 1 B-27.72 a ) π Grad 4: vollständige Dislokation, Kippung zwischen 60 und 90 Ω, Zerreißung des Lig. anulare ( 1 B-27.72 b). Bei den Epiphysenfrakturen dominieren die Formen 1 und 2 nach Salter/ Harris, gefolgt von transepiphysialen Frakturen der Form 4 mit unterschiedlichen Dislokationsgraden. π
Symptome und Diagnose. Druckschmerz, Schwellung und Bewegungsein-
schränkungen sind festzustellen. Die Diagnose wird radiologisch gesichert.
Therapie. Dislozierte Radiushalsfrakturen mit Trümmerzone bei Erwachsenen werden reseziert.
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27.2.2 Ellenbogengelenk und Unterarm
1 B-27.72
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Kindliche Radiushalsfrakturen
b Radiushalsfraktur.
a Radiushalsfraktur mit begleitender Ulnafraktur.
Kindliche Radiushalsfrakturen werden in Supination, Streckstellung und Varisation durch Daumendruck oder mit Hilfe eines perkutan eingebrachten K-Drahtes ( 1 B-27.73) reponiert und für 10–14 Tage im Oberarmgipsverband ruhiggestellt. Bei Instabilität ist u.U. eine offene Osteosynthese notwendig.
1 B-27.73
Osteosynthese einer kindlichen Radiushalsfraktur
Kindliche Radiushalsfrakturen werden in Supination, Streckstellung und Varisation durch Daumendruck oder mit Hilfe eines perkutan eingebrachten K-Drahtes ( 1 B-27.73) reponiert und für 10–14 Tage im Oberarmgipsverband ruhiggestellt. Bei Instabilität ist u.U. eine offene Osteosynthese mit U-Drähten notwendig.
Radiushalsfraktur, die nach Reposition mit einem KirschnerDraht (K-Draht) versorgt wurde.
Komplikationen. Häufigste Komplikationen sind die avaskuläre Nekrose und periartikuläre Verkalkungen.
Komplikationen. Häufigste Komplikationen sind die avaskuläre Nekrose und periartikuläre Verkalkungen.
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27 Traumatologie
Unterarmschaftfraktur
Unterarmschaftfraktur
Anatomie. Der Unterarmschaft besitzt mehrere knöcherne, muskuläre und ligamentäre Besonderheiten: π Der Radius weist in beiden Ebenen eine Krümmung von jeweils 10 Ω auf. π Der Gesamtquerschnitt von Radius und Ulna ist in fast allen Bereichen gleich. π Radius und Ulna sind durch 3 Muskeln miteinander verbunden. π Die Bandverbindung von Radius und Ulna ist in jeder Rotationsbewegung teilweise angespannt, sodass eine Parallelverschiebung von Radius und Ulna verhindert wird. Pathogenese. Komplette Unterarmschaftfrakturen (Radius und Ulna) entstehen durch direkte Krafteinwirkung. Klassifikation. Entsprechend der AO-Einteilung werden A-Frakturen (einfache Frakturen), B-Frakturen (Frakturen mit einem Keil) sowie die C-Frakturen (komplexe Frakturen) unterschieden. Symptome und Diagnose. Schmerz, Schwellung und Bewegungseinschränkung.
Anatomie. Der Unterarmschaft besitzt mehrere knöcherne, muskuläre und ligamentäre Besonderheiten: π Der Radius weist in beiden Ebenen eine Krümmung von jeweils 10Ω auf. π Der Gesamtquerschnitt von Radius und Ulna ist in fast allen Bereichen gleich. Proximal ist die Ulna als Hauptdruckaufnehmer des Oberarmes stark ausgebildet, distal hat der Radius seinen größten Durchmesser. π Radius und Ulna sind durch 3 Muskeln miteinander verbunden: M. pronator teres, M. supinator, M. pronator quadratus. π Die Bandverbindung von Radius und Ulna ist in jeder Rotationsbewegung teilweise angespannt, sodass eine Parallelverschiebung von Radius und Ulna verhindert wird.
Merke
Therapie. Die konservative Behandlung wird nur bei den kindlichen Frakturen, den unverschobenen Brüchen sowie den wenig dislozierten distalen Ulnafrakturen durchgeführt. Nach der Reposition der Fraktur erfolgt die Ruhigstellung im Oberarmgips für 4–6 Wochen.
π Operative Therapie: Dislozierte Frakturen im Kindesalter können gelegentlich durch eine gedeckte Markraumdrahtung geschient werden. Im Erwachsenenalter stellt die Plattenosteosynthese das geeignete Osteosyntheseverfahren dar ( 1 B-27.74 b).
Postoperativ werden die stabil versorgten Unterarmschaftfrakturen funktionell behandelt. Komplikationen. Häufigste Komplikationen sind Infektionen und Pseudarthrosen.
Pathogenese. Sowohl komplette Unterarmschaftfrakturen als auch isolierte Schaftbrüche von Radius und Ulna entstehen durch direkte Krafteinwirkung. Sie werden auch als Parierfrakturen bezeichnet.
Klassifikation. Entsprechend der AO-Einteilung werden A-Frakturen (einfache Querbrüche von Radius oder Ulna), B-Frakturen (Keilfrakturen) und C-Frakturen (Segment- oder Mehrfragment- bzw. Trümmerbrüche eines oder beider Unterarmknochen) unterschieden. Symptome und Diagnose. Schmerz, Schwellung und Bewegungseinschränkung (cave: Kompartmentsyndrom) sind festzustellen.
n Merke. Die röntgenologische Untersuchung muss immer das Handgelenk und das Ellenbogengelenk wegen möglicher Luxationsfrakturen einschließen.
Therapie. Die konservative Behandlung wird nur bei den kindlichen Fraktu-
ren, den unverschobenen Brüchen sowie den wenig dislozierten distalen Ulnafrakturen durchgeführt. Die Reposition bei den kindlichen Frakturen erfolgt in Vertikalextension. Der verengte Zwischenknochenraum wird zunächst mit beiden Daumen auseinander gedrückt und dann beide Unterarmknochen durch Druck und Gegendruck reponiert. Ruhigstellung im Oberarmgips für 4–6 Wochen. Mit einem Unterarmbrace werden unverschobene wie auch bis zur halben Schaftbreite verschobene Ellenbrüche im mittleren und distalen Drittel ruhiggestellt. Bei einer derartigen Dislokation ist die Membrana interossa intakt und das Periost nur minimal eingerissen. π Operative Therapie: Dislozierte Frakturen im Kindesalter können gelegentlich durch eine gedeckte Markraumdrahtung geschient werden. Im Erwachsenenalter stellt die Plattenosteosynthese das geeignete Osteosyntheseverfahren dar ( 1 B-27.74 b). Bei weit offenen Frakturen kann primär mit einem Fixateur ruhiggestellt werden. Wegen der funktionellen Nachbehandlung ist eine sekundäre Plattenosteosynthese im Sinne eines Verfahrenswechsels empfehlenswert. Postoperativ werden die stabil versorgten Unterarmschaftfrakturen funktionell behandelt. Dadurch wird eine Bewegungseinschränkung durch Vernarbung im Bereich der Membrana interossea vermieden.
Komplikationen. Häufigste Komplikationen sind Infektionen und Pseudarthrosen. Die Refraktur findet sich nur bei zu früher Metallentfernung (vor dem 18. Monat). Brückenkallusbildung, die auch nach konservativer Behandlung auftreten kann, Anlagerung von Spongiosa auf der Membrana interossea und schwere Weichteiltraumen können zu einer Behinderung von Pro- und Supination führen.
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27.2.2 Ellenbogengelenk und Unterarm
1 B-27.74
Unterarmschaftfraktur
b Zustand nach Plattenosteosynthese der Unterarmfraktur an Radius und Ulna.
a Röntgen linker Unterarm in 2 Ebenen: Unterarmschaftfraktur mit Dislokation der Frakturfragmente jeweils um Schaftbreite.
Unterarmluxationsfrakturen
Unterarmluxationsfrakturen
Monteggia-Verletzung
Monteggia-Verletzung
n Definition. Die Merkmale einer Monteggia-Verletzung sind die Ulnafraktur und die Sprengung des proximalen Radioulnargelenkes mit Luxation des Radiusköpfchens. Etwa 10 % der Ulnafrakturen sind von einer Radiusköpfchenluxation begleitet.
Pathogenese. Die Fraktur entsteht bei Kindern immer durch Sturz auf den
im Ellenbogen extendierten und im Unterarm pronierten Arm. Es kommt zu einer Fraktur des Ellenschaftes und durch die über die Membrana interossea und das Lig. anulare bis in den Bereich der Gelenkkapsel verlaufende Zerreißung zu einer Luxation des Speichenköpfchens.
Klassifikation. Die häufigste Form (60–80 %) zeigt eine volare Luxation des Radiusköpfchens. In 10–20 % ist das Radiusköpfchen nach dorsal luxiert. In etwa 15 % liegt eine laterale Verrenkung vor. Diagnose. Monteggia-Verletzungen werden häufig übersehen, da röntgenologisch nur die Ulnafraktur dargestellt wird.
n Merke. Bei jeder Ulnafraktur ist eine Röntgenaufnahme des Ellbogen- und Handgelenkes in 2 Ebenen unerlässlich ( 1 B-27.75 a).
Definition
Pathogenese. Die Fraktur entsteht bei Kindern immer durch den Sturz auf den im Ellenbogen extendierten und im Unterarm pronierten Arm.
Klassifikation volare Luxation (60–80 %) π dorsale Luxation (10–20 %) π laterale Luxation (15 %). Diagnose. Röntgenaufnahme des Unterarms in 2 Ebenen. π
Merke
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1152 Therapie. Konservative Behandlung bei kindlichen Monteggia-Läsionen nach erfolgreicher Reposition unter engmaschiger Röntgenkontrolle möglich. Operative Behandlung bei dislozierten Monteggia-Verletzungen des Erwachsenen (Plattenosteosynthese) ( 1 B-27.75 b) und bei nicht reponierbaren Verletzungen.
Komplikationen. Brückenkallusbildung, ektope Verkalkungen, Pseudarthrose.
27 Traumatologie
Therapie. Konservativ versorgt werden können gelegentlich kindliche Mon-
teggia-Läsionen, bei denen nach Reposition der Ulna die Reposition des Radiusköpfchens gelingt. Eine engmaschige röntgenologische Kontrolle zur Dokumentation des Retentionsergebnisses ist unerlässlich. Operiert werden sollten alle Monteggia-Verletzungen bei Erwachsenen und die kindlichen, konservativ nicht reponierbaren oder retinierbaren Verletzungen. Nach korrekter Reposition und Stabilisation mittels Plattenosteosynthese ( 1 B-27.75 b) stellt sich das Radiusköpfchen zumeist wieder in seine Position ein.
Komplikationen. Brückenkallusbildung, ektope Verkalkungen im Bereich des Ellenbogengelenkes, Pseudarthrose.
1 B-27.75
Monteggia-Verletzung
a Ulnaschaftfraktur mit Luxation des Radiusköpfchens a.p. und seitlich.
Galeazzi-Verletzung Definition
b Zustand nach Plattenosteosynthese der Ulna mit korrekter Gelenkstellung.
Galeazzi-Verletzung n Definition. Das Charakteristikum dieser Verletzung besteht in einer Radiusschaftfraktur des distalen Drittels und einer Luxation im distalen Radioulnargelenk.
Pathogenese. Die Ursache besteht zumeist in einem Sturz auf die Hand mit Fraktur des distalen Radius und Dislokation im distalen Radioulnargelenk.
Pathogenese. Die Ursache besteht zumeist in einem Sturz auf die Hand mit Fraktur des distalen Radius und Dislokation im distalen Radioulnargelenk, evtl. mit einem Abriss des Proc. styloideus ulnae. Die Inzidenz liegt bei 6 % der Unterarmfrakturen.
Diagnose. Röntgenaufnahmen des Unterarmes mit Handgelenk in 2 Ebenen ( 1 B-27.76).
Diagnose. Neben den typischen Frakturzeichen ergibt das Röntgenbild mit dem Handgelenk in 2 Ebenen die korrekte Diagnose ( 1 B-27.76).
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1153
27.2.2 Ellenbogengelenk und Unterarm
1 B-27.76
Galeazzi-Verletzung
Distale Radiusschaftfraktur und Luxation des distalen Radioulnargelenkes (a.p. und seitlich).
Therapie. Die Galeazzi-Verletzung wird operativ stabilisiert. Die korrekte
Therapie. Die Galeazzi-Verletzung wird operativ stabilisiert. Kindliche Frakturen können u.U. konservativ behandelt werden.
Distale Radiusfraktur
Distale Radiusfraktur
Pathogenese. Die distale Radiusfraktur stellt die häufigste Fraktur dar. Die
Pathogenese. Die distale Radiusfraktur ist die häufigste Fraktur. Die CollesFraktur (Radiusextensionsfraktur »loco typico«) entsteht zumeist durch Sturz auf die dorsal extendierte Hand. Die Smith-Fraktur ist eine Flexionsfraktur. Klassifikation. Unterschieden werden extraartikuläre A-Frakturen, einfache intraartikuläre B-Frakturen und mehrfragmentäre C-Frakturen.
Länge des Radius führt überwiegend auch zur Reposition im distalen Radioulnargelenk. Kindliche Frakturen können u.U. bei exakter Reposition konservativ behandelt werden.
Colles-Fraktur (Radiusextensionsfraktur »loco typico«) entsteht zumeist durch Sturz auf die dorsal extendierte Hand. Die Stellung des Handgelenkes im Moment der Krafteinwirkung ist entscheidend für den Frakturverlauf. Die Smith-Fraktur ist eine Flexionsfraktur.
Klassifikation. Unterschieden werden die extraartikulären A-Frakturen, die Gruppe B umfasst die einfachen, intraartikulären Radiusbrüche mit teilweise erhaltener Verbindung zwischen Epi- und Metaphyse. Unter den C-Frakturen werden intraartikuläre Mehrfragmentsbrüche des distalen Unterarmes zusammengefasst. Symptome und Diagnose. Die typische Fehlstellung mit Frakturdislokation
nach radial (Bajonett-Stellung) und zur Streckseite (Fourchette-Stellung),
Symptome und Diagnose. Man erkennt die typische Fehlstellung (Bajonett- und Fourchettestellung).
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27 Traumatologie
Röntgenaufnahmen des Handgelenkes beweisen die Fraktur ( 1 B-27.77).
1 B-27.77
der Druckschmerz, die Schwellung und die Röntgenaufnahmen des Handgelenkes in 2 Ebenen beweisen das Vorliegen einer distalen Radiusfraktur ( 1 B-27.77).
Distale Radiusfrakturen
a a.p. Aufnahme. a–c: Distale Radiusfraktur loco typico mit streckseitiger Dislokation im Sinne einer Colles-Fraktur. b Seitliche Projektion.
c Schrägaufnahme (fakultativ).
d a.p. Aufnahme.
e Seitliche Projektion.
d–e: Distale Radiusfraktur mit Dislokation nach volar im Sinne einer SmithFraktur mit Einstauchung des distalen Radiusfragmentes und leichter Bajonettfehlstellung ( Á).
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27.2.2 Ellenbogengelenk und Unterarm
Therapie. Die folgenden Charakteristika bestimmen die Therapie: π
π
π
π
Grad der Dislokation und Einstauchung: Der nach Reposition verbleibende Spongiosadefekt führt nach Reposition zur Instabilität und Redislokation. Begleitende Bandverletzungen: In 50 % kommt es zum Abriss des Processus styloideus ulnae. Intraartikulärer Frakturverlauf: mit einem häufig eingestauchten dorsoulnaren oder volar-ulnaren Fragment. Richtung der Dislokation: Nach volar verschobene Brüche benötigen immer eine operative Abstützung des peripheren Fragmentes.
Konservative Behandlung: Die Reposition erfolgt zumeist in Bruchspaltanästhesie. Dabei werden zur Schmerzausschaltung 10 ml eines Lokalanästhetikums von dorsal in den Bruchspalt injiziert. Die Reposition erfolgt zumeist in Vertikalextension, die über sog. »Mädchenfänger« am Daumen sowie zur Rotationssicherung am 2. und 4. Finger befestigt werden. Das Extensionsgewicht beträgt etwa 2–3 kg. Die manuelle Reposition umfasst 2 Schritte: 1. Beseitigung der Dislokation nach radial durch verstärkten Zug am Mittelhandknochen und Kippung nach ulnar. 2. Beseitigung der Dislokation nach dorsal. Die Ruhigstellung erfolgt mit einer dorso-volaren Gipsschiene, die sich proximal der Fingergrundgelenke bis unterhalb des Ellenbogens erstreckt und durch eine 3-Punkte-Abstützung die Retention der Fraktur ermöglicht.
Therapie. Die Therapie wird bestimmt von: π Grad der Dislokation und Einstauchung π begleitenden Bandverletzungen π intraartikulärem Frakturverlauf π Richtung der Dislokation.
Konservative Behandlung: Die Reposition erfolgt in Bruchspaltanästhesie und in Vertikalextension über sog. »Mädchenfänger«, die an Daumen, 2. und 4. Finger befestigt werden. Die manuelle Reposition umfasst 2 Schritte: 1. Beseitigung der Dislokation nach radial. 2. Beseitigung der Dislokation nach dorsal. Ruhigstellung mit dorso-volarer Gipsschiene.
n Merke. Wegen der Dislokationsgefahr sind engmaschige Röntgenkontrollen nach 48 Stunden, 1, 2 und schließlich 4 Wochen erforderlich.
Merke
Operative Therapie: Die Indikationen für eine operative Frakturbehandlung sind neben den Frakturen mit volaren Dislokationen (Smith-Frakturen), Frakturen mit starker Verkürzung und erheblicher dorsaler Verschiebung sowie die intra- und metaphysären Trümmerbrüche. Brüche mit einer volaren Verschiebung werden durch eine Abstützplatte von volar operativ versorgt ( 1 B-27.78 b). Brüche mit erheblicher dorsaler Dislokation > 15Ω im seitlichen Röntgenbild werden mit Hilfe einer K-Draht-Fixation stabilisiert ( 1 B-27.78 a). Intraartikuläre Trümmerbrüche können durch Fixateur externe und zusätzliche K-Draht-Fixation retiniert werden ( 1 B-27.78 c).
Operative Therapie: Sie erfolgt bei einer volaren Verschiebung mittels Abstützplatte ( 1 B-27.78 b), bei einer dorsalen Verschiebung mittels K-DrahtFixation ( 1 B-27.78 a) und bei intraartikulären Trümmerbrüchen mittels Fixateur externe ( 1 B-27.78 c).
Komplikationen
Komplikationen. Verbleibende Fehlstellung, Karpaltunnelsyndrom, radioulnare Inkongruenz oder Ruptur der langen Daumenstrecksehne möglich.
π π π π
verbleibende Fehlstellung führt zur posttraumatischen Arthrose Karpaltunnelsyndrom radioulnare Inkongruenz (Ulnavorschub, Ulnafehlstellung) Rupturen der langen Daumenstrecksehne; diese ist unabhängig vom Grad der primären Dislokation und entsteht sekundär über eine vaskuläre Minderversorgung.
Kindliche distale Unterarmfrakturen Im distalen Vorderarmbereich unterscheiden wir folgende Frakturen: π Grünholzfraktur des diametaphysären Übergangs eines oder beider Knochen π metaphysärer Stauchungsbruch π metaphysärer Biegungsbruch π Epiphysenlösung des distalen Radius mit und ohne metaphysären Keil. Sie stellen die häufigsten Verletzungen der oberen Extremität dar. Im distalen Unterarmbereich besteht eine hohe Wachstumspotenz, sodass Spontankorrekturen von Seit-zu-Seit-Verschiebungen bis zur vollen Schaftbreite und von Abkippungen in der Frontal- und Sagittalebene bis 40–50Ω möglich sind.
Therapie. Mit Ausnahme weniger Epiphysenfrakturen ist die Behandlung konservativ, wobei die Reposition nach Möglichkeit in Allgemeinnarkose durchgeführt werden sollte. Die Ruhigstellung im Gipsverband beträgt 3–4 Wochen.
Kindliche distale Unterarmfrakturen Unterschieden werden: Grünholzfraktur π metaphysärer Stauchungsbruch π metaphysärer Biegungsbruch π Epiphysenlösung des distalen Radius. Sie stellen die häufigsten Verletzungen der oberen Extremität dar. Im distalen Unterarmbereich besteht eine hohe Wachstumspotenz, sodass Spontankorrekturen von Seit-zu-Seit-Verschiebungen bis zur vollen Schaftbreite und von Abkippungen in der Frontal- und Sagittalebene bis 40–50 % möglich sind. Therapie. Mit Ausnahme weniger Epiphysenfrakturen ist die Behandlung konservativ. π
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27 Traumatologie
1 B-27.78
Therapie der distalen Radiusfrakturen
a Perkutane Spickung einer CollesFraktur (a.p. Aufnahme).
b Plattenosteosynthese einer Smith-Fraktur (a.p. und seitliche Projektion).
c Fixateur externe bei distaler Radiustrümmerfraktur (a.p. und seitliche Projektion).
27.2.3
Handgelenk und Hand (s. Kap. B-28)
27.2.3
Handgelenk und Hand (s. Kap. B-28)
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27.2.4 Wirbelsäule 27.2.4
Wirbelsäule
27.2.4 Wirbelsäule
Grundlagen
Grundlagen
Anatomie
Anatomie
Die statische Funktion der Wirbelsäule als Stützorgan und die beachtliche Beweglichkeit wird gewährleistet durch die Kombination von starren und beweglichen Bauelementen. Während die Hals- und die Lendenwirbelsäule sich durch eine gute Beweglichkeit auszeichnen, ist der Abschnitt Th1–Th10 durch die Verbindung mit dem Rippenthorax verhältnismäßig starr. Als Bewegungssegment der Wirbelsäule wird die kleinste Bewegungseinheit bezeichnet, welche aus 2 benachbarten Wirbelkörpern, der dazwischen liegenden Bandscheibe sowie dem Band- und Muskelapparat und den vaskulären und zentralnervösen Elementen besteht. Die Halswirbelsäule (HWS) bildet in anatomisch aufrechter Stellung eine Lordose. Als einzig tastbare Elemente liegen unter der Haut die Dornfortsätze, die von C2–C6 zweigeteilt sind. C7 weist meistens einen ungeteilten Dornfortsatz auf, der auch Vertebra prominens genannt wird. Der Atlas (C1) besitzt lediglich ein dorsales Tuberculum, der Axis (C2) den ventral gelegenen Dens axis ( 1 B-27.79).
Die Beweglichkeit ist am größten in der HWS und am geringsten in der BWS.
1 B-27.79
Als Bewegungssegment der Wirbelsäule wird die kleinste Bewegungseinheit bezeichnet, welche aus benachbarten Wirbelkörpern, der dazwischen liegenden Bandscheibe sowie dem Band- und Muskelapparat und den vaskulären und zentralvenösen Elementen besteht. Die HWS bildet eine Lordose. C1 wird Atlas, C2 Axis und C7 auch Vertebra prominens genannt ( 1 B-27.79).
Synopsis Anatomie der Halswirbelkörper
Dens axis
a Anatomische Lagebeziehungen zwischen 1. (Atlas C1) und 2. (Axis C2) Halswirbelkörper
Atlas
b Axis: Ventralansicht
c 5. HWK: Kranialansicht
Processus spinosus Dens axis
Facies articularis anterior dentis Processus articularis superior
Processus transversus Processus articularis inferior Corpus axis
Arcus vertebralis
Foramen vertebrale
Processus articularis superior
Foramen transversarium
Tuberculum posterius
Sulcus nervi spinalis Corpus vertebrae
Die Wirbelkörper zeigen in der Aufsicht im Halsgebiet rechteckige, im Brustbereich halbrunde und im Lendengebiet nierenförmige Konfigurationen. Die Querfortsätze entstehen im Halsgebiet aus der dorsal gelegenen eigentlichen Querfortsatzanlage und der rudimentären Rippenanlage. Sie schließen als dünne Wände das Foramen transversarium ein und laufen seitlich in das Tuberculum anterius und posterius aus. Im Brustgebiet sind die Querfortsätze nach hinten gerichtet. Im Lendengebiet bilden die Querfortsatzanlagen nur die sehr variabel ausgebildeten Processus accessorii, während die eigentlichen Querfortsätze von den Rippenanlagen ausgehen. Die Gelenkflächen der kleinen Wirbelgelenke zeigen im Bereich der Halswirbelsäule eine um 30–35Ω zur Horizontalebene gekippte, ovoide Gelenkachse. Im Bereich der Brustwirbelsäule stehen die Gelenkflächen annähernd transversal mit einer durchschnittlichen Kippung zur Diskusebene von 65Ω und an der Lendenwirbelsäule annähernd sagittal ungefähr 90Ω gekippt.
Tuberculum anterius
Die Wirbelkörper zeigen in der Aufsicht im Halsgebiet rechteckige, im Brustgebiet halbrunde und im Lendengebiet nierenförmige Konfigurationen.
Die Wirbelkörper sowie -fortsätze sind durch straffe Ligamente verbunden: Ligg. longitudinalia anterius und posterius, Ligg. interspinalia und supraspinalia und Ligg. flava.
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27 Traumatologie
Die Bandscheiben bestehen aus dem Faserring (Anulus fibrosus) und dem Gallertkern (Nucleus pulposus) und garantieren die elastische Widerstandsfähigkeit der Wirbelsäule.
Die Bandscheiben bestehen aus dem Faserring (Anulus fibrosus) und dem Gallertkern (Nucleus pulposus). Während der Faserring aus zwiebelschalenartig geschichteten Lamellen von Kollagenfasern besteht, die als SharpeyFasern in die Knochen der Randleiste einstrahlen, wirkt der Gallertkern als inkompressibles Wasserkissen, das die Kollagenfasern des Anulus fibrosus spannt. Die Bandscheiben garantieren auf diese Art die elastische Widerstandsfähigkeit der Wirbelsäule.
Biomechanik
Biomechanik
Für jedes Bewegungssegment ist eine Bewegung in 6 Freiheitsgraden möglich, in der sagittalen, frontalen und transversalen Ebene als translatorische Verschiebung entlang einer Achse sowie als rotatorische Drehung um eine Achse.
Die Wirbelkörper können sich gegeneinander in der sagittalen, der frontalen und der transversalen Ebene als translatorische Verschiebungen entlang einer Achse sowie als rotatorische Drehungen um eine Achse bewegen. Damit ist jedes Bewegungssegment ein Gelenk mit 6 Freiheitsgraden. Meistens handelt es sich um Kombinationsbewegungen, die zu enormen Druck-, Zug- und Schubkräften führen. Die Druckfestigkeit eines gesunden knochennormalen Wirbelkörpers beträgt zwischen 1,1 und 14,2 N/mm2. Die Druckfestigkeit der Wirbelkörper – Bandscheibeneinheit bei normalem Diskus – beträgt etwa 3,0 N/mm2. Die Druckfestigkeit der Wirbelkörper nimmt von C1 nach L5 hin zu. Bei mittleren Altersstufen beträgt die Druckfestigkeit an der Halswirbelsäule 2,8 kN, an der Brustwirbelsäule 4,2 kN und 5,7 kN an der Lendenwirbelsäule. Die entsprechenden Werte für die Bandscheibe betragen 3,2 kN, 8,0 kN und 15,0 kN.
Die Druckfestigkeit der Wirbelkörper nimmt von C1 nach L5 hin zu.
Unfallmechanismus
Unfallmechanismus
Die häufigsten Unfallmechanismen sind die Distraktion und Flexion sowie die kombinierten Rotationsverletzungen.
Die häufigsten Verletzungsmechanismen an der Wirbelsäule sind die Distraktion und die Flexion, Kompression/Flexion und Kompression/Extension sowie die kombinierten Rotationsverletzungen. In der beweglichen Halswirbelsäule spielen zusätzlich Rotationsverletzungen, welche häufig mit einer unifacettalen Luxation oder Subluxation mit oder ohne Fraktur einhergehen, eine wichtige Rolle. Die meisten Verletzungen der BWS und LWS entstehen durch axiales Stauchungstrauma, z.B. Fall aus Höhe, Sturz auf das Gesäß, HWS-Verletzungen werden zum großen Teil durch Verkehrsunfälle mit einem Hyperextensionsoder Hyperflexionsmechanismus verursacht.
Die meisten Verletzungen der BWS und LWS entstehen durch axiales Stauchungstrauma, z.B. durch Fall aus Höhe, Sturz auf das Gesäß. HWS-Verletzungen werden zum großen Teil durch Verkehrsunfälle mit einem Hyperextensions- oder Hyperflexionsmechanismus verursacht. Häufigkeit
Häufigkeit
62 % der Frakturen umfassen den thorakolumbalen Übergang Th11–L2.
Frakturen der Halswirbelsäule machen etwa 19 %, der Brustwirbelsäule 36 % und der Lendenwirbelsäule 35 % aller Wirbelfrakturen aus. Unter den Brustund Lendenwirbelsäulenfrakturen umfasst der Abschnitt Th11–L2 mit 62 % aller Frakturen die dominierende Lokalisation.
Behandlungskriterien
Behandlungskriterien
Es gilt der Böhler-Grundsatz: Reposition, Stabilisierung, frühzeitige Mobilisation. Die Erstbehandlung an der Unfallstelle erfolgt unter Längszug, Lagerung mit Halskrawatte und Vakuummatratze. Wichtig ist ein exakter neurologischer Status.
Für die konservative sowie die chirurgische Behandlung gilt in gleicher Weise der Böhler-Grundsatz: Reposition, Stabilisierung, frühzeitige Mobilisation. Die Erstbehandlung an der Unfallstelle erfolgt unter Längszug, Lagerung mit Halskrawatte und Vakuummatratze. An der Unfallstelle und bei der stationären Aufnahme erfolgt ein exakter neurologischer Status, welcher als Ausgangsbasis für den weiteren Verlauf von entscheidender Bedeutung ist.
Untersuchungstechniken
Untersuchungstechniken
Anamnese. Wichtig ist die Kenntnis des Unfallmechanismus. Der Schmerzcharakter gibt wichtige Hinweise auf die zugrunde liegende Verletzung.
Anamnese. Wichtig ist die Kenntnis des Unfallmechanismus, z.B. Kopf-
sprung in seichtes Wasser (Fraktur oder diskoligamentäre Instabilität der HWS), Auffahrunfälle (Beschleunigungsverletzung der HWS), Sturz aus großer Höhe (Fraktur im thorakolumbalen Übergang), frühere Verletzungen
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27.2.4 Wirbelsäule
1159
(Denspseudarthrose). Wichtig ist die Schmerzangabe (Dauer und intermittierender Schmerz bei radikulärer Ursache), Belastungsschmerz bei degenerativen Erkrankungen.
Inspektion. Man achtet auf Hämatome, Zwangshaltung, Gibbusbildung
Inspektion. Hämatome bei Flexions-/ Distraktionsverletzungen, Gibbusbildung bei Frakturen, Hyperlordose bei Spondylolisthesis.
Palpation. Bei der Palpation lassen sich Diastasen zwischen den Dornfortsätzen als Hinweis auf Flexions-/Distraktionsverletzungen erkennen. Fehlstellungen der Wirbelsäule sind erkennbar, wenn das Lot von C7 nicht auf die Sakrummitte fällt. Weiterhin ist auf paravertebrale Verhärtungen der Muskulatur, Schmerz bei Palpation der Querfortsätze und der Muskulatur, Stauchungsschmerz bei Druck auf Kopf oder beide Schultern zu achten.
Palpation. Zu erkennen sind Diastasen zwischen den Dornfortsätzen, Verhärtungen der Muskulatur, Schmerz bei Palpation der Querfortsätze und Muskelansätze, Stauchungsschmerz.
Bewegungsumfang. Im Bereich der HWS werden die Flexion und Extension in Winkelgraden oder als Abstand zwischen Sternum und Kinn gemessen. Darüber hinaus erfolgt die Messung der Seitneigung und Rotation, bei der Brust- und Lendenwirbelsäule wird die Vor- und Rückneigung jeweils im Stehen und in Bauch- bzw. Rückenlage bewertet. Als Maß für die Flexion kann der Fingerspitzen-Boden-Abstand bewertet werden.
Bewegungsumfang. In der HWS werden Flexion, Extension, Seitneigung und Rotation, in der BWS und LWS Flexion und Extension gemessen.
Mit Hilfe des Schober-Zeichens kann die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule ermittelt werden. Der Dornfortsatz S1 wird markiert, ebenso wie ein Punkt 10 cm oberhalb. Bei Vorwärtsneigung verschieben sich die Hautmarken bis zu einer Distanz von 15 cm ( 1 B-27.80). In gleicher Weise kann für die Brustwirbelsäule der Bewegungsumfang bestimmt werden, indem der Dornfortsatz C7 und ein Punkt 30 cm kaudal davon markiert wird. Bei Vorwärtsneigung kann sich dieser Abstand um 5 cm vergrößern (Ott-Zeichen).
Schober-Zeichen: Markiert wird der Dornfortsatz S1 sowie ein Punkt 10 cm oberhalb. Bei Vorwärtsneigung verschieben sich die Hautmarken bis zu 15 cm ( 1 B-27.80). Ott-Zeichen: Markiert wird der Dornfortsatz C7 sowie ein Punkt 30 cm kaudal. Bei Vorwärtsneigung verschieben sich die Hautmarken bis zu 5 cm.
durch Frakturen oder Entzündungen (z.B. Tuberkulose, Steilstellung der HWS bei Beschleunigungstraumen, Hyperlordose der LWS bei Spondylolisthesis).
1 B-27.80
Synopsis Schober- und Ott-Zeichen
C7 30 cm
10 cm
30
cm +5
10 + 5
cm
S1
d Schober-Zeichen: Differenz zweier Hautmarken am stehenden und nach vorn geneigten Patienten. Der Dornfortsatz S1 wird markiert, ebenso wie eine zusätzliche Marke 10 cm oberhalb. Beim Vorwärtsbeugen verschiebt sich die Marke auf eine Distanz von 15 cm. Ott-Zeichen: Der Dornfortsatz C7 und ein Punkt 30 cm kaudal davon werden markiert. Beim Vorwärtsneigen vergrößert sich die Distanz um 5 cm.
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27 Traumatologie Bei jeder Untersuchung der Wirbelsäule muss das Becken untersucht und ein neurologischer Status erhoben werden.
Verletzungen der oberen Halswirbelsäule 1 ⁄ 3 aller Verletzungen der Halswirbelsäule ist im oberen Bereich lokalisiert. Die Fraktur der Okzipitalkondylen ist sehr selten.
Verletzungen der oberen Halswirbelsäule ⁄3 aller Verletzungen der Halswirbelsäule ist im oberen Bereich lokalisiert. Die Fraktur der Okzipitalkondylen ist im klinischen Krankengut eine seltene Verletzung, wird aber in der Gerichtsmedizin etwas häufiger gefunden (0,6 %).
1
Atlasfraktur Atlasfraktur Häufigkeit und Klassifikation. Die Häufigkeit der Atlasfraktur beträgt 2–13 %. Die Jefferson-Fraktur ( 1 B-27.81) ist ein doppelseitiger Bogenbruch von C1. Man unterscheidet bei den Atlasfrakturen 5 Typen.
Häufigkeit und Klassifikation. Frakturen des Atlas entstehen meistens
durch axial einwirkende Kräfte. Sie machen 2–13 % aller HWS-Verletzungen aus. Die schwerste Verletzungsform stellen die Atlasberstungs- oder auch Jefferson-Frakturen dar ( 1 B-27.81). Dabei finden sich ein doppelseitiger Bogenbruch von C1 und eine Ruptur des Lig. transversum atlantis (Typ III). Die Typ-I-Verletzung ist die Fraktur des vorderen, Typ II des hinteren Atlasbogens. Als Typ IV bezeichnen wir die Fraktur der Massa lateralis und als Typ V die Fraktur des Proc. transversus.
1 B-27.81
a
Synopsis Jefferson-Fraktur
b
Doppelseitiger Bogenbruch des Atlas mit Ruptur des Lig. transversum atlantis von vorn (a) und oben (b) gesehen.
Die Atlasfrakturen können mit einer Densfraktur, einer Ausrissfraktur C2 oder einer Bogenfraktur im unteren HWS-Bereich einhergehen.
Die Atlasfrakturen können mit einer Densfraktur, einer Ausrissfraktur C2 oder einer Bogenfraktur im unteren HWS-Bereich einhergehen. Neurologische Ausfälle können aufgrund einer Vertebralisthrombose oder -läsion vorkommen.
Symptome. Nacken-, Kopf- und Bewegungsschmerzen sind vorherrschend.
Symptome. Typische klinische Symptome sind Nacken- und Kopfschmerzen, Bewegungsschmerzen, Hyposensibilitäten (N. occipitalis major) und Schluckstörungen infolge paravertebralen Hämatoms.
Diagnose. Die Diagnostik erfolgt durch Röntgenaufnahmen a.p. seitlich, transoral sowie durch CT ( 1 B-27.82). Eine Instabilität liegt dann vor, wenn die Massae laterales die Axis um > 6,9 mm überragen. Normalerweise bilden die Massae laterales des Atlas und von C2 eine gerade Linie.
Diagnose. Die Diagnostik der Atlasfrakturen erfolgt durch a.p., seitliche und
Therapie. Minervagips, Halo-Fixateur und C1/C2-Spondylodese (180Ω ) bei instabilen Verletzungen (Typ III), ansonsten genügt eine SchanzKrawatte (Typ I, II, IV, V).
Therapie. Minervagipsverband, Halo-Fixateur und C1/C2-Spondylodese (180Ω) (Wirbelsäulenversteifung) sind die Verfahren für die instabilen Ver-
transorale Röntgenaufnahmen sowie durch das Computertomogramm ( 1 B-27.82). Einen radiologischen Hinweis auf eine Fraktur des vorderen Atlasbogens kann ein verbreiterter prävertebraler Weichteilschatten geben. Auf eine instabile Jefferson-Fraktur deutet das Auseinanderweichen der Massae laterales auf der transoralen Aufnahme und auf der CT hin. Eine instabile Verletzung und damit Ruptur des Lig. transversum atlantis bei einer Sprengung des Atlasringes muss dann angenommen werden, wenn die Massae laterales die Axis um > 6,9 mm überragen. Normalerweise bilden die Massae laterales des Atlas und von C2 eine gerade Linie.
letzungen (Typ III), die Schanz-Krawatte für die Typen I, II IV und V.
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27.2.4 Wirbelsäule
1 B-27.82
Atlasfraktur
a Atlasfraktur ( Á) Typ IV in transoraler und seitlicher Röntgenprojektion.
b Die gleiche Fraktur im Computertomogramm.
Densfrakturen
Densfrakturen
Häufigkeit. Bei Erwachsenen macht die Densfraktur 10–15 % aller HWSVerletzungen aus, die zu 50 % von weiteren Wirbelsäulenverletzungen begleitet sind.
Häufigkeit. 10–15 % aller HWS-Verletzungen bei Erwachsenen.
Klassifikation. Nach Anderson und D’Alonzo (1974) werden die Densfraktu-
Klassifikation. Nach Anderson und D’Alonzo werden die Densfrakturen in 3 Typen unterteilt ( 1 B-27.83): π Typ 1: Fraktur der Densspitze ( < 1 %). π Typ 2: Fraktur verläuft oberhalb des Übergangs des Dens in den Axiskörper (67 %). Höchste Pseudarthroserate (bis zu 80 % bei konservativer Behandlung). π Typ 3: Fraktur reicht in den Axiskörper hinein (33 %).
Symptome. Es werden häufig Nackenschmerzen und Schluckbeschwerden angegeben. Bei Aufforderung, aus der liegenden Position aufzustehen, wird der Kopf häufig mit beiden Händen gehalten. Eine Rückenmarksbeteiligung findet sich in 12–33 %.
Symptome. Häufig wird über Schluckbeschwerden und Nackenschmerzen geklagt. Eine Rückenmarksbeteiligung findet sich in 12–33 %.
Diagnose. A.p., seitliche und transorale Röntgenaufnahmen sind richtungweisend. Ein verbreiterter retropharyngealer Weichteilschatten, der normal 3–4 mm beträgt, und das seitliche Tomogramm kann häufig den Verdacht auf eine Fraktur erhärten ( 1 B-27.84).
Diagnose. A.p., seitliches sowie transorales Röntgenbild sind richtungweisend. Das Tomogramm erhärtet die Diagnose ( 1 B-27.84).
Differenzialdiagnose. Os odontoideum, hierbei besteht häufig eine Hypertrophie des vorderen Atlasbogens.
Differenzialdiagnose. Os odontoideum.
ren in 3 Typen eingeteilt ( 1 B-27.83): π Typ 1: Fraktur der Densspitze (< 1 %). Sie stellt eine Ausrissfraktur des Lig. alare dar als Hinweis auf eine atlantookzipitale Dislokation oder auf eine Abscherfraktur durch Kontakt mit dem Foramen magnum. π Typ 2: (67 %). Die Fraktur ist im Proc. odontoideus selbst lokalisiert und verläuft oberhalb des Überganges des Dens in den Axiskörper. Da die Frakturoberfläche klein ist, ist die Pseudarthroserate (bis zu 80 %) sehr hoch. Die Unfallursache ist eine Hyperextension oder Hyperflexion mit entsprechendem Frakturverlauf. π Typ 3: 33 % aller Densfrakturen. Die Fraktur reicht in den Axiskörper hinein. Die Heilungstendenz ist bei konservativer Behandlung gut, mit einer Pseudarthroserate von 7 %.
Therapie
Typ 1: Wegen der Instabilität durch die Ausrissverletzung des Lig. alare (Luxationsverletzung) ist ein Halo-Fixateur für 6 Wochen anzulegen. π Typ 2: Bei stabilen Frakturen ist eine konservative Behandlung mit Ruhigstellung im Minervagipsverband oder im Halo-Korsett möglich, bei dislozierten Frakturen die operative Behandlung mit ventraler Zugschraubenosteosynthese oder dorsaler Spondylodese C1/C2. Der Nachteil des dorsalen Verfahrens ist eine Einschränkung der Rotation von mindestens 30Ω. π Typ 3: Ruhigstellung im Minervagipsverband oder Halo-Fixateur. π
Therapie Typ 1: Halo-Fixateur. π Typ 2: Bei stabilen Frakturen Minervagipsverband oder Halo-Korsett, bei dislozierten Frakturen Zugschraubenosteosynthese oder C1/C2-Fusion. π Typ 3: Minervagipsverband oder Halo-Fixateur. π
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27 Traumatologie
1 B-27.83
Synopsis Klassifikationen der Densfrakturen nach Anderson und D’Alonzo
a
b
c a Typ 1: Fraktur der Densspitze ( < 1 %). b Typ 2: Fraktur im Proc. odontoideus (67 %). Bei kleiner Frakturfläche beträgt die Pseudarthroserate bis zu 80 %. Als Ursache wird ein Hyperextensions- oder -flexionstrauma verantwortlich gemacht. c Typ 3: Die Fraktur erreicht den Axiskörper (33 %). Bei konservativer Behandlung liegt die Pseudarthroserate bei 7 %.
1 B-27.84
Densfraktur
b
Densfraktur Typ 1 (Á) in transoraler (a) und computertomographischer (b) Darstellung. a
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27.2.4 Wirbelsäule
Traumatische Spondylolisthesis C2
Traumatische Spondylolisthesis C2
Häufigkeit. Sie macht 7 % aller HWS-Verletzungen aus.
Häufigkeit. Sie macht 7 % aller HWS-Verletzungen aus.
Klassifikation. Die traumatische Spondylolisthesis C2 (auch »hanged man’s
Klassifikation. Nach Effendi werden 3 Typen unterschieden: π Die Typ-1-Verletzung (65 %) ist stabil. π Typ 2 (28 %) und π Typ 3 (7 %) sind instabile Verletzungen.
Verletzungsmechanismus. Unterschieden werden 3 Verletzungsmechanismen: π Hyperextension/Distraktion: Bei den zum Tode durch den Strang Verurteilten wurde der Henkersknoten genau in die Mitte submental umgelegt und der Verurteilte aus genügender Höhe in den Knoten fallengelassen. Dabei wurde die obere Halswirbelsäule hyperextendiert und distrahiert mit der Folge einer beidseitigen Fraktur von C2 im Bereich des Isthmus, einer Ruptur der Bandscheibe C2/C3 sowie der Läsion sämtlicher Bandstrukturen in dieser Höhe mit Elongation oder sogar Durchtrennung des Rückenmarks. Daher der Name: Hanged man’s fracture. π Hyperextension/Kompression: Heutzutage werden die meisten Verletzungen auf diesen Mechanismus zurückgeführt. Ein Beispiel ist der nicht angegurtete Autofahrer, der bei einer Frontalkollision mit extendierter Halswirbelsäule an die Windschutzscheibe prallt. π Flexion/Kompression: Dieser Mechanismus muss als Ursache bei gleichzeitigem Vorliegen einer Kompressionsfraktur von C3 angenommen werden.
Verletzungsmechanismus. Es werden 3 Typen unterschieden: π Hyperextension/Distraktion: Hanged man’s fracture. π Hyperextension/Kompression: Verkehrsunfall als nicht angeschnallter Autofahrer. π Flexion/Kompression: Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Kompressionsfraktur von C3.
Symptome. Infolge des massiven prävertebralen Hämatoms klagen die
Symptome. Nackenschmerzen und Schluckstörungen oder Dyspnoe sind typische Symptome. Neurologische Ausfälle treten in 10–19 % der Fälle auf.
Diagnose. Die Diagnose dieser Fraktur wird auf dem seitlichen Röntgenbild
Diagnose. Die Diagnose dieser Fraktur wird auf dem seitlichen Röntgenbild der Halswirbelsäule gestellt ( 1 B-27.85 a). Die Frakturlokalisation und der Frakturverlauf sind im Computertomogramm am besten zu beurteilen. Die Stabilität der Verletzung wird durch gehaltene Aufnahmen unter Bildverstärkerkontrolle beurteilt.
fracture« genannt) wird nach Effendi und Mitarbeiter (1981) in 3 Typen eingeteilt: π Typ 1 (65 %): stabile, nicht dislozierte Fraktur mit intakter Bandscheibe C2/3. Es handelt sich um eine stabile Verletzung. π Typ 2 (28 %): nach ventral dislozierter Wirbelkörper C2 mit Läsion der Bandscheibe C2/3. Die Verletzung ist instabil. π Typ 3 (7 %): es handelt sich um eine Typ-2-Verletzung mit zusätzlich einseitig verhakter Luxation C2/3. Der Körper C2 ist dabei nach ventral flektiert.
Patienten über Nackenschmerzen, Schluckstörungen oder Dyspnoe. Neurologische Ausfälle sind anzutreffen in 10 % bei Typ-1-, 19 % bei Typ-2und 11 % bei Typ-3-Frakturen. Es handelt sich um Hyposensibilität C2 sowie motorische und sensorische Paresen bis zur Hemi- bzw. Tetraplegie.
der Halswirbelsäule gestellt ( 1 B-27.85 a). Auf den Dens zentrierte Schrägaufnahmen mit einem Winkel von 60Ω zeigen einen möglichen intraartikulären Verlauf besonders gut. Die Frakturlokalisation und der Frakturverlauf sind im Computertomogramm am besten zu beurteilen. Die Stabilität der Verletzung wird durch gehaltene Aufnahmen unter Bildverstärkerkontrolle beurteilt. Eine instabile Läsion liegt vor bei Ventralgleiten von C2 in Flexion von 3,5 mm oder mehr.
Therapie
Typ-1-Frakturen: Sie sind stabil und können mit einer Schanz-Krawatte oder mit einem Minervagipsverband über 3 Monate konservativ behandelt werden. π Typ-2-Frakturen: (instabil) konservative Behandlung mit Minervagips oder Halo-Korsett für 12 Wochen. Bei nicht zu retinierender Fraktur oder bei neurologischen Ausfällen ist die operative Stabilisation mittels einer ventralen Spondylodese C2/C3 ( 1 B-27.85 b) oder durch direkte Schraubenosteosynthese der Pedikelfraktur indiziert. Bei letzterem Verfahren besteht die Gefahr einer Verletzung der A. vertebralis. π Typ-3-Frakturen: Es erfolgt zunächst die Reposition von dorsal, anschließend die Behandlung wie bei den Typ-2-Verletzungen über eine ventrale oder dorsale Spondylodese. π
Therapie Typ-1-Frakturen: Schanz-Krawatte oder Minervagips. π Typ-2-Frakturen: konservativ: Halskorsett oder Minervagips. Operativ: ventrale Spondylodese C2/C3 oder Schraubenosteosynthese ( 1 B-27.85 b). π Typ-3-Frakturen: Reposition von dorsal, dann wie bei Typ 2. π
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27 Traumatologie
1 B-27.85
a
Traumatische Spondylolisthesis C2
b
Traumatische Spondylolisthesis (hanged man’s fracture – Typ III) (Á) in der Seitenprojektion vor (a) und nach vorderer Spondylodese C2/3 (b).
Verletzungen der unteren Halswirbelsäule Häufigkeit. Ca. 80 % der HWS-Verletzungen betreffen die untere Halswirbelsäule. Die Halswirbelverletzungen stellen das Hauptkontingent der Wirbelsäulentraumen mit neurologischem Defizit dar.
Verletzungen der unteren Halswirbelsäule
Klassifikation. Nach der AO-Klassifikation unterscheiden wir Typ-A-, -B- und -C-Verletzungen. π Typ A: Verletzungen der vorderen Elemente (Kompression). π Typ B: Distraktionsverletzungen dorsal, kann mit Typ A kombiniert sein. π Typ C: Verletzungen der vorderen und hinteren Elemente durch Rotation.
Klassifikation. Nach der AO-Klassifikation unterscheiden wir Typ-A-, -B-
Diagnose. Häufig ist eine Diastase palpabel, bei den Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen ist unbedingt auf eine vollständige Darstellung des zervikothorakalen Überganges zu achten. Funktionsaufnahmen in Extension und Flexion müssen unter Bildwandlerkontrolle durch einen Arzt erfolgen.
Diagnose. Häufig ist eine Diastase zwischen den Dornfortsätzen palpabel.
Häufigkeit. Die Verletzungen der unteren Halswirbelsäule betreffen die
Wirbelsegmente C3–C7/Th1. Ungefähr 80 % der HWS-Verletzungen lokalisieren sich in diesem Abschnitt. Die Halswirbelfrakturen stellen das Hauptkontingent der Wirbelsäulenverletzungen mit neurologischem Defizit dar. Diese Tatsache ergibt sich aus der besonderen Lage zwischen Kopf und Thorax, wobei der Kopf mit 4–5 kg als Hebelarm wirkt. Ursache der neurologischen Defizite sind zumeist Quetschung, Überdehnung oder Zerreißung.
und -C-Verletzungen. Typ A: Dieser umfasst Verletzungen, vorwiegend der vorderen Elemente durch Kompression. Unterschieden werden Impaktionsbrüche (A1), Spaltbrüche (A2) und Berstungsbrüche (A3). π Typ B: Dieser Typ ist immer durch Zerreißung der hinteren Elemente durch Distraktion geprägt. Eine Kombination mit Verletzungen der vorderen Elemente im Sinne eines Typ A ist möglich. Unterschieden werden die vorwiegend ossären Verletzungen der hinteren Elemente (B1), die vorwiegend ligamentären Verletzungen der hinteren Elemente (B2) und die Verletzungen der Bandscheibe durch Extension und ventrale Dislokation (B3). π Typ C: Darunter versteht man Verletzungen der hinteren und vorderen Elemente durch Rotation. Die Verletzungen beinhalten immer einen Typ B zusammen mit/ohne Typ-A-Verletzungen. Kombinationsverletzungen mit dem Typ A werden als C1, mit dem Typ B als C2 klassifiziert. Spezielle, nicht klassifizierbare Läsionen werden unter C3 geführt. π
Bei der Röntgenaufnahme der HWS in 2 Ebenen ist besonders darauf zu achten, dass der zervikothorakale Übergang mit vollständig sichtbarem 7. Halswirbel (Bandscheibe C7/Th1 und Deckplatte von Th1) zur Darstellung kommt. Dies kann durch Zug an den Armen oder die sog. Schwimmeraufnahme, bei der das Schultergelenk um 180Ω anteflektiert und das Ellenbogengelenk 90Ω gebeugt ist, erreicht werden. In schwierigen Fällen sollten
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27.2.4 Wirbelsäule eine Tomographie, CT oder MRT durchgeführt werden. Bei Verdacht auf eine Halswirbelsäulenverletzung müssen die Funktionsaufnahmen in Flexion und Extension vorsichtig unter Bildwandlerkontrolle durch einen Arzt erfolgen. Typische röntgenologische Zeichen einer HWS-Verletzung: π treppenförmige Versetzung der Wirbelkörperhinterwand π abgedeckte Facettengelenke durch Dislokation π Zunahme der interspinösen Distanz π Ausbruch eines vorderen Kantenfragmentes (tear-drop) π Verbreiterung des prävertebralen Weichteilschattens π beidseitig frakturierte kleine Wirbelgelenke. Von White und Panjabi wurden die Zeichen einer Instabilität an der Halswirbelsäule definiert ( 1 B-27.86). π Translation/Dislokation von mindestens 3,5 mm und mehr π lokale Kyphose von > 11 Ω π Abdeckung der Facettengelenke um > 50 %. Zusatzinformationen können durch Tomographie, Computertomogramm und MRT gewonnen werden. Die Vorteile der MRT liegen darin, dass neben der ossären und diskalen Verletzung auch eine evtl. vorhandene, ansonsten nicht erkennbare, intraspinale und intramedulläre Veränderung erkannt werden kann.
1 B-27.86
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Typische röntgenologische Zeichen einer HWS-Verletzung: π Versetzung der Wirbelkörperhinterwand π Facettengelenke abgedeckt π interspinöse Distanz verbreitert π Ausbruch eines vorderen Kantenfragmentes π prävertebraler Weichteilschatten π beidseitig frakturierte kleine Wirbelgelenke. Von White und Panjabi wurden die Zeichen einer Instabilität an der Halswirbelsäule definiert ( 1 B-27.86): π Translation/Dislokation von mindestens 3,5 mm und mehr π lokale Kyphose > 11 Ω π Abdeckung der Facettengelenke > 50 %. Zusatzinformationen können durch Tomographie, Computertomogramm und MRT gewonnen werden.
Radiologische Zeichen der posttraumatischen HWS-Instabilität
2
1 3
In der Seitenprojektion zeigt sich eine Trans-/oder Dislokation von > 3,5 mm (1), eine lokale Kyphose > 11 Ω (2) und eine Abdeckung der Facettengelenke > 50 % (3).
Therapie
Absolute Operationsindikation sind: π inkomplettes Querschnittssyndrom mit nachgewiesener mechanischer Kompression (Diskus, Knochenfragmente, Hämatom) π sekundär auftretende neurologische Symptomatik π offene Rückenmarksverletzung π komplette Querschnittslähmung mit Instabilität der Wirbelsäule π knöcherne und ligamentäre Instabilität ohne neurologische Symptomatik (komplette Berstungsbrüche, A3), diskoligamentäre Verletzungen (Typ b) π erhebliche Fehlstellung ohne Instabilität (A1) mit einer Deformität von 15–20Ω oder mehr.
Therapie Absolute Operationsindikationen sind: π inkomplettes Querschnittsyndrom π sekundäre neurologische Symptomatik π offene Verletzungen π komplette Querschnittslähmung mit Instabilität der Wirbelsäule π knöcherne und ligamentäre Instabilität sowie π eine erhebliche Fehlstellung ohne Instabilität.
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1166 π Operationsverfahren: Zur Verfügung stehen ventrale und dorsale Verfahren. Die ventrale interkorporelle Spondylodese stellt das Standardverfahren dar ( 1 B-27.87).
27 Traumatologie Operationsverfahren: Zur Verfügung stehen ventrale und dorsale Verfahren. Die ventrale interkorporelle Spondylodese mit Ausräumung der Bandscheibe und/oder des frakturierten Wirbels und Überbrückung des Defektes mit einem autologen Knochenspan aus dem vorderen Beckenkamm stellt das Standardverfahren dar ( 1 B-27.87). Die Stabilisierung erfolgt mit einer H-förmigen Platte. Bei einer dorsalen Instrumentation wird zumeist eine Hakenplatte verwendet. Ein H-förmiger kortikospongiöser Span wird zwischen die 2 benachbarten Processus spinosi eingebracht. Er dient gleichzeitig als Hypomochlion. π
1 B-27.87
Ventrale interkorporelle Spondylodese in Seitenprojektion Spondylodese zwischen HWK 5/6 mit spongiöser Defektüberbrückung und ventraler Stabilisierung mit einer H-Platte.
π
Konservative Behandlung:
Merke
In > 70 % der Fälle von HWS-Verletzungen kann durch axialen Zug allein eine Reposition und Entlastung des Rückenmarkes erreicht werden.
Bei dem Längszug bleibt der Patient wach, um eine evtl. neurologische Verschlechterung rechtzeitig erfassen zu können. Eine äußere Ruhigstellung wird entweder mit einem Minervagipsmieder oder mit einem Halo-Jackett erreicht. Komplikationen. Bei der operativen Behandlung kann es zu Verletzungen von Gefäßen und neurologischen Strukturen kommen.
π
Konservative Behandlung: n Merke. Für Patienten mit einem Querschnittssyndrom spielt die Zeit zwischen Unfallereignis und Erstbehandlung, welche zu einer Entlastung des Rückenmarkes führt, eine entscheidende Rolle. Es ist deshalb außerordentlich wichtig, beim Nachweis einer Subluxation oder Luxation in einem Bewegungssegment oder einer Fragmentdislokation und einem neurologischen Defizit die Reposition so rasch wie möglich zu erreichen.
In > 70 % der Fälle von HWS-Verletzungen kann durch axialen Zug allein eine Reposition und Entlastung des Rückenmarkes erreicht werden. Der Längszug auch für die konservative Behandlung kann über eine Crutchfield-Klemme oder einen Gardner-Wells-Bügel aufrechterhalten werden. Die Dornen dieses Bügels werden genau 2–3 Querfinger über dem Zentrum des äußeren Gehörganges eingedreht. Als Anhaltspunkt für den Zug bei verhakten Verrenkungen werden 2–3 kg pro Verletzungsniveau gerechnet, z.B. Niveau C5: 2,5 « 5 = 12,5 kg. Bei dem Längszug bleibt der Patient wach, um eine evtl. neurologische Verschlechterung rechtzeitig erfassen zu können. Rotatorische Verrenkungen werden unter vorsichtigen Drehbewegungen des Kopfes in entgegengesetzte Richtung, in die das Kinn weist und unter Zug und leichter Inklination durchgeführt. Eine äußere Ruhigstellung wird entweder mit einem Minervagipsmieder oder mit einem Halo-Jackett erreicht. Bei stabilen Verletzungen ist eine Camp-Krawatte ausreichend.
Komplikationen. Bei der operativen Behandlung kann es zu Verletzungen
von Gefäßen (A. carotis, A. vertebralis, V. jugularis) und zu Verletzungen neurologischer Strukturen kommen.
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27.2.4 Wirbelsäule
n Merke. Bei der konservativen Behandlung ist auf eine Überdistraktion bei der Extension zu achten sowie auf einen Repositionsverlust und mögliche Nagelinfekte und Lockerungen des Halo-Systems.
Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule Frakturmechanik. Der vielgliedrige elastische Aufbau des Achsenorgans bedingt einen anderen Frakturmechanismus, als er für die Schaftfrakturen der Extremitäten typisch ist. Wirbelfrakturen werden meist durch innere Kräfte im Sinne der Akzeleration oder der Dezeleration hervorgerufen. Die intakte Bandscheibe widersteht höheren Kompressionskräften als der Wirbelkörper. Die Wirbelkörper frakturieren vor einem Riss des Anulus fibrosus. Wird die Toleranzgrenze der Wirbelsäule überschritten, findet sich eine Eindellung der Deck- bzw. Bodenplatte am Wirbelkörper. Verliert die Bandscheibe ihren Turgor durch Insuffizienz des Nucleus pulposus, führen Kompressionskräfte auch zu Formveränderungen in Höhe des Intervertebralraumes. Bis zum 50. Lebensjahr besitzen Brust- und Lendenwirbelkörper mit einem frischen Kompressionsbruch noch 60–70 % ihrer ursprünglichen Tragfähigkeit. Die Druckfestigkeit beim frischen Leichenwirbel beträgt 0,4 kp/mm3, bei der älteren osteoporotischen Wirbelsäule kann sie auf 0,2 kp/mm3 und weniger absinken. Klassifikation. Die Basis für die Klassifikation stellt das Drei-Säulen-Modell
der Wirbelsäule nach Denis (1983) dar ( 1 B-27.88). Danach besteht die hintere Säule aus dem Wirbelbogen mit seinen Anhängen, wie Dornfortsätze, kleine Wirbelgelenke und Bogenwurzeln, einschließlich der zwischen den Bögen und seinen Fortsätzen ausgespannten Bänder (Lig. supraspinale, Lig. interspinale, Lig. flavum und Gelenkkapseln).
1 B-28.88
Merke
Verletzungen der Brust- und Lendenwirbelsäule Frakturmechanik.
Wirbelkörper frakturieren vor einem Riss des Anulus fibrosus. Bei einem Überschreiten der Toleranzgrenze der Wirbelsäule findet sich ein Einbruch der Deck-, bzw. Bodenplatte am Wirbelkörper. Bei einem frischen Kompressionsbruch hat der Wirbelkörper noch 60 %–70 % seiner ursprünglichen Tragfähigkeit.
Klassifikation. Die Basis für die Klassifikation stellt das Drei-Säulen-Modell der Wirbelsäule nach Denis (1983) dar ( 1 B-27.88). π Hintere Säule: Wirbelbogen, Dornfortsätze, kleine Wirbelgelenke, Bogenwurzeln und dorsale Bandstrukturen.
Drei-Säulen-Modell nach Denis
vordere Säule
mittlere Säule
hintere Säule hinteres Längsband
Bandscheibe
Lig. supraspinale Lig. interspinale
vorderes Längsband Gelenkkapsel
Die mittlere Säule setzt sich aus der Wirbelkörperhinterwand, dem dorsalen Anteil des Anulus fibrosus und dem hinteren Längsband zusammen. Die vordere Säule, als dritter Teil des Komplexes, besteht aus dem ventralen Wirbelkörper, dem ventralen Teil des Anulus fibrosus und dem vorderen Längsband. Ist nur eine der Säulen betroffen (zumeist vordere oder hintere), gilt die Wirbelsäule noch als stabil. Ist eine weitere Säule betroffen (meist die mittlere) gilt die Wirbelsäule als instabil und der Patient muss bedeutend vorsichtiger behandelt werden.
Mittlere Säule: Wirbelkörperhinterwand, dorsaler Anteil Anulus fibrosus, hinteres Längsband. π Vordere Säule: Ventraler Wirbelkörper, ventraler Anteil Anulus fibrosus, vorderes Längsband. Ist nur eine Säule betroffen, gilt die Wirbelsäule als stabil, ansonsten als instabil. π
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27 Traumatologie
Unterschieden werden neben den isolierten Verletzungen der Quer- und Dornfortsätze die Typ-A-, -B- und -C-Verletzungen nach Magerl ( 1 B-27.89). 1 B-27.90 zeigt Verletzungen der BWS und LWS.
1 B-28.89
Neurologische Zusatzverletzungen müssen separat definiert werden. Unterschieden werden neben den isolierten Verletzungen der Quer- und Dornfortsätze die Typ-A-, -B- und -C-Verletzungen nach Magerl (s. 1 B-27.89). 1 B-27.90 zeigt radiologische Aufnahmen von Verletzungen der BWS und LWS.
Synopsis Verletzungstypen von Brust- und Lendenwirbelsäule nach Magerl
Typ A
Kompressionsverletzung der vorderen Säule.
Typ B
Distraktionsverletzung aller 3 Säulen mit querer Bandruptur.
Typ C
Torsionsverletzung.
Typ-A-Kompressionsverletzungen
Typ-A-Kompressionsverletzungen
Hierbei handelt es sich um einen Höhenverlust des Wirbelkörpers mit intaktem dorsalen Ligamentkomplex.
Die Unversehrtheit des dorsalen Ligamentkomplexes mit Höhenverlust des Wirbelkörpers definieren Verletzungen vom Typ A. Dabei werden die Wirbelkörper ausschließlich durch Druckkräfte deformiert: entweder durch eine axiale Druckkraft oder ein nach ventral gerichtetes Drehmoment (Flexion) um eine im Bereich der dorsalen Wirbelelemente oder dahinter liegende transversale Achse. Der dorsale Bandkomplex ist bei dieser Verletzung nicht zerrissen. Unterschieden werden die Impaktionsbrüche (A1), die Spaltbrüche (A2) und die Berstungsbrüche (A3).
Symptome. Stabile Typ-A-Verletzungen gehen mit geringen Beschwerden einher, die Patienten sind gehfähig. Instabile Typ-A-Verletzungen verursachen erhebliche Schmerzen.
Symptome. Stabile Typ-A-Verletzungen gehen mit geringen Beschwerden einher, die Patienten sind gehfähig. Instabile A-Verletzungen verursachen erhebliche Schmerzen, stärkere kyphotische Abknickungen erkennt man am Gibbus. Dorsale Schwellung und Hämatombildung fehlen, da die dorsalen Strukturen nicht verletzt sind.
Diagnose. Radiologisch imponiert der Höhenverlust des Wirbelkörpers. Die vertikalen Distanzen der Bogenwurzeln sind verkürzt oder normal. Hinterwandfragmente sind nach dorsal und nicht nach kranial verlagert.
Diagnose. Radiologisch imponiert der Höhenverlust des Wirbelkörpers. Die
Typ-B-Flexions-/Distraktionsverletzung Hauptmerkmal der Distraktionsverletzungen ist die horizontale Zerreißung aller drei Säulen des Achsenorgans. Nach überwiegend diskoligamentären Verletzungen bleibt das verletzte Segment in der Regel chronisch instabil. Fast 1 ⁄ 3 der Distraktionsverletzungen weisen neurologische Begleitverletzungen auf.
Typ-B-Flexions-/Distraktionsverletzung
vertikalen Distanzen der Bogenwurzeln sind verkürzt oder normal. Hinterwandfragmente sind nach dorsal und nicht nach kranial verlagert. Die Deformität kann durch den sagittalen und frontalen Quotienten ausgedrückt werden. Der sagittale Quotient (V/H) ergibt sich aus der verminderten Vorderwandhöhe (V) über die höhere Hinterwandhöhe (H). Er beträgt im Normalfall annähernd 1 und z.B. 0,5 wenn die Vorderwand auf die Hälfte der Hinterwandhöhe abgenommen hat. Wie bei dem frontalen Quotienten ist analog mit den Seitenwandhöhen vorzugehen.
Hauptmerkmal der Distraktionsverletzungen ist die horizontale Zerreißung aller drei Säulen des Achsenorgans. Nach überwiegend diskoligamentären Verletzungen bleibt das verletzte Segment in der Regel chronisch instabil. Für neurologische Begleitverletzungen sind sowohl Fragmente der Hinterwand des Wirbelkörpers als auch den Spinalkanal durch Abscherung einengende translatorische Verschiebungen verantwortlich. Fast 1⁄3 der Distraktionsverletzungen weisen neurologische Begleitverletzungen auf. Unterschieden werden die dorsalen Zerreißungen durch die Intervertebralge-
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27.2.4 Wirbelsäule
1 B-27.90
1169
Synopsis BWS- und LWS-Verletzungen
a Flexions-Kompressions-Verletzung von Th8 in Seitenprojektion (Á) mit Dislokation der Hinterkante in den Spinalkanal (CT).
b Kompressionsfraktur von L2 ( Á) in p.a. und Seitenprojektion. Die axiale CT zeigt darüber hinaus einen sagittalen Schrägbruch.
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27 Traumatologie lenke (B1), die dorsalen Zerreißungen durch den Wirbelbogen (B2) und die ventralen Zerreißungen durch die Bandscheibe (Hyperextensionsscherverletzungen, B3).
Symptome. Häufig findet sich eine palpierbare Diastase zwischen den Dornfortsätzen. Eine Kombination mit Sternumfrakturen und Rippenbrüchen ist häufig.
Symptome. Es findet sich eine Druckdolenz im Bereich der dorsalen Weich-
Diagnose. Standardaufnahmen reichen nicht immer aus. Häufig sind Schichtaufnahmen und CT erforderlich ( 1 B-27.91).
Diagnose. Zur Dokumentation von Flexions-/Distraktionsverletzungen rei-
1 B-27.91
teile sowie bei Palpation eine Diastase der Dornfortsätze aufgrund der Ruptur der interspinalen Bänder. Flexions-/Distraktionsverletzungen der BWS sind häufig mit Frakturen des Sternums oder der Rippen kombiniert.
chen Standardaufnahmen nicht immer aus. Besonders an der BWS sind häufig radiologische Spezialtechniken (seitliche Schichtaufnahmen, Computertomogramm) erforderlich. Ausgebrochene Hinterkantenfragmente sind teilweise nicht nur nach dorsal, sondern auch deutlich nach kranial verlagert ( 1 B-27.91).
Typ-B-Flexions-/Distraktionsverletzung der LWS Die Standardaufnahme in zwei Ebenen (a) zeigt eine Kompressionsfraktur der LWS (Á). Erst die seitliche Schichtung (b) beweist, dass die ausgebrochenen Hinterkantenfragmente in den Markraum disloziert sind (Á).
a
b
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27.2.4 Wirbelsäule
Typ-C-Rotationsverletzungen
Typ-C-Rotationsverletzungen
Sie gehören zu den instabilsten Läsionen der BWS und LWS mit dem höchsten Prozentsatz neurologischer Komplikationen. Die rotatorische Fehlstellung drückt sich aus in der Zerreißung aller längsverlaufenden Bänder und oft auch der Bandscheibe, Abbrüchen von Querfortsätzen, Luxation oder wirbelsäulennaher Frakturen von Rippen sowie Abscherungen von Kanten des Wirbelkörpers. Unterschieden werden 3 Gruppen: π Verletzungen des Wirbelkörpers vom Typ A (Kompressionsverletzung in Kombination mit einer Rotationskomponente) π Verletzung vom Typ B (Distraktionsverletzung mit Rotationskomponente) π Kombination von Scherverletzungen mit Rotationseinwirkung.
Es handelt sich um Rotationsverletzungen mit Zerreißung aller längsverlaufenden Bänder, häufig begleitet von Querfortsatzbrüchen und Frakturen der Rippen.
Symptome. Rund 55 % der Rotationsverletzungen haben neurologische Aus-
Symptome. 55 % haben begleitende neurologische Ausfälle.
Diagnose. Radiologisch finden sich eine seitliche Verkrümmung der Wirbel-
Diagnose. Radiologisch findet sich häufig eine exzentrische Stellung der Dornfortsätze, asymmetrische Darstellung der Bogenwurzeln und Gelenkfortsätze.
Therapie
Therapie Brustwirbelsäule (1.–9. Wirbel): Bettruhe und anschließende funktionelle Behandlung sind bei stabilen Verletzungen ausreichend. Übrige Brust- und Lendenwirbelsäule: Die konservative Behandlung erfolgt bei den A-1- und A-2-Frakturen. Eine Gibbusbildung > 15Ω wird durch Reposition im dorsalen Durchhang mit anschließendem Gipsmieder ruhiggestellt. π Operative Behandlung: Die Ziele sind die Dekompression der neuralen Strukturen, die Wiederherstellung des anatomischen Alignement und eine übungsgerechte Stabilisierung.
fälle.
säule, exzentrische Stellung der Dornfortsätze, asymmetrische Darstellung der Bogenwurzeln und Gelenkfortsätze. Die Kombination mit einseitigen Rippenserienfrakturen oder Luxationen von Rippen ist häufig.
Brustwirbelsäule (1.–9. Wirbel): Stabile Verletzungen des 1.–9. Brustwirbels werden mit Bettruhe bis zur Schmerzreduktion behandelt. Es schließt sich daran eine funktionelle Behandlung ohne Stützmieder mit isometrischer Stärkung der paravertebralen und Bauchmuskulatur an. Übrige Brust- und Lendenwirbelsäule: Eine konservative Behandlung wird vorzugsweise bei den A-1- und A-2-Frakturen durchgeführt. Bei Gibbusbildung > 15Ω erfolgt die Reposition im dorsalen Durchhang mit der anschließenden Anlage eines Gipsmieders. π Operative Behandlung: Das Ziel besteht in der Dekompression der neuralen Strukturen und der Wiederherstellung des anatomischen Alignements und übungsgerechter Stabilisierung. Die Dekompression erfolgt durch Längszug, Lordosierung der lumbalen und thorakalen Wirbelsäule. Die Reposition soll über das Prinzip der Ligamentotaxis erfolgen, d.h. eine Reposition über indirekten Zug am hinteren Längsband und der Bandscheibe. Die neurologische Erholung ist abhängig vom Zeitpunkt der Dekompression. Möglichkeiten der Dekompression: π indirekte Dekompression durch Reposition π ventrale Dekompression durch direkte Ausräumung des komprimierenden Fragmentes π Zurückstößeln des komprimierenden Fragments über eine Lamino- oder Laminektomie. Bei den ventralen Verfahren erfolgt die Kontrolle durch direkte Sicht, bei den Repositonsverfahren von dorsal kann durch eine intraoperative Myelographie oder eine Ultraschalluntersuchung die korrekte Wiederherstellung des Spinalkanals nachgewiesen werden. π Stabilisierung: Diese kann grundsätzlich von dorsal, von ventral oder kombiniert erfolgen. Die dorsalen Verfahren müssen winkelstabil sein (Fixateur interne [ 1 B-27.92 a], Druckplattenfixation). Diese erlauben eine kurzstreckige Fusionierung mit Erhalt einer echten Lordose und der intervertebralen Distanz. Bei instabilen Frakturen mit völliger Zerstörung der ventralen Säule muss eine knöcherne Heilung ermöglicht werden. Hier stellt heute die Osteosynthese das Verfahren der Wahl dar. Ziel ist es, deformierte und dislozierte Wirbelsäulenabschnitte zu reponieren, das Rückenmark und Nervenwurzeln zu dekomprimieren und die Wirbelsäule zur frühzeitigen Rehabilitation zu stabilisieren. Dies erfolgt am besten über einen ventral eingebrachten Knochenspan zur mechanischen Abstützung. Zur zusätzlichen Stabilisierung werden Längsträger mit Schraubenfixation im Wirbelkörper verwandt ( 1 B-27.92 b).
Es werden 3 Gruppen unterschieden.
Möglichkeiten der Dekompression: Dekompression durch Reposition π ventrale Dekompression π Zurückstößeln des komprimierenden Fragmentes. π
Die Kontrolle erfolgt durch direkte Sicht oder durch intraoperatie Myelographie und Ultraschall. Stabilisierung: Diese kann grundsätzlich von dorsal, von ventral oder kombiniert erfolgen. Die dorsalen Verfahren müssen winkelstabil sein (Fixateur interne [ 1 B-27.92 a], Druckplattenfixation). Neben der direkten Dekompression erlauben die ventralen Operationsverfahren das Einbringen eines Knochenspans zur mechanischen Abstützung. Zur zusätzlichen Stabilisierung werden Längsträger mit Schraubenfixation im Wirbelkörper verwandt ( 1 B-27.92 b).
π
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1172
27 Traumatologie
1 B-27.92
Synopsis Operative Therapieverfarhen bei Wirbelsäulenverletzungen
a Die operative Stabilisierung der Wirbelsäule durch einen Fixateur interne gestattet eine kurzstreckige Fusion mit Erhalt der intervertebralen Distanz und einer physiologischen Lordose.
Neurologische Zusatzverletzungen Definition
b Instabile Frakturen mit Zerstörung der vorderen Säule werden mit einem ventralen Knochenspan mechanisch abgestützt. Eine zusätzliche Stabilisierung erfolgt über eine Plattenfixation der vorderen Wirbelkörper.
Neurologische Zusatzverletzungen n Definition. Eine neurologische Zusatzverletzung bei Wirbelverletzungen liegt dann vor, wenn das Rückenmark, die Cauda equina oder die spinalen Nervenwurzeln mitverletzt sind und als Folge ein unterschiedlich ausgeprägtes sensibles oder motorisches Defizit nachweisbar ist. Bei der Commotio spinalis bestehen vorübergehende klinische Ausfallerscheinungen ohne morphologisches Korrelat. Die Contusio spinalis ist durch eine Einblutung in das Mark gekennzeichnet, die über Resorption und Organisation in ein narbiges Defektstadium mündet. Eine Compressio spinalis ist durch eine raumfordernde Einblutung gekennzeichnet.
Unterschieden wird die komplette traumatische von der inkompletten Querschnittslähmung. Zur Dokumentation der neurologischen Veränderungen hat sich das FrankelSchema bewährt.
Unterschieden wird die komplette traumatische von der inkompletten Querschnittslähmung. Zur Dokumentation der neurologischen Veränderungen hat sich das FrankelSchema bewährt: A: vollständige motorische und sensible Lähmung B: vollständige motorische, inkomplette sensible Lähmung C: inkomplette motorische Lähmung ohne Nutzen bei teilweise erhaltener Sensibilität D: inkomplette motorische Lähmung mit Nutzen bei teilweiser oder voll erhaltener Sensibilität E: normale motorische und sensible Funktion.
Diagnose und Therapie. Entscheidend ist die exakte neurologische Verlaufsbeobachtung. Die Prognose ist umso günstiger je früher eine Dekompression erfolgt (s. Kap. B-31.7).
Diagnose und Therapie. Entscheidend ist die exakte neurologische Ver-
laufsbeobachtung, die an der Unfallstelle beginnt und subtil weitergeführt werden muss. Je früher die Dekompression erfolgt, desto günstiger ist die Prognose. Die Operationsindikation ist von Verletzungsart und -ausmaß abhängig (s. Kap. B-31.7).
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27.2.5 Becken und Oberschenkel 27.2.5
Becken und Oberschenkel
27.2.5
Becken und Oberschenkel
Beckenfrakturen
Beckenfrakturen
Beckenfrakturen sind mit einem Anteil von 3 % an allen Frakturen relativ selten. Mit Ausnahme einfacher Bruchformen sind sie jedoch in der Regel Ausdruck einer massiven Gewalteinwirkung auf den Organismus, so steigt die Rate der Beckenfrakturen bei Polytraumatisierten auf > 20 %. Altersmäßige Häufigkeitsgipfel finden sich zwischen dem 2. und 3. und dem 75. und 85. Lebensjahr. Bei Beckenfrakturen unterscheidet man zwischen Frakturen des Beckenringes und des Azetabulums.
Die Inzidenz beträgt 3 % aller Frakturen, bei Polytraumatisierten 20 %.
Beckenringfraktur
Beckenringfraktur
Morphologie und Biomechanik. Die knöcherne Grundlage des Beckenringes bilden die beiden jeweils durch Verschmelzung von Darm-, Sitz- und Schambein entstandenen Hüftbeine und das Kreuzbein ( 1 B-27.93).
Morphologie und Biomechanik. Die knöcherne Grundlage des Beckenringes bilden die beiden jeweils durch Verschmelzung von Darm-, Sitz- und Schambein entstandenen Hüftbeine und das Kreuzbein ( 1 B-27.93).
1 B-27.93
Synopsis Morphologie und Biomechanik des Beckenringes
Häufigkeitsgipfel finden sich zwischen dem 2. und 3. und 75. und 85. Lebensjahr. Unterschieden werden Beckenring- und Azetabulumfrakturen.
Schematische Darstellung der ligamentären Beckenringverspannung. Die Pfeile kennzeichnen die Lastübertragung vom Rumpf über das Becken auf die unteren Extremitäten.
2
3 4 5
1
1 Symphyse 2 Iliosakralgelenke 3 Lig. sacroiliacum dorsalis 4 Lig. sacrospinale 5 Lig. sacrotuberale
Untereinander existieren keine knöchernen Verbindungen, die Kräfte werden über Synchondrosen weitergeleitet: ventral die Symphyse und dorsal die beiden Iliosakralgelenke. Die beim aufrechten Gang auftretenden Verschiebekräfte werden durch kräftige Bandstrukturen neutralisiert, die die 3 knöchernen Anteile dorsal fest miteinander verbinden. Aufgrund der anatomischen Struktur des Kreuzbeines kommt den massiven Ligg. sacroiliaca dorsalia die Hauptbedeutung zu, da sie ein Wandern des Kreuzbeines nach ventral-kaudal verhindern ( 1 B-27.93). Die sakrospinalen und sakrotuberalen Bänder neutralisieren die beim aufrechten Gang anfallenden Rotationskräfte und dienen als intrapelvine ligamentäre Zuggurtung. Aufgabe des Beckenringes ist die Übertragung der Last des Rumpfes auf die unteren Extremitäten. Der Hauptkraftfluss wandert dabei von der Wirbelsäule über die Iliosakralgelenke auf das Pfannendach beidseits. Die Symphyse spielt für die Stabilität des Beckenringes im Vergleich zu den Iliosakralgelenken nur eine untergeordnete Rolle.
Klassifikation. Aufgrund der besonderen Bedeutung der dorsalen Strukturen für die Stabilität des Beckenringes orientiert sich die Klassifikation der Beckenringfrakturen an dem Ausmaß des Stabilitätsverlustes des dorsalen Ringsegmentes. Nach der AO-Klassifikation unterscheidet man A-, B- und C-Verletzungen. A-Frakturen mit erhaltener dorsaler Stabilität = stabile Beckenringfrakturen (mit 55 % häufigster Verletzungstyp). Diese Gruppe umfasst die sog. Beckenrandfrakturen, vordere Beckenringfrakturen ohne oder mit minima-
Die beiden Hüftbeine werden durch Synchondrosen verbunden, ventral durch die Symphyse und dorsal durch die beiden Iliosakralgelenke. Die Verschiebe- und Rotationskräfte werden durch die Ligg. sacroiliaca dorsalia ( 1 B-27.93) sowie die sakrospinalen und sakrotuberalen Bänder neutralisiert. Aufgabe des Beckenringes ist die Übertragung der Last des Rumpfes auf die unteren Extremitäten. Der Hauptkrafteinfluss wandert dabei von der Wirbelsäule über die Iliosakralgelenke auf das Pfannendach beidseits. Klassifikation. Die Klassifikation der Beckenringfrakturen orientiert sich am Ausmaß des Stabilitätsverlustes des dorsalen Ringsegmentes. A-Frakturen sind stabile Beckenringfrakturen (Beckenrandfrakturen, vordere Beckenringfrakturen und
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27 Traumatologie
extrapelvine Kreuzbein- und Steißbeinfrakturen) ( 1 B-27.94 a). B-Frakturen sind Verletzungen mit rotatorischer Instabilität. Neben der Verletzung des ventralen Ringsegmentes kommt es in Form einer Kompressionsfraktur des Sakrums oder einer Teilruptur des Iliosakralgelenkes auch zu einer Verletzung des dorsalen Ringsegmentes ( 1 B-27.94 b).
1 B-27.94
ler Beteiligung des dorsalen Segmentes und extrapelvine Kreuzbein- und Steißbeinfrakturen ( 1 B-27.94 a). B-Frakturen mit teilweise erhaltener dorsaler Stabilität = Beckenringfrakturen mit rotatorischer Instabilität. Aufgrund der Gewalteinwirkung kommt es neben der Verletzung des ventralen auch zu einer Verletzung des dorsalen Ringsegmentes in Form einer Kompressionsfraktur des Sakrums oder einer Teilruptur des Iliosakralgelenkes. Die dorsalen Bänder sind jedoch intakt. Aufgrund des Verletzungsmusters kommt es zu einer Rotationsbewegung des Hemipelvis, der Beckenring ist nur bedingt stabil ( 1 B-27.94 b).
Synopsis AO-Klassifikation der Beckenringfrakturen
7 6 1 2 3 5 4 a A-Frakturen mit dorsaler Stabilität (stabile Beckenringfrakturen): Es handelt sich um Abrissfrakturen von Muskel- und Bandansätzen sowie isolierte Frakturen durch direktes Trauma. 1 Spina iliaca anterior superior (M. sartorius) 2 Spina iliaca anterior inferior (M. rectus femoris) 3 Os pubis 4 Os ischium 5 Tuber ossis ischii (Mm. biceps femoris) 6 Os sacrum 7 Os ileum.
b B-Frakturen mit teilweise erhaltener dorsaler Stabilität (Beckenringfrakturen mit rotatorischer Instabilität): Innen- oder Außenrotationsbewegung einer oder beider Beckenhälften am Beispiel einer Symphysensprengung.
c C-Fraktur mit kompletter dorsaler Instabilität (Beckenringfraktur mit translatorischer Instabilität): Alle stabilisierenden Strukturen des hinteren Beckenrings sind ein- oder beidseitig unterbrochen. Es resultiert eine Verschiebung der Beckenhälften.
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27.2.5 Becken und Oberschenkel C-Frakturen mit kompletter dorsaler Instabilität = Beckenringfrakturen mit translatorischer Instabilität. Diese Gruppe umfasst Frakturen, die eine vollständige Zerreißung des dorsalen Ringsegmentes aufweisen, entweder in Form vertikaler Frakturen des Ileums oder des Sakrums oder kompletten Rupturen der Iliosakralfuge. Durch die vollständige Zerreißung des dorsalen Ringsegmentes kommt es zur Dislokation des betroffenen Hemipelvis in vertikaler und horizontaler Richtung ( 1 B-27.94 c). Eine weitere Klassifizierung nach klinischem Gesichtspunkt unterscheidet 6 Instabilitäten ( 1 B-27.95): π transsymphysär π transpubisch π transiliakal π transazetabulär π transsakral und π transiliosakral.
1 B-27.95
1175 C-Frakturen: Dies sind Verletzungen mit kompletter dorsaler Instabilität und translatorischer Instabilität. Diese Frakturen weisen auch eine vollständige Zerreißung des dorsalen Ringsegmentes auf (vertikale Ileumfrakturen oder Sakrumfrakturen oder komplette Zerreißung der Iliosakralfuge, 1 B-27.94 c). Eine weitere Klassifizierung nach klinischem Gesichtspunkt unterscheidet 6 Instabilitäten ( 1 B-27.95).
Synopsis Klinische Klassifizierung der Beckeninstabilitäten
transiliosakrale Instabilität
transsakrale Instabilität
transiliakale Instabilität
transazetabuläre Instabilität transsymphysäre Instabilität
transpubische Instabilität
Begleitverletzungen. Als Ausdruck der Schwere des Traumas ist bei Beckenringfrakturen mit einem hohen Prozentsatz pelviner und extrapelviner Begleitverletzungen zu rechnen ( 1 B-27.96). An erster Stelle steht hierbei die retroperitoneale Massenblutung. Bei ca. der Hälfte der Verletzten mit einer instabilen Beckenringfraktur liegt ein Volumenmangelschock vor. Hauptblutungsquelle sind eröffnete Sakralvenenplexus und frakturierte Knochen. Weitere wesentliche Blutungsquellen sind Äste der A. und V. iliaca int. (Aa. und Vv. glutaea, pudenda, obturatoria). Blutungen aus den großen Iliakalgefäßen finden sich nur in 10–20 % der Massenblutungen. Verletzungen des Urogenitalsystems liegen bei ca. 10 % der Verletzten mit einer Beckenringfraktur vor. Es überwiegen Blasenrupturen, gefolgt von Harnröhrenrupturen ( 1 B-27.97), seltener sind Vaginalverletzungen. Intraabdominelle Verletzungen finden sich bei 2–3 % der Fälle in Form von Leber- oder Milzverletzungen. Darmverletzungen (1–2 %) betreffen überwiegend den Enddarmbereich. Sie bestehen zum einen aus Rupturen des Rektums oder Verletzungen des anorektalen Kontinenzorgans. Nervenschäden finden sich hauptsächlich in Form von Schädigungen des N. ischiadicus oder der lumbosakralen Plexus. Die Verletzungshäufigkeit variiert in Abhängigkeit vom Frakturtyp und kann bei Typ-C-Frakturen bis zu 60 % betragen.
Begleitverletzungen. Bei Beckenringverletzungen ist mit einem hohen Prozentsatz pelviner und extrapelviner Begleitverletzungen zu rechnen ( 1 B-27.96). Retroperitoneale Massenblutungen: Hauptblutungsquelle sind die Sakralvenenplexus, frakturierte Knochen und Äste der A. und V. iliaca interna. Blutungen aus den großen Iliakalgefäßen finden sich nur in 10–20 % der Massenblutungen. Verletzungen des Urogenitalsystems (10 %): 1 B-27.97. Intraabdominelle Verletzungen (2–3 %): vorzugsweise Leber- und Milzverletzungen. Darmverletzungen (1–2 %): sie betreffen überwiegend den Enddarmbereich. Nervenschäden: hauptsächlich N. ischiadicus oder lumbosakraler Plexus.
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1176
27 Traumatologie
1 B-27.96
Leber
Synopsis Begleitverletzungen bei Beckenringfraktur
Zwerchfell Milz Retroperitoneum
Darm Urogenitaltrakt
Nerven
Diagnose π Anamnese: Der Unfallmechanismus und Spontan- oder Druckschmerz im Beckenbereich können Hinweise auf eine Beckenverletzung geben. π Klinische Untersuchung: Neben den Kreislaufparametern ist auf Prellmarken, Hämatome (Damm oder Gesäß), eine relative Beinverkürzung sowie auf Blutungen aus Urethra und After zu achten.
Manuelle Kompression und Distraktion können Hinweise geben auf eine rotatorische bzw. translatorische Instabilität. Eine rektale bzw. vaginale Untersuchung muss ebenfalls bei Beckenverletzungen durchgeführt werden. Die periphere Durchblutung sollte ebenfalls kontrolliert werden und – soweit möglich – Sensibilität und Motorik im Becken-Bein-Bereich. π Röntgendiagnostik: Neben der Beckenübersichtsaufnahme ( 1 B-27.99 a) werden als Zusatzaufnahmen Inlet- bzw. Outlet-Aufnahmen durchgeführt mit einem 40Ω nach kranial bzw. 40 Ω nach kaudal gekippten Zentralstrahl ( 1 B-27.98). Das Computertomogramm kann Zusatzinformationen liefern ( 1 B-27.99 b).
Diagnose
Anamnese: Der Unfallmechanismus lässt häufig bereits auf eine Beckenverletzung schließen, z.B. Seitanprall, direkter Sturz auf das Becken, Abrissverletzung der Spina iliaca anterior superior oder inferior beim Sprint oder Sprung. π Klinische Untersuchung: Bereits am Unfallort können die Kenntnis des Unfallmechanismus und Angaben des Verletzten über Spontan- oder Druckschmerz im Beckenbereich sowie Harndrang Hinweise auf eine Beckenfraktur geben. Bei der klinischen Untersuchung im Schockraum der Klinik ist neben den Kreislaufparametern auf Prellmarken im Beckenbereich, Hämatom an Damm oder Gesäß, relative Beinverkürzung sowie Blutungen aus Urethra und After zu achten. Durch manuelle Kompression und Distraktion am Beckenkamm kann eine rotatorische, durch Zug am Bein eine translatorische Instabilität nachgewiesen werden. Bei der rektalen Untersuchung können Verletzungen des Kontinenzorgans oder die Luxierbarkeit der Prostata als Zeichen einer Verletzung des Diaphragma urogenitale erkannt werden. Bei Frauen sollte eine vaginale Untersuchung erfolgen. Die periphere Durchblutung sollte ebenfalls kontrolliert werden und – soweit möglich – Sensibilität und Motorik im Becken-Bein-Bereich. π Röntgendiagnostik: Die Beckenübersichtsaufnahme ( 1 B-27.99 a) bietet einen orientierenden Überblick. Veränderungen im ventralen Ringsegment und im Bereich der Hüftpfannen können gut beurteilt werden, ebenso gröbere Veränderungen im dorsalen Ringsegment. Ein genauer Überblick über die Verletzung des dorsalen Segmentes ist jedoch häufig nicht möglich. Begleitverletzungen wie Frakturen des Querfortsatzes des 5. Lendenwirbels oder knöcherne Bandausrisse am Sakrum können Hinweise auf eine Verletzung des dorsalen Ringsegmentes sein. Übersichtsaufnahmen mit Kippen des Zentralstrahles um 40Ω nach kaudal (Outlet-Aufnahme) ( 1 B-27.98 b) oder 40Ω nach kranial (Inlet-Aufnahme) π
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
1 B-27.97
1177
Synopsis Urogenitalverletzungen bei Beckenringfraktur
a Blasendachruptur mit Perforation gegen die Bauchhöhle.
b Symphysenfraktur mit extraperitonealer Blasenruptur.
c Infradiaphragmatische Harnröhrenruptur.
d Supradiaphragmatischer Harnröhrenabriss.
e Urethrographie mit Nachweis eines supradiaphragmatischen Harnröhrenrisses ( Á).
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1178
27 Traumatologie ( 1 B-27.98 c) können eine Verschiebung der Beckenhälfte in vertikaler oder ventro-dorsaler Richtung zeigen. Das Computertomogramm kann zusätzliche Informationen liefern ( 1 B-27.99 b).
1 B-27.98
Synopsis Röntgendiagnostik bei Verdacht auf Beckenringfraktur
a Beckenübersicht.
b Outlet-Aufnahme.
c Inlet-Aufnahme.
40Ω
40Ω
n Merke. Die Feinbeurteilung des dorsalen Ringsegments ist nur durch ein Computertomogramm möglich. Vergleichende Studien haben gezeigt, dass bei alleiniger Berücksichtigung konventioneller Aufnahmen bis zu 60 % aller Veränderungen am dorsalen Beckenring nicht erkannt werden. Daher ist zur genauen Klassifikation und Operationsplanung eine CT-Untersuchung unerlässlich (mit Ausnahme der A-Verletzungen).
Merke
1 B-27.99
Beckeninstabilität: Beckenübersicht/CT
a Vollständige Beckeninstabilität bei Sprengung des Iliosakralgelenkes mit Fraktur der Massa lateralis (Á) und der Symphyse mit Fraktur des Schambeins ( Á Á).
b CT des gleichen Patienten mit Nachweis des frakturierten Iliosakralgelenkes (Á) und eines großen retroperitonealen Hämatoms ( Á Á).
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27.2.5 Becken und Oberschenkel Bei dem geringsten Verdacht auf eine Verletzung der ableitenden Harnwege (Mikro-/Makrohämaturie, Blutung aus der Harnröhre) erfolgt zunächst eine retrograde Harnröhrendarstellung. Der typische Kontrastmittelaustritt mit Blasenhochstand beweist den Harnröhrenriss. Zeigt sich die Harnröhre nicht verletzt, wird ein Dauerkatheter gelegt und die Blase mit Kontrastmittel gefüllt. Blasenrupturen lassen sich so nachweisen. Falls auch hier keine Verletzung feststellbar ist, erfolgt nun ein i.v. Urogramm zum Ausschluss einer Nieren- oder Harnleiterverletzung. π Abdomensonographie: Sie dient zur Beurteilung der parenchymatösen Bauchorgane und zum Nachweis oder Ausschluss freier intraabdomineller Flüssigkeit.
Therapie. Ziel der Therapie der Beckenringfrakturen ist die Wiederherstel-
lung der Stabilität des Beckenringes. Frakturen von Typ A (= erhaltene Stabilität) werden in der Regel konservativ (1-2-wöchige Bettruhe) behandelt mit kurzfristiger Immobilisierung und Analgetikagabe. Nur gelegentlich ist eine Operationsindikation gegeben, wie z.B. bei stark dislozierten Beckenrandfrakturen. Bei Frakturen vom Typ B (= rotatorische Instabilität) wird der ventrale Beckenring stabilisiert.
1 B-27.100
Besteht Verdacht auf eine Verletzung der ableitenden Harnwege, erfolgt eine retrograde Urethrographie. Zeigt sich die Harnröhre nicht verletzt, wird ein Dauerkatheter gelegt und die Blase mit Kontrastmittel gefüllt. Ist die Blase unverletzt, erfolgt ein i.v. Urogramm zum Ausschluss einer Nieren- oder Harnleiterverletzung. π Abdomensonographie: Sie dient zur Beurteilung der parenchymatösen Bauchorgane und zum Nachweis oder Ausschluss freier intraabdomineller Flüssigkeit. Therapie. Ziel der Therapie der Beckenringfrakturen ist die Wiederherstellung der Stabilität des Beckenringes. A-Frakturen werden konservativ funktionell behandelt (1–2-wöchige Bettruhe). Bei den B-Frakturen wird der ventrale Beckenring stabilisiert.
Synopsis Interne Plattenosteosynthese bei Beckenringfraktur
a Die rechte Beckenschaufel wurde mit zwei 4-Loch-Platten, die Symphyse mit einer 4-Loch-Platte stabilisiert.
b, c Die Beckenübersichtsaufnahme zeigt eine Symphysensprengung (b [Á]), die mit einer 2-L-1⁄ 2 -Rohr-Platte osteosynthetisch versorgt wurde (c).
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27 Traumatologie
Bei den C-Frakturen erfolgt die ventrodorsale Stabilisation. Die operative Stabilisierung erfolgt in der Regel durch interne Plattenosteosynthese ( 1 B-27.100). Eine Alternative zur Behandlung dislozierter Frakturen im Bereich des vorderen Ringsegmentes ist der Fixateur externe ( 1 B-27.101).
1 B-27.101
Bei Frakturen vom Typ C (= translatorische Instabilität) müssen das ventrale und das dorsale Ringsegment stabilisiert werden. Die operative Stabilisierung erfolgt in der Regel durch interne Plattenosteosynthese, so z.B. an der Symphyse durch eine 4-Loch-Platte, bei den transiliakalen und transiliosakralen Instabilitäten durch 2 Platten ( 1 B-27.100). Eine Alternative zur Behandlung dislozierter Frakturen im Bereich des vorderen Ringsegmentes ist der Fixateur externe ( 1 B-27.101). Jeweils 2 Schanz-Schrauben pro Beckenhälfte werden oberhalb des Azetabulums eingebracht und über Querstangen gegeneinander verspannt. Aufgrund seiner biomechanischen Eigenschaften (mangelnde dorsale Kompression) eignet er sich nur bedingt zur Ausbehandlung dorsaler Instabilitäten.
Fixateur externe bei Beckenringfraktur
a Lokalisation des Fixateur externe.
b 3 Wochen nach Stabilisierung.
c Instabile Beckenfraktur mit kompletter Unterbrechung des dorsalen Beckenrings und begleitender Dickdarmverletzung. Nach Anlage eines protektiven Stomas Stabilisierung mit einem Fixateur externe.
Komplexe Beckentraumen
Komplexe Beckentraumen
Bei »komplexen« Beckentraumen ist ein aktives chirurgisches Vorgehen indiziert mit frühzeitiger Intubation, massiver Volumensubstitution und temporärer Stabilisierung über Fixateur oder Beckenzwinge ( 1 B-27.102). Die definitive Stabilisierung erfolgt dann später.
Die Beckenringfraktur stellt häufig nicht das Hauptproblem dar, vielmehr bestimmen die Begleitverletzungen den weiteren Verlauf. Diese »komplexen« Beckentraumen verlangen ein frühzeitiges, aktives chirurgisches Vorgehen, beginnend bereits in der präklinischen Phase mit einer adäquaten Volumentherapie und frühzeitigen Intubation und Beatmung des Patienten. In der Klinik muss zunächst die weitere Stabilisierung der Vitalfunktionen parallel zur Basisdiagnostik erfolgen (klinische Untersuchung, Röntgen-Thorax- und Beckenaufnahmen, Sonographie, Labor). Bei ausgeprägter dorsaler Instabilität kann gelegentlich das notfallmäßige Anlegen einer Beckenzwinge ( 1 B-27.102) die Kreislaufsituation verbessern. Durch Kompression und temporäre Stabilisierung des dorsalen Beckenringes können Blutungen aus den Sakralvenenplexus und dem Knochen deutlich reduziert werden. Die definitive Stabilisierung erfolgt dann nach einigen Tagen. Bei instabiler Hämodynamik (trotz massiver Volumenzufuhr) erfolgt die chirurgische Blutstillung per Laparotomie und die einfache Stabilisierung des ventralen Beckenringes mit Platte oder Fixateur externe. Die retroperitonealen Blutmassen werden ausgeräumt, um das Risiko septischer Komplikationen zu senken. Zur Kontrolle ausgedehnter und diffuser Blutungen ist die Tamponade mit Tüchern ein sehr gutes Verfahren. Nach 48–72 Stunden werden die Bauchtücher wieder entfernt. Begleitverletzungen der ableitenden Harnwege und des Darmtraktes werden möglichst primär definitiv versorgt. Harnblasenverletzungen erfordern eine primäre Naht der Läsion mit suprapubischer Harnableitung, die Rekonstruktion der Harnröhre erfolgt in der Regel ca. 2 Monate später. Bei Darmverletzungen muss ein doppelläufiges Stoma angelegt werden. Zur Verringerung des Risikos septischer Komplikationen sollte die ausgeschaltete aborale Schlinge ausgespült (lavagiert) werden.
Bei instabiler Hämodynamik erfolgt die chirurgische Blutstillung per Laparotomie, retroperitoneale Blutmassen werden ausgeräumt.
Begleitverletzungen der ableitenden Harnwege und des Darmtraktes werden möglichst primär definitiv versorgt. Harnblasenverletzungen erfordern eine primäre Naht mit suprapubischer Harnableitung. Bei Darmverletzungen muss ein Stoma angelegt werden.
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1181
27.2.5 Becken und Oberschenkel
1 B-27.102
Beckenzwinge
Beckenzwinge zur temporären Kompression bei massiven Blutungen aus dem Sakralplexus.
Verletzungen des Sphincter ani müssen primär genäht werden, da schon nach einigen Tagen die anatomischen Strukturen nicht mehr sicher identifiziert werden können. Weichteilverletzungen werden radikal debridiert. In einer 2. Phase nach einigen Tagen erfolgt dann ggf. die Stabilisierung des dorsalen Ringsegmentes.
Verletzungen des Sphincter ani müssen primär genäht werden.
Azetabulumfraktur
Azetabulumfraktur
Morphologie. Nach Judet und Letournel ist das Azetabulum mit seinen
Morphologie. Nach Judet und Letournel wird morphologisch ein ventraler und ein dorsaler Pfeiler unterschieden ( 1 B-27.103).
angrenzenden knöchernen Strukturen als ein auf dem Kopf stehendes Y zu betrachten, wobei das Azetabulum im Schnittpunkt der Schenkel liegt. 2 Pfeiler bilden dieses Y, ein ventraler bzw. iliopubischer Pfeiler und ein dorsaler bzw. ilioischialer Pfeiler ( 1 B-27.103).
1 B-27.103
ventraler Pfeiler
Weichteilverletzungen werden radikal debridiert.
Morphologie des Azetabulums nach Judet und Letournel
dorsaler Pfeiler
ventraler Pfeiler
Der ventrale Pfeiler umfasst die vorderen Anteile der Darmbeinschaufel, die vordere Hälfte des Azetabulums und den oberen und unteren Schambeinast. Der dorsale Pfeiler umfasst neben dem Sitzbein und der dorsalen Hälfte des Azetabulums den dorsalen Anteil des Darmbeines bis in Höhe der Incisura
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1182
27 Traumatologie ischiadica major. Der gelenkbildende Anteil des hinteren Pfeilers ist die sog. hintere Wand.
Klassifikation. Judet und Letournel unterscheiden 5 Grundformen der Azetabulumfraktur (dorsaler Pfeiler, dorsaler Pfannenrand, ventraler Pfeiler, ventraler Pfannenrand und Querfraktur), hinzu kommen noch 5 Frakturtypen, die aus Kombinationen der Grundtypen entstehen.
Basierend auf dieser Einteilung hat die AO eine eigene Klassifikation der Azetabulumfrakturen vorgestellt.
1 B-27.104
Klassifikation. Aufbauend auf ihrer Zweipfeilertheorie haben Judet und
Letournel eine Klassifikation der Azetabulumfrakturen erarbeitet, die inzwischen weltweit akzeptiert ist. Dabei unterscheiden sie 5 Grundformen der Azetabulumfrakturen; hierbei ist jeweils ein Pfeiler ganz oder teilweise betroffen (dorsaler Pfeiler, dorsaler Pfannenrand, ventraler Pfeiler, ventraler Pfannenrand) oder bei der Querfraktur ist das Azetabulum horizontal in 2 ansonsten intakte Hälften gespalten. Hinzu kommen 5 Frakturtypen, die aus Kombinationen der Grundtypen entstehen. Basierend auf dieser Einteilung hat die AO eine eigene Klassifikation der Azetabulumfrakturen vorgestellt, die analog der Klassifikation der Extremitätenfrakturen auch eine Bewertung der Verletzungsschwere beinhaltet ( 1 B-27.104).
Synopsis AO-Klassifikation der Azetabulumfrakturen
A-Fraktur: Fraktur eines Pfeilers bei intaktem 2. Pfeiler.
B-Fraktur: Querfrakturen bei mindestens einem intakten Pfannendachanteil.
C-Fraktur: Frakturen beider Pfeiler. Das Azetabulum ist vollständig vom übrigen Becken abgetrennt.
Dabei unterscheidet man A-, B- und C-Frakturen ( 1 B-27.104).
Als A-Frakturen gelten hier Frakturen eines Pfeilers bei intaktem zweiten Pfeiler. Die B-Frakturen umfassen die verschiedenen Formen der Querfraktur, wobei mindestens ein Teil des Pfannendaches und die Verbindung zum Darmbein intakt sein muss. C-Frakturen sind definiert als Frakturen beider Pfeiler, wobei das Azetabulum völlig vom übrigen Becken abgetrennt ist.
Diagnose. Die Diagnostik stützt sich auf die röntgenologische Untersuchung mit Übersichtsaufnahmen und Schrägaufnahmen (Ala- und Obturator-Aufnahme) ( 1 B-27.105).
Diagnose. Da die Diagnose einer Azetabulumfraktur klinisch nicht sicher zu
stellen ist, stützt sich die Diagnostik ausschließlich auf die Röntgenuntersuchung. Zur genauen Klassifikation der Fraktur sind 3 standardisierte Aufnahmen notwendig ( 1 B-27.105). Neben der Beckenübersichtsaufnahme bzw. der a.p. Aufnahme der betroffenen Hüfte sind zwei 45Ω-Schrägaufnahmen erforderlich. Bei der Ala-Aufnahme wird die nicht verletzte Beckenhälfte um 45Ω angehoben, der Röntgenstrahl trifft senkrecht auf die Beckenschaufel. Bei der Obturator-Aufnahme wird die verletzte Beckenhälfte um 45Ω angehoben, der Röntgenstrahl trifft senkrecht auf das Foramen obturatum. Nur mit Hilfe dieser 3 Standardaufnahmen ist die genaue Klassifikation der Azetabulumfraktur möglich.
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
1 B-27.105
1183
Röntgendiagnostik bei Verdacht auf Azetabulumfraktur
a Beckenübersichtsaufnahme mit Nachweis einer Azetabulumfraktur ( Á).
b Ala-Aufnahme (Gegenseite um 45Ω angehoben). b–c: In der Ala- und ObturatorAufnahme kommt die doppelte Pfeilerfraktur ( Á) detailliert zur Darstellung.
c Obturator-Aufnahme (verletzte Beckenhälfte um 45Ω angehoben).
Das Computertomogramm kann die konventionelle Röntgendiagnostik nicht ersetzen, da mit ihm eine Klassifikation der Fraktur nicht möglich ist. Es ist jedoch ein wichtiges Hilfsmittel zur Beurteilung des Hüftgelenkes, zeigt das Ausmaß der frakturbedingten Gelenkinkongruenz und kann ansonsten nicht erkennbar kleine intraartikuläre Fragmente nachweisen. Zur Operationsplanung ist es somit unerlässlich.
Nur mit Hilfe dieser 3 Standardaufnahmen ist die genaue Klassifikation der Azetabulumfraktur möglich. Das Computertomogramm zeigt das Ausmaß der frakturbedingten Gelenkinkongruenz und ist zur Op-Planung unerlässlich.
Therapie. Ziel der Therapie der Azetabulumfrakturen ist die stufenlose Wie-
Therapie. Ziel der Therapie der Azetabulumfrakturen ist die stufenlose Wiederherstellung der Gelenkfläche zur Vermeidung einer Inkongruenzarthrose. Nur nicht dislozierte oder gering dislozierte Frakturen sind einer konservativen Behandlung zugänglich.
derherstellung der Gelenkfläche zur Vermeidung einer Inkongruenzarthrose. Demzufolge ist die Indikation zur konservativen Therapie nur bei nicht dislozierten Frakturen zu stellen. Aber auch nur gering dislozierte Frakturen bei vorbestehender Koxarthrose oder schwerwiegende internistische Vorerkrankungen können für ein konservatives Vorgehen sprechen. Die Behandlung besteht in der Immobilisierung des Patienten, deren Dauer in Abhängigkeit vom Frakturtyp steht, gelegentlich unter zeitweiliger suprakondylärer Extension des Beines zur Entlastung des Hüftgelenkes. Thromboseprophylaxe und Krankengymnastik sind zur Vermeidung von Komplikationen notwendig. Die operative Therapie besteht in der offenen Reposition der Fraktur mit stufenloser Wiederherstellung der Gelenkfläche und interner Stabilisierung durch Platten- und/oder Schraubenosteosynthese ( 1 B-27.106).
Die operative Behandlung besteht in der Wiederherstellung der Gelenkanatomie und interner Stabilisierung (Platten- und/oder Schraubenosteosynthese, 1 B-27.106).
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27 Traumatologie
1 B-27.106
Operative Therapie bei Azetabulumfraktur
a Beckenübersichtsaufnahme.
b Ala-Aufnahme.
c Operative Versorgung einer C-Fraktur mit vollständiger Zerstörung des Azetabulums. Die interne Stabilisierung erfolgte durch eine Platten- und Schraubenosteosynthese. Postoperative Maßnahmen: Neben der Thromboseprophylaxe ist die Gabe von Indometacin und die postoperative Weichteilbestrahlung wichtig.
Postoperative Maßnahmen: Neben der Thromboseprophylaxe sind Maßnahmen zur Verhinderung heterotoper Ossifikationen notwendig, die gehäuft bei dorsalen bzw. erweiterten Zugängen auftreten. Methode der Wahl ist neben der postoperativen Gabe von Indometacin (3 « 25–50 mg/d) die postoperative Weichteilbestrahlung. Durch die interne Stabilisierung ist eine frühfunktionelle Behandlung möglich.
Komplikationen. Als Begleitverletzungen können Läsionen des N. ischiadicus und der A. iliaca interna auftreten, letztere kann ggf. zum hämorrhagischen Schock führen. Zu den Spätkomplikationen gehören die Femurkopfnekrose, die heterotope periartikuläre Ossifikation und die Früharthrose.
Komplikationen. Zu den Begleitverletzungen bei bestehender zentraler Luxation zählen sowohl die posttraumatische als auch intraoperative Läsion des N. ischiadicus und der A. iliaca interna. Die Arterienverletzung kann zu erheblichen Blutungen, ggf. zum hämorrhagischen Schock führen. Zu den Spätkomplikationen gehören die Femurkopfnekrose und die heterotope periartikuläre Ossifikation. Gelenkstufen und Knorpelschäden können zur Früharthrose führen.
Untersuchungstechnik Hüftgelenk
Untersuchungstechnik Hüftgelenk
Anamnese. Wichtig ist der Zeitpunkt der Beschwerdesymptomatik, die Schmerzlokalisation und die Ausstrahlung der Schmerzen.
Anamnese. Gefragt werden muss nach der Dauer der Beschwerden akut
(Infektion) oder langsam (Arthrose), Schmerzlokalisation, Verschlimmerung und der Ausstrahlung der Schmerzen. Da die Hüftgelenkkapsel durch den N. obturatorius, N. ischiadicus und N. femoralis versorgt wird, können Schmerzen im Kniegelenk ihre Ursache im Hüftgelenk haben. Chronischer Alkoholismus, Gicht, Lupus erythematodes oder die Behandlung mit Steroiden über einen längeren Zeitraum können zu einer aseptischen Knochennekrose führen.
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
Inspektion. Zu achten ist auf die Höhe der Spina iliaca anterior superior bds.
Ein einseitiges Höhertreten der Spina iliaca anterior superior kann eine fixierte lumbale Skoliose, eine fixierte Adduktions- oder Abduktionsfehlstellung des Hüftgelenkes oder eine Beinlängendifferenz bedeuten. Bei der Gangprüfung ist auf Hinken zu achten. Dabei unterscheidet man ein Versteifungshinken, schmerzbedingtes Hinken, Verkürzungshinken und Trendelenburg-Hinken. Trendelenburg-Zeichen: Beim Einbeinstand wird die Seite des von der Unterlage abgehobenen Beines aufgrund der intakten Funktion des M. glutaeus medius des Standbeines angehoben. Bei Insuffizienz der Glutäalmuskulatur des Standbeines fällt die Beckenhälfte des angehobenen Beines ab ( 1 B-27.107).
1 B-27.107
1185 Inspektion. Zu achten ist auf die Höhe der Spina iliaca anterior superior bds., auf eine Beinlängendifferenz und ein hinkendes Gangbild. Man unterscheidet: Versteifungshinken, Verkürzungshinken, schmerzbedingtes Hinken, Trendelenburg-Hinken. Ein positives Trendelenburg-Zeichen ( 1 B-27.107) zeigt eine Insuffizienz der Glutäalmuskulatur an.
Synopsis Trendelenburg-Zeichen
a Beim Einbeinstand wird im Normalzustand die Beckenseite des elevierten Beines angehoben.
b Bei Insuffizienz des M. glutaeus medius neigt sich das Becken im Einbeinstand zur gesunden Seite.
Palpation. Palpiert werden die knöchernen Punkte der Spina iliaca anterior
Palpation. Palpiert werden die knöchernen Punkte der Hüfte (Spina iliaca anterior superior, Crista iliaca, Trochanter major etc.).
Funktionsprüfung. Diese erfolgt am liegenden Patienten. Normalwerte: Beugung/Streckung 130/0/10Ω, Ab-/Adduktion 45/0/30Ω, Innen-/Außenrotation 30/0/30Ω. Durch den Thomas-Handgriff kann die Lendenlordose beseitigt und eine Beugekontraktur im Hüftgelenk nachgewiesen werden ( 1 B-27.108). Bei der Ab- und Adduktion wird die eine Hand auf die Spina iliaca anterior superior gelegt, um das Becken zu stabilisieren.
Funktionsprüfung. Normalwerte: Beugung/Streckung 130/0/10 Ω , Ab-/Adduktion 45/0/30Ω , Innen-/ Außenrotation 30/0/30Ω. Durch den Thomas-Handgriff kann die Lendenlordose beseitigt und eine Beugekontraktur im Hüftgelenk nachgewiesen werden ( 1 B-27.108).
Weitere Diagnostik. Beckenübersichtsaufnahme, axiale Röntgenaufnah-
Weitere Diagnostik. Beckenübersichtsaufnahme, axiale Röntgenaufnahmen etc.
superior, die Crista iliaca, Trochanter major mit der Bursa trochanterica, Spina iliaca posterior superior und Tuber ischiadicum mit der Bursa. Es wird eine Verbindungslinie zwischen der Spina iliaca anterior und dem Tuber ischiadicum (Nelaton-Linie) gezogen. Der Trochanter major sollte bei normalen Verhältnissen auf oder unterhalb dieser Linie verlaufen. Bei Coxa vara oder Hüftverrenkungen verläuft der Trochanter major oberhalb dieser Linie.
men, Aufnahmen in Extension und Flexion sowie Ab- und Adduktion bei Korrekturosteotomien, Computertomogramm, z.B. bei Azetabulumfrakturen und Hüftluxationen, Kernspintomogramm, z.B. bei Hüftkopfnekrosen.
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27 Traumatologie
1 B-27.108
Synopsis Thomas-Handgriff
a Eine Maximalbeugung des gegenseitigen Beines durch Kippung des Beckens nach hinten führt zur Aufhebung der Lendenlordose. Bei Streckfähigkeit der untersuchten Hüfte bleibt das Bein auf der Unterlage liegen
25°
b Bei Vorliegen einer Beugekontraktur wird das Bein um das Ausmaß der fehlenden Streckfähigkeit angehoben.
Hüftgelenkluxation
Hüftgelenkluxation
Klassifikation. Unterschieden werden die häufigeren hinteren und die selteneren vorderen Hüftverrenkungen. Häufigste hintere Luxation ist die Luxatio iliaca (57 %) vor der Luxatio ischiadica (18 %), häufigste vordere Luxation die Luxatio iliopubica oder iliopectinea mit 20 % vor der Luxatio obturatoria (5 %). Pathogenese. Die hinteren Hüftverrenkungen entstehen häufig als Knieanprallverletzung bei gebeugtem und adduziertem Oberschenkel.
Klassifikation. Unterschieden wird zwischen den häufigeren hinteren und den selteneren vorderen Hüftverrenkungen. Bei den hinteren Luxationen dominiert die Luxatio iliaca mit 57 % vor der Luxatio ischiadica mit 18 %. Unter den vorderen Luxationen überwiegt die Luxatio iliopubica oder iliopectinea mit 20 % vor der Luxatio obturatoria mit 5 %.
Bei abgespreiztem Oberschenkel und außenrotiertem Hüftgelenk kommt es bei einem Anpralltrauma zu der seltenen vorderen Luxation.
Symptome. Es besteht eine erhebliche Schmerzhaftigkeit mit federnder Fixation entsprechend der Luxationsform ( 1 B-27.109 a–c). Bei der hinteren Luxation besteht eine Beinverkürzung, Innenrotation und Adduktion.
Bei der vorderen Luxation finden sich immer eine Abduktion und Außenrotation.
Diagnose. Röntgenbild ( 1 B-27.109 d).
Pathogenese. Die hinteren Hüftverrenkungen entstehen in der Regel als Knieanprallverletzung bei gebeugtem und adduziertem Oberschenkel. In Abhängigkeit von der im Augenblick der Verrenkung im Hüftgelenk bestehenden Beugung und Adduktion kommt es entweder zu einer hinteren oberen Luxatio iliaca oder einer hinteren unteren Luxatio ischiadica des Hüftkopfes. Bei abgespreiztem Oberschenkel und außenrotiertem Hüftgelenk kommt es bei einem Anpralltrauma zu der seltenen vorderen Luxation, wobei der Hüftkopf durch die vordere untere Gelenkkapsel in Richtung Schambein oder Foramen obturatum herausgehebelt wird. Ist das Hüftgelenk gestreckt, tritt eine Luxatio iliopubica auf, bei Beugung kommt es zur Luxatio obturatoria. Symptome. Die traumatische Hüftluxation ist besonders schmerzhaft, das
Gelenk ist federnd fixiert. Entsprechend der Luxationsform finden sich die typischen Stellungen des Beines ( 1 B-27.109 a–c). Bei der hinteren Luxation besteht eine Beinverkürzung, Innenrotation und Adduktion. Bei der Luxatio iliaca ist das verrenkte Bein so weit adduziert, dass beide Knie eng zusammenliegen. Bei der Luxatio ischiadica ist die Adduktion noch stärker, sodass das Knie auf dem Oberschenkel der gesunden Seite liegt. Bei der vorderen Luxation finden sich immer eine Abduktion und Außenrotation. Bei der Luxatio iliopubica ist das Bein stark außenrotiert, leicht abduziert und deutlich verkürzt. Bei der Luxatio obturatoria ist die Hüfte stark gebeugt und abduziert sowie außenrotiert.
Diagnose. Die definitive Diagnose liefert das Röntgenbild ( 1 B-27.109 d).
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
n Merke. Es sollte nach jeder Luxation eine Computertomographie oder eine MRT in reponiertem Zustand durchgeführt werden, um mögliche abgeschlagene Knorpelfragmente im Gelenk nachzuweisen.
Therapie. Die Reposition einer Hüftluxation ist ein Notfalleingriff, der bei optimaler Muskelrelaxation in Narkose erfolgen soll. Die Reposition erfolgt durch Längszug am Oberschenkel und eine Beugung im Hüft- und Kniegelenk ( 1 B-27.109 e). Eine offene Einrichtung ist bei Fragmentinterposition notwendig.
1 B-27.109
Merke
Therapie. Die Reposition ist ein Notfalleingriff, der in Narkose durchgeführt werden muss ( 1 B-27.109 e).
Synopsis Hüftgelenkluxation
a Luxatio iliaca: Hintere Luxation mit Innenrotation und Adduktion des betroffenen Beines.
b Luxatio iliopubica: Vordere Luxation mit Außenrotation und leichter Abduktion des betroffenen Beines.
d Beckenübersicht: Hüftgelenkluxation beidseits.
c Luxatio obturatoria: Vordere Luxation mit Außenrotation und stark gebeugter und abduzierter Hüfte.
e Zustand nach Reposition.
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27 Traumatologie
Komplikationen. N.-ischiadicus-Läsion, Hüftkopfnekrose, posttraumatische Arthrose, periartikuläre Verkalkungen.
Komplikationen. N.-ischiadicus-Läsionen durch Einklemmung des Nervs
Proximale Femurfrakturen
Proximale Femurfrakturen
Anatomie. Am proximalen Femurende werden 4 Abschnitte unterschieden ( 1 B-27.110 a): π Oberschenkelkopf π Oberschenkelhals π pertrochantäre Region π subtrochantäre Region. Oberschenkelschaftachse und Oberschenkelkopf bilden den sog. CaputCollum-Diaphysenwinkel (CCD-Winkel), der beim Erwachsenen normalerweise 125Ω –135 Ω beträgt. ( 1 B-27.110 b) Zur Kniegelenksachse besteht ein Winkel von 5–15 Ω nach vorn (Antetorsion) ( 1 B-27.110 c).
Anatomie. Am proximalen Femurende werden 4 Abschnitte unterschieden
zwischen Hüftkopf und Becken entstehen in 10–15 %, Hüftkopfnekrosen in 6–20 % und eine posttraumatische Arthrose in 10–15 % der Fälle. Eine weitere Komplikation besteht in periartikulären Verkalkungen.
( 1 B-27.110 a): Oberschenkelkopf π Oberschenkelhals π pertrochantäre Region π subtrochantäre Region. Der Winkel zwischen Oberschenkelschaftachse und Oberschenkelkopf wird als Caput-Collum-Diaphysenwinkel (CCD-Winkel) bezeichnet. Die normale Größe dieses Winkels beträgt beim Neugeborenen ca. 150Ω, verkleinert sich beim Jugendlichen auf ca. 140Ω und beträgt beim Erwachsenen (Wachstumsabschluss) 125–135Ω ( 1 B-27.110 b). Zur Kniegelenkachse besteht ein Winkel von 5–15Ω nach vorn (Antetorsion) ( 1 B-27.110 c). π
1 B-27.110
Synopsis Anatomie des proximalen Femurs OSK
5Ω
PTR CCD 5–15Ω
125
–13
OSH
STR
a
b
c Antetorsion des Femurs.
Caput-CollumAbschnitte des proximalen Diaphysenwinkel (CCD). Femurs: OSK Oberschenkelkopf OSH Oberschenkelhals PTR pertrochantäre Region STR subtrochantäre Region Für die Stabilität des Gelenkes sind verantwortlich: π anatomische Konfiguration von Hüftkopf und Hüftpfanne π Limbus π Unterdruck im Gelenk oder Bandapparat. Die arterielle Versorgung des Oberschenkelkopfes erfolgt über die π A. ligamenti capitis femoris π Aa. circumflexa femoris medialis et lateralis π intraossäre Durchblutung aus der Metaphyse ( 1 B-27.111). 80 % der Blutversorgung verläuft über die A. circumflexa femoris lateralis et medialis, 20 % über die A. ligamenti capitis femoris.
Für die Stabilität des Gelenkes sind verantwortlich: π die anatomische Konfiguration von Hüftkopf und Hüftpfanne π der Limbus und der Unterdruck im Gelenk π der Bandapparat (Lig. iliofemorale, Lig. ischiofemorale, Lig. pubofemorale). Die arterielle Versorgung des Oberschenkelkopfes hat eine besondere Bedeutung bei den Schenkelhalsfrakturen. Für die Durchblutung des Kopfes sind verantwortlich ( 1 B-27.111): π A. ligamenti capitis femoris, die in über 50 % der Fälle aus der A. obturatoria entspringt π A. circumflexa femoris medialis π A. circumflexa femoris lateralis π intraossäre Durchblutung aus der Metaphyse. 80 % der Blutversorgung verläuft über 3–4 Äste aus der A. circumflexa femoris lateralis (60 %) und medialis (25 %), die unter der periostalen Synovialis liegen. Sie verlaufen im gelenknahen Anteil der Synovialis und dringen fast an der Knorpel-Knochen-Grenze in den Kopf ein. 20 % der Gefäßversorgung des Kopfes verläuft über die A. ligamenti capitis femoris.
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
1 B-27.111
Arterielle Versorgung des Oberschenkelkopfes A. ligamenti capitis femoris Lig. capitis femoris
A. circumflexa femoris lateralis
A. circumflexa femoris medialis
A. femoralis A. profunda femoris
Hüftkopffraktur
Hüftkopffraktur
Pathophysiologie. Hüftkopffrakturen entstehen meist durch Verrenkungen, die zu einer Abscherung eines Kalottenfragmentes führen. Daneben können sie noch bei ausgeprägten Pfannenfrakturen infolge Abscherung entstehen, wobei das abgescherte Fragment in der Gelenkpfanne verbleibt.
Pathophysiologie. Hüftkopffrakturen entstehen durch Verrenkungen und infolge Abscherungen eines Kalottenfragmentes.
Begleitverletzungen. Knieverletzungen (hintere Luxationen, Tibiakopf-, Patella- und Femurkondylenfrakturen) werden in 25 % angegeben.
Begleitverletzungen. In 25 % Knieverletzungen.
Einteilung. Nach Pipkin werden 4 Typen unterschieden:
Einteilung. Die Einteilung der Hüftkopffrakturen erfolgt nach Pipkin in 4 Typen.
Symptome. Es besteht eine Beinfehlstellung und eine federnde Fixation im
Symptome. Beinfehlstellung, federnde Fixation im Gelenk und Bewegungsschmerzen sind feststellbar.
Diagnose. Anamnese und klinische Untersuchung ergeben den Verdacht auf
Diagnose. Anamnese und klinische Untersuchung sowie Röntgenaufnahmen des Beckens und der Hüfte ( 1 B-27.112 a), CT oder MRT sichern die Diagnose.
Therapie. Die Typ-1-Frakturen können bei exakter Fragmentadaptation konservativ behandelt werden, ansonsten ist die operative Entfernung des Fragmentes notwendig ( 1 B-27.112 b). Die Typ-2-Frakturen werden durch Schraubenosteosynthese versorgt. Bei den Typ-3-Frakturen ist in den meisten Fällen ein Hüftgelenksersatz notwendig. Die Typ-4-Frakturen erfordern die exakte Rekonstruktion des Azetabulums, ansonsten gelten die Grundsätze für die Typ-1- und Typ-2-Frakturen.
Therapie. Die Typ-1-Frakturen können meist konservativ behandelt werden, während die übrigen Frakturen operativ versorgt werden müssen ( 1 B-27.112 b).
Nachbehandlung. Mit einer Vollbelastung der verletzten Extremität sollte je nach Frakturtyp zwischen der 6. und 12. Woche begonnen werden.
Nachbehandlung. Mit einer Vollbelastung der verletzten Extremität sollte je nach Frakturtyp zwischen der 6. und 12. Woche begonnen werden. Komplikationen. Heterotope Ossifikationen, posttraumatische Arthrose und chronische Instabilität.
Typ 1: Kalottenfraktur unterhalb der Fovea, d.h. außerhalb der Belastungszone Typ 2: Abscherung eines großen Kopffragmentes mit der Fovea capitis Typ 3: Typ 1 oder 2 kombiniert mit Schenkelhalsfraktur Typ 4: Typ 1 oder 2 in Kombination mit einer Azetabulumfraktur.
Gelenk wie bei Hüftgelenkluxation. Der Patient klagt über Bewegungsschmerzen.
eine Hüftkopffraktur. Röntgenaufnahmen des Beckens, des Hüftgelenkes a.p. ( 1 B-27.112 a), Ala- und Obturator-Aufnahme sichern die Diagnose. Ergänzend wird eine CT oder MRT zum Nachweis weiterer chondraler oder osteochondraler Verletzungen durchgeführt.
Komplikationen. Heterotope Ossifikationen, posttraumatische Arthrose und chronische Instabilität.
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27 Traumatologie
1 B-27.112
Hüftkopffraktur
a Hüftkopffraktur Pipkin Typ II ( Á).
Schenkelhalsfraktur Definition
Epidemiologie. Die medialen Schenkelhalsbrüche (95 %) treten insbesondere bei älteren Menschen auf, während die lateralen Schenkelhalsbrüche (5 %) meist bei jüngeren Patienten auftreten. Einteilung. Die Einteilung nach Pauwels richtet sich nach dem Bruchlinienverlauf ( 1 B-27.113).
b Kalottenfraktur Pipkin Typ II, Operationssitus von a.
Schenkelhalsfraktur n Definition. Bruch des Oberschenkels zwischen Hüftkopf und Trochanter. Entsprechend dem Ansatz der Gelenkkapsel werden intrakapsuläre mediale und extrakapsuläre laterale Schenkelhalsbrüche unterschieden.
Epidemiologie. Die medialen Schenkelhalsbrüche (95 %) treten insbesondere bei älteren Menschen auf, während die lateralen Schenkelhalsbrüche (5 %) meist bei jüngeren Patienten auftreten. Einteilung. Die Einteilung nach Pauwels richtet sich nach
1 B-27.113 und unterscheidet 3 prognostisch wichtige Schweregrade: π Pauwels I: Frakturlinie zur Horizontalen bis 30Ω; auf die Bruchfläche wirken Druckkräfte, Heilungsprognose günstig π Pauwels II: Frakturlinie zur Horizontalen bis 50 Ω π Pauwels III: Frakturlinie zur Horizontalen > 50Ω, hochgradige Instabilität.
1 B-27.113
Synopsis Einteilung der Schenkelhalsfrakturen nach Pauwels
bis 30Ω
a Pauwels I
30–50Ω
b Pauwels II
50Ω und mehr
c Pauwels III
Die Einteilung nach Pauwels basiert auf der Analyse interfragmentärer Krafteinwirkung bei Schenkelhals-Abduktionsfrakturen. Ein Winkel der Frakturebene bis 30Ω gewährleistet hierbei eine größere interfragmentäre Kompression bei geringerer Scherkraft. Bei steileren Frakturen nimmt die komprimierende Kraft ab, die mögliche Scherkraft und damit die Instabilität zu. Mediale Schenkelhalsfrakturen lassen sich in Adduktions- und Abduktions-
Die medialen Schenkelhalsfrakturen lassen sich ihrerseits in zwei Frakturformen einteilen ( 1 B-27.114). Die Adduktionsfraktur zeigt eine Varusstel-
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
1191
lung des Schenkelhalses bei fehlender Einkeilung der Fragmente, während bei der Abduktionsfraktur eine Valgusstellung des Schenkelhalses mit Einstauchung der Bruchfragmente vorliegt. Letztere stellt eine Sonderform des Typ Pauwels I dar und tritt bei ca. 12 % aller medialen Frakturen auf. Durch die Einstauchung des Halses in die Kopfspongiosa ist diese Fraktur stabil.
frakturen unterteilen ( 1 B-27.114). Die Abduktionsfraktur ist durch die eingestauchten Bruchfragmente stabil und stellt eine Sonderform des Typs Pauwels I dar.
1 B-27.114
a
Synopsis Einteilung der medialen Schenkelhalsfrakturen
Adduktionsfraktur mit Varusstellung und fehlender Fragmenteinkeilung.
b Abduktionsfraktur mit Valgusstellung und eingestauchten Bruchfragmenten.
Die Einteilung nach Garden erfolgt entsprechend dem Dislokationsgrad der Fraktur: π Garden I: inkomplette Fraktur, entsprechend einer eingekeilten, valgisierten Fraktur (12 %) π Garden II: vollständige Fraktur ohne Dislokation (20 %) π Garden III: vollständige Fraktur mit teilweiser Verschiebung (48 %) π Garden IV: vollständige Fraktur mit vollständiger Verschiebung, kein Kontakt der Bruchflächen (20 %).
Die Einteilung nach Garden erfolgt entsprechend dem Dislokationsgrad. π Garden I: inkomplette Fraktur (12 %) π Garden II: vollständige Fraktur ohne Dislokation (20 %) π Garden III: vollständige Fraktur mit teilweiser Verschiebung (48 %) π Garden IV: vollständige Fraktur mit vollständiger Verschiebung (20 %).
Pathophysiologie. Schenkelhalsfrakturen entstehen zumeist als Folge eines
Pathophysiologie. Schenkelhalsfrakturen entstehen zumeist als Folge eines Sturzes auf den Trochanter oder auf das ausgestreckte Bein bzw. in Kombination mit einer Drehbewegung.
Sturzes auf den Trochanter oder auf das ausgestreckte Bein bzw. in Kombination mit einer Drehbewegung. Häufig ist die Ursache ein Bagatelltrauma, das infolge der Altersosteoporose beim alten Menschen zu einer Fraktur führt. Zuweilen können auch Zysten und Metastasen zu einer pathologischen Fraktur in diesem Bereich führen. Entgegen den röntgenmorphologischen Betrachtungsweisen von 2 Epiphysenfugen (Kopfkalotte und Trochanter major) wird bei kindlichen Schenkelhalsfrakturen das gesamte proximale Femurende von der Metaphyse durch eine einzige zusammenhängende, mehr oder weniger horizontal ausgerichtete Epiphysenfuge mit dachfirstartiger Ausbildung abgetrennt. Eine Zweiteilung der proximalen Wachstumsscheibe erfolgt etwa im 10.–11. Lebensjahr. Entsprechend betreffen alle kindlichen Schenkelhalsfrakturen vor dem 11. Lebensjahr die Wachstumsfuge, während Schenkelhalsfrakturen ab dem 11. Lebensjahr metaphysäre Frakturen darstellen. Die kindlichen Schenkelhalsfrakturen sind sehr selten, etwa 1 Fraktur pro 1 Mio. Einwohner.
Eine Zweiteilung der Wachstumsfuge erfolgt im 10.–11. Lebensjahr. Entsprechend betreffen alle kindlichen Schenkelhalsfrakturen vor dem 11. Lebensjahr die Wachstumsfuge, während Schenkelhalsfrakturen ab dem 11. Lebensjahr metaphysäre Frakturen darstellen.
Symptome. Die Abduktionsfraktur (Valgusstellung) macht in der Regel wenig klinische Symptome, evtl. ist ein Stauchungs- und Klopfschmerz festzustellen. Bei den Adduktionsfrakturen (Varusstellung) ist das Bein verkürzt und außenrotiert. Es besteht eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung.
Symptome. Während die Abduktionsfraktur (Valgusstellung) wenig klinische Symptome macht, liegt bei den Adduktionsfrakturen (Varusstellung) das Bein verkürzt und außenrotiert. Es besteht eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung.
Diagnose. Neben Anamnese und klinischer Untersuchung ist die Röntgenuntersuchung von entscheidender Bedeutung. Eine Beckenübersicht a.p.
Diagnose. Anamnese, klinische Untersuchung und Röntgenuntersuchung
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1192
27 Traumatologie
1 B-27.115
Synopsis Operative Verfahren bei Schenkelhalsfrakturen
a Schematische Darstellung unterschiedlicher Operationsverfahren.
Schenkelhalsfraktur.
Kopferhaltendes Operationsverfahren mit stabiler Schraubenfixation.
Kopfresektion mit Implantation einer Endoprothese (bei Patienten > 70 Jahre).
b Radiologische Darstellung nach kopferhaltendem Operationsverfahren
Postoperatives Bild mit Reposition und Valgisierung im Schenkelhalsbereich sowie Versorgung mittels einer dynamischen Hüftschraube und Zuggurtung des Trochanter major.
Röntgen rechte Hüfte a.p.: laterale Schenkelhals- bis pertrochantäre Oberschenkelfraktur rechts (Á) mit deutlicher Verkürzung und Außenrotationsfehlstellung.
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
1 B-27.115
1193
Synopsis Fortsetzung
Röntgen Becken a.p.: mediale Schenkelhalsfraktur links (Á) mit diskreter Dislokation.
Röntgen linke Hüfte: operative Versorgung mit Valgisierung des Hüftkopfes mittels einer Pol-Laschenschraube und Spongiosazugschraube. c Radiologische Darstellung nach kopfresezierenden Operationsverfahren
Röntgen Becken a.p.: dislozierte mediale Schenkelhalsfraktur links (Á) mit Verkürzung und Außenrotationsfehlstellung des Beines.
Postoperatives Röntgen linke Hüfte a.p.: Versorgung der Fraktur bei alten Patienten mit einer Hüftkopfprothese. Nebenbefundlich zeigt sich eine ausgeprägte Verkalkung der A. femoralis superficialis.
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27 Traumatologie
(Becken a.p., Hüfte in 2 Ebenen) sichern die Diagnose.
und eine Aufnahme des Hüftgelenkes in 2 Ebenen ist wichtig zur Beurteilung der Einstauchung in allen Ebenen.
Therapie. Für eine konservative, funktionelle Therapie sind nur stabile Abduktionsbrüche geeignet, welche in beiden Ebenen eingestaucht sind (Pauwels I). Alle übrigen Frakturen müssen operativ versorgt werden. Unter den operativen Verfahren ( 1 B-27.115) unterscheidet man kopferhaltende Operationen (bis etwa zum 70. Lj.) und kopfresezierende Operationen (Endoprothese). Kopferhaltende Verfahren ( 1 B-27.115 b) Grundsätze: π Sofortoperation (beim Kind: Notoperation) mit Gelenkkapselfensterung (Druckerniedrigung) π Reposition zur Durchblutungsverbesserung π stabile Schraubenfixation (Vermeidung von Resorptionsvorgängen, Verbesserung der intraossären Durchblutung). Die Reposition erfolgt durch Extension, Abduktion und Innenrotation.
Therapie. Für eine konservative funktionelle Therapie sind nur stabile
Kopfresezierende Verfahren ( 1 B-27.115 c): Jenseits des 70. Lebensjahrs sollte bei den Pauwels-II- und -III-Frakturen in Anbetracht des hohen Pseudarthrose- und Hüftkopfnekroserisikos ein primärer gelenkendoprothetischer Ersatz durchgeführt werden, um eine rasche Mobilisation zu ermöglichen.
Abduktionsbrüche geeignet, welche in beiden Ebenen stabil sind (Pauwels I, Garden I). Krankengymnastik mit zunehmender Belastung ist angezeigt. Alle übrigen Frakturen müssen operativ versorgt werden. Unter den operativen Verfahren ( 1 B-27.115) unterscheidet man: π kopferhaltende Operationen, etwa bis zum 70. Lebensjahr (entsprechend dem biologischen Alter), und π kopfresezierende Verfahren (Endoprothese) Für die kopferhaltenden Verfahren ( 1 B-27.115 b) gelten folgende Grundsätze: π Sofortoperation mit Gelenkkapselfensterung zur Evakuation des Hämatoms (Druckerniedrigung). Beim Kind handelt es sich um eine Notfalloperation. π Reposition zur Durchblutungsverbesserung. Dadurch kann ein sekundärthrombotischer Verschluss, der durch die Dislokation der abgeknickten Kopfgefäße entsteht, vermieden werden. π stabile Schraubenfixation zur Vermeidung von Resorptionsvorgängen im Frakturbereich und zur Verbesserung der intraossären Durchblutung. Das Repositionsmanöver wird durch Extension, Abduktion und Innenrotation durchgeführt. Bei Pauwels-II- und -III- bzw. Garden-III- und -IV-Frakturen im jugendlichen Alter kann diese Frakturform durch eine primäre Umlagerungsosteotomie in einen Pauwels-I-Frakturverlauf umgewandelt werden. Kopfresezierende Verfahren ( 1 B-27.115 c): Jenseits des 70. Lebensjahres sollte bei den Pauwels-II- und -III-Frakturen in Anbetracht des hohen Pseudarthrose- und Hüftkopfnekrosenrisikos ein primärer gelenkendoprothetischer Ersatz durchgeführt werden, um eine rasche Mobilisation zu ermöglichen.
Komplikationen. Pseudarthrosen und Femurkopfnekrosen (bis 40 %) u.a. bei medialen Schenkelhalsfrakturen können auftreten. Bei Kindern zusätzlich posttraumatische Wachstumsstörungen.
Komplikationen. Es kann zu Pseudarthrosen, insbesondere bei ungenügender Reposition, und Femurkopfnekrosen bis 40 %, insbesondere bei medialen Schenkelhalsfrakturen wegen gestörter Blutversorgung kommen. Bei kindlichen Schenkelhalsfrakturen beträgt die Pseudarthrosenrate 10 %, die Kopfnekroserate 35 %. Posttraumatische Wachstumsstörungen treten in 35 % auf.
Pertrochantäre Femurfraktur
Pertrochantäre Femurfraktur
Pathogenese. Der Frakturmechanismus entspricht dem der Schenkelhalsfrakturen. Das Alter des Patienten liegt meist jenseits des 75. Lebensjahres. Klassifikation. Nach der AO-Klassifizierung werden die pertrochantären Frakturen in A1–A3 eingeteilt ( 1 B-27.116).
Pathogenese. Der Frakturmechanismus entspricht dem der Schenkelhals-
frakturen. Das Alter der Patienten liegt meist jenseits des 75. Lebensjahres.
Klassifikation. Nach der AO-Klassifikation werden die pertrochantären
Frakturen in A1–A3 eingeteilt ( 1 B-27.116): A1: einfache pertrochantäre Fraktur. Die Bruchlinie verläuft nach medialdistal bis knapp oberhalb des Trochanter minor und beginnt lateral-proximal im Trochanter-major-Bereich. A2: mehrfragmentäre, pertrochantäre Frakturen. Es besteht eine Defektbildung am Adam-Bogen mit einem medialen Ausbruchskeil (in der Regel Trochanter minor). A3: intertrochantäre Frakturen mit oder ohne Trümmerzone. Häufig findet sich lateral ein ventrales und/oder dorsales Fragment.
Symptome. Das Bein ist verkürzt und außenrotiert. Es besteht eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung.
Symptome. Das Bein liegt in Verkürzung und Außenrotation. Es besteht
Therapie. In der Regel erfolgt eine operative Osteosynthese, da die
Therapie. Die konservative Therapie mit einer Extensionsbehandlung über
eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung, ein lokaler Druckschmerz sowie ein axialer Kompressionsschmerz.
10 Wochen ist wegen der allgemeinen Komplikationen (Thromboembolie,
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1195
27.2.5 Becken und Oberschenkel
1 B-27.116
Synopsis AO-Klassifikation der pertrochantären Femurfrakturen
a A1: einfache pertrochantäre Femurfraktur mit medial der Trochanteren verlaufendem Bruchspalt.
b A2: mehrfragmentäre, pertrochantäre Femurfraktur mit medialem Abbruch im Kalkar (Adam-Bogen), meist des Trochanter minor.
d Röntgen rechte Hüfte a.p.: laterale Schenkelhals- bis pertrochantäre Oberschenkelfraktur rechts (Á) mit nicht dislozierter Absprengung des Trochanter minus.
c A3: intertrochantäre Frakturen mit oder ohne Trümmerzone.
e Röntgen linke Hüfte a.p.: per- bis subtrochantäre Oberschenkelfraktur links mit ausgeprägter Absprengung des Trochanter minus im Sinne einer instabilen Fraktur.
Dekubitus, Pneumonie) nur in absoluten Ausnahmefällen gestattet. In der Regel erfolgt eine operative Osteosynthese ( 1 B-27.117). Zur operativen Versorgung erfolgt die Reposition in Extension, Abduktion und Innenrotation. Als Implantate stehen zur Verfügung ( 1 B-27.117). π Dynamische Hüftschraube (DHS): Mit diesem Implantat wird ein Zusammensintern der Bruchstücke möglich ohne die Komplikation starrer Implantate wie Implantatbruch und Penetration ins Hüftgelenk. Weniger zur Anwendung kommt heute die Kondylenplatte (bei A3-Frakturen) oder die dynamische Kondylenschraube (DCS). Weitere Verfahren stellen intramedulläre Kraftträger dar: π Gamma-Nagel; proximaler Femurnagel (PFN): geeignet insbesondere für A3-Frakturen.
konservative Therapie mit langer Immobilisation viele Komplikationen bedingt ( 1 B-27.117). Als Implantate stehen zur Verfügung ( 1 B-27.117): π dynamische Hüftschraube (DHS)
Komplikationen. Schraubenperforation bei inkorrekter Schraubenlage und ungenügender Reposition, Schaftsprengung beim Gamma-Nagel stellen die wichtigsten Komplikationen dar.
Komplikationen. Schraubenperforation, Schaftsprengung beim GammaNagel.
Gamma-Nagel; proximaler Femurnagel (PFN).
π
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1196 1 B-27.117
27 Traumatologie
Synopsis Operative Verfahren bei pertrochantärer Femurfraktur
a Schematische Darstellung verschiedener Operationsverfahren.
Dynamische Hüftschraube. Sie erlaubt ein bewusstes Zusammensintern der Frakturanteile und vermeidet dadurch die Komplikationen starrer Implantate.
Proximaler Femurnagel (PFN).
Gamma-Nagel.
PFN und Gamma-Nagel eignen sich für instabile Per-, Interund hohe subtrochantäre Frakturen.
b Radiologische Darstellung nach Frakturversorgung.
Röntgenaufnahme präoperativ bei pertrochantärer Femurfraktur (Á)
Stabilisierung mit einer DHS und einer Spongiosaschraube zur Stabilisierung der Rotation im a.p. und axialen Strahlengang.
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
1197
Subtrochantäre Femurfraktur
Subtrochantäre Femurfraktur
Pathogenese. Sie entsteht meist durch direkte Rasanztraumen bei Jugendli-
Pathogenese. Sie entsteht meist durch direkte Rasanztraumen bei Jugendlichen und Polytraumatisierten. Symptome. Das Bein liegt in Adduktion und Außenrotation ( 1 B-27.118).
chen und Polytraumatisierten.
Symptome. Das betroffene Bein zeigt eine typische Varusstellung mit Fle-
xion und Abduktion des proximalen Fragmentes durch die Muskelzüge der Mm. glutaeus medius, minimus und iliopsoas sowie Adduktion und Außenrotation des distalen Fragmentes (M. adductor) ( 1 B-27.118).
Klassifikation. Nach AO werden unterschieden:
A: einfache Frakturen (spiralförmig, schräg, quer) B: Keilfrakturen (Drehkeil, Biegungskeil und fragmentierter Keil) C: komplexe Frakturen (spiralförmig, etagenförmig und irregulär).
1 B-27.118
Klassifikation. Man unterscheidet nach AO A-, B- und C-Frakturen.
Synopsis Subtrochantäre Femurfraktur: typische Varusstellung durch Muskelzug
1 2
3
Das klinische Bild zeigt eine Varusstellung mit Flexion und Abduktion des proximalen Fragmentes durch die Muskelzüge der Mm. glutaeus medius und minimus (1) sowie des M. iliopsoas (2). Die Adduktion und Außenrotation des distalen Fragmentes wird durch die Adduktoren (3) verursacht.
Therapie. Die konservative Behandlung mit einer Extension über 10–12
Wochen ist aufgrund der allgemeinen Komplikationsrisiken kontraindiziert. An operativen Verfahren bieten sich an: π Die 95Ω-Kondylenplatte und die dynamische Kondylenschraube, die eine Zuggurtungsfunktion ermöglichen. Mit Hilfe indirekter Repositionsverfahren, z.B. durch den Distraktor kann unter Beachtung der Länge und Rotation auf eine anatomische Reposition der Fragmente verzichtet und damit die sonst obligate, mediale Spongiosaplastik vermieden werden. π Der Verriegelungsnagel ( 1 B-27.119 ) ist bei allen Frakturen geeignet, bei denen eine ausreichend lange Verankerungsstrecke im proximalen Fragment vorhanden ist.
Therapie. Die konservative Behandlung mit einer Extension über 10–12 Wochen ist aufgrund der allgemeinen Komplikationsrisiken kontraindiziert. An operativen Verfahren bieten sich an: π 95 Ω -Kondylenplatte und die dynamische Kondylenschraube π Verriegelungsnagel ( 1 B-27.119).
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1198
27 Traumatologie
1 B-27.119
Operative Versorgung der subtrochantären Femurfraktur
a Subtrochantäre Femurfraktur rechts.
b Versorgung mit proximalem Femurnagel (PFN).
Oberschenkelschaftfraktur
Oberschenkelschaftfraktur
Pathogenese. Sie entsteht meist durch große Krafteinwirkung und findet sich gehäuft bei polytraumatisierten Patienten. Klassifikation. Entsprechend der AO-Einteilung unterscheiden wir: π A-Frakturen (A1–A3) π B-Frakturen (B1–B3) und π C-Frakturen (C1–C3).
Pathogenese. Sie entsteht meist durch große Krafteinwirkung und findet sich gehäuft (20 %) bei polytraumatisierten Patienten. Klassifikation. Entsprechend der AO-Einteilung unterscheiden wir bei den
A-Frakturen die einfachen Spiralfrakturen A1, die einfachen Schrägfrakturen mit einem Frakturwinkel > 30Ω und die Querfrakturen mit einem Frakturwinkel < 30Ω (A3). Die B-Frakturen umfassen die Drehkeil- (B1), Biegungskeil- (B2) und fragmentierten Keilfrakturen (B3). Unter den C-Frakturen unterscheiden wir die komplexen Spiralfrakturen (C1), die segmentalen komplexen Frakturen (C2) und die irregulären komplexen Frakturen (C3).
Symptome. Es finden sich die typischen Frakturzeichen.
Symptome. Es finden sich die typischen Frakturzeichen (Schwellung,
Diagnose. Röntgenaufnahme des Femurs in 2 Ebenen, Aufnahme des Beckens und der Hüftpfanne zum Ausschluss einer Azetabulum- oder Schenkelhalsfraktur sowie Aufnahme des Kniegelenkes. Therapie. Oberschenkelfrakturen führen zu einem erheblichen Blutverlust (cave: Schock). Es ist daher auf ausreichende Volumensubstitution zu achten.
Diagnose. Die röntgenologische Darstellung des Beckens und vor allem der
Hämatom, Bewegungsschmerz, Krepitation, abnorme Beweglichkeit und Functio laesa). Als Folge der Anprallverletzung finden sich zuweilen Verletzungen der Patella und Kreuzbandrupturen. Besonders wichtig ist die Beachtung der Durchblutung, Motorik und Sensibilität.
Hüftpfanne zum Ausschluss einer begleitenden Azetabulum- oder Schenkelhalsfraktur sowie eine Röntgenaufnahme des Kniegelenkes (begleitende Patellafraktur) sind obligat.
Therapie. Oberschenkelfrakturen führen zu einem erheblichen Blutverlust.
Die Standardbehandlung beinhaltet eine ausreichende Volumensubstitution, gegebenenfalls eine frühzeitige Beatmung. Die Behandlung der Oberschenkelfraktur ist im Allgemeinen operativ. Als Primärmaßnahme kann in Ausnahmefällen die Extensionsbehandlung über
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27.2.5 Becken und Oberschenkel den Schienbeinkopf notwendig sein. Das Extensionsgewicht beträgt etwa 1⁄7 des Körpergewichts. Als primäre Stabilisierungsmaßnahme, vor allem beim Polytraumatisierten, ist deshalb die temporäre Anwendung des Fixateur externe ein bewährtes Verfahren. Als definitives Stabilisierungsverfahren ist die Marknagelosteosynthese das Verfahren der Wahl. In der Mehrzahl der Fälle wird der Marknagel als Verriegelungsnagel ( 1 B-27.120 a) Anwendung finden. Als weitere Möglichkeiten der Stabilisierung kommen, insbesondere bei offenen Frakturen, die Plattenosteosynthese ( 1 B-27.120 b) und der unaufgebohrte Marknagel als die Durchblutung wenig traumatisierendes Implantat in Frage. Im distalen Oberschenkeldrittel kommen als Implantate die Kondylenplatte und die DCS zur Anwendung.
1 B-27.120
1199 Die Behandlung der Oberschenkelfraktur ist im Allgemeinen operativ. Als primäre Stabilisierungsmaßnahme, vor allem beim Polytraumatisierten, ist deshalb die temporäre Anwendung des Fixateur externe ein bewährtes Verfahren. Als definitive Stabilisierungsverfahren ist die Marknagelosteosynthese das Verfahren der Wahl ( 1 B-27.120 a). Die Plattenosteosynthese ( 1 B-27.120 b) kommt insbesondere bei offenen Frakturen des Polytraumatisierten zur Anwendung.
Operative Versorgung der Oberschenkelschaftfraktur
b Plattenosteosynthese einer Oberschenkelfraktur (a.p. und seitlicher Strahlengang).
a Verriegelungsnagel (a.p.)
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1200
27 Traumatologie
Therapie kindlicher Frakturen
Konservative Verfahren ( 1 B-27.121) sind: π Overheadextension bei Kindern bis zum 2. Lebensjahr. π
Extensionsbehandlung auf dem Weber-Tisch, bei Kindern vom 3.–10. Lebensjahr.
1 B-27.121
Therapie kindlicher Frakturen. Kindliche Frakturen können konservativ
zur Ausheilung gebracht werden. Wegen der rascheren Mobilisierung setzt sich jedoch die elastische intramedulläre Schienung (s.u.) zunehmend durch. Konservative Verfahren ( 1 B-27.121): π Overheadextension bei Kindern bis zum 2. Lebensjahr. Die Extension erfolgt über Pflasterverbände bei rechtwinklig gebeugtem Hüftgelenk und gestrecktem Kniegelenk. π Extensionsbehandlung auf dem Weber-Tisch bei Kindern vom 3.–10. Lebensjahr. Der Vorteil dieser Extensionsbehandlung liegt in der röntgenologischen und klinischen Stellungskontrolle der Fraktur in allen 3 Ebenen einschließlich der Rotation und in dem pflegerischen Komfort. Nach 3 Wochen ist die Fraktur soweit konsolidiert, dass eine Nachbehandlung im Becken-Bein-Gips möglich ist.
Synopsis Konservative Verfahren zur Behandlung kindlicher Oberschenkelschaftfrakturen
a Overheadextension bei Kindern bis zum 2. Lebensjahr. Die Extension erfolgt über Pflasterverbände bei rechtwinklig gebeugtem Hüftgelenk und gestreckten Kniegelenken.
90Ω
90Ω
b Extensionsbehandlung auf dem Weber-Tisch bei Kindern vom 3.–10. Lebensjahr. Der Vorteil liegt in dem permanenten klinischen und radiologischen Zugang bei guter Pflegemöglichkeit. Nach 3 Wochen ist die Behandlung im Becken-Bein-Gips möglich.
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27.2.5 Becken und Oberschenkel
1201
Operative Behandlungsmöglichkeiten der Oberschenkelschaftfraktur beim Kind bestehen mittels Fixateur oder Plattenosteosynthese sowie durch elastische intramedulläre Drahtschienung.
Operative Verfahren: Platte, Fixateur externe, elastische intramedulläre Schienung.
Komplikationen. Verzögerte Heilung, Pseudarthrose, Infektion und Drehfehler (bei geschlossener Marknagelung) sind gefürchtete Komplikationen. Bei Kindern kann es nach operativer Behandlung zu einem vermehrten Längenwachstum der verletzten Seite kommen, insbesondere bei verspäteter Operation.
Komplikationen. Verzögerte Heilung, Pseudarthrose, Infektion, Drehfehler.
n Merke. Primäre Marknagelung bei gleichzeitig bestehendem Thoraxtrauma: erhöhte Gefahr eines ARDS.
Merke
Distale Oberschenkelfraktur
Distale Oberschenkelfraktur
Pathogenese. Sie entsteht oft durch ein direktes Anpralltrauma. Begleitver-
Pathogenese. Sie entsteht oft durch ein direktes Anpralltrauma. Begleitverletzungen der Patella sind häufig.
Klassifikation nach AO-Kriterien:
Klassifikation. Die Einteilung der Frakturen erfolgt nach den AO-Kriterien.
Symptome. Typische Frakturzeichen mit Verkürzung des Beines, Schwel-
Symptome. Verkürzung des Beines, Schwellung, Deformierung des Kniegelenkes und schmerzhafte Bewegungseinschränkung, evtl. blutiger Kniegelenkerguss. Durch den Muskelzug des M. gastrocnemius besteht eine Rekurvationsfehlstellung des distalen Fragmentes.
letzungen der Patella sind häufig.
A-Frakturen: suprakondyläre Frakturen B-Frakturen: partiell-artikulär, lateraler Kondylus (B1), medialer Kondylus (B2), frontaler Frakturverlauf (B3) C-Frakturen: komplette artikuläre Frakturen, artikulär einfach, metaphysär einfach (C1), artikulär einfach, metaphysär multifragmentär (C2), artikulär multifragmentär (C3).
lung, Deformierung des Kniegelenkes und schmerzhafte Bewegungseinschränkung sind zu erkennen. Durch den Muskelzug des M. gastrocnemius besteht eine Rekurvationsfehlstellung des distalen Fragmentes. Dies kann zu einer Verletzung der A. poplitea und des N. tibialis führen. n Merke. Wichtig ist die Überprüfung der Durchblutung, um eine Verletzung der A. poplitea auszuschließen ( 1 B-27.122)
Diagnose. Neben der Röntgenaufnahme des Oberschenkels in 2 Ebenen ist
eine Röntgenuntersuchung des Kniegelenkes in 2 Ebenen und eine Aufnahme der Hüfte obligat. n Merke. Durch den Anprallmechanismus können als Begleitverletzungen Kreuzbandrupturen und Luxationsfrakturen des Hüftgelenkes entstehen. Röntgenaufnahmen des Hüftgelenkes und Beckens sind daher obligat.
Merke
Diagnose. Röntgenaufnahme des Oberschenkels in 2 Ebenen, des Kniegelenkes in 2 Ebenen und eine Aufnahme der Hüfte. Merke
Therapie. Die konservative Behandlung stellt die Ausnahme dar. Sie erfolgt
Therapie. Die operative Versorgung der Fraktur ist die Regel und erfolgt mittels Kondylenplatte, dynamischer Kondylenschraube (DCS), LISSImplantat, Schraubenosteosynthese oder eines retrograd eingeführten Nagels.
Komplikationen. Gelenkinkongruenzen und Achsenfehlstellungen können eine posttraumatische Arthrose verursachen. Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk können durch Kapselschrumpfung und Muskelverwachsungen entstehen.
Komplikationen. Gelenkinkongruenzen, Achsenfehlstellungen, posttraumatische Arthrose, bleibende Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk.
über eine Tibiakopfextension und spezieller Lagerung im Frakturbereich zum Ausgleich der Rekurvation. Die operative Behandlung erfolgt mittels Kondylenplatte, dynamischer Kondylenschraube (DCS), LISS-Implantat (low impact screw system) oder eines retrograd vom Kniegelenk eingebrachten Nagels. B-Frakturen können auch durch Schraubenosteosynthese stabilisiert werden. Wichtig ist die Versorgung begleitender Knorpelverletzungen und Bandläsionen. Die Dauer der postoperativen Teilbelastung beträgt etwa 12 Wochen.
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1202
27 Traumatologie
1 B-27.122
Distale Oberschenkelfraktur mit Gefäßverletzung
a
c
b
Suprakondyläre Femurfraktur (a) mit angiographisch nachgewiesener Verletzung der A. femoralis (b). Nach Stabilisierung der Fraktur mit einem Fixateur externe erfolgte die Arterienrekonstruktion durch ein Veneninterponat (c) mit vollständiger Wiederherstellung der Durchblutung (d). d
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1203
27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel 27.2.6
Kniegelenk und Unterschenkel
Untersuchungstechniken Anamnese. Wichtig ist die Frage nach dem Unfallmechanismus, z.B. Verdre-
hung im Kniegelenk bei festgestelltem Unterschenkel (Meniskus), Blockierungen (freie Gelenkkörper), Wegknicken (Patellasubluxation, vordere Kreuzbandinsuffizienz). π Schmerz: Dieser ist bei partieller Seitenbandruptur stärker als bei totaler Ruptur. Schmerzen liegen tief popliteal bei vorderer Kreuzbandruptur durch Hämatomaustritt in die dorsale Kapsel. Messerstichartige Schmerzen finden wir bei Meniskuseinklemmung oder Blockade durch freie Gelenkkörper. π Erguss: Ein Hämarthros innerhalb der ersten 2 Stunden bedeutet eine signifikante Knieverletzung bis zum Beweis des Gegenteils. π Einknicken (giving-way): Dieses kann hervorgerufen werden durch: Subluxation des Tibiakopfes bei vorderer Kreuzbandinsuffizienz im Kniegelenk, bei Korbhenkelriss der Menisken, Dissekat oder Patellasubluxation.
Inspektion. Zu achten ist auf einen Erguss, eine Schwellung oder auf Infektionszeichen.
27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel Untersuchungstechniken Anamnese. Wichtig ist die Frage nach dem Unfallmechanismus, z.B. Verdrehung, Wegknicken, Bewegungsblockade. π
π
π
Instabilitätsprüfung π
π
Seitenbandapparat: Die Seitenbandstabilität wird in 20Ω-Beugung und in voller Streckung geprüft. In voller Streckung wird ein seitliches Aufklappen durch die hintere Kapsel und das intakte hintere Kreuzband verhindert, selbst wenn das mediale Seitenband rupturiert ist. Dagegen wird in 20Ω-Beugung die hintere Kapsel entspannt und das mediale Seitenband isoliert geprüft. Vordere Instabilität: Bei der vorderen Instabilität besteht eine normale Mittellage des Femurs auf der Tibia, bei der hinteren Instabilität liegt der Tibiakopf zu Beginn der Schubladenprüfung wegen der Schwerkrafteinwirkung in einer pathologischen hinteren Ruhestellung.
n Merke. Jede vordere Schublade ist erst dann eine vordere Schublade, wenn eine hintere Schublade ausgeschlossen ist.
Die vordere Instabilität lässt sich nachweisen durch den Lachman-Test und das Pivot-Shift-Phänomen ( 1 B-27.123). Der Lachman-Test gilt heute als sensitivste Untersuchung in der vorderen Kreuzbanddiagnostik. Er ist auch bei schmerzhaftem Kniegelenk durchführbar. Ein positiver Lachman-Test mit fehlendem ventralen Anschlag ist pathognomonisch für die vordere Kreuzbandruptur. Beim Pivot-Shift-Phänomen kommt es zu einer schmerzhaften vorderen Subluxation der Tibia, wenn das gestreckte Kniegelenk unter Ausübung einer Valguskraft, leichter Innenrotation und axialem Druck schnell gebeugt wird. Das Gelenk subluxiert vor allem im lateralen Kompartment, dessen Führung in Folge der Konvexität des Tibiaplateaus physiologischerweise weniger straff ist, als im medialen Kompartment. Die Subluxation erreicht ihr Maximum bei 20–30Ω Beugung. Übersteigt die Flexion 30Ω, kommt es zu einer ruckartigen Reposition, die durch den Tractus iliotibialis unterstützt
Erguss: Ein Hämarthros lässt Rückschlüsse auf die Schwere der Verletzung zu. Einknicken: Ein Einknicken gibt Hinweise auf verschiedene Verletzungen (z.B. Korbhenkelriss).
Inspektion. Zu achten ist auf einen Erguss, eine Schwellung oder auf Infektionszeichen.
n Merke. Eine Prellmarke am Tibiakopf kann Hinweis auf eine hintere Kreuzbandruptur sein.
Palpation. Tanzende Patella bei Erguss: mit der einen Hand wird der Erguss aus dem oberen Recessus gedrückt, während mit dem Zeigefinger der anderen Hand die Kniescheibe nach unten gedrückt wird. Bei einer Ruptur des Lig. patellae oder der Quadrizepssehne findet sich eine typische Dellenbildung, bei der Patellafraktur lässt sich eine Diastase palpieren.
Schmerz: Die Intensität und Lokalisation von Schmerzen geben Hinweise auf das Verletzungsausmaß.
Merke
Palpation. Bei einem Gelenkerguss findet sich das Bild der tanzenden Patella. Dellenbildung bei Lig. patellae und Quadrizepssehnenruptur, Palpation der Diastase bei Patellafraktur. Instabilitätsprüfung Seitenbandapparat: Die Seitenbandstabilität wird in 20 Ω-Beugung und in voller Streckung geprüft.
π
π
Vordere Instabilität: Bei der vorderen Instabilität besteht eine normale Mittellage des Femurs auf der Tibia, bei der hinteren Instabilität liegt der Tibiakopf zu Beginn der Schubladenprüfung wegen der Schwerkrafteinwirkung in einer pathologischen hinteren Ruhestellung. Merke
Die vordere Instabilität lässt sich nachweisen durch den Lachman-Test und das Pivot-Shift-Phänomen ( 1 B-27.123). Der Lachman-Test gilt heute als sensitivste Untersuchung in der vorderen Kreuzbanddiagnostik. Beim Pivot-Shift-Phänomen kommt es zu einer schmerzhaften vorderen Subluxation bei Valgusstress und Innenrotation bei vorderer Kreuzbandinsuffizienz.
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27 Traumatologie
1 B-27.123
Synopsis Bandtests am Kniegelenk Pivot-Shift: Gelenkschnappen (»Shiften«) beim passiven Test, hier Anbeugen des in Innenrotation/Abduktion gehaltenen Unterschenkels (vorderes Kreuzband).
Lachman-Test: (Umfassen des Kniegelenkes; dorsoventrale Verschiebung in leichter Flexionsstellung).
Schublade: Instabilität (vermehrte Verschieblichkeit) nach vorne (vordere Instabilität) oder nach hinten (hintere Instabilität).
Die Graduierung des Pivot-Shifts erfolgt von 1+ – 3+.
Ein echtes Pivot-Shift-Phänomen kann trotz vorderer Kreuzbandinsuffizienz teilweise verschwinden, z.B. bei vollständiger Seitenbandruptur oder Durchtrennung des Tractus iliotibialis.
π Hintere Instabilität: Bei der hinteren Instabilität wird die direkte hintere Schublade und die posterolaterale Rotationsinstabilität in 80 Ω Beugung und in Strecknähe geprüft ( 1 B-27.124).
Weitere Tests zur Überprüfung der hinteren Instabilität sind: π dorsaler Durchhangtest π Quadrizepskontraktionstest π umgekehrter Pivot-Shift.
wird, der hinter die Beugeachse gleitet und die Flexion und Außenrotation begünstigt. Graduierung des Pivot-Shifts: π kaum sehbares, aber fühlbares Gleiten nur in Innenrotation auslösbar, in Außenrotation verschwindend (1+) π deutlich in Innenrotation und Neutralrotation auslösbar, in Außenrotation verschwindend (2+) π ausgeprägtes Subluxationsphänomen in neutraler und noch stärker in außenrotierender Stellung vorhanden (3+). Ein echtes Pivot-Shift-Phänomen kann trotz vorderer Kreuzbandinsuffizienz teilweise verschwinden: π bei vollständiger medialer Seitenbandruptur π bei Durchtrennung des Tractus iliotibialis. π bei Korbhenkelläsion des medialen oder lateralen Meniskus, der die vordere Tibiatranslation oder deren Reposition behindert π bei zunehmender Arthrose im lateralen Kompartment mit osteophytärer Apposition, der das ehemals konvexe laterale Plateau konkav werden lässt. Hintere Instabilität: Bei der hinteren Instabilität wird die direkte hintere Schublade und die posterolaterale Rotationsinstabilität in 80Ω Beugung und in Strecknähe geprüft ( 1 B-27.124). Isolierte posterolaterale Instabilität (Popliteussehne, Lig. collaterale laterale): in Strecknähe maximale hintere Translation, in 80Ω Beugung maximale posterolaterale Rotation und minimale hintere Schublade. Isolierte hintere Kreuzbandläsion: maximale hintere Translation in Beugung, posterolaterale Translation weder in Beugung noch in Strecknähe festzustellen. Weitere Tests zur Überprüfung der hinteren Instabilität: Dorsaler Durchhangtest: Beide Kniegelenke werden parallel bei 90Ω Flexion gehalten. Bei hinterer Kreuzbandinsuffizienz zeigt das betroffene Knie eine schwerkraftbedingte Dorsalverschiebung des Tibiakopfes. Quadrizepskontraktionstest: Bei 90Ω flektiertem und dorsal subluxiertem Tibiakopf wird versucht, den Fuß von der Unterlage abzuheben, dann erπ
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27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel
1 B-27.124
Prüfung der hinteren Schublade bei Verdacht auf Kreuzbandläsion Bei fixiertem Unterschenkel und Beugung des Kniegelenkes kann die hintere Subluxation ausgelöst werden.
zeugt die Quadrizepskontraktion einen Tibiakopfvorschub bis in die ventrale Ruheposition, respektive bis das vordere Kreuzband angespannt ist. Erst dann erfolgt das Abheben des Fußes von der Unterlage. Umgekehrter Pivot-Shift: Der Untersucher ergreift den Fuß des Patienten, beugt ihn bis 90Ω unter gleichzeitiger Außenrotation des Fußes. Bei vorhandener posterolateraler Instabilität befindet sich das laterale Tibiaplateau in hinterer Subluxation. Wird das Knie unter Valgusdruck schnell gestreckt, rutscht das laterale Tibiaplateau bei 20–30Ω nach vorn in die Repositionsstellung. Bei erneuter Beugung fällt das Plateau wieder zurück in die Subluxation.
Ligamentäre Verletzungen des Kniegelenkes Inzidenz. In Deutschland werden etwa 20 000–30 000 vordere Kreuzbandverletzungen pro Jahr behandelt. Das Verhältnis der Ruptur des hinteren zur Verletzung des vorderen Kreuzbandes beträgt 1 : 10. Der häufigste Verletzungsmechanismus ist ein Innenrotationstrauma der Tibia gegenüber dem Femur oder ein kombiniertes Valgus-Außenrotationstrauma. Diagnose. (s. S. 1203 ff.). n Merke. Bei Kreuzbandrupturen ist immer an eine begleitende Meniskusverletzung zu denken.
Therapie. Verletzungen des häufig beteiligten medialen Seitenbandes mit
einem Instabilitätsgrad + und ++ werden konservativ funktionell, u.U. mittels Orthese behandelt. Verletzungen sowohl des vorderen als auch des hinteren Kreuzbandes werden beim sportlich aktiven jüngeren Patienten operativ behandelt. Bei knöchernem Abriss ist eine Refixation tibial mit Schrauben, femoral mit einer transossären Refixation möglich. Bei intraligamentären Rupturen ist der Ersatz des vorderen Kreuzbandes mit einem autologen Transplantat das Verfahren der Wahl. Das arthroskopische Vorgehen zeichnet sich durch folgende Vorteile aus: π fehlende Notwendigkeit einer Arthrotomie π die femorale Insertion des Kreuzbandes kann besser eingesehen werden π der Hoffa-Fettkörper wird geschont π die Muskelatrophie ist geringer. Für den operativen Erfolg sind folgende Punkte Voraussetzung: π richtige Positionierung und Spannung des Transplantates π sichere Fixation des belastungsfähigen Transplantates π Möglichkeit einer frühfunktionellen Nachbehandlung.
Ligamentäre Verletzungen des Kniegelenkes. Inzidenz. Verhältnis der Ruptur hinteres:vorderes Kreuzband 1:10. Häufigster Verletzungsmechanismus ist ein Innenrotationstrauma oder ein kombiniertes Valgus-Außenrotationstrauma. Diagnose. (s. S. 1203 ff.). Merke
Therapie. Verletzungen des häufig beteiligten medialen Seitenbandes mit einem Instabilitätsgrad + und ++ werden konservativ funktionell, u.U. mittels Orthese behandelt. Verletzungen des vorderen Kreuzbandes werden beim sportlich aktiven jüngeren Patienten operativ behandelt. Bei knöchernem Abriss ist eine Refixation tibial mit Schrauben, femoral mit einer transossären Refixation möglich. Bei intraligamentären Rupturen ist der Ersatz des vorderen Kreuzbandes mit einem autogenen Transplantat das Verfahren der Wahl. Vorteile des arthroskopischen Vorgehens: π keine Arthrotomie notwendig π Kreuzbandinsertion am Femur besser einsehbar π Schonung Hoffa-Fettkörper π geringere Muskelatrophie.
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1206
27 Traumatologie
Kombinationsverletzungen
Kombinationsverletzungen
Bei Valgus-Flexions-AußenrotationsVerletzungen werden sowohl das mediale Seitenband, das hintere mediale Innenband als auch das vordere Kreuzband zerrissen (sog. »unhappy triad«). Meist liegt ein rein ligamentäres Trauma mit einem Ausriss der Meniskusfixation im Bereich des Lig. collaterale mediale posterius vor. Bei der sehr seltenen Varus-Flexions-Innenrotations-Verletzung kommt es zur Ruptur des femorofibularen Seitenbandes, des hinteren Kreuzbandes und des Popliteus (laterale »unhappy triad«). Kniegelenkluxation Pathogenese. Kniegelenkluxationen sind Folge hochenergetischer Traumen bei Sportverletzungen und Verkehrsunfällen. Es wirken starke, direkt entgegenwirkende Kräfte auf Ober- und Unterschenkel. Sie sind häufig begleitet von Frakturen sowie Gefäß-, Nerven- und Bandverletzungen.
Am häufigsten finden sich Valgus-Flexions-Außenrotations-Verletzungen. Hierbei werden sowohl das mediale Seitenband, das hintere mediale Innenband als auch das vordere Kreuzband zerrissen. Diese Verletzungstrias wird auch als »unhappy triad« bezeichnet. Ursprünglich wurde dieser Trias ein Meniskusriss zugeordnet. In den meisten Fällen liegt jedoch lediglich ein Ausriss der Meniskusfixation im Bereich des Ligamentum collaterale mediale posterius vor. In analoger Weise kommt es bei der sehr seltenen Varus-Flexions-Innenrotations-Verletzung zur Ruptur des femorofibularen Seitenbandes, des hinteren Kreuzbandes und des Popliteus (laterale »unhappy triad«).
Diagnose. Meist totale Instabilität und Deformität feststellbar. Stabilitätstest: Lachman-Test und Prüfung der medialen und lateralen Bandstabilität. An Zusatzmaßnahmen neben Röntgen ( 1 B-27.125) und Doppler-Sonographie ist u. U. eine MRT indiziert.
Diagnose. Aufgrund der erheblichen Instabilität kann es bereits an der
Kniegelenkluxation Pathogenese. Kniegelenkluxationen sind Folge hochenergetischer Traumen
bei Sportverletzungen und Verkehrsunfällen. Es wirken starke, direkte entgegenwirkende Kräfte auf Oberschenkel und Unterschenkel. Sie sind häufig begleitet von proximalen Tibiafrakturen, Tibiakopfrandabbrüchen, Frakturen des Fibulaköpfchens und der Eminentia intercondylaris und können darüber hinaus zu schweren Verletzungen der A. und V. poplitea sowie der Nerven führen.
Unfallstelle zu einer spontanen Reposition kommen. Durch die starken Kapselzerreißungen ist kein Gelenkerguss nachweisbar. An Stabilitätstests werden durchgeführt: Der Lachman-Test sowie die Prüfung der medialen und lateralen Bandstabilität. An Zusatzmaßnahmen neben Röntgen ( 1 B-27.125) und Doppler-Sonographie ist u. U. eine MRT indiziert.
1 B-27.125
Hintere Kniegelenkluxation Hintere Kniegelenkluxation mit knöchernem Ausriss des hinteren Kreuzbandes (Á).
Merke
Therapie. Wichtigste Maßnahme ist die Reposition. Nach der Reposition ist eine erneute Kontrolle des neurovaskulären Status wichtig.
n Merke. Wichtig ist die Palpation und Doppler-Sonographie der Beinund Fußarterien sowie die Beurteilung der motorischen Funktion (Plantar-Dorsal-Flexion) und Beachtung der Sensibilität. Besonders beachtet werden muss die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms.
Therapie. Wichtigste Maßnahme ist die Reposition, die entsprechend der
Luxationsrichtung durch Zug an der Tibia und Anheben der proximalen Tibia nach vorn bei der dorsalen Knieluxation und durch Anheben des distalen Femurs bei der ventralen Luxation reponiert wird. Nach der Reposition ist eine erneute Kontrolle des neurovaskulären Status wichtig.
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1207
27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel Die Indikation zur Operation ist gegeben, wenn Begleitverletzungen von Nerven, Gefäßen und Bandläsionen vorhanden sind. Bis zur definitiven operativen Stabilisierung kann das Repositionsergebnis mit einem gelenkübergreifenden Fixateur externe gehalten werden.
Die Indikation zur Operation ist gegeben, wenn Begleitverletzungen von Nerven, Gefäßen und Bandläsionen vorhanden sind.
Komplikationen. Postischämische Schäden in Abhängigkeit von der Zeitdauer der Ischämie bis hin zur Amputation (4 %).
Komplikationen. Postischämische Schäden in Abhängigkeit von der Zeitdauer der Ischämie bis zur Amputation (4 %).
Meniskusverletzungen
Meniskusverletzungen
Anatomie. Der geringe knöcherne Kontakt der Femurkondylen einerseits
Anatomie. Zwischen die Gelenkkörper sind der halbmondförmige mediale Meniskus und der ringförmige laterale Meniskus zwischengeschaltet ( 1 B-27.126).
und des Tibiaplateaus wird durch die Menisken ausgeglichen. Der innere Meniskus ist mehr kommaförmig mit einem schmalen Vorder- und einem breiten Hinterhorn. Bei voller Beugung ist nur eine geringe bis 5,1 mm messende posteriore Verschiebung möglich. Dies hängt mit der Verwachsung der Zirkumferenz und mit der tiefen postero-medialen Schicht des medialen Kollateralbandes zusammen.
1 B-27.126
Anatomie der Menisken und Ligamente des Kniegelenks
Lig. patellae Tractus iliotibialis
mediales Kapselband
Meniscus lateralis Meniscus medialis
laterales Kapselband
Lig. collaterale mediale Semimembranosussehne
Lig. collaterale laterale Popliteussehne Lig. cruciatum posterius
Lig. cruciatum anterius
Lig. cruciatum posterius Lig. cruciatum anterius
dorsal
lateral
Das dorsale Meniskusdrittel weist starke Verbindungszüge zum hinteren Schrägband und zum M. semimembranosus auf. Der laterale Meniskus ist mehr ring- oder C-förmig, ist überall gleich dick und wird im Hinterhornbereich durch das Lig. meniscofemorale anterius (Humphrey) und das Lig. meniscofemorale posterius (Wrisberg) zusätzlich stabilisiert. Die größere dorsale Verschieblichkeit (11,2 mm) erklärt die geringe Verletzungsanfälligkeit des Außenmeniskus im Vergleich zum Innenmeniskus ( 1 B-27.126). Wesentliche Aufgaben der Menisken: π Stopdämpferfunktion π die Menisken vergrößern als Kongruenzverbesserer die Kontaktfläche zwischen Femur und Tibia um 40–50 %. π Stabilisierungselement. π Durch die Verteilung der Synovialflüssigkeit über die hyaline knorpelige Gelenkfläche wird die Ernährung der Knorpelflächen gesichert.
Der stärker fixierte Innenmeniskus wird weitaus häufiger verletzt als der Außenmeniskus.
Wesentliche Aufgaben der Menisken: Stoßdämpferfunktion π Kongruenzverbesserer π Stabilisierungselement π Verteiler der Synovialflüssigkeit π
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π π
Begrenzung von Hyperflexion und Hyperextension Propriozeption Druckentlastung des Knorpels.
27 Traumatologie π π
π
Begrenzung von Hyperflexion und Hyperextension Propriozeption: In den Meniskushinterhornbereichen wurde eine hohe Dichte von Propriorezeptoren gefunden, sodass man ihnen neben einer mechanischen auch eine von den Propriorezeptoren gesteuerte reflektorische Schutzfunktion zuschreiben muss. Druckentlastung des Knorpels.
Pathogenese. Meniskusverletzungen können bei Kreiselbewegungen, insbesondere Außenrotation im Kniegelenk bei fixiertem Unterschenkel, auftreten. Es kommt zu einer Einwirkung von Scherkräften auf den Meniskus.
Pathogenese. Meniskusverletzungen können bei einer Kombination von axialer Belastung und Rotationskräften auftreten, d.h. Kreiselbewegungen, insbesondere Außenrotation im Kniegelenk bei fixiertem Unterschenkel. Es kommt zu einer Einwirkung von Scherkräften auf den Meniskus, der zwischen femoralem und tibialem Kondylus eingeklemmt wird. Degenerative Veränderungen des Meniskus entstehen altersmäßig und werden verstärkt durch Überlastung, Achsenfehlstellungen und Knorpelabnutzungen.
Klassifikation. Meniskusläsionen werden nach Form und Lokalisation unterteilt.
Klassifikation. Meniskusläsionen werden nach Form (Längsruptur, Korbhenkelruptur, Horizontalruptur, Radiärruptur) und Lokalisation (Vorderhorn, Pars intermedia, basisnah) unterteilt.
Diagnose. Hervorstechendes Merkmal einer Meniskusverletzung ist die schmerzhafte aktive und passive Streckhemmung, die unmittelbar posttraumatisch oder intermittierend auftreten kann. Das Kniegelenk wird in leichter Beugestellung gehalten (Schonhaltung). Die zahlreichen Meniskustests erleichtern die Abgrenzung einer Meniskusläsion gegenüber anderen Kniegelenksverletzungen ( 1 B-27.127).
Diagnose. Hervorstechendes Merkmal einer Meniskusverletzung ist die schmerzhafte aktive und passive Streckhemmung, die unmittelbar posttraumatisch oder intermittierend auftreten kann. Das Kniegelenk wird in leichter Beugestellung gehalten (Schonhaltung). Diese Gelenksperre basiert auf der Einklemmung eines abgerissenen Meniskusanteils im femoro-tibialen Gelenkspalt, kann zuweilen aber auch schmerzbedingt reflektorisch verursacht sein. Die zahlreichen Meniskustests erleichtern die Abgrenzung einer Meniskusläsion gegenüber anderen Knieverletzungen. Wesentliche Meniskustests sind der mediale Druckschmerz im Gelenkspalt, der Apley-Grinding-Test, Überstreckungsschmerz und das Steinmann-Zeichen I + II ( 1 B-27.127). π Steinmann-Zeichen I: Rotation des Unterschenkels in Beugestellung führt zu Schmerzen im Gebiet des geschädigten Meniskus. Außenrotationsschmerz Á Innenmeniskus Innenrotationsschmerz Á Außenmeniskus. π Steinmann-Zeichen II: Wanderung des Schmerzes und der Druckempfindlichkeit im Kniegelenkspalt von ventral nach dorsal bei Beugung im Kniegelenk. π Böhler-Zeichen: Ab- (Außenmeniskus) oder Adduktionsschmerz (Innenmeniskus) im betroffenen Meniskusgebiet. π Apley-Grinding-Test: Der Patient liegt in Bauchlage, das Knie ist 90 Ω gebeugt. Die passive Rotation des Unterschenkels verursacht Schmerzen (analog Steinmann I). Der gleiche Test unter Zug am Unterschenkel weist bei Schmerz auf eine Kapsel-Band-Verletzung hin. π Payr-Test: Der Patient sitzt im Yogasitz. Druck auf die Innenseite verursacht Schmerzen bei Innenmeniskusläsion. Die weitere Diagnostik besteht in einer Röntgenkontrolle des betroffenen Gelenkes in zwei Ebenen, einer Sonographie und ggf. einer MRT.
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Steinmann-Zeichen I
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Steinmann-Zeichen II
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Böhler-Zeichen
π
Apley-Grinding-Test
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Payr-Test.
Des weiteren Röntgenkontrolle in 2 Ebenen, Sonographie und ggf. MRT. Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch muss an freie Gelenkkörper, eine hypertrophierte Plica mediopatellaris sowie eine Läsion des medialen Seitenbandes gedacht werden. Therapie. Bei geringen Beschwerden konservative Therapie, ansonsten Arthroskopie ( 1 B-27.128) mit Teilresektion des Meniskus oder Meniskusnaht.
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch muss an freie Gelenkkörper, eine hypertrophierte Plica medio-patellaris sowie eine Läsion des medialen Seitenbandes gedacht werden.
Therapie. Die therapeutischen Maßnahmen richten sich nach der Symptomatik des Meniskusrisses. Bei geringen Schmerzen und fehlendem rezidivierenden Erguss kann eine konservative Therapie mit Antiphlogistika, physikalischer Rehabilitation und Reduzierung der Aktivitäten zur Beschwerdefreiheit führen. Ansonsten ist die Arthroskopie das Verfahren der Wahl ( 1 B-27.128). Eine Teilresektion des Meniskus wird dann durchgeführt, wenn die avaskulären inneren 2⁄3 betroffen sind und die Rissform radiär, lappenförmig und degenerativen Ursprungs ist. Eine Meniskusnaht wird dann empfohlen, wenn das vaskularisierte periphere Drittel betroffen ist, eine zusätzliche Bandrekonstruktion durchgeführt wird und es sich um einen jungen sportlichen Patienten handelt.
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27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel
1 B-27.127
Synopsis Meniskus-Zeichen
a Steinmann I.
d Apply-Grinding-Test.
b Steinmann II.
c Böhler-Zeichen.
e Payr-Test.
Die unterschiedlichen Meniskus-Zeichen sind beispielhaft für den Innenmeniskus dargestellt. Am Außenmeniskus werden die gleichen Provokationstests in gegensätzlicher Richtung angewandt. Die Schmerzprovokation erfolgt durch Kompression des Gelenkspaltes.
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27 Traumatologie
1 B-27.128
Meniskusriss Radiärriss eines Innenmeniskus im Hinterhornbereich.
Patellaluxation
Patellaluxation
Anatomie. Die Patella ist das größte Sesambein des Menschen und in die Sehne des M. quadriceps femoris eingelagert. 50 % der Sehne inserieren an der kranial gelegenen Basis der Patella, während die restlichen Fasern direkt über die Kniescheibe hinwegziehen und anschließend direkt in das Lig. patellae einstrahlen. Die Stabilisierung der Patella erfolgt passiv und aktiv.
Anatomie. Die Patella ist das größte Sesambein des Menschen und in die
Pathogenese. In Beugestellung des Kniegelenkes kann bei fixierter Tibia in Außenrotation, durch forcierte Innenrotation des Femurs der Quadrizepsmuskel die Kniescheibe nach lateral luxieren. Folge sind osteochondrale Frakturen an der medialen Patellafacette oder im Bereich des lateralen Femurkondylus und Zerreißung des medialen Retinaculums. Klassifikation 1. akute traumatische Patellaluxation durch direkte Gewalt auf die Innenseite der Kniescheibe 2. akute habituelle Patellaluxation/ Subluxation begünstigt durch Formveränderungen der Patella, X-Beine, Lateralisation der Patella, Patella alta u.a.
3. rezidivierende Patellaluxation/ Subluxation bei dysplastischen Veränderungen oder nach insuffizient behandelter Erstluxation
Sehne des M. quadriceps femoris eingelagert. 50 % der Sehne inserieren an der kranial gelegenen Basis der Patella, während die restlichen Fasern direkt über die Kniescheibe hinwegziehen und anschließend in das Lig. patellae einstrahlen. Die Stabilisation der Patella erfolgt passiv und aktiv. Die passiven Stabilisatoren sind: π der Sulcus patellaris der Facies patellaris femoris π der weiter nach vorn springende Condylus femoris lateralis π die kielförmige Gelenkfläche der Patella π die femoro-patellaren und tibio-patellaren Ligamente. Die dynamischen Stabilisatoren sind: π der M. vastus medialis π die Adduktorenmuskulatur des Oberschenkels über die Lamina vastoadductoria π der M. vastus lateralis π der Tractus iliotibialis π die Muskeln des Pes anserinus, die durch eine Innenrotation des Unterschenkels stabilisierend wirken.
Pathogenese. In Beugestellung des Kniegelenkes kann bei fixierter Tibia in Außenrotation durch forcierte Innenrotation des Femurs der Quadrizepsmuskel die Kniescheibe nach lateral luxieren. Als Folge treten in 5 % der Fälle osteochondrale Frakturen an der medialen Patellafacette oder im Bereich des lateralen Femurkondylus auf. Das mediale Retinaculum zerreißt. Klassifikation
1. Akute traumatische Patellaluxation, häufig durch direkte Gewalteinwirkung auf die Innenseite der Kniescheibe verursacht. 2. Akute habituelle Patellaluxationen/Subluxationen: Prädisponierende Faktoren sind: π Formveränderungen der Patella π Genu valgum oder recurvatum π vermehrte Antetorsion oder Innenrotation des Femurs, Lateralisation der Patella π dysplastische Veränderungen des Femoropatellargelenkes π Patella alta (Hochstand der Patella) 3. Rezidivierende Patellaluxation/Subluxation: Beim Vorliegen dysplastischer Veränderungen, einer Muskelinsuffizienz oder einer insuffizient behandelten Erstluxation können Bagatelltraumen zu wiederholten Verrenkungen der Patella führen.
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27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel 4. Kongenitale Patellaluxationen: In seltenen Fällen kann es auch in Begleitung anderer Missbildungen zu angeborenen Patellaluxationen kommen.
4. kongenitale Patellaluxationen bei angeborenen Missbildungen.
Diagnose. Hervorstechendes Merkmal der Patellaluxation ist die Deformie-
Diagnose. Das Kniegelenk erscheint deformiert ( 1 B-27.129) und druckschmerzhaft.
rung des Kniegelenkes ( 1 B-27.129). Häufig kommt es zu einem Hämarthros. Palpatorisch besteht ein Druckschmerz im Bereich des medialen Retinaculums.
1 B-27.129
Patellaluxation Deformität der lateralen Gelenkkontur durch die luxierte Patella.
Röntgenologisch ist auf osteochondrale Verletzungen zu achten. Daneben findet sich in der Tangentialaufnahme der Kniescheibe häufig eine Dysplasie des Femoropatellargelenkes. Die Gelenkpunktion weist bei Vorliegen osteochondraler oder chondraler Verletzungen häufig einen Hämarthros mit Fettaugen auf. Eine Kniegelenkspunktion ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn keine Arthroskopie möglich ist. Eine Arthroskopie sollte zum Ausschluss von Knorpelschäden durchgeführt werden.
Die Röntgenuntersuchung umfasst die Knieaufnahme in 2 Ebenen zum Ausschluss knöcherner Begleitverletzungen und eine Tangentialaufnahme der Patella zur Beurteilung des Femoropatellargelenkes. Eine Arthroskopie sollte zum Ausschluss von Knorpelschäden durchgeführt werden.
Therapie. Erstluxationen werden häufig konservativ funktionell behandelt.
Therapie. Erstluxationen werden häufig konservativ funktionell behandelt. Chondrale Fragmente werden arthroskopisch entfernt, osteochondrale refixiert. Krankengymnastik zur Kräftigung der Quadrizepsmuskulatur ist angezeigt. Bei Versagen dieser Maßnahmen sind operative Maßnahmen angezeigt.
Patellafraktur
Patellafraktur
Pathomechanismus. Frakturen des größten Sesambeines entstehen durch
Pathomechanismus. Kniescheibenfrakturen entstehen durch direkte Gewalteinwirkung. Reißen die Retinacula, kommt es zu einer Dislokation der Fragmente.
Klassifikation. Unterschieden werden: Fissuren, osteochondrale Abspren-
Klassifikation. Fissuren, osteochondrale Absprengungen, obere und untere Polabrissfrakturen, Quer-, Längs- und Randfrakturen, Stern- und Trümmerbrüche. Symptome. Aktiver Streckausfall bei Zerreißung des Streckapparates, Weichteilschwellung, Hämarthros, tastbare Dehiszenz der Kniescheibe.
Kleine chondrale Fragmente werden arthroskopisch entfernt, osteochondrale refixiert. Das zerrissene Retinaculum kann unter arthroskopischer Kontrolle genäht werden. Bei den rezidivierenden Luxationen ist eine intensive krankengymnastische Übungstherapie zur Kräftigung der Quadrizepsmuskulatur angezeigt. Bei Versagen dieser Maßnahmen sind operative Verfahren wie proximale Rekonstruktion, »lateral Release« oder in seltenen Fällen eine Ansatzversetzung der Tuberositas angezeigt.
direkte Gewalteinwirkung (Knieanprall) oder Sturz auf das Knie. Reißen die Retinacula (Reservestreckapparat), kommt es zu einer Dislokation der Fragmente.
gungen, obere und untere Polabrissfrakturen, Quer-, Längs- und Randfrakturen, Sternfrakturen und Trümmerbrüche.
Symptome. Bei Zerreißung des Streckapparates besteht ein aktiver Streck-
ausfall. Das Bein kann nicht gestreckt hochgehoben werden. Es besteht eine erhebliche Weichteilschwellung und ein ausgeprägtes Hämarthros. In der Kniescheibe ist eine Delle tastbar (bei Dehiszenz).
Diagnose. Röntgenaufnahme des Kniegelenkes in 2 Ebenen ( 1 B-27.130).
Diagnose. Röntgenaufnahme des Kniegelenkes in 2 Ebenen ( 1 B-27.130).
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27 Traumatologie
1 B-27.130
Therapie. Unverschobene Brüche werden konservativ/funktionell behandelt (Gelenkpunktion, Gipsverband, Krankengymnastik).
Verschobene Brüche werden durch Zuggurtungsosteosynthese ( 1 B-27.131) stabilisiert.
Bei ausgedehnten Trümmerbrüchen ist die Indikation zur Patellektomie gegeben. Dabei ist eine exakte Rekonstruktion des Streckapparates notwendig.
Patellafraktur mit Dehiszenz. Röntgenaufnahme (seitlich und a.p.)
Therapie. Unverschobene Brüche mit erhaltener Streckfähigkeit eignen sich zu einer konservativ/funktionellen Behandlung. Diese beinhaltet neben der Gelenkpunktion zur Entlastung des Hämarthros einen primären, der Analgesie dienenden Gipsverband für etwa 3–4 Tage und eine anschließende intensive krankengymnastische Nachbehandlung. Bei dislozierenden Fragmenten besteht die Indikation zur operativen Stabilisierung. Das Verfahren der Wahl bei den Patellafrakturen ist die Zuggurtungsosteosynthese ( 1 B-27.131), welche allein oder in Kombination mit eingebrachten K-Drähten durchgeführt wird. Bei Längsfrakturen genügt die Schraubenosteosynthese. Die Kontrolle der Reposition kann unter arthroskopischer Sicht erfolgen, sodass eine größere Inzision vermieden werden kann. Bei ausgedehnten Trümmerbrüchen ist die Indikation zur Patellektomie gegeben. Dabei ist eine exakte Rekonstruktion des Streckapparates notwendig.
Nachbehandlung. Die Nachbehandlung erfolgt funktionell mit aktiver und passiver Bewegung. Das Metall wird frühestens nach 6 Monaten entfernt.
Nachbehandlung. Die Nachbehandlung der osteosynthetisch versorgten
Komplikationen. Retropatellararthrose, Pseudarthrose, Fragmentredislokation, Wundheilungsstörungen.
Komplikationen. Knorpelschädigungen aufgrund der Knorpelkontusion mit
Rupturen der Quadrizeps- und Patellarsehne
Rupturen der Quadrizeps- und Patellarsehne
Definition
Ätiologie. Meist ist ein direktes scharfes oder stumpfes Trauma für die Ruptur verantwortlich. Prädisponie-
Patellafrakturen ist in der Regel funktionell mit kontinuierlich assistierter Bewegung auf der Motorschiene. Eine Metallentfernung erfolgt frühestens nach 6 Monaten.
Ausbildung einer retropatellaren Arthrose, erneute Redislokation der Fragmente, Pseudarthrose, Wundheilungsstörungen.
n Definition. Der Streckapparat des Kniegelenkes ist außerordentlich belastbar. Bei isolierten Rissen sind in der Regel lokale Degenerationen nachweisbar. Die Patienten sind meist älter als 40 Jahre. Bei Quadrizepssehnenruptur besteht eine Verletzung der M.-rectus-femoris-Sehne entweder direkt an der Patella oder wenige Millimeter proximal.
Ätiologie. Neben einer Verletzung durch ein direktes scharfes oder stumpfes Trauma kann durch ein Anspannungstrauma gegen Widerstand oder durch Überspannung eine Ruptur eintreten. Prädisponierend wirken neben
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27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel
1 B-27.131
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Synopsis Zuggurtungsosteosynthese bei Patellafraktur
Reine Zuggurtung einer Patellaunterpolfraktur im a.p. und seitlichen Strahlengang. a Patellaquerfraktur mit einer einfachen doppelten Zuggurtung.
b Patellaquerfraktur mit Zuggurtung und zusätzlich K-Drahtfixation. Seitliche Röntgenaufnahme des rechten Knies (Patient von 1 B-27.130): Zustand nach Zuggurtungsosteosynthese.
c Unterpolfraktur mit Zuggurtung und zusätzlicher Zugschraube.
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27 Traumatologie
rend wirken Kortikoid-Injektionen sowie diverse Erkrankungen (z.B. Gicht).
Kortikoid-Injektionen in die Sehne diverse Erkrankungen wie Gicht, Kollagenose, Niereninsuffizienz.
Symptome. Die Streckung des Kniegelenkes ist nicht möglich.
Symptome. Das Leitsymptom ist die Unfähigkeit, das Knie zu strecken. Palpatorisch findet sich eine tastbare Lücke supra- oder infrapatellar.
Diagnose. Im Röntgenbild erkennt man einen Patellahochstand bei Patellarsehnenruptur und einen Patellatiefstand bei Quadrizepssehnenruptur.
Diagnose. Im Röntgenbild erkennt man einen Patellatiefstand bei Quadri-
Therapie. Rupturen werden operativ versorgt.
Therapie. Rupturen des Streckapparates werden operativ versorgt, da es bei
Unterschenkelfrakturen
Unterschenkelfrakturen
Anatomie. Der Unterschenkel besteht aus Tibia und Fibula, die miteinander durch die Membrana interossea verbunden sind. Im distalen Drittel ist der Umfang der Tibia am kleinsten (häufiger Lokalisationsort von Frakturen).
Anatomie. Der Unterschenkel besitzt einige Besonderheiten:
zepssehnenruptur und einen Patellahochstand bei Patellarsehnenruptur. Durch die Sonographie kann die Ruptur direkt dargestellt werden.
konservativer Behandlung zu einer Dehiszenz der Sehnenenden mit Ausbildung von insuffizientem Narbengewebe kommt. Die Operation beinhaltet neben der Adaptation der Sehnenenden eine Entlastung der Naht von Zugkräften durch Rahmennaht oder eine Zuggurtung bei der Lig.-patellae-Ruptur.
Aufgrund des dünnen ventralen Weichteilmantels ist ein Weichteilschaden (geschlossen oder offen) insbesondere bei direktem Trauma häufig.
Er besteht aus Tibia und Fibula, die miteinander durch die Membrana interossea verbunden sind. Die Tibia ist dreikantig, im distalen Drittel erhält der Knochen einen zylindrischen Querschnitt. Die Krümmung ist leicht S-förmig im proximalen Bereich medial, distal lateral konvex. Im distalen Drittel gehen beide Krümmungen ineinander über. In diesem Bereich ist auch der äußere Umfang am kleinsten (häufiger Lokalisationsort von Frakturen). Die Hauptmasse der Muskulatur liegt dorsalseitig. Die derbe Fascia cruris bildet zusammen mit den von ihrem oberflächlichen Blatt in die Tiefe zur Fibula ziehenden Septa intermuscularia und der Membrana interossea 4 voneinander vollständig getrennte, als Kompartments bezeichnete Kammern. Entsprechend ihrer Lokalisation unterscheiden wir das vordere Kompartment (M. tibialis anterior, M. extensor hallucis longus, M. extensor digitorum longus und M. peronaeus tertius), das laterale Kompartment mit den beiden Mm. peronaei mit dem überkreuzenden N. peronaeus profundus und dem N. peronaeus superficialis. Weiterhin werden das oberflächliche dorsale Kompartment mit dem M. triceps surae und das tiefe dorsale Kompartment, dessen Vorderwand aus den beiden dorsalen Flächen der Tibia und Fibula und der zwischen ihnen ausgespannten Membrana interossea besteht, unterschieden. Im tiefen dorsalen Kompartment liegen der M. tibialis posterior, M. flexor digitorum longus und M. flexor hallucis longus sowie die Vasa tibialia posteriora. Aufgrund einer Volumenzunahme (Hämatom, Ödem) oder durch vermehrten Druck von außen (zu fest angewickelte Verbände) kann durch die entstehende Druckerhöhung ein Kompartmentsyndrom entstehen. Die Gefäßversorgung der Tibia erfolgt über medulläre, epimetaphysäre und periostale Gefäße. Die Vasa nutritiae entspringen in der Regel aus den Vasa tibialia posteriora und erreichen von postero-lateral in Höhe der medialen Soleusansatzstelle zunächst subperiostal in einer Knochengrube, anschließend in einem schräg absteigenden 4–5 cm langen Knochenkanal verlaufend den Markraum. Auf ihrem subperiostalen und intrakortikalen Weg in den Markraum sind die Gefäße besonders verletzungsgefährdet. Die A. nutritia ist das Haupternährungsgefäß für die Tibiadiaphyse. Aufgrund des dünnen ventralen Weichmantels ist ein Weichteilschaden (geschlossen oder offen), insbesondere bei direktem Trauma häufig.
Tibiakopffraktur
Tibiakopffraktur
Die Muskelgruppen des Unterschenkels sind von derben Faszien umgeben. Diese vollständig getrennten Kammern werden als Kompartments bezeichnet. Man unterscheidet ein vorderes Kompartment, ein laterales Kompartment, sowie ein oberflächliches und ein tiefes dorsales Kompartment.
Aufgrund einer Volumenzunahme (Hämatom, Ödem) oder durch vermehrten Druck von außen (zu fest angewickelte Verbände) kann durch die entstehende Druckerhöhung ein Kompartmentsyndrom entstehen. Die Gefäßversorgung der Tibia erfolgt über medulläre, epimetaphysäre und periostale Gefäße.
Definition
n Definition. Hierbei handelt es sich um mono- oder bikondyläre intraartikuläre Frakturen der proximalen Tibia. Häufig finden sich begleitende Band- und Meniskusrisse sowie Knorpelverletzungen.
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27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel
Pathomechanismus. Sie entstehen meist durch indirekte Traumen, beson-
ders durch Sturz aus der Höhe oder durch seitliche direkte Krafteinwirkung auf den Unterschenkel in Kombination mit Rotationskräften. Aufgrund der physiologischen Valgusstellung von 9Ω bewirken axiale Kräfte bei gestrecktem Knie vorwiegend laterale Tibiakopfbrüche ( 1 B-27.132).
1 B-27.132
1215 Pathomechanismus. Sie entstehen meist durch indirekte Traumen (Sturz) oder durch seitliche direkte Krafteinwirkung in Kombination mit Rotationskräften ( 1 B-27.132).
Synopsis Pathomechanismus der Tibiakopffraktur Bei der physiologischen Valgusstellung von 9Ω verursachen axiale Krafteinwirkungen bei gestrecktem Bein vornehmlich laterale Tibiakopfbrüche.
9Ω
Klassifikation. Entsprechend der AO-Einteilung unterscheiden wir unter den A-Frakturen die häufigen extraartikulären Frakturen (A1) und unter den B-Frakturen die Spaltbrüche (B1), die Impressionsfrakturen (B2) sowie die Impressionsspaltbrüche (B3). Unter den C-Frakturen werden die Gelenkfrakturen zusammengefasst, d.h. die einfachen artikulären und metaphysären (C1), die einfachen artikulären und multifragmentären metaphysären (C2) und die multifragmentären artikulären Frakturen (C3). Unter den Schienbeinkopffrakturen machen die Luxationsfrakturen etwa 15 % aus. Die wesentlichen Typen dieser Luxationsfrakturen wurden von Moore definiert ( 1 B-27.133): Typ 1: medialer Spaltbruch mit einem instabilen dorsomedialen, keilförmigen Fragment. Typ 2: vollständige Fraktur eines Kondylus (Peronäusparesen!) Typ 3: Randausrissverletzungen (knöcherner Abriss des lateralen KapselBand-Apparates) Typ 4: Randimpression (meist mit komplexer Kniebandinstabilität vergesellschaftet) Typ 5: Vierteilbruch (höchste Inzidenz von neurovaskulären Begleitverletzungen).
Klassifikation. Entsprechend der AO-Einteilung werden A-, B- und C-Frakturen unterschieden. Unter den Schienbeinkopffrakturen machen die Luxationsfrakturen etwa 15 % aus. Die wesentlichen Typen dieser Luxationsfrakturen wurden von Moore definiert ( 1 B-27.133): Typ 1: medialer Spaltbruch mit einem instabilen dorsomedialen, keilförmigen Fragment. Typ 2: vollständige Fraktur eines Kondylus (Peronäusparesen!) Typ 3: Randausrissverletzungen (knöcherner Abriss des lateralen Kapsel-Band-Apparates) Typ 4: Randimpression (meist mit komplexer Kniebandinstabilität vergesellschaftet) Typ 5: Vierteilbruch (höchste Inzidenz von neurovaskulären Begleitverletzungen).
Symptome. Es besteht eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung mit
Symptome. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung, Gelenkinstabilität, (fast immer) Hämarthros.
Diagnose. Neben den Röntgenaufnahmen des Kniegelenkes in 2 Ebenen
Diagnose. Neben der radiologischen Standarddiagnostik in 2 Ebenen ( 1 B-27.134) können Schrägaufnahmen oder aber eine CT für die Op-Planung hilfreich sein. Eine begleitende Gefäßverletzung sollte durch eine Doppler-Sonographie ausgeschlossen oder aber bei Verdacht durch eine Angiographie belegt werden.
Gelenkinstabilität. Eine Weichteilschwellung und ein Hämatom, sowie fast immer ein Hämarthros sind vorhanden.
( 1 B-27.134) sind Schrägaufnahmen und Schichtaufnahmen in beiden Ebenen, zuweilen auch eine CT, hilfreich zur Planung des Therapieverfahrens. Mit besonderer Sorgfalt müssen neurovaskuläre Verletzungen oder ein Kompartmentsyndrom ausgeschlossen werden. Die rasche Diagnose eines Gefäßtraumas ist mit der Doppler-Sonographie problemlos möglich und beliebig wiederholbar. Die Verifikation erfolgt über Angiographie bzw. DSA (digitale Subtraktions-Angiographie).
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1216
27 Traumatologie
1 B-27.133
Synopsis Klassifikation der Luxationsfrakturen am Tibiakopf nach Moore
medial Typ 1
medial Typ 3
lateral Typ 2
lateral Typ 4
Typ 5
Typ 1: medialer Spaltbruch mit einem instabilen dorsomedialen, keilförmigen Fragment. Typ 2: vollständige Fraktur eines Kondylus (Peronäusparesen!) Typ 3: Randausrissverletzungen (knöcherner Abriss des lateralen Kapsel-Band-Apparates) Typ 4: Randimpression (meist mit komplexer Kniebandinstabilität vergesellschaftet) Typ 5: Vierteilbruch (höchste Inzidenz von neurovaskulären Begleitverletzungen).
1 B-27.134
Tibiakopfimpressionsfraktur Tibiakopfimpressionsfraktur in der a.p. Aufnahme (a) und der seitlichen Schichtaufnahme (b) mit Nachweis einer tiefen Impression mit Defektbildung (Á) und gleichzeitigem medialen ). Bandausriss (
a
b
Therapie. Eine konservative Behandlung ist nur bei Gelenkstufen bis 3 mm indiziert oder bei Kontraindikationen zur operativen Therapie. Wichtig ist eine frühzeitige Lagerung auf der Bewegungsschiene. Die operative Therapie ( 1 B-27.135) umfasst folgende Schritte: π Gelenkflächenrekonstruktion π Auffüllung des Defektes π stabile Fixation und π Rekonstruktion begleitender Meniskus- und Bandverletzungen.
Therapie. Konservativ können nur unverschobene und stabile Brüche mit
Nachbehandlung. Funktionelle Nachbehandlung (Bewegungsschiene).
Nachbehandlung. Funktionelle Nachbehandlung mit frühzeitiger Lagerung
einer Gelenkstufe von maximal 3 mm oder Frakturen, bei denen eine Kontraindikation, z.B. Thrombose besteht, behandelt werden. Die Reposition in solchen Fällen erfolgt durch Längszug. Wichtig ist eine frühzeitige Lagerung auf der Bewegungsschiene. Das Ziel einer stufenfreien Gelenkfläche mit korrekter Beinachse lässt sich in den meisten Fällen nur durch eine operative Reposition und Stabilisierung erzielen. Die Operation ( 1 B-27.135) umfasst folgende Schritte: π Reposition der Gelenkfläche mit Fixation durch K-Drähte π Auffüllen des entstandenen Defektes mit Hilfe von autologer Spongiosa π stabile Fixation der Fraktur mittels spezieller Platten, z.B. L-Platte π Rekonstruktion begleitender Meniskus- und Bandverletzungen.
auf der Bewegungsschiene.
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27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel
1 B-27.135
1217
Synopsis Operatives Vorgehen bei Tibiakopffraktur
Schematische Darstellung des frakturgerechten, operativen Vorgehens bei unterschiedlichen Tibiakopfverletzungen:
a AO-Typ B1-Fraktur: Lateraler Spaltbruch mit einer proximalen Spongiosazugschraube und einer distalen Kortikalisschraube zur Abstützung des Fragments stabilisiert.
b Plattenosteosynthese mit Abstützfunktion.
c AO-Typ B3-Fraktur: Kombination von Spalt- und Impressionsfraktur. Nach provisorischer Reposition mit Kirschner-Drähten und Spongiosaunterfütterung definitive Fixation mit einer L- oder T-Platte. Radiologische Darstellung prä- und postoperativ:
d Laterale Tibiakopffraktur mit ausgeprägter Impression des lateralen Fragments (a.p. Aufnahme rechtes Knie).
e Postoperatives Ergebnis mit Anhebung des lateralen Tibiaplateaus, Spongiosaplastik und osteosynthetischer Versorgung mittels T-Platte.
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27 Traumatologie
Komplikationen. Hauptkomplikation ist die posttraumatische Arthrose. Die Thrombose- und Emboliegefahr ist erhöht.
Komplikationen. Hauptkomplikation ist die posttraumatische Arthrose auf-
Unterschenkelschaftfraktur
Unterschenkelschaftfraktur
Pathomechanismus. Unterschenkelschaftbrüche entstehen durch direkten oder indirekten Verletzungsmechanismus (z.B. Stoß, Torsion).
Pathomechanismus. Sie entstehen durch indirekten Verletzungsmechanis-
Klassifikation. Man unterscheidet entsprechend der AO-Klassifikation einfache (A), Keil- (B) und komplexe Frakturen (C).
Klassifikation. Entsprechend der AO-Klassifikation unterscheiden wir
Symptome. Häufig findet sich ein ausgeprägter Weichteilschaden mit offener Fraktur, Hämatom. Es besteht eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Diagnose. Röntgenaufnahmen des Unterschenkels in 2 Ebenen mit Darstellung des Sprunggelenkes und Kniegelenkes sind obligat (s. 1 B-27.137). Merke
Symptome. Aufgrund der geringen Weichteildeckung sind die Frakturen
Therapie. Die Behandlung der frischen geschlossenen Unterschenkelfraktur kann konservativ oder operativ erfolgen. Diastase, Fraktur von Tibia und Fibula auf gleicher Höhe sind als instabil einzustufen und sollten eher einer operativen Behandlung zugeführt werden. Das Gleiche gilt für alle offenen und geschlossenen Frakturen mit Weichteilschaden sowie Frakturen mit Kompartmentsyndrom. π Konservative Behandlung: Stabile Brüche werden im Oberschenkelgipsverband ruhiggestellt, instabile Brüche durch Fersenbeinextension mit einem Zuggewicht von 2–3 kg extendiert ( 1 B-27.136 a). Achsenfehlstellungen bis zu 10 Ω Valgus sind tolerabel, da mit einer spontanen Korrektur zu rechnen ist. Auch Fragmentverschiebungen um Schaftbreite sind gestattet. Rotationsfehler sind auszugleichen, da ein Überoder Unterschreiten der physiologischen Rotation von 20–25 Ω zu Fehlbelastungen im oberen Sprunggelenk führt. Nach 3 Wochen wird ein Oberschenkelgipsverband für 10–14 Wochen angelegt.
Therapie. Die Behandlung der frischen geschlossenen Unterschenkelfraktur
Eine funktionelle Behandlung ermöglicht die Unterschenkelbrace nach Sarmiento ( 1 B-27.136 b).
grund einer noch verbliebenen Gelenkinkongruenz, einer Achsenfehlstellung oder einer noch bestehenden Gelenkinstabilität. Die Thrombose- und Emboliegefahr ist bei Tibiakopffrakturen erhöht.
mus (Torsion), z.B. beim Skilaufen und durch einen direkten Verletzungsmechanismus, z.B. Stoßstangenanprall oder Tritt beim Fußballspiel.
unter den A-Frakturen die einfachen Spiralfrakturen (A1), die einfachen Schrägfrakturen (A2) und die Querfrakturen (A3). Unter den B-Frakturen werden die Drehkeil- (B1), Biegungskeil (B2) und fragmentierten Keilbrüche (B3) unterschieden, unter den C-Frakturen die komplexen Spiralfrakturen (C1), die Segmentfrakturen (C2) und die multifragmentären Frakturen (C3).
häufig mit ausgeprägtem Weichteilschaden (Hautwunde, Hämatom, Knochensplitter u.ä.) vergesellschaftet. Es besteht eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung.
Diagnose. Röntgenaufnahmen des Unterschenkels in 2 Ebenen mit Darstellung des Sprunggelenkes und Kniegelenkes sind obligat (s.
1
B-27.137).
n Merke. Ein direktes Trauma kann durch eine Raumforderung in den straffen Muskellogen, auch bei offenen Frakturen, zu einem Kompartmentsyndrom führen.
kann konservativ oder operativ erfolgen. Diastase sowie Frakturen von Tibia und Fibula auf gleicher Höhe sind als instabil einzustufen und sollten eher einer operativen Behandlung zugeführt werden. Das Gleiche gilt für alle offenen und geschlossenen Frakturen mit Weichteilschaden sowie Frakturen mit Kompartmentsyndrom.
Konservative Behandlung: Unverschobene, stabile Brüche können in einem gespaltenen Oberschenkelgipsverband primär ruhiggestellt werden. Bei instabilen Brüchen wird eine Fersenbeinextension angelegt ( 1 B-27.136 a), die Fraktur reponiert und in einem gespaltenen Oberschenkelliegegips fixiert. Das Extensionsgewicht beträgt 2–3 kg. Die Achsenstellung muss wöchentlich röntgenologisch kontrolliert werden. Über einen exzentrisch verlagerten Zug oder eine Gipskeilung können Varus- und Valgusfehlstellungen korrigiert werden. Grundsätzlich sind hierbei Achsenfehlstellungen bis zu 10Ω Valgus tolerabel, da mit einer spontanen Korrektur zu rechnen ist. Das Gleiche gilt für Fragmentverschiebungen um Schaftbreite analog dem Oberarm. Demgegenüber sind Rotationsfehler auszugleichen, da ein Über- oder Unterschreiten der physiologischen Rotation von 20–25Ω zu Fehlbelastungen im oberen Sprunggelenk führt. Entsprechend der knöchernen Konsolidierung wird das Zuggewicht ab der 2. Woche schrittweise um 1 kg reduziert. Durch die fibrös-kallöse Fixation kann das Bein unter Weglassen des Extensionsgewichtes im Gipsverband frei angehoben werden. Es wird anschließend ein Oberschenkelgipsverband angelegt. Der Patient kann damit bis zur Schmerzgrenze belasten. Nach 10–14 Wochen sollten die Frakturen entsprechend dem Frakturtyp knöchern konsolidiert sein. Funktionelle Therapie: Hier wird nach 2 Wochen statt des Oberschenkelgipsverbandes eine Brace angelegt, womit bei Belastung der Weichteildruck nur in Richtung Knochen wirken kann und so die Reposition gehalten wird. Diese von Sarmiento eingeführten Konfektionsschienen ermöglichen die Bewegung von Kniegelenk und Sprunggelenk ( 1 B-27.136 b). π
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27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel
1 B-27.136
Synopsis Schematische Darstellung der Behandlung von Unterschenkelschaftfrakturen 20Ω
90Ω
a Konservative Behandlung mit Fersenbeinextension
b Unterschenkelbrace nach Sarmiento.
c Operative Behandlung mit einer gelenknahen Plattenosteosynthese und interfragmentärer Zugschraube.
d
Operative Behandlung mit einem Monofixateur externe bei offener Unterschenkelfraktur.
Operative Behandlungsverfahren: Bei langen Drehbrüchen stellt die gedeckte Cerclage eine Ausnahmemöglichkeit der Osteosynthese dar. Dabei wird über 2 kleine Stichinzisionen ein Draht unmittelbar am Knochen herumgeführt und nach Reposition der Fraktur verquirlt. Die Osteosynthese ist nicht übungsstabil und benötigt einen zusätzlichen Oberschenkelgipsverband. Die Versorgung mittels Plattenosteosynthese ist den gelenknahen Frakturen vorbehalten und benötigt eine optimale Stabilität (Vorspannung, Vorbiegung und schräge Zugschraube) ( 1 B-27.136 c). Der Fixateur externe ist besonders bei offenen Frakturen indiziert ( 1 B-27.136 d). Der Nachteil besteht in der langen Ausheilungszeit, sodass häufig ein Verfahrenswechsel auf ein anderes Implantat notwendig wird. Für das mittlere Schaftdrittel stellt der Marknagel das geeignete Implantat dar. Mit Hilfe der Verriegelungsnagelung können auch Frakturen im distalen Drittel durch ein intramedulläres Verfahren versorgt werden. Bei schwerem geschlossenem Weichteilschaden bzw. erst- und zweitgradig offenen Frakπ
Operative Behandlungsverfahren: Bei langen Drehbrüchen stellt die gedeckte Cerclage eine Ausnahmemöglichkeit der Osteosynthese dar.
π
Die Versorgung mittels Plattenosteosynthese ist den gelenknahen Frakturen vorbehalten und benötigt eine optimale Stabilität (Vorspannung, Vorbiegung und eine schräge Zugschraube) ( 1 B-27.136 c). Bei offenen Brüchen ist der Fixateur externe ( 1 B-27.136 d) oder der unaufgebohrte Marknagel indiziert ( 1 B-27.137).
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1220
27 Traumatologie
1 B-27.137
Synopsis Operative Therapie einer schweren bzw. offenen Unterschenkelschaftfraktur
Therapie mit unaufgebohrtem Marknagel als Verriegelungsnagel:
a b c Unterschenkelschaftfraktur rechts in 2 Ebenen (a). Schematische (b) und radiologische Darstellung (c) bei Zustand nach Versorgung mit einem Verriegelungsnagel. Therapie mit Fixateur externe:
e
d
g
f
Offene Unterschenkelfraktur (d) in zwei Ebenen mit Knochendurchspießung (Á) (e). Primärversorgung mit einem unilateralen Fixateur externe und isolierter interfragmentärer Zugschraube (f) bei gleichzeitiger Weichteildeckung (g).
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27.2.6 Kniegelenk und Unterschenkel turen ist der unaufgebohrte Marknagel neben dem Fixateur externe das Verfahren der Wahl ( 1 B-27.137).
Nachbehandlung. Bei der Plattenosteosynthese ist eine Teilbelastung für etwa 8–12 Wochen notwendig, bei der Marknagelung kann der Patient häufig schon ab der 2. Woche je nach Beschwerden und Frakturtyp mit der Vollbelastung beginnen.
Pilon-tibiale-Fraktur
Nachbehandlung. Bei der Plattenosteosynthese ist eine Teilbelastung für 8–12 Wochen notwendig. Bei der Marknagelung kann ab der 2. Woche mit der Vollbelastung begonnen werden. Komplikationen. Aufgrund des häufig begleitenden Weichteilschadens besteht Infektionsgefahr. Daneben Gefahr der Pseudarthrose, verzögerte Heilung bei Fixateur-externe-Osteosynthese und Bruchgefahr des Verriegelungsbolzens beim Verriegelungsnagel. Pilon-tibiale-Fraktur
Pathomechanismus. Die distale intraartikuläre Unterschenkelfraktur entsteht π durch axiale Gewalteinwirkung, z.B. Sturz aus großer Höhe π beim Skilaufen durch Sturz nach vorn infolge der Zuggurtungswirkung der Achillessehne. Je nach Position des Fußes in Pro- und Supination, Dorsal- oder Plantarflexion wird ein Anteil der Tibiagelenkfläche abgespalten. Die benachbarte Gelenkfläche kann dabei imprimiert werden.
Pathomechanismus. Distale intraartikuläre Unterschenkelbrüche entstehen zumeist durch axiale Gewalteinwirkung wie Sturz aus großer Höhe. Je nach Position des Fußes in Pro- und Supination, Dorsal- oder Plantarflexion wird ein Anteil der Tibiagelenkfläche abgespalten. Die benachbarte Gelenkfläche kann dabei imprimiert werden.
Klassifikation. Die distalen Unterschenkelfrakturen werden nach der AO-Klassifikation in die A-Frakturen = extraartikuläre Frakturen und die Bund C-Frakturen, die eigentlichen Pilon-Frakturen, unterteilt. Bei den B-Frakturen werden die partiell-artikulären Frakturen, d.h. die reinen Spaltbrüche (B1), die partiell-artikulären Frakturen mit Spaltfraktur und Impression und schließlich die partiell-artikulären Frakturen mit einer multifragmentären Impression unterschieden. Unter den C-Frakturen werden die einfachen metaphysären und artikulären Frakturen (C1), die einfachen artikulären und metaphysär-multifragmentären Frakturen (C2) und die artikulären Trümmerbrüche (C3) unterschieden.
Klassifikation. Die distalen Unterschenkelbrüche werden eingeteilt in die A-Verletzungen (extraartikuläre Frakturen) und die eigentlichen PilonFrakturen (B- und C-Verletzungen).
Symptome. Bewegungsschmerz im oberen Sprunggelenk und starke Weich-
Symptome. Bewegungsschmerzen im oberen Sprunggelenk und starke Weichteilschwellung.
Komplikationen. Aufgrund des dünnen Weichteilmantels und des damit
verbundenen, sehr häufig begleitenden Weichteilschadens besteht die Gefahr der Infektion. Daneben besteht die Gefahr der Pseudarthrose und verzögerten Heilung bei Fixateur-externe-Osteosynthese und die Gefahr des Bruches der Verriegelungsbolzen bei der unaufgebohrten Marknagelung.
teilschwellung im Bereich des distalen Unterschenkels sind typisch.
n Merke. Gefahr eines Kompartmentsyndroms! Wichtig ist die Kontrolle von Durchblutung, Motorik und Sensibilität.
Merke
Diagnose. Eine Röntgenaufnahme des Unterschenkels und des Sprungge-
Diagnose. Röntgenaufnahme des Unterschenkels und des Sprunggelenkes in 2 Ebenen ( 1 B-27.138).
Therapie. Die exakte Rekonstruktion der Gelenkfläche ist im Allgemeinen
Therapie. Die exakte Gelenkflächenrekonstruktion ist im Allgemeinen nur auf operativem Weg möglich.
lenkes in 2 Ebenen ist durchzuführen ( 1 B-27.138), evtl. ist eine Computertomographie erforderlich.
nur auf operativem Weg möglich. Ist eine primäre Operation nicht möglich, sollte eine Kalkaneus-Extension vorgenommen werden. Das Extensionsgewicht kann 4–6 kg betragen. Die operative Therapie besteht aus 4 Schritten ( 1 B-27.139). 1. Osteosynthese der Fibula, dadurch gelangt das mit der Fibula über die Syndesmose in Verbindung stehende antero-laterale Tibiafragment in die richtige Höhe. 2. Stufenlose Rekonstruktion der Gelenkfläche mit K-Drähten und Kleinfragmentschrauben. 3. Auffüllung des Knochendefektes mit Spongiosa. 4. Stabile Fixation über eine medial angelegte Platte. Aufgrund des häufig doch sehr beträchtlichen Weichteilschadens hat sich eine stufenweise Versorgung der Pilon-Frakturen bewährt. Dabei erfolgt
Die wichtigsten Operationsschritte bestehen in der Wiederherstellung der Länge durch die Osteosynthese der Fibula, der Rekonstruktion der Tibiagelenkfläche und Spongiosaplastik ( 1 B-27.139).
Aufgrund des häufig doch sehr beträchtlichen Weichteilschadens hat
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1222
27 Traumatologie
1 B-27.138
Pilon-tibiale-Fraktur Distale intraartikuläre Unterschenkelfraktur (Á) nach einem Flexionstrauma a.p. und seitlicher Strahlengang.
sich eine stufenweise Versorgung der Pilon-Frakturen bewährt.
1 B-27.139
zunächst die Osteosynthese der Fibula und Transfixation des Gelenkes mit Hilfe eines Fixateur externe oder die Anlage eines Hybridfixateurs im distalen Fragment. Die Gelenkfläche wird über Stichinzisionen reponiert und mit Kleinfragmentschrauben und K-Drähten stabilisiert. Nach Erholung der Weichteile erfolgt dann in einem weiteren Schritt die Spongiosaplastik und mediale Abstützung durch eine Platte. Mit diesem stufenweisen Vorgehen konnte die Zahl der postoperativen Infekte erheblich reduziert werden.
Synopsis Operative Therapie von Pilon-tibiale-Frakturen
a
b
c
Distale intraartikuläre Unterschenkelfraktur (Pilon tibiale): a Ausgeprägte Zerstrümmerung der distalen Tibia mit Knochenverlust durch axiale Stauchung. Nach Längenausgleich und Stabilisierung der Fibulafraktur (b) anatomische Rekonstruktion der Tibia mit autologer Spongiosaunterfütterung und Osteosynthese (c).
Nachbehandlung. Wichtig ist eine frühe aktive und passive Bewegungstherapie zur Förderung der Knorpelregeneration.
Nachbehandlung. Die postoperative Therapie ist funktionell mit freiem
Komplikationen. Posttraumatische Arthrose, Infektion und Pseudarthrose.
Komplikationen. Verbliebene Gelenkinkongruenzen und Knorpelschäden führen ebenso wie eine Fehlstellung zu einer posttraumatischen Arthrose. Infektionen und Pseudarthrosen sind besonders bei offenen Brüchen anzutreffen.
Bewegungsausmaß. Damit wird vor allem die Knorpelernährung gefördert. Eine volle Belastung ist nicht vor der 12.–16. Woche gestattet.
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß 27.2.7
Sprunggelenk und Fuß
27.2.7 Sprunggelenk und Fuß
Untersuchungstechniken
Untersuchungstechniken
Anamnese. Wichtige Informationen ergeben Beschäftigung, Alter und Akti-
Anamnese. Wichtig ist die Frage nach Schmerzintensität, Schwellungsneigung und Instabilitätsgefühl.
Inspektion. Schwellung, Rötung, Achsenverhältnisse des Vorfußes, der
Inspektion. Zu achten ist besonders auf Deformitäten und Beschwielung.
Palpation. Folgende Strukturen sollen sorgfältig palpiert werden: Metatarsophalangealgelenk I (Gicht, Bursa und Exostose), medialer und lateraler Malleolus, retromalleoläre Strukturen medial: M. tibialis posterior, M. flexor digitorum longus, A. tibialis posterior, N. tibialis, M. flexor hallucis longus. Am Fußrücken (dorsalseitig) von medial nach lateral: M.-tibialis-anteriorSehne, M.-extensor-hallucis-longus-Sehne, Arteria dorsalis pedis, M.-extensor-digitorum-longus-Sehne. Kalkanear: Achillessehne.
Palpation. Palpiert werden Metatarsophalangealgelenk, medialer und lateraler Malleolus, die medialen retromalleolären Strukturen sowie der Fußrücken und die Fußsohle.
Thompson-Test ( 1 B-27.140). Zangenförmiges Umfassen des M. gastrocnemius mit 2 Fingern führt bei erhaltener Achillessehne zu einer Plantarflexion. Die fehlende Plantarflexion bedeutet eine Ruptur der Achillessehne.
Thompson-Test ( 1 B-27.140). Zangenförmiges Umfassen der Gastroknemiussehne führt bei erhaltener Achillessehne zur Plantarflexion. Die fehlende Plantarflexion bedeutet eine Ruptur der Achillessehne.
vitäten, z.B. Jogging, Art der Schmerzen, Schwellung, Hauttemperatur, Steifigkeit, Schwäche, Instabilitätsgefühl, Ulzera sind weitere wichtige anamnestische Punkte.
Zehen, Deformitäten, z.B. Hammerzehe, Achsverhältnisse des Rückfußes, z.B. Pes abductus und adductus, Form des Fußgewölbes, Plattfuß oder Hohlfuß, Beschwielung der Ferse, des lateralen Fußrandes sowie des 1. und 5. Mittelfußköpfchens.
1 B-27.140
Synopsis Thompson-Test
Bei gerissener Achillessehne führt eine Kompression der Wade zu keiner Plantarflexion des Fußes.
Funktionsprüfung. Untersucht werden die Dorsalextension und Plantarflexion im oberen Sprunggelenk (normal 20/0/40Ω) sowie Pronation und Supination (normal 15/0/35 Ω), Eversion/Inversion (normal 15/0/25Ω). Die
Instabilitätsprüfung des oberen Sprunggelenkes beinhaltet die Prüfung der vorderen Schublade durch Umfassen des Fersenbeines mit der einen und des Unterschenkels mit der anderen Hand. In gleicher Weise wird durch Supination die laterale Bandstabilität geprüft. An der Verschiebbarkeit des Talus wird die Stabilität der Syndesmose überprüft ( 1 B-27.141).
Funktionsprüfung. Untersucht werden die Dorsalextension und Plantarflexion im oberen Sprunggelenk (normal 20/0/40Ω ) sowie Pronation und Supination (normal 15/0/35 Ω), Eversion/Inversion (normal 15/0/25 Ω). Weiterhin sollte die Stabilität des oberen Sprunggelenkes und die laterale Bandstabilität sowie die Stabilität der Syndesmose überprüft werden ( 1 B-27.141).
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27 Traumatologie
1 B-27.141
Synopsis Funktionsprüfung der Sprunggelenke und des Fußes nach der Neutral-0-Methode
A 20°–30°
25°
15° 0°
A1 b
40°–50°
B
0° 50°
C
A
A
A
15°
25°
A1
35°
15° A
c
A
30° 60° 30°
d
a a b c d
A1
A 15°
A
25°
A1
Beweglichkeitsprüfung im oberen Sprunggelenk am hängenden Fuß (A) und am aufgestellten Fuß (B/C) zur Messung der Plantarflexion und Dorsalextension. Ab- und Adduktion im unteren Sprunggelenk. Der Kalkaneus kann in der Abduktion 15 Ω und in der Adduktion um 25 Ω bewegt werden. Pro- und Supination im Chopart-Gelenk und im Mittelfuß bei fixiertem Talokalkaneargelenk. Die Kalkaneusachse bleibt unbeweglich. Die Summe aller Bewegungsmöglichkeiten im unteren Sprunggelenk entsprechend einer Eversion/Inversion. Der Kalkaneus bewegt sich jeweils um 15 Ω bzw. 25Ω .
Achillessehnenruptur
Achillessehnenruptur
Anatomie. Die Achillessehne bildet die gemeinsame Endsehne der Mm. soleus und gastrocnemius und setzt am Tuber calcanei an. Pathogenese. Zumeist liegt eine degenerativ veränderte Sehne vor. Der Unfallmechanismus besteht häufig in einer momentanen Kontraktion der Wadenmuskulatur beim Starten oder plötzlichen Abbremsen.
Anatomie. Die Achillessehne bildet die gemeinsame Endsehne der Mm.
Symptome. Die Ruptur wird als schmerzhafter Knall verspürt, der Zehen-/Ballenstand ist nicht möglich. Neben einem Hämatom und einer Schwellung lässt sich eine Delle oberhalb des Tuber calcanei palpieren.
Symptome. Häufig wird die Ruptur als schmerzhafter Knall verspürt. Die
Diagnose. Der Nachweis gelingt durch den Thompson-Test ( 1 B-27.140).
Diagnose. Mit dem Thompson-Test ( 1 B-27.140) kann eine Achillessehnen-
soleus und gastrocnemius und setzt am Tuber calcanei an.
Pathogenese. Meist liegt eine degenerativ veränderte Sehne zugrunde. Die
degenerativen Veränderungen umfassen hypoxisch-degenerative Tendopathie, mukoide Degeneration, Tendolipomatosis und kalzifizierende Tendopathie. Der Unfallmechanismus besteht häufig in einer momentanen Kontraktion der Wadenmuskulatur beim Starten oder plötzlichen Abbremsen, z.B. beim Tennisspielen oder beim Sprint. Altersmäßig ist häufig die Gruppe der 20–50-Jährigen betroffen. Lokale Injektionen von Kortikoiden erhöhen das Rupturrisiko.
Patienten haben das Gefühl, als hätten sie einen Schlag oder Tritt gegen die Sehne erhalten. Neben einem Hämatom und einer Schwellung lässt sich eine Delle oberhalb des Tuber calcanei palpieren. Der Zehenstand ist nicht möglich, dagegen kann im Liegen wegen des erhaltenen Muskelzuges der Sehnen des M. plantaris, des M. tibialis posterior, der langen Flexoren und des M. peronaeus auch gegen geringen Widerstand noch plantar flektiert werden. Der Achillessehnenreflex ist negativ.
ruptur nachgewiesen werden. Durch Pressen der Wadenmuskulatur von lateral nach medial kommt es bei intakter Achillessehne zu einer Plantar-
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß flexion, während bei einer Achillessehnenruptur die Plantarflexion im oberen Sprunggelenk nicht nachweisbar ist. Sonographisch kann die Diastase und die Adaptation der Sehnenstümpfe durch Plantarflexion dynamisch dargestellt werden ( 1 B-27.142). Weniger zum Nachweis einer akuten Ruptur als vielmehr zur Darstellung degenerativer Sehnenveränderungen hat sich die kernspintomographische Untersuchung bewährt. Röntgenaufnahmen können knöcherne Abrissverletzungen sowie Sehnenverkalkungen dokumentieren.
1 B-27.142
Die Diastase und die Adaptation der Sehnenstümpfe kann sonographisch dargestellt werden ( 1 B-27.142). Durch Röntgenaufnahmen können knöcherne Abrissverletzungen sowie Sehnenverkalkungen dargestellt werden.
Sonographische Darstellung einer Achillessehnenruptur
2 2
1
1
a Längsschnitt 1 = proximaler Achillessehnenstumpf 2 = distaler Achillessehnenstumpf
b Querschnitt 1 = proximaler Achillessehnenstumpf 2 = intakte Sehne des M. plantaris
Therapie. Konservative Verfahren: Mit Hilfe der Sonographie kann die Adaptation der Sehnenenden bei Plantarflexion dokumentiert werden. Ist eine Adaptation der Sehnen möglich, kann eine konservative Behandlung in einem Spezialschuh oder Gipsverband in Spitzfußstellung oder Tape-Verband mit Absatzerhöhung in Spitzfußstellung durchgeführt werden. Besonders geeignet für eine konservative Behandlung sind Patienten mit einem erhöhten Operationsrisiko, insbesondere auch ältere Patienten. Lässt sich sonographisch durch Plantarflexion keine Adaptation der Sehnenstümpfe nachweisen, sollte eine operative Behandlung mit einer Durchflechtungsnaht der Sehne durchgeführt werden. In diesen Fällen erreicht die Sehne eine höhere Festigkeit, die Zahl der Rerupturen ist vermindert. Die postoperative Ruhigstellung erfolgt unterschiedlich im Ober- oder Unterschenkelgipsverband oder Spezialschuh, wobei jeweils eine Neutralstellung im oberen Sprunggelenk angestrebt wird. Nach Achillessehnenruptur ist ein Sportverbot für ca. 3 Monate erforderlich.
Therapie. Ist eine Sehnenadaptation bei Plantarflexion nachweisbar, kann eine konservative Behandlung in einem Spezialschuh, Gipsverband oder mit einem Tapeverband mit Absatzerhöhung jeweils in Spitzfußstellung durchgeführt werden.
Bandverletzungen am Sprunggelenk
Bandverletzungen am Sprunggelenk
Die Bandverletzungen am Sprunggelenk zählen zu den häufigsten Bandverletzungen.
Sie zählen zu den häufigsten Bandverletzungen.
Anatomie ( 1 B-27.143). Das Sprunggelenk wird von folgenden Bändern stabilisiert: π Lig. fibulotalare anterius, welches im Mittel 16 mm lang, 8 mm breit und 0,5 mm dick ist und von der Vorderkante des Malleolus lateralis nahezu horizontal medialwärts zum Talushals verläuft. π Lig. fibulocalcaneare, im Mittel 30 mm lang, 8 mm breit und 3 mm dick, verläuft von der Fibulaspitze nach dorsalmedial zum Kalkaneus. π Lig. fibulotalare posterius, mit einer durchschnittlichen Länge von 21 mm, 8 mm Breite und 4,5 mm Stärke, welches nahezu horizontal zwi-
Ansonsten wird die Sehne mit einer Durchflechtungsnaht operativ versorgt.
Nach Achillessehnenruptur ist ein Sportverbot für ca. 3 Monate erforderlich.
Anatomie ( 1 B-27.143) Lig. fibulotalare anterius verläuft von der Vorderkante des Malleolus lateralis zum Talushals. π Lig. fibulocalcaneare verläuft von der Fibulaspitze zum Kalkaneus. π Lig. fibulotalare posterius verläuft zwischen Fibula und Talus. π
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27 Traumatologie schen dem Tuberculum laterale des Proc. posterior tali und einer tieferen Grube unterhalb der Gelenkfläche an der dorsomedialen Seite des Außenknöchels verläuft.
1 B-27.143
Bandapparat des oberen Sprunggelenkes hintere Syndesmose
vordere Syndesmose
vordere Syndesmose Lig. fibulotalare posterius
Lig. fibulotalare anterius
Lig. fibulotalare anterius
Lig. fibulocalcaneare
Lig. deltoideum
Lig. fibulocalcaneare
Eine Verletzung des fibularen Bandapparates führt zu 3 charakteristischen Dislokationen des Talus: π Frontalebene: Varuskippung π Sagittalebene: Schubladensyndrom π Transversalebene: abnorme Innenrotation. Weitere Stabilisatoren sind die Mm. peronaei und der Eigenreflexbogen.
Eine Verletzung des fibularen Bandapparates führt zu 3 charakteristischen Dislokationen des Talus: π in der Frontalebene zur Varuskippung π in der Sagittalebene zum Schubladensymptom π in der Transversalebene zur abnormen Innenrotation des Talus. Weitere Stabilisatoren sind die Mm. peronaei, die 75 % der pronatorischen Gesamtarbeitsleistung bewältigen. Der Eigenreflexbogen ist ebenso für die Stabilität verantwortlich: In der Gelenkkapsel und den Bändern sind afferente Nervenfasern (Mechanorezeptoren I und II) lokalisiert, die aufgrund ihrer geringeren Reißfestigkeit gegenüber kollagenen Fasern eher rupturieren. Dadurch wird der Eigenreflexbogen unterbrochen und es entsteht auch ohne eine nachweisbare mechanische Instabilität das sog. »Giving way«.
Pathomechanismus. Häufigste Unfallursache ist der Freizeit- und Schulsport mit forcierter Supination, Adduktion und Inversion des oberen Sprunggelenkes. Zunächst reißt das instabile Lig. fibulotalare ant., danach das zweitstärkere Lig. fibulocalcaneare und zuletzt bei schwerster Gewalteinwirkung das kräftige Lig. fibulotalare posterior.
Pathomechanismus. Die häufigste Unfallursache ist der Freizeit- und Schulsport. Prädisponierende Faktoren sind Bodenbeschaffenheit (z.B. unebenes Gelände), Schuhwerk (z.B. hohe Absätze) und Schuh-Boden-Kontaktänderung (z.B. Rasen/Halle). Neben diesen exogenen Faktoren sind verschiedene endogene Faktoren wie statische Fehlstellung (z.B. Calcaneus varus), muskuläre Dekompensation (z.B. bei Wettkampfende) und neurologisches Defizit (z.B. bei Peronäusparese) von Bedeutung. Typischer Unfallhergang ist die forcierte Supination/Adduktion/Inversion des oberen Sprunggelenkes, wobei zunächst in Plantarflexion das biomechanisch instabilste Lig. fibulotalare anterius zerreißt, danach bei forciertem Inversionsstress des Rückfußes das zweitstärkste Lig. fibulocalcaneare und zuletzt bei schwerster Gewalteinwirkung mit abnormer Innenrotation des Talus das kräftige Ligamentum fibulotalare posterior rupturiert.
Diagnose. Neben der Schwellung und den palpablen Druckschmerzpunkten ist der Talusvorschub und die seitliche Aufklappbarkeit festzustellen. Röntgenaufnahmen des oberen Sprunggelenkes in 2 Ebenen und gehaltene Aufnahmen sichern die Diagnose.
Diagnose. Typisch ist die Schwellung mit palpablen Druckschmerzpunkten
Therapie. In der Mehrzahl der Fälle erfolgt eine konservative Behandlung mit kurzfristiger Ruhigstellung.
Therapie. Die Behandlung ist in der überwiegenden Zahl konservativ mit
im Verlauf der Rupturstelle. Talusvorschub und -kippung sowie die gehaltenen Aufnahmen des oberen Sprunggelenkes bds. in 2 Ebenen unter Leitungsanästhesie belegen die Diagnose. Als radiologische Parameter der Instabilität gelten eine Taluskippung > 7Ω, Talusvorschub > 7 mm oder jeweils > 5Ω bzw. 5 mm gegenüber der unverletzten Seite. kurzfristiger Ruhigstellung, z.B. im Unterschenkelspaltgips und anschließendem Anlegen einer Orthese.
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß Operativ versorgt werden schwere Instabilitäten mit Ruptur aller 3 fibularen Bänder sowie Bandverletzungen mit begleitenden osteochondralen Läsionen, die in etwa 2 % vorkommen.
Operativ versorgt werden schwere Instabilitäten mit Ruptur aller 3 fibularen Bänder sowie bei begleitenden osteochondralen Läsionen.
Komplikationen. Bei insuffizienter Ausheilung kann eine chronische Instabilität entstehen, die dann operativ rekonstruktive Maßnahmen zur Folge hat.
Komplikationen. Bei insuffizienter Ausheilung kommt es zur chronischen Instabilität.
Talusluxation
Talusluxation
Inzidenz. Diese Verletzung ist selten. Auf 1000 fibulare Bandrupturen ent-
Inzidenz. 2 Verrenkungen entfallen auf 1000 fibulare Bandrupturen.
Pathomechanismus. Es handelt sich meistens um Supinationstraumen bei
Pathomechanismus. Es handelt sich zumeist um Supinationstraumen bei Sturz aus großer Höhe. Dies geht mit ausgedehnten Kapselrissen einher.
Diagnose. Auffällig ist die fixierte Zwangshaltung des Sprunggelenkes mit Deformation und starker Schwellung. Die Diagnose wird radiologisch durch Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen gestellt. Ist eine Spontanreposition eingetreten, werden Stressaufnahmen durchgeführt.
Diagnose. Klinisch imponiert eine fixierte Zwangshaltung des Sprunggelenkes mit Deformität. Die Diagnose wird durch Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen und Stressaufnahmen erhärtet.
fallen etwa 2 vollständige Verrenkungen.
Sturz aus großer Höhe. Dabei zerreißen sämltiche lateralen Bandstrukturen und anschließend bei fortgesetzter Gewalt durch Schub nach vorn oder hinten die medialen Bandstrukturen. Es resultiert eine Luxation nach hinten.
n Merke. Wichtig ist die Überprüfung der peripheren Motorik, Durchblutung und Sensibilität.
Merke
Therapie. Operativ durch Bandnaht der medialen und lateralen Bandstrukturen nach erfolgter Reposition.
Therapie. Reposition und Bandnaht der medialen und lateralen Bandstrukturen.
Luxatio pedis subtalo
Luxatio pedis subtalo
Unterschieden werden eine mediale und eine laterale Luxation, die in einem Verhältnis 6 : 1 vorkommen.
Unterschieden wird eine mediale und laterale Luxation (6 : 1).
Pathomechanismus. Zerrissen sind das Lig. talocalcaneare interosseum, das Lig. deltoideum und das Lig. fibulocalcaneare. Das Lig. fibulotalare anterius bleibt unverletzt. gestellt.
Pathomechanismus. Zerrissen ist das Lig. talocalcaneare interosseum, das Lig. deltoideum und das Lig. fibulocalcaneare. Unverletzt bleibt das Lig. fibulotalare anterius. Diagnose. Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen.
Therapie. Diese erfolgt konservativ durch Reposition. Eine operative Behandlung muss bei Interposition, z.B. der M.-tibialis-posterior- oder M.-flexor-digitorum-longus-Sehne durchgeführt werden.
Therapie. Konservativ durch Reposition, bei Interposition operative Behandlung.
Sprunggelenkfrakturen
Sprunggelenkfrakturen
Anatomie. Das obere Sprunggelenk wird von den beiden Facies articulares
Anatomie. Das obere Sprunggelenk wird von den beiden Facies articulares der Malleoli und der Facies articularis inferior aufgebaut und umgreift die einem Kegelstumpf vergleichbare Trochlea tali.
Diagnose. Die Diagnose wird durch Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen
der Malleoli und der Facies articularis inferior aufgebaut und umgreift die einem Kegelstumpf vergleichbare Trochlea tali. Die laterale Gelenkfläche steht senkrecht zur Gelenkachse, während die mediale um ca. 6Ω dazu geneigt ist. Deshalb ist die laterale Talusrolle kreisförmig, die mediale elliptoid, wodurch die Pseudorotation des Talus erklärt wird. Für die federnde Festigkeit der Malleolengabel sind die Membrana interossea sowie die vorderen und hinteren Syndesmosenbänder von besonderer Bedeutung. Der Innenknöchel hat eine vorwiegend statische Funktion und bildet zusammen mit dem Lig. deltoideum einen Schutz gegen Pronation. Die Fibula wirkt beim Auftreten des Fußes als Puffer für das Sprungbein. Dislokationen im Bereich des Außenknöchels mit Verkürzung und Rotationsfehler führen zu einer Verminderung der Kontaktfläche zwischen
Für die federnde Festigkeit der Malleolengabel sind die Membrana interossea sowie die vorderen und hinteren Syndesmosenbänder von besonderer Bedeutung.
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27 Traumatologie Sprungbein und Schienbein mit entsprechender Drucksteigerung. Eine Seitverschiebung von 2 mm bewirkt eine Verminderung der Kontaktfläche auf 1 ⁄3 der Norm und führt zu einer erhöhten Arthrosegefahr.
2 B-27.2
Klassifikation der Sprunggelenksfrakturen nach Weber
Fraktureinteilung
Verletzungsart
Syndesmosenruptur
Verletzungsmechanismus
Therapie
Weber A
Außenknöchelfraktur infrasyndesmal, evtl. Innenknöchelfraktur
nein
SupinationsAdduktionsTrauma
konservativ (6–8 Wochen Gips) bei Dislokation Osteosynthese
Weber B
Außenknöchelfraktur transsyndesmal, evtl. Innenknöchelfraktur
meist Teilruptur
PronationsEversionsTrauma
s. Weber A
Weber C
suprasyndesmale Außenknöchelfraktur, Ruptur der Membrana interossea bis zur Fibulafraktur, evtl. Innenknöchelfraktur
ja
PronationsEversionsTrauma
Osteosynthese inklusive Bandnähte (Syndesmose)
MaisonneuveFraktur (Sonderform der Weber-C-Fraktur)
Innenknöchelfraktur mit subkapitaler Fibulafraktur, dadurch auch Syndesmosen- und Längsruptur der Membrana interossea
ja
DistorsionsTrauma bimalleolar
s. Weber C und Stellschraube für 6 Wochen (Heilung der Membrana interossea)
trimalleolare Fraktur
bimalleolare Spunggelenksfraktur mit Fraktur der Tibiahinterkante (Volkmann-Dreieck)
meist ja
PronationsHyperflexionsTrauma
Osteosynthese inklusive Bandnähte
Die heute häufigste Einteilung ist die nach Weber ( 1 B-27.144, 1 B-27.145): π Gruppe A (Bruch des Außenknöchels unterhalb der Syndesmose) π Gruppe B (Außenknöchelfraktur in Höhe der Syndesmose) und π Gruppe C (Außenknöchelfraktur oberhalb der Syndesmose). Maisonneuve-Fraktur: Diese stellt eine Sonderform der Weber-C-Fraktur dar. Es handelt sich hierbei um eine hohe Weber-C-Fraktur mit Längsriss der Membrana interossea und einer subkapitalen Fibulafraktur. Frakturen des Außenknöchels sind häufig mit Abrissfrakturen des Innenknöchels (bimalleolare Fraktur) oder Abbruch der hinteren Tibiakante (Volkmann-Dreieck, trimalleolare Fraktur) kombiniert ( 1 B-27.145 c).
π
Die heute am häufigsten verwendete Einteilung der Sprunggelenksfrakturen erfolgt nach Weber, wobei die Lage der Fibulafraktur maßgeblich ist ( 1 B-27.144, 1 B-27.145): π Gruppe A: Bruch des Außenknöchels (Fibula) unterhalb der Syndesmose ohne Verletzung der Syndesmose durch Supinations-Adduktionstrauma. π Gruppe B: Fraktur des Außenknöchels (Fibula) in Höhe der Syndesmose mit möglicher Verletzung der Syndesmose durch Pronations-EversionsTrauma. π Gruppe C: Fraktur des Außenknöchels (Fibula) oberhalb der Syndesmose mit Verletzung der Syndesmose durch Pronations-Eversions-Trauma. π Maisonneuve-Fraktur: Diese stellt eine Sonderform der Weber-C-Fraktur dar. Es handelt sich hierbei um eine hohe Weber-C-Fraktur mit Längsriss der Membrana interossea und einer subkapitalen Fibulafraktur. Bei der hohen Fibulafraktur muss an die mögliche Verletzung des N. peronaeus gedacht werden. Frakturen des Außenknöchels (im Sinne einer Weber-C-Fraktur) sind häufig mit Abrissfrakturen des Innenknöchels (bimalleolare Fraktur) oder Abbruch der hinteren Tibiakante (Volkmann-Dreieck, trimalleolare Fraktur) kombiniert ( 1 B-27.145 c).
Symptome. Schwellung und Druckschmerz über dem Außen- bzw. Innenknöchel, schmerzhafte Bewegungseinschränkung.
Symptome. Typisch ist eine Schwellung und Druckschmerz über dem
Diagnose. Röntgenaufnahme des Sprunggelenkes in 2 Ebenen sowie ggf. in 15Ω Innenrotation.
Diagnose. Röntgenaufnahme der Sprunggelenke in 2 Ebenen sowie ggf. in 15Ω Innenrotation zur Darstellung der tibiofibularen Linie werden durchge-
Außen- bzw. Innenknöchel mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung. Die Fehlstellung und der Fragmentdruck durch den Innenknöchel gefährden die Weichteile.
führt. Bei Verdacht auf Impressionen oder osteochondrale Frakturen ist eine CT indiziert.
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß
n Merke. Bei isolierter Innenknöchelfraktur sind immer Aufnahmen des gesamten Unterschenkels zum Ausschluss einer hohen Fibulafraktur anzufertigen (Maisonneuve).
Therapie. Eine konservative Behandlung ist nur bei undislozierten WeberA-Frakturen mit einem Unterschenkelgips für 6 Wochen möglich, bei Dislokation und Verkürzung der Fibula sowie bei Weber-B- und Weber-C-Frakturen ist eine operative Therapie indiziert. Diese beinhaltet die exakte Wiederherstellung der Länge und Rotation der Fibula mit Hilfe einer Plattenosteosynthese. Abrissfrakturen des Außenknöchels können auch mit Hilfe einer Zuggurtung oder einer Schraube stabilisiert werden. Der Innenknöchel wird mit Zugschrauben oder einer Zuggurtung, ein hinteres Tibiakantenfragment wird mit Hilfe von Schrauben stabilisiert ( 1 B-27.146). Besteht weiter eine Instabilität oder eine Maisonneuve-Frak-
1 B-27.144
Merke
Therapie. Bei undislozierten Weber-AFrakturen genügt die konservative Behandlung mit einem Unterschenkelgips für 6 Wochen. Dislozierte Frakturen und Frakturen vom Typ Weber B und Weber C werden operativ, zumeist mit Hilfe einer Platte stabilisiert. Der Innenknöchel wird mit Zugschrauben oder einer Zuggurtung, ein hinteres Tibiakantenfragment wird mit Hilfe von Schrauben stabilisiert ( 1 B-27.146).
Synopsis Einteilung der Sprunggelenkfrakturen nach Weber
1
a Weber A: quere Fraktur der Fibula in Höhe des Sprunggelenkes distal der Syndesmose (1).
1 B-27.145
b Weber B: Fraktur der Fibula in Höhe der Syndesmose.
c Weber C: Fraktur der Fibula oberhalb der Syndesmose.
Synopsis Radiologische Darstellung der Sprunggelenksfrakturen nach Weber (Typ B und C)
a Weber B-Fraktur (seitlich und a.p.).
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27 Traumatologie
1 B-27.145
Synopsis Fortsetzung
b Weber C-Fraktur (seitlich und a.p.).
c Weber C-Fraktur + Volkmann-Dreieck (seitlich und a.p.).
tur, ist eine Stellschraube indiziert, welche von der Fibula in einem Winkel von 30Ω in die Tibia eingebracht wird und die reponierte Gelenkstellung bis zur Ausheilung der Bandverletzung fixiert. Nachbehandlung. Bei allen operativ versorgten Knöchelbrüchen ist eine graduierte Teilbelastung möglich (Ausnahme: großes hinteres Tibiakantenfragment).
Nachbehandlung. Bei allen operativ versorgten Knöchelbrüchen ist eine graduierte Teilbelastung möglich, Ausnahme sind die Frakturen mit einem großen hinteren Tibiakantenfragment (Volkmann).
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß
1 B-27.146
Synopsis Operative Versorgung der Sprunggelenkfrakturen 1
Verplattung und Zugschraube der Fibula 2 Naht des Lig. deltoideum 3–4 Zuggurtung oder Verschraubung des medialen Malleolus 5 Verschraubung eines Volkmann-Dreiecks
1
3
5
2 4
Komplikationen. Bei verzögerter Reposition können aufgrund der länger bestehenden Hautischämie Hautnekrosen eintreten. Bei bestehender Subluxation, Fehlstellungen und Gelenkstufen können posttraumatische Arthrosen die Folge sein.
Komplikationen. Bei verzögerter Reposition können Hautnekrosen entstehen. Eine weitere Komplikation stellt die posttraumatische Arthrose dar.
Talusfraktur
Talusfraktur
Anatomische Besonderheiten. Der Talus ist der Schlussstein des Fußgewölbes und hat im Stehen das ganze Körpergewicht, bei Belastung aber ein Vielfaches davon zu tragen. Dementsprechend hat er eine ausgebildete kräftige Spongiosa. Er wird nur passiv mitbewegt, da keine Sehnen am Talus ansetzen. Besonders wichtig ist die Gefäßversorgung des Talus, da bei frakturbedingter Durchblutungsstörung eine Talusnekrose entstehen kann. Da die Durchblutung hauptsächlich von peripher nach proximal erfolgt, können zentrale Frakturen am Collum und Corpus tali zu Durchblutungsstörungen führen, weil die Gefäßversorgung über den Proc. posterior tali meist nicht ausreichend ist.
Anatomische Besonderheiten. Die Durchblutung erfolgt hauptsächlich von peripher nach proximal. Zentrale Frakturen am Collum und Corpus tali können zu Durchblutungsstörungen und zur Nekrose führen, weil die Gefäßversorgung über den Proc. posterior tali meist nicht ausreichend ist.
Häufigkeit, Lokalisation und Begleitverletzungen. Die Talusfraktur ist selten und macht nur 0,32 % aller Frakturen und nur 3,4 % aller Fußfrakturen aus. Häufig finden sich Kombinationsverletzungen mit Malleolarfrakturen in 44 %, Kalkaneusfrakturen in 18 % und Metatarsalfrakturen in 18 %. Die Frakturen betreffen das Kollum in 50 %, das Korpus in 22 %, das Caput in 4 % und den Proc. posterior und Proc. lateralis in 17 %.
Häufigkeit, Lokalisation und Begleitverletzungen. Sie ist selten mit nur 0,32 % aller Frakturen. Häufig finden sich Kombinationsverletzungen. Die Frakturen betreffen das Kollum in 50 %, das Korpus in 22 %, das Caput in 4 % und den Proc. posterior und Proc. lateralis in 17 %.
Verletzungsmechanismus. Von Bedeutung für die Ätiologie der Talusfrak-
Verletzungsmechanismus. Dorsalflexion des Fußes zum Zeitpunkt des Unfalls führt zu einem Bruch des Talushalses, Plantarflexion zu einer Abscherung des Taluskörpers durch die hintere Schienbeinkante. Taluskopffrakturen entstehen häufig durch Längsstauchung. Eine typische Abscherfraktur ist die Flake-fracture der oberen lateralen Taluskante.
Klassifikation. Neben Frakturen des Proc. posterior und Proc. lateralis
Klassifikation. Neben Frakturen des Proc. posterior und Proc. lateralis sowie Kollum- und Caput-Frakturen werden die Talusfrakturen nach Hawkins in 4 Typen eingeteilt ( 1 B-27.147).
turen ist die Richtung der Gewalteinwirkung und die Stellung des Fußes. Bei Extension des Fußes kann es durch die vordere Schienbeinkante zu einem Bruch im Bereich des Talushalses, bei Plantarflexion zu einer Abscherung des Taluskörpers durch die hintere Schienbeinkante kommen, während Frakturen des Taluskopfes häufig durch eine Längsstauchung des Vorfußes entstehen. Frakturen des Proc. posterior tali und des Proc. lateralis tali können in Form von knöchernen Bandausrissen oder aber auch im Sinne von Abscherfrakturen entstehen. Eine typische Abscherfraktur ist die Flake-fracture der oberen lateralen Taluskante.
sowie Kollum- und Caput-Frakturen werden die Talusfrakturen nach Hawkins in 4 Typen eingeteilt ( 1 B-27.147).
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27 Traumatologie
1 B-27.147
Synopsis Klassifikation der Talusfrakturen nach Hawkins
a Typ 1: unverschobene Talushalsfraktur
b Typ 2: verschobene Talushalsfraktur mit anteromedialer oder anterolateraler Subluxation im unteren Sprunggelenk
c Typ 3: Fraktur mit Dislokation des Taluskorpus nach dorsal und Subluxation im oberen und unteren Sprunggelenk nach posteromedial
d Typ 4: zusätzliche Verschiebung des peripheren Fragmentes im Talonavikulargelenk.
Symptome. Starke Schwellung, Hämatomverfärbung und Druckschmerz.
Symptome. Starke Schwellung, Hämatomverfärbung und Druckschmerz,
Diagnose. Röntgenaufnahme des Sprunggelenkes in 2 Ebenen. Häufig sind zusätzliche Schichtaufnahmen zur besseren Darstellung der Frakturen notwendig. Zur Diagnostik einer späteren aseptischen Knochennekrose bietet die MRT-Diagnostik die sichersten Hinweise. Differenzialdiagnose. Es ist immer an das Os trigonum (akzessorischer Knochen) zu denken.
Diagnose. Eine Röntgenaufnahme des Sprunggelenkes in 2 Ebenen wird durchgeführt. Zusätzlich erfolgen Aufnahmen des Vorfußes zur besseren Darstellung möglicher Impressionen. Häufig sind Schichtaufnahmen oder ein Computertomogramm zur besseren Darstellung der Frakturen notwendig. Szintigramm und MRT sind zur Diagnose einer später möglichen aseptischen Knochennekrose erforderlich.
Therapie. Nur unverschobene Brüche werden konservativ mit einem Unterschenkelgipsverband für 4–6 Wochen behandelt. Bei Dislokationen ist die Reposition und Verschraubungsosteosynthese das Verfahren der Wahl ( 1 B-27.148).
Therapie ( 1 B-27.148). Frakturen des Proc. posterior tali: Da 25 % der hinte-
begleitet häufig von einem Weichteilschaden sind die typischen Befunde. Bei der Verschiebung nach vorn fällt die Beugung der Zehen infolge des verlängerten Weges der Zehenbeuger aus.
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch ist immer an das Os trigonum (akzessorischer Knochen) zu denken. ren talaren Gelenkfläche durch den Proc. posterior tali getragen wird, sollten verschobene größere Fragmente verschraubt werden. Unverschobene Fragmente werden konservativ durch einen Gipsverband 4–6 Wochen behandelt. Frakturen des Proc. lateralis tali werden bei Dislokation ebenfalls verschraubt. Taluskopffrakturen sind zumeist Impressionsfrakturen, die nach Reposition und Fixation zuweilen eine Spongiosaplastik erfordern. Unverschobene Talushalsfrakturen werden konservativ mit einer 6-wöchigen Ruhigstellung behandelt. Ist bei den Hawkins-II-Frakturen eine geschlossene Reposition möglich, kann konservativ behandelt werden.
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß
1 B-27.148
Schraubenosteosynthese bei Talusfraktur
Reposition der Fragmente und Fixation mit Spongiosaschrauben.
Meist ist jedoch, ebenso wie bei den Hawkins-III- und -IV-Frakturen, eine offene Reposition mit Schraubenfixation notwendig.
Nachbehandlung. Bei stabiler Osteosynthese kann mit partieller Belastung nach 2 Wochen begonnen werden. Eine Vollbelastung sollte nicht vor der 8.–12. Woche erfolgen.
Komplikationen. Hauptkomplikation ist die Nekrose. Die Nekroseraten
betragen bei Trümmerbrüchen 1:1,8, bei Talushalsfrakturen mit Verrenkung 1:2, bei Taluskörperfrakturen mit Verrenkung 1:4, bei Talushalsfrakturen ohne Verrenkung 1:8, bei Taluskörperfrakturen ohne Verrenkung 1:10,5 und bei Taluskopffrakturen 1:20. Die Diagnose kann verifiziert werden durch szintigraphische Untersuchungen sowie durch die MRT, deshalb ist die Verwendung von Titanschrauben wichtig. Weitere Komplikationen sind posttraumatische Arthrosen im oberen und unteren Sprunggelenk bei Gelenkinkongruenz sowie Tarsaltunnelsyndrom.
Nachbehandlung. Bei einer stabilen Osteosynthese kann mit einer Teilbelastung nach 2 Wochen begonnen werden. Eine Vollbelastung sollte nicht vor der 8.–12. Woche erfolgen. Komplikationen. Partielle Nekrose des Talus und posttraumatische Arthrose sind die wichtigsten Komplikationen.
Kalkaneusfraktur
Kalkaneusfraktur
Pathomechanismus. Die Kalkaneusfrakturen machen 2 % aller Frakturen
Pathomechanismus. Sie entsteht hauptsächlich durch Sturz aus großer Höhe (axiales Stauchungstrauma).
Anatomische Besonderheiten. Der Kalkaneus ist der größte Fußwurzel-
Anatomische Besonderheiten. Der Kalkaneus ist der größte Fußwurzelknochen und weist 3 wesentliche Vorsprünge auf: π Sustentaculum tali π Tuber calcanei und π laterale Trochlea peronaealis.
aus. Dabei sind 75 % mit Gelenkbeteiligung. Sie entstehen hauptsächlich duch Sturz aus großer Höhe (axiales Stauchungstrauma).
knochen und weist 3 wesentliche Vorsprünge auf. π Sustentaculum tali, welches biomechanisch sehr stabil ist und aufgrund der sehr starken ligamentären Verbindung zum Talus praktisch niemals seine fixierte Stellung zum Talus verliert π das Tuber calcanei als Ansatzpunkt der sehr starken M.-triceps-suraeSehne. π die laterale Trochlea peronaealis, die die Überdachung für die Peronäalsehne bildet. Der Kalkaneus trägt 4 in räumlich verschiedenen Ebenen angeordnete Gelenkflächen. 3 der Gelenkflächen (Facies articulares subtalares, Facies articulares talares anterius et medius) artikulieren mit dem Talus, die vierte vordere Gelenkfläche am Proc. anterior calcanei artikuliert mit dem Kuboid. Hinteres unteres Sprunggelenk (Articulatio talocalcanearis) und vorderes unteres Sprunggelenk (Articulatio talocalcaneonavicularis) bilden eine funktionelle Einheit mit um 180Ω gegenläufigen Gelenkflächen. Der physiologische Bewegungsablauf in diesen 3 Gelenken ist durch Bewegungen um 3 Führungsachsen gekennzeichnet. Damit ist verständlich, warum der Abrollvorgang bei einer Verschiebung der Gelenkflächen behindert ist. Da das Fersenbein bei der Kraftübertragung vom Bein zum Fuß als zwischengeschalteter Knochen von M. triceps surae und Plantaraponeurose fungiert,
Von den 4 Gelenkflächen artikulieren 3 mit dem Talus, die vierte mit dem Kuboid. Jede Veränderung der Muskelansätze posttraumatisch führt zur Imbalance im oberen Sprunggelenk, zum Kollabieren des Fußlängsgewölbes und Fehlbelastung im Chopart-Gelenk.
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27 Traumatologie kann jede Veränderung der Muskelansätze zur Imbalance vorwiegend im oberen Sprunggelenk führen. Das gesamte Fußlängsgewölbe kollabiert und die Riegelfunktion der Plantaraponeurose geht verloren, sodass eine Fehlbelastung im Chopart-Gelenk resultiert. Weitere Folgen eines fehlverheilten Fersenbeinbruches ist ein Impingement der Peronäalsehnen durch einen äußeren Fersenbeinbuckel und eine dadurch bedingte schmerzreflektorische Schwächung der aktiven Fußrandhebung. Desgleichen verbleiben frakturbedingte Irritationen der Sehnen der Mm. tibiales posterior, flexor hallucis longus und flexor digitorum longus. Durch die Impaktierung des Sprunggelenkes in das Fersenbein wird der Außenknöchel relativ zu lang und reitet auf dem Fersenbein, anstatt frei beweglich zu sein. Daraus resultiert eine Valgusfehlstellung des Rückfußes, Höhenminderung, Verbreiterung und Verkürzung, Verwerfung und/oder Subluxation im Subtalar- und Chopart-Gelenk, die sekundär durch Dorsalkippung des Talus zur Präarthrose des OSG führen kann.
Klassifikation. Neben der AO-Klassifikation finden auch die Einteilungen
Klassifikation. Neben der AO-Klassifikation finden die Einteilungen nach Zwipp und Tscherne Anwendung. Hierbei wird der Frakturtyp nach der Zahl der Fragmente (max. 5) unterschieden.
nach Zwipp und Tscherne Anwendung. Es handelt sich um eine Klassifikation, die sich an der Zahl der Frakturfragmente (maximal 5) und den beteiligten Gelenkfacetten orientiert. Ein Punktsystem gradiert entsprechend nach der Anzahl der Fragmente und der Gelenkfacetten den Schweregrad der Fraktur. Eine zunehmende Punktezahl ist mit einer schlechteren Prognose assoziiert.
Symptome. Schwellung und Hämatom, Abflachung des Fußgewölbes, Verbreiterung/Verplumpung der Ferse.
Symptome. Schwellung und Hämatombildung, Abflachung des Fußgewöl-
Diagnose. Unerlässlich sind die seitliche Aufnahme des Rückfußes zur Beurteilung des Tubergelenkwinkels ( 1 B-27.149) sowie die planto-dorsale Aufnahme.
Diagnose. Die seitliche Aufnahme des Rückfußes dient zur Beurteilung des
1 B-27.149
bes sowie Verbreiterung und Verplumpung der Ferse sind typische Zeichen des Fersenbeinbruches.
Tubergelenkwinkels ( 1 B-27.149), die axiale oder planto-dorsale Aufnahme zur Beurteilung der Dislokation des Sustentaculum tali, des sagittalen Frakturspaltes durch das Tuber, der Fersenbeinverbreiterung der Facies posterior und zur Beurteilung der medialen und der lateralen Wand. Broden-Aufnahmen dienen zur Beurteilung des hinteren und mittleren Subtalargelenkes. Dazu wird der Unterschenkel 45Ω innenrotiert. Es werden 4 Aufnahmen mit kaudokranial gekippter Röhre angefertigt. Der Zentralstrahl wird auf die Mitte einer gedachten Verbindungslinie zwischen Außenknöchel und MFK5-Basis gerichtet.
Synopsis Beurteilung des Tubergelenkwinkels (nach Böhler)
–25Ω 30Ω –40Ω
a Physiologischer Tubergelenkwinkel mit 30Ω –40 Ω.
c Negativer Gelenkwinkel.
0Ω
b Abgeflachter bzw. aufgehobener Tubergelenkwinkel.
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß Daneben erhöht eine axiale und koronare-semikoronare CT, evtl. dreidimensionale CT das Verständnis über den Frakturverlauf ( 1 B-27.150 a, b).
1 B-27.150
Ein besseres Verständnis erhält man durch eine Computertomographie ( 1 B-27.150 a, b).
Kalkaneusfraktur
a CT einer Kalkaneusfraktur in seitlicher Projektion. Der Böhler-Winkel ist vollständig aufgehoben und die talokalkaneare Gelenkfläche imprimiert.
b Gleiche Fraktur in axialer Projektion.
c Zustand nach Osteosynthese und Spongiosaplastik im seitlichen (c) und axialen (d) Strahlengang.
d
Therapie. Unverschobene oder gering dislozierte Frakturen werden konser-
vativ funktionell behandelt. Alle anderen Frakturen erfordern eine exakte Repositon mit Beseitigung der Varus-/Valgusfehlstellung und der Verbreiterung und Verkürzung sowie dem Anheben der imprimierten Gelenkfragmente. Die Stabilisierung erfolgt mittels Schrauben, Drähten und Platten ( 1 B-27.150 c, d).
Therapie. Unverschobene oder gering dislozierte Frakturen werden konservativ funktionell, alle anderen Frakturen nach exakter Reposition mit Schrauben, Drähten und Platten stabilisiert ( 1 B-27.150 c, d).
Nachbehandlung. Die Nachbehandlung ist in den meisten Fällen funktio-
Nachbehandlung. Funktionelle Nachbehandlung, volle Belastung nach der 12. Woche.
Komplikationen. Posttraumatischer Plattfuß, Inkongruenzarthrosen im
Komplikationen. Posttraumatischer Plattfuß, Inkongruenzarthrosen, Impingement der Peronäalsehnen.
nell. Eine volle Belastung kann nicht vor der 12. Woche erlaubt werden.
unteren und oberen Sprunggelenk. Impingement der Peronäalsehnen.
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27 Traumatologie
Luxation im Chopart-Gelenk
Luxation im Chopart-Gelenk
Anatomie. Das Chopart-Gelenk umfasst Kuboid und Navikulare auf der einen und Talus und Kalkaneus auf der anderen Seite. Es wird auch als vorderes unteres Sprunggelenk bezeichnet.
Anatomie. Dieses Gelenk wird auch als vorderes unteres Sprunggelenk
Pathomechanismus. Die kapsulär-ligamentäre Führung im Chopart-Gelenk ist extrem stark, sodass erhebliche Kräfte im Sinne einer Ab- und Adduktion bei fixiertem Rück- oder Vorfuß für eine Verletzung erforderlich sind. Klassifikation. Man unterscheidet 6 Formen der Luxationen im ChopartGelenk.
Pathomechanismus. Die kapsulär-ligamentäre Führung im Chopart-Gelenk
Diagnose. Es imponiert eine veränderte mediale bzw. laterale Fußsäulenlänge mit spontan fixierter Vorfußabduktion oder -adduktion. Bei der Palpation ist häufig eine Stufenbildung zu diagnostizieren.
Diagnose. Inspektorisch imponiert im Seitenvergleich eine veränderte
Merke
bezeichnet und umfasst das Kuboid und Navikulare auf der einen und Talus und Kalkaneus auf der anderen Seite. Rein ligamentäre Luxationen im Chopart-Gelenk sind extrem selten, häufiger werden Begleitfrakturen des Navikulare, Talus, Metatarsus oder Kalkaneus beobachtet.
ist extrem stark, sodass erhebliche Kräfte im Sinne einer Ab- und Adduktion bei fixiertem Rück- oder Vorfuß für eine Verletzung erforderlich sind.
Klassifikation. Entsprechend dem Weg, auf dem die luxierende Kraft das Chopart-Gelenk durchläuft, werden 6 Formen unterschieden (transligamentär, transkalkanear, transkuboidal, transnavikular, transtalar und transnavikulokuboidal).
mediale bzw. laterale Fußsäulenlänge. Häufig finden sich eine spontan fixierte Vorfußabduktion oder -adduktion sowie Fehlstellungen im Vorfuß. Die Plantar- und Dorsalflexion sowie die aktive Vorfußbeweglichkeit sind gestört. Bei der Palpation ist häufig ein lokaler Druckschmerz und eine Stufenbildung zu diagnostizieren. n Merke. Wichtig ist die Prüfung der Durchblutung, Motorik und Sensibilität im Hinblick auf ein Kompartmentsyndrom.
Die radiologische Diagnostik umfasst eine dorsal-plantare Aufnahme des ganzen Fußes, eine exakte seitliche Projektion des gesamten Fußes und eine Schrägaufnahme.
Die radiologische Diagnostik umfasst eine dorso-plantare Aufnahme des ganzen Fußes mit 30Ω kaudo-kranial gekippter Röntgenröhre, eine exakt seitliche Projektion des gesamten Fußes und eine 25Ω-Schrägprojektion des Fußes. Besonders zu beachten ist auf der seitlichen Aufnahme die sog. Cyma-Linie, die normalerweise exakt S-förmig geschwungen sein muss. Bei Verdacht auf Instabilität sind gehaltene Aufnahmen durchzuführen, bei Impressions-Frakturen oder bei Verdacht auf Kuboidluxationen sind Tomographien der Fußwurzel in 2 Ebenen u.U. sinnvoll.
Therapie. Komplette Luxationen werden reponiert und zumeist konservativ behandelt. Alle anderen Verletzungen werden operativ stabilisiert.
Therapie. Komplette Luxationen werden mittels Abduktion/Adduktion und
Komplikationen. Posttraumatische Arthrose bei Gelenkverwerfungen und aseptische Knochennekrose bei Frakturen des Os naviculare.
Komplikationen. Relevante Gelenkverwerfungen führen zur posttraumati-
Lisfranc-Luxation
Lisfranc-Luxation
Anatomie. Das Lisfranc-Gelenk (Articulatio tarsometatarsalis) ist die Verbindung zwischen Os cuboideum und Ossa cuneiformia einerseits und Ossa metatarsalia andererseits.
Anatomie. Das Linsfranc-Gelenk ist die Verbindung zwischen dem Os
Pathomechanismus. Am häufigsten luxieren die Metatarsalia durch direkte oder indirekte Gewalt nach dorsal, da hier der Bandapparat deutlich schwächer ist.
Pathomechanismus. Die statistische Häufigkeit von Lisfranc-Luxationsfrak-
gleichzeitiger Plantar-/Dorsalflexion des Fußes unter digitalem Druck reponiert und zumeist konservativ behandelt. Alle anderen Verletzungen im Chopart-Gelenk werden operativ stabilisiert.
schen Arthrose, Frakturen des Os naviculare häufig zur aseptischen Knochennekrose.
cuboideum und den Ossa cuneiformia einerseits und den Ossa metatarsalia andererseits. Seine mechanische Stabilität erhält das Gelenk durch die gewölbebildenden Ossa cuneiformia, welche durch die einstrahlenden Sehnenfasern des M. tibialis posterior (medialer Steigbügel) und die quere dynamische Verspannung der Sehne des M. peronaeus longus (lateraler Steigbügel) zusätzlich stabilisiert werden. Mechanisch ist der 2. Strahl am stärksten verklammert, da er zwischen Os cuneiforme I und III – bei verkürztem Os cuneiforme II – eingeschoben ist. Pathomechanisch kommt ihm damit eine Schlüsselfunktion zu.
turen wird in der Literatur zwischen 0,02–0,9 % aller Frakturen angegeben. Am häufigsten luxieren die Metatarsalia durch direkte und indirekte Gewalt nach dorsal, da hier der Bandapparat deutlich schwächer ist.
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß
Klassifikation. Unterschieden werden 3 Hauptgruppen ( 1 B-27.151): π
π
π
Die homolaterale Luxation: hierbei luxieren die Metatarsalia 1–5 in eine Richtung. Die divergierenden Luxationen mit unterschiedlicher Luxationsrichtung des 1. Strahls sowie der Metatarsalia 2–5. Die isolierte Luxation, bei der häufig nur das Os cuneiforme I und II luxiert sind.
1 B-27.151
Klassifikation. Man unterscheidet 3 Hauptgruppen ( 1 B-27.151): π homolaterale Luxation π divergierende Luxation π isolierte Luxation.
Synopsis Klassifikation Lisfranc-Luxationen
a Homolaterale Luxation: Luxation der Metatarsalia 1–5 in eine Richtung.
b Divergierende Luxation mit unterschiedlicher Luxationsrichtung von Metatarsale 1 und Metatarsalia 2–5.
c Isolierte Luxation. Sehr häufig sind Os cuneiforme I und II mitbeteiligt.
Diagnose. Inspektorisch imponiert bei der plantaren Dislokation eine
Abflachung des Fußgewölbes, bei der dorsalen Dislokation eine vermehrte Pes-cavus-Deformierung. Bei der plantaren Luxation sind die Zehen aufgrund der relativen Flexorenverkürzung eingekrallt und nicht streckbar. Die radiologische Diagnostik umfasst die dorso-plantare Aufnahme des gesamten Fußes mit 20Ω kaudo-kranial gekippter Röhre, die exakt seitliche Projektion des gesamten Fußes und die 45Ω-Schrägaufnahme ( 1 B-27.152).
Therapie. Ist die Verletzung nach Reposition stabil, kann konservativ behandelt werden, ansonsten erfolgt die operative Versorgung mit K-Drähten bzw. Schrauben ( 1 B-27.152). Komplikationen. Bei diesen schweren Fußverletzungen besteht immer die
Gefahr eines Kompartmentsyndroms. Die Sehnen des M. tibialis anterior und M. peronaeus longus können durch Interposition gelegentlich Repositionshindernisse darstellen. Aufgrund der empfindlichen Gefäßversorgung, die über die interossären Ligamente verläuft, kann es zu Knochennekrosen einzelner Fußwurzelknochen kommen.
Diagnose. Es imponiert eine Deformierung des Fußgewölbes. Die radiologische Diagnostik umfasst verschiedene Spezialaufnahmen zur exakten Beurteilung des Fußes ( 1 B-27.152). Therapie. Ist die Verletzung nach Reposition stabil, kann konservativ behandelt werden, ansonsten erfolgt die operative Versorgung (K-Drähte, Schrauben) ( 1 B-27.152). Komplikationen. Kompartmentsyndrom, Knochennekrosen.
Fußwurzelfrakturen
Fußwurzelfrakturen
Fraktur des Os naviculare
Fraktur des Os naviculare
Pathomechanismus. Isolierte Frakturen des Os naviculare pedis sind selten.
Pathomechanismus. Isolierte Frakturen des Os naviculare pedis sind selten, sie treten meistens im Zusammenhang mit Frakturen des Os cuboideum oder Luxationen im Chopart-Gelenk auf.
Meist treten sie im Zusammenhang mit Frakturen des Os cuboideum oder Luxationen im Chopart-Gelenk auf.
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27 Traumatologie
1 B-27.152
Lisfranc-Luxationsfraktur
a Isolierte Lisfranc-Luxationsfraktur (Á) Röntgenaufnahme a.p.
b Zustand nach K-Draht-Osteosynthese.
Unterschieden werden: π kortikale Ausrissfrakturen π Frakturen der Tuberositas ossis navicularis π Korpusfrakturen.
Unterschieden werden: π kortikale Ausrissfrakturen (Ansatz des Lig. deltoideum und der talonavikularen Kapsel) π Frakturen der Tuberositas ossis navicularis (Ansatz des M. tibialis posterior) π Korpusfrakturen. Forcierte Überstreckungs- bzw. Überbeugungsmechanismen können auch zu einem Zerquetschen des Navikulare im Sinne einer Trümmerfraktur führen.
Symptome. Schwellung und Fehlstellung.
Symptome. Schwellung und Fehlstellung sind die deutlichsten Zeichen der
Merke
Navikularefrakturen. n
Merke. Begleitverletzungen im Chopart-Gelenk sind häufig.
Diagnose. Röntgenaufnahmen des Fußes in 2 Ebenen ( 1 B-27.153), evtl. Schichtaufnahmen oder CT.
Diagnose. Röntgenaufnahme des Fußes in 2 Ebenen ( 1 B-27.153), evtl. Schichtaufnahmen oder CT.
Differenzialdiagnose. Bei kortikaler Ausrissfraktur: Os supranaviculare, bei Fraktur der Tuberositas: Os tibiale externum.
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch ist bei den kortikalen Aus-
Therapie. Unverschobene Frakturen werden im Unterschenkelgips ruhiggestellt, dislozierte Navikularefrakturen verschraubt.
Therapie. Die unverschobenen Frakturen stellen eine Domäne der konser-
rissfrakturen an ein Os supranaviculare und Os supratalare zu denken und bei den Frakturen der Tuberositas an ein Os tibiale externum.
vativen Behandlung dar. Sie werden im Unterschenkelgips ruhiggestellt. Dislozierte Navikularefrakturen werden verschraubt. Bei Trümmerfrakturen ggf. transfixierender Fixateur externe, autologe Spongiosaplastik und zusätzliche K-Draht-Fixation.
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27.2.7 Sprunggelenk und Fuß
1 B-27.153
1239
Os-naviculare-Fraktur Isolierte Ermüdungsfraktur des Os naviculare (Á) bei einem Geräteturner ohne Begleitverletzungen.
Frakturen des Os cuboideum
Frakturen des Os cuboideum
Pathomechanismus. Die isolierte Fraktur des Os cuboideum entsteht durch
Pathomechanismus. Die isolierte Fraktur des Os cuboideum entsteht durch direkte Gewalteinwirkung bei Plantarflexion und lateralseitiger Abknickung des Fußes.
Therapie. Nicht verschobene Brüche werden konservativ mittels Gipsruhig-
Therapie. Unverschobene Brüche werden konservativ mit Gipsruhigstellung versorgt, Trümmerbrüche mittels Fixateur externe.
Komplikationen. Posttraumatische Arthrose, übersehene Verletzungen anderer Fußwurzelgelenke.
Komplikationen. Posttraumatische Arthrose.
Frakturen der Ossa cuneiformia I–III
Frakturen der Ossa cuneiformia I–III
Pathomechanismus. Isolierte Frakturen an den Ossa cuneiformia sind
Pathomechanismus. Direktes Trauma. Die häufigste Fraktur des Os cuneiformia I ist meist mit einer Luxation im Lisfranc-Gelenk kombiniert.
Therapie. Nicht dislozierte Frakturen werden konservativ versorgt. Bei
Therapie. Nicht dislozierte Frakturen werden konservativ versorgt. Bei bestehender Dislokation erfolgt eine Zugschraubenosteosynthese.
Frakturen der Ossa metatarsalia I–V
Frakturen der Ossa metatarsalia I–V
Anatomie. Die Mittelfußknochen bilden mit den kleinen Fußwurzelkno-
Anatomie. Die Mittelfußknochen bilden mit den kleinen Fußwurzelknochen die Längs- und Quergewölbe des Vorfußes. Besondere Bedeutung kommt den beiden Tragpfeilern, den Ossa metatarsalia I und V zu.
Pathomechanismus. Bei Frakturen des Os metatarsale I mit Dislokation und
Pathomechanismus. Bei Frakturen des Os metatarsale I mit Dislokation und
den sog. Nussknacker-Mechanismus, d.h. durch direkte Gewalteinwirkung bei Plantarflexion und lateralseitiger Abknickung des Fußes. Durch diese zangenförmige Bewegung wird das Os cuboideum zwischen Kalkaneus und der Basis vom Metatarsale V eingeklemmt. Des weiteren finden sich zuweilen knöcherne Ausrissverletzungen.
stellung behandelt. Bei den Trümmerbrüchen des Kuboids muss ggf. eine Transfixation mittels Fixateur externe und offene Reposition mit Spongiosaplastik erfolgen.
äußerst selten. Sie entstehen durch direkte Traumen. Die häufigste Fraktur des Os cuneiforme I ist meist mit einer Luxation im Lisfranc-Gelenk kombiniert.
bestehender Dislokation erfolgt eine Zugschraubenosteosynthese. Bei benachbarter Instabilität wird eine gelenkübergreifende K-Draht-Osteosynthese durchgeführt.
chen die Längs- und Quergewölbe des Vorfußes. Besondere Bedeutung kommt den beiden Tragpfeilern, den Ossa metatarsalia I und IV zu. Fehlstellungen und Verkürzungen führen zu ausgeprägten Fehlbelastungen und schmerzhaften Funktionsverlusten der unteren Extremität.
Verkürzung kann die Fehlstellung zu einem posttraumatischen Spreizfuß
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1240 Verkürzung kann die Fehlstellung zu einem posttraumatischen Spreizfuß führen. Frakturen der Ossa metatarsalia II–V sind häufig nach plantar disloziert und verbreitern das Quergewölbe. Therapie. Undislozierte Frakturen der Metatarsalia werden konservativ im Unterschenkelgipsverband behandelt, dislozierte Frakturen werden durch Kirschner-Drathosteosynthese, Metatarsale-V-Abrissfrakturen durch Zuggurtungsosteosynthese stabilisiert ( 1 B-27.154).
27 Traumatologie führen, da die tragende Pfeilerfunktion auf das Köpfchen des 2. und 3. Mittelfußknochens übertragen wird. Die dislozierten Abrissfrakturen des Os metatarsale V führen durch den Zug der kräftigen Sehne des M. peronaeus brevis zur Pseudarthrose. Frakturen der Ossa metatarsalia II–V sind häufig nach plantar disloziert und verbreitern das Quergewölbe.
Therapie. Undislozierte Frakturen der Metatarsalia werden konservativ im Unterschenkelgipsverband oder MalleolocQ-Schiene unter Vollbelastung
behandelt. Alle dislozierten Frakturen werden operativ versorgt. Schaftfrakturen der Ossa metatarsalia I–V mit Dislokation werden reponiert und mittels K-Drähten oder u.U. bei den Metatarsalia I und V mittels Plattenosteosynthese versorgt. Abrissfrakturen des Os metatarsale V werden durch eine Zuggurtungsosteosynthese stabilisiert ( 1 B-27.154).
1 B-27.154
Synopsis Osteosynthese Os metatarsale V
a Zuggurtungsosteosynthese Metatarsale V rechts.
b Schraubenosteosynthese Metatarsale V rechts.
Zehenfrakturen
Zehenfrakturen
Pathomechanismus. Zehenfrakturen entstehen meist durch direkte Gewalteinwirkung.
Pathomechanismus. Zehenfrakturen entstehen meist durch direkte
Diagnose. Schwellung, schmerzhafte Bewegungseinschränkung, subunguales Hämatom bei Endgliedfrakturen. Therapie. Undislozierte Zehengrundoder -endphalanxfrakturen werden durch Pflasterzügelverband mit der benachbarten Zehe geschient.
Diagnose. Schwellung, schmerzhafte Bewegungseinschränkung, subungua-
Gewalteinwirkung.
les Hämatom bei Endgliedfrakturen.
Therapie. Undislozierte Zehengrund- oder -endphalanxfrakturen werden durch Pflasterzügelverband mit der benachbarten Zehe geschient. Bei subungualem Hämatom ist u.U. die Nageltrepanation zur Hämatomentlastung notwendig. Dislozierte Grundphalanxfrakturen mit Gelenkbeteiligung an der Großzehe werden durch offene Reposition und Schrauben oder K-Draht-Osteosynthese stabilisiert.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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27.2.8 Polytrauma 27.2.8
Polytrauma
27.2.8 Polytrauma
n Definition. Unter einem Polytrauma versteht man gleichzeitig entstandene Verletzungen mehrerer Körperregionen oder Organsysteme, wobei wenigstens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer lebensbedrohlich ist.
Neben dieser qualitativen Beschreibung existieren verschiedene Scores, die das Verletzungsausmaß auch quantitativ erfassen. Die zahlreichen Scores und Indices unterscheiden sich in erster Linie hinsichtlich Ort (Unfallstelle, Notaufnahme, Intensivstation) und Zeitpunkt ihrer Anwendung und der zur Beurteilung verwendeten Parameter. Dies können physiologische Variable, pathologisch-anatomische Diagnosen oder auch verschiedene Laborwerte sein. Im deutschen Sprachraum hat sich der Polytraumaschlüssel (PTS) ( 2 B-27.3) durchgesetzt, der physiologische Werte (Base excess und PaO2/ FIO2) und pathologisch-anatomische Diagnosen sowie das Alter berücksichtigt. Ein Score ist immer von der präklinischen und klinischen Therapie abhängig. Dies bedeutet, dass sich der Fortschritt in den verschiedenen therapeutischen Maßnahmen auch in einer Änderung der Score-Beurteilung auswirken muss.
2 B-27.3
Definition
Neben dieser qualitativen Beschreibung existieren verschiedene Scores, die das Verletzungsausmaß auch quantitativ erfassen.
Im deutschen Sprachraum hat sich der Polytraumaschlüssel (PTS) durchgesetzt, der physiologisch-anatomische Werte, pathologisch-anatomische Diagnosen und das Alter berücksichtigt ( 2 B-27.3).
Polytraumaschlüssel (PTS): Thorax
Trauma
Punkte
N Sternum, Rippenfrakturen (1–3) n
2
N Rippenserienfrakturen n
5
N Rippenserienfrakturen beidseitig n N Hämato-, Pneumothorax n
10 2
N Lungenkontusion n
7
N Lungenkontusion beidseitig n
9
N zusätzlich instabiler Thorax n
3
N Aortenruptur n
7
Gesamtpunktzahl
n
Pathophysiologie. Die Kombination verschiedener Einzelverletzungen führt nicht nur zu einer Addierung, sondern u.U. zur Potenzierung der Allgemeinveränderungen. Gewebezerstörung durch Quetschung, Frakturen großer Röhrenknochen, Zerreißung von parenchymatösen Bauchorganen (Leber, Milz), schwere Beckenverletzungen führen zusammen mit Blutverlust und Zirkulationsstörungen zu einem Zustandsbild, welches wir als traumatisch-hämorrhagischen Schock bezeichnen (vgl. Kap. A-5.4). Im Vordergrund steht der Gewebeschaden. Die Zerstörung von Zellstrukturen bewirkt die Freisetzung einer Vielzahl humoraler Mediatoren, die zu einer Aktivierung des Komplement- und Gerinnungssystems (Folge: disseminierte intravasale Gerinnung, DIG, s. S. 152 ff.) führen. Diese Kaskadensysteme dienen einerseits der »Kenntlichmachung« (Opsonierung) andererseits der »Alarmierung« (Chemotaxis) unspezifischer Immunzellen, die z.B. für den Abtransport und Beseitigung der geschädigten Zellstrukturen sorgen sollen. Die veränderte Zellmatrix wird als antigener (artfremder) Bestandteil von den Immunzellen erkannt und über Phagozytose eliminiert. Eine Überbeanspruchung dieser Immunzellen und übermäßige Aktivierung der Zellsysteme führt schließlich zu einer Art Autoaggression dieser Abwehrsysteme, die letztendlich auch ungezielt intaktes Gewebe angreifen. Dabei bleiben maximal stimulierte polymorphkernige Granulozyten und Thrombozyten in den Lungenkapillaren haften (cell-sticking) und schädigen dort das Kapillarendothel mit den Folgen eines vermehrten Flüssigkeitsaustrittes aus den Gefäßen in das Lungeninterstititum. Sämtliche Körperzellen wer-
Pathophysiologie. Gewebezerstörung, Frakturen, Zerreißung von parenchymatösen Bauchorganen und schwere Beckenverletzungen führen mit Blutverlust und Zirkulationsstörungen zu einem traumatisch-hämorrhagischen Schock (vgl. Kap. A-5.4). Die Zerstörung von Zellstrukturen bewirkt die Freisetzung humoraler Mediatoren, die zur Aktivierung des Komplement- und Gerinnungssystems führen. Folge können sein: DIG (s. S. 152 ff.) und überschießende Aktivierung des Abwehrsystrems. Sämtliche Körperzellen werden durch die Überaktivierung geschädigt und lagern vermehrt Flüssigkeit ein. Verstärkt wird diese Symptomatik durch die Ausschüttung von Adrenalin, Histaminfreisetzung etc. Die Zellfunktionsstörungen führen zu Organstörungen, die in einem Multiorganversagen enden.
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27 Traumatologie den durch diese Überaktivierung geschädigt oder verändert und lagern durch Störungen des Enegiestoffwechsels vermehrt Flüssigkeit ein. Diese generalisierte Entzündungsreaktion wird als Systemic inflammatory response syndrome (SIRS) bezeichnet. Verstärkt wird diese Symptomatik durch die in gleicher Richtung wirkenden humoralen Mechanismen wie Adrenalinausschüttung, Histaminfreisetzung etc. Die initiale Zellfunktionsstörung ist auch die Grundlage für die später manifest werdenden Organstörungen, die schließlich in einem Multiorganversagen enden.
Allgemeine Maßnahmen an der Unfallstelle π Absicherung der Unfallstelle π Überblick über Unfallhergang
Das vordringlichste Ziel der Erstmaßnahmen an der Unfallstelle besteht in: π schonender Bergung π Wiederherstellung und Sicherung der Vitalfunktionen π Erreichen der Transportfähigkeit π Fortführen lebenserhaltender Maßnahmen auf dem Transport. π Bergung: Ist die Bergung des Verletzten, z.B. bei Einklemmung, technisch zeitaufwändig, beginnen, soweit möglich, die lebenserhaltenden Sofortmaßnahmen bereits bei dem noch eingeklemmten Verletzten. π Sicherung der Vitalfunktionen: Die häufigste Todesursache an der Unfallstelle ist die Massenblutung und die respiratorische Insuffizienz. Deshalb: Legen großlumiger Zugänge zum Ausgleich des Volumenverlustes. Vorrangig ist das Freimachen und Freihalten der Atemwege. Durch Überstreckung des Kopfes, Öffnen des Mundes und Vorziehen des Unterkiefers (Esmarch-Handgriff) wird der Zungengrund angehoben ( 1 B-27.155). Der Patient wird in eine stabile Seitenlage gebracht.
Merke
Allgemeine Maßnahmen an der Unfallstelle Nach entsprechender Absicherung der Unfallstelle verschafft sich der Notarzt zunächst einen Überblick über Unfallhergang und Zahl der Verletzten, um evtl. zu diesem Zeitpunkt bereits weitere Notärzte bzw. Rettungsmittel nachzufordern. Das vordringlichste Ziel der Erstmaßnahmen an der Unfallstelle besteht in: π der schonenden Bergung des Verletzten π der Wiederherstellung und Sicherung vitaler Funktionen π der Erreichung der Transportfähigkeit sowie π der Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen auf dem Transport in ein den speziellen Verletzungen gerecht werdendes Zentrum. π Bergung: Ist die Bergung des Verletzten, z.B. bei Einklemmung, technisch zeitaufwändig, beginnen, soweit möglich, die lebenserhaltenden Sofortmaßnahmen bereits bei dem noch eingeklemmten Verletzten. π Sicherung der Vitalfunktionen: Die häufigste Todesursache an der Unfallstelle ist die Massenblutung und die respiratorische Insuffizienz. Die wesentliche Aufgabe des Notarztes besteht deshalb darin, über großlumige Zugänge den Volumenverlust mit kolloidalen oder kristallinen Lösungen auszugleichen und die Hypoxie zu vermeiden. Dies geschieht durch Intubation und Beatmung bei Schwerstverletzten und Patienten mit Schädel-HirnTrauma mit Glasgow-Coma-Scale unter 9. Ist noch kein Notarzt an der Unfallstelle, besteht die Aufgabe im Freimachen und Freihalten der Atemwege. Dazu wird der Nasen-Rachen-Raum mechanisch mit Fingern und Taschentuch von Fremdkörpern gereinigt oder mit einer Pumpe abgesaugt. Durch Überstreckung des Kopfes, Öffnen des Mundes und Vorziehen des Unterkiefers wird der Zungengrund angehoben (Esmarch-Handgriff) ( 1 B-27.155). Zusätzlich wird der Patient in eine stabile Seitenlagerung gebracht. n Merke. Bei HWS-Verletzungen verbietet sich eine Überstreckung der HWS. Hierbei, sowie bei allen Schwerverletzten mit respiratorischen Funktionsstörungen und einem erheblichen Verletzungsmuster ist die endotracheale Intubation und Beatmung an der Unfallstelle die geeignete Erstbehandlung.
1 B-27.155
Esmarch-Handgriff Durch Überstrecken des Kopfes, Öffnen des Mundes und Vorziehen des Unterkiefers wird der Zungengrund angehoben.
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27.2.8 Polytrauma Die primäre Beatmung des Unfallverletzten an der Unfallstelle hat zu einer deutlichen Verminderung der Schockfolgeerkrankungen geführt.
Die primäre Beatmung an der Unfallstelle senkt die Schockfolgeerkrankungen.
Spezielle präklinische Maßnahmen beim Polytrauma
Spezielle präklinische Maßnahmen beim Polytrauma
Äußere Massenblutungen
Äußere Massenblutungen
Äußerlich sichtbare Blutungen können zumeist durch eine direkte Kompression zunächst manuell, dann mit Hilfe eines Kompressionsverbandes und Hochlagerung gestillt werden. In seltenen Fällen ist die direkte Blutstillung unter Sicht durch eine atraumatische Gefäßklemme möglich. Bei Amputationsverletzungen kann das Anlegen einer Blutsperre, wie bei Operationen häufig benutzt, zum Einsatz kommen. Daneben kann als einfache Maßnahme auch die Autotransfusion durch Hochheben der Beine bei Ausschluss von Frakturen die Kreislaufsituation positiv beeinflussen.
Sie können meist durch direkte Kompression gestillt werden, selten kann eine Klemme verwendet werden. Bei Amputationsverletzungen kann eine Blutsperre angelegt werden. Die Autotransfusion durch Hochheben der Beine kann die Kreislaufsituation positiv beeinflussen.
Schädel-Hirn-Trauma (s.a. Kap. B-31.6)
Schädel-Hirn-Trauma (s.a. Kap. B-31.6) Wichtigste Maßnahmen sind die Sicherung der Zirkulation und Respiration. Beim bewusstlosen Patienten ist die endotracheale Intubation indiziert. Der Befund kann mit Hilfe der Glasgow-Coma-Scale erfasst werden (s. 2 B-31.10). Zur Hirnödemprophylaxe wird der Oberkörper ca. 30 Ω angehoben.
Wichtigste Maßnahmen beim Schädel-Hirn-Trauma sind die Sicherung der Zirkulation und Respiration. Gerade beim bewusstlosen Patienten ist die endotracheale Intubation indiziert. Die zuvor durchgeführte Diagnostik umfasst: Pupillenform und -reaktion, Motorik, Schmerzreaktion, Atemmechanik, Liquorfluss. Der Befund kann mit Hilfe der Glasgow-Coma-Scale auch nummerisch erfasst werden (s. 2 B-31.10). Zur Prophylaxe eines Hirnödems wird der Oberkörper ca. 30Ω angehoben.
Wirbelsäulenverletzungen (s.a. Kap. B-31.7) Diagnose n Merke. Bei jedem Schädel-Hirn-Trauma muss eine begleitende Halswirbelsäulenverletzung ausgeschlossen werden.
Diagnostische Hinweise auf eine Wirbelsäulenverletzung an der Unfallstelle ergeben Diastase zwischen den Dornfortsätzen, Versetzungen der Dornfortsatzreihe sowie spontane Bewegungs-, Druck- und Klopfschmerzen im Wirbelsäulenbereich. Diagnostisch hat darüber hinaus eine grob orientierende neurologische Untersuchung zu erfolgen, die sich im Wesentlichen darauf beschränkt, die Intaktheit motorischer Funktionen zu dokumentieren, z.B. Heben und Senken der Füße, Strecken und Beugen im Ellbogengelenk, Spreizen der Finger sowie das Geben der Hand. Daneben verläuft eine vergleichende Untersuchung der Sensibilität zur Gegenseite von kranial nach kaudal.
Wirbelsäulenverletzungen (s.a. Kap. B-31.7) Diagnose Merke
Hinweise auf eine Wirbelsäulenverletzung können sein: Diastase zwischen den Dornfortsätzen, Verletzungen der Dornfortsatzreihe, spontane Bewegungs-, Druck- und Klopfschmerzen. Eine grob orientierend durchgeführte neurologische Untersuchung muss die Intaktheit motorischer Funktionen und die Sensibilität dokumentieren.
Therapie. Die sachgemäße Bergung und Lagerung des Patienten ist vordringlichste Aufgabe an der Unfallstelle. Die Bergung hat mit mehreren Helfern zu erfolgen, der Patient wird mit Hilfe des Schaufelgriffes gelagert, sodass es zu keiner Bewegung im Wirbelsäulenbereich kommt. Das Umlagern kann auch mit der Schaufeltrage, der Transport am besten mit einer Vakuummatratze durchgeführt werden. Die HWS wird mit einer steifen Krawatte ruhiggestellt.
Therapie. Eine Bergung hat mit mehreren Helfern zu erfolgen. Der Patient wird mit Hilfe des Schaufelgriffes gelagert, sodass es zu keiner Bewegung im Wirbelsäulenbereich kommt. Die HWS wird mit einer steifen Krawatte ruhiggestellt.
Thoraxverletzungen (s. Kap. B-26.7)
Thoraxverletzungen (s. Kap. B-26.7)
Für den Notarzt ist an der Unfallstelle die Diagnose folgender Verletzungen wichtig: π Pneumothorax π Spannungspneumothorax π instabiler Thorax
Wichtig ist die Diagnose folgender Verletzungen: π Pneumothorax π Spannungspneumothorax π instabiler Thorax.
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1244 Abdominelle Verletzungen (s.a. Kap. A-10) Verletzungsmechanismus und Prellmarken können Hinweise geben, ebenfalls Frakturen der unteren Rippen.
27 Traumatologie
Abdominelle Verletzungen (s.a. Kap. A-10) Der Verletzungsmechanismus und Prellmarken können Hinweise auf eine intraabdominelle Verletzung geben. Frakturen der unteren Rippen können ebenfalls ein indirektes Zeichen für eine intraabdominelle Verletzung sein.
Symptome. Abdomineller Druckschmerz, Abwehrspannung, Tachykardie, Hypotonie.
Symptome. Abdomineller Druckschmerz, Abwehrspannung, Tachykardie
Therapie. Analgesie, Volumensubstitution, umgehende Blutstillung in der Klinik.
Therapie. Analgesie und ausreichende Volumensubstitution. Da die einzig
Extremitätenverletzungen Eine Mehrfachfrakturierung kann zu einer erheblichen Gefährdung durch Blutverlust führen ( 2 B-27.4). Deshalb sind bereits an der Unfallstelle durch den Notarzt wichtige Maßnahmen (s.u.) durchzuführen.
Extremitätenverletzungen
und Hypotonie lenken den Verdacht auf abdominelle Verletzungen.
wirksame Blutstillung nur operativ erfolgen kann, ist ein sehr zügiger Transport in die Klinik zu veranlassen.
Die häufigste Verletzung beim Polytraumatisierten betrifft die Extremitäten. Die Summation mehrerer Frakturen kann wegen des starken Blutverlustes zu einer erheblichen Gefährdung des Patienten führen ( 2 B-27.4). Deshalb sind bereits an der Unfallstelle durch den Notarzt wichtige Maßnahmen (s.u.) durchzuführen.
2 B-27.4
Symptome. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung, Fehlstellung und Krepitation.
Retention der Fraktur mit einer Luftkammerschiene (Reduktion von Schmerzen und Schwellung).
50– 400 ml
N Humerus n
100– 800 ml
N Becken n
500–5000 ml
N Femur n
300–2000 ml
N Tibia n
100-1000 ml
tation weisen auf eine Fraktur hin.
n Merke. Dem Notarzt obliegt die Diagnostik der Ausdehnung des Weichteilschadens, da der an der Unfallstelle anzulegende sterile Verband bei den offenen Brüchen bis zum Operationssaal nicht mehr gewechselt wird. Darüber hinaus obliegt dem Notarzt die Prüfung der Durchblutung, Motorik und Sensibilität.
Therapie. Beim Polytraumatisierten ist die Bekämpfung von 3 schockwirksamen Mechanismen an der Unfallstelle vorrangig: Bekämpfung der Schmerzen mit starken/hochpotenten Analgetika. π Die Verminderung des Weichteilschadens. Dies erfolgt durch die Reposition an der Unfallstelle, wobei lediglich ausgeprägte Fehlstellungen ausgeglichen werden. Dadurch kommt es zu einer wirksamen Entlastung der noch intakten Weichteile. π
n Merke. Die Reposition hat auch bei offenen Brüchen zu erfolgen, da die Entlastung der Weichteile höher zu bewerten ist als die mögliche Gefahr einer Verschleppung von Keimen in die Tiefe. Dies insbesondere deshalb, weil jede offene Wunde in der Klinik notfallmäßig versorgt wird.
Merke
π
N Unterarm n
Symptome. Schmerzhafte Bewegungsbehinderung, Fehlstellung und Krepi-
Merke
Therapie. An der Unfallstelle vorrangig sind: π Bekämpfung der Schmerzen mit hochpotenten Analgetika π Verminderung des Weichteilschadens, z.B. durch Reposition ausgeprägter Fehlstellungen
Blutverlust bei geschlossenen Frakturen
π
Die Retention der Fraktur mit einer Luftkammerschiene bedeutet Verminderung der Schmerzen und der Schwellung. Zur Verhinderung eines möglichen Kompartmentsyndroms ist hierbei jedoch auf einen möglichst niedrigen Füllungsdruck der Schiene zu achten.
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27.2.8 Polytrauma
Luxation und Luxationsfrakturen
Luxation und Luxationsfrakturen
Die häufigste Luxationsfraktur ist die des oberen Sprunggelenkes. Hier ist eine sofortige Reposition unter Längszug an der Unfallstelle indiziert. Bei den Luxationen und Luxationsfrakturen der großen Gelenke, z.B. Hüftgelenk und Schultergelenk, ist bei sicherer Diagnostik der einmalige Repositionsversuch erlaubt. Ansonsten sollte die Extremität besser in der Fehlstellung, z.B. durch eine Vakuummatratze, fixiert und erst in der Klinik reponiert werden.
Bei der Luxationsfraktur des oberen Sprunggelenkes ist eine sofortige Reposition indiziert. An den großen Gelenken (z.B. Hüftoder Schultergelenk) ist ein einmaliger Repositionsversuch erlaubt, ansonsten erfolgt die Reposition in einer Klinik.
Beckenverletzungen
Beckenverletzungen
Häufig weist schon der Verletzungsmechanismus auf eine mögliche Beckenverletzung hin.
Häufig weist schon der Verletzungsmechanismus auf eine mögliche Beckenverletzung hin.
n Merke. Die Besonderheit der Beckenverletzungen besteht vor allen Dingen in dem begleitenden erheblichen Blutverlust. Dieser kann innerhalb von kurzer Zeit mehrere Liter betragen (s. 2 B-27.4).
Merke
Symptome. Hämatome, Druckschmerz, z.B. über der Symphyse, Außenbzw. Innenrotationsschmerz bei Zug oder Druck an den Beckenschaufeln geben Hinweise auf eine Beckenverletzung. Zur Verifizierung neurologischer Ausfälle wird die Dorsalextension und Plantarflexion der Füße geprüft sowie ein grober Sensibilitätsstatus erhoben.
Symptome. Hämatome, Druckschmerz, z.B. über der Symphyse, Außen- bzw. Innenrotationsschmerz bei Zug oder Druck an den Beckenschaufeln.
Therapie. Analgesie und Lagerung auf einer Vakuumschiene sind wichtige präklinische Maßnahmen.
Therapie. Analgesie und Lagerung auf Vakuumschiene.
Diagnostik in der Klinik
Diagnostik in der Klinik
Ziel der Diagnostik ist die sichere, simultane und schnelle Erkennung der relevanten Verletzungen. Vorbereitete Organisationsabläufe (Algorithmen) sowie ein vorbereitetes Team aus Ärzten und Schwestern schafft die Voraussetzungen für einen organisatorisch reibungslosen und schnellen Ablauf. Entscheidend ist das simultane Vorgehen, wobei auch diagnostische und therapeutische Maßnahmen zuweilen parallel ablaufen können, z.B. beim Pneumothorax. Die Untersuchung hat nach einem entsprechendem Schema und einer Systematik zu erfolgen: 1. Überprüfung der vitalen Funktionen (Atmung, Kreislauf, Bewusstseinslage mit Glasgow-Coma-Scale). Aufgrund der kurzen Rettungszeiten geben Blutdruck und Puls in der Anfangsphase häufig nicht das Verletzungsausmaß wieder. 2. Untersuchung auf Gehirnbeteiligung: Pupillenweite, Pupillenreaktion, Reflexe, Röntgen Schädel, CT. 3. Thorax: Auskultation, Röntgen Thorax, Palpation Rippenfrakturen. 4. Abdomen: Druckschmerz, Abwehrspannung, Gurtmarken, Prellmarken, Ultraschall, CT, evtl. Peritoneallavage. 5. Becken: Palpation, Kompression, Distraktion, Inspektion Blutaustritt, z.B. Harnröhre. 6. Wirbelsäule: Druckschmerz, Diastase zwischen den Dornfortsätzen, Röntgen LWS, bei instabilen Frakturen CT oder Kernspintomographie. 7. Extremitäten: immer Durchblutung, Motorik und Sensibilität prüfen, Weichteilbefund. Zur Überwachung des Patienten werden folgende Kreislaufgrößen kontrolliert: Blutdruck, Pulsfrequenz, ZVD, daneben Atemfrequenz und Urin (Stundenmenge). Zusätzlich kann die Indikation für einen Swan-Ganz-Katheter gegeben sein. Damit lässt sich das Herzzeitvolumen durch Thermodilution, der linksventrikuläre Füllungsdruck, die gemischt-venöse Sauerstoffsättigung, der pulmonale und systemische Gefäßwiderstand und der intrapulmonale Shunt messen bzw. berechnen. Folgende Laborparameter sollten immer untersucht werden: Blutzucker, arterielle Blutgasanalyse, Blutbild, Elektrolyte, Transaminasen, Gerinnung, evtl. Elastase und Laktat.
Ziel der Diagnostik ist die sichere, simultane und schnelle Erkennung der relevanten Verletzungen. Die Untersuchung hat nach einem entsprechenden Schema und einer Systematik zu erfolgen.
1. Überprüfung der vitalen Funktionen: Atmung, Kreislauf, Bewusstseinslage. 2. Gehirnbeteiligung: Pupillenweite, Pupillenreaktion etc. 3. Thorax: Auskultation, Röntgen Thorax 4. Abdomen: Druckschmerz, Abwehrspannung etc. 5. Becken: Inspektion, Palpation 6. Wirbelsäule: Druckschmerz, Röntgen 7. Extremitäten: Durchblutung, Motorik, Sensibilität.
Zur Überwachung werden kontrolliert: Blutdruck, Pulsfrequenz, ZVD, Atemfrequenz und Urin (Stundenmenge), ggf. Swan-Ganz-Katheter.
Folgende Laborparameter sollten immer untersucht werden: Blutgasanalyse, Blutbild, Blutzucker, Elektrolyte, Transaminasen, Gerinnung.
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27 Traumatologie
Therapie in der Klinik
Therapie in der Klinik
Zum besseren Management kann die Behandlung Schwer- und Mehrfachverletzter in verschiedene Zeitperioden unterteilt werden. Akut- oder Reanimationsphase (erste 3 Stunden) Das wichtigste Ziel ist die Wiederherstellung der Respiration und Hämodynamik. Die Akutchirurgie umfasst lebenserhaltende Sofortoperationen (z.B. offene Beckenfraktur, innere Massenblutung, Druckentlastung bei Spannungspneumothorax, Hämatothorax sowie intrazerebraler Blutung). Wichtig ist in dieser Phase eine adäquate Oxygenierung und ein adäquater Volumenersatz.
Zum besseren Management kann die Behandlung Schwer- und Mehrfachverletzter in verschiedene Zeitperioden unterteilt werden.
Primärphase (4.–72. Stunde)
Primärphase (4.–72. Stunde)
Stabilisierung des Gesamtorganismus. Ziel in dieser Phase ist die Beseitigung von Störungen der Hämodynamik, des Gasaustausches, des Metabolismus und der Homöostase.
Diese Phase dient der Stabilisierung des Gesamtorganismus. Das Ziel dieser Phase besteht darin, durch entsprechende Maßnahmen Störungen der Hämodynamik, des Gasaustausches, des Metabolismus und der Homöostase zu beseitigen. Neben einer adäquaten Volumensubstitution und Beatmung werden in dieser Phase metabolische Störungen, z.B. pH-Wert, korrigiert. Die Dauer dieser Phase hängt vom Gesamtzustand des Patienten ab. Wichtige Verlaufsparameter sind neben den Blutgaswerten die Urinstundenmenge, Thrombozytenwerte, Elastase und Laktat.
Operative Eingriffe in der Primärphase Organverletzungen des Thorax (z.B. Zwerchfellruptur) und Hohlorganverletzungen des Bauches müssen in dieser Phase operativ versorgt werden. Rückenmarkskompressionen erfordern eine Entlastung. Stark blutende Wunden des Gesichtsschädels werden tamponiert oder definitiv versorgt. Offene Extremitäten und Gelenkverletzungen erfordern ein ausgedehntes Débridement und eine Stabilisierung.
Operative Eingriffe in der Primärphase
Geschlossene Frakturen des Oberschenkels müssen im Hinblick auf die spätere Lagerung versorgt werden (Marknagel, Plattenosteosynthese oder Fixateur externe). Kompartmentsyndrome: müssen ebenfalls in der Primärphase entlastet werden, um irreparable Schäden zu vermeiden.
Akut- oder Reanimationsphase (erste 3 Stunden) Diese Phase ist charakterisiert durch die Wiederherstellung der Respiration und Hämodynamik. Die Akutchirurgie umfasst die lebenserhaltenden Sofortoperationen bei schweren äußeren Blutungen (offene Beckenfrakturen) und bei akuten inneren Massenblutungen, vor allem Leber- und Milzrupturen. Daneben steht die Druckentlastung bei Spannungspneumothorax und Hämatothorax sowie bei intrazerebraler Blutung ebenfalls in der Behandlungspriorität dieser Phase. Wichtig ist in dieser Phase neben der Sicherstellung der adäquaten Oxygenierung der angemessene Volumenersatz, der über großlumige Kanülen oder Katheter (Venae sectio der V. saphena) zu erfolgen hat. Bei der Verwendung kolloidaler Lösungen (Dextrane HAES, Gelatine) sind Maximalmengen zu beachten. Bei kristallinen Lösungen ist häufig die 2–3fache Menge erforderlich. Zur Bluttransfusion werden Erythrozytenkonzentrate verwendet.
Operativ versorgt werden in dieser Phase Organverletzungen des Thorax, z.B. Zwerchfellruptur und Hohlorganverletzungen des Bauches, z.B. Darmund Pankreasverletzungen. Rückenmarkskompression: Dies gilt insbesondere für die progrediente Rückenmarkskompression, die ebenso wie die manifeste Rückenmarkskompression eine Entlastung erfordert. Stark blutende Wunden des Gesichtsschädels: Diese müssen, auch wenn sie noch nicht definitiv versorgt werden, adäquat tamponiert werden. Offene Extremitäten- und Gelenkverletzungen: Diese erfordern neben einem ausgedehnten Débridement, welches spätestens nach 48 Stunden wiederholt werden muss, eine definitive oder temporäre Stabilisierung. Die temporäre Fixation kann in der vorübergehenen Anlage eines Fixateur externe bestehen, der später gegen ein definitives Implantat ausgetauscht wird. Geschlossene Frakturen des Oberschenkels: Im Hinblick auf die spätere Lagerung von Schwerverletzten im Drehbett und Bauchlagerung ist eine Versorgung dieser Frakturen in der Primärphase indiziert. Verfahren der Wahl für die Oberschenkelfraktur stellen der unaufgebohrte Marknagel, die Plattenosteosynthese oder die vorübergehende Stabilisierung mittels Fixateur externe dar. Kompartmentsyndrome: Diese müssen ebenfalls in der Primärphase entlastet werden, um irreparable Schäden zu vermeiden. In Zweifelsfällen kann zur diagnostischen Verifizierung die intrakompartmentale Druckmessung erfolgen.
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27.2.8 Polytrauma
Intensivtherapie
Intensivtherapie
Die sich an diese Phase anschließende Intensivtherapie ist gekennzeichnet durch eine differenzierte Steuerung und Kontrolle der Hämodynamik und Beatmung. Unterstützend zur Prävention respiratorischer Störungen wird eine Lagerung im Drehbett oder eine wechselnde Bauchlagerung durchgeführt. Dadurch können die bei Rückenlage dorsal gelegenen, schlecht ventilierten, von Ödemen und Atelektase bedrohten Lungenareale besser ventiliert und durchblutet werden. Die Folge ist eine Minderung des intrapulmonalen Shuntvolumens. Eine weitere Maßnahme in dieser Phase stellt die frühzeitige Umstellung von parenteraler auf enterale Ernährung dar. Die frühzeitige enterale Ernährung mit 20–30 ml/Stunde hat den Vorteil der notwendigen Kalorienzufuhr, einer Ulkusprophylaxe und der Verhinderung einer Atrophie der Mukosazotten. Dadurch und durch die Verhinderung einer Darmparalyse wird die Adhärenz und Translokation von Bakterien und Toxinen verhindert, die für die sekundär auftretenden Schockfolgeerkrankungen mit verantwortlich gemacht werden.
Die sich an diese Phase anschließende Intensivtherapie bedarf einer differenzierten Steuerung und Kontrolle der Hämodynamik und Beatmung.
Sekundärphase 3. bis 10. Tag
Sekundärphase (3.–10. Tag)
In dieser Phase kommt es gewöhnlich zu einer langsamen Erholung des Patienten, erkenntlich an einer weiteren Normalisierung der hämodynamischen, respiratorischen und metabolischen Parameter. Durch die Wiederherstellung der normalen Zell- und Gefäßpermeabilität entwickelt sich eine Flüssigkeitsresorption mit einem Anstieg der Urinausscheidung. Dies wird als sog. Negativbilanz bezeichnet: Bei wenig oder unveränderten hämodynamischen Werten kommt es zu einer gegenüber der Flüssigkeitseinfuhr vermehrten Flüssigkeitsausfuhr. Es kann in dieser Periode auch zu einer Entgleisung des Gesamtorganismus kommen, häufig begünstigt durch septische Komplikationen. Die zellulären Veränderungen, welche in jedem Organ ablaufen, führen schließlich zum Bild des sog. Multiorganversagens, welches die häufigste späte Todesursache des Polytraumatisierten darstellt. Hierbei kommt es neben einer Störung der respiratorischen Funktion insbesondere auch zu einem Leberversagen mit Erhöhung der Transaminasen und des Bilirubins sowie einer zunehmenden Niereninsuffizienz. Neben septischen Komplikationen können aber auch operative Eingriffe, die zu einem ungünstigen Zeitpunkt durchgeführt werden und den Gesamtorganismus deshalb stärker belastet haben, zu einem Multiorganversagen beitragen.
In dieser Phase kommt es gewöhnlich zu einer langsamen Erholung des Patienten mit Normalisierung der hämodynamischen, respiratorischen und metabolischen Parameter.
Operative Eingriffe in der Sekundärphase
Operative Eingriffe in der Sekundärphase Erholt sich der Patient in der Sekundärphase gut, können definitive Versorgung von Frakturen und aufwändige Gelenkrekonstruktionen erfolgen.
Sofern sich der Patient in der Sekundärphase weiter erholt hat, sind folgende operative Maßnahmen durchzuführen: π Frühe Verfahrenswechsel, d.h. vom Fixateur externe, z.B. am Oberschenkel, auf eine Marknagelung. π Versorgung der Unterarmschaftfrakturen, periphere Osteosynthesen an der Hand und am Fuß, wobei Verrenkungen und Verrenkungsbrüche in der Primärphase versorgt werden müssen. π In der Primärphase mit Fixateur versorgte instabile Beckenbrüche können jetzt definitiv versorgt werden. π Aufwändige Gelenkrekonstruktionen. π Definitive Versorgung der Frakturen des Gesichtsschädels. Des weiteren können in dieser Phase die primär offen belassenen Wunden bei offenen Frakturen sekundär plastisch gedeckt werden.
Zu dieser Phase ist eine frühzeitige Umstellung von parenteraler auf enterale Ernährung erforderlich. Vorteile sind: Ulkusprophylaxe, Verhinderung der Atrophie der Mukosazotten.
In dieser Phase kann es jedoch auch zur Entgleisung des Gesamtorganismus kommen, häufig begünstigt durch septische Komplikationen. Das Multiorganversagen ist die häufigste späte Todesursache des Polytraumatisierten. Neben einer Sepsis kann auch ein operativer Eingriff zu einem ungünstigen Zeitpunkt zu einem Multiorganversagen beitragen.
Die primär offen belassenen Wunden bei offenen Frakturen können sekundär plastisch gedeckt werden.
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1248 Merke
27 Traumatologie
n Merke. Wichtig ist, dass in der Phase zwischen Unfall und definitiver Deckung durch Débridement und geplante Redébridements nach 24–48 Stunden, evtl. nach 72 Stunden, nekrotisches und kontaminiertes Gewebe beseitigt wird, da ansonsten Abwehrfunktionen des Gesamtorganismus übermäßig belastet werden. Die gleiche Aufgabe hat das Wechseln von Tamponaden, z.B. bei schweren Leber- und Beckenverletzungen.
Durch ein äußerst sorgsames aber aktives chirurgisches Vorgehen muss eine Entgleisung des Gesamtorganismus durch septische Komplikationen vermieden werden. Tertiärphase (ab dem 10. Tag)
Tertiärphase ab dem 10. Tag
Sie wird auch Rehabilitationsphase genannt. Nach den intensivmedizinischen Maßnahmen setzt nun die physiotherapeutische, soziale und berufliche Rehabilitation des Patienten ein.
Die Tertiärphase wird auch Rehabilitationsphase genannt. Nach Beendigung der intensivmedizinischen Maßnahmen setzt neben der physiotherapeutischen Rehabilitation auch die soziale und berufliche Rehabilitation des Patienten ein. Die frühzeitige Verlegung des Patienten in spezielle Rehabilitationseinrichtungen, z.B. für Rückenmarksverletzungen oder schwere Hirnschädigungen, erfolgt in dieser Phase. Die Behandlung des Polytraumatisierten verläuft zwar in einer zeitlichen Reihenfolge von der Primärbehandlung an der Unfallstelle über die Primärbehandlung in der Klinik, sie ist jedoch ein dynamischer Prozess, der abhängig ist von der hämodynamischen, respiratorischen und metabolischen Gesamtsituation des Patienten.
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Handchirurgie
28
Handchirurgie
Hubert Voßmann Durch den anatomischen Aufbau mit dem Zusammenspiel kleinster Strukturen ist die Hand als eine multifunktionelle Einheit zu betrachten. Bereits kleine Störungen und Verletzungen können erhebliche funktionelle Ausfälle zur Folge haben. Die vollständige Krankheitsgeschichte ist neben der klinischen Untersuchung für eine erfolgreiche Behandlung ebenso wichtig, wie das Erfassen von Unfallhergang und Verletzungsausmaß.
Durch den anatomischen Aufbau mit dem Zusammenspiel kleinster Strukturen ist die Hand als eine multifaktorielle Einheit zu betrachten. Die vollständige Krankengeschichte ist neben der klinischen Untersuchung für eine erfolgreiche Behandlung ebenso wichtig wie das Erfassen von Unfallhergang und Verletzungsausmaß.
28.1
Diagnostik
28.1
28.1.1
Klinische Untersuchung
28.1.1 Klinische Untersuchung
Diagnostik
Inspektion
Inspektion
Nach Erhebung der Anamnese beginnt jede Untersuchung der Hand mit der visuellen Erfassung von Form und Farbe beider Hände. Trophische Störungen des Haut- und Weichteilmantels können Folgen einer Mangeldurchblutung oder Nervenschädigung sein. Die Arbeitszeichen an der Hand oder an einzelnen Bereichen können abgeschwächt sein oder fehlen, wenn diese Abschnitte wegen einer Bewegungsstörung, Gefühlsstörung, Gefühlsverlust oder Schmerzen nicht eingesetzt werden. Eine vorhandene Beschwielung beweist, dass die Hand oder der Handteil zu zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens herangezogen wird. Bei der Betrachtung kann ebenfalls eine Atrophie der Muskulatur auffallen, wie sie beim Karpaltunnelsyndrom im Bereich des Daumenballens zu beobachten ist. Von besonderer Bedeutung ist die Beurteilung der Fingernägel. Lokale oder allgemeine Erkrankungen führen zu Veränderungen. Trommelschlegelfinger finden sich bei Erkrankungen von Lunge, Herz und Gefäßen. Abgeflachte Fingernägel sind nach einem Trauma, Kontakt mit Chemikalien und Intoxikationen zu finden. Quere Streifen sind Zeichen der herabgesetzten Konsistenz und entstehen nach schweren Allgemeinerkrankungen, Operationen oder eingreifenden Veränderungen der Lebensgewohnheiten.
Nach der Anamnese werden Form und Farbe beider Hände erfasst. Trophische Störungen des Haut- und Weichteilmantels können Folge von Mangeldurchblutung oder Nervenschädigung sein. Eine Beschwielung weist auf eine starke Beanspruchung hin. Eine Atrophie der Muskulatur des Daumenballens ist Hinweis auf ein Karpaltunnelsyndrom.
Palpation
Palpation
Mit der Palpation können pathologisch-anatomische Veränderungen abgegrenzt werden. Am Haut- und Weichteilmantel werden Temperatur und der Spannungszustand (Gewebeturgor) überprüft. Gleichzeitig kann der Tonus der Muskulatur bestimmt werden. Eine fehlende Schweißsekretion kann auf eine Nervenverletzung hinweisen und wird durch den Ninhydrin-Test nach Moberg dokumentiert. Tumoren werden hinsichtlich ihrer Größe, Konsistenz, Oberflächenbeschaffenheit und Verschieblichkeit gegen die Haut und angrenzende Strukturen beurteilt. Bei Druck auf einen Neuromknoten werden elektrische Missempfindungen ausgelöst. Entzündliche Erkrankungen der Sehnen und ihrer Gleitgewebe können durch Krepitation oder »Schnappen« diagnostiziert werden. Bei Frakturen wird eine pathologische Beweglichkeit wahrgenommen. Die Rhizarthrose manifestiert sich z.B. bei passiver Beweglichkeit des Daumensattelgelenkes durch ein Reibegeräusch. Punktförmige Druckdolenzen (Triggerpunkte) können erfasst werden.
An Haut und Weichteilen werden Temperatur und Spannungszustand geprüft. Der Tonus der Muskeln kann bestimmt werden. Bei Nervenverletzungen zeigt sich eine fehlende Schweißsekretion. Entzündungen der Sehnen und der Gleitgewebe können durch Krepitation oder »Sehnenschnappen« diagnostiziert werden.
Messung der Funktion und Beweglichkeit
Messung der Funktion und Beweglichkeit Zur Prüfung der groben Kraft des Faustschlusses gehört der vergleichende Händedruck.
Zur klinischen Untersuchung gehört die Funktionsprüfung der Hand. Die Kraft des Faustschlusses kann durch den vergleichenden Händedruck geprüft werden. Wird die grobe Kraft durch einen Apparat mit Manometer-
Lokale oder allgemeine Erkrankungen führen zu Veränderungen der Fingernägel (z.B. Trommelschlegelfinger bei pulmonalen Erkrankungen).
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1250
28 Handchirurgie
Zu prüfen sind Funktionsstörungen des Greifaktes: π der Spitz- oder Feingriff π der Breit- oder Grobgriff π der Schlüssel- oder Klemmgriff π der Hakengriff ( 1 B-28.1).
1 B-28.1
anzeige gemessen (Vigorimeter), ist darauf zu achten, dass der Patient tatsächlich die volle ihm zur Verfügung stehende Kraft im Vergleich zur gesunden Hand aufwendet. Ferner ist die Funktion des Greifakts zu überprüfen. Die Tätigkeit der normalen Hand kann auf 4 primäre Greifformen zurückgeführt werden: π der Spitz- oder Feingriff π der Breit- oder Grobgriff π der Schlüssel- oder Klemmgriff π der Hakengriff ( 1 B-28.1 ).
Synopsis Greifformen
a Spitz- oder Feingriff.
b Breit- oder Grobgriff.
c Schlüssel- oder Klemmgriff.
d Hakengriff.
Nach der Untersuchung der Gelenke auf Kapsel- und Bandinstabilitäten sind die passive und aktive Beweglichkeit zu überprüfen und zu messen. Es ist darauf zu achten, ob der Faustschluss vollständig gelingt oder ein Streckdefizit der langen Finger vorliegt. Der Spitzgriff des Daumens sollte mit allen Langfingern durchgeführt werden können.
Nach der Untersuchung der Gelenke auf Kapsel- und Bandinstabilitäten sind die passive und aktive Beweglichkeit zu überprüfen und zu messen. Das Handgelenk erlaubt Bewegungen in 2 Ebenen: π handrückenwärts, hohlhandwärts sowie π speichenwärts, ellenwärts. Bewegungseinschränkungen der Finger sind ggf. durch eine genaue Beschreibung der Beweglichkeit in den Grund-, Mittel- und Endgelenken anzugeben. Es ist darauf zu achten, ob ein vollständiger Faustschluss gelingt, oder ob ein Streckdefizit der Langfinger vorliegt. Gleichzeitig ist eine Beurteilung des Fingerspiels, d.h. An- und Abspreizen der Langfinger erforderlich. Es ist ferner darauf zu achten, ob der Spitzgriff des Daumens mit allen Langfingern durchgeführt werden kann.
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1251
28.1.3 Bildgebende Verfahren
Sensibilität
Sensibilität
Die exakte Erfassung der Sensibilität steht gleichberechtigt neben der Prüfung der Beweglichkeit. Von der normalen Sensibilität müssen sich negativ auswirkende Störungen des Gefühls wie π Parästhesie π Dysästhesie π Hyperästhesie und π Hypoästhesie unterschieden werden. Die sog. Schutzsensibilität ist ein geringer Teil der Empfindungsfunktion: zwischen spitz und stumpf, kalt und warm kann unterschieden werden, die taktile Gnosis – gleich Fingerspitzengefühl – ist verloren gegangen. Subjektive Sensibilitätstests setzen eine gutwillige Kooperation des Patienten voraus. Am bekanntesten ist hierbei die »2-Punkte-Diskriminationsprobe«. Dabei wird die kleinste Distanz von 2 Punkten, die als Berührung wahrgenommen wird, ermittelt. Für diese Prüfung kann eine aufgebogene Heftklammer oder der 2-Punkte-Tester nach Greulich (1976) verwendet werden.
Die exakte Erfassung der Sensibilität steht gleichberechtigt neben der Prüfung der Beweglichkeit. Von der normalen Sensibilität müssen sich negativ auswirkende Störungen des Gefühls unterschieden werden. Das sind: π Parästhesie π Dysästhesie π Hyperästhesie und π Hypoästhesie. Subjektive Sensibilitätstests setzen eine gutwillige Kooperation des Patienten voraus. Am bekanntesten ist hierbei die »2-Punkte-Diskriminationsprobe«.
28.1.2
Apparative Diagnostik
Neurologische Funktionsdiagnostik: Neuromuskuläre Funktionen lassen sich mit Hilfe der Elektromyographie (EMG) untersuchen. Diese Untersuchung ist bei allen Erkrankungen und Verletzungen des peripheren motorischen Neurons angezeigt. Durch Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) ist das Ausmaß der Schädigung quantifizierbar und der Ort des Schadens genau zu lokalisieren. Bei Engpasssyndromen wird eine verlängerte motorische und insbesondere sensible Leitungsgeschwindigkeit gefunden.
π
28.1.2
Neurologische Funktionsdiagnostik: Die Elektromyographie ist bei Verletzungen des peripheren motorischen Neurons angezeigt. Durch die Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) ist das Ausmaß und der Ort des Schadens zu bestimmen (z.B. Engpasssyndrom mit verlängerter motorischer und v.a. sensibler Leitungsgeschwindigkeit). π
n Merke. Die Erfassung der sensiblen Leitungsgeschwindigkeit ist beim Engpasssyndrom das zuverlässigste Verfahren. Elektromyographische Untersuchungen (EMG) sind beim Engpasssyndrom weniger häufig pathologisch.
Dopplersonographische Untersuchungen zeigen pathologische Veränderungen der Blutzirkulation auf. Insbesondere bei der peripheren arteriellen Gefäßdiagnostik kann diese Untersuchung der Arteriographie überlegen sein, da funktionelle Störungen (Gefäßspasmen) nicht ausgelöst werden können. π Handgelenksarthroskopie: auch kleine Gelenke können mittlerweile endoskopisch untersucht werden. Das Verfahren setzt jedoch große Erfahrung voraus und steht aufgrund der invasiven Methodik am Ende der diagnostischen Möglichkeiten. Die Indikationen zur Arthroskopie sind: π unklare Beschwerden im Bereich des ulnokarpalen Gelenkspaltes (z.B. Diskusläsionen) π Verdacht auf skapholunäre Dissoziation und π Beurteilung der distalen Radiusgelenkfläche bei intraartikulären Radiusfrakturen. π
28.1.3
Bildgebende Verfahren
Unter den bildgebenden Verfahren dominieren diejenigen, die ausschließlich eine morphologische Analyse gestatten. Hierzu gehören die Röntgenuntersuchung und die Computertomographie. Demgegenüber ermöglichen die Szintigraphie und mit Einschränkungen die Kernspintomographie Einblicke in biologische Abläufe und Stoffwechselvorgänge. Die Grundlage der radiologischen Diagnostik der Hand ist die Übersichtsaufnahme im dorsopalmaren und seitlichen Strahlengang. Für eine
Apparative Diagnostik
Merke
Dopplersonographische Untersuchungen und die Arteriographie weisen auf Veränderungen der Gefäße hin.
π
Handgelenksarthroskopie. Dieses Untersuchungsverfahren steht wegen seiner Invasivität am Ende der diagnostischen Maßnahmen. Indikationen hierfür sind unklare Beschwerden im ulnokarpalen Gelenkspalt, Verdacht auf skapholunäre Dissoziation oder Beurteilung der distalen Radiusgelenkfläche bei intraartikulären Frakturen.
π
28.1.3 Bildgebende Verfahren
Die Grundlage der radiologischen Diagnostik der Hand ist die Übersichtsaufnahme im dorsopalmaren und seitlichen Strahlengang.
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Kleine knöcherne Strecksehnenausrisse sind im dorsopalmaren Strahlengang kaum nachweisbar, sie stellen sich jedoch deutlich in der Seitenaufnahme dar ( 1 B-28.2). Mit der Schrägaufnahme werden die Metakarpalia I, II und III übersichtlich dargestellt. Bei Verdacht auf eine Skaphoidfraktur ist die Röntgenuntersuchung in 4 Positionen vorzunehmen (Skaphoidquartett).
Funktions- und Stressaufnahmen weisen auf Bewegungseinschränkungen oder abnorme Beweglichkeit hin. Verletzungen des Band- oder Kapselapparates können mit Hilfe der Arthrographie gesichert werden (Austritt von Kontrastmittel). Die klassische Indikation für die Handgelenksarthrographie ist die Darstellung von Verletzungen im Bereich des Discus triangularis. Auch die Dissoziation zwischen Os scaphoideum und lunatum ist arthrographisch sicher zu erkennen. Angiographie: Sie ermöglicht die sichere Lokalisation von Stenosen und Verschlüssen. Sie empfiehlt sich bei akuten und traumatischen Verschlüssen zur Lokalisationsbestimmung wie auch im Hinblick auf eine mikrovaskuläre Rekonstruktion. Die CT gestattet eine gute Darstellung des Karpalkanals, von Tumoren (Ausdehnung) und von Frakturen, die auf Übersichtsaufnahmen nicht genau beurteilt werden können.
28 Handchirurgie exakte Beurteilung der Stellung der Ulna ist darauf Wert zu legen, dass eine exakte Seitenaufnahme vorgenommen wird. Dies gilt auch für die Diagnostik einer Subluxationsstellung des Os lunatum. Kleine knöcherne Strecksehnenausrisse sind im dorsopalmaren Strahlengang kaum nachweisbar, sie stellen sich jedoch deutlich in der Seitenaufnahme dar ( 1 B-28.2). Die radiologische Untersuchung der Mittelhand erfolgt im dorsopalmaren und seitlich schrägen Strahlengang. Die Schrägaufnahme ergibt eine übersichtliche, annähernd seitliche Darstellung der Metakarpalia I, II und III, während die Seitenaufnahme zur Überlagerung aller Mittelhandknochen führt. Bei Verdacht auf eine Skaphoidfraktur ist die Röntgenuntersuchung in 4 Positionen vorzunehmen (Skaphoidquartett).
1 B-28.2
Kleiner knöcherner Strecksehnenausriss
Spezielle Röntgenuntersuchungen wie Funktions- oder Stressaufnahmen können auf Bewegungseinschränkungen hinweisen, oder aber abnorme Beweglichkeiten wie Aufklappbarkeiten und Bandläsionen darstellen. Ergänzend zu Funktions- oder Stressaufnahmen können Verletzungen des Kapsel- und Bandapparates, insbesondere im Bereich des proximalen und distalen Handgelenks mit Hilfe der Arthrographie durch Austritt von Kontrastmittel direkt dargestellt werden. Die klassische Indikation für die Handgelenksarthrographie ist die Darstellung von Verletzungen im Bereich des Discus triangularis. Liegt eine Diskusläsion vor, fließt aus dem proximalen Handgelenk Kontrastmittel in das distale Radioulnargelenk. Auch eine Dissoziation zwischen Os scaphoideum und lunatum mit Zerreißung des Bandapparates ist arthographisch sicher zu erkennen, da zwischen den beiden Handwurzelknochen das Kontrastmittel in das distale Handgelenk läuft. Angiographie: Eine sichere Lokalisaton von Stenosen und Verschlüssen ermöglicht die Kontrastmitteldarstellung der Arterien. Die Indikation zur Arteriographie besteht jedoch selten. Sie empfiehlt sich bei akuten und traumatischen Verschlüssen im Bereich von A. radialis und A. ulnaris zur Lokalisationsbestimmung. Sie hat ferner im Rahmen mikrovaskulärer rekonstruktiver Eingriffe oder bei Allgemeinerkrankungen (Diabetes mellitus, Morbus Raynaud) ihre Bedeutung. Die Computertomographie (CT) ist ein transversales Schichtverfahren. Durch die Schichtrichtung lassen sich der Karpalkanal mit seinem Weichteilinhalt besonders gut beurteilen. Darüber hinaus ist es für die Tumordiagnostik unerlässlich. Es gestattet eine Aussage über Tumorgröße und seine topographischen Lagebeziehungen. Auch Frakturen, die auf Übersichtsaufnahmen nicht genau beurteilt werden können, lassen sich mit Hilfe der Computertomographie exakter darstellen.
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28.2 Allgemeine perioperative Maßnahmen Mit Hilfe der Szintigraphie können Stoffwechselaktivitäten der Gewebe aufgezeichnet werden. Die Knochenszintigraphie weist auf einen erhöhten Stoffwechsel hin. Die lokale Szintigraphie ist bei Erkrankungen indiziert, die sich durch ihr Speicherverhalten differenzialdiagnostisch von anderen Erkrankungen abgrenzen lassen. Dies gilt insbesondere für die Differenzierung zwischen degenerativen und entzündlichen Veränderungen. Eine Indikation zur Kernspintomographie an der Hand ist selten gegeben. Eine sichere Indikation besteht bei pathologischen Veränderungen im Bereich des ulnokarpalen Komplexes (z.B. Rupturen oder Perforationen im Bereich des Discus ulnocarpalis). Eine weitere Indikation besteht bei aseptischen Knochennekrosen (z.B. beginnende Lunatummalazie).
28.2
Allgemeine perioperative Maßnahmen
Alle Operationen an der Hand entsprechen den gültigen Richtlinien für einen operativen Eingriff einschließlich der präoperativen Aufklärung. Bei handchirurgischen Eingriffen mit langer Operationszeit und unter Plexusanästhesie kommt der Lagerung des Patienten eine besondere Bedeutung zu. Die handelsüblichen Operationstische müssen ausreichend gepolstert werden, da sonst eine mehrstündige Operation in Rückenlage für den Patienten unerträglich wird. Eine unumstößliche Grundforderung der allgemeinen handchirurgischen Operationstechnik ist das Operieren in Blutleere. Sie gewährleistet bei der Präparation die Differenzierung der feinen, dicht nebeneinander liegenden Gewebestrukturen. Nach Auswicklung des Armes mit einer Esmarch-Gummibinde wird eine Oberarmblutleere bis zu 2 Stunden ohne Komplikationen toleriert. Als Druckhöhe werden 300 mmHg angegeben. Sollte eine längere Blutleere erforderlich werden, so ist nach der genannten Zeitdauer die Blutleere zu öffnen. Nach 30 Minuten freigegebener Perfusion kann für weitere 1 1⁄2 Stunden eine 2. Blutleere angelegt werden ( 1 B-28.3). n Merke. Handchirurgische Operationen sind in Blutleere auszuführen. Das Auswickeln des Armes ist bei septischen Eingriffen wegen der Gefahr der Keimverschleppung kontraindiziert, aus diesem Grund Anlegen einer Blutsperre.
1 B-28.3
Mit Hilfe der Szintigraphie können Stoffwechselaktivitäten der Gewebe sichtbar gemacht werden (Differenzierung zwischen degenerativen und entzündlichen Veränderungen). Eine Kernspintomographie ist selten indiziert. Eine Indikation ist bei Rupturen bzw. Perforationen des Discus ulnocarpalis und bei aseptischen Knochennekrosen zu sehen.
28.2
Allgemeine perioperative Maßnahmen Alle Operationen an der Hand entsprechen den gültigen Richtlinien für einen operativen Eingriff einschließlich der präoperativen Aufklärung. Eine unumstößliche Grundforderung nahezu aller handchirurgischer Eingriffe ist das Operieren in Blutleere. Nach Auswickeln des Armes mit einer Esmarch-Gummibinde wird eine Oberarmblutleere bis zu 2 Stunden ohne Komplikationen toleriert. Sollte eine längere Blutleere erforderlich werden, so ist nach der genannten Zeitdauer die Blutleere zu öffnen. Nach 30 Minuten freigegebener Perfusion kann für weitere 1 1 ⁄ 2 Stunden eine 2. Blutleere angelegt werden ( 1 B-28.3). Merke
Anlage Blutleere Mit einer Esmarch-Binde wird der Arm von körperfern nach körpernahe ausgewickelt, anschließend wird die bereits angelegte pneumatische Blutleeren-Manschette (Á) aufgepumpt. Lagerung des Armes auf einem Armtisch.
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1254 Handchirurgische Operationen werden grundsätzlich im Sitzen durchgeführt. Auf diese Weise kann der Operateur ohne sich nach vorn beugen zu müssen, mit gestützten Unterarmen die Instrumente führen. Merke
28 Handchirurgie Handchirurgische Operationen werden grundsätzlich im Sitzen durchgeführt. Der obligate Handtisch, auf dem die Hand des Patienten liegt, sollte relativ hoch eingestellt sein. Bei Operationen in der Hohlhand und auf der Beugeseite der Langfinger wird die Lagerung der Hand durch die Fixation auf einer »Bleihand« erleichtert. n Merke. Da bei handchirurgischen Eingriffen zahlreiche und wesentliche Strukturen auf engstem Raum anzutreffen sind, ist zum Erreichen des gewünschten Operationserfolges eine atraumatische Operationstechnik unerlässlich.
Anästhesie
28.2.1 Anästhesie
28.2.1
Die Wirkungsdauer der Lokalanästhetika ist unterschiedlich und variiert darüber hinaus mit der angewandten Blocktechnik. Je dichter am Nervenfaszikel injiziert wird, desto länger dauert die Blockade.
Handchirurgische Eingriffe werden überwiegend in Lokalanästhesie durchgeführt. Die Wirkungsdauer der Lokalanästhetika ist unterschiedlich und variiert darüber hinaus mit der angewandten Blocktechnik. Je dichter am Nervenfaszikel injiziert wird, desto länger dauert die Blockade. Neben der Wahl des Lokalanästhetikums muss in Abhängigkeit von der geplanten Operation auch die Konzentration bestimmt werden. Während für eine Infiltrationsanästhesie mit niedriger Konzentration eine ausreichende Wirkung erzielt wird, sind für motorische Lähmungen höhere Konzentrationen erforderlich.
Merke
n Merke. Patienten mit Leitungsanästhesien an der oberen Extremität müssen überwacht werden. Die toxischen Nebenwirkungen können sich zentralvenös, kardiovaskulär und allergisch manifestieren.
Spezielle handchirurgische Anästhesieformen sind: π Infiltrationsanästhesie π Leitungsanästhesie der Fingernerven nach Oberst π Leitungsanästhesie am Handgelenk π Leitungsanästhesie des N. ulnaris am Ellenbogen π Anästhesie des Plexus brachialis.
Spezielle handchirurgische Anästhesieformen sind: π Infiltrationsanästhesie π Leitungsanästhesie der Fingernerven nach Oberst π Leitungsanästhesie am Handgelenk π Leitungsanästhesie des N. ulnaris am Ellenbogen π Anästhesie des Plexus brachialis.
Infiltrationsanästhesie
Infiltrationsanästhesie
Sie ist bei Exzision kleiner Tumoren und dem Verschluss kleiner Wunden sinnvoll. Im Hohlhandbereich wird die Infiltrationsanästhesie nicht durchgeführt. Merke
Sie wird bei der Exzision kleiner Tumoren oder beim Verschluss kleiner Wunden angewandt. Im Hohlhandbereich wird die Infiltrationsanästhesie nicht durchgeführt.
Leitungsanästhesie der Fingernerven nach Oberst Sie ist bei kleineren Eingriffen im Grund-, Mittel- und Endgliedbereich sowie bei begrenzten entzündlichen Prozessen, insbesondere an den Endgliedern angezeigt. Sie ist kontraindiziert, wenn entzündliche Veränderungen am Ort der Injektion oder schwere Durchblutungsstörungen der Finger vorliegen.
Leitungsanästhesie der Fingernerven nach Oberst
π Technik: Die Technik der Leitungsanästhesie der Fingernerven nach Oberst ist in 1 B-28.4 dargestellt.
n Merke. Die Infiltrationsanästhesie ist wegen Schmerzhaftigkeit im entzündlichen Gewebe nicht indiziert.
Sie ist bei kleineren Eingriffen im Grund-, Mittel- und Endgliedbereich sowie bei begrenzten entzündlichen Prozessen, insbesondere an den Endgliedern angezeigt. Sie ist kontraindiziert, wenn entzündliche Veränderungen am Ort der Injektion oder schwere Durchblutungsstörungen der Finger vorliegen. π Technik: In der Höhe der Zwischenfingerfalten werden dorsal subkutan die kleinen Nervenäste betäubt. Anschließend wird die Kanülenspitze von dorsal fast senkrecht nach palmar bis in Höhe des palmaren Gefäßnervenstranges vorgeschoben. Hier wird ein subkutanes Depot von 1–2 ml des Lokalanästhetikums angelegt. Dies geschieht sowohl auf der radialen als auch auf der ulnaren Seite. Beim Vorgang der Injektion fixiert der Operateur mit seiner linken Hand den gestreckten Finger des Patienten. Es sollten ausschließlich dünne Kanülen
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28.2.1 Anästhesie verwendet werden. Die Wirkung des Lokalanästhetikums tritt nach weniger als 5 Minuten ein, wobei für die Anästhesie nach Oberst 5 ml einer 2 %igen Scandicain-Lösung ausreichend sind ( 1 B-28.4).
1 B-28.4
Synopsis Leitungsanästhesie nach Oberst
a Die Injektionsstellen liegen in Höhe der Zwischenfingerfalten.
b Nach Betäubung der dorsalen Nervenäste wird die Kanüle sowohl radial als auch ulnar gegen den palmaren Nervenstrang vorgeschoben und ein subkutanes Depot von 1–2 ml des Lokalanästhetikums angelegt.
n Merke. An den Akren nie ein Lokalanästhetikum mit Adrenalinzusatz verwenden (Behandlungsfehler), da es bei Endarterien zu erheblichen Zirkulationsstörungen mit Nekrosebildung kommen kann.
Merke
Leitungsanästhesie am Handgelenk
Leitungsanästhesie am Handgelenk
Mit ihr können sowohl der N. medianus und der N. ulnaris als auch der N. radialis betäubt werden. Die Indikation besteht bei kleineren Eingriffen im Bereich der Handwurzelregion und als ergänzende Schmerzausschaltung bei inkompletten Blockaden des Plexus brachialis. Für die Anästhesie von N. medianus und N. ulnaris ist die Kenntnis der topographischen Anatomie erforderlich.
Mit ihr können sowohl N. medianus und N. ulnaris als auch der N. radialis betäubt werden. Indikation: kleinere Eingriffe im Bereich der Handwurzelregion und bei inkompletten Plexus-brachialis-Blockaden.
n Merke. Bei der Betäubung sollten möglichst keine Parästhesien ausgelöst werden, da es hierdurch zu einer Schädigung des Nervs kommen kann. Eine Injektion des Lokalanästhetikums in den Nerv ist zu vermeiden, da hierdurch irreversible Nervenschädigungen gesetzt werden können.
Für die Leitungsanästhesie am N. ulnaris am Ellenbogen gelten die gleichen Voraussetzungen wie für den N. medianus und N. ulnaris am Handgelenk. Die Indikation zur Leitungsanästhesie an Handgelenk und Ellenbogen wird dadurch eingeschränkt, dass die Blutleere am Oberarm ohne Betäubung vom Patienten nur kurze Zeit (ca. 10 Minuten) toleriert wird. Aus diesem Grund muss überwiegend auf die Anästhesie des Plexus brachialis zurückgegriffen werden (subaxilläre Leitungsanästhesie, infra- und supra-
Merke
Die Indikation zur Leitungsanästhesie an Handgelenk und Ellenbogen wird dadurch eingeschränkt, dass die Blutleere am Oberarm ohne Betäubung vom Patienten nur kurze Zeit (ca. 10 Minuten) toleriert wird. Aus diesem Grund muss überwiegend auf
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28 Handchirurgie
die Anästhesie des Plexus brachialis zurückgegriffen werden.
klavikuläre Plexusanästhesie). Hierbei ist sowohl für lange Operationszeiten als auch für eine angestrebte andauernde postoperative Schmerzfreiheit oder aber eine postoperative Sympathikolyse (Gefäßnähte, Replantation) ein Plexus-Katheter zu legen.
28.2.2 Operative Zugänge
28.2.2
Bei der Wahl des Hautschnittes müssen berücksichtigt werden: π Blutversorgung der Haut π Richtung des Wundverlaufs zur Vermeidung von Narbenkontrakturen π die Narben sollten möglichst nicht in Regionen mit mechanischer Belastung liegen π Vermeidung des direkten Übereinanderliegens einer Sehnen-, Nervenoder Gefäßnaht mit der Wunde.
Bei der Wahl des Hautschnittes müssen folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: π Blutversorgung der Haut π Richtung des Wundverlaufs zur Vermeidung von Narbenkontrakturen π die zu erwartenden Narben sollten möglichst nicht in Regionen mit mechanischer Belastung liegen π Vermeidung des direkten Übereinanderliegens einer Sehnen-, Nervenoder Gefäßnaht mit der Wunde. Die korrekte Verlaufsform des Hautschnitts sollte möglichst bogen-, S-, L-, bajonett- oder zickzackförmig geführt werden.
Operative Zugänge
n Merke. Wegen der Gefahr der Narbenkontraktur dürfen die Beugefalten der Fingergelenke, der Hohlhand und des Handgelenks nie in einem Winkel von 90Ω gekreuzt werden.
Merke
Verbände, Ruhigstellung, postoperative Maßnahmen
28.2.3 Verbände, Ruhigstellung, postoperative Maßnahmen
28.2.3
Bei komplizierten handchirurgischen Eingriffen hängt der Operationserfolg von der Operationstechnik, der Verbandstechnik und der physikalischen Nachbehandlung ab. Durch Abdecken der frischen Wunde mit einer Fettgaze wird das Kleben des Verbandes vermieden. Die weitere Abdeckung erfolgt mit Kompressen, wobei die Zwischenfingerfalten zur Vermeidung von Druckstellen und Mazerationen ausgepolstert werden.
Insbesondere bei komplizierten handchirurgischen Eingriffen hängt der Operationserfolg von der Operationstechnik, der Verbandstechnik und der physikalischen Nachbehandlung ab. Eine optimale Koordination dieser Elemente ist erforderlich. Frische Wunden werden mit einer Fettgaze abgedeckt, um ein Ankleben des Verbandes zu vermeiden. Die weitere Wundabdeckung erfolgt mit Kompressen, wobei die Zwischenfingerfalten zur Vermeidung von Mazerationen und Druckstellen durch aufeinander liegende Hautflächen ausgepolstert werden müssen. Neben Mullkompressen steht synthetische Watte als Polstermaterial zur Verfügung. Der gesamte Verband wird dann locker mit einer elastischen Binde gehalten. Ein Verkleben mit der meist dorsal anzulegenden Gipsschiene kann durch eine einlagige Papierbinde verhindert werden. n Merke. Bereits beim Anlegen des Verbandes muss die gewünschte Stellung des Handgelenkes und der Finger berücksichtigt werden. Wenn keine besonderen Gründe vorliegen (vom Operateur festzulegen) ist grundsätzlich die Funktionsstellung der Hand anzustreben ( 1 B-28.5).
Merke
π Funktionsstellung der Hand: Handgelenk: 30 Ω Dorsalflexion und leichte ulnare Abduktion Grundgelenke: Beugestellung von 50–60 Ω Mittelgelenke: Beugestellung von 30 Ω Endgelenke: Beugestellung von 10 Ω
Merke
Daumen: deutliche palmare Abduktion von 30 Ω mit leichter Opposition. Für die Immobilisierung der Hand kann die »Intrinsic-plus«-Position empfohlen werden ( 1 B-28.6).
Funktionsstellung der Hand: Das Handgelenk steht in 30Ω Dorsalflexion und leichter ulnarer Abduktion. Die Grundgelenke der dreigliedrigen Finger sollten eine Beugestellung von 50 bis 60Ω einnehmen, die Mittelgelenke von ca. 30Ω und die Endgelenke von 10Ω.
π
n Merke. Sind die Finger in den Grundgelenken stärker gestreckt, kommt es zu einer Schrumpfung der Seitenbänder mit häufig irreversiblen Verlusten der Beugefähigkeit.
Die Stellung des Daumens ist ebenfalls von Bedeutung. Hier ist eine palmare Abduktion von 30Ω mit leichter Opposition anzustreben. Für die Immobilisation einer Hand kann auch die sog. »Intrinsic-plus«-Position empfohlen werden. Hierbei werden die Grundgelenke gebeugt, Mittel- und Endgelenke stehen nahezu in Streckstellung ( 1 B-28.6).
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28.2.4 Nachbehandlung
1 B-28.5
Synopsis Funktionsstellung der Hand
30Ω
1 B-28.6
Synopsis Intrinsic-plus-Position
50–60Ω
10Ω
30 Ω
30Ω
π π π π
Handgelenk 30Ω Dorsalflexion Grundgelenke 50Ω –60Ω Beugestellung Mittelgelenke 30 Ω Beugestellung Endgelenke 10Ω Beugestellung.
π π π
Handgelenk 30 Ω Dorsalflexion Grundgelenke maximal gebeugt Mittel- und Endgelenke gestreckt.
Zur Sicherung einer ungestörten Wundheilung wird postoperativ in der Regel eine Gipsschiene angelegt. Ausnahmen sind jedoch auch hier möglich (z.B. Tenolyse). Gipsschienen sollten allgemein bei dorsal gelegener Wunde palmar und bei palmar gelegener Wunde dorsal angelegt werden. Zirkuläre Gipsverbände zur postoperativen Ruhigstellung sollten wegen der Gefahr der Einschnürung vermieden werden. Grundsätzlich gilt, dass die Dauer der Ruhigstellung auf ein Minimum zu beschränken ist. Frühzeitige Bewegungsübungen haben in der Handchirurgie Vorrang. Postoperative Schwellungen können am wirksamsten durch eine Hochlagerung der betroffenen Extremität behandelt werden. Die Lagerung ist durchschnittlich 24–48 Stunden beizubehalten. Dies ist ein Grund dafür, dass nur kleine operative Eingriffe unter ambulanten Bedingungen vorgenommen werden. Ein Aufhängen des Armes an einer angelegten Gipsschiene ist wegen möglicher Strangulationen abzulehnen. Hat das postoperative Ödem zu einer Induration des Haut- und Weichteilmantels geführt, ist mit langwierigen trophischen Störungen und Bewegungseinschränkungen zu rechnen. n Merke. Postoperativ sind die Fingerspitzen regelmäßig auf ihre Durchblutung und Sensibilität zu kontrollieren.
Übermäßig starke Schmerzen in der ersten postoperativen Phase sind fast immer auf zu enge Verbände zurückzuführen. In diesen Fällen muss der Verband vollständig aufgeschnitten und anschließend wieder locker umwickelt werden. Mäßige Beschwerden sind Folge des Eingriffs und können mit einem Analgetikum kupiert werden.
28.2.4
Nachbehandlung
Patienten mit erkrankten, verletzten oder operierten Händen lassen sich hinsichtlich der Rehabilitationsmaßnahmen in 3 Kategorien einteilen: π keine Rehabilitation erforderlich π Rehabilitation erforderlich π Rehabilitation notwendig. ( 2 B-28.1).
Zur Sicherung einer ungestörten Wundheilung wird postoperativ eine Gipsschiene angelegt. Frühzeitig einsetzende Bewegungsübungen sind vorrangig. Wegen postoperativer Schwellungen muss der betroffene Arm für 24–48 h hochgelagert werden.
Hat das postoperative Ödem zu einer Induration des Haut- und Weichteilmantels geführt, ist mit langwierigen trophischen Störungen und Bewegungseinschränkungen zu rechnen. Merke
Übermäßig starke Schmerzen in der ersten postoperativen Phase sind fast immer auf zu enge Verbände zurückzuführen.
28.2.4 Nachbehandlung Patienten mit erkrankten, verletzten oder operierten Händen lassen sich im Hinblick auf Rehabilitationsmaßnahmen in 3 Kategorien einteilen ( 2 B-28.1).
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2 B-28.1
28 Handchirurgie
Einteilung der Rehabilitationsmaßnahmen
Keine Rehabilitation erforderlich
Rehabilitation empfehlenswert
Rehabilitation notwendig
N Bagatellverletzungen n
N mittelschwere Handverletzungen n
N komplexe Handverletzungen n
N Verrenkungen/Stauchungen n
N Radiusfrakturen n
N Sehnen-, Nervenverletzungen n
N einfache Brüche n
N Handwurzelbrüche n
N Brüche mit Gelenkbeteiligung n
N Fingerkuppendefekte n
N Handinfektionen n
N Fingeramputationen n
N Dupuytren-Kontraktur n
N Eingriffe der rekonstruktiven Chirurgie n π Sehnenplastiken π Daumenersatz π Replantationschirurgie
N Operation bei kleinen Tumoren n N Operation bei Tendovaginitis n stenosans
Krankengymnastik
Krankengymnastik (Physiotherapie)
Folgende Maßnahmen stehen zur Verfügung: π aktive Bewegung π passive (assistierte) Bewegung π Eistherapie π Wärmeapplikation π Dehnung π Massage. Die aktive Bewegungstherapie gehört zu den wichtigsten Maßnahmen der Physiotherapie. Ziel der Übungen ist es, die Beweglichkeitsausmaße zu vergrößern und die Muskelkraft wiederherzustellen. Die Eistherapie dient der Behandlung von Ödemen und Schmerzen. Assistierte Bewegungen kommen dann in Betracht, wenn ein Gelenk nicht aktiv bewegt werden kann. Wärmeapplikation dient der Vorbehandlung aktiver oder passiver Bewegungen. Bei Adhäsionen von Sehnen oder bei Kapselschrumpfungen mit verminderter Gelenkbeweglichkeit ist die Dehnung indiziert.
Folgende Maßnahmen stehen zur Verfügung: π aktive Bewegung π passive (assistierte) Bewegung π Eistherapie π Wärmeapplikation π Dehnung π Massage. Die aktive Bewegungstherapie gehört zu den wichtigsten Maßnahmen der Physiotherapie. Sie kann als Einzel- oder Gruppenbehandlung durchgeführt werden. Die Bewegungen werden anfänglich unterstützt und später gegen Widerstand fortgesetzt. Die Übungen sollten die Schmerzgrenze nicht überschreiten. Ziel der Übung ist es, die Bewegungsausmaße zu vergrößern und die Muskelkraft wiederherzustellen. Zur Beeinflussung von Ödemen und Schmerzen kann die Therapie mit Eisanwendung kombiniert werden. Assistierte Bewegungen kommen dann in Betracht, wenn ein Gelenk nicht aktiv bewegt werden kann. Die Wärmeapplikation als Paraffin- oder Wechselbad dient der Vorbehandlung von aktiven oder passiven (assistierten) Bewegungen. Bei Adhäsionen von Sehnen oder bei Kapselschrumpfung mit verminderter Gelenkbeweglichkeit ist die Dehnung indiziert. Diese Behandlungsart muss mit großer Sorgfalt vorgenommen werden. Die Dehnung darf nicht ruckweise, sondern nur allmählich und unter konstanter Krafteinwirkung erfolgen. Die Massage hat in der Behandlung von Handverletzungen nur untergeordnete Bedeutung.
Ergotherapie
Ergotherapie
Sie ist unabdingbarer Bestandteil einer wirksamen Rehabilitation der Hand. Therapieformen: π gezielte funktionelle Ergotherapie im Sinne von Gebrauchsübungen π Überwindung des psychischen und physischen Krankheitseffektes π Schienenversorgung und Hilfsmittelversorgung. Eine wichtige Aufgabe der Ergotherapie ist die Herstellung von Hand- und Armschienen. Statische Schienen dienen der Lagerung in Funktionsstellung, dynamische Schienen haben das Ziel, gelähmte Muskeln ersetzen zu helfen.
Die moderne Ergotherapie ist fester Bestandteil einer wirksamen Rehabilitation der Hand. Sie bietet folgende Therapieformen an: π Gezielte, funktionelle Ergotherapie im Sinne von Gebrauchsübungen. Hierbei handelt es sich um funktionelle Übungen für einzelne Muskeln und Muskelgruppen mit dem Ziel der Muskelkräftigung und dem Training einfacher Greifformen sowie komplexer Bewegungsabläufe. Eingeschlossen sind Gelenkmobilisationen, Koordinationsübungen, Stumpfabhärtungen, Sensibilitätstraining und Belastungsproben. π Überwindung psychischer und physischer Krankheitsfolgen. Die Therapie richtet ihre Aufmerksamkeit mehr auf das Produkt der Arbeit als auf die eigentliche Übungstätigkeit. Durch Ablenken von der eigenen Behinderung zu einer sinnvollen Tätigkeit werden Erfolgserlebnisse vermittelt. π Schienenanpassung und Hilfsmittelversorgung. Eine wesentliche Tätigkeit der Ergotherapie ist die Herstellung von Hand- und Armschienen. Die statischen Schienen dienen der Lagerung in Funktionsstellung, um beispielsweise Kontrakturen zu vermeiden. Dynamische Schienen haben das Ziel, gelähmte Muskeln ersetzen zu helfen. Zu den dynamischen Schienen gehören die Quengelschienen, mit denen eine passive Dehnung von Sehnen, des Kapselbandapparates und von Gelenken erreicht werden kann.
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28.3.2 Nagelverletzungen
28.3
Handverletzungen
28.3
28.3.1
Fingerspitzenverletzungen
28.3.1 Fingerspitzenverletzungen
Verletzungen im Bereich der Fingerspitzen können die Fingerebene, die Fingerkuppe und den Fingernagel betreffen. Behandlungsziel aller Verletzungen im Fingerspitzenbereich ist die Erhaltung oder Wiederherstellung einer schmerzfreien, widerstandsfähigen mit guter Sensibilität versehenen Haut an der Greifseite und die Vermeidung oder Beseitigung eines störenden Nagelwachstums an der Streckseite. Die Größe eines Defektes entscheidet darüber, ob konservativ (Salbenverbände) oder operativ (plastische Deckung) vorgegangen wird. Defekte von knapp 1 cm Durchmesser oder größer sind immer operativ zu versorgen. Verletzungen am terminalen Fingerabschnitt, der Fingerbeere (Pulpa) kommen häufig bei Haushaltsarbeiten vor. Gewährleistet das Unterhautfettgewebe eine ausreichende Weichteilpolsterung, so sind derartige Defekte mit freien Hauttransplantaten zu verschließen. Vollhauttransplantate haben gegenüber Spalthauttransplantaten den Vorteil, dass sie elastischer und damit belastungsfähiger sind. Auch die ästhetischen Ergebnisse sind zufriedenstellender. Da ein inniger Kontakt zwischen Wundgrund und Transplantat eine Voraussetzung für das Anwachsen der Transplantate ist, sollte stets einer immobilisierenden Schiene gegenüber einer Fixierung mit Hilfe eines Überbrückungsverbandes der Vorzug gegeben werden. Der primäre Wundverschluss bei einem Fingerkuppendefekt ist selten ohne Knochenkürzung möglich. Diese bedeutet einen Längenverlust in einem kosmetisch und funktionell wesentlichen Bereich, sodass dieses Verfahren selten angewandt wird. Häufig werden amputierte Fingerkuppen vom Patienten in der Hoffnung mitgebracht, dass diese wieder replantiert werden können. Die Refixation einer distal des proximalen Nagelwalls scharf abgetrennten Fingerkuppe als »Composite graft« ist vornehmlich bei Kindern erfolgversprechend. Meist wird die Epidermis nekrotisch. Nach wenigen Wochen wird sie abgestoßen, um eine revaskularisierte Kuppe zum Vorschein kommen zu lassen. Voraussetzung ist eine glatte Schnittfläche, die eine gute Adaptation erlaubt.
28.3.2
Nagelverletzungen
Handverletzungen
Behandlungsziel aller Verletzungen im Fingerspitzenbereich ist die Erhaltung oder Wiederherstellung einer schmerzfreien, widerstandsfähigen, mit guter Sensibilität versehenen Haut. Defekte von ca. Pfennigstückgröße und darüber sind operativ zu versorgen. Gewährleistet das Unterhautfettgewebe eine ausreichende Weichteilpolsterung, sind diese Defekte durch freie Hauttransplantate zu decken. Ein enger Kontakt zwischen Wundgrund und Transplantat ist eine Voraussetzung für sein Anwachsen. Daher sollte stets eine immobilisierende Schiene angelegt werden.
Der primäre Wundverschluss bei einem Fingerkuppendefekt ist selten ohne Knochenkürzung möglich. Die Refixation einer distal des proximalen Nagelwalls scharf abgetrennten Fingerkuppe als »Composite graft« ist vornehmlich bei Kindern erfolgversprechend.
28.3.2 Nagelverletzungen
Der Fingernagel stabilisiert die Fingerbeere und unterstützt dadurch den Fein- und Spitzgriff. Die kosmetische Bedeutung der Fingernägel wird vielen erst bewusst, wenn sie fehlen oder deformiert sind. Quetschungen sind die häufigsten Fingerendgliedverletzungen mit Nagelbeteiligung. Das subunguale Hämatom entsteht durch eine Verletzung des sehr gut vaskularisierten Nagelbettes oder der Nagelmatrix. Es kommt zu einer kapillaren Blutung zwischen Nagel und Nagelbett. Durch die hohe Druckentwicklung ist dieser Zustand äußerst schmerzhaft.
Quetschungen sind die häufigsten Fingerendgliedverletzungen mit Nagelbeteiligung. Beim subungualen Hämatom kommt es zu einer sehr schmerzhaften kapillaren Blutung zwischen Nagel und Nagelbett.
Therapie. Eine Druckentlastung durch Nagelperforation erbringt eine sofor-
Therapie. Eine Druckentlastung durch Nagelperforation erbringt sofortige Schmerzentlastung.
tige Schmerzentlastung. Die Nagelperforation kann mit einem Skalpell, einem kleinen Bohrer oder aber einer glühenden Büroklammer in Fingerleitungsanästhesie vorgenommen werden. Abgelöste Fingernägel werden gereinigt, an den Rändern gekürzt und auf dem Nagelbett fixiert. Bei erhaltenem Nagelfalz gelingt die Fixierung am besten mit U-Nähten. Um Sekretansammlungen unterhalb des refixierten Nagels zu vermeiden, sollte der Nagel perforiert werden.
n Merke. Ein zurückverlagerter Fingernagel sollte so lange belassen werden, bis der nachwachsende Nagel den proximalen Nagelfalz überschritten hat. Eine frühzeitige Entfernung kann zu Verwachsungen zwischen Nagelfalz und Nagelbett und damit zu einer Behinderung des nachwachsenden Nagels führen.
Abgelöste Fingernägel werden gereinigt, an den Rändern gekürzt und auf dem Nagelbett refixiert.
Merke
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28 Handchirurgie
Bei größeren Verletzungen im Bereich der Nagelmatrix und des Nagelbettes ist es meist besser, die gesamte Matrix um das Nagelbett zu entfernen und den entstandenen Defekt mit einem freien Hauttransplantat zu versorgen.
Größere Verletzungen im Bereich der Nagelmatrix und des Nagelbettes sind problematisch. Sie können dazu führen, dass abgeschilferter, deformierter Nagel nachwächst, der auf der Unterfläche keinen Kontakt findet. In solchen Fällen ist es besser, die gesamte Matrix und das Nagelbett zu entfernen und den entstandenen Defekt mit einem freien Hauttransplantat zu versorgen.
28.3.3 Haut- und Weichteilmantelverletzungen Der primäre Wundverschluss bietet den besten Schutz für die Vitalität der tieferen Strukturen.
28.3.3
Merke
Haut- und Weichteilmantelverletzungen
Der primäre Wundverschluss – auch bei Defektwunden – bietet den besten Schutz für die Vitalität tiefer gelegener Strukturen. Nur so kann das Eindringen von Bakterien und die damit verbundene Infektion, Zerstörung von Gewebe und eine vermehrte Vernarbung vermieden werden. n Merke. Vom primären Verschluss sind Wunden mit schwerer bakterieller Kontamination wie Menschen- und Tierbissverletzungen und Verletzungen bei Berufsgruppen, die mit Fleisch und Kadavern zu tun haben, ausgeschlossen.
Entscheidend ist bei der Bisswundenversorgung das Débridement. Kann es radikal durchgeführt werden, dürfen auch Bisswunden durch eine locker adaptierte Naht primär versorgt werden (Dränage, Antibiotika). Ist dies nicht möglich, erfolgt der Wundverschluss erst nach einem infektionsfreien Intervall.
Bei der chirurgischen Versorgung dieser Verletzungen ist das Débridement eine Voraussetzung zur weiteren Versorgung. Kann es radikal durchgeführt werden, dürfen auch Bisswunden nach Einlage einer Dränage und einer Antibiotikaprophylaxe durch locker adaptierende Hautnähte verschlossen werden. Kann kein Débridement vorgenommen werden, sollte der Wundverschluss erst nach einem infektionsfreien Intervall sekundär erfolgen.
Wundversorgung an der Hand
Wundversorgung an der Hand
Prognose und Behandlung einer Wunde hängen von der Art der Verletzung ab. Wunden werden eingeteilt in: π Schnitt- und Stichwunden π Riss-/Quetschwunden π Hautablederungen π Hautdefekte. Bei glattrandigen Stich- und Schnittwunden können tieferliegende Strukturen verletzt sein. Daher muss vor jeder Wundversorgung eine exakte Untersuchung erfolgen.
Prognose und Behandlung einer Wunde hängen von der Art der Verletzung ab. Die Wunden sind folgendermaßen einzuteilen: π Schnitt- und Stichwunden π Riss-/Quetschwunden π Hautablederungen π Hautdefekte. Insbesondere bei den glattrandig begrenzten Stich- und Schnittwunden können tiefere Strukturen verletzt sein, die von außen nicht zu erkennen sind. Aus diesem Grunde ist vor jeder Wundversorgung eine exakte Untersuchung vorzunehmen.
Merke
Bei einer Sehnendurchtrennung steht der verletzte Finger nicht mehr in Funktionsstellung. Die Inspektion allein ist unzuverlässig: die individuelle Beugung und Streckung jedes Gelenkes muss geprüft werden. Unverzichtbar ist auch die Prüfung der Sensibilität.
Bei Verdacht auf Knochenverletzungen muss geröntgt werden.
Merke
n Merke. Die Beurteilung der Durchblutung erfolgt aus dem Turgor der Fingerbeere, aus der Farbe des Nagelbettes und aus dem Kapillarpuls.
Die Diagnose einer Sehnendurchtrennung kann am Finger in der Regel allein schon bei der Inspektion gestellt werden. An der gesunden Hand stehen die Muskeln im Gleichgewicht. Nach Durchtrennung einer Sehne kommt es zum Überwiegen der Antagonisten, wodurch der verletzte Finger nicht mehr in Funktionsstellung steht. Neben der Inspektion muss die individuelle Beugung und Streckung jedes einzelnen Gelenkes überprüft werden. Unverzichtbar ist auch die Untersuchung der Sensibilität. Hierbei ist die Prüfung der Berührungsempfindung oder einer Spitz-Stumpf-Diskrimination ausreichend. Ist der erhobene Befund nicht eindeutig, muss der betroffene Nerv revidiert werden. Bei Verdacht auf eine Knochenverletzung wird eine Röntgenuntersuchung durchgeführt. Die Aufnahmen haben Dokumentationscharakter und müssen von einwandfreier Qualität sein. n Merke. Ist kein ausreichender Tetanusschutz vorhanden, muss eine Tetanusprophylaxe durchgeführt werden.
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28.3.3 Haut- und Weichteilmantelverletzungen Bei oberflächlichen Hautverletzungen, die nur bis in die Lederhaut reichen, erfolgt eine konservative Wundbehandlung. Bei Ausschluss tiefer Verletzungen können auch kleine Schnitt- und Stichwunden, bei denen keine massive Kontamination zu erwarten ist, der konservativen Behandlung zugeführt werden. Je früher die operative Versorgung erfolgt, um so besser sind die Aussichten auf eine reaktionslose, primäre Wundheilung. Nicht jede glattrandig begrenzte Schnitt- oder Stichwunde bedarf einer gründlichen Ausschneidung. Ein sparsames Anfrischen der Wundränder ist dann ausreichend, wenn keine Infektionszeichen vorliegen. Ein Ausschneiden der Wunde ist jedoch bei Riss-/Quetschverletzungen oder stark verschmutzten Wunden unumgänglich. Bei diesen Verletzungen genießt das radikale Débridement erste Priorität zur Vermeidung einer Infektion oder Nekrose. Eine Defektbildung muss ggf. in Kauf genommen werden. Bei großflächigen Ablederungen des Hautmantels mit eingeschränkter oder gestörter Durchblutung ist die Versorgung vom Zustand der Haut abhängig ( 1 B-28.7). Bei geringer traumatischer Kontusion kann sie entfettet und wieder als Vollhauttransplantat adaptiert werden. Schwer kontusionierte Hautareale können in der Regel nicht erhalten werden und müssen durch autologe Transplantate ersetzt werden.
1 B-28.7
Bei oberflächlichen Hautverletzungen wird eine konservative Wundbehandlung durchgeführt. Das Gleiche gilt für kleine, glatte Schnittund Stichverletzungen. Eine sparsame operative Versorgung (Anfrischen der Wundränder) reicht bei fehlenden Infektionszeichen aus. Eine gründliche Ausschneidung der Wunde ist bei Riss- und Quetschverletzungen und stark verschmutzten Wunden unerlässlich (radikales Débridement).
Bei großflächigen Ablederungen mit schlechter oder fehlender Durchblutung und bei geringer Kontusion der Haut kann sie als Vollhauttransplantat zurückgenäht werden ( 1 B-28.7). Bei schwerer Kontusion erfolgt die Versorgung mit einem autologen Transplantat.
Hautablederung Großflächige, saubere Hautablederung der Handfläche. Die Versorgung erfolgte nach Entfettung des Hautlappens mit subkutaner Dränage und Primärnaht.
n Merke. Ein Wundverschluss darf nicht erzwungen werden, insbesondere dann nicht, wenn ein Verschluss der betroffenen Haut unter Spannung gerät. Die Folge wäre eine Störung der Blutzirkulation, zumal postoperativ mit einer weiteren Schwellung zu rechnen ist.
Merke
Ist ein primärer Wundverschluss nicht durch eine Adaptation möglich, muss auf Transplantate zurückgegriffen werden. Liegen Begleitverletzungen benachbarter anatomischer Strukturen der Hand vor, sollten diese im Rahmen der Erstversorgung mitbehandelt werden.
Zusätzlich verletzte, tieferliegende Strukturen sollten möglichst bei der Erstversorgung behandelt werden.
Hauttransplantation
Hauttransplantation (s.a. Kap. B-29.3)
Die Hauttransplantation (s. a. Kap. B-29.3) ist indiziert bei Defekten des Haut- und Weichteilmantels. Tiefere Strukturen wie Knochen, Gelenke, Sehnen, Nerven und Gefäße dürfen jedoch nicht freiliegen. Ferner muss der Wundgrund sauber und gut durchblutet sein. Transplantate kommen als Spalthaut- oder Vollhauttransplantate zur Anwendung. π Spalthaut: sie besteht aus Epidermis und Anteilen der Dermis. π Vollhaut: sie besteht aus Epidermis und der gesamten Dermis. Die Spenderregion für Vollhauttransplantate ist begrenzt (bevorzugtes Spenderareal ist die Leistenregion). Spalthauttransplantate stehen in wesentlich größerem Umfang zur Verfügung.
Indikation: Defekte des Haut- und Weichteilmantels; Knochen, Gelenke, Sehnen und Gefäße dürfen nicht freiliegen. Der Wundgrund muss sauber und gut durchblutet sein. Man unterscheidet Spalthaut- (Epidermis und Anteile der Dermis) und Vollhauttransplantate (Epidermis und gesamte Dermis). Die Spenderregion für Vollhauttransplantate ist im Vergleich zu Spalthauttransplantaten begrenzt.
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28 Handchirurgie
Je dünner das Transplantat, desto besser ist die Tendenz zur Anheilung. Jedoch sind dünne Transplantate später weniger belastungsfähig. Vollhauttransplantate sollen an Stellen mit hoher Belastung verwendet werden (z.B. Hohlhand). Für das Anwachsen der Transplantate ist ein inniger Kontakt zum Wundgrund erforderlich. Spalthauttransplantate werden auch als sog. Maschentransplantate angewandt. Nachteile sind die herabgesetzte Belastbarkeit und das zeitlebens erkennbare Maschenmuster ( 1 B-28.8).
Je dünner das Transplantat, desto besser ist die Tendenz zur Anheilung. Jedoch sind dünne Transplantate später weniger belastungsfähig. Sie haben weniger elastische Fasern und unterliegen einer größeren Schrumpfungstendenz. Vollhauttransplantate sind an den Stellen indiziert, an denen mit Belastungen zu rechnen ist (z.B. Hohlhand). Für das Anwachsen der Transplantate – in den ersten Tagen erfolgt die Ernährung per diffusionem – ist ein enger Kontakt zwischen Transplantat und Wundgrund erforderlich. Dieser Kontakt kann durch entsprechende Verbände begünstigt werden. Spalthauttransplantate werden auch als sog. Maschentransplantate angewandt. Sie zeichnen sich durch eine erhöhte Eigenheilungsrate aus, da Hämatome und Serome nicht zum Abheben des Transplantates vom Wundgrund führen können. Als Nachteil ist jedoch zu werten, dass es einer herabgesetzten Belastbarkeit unterliegt und das Maschenmuster zeitlebens erkennbar bleibt ( 1 B-28.8).
1 B-28.8
Maschentransplantat Maschentransplantat – 6 Monate nach Entnahme eines Radialislappens. Die Maschenstruktur ist noch zu erkennen.
Gestielte Lappenplastiken (s.a. Kap. B-29.3.3) Sie finden bei Haut- und Weichteildefekten sowie Freiliegen tiefer Strukturen Anwendung. Es werden Nah- und Fernlappenplastiken unterschieden. π Nahlappen: Lappenplastik aus der unmittelbaren Nähe der Wunde, der an der Basis zur Blutversorgung gestielt ist. π Fernlappen: Ersatzgewebe aus einer entfernten Köperregion. Über einen Haut- und Weichteilstiel bleibt das verpflanzte Gewebe zunächst mit seiner ursprünglichen Umgebung verbunden. Nach Einheilung am Empfängerort wird der Lappenstiel durchtrennt ( 1 B-28.9).
1 B-28.9
Gestielte Lappenplastiken Gestielte Lappenplastiken (s. a. Kap. B-29.3.3) sind bei Haut- und Weichteildefekten und freiliegenden tieferen Strukturen wie Sehnen, Knochen, Gelenken, Gefäßen und Nerven indiziert. Es werden Nah- und Fernlappen unterschieden. π Nahlappen: Lappenplastik aus der unmittelbaren Nähe der Wunde, der an der Basis zur Blutversorgung gestielt ist. π Fernlappen: Ersatzgewebe aus einer entfernten Körperregion. Über einen Haut- und Weichteilstiel bleibt das verpflanzte Gewebe zunächst mit seiner ursprünglichen Umgebung verbunden. Nach Einheilung am Empfängerort wird der Lappenstiel durchtrennt ( 1 B-28.9).
Weichteildefekt im Bereich des Handrückens
a Großer Haut- und Weichteildefekt im Bereich des Handrückens mit Freilegung des Streckapparates.
b Defektdeckung mit Hilfe einer gestielten Leistenlappenplastik.
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28.3.4 Amputation Eine weitere Unterteilung erfolgt nach der Blutversorgung. Liegt ein zufälliges Gefäßmuster (random pattern flap) vor, sollte ein Längen-/Breitenverhältnis von 2 : 1 gewahrt bleiben, da bei einer Änderung des Verhältnisses mit Zirkulationsstörungen zu rechnen ist. Lappen, die von einem zentral verlaufenden Gefäßsystem versorgt sind (axial pattern flap), unterliegen diesen Beschränkungen nicht. Eine Sonderform des gestielten Lappen stellt der Insellappen dar. Dabei wird der sog. neurovaskuläre Insellappen vollständig umschnitten und nur an seinem Gefäß- oder Gefäßnervenbündel belassen. Der Lappen der radialen Fingerkuppe des 3. und 4. Fingers kann am Gefäßbaum des radialseitigen digitalen Gefäßnervenbündels gehoben und zur sofortigen Wiederherstellung einer sensiblen Deckung bei Daumenkuppendefekten eingesetzt werden ( 1 B-28.10).
1 B-28.10
Eine weitere Unterteilung erfolgt nach der Blutversorgung. π random pattern flap mit zufälligem Gefäßmuster. Hier sollte ein Längen-/ Breitenverhältnis von 2 : 1 gewahrt bleiben. π axial pattern flap mit zentral verlaufendem Gefäßsystem. Eine Sonderform stellt der Insellappen dar ( 1 B-28.10), der nur an seinem Gefäß- oder Gefäßnervenbündel belassen wird.
Synopsis Insellappen
Lappenplastik gestielt am radiopalmaren Gefäßnervenbündel des Ringfingers
subkutaner Tunnel im Thenarbereich
Deckung eines Haut- und Weichteildefektes im radiopalmaren Endgliedbereich des Daumens mit Hilfe eines neurovaskulären Insellappens vom Ringfinger.
Freier Gewebetransfer mit mikrovaskulärer Anastomose Der freie Gewebetransfer mit mikrovaskulärem Gefäßanschluss hat den Vorteil, dass dem Patienten eine 2. Operation erspart bleibt. Es handelt sich um einen differenzierten Eingriff mit langer Operationsdauer und bleibt Spezialabteilungen vorbehalten.
28.3.4
Amputation
Eine chirurgische Indikation zur Amputation ist bei folgenden Veränderungen gegeben: π kongenitalen Anomalien, z.B. überzähligen oder flottierenden Fingern, Doppeldaumen π traumatischen Fingerläsionen π schweren Infekten und deren Folgen π ausgedehnten Zirkulationsstörungen, z.B. Gangrän π malignen Tumoren
Freier Gewebetransfer mit mikrovaskulärer Anastomose Er hat den Vorteil, dass dem Patienten eine 2. Operation, bei der der Lappenstiel durchtrennt wird, erspart bleibt.
28.3.4 Amputation Eine Indikation zur Amputation ist gegeben bei: π kongenitalen Anomalien π traumatischen Fingerläsionen π schweren Infekten π ausgedehnten Zirkulationsstörungen π malignen Tumoren π Erkrankungen, z.B. Kleinfinger bei ausgedehnter Dupuytren-Kontraktur, Deformationen bei Gicht
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28 Handchirurgie
Es muss so viel Länge als möglich erhalten und eine gut gepolsterte, sensibel innervierte Stumpfdeckung angestrebt werden. Bei der Versorgung schwer verletzter Hände ist die Erhaltung der Grundfunktionseinheiten oberstes Ziel ( 1 B-28.11). Hierzu gehören: π ein stabiles Handgelenk π radialer Finger mit Gefühl u. Bewegung π wenigstens 1 ulnarer Finger, getrennt vom radialen durch eine tiefe, das Greifen ermöglichende Spalte.
1 B-28.11
Erkrankungen, z.B. Kleinfinger bei ausgedehnter Dupuytren-Kontraktur, Deformationen bei Gicht oder chronischer Polyarthritis. Grundsätzlich gilt für die Amputationen und Stumpfversorgungen das Prinzip, so viel Länge als möglich erhalten und eine gut gepolsterte, sensibel innervierte Stumpfdeckung anzustreben. Bei der Versorgung schwerverletzter Hände ist die Erhaltung der Grundfunktionseinheiten oberstes Ziel ( 1 B-28.11). Dazu gehören: π ein stabiles Handgelenk π radialer Finger mit Gefühl und Bewegung π wenigstens 1 ulnarer Finger, getrennt vom radialen durch eine tiefe, das Greifen ermöglichende Spalte. Bei der Versorgung der schwer verletzten Hand ist, wenn immer möglich, die gesamte Wiederherstellung anlässlich der Erstversorgung anzustreben. π
Versorgung der schwer verletzten Hand mit Erhaltung der Grundfunktion
Fräsverletzung eines 35-jährigen Handwerkers mit ausgedehnten Knochendefekten. Eine vollständige Rekonstruktion der Hand war nicht möglich. Wiederherstellung der Greiffunktion durch Rekonstruktion von Dig I und II.
Fingeramputationen
Fingeramputationen
Bei Amputationen von Fingern sollte der Stumpf mit einem palmaren Lappen gedeckt werden, damit die Naht dorsal außerhalb der Greiffläche zu liegen kommt.
Bei Amputationen von Fingern sollte der Stumpf mit einem palmaren Lappen gedeckt werden, damit die Naht dorsal außerhalb der Greiffläche zu liegen kommt. Im Interesse von möglichst viel Länge wird man oft zu atypischen Lappenbildungen oder Hautplastiken greifen müssen. Dies gilt insbesondere für die traumatische Amputation distal des proximalen Interphalangealgelenkes, wo der funktionelle Verlust direkt proportional zum Längenverlust steht. Die Haut über den Amputationsstümpfen ist immer locker zu vernähen, um weder die Blutzirkulation zu gefährden noch die Beweglichkeit zu behindern. Der Knochen ist zu glätten. Die Sehnen dürfen nicht über dem Amputationsstumpf zusammengenäht werden, da sonst eine Bewegungseinschränkung der nicht verletzten Finger resultieren würde (Quadriga-Phänomen). Wichtig ist die Versorgung der Gefäßnervenstränge: Arterien werden unterbunden, die Nerven werden distalwärts gezogen, koaguliert und durchtrennt, sodass die Stümpfe etwa \–1 cm proximal von der Nahtstelle zu liegen kommen. Auf diese Weise wird der Nervenstumpf in normales subkutanes Gewebe gebettet und das Auftreten störender Amputationsneurome weitestgehend verhindert.
Die Haut über den Amputationsstümpfen ist immer locker zu vernähen, um weder die Blutzirkulation zu gefährden noch die Beweglichkeit zu behindern. Wichtig ist die Versorgung der Gefäßnervenstränge.
Merke
n Merke. Aufgrund seiner fast universellen Beweglichkeit mit der Fähigkeit zur Opposition besitzt der Daumen eine funktionelle Sonderstellung. Seiner Erhaltung ist deshalb erste Priorität einzuräumen. Nachamputationen eines teilamputierten Daumens sind unzulässig. Ist mit Hilfe des ortsständigen Haut- und Weichteilmantels keine Deckung des Stumpfes möglich, muss auf plastische Maßnahmen zurückgegriffen werden, wie sie bereits bei Verletzungen der Fingerkuppen erwähnt wurden.
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28.3.5 Replantation 28.3.5
Replantation
28.3.5 Replantation
n Definition. Als Replantation wird das Annähen eines Gewebe- oder Extremitätenteils bezeichnet, dessen Durchblutung durch komplette oder inkomplette Abtrennung vollständig aufgehoben ist und der ohne Gefäßanastomose nicht überleben würde. Mikroreplantationen sind Replantationen, die distal und Makroreplantationen solche, die proximal des Handgelenks vorgenommen werden.
Die Zeitspanne vom Augenblick der Amputation bis zur Wiederherstellung der arteriellen Perfusion wird als Anoxämiezeit bezeichnet. Unter einer totalen Amputation ist eine völlige Durchtrennung aller Strukturen einer Gliedmaße zu verstehen. Bei der subtotalen Amputation liegt eine Durchtrennung wichtiger anatomischer Strukturen, insbesondere der Hauptgefäßverbindungen, vor. Eine Durchblutung ist nicht mehr nachweisbar. Unter einer Revaskularisation versteht man die Wiederherstellung von Hauptgefäßverbindungen bei noch nachweisbarer Zirkulation. Die bei der Revaskularisation durchgeführten Gefäßanastomosen dienen der Verbesserung der Blutversorgung der Peripherie. Die Voraussetzungen für eine Replantation werden bei der Erstversorgung bereits teilweise entscheidend beeinflusst. n Merke. Manipulationen an den Amputationsstümpfen wie Säuberung, Setzen von Klemmen oder Ligaturen sind zu vermeiden. Zur Blutstillung ist ein Druckverband ausreichend.
Die amputierten Teile sind sicherzustellen und in ein sauberes Tuch oder eine Kompresse zu hüllen. Bei längerem Transport müssen die Amputate gekühlt werden. Dies geschieht mit Hilfe zweier Plastikbeutel, von denen der innere wasserdicht verschlossen das eingewickelte Amputat enthält und der äußere mit Wasser und Eiswürfeln im Verhältnis 1:1 gefüllt ist ( 1 B-28.12).
1 B-28.12
Definition
Die Zeitspanne zwischen Amputation und Wiederherstellung der Durchblutung ist die Anoxämiezeit. Eine totale Amputation ist die vollständige Durchtrennung aller Strukturen. Bei einer subtotalen Amputation liegt eine Durchtrennung wichtiger anatomischer Strukturen, insbesondere der Hauptgefäße, vor mit nicht mehr nachweisbarer Perfusion. Eine Revaskularisation ist die Wiederherstellung von Hauptgefäßverbindungen bei noch nachweisbarer Zirkulation. Merke
Die amputierten Teile sind sicherzustellen und in ein sauberes Tuch oder eine Kompresse zu hüllen. Bei längerem Transport müssen die Amputate gekühlt werden ( 1 B-28.12).
Synopsis Amputatkühlung zum Transport
innerer Plastikbeutel (wasserdicht verschlossen)
eingewickeltes Amputat
äußerer Plastikbeutel
Wasser und Eiswürfel im Verhältnis 1 : 1 Korrekter Transport des Amputates durch »Beutel im Beutel«.
n Merke. Jeder direkte Kontakt zwischen Eiswasser und Amputat ist wegen der Gefahr von Kälteschäden zu vermeiden.
Merke
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28 Handchirurgie
Die auf diese Weise versorgten Amputate können nach einer kalten Anoxämiezeit bis zu 20 Stunden noch erfolgreich replantiert werden. Bei Makroreplantaten beträgt sie jedoch kaum mehr als 4 Stunden. Im Hinblick auf die Replantation sind eine absolute und eine relative Indikation zu unterscheiden ( 2 B-28.2). Durchführung der Replantation. Die Versorgung der einzelnen Gewebsstrukturen erfolgt in der Reihenfolge: π Knochen π Beugesehnen/Beugescheiden π palmare Arterien π palmare Nerven π Strecksehnen π dorsale/palmare Venen π Haut. Prognose. Sie ist bei glatten Amputationen (Schnittverletzungen) am besten, bei Ausrissamputationen am schlechtesten.
Derart versorgte Amputate können nach einer kalten Anoxämiezeit von bis zu 20 Stunden erfolgreich replantiert werden. Liegt der Amputationsort weiter proximal und enthält das Amputat größere Mengen von Muskulatur, verringert sich dieser Zeitraum erheblich. Bei Makroreplantationen beträgt sie kaum mehr als 4 Stunden. Im Hinblick auf die Replantation sind eine absolute und eine relative Indikation zu unterscheiden ( 2 B-28.2).
Durchführung der Replantation. Die Versorgung der einzelnen Gewebsstrukturen erfolgt in der Reihenfolge: π Knochen π Beugesehnen und (falls möglich) Beugesehnenscheide π palmare Arterien π palmare Nerven π Strecksehnen π dorsale und/oder palmare Venen π Haut. Prognose. Die beste Prognose haben sogenannte glatte Amputationen
(Schnittverletzungen). Es folgen zerfetzende Amputationen durch z.B. Kreissägenverletzungen vor den Ausrissamputationen, die die schlechteste Prognose haben. Hauptziel der Gliedmaßenreplantation ist die Wiederherstellung einer gebrauchsfähigen Extremität. Sind das Amputat und die Amputationsränder nicht zu stark zerstört, muss eine Replantation versucht werden. Dies gilt nicht unbedingt bei der Amputation eines Langfingers, dessen Funktion durch die übrigen Finger meist gut ersetzt werden kann.
2 B-28.2
Indikationsstellungen zur Replantation
Amputation Zustand des Amputats
Zustand des Patienten Replantation
absolute Indikation
relative Indikation
Daumen Zeigefinger bei fehlendem Mittelfinger
Zeigefinger bei erhaltenem Mittelfinger
Mittelfinger bei fehlendem Zeigefinger
Ring- oder/und Kleinfinger bei erhaltenem Zeige- und Mittelfinger
Mehrfachamputation
Einzelfinger
keine Indikation zerstörtes Langfingergrundgelenk
alle Amputationen bei Kindern, inklusive Mittelhand und Hand
Sehnenverletzungen
28.3.6 Sehnenverletzungen
28.3.6
Beugesehnenverletzungen
Beugesehnenverletzungen
Der Bereich zwischen dem Ansatz der oberflächlichen Beugesehnen am Mittelglied und dem proximalen Ende der Beugesehnenscheide (Grund-
Der Bereich zwischen dem Ansatz der oberflächlichen Beugesehne am Mittelglied und dem proximalen Ende der Beugesehnenscheide, etwa in Höhe der distalen Hohlhandfurche (= Grundgelenksbeugefalte) gilt als besonders kritische Zone. Hier liegen beide Beugesehnen in einem engen osteofibrösen
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28.3.6 Sehnenverletzungen Kanal, sodass sich Verwachsungen wesentlich stärker auswirken als in anderen Bereichen ( 1 B-28.13). Dieser Bereich wurde früher als »Niemandsland« betrachtet, in dem keine primären Sehnennähte durchgeführt werden sollten. Eine bessere Kenntnis um die Sehnenheilung, eine verbesserte Operationstechnik und eine gezielte funktionelle Nachbehandlung haben dazu geführt, dass auch im »Niemandsland« beachtenswerte Ergebnisse nach einer primären Beugesehnennaht erreicht werden können.
1 B-28.13
FDP FDS
gelenksbeugefalte) wurde als »Niemandsland« betrachtet, in dem keine primären Sehnennähte durchgeführt werden sollten ( 1 B-28.13). Die Operationstechnik und eine gezielte funktionelle Nachbehandlung haben dazu geführt, dass im »Niemandsland« beachtenswerte Ergebnisse nach einer primären Beugesehnennaht erreicht werden können.
Synopsis Anatomie der Langfingerbeugesehnen mit Gesäßversorgung
Flexor digitorum profundus Flexor digitorum superficialis mit Chiasma tendineum
Diagnose. Die Diagnose einer kompletten Beugesehnendurchtrennung ist relativ leicht zu stellen. An den Langfingern fällt die Beugung im Mittel- und Endgelenk aus und am Daumen im Endgelenk. Das Grundgelenk kann durch die Mm. interossei und lumbricales noch geringgradig gebeugt werden. Liegt eine isolierte Durchtrennung der oberflächlichen oder tiefen Beugesehnen vor, so kann diese nur mit einer differenzierten Untersuchungstechnik festgestellt werden. An den Endphalangen wird die Aktion des M. flexor digitorum profundus durch eine aktive Beugung beim vollen Faustschluss oder bei gestreckten Fingern mit fixiertem Mittelglied geprüft. Ähnliches gilt für die Durchtrennung des M. flexor pollicis longus bei gestrecktem Daumen und Fixierung des Grundgliedes. Eine aufgehobene Beugung im Endgelenk lässt sich somit auf eine Verletzung der tiefen Beugesehne zurückführen. Die Testung des M. flexor digitorum superficialis ist etwas aufwändiger, da sie isoliert nur bei Ausschaltung des M. flexor digitorum profundus zu erkennen ist. Eine isolierte Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehnen Dig. 3–5 wird durch die fehlende Mittelgliedbeugung des betroffenen Fingers bei gleichzeitiger Fixierung der anderen Finger in Streckstellung diagnostiziert ( 1 B-28.14). Am Zeigefinger ist bei Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehne ein fester Spitzgriff mit dem Daumen bei gestrecktem Endgelenk nicht möglich. Eine Beugesehnenteildurchtrennung ist schwer zu diagnostizieren. Hier kann die schmerzhafte Beugeschwäche bei Prüfung der Sehnenfunktion gegen Widerstand einen Hinweis geben. n Merke. Alle tiefreichenden, beugeseitig gelegenen Verletzungen bei erhaltener Beugefunktion sind zu revidieren, da die Möglichkeit der Beugesehnenteildurchtrennung mit Gefahr der zweizeitigen Ruptur gegeben ist.
Therapie. Die Versorgung einer Beugesehnenverletzung ist unter sterilen
Bedingungen eines Operationssaales in Plexusanästhesie und Blutleere vorzunehmen.
Diagnose. Die Diagnose einer kompletten Beugesehnendurchtrennung ist relativ leicht zu stellen. An den langen Fingern fällt die Beugung in den Mittel- und Endgelenken aus, am Daumen die Bewegung im Endgelenk. Eine Durchtrennung der tiefen Beugesehne wird bei gestreckten Fingern mit fixiertem Mittelglied geprüft. Die aktive Beugung im Endgelenk ist hierbei aufgehoben.
Eine Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehnen Dig. 3–5 wird durch die fehlende Mittelgliedbeugung des betroffenen Fingers bei gleichzeitiger Fixierung der anderen Finger in Streckstellung diagnostiziert ( 1 B-28.14). Eine Beugesehnenteildurchtrennung ist schwer zu diagnostizieren. Hier kann die schmerzhafte Beugeschwäche bei Prüfung der Sehnenfunktion gegen Widerstand einen Hinweis geben. Merke
Therapie. Die Versorgung einer Beugesehnenverletzung ist unter sterilen Bedingungen eines Operationssaales in Plexusanästhesie und Blutleere vorzunehmen.
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28 Handchirurgie
1 B-28.14
Synopsis Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehne
Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehne D4. Diagnosestellung durch fehlende Mittelgliedbeugung bei gleichzeitiger Fixierung der anderen Finger in Streckstellung. Nur bei intakter oberflächlicher Beugesehne ist die Flexion im proximalen Interphalangealgelenk möglich.
π Grundsätze der operativen Versorgung: Alle glatten Sehnendurchtrennungen sind primär operativ zu versorgen.
Nach erfolgter Sehnennaht sollte die Sehnenscheidewand wieder verschlossen werden. Ringbänder müssen geschont und ggf. wieder vernäht werden.
1 B-28.15
Grundsätze der operativen Versorgung: Alle glatten Sehnendurchtrennungen sind primär operativ zu versorgen. Vorhandene Hautwunden sind möglichst geringfügig zu erweitern um Narbenbildungen zu vermeiden. Erweiterungsschnitte dürfen nicht in einem Winkel von 90Ω eine Gelenkachse kreuzen, da dermatogene Kontrakturen zur Funktionseinschränkung führen können. Erweiterungsschnitte sind als Mediolateral- oder Zickzackschnitt anzulegen. Sind sowohl oberflächliche als auch tiefe Beugesehnen durchtrennt, so werden beide Sehnen in ihrer Kontinuität wiederhergestellt. Ist nur die Profundussehne durchtrennt und die Superfizialissehne intakt, so muss sie bei der Primärversorgung genäht werden. Nach erfolgter Sehnennaht sollte zur Verbesserung der Gleitfähigkeit und der Ernährung der Sehne die Sehnenscheidewand wieder verschlossen werden. A2– und A4-Ringbänder ( 1 B-28.33) müssen geschont, sind sie durchtrennt, wieder vernäht werden. π
Synopsis Beugesehnennaht in der modifizierten Technik nach Kirchmayr
Monofiler Faden, einseitig mit gerader Nadel armiert; Knoten innerhalb der Durchtrennungsstelle.
Fortlaufende Zirkulärnaht zur Feinadaptation der Sehnenstümpfe.
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28.3.6 Sehnenverletzungen Begleitende Verletzungen der Gefäßnervenbündel sind ebenfalls primär operativ zu versorgen. Die Möglichkeit der sofortigen kontrollierten Bewegungsbehandlung muss gegeben sein. Die Naht einer durchtrennten Beugesehne muss atraumatisch erfolgen. Meist wird die Technik nach Kirchmayr/Kessler ( 1 B-28.15) oder Tsuge ( 1 B-28.16) angewandt.
1 B-28.16
Synopsis Beugesehnennaht nach Tsuge
Begleitende Verletzungen der Gefäßnervenbündel sind ebenfalls primär operativ zu versorgen. Die Möglichkeit der sofortigen kontrollierten Bewegungsbehandlung muss gegeben sein. Die Naht einer durchtrennten Beugesehne muss atraumatisch erfolgen. Meist wird die Technik nach Kirchmayr/ Kessler ( 1 B-28.15) oder Tsuge ( 1 B-28.16) angewandt.
Intratendinöse Stütznaht mit einer nicht resorbierbaren, monofilen Fadenschlinge. Die Kontinuität der Sehne wird wie bei 1 B-28.15 mit epitendinösen Nähten wiederhergestellt.
Ruhigstellung und Nachbehandlung: Die Ruhigstellung von Beugesehnen erfolgt mit Hilfe einer dorsalen Unterarmgipsschiene in 40Ω-50Ω Beugestellung des Handgelenks (volle Beugung –30Ω). Die Fingergrundgelenke werden durch die Schiene in einer Beugestellung von 30Ω gehalten. Mittel- und Endgelenke sollten bis zur Neutralstellung gestreckt werden können ( 1 B-28.17). Wenn keine besonderen Gründe dagegen sprechen, setzt bereits am 1. postoperativen Tag die krankengymnastische Nachbehandlung ein. Das Prinzip der kontrollierten Mobilisation besteht darin, dass durch am Fingernagel befestigte Gummizügel eine passive Beugung erreicht wird. Die Streckung ist dann ein aktiver Vorgang, wobei darauf zu achten ist, dass bereits in den ersten Tagen eine vollständige Streckung in den Mittel- und Endgelenken erreicht wird. Dies kann durch vermehrte Beugung in den Grundgelenken erleichtert werden. Die Gipsschiene wird am Ende der 3. postoperativen Woche entfernt. Am Ende der 6. postoperativen Woche ist der Einsatz von dynamischen Streckquengeln möglich ( 1 B-28.18). π
1 B-28.17
Synopsis Dynamische Schienung nach Kleinert
1 B-28.18
Ruhigstellung und Nachbehandlung: Die Ruhigstellung von Beugesehnen erfolgt mit Hilfe einer dorsalen Unterarmgipsschiene in 40 Ω–50 Ω Beugestellung des Handgelenkes. Mittel- und Endgelenke sollten bis zur Neutralstellung gestreckt werden können ( 1 B-28.17). π
Die Gipsschiene wird am Ende der 3. postoperativen Woche entfernt. Am Ende der 6. postoperativen Woche ist der Einsatz von dynamischen Streckquengeln möglich ( 1 B-28.18).
Synopsis Dynamischer Streckquengel
Gummizügel 30 Ω Sicherheitsnadel
40–50 Ω
Streckseitig werden die Grundglieder abgestützt, mittels Schlaufe und Gummizügel können dann Mittelbzw. Endgelenk aufgestreckt werden, auch wird dabei ein Zug auf die Beugesehnen entfaltet.
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1270 Bei postoperativen Verwachsungen, die zu einer Bewegungseinschränkung geführt haben, muss eine Tenolyse erörtert werden. Konnte keine primäre Beugesehnennaht vorgenommen werden, so muss so früh wie möglich eine sekundäre Sehnennaht erfolgen. Nach 2–3 Wochen verringert sich die Aussicht auf eine erfolgreiche Sehnennaht. Überschreitet das Zeitintervall nach einer Sehnendurchtrennung 4 Wochen, verbleibt nur noch die Rekonstruktion durch Sehnentransplantation.
28 Handchirurgie Haben postoperative Verwachsungen zu einer Bewegungseinschränkung geführt, ist an die Möglichkeit der Tenolyse zu denken. Ein derartiger Eingriff kommt normalerweise erst 2–3 Monate nach der Erstversorgung in Frage. Konnte keine primäre Beugesehnennaht vorgenommen werden (z.B. wegen zusätzlicher Haut- und Weichteildefekte, ausgedehnter Quetschverletzungen, beginnender Infektion), muss spätestens nach Ablauf von 2–3 Wochen eine sekundäre Sehnennaht erörtert werden, da der proximale Sehnenstumpf durch die Kontraktilität der Muskulatur zurückweicht. Durch Elastizitätsverlust der Muskulatur können die Sehnenstümpfe nicht mehr genäht werden. Hat das Zeitintervall nach einer Sehnendurchtrennung 4 Wochen überschritten, verbleibt nur noch die Möglichkeit der Rekonstruktion mit Hilfe von Sehnentransplantaten.
Strecksehnenverletzungen
Strecksehnenverletzungen
Der Streckmechanismus der Finger besteht aus einem äußeren und einem inneren System. Dieser extrinsische und intrinsische Anteil des Streckapparates bildet die Dorsalaponeurose ( 1 B-28.19).
Der Streckmechanismus der Finger besteht aus einem äußeren und einem inneren System. Die Mittelzügel (Tractus intermedius) sind jener Anteil des extrinsischen Streckapparates, der im Basisbereich des Mittelgliedes inseriert. Die Seitenzügel (Tractus lateralis) entsprechen dem sehnigen Anteil der Handbinnenmuskulatur (M. lumbricalis, Mm. interossei). Dieser intrinsische Anteil des Streckapparates bildet mit dem extrinsischen Anteil die Dorsalaponeurose. Das Lanzmeer-Ligament ist eine funktionell bedeutsame Zusatzeinrichtung des Fingerstreckapparates in Bezug auf die Bewegung im Mittel- und Endgelenk. Es besteht aus der Pars obliqua und Pars transversa. Die Pars obliqua zieht vom distalen Drittel des Grundgliedes bzw. dem A2-Ringband schräg nach distal und dorsal und lagert sich dem Tractus lateralis an; sie liegt beugeseitig zur Drehachse des Mittelgelenkes und dorsal von der Bewegungsachse des Endgelenkes: Die Pars transversa verläuft vom A3-Ringband (s. 1 B-28.32) und der Kapsel des Mittelgelenkes oberflächlich gelegen zum Tractus lateralis ( 1 B-28.19, s.a. 1 B-28.37). Ist nur eines dieser Systeme verletzt, kann die Diagnose erschwert sein, da der Patient die entsprechenden Streckfunktionen unter Verminderung der groben Kraft noch vollständig ausführen kann. In diesen Fällen muss die Untersuchung gegen Widerstand vorgenommen werden. Die Palpation geschlossener Sehnenverletzungen kann Hinweise auf eine Ruptur geben. Häufig können bei Anspannung die intakten Strecksehnen durch den dünnen Haut-Subkutis-Mantel im Handwurzel- und Mittelhandbereich ohne Schwierigkeiten als straffe Stränge erkannt werden. Bei offenen Verletzungen ergeben Art und Lokalisation der Wunde bereits Hinweise auf eine Strecksehnenverletzung. Alle offenen Strecksehnenverletzungen sind unmittelbar nach dem Unfall in Plexusanästhesie und Blutleere zu revidieren, nach Wunderweiterung mit Débridement wird das gesamte Verletzungsausmaß inspiziert, das Auffinden der distalen Sehnenstümpfe bereitet keine Schwierigkeiten, die proximalen Sehnenstümpfe ziehen sich oft in die Strecksehnenfächer oder noch weiter nach proximal zurück. Die Prognose der Kontinuitätswiederherstellung durchtrennter Sehnen ist allgemein günstig. Funktionell entspricht sie der der Beugesehnen. Die Strecksehnenverletzungen werden hinsichtlich ihrer Lokalisation und der damit verbundenen diagnostischen und therapeutischen Optionen unterteilt.
Das Lanzmeer-Ligament ist eine funktionell bedeutsame Zusatzeinrichtung des Fingerstreckapparates in Bezug auf die Bewegung im Mittel- und Endgelenk.
Ist nur eines dieser Systeme verletzt, kann die Diagnose erschwert sein.
Die Palpation kann bei geschlossenen Sehnenverletzungen Hinweise auf eine Ruptur geben, da intakte Strecksehnen meist ohne Schwierigkeiten getastet werden können. Alle offenen Strecksehnenverletzungen sind unmittelbar nach dem Unfall in Plexusanästhesie und Blutleere zu revidieren; das Auffinden der proximalen Sehnenstümpfe kann Schwierigkeiten bereiten, da sie sich weit nach proximal zurückziehen können. Die Prognose der Kontinuitätswiederherstellung durchtrennter Sehnen ist günstig.
Verschiedene Strecksehnenverletzungen I: π Verletzungen im Handgelenksbereich: Bei Durchtrennung sämtlicher Strecksehnen im Bereich des Handgelenkes können weder Handgelenk
Verschiedene Strecksehnenverletzungen I: Verletzungen im Handgelenksbereich: Sind im Bereich des Handgelenks sämtliche Strecksehnen durchtrennt, können weder das Handgelenk noch die Fingergrundgelenke aktiv gestreckt werden. Eine Streckung in den Langfingermittel- und -endgelenken wird durch die kleinen Handmuskeln weiπ
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28.3.6 Sehnenverletzungen
1 B-28.19
Synopsis Anatomie der Langfingerstrecksehnen
Seitenzügel (Tractus lateralis)
Pars transversaƒ
Lanzmeer-
© Ligament Pars obliqua
ª
Mittelzügel (Tractus intermedius)
M. lumbricalis Muskel Mm. interossei
Sehne des M. extensor digitorum
terhin ermöglicht. Sind also alle extrinsischen Langfingerstreckersehnen in Höhe des Handgelenkes durchtrennt, entsteht beim Versuch der aktiven Streckung eine Intrinsic-Plus-Stellung, d.h. Streckung der Mittel- und Endgelenke bei gleichzeitiger Beugung der Grundgelenke. Bei Durchtrennung einzelner Langfingerstrecksehnen kann die Diagnostik erschwert sein, da über die Connexus intertendinei der oder die betroffenen Finger von den unversehrten Strecksehnen mitgestreckt werden kann. Hier muss die Streckfähigkeit gegen Widerstand geprüft werden. Eine weitere Möglichkeit der Untersuchung besteht darin, bei flach auf dem Untersuchungstisch gelegter Hand die Finger einzeln von der Tischplatte abheben zu lassen. Dieser Bewegung folgt der verletzte Finger nicht. Geschlossene Rupturen der Langfingerstrecksehnen in Höhe des Handgelenkes sind beispielsweise bei Vorliegen einer chronischen Polyarthritis anzutreffen. Charakteristisch ist auch die Ruptur des M. extensor pollicis longus nach distaler Radiusfraktur. π Verletzungen im Handrückenbereich: Das klinische Bild entspricht den Verletzungen im Bereich des Handgelenkes, da die Durchtrennung proximal des Connexus intertendinei liegt. π Verletzungen im Grundgelenksbereich: In diesem anatomischen Bereich ist eine komplette Durchtrennung der breiten Dorsalaponeurose (Streckerhaube) selten, liegt sie dennoch vor, so ist fast immer das Grundgelenk eröffnet. Bei kompletter Durchtrennung der Dorsalaponeurose liegt eine Beugefehlstellung mit Einschränkung der aktiven Streckung des betroffenen Fingers im Grundgelenk vor.
noch Langfingergrundgelenke aktiv gestreckt werden, eine Streckung in den Langfingermittel- und -endgelenken wird weiterhin durch die kleinen Handmuskeln ermöglicht (Intrinsic-Plus-Stellung). Bei Durchtrennung einzelner Langfingerstrecksehnen muss die Streckfähigkeit gegen Widerstand geprüft werden.
Verletzungen im Handrückenbereich: Das klinische Bild entspricht dem der Handgelenksverletzungen.
π
Verletzungen im Grundgelenksbereich: Eine komplette Durchtrennung der breiten Dorsalaponeurose im Bereich des Grundgelenkes ist selten. Liegt sie dennoch vor, ist fast immer auch die Gelenkkapsel mitbeteiligt.
π
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1272 π Verletzungen im Grundgliedbereich: Eine komplette Durchtrennung des Streckapparates ohne begleitende Knochenverletzungen ist sehr selten.
Therapie: Strecksehnenverletzungen im Bereich des Handgelenks, Grundgelenks und Handrückens werden operativ (modifizierte Kirchmayr-Naht) versorgt. U-Nähte kommen als alternatives Verfahren in Frage und sind Therapie der Wahl bei Verletzungen im Bereich des Grundgliedes. Nach operativer Versorgung erfolgt die Ruhigstellung durch Anlage einer beugeseitigen Unterarmfingerschiene; das Handgelenk steht in einer maximalen Dorsalflexion –10 Ω , die Langfingergrundgelenke in einer Beugestellung von 20Ω bei Streckung in den Mittel- und Endgelenken.
28 Handchirurgie Verletzungen im Grundgliedbereich: Eine komplette Durchtrennung des Streckapparates ohne gleichzeitige Knochenverletzung kommt äußerst selten vor, da die Seitenzügel in ihrer mediolateralen Lage gut geschützt sind. Verletzungen des Mittelzügels in diesem Bereich bedingen kein nennenswertes Streckdefizit im Mittelgelenk, sodass die Verletzung leicht übersehen werden kann. Therapie: Da die Strecksehnen im Handgelenksbereich einen elliptischen bzw. runden Querschnitt haben, empfiehlt sich die modifizierte KirchmayrNaht mit zirkulärer Feinadaptation der Stümpfe. Bei Überstreckung im Handgelenk ist eine spannungsfreie Naht der durchtrennten Strecksehnen möglich. Der Sehnenschnitt im Bereich des Handrückens ist recht flach, sodass die Naht in modifizierter Kirchmayr-Technik erschwert sein kann. Auf UNähte kann, wiederum mit zirkulärer Feinadaptation, zurückgegriffen werden. Die Naht der Verletzungen im Grundgelenksbereich erfolgt in gleicher Technik wie am Handrücken. Liegt auch eine Verletzung der Gelenkkapsel vor, so muss sie separat genäht werden. U-Nähte sind auch Therapie der Wahl bei Verletzungen des Grundgliedbereiches . Die Ruhigstellung dieser Strecksehnenverletzungen erfolgt durch eine beugeseitig angelegte Unterarmfingerschiene, das Handgelenk steht in einer maximalen Dorsalflexion –10Ω, die Grundgelenke in einer Beugestellung von 20Ω bei Streckung in den Mittel- und Endgelenken. Unverletzte Finger werden nicht immobilisiert, Dauer der Ruhigstellung 3 Wochen. π
Strecksehnenverletzungen II:
Strecksehnenverletzungen II:
π Verletzungen im Mittelgelenksbereich: Bei Verletzungen in Höhe des Mittelgelenkes steht dieses bei kompletter Durchtrennung der Streckaponeurose in einer fast rechtwinkligen Beugestellung, eine aktive Streckung ist dann nicht mehr möglich.
π Verletzungen im Mittelgelenksbereich: Im Basisbereich des Mittelgliedes inserieren Tractus intermedius des extrinsischen Systems und Pars medialis des intrinsischen Systems, beide sind hier innig miteinander verbunden. Bei kompletter Durchtrennung der gesamten Streckaponeurose einschlie߈lich Gelenkeröffnung ist die Diagnose einfach; das Mittelgelenk steht fast in einer rechtwinkligen Beugestellung und kann aktiv nicht gestreckt werden. Häufig liegen jedoch an diesem komplizierten Knotenpunkt des Fingerstreckapparates isolierte Verletzungen des Tractus intermedius vor (stumpfe bzw. offene Verletzungen), dann kann die Diagnosestellung deutlich erschwert sein, da die normalerweise dorsal der Fingerachse liegenden Seitenzügel den betreffenden Finger im Mittel- und Endgelenk noch aktiv strecken. In diesen Fällen ist wieder die Streckunfähigkeit bzw. deutlich erschwerte Streckung gegen Widerstand der Hinweis zur richtigen Diagnose. Nur selten ist bei geschlossenen Verletzungen die primäre Läsion des Tractus intermedius so groß, dass bei Beugung des Fingers das Mittelgelenk durch das entstandene »Knopfloch« schlüpft und eine aktive Streckung im Mittelgelenk nicht mehr möglich ist. Das sog. Knopflochphänomen entsteht in der Regel erst nach einiger Zeit, dabei rutschen die Seitenzügel nach palmar ab; die Folge ist, dass die Seitenzügel nun im Mittelgelenk beugen und im Endgelenk strecken ( 1 B-28.20). Je länger dieser Zustand besteht, desto extremer wird die Deformität und umso schwieriger auch die operative Korrektur. Therapie: Die primäre Versorgung der offenen Verletzung versteht sich von selbst. Liegt der Verdacht auf eine geschlossene Mittelzügelruptur vor, muss operativ revidiert werden. Bei den geschlossenen Verletzungen ist stets eine Röntgenuntersuchung erforderlich, um einen knöchernen Ausriss des Tractus intermedius nicht zu übersehen. Naht mit U-Nähten und Feinadaptation, evtl. auch Reinsertion des Tractus intermedius mit Periostnähten, zusätzlich temporärer Fixierung des Mittelgelenkes in Streckstellung mit Hilfe eines Kirschner-Drahtes. Bei knöchernen Ausrissen muss eine exakte Reposition durchgeführt werden und in Abhängigkeit von der Größe des knöchernen Fragmentes stehen zur weiteren Versorgung zur Verfügung: π Kirschner-Draht-Osteosynthese
Bei isolierten Verletzungen des Mittelzügels und intaktem Seitenzügel kann der Finger noch aktiv im Mittelund Endgelenk gestreckt werden. Unbehandelt rutschen die Seitenzügel nach palmar ab, es entsteht die sog. Knopflochdeformität, d.h. Beugung im Mittelgelenk und Überstreckung im Endgelenk ( 1 B-28.20).
Therapie: Bei Vorliegen einer kompletten geschlossenen Mittelzügelruptur besteht die Indikation zur operativen Revision. U-Nähte (Feinadaptation) und temporäre Fixierung des Mittelgelenkes in Streckstellung mit einem KirschnerDraht. Knöcherne Ausrisse müssen nach exakter Reposition in Abhängigkeit von der Größe des Fragments versorgt werden. Hierfür stehen zur Verfügung: π Kirschner-Draht-Osteosynthese
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28.3.6 Sehnenverletzungen
1 B-28.20
Synopsis Knopflochdeformität
Verletzung des Mittelzügels (Á) bei intakten Seitenzügeln. Die Seitenzügel können unbehandelt langsam nach palmar abgleiten und führen so zu einer Beugung im Mittelgelenk und einer Überstreckung im Endgelenk, der sog. Knopflochdeformität.
Minischraubenosteosynthese Drahtnaht. Nach vorübergehender Ruhigstellung mit Hilfe einer dorsalen Unterarmgipsschiene kann anschließend eine sog. »Deichselschiene« (Fingerschiene für Knopflochdeformität) angelegt werden, sie stabilisiert das Mittelgelenk und gibt Bewegungen im Grund- und Endgelenk frei. Entfernung des Kirschner-Drahtes nach 4 Wochen, Entfernung der Deichselschiene nach 6 Wochen.
Minischraubenosteosynthese Drahtnaht. Nach vorübergehender Ruhigstellung kann für 6 Wochen eine »Deichselschiene« angelegt werden.
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Strecksehnenverletzungen III:
Strecksehnenverletzungen III:
Verletzungen im Bereich der Endgelenke: Im distalen Mittelglied vereinigen sich die Seitenzügel und setzen an der Basis des Endgliedes an. Hier gelegene geschlossene Verletzungen gehören zu den häufigsten Sehnenverletzungen. Ursächlich liegt der geschlossenen Verletzung eine Längsstauchung des gestrecken Fingers zugrunde. Weicht das Endglied im Augenblick der Verletzung zur Streckseite aus, so kommt es zu einer Meißelfraktur an der dorsalen Endgliedbasis, nicht selten geht diese Verletzung mit einer Subluxation im Endgelenk einher (sog. Hyperextensionstrauma). Weicht hingegen das Endglied im Augenblick der Verletzung zur Beugeseite aus, so kann der Streckapparat in Höhe des Endgelenkes zerreißen, oder aber es kommt zu einem Strecksehnenabriss an der Endphalanx, evtl. auch mit knöchernem Fragment, sodass jede geschlossene Verletzung in Höhe des Endgelenkes einer röntgenologischen Untersuchung zugeführt werden muss. π
n Merke. Geschlossene Verletzungen des Streckapparates im Bereich des Mittel- und Endgelenks können mit knöchernen Verletzungen und Subluxationsstellungen vergesellschaftet sein, aus diesem Grunde müssen diese Verletzungen einer röntgenologischen Untersuchung zugeführt werden.
Verletzungen im Bereich des Endgelenkes: Ursächlich liegt der geschlossenen Verletzung eine Längsstauchung des gestreckten Fingers zugrunde. Weicht das Endglied im Augenblick der Verletzung zur Streckseite aus, so kommt es zu einer Meißelfraktur an der dorsalen Endgliedbasis (sog. Hyperextensionstrauma); nicht selten ist mit dieser Verletzung eine Subluxation im Endgelenk vergesellschaftet. Weicht das Endglied im Augenblick der Verletzung zur Beugeseite aus, so kann der Streckapparat in Höhe des Endgelenkes zerreißen, oder aber es kommt zu einem Strecksehnenabriss an der Endphalanx, evtl. auch mit einem kleinen knöchernen Fragment.
π
Merke
In der Mehrzahl der Fälle beträgt beim subkutanen Strecksehnenabriss das Streckdefizit im Endgelenk bis zu 40Ω, wobei noch erhaltene restliche Sehnenanteile ein Zurückschlupfen des proximalen Sehnenstumpfes verhindern. Ein vollständiger Funktionsausfall im Endglied liegt dann vor, wenn auch die seitlich verlaufenden Fasern der Lanzmeer-Ligamente mit verletzt sind, das Streckdefizit beträgt dann mehr als 40Ω (Hammerfinger, Mallet-Finger).
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1274 Therapie: Der einfache subkutane Strecksehnenabriss wird konservativ für 6 Wochen mit einer Stack’schen Schiene behandelt. Liegt ein kompletter Strecksehnenabriss vor – Streckdefizit über 40 Ω –, ist eine operative Revision angezeigt; dies gilt auch bei dislozierten knöchernen Strecksehnenausrissen bzw. beim Hyperextensionstrauma.
Unbehandelt führt eine komplette geschlossene Ruptur des Streckapparates zur Schwanenhalsdeformität (Überstreckung im Mittelgelenk, Beugestellung im Endgelenk) ( 1 B-28.21).
28 Handchirurgie Therapie: Der einfache subkutane Strecksehnenabriss (Streckdefizit bis 40Ω) wird konservativ behandelt, für 6 Wochen wird eine gut sitzende Stack’sche Schiene angelegt. Liegt ein kompletter Strecksehnenabriss vor – Streckdefizit über 40Ω –, muss von einer Dehiszenz der Sehnenstümpfe ausgegangen werden, diese Dehiszenz kann nur durch eine operative Adaptation überwunden werden: Sehnennaht mit U-Nähten und Feinadaptation, zusätzlich temporäre Fixierung des Endgelenkes in Streckstellung mit Hilfe eines Kirschner-Drahtes. Auch hier kann nach Wundheilung eine Stack’sche Schiene angelegt werden, Ruhigstellung wiederum für 6 Wochen. Knöcherne Strecksehnenausrisse bzw. Hyperextensionstraumata mit Dislokation bedürfen, wie bei den Verletzungen des Mittelgelenkbereichs ausgeführt, der operativen Revision und der exakten Reposition des ausgesprengten Fragmentes. Unbehandelt führt eine komplette geschlossene Ruptur des Streckapparates in Höhe des Endgelenkes zur Schwanenhalsdeformität, d.h. Überstreckstellung im Mittelgelenk bei Beugestellung im Endgelenk. Durch Erschlaffen der Seitenzügel kommt es zu einem funktionellen Überwiegen des Tractus intermedius ( 1 B-28.21).
1 B-28.21
Synopsis Schwanenhalsdeformität
Bei kompletter Zerreißung des Streckapparates über dem Endgelenk ( Á) weichen die Seitenzügel nach proximal zurück, der Tractus intermedius bekommt ein Übergewicht und es resultiert die Überstreckung im Mittelgelenk (Schwanenhalsdeformität).
Strecksehnenverletzungen IV:
Strecksehnenverletzungen IV:
π Verletzungen der Daumenstrecksehne: Bei Durchtrennung des M. extensor pollicis longus und brevis liegt ein deutliches Streckdefizit im Grund- und Endgelenk vor.
π Verletzung der Daumenstrecksehne: Bei Durchtrennung des M. extensor pollicis longus – dessen Ruptur oft Folge einer distalen Radiusfraktur ist – liegt ein deutliches Streckdefizit im Endgelenk vor, obgleich über die kleinen Muskeln im Thenarbereich eine aktive Streckung des Endgelenkes mit deutlich verminderter Kraft möglich sein kann. Bei alleiniger Durchtrennung des M. extensor pollicis brevis fällt ein mäßiges Streckdefizit im Grundgelenk auf, bei Durchtrennung beider Sehnen ist eine deutliche Beugefehlstellung sowohl im Grund- als auch im Endgelenk zu erkennen.
Therapie: Kontinuitätswiederherstellung (U-Nähte) und Immobilisierung für 3 Wochen.
Therapie: Sie besteht in der Kontinuitätswiederherstellung mit feinadaptierten U-Nähten und einer Immobilisierung für 3 Wochen (in »Autostoppstellung«).
28.3.7 Nervenverletzungen
28.3.7
Pathogenese. Die Läsion eines peripheren Nervs kann durch offene oder geschlossene Verletzungen hervorgerufen werden und zu einer vollständigen oder partiellen Unterbrechung der Kontinuität führen. Nervenschäden ohne Kontinuitätsunterbrechung können durch Überdehnung oder Kompression erfolgen. Klassifikation. Es lassen sich 3 Formen unterteilen:
Pathogenese. Die Läsion eines peripheren Nervs kann durch offene oder geschlossene Verletzungen hervorgerufen werden und zu einer vollständigen oder partiellen Unterbrechung der Kontinuität führen. Nervenschäden ohne Kontinuitätsunterbrechung können durch Überdehnung oder Kompression erfolgen.
Nervenverletzungen
Klassifikation. Die Nervenschädigungen lassen sich in 3 Formen unterteilen:
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28.3.7 Nervenverletzungen Neuropraxie: Sie ist die leichteste Form der Nervenschädigung. Die Leitfähigkeit wird unterbrochen, eine Waller-Degeneration (Degeneration der distalen Nervenabschnitte) tritt nicht ein, die Sensibilität bleibt weitestgehend erhalten, es kann jedoch zu motorischen Ausfällen kommen. Elektromyographisch ergeben sich keine Reaktionen im Sinne einer Denervation. Es kommt immer zu einer spontanen, funktionellen Erholung. π Axonotmesis: Hierbei handelt es sich um eine Unterbrechung der Achsenzylinder bei erhaltenen Schwann-Scheiden. Der distale Abschnitt unterliegt der Waller-Degeneration. Da die Endoneuralrohre unverletzt geblieben sind, kann die Regeneration unbehindert ablaufen, sodass es zu einer Restitutio ad integrum kommen kann. Klinisch und elektromyographisch ist eine Differenzierung zur Neurotmesis, der vollständigen Nervendurchtrennung, nicht möglich. Aus diesem Grund besteht die Indikation zur operativen Revision. Ist keine Kontinuitätsunterbrechung nachweisbar, sind keinerlei rekonstruktive Maßnahmen erforderlich.
Neuropraxie (leichteste Form): Die Leitfähigkeit wird unterbrochen, eine Waller-Degeneration bleibt aus. Bei erhaltener Sensibilität kann es zu motorischen Ausfällen kommen. Nach kurzer Zeit erfolgt die Spontanremission. π Axonotmesis: Unterbrechung der Achsenzylinder bei erhaltenen Schwann-Scheiden. Der distale Abschnitt unterliegt der Waller-Degeneration. Es kann zu einer Restitutio ad integrum kommen. Klinisch und elektromyographisch ist eine Differenzierung zur Neurotmesis (vollständige Nervendurchtrennung) nicht möglich. Es besteht deshalb die Indikation zur operativen Revision.
π
π
Diagnose. Bei Nervenverletzungen werden die Sensibilität und die motori-
Diagnose. Bei Nervenverletzungen müssen immer Sensibilität und Motorik geprüft werden ( 1 B-28.22).
sche Funktion geprüft ( 1 B-28.22).
n Merke. Da sich N. medianus und N. ulnaris in der Versorgung der Fingerbeuger überschneiden, muss das klinische Bild einer Schwurhand bei einer Stammverletzung des N. medianus nicht vollständig ausgeprägt sein. Dies gilt auch für die Krallenstellung der Ulnaris-Stammläsion. Das klinische Bild der Fallhand besteht nur bei hoher Läsion des N. radialis, also im Oberarmbereich. Nur dann wird auch die Innervation des M. extensor carpi radialis longus gestört.
Therapie. Therapeutisch wird bei monofaszikulären Nerven die epineurale
Naht vorgenommen. Bei oligofaszikulären Nerven ist eine Kombination aus epi- und perineuraler Naht erforderlich, während die Kontinuitätswiederherstellung eines multifaszikulären Nervs durch eine perineurale Naht erfolgt ( 1 B-28.23). Falls möglich sollte bei frischen Nervenverletzungen die primäre Naht angestrebt werden. Hierfür gelten folgende Voraussetzungen: π relativ glatte und saubere Schnittverletzung π nach Anfrischung müssen sich proximaler und distaler Nervenstumpf spannungsfrei adaptieren lassen π eine gute Haut- und Weichteildeckung ist möglich π die technischen und personellen Möglichkeiten für einen mikrochirurgischen Eingriff sind gegeben. Sind diese Bedingungen erfüllt, kann anhand der Form der Schnittfläche und dem Verlauf der Vasa nervorum unter Vermeidung eines Rotationsfehlers eine exakte Adaptation motorischer oder sensibler Anteile erfolgen. Die Geschwindigkeit der axonalen Regeneration beträgt ca. 1 mm täglich. Ist die primäre Wiederherstellung nicht möglich, sollte innerhalb von 2 Wochen (gesicherte Wundheilung) eine Sekundärnaht erfolgen. Nicht selten liegen dann bereits Substanzdefekte von 10–15 mm Länge vor. In diesen Fällen ist die Wiederherstellung der Kontinuität nur in Form der interfaszikulären Nerventransplantation möglich. Als Transplantate dienen sowohl der N. suralis als auch der N. cutaneus antebrachii medialis. Grundsätzlich sollte die Nervenwiederherstellung so früh wie möglich nach einem Trauma vorgenommen werden, da bei Ausfall des distalen Nervenabschnittes eine Degeneration der motorischen Endplatte auftritt. Die gelähmte Muskulatur atrophiert und wird schließlich fibrös umgewandelt. Auch im Bereich des sensiblen Endorgans treten degenerative Veränderungen auf. Operationen, die innerhalb der ersten 2 Jahre nach einem Unfall durchgeführt werden, haben eine günstige Prognose. Nach diesem Zeitraum sind hinsichtlich der Motorik keine guten Ergebnisse mehr zu erwarten, hinsichtlich der Sensibilität sind sie fragwürdig. Bei irreversiblen Nervenschäden kommen motorische und sensible Ersatzoperationen in Betracht.
Merke
Therapie. Therapeutisch wird bei monofaszikulären Nerven die epineurale Naht vorgenommen. Bei oligofaszikulären Nerven ist eine Kombination aus epi- und perineuraler Naht erforderlich, während die Kontinuitätswiederherstellung eines multifaszikulären Nervs durch eine perineurale Naht erfolgt ( 1 B-28.23). Falls möglich sollte bei frischen Verletzungen die primäre Nervennaht angestrebt werden. Voraussetzungen sind: π glatte und saubere Schnittverletzung π spannungsfreie Adaptation des proximalen und distalen Nervenstumpfes möglich π gute Haut- und Weichteildeckung möglich π mikrochirurgischer Eingriff technisch und personell durchführbar. Ist die primäre Wiederherstellung nicht möglich, sollte innerhalb von 2 Wochen (gesicherte Wundheilung) eine Sekundärnaht erfolgen. Nicht selten liegen dann bereits Substanzdefekte von 10–15 mm Länge vor. In diesen Fällen ist die Wiederherstellung der Kontinuität nur in Form der interfaszikulären Nerventransplantation möglich. Als Transplantate dienen sowohl der N. suralis als auch der N. cutaneus antebrachii medialis. Operationen, die innerhalb der ersten 2 Jahre nach einem Unfall durchgeführt werden, haben eine günstige Prognose. Nach diesem Zeitraum sind hinsichtlich der Motorik keine guten Ergebnisse mehr zu erwarten, hinsichtlich der Sensibilität sind sie fragwürdig.
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1276 1 B-28.22
28 Handchirurgie
Synopsis Motorische Versorgung und Sensibilität der Hand
N. medianus
N. radialis
-
Sensibilität
»Schwurhand«
Sensibilität
»Fallhand«
(autonomes Gebiet I. Zwischenfingerspalte) 1 2 3 4 5 6 7
8
M. pronator teres M. palmaris longus M. flexor carpi radialis M. flexor digitorum superficialis M. flexor pollicis longus M. pronator quadratus M. opponens pollicis M. abductor pollicis brevis M. flexor pollicis brevis (Caput superficiale) Mm. lumbricales I, II, III
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
M. triceps M. brachioradialis M. anconaeus M. extensor carpi radialis longus M. extensor carpi ulnaris M. extensor digitorum communis M. supinator M. extensor digiti minimi M. extensor carpi radialis brevis M. abductor pollicis longus M. extensor pollicis brevis M. extensor pollicis longus M. extensor indicis
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1277
28.3.7 Nervenverletzungen
1 B-28.22
Synopsis Fortsetzung
N. ulnaris
Sensibilität
»Krallenhand«
(autonomes Gebiet Kleinfingerkuppe) 1 M. flexor carpi ulnaris 2 M. flexor digitorum profundus 3 M. abductor digiti minimi M. opponens digiti minimi M. flexor digiti minimi brevis 4 M. flexor pollicis brevis (Caput profundum) 5 M. adductor pollicis 6 Mm. lumbricales III u. IV 7 Mm. interossei
Motorische Testung Nerv
geprüfte Funktion
N N. medianus (distal)
Opposition des Daumens (M. opponens pollicis palmare Abduktion (M. abductor pollicis brevis)
N N. medianus (proximal)
Beugung Daumenendgelenk (M. flexor pollicis longus) Beugung Zeigefingerendgelenk (M. flexor digitorum profundus II)
N N. ulnaris
Adduktion des Daumens (M. adductor pollicis) Radialabduktion des Zeigefingers (M. interosseus dorsalis I)
N N. radialis (Ramus profundus)
Grundgelenksstreckung der Langfinger (M. extensor digitorum) Streckung Daumenendgelenk (M. extensor pollicis longus)
N N. radialis (Oberarm)
Handgelenksstreckung (Mm. extensores carpi radialis longus et brevis, M. extensor carpi ulnaris)
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1278
28 Handchirurgie
1 B-28.23
Synopsis Nervennaht
Faszikel
Faszikelbündel
Nervenfasern Perineurium
Blutgefäß Epineurium
a Querschnitt eines multifaszikulären Nervs.
b Perineurale Naht eines multifaszikulären Nervs.
28.3.8 Frakturen
28.3.8
Carpus Kahnbein (Os scaphoideum) Die häufigsten Karpalknochen-Frakturen sind am Os scaphoideum zu beobachten. Unfallmechanismus ist hier in der Regel der Sturz auf die ausgestreckte Hand. Gemäß der Lokalisation werden Frakturen des proximalen, mittleren und distalen Drittels sowie Frakturen des Tuberculums unterschieden. Diese Einteilung hat eine prognostische Bedeutung, da sie die Blutversorgung des Kahnbeins berücksichtigt. Das distale und mittlere Drittel sind gut ernährt, die Frakturen heilen in 6–8 Wochen aus. Das proximale Drittel benötigt wegen schlechter Blutversorgung eine Ruhigstellung von 3 Monaten ( 1 B-28.24).
Carpus
Frakturen
Kahnbein (Os scaphoideum) Die häufigsten Karpalknochen-Frakturen sind am Os scaphoideum zu beobachten. Unfallmechanismus ist hier in der Regel der Sturz auf die ausgestreckte Hand. Gemäß der Lokalisation werden Frakturen des proximalen, mittleren, und des distalen Drittels sowie Frakturen des Tuberculums unterteilt. Diese Einteilung ist von prognostischer Bedeutung, da sie die Blutversorgung des Kahnbeins berücksichtigt. Das distale und mittlere Drittel sind gut ernährt. In diesem Bereich heilen Frakturen innerhalb von 6–8 Wochen aus. Das proximale Drittel weist eine schlechtere Blutversorgung auf. Hier benötigen Frakturen bis zur knöchernen Konsolidierung eine Ruhigstellung von 3 Monaten. Entsprechend dem Frakturverlauf können horizontalschräge, quere und vertikal-schräge Frakturen unterschieden werden ( 1 B-28.24).
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28.3.8 Frakturen
1 B-28.24
a
Synopsis Frakturformen Os scaphoideum
Horizontal-schräge Fraktur.
b Transversale Fraktur (Querfraktur).
c Vertikal-schräge Fraktur.
Frakturverläufe am Kahnbein (Klassifikation nach Russe). Die vertikal-schräge Skaphoidfraktur ist aufgrund der hier besonders wirksamen Scherkräfte von einer Fragmentdislokation und Manifestation einer Pseudarthrose bedroht.
Die Einteilung nach der Verlaufsrichtung des Frakturspaltes erfolgt ebenfalls nach prognostischen Gesichtspunkten. Bei den horizontal-schrägen und den queren Frakturen sind die Kompressionskräfte stärker als die Scherkräfte. Bei der vertikal-schrägen Fraktur hingegen überwiegen die Scherkräfte, sodass diese Frakturform einen unsicheren Heilungsverlauf nimmt, wobei es nicht selten zu Pseudarthrosenbildung kommt.
Diagnose. Die klinische Symptomatik der Skaphoideum-Fraktur ist mannig-
faltig. Ein Druckschmerz im Bereich der Tabatière ist jedoch als pathognomonisch zu betrachten. Im Daumen- und Zeigefingerbereich findet sich ein Stauchungsschmerz. Bei Verdacht auf eine Skaphoidfraktur ist die Röntgenuntersuchung in 4 Positionen vorzunehmen (Skaphoidquartett). n Merke. Wenn das Röntgenbild am Unfalltag bei Verdacht auf eine Skaphoidfraktur die klinische Diagnose nicht zu bestätigen vermag, muss nach 10–14 Tagen eine röntgenologische Kontrolluntersuchung vorgenommen werden. Kann bei fortbestehender Symptomatik auch diese keine eindeutige Diagnose erbringen, muss eine Szintigraphie oder eine Computertomographie angeschlossen werden ( 1 B-28.25).
1 B-28.25
Diagnose. Diagnostisch ist bei der Skaphoideum-Fraktur der Druckschmerz in der Tabatière als pathognomonisch zu betrachten. Im Daumen- und Zeigefingerbereich findet sich ein Stauchungsschmerz. Bei Verdacht auf eine Skaphoidfraktur ist die Röntgenuntersuchung in 4 Positionen vorzunehmen (Skaphoidquartett). Merke
CT Os-scaphoideum-Fraktur
Therapie. Kahnbeinfrakturen können konservativ behandelt werden.
Zumindest bei den Frakturen im proximalen Drittel und bei den vertikalen Schrägbrüchen ist eine Ruhigstellung unter Einbeziehung des Ellenbogen-
Therapie. Nicht dislozierte Kahnbeinfrakturen können konservativ behandelt werden (Ruhigstellung unter
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1280
28 Handchirurgie
Einbeziehung des Ellenbogengelenkes für 12 Wochen). Dislozierte und konservativ nicht reponierbare Brüche bedürfen einer operativen Behandlung (Schraubenosteosynthese mit interfragmentärer Kompression). Kahnbeinpseudarthrosen werden mit der Einlage eines kortikospongiösen Spanes behandelt ( 1 B-28.26).
1 B-28.26
gelenkes (Ausschaltung der Unterarmdrehbewegung) erforderlich. Die Dauer der Ruhigstellung beträgt in der Regel 12 Wochen. Dislozierte und konservativ nicht reponierbare Brüche des Os scaphoideum bedürfen einer operativen Behandlung. Eine Operationsindikation kann ebenfalls bei vertikalen Schrägbrüchen gestellt werden, insbesondere dann, wenn der Patient aus sozialen Gründen auf den möglichst baldigen Gebrauch seiner verletzten Hand angewiesen ist. Das Operationsverfahren der Wahl ist die Schraubenosteosynthese mit interfragmentärer Kompression. Kahnbeinpseudarthrosen werden mit der Einlage eines kortikospongiösen Spanes nach Matti/Russe behandelt ( 1 B-28.26).
Synopsis Kahnbeinpseudarthrose: Einlage eines kortikospongiösen Knochenspanes nach Matti/Russe
a Palmarseitiger Zugang.
b Aushöhlen beider Fragmente, Präparation eines kortikospongiösen Beckenkammspanes.
c Span implantiert.
Komplikationen. Typisch nach einer Skaphoidfraktur ist die Pseudarthrose.
Komplikationen. Typische Komplikation der Skaphoidfraktur ist die Ausbil-
De Quervain’sche Luxationsfraktur
De Quervain’sche Luxationsfraktur
(s. S. 1283 ff.)
(s. S. 1283 ff.)
Übrige Karpalknochen
Übrige Karpalknochen
Frakturen an den übrigen Karpalknochen sind selten. Die Therapie ist in der Regel konservativ, mit Ausnahme von dislozierten oder konservativ nicht reponierbaren Brüchen.
Frakturen an den übrigen Karpalknochen sind selten. Unter ihnen sind streckseitige knöcherne Bandausrisse am Os triquetrum relativ häufig zu diagnostizieren. Äußerst selten ist eine frische Os-lunatum-Fraktur; Es wird diskutiert, dass diese zur Lunatummalazie führen kann. Die Therapie der Frakturen ist in der Regel konservativ. Eine Ausnahme stellen dislozierte und konservativ nicht reponierbare Brüche dar.
Metakarpus
Metakarpus
Bei den subkapitalen Frakturen können kleinere Verschiebungen bzw. Abwinklungen von 10–20 Ω am 2. und 3. und 20–25Ω am 4. und 5. Mittelhandknochen toleriert werden, ohne dass daraus eine Funktionsstörung resultiert. Schrägfrakturen haben die Tendenz zur Verschiebung der Fragmente gegeneinander bzw. zur Verkürzung, sodass die Indikation zur übungsstabilen Osteosynthese großzügig zu stellen ist.
Folgende Frakturen können unterschieden werden: Köpfchenfrakturen, subkapitale Frakturen, Schrägfrakturen des Schaftes, Querfrakturen, Trümmerfrakturen des Schaftes und Basisfrakturen. Bei den subkapitalen Frakturen können kleinere Verschiebungen bzw. Abwinklungen von 10–20Ω am 2. und 3. und 20–25Ω am 4. und 5. Mittelhandknochen toleriert werden, ohne dass daraus eine Funktionsstörung resultiert. Schrägfrakturen haben die Tendenz zur Verschiebung der Fragmente gegeneinander bzw. zur Verkürzung, sodass die Indikation zur übungsstabilen Osteosynthese großzügig zu stellen ist.
dung einer Pseudarthrose, da das Kahnbein nur von dorsal über ein kleines Kortikalisareal aus einem Gefäß versorgt wird. Zu den Hauptkomplikationen werden weiterhin die verzögerte Frakturheilung, die Handgelenksarthrose im radialen Bereich und die Fragmentnekrose gerechnet.
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28.3.8 Frakturen
n Merke. Rotationsfehler müssen diagnostiziert werden. Da sie in Streckstellung der Langfinger kaum auffallen, ist die Untersuchung bei Faustschluss unabdingbar.
Merke
Therapie. Dislozierte Frakturen 1 B-28.27 Synopsis Bennettmüssen reponiert werden. Bei subLuxationsfraktur kapitalen Frakturen empfiehlt sich die Stabilisierung mit einer perkutanen Kirschner-Draht-Osteosynthese. Wird eine offene Reposition einer dislozierten Fraktur erforderlich, sollte eine stabile Fixation angestrebt werden (Schrauben-, Plattenosteosynthese) (Näheres zu Osteosynthesen s. Kap. B-27.1.1, S. 1082 ff.). Besondere Aufmerksamkeit ist der Fraktur im Basisbereich des 1. Mittelhandknochens, der Bennettzu widmen Luxationsfraktur ( 1 B-28.27). Zur Erhaltung einer guten, schmerzlosen Beweglichkeit im Daumengrundgelenk muss eine Stufenbildung im Gelenk vermieden werden. Während das kleine ulnare Fragment in situ verbleibt, bewirkt der Zug des M. abductor pollicis longus die Subluxationsstellung an der Basis des 1. MittelhandLuxationsfraktur an knochens. Diese Frakturen stellen der Basis des 1. MHK deshalb eine absolute Operations(Typ Bennett). indikation dar. Nach Reposition erfolgt eine Fixierung durch perkutane Kirschner-Draht-Spickung oder eine intrafragmentäre Kompressionsverschraubung mit einem Mini-Implantat.
Therapie. Dislozierte Frakturen müssen reponiert und gegebenenfalls stabil fixiert werden (Kirschner-Draht-Osteosynthese, Schrauben-, Plattenosteosynthese s.a. Kap. B-27.1.1, S. 1082 ff.).
Phalangen
Phalangen
Alle Frakturen im Bereich der Phalangen mit Gelenkbeteiligung und Dislokation erfordern eine stufenlose Reposition, sodass fast immer eine offene Reposition vorgenommen werden muss. Die Fixation erfolgt mit KirschnerDrähten, Minischrauben oder Drahtnähten. Bei einer Plattenosteosynthese muss berücksichtigt werden, dass es aufgrund der Knochenfreilegung über größere Strecken zu sekundären Vernarbungen im Gleitlager der Sehnen kommen kann. Allgemeine Grundsätze der Frakturbehandlung, s. 2 B-28.3.
Alle Frakturen im Bereich der Phalangen mit Gelenkbeteiligung und Dislokation erfordern eine stufenlose Reposition. Fast immer muss eine offene Reposition erfolgen. Allgemeine Grundsätze zur Frakturbehandlung, s. 2 B-28.3.
2 B-28.3
Eine Fraktur im Basisbereich des 1. Mittelhandknochens (Bennett-Luxationsfraktur) ( 1 B-28.27) muss zur Erhaltung der Beweglichkeit im Daumengrundgelenk ohne Stufenbildung im Gelenk ausheilen. Diese Frakturen stellen deshalb eine absolute Operationsindikation dar.
Allgemeine Grundsätze zur Frakturbehandlung
1. Eine absolute Operationsindikation besteht für in Fehlstellung stehende Frakturen mit Gelenkbeteiligung und für Frakturen, die sich konservativ nicht ausreichend anatomisch korrekt reponieren und fixieren lassen. 2. Offene Frakturen sind umgehend operativ zu versorgen, die operative Versorgung geschlossener Frakturen sollte nicht zum Zeitpunkt der stärksten Weichteilschwellung erfolgen. 3. Eine übungsstabile Osteosynthese ist anzustreben. 4. Die der Fraktur benachbarten Gelenke sollen durch die interne Fixation möglichst nicht tangiert werden. 5. Das Repositionsergebnis muss im Operationssaal röntgenologisch dokumentiert werden.
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28 Handchirurgie
Gelenkverletzungen
28.3.9 Gelenkverletzungen
28.3.9
Zerrungen (Distorsion)
Zerrungen (Distorsion)
Die Zerrung eines Fingergelenks entsteht durch Überstreckung oder seitliche Abknickung. Es liegt eine Dehnung, evtl. mit Zerreißung des Kapsel-Band-Apparates vor. Die Stabilität bleibt erhalten. Klinisch zeigen sich eine Schwellung, ein lokaler Druckschmerz und oftmals eine Bewegungseinschränkung mit Dehnungsschmerz.
Die Zerrung eines Fingergelenks entsteht durch Überstreckung oder seitliche Abknickung. Pathologisch-anatomisch liegt eine Dehnung evtl. mit Zerreißung des Kapsel-Band-Apparates vor, dessen Stabilität jedoch erhalten bleibt. Die klinische Untersuchung zeigt eine Schwellung, einen lokalen Druckschmerz und oft auch eine Bewegungbehinderung mit Dehnungsschmerz bei der seitlichen Abknickung und Überstreckung. Verstauchte Fingergelenke bleiben lange schmerzhaft und in der Bewegung behindert. Dies trifft vor allem auf das Daumengrundgelenk und die Langfingermittelgelenke zu.
Merke
n Merke. Um nur schwer zu korrigierende Spätschäden zu vermeiden, ist bei jeder Verletzung eines Fingergelenks die genaue Untersuchung erforderlich. Bei Aufklappbarkeit oder Überstreckbarkeit müssen zur Diagnosesicherung und Dokumentation gehaltene Röntgenaufnahmen angefertigt werden.
Zerreißungen
Zerreißungen
Zerreißungen der Seitenbänder können an allen Langfingergrund-, -mittel- und -endgelenken sowie am Daumengrundund -endgelenk vorkommen. Am häufigsten kommt die ulnare Bandruptur am Daumengrundgelenk vor (Ski-Daumen). Fast ausschließlich reißt der Bandapparat distal, d.h. im Basisbereich der Grundglieder ab, wobei nicht selten ein knöchernes Fragment mitbeteiligt ist. Nicht dislozierte knöcherne Bandausrisse werden konservativ behandelt. Knöcherne Bandausrisse mit Dislokation und Seitenbandausrisse ohne Knochenbeteiligung mit deutlicher Aufklappbarkeit sind eine Operationsindikation. Verrenkungen
Zerreißungen der Seitenbänder (Ligg. collateralia) können an allen Langfingergrund-, -mittel- und -endgelenken sowie am Daumengrund- und -endgelenk vorkommen. Am häufigsten ist die ulnare Bandruptur am Daumengrundgelenk (Ski-Daumen) anzutreffen. Rupturen des ulnaren Seitenbandes am Zeigefingergrundgelenk und des radialen Seitenbandes am Kleinfingergrundgelenk sind seltener zu finden. Diese Rupturen entstehen, wenn ein randständiger Langfinger unkontrolliert nach radial oder ulnar verbogen wird. Fast ausschließlich reißt der Bandapparat distal, d.h. im Basisbereich der Grundglieder ab, wobei nicht selten ein knöchernes Fragment mitbeteiligt ist. Nicht dislozierte knöcherne Bandaussrisse werden konservativ behandelt. Knöcherne Bandaussrisse mit Dislokation und Seitenbandausrisse ohne Knochenbeteiligung mit deutlicher Aufklappbarkeit sind eine Operationsindikation.
Verrenkungen (Luxationen) finden sich insbesondere im Bereich der Langfingermittelgelenke und des Daumengrundgelenks. Sie entstehen fast ausnahmslos durch Überstreckung, seltener durch übermäßige Beugung.
Verrenkungen finden sich insbesondere im Bereich der Langfingermittelgelenke und des Daumengrundgelenks. Diese Verletzungen sind an der sichtbaren Deformität leicht zu erkennen. Sie entstehen fast ausnahmslos durch Überstreckung, seltener durch übermäßige Beugung. Entsprechend ist der periphere Abschnitt meist nach dorsal verschoben und federnd fixiert. Die Röntgenaufnahme im seitlichen Strahlengang lässt die Verlagerung gut erkennen. Entsteht die Luxation durch Überstreckung, so reißt beugeseitig die verstärkte Gelenkkapsel (palmare Platte oder Fibrocartilago palmaris). Bei Luxation in den Langfingermittelgelenken reißt die palmare Platte fast immer an der Basis des Mittelgliedes und am Daumengrundgelenk im subkapitalen Bereich des 1. Mittelknochens ab. Nicht selten sind knöcherne Ausrisse zu beobachten. Die meisten Luxationen lassen sich durch Zug in der Längsachse reponieren. Nach erfolgter Reposition ist eine Röntgenkontrolle unerlässlich. Darüber hinaus muss die Stabilität des Gelenkes überprüft werden. Besteht ein Repositionshindernis, ist die offene Reposition angezeigt. Eine operative Revision ist ebenfalls bei Gelenkinstabilität und knöchern disloziertem Ausriss der palmaren Platte erforderlich.
Die meisten Luxationen lassen sich durch Zug in der Längsachse reponieren. Nach erfolgter Reposition ist eine Röntgenkontrolle unerlässlich. Besteht ein Repositionshindernis, muss operiert werden. Gleiches gilt für instabile Gelenke nach Reposition und knöchern dislozierten Ausrissen der palmaren Platte.
Verrenkungen (Luxationen)
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1283
28.3.9 Gelenkverletzungen
Perilunäre Luxation n Definition. Bei der perilunären Luxation wird das Os lunatum durch Druck auf die Hand nach palmar gepresst und durch Zerreißen des Halteapparates mit einer Drehung um 90Ω luxiert. Das Handgelenk luxiert gleichzeitig nach dorsal.
Pathogenese. Der häufigste Verletzungsmechanismus ist der Sturz auf die
gestreckte und dorsal flektierte Hand, jedoch seltener auch auf die palmar flektierte Hand. Sie macht etwa 4 % aller Luxationen aus. Die Entstehung der perilunären Luxation wird durch den Riss der schwächeren Bandverbindungen zwischen Os lunatum und Os capitatum eingeleitet, wobei dann durch die Hyperdorsalflexion im Handgelenk der Unterarm und das Mondbein gegenüber der fixierten Hand palmar weggeschoben werden. Stadieneinteilung nach Mayfield: Die perilunäre Luxation läuft in 4 Stadien ab, deren Endstadium die Lunatumluxation darstellt. π Stadium 1: Zerreißung der Bandverbindungen zwischen Lunatum und Skaphoid sowie Radius und Skaphoid. Es entsteht die skapholunäre Dissoziation, wobei das Kahnbein röntgenologisch verkürzt erscheint. Die Erkrankung verursacht eine dorsale Instabilität wie bei einem Kahnbeinbruch. π Stadium 2: Luxation zwischen Mondbein und Capitatum, wobei dann eine Subluxation zwischen Mondbein und Triquetrum auftritt. π Stadium 3: Völlige Zerreißung der Bänder zwischen Lunatum und Triquetrum, wobei nun eine perilunäre Luxation vervollständigt wird. π Stadium 4: Zerreißung des dorsalen Lig. radiocarpium und der Bandverbindung zwischen Mondbein und Radius. In diesem Stadium hängt das Lunatum nur an den sehr kräftigen palmaren Ligg. radiolunatum und ulnolunatum, wobei es bei Nachlassen der Gewalteinwirkung vom Capitatum herausgehoben und aus der Reihe der Handwurzelknochen palmar abgedrängt wird. In diesem Endstadium wird aus der perilunären Luxation nun eine echte Lunatumluxation. Eine perilunäre Luxation mit zusätzlicher Fraktur des Skaphoids wird als De-Quervain-Luxationsfraktur bezeichnet ( 1 B-28.28).
1 B-28.28
Perilunäre Luxation Definition
Pathogenese. Der häufigste Mechanismus ist der Sturz auf die gestreckte und dorsal flektierte, seltener palmar flektierte Hand. Die perilunäre Luxation läuft in 4 Stadien ab (nach Mayfield), deren Endstadium die Lunatumluxation darstellt. π Stadium 1: skapholunäre Dissoziation π Stadium 2: Luxation zwischen Mondbein und Capitatum, Subluxation zwischen Mondbein und Triquetrum π Stadium 3: perilunäre Luxation π Stadium 4: echte Lunatumluxation. Als De-Quervain-Luxationsfraktur wird die perilunäre Luxation mit zusätzlicher Fraktur des Skaphoids bezeichnet ( 1 B-28.28).
De-Quervain-Luxationsfraktur
Im a.p. Strahlengang ist die Fraktur des Os scaphoideum ( Á) gut zu erkennen, im seitlichen Strahlengang kommt die perilunäre Luxation zur Darstellung (Á).
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1284 Symptome und Diagnose. Neben dem starken Schmerz und der Schwellung sowie Fehlstellung ist die Röntgenuntersuchung beweisend. Auf der a.p. Aufnahme erscheint das Lunatum als dreieckige Form. Auf der seitlichen Aufnahme wird das Mondbein aus der proximalen Handwurzelreihe herausgedrängt und korrespondiert nicht mit dem Os capitatum ( 1 B-28.29).
28 Handchirurgie
Symptome und Diagnose. Klinisch findet sich ein starker Schmerz, der
begleitet ist von einer Schwellung, Bewegungseinschränkung und Fehlstellung. Manchmal finden sich Parästhesien im Versorgungsbereich des N. medianus. Die Röntgenuntersuchung des Handgelenkes mit den Handwurzelknochen in 2 Ebenen zeigt ein pathologisch verändertes Os lunatum, welches auf der a.p. Aufnahme eine dreieckige Form zeigt. Auf der seitlichen Röntgenaufnahme wird das Mondbein je nach Schwere der Luxation aus der proximalen Handwurzelreihe herausgedrängt und kann nicht mehr mit dem Os capitatum korrespondieren ( 1 B-28.29).
1 B-28.29
Perilunäre Luxation Es liegt eine Luxation des Handgelenkes nach dorsal vor, während das Os lunatum um 90Ω nach palmar luxiert ist. Die Röntgenaufnahme im seitlichen Strahlengang ist hierbei beweisend.
Therapie. Meist gelingt die geschlossene Reposition mit einem Zuggewicht von 10–15 kg, mittels »Mädchenfänger«. Bei Repositionshindernis und auch bei der De-Quervain-Luxationsfraktur besteht Indikation zur Operation.
Therapie. Für die geschlossene Reposition wird die verletzte Hand mittels
Komplikationen. Schädigung des N. medianus, posttraumatisches Karpaltunnelsyndrom, Lunatummalazie.
Komplikationen. Es kann zu einer Schädigung des N. medianus und zu
Skapholunäre Dissoziation und karpale Instabilität Pathogenese. Häufig durch Hochgeschwindigkeitstraumen verursachte Hyperextensionsverletzung durch Sturz auf die ausgestreckte (extendierte) Hand.
Skapholunäre Dissoziation und karpale Instabilität
Klassifikation. Es werden sog. dissoziative und nicht dissoziative karpale Instabilitäten unterschieden.
Klassifikation. Die karpalen Instabilitäten werden unterteilt in die sog. dis-
»Mädchenfänger« aufgehängt und die Handwurzel durch ein Gegengewicht von etwa 10–15 kg distrahiert. Durch die Spannung der Beugesehne und durch den punktuellen, manuellen Druck springen das Mondbein bzw. die übrigen Handwurzelknochen in die ursprüngliche Position. Besteht ein Repositionshindernis, muss eine operative Behandlung erfolgen. Das Gleiche gilt für die De-Quervain-Luxationsfraktur.
einem posttraumatischen Karpaltunnelsyndrom kommen. Sekundäre Durchblutungsstörungen führen zur Lunatummalazie (Nekrose).
Pathogenese. Die meisten karpalen Instabilitäten sind das Ergebnis extre-
mer Hyperextensionsverletzungen durch Sturz auf die extendierte Hand, häufig entstanden durch Hochgeschwindigkeitstraumen, z.B. bei Sturz aus großer Höhe oder bei Motorrad- und Paraglider-Unfällen.
soziativen und nicht dissoziativen karpalen Instabilitäten. Die dissoziativen karpalen Instabilitäten umfassen die radiokarpale Instabilität, die skapholunäre Dissoziation, die Extensionsinstabilität (DISI, dorsal intercalated segmental instability), die ulnokarpale Instabilität, die hamatotriquetrale Instabilität, die triquetrolunäre Instabilität und die Flexionsinstabilität (VISI, volar intercalated segmental instability). Die karpalen Instabilitäten umfassen die nicht dissoziative Instabilität der proximalen Reihe
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28.4 Infektionen sowie die Instabilitäten des radialen und ulnaren mediokarpalen Gelenkes und des Radiokarpalgelenkes. Die häufigste Verletzung ist die skapholunäre Dissoziation. Es handelt sich hier um eine Instabilität des Kahnbeins, bedingt durch eine akute oder chronische Schädigung seiner Bandverbindung zum Mondbein. Das Kahnbein ist in Folge einer Subluxation höhengemindert. Der Gelenkspalt zwischen Skaphoid und Lunatum beträgt mehr als 2 mm.
Häufigste Verletzung ist die skapholunäre Dissoziation mit einer Instabilität des Kahnbeins, bedingt durch eine akute oder chronische Schädigung seiner Bandverbindungen zum Mondbein.
Symptome und Diagnose. Da die meisten Verletzungen zeitlich erheblich zurückliegen, ist eine ausgedehnte Anamnese notwendig. Wichtig sind Zeitpunkt des Unfalls, Hämatombildung, Ödembildung, Schwellungszustand mit Lokalisation und Ausdehnung, die damalige Behandlung, dann das schmerzfreie Intervall, evtl. zusätzlich vorausgegangene oder nachfolgende Traumen. Die weitere Diagnostik besteht aus den Röntgenstandard- und -spezialaufnahmen, der Kinematographie (dynamische Handgelenksuntersuchung), Arthrographie, Computertomographie, Kernspintomographie und Arthroskopie.
Symptome und Diagnose. Diagnostisch wichtig ist die Anamnese.
Therapie. Die Therapie besteht bei der akuten skapholunären Dissoziation
Therapie. Geschlosssene Reposition und Gipsbehandlung oder KirschnerDraht-Fixation, andernfalls offene Reposition mit Naht des Bandapparates und Fixation.
in der Möglichkeit der geschlossenen Reposition und Gipsbehandlung oder geschlossenen Reposition und Kirschner-Draht-Fixation. Wenn dies nicht möglich ist, muss eine offene Reposition, Naht des Bandapparates und Fixation durchgeführt werden.
28.3.10
Komplexe Handverletzungen
Zu den komplexen Verletzungen der Hand gehören schwere Quetschungen, Explosionsverletzungen, Schuss- und Sägetrauma. Hierbei können alle Strukturen wie Weichteilmantel, Sehnen, Nerven, Gefäße und Knochen beteiligt sein. Die Primärversorgung derartiger Verletzungen bleibt hierfür spezialisierten Kliniken vorbehalten.
28.3.11
Besondere Verletzungen
Hierunter werden z.B. Flusssäureverätzungen und Verletzungen mit hochdruckbetriebenen Werkzeugen (Pressluftverletzungen, Sandstrahlgebläse, Verletzungen durch Farbspritzpistolen oder Verletzungen mit Fett- und Schmierölpressen) eingereiht. Die Flusssäureverätzung bedarf einer besonderen Therapie mit intraarterieller Kalziumglukonat-Perfusion. Die Therapie dieser Verletzungen setzt ebenfalls Spezialkenntnisse voraus.
28.4
Infektionen
Entzündliche Veränderungen des Hautmantels oder des subkutanen Fettgewebes sind leicht zu diagnostizieren. Weit schwieriger ist es, die Tiefe des entzündlichen Prozesses abzuschätzen (z.B. Sehnenscheiden, Gelenke, Knochen). Konservative Maßnahmen beschränken sich auf das Initialstadium einer oberflächlichen Infektion. Sie bestehen in einer Ruhigstellung auf einer bis zum Unterarm reichenden Finger- und Handschiene in Funktionsstellung und lokalen Antiseptika. Ist bereits eine lymphatische Reaktion eingetreten, ist die Verordnung eines Antibiotikums angezeigt. Bei Verdacht auf Einschmelzung eines entzündlichen Herdes oder bei Verdacht auf einen tieferliegenden Prozess ist die sofortige operative Revision vorzunehmen. n Merke. Bei Infektionen an der Hand dürfen die Eingriffe nicht in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Durch die lokale Infiltration kann die Infektion in die tiefer liegenden Strukturen verschleppt werden.
Weitere Maßnahmen sind die Röntgenstandard- und -spezialaufnahmen, Kinematographie, Arthrographie, Arthroskopie, CT und MRT.
28.3.10 Komplexe Handverletzungen Sie sind nach schweren Quetschungen, Explosionen, Schuss- und Sägeverletzungen anzutreffen. Alle Strukturen können beteiligt sein und sollten in Spezialkliniken versorgt werden. 28.3.11 Besondere Verletzungen Hierzu gehören Flusssäureverätzungen und Verletzungen durch hochdruckbetriebene Maschinenwerkzeuge. Erstere bedürfen der intraarteriellen Perfusion mit Kalziumglukonat. Die anderen Verletzungen müssen operativ versorgt werden.
28.4
Infektionen
Bei Infektionen der Hand ist vor allem die Kontamination tiefer gelegener Strukturen (Sehnenscheiden, Gelenke) schwer zu erfassen. Das Initialstadium einer oberflächlichen Infektion wird durch Ruhigstellung auf einer bis zum Unterarm reichenden Finger- und Handschiene in Funktionsstellung, durch lokale antiseptische Maßnahmen und bei bereits eingetretener lymphatischer Reaktion mit Antibiotika behandelt. Bei Verdacht auf einen tieferliegenden Prozess ist die sofortige operative Revision vorzunehmen. Merke
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28 Handchirurgie
Bei entzündlichen Prozessen am Fingerendglied ist die Oberst-Leitungsanästhesie, für weiter proximal gelegene Herde die Plexusanästhesie zu wählen. Hat sich bereits eine Lymphadenitis ausgebildet, empfiehlt sich die Allgemeinnarkose.
Bei entzündlichen Prozessen am Fingerendlied ist die Oberst-Leitungsanästhesie gestattet. Für proximal gelegene Entzündungen sollte eine Plexusanästhesie gewählt werden. Ist es bereits zur Ausbildung einer Lymphadenitis gekommen, empfiehlt sich die Allgemeinnarkose. Eine Blutsperre ist zur besseren Übersicht erforderlich. Dabei darf der infizierte Bereich jedoch nicht ausgewickelt werden, da durch Kompression des Eiterherdes die Erreger durch die Gewebespalten in die Tiefe gepresst werden können.
28.4.1 Paronychie (Umlauf)
28.4.1
Sie entsteht häufig durch kleine Verletzungen (z.B. Maniküre). Im Anfangsstadium ist eine konservative Therapie (Antibiose) erlaubt, bei fortschreitender Infektion muss der Nagelwall eröffnet werden.
Die Nagelwallinfektion entsteht meist durch kleine unbeobachtete Verletzungen (z.B. Maniküre). Die akute Infektion zeigt eine umschriebene Rötung mit schmerzhafter Schwellung des Nagelwalls. Anfangs kann eine konservative Therapie versucht werden (Antibiotika). Bei fortgeschrittener Infektion wird der Nagelwall in Leitungsanästhesie und Fingerblutsperre eröffnet.
28.4.2 Panaritium subunguale
28.4.2
Ursache ist fast immer die Ausbreitung einer eitrigen Infektion des Nagelwalls. Bei der operativen Revision müssen Anteile des Nagels entfernt werden ( 1 B-28.30).
Die subungualen Eiterungen sind, wenn sie proximal lokalisiert sind, fast immer als fortgeschrittene eitrige Infektion des Nagelwalls zu werten. Die distale subunguale Entzündung beruht hingegen auf Bagatellverletzungen des freien Nagelrandes. Bei der operativen Behandlung müssen Anteile des Nagels mitentfernt werden, um eine ausreichende Dränage zu gewährleisten ( 1 B-28.30).
Paronychie (Umlauf)
Panaritium subunguale
1 B-28.30
Synopsis Nagelwallinfektionen
Resektion des proximalen Nagelanteiles und Längsinzision des proximalen Nagelwalls.
a Die akute Infektion zeigt eine umschriebene Rötung mit schmerzhafter Schwellung des Nagelwalls.
b Bei einer operativen Behandlung muss der Nagelwall unter Mitnahme eines Anteils des Nagels eröffnet werden.
Panaritium cutaneum
28.4.3 Panaritium cutaneum
28.4.3
Bei der subepithelialen, eitrigen Infektion hebt sich die Epidermis lokal blasig ab. Die Eiterblase lässt sich mit der Pinzette oder dem Skalpell abziehen oder abtragen.
Die subepitheliale eitrige Infektion entwickelt sich nach kleinsten Verletzungen, die die Haut nicht vollständig perforieren. Die Epidermis ist dabei an umschriebener Stelle blasig abgehoben und mit Eiter gefüllt. Die Blase lässt sich meist mit der Pinzette abziehen oder mit dem Skalpell tangential abtragen.
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28.4.4 Panaritium subcutaneum 28.4.4
Panaritium subcutaneum
28.4.4 Panaritium subcutaneum
Diese eitrige subkutane Infektion der Beugeseite der Finger ist die häufigste Infektion an der Hand. Sie breitet sich häufig in der Tiefe aus und bedarf der operativen Revision. Hierbei ist besonders auf die beugeseitigen Gefäßnervenbündel zu achten ( 1 B-28.31).
1 B-28.31
Eitrige subkutane Infektion der beugeseitigen Finger, die sich häufig in die Tiefe ausbreiten. Eine operative Revision ist erforderlich ( 1 B-28.31).
Synopsis Panaritium subcutaneum 1
2 3
Unbehandelt kann sich das Panaritium subcutaneum gegen den Nagelwall (1), das Interdigitalgelenk (2) und die Sehnenscheide (3) ausbreiten.
Der Finger wird anschließend auf einer Schiene, die weder Druck noch Wärmestau produzieren soll, ruhiggestellt. Kühlung und Antibiotika können zusätzlich hilfreich sein.
28.4.5
Panaritium articulare
28.4.5 Panaritium articulare
Die Infektion entsteht meist durch Stich- oder Bisswunden an der Streckseite der Gelenke oder durch Fortleitung eines vorbestehenden Infektes der Umgebung.
Es entsteht meist durch eine Stichoder Bissverletzung oder durch Einbrechen einer vorbestehenden Eiterung.
Symptome. Sie bestehen in einer schmerzhaften Schwellung und einer
Symptome. Es besteht eine schmerzhafte Schwellung und Bewegungseinschränkung.
Diagnose. Im fortgeschrittenen Stadium treten röntgenologische Verände-
Diagnose. Im Röntgenbild zeigen sich im fortgeschrittenen Stadium: π Verschmälerung des Gelenkspaltes π Knochenerosionen π Entkalkungen benachbarter Knochenanteile Therapie. Zeigt die Gelenkpunktion ein seröses Punktat: konservative Therapie und systemische Antibiose. Bei eitrigem Punktat Inzision und Inspektion. Bei intaktem Knorpel Gelenkspülung, bei bereits destruiertem Knorpel ist nur noch die Gelenkresektion möglich.
schmerzhaften Beweglichkeit des Gelenks. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Gelenke spindelförmig aufgetrieben.
rungen wie Verschmälerung des Gelenkspaltes, Erosionen an den Knochen und Entkalkungen der benachbarten Knochenanteile auf.
Therapie. Sie besteht zunächst in der Gelenkpunktion und bakteriologi-
schen Untersuchung des Punktats. Bei serösem Punktat reicht eine Gelenkruhigstellung und systemische Antibiose aus. Bei eitrigem Punktat ist eine frühzeitige Revision mit Freilegung der Gelenkkapsel und die Inspektion des Gelenkes indiziert. Zeigt sich ein intakter Knorpel, erfolgt eine Gelenkspülung und die Einlage einer SeptopalQ-Minikette. Ist der Knorpel bereits destruiert, kann das Gelenk nicht mehr erhalten, sondern muss reseziert werden (sekundäre Arthroplastik oder Arthrodese).
28.4.6
Panaritium ossale
Neben direkten Verletzungen ist das Panaritium ossale häufig Folge eines unzureichend behandelten Panaritium subcutaneum, articulare oder einer Sehnenscheidenphlegmone.
Symptome. Sie erstrecken sich auf zunehmende Schmerzen und Schwellungen des gesamten Fingers. Vereinzelt können auch Fistelungen aus den Knochenbereichen beobachtet werden.
Diagnose. Die diagnostische Abgrenzung eines Panaritium ossale von ober-
flächlichen Infektionen ist klinisch schwierig. Röntgenologische Veränderungen sind frühestens 3 Wochen nach Infektionsbeginn zu erkennen.
28.4.6 Panaritium ossale Neben direkten Verletzungen ist es häufig Folge eines unzureichend behandelten Panaritium subcutaneum, Panaritium articulare oder einer Sehnenscheidenphlegmone. Symptome. Zunehmende Schmerzen und Schwellungen des gesamten Fingers. Diagnose. Röntgenologische Veränderungen können frühestens nach 3 Wochen erkannt werden.
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28 Handchirurgie
Therapie. Sie besteht in einer frühzeitigen operativen Revision, um weitergehende Destruktionen des Knochens zu vermeiden.
Therapie Sie besteht in einer frühzeitigen operativen Revision, um weitergehende Destruktionen des Knochens zu vermeiden.
28.4.7 Panaritium tendinosum (Sehnenscheidenphlegmone)
28.4.7
Die eitrige Infektion der Sehnenscheide ist eine ernste Erkrankung.
Eine Infektion der Sehnenscheiden ist eine besonders ernste Erkrankung im Bereich der Hand. Sie kann durch direkte, sekundär infizierte Verletzungen (Stich-, Biss-, Quetschwunden) oder unsachgemäßes Vorgehen bei subkutanen Infektionen entstehen.
Symptome. Heftiger Spontanschmerz, ödematöse Schwellung der Weichteile, Druckschmerz im Bereich der Sehnenscheide. Der Finger steht in mittlerer Beugestellung.
Symptome. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung, besonders bei Beu-
Therapie. Frühzeitige Operation mit radikalem Débridement, Einlegen einer Spül-Saug-Dränage.
Therapie. Die adäquate Therapie besteht in einer frühzeitigen Operation
Merke
Panaritium tendinosum (Sehnenscheidenphlegmone)
gung, heftiger klopfender Spontanschmerz, Druckschmerz über der gesamten Sehnenscheide. Der betroffene Finger wird in mittlerer Beugestellung gehalten. Beim passiven Strecken verstärken sich die Schmerzen erheblich.
mit radikalem Débridement und Einlegen einer Spül-Saug-Dränage. Sind die Sehnen bereits nekrotisch, müssen sie entfernt werden. n Merke. Bei allen Panaritien handelt es sich um Abszesse, die einer entsprechenden chirurgischen Therapie bedürfen. Konservative Maßnahmen sind nicht indiziert. Es ist immer an ein Übergreifen der Infektion auf benachbarte Strukturen zu denken!
Hohlhandphlegmone
28.4.8 Hohlhandphlegmone
28.4.8
Ätiopathogenese. Oberflächliche Hohlhandinfekte entstehen durch direkte Verletzungen oder Kontamination eines subkutanen Panaritiums durch die Palmaraponeurose. Eine tiefe Infektion ist meist Folge des Fortschreitens einer eitrigen Sehnenscheidenentzündung. Hierbei kommt es zur Eiteransammlung in einer der 3 anatomisch vorgegebenen Kammern.
Ätiopathogenese. Oberflächliche Hohlhandinfekte entstehen am häufigs-
ten durch direkte Verletzungen oder Einbruch eines subkutanen Panaritiums durch die Palmaraponeurose in der Tiefe. Eine Infektion des tiefen Hohlhandraumes ist meist Folge einer fortgeschrittenen, eitrigen Sehnenscheidenphlegmone. Hierbei kommt es zu Eiteransammlungen in einer der 3 anatomisch vorgebildeten und durch bindegewebige Septen begrenzten Kammern: π über dem Daumenballen π über den Langfingern π über dem Kleinfingerballen.
Symptome. Es finden sich ein heftiger Spontan- und Druckschmerz, erhebliche Bewegungseinschränkungen und ein deutliches Handrückenödem. Fast immer haben die Patienten Fieber und Schüttelfrost.
Symptome. Das klinische Bild ist sowohl bei den oberflächlichen als auch
Therapie. Frühzeitige Operation, radikales Débridement, Dränage und Antibiotika sind angezeigt.
Therapie. Die Therapie besteht in einer frühzeitigen operativen Revision der
Neben der Ruhigstellung und Antibiose ist eine stationäre Behandlung erforderlich. Eine Sonderform der Hohlhandphlegmone ist die V-Phlegmone. Hier liegt eine Entzündung der Sehnenscheide des 1. und 5. Fingers vor ( 1 B-28.32).
bei den tiefen Hohlhandinfektionen durch heftigsten Spontan-, Druck- und Bewegungsschmerz gekennzeichnet. Der Handrücken ist ödematös aufgeschwollen. Fast immer ist das Krankheitsbild mit Fieber, Schüttelfrost und Lymphangitis verbunden.
Hohlhand mit Abtragung des gesamten nekrotischen Gewebes, ggf. unter Mitnahme von avitalem Sehnengewebe. Um ein Fortschreiten der Entzündung zu vermeiden, erfolgt die Eröffnung des Raumes zwischen dem M. pronator quadratus, der Membrana interossea und den Beugesehnen (ParonaRaum). Neben der Ruhigstellung und der Gabe von Antibiotika ist die stationäre Behandlung erforderlich. Eine Sonderform der Hohlhandphlegmone ist die V-Phlegmone. Hier liegt eine Entzündung der Sehnenscheide des 1. und 5. Fingers vor. Sie entsteht durch Einschmelzung der radialen und ulnaren Trennwand zwischen beiden Sehnenscheidenbeuteln. Es kann allerdings auch eine offene Verbindung zwischen ulnarem und radialem Sehnenscheidensack vorbestehen ( 1 B-28.32).
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28.5.1 Tendovaginitis stenosans
1 B-28.32
28.5
28.5.1
Synopsis V-Phlegmone
Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden Tendovaginitis stenosans
n Definition. Der schnellende Finger ist eine sehr häufige Sehnenerkrankung, die sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen vorkommt. Am häufigsten ist der Daumen befallen. Als Pollex rigidus oder Pollex flexus congenitus wird die Ringbandstenose im Säuglings- und Kindesalter bezeichnet. Hierbei findet sich eine fixierte Beugung im Daumenhandgelenk, die auch passiv nicht zu überwinden ist.
28.5
Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden
28.5.1 Tendovaginitis stenosans Definition
Ätiologie. Die Knotenbildung der Beugesehnen und die Stenose der Sehnen-
Ätiologie. Beim Kind ist die primäre Veränderung eine Erkrankung der Sehne, beim Erwachsenen der Sehnenscheide, welche die Sehne einengt, sodass es zu einer Aufreibung kommt.
Symptome. Die ersten Symptome der Tendovaginitis stenosans sind ein Knirschen oder Reiben in der Hohlhand (Tendinitis crepitans). Zu einem späteren Zeitpunkt kann dann das Phänomen des »Schnappfingers« demonstriert werden. Über dem A1-Ringband besteht ein Druckschmerz.
Symptome. Erste Symptome sind ein Knirschen oder Reiben in der Hohlhand. Später bildet sich das Phänomen des »Schnappfingers« aus. Über dem Ringband besteht ein Druckschmerz.
Therapie. Liegt lediglich ein Reizzustand vor und ist noch kein schnellender
Therapie. Bei Vorliegen eines Reizzustandes und nicht nachweisbarem schnellenden Finger ist die Behandlung konservativ. Beim Schnapphänomen erfolgt die A1-Ringbandspaltung ( 1 B-28.33).
scheiden liegen in Höhe des A1-Ringbandes. Beim Kind ist die primäre Veränderung in einer Erkrankung der Sehne zu suchen, während bei Erwachsenen eine primäre Veränderung der Sehnenscheide vermutet wird. Sie engt die Sehne ein, sodass es distal vom Sehnenscheideneingang zu einer Aufreibung kommt.
Finger nachweisbar, kommt eine konservative Behandlung in Betracht (Schonung, Antiphlogistka, lokale Steroidinfiltration). Beim typischen Schnapphänomen ist das A1-Ringband zu spalten ( 1 B-28.33).
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28 Handchirurgie
1 B-28.33
Synopsis Spaltung des A1-Ringbandes
A4 weitere Ringbänder
A3
A2
A1-Ringband, teilweise gespalten
28.5.2 Tendovaginitis de Quervain Definition
28.5.2
Tendovaginitis de Quervain
n Definition. Es liegt ein unspezifisch entzündlicher, d.h. synovialitischer Prozess im Bereich der Sehnen der Mm. abductor pollicis longus und extensor pollicis brevis vor. Die Ätiologie der Erkrankung ist unbekannt.
Symptome. Typisch sind belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der Tabatière und eine Reizung und Schwellung im Bereich der radiopalmaren Begrenzung der Tabatière. Die Sehnen des Abductor pollicis brevis und Extensor pollicis brevis sind druckschmerzhaft.
Symptome. Die Erkrankung ist durch belastungsabhängige Schmerzen und
Diagnose. Pathognomonisch ist der Finkelstein-Test ( 1 B-28.34).
Diagnose. Pathognomonisch ist der Finkelstein-Test: Der gebeugte und in die Hohlhand eingeschlagene Daumen wird von den Langfingern umfasst. Die Hand wird dann aktiv oder passiv nach ulnar abduziert. Dabei kommt es zu einer eindeutigen Exazerbation der Schmerzen ( 1 B-28.34).
Differenzialdiagnose. Styloiditis radii, Kompressionsneuropathie der sensiblen Radialisäste, Sattelgelenksarthrose (Rhizarthrose), u.a.
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch kommen in Betracht:
Therapie. Im Frühstadium genügt eine konservative Behandlung (Immobilisation, Antiphlogistika, Steroidapplikation). Tritt keine Besserung ein, ist eine komplette Spaltung des 1. Strecksehnenfachs, evtl. mit Synovialektomie erforderlich.
Therapie. Im Frühstadium ist der Versuch einer konservativen Behandlung
Beschwerden im Bereich der Tabatière gekennzeichnet. Die Schmerzen aggravieren beim Ergreifen oder Halten von Gegenständen (z.B. Aufdrehen von Dosendeckeln, Auswringen von Wäsche oder Putzlappen). Bei der Untersuchung findet man häufig eine Reizung oder Schwellung im Bereich der radiopalmaren Begrenzung der Tabatière. Die hier im 1. Strecksehnenfach verlaufenden Sehnen sind druckschmerzhaft.
Styloiditis radii, Kompressionsneuropathie der sensiblen Radialisäste, Sattelgelenksarthrose (Rhizarthrose), Handgelenksarthrose, Kahnbeinspeudarthrose, aseptische Kahnbeinnekrose, karpale Instabilität, Ganglion.
angebracht (Immobilisierung, Antiphlogistika, evtl. lokale Steroidapplikation). Sind unter diesen Maßnahmen die Beschwerden nicht zu beeinträchtigen, sollte die Operation nicht lange herausgezögert werden. Die Operation besteht in der kompletten Spaltung des 1. Strecksehnenfachs, ggf. mit Synovektomie, wobei auf die zahlreichen anatomischen Varianten
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28.6 Dupuytren-Kontraktur
1 B-28.34
Synopsis Finkelstein-Test bei Tendovaginitis de Quervain Schmerzauslösung in Höhe des 1. Strecksehnenfaches bei ulnarer Abduktion im Handgelenk.
des 1. Strecksehnenfachs und auf akzessorische Sehnen geachtet werden muss. Die sensiblen Radialisäste müssen geschont werden (Oberarmblutsperre).
28.5.3
Tenosynovialitis
Eine Sehnenscheidenentzündung tritt sowohl im Bereich der Streck- als auch der Beugesehnen auf. Die entzündlichen Proliferationen des Sehnengleitgewebes sind auf der Streckseite als tumorähnliche Geschwulst und beugeseitig als schlauchförmige Verdickung über dem gesamten Fingerstrahl zu erkennen. Im Vordergrund stehen Schmerzen und bei beugeseitigem Befall eine zunehmende Bewegungseinschränkung. Initial lässt sich über den betroffenen Beugesehnen nicht selten eine Krepitation palpieren. Der Tastbefund ergibt eine teigige, weiche Resistenz. Die Entzündung des peritendinösen Gewebes kann unspezifisch, aber auch rheumatischer Genese sein. Selten ist eine tuberkulöse Synovialitis anzutreffen.
28.6
Dupuytren-Kontraktur
n Definition. Es handelt sich um eine Erkrankung des straffen Bindegewebes der palmarseitigen Hand. Es kommt zur Strangbildung mit Beugekontraktur der Finger durch Palmarfibromatose.
28.5.3 Tenosynovialitis Eine Sehnenscheidenentzündung der Streck- und Beugesehnen. Die entzündlichen Proliferationen des Sehnengleitgewebes sind auf der Streckseite als tumorähnliche Geschwulst und beugeseitig als schlauchförmige Verdickung über dem gesamten Fingerstrahl zu erkennen. Es bestehen Schmerzen und Bewegungseinschränkung. Der Tastbefund ergibt eine teigige, weiche Resistenz. Die Entzündung des peritendinösen Gewebes kann unspezifisch, aber auch rheumatischer und selten tuberkulöser Genese sein. 28.6
Dupuytren-Kontraktur
Definition
Epidemiologie. Befallen werden vornehmlich Menschen nordeuropäischer Abstammung. Die Dupuytren-Kontraktur ist vornehmlich eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. In seltenen Fällen können auch die Hände 20-Jähriger befallen sein. Überwiegend weisen beide Hände Veränderungen im Sinne einer Dupuytren-Kontraktur auf, häufig jedoch in unterschiedlicher Ausprägung und einem unterschiedlichen zeitlichen Beginn.
Epidemiologie. Befallen werden vornehmlich Männer. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Überwiegend weisen beide Hände Veränderungen auf, meist in unterschiedlichem Ausprägungsgrad und zeitlichem Beginn.
Ätiologie und Pathogenese. Über die Ursachen und den Entstehungsmechanismus liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Obwohl Zusammenhänge mit anderen Erkrankungen statistisch signifikant erscheinen, bleibt unklar, ob sie die gleiche Ursache haben, ob die Erkrankung den Morbus Dupuytren ausgelöst oder beeinflusst hat, oder aber ob nur eine zufällige oder altersbedingte Koinzidenz vorliegt. Auffällig ist eine familiäre Häufung, ohne dass eine Erbfolge beschrieben ist ( 1 B-28.35).
Ätiologie und Pathogenese. Über die Ursachen und den Entstehungsmechanismus liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Auffällig ist eine familiäre Häufung ( 1 B-28.35).
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28 Handchirurgie
1 B-28.35
Dupuytren-Kontraktur DupuytrenKontraktur, insbesondere IV. und V. Strahl befallen (Á).
Für folgende Erkrankungen wird ein Zusammenhang beschrieben: Alkoholismus, Lebererkrankungen, Diabetes mellitus, Epilepsie, Lungenerkrankungen, degenerative HWSVeränderungen. Fingerknöchelpolster (knuckle pads), Verdickung innerhalb der Haut an der Streckseite der Langfingermittelgelenke, wurden bei 44 % der Patienten beobachtet. Bei 2–3 % der männlichen Patienten kann zusätzlich eine Induratio penis plastica gefunden werden.
Für folgende Erkrankungen wird ein Zusammenhang beschrieben: Alkoholismus, Lebererkrankungen, Diabetes mellitus, Epilepsie, Lungenerkrankungen, degenerative HWS-Veränderungen. Fingerknöchelpolster (knuckle pads), Verdickungen innerhalb der Haut an der Streckseite der Langfingermittelgelenke, wurden bei 44 % der Patienten beobachtet. Bei 2–3 % der männlichen Patienten kann zusätzlich eine Induratio penis plastica gefunden werden. Die Dupuytren-Kontraktur beginnt mit einer Erkrankung von Bindegewebsbündeln, die aus kollagenen und elastischen Fasern bestehen. In der Folge kommt es zu einer Proliferation von Fibroblasten, die die Bündelstruktur zerstören. Aus der Verschmelzung mehrerer Faserbündel entstehen dicke Stränge, die der Schrumpfung unterliegen und zur Kontraktur führen. Es werden 4 Stadien unterschieden ( 2 B-28.4):
2 B-28.4
Einteilung des Schweregrades der Dupuytren-Kontraktur nach Iselin und Dieckmann
N Stadium I: Knoten in der Hohlhand n N Stadium II: Beugekontraktur im Grundgelenk n N Stadium III: Beugekontrakturen im Grund- und Mittelgelenk n N Stadium IV: Beugekontrakturen im Grund- und Mittelgelenk mit Hypern extension im Endgelenk.
Ein Einteilungsschema, das wesentlich komplizierter, jedoch allen Bedürfnissen gerecht wird, wurde 1966 von Michon, Tubiana und Thomine publiziert. Symptome. Der Beginn der Erkrankung ist schleichend. Ein erstes Zeichen kann die stärkere Fixierung der palmaren Haut auf ihrer Unterlage sein (grübchenförmige Einziehung in Höhe der distalen Hohlhandfalte). Eine Knötchenbildung wird häufig als Schwiele missdeutet. Bei Fortschreiten der Erkrankung kommt es zur Strangbildung mit Beugekontraktur der Finger und/oder zu einer flächigen Induration im Hohlhandbereich. Die DupuytrenKontraktur führt fast immer zu einer Behinderung der Streckung. Der Faustschluss kann mit Ausnahme eines fortgeschrittenen Stadiums, bei dem es zu einer Überstreckung im Endgelenk kommt, vollständig durchgeführt werden. An allen Langfingern und am Daumen können Veränderungen der Erkrankung festgestellt werden.
Symptome. Der Beginn der Erkrankung ist schleichend und wird oft vom
Patienten nicht bemerkt oder beachtet. Ein erstes Zeichen kann die stärkere Fixierung der palmaren Haut auf ihrer Unterlage sein. Ihr folgt eine grübchenförmige Einziehung in Höhe der distalen Hohlhandfalte. Eine Knötchenbildung wird häufig als Schwiele missdeutet. Diese kann über Jahre unverändert bestehen bleiben. Bei Fortschreiten der Erkrankung kommt es zur Strangbildung mit Beugekontraktur der Finger und/oder zu einer flächigen Induration im Hohlhandbereich. In Ausnahmefällen kann das erste Zeichen einer beginnenden DupuytrenKontraktur eine strangförmige Verdickung an einer Fingerseitenfläche sein (digitale Form). Ist zu dieser Zeit die übrige Hand frei von Veränderungen, wird die Diagnose in der Regel verkannt. Die Dupuytren-Kontraktur führt fast immer zu einer Behinderung der Streckung. Der Faustschluss kann mit Ausnahme eines fortgeschrittenen Stadiums, bei dem es zu einer Überstreckung im Endgelenk kommt, vollständig durchgeführt werden. An allen Langfingern und am Daumen können Veränderungen der Erkrankung festgestellt werden. Am häufigsten ist der Ringfinger, in zweiter Linie der Kleinfinger betroffen. Je nach Ausprägung der Kontraktur wird die
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28.6 Dupuytren-Kontraktur Krankheit in verschiedene Stadien eingeteilt. Diese Stadieneinteilung erfolgt im Hinblick auf die Indikationsstellung zur Operation und die Beurteilung des Operationsergebnisses nach gleichen Kriterien.
Therapie
Konservative Behandlung: Konservative Maßnahmen stehen zur Behandlung der Dupuytren-Kontraktur bisher nicht zur Verfügung. π Operative Behandlung: Es stehen 4 verschiedene Methoden zur operativen Behandlung der Dupuytren-Kontraktur zur Verfügung ( 1 B-28.36): π
1 B-28.36
Therapie Konservative Behandlungsmethoden stehen nicht zur Verfügung:
π
Operative Behandlung: Es stehen 4 operative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung ( 1 B-28.36).
π
Synopsis Operative Behandlung der Dupuytren-Kontraktur
a Quere Strangdurchtrennung (Fasziotomie).
b Lokale Exzision.
c Partielle Entfernung der Palmaraponeurose (partielle Fasziektomie).
d Vollständige Entfernung der Palmaraponeurose (totale Fasziektomie).
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
1294 π
π π
π
quere Strangdurchtrennung (Fasziotomie) lokale Exzision partielle Entfernung der Palmaraponeurose (partielle Fasziektomie) vollständige Entfernung der Palmaraponeurose (totale Fasziektomie).
Die komplette Entfernung der Palmaraponeurose hat die geringste Rezidiv- und Ausbreitungshäufigkeit. Der Erfolg einer Operation wird wesentlich durch krankengymnastische Nachbehandlung beeinflusst.
Komplikationen. Gefäß- oder Nervendurchtrennung.
Längsgerichtete über Gelenke verlaufende Hautschnitte können zur Narbenschrumpfung und Kontraktur führen. Verlauf und Prognose. Ein schubweiser Verlauf der Erkrankung ist charakteristisch.
Die Prognose hinsichtlich des postoperativen Ergebnisses ist von der Schwere der Kontraktur und der bis zur Operation verstrichenen Zeit abhängig.
28.7
Algodystrophie (s.a. Kap. B-27.1.1, S. 1090 ff.)
Synonyma: Sudeck-Syndrom, SudeckDystrophie, Sudeck-Erkrankung, neurovaskuläre Reflexdystrophie.
Definition
Ätiologie und Pathogenese. 90 % der Erkrankungen entstehen als Folge von Traumen verschiedenster Art. Massive und wiederholte Repositionsmanöver bei Frakturen lösen die Erkrankung häufig aus. Die Pathogenese ist bislang nicht geklärt. Entscheidende Faktoren für die Entstehung sind der Schmerz, die Inaktivität und die Entlastung nach einem Trauma.
28 Handchirurgie quere Strangdurchtrennung (Fasziotomie) lokale Exzision π partielle Entfernung der Palmaraponeurose (partielle Fasziektomie) π vollständige Entfernung der Palmaraponeurose (totale Fasziektomie). Die alleinige Knoten- oder Strangbildung in der Hohlhand ohne funktionelle Behinderung der Hand stellt selten eine Operationsindikation dar. Bei gegebener Operationsindikation ist die quere Strangdurchtrennung nur in Ausnahmefällen (hohes Alter des Patienten) indiziert. Die lokale Exzision des pathologisch veränderten Gewebes ist mit einer hohen Quote an Folgeoperationen behaftet, da es meist in kurzer Zeit zur Ausbreitung der Erkrankung kommt. Die partielle Fasziektomie eignet sich für ältere Patienten, bei denen nur ein Strahl befallen ist. Die Risiken der partiellen Fasziektomie sind im Hinblick auf Ausbreitung und Rezidivgefahr deutlich vermindert. Die komplette Entfernung der Palmaraponeurose hat die geringste Rezidiv- und Ausbreitungshäufigkeit. Dieses Operationsverfahren ist jedoch technisch am schwierigsten und mit einer erhöhten Komplikationsrate belastet (Hämatome, Wundrandnekrosen, postoperative Durchblutungsstörungen). Der Erfolg einer Operation wird wesentlich durch krankengymnastische Nachbehandlung beeinflusst. π π
Komplikationen. Eingriffe ohne Blutleere und/oder in lokaler Betäubung
erhöhen das Risiko durch schlechte Übersicht wegen störender Blutung und Aufquellen des Gewebes durch das Lokalanästhetikum erheblich. Die Gefahr einer Gefäß- oder Nervendurchtrennung wird dadurch vergrößert. Längsgerichtete, über Gelenke verlaufende Hautschnitte, können zur Narbenschrumpfung und Kontraktur führen. Wundrandnekrosen entstehen durch Verletzungen von Hautgefäßen.
Verlauf und Prognose. Für die Dupuytren-Kontraktur ist ein schubweiser Verlauf charakteristisch, wobei Perioden des Stillstands mit Phasen raschen Fortschreitens abwechseln. Die Gefahr einer weiteren Aktivität der Erkrankung hinsichtlich Ausbreitung und Auftreten von Rezidiven hängt vermutlich vom Vorhandensein einer sog. Dupuytren-Diathese ab; eine positive Familienanamnese, Epilepsie und Fingerknöchelpolster erweisen sich prognostisch als ungünstig. Die Prognose hinsichtlich des postoperativen, funktionellen Ergebnisses richtet sich nach der Schwere der Kontraktur und der Dauer der Erkrankung. Bei länger dauernder schwerer Kontraktur muss auf Grund der sekundären Schrumpfung der Haut, der Beugesehnen und der Gelenkkapsel mit einem ungünstigeren funktionellen Ergebnis gerechnet werden. 28.7
Algodystrophie (s. a. Kap. B-27.1.1, S. 1090 ff.)
Synonyma: Sudeck-Syndrom, Sudeck-Dystrophie, Sudeck-Erkrankung, neurovaskuläre Reflexdystrophie. n Definition. Dystrophie und Atrophie von Weichteilen und Knochen auf der Basis einer neurovegetativen Fehlregulation unklarer Genese.
Ätiologie und Pathogenese. 90 % der Erkrankungen entstehen infolge von
Traumata unterschiedlicher Art und Schwere, wobei massive und wiederholte Repositionsmannöver bei Frakturen ein auslösendes Moment darstellen. Die Pathogenese der Algodystrophie ist bis heute nicht bekannt. Entscheidende Faktoren für die Entstehung sind sicherlich der Schmerz, die Inaktivität und die Entlastung nach einem Trauma. Möglicherweise bewirkt ein vorhandenes Ödem eine Kompression der Nerven, die eine Reaktion auf die Gefäße auslöst.
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1295
28.8.1 Karpaltunnelsyndrom (CTS)
Symptome. Das klinische Bild der Algodystrophie der Hand weist folgende typischen Erscheinungen auf: π Schmerz π Ödem π Funktionseinschränkung π trophische und sekretorische Störungen der Haut π Knochenatrophie. Klinisch lassen sich 3 Stadien unterscheiden, die folgendermaßen charakterisiert sind: π Stadium I (Stadium der Entzündung): Hyperämie der Haut, ödematöse Schwellung, vermehrte Schweißabsonderung, ausgeprägte diffuse Schmerzen, Funktionsstörung der Finger und der Hand, Muskelschwund, zunehmende Knochenatrophie. Röntgenologisch zeigt sich eine Rarefizierung der subchondralen Spongiosa. π Stadium II (Stadium der Dystrophie): Rückgang der Handschwellung, Zyanose der Haut, Zunahme der Muskelatrophie mit Ausbildung von Gelenkkontrakturen. Röntgenologisch zeigt sich eine beginnende fleckige Entkalkung des Knochens. π Stadium III (Stadium der Atrophie): Irreversible Atrophie des Handskeletts, der Handmuskulatur, der Gelenkkapseln, der Haut und Hautanhangsgebilde. Die betroffene Hand ist blass und kühl, in Ruhe kann sie schmerzfrei sein. Röntgenologisch zeigt sich eine diffuse, gleichmäßige Osteoporose mit Verminderung der Knochenbälkchen sowie Verschmälerung der Kortikalis. n Merke. Bei der Algodystrophie ist die Prophylaxe die beste Therapie, d.h. die adäquate und schonende Behandlung des traumatisierten oder erkrankten Patienten.
Therapie. An erster Stelle der therapeutischen Bemühungen steht die
Symptome. Die Hand weist folgende typischen Erscheinungen auf: π Schmerz π Ödem π Funktionseinschränkung π trophische und sekretorische Störungen der Haut π Knochenatrophie. Klinisch lassen sich 3 Stadien unterscheiden: π Stadium I (Entzündungsstadium): Hyperämie der Haut, ödematöse Schwellung, vermehrte Schweißabsonderung, ausgeprägte diffuse Schmerzen, Funktionsstörung der Finger und der Hand, Muskelschwund, zunehmende Knochenatrophie. Röntgenologisch: Rarefizierung der subchondralen Spongiosa. π Stadium II (Dystrophiestadium): Rückgang der Handschwellung, Zyanose der Haut, Zunahme der Muskelatrophie mit Ausbildung von Gelenkkontrakturen. Röntgenologisch: fleckige Entkalkung. π Stadium III (Atrophiestadium): Irreversible Atrophie des Handskeletts, der Handmuskulatur, der Gelenkkapseln, der Haut und Hautanhangsgebilde. Röntgenologisch: Osteoporose mit Verminderung der Knochenbälkchen und Verschmälerung der Kortikalis. Merke
Bekämpfung der Schmerzen mit einem potenten Analgetikum bei gleichzeitiger Verabreichung eines Antiphlogistikums und Sympathikolytikums. Die Initialtherapie wird durch die Gabe eines langwirkenden Diazepins und der Applikation von Kalzitonin vervollständigt. Schwere Fälle bedürfen der stationären Behandlung. Neben Hochlagerung der betroffenen Extremität und dem Einsatz von Cortison ist eine kontinuierliche Armplexusanästhesie (Perfusor, Infusomat) zum Erreichen einer dauerhaften Analgesie und Sympathikolyse in Erwägung zu ziehen. Bei entsprechender Dosierung der Plexusanästhesie kann die Motorik erhalten bleiben, sodass frühzeitig eine krankengymnastische Nachbehandlung erfolgen kann. Um die Intensivierung des Krankheitsbildes zu vermeiden, muss die Bewegungstherapie stets unterhalb der Schmerzgrenze vorgenommen werden.
Therapie. An erster Stelle steht die Bekämpfung der Schmerzen und der entzündlichen Schwellung. Eine permanente Armplexusanästhesie ermöglicht Schmerzfreiheit und Sympathikolyse. Benzodiazepine, Kalzitonin und Cortison werden eingesetzt. Nach dem schmerzhaften Stadium erfolgt frühzeitig Krankengymnastik.
Prognose. Prognostisch haben Stadium I und II bei richtiger Behandlung
Prognose. Stadium I und II haben bei Behandlung eine gute Heilungsaussicht. Ein Übergang in ein höheres Stadium ist nicht ausgeschlossen. Stadium III ist irreversibel (»Handruine«).
eine gute Aussicht auf Heilung. Ein Übergang von Stadium I zu II oder II zu III ist möglich. Das Stadium III ist irreversibel und führt zu einer »Handruine«.
28.8
28.8.1
Nervenkompressionssyndrome an der Hand Karpaltunnelsyndrom (CTS)
n Definition. Druckschädigung des N. medianus durch eine Einengung des Karpaltunnels oder durch einen Druckanstieg bei Volumenzunahme des Tunnelinhaltes.
Der Karpaltunnel wird aus den Handwurzelknochen und dem darüber gespannten Retinaculum flexorum gebildet. Durch den Tunnel laufen die Sehnen der langen Fingerbeuger und der N. medianus ( 1 B-28.37).
28.8
Nervenkompressionssyndrome an der Hand
28.8.1 Karpaltunnelsyndrom (CTS) Definition
Durch den Tunnel laufen die Sehnen der langen Fingerbeuger und der N. medianus ( 1 B-28.37).
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1296 1 B-28.37
28 Handchirurgie
Synopsis Anatomie des Unterarmes und der Hand
Die Beugesehnen der Hand ziehen zusammen mit dem N. medianus unter dem Retinaculum flexorum hindurch. Beachte den Verlauf der oberflächigen und tiefen Beugesehnen zueinander.
1 2 3 4 5 6 7 8
Os scaphoideum (naviculare) Os lunatum Os triquetrum Os pisiforme Os trapezium Os trapezoideum Os capitatum Os hamatum
Ätiologie. Die Einengung des N. medianus im Karpaltunnel kann sowohl posttraumatisch, im Rahmen einer Synovitis als auch spontan ohne besondere Ursache auftreten. Symptome. Der Patient klagt über eingeschlafene Hände, die nachts mit Taubheitsgefühl, Schmerzen und Kribbeln im Innervationsgebiet des N. medianus (Daumen, Zeige- und Mittelfinger sowie radialseitiger Ringfinger) einhergehen. Zu einem späteren Zeitpunkt kommt es schließlich zu einer Atrophie der Thenarmuskulatur. Auch bei Diabetes mellitus und Schilddrüsenerkrankungen muss bei entsprechender Klinik an ein CTS gedacht werden. Diagnose. Die klinische Untersuchung zeigt ein positives Hoffmann-TinelZeichen. Bei klinischem Verdacht kann die Diagnose elektromyographisch bestätigt werden.
9 10 11 12 13
Sehne des M. flexor digitorum profundus Sehne des M. flexor digitorum superficialis Mm. lumbricales Mm. interossei Thenar (M. adductor pollicis, M. flexor pollicis brevis, M. abductor pollicis brevis) 14 Hypothenar (R. abductor digiti minimi, M. flexor digiti minimi brevis, M. opponens digiti minimi)
15 16 17 18 19
Retinaculum flexorum M. flexor carpi radialis M. flexor carpi ulnaris M. abductor pollicis longus M. flexor pollicis longus
Ätiologie. Die Einengung des N. medianus im Karpaltunnel kann sowohl
posttraumatisch, im Rahmen einer Synovitis als auch spontan ohne besondere Ursache auftreten.
Symptome. Das klinische Bild äußert sich in Klagen über eingeschlafene
Hände, die nachts mit Taubheitsgefühl, Schmerzen und Kribbeln im Innervationsgebiet des N. medianus (Daumen, Zeige- und Mittelfinger sowie radialseitiger Ringfinger) einhergehen. Zu einem späteren Zeitpunkt kommt es schließlich zu einer Atrophie der Thenarmuskulatur. Gelegentlich treten die Symptome während einer Schwangerschaft auf, sind jedoch meistens vorübergehend. Auch bei Diabetes mellitus und Schilddrüsenerkrankungen muss bei entsprechender Klinik an ein CTS gedacht werden.
Diagnose. Die klinische Untersuchung zeigt ein positives Hoffmann-TinelZeichen (elektrisierender Schmerz durch Beklopfen des N. medianus über dem Handgelenk), die motorische Prüfung des N. medianus das »Flaschenzeichen« (Flasche kann bei M.-abductor-pollicis-brevis-Parese nicht mehr umfasst werden). Bei klinischem Verdacht kann die Diagnose elektromyo-
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1297
28.8.3 N.-ulnaris-Kompressionssyndrome graphisch bestätigt werden. Durch Messung der Nervenleitgeschwindigkeit kann die Funktionsstörung des N. medianus quantifiziert werden.
Therapie. Die Therapie besteht im Frühstadium in einer Ruhigstellung des
Handgelenks in Neutral- oder Extensionsstellung. Steroidinjektionen gehören nicht zur Standardtherapie des CTS. Die definitive Behandlung besteht in einer operativen Spaltung des Lig. carpi transversum und einer endoneuralen Neurolyse.
28.8.2
M.-pronator-teres- und N.-interosseus-anteriorSyndrom
n Definition. Hierbei handelt es sich um eine Kompression des N. medianus an der Durchtrittsstelle durch den M. pronator teres am proximalen Unterarm. Hypertrophie der Muskulatur oder Anomalien können ursächlich verantwortlich sein.
Symptome. Das klinische Bild ähnelt dem des CTS, während beim N. interosseus anterior ein Flexionsausfall im Daumen- und Zeigefingerendgelenk zu beobachten ist.
Therapie. Sie besteht ausschließlich in einer operativen Dekompression der Nerven.
28.8.3
N.-ulnaris-Kompressionssyndrome
Sulcus-ulnaris-Syndrom n Definition. Der Sulcus ulnaris ist ein physiologischer Engpass im Ellenbogenbereich.
Therapie. Die definitive Behandlung besteht in einer operativen Spaltung des Lig. carpi transversum und einer endoneuralen Neurolyse.
28.8.2 M.-pronator-teres- und N.-interosseus-anteriorSyndrom Definition
Symptome. Das klinische Bild ähnelt dem des CTS, während beim N. interosseus anterior ein Flexionsausfall im Daumen- und Zeigefingerendgelenk zu beobachten ist. Therapie. Sie besteht ausschließlich in einer operativen Dekompression der Nerven. 28.8.3 N.-ulnaris-Kompressionssyndrome Sulcus-ulnaris-Syndrom Definition
Ätiologie. Als Ursache werden sog. berufsabhängige Mikrotraumatisierungen mit Druckschädigungen oder häufigen Bewegungen im Ellenbogengelenk angesehen. Auch eine habituelle Luxation des Nervs aus dem Sulcus ulnaris kann eine chronische Traumatisierung bewirken. Frakturen des Ellenbogenbereichs können Jahre später zu einer Ulnarisschädigung führen (Ulnarisspätparese).
Ätiologie. Ursächlich werden Druckschäden, Mikrotraumatisierungen durch Bewegungen und Spätveränderungen nach Traumen angeschuldigt.
Symptome. Es findet sich ein Taubheitsgefühl im Bereich des ulnaren Ringfingers, des gesamten Kleinfingers und der korrespondierenden palmaren und dorsalen Fläche der Hand. Gleichzeitig besteht eine Schwäche der Mm. interossei, abductor pollicis, des M. flexor carpi ulnaris und der Mm. flexor digitorum profundi des Ring- und Kleinfingers.
Symptome. Es findet sich ein Taubheitsgefühl im Ausbreitungsgebiet des N. ulnaris.
Therapie. Sie besteht in einer operativen Revision des Sulkus mit Verlage-
Therapie. Die Therapie besteht in einer operativen Revision des Sulkus mit Verlagerung des Nervs nach ventral.
Ulnaris-Kompression in der Loge de Guyon
Ulnaris-Kompression in der Loge de Guyon
rung des Nervs nach ventral.
n Definition. Es liegt ein seltenes Kompressionssyndrom des N. ulnaris am distalen Handgelenk vor. Hier verläuft der Nerv gemeinsam mit der A. ulnaris radial begrenzt durch den Hamulus ossis hamati und ulnar durch das Os pisiforme, die ihrerseits durch das Lig. carpi transversum überbrückt werden.
Definition
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28 Handchirurgie
Ätiologie. Ursache können eine Thrombose oder ein Aneurysma der A. ulnaris, eine traumatische Dislokation des Ulnaköpfchens, ein Ganglion oder eine Fraktur des Os hamatum sein. Therapie. Die Therapie ist primär operativ.
Ätiologie. Ursache können eine Thrombose oder ein Aneurysma der A. ulnaris, eine traumatische Dislokation des Ulnaköpfchens, ein Ganglion oder eine Fraktur des Os hamatum sein.
28.8.4 M.-radialis-Kompressionssyndrom
28.8.4
Definition
Therapie. Die Therapie ist primär operativ.
M.-radialis-Kompressionssyndrom
n Definition. Der N. radialis kann in der Mitte des Humerus durch Druck komprimiert werden. Die entstehende Neuropraxie manifestiert sich in der Unfähigkeit, das Handgelenk und die Finger in den MCPGelenken zu strecken.
Ätiologie. Als Ursache können z.B. Frakturen, Hämatome, Operationen oder einfacher Druck von außen verantwortlich gemacht werden.
Ätiologie. Als Ursache können z.B. Frakturen, Hämatome, Operationen oder einfacher Druck von außen verantwortlich gemacht werden. Auch an ein Logensyndrom muss hierbei gedacht werden.
Therapie. Die Therapie besteht in Abhängigkeit der Ursache in einer operativen Behandlung, sofern konservative Maßnahmen keinen Erfolg bringen.
Therapie. Die Therapie besteht in Abhängigkeit der Ursache in einer operativen Behandlung, sofern konservative Maßnahmen keinen Erfolg bringen.
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Plastische Chirurgie
29
Plastische Chirurgie
29.1
Wundbehandlung (s.a. Kap. A-1.1)
Peter Vogt; Michael Dürig 29.1
Wundbehandlung (s.a. Kap. A-1.1)
Wichtigstes chirurgisches Prinzip ist der frühzeitige, atraumatisch ausgeführte Wundverschluss mit dem Ziel einer möglichst geringen Narbenbildung bei maximaler anatomischer und funktioneller Wiederherstellung. Bei zerfetzten Wundrändern mit gequetschtem minderdurchblutetem Gewebe müssen die Wundränder ausgeschnitten werden, um Gewebenekrosen abzutragen, Fremdkörper zu entfernen und die Keimzahl zu reduzieren. Eine Wundheilung per primam ist nur bei infektfreien Verhältnissen möglich. Aus diesem Grund ist der eigentlichen Wundbehandlung die Beurteilung der Wundverhältnisse im Hinblick auf 4 Kontaminationsgrade voranzustellen: π Die saubere Wunde: Sie ist scharfrandig, gut durchblutet und entweder unter sterilen Bedingungen oder durch die Ausschneidung entstanden. Bei diesen Wunden kann ein direkter Wundverschluss erfolgen. π Die verschmutzte Wunde: Hier liegt eine Kontamination ohne Infektzeichen vor, sodass durch Wundausschneidung eine saubere Wunde geschaffen wird, die dann verschlossen werden kann. π Die stark verschmutzte Wunde: Es besteht eine starke Kontamination, ebenfalls ohne Infektionszeichen (z.B. Bissverletzungen, landwirtschaftliche Unfälle). Nach Wundausschneidung und radikaler Ausräumung von Nekrosen (Débridement) wird eine offene Wundbehandlung (seltene Ausnahme: Gesichtsverletzungen) durchgeführt und ein späterer Sekundärverschluss angestrebt. π Die infizierte Wunde: Nach ausgiebigem Débridement wird die Wunde offen gelassen und der Sekundärheilung überlassen. n Merke. Ein primärer Wundverschluss ist nur bei sterilen Wunden erlaubt. Stark verschmutzte oder infizierte Wunden werden ausgeschnitten oder debridiert und der Sekundärheilung überlassen.
29.1.1
Operationstechniken
Die Hautinzision erfolgt mit dem Skalpell senkrecht zur Hautoberfläche unter Berücksichtigung der natürlichen Hautfaltenlinien (relaxed skin tension lines). Über Gelenke, insbesondere auf der Beugeseite, sollen Inzisionen wegen der Gefahr sekundärer Kontrakturen die Gelenkachse nie senkrecht kreuzen, sondern bogen- oder zickzackförmig verlaufen. Zu berücksichtigen ist auch das Durchblutungsmuster des Weichteilmantels, da durch parallel verlaufende oder kreuzende Inzisionen die Gefäßversorgung gestört und Nekrosen hervorgerufen werden können. Die Wundränder werden atraumatisch durch Häkchen oder Haltefäden angehoben. Blutungen aus kleineren Gefäßen werden mit einer bipolaren Pinzette koaguliert. Dem Entstehen von Hämatomen und Hohlräumen in der Subkutis oder subfaszial wird durch ausreichende Mobilisation und spannungsfreien Verschluss der Hautränder unter Einlage von Dränagen vorgebeugt. Insbesondere bei Fremdkörperimplantaten (z.B. Osteosynthesematerial) stellen Hämatome, Serome und lokale Durchblutungsstörungen (Quetschung, erhöhte Wundspannung) eine wesentliche Ursache von Infektionen dar. Nach sorgfältiger Blutstillung erfolgt schichtweiser Wundverschluss.
Die Beurteilung der Wundverhältnisse ist unerlässlich. Die Wundbeurteilung erfolgt nach 4 Kontaminationsgraden:
Die saubere Wunde: Sie ist scharfrandig, gut durchblutet und unter sterilen Bedingungen oder durch Ausschneidung entstanden. Es kann ein direkter Wundverschluss erfolgen. π Die verschmutzte Wunde: Hier liegt eine Kontamination ohne Infektzeichen vor. Durch Wundausschneidung wird eine saubere Wunde geschaffen, die dann verschlossen werden kann. π Die stark verschmutzte Wunde: Es besteht eine starke Kontamination ohne Infektionszeichen (z.B. Bissverletzungen). Es erfolgt eine offene Wundbehandlung (seltene Ausnahme: Gesichtsverletzungen) mit Wundausschneidung und radikaler Ausräumung von Nekrosen (Débridement); späterer Sekundärverschluss angestrebt. π Die infizierte Wunde: Nach ausgiebigem Débridement wird die Wunde offen gelassen und der Sekundärheilung überlassen. π
Merke
29.1.1 Operationstechniken Die Hautinzision erfolgt mit dem Skalpell senkrecht zur Hautoberfläche unter Berücksichtigung der natürlichen Hautfaltenlinien (relaxed skin tension lines). Über Gelenken, insbesondere auf der Beugeseite, sollen Inzisionen wegen der Gefahr sekundärer Kontrakturen die Gelenkachse nie senkrecht kreuzen, sondern bogen- oder zickzackförmig verlaufen. Die Wundränder werden atraumatisch durch Häkchen oder Haltefäden angehoben. Hämatome, Serome und lokale Durchblutungsstörungen sind eine wesentliche Ursache von Wundinfektionen.
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29 Plastische Chirurgie
n Merke. Hautinzisionen sind senkrecht zur Oberfläche unter Berücksichtigung der Hautfaltenlinien auszuführen; niemals senkrecht zur Gelenkachse. Eine atraumatische Operationstechnik und spannungsfreie Naht verhindern Wundheilungsstörungen.
Merke
Weiteres zu Wundnähten s. Kap. A-1.5.
Weitere Einzelheiten zu Wundnähten s. Kap. A-1.5.
29.2
29.2
Atypische Wundheilung, Narben, Tätowierungen
29.2.1 Keloide, hypertrophe Narbenbildung Definition
29.2.1
Atypische Wundheilung, Narben, Tätowierungen Keloide, hypertrophe Narbenbildung
n Definition. Unter Keloiden und hypertrophen Narben werden gutartige umschriebene Bindegewebsneoplasien verstanden, die ein exzessives Bindegewebswachstum, eine dünne Epidermis, eine Atrophie der Hautanhangsgebilde, eine vermehrte Gefäßdichte der Lederhaut (Rötung) und einen erhöhten Gehalt an polymorphkernigen Leukozyten und Lymphozyten als gemeinsames Merkmal aufweisen.
Ätiologie. Sie ist unbekannt; eine genetische Disposition wird erörtert.
Ätiologie. Die Ätiologie ist ungeklärt. Es wird jedoch eine genetische Dispo-
Symptome. Hypertrophe Narben halten sich an die vorgegebene Wundgrenze. Keloide wuchern über den Wundrand hinaus ( 1 B-29.1). Bevorzugte Lokalisation sind Dekolleté, Sternalrinne, Schulter- und Rückenbereich, Ohrläppchen.
Symptome. Während sich die hypertrophe Narbe an die Grenzen der
sition diskutiert. Der erstbehandelnde Operateur muss den Patienten darüber aufklären, dass es trotz feinster Nahttechnik und korrekter Wundbehandlung zu Narbenproblemen kommen kann, bzw. hypertrophe Narben wieder auftreten können.
ursprünglichen Wunde hält und sich häufig nach 1–2 Jahren zurückbildet, dehnen sich Keloide über die ursprüngliche Narbenlokalisation aus und können bis zur Bildung grotesker Riesentumoren fortschreiten ( 1 B-29.1). Eine spontane Rückbildung ist kaum zu erwarten. Bevorzugte Lokalisationen sind das Dekolleté, die Sternalrinne, der Schulterund Rückenbereich und die Ohrläppchen. Kinder, Jugendliche, Frauen und Patienten mit dunkler Hautfarbe sind bevorzugt betroffen. Eine ausgeprägte Keloidneigung zeigen auch Patienten nach großflächigen, tiefgradigen Verbrennungen.
1 B-29.1
Keloid in der Sternalrinne
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29.2.3 Tätowierungen
Therapie. Zur Behandlung werden verschiedene Verfahren mit den unter-
schiedlichsten Ergebnissen herangezogen. Neben der Exzision im »Gesunden«, innerhalb der Läsion und hochtourigem Abschleifen werden auch konservative Verfahren vorgeschlagen. Hierzu gehören intraläsionale Steroidinjektionen mit kristallinen Lösungen (Derm-Jet), eine konsequente Kompressionsbandage über mindestens 6 Monate (Jobst-Bandagen), Silikonplatten, fraktionierte Röntgenweichstrahltherapie, Kryotherapie mit Flüssigstickstoff und die Lasertherapie (CO2- oder Neodym-YAG-Laser). Bei problematischen Riesenkeloiden an den Ohrläppchen werden nach der Resektion Spezialclips zur Kompression empfohlen. Für die Behandlung mit sogenannten »Narbensalben« wurde bislang kein Wirkungsnachweis erbracht.
29.2.2
Narben
Therapie. Die Therapie der Keloide und hypertrophen Narben kann durch Exzision oder Abschleifen versucht werden. Konservative Therapieansätze: Kompression, Silikonauflagen, intraläsionale Steroide, Kryotherapie, Röntgenweichstrahlen. »Narbensalben« sind ohne Wirksamkeitsnachweis.
29.2.2 Narben
Ätiologie. Neben Keloiden und hypertrophen Narbenbildungen kann auch
die mangelhafte primäre Versorgung (ungleiche Adaptation der Hautränder, traumatisierte Hautränder, ungünstige Inzisionslinien) zur Enstehung kosmetisch unbefriedigender Narbenbildungen führen.
Ätiologie. Neben Keloiden und hypertrophen Narbenbildungen kann auch die mangelhafte primäre Wundversorgung zu kosmetisch unbefriedigenden Narbenbildungen führen.
Symptome. Auffällig werden Narben insbesondere im Gesicht, wenn eine Störung der natürlichen Gesichtsmotorik (Narbenzug) oder Abweichungen von der Oberflächenkontur (z.B. Stufenbildungen, Erhabenheiten, Segelbildungen, Einsenkungen, Veränderung des Hautkolorits) vorliegen. Die Indikation zur Narbenkorrektur besteht bei entstellendem Befund und funktioneller Einschränkung.
Symptome. Narben können durch Narbenzug, Stufenbildung, Erhabenheit, Segelbildung, Einziehungen und Veränderungen des Hautkolorits auffallen. Die Indikation zur Narbenkorrektur besteht bei entstellendem Befund und funktioneller Einschränkung.
Therapie. Der Wahl des richtigen Zeitpunktes einer Korrekturoperation
Therapie. Die Wundheilung ist in der Regel erst nach 1–2 Jahren abgeschlossen. So lange muss mit erforderlichen Korrekturen abgewartet werden. Ausnahme: Bei starker Funktionsbehinderung können Korrektureingriffe auch früher versucht werden.
kommt eine wesentliche Bedeutung zu. In der Regel sollte 1–2 Jahre nach Primärversorgung abgewartet werden. In Ausnahmefällen können Korrektureingriffe bei stark funktionell einschränkenden Narbensträngen auch vor Ablauf dieser Zeit vorgenommen werden (z.B. Ektropion mit dem Risiko von Hornhautschäden, orale Kontrakturen und Segelbildungen an den Lippen mit Einschränkung der Nahrungsaufnahme). Hierzu gehören auch instabile Narben mit Ulzerationen und Entzündungsfolgen. Ein ausführliches Gespräch mit Patient und Angehörigen ist erforderlich, um unrealistischen Erwartungen zu begegnen. n Merke. Die Narbenreifung muss abgewartet werden. In der Regel ist die Wundheilung nach einem Trauma erst nach 1–2 Jahren abgeschlossen.
29.2.3
Tätowierungen
n Definition. Tätowierungen sind großflächige farbige Hautbilder, die mittels tief dermal eingebrachter Farbpartikel erzeugt werden. Diesen stehen die traumatischen Schmutztätowierungen gegenüber. Ursächlich sind hierfür traumatische Einsprengungen von Schotter, Farbpartikeln oder Schmauch verantwortlich.
Die Entfernung von Tätowierungen stellt ein erhebliches kosmetisches Problem dar, weil die tief in der Lederhaut lokalisierten Partikel in der Regel nicht ohne entsprechende narbeninduzierende Eingriffe, oft mit Veränderungen des Kolorits entfernbar sind. Neben der Exzision, hochtourigen tief dermalen Abschleifungen und Laserbehandlungen kommen Hautexpander mit sekundärer Ausschneidung zur Anwendung. Als nichtoperative Verfahren werden chemische und thermische Schälmethoden eingesetzt.
Merke
29.2.3 Tätowierungen Definition
Die Entfernung von Tätowierungen stellt ein erhebliches kosmetisches Problem dar. Neben der Exzision, hochtourigen tief dermalen Abschleifungen und Laserbehandlungen kommen Hautexpander mit sekundärer Ausschneidung zur Anwendung. Als nichtoperative Verfahren werden chemische und thermische Schälmethoden eingesetzt.
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29 Plastische Chirurgie
Schmutztätowierungen ( 1 B-29.2) müssen innerhalb der ersten Stunden nach dem Unfall mit Hilfe einer starren Bürste in einer angemessenen Anästhesie entfernt werden. Die Ergebnisse sind bei diesem Vorgehen sehr gut.
1 B-29.2
Entstellende Narben können gegebenenfalls durch wasserfeste getönte Cremes (Covermark) retuschiert werden. Schmutztätowierungen ( 1 B-29.2) müssen innerhalb der ersten Stunden nach dem Unfall entfernt werden, da es mit zunehmendem Wundödem zu einem Verschluss der Eintrittsporen kommt. Dazu wird das Material aus der Lederhaut unter Lokalanästhesie oder Allgemeinnarkose mit Hilfe einer starren Bürste entfernt. Die Ergebnisse einer solchen Frühintervention sind sehr gut. Wird dieser Zeitpunkt verpasst, kommen nur die erwähnten operativen Verfahren mit entsprechend schlechten ästhetischen Ergebnissen zum Einsatz.
Schmutztätowierung
b Entfernung des Materials mit einer starren Bürste.
a Schmutztätowierung vor Behandlung.
c Nach Behandlung.
29.3
Plastisch-chirurgische Techniken
29.3.1 Exzisionen und Plastiken
29.3.1
Exzisionen und Plastiken
Narben können unabhängig von ihrer Entstehung (Trauma, Infektion, inkorrekte Wundversorgung) zu ästhetisch störenden Strängen (Gesichtsmimik) oder funktionellen Problemen (Gelenkbeweglichkeit) führen. Damit besteht die Indikation zur Entfernung der dermatogenen Kontrakturen. π Spindelförmige Exzision: Gerade verlaufende Narben werden spindelförmig exzidiert. π Z-Plastik: Verlängerung der Narbe durch Ziehharmonikaeffekt, mit Dehnung in Längsrichtung ( 1 B-29.3).
Narben können unabhängig von ihrer Entstehung (Trauma, Infektion, inkorrekte Wundversorgung) zu ästhetisch störenden Strängen (Gesichtsmimik) oder funktionellen Problemen (Gelenkbeweglichkeit) führen. Damit besteht die Indikation zur Beseitigung derartiger dermatogener Kontrakturen. Hierfür stehen unterschiedliche plastisch-chirurgische Techniken zur Verfügung: π Spindelförmige Exzision: Gerade verlaufende, lineare Narben werden spindelförmig exzidiert, meist unter Einschluss subkutaner Narbenbestandteile. π Z-Plastik: Zur Auflösung von Narben dienen Z-, W-, oder stufenförmige Inzisionen. Nach Austausch derart geschnittener Hautzipfel resultiert eine axiale Verlängerung der Narbe durch einen Ziehharmonikaeffekt, der die Dehnung der gesunden, verlagerten Haut in Längsrichtung erlaubt. Der Ver-
29.3
Plastisch-chirurgische Techniken
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1303
29.3.2 Freies Hauttransplantat lauf der Narbe wird dabei so geplant, dass ein Teil der Inzision nach Fertigstellung der Plastik in den natürlichen Hautspannungslinien zu liegen kommt. Entstehende kleinere Unregelmäßigkeiten in den Hautzipfeln können durch hochtouriges Abschleifen anschließend beseitigt werden ( 1 B-29.3).
1 B-29.3
Synopsis Z-Plastik
60°
60°
Querdiagonale
Kontrakturdiagonale
Die Transposition der Dreieckslappen führt zur Verlängerung der Kontrakturdiagonalen und einer entsprechenden Verkürzung der Querdiagonale.
Bei W-Plastiken oder Stufenplastiken werden kleine Hautzipfel gegeneinander verschwenkt, also der gerade Narbenverlauf in einen sägezahnartigen Verlauf umgewandelt. Wobei auch hier wiederum ein Teil der Inzisionen in den Hautspannungslinien zu liegen kommt.
29.3.2
Freies Hauttransplantat
29.3.2 Freies Hauttransplantat
Durch frühzeitige Hauttransplantation kann die Wundheilung von flächenhaften Substanzdefekten der Haut – ohne freiliegende Knochen, Sehnen und Nerven – deutlich verkürzt werden. Als wichtigste Voraussetzung gilt ein gut vaskularisierter Transplantatgrund und eine vorherige Verringerung der Keimzahl durch meist mehrschrittige chirurgische Wundausschneidungen (Débridement) in Kombination mit einer enzymatischen Wundreinigung. Technik: Nach Aufbringen werden die Transplantate an den Rändern fixiert (Hautnähte, Klammernähte) und entweder offen unter visueller Kontrolle zur Vermeidung von Seromen und Hämatomen behandelt oder durch einen Druckverband auf den Wundgrund gepresst ( 1 B-29.4).
1 B-29.4
W- oder Stufenplastik: Sägezahnartiger Narbenverlauf, bei dem ein Teil der Narbe in den Spannungslinien zu liegen kommt.
Frühzeitige Hauttransplantation kann die Wundheilung flächenhafter Substanzdefekte der Haut deutlich verkürzen. Wichtigste Voraussetzung ist ein gut vaskularisierter und weitestgehend infektfreier Wundgrund. Dies wird durch chirurgisches Wunddébridement (Wundausschneidung) in Kombination mit einer enzymatischen Wundreinigung erreicht. Technik: Sichere Fixation an den Rändern, Vermeidung von Seromen und Hämatomen durch Druckverband ( 1 B-29.4).
Synopsis Technik der freien Hauttransplantation am Beispiel eines Wolfe-Krause-Lappens Das Transplantat wird dem Defekt angepasst und auf Stoß mit den Defekträndern vernäht. Das liegende Nahtmaterial wird gleichzeitig zum Einknüpfen eines Druckverbandes verwandt. Die Entfernung des Druckverbandes erfolgt nach 7, die des Nahtmaterials nach 14 Tagen. Spalthauttransplantate können mit Silikonnetzen (MephitelQ) fixiert werden.
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1304 Merke
Spalthauttransplantate Definition
Entsprechende Transplantate können an allen Körperregionen entnommen werden. Als ästhetisch unauffällig gelten die rasierte Kopfhaut und der Mons pubis ( 1 B-29.6). Die Reepithelialisierung dieser Areale erfolgt über die Epidermisauskleidung der Hautanhangsgebilde, insbesondere der Haarbälge.
29 Plastische Chirurgie
n Merke. Der Hebedefekt, insbesondere von Spalthauttransplantaten, darf in den ersten Monaten keiner starken Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden, da bei regenerierender Epidermis Sonnenbrände mit dauerhafter Pigmentstörung auftreten können.
Spalthauttransplantate n Definition. Hierbei handelt es sich um dünne tangentiale Transplantate von 200–500 mm Dicke, die Epidermis und Teile des Coriums enthalten ( 1 B-29.5).
Die Gewinnung einer homogenen Schichtdicke erfolgt mit Spezialmessern mit Rasierklingeneinsatz oder mit druckluftbetriebenen oder Elektrodermatomen. Grundsätzlich können von allen Körperregionen Spalthauttransplantate entnommen werden, wobei besonders bei Kindern wegen der Gefahr der hypertrophen Narbenbildung, Keloiden und Pigmentstörungen die Auswahl des Entnahmeortes sorgfältig bedacht werden muss. Als ästhetisch unauffällig gelten die rasierte Kopfhaut und der Mons pubis ( 1 B-29.6). Die Reepithelialisierung dieser Areale erfolgt über die Epidermisauskleidungen der Hautanhangsgebilde, insbesondere der Haarbälge.
1 B-29.5
Synopsis Komponentendarstellung der freien Hauttransplantate
Spalthautlappen dünn (0,2 – 0,3 mm) Epidermis Dermis
Spalthautlappen dick (0,4 – 0,5 mm) Vollhautlappen
Subkutis
Muskel
Bei der Deckung von kontaminierten Wunden oder großflächigen Arealen, wie z.B. bei Verbrennungen, empfiehlt sich die Aufarbeitung der Haut in Netztechnik (Meshgraft) ( 1 B-29.7).
Vorteil: Vergrößerung der Oberfläche und Gewährleistung der Sekretdränage, relativ sichere Einheilung. Nachteile: felderförmige Textur vom Meshgraft, Schrumpfungstendenz, Kontrakturen.
Bei der Bedeckung von kontaminierten Wunden oder großflächigen Arealen, wie z.B. bei Verbrennungen, empfiehlt sich die Aufarbeitung der Haut in Netztechnik (Meshgraft). Dazu werden in das Transplantat beim Durchziehen durch Messerwalzen multiple kurze Inzisionen gelegt. Durch die Maschen ist es möglich, die Haut auseinanderzuziehen, um größere Areale zu bedecken. Die rautenförmigen Zwischenräume epithelialisieren innerhalb weniger Tage ( 1 B-29.7). Als Vorteil dieser Methode gilt die relativ sichere Einheilung, Gewährleistung des Sekretabflusses durch die Zwischenräume und die Möglichkeit der Expansion der entnommenen Haut (klinisch gebräuchlich 1 : 1,5 bis 1 : 3). Nachteil ist die resultierende felderförmige Hauttextur, weshalb diese Technik im Gesicht, Halsausschnitt und in der Regel an der Hand nicht angewandt wird. Darüber hinaus besteht die Neigung zur Ausbildung dermatogener Kontrakturen.
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29.3.2 Freies Hauttransplantat
1 B-29.6
1305
Synopsis Entnahmebezirke Haut
Vollhauttransplantate
Spalthauttransplantate
Favorisierte Entnahmebezirke für Spalthaut und Vollhaut.
1 B-29.7
a
Synopsis Spalthauttransplantat
b
Spalthauttransplantat nach ausgedehnter Weichteilverletzung am Unterschenkel 1 Woche (a) und 6 Wochen (b) nach Transplantation.
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1306 Vollhauttransplantate Definition
Vollhauttransplantate werden aus Arealen mit Hautüberschuss entnommen (Gesäßfalte, Leisten, Oberarminnenseite, retroaurikulär ( 1 B-29.6). Bei Bedarf großer Hauttransplantate ist die Vordehnung der Haut durch subkutan implantierte Hautexpander möglich (s. 1 B-29.12 ).
Zur Prophylaxe dermatogener Kontrakturen kann die Anlage einer Kompressionsbandage über Monate erforderlich sein.
29.3.3 Hautlappen Definition
29 Plastische Chirurgie
Vollhauttransplantate n Definition. Vollhauttransplantate setzen sich aus Epidermis und dem gesamten Corium zusammen ( 1 B-29.5). Sie werden bevorzugt an mechanisch und motorisch belasteten Arealen eingesetzt (z.B. Ersatz der Lidhaut, flächige Defekte der Gesichts- und Halsregion, über Defekten an Hand und Fuß).
Vollhauttransplantate werden aus Arealen mit Hautüberschuss mit einem Skalpell nach Schablonenmaß entnommen (Gesäßfalte, Leisten, Oberarminnenseite, retroaurikulär), sodass in der Regel ein direkter Verschluss der Entnahmestelle nach Unterminierung der Hautränder möglich ist ( 1 B-29.6). Bei der Auswahl der Spenderregion muss die Übereinstimmung der Pigmentierung, die dem zu deckenden Hautdefekt entsprechen sollte, beachtet werden (im Gesicht möglichst retroaurikuläre Transplantate). Vollhauttransplantate ergeben akzeptable kosmetische Ergebnisse und unterliegen einer geringen Kontraktionstendenz. Als Nachteil ist der verbleibende Hebedefekt zu betrachten, der entweder durch eine Verschiebeplastik oder ein Spalthauttransplantat gedeckt werden muss. Bei Bedarf großer Hauttransplantate ist die Vordehnung der Haut durch subkutan implantierte Hautexpander möglich (s. 1 B-29.12). Zur Prophylaxe dermatogener Kontrakturen nach Hauttransplantationen in mechanisch beanspruchten Zonen (z.B. Axilla, Halsregion, Ellenbeuge) kann die Anlage einer Kompressionsbandage über Wochen bis Monate erforderlich sein.
29.3.3
Hautlappen
n Definition. Unter dem Begriff eines Lappens wird im Allgemeinen ein Gewebeblock verstanden, der aus Haut, dem darunter liegenden Subkutangewebe und erforderlichenfalls weiteren Geweben (z.B. Muskel, Knochen) besteht und im Gegensatz zum freien Hauttransplantat über eine eigenständige Blutversorgung verfügt.
Neben der Gewebezusammensetzung können die Lappen nach ihrer Verlagerungsform in lokale, Nah- und Fernlappen unterteilt werden. Entsprechend ihrer Gefäßversorgung werden weiterhin Random-pattern-Flaps von Axial-pattern-Flaps unterschieden. Lappen können lokal transponiert oder frei mit mikrochirurgischem Gefäßanschluss verpflanzt werden. Letzteres Vorgehen hat folgende Vorteile: π einzeitiges Vorgehen π verkürzter Klinikaufenthalt π fehlende Gelenkfixierung π verbesserte Durchblutung in Infektgebieten π keine Notwendigkeit der lokalen Gefäßeinsprossung π Möglichkeit einer sensiblen Rekonstruktion π kombinierte Transplantate, dem Defekt entsprechend.
Die Klassifikation der Lappen ist uneinheitlich. Neben der Gewebezusammensetzung können die Lappen nach dem Ort der Lokalisation des Spenderorgans in lokale Lappenplastiken, Nahlappen und Fernlappen unterteilt werden. Entsprechend ihrer Gefäßversorgung werden weiterhin Randompattern-Flaps (zufälliges Gefäßmuster) von Axial-pattern Flaps (Lappen mit zentraler Gefäßversorgung) unterschieden. Lappen können entweder lokal transponiert oder frei mit mikrochirurgischem Gefäßanschluss auf einen entfernten Defekt verpflanzt werden. Durch die freie Verpflanzung sind die früheren langwierigen Verfahren in multiplen Schritten wie die Wanderlappen oder gestielte Fernlappen weitgehend ersetzt worden. Dieses Vorgehen weist zahlreiche Vorteile auf: π einzeitiges Vorgehen π verkürzter Klinikaufenthalt π fehlende Gelenkfixierung π verbesserte Durchblutung in Infekt-/Defektgebieten π keine Notwendigkeit der lokalen Gefäßeinsprossung π Möglichkeit einer sensiblen Rekonstruktion π kombinierte Transplantate, dem Defekt entsprechend.
Weichteillappen
Weichteillappen
Haut-Fett-Lappen (Random-pattern Flaps) sind Lappen, die über keine eigene axiale Gefäßversorgung verfügen und nur durch die intradermalen sowie subkutanen Gefäßplexus
Haut-Fett-Lappen (Random-pattern Flaps) sind Lappen, die über keine eigene axiale Gefäßversorgung verfügen und nur durch die intradermalen sowie subkutanen Gefäßplexus ernährt werden. Bei der Präparation ist diesem Faktor Rechnung zu tragen. Ein Längen-Breiten-Verhältnis von 2:1 darf nicht überschritten werden, um durchblutungsbedingte Nekrosen zu ver-
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29.3.3 Hautlappen meiden. Solche Lappen verfügen über einen limitierten Schwenkradius. Typische Beispiele sind Bauchhaut- oder Mufflappen, lokale Fahnenlappen an der Hand und gestielte Hautlappen der Lider. Zu den Haut-Fett-Lappen gehört auch der Rundstiellappen oder Rolllappen. Er wird am Rumpf gebildet und dient zur Gewebeverlagerung an Kopf, Hals oder Gliedmaße. Unter Verwendung mehrerer Zwischenstationen kann er als sogenannter Wanderlappen für entfernte Defektdeckungen benutzt werden. Technisch wird ein Hautlappen an den offenen Rändern zu einer Rolle miteinander vernäht und bei gesicherter Durchblutung (ca. 2–3 Wochen) an einem Schenkel durchtrennt und an anderer Stelle neu implantiert. Bei guter Vaskularisation kann auch der verbliebene Schenkel durchtrennt werden. Dieses Verfahren wurde weitestgehend durch mikrovaskuläre Lappen ersetzt. Anders verhält es sich bei Lappen mit axialer Gefäßversorgung (Axial-pattern Flaps). Sie sind durch ein oder mehrere isolierte Gefäße durchblutet. Der Rotationsbogen ist daher größer und kann bei entsprechender Präparation 360Ω betragen. Die Lappengröße hängt von der anatomischen Gefäßversorgung ab. Hierzu gehören: π Leistenlappen: (Gefäßversorgung: A. circumflexa ilium superficialis oder profunda) Hauptanwendung: Defektdeckung im Bereich der Hand. Für die mikrochirurgische Transplantation wird er wegen des inkonstanten Gefäßstiels kaum noch verwendet. π Dorsalis-pedis-Lappen: (Gefäßversorgung: A. dorsalis pedis, Metatarsalarterien) ( 1 B-29.8). Hauptanwendung: Als rein mikrochirurgisch angeschlossener Lappen insbesondere bei Defekten an der Hand und im Kopf-Hals-Bereich. π Skapulalappen: (Gefäßversorgung: Hautast der A. circumflexa scapulae) Hauptanwendung: Lokale Defekte oder Defekte im Kopf-Hals-Bereich.
1 B-29.8
1307 ernährt werden. Diese Lappen sind im Schwenkradius limitiert (z.B. Bauchhautlappen oder gestielte Hautlappen der Lider). Zu den Haut-Fett-Lappen gehört auch der Rundstiel- oder Rolllappen. Er wird am Rumpf gebildet und dient zur Verlagerung an Kopf, Hals oder Gliedmaße. Als Wanderlappen kann er für entfernte Defektdeckungen verwendet werden.
Lappen mit axialer Gefäßversorgung (Axial-pattern Flaps) sind durch ein oder mehrere isolierte Gefäße durchblutet. Der Rotationsbogen ist daher größer und kann bei entsprechender Präparation 360 Ω betragen. Die wichtigsten sind: π Leistenlappen für Defektdeckungen im Bereich der Hand. π Dorsalis-pedis-Lappen ( 1 B-29.8) bei Defekten an der Hand und im Kopf-Hals-Bereich. π Skapulalappen bei lokalen Defekten und im Kopf-Hals-Bereich.
Synopsis Dorsalis-pedis-Lappen
A. tibialis anterior
A. dorsalis pedis
A. metatarsea dorsalis A. digitalis dorsalis
b 3 mögliche Stellen des Abgangs der A. metatarsea dorsalis prima
a
c
Die Entnahme erfolgt im Interdigitalbereich I/II (a, b) mit Darstellung der A. metatarsea dorsalis prima, die von der A. dorsalis pedis abzweigt. Hierbei gilt zu berücksichtigen, dass die A. metatarsea dorsalis zahlreiche Abgangsvarianten (c) aufweisen kann.
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29 Plastische Chirurgie
Darüber hinaus existieren noch eine Vielzahl von Lappenpräparationen an Lokalisationen, in denen ein dominanter Gefäßbaum einen Weichteilbezirk versorgt und ein gestieltes Transplantat gehoben werden kann.
Darüber hinaus existieren noch eine Vielzahl von Lappenpräparationen an Lokalisationen, in denen ein dominanter Gefäßbaum einen Weichteilbezirk versorgt und ein gestieltes Transplantat gehoben werden kann (z.B. der an der A. temporalis superficialis gestielte Temporalis-Hautlappen mit Haaren zur Rekonstruktion der Augenbraue).
Fasziokutanlappen
Fasziokutanlappen
Durch axiale Gefäßversorgung eines Gewebeblocks aus Faszie mit darüber liegender Subkutis und Haut besteht die Möglichkeit der Präparation besonders sicherer Hautlappen. Hierzu gehört der Unterarmlappen, der zur Defektdeckung bei Handdefekten mit freiliegenden Sehnen verwendet wird.
Durch axiale Gefäßversorgung eines Gewebeblocks aus Faszie mit darüber liegender Subkutis und Haut besteht die Möglichkeit der Präparation besonders gesicherter Hautlappen. Hierzu gehört der Unterarmlappen (Gefäßversorgung: A. radialis), der zur Defektdeckung, distal gestielt an der A. radialis und Subkutanvenen, bei Handdefekten mit freiliegenden Sehnen verwendet wird. Als mikrochirurgisches Transplantat wird er vorwiegend bei Defekten im Kopf-Hals-Bereich eingesetzt. Darüber hinaus werden verschiedene fasziokutane Lappen der Unterschenkelregion zur Defektdeckung in unmittelbarer Nachbarschaft (z.B. prätibial) angewandt.
Muskellappen und myokutane Lappen
Muskellappen und myokutane Lappen
Muskellappen mit axialer Gefäßversorgung dienen zur Defektdeckung in Gebieten, bei denen eine primäre Hauttransplantation ungeeignet ist. Auf diese Weise wird eine transplantationsfähige Unterlage geschaffen. Die Deckung kann mit Spalthaut erfolgen. Myokutane Lappen sind die Kombination eines Muskels mit der darüber liegenden Haut in gleicher metrischer Ausdehnung. Beide Verfahren dienen besonders zur Deckung von freiliegenden Knochen und Gelenkanteilen oder als Muskelplombe bei der ausgeräumten Osteomyelitis.
In zahlreichen Kombinationen werden sie zur Defektdeckung an der Körperoberfläche verwendet. Entweder kommen alleinige Muskellappen, die durch ein axiales Gefäß versorgt werden, zur Anwendung (Muskellappen), oder es wird eine darüber liegende Hautinsel, die durch Perforansgefäße versorgt wird, mit eingeschlossen (Myokutanlappen). Der sehr gut durchblutete Muskelanteil dient bei vielen Defekten zur Auffüllung oder als Ersatz verloren gegangener Muskelfunktionen. Eine besondere Bedeutung findet das Verfahren der Muskelplombe bei Knochendefekten und bei der Behandlung der Osteomyelitis (s. a. Kap. 27.1.4). Hier kann nach radikaler Ausräumung osteomyelitischer Knochenherde durch Auffüllen des verbleibenden Defektes mit dem gut vaskularisierten Muskel die Infektion beeinflusst werden. Die darüber liegende Haut wird nach Bedarf positioniert und entsprechend der Defektgröße ausgewählt. Bei Anwendung eines reinen Muskellappens erfolgt eine Deckung mit Spalthaut.
Kombinierte Lappenplastiken
Kombinierte Lappenplastiken
Durch den Einschluss entsprechender knöcherner Anteile in Muskellappen oder Hauttransplantate ergeben sich weitere Kombinationsmöglichkeiten. Osteokutane oder osteomyokutane Transplantate ermöglichen komplexe Rekonstruktionen im Kopf-Hals-Bereich (Unterkiefer, Mundhöhlenersatz). Hierzu gehören: π Unterarmlappen π Leistenlappen π Fußrückenlappen.
Durch den Einschluss entsprechender knöcherner Anteile in Muskellappen oder Hauttransplantate ergeben sich weitere Kombinationsmöglichkeiten. Osteokutane oder osteomyokutane Transplantate ermöglichen komplexe Rekonstruktionen im Kopf-Hals-Bereich (Unterkiefer, Mundhöhlenersatz). Hierzu gehören: π Unterarmlappen: (Gefäßversorgung: A. u. V. radialis, mit Einschluss eines Teils des Radius) Anwendung: Unterkieferbereich, Handrekonstruktion. π Leistenlappen: (Gefäßversorgung: A. u. V. cicumflexa ilium profunda, Einschluss eines Beckenkammsegments) Anwendung: Deckung von Handdefekten als Nah- oder Rundstiellappen. π Fußrückenlappen: (Gefäßversorgung: A. u. V. dorsalis pedis, Einschluss Os metatarsale II) Anwendung: Der Metatarsaleknochen kann zur besseren Konturierung, z.B. als Unterkieferersatz, innerhalb des erhaltenen Periostschlauchs osteotomiert werden.
Insellappen
Insellappen
Als Insellappen werden Lappenplastiken bezeichnet, bei denen das gestielte Transplantat mit seiner Hautinsel am Defektort ausgeleitet wird. Typische Anwendungsgebiete stellen die Rekonstruktion der weiblichen
Als Insellappen werden Lappenplastiken bezeichnet, bei denen das gestielte Transplantat mit seiner Hautinsel am Defektort ausgeleitet wird. Typische Anwendungsgebiete stellen die Rekonstruktion der weiblichen Brust durch Latissimus-dorsi-Lappen ( 1 B-29.9) oder der TRAM-Lappen dar. TRAM steht hierbei für transverse rectus abdominis myocutaneous und heißt, dass es sich
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29.3.3 Hautlappen
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um einen horizontal geschnittenen und über die Gefäße des M. rectus abdominis ernährten Muskel-Fettgewebe-Hautlappen handelt ( 1 B-29.10).
Brust durch Latissimus-dorsi-Lappen ( 1 B-29.9) oder der TRAM-Lappen dar ( 1 B-29.10).
1 B-29.9
Synopsis Latissimus-dorsi-Lappen
A. subscapularis
A. circumflexa scapulae
A. thoracodorsalis
a
b
a Gefäßversorgung durch die A. throacodorsalis mit Begleitvenen. Die Gefäße bilden den Drehpunkt.
1 B-29.10
b Mögliche Schnittführungen für Latissimus-dorsiLappen.
Synopsis Rectus-abdominis-Lappen, TRAM-Lappen
Er basiert auf dem vertikal verlaufenden Gefäßmuster, das auf seiner tiefen Oberfläche und in der Muskelmasse zusammen mit den perforierenden Gefäßen verläuft (a). Als kranial gestielter Lappen dient er zur Rekonstruktion der Brust (b) (s.a. 1 B-29.19) und kann als kaudal gestielter Lappen zur Bauchdeckenplastik verwandt werden. Eine Transposition auf Leiste und Oberschenkel ist möglich (c).
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29 Plastische Chirurgie Beide Lappen eignen sich zur Rekonstruktion der weiblichen Brust. Der Hebedefekt der transponierten Hautinsel wird in der Regel primär verschlossen, sodass relativ begrenzte Narben entstehen. Wird ein solches Hautareal isoliert sensibel versorgt, so kann damit auch am Defektort eine sofortige Wiederherstellung der Sensibilität erreicht werden. Dies Verfahren wird bevorzugt an der Hand verwendet (s.a. 1 B-28.10, S. 1263).
Der Hebedefekt der transponierten Hautinsel wird in der Regel primär verschlossen. Wird ein solches Hautareal isoliert sensibel versorgt, so kann damit auch am Defektort eine sofortige Wiederherstellung der Sensibilität erreicht werden. Dieses Verfahren wird bevorzugt an der Hand verwendet (s.a. 1 B-28.10, S. 1263).
Rotationslappen
Rotationslappen
Der Rotationslappen dient zur Deckung eines Primärdefektes, vornehmlich im Gesicht oder Sakralbereich (z.B. Dekubitalulzera). Hierbei wird angrenzendes Gewebe in den Defekt gedreht. Wird der Lappen lateral verschoben, heißt er Schwenklappen. Oft liegen Kombinationen beider Prinzipien vor ( 1 B-29.11).
Der Rotationslappen dient zur Deckung eines Primärdefektes, vornehmlich im Gesicht oder Sakralbereich. Hierbei wird angrenzendes Gewebe in den Defekt gedreht. Wird der Lappen lateral verschoben, heißt er Schwenklappen ( 1 B-29.11).
1 B-29.11
Synopsis Rotationslappen
Spannungslinien ohne Rückschnitt
Lappen und Defekt bilden einen Halbkreis. Nach Defektdeckung entsteht eine Spannungsdifferenz beidseits der Nahtlinie, die in direkter Beziehung zur Lappengröße steht. Durch eine zusätzliche Inzision an der Basis des Lappens, den sogenannten Rückschnitt, kann die Spannung auf die gesamte Nahtlinie verteilt werden.
mit Rückschnitt
Grundsätzlich handelt es sich um individuelle Lösungen, deren Handhabungen nicht standardisiert werden können. Ihre Anwendung setzt eine große Erfahrung voraus, da größere Durchblutungsstörungen zu schweren Entstellungen führen können. Gewebeexpander
Gewebeexpander
Durch subkutan implantierte Kunststoffreservoirs kann durch langsame Füllung mit NaCl über 8–12 Wochen eine Vordehnung der Haut um das 2–3fache erreicht werden. Hauptanwendungsgebiet: Korrektur von Narbenfeldern an Rumpf und Extremitäten, Alopeziearealen des Schädels und der Aufbau der weiblichen Brust ( 1 B-29.12).
Mit der Expandertechnik steht ein Verfahren zur Verfügung, das die Züchtung von fasziokutanen Lappen, Haut-Fettlappen oder Vollhaut durch Vordehnung ermöglicht. Dazu wird subkutan ein Gewebeexpander implantiert, der über ein ebenfalls subkutan gelegenes Ventil mit Kochsalzlösung aufgefüllt wird. Damit sind innerhalb von 8–12 Wochen Dehnungen auf das 2–3fache möglich. Voraussetzungen zur Durchführung des Verfahrens sind ein infektfreies Operationsgebiet und vollwertige Haut. Hauptanwendungsgebiete sind die Korrektur von Narbenfeldern an Rumpf und Extremitäten, Alopezieareale des Schädels und der Aufbau der weiblichen Brust ( 1 B-29.12).
1 B-29.12
Synopsis Subkutane Implantation eines Gewebeexpanders bei einem posttraumatischen Defekt der Kopfhaut Nach schrittweiser Auffüllung des Expanders mit NaCl-Lösung (2) und der damit verbundenen Überdehnung der Kopfhaut (a, b) kann der überschüssige Weichteilmantel in den Defekt (1) eingenäht werden (c, d).
2 1 b
a
c
d
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29.3.3 Hautlappen
Lokale Lappenplastiken
Lokale Lappenplastiken
Zur Deckung begrenzter Hautdefekte lassen sich lokale Lappen, die Haut, Subkutis und ggf. Faszie beinhalten, bilden. Das zu verschiebende Gewebe bleibt teilweise mit der ursprünglichen Haut in Verbindung und erhält hierdurch seine Gefäßversorgung. Vorteil ist das identische Hautkolorit, die gleichartige Textur und die erhaltene Sensibilität. Das Ausmaß der Defektdeckung ist allerdings durch das zur Verfügung stehende Gewebe limitiert. In Abhängigkeit von ihrer Gefäßversorgung lassen sich auch hier Randompattern Flaps von Axial-pattern Flaps unterscheiden. Random-pattern Flaps ( 1 B-29.13): π Verschiebeschwenklappen: Die Lappen werden so angelegt, dass sowohl der Defekt als auch das zu verschiebende Gewebe in einem Halbkreis liegen. Die Rotation hängt von der Elastizität des umliegenden Gewebes ab. π Rhombuslappen: Er dient ebenfalls zur Deckung nach Exzision kleiner Tumoren. π Extensions- oder Vorschiebelappen: Er dient zur Deckung kleiner Hautdefekte. Nach paralleler Inzision in Defektbreite wird der mobilisierte Lappen gegen den Defekt vorgeschoben und mit Nähten fixiert. Die am Lappenende entstehenden Dreiecke können nach Exzision ebenfalls primär verschlossen werden. π Bilobed flap: Es handelt sich um einen 2-blättrigen Lappen, der von einem Gewebestiel aus versorgt wird. Er wird dann angewendet, wenn in der Umgebung des Defektes ein Gewebeüberschuss vorhanden ist. Mit dem 1. Blatt wird der Primärdefekt verschlossen. Das 2. Blatt dient zur spannungsfreien Deckung des Hebedefektes.
Sie dienen der Deckung begrenzter Hautdefekte. Der Lappen bleibt teilweise mit der ursprünglichen Haut in Verbindung und erhält hierdurch seine Gefäßversorgung. Das Ausmaß der Deckung ist jedoch limitiert.
1 B-29.13
Man unterscheidet Random-pattern Flaps ( 1 B-29.13) und Axial-pattern Flaps. Random-pattern Flaps: π Verschiebeschwenklappen: Sowohl der Defekt als auch der zu verschiebende Anteil liegen in einem Halbkreis. π Rhombuslappen: Er dient zur Deckung kleiner Hautdefekte. π Extensions- oder Vorschiebelappen: Sie dienen ebenfalls zur Deckung kleiner Hautdefekte. π Bilobed flap: Der 2-blättrige Lappen wird dann angewendet, wenn in der Umgebung der Defekte ein Gewebeüberschuss vorhanden ist. Das 1. Blatt verschließt den Primärdefekt, das 2. Blatt deckt den Hebedefekt.
Synopsis Schematische Darstellung lokaler Lappenplastiken (Random-pattern Flaps) im dorsalen Rumpfbereich
2
2
4
1
a
4
3
3
a Schnittführung.
1
b b Zustand nach Hautnaht. 1 Verschiebeschwenklappen 2 Rhombuslappen 3 Bilobed flap 4 Extensions- oder Vorschiebelappen Die Rotationsrichtung ist durch Pfeile markiert
Axial-pattern Flaps: π Glabellalappen (medianer Stirnlappen): Die Versorgung wird durch die supraorbital-supratrochlearen Gefäße gewährleistet. Er dient zur Defektdeckung im Bereich der Nase, hat jedoch nur eine eingeschränkte Reichweite ( 1 B-29.14). π Fingerstirnlappen: Hierbei handelt es sich um einen bis zum Haaransatz verlängerten Glabellalappen. Er dient zur Deckung entfernterer Defekte im Bereich von Nase und Wange. Seine Länge wird durch die Stirnhöhe
Axial-pattern Flaps: Glabellalappen ( 1 B-29.14): Er findet seine Anwendung zur Defektdeckung im Bereich der Nase.
π
π
Fingerstirnlappen ( 1 B-29.15): Sein Ziel ist die Deckung entfernter Defekte im Bereich von Nase und Wange.
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29 Plastische Chirurgie limitiert, während seine Breite durch den anzustrebenden Primärverschluss des Hebedefektes begrenzt wird ( 1 B-29.15).
1 B-29.14
Synopsis Glabellaverschiebelappen
a
b
Der Glabellalappen oder mediane Stirnlappen eignet sich zur Deckung von Defekten im Nasenrückenbereich (z.B. Traumafolge oder Tumorexzision) (a). Die Reichweite des Lappens ist jedoch limitiert (b).
1 B-29.15
a
Synopsis Fingerstirnlappen
b
c
Der Fingerstirnlappen ermöglicht die Deckung eines paranasalen Defekts bei gehobenem Tumor (a, b). Der Lappen gestattet den direkten Verschluss sowohl des Hebedefektes als auch der Lappenentnahmestelle (c).
29.4
Bauchwandrekonstruktion
Große Bauchwanddefekte durch Trauma, Infektion, Tumorchirurgie oder aktinische Schäden sind in der Regel einem primären Verschluss nicht zugänglich. Das lokale Gewebe ist oft infiziert und narbig verändert. Die fehlende Fasziendeckung resultiert schließlich in Hernien. Die Defekte können im Hinblick auf die Rekonstruktion in 3 Zonen eingeteilt werden: π Zone I: oberes Abdomen und Epigastrium. Zur Rekonstruktion eignen sich: Rectus-abdominis-, Obliquusexternus- und Latissimus-dorsiLappen. π Zone II: Mitte des Abdomens bis oberhalb der Symphyse und lateral bis an beide Flanken.
29.4
Bauchwandrekonstruktion
Große Bauchwanddefekte durch Trauma, Infektion, Tumorchirurgie oder aktinische Schäden sind in der Regel einem primären Verschluss nicht zugänglich. Das lokale Gewebe ist oft infiziert und narbig verändert. Die fehlende Fasziendeckung resultiert schließlich in Hernien. Die ideale Wiederherstellung beinhaltet die normalen Wandschichten mit durchbluteter Faszie, Subkutangewebe und Haut. Das technische Vorgehen setzt jedoch die Kenntnis der vaskulären Anatomie der Haut voraus. Die Defekte können im Hinblick auf die Rekonstruktion in 3 Zonen eingeteilt werden: π Zone I: Dieses Gebiet betrifft das obere Abdomen und Epigastrium. Es reicht anatomisch vom Xiphoid bis zum Nabel und ist lateral durch die mittlere Axillarlinie begrenzt. Zur Rekonstruktion eignen sich der Rectus-abdominis-, der Obliquus-externus- und der Latissimus-dorsi-Lappen. π Zone II: Sie erstreckt sich von der Mitte des Abdomens, periumbilikal bis 2 cm oberhalb der Symphyse und reicht lateral bis an beide Flanken.
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1313
29.5.1 Augmentationsplastik
π
Für eine Rekonstruktion hat sich der Tensor-fasciae-latae-Lappen bewährt, der sowohl eine Faszien- als auch Hautdeckung gewährleistet. Alternative Verfahren sind der Rectus-abdominis-, Rectus-femoris-, Obliquus-externus- und der Leistenlappen. Zone III: In diesen Bereich fallen die suprapubische Region und die Leistenregion. Defekte in diesem Gebiet sind häufig durch Hernien, infizierte Knochen und freiliegende Gefäße kompliziert. Für eine Defektdeckung bieten sich neben dem Tensor-fasciae-latae- und dem Rectus-abdominis-Lappen zahlreiche Muskellappen des Oberschenkels an.
29.5
Plastische Chirurgie der weiblichen Brust
29.5.1
Augmentationsplastik
Bei diesem Eingriff handelt es sich um eine kosmetische Operation, die eher durch den psychischen Leidensdruck der Patientin als durch eine zwingende medizinische Indikation vorgenommen wird. Aus diesem Grund muss das Ergebnis höchsten Anforderungen entsprechen. Die Indikation basiert im Wesentlichen auf einer Mikromastie infolge Hypoplasie, einer Atrophie, einer Asymmetrie oder aber einem Zustand nach subkutaner Mastektomie. Zur Augmentation der Brust stehen ausschließlich Silikonimplantate zur Verfügung. Diese Implantate unterscheiden sich in Größe, Struktur, Form und Profil. Wegen der möglichen Kapselfibrose glattwandiger Prothesen werden zunehmend Implantate mit aufgerauter Oberfläche benutzt. Diese haben eine Reduktion der beobachteten Fibrose von 20–40 % auf 3 % bewirkt. Die Lokalisation des Implantats kann subglandulär (präpektoral) oder aber teilweise submuskulär (subpektoral) erfolgen. Das einfachste und häufigste Verfahren ist die subglanduläre Implantation ( 1 B-29.16).
1 B-29.16
Zur Rekonstruktion geeignet: Tensorfasciae-latae-Lappen. π Zone III: suprapubische und Leistenregion. Zur Rekonstruktion geeignet: Tensor-fasciae-latae- und Rectusabdominis-Lappen.
29.5
Plastische Chirurgie der weiblichen Brust 29.5.1 Augmentationsplastik Bei diesem Eingriff handelt es sich um eine kosmetische Operation, die durch den psychischen Leidensdruck der Patientin erwirkt wird. Indikation: Mikromastie, Atrophie, Asymmetrie oder Zustand nach subkutaner Mastektomie. Methode: Silikonimplantate werden subglandulär oder submuskulär eingebracht ( 1 B-29.16).
Synopsis Augmentationsplastik
M. pectoralis major
Silikonimplantat
a Subglandulär (präpektoral) implantierte Silikonprothese.
b Submuskuläre (subpektoral) implantierte Silikonprothese.
Zu den Komplikationen gehören Hämatome (2–6 %), Kapselfibrose (3 %) und Infektionen mit 1 %. Ferner kann das Auslaufen von füllbaren Prothesen beobachtet werden. Während ein Hämatom punktiert werden kann, muss bei einer Infektion das Implantat entfernt werden.
Komplikationen: Hämatom (2–6 %), Kapselfibrose (3 %), Infektion (1 %).
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1314
29 Plastische Chirurgie
Reduktionsplastik
29.5.2 Reduktionsplastik
29.5.2
Indikation Bei pathologischen Veränderungen der Brust, die zu funktionellen Beeinträchtigungen wie Fehlhaltungen und Schmerzen im Hals- und Wirbelsäulenbereich führen sowie bei psychischem Druck.
Im Gegensatz zur Augmentation wird die Reduktion bei pathologischen Veränderungen der Brust durchgeführt, die zu funktionellen Beeinträchtigungen der Patientinnen führen. Hierzu gehören insbesondere Fehlhaltungen und Schmerzen im Hals- und Wirbelsäulenbereich. Bei adoleszenten Frauen kann der psychische Druck im Vordergrund stehen.
Merke
Operationstechnik Präoperative Bestimmung der Mamillenposition, Resektion von überschüssigem Fettgewebe und Haut, Neuformierung der Brust ( 1 B-29.17).
n Merke. Jeder Reduktionsplastik muss der Ausschluss eines Mammakarzinoms vorausgehen.
Die zahlreichen Operationstechniken unterscheiden sich nur durch Modifikationen. Gemeinsam ist ihnen das präoperative Festlegen der Mamillenposition, die Resektion von überschüssigem Fett und überschüssiger Haut sowie die Neuformierung der Brust ( 1 B-29.17).
1 B-29.17
Synopsis Mammareduktionsplastik nach Strömbeck
a a'
a Anzeichnen der Umschneidungsform des lateralen und medialen Hautlappens. Sie muss mit der Länge der Inzision in der Submammärfalte übereinstimmen (a = a’).
Merke
b Der farbige Bereich wird deepithelialisiert und nach der Reduktion von Fettgewebe der unterminierten Haut unterlegt.
n Merke. Während der Operation kann ein transfusionsbedürftiger Blutverlust auftreten. Deshalb wird präoperativ die Eigenblutspende empfohlen.
Komplikationen: Hämatom (2,7–6 %), Infektion (3–5 %), Mamillennekrose (0,5–7 %), Fettgewebsnekrose (2–5 %), Verlust der Mamillensensibilität (bis zu 50 %).
Zu den Komplikationen gehören neben Hämatomen (2,7–6 %) und Infektionen (3–5 %) auch der Verlust der Mamillensensibilität (bis zu 50 %). Darüber hinaus kann es zu Mamillennekrose (0,5–7 %) und Fettgewebsnekrosen (2–5 %) kommen.
29.5.3 Brustrekonstruktion
29.5.3
Die durch Mastektomie entstandene Verstümmelung kann durch eine chirurgische Rekonstruktion teilweise korrigiert werden, indem zumindest die weibliche Körperkontur wiederhergestellt wird. Es stehen 2 Verfahren zur Verfügung: die autologe und die heterologe Rekonstruktion.
Die durch Mastektomie entstandene Verstümmelung kann durch eine chirurgische Rekonstruktion bis zu einem gewissen Grade korrigiert werden, indem zumindest die weibliche Körperkontur wiederhergestellt wird. Zur Brustrekonstruktion stehen 2 Verfahren zu Verfügung: einerseits die autologe Rekonstruktion mit körpereigenem Gewebe und andererseits die heterologe Rekonstruktion mit körperfremdem Material.
Brustrekonstruktion
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1315
29.5.3 Brustrekonstruktion
Autologe Rekonstruktion
Autologe Rekonstruktion
Unter den Möglichkeiten, körpereigenes Gewebe zur Rekonstruktion zu verwenden, haben sich die myokutanen Lappenplastiken durchgesetzt. Lappenplastiken sind indiziert, wenn bei großen Hautdefekten das ortsständige Gewebe nicht ausreicht. Hierfür haben sich der Latissimus-dorsi-Lappen und der transversale Rectus-abdominis-Muskel-(TRAM-)Lappen bewährt. Der Latissimus-dorsi-Lappen ( 1 B-29.18) wird mit einer spindelförmigen Hautinsel entnommen und tunneliert in die Haut zur Brustwand transponiert. Der Hebedefekt kann primär vernäht werden. Allerdings ist das Volumen dieses Insellappens für eine adäquate Größe meist unzureichend, sodass oft ein zusätzliches heterologes Implantat erforderlich wird. Voraussetzung für diesen Eingriff ist, dass weder Muskel noch Gefäßarkaden durch die vorausgegangene Operation und Nachbestrahlung beschädigt wurden.
Sie ist eine Domäne der myokutanen Lappenplastiken.
1 B-29.18
Der Latissimus-dorsi-Lappen ( 1 B-29.18) reicht häufig in seiner Größe nicht aus, sodass zusätzlich ein heterologes Implantat erforderlich wird.
Synopsis Brustrekonstruktion mit einem gestielten Latissimusdorsi-Lappen
Der gestielte Latissimus-dorsi-Lappen wird mit einem spindeligen Hautlappen tunneliert gegen die Brustwand transponiert. Der Hebedefekt kann primär verschlossen werden.
Beim TRAM-Lappen ( 1 B-29.19) handelt es sich um einen voluminösen Lappen, der entweder kontralateral gestielt oder als freier mikrovaskulärer Gewebetransfer vorgenommen werden kann. Durch die Reduktion des Lappengewebes kann die Rekonstruktion der gesunden Seite nahezu angeglichen werden. Als Komplikationen können partielle Nekrosen der Lappen auftreten.
Der TRAM-Lappen ( 1 B-29.19) wird entweder kontralateral gestielt oder als freier mikrovaskulärer Gewebetransfer vorgenommen. Als Komplikationen können partielle Nekrosen der Lappen auftreten.
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1316 1 B-29.19
29 Plastische Chirurgie
Synopsis Brustrekonstruktion mit einem gestielten TRAM-Lappen
a
b
a Lappenumschneidung.
c
b Lappenhebung.
c Lappentransfer.
Heterologe Rekonstruktion
Heterologe Rekonstruktion
Als heterologe Implantate stehen Silikonprothesen, Hautexpander und permanente Expanderprothesen zur Verfügung.
Zu den postoperativen Komplikationen gehören neben dem Hämatom und der Infektion die Prothesendislokation und die Kapselfibrose sowie -kontraktur.
Als heterologe Implantate stehen Silikonprothesen, Hautexpander und permanente Expanderprothesen zur Verfügung. Die subpektorale Einlage von Implantaten ist einfach und für die Sofortrekonstruktion z.B. nach subkutaner Mastektomie geeignet. Liegt ein unzureichender Hautmantel vor, kann die Haut durch einen subkutanen Expander gedehnt werden. Später kann dieser durch ein Silikonimplantat ersetzt werden. Neuerdings finden permanente Expander Anwendung, die nicht mehr entfernt werden müssen. Ihr Vorteil ist es, das Brustvolumen langsam der Gegenseite anpassen zu können. Als Nachteil gelten der Dehnungsschmerz und die meist unnatürliche Brustform. Zu den postoperativen Komplikationen gehören neben dem Hämatom und der Infektion die Prothesendislokation und die Kapselfibrose sowie -kontraktur.
29.6
29.6
Ästhetische Chirurgie
Ästhetische Chirurgie
Die ästhetische Chirurgie (kosmetische Chirurgie) befasst sich mit der Korrektur angeborener, erworbener und altersbedingter Veränderungen, die keine Erkrankungen im engeren Sinne darstellen.
Die ästhetische Chirurgie (kosmetische Chirurgie) befasst sich mit der Korrektur angeborener, erworbener oder altersbedingter Veränderungen, die keine Erkrankungen im engeren Sinne darstellen. Im Vordergrund steht die Beeinträchtigung der Lebensqualität und ggf. eine psychische Belastung. Zu den bekanntesten Eingriffen gehören:
29.6.1 Blepharoplastik
29.6.1
Hierunter ist die Entfernung von überschüssiger Haut und Fettgewebe an Ober- und Unterlid zu verstehen ( 1 B-29.20).
Ein Überschuss an Ober- und Unterlidhaut führt zu einer erheblichen Veränderung des Gesichtsausdrucks. Bekannt sind die als Tränensäcke bezeichneten Herniationen von periorbitalem Fettgewebe an den Unterlidern. Am Oberlid werden die überschüssigen Hautfalten reseziert und evtl. orbitales Fettgewebe entfernt. Der Wundverschluss erfolgt dann mit einer Intrakutannaht oder Einzelknopfnähten ( 1 B-29.20). Am Unterlid werden durch eine subziliare Inzision Haut und M. orbicularis oculi eröffnet. Nach Erreichen des orbitalen Septums finden sich 3 Fettpols-
Blepharoplastik
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29.6.2 Rhinoplastik ter, die bis zum infraorbitalen Rand entfernt werden. Überschüssige Haut wird reseziert und die Wunde atraumatisch verschlossen ( 1 B-29.20). Als Komplikation kann es durch übermäßige Hautentfernung oder Narbenkontrakturen zu freiliegenden Konjunktiven kommen.
1 B-29.20
Synopsis Blepharoplastik
1
1
2
2
3
3
Als Komplikation kann es durch übermäßige Hautentfernung oder Narbenkontrakturen zu freiliegenden Konjunktiven kommen.
4 a Am Oberlid 1 spindelförmige Exzision überschüssiger Haut 2 falls erforderlich, Resektion orbitalen Fettgewebes 3 atraumatische Wundnaht.
29.6.2
b Am Unterlid 1 subziliare Inzision 2 Resektion von ektropionierten Fettpolstern 3 Liften des unteren Wundrandes zur Resektion überschüssiger Haut 4 atraumatischer Wundverschluss.
Rhinoplastik
Das äußere Erscheinungsbild der Nase kann kongenital, im Rahmen des Wachstums oder traumatisch erworben erheblich verändert sein. Eine Korrektur kann einerseits zur Veränderung der äußeren Kontur und andererseits zur Funktionsverbesserung vorgenommen werden. Grundsätzlich erfolgt der Umbau des Knochen-Knorpelgerüstes durch einen transnasalen Zugang. Posttraumatische Nasendeformitäten sind häufig mit
29.6.2 Rhinoplastik Das äußere Erscheinungsbild der Nase kann kongenital, im Rahmen des Wachstums oder traumatisch erworben erheblich verändert sein. Eine Korrektur kann einerseits zur Veränderung der äußeren Kontur und
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1318
29 Plastische Chirurgie
andererseits zur Funktionsverbesserung vorgenommen werden. Grundsätzlich erfolgt der Eingriff durch einen transnasalen Zugang.
einer Septumdeviation verbunden, die die Nasenatmung behindert und die Stimme verändern kann. Die Septumdeviation kann im Rahmen einer Rhinoplastik behoben werden.
29.6.3 Otoplastik
29.6.3
Als bekannteste Deformität am Ohr treten durch die nicht vorhandene Anthelixfalte abstehende Ohren auf. Ziel der Otoplastik ist die Wiederherstellung der Anthelixfalte ( 1 B-29.21).
Als bekannteste Deformität am Ohr treten durch die nicht vorhandene Anthelixfalte abstehende Ohren auf. Den verfügbaren Operationsverfahren ist die Wiederherstellung der Anthelixfalte mit Inzision des Cavum conchae gemeinsam. Von retroaurikulär wird der Knorpel nach Markierung der Anthelix in der Breite der neu zu bildenden Anthelix inzidiert und mit einer Fräse ausgedünnt, sodass er sich spannungsfrei durch resorbierbares Nahtmaterial falten lässt ( 1 B-29.21).
Otoplastik
1 B-29.21
Synopsis Otoplastik (Anthelixplastik)
a Nach präoperativer Markierung der neu zu gestaltenden Anthelixfalte erfolgt von retroaurikulär die Knorpelinzision mit Ausdünnung der gesamten Knorpelfläche.
a
b Die Neubildung der Anthelixfalte erfolgt durch Faltung des abgeschliffenen Knorpels mit resorbierbarem Nahtmaterial.
b
c Durch den Zug beim Knüpfen der Fäden wird die Form der Ohrmuschel bestimmt.
c
Facelift
29.6.4 Facelift
29.6.4
Übermäßige Faltenbildung im unteren und mittleren Gesichtsdrittel und am Hals lässt sich durch eine Gesichts- und Halsstraffung beseitigen ( 1 B-29.22).
Übermäßige Faltenbildung im unteren und mittleren Gesichtsdrittel und am Hals lässt sich durch eine Gesichts- und Halsstraffung beseitigen. Es werden 2 symmetrische Inzisionen von der Haargrenze nach präaurikulär und über den postaurikulären Sulkus wiederum in die Haargrenze gelegt. Nach Anheben von 2 Wangenlappen mit einer dünnen Subkutanschicht werden diese nach kraniookzipital verlagert und so reseziert, dass eine Wiederver-
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29.6.5 Fettabsaugung (Liposuction, Suction lipectomy) einigung mit dem kranialen Inzisionsrand möglich wird. Die Glättung der kollaren Haut verlangt zusätzlich ein Anspannen des Platysma auch medial und aurikulär ( 1 B-29.22). Die Nasolabialfalte wird durch den Eingriff wenig beeinflusst. Als schwerwiegende Komplikation kann eine Hämatombildung mit Hautverlust prä- und postaurikulär sowie eine Verletzung der Fazialisäste auftreten.
1 B-29.22
Als schwerwiegende Komplikation kann eine Hämatombildung mit Hautverlust prä- und postaurikulär sowie eine Verletzung der Fazialisäste auftreten.
Synopsis Faceliftoperation zur Wangen-Hals-Straffung
a Inzisionslinienverlauf.
29.6.5
1319
b Anheben der Wangenlappen nach kraniookzipital.
c Nach Resektion Nahtverlauf am kranialen Inzisionsrand.
Fettabsaugung (Liposuction, Suction lipectomy)
Eine Veränderung der Körperkontur kann durch eine Beseitigung überschüssigen Fettgewebes durch subkutane Absaugung erzielt werden. Das Verfahren wird bevorzugt an der lateralen und posterioren Hüfte, dem medialen Oberschenkel, dem unteren Abdomen und unterhalb des Kinns angewandt. Eine generalisierte Adipositas und Stammfettsucht stellen keine Indikation dar. Voraussetzung ist, dass sich eine überdehnte Haut genügend retrahieren kann und eine subkutane Fettschicht belassen wird.
29.6.5 Fettabsaugung (Liposuction, Suction lipectomy) Eine Veränderung der Körperkontur kann durch eine Beseitigung überschüssigen Fettgewebes durch subkutane Absaugung erzielt werden. Das Verfahren wird bevorzugt an der lateralen und posterioren Hüfte, dem medialen Oberschenkel, dem unteren Abdomen und unterhalb des Kinns angewandt. Eine generalisierte Adipositas und Stammfettsucht stellen keine Indikation dar.
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1321 30
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
30
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Entzündungen
Thomas Kreusch Der Ausdruck des Gesichts prägt die Individualität des Menschen, Veränderungen des Gesichts ziehen große Veränderungen im sozialen Bereich und in der Kommunikation nach sich. Operative Eingriffe im Gesicht müssen mit chirurgischer Perfektion, einem Sinn für Ästhetik und mit dem Bestreben, das individuelle Optimum zu erhalten oder wiederherzustellen, vorgenommen werden. Häufig ist hier die Zusammenarbeit zwischen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Chirurgen, Hals-Nasen-Ohrenärzten, Augenärzten und Neurochirurgen erforderlich. Da die äußere Gesichtsform durch die darunter liegenden Hartgewebestrukturen bedingt ist, gilt für alle Eingriffe an Mund, Kiefer und Gesicht der Lehrsatz »Erst der Knochen, dann die Weichteile«.
30.1
Entzündungen
30.1
30.1.1
Furunkel
30.1.1 Furunkel
n Definition. Furunkel sind Entzündungen eines oder mehrerer Haarfollikel. Erreger sind meist Staphylokokken.
Definition
Furunkel oberhalb der Mundspalte sind gefährlich, weil eine Fortleitung der Infektion über die V. angularis zur Thrombose des Sinus cavernosus und damit zum tödlichen Ausgang führen kann.
Oberhalb der Lippenspalte gelegene Furunkel können lebensgefährlich werden (Sinus-cavernosus-Thrombose).
Therapie. Hier ist eine hochdosierte Antibiotikatherapie, Bettruhe, lokale
Therapie. Die Therapie besteht in Antibiotika, Bettruhe, lokaler Kälte, evtl. chirurgischer Eröffnung.
Kälteanwendung und ggf. chirurgische Eröffnung angezeigt, keinesfalls darf durch Ausdrücken derartiger Furunkel eine Ausbreitung forciert werden.
30.1.2
Odontogene Abszesse
n Definition. Odontogene Abszesse gehen von devitalen Zähnen, Wurzelresten, Zahnfleischentzündungen, infizierten Zysten, halb durchgebrochenen Zähnen oder Infektionen nach Zahnentfernung sowie von im Durchbruch befindlichen Zähnen (z.B. Weisheitszähne) aus.
30.1.2 Odontogene Abszesse Definition
Die meisten Abszesse im Kiefer- und Gesichtsbereich gehen von devitalen Zähnen aus. Hier entsteht über die Karies eine Entzündung der Zahnpulpa und von dort eine Ausbreitung durch den Knochen in die Weichgewebe. Daraus können lebensbedrohliche Abszesse entstehen, die zur Schädelbasis (retromaxillärer Abszess), ins Hirn (Fossa-canina-Abszess) oder in das Mediastinum (parapharyngealer Abszess) fortgeleitet werden.
Es können lebensgefährliche Abszesse entstehen, die zur Schädelbasis, ins Hirn oder ins Mediastinum fortgeleitet werden.
Symptome. Symptome dieser sog. gefährlichen Abszesse sind Schwellungen am medianen Augenwinkel (Fossa canina), eine Schwellung oberhalb des Jochbogens (retromaxillär) und Schluckbeschwerden (parapharyngeal). Begleitende Symptome sind Schmerzen, Schwellungen und Schluckbeschwerden, Kieferklemme und Fieber ( 1 B-30.1).
Symptome. Schwellungen am medianen Augenwinkel (Fossa canina), eine Schwellung oberhalb des Jochbogens (retromaxillär) und Schluckbeschwerden (parapharyngeal) ( 1 B-30.1).
Therapie. Hier ist eine antibiotische Behandlung und eine chirurgische
Therapie. Extraorale Eröffnung, evtl. Antibiotikum. Anschließend wird die Ursache beseitigt.
Abszesseröffnung von extraoral in Intubationsnarkose angezeigt. Anschließend wird die Ursache beseitigt.
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1322
30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
1 B-30.1
Odontogener Abszess Perimandibulärer Abszess rechts mit Rötung der Wange und nicht durchtastbarem Unterkieferrand, ausgehend von einem zerstörten unteren Molaren.
30.1.3
Osteomyelitis
Definition
30.1.3
Osteomyelitis
n Definition. Die Osteomyelitis ist die eitrige Entzündung des Knochenmarkes. Nach Destruktion des Knochens entstehen im Röntgenbild erkennbare wolkige Aufhellungen.
Die Kieferosteomyelitis ist im Oberkiefer extrem selten, im Unterkiefer tritt sie als Folge von Zahnentfernungen, infizierten Zysten und Kieferfrakturen auf.
Die Osteomyelitis des Oberkiefers und die akute Unterkieferosteomyelitis sind selten. Am häufigsten ist die chronische Unterkieferosteomyelitis, die nach Zahnextraktionen oder operativen Zahnentfernungen auftritt. Außerdem kommen infizierte Zysten oder infizierte Kieferfrakturen mit Zähnen im Bruchspalt als Ursache in Frage.
Symptome. Leitsymptome sind Schmerzen, Mundöffnungseinschränkung und Sensibilitätsstörungen des N. mentalis.
Symptome. Klinische Leitsymptome sind der wochen- bis monatelange
Diagnose. Die Diagnosesicherung erfolgt durch eine Knochenszintigraphie mit Technetium 99 ( 1 B-30.2).
Diagnose. In der Röntgenpanoramaschichtaufnahme können Osteolysen und teilweise Sequester oder in Eiter schwimmende Knochenstücke (sog. Totenlade) gesehen werden. Eine Knochenszintigraphie mit Technetium 99 zeigt eine Mehranreicherung im entzündlich veränderten Gebiet ( 1 B-30.2).
Therapie. Ursachenbeseitigung, Dekortikation, Einlage von PMMA-Gentamicinketten.
Therapie. Die Therapie besteht in der Ursachenbeseitigung, der großzügigen chirurgischen Dekortikation bis auf gesunden, frisch blutenden Knochen. Die Einlage einer PMMA-Gentamicinkette, evtl. mit mehrfachem Wechsel, führt in den meisten Fällen zu einer Ausheilung der Knochenentzündung. Bei Säuglingen kann es zur hämatogenen gestreuten Oberkieferosteomyelitis kommen. Durch die intraorale spontane Eröffnung mit Zahnkeimverlust wurde fälschlicherweise der Begriff »Zahnkeimosteomyelitis« geprägt. Diese Erkrankungsbilder sind hochakute Erkrankungen des Kindes mit Fieber, Schüttelfrost, Schmerzen und Beteiligung der Orbita mit Protrusio bulbi und Lidödem ( 1 B-30.3). Die hochdosierte antibiotische Behandlung nach Keimspektrumanalyse ist hier die Therapie der Wahl.
Die Säuglingsosteomyelitits (sog. »Zahnkeimosteomyelitis«) ist eine hämatogen gestreute Oberkieferosteomyelitis mit Fieber, Schmerzen, Schüttelfrost, Protrusio bulbi und Lidödem. Therapie der Wahl ist hier die hochdosierte Antibiotikagabe ( 1 B-30.3).
Abstand vom chirurgischen Eingriff, Schmerzen, eine Mundöffnungsbehinderung und eine Gefühlsstörung im Ausbreitungsgebiet des N. mentalis (Unterlippe).
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1323
30.1.4 Aktinomykose
1 B-30.2
Unterkieferosteomyelitis
a Unterkieferosteomyelitis mit wolkiger Strukturauflockerung und Osteolysen ( Á).
b Knochenszintigraphie mit Technetium 99 zeigt massive Mehranreicherungen im Unterkiefer rechts und links ( Á), korrespondierend zu den Osteolysen.
1 B-30.3
Oberkieferosteomyelitis
b Intraoraler Befund. Schwellung, Rötung und Eiterbildung im Bereich der Zahnkeime des linken Oberkiefers.
a Oberkieferosteomyelitis bei 6 Wochen altem Säugling durch hämatogene Streuung.
30.1.4
Aktinomykose (s.a. Kap. A-3.6)
n Definition. Diese Erkrankung kommt als zervikofaziale Aktinomykose im Hals-, Kiefer- und Gesichtsbereich vor. Erreger ist der in der Mundhöhle als Saprophyt vorkommende Actinomyces israelii (sog. Strahlenpilz), ein fakultativ pathogener Anaerobier, der früher den Pilzen zugeordnet wurde.
30.1.4
Aktinomykose (s.a. Kap. A-3.6)
Definition
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1324 Symptome. Brettharte, bläulich-livide Schwellung ( 1 B-30.4). Die meist nicht schmerzhafte Entzündung breitet sich per continuitatem aus. Fistelbildung und Spontanperforation sind häufig.
30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Symptome. Klinisch tritt eine brettharte bläulich-livide Schwellung auf ( 1 B-30.4). Die meist nicht schmerzhafte, schwielige Entzündung breitet sich per continuitatem aus. Nach Einschmelzung kommt es meist zur Fistelbildung. Häufig sind Spontanperforationen nach extraoral zu sehen, wobei die Actinomycesdrusen als sog. »Schwefelkörnchen« im Eiter schwimmen.
1 B-30.4
Aktinomykose Aktinomykose der rechten Wange mit bläulich livider Verfärbung und Sekretion.
Diagnose durch mikrobiologisch anaerobe Kulturverfahren. Histologisch zeigen sich sog. Drusen.
Diagnose. Diese kann nur durch mikrobiologische anaerobe Kulturverfah-
Therapie. Chirurgische Eröffnung, hochdosierte Penicillintherapie, H2 O 2 Spülung, antibiotische Therapie der Begleitflora.
Therapie. Neben der großzügigen chirurgischen Eröffnung und lokalen Spü-
30.1.5 Speicheldrüsenentzündungen Glandula parotis
30.1.5
Ätiologie. Die Parotitis entsteht durch aufsteigende Infektionen, bei geringer Speichelsekretion des älteren Menschen oder seltener durch Speichelstau bei Sialolithiasis. Symptome. Typisch ist die extraorale Schwellung vor dem Ohr.
Ätiologie. Die eitrige Parotitis entsteht entweder durch aufsteigende Infek-
Therapie. Flüssigkeitszufuhr, VitaminC-Lutschtabletten. Bei Abszessbildung ggf. extraorale Inzision.
Therapie. Speichelanregende Lutschtabletten (Vitamin C) und große Flüssigkeitsmengen bringen im Regelfall die Entzündung wieder zur Ausheilung. Bei Abszessbildung muss ggf. von extraoral inzidiert werden.
ren gesichert werden. Histologisch zeigen sich charakteristische Drusen im Granulationsgewebe.
lung mit H2O2 ist eine hochdosierte Penicillintherapie die Methode der Wahl. Die Antibiotikatherapie muss gegebenenfalls um die nach Keimspektrumanalyse getesteten Antibiotika erweitert werden. Da den Aktinomyzeten eigene gewebsauflösende Fermente (Hyaluronidase) fehlen, ist die Begleitflora zur Entzündungsausbreitung notwendig. Nach Durchführung der oft mehrwöchigen Therapie ist in den meisten Fällen sekundär eine Narbenkorrektur erforderlich.
Speicheldrüsenentzündungen
Glandula parotis tionen aus der Mundhöhle, bei älteren Patienten mit geringer Speichelsekretion oder seltener durch Speichelstau bei Sialolithiasis.
Symptome. Die extraorale Schwellung vor dem Ohr ist typisch, das Ohrläppchen steht ab, aus dem Ductus parotideus entleert sich bei Druck auf die Drüse Eiter, N.-facialis-Schäden sind extrem selten.
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30.2.1 Kieferzysten
Glandula submandibularis
Glandula submandibularis
Ätiologie. Die Entzündung der Glandula submandibularis ist in den meisten
Ätiologie. Entzündungen der Glandula submandibularis entstehen meist durch Gangstenose oder einen durch Speichelstein bedingten Speichelstau.
Symptome. Die typischerweise bei der Nahrungsaufnahme auftretende
Symptome. Die Schwellung tritt typischerweise bei Nahrungsaufnahme auf.
Diagnose. Zur Diagnose kann im entzündungsfreien Zustand eine Kontrast-
Diagnose. Im entzündungsfreien Zustand kann eine Kontrastmitteldarstellung der Speichelgänge (Sialographie) durchgeführt werden ( 1 B-30.5).
Fällen durch einen Speichelstau, eine Gangstenose oder einen Speichelstein bedingt.
submandibuläre Schwellung ist im Ausmaß wechselnd, teilweise wird schwallartig Speichelentleerung in die Mundhöhle beschrieben.
mitteldarstellung der Speichelgänge (Sialographie) durchgeführt werden. Die Sonographie ist ebenfalls gut zur Speicheldrüsendiagnostik geeignet. Nur ca. die Hälfte der Speichelsteine sind im Röntgenbild darstellbar ( 1 B-30.5).
1 B-30.5
Speichelsteindarstellung
a Sialographie (DSA-Technik) des Gangsystems der Glandula submandibularis rechts mit deutlicher Darstellung des Speichelsteins am Gangknie (Á).
b Auch im Panoramaschichtbild ist dieser Speichelstein am Unterkieferrand erkennbar ( Á).
Therapie. Nach Darstellung eines Speichelsteins mit einer Mundbodenüber-
sichtsaufnahme kann der Speicheldrüsengang geschlitzt und der Stein entfernt werden, sofern sich dieser im distalen Anteil des Gangsystems befindet. Bei Speichelsteinen im Drüsenparenchym ist eine Drüsenexstirpation erforderlich. Eine Gangstenose führt zu einer Druckatrophie der Drüse, sodass diese entfernt werden sollte.
30.2
Zysten
n Definition. Zysten sind epithelial ausgekleidete geschlossene Hohlräume, in denen sich Zystenflüssigkeit oder eingedickte breiige Massen befinden. Durch Sekretion von Flüssigkeit oder durch Abschilferung von Epithelien nehmen sie langsam an Größe zu und können zu Gewebedestruktionen führen. Es werden Kieferzysten und Weichteilzysten unterschieden.
30.2.1
Kieferzysten
Zysten im Kieferknochen sind entweder odontogenen Ursprungs (odontogene Zysten) oder sie entwickeln sich unabhängig vom Zahnsystem (nicht odontogene Zysten). Die Klassifikation der WHO unterscheidet folgende Zystenformen: π radikuläre Zysten (entzündliche Zysten) π follikuläre Zysten (dysontogenetische Zysten)
Therapie. Nach Darstellung eines Speichelsteines durch eine Sialographie erfolgt entweder eine Gangschlitzung und Speichelsteinentfernung oder das Entfernen der gesamten Drüse von extraoral. Eine durch eine Gangstenose atrophische Drüse wird ebenfalls entfernt. 30.2
Zysten
Definition
30.2.1 Kieferzysten Kieferzysten sind odontogen oder nicht odontogen (unabhängig vom Zahnsystem). WHO-Klassifikation: π radikuläre Zysten π follikuläre Zysten
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1326 Residualzysten laterale parodontale Zysten π Gingivazysten. Im Röntgenbild stellen sie sich als rundliche, scharf begrenzte, teilweise mehrkammerige osteolytische Bereiche ( 1 B-30.6) dar. π π
Die radikuläre Zyste ist mit 80 % die häufigste Zyste, ausgehend von einem devitalen Zahn.
30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Residualzysten laterale parodontale Zysten π Gingivazysten. Im Panoramaschichtbild sind Zysten als rundliche Osteolysebereiche meist gut zu erkennen ( 1 B-30.6). In fortgeschrittenem Stadium kann es auch zu einer Auftreibung des Kieferknochens mit Ausdünnung der Kompakta bis hin zur Eindrückbarkeit (sog. Pergamentknistern) kommen. Mit fast 80 % ist die häufigste Zyste die radikuläre Zyste, die von einem devitalen Zahn ausgeht und mit diesem in Zusammenhang steht und Folge einer chronischen apikalen Parodontitis ist. Sie entsteht aus Resten des Epithels der Wurzelhaut. Weiter können Zysten im Zusammenhang mit nicht durchgebrochenen Zähnen stehen. π π
1 B-30.6
Follikuläre Kieferzyste Panoramaschichtbild mit follikulärer Zyste bei horizontal verlagertem Zahn 48 (Á) und perikoronale Zyste bei halbverlagertem Zahn 38 ( Á Á).
Follikuläre Zysten entstehen aus dem Zahnsäckchen von Zahnkeimen. Residualzysten entstehen aus Resten unvollständig entfernter Zysten. Eine Sonderform ist die rezidivfreudige Keratozyste, die als Teil des GorlinGoltz-Syndroms (= BasalzellnävusKieferzystensyndrom) auftritt.
Follikuläre Zysten entstehen aus dem Zahnsäckchen eines Zahnkeimes. Residualzysten entwickeln sich aus zurückgelassenen Epithelresten anderer Zysten (radikulärer und follikulärer Zysten). Eine Sonderform ist die Keratozyste, die mit Hornlamellen gefüllt, rezidivfreudig ist und als Teil des Gorlin-Goltz-Syndroms (Basalzellnävus-Kieferzystensyndrom) gemeinsam mit Hautbasaliomen, einer verkalkten Falx cerebri und Skelettfehlbildungen (Gabelrippen, Blockwirbelbildung u.a.) auftritt.
Therapie. Zysteneröffnung (Zystostomie) und Zystektomie (Zystenentfernung).
Therapie. Die Therapie umfasst primär eine Zysteneröffnung (Zystostomie) und -entlastung und dadurch den Beginn der Ausheilung. In den meisten Fällen wird jedoch der gesamte Epithelbalg entfernt (Zystektomie). Die knöchernen Defekte füllen sich im Regelfall wieder mit Knochen auf.
30.2.2 Weichteilzysten
30.2.2
Weichteilzysten entstehen als Reste des Ductus thyreoglossus als mediane Halszyste oder als Fehlbildung der 2. Schlundtasche als laterale Halszyste. Die Ranula ist eine Speichelretentionszyste des Ductus submandibularis im Mundboden ( 1 B-30.7).
Zysten des Weichgewebes entstehen z.B. als Fehlbildungen und Reste des Ductus thyreoglossus als mediane Halszyste oder als Fehlbildungen der 2. Schlundtasche als laterale Halszysten. Im Gangsystem der Speicheldrüsen kann eine Abflussverlegung zu Speichelstau führen. Die häufigste ist die im Bereich des Mundbodens im Ductus submandibularis gelegene Ranula (Fröschleingeschwulst, 1 B-30.7), die eingedickten schleimigen Inhalt enthält.
Weichteilzysten
1 B-30.7
Ranula des Ductus submandibularis im Mundboden links
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1327
30.3.1 Weichgewebetumoren
Therapie. Auch diese Zysten werden eröffnet, ggf. wird der Speicheldrüsenausführungsgang geschlitzt. Zysten der Kieferhöhlenschleimhaut sind im Nasennebenhöhlenübersichtsbild erkennbare halbkugelige Vorwölbungen und in vielen Fällen Nebenbefunde. Eine Therapie ist nur bei Beschwerden oder im Zusammenhang mit devitalen Zähnen des Oberkiefers erforderlich. Dermoid- und Epidermoidzysten entstehen aus bei der Embryogenese in die Tiefe versprengtem Hautepithel. Sie können auch traumatisch in die Tiefe verlagert werden oder sie entstehen durch Retention der Talgdrüsen. Sie kommen im Mundboden oder im Kinnbereich vor und müssen vollständig entfernt werden. 30.3
Gutartige Tumoren
Dermoid- oder Epidermoidzysten entstehen aus versprengtem Hautepithel oder durch Retention der Talgdrüsen. Sie kommen im Mundboden und Kinnbereich vor und müssen vollständig entfernt werden. 30.3
Im Bereich der Schleimhaut und Haut kommen Lipome vor, die verschieblich und prallelastisch sind. Sie zeigen langsames Wachstum und sollten entfernt werden. Intraoral treten Papillome und Fibrome auf, die häufig reaktiv als Reiz auf eine schlechtsitzende Prothese entstehen. Sind sie durch mechanischen Reiz ulzeriert, kann die Verwechslung mit einem Plattenepithelkarzinom vorkommen.
30.3.1
Therapie. Zysteneröffnung, ggf. Schlitzung des Speicheldrüsenausführungsgangs.
Weichgewebetumoren
Gutartige Tumoren
In Haut und Schleimhaut kommen Lipome, Papillome und Fibrome vor, intraoral am häufigsten Reizfibrome bei schlecht sitzenden Prothesen. Cave: Verwechslung mit Plattenepithelkarzinom der Mundhöhle.
30.3.1 Weichgewebetumoren
Lymphangiom
Lymphangiom
Im Haut- und Schleimhautbereich zeigt sich das Lymphangiom als zystische, bläulich schimmernde, häufig angeborene Geschwulst. Es kann zu rascher Größenzunahme kommen, sodass die operative Intervention notwendig ist. Schwierigkeiten macht hier häufig die auch mikroskopisch nur schwere Unterscheidbarkeit vom Lymphangiom zum normalen Gewebe.
Das Lymphangiom ist ein zystischer, bläulich schimmernder, häufig angeborener Tumor. Es kann zu rascher Größenzunahme kommen, sodass die operative Intervention nötig ist.
Hämangiom
Hämangiom
Hämangiome sind zumeist angeborene, blutgefäßreiche, bläulich bis rötliche Tumoren im Haut- und Schleimhautbereich. Wenn auch viele angebo-
Hämangiome sind meist angeborene, blutgefäßreiche, bläulich bis rötliche
1 B-30.8
Kapillares Hämangiom
a Kapillares Hämangiom der Wange rechts bei 6 Monate altem Säugling.
b Dreieinhalb Jahre später ist das Hämangiom nach zweimaliger Nd-YAG-Lasertherapie fast vollständig verschwunden.
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30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Tumoren. Eine Rückbildung im ersten halben Lebensjahr ist möglich, jedoch auch rasch überschießendes Wachstum ( 1 B-30.8). Das Hämangiom des Neugeborenen sollte immer behandelt werden. Chirurgische Therapie, Kryotherapie und Lasertherapie leiten die Regression des Tumors ein. Größere Tumoren müssen operativ angegangen werden.
rene Hämangiome sich im ersten halben Lebensjahr zurückbilden, kommt es in einigen Fällen zu einem unkontrollierbaren raschen Wachstum, sodass ein Hämangiom eines Neugeborenen immer behandelt werden sollte. Jede Therapieform, die die Regression des Tumors anstößt, ist sinnvoll. Chirurgische Therapie, Kryotherapie und in neuerer Zeit der Neodym-YAG-Laser haben sich bewährt, um die Rückbildung des Tumors einzuleiten ( 1 B-30.8). Größere Tumoren müssen operativ angegangen werden, evtl. ist eine mikrochirurgische Embolisation des zuführenden Gefäßes vorher notwendig.
Epulis
Epulis
Ein am Gingivarand meist gestielt aufsitzender rezidivfreudiger Tumor, der chirurgisch entfernt werden muss ( 1 B-30.9).
Die Epulis ist eine mit dem Zahnhalteapparat verbundene Überschussbildung im Zahnfleischbereich, häufig ein der Gingiva aufsitzender Tumor. Die rezidivfreudigen Tumoren müssen ggf. unter Mitnahme benachbarten Knochens entfernt werden ( 1 B-30.9).
1 B-30.9
Epulis im Unterkiefer Epulis im Unterkiefer, dem Alveolarfortsatz Regio 42/43 aufsitzend (Á).
30.3.2
Knochentumoren
30.3.2
Knochentumoren
Odontogene Tumoren
Odontogene Tumoren
Ameloblastom
Ameloblastom
Von der Zahnanlage ausgehender, langsam wachsender, aggressiver, rezidivfreudiger Tumor ohne Metastasierung. Häufigste Lokalisation ist der Kieferwinkel. Im Röntgenbild mehrkammerige zystische Darstellung ( 1 B-30.10).
Das Ameloblastom ist ein langsam wachsender, aggressiver und rezidivfreudiger Tumor ohne Metastasierung, der von einer Zahnanlage ausgeht. Häufigste Lokalisation ist der Kieferwinkel. Die zystischen Veränderungen erscheinen im Röntgenbild wolkig und mehrkammerig ( 1 B-30.10).
1 B-30.10
Ameloblastom Gekammertes Ameloblastom im linken Kieferwinkel ( Á).
Therapie. Resektion im Gesunden, bei starkem Befall Unterkieferteilresektion erforderlich.
Therapie. Die Therapie besteht in einer Resektion im Gesunden. Bei ausgedehntem Befall kann eine Unterkieferteilresektion notwendig werden.
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30.3.3 Speicheldrüsentumoren
Odontom
Odontom
Die häufigsten odontogenen Tumoren sind die Odontome. Häufig fallen sie klinisch auf wegen der Durchbruchstörung eines bleibenden Zahnes oder wegen Zahnverlagerungen. Das komplexe Odontom besteht aus unregelmäßig strukturierten Zahnhartgewebskonglomeraten, das zusammengesetzte Odontom enthält häufig viele kleine zahnartige Gebilde ( 1 B-30.11). Die Kürettage ist als Therapie ausreichend.
Die häufigsten odontogenen Tumoren sind die Odontome. Das komplexe Odontom besteht aus unregelmäßig strukturierten Zahnhartgewebskonglomeraten. Das zusammengesetzte Odontom enthält viele kleine zahnartige Gebilde ( 1 B-30.11). Therapeutisch erfolgt die Kürettage.
1 B-30.11
Odontom
a Zusammengesetzes Odontom im linken Oberkiefer ( Á), Panoramaschichtaufnahme.
b Das Odontom besteht aus vielen kleinen, teilweise vollständigen Zähnchen oder Zahnanteilen.
n Merke. Odontome führen häufig zu Zahndurchbruchstörungen oder Zahnverlagerungen.
Merke
Osteom
Osteom
Osteome finden sich entweder als sog. Torus palatinus in der Gaumenmitte oder als Torus mandibulae häufig symmetrisch an der Innenseite des Unterkiefers im Mundboden. Sie stellen harmlose Überschussbildungen des Kieferknochens dar. Eine Therapie dieser knöchernen, im Röntgenbild gut darstellbaren Veränderungen ist nicht notwendig.
Torus palatinus und Torus mandibulae sind harmlose Überschussbildungen des Kieferknochens. Eine Therapie ist nicht notwendig.
30.3.3
Speicheldrüsentumoren
30.3.3
Speicheldrüsentumoren
Adenome
Adenome
Monomorphe und pleomorphe Adenome sind die häufigsten Speicheldrüsentumoren und meist in der Glandula parotis lokalisiert. Es handelt sich um verschiebliche, pralle, mit der Haut nicht verbackene Knoten, die teilweise um den Unterkiefer herum nach innen wachsen und so von außen in ihrer wahren Größe nicht erkennbar sind (Eisbergtumor). Hier kann mit der Sonographie oder MRT die wahre Tumorgröße dargestellt werden. Als Therapie muss der Tumor vollständig unter Schonung des N. facialis unter dem Operationsmikroskop entfernt werden. Die dieser Tumorform häufig zugeschriebenen Rezidive sind unvollständig entfernte Primärtumoren.
Monomorphe und pleomorphe Adenome sind die häufigsten Speicheldrüsentumoren. Häufigster Sitz ist die Glandula parotis. Die Diagnostik erfolgt durch Sonographie und MRT. Als Eisbergtumoren werden Adenome bezeichnet, die um den Unterkiefer herum nach innen bis zum weichen Gaumen vorwachsen. Therapeutisch erfolgt die vollständige Tumorentfernung unter Schonung des N. facialis. Häufig entstehen Rezidive durch unvollständige primäre Exstirpation.
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1330 30.4
30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Bösartige Tumoren
30.4.1 Haut- und Schleimhauttumoren Leukoplakie und Mundhöhlenkarzinom
30.4
Bösartige Tumoren
30.4.1
Haut- und Schleimhauttumoren
Leukoplakie und Mundhöhlenkarzinom n Definition. Die Leukoplakie ist ein nicht abwischbarer weißer Fleck, der keiner anderen Erkrankung zuzuordnen ist (WHO-Definition). Sie ist häufig eine Vorstufe eines Plattenepithelkarzinoms der Mundschleimhaut ( 1 B-30.12). Risikolokalisationen sind Zungenrand, Mundboden und Alveolarfortsatz.
Definition
1 B-30.12
Plattenepithelkarzinom
a Plattenepithelkarzinom des rechten Zungenrandes mit zentralem Ulkus und aufgeworfenem Tumorrand.
Ätiologie. Rauchen, Alkohol, schlechte Mundhygiene. Merke
b Plattenepithelkarzinom Mundboden links mit zentralem Ulkus, schmerzlos, der Tumorrand ist auch hier aufgeworfen.
Ätiologie. Ätiologische Faktoren sind das Rauchen, Alkoholgenuss und schlechte Mundhygiene. n Merke. Jedes innerhalb von 3 Wochen nach Ausschalten des Reizes nicht abheilende Ulkus ist dringend verdächtig auf ein Karzinom und muss durch eine Biopsie abgeklärt werden.
Diagnose. Sie erfolgt durch Stanzbiopsie.
Diagnose. Eine Stanzbiopsie sichert hier die Diagnose. Die Einteilung der Mundhöhlenkarzinome erfolgt nach dem TNM-Schema nach Tumorgröße, Lymphknotenbefall und dem Auftreten von Metastasen.
Therapie. Die Therapie ist chirurgisch, evtl. begleitend Chemotherapie und Radiatio.
Therapie. Die chirurgische Tumorentfernung mit Sicherheitsabstand im
Prognose. Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Mundhöhlenkarzinomen beträgt zwischen 50 und 60 %.
Prognose. Die Therapie im frühen Stadium verbessert die Prognose erheb-
Gesunden ist die Methode der Wahl. Begleitende Maßnahmen können eine strahlentherapeutische Vor- oder Nachbehandlung sowie eine Chemotherapie sein. Bei Befall des Kiefers kann eine Rekonstruktion des Knochens mit Knochentransplantation von Rippe, Beckenkamm, Schulterblatt oder Fibula erfolgen. Zum Weichgewebeersatz eignen sich lokale Verschiebeplastiken, myokutane Lappen (M. pectoralis major) oder mikrovaskulär anastomosierte Transplantate. Diese eignen sich besonders gut zum Ersatz größerer Teile der Zunge, des Mundbodens oder der Innenwange. Gesichtshautkarzinome (Plattenepithelkarzinome) fallen durch Ulzeration auf und entstehen häufig auf dem Boden einer vorgeschädigten Haut durch lange dauernde Sonneneinstrahlung. Das Karzinom muss exzidiert, der Defekt durch lokale Mobilisation oder mit Lappenplastiken gedeckt werden.
lich.
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30.4.1 Haut- und Schleimhauttumoren
1331
Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Mundhöhlenkarzinomen beträgt zwischen 50 und 60 %. Im Bereich der Lippen ist bei kleinen Tumoren die Prognose bei chirurgischer Therapie oder Bestrahlung annähernd gleich.
Das Lippenkarzinom tritt zu 90 % im Bereich der Unterlippe auf. Bei kleinen Tumoren hat die Bestrahlung ein gleich gutes Ergebnis wie die chirurgische Exzision.
Basaliome
Basaliome
n Definition. Es handelt sich um lokal-destruktiv wachsende, aber nicht metastasierende (semimaligne) Tumoren, die bevorzugt im höheren Lebensalter und auch im Zusammenhang mit Syndromen (GorlinGoltz-Syndrom) auftreten.
Symptome. Basaliome treten zu über 90 % am Kopf auf. Sie fallen durch kleine knotige Vorwölbungen, typischerweise mit Teleangiektasien und perlschnurartig glänzendem Randwall und zentraler Eindellung, nässender Erosion oder pigmentierte Anteile auf. Therapie. Die chirurgische Entfernung mit geringem Sicherheitsabstand
(2–3 mm) ist hier angezeigt ( 1 B-30.13). Nicht nur bei vorbehandelten Rezidivbasaliomen, sondern bei jedem Basaliom muss so lange nachoperiert werden, bis der Tumor histologisch im Gesunden entfernt ist, Ausläufer bis zu 19 mm werden beschrieben. Bei älteren Patienten und in einigen Gesichtsbereichen (z.B. Augenlider) kann eine Bestrahlung sinnvoll sein.
1 B-30.13
Definition
Symptome. Basaliome finden sich meistens am Kopf. Sie fallen durch kleine knotige Vorwölbungen mit Teleangiektasien und perlschnurartigem Randwall, nässende Erosionen oder pigmentierte Anteile auf. Therapie. Die Therapie erfolgt chirurgisch ( 1 B-30.13). Jedes Basaliom muss so lange nachoperiert werden, bis es vollständig entfernt ist. Bei älteren Patienten und Lidbasaliomen kann die Bestrahlung sinnvoll sein.
Basaliom
a Basaliom ( Á) am rechten Nasenabgang bei 31-jähriger Patientin.
b Der Tumor wurde exzidiert, der entstehende Defekt durch einen Gleitlappen von der Stirn gedeckt.
Prognose. Eine 5-Jahres-Heilungsrate von > 90 % ist möglich, Rezidive sind selten, können jedoch bis zu 10 Jahren nach der Primäroperation auftreten.
c Ein Jahr nach der Operation ist das ästhetische Ergebnis gut.
Prognose. 5-Jahres-Heilungsrate
> 90 %, Rezidive bis zu 10 Jahren nach
Primäroperation möglich (selten).
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1332 Malignes Melanom Definition
Diagnose. U.a. Auflichtmikroskopie
30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Malignes Melanom n Definition. Das maligne Melanom ist der bösartigste Hauttumor und kommt als sog. Lentigo-maligna-Melanom (LMM), als superfiziell spreitendes Melanom (SSM) oder als noduläres malignes Melanom (NMM) vor.
Diagnose. In der Diagnostik der Melanome ist die Auflichtmikroskopie eine gute Hilfe zur präoperativen Diagnosefestlegung.
Merke
Therapie. Die operative Therapie ist allein erfolgversprechend, die Prognose ist abhängig von der Eindringtiefe des Tumors (BreslowIndex). Das Lentigo-maligna-Melanom und das Melanom mit geringer Eindringtiefe haben eine gute Prognose. Ggf. ist eine Neck Dissection angezeigt.
n Merke. Bei Verdacht auf ein malignes Melanom erfolgt immer eine Exzision, keine Biopsie!
Therapie. Die operative Therapie ist die einzige erfolgversprechende
Behandlung und richtet sich nach Eindringtiefe des Tumors (Index nach Breslow). Das Lentigo-maligna-Melanom und das Melanom mit geringer Eindringtiefe haben eine gute Prognose, sie müssen jedoch mit ca. 1–2 cm im Gesunden reseziert werden. Bei einer Eindringtiefe > 0,75 mm ist eine operative Therapie mit Resektion 2–3 cm im Gesunden zu planen. Der entstehende Defekt muss durch ausgedehnte Lappenplastiken oder durch mikrochirurgischen Gewebetransfer durchgeführt werden. Ggf. ist eine Halslymphknotenausräumung (Neck Dissection) angezeigt.
Prognose. Bei Lymphknotenbefall und Tumoren mit einer Dicke von > 3 mm beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate wenig mehr als 30 %.
Prognose. Wenn Lymphknoten befallen sind oder der Tumor dicker als
30.4.2 Speicheldrüsentumoren
30.4.2
Definition
3 mm ist, beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate nur wenig mehr als 30 %.
Speicheldrüsentumoren
n Definition. Vom Speicheldrüsengangsystem ausgehende Plattenepithelkarzinome, adenoid-zystische Karzinome und Adenokarzinome sind die häufigsten bösartigen Speicheldrüsentumoren. Zu den selteneren Malignomen zählen Mukoepidermoidtumoren, Azinuszelltumoren und Karzinome in pleomorphen Adenomen. Diese Tumoren können in sämtlichen Speicheldrüsen vorkommen.
Symptome. Bösartige Tumoren der Glandula parotis verursachen frühzeitig eine Fazialisparese.
Symptome. Bösartige Tumoren im Bereich der Glandula parotis verursachen als Frühsymptom häufig eine Fazialisparese.
Therapie. Entfernung der gesamten Drüse einschließlich N. facialis, anschließend Bestrahlung.
Therapie. Bei bösartigen Tumoren der Speicheldrüsen muss die gesamte Drüse unter Opferung des N. facialis entfernt werden. Eine Bestrahlung wird in vielen Fällen angeschlossen, sekundär kann dann als rekonstruktive Maßnahme eine Fazialisrekonstruktion oder eine Muskelverlagerungsplastik (Cross-face) durchgeführt werden. Als Nerventransplantate sind der N. suralis oder der N. auricularis magnus geeignet.
30.4.3 Knochentumoren
30.4.3
Osteosarkome im Kieferbereich sind sehr selten. Sensibilitätsstörungen des N. infraorbitalis oder N. alveolaris inferior sind hochverdächtig auf einen bösartigen Knochentumor.
Osteosarkome im Kieferbereich sind sehr selten. Sarkome können sich als osteoblastische oder osteoklastische Formen darstellen. Eine Sensibilitätsstörung des N. infraorbitalis (Oberkiefer) oder des N. alveolaris inferior (Unterkiefer) ist immer hochverdächtig auf ein Malignom, sodass hier eine intensive Diagnostik erfolgen muss.
Knochentumoren
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30.5 Gesichtsverletzungen
30.5
Gesichtsverletzungen
30.5 Gesichtsverletzungen
Verletzungen des Gesichtsschädels haben nach Einführung der Gurtpflicht für Pkw-Insassen erheblich abgenommen. In letzter Zeit ist jedoch ein vermehrtes Auftreten bei Fahrradfahrern und Fußgängern zu beobachten. Aufgrund der guten Durchblutung des Schädels kommt es einerseits zu starken Blutungen, andererseits auch sehr schnell zu Schwellungen enormen Ausmaßes. Gesichtsschädelverletzungen haben eine gute Heilungstendenz, die besten Ergebnisse werden nach primärer Versorgung gesehen. Bei Mitverletzung der Augen, der Schädelbasis, der Stirnhöhle sowie des Siebbeins ist eine Hinzuziehung des Ophthalmologen, des Neurochirurgen und des Hals-NasenOhrenarztes sinnvoll. n Merke. Da auch wenig eindrucksvolle Weichteilverletzungen ausgedehnte Gesichtsschädelfrakturen verbergen können, sind immer Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen notwendig.
Die Schädelaufnahme posterior/anterior ist hier nicht geeignet, vielmehr muss eine Aufnahme im okzipitomentalen Strahlengang (Nasennebenhöhlenaufnahme) und eine axiale Aufnahme (Henkeltopf) durchgeführt werden.
Die Gurtpflicht hat die Häufigkeit von Gesichtsverletzungen erheblich reduziert.
Gesichtsschädelverletzungen haben eine gute Heilungstendenz, die primäre Versorgung zeigt die besten Ergebnisse.
Merke
Zur Diagnostik muss eine okzipitomentale und eine axiale Schädelaufnahme durchgeführt werden.
Klinischer Fall Ein 35-jähriger Patient wird nach einem Verkehrsunfall im Krankenhaus aufgenommen. Die Schädelaufnahmen im a.p. Strahlengang zeigen keine Fraktur, das Hämatom auf der rechten Seite wird als traumatisches Hämatom bewertet. Nach Abschwellen nach 8 Tagen fällt erstmals
1 B-30.14
eine Gefühlsstörung im N.-infraorbitalis-Bereich rechts auf. Nach Überweisung und okzipitomentaler Schädelaufnahme zeigt sich hier eine Jochbeinfraktur rechts ( 1 B-30.14).
Gesichtsschädelfraktur
a 35-jähriger Patient, Z. n. Verkehrsunfall. Nach Abschwellen fällt die Anästhesie des N. infraorbitalis rechts auf (schraffierter Bereich).
b Die Röntgenaufnahme Schädel okzipitomental zeigt Frakturlinien am Orbitaboden, an der Sutura frontozygomatica und an der Crista zygomatico alveolaris (Á).
c 6 Monate nach der Operation wird die Miniosteosyntheseplatte über den Zugang in der Augenbraue entfernt. Die Kieferhöhle ist wieder gut belüftet.
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30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Weichteilverletzungen
30.5.1 Weichteilverletzungen
30.5.1
Erforderlich ist nur die Exzision von devitalem Gewebe.
Die gute Durchblutung im Gesichtsbereich schafft günstige Voraussetzungen für eine primäre Wundheilung. Nur devitales Gewebe muss exzidiert werden, eine generelle Wundrandausschneidung ist nicht notwendig. Eine primäre Lappenplastik wird nur bei nicht infizierten Verletzungen durchgeführt. Bei größeren Defekten erfolgt eine primäre adaptierende Wundversorgung, spätere Rekonstruktionen werden dann mit gestielten und freien Lappen oder auch durch mikrochirurgische anastomosierte Transplantate durchgeführt. Vor jeder Wundversorgung ist eine sorgfältige Wundreinigung durchzuführen. Eingesprengte Fremdkörper müssen sorgfältig, ggf. unter dem Operationsmikroskop, entfernt werden. Oberflächliche Hautabschürfungen können mit einer Zahnbürste und H2O2, 3 %ig, gereinigt werden. Generell wird im Gesicht atraumatisches Nahtmaterial der Stärke 5/0 und 6/0 verwendet.
Primäre Lappenplastiken werden nur bei nicht infizierten Verletzungen durchgeführt. Bei größeren Defekten erfolgt eine primäre adaptierende Wundversorgung, Rekonstruktionen erfolgen sekundär. Sorgfältige Wundreinigung (Mikroskop) ist für eine ästhetisch gute Wiederherstellung wichtig.
Gesichtsschädelfrakturen
30.5.2 Gesichtsschädelfrakturen
30.5.2
Mittelgesichtsfraktur
Mittelgesichtsfraktur n Definition. Die klassischen Mittelgesichtsfrakturen werden nach LeFort I, II und III eingeteilt. Dabei kommt es zur Lösung des Oberkiefers vom Mittelgesicht (LeFort I) bis zum Abriss des gesamten Gesichtsschädels vom Hirnschädel (LeFort III) ( 1 B-30.15).
Definition
1 B-30.15
Synopsis Einteilung der Mittelgesichtsfrakturen nach LeFort Einteilung der Mittelgesichtsfrakturen nach LeFort I (rot), LeFort II (grün), LeFort III (blau). LeFort I
= basale Absprengung der Maxilla LeFort II = pyramidale Absprengung der Maxilla einschließlich der knöchernen Nase LeFort III = hohe Absprengung des gesamten Mittelgesichtsskeletts einschließlich der knöchernen Nase
Symptome. Leitsymptom aller Mittelgesichtsfrakturen ist die Okklusionsstörung. Dazu treten Monokel- und Brillenhämatome, Doppelbilder und Bulbusmotilitätsstörungen auf ( 1 B-30.16).
Symptome. Leitsymptom aller Mittelgesichtsfrakturen ist der gestörte
Diagnose. Röntgenologische Zeichen von Mittelgesichtsfrakturen sind Spiegelbildung ( 1 B-30.17) und Stufenbildung an der lateralen Orbitawand und an der Crista zygomaticoalveolaris.
Diagnose. Das röntgenologische Zeichen einer Einblutung nach Mittelge-
Zusammenbiss der Zähne (Okklusionsstörung). Daneben kommt es bei der LeFort-II- und der LeFort-III-Fraktur durch den Frakturverlauf innerhalb der Orbita zu einer Mitbeteiligung der Bulbusbeweglichkeit und zu Einblutungen mit Monokel- und Brillenhämatomen und Einblutungen in die Kieferhöhlen ( 1 B-30.16).
sichtsfrakturen ist die Spiegelbildung in der okzipitomentalen Schädelaufnahme ( 1 B-30.17) sowie Stufenbildung an der lateralen Orbitawand und der Crista zygomaticoalveolaris.
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1335
30.5.2 Gesichtsschädelfrakturen
1 B-30.16
Befunde bei Mittelgesichtsfraktur
*
b Leitsymptom einer Mittelgesichtsfraktur ist die Okklusionsstörung mit frontal offenem Biss.
*
c Das koronare CT zeigt Einblutungen beider Kieferhöhlen (Sternchen) sowie Frakturlinien in der LeFort-IIIund LeFort-I-Ebene ( Á).
a 30-jähriger Patient mit LeFortIII-Fraktur. Beidseitiges orbitales Hämatom, Nasenplatzwunde und diskret verlängertes Mittelgesicht. Beachte die geringe Weichteilbeteiligung.
1 B-30.17
Spiegelbildung bei Hämatosinus Schädelröntgenaufnahme okzipitomental mit Spiegelbildung beider Kieferhöhlen als Zeichen eines Hämatosinus bei Mittelgesichtsfraktur.
Therapie. Bei der Therapie erfolgt nach mandibulomaxillärer Mobilisation
Therapie. Mandibulomaxilläre Drahtverschnürung und anschließend Plattenosteosynthese im Verlauf der Frakturlinien.
Jochbeinfraktur
Jochbeinfraktur
Frakturen des Jochbeins treten als Frakturen mit oder ohne Dislokation auf. Da in allen Fällen die Orbitawände mitbetroffen sind, ist eine Mitbetreuung durch den Augenarzt unerlässlich.
Jochbeinfrakturen betreffen immer die Orbitawände mit.
über Drahtschienen und Gummizüge eine Miniplatten- oder Mikroplattenosteosynthese im Verlauf der Frakturlinien, sodass nach stabiler Frakturversorgung eine sofortige postoperative Mobilisation möglich ist. Ziel ist der ungestörte Zusammenbiss und die Wiederherstellung der Gesichtsästhetik.
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1336
30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Symptome. Die funktionelle Trias der Jochbeinfraktur ist die Sensibilitätsstörung des N. infraorbitalis, die Bulbusmotilitätsstörung und die Mundöffnungsbehinderung. Des Weiteren zeigt sich eine Abflachung der Jochbeinprominenz und eine Stufenbildung an den jeweiligen Bruchlinien, evtl. auch ein Monokelhämatom (s. 1 B-30.14). Therapie. Nach transbukkaler Einzinkerreposition erfolgt die Miniplattenoder Mikroplattenosteosynthese. Orbitawände werden mit resorbierbaren Folien (PDS) wiederhergestellt.
Symptome. Leitsymptome der Jochbeinfraktur sind die Hypästhesie im
Orbitabodenfraktur
Obitabodenfraktur
Isolierte Orbitabodenfrakturen (Blowout-Frakturen) entstehen durch stumpfe Krafteinwirkung auf den Bulbus. Weichgewebe prolabiert in die Kieferhöhle (hängender Tropfen). Der »hängende Tropfen« kann in der okzipitomentalen Schädelaufnahme gesehen werden ( 1 B-30.18).
Isolierte Orbitabodenfrakturen (Blow-out-Frakturen) entstehen durch stumpfe Krafteinwirkungen auf den Bulbus. Nach Fraktur des Orbitabodens an seiner dünnsten Stelle erfolgt ein Weichgewebeprolaps in die Kieferhöhle und führt so zum Leitsymptom des »hängenden Tropfens«. Dieser »hängende Tropfen« kann in der okzipitomentalen Schädelaufnahme gesehen werden, in unklaren Fällen ist eine koronare Computertomographie notwendig ( 1 B-30.18).
Bereich des N. infraorbitalis, die Bulbusmotilitätsstörung und eine Mundöffnungsbehinderung durch eine Bewegungshemmung des Proc. muscularis des Unterkiefers durch den verschobenen Jochbogen. Weiterhin zeigt sich eine Dislokation (= Abflachung) der typischen Jochbeinprominenz und eine Stufenbildung am Infraorbitalrand und der Crista zygomaticoalveolaris. Eventuell kommt es zur Ausbildung eines Monokelhämatoms (s. 1 B-30.14).
Therapie. Isolierte Jochbogenfrakturen können durch eine transbukkale
Reposition mit einem einzigen Haken gestellt werden. Jochbeinfrakturen werden nach Reposition mit einem Knochenhaken mit einer Miniplatten- oder Mikroplattenosteosynthese versorgt. Falls eine Orbitabodenbeteiligung mit Defekt vorliegt, erfolgt hier im gleichen Eingriff eine Orbitabodenrekonstruktion mit resorbierbaren Folien (PDS-Folie).
1 B-30.18
Orbitabodenfraktur Hängender Tropfen in der koronaren CT-Schicht als Zeichen einer isolierten Orbitabodenfraktur (Blow-out-Fraktur, Á).
Augenmotilitätsstörungen können auch erst nach 7–10 Tagen auftreten.
Merke
Augenmotilitätsstörungen mit Doppelbildern und Hebungseinschränkung können primär durch ein Hämatom ausgeglichen sein und auch noch nach 7–10 Tagen auftreten. n Merke. Jedes Monokelhämatom ist verdächtig für eine Orbitabodenoder Jochbeinfraktur.
Unterkieferfrakturen
Unterkieferfrakturen
Unterkieferkörperfrakturen
Unterkieferkörperfrakturen
Unterkieferfrakturen entstehen im Bereich von Schwachstellen wie retinierten Zähnen, Zysten u.a.
Frakturen des Unterkiefers entstehen häufig im Bereich vorhandener Schwachstellen wie verlagerte Zähne, Zysten oder im Bereich des Foramen mentale.
Diagnose. Neben einer Schädelübersichtsaufnahme muss eine Panoramaschichtaufnahme angefertigt werden.
Diagnose. Häufig sind sie bereits auf Röntgenübersichtsaufnahmen des Schädels zu erkennen, bei einem Verdacht auf eine Unterkieferfraktur muss zusätzlich eine Panoramaschichtaufnahme angefertigt werden.
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30.5.2 Gesichtsschädelfrakturen
1337
Symptome. Klinische Zeichen sind im bezahnten Kiefer die Okklusionsstörung mit Stufenbildung in der Zahnreihe ( 1 B-30.19), die abnorme Beweglichkeit und das linguale Hämatom. Auch Einrisse der Gingiva oder eine Sensibilitätsstörung im Ausbreitungsgebiet des N. mentalis können Hinweise für eine Fraktur sein.
Symptome. Okklusionsstörung mit Stufenbildung in der Zahnreihe, abnorme Beweglichkeit, linguales Hämatom, Gingivaeinrisse, Sensibilitätsstörung im Bereich des N. mentalis ( 1 B-30.19).
1 B-30.19
Unterkieferfraktur
b Das Panoramaschichtbild zeigt den Frakturverlauf der Unterkieferfraktur paramedian links (Á).
a
23-jährige Patientin nach Sturz aufs Kinn. Klinische Frakturzeichen sind der Einriss der marginalen Schleimhaut, die Diastase zwischen den Zähnen 33 und 32 sowie die Okklusionsstörung ( Á).
c
Nach Miniplattenosteosynthese ist die Unterkieferkontinuität wiederhergestellt.
Therapie. Die Behandlung erfolgt durch eine monokortikale Miniplatten-
osteosynthese oder durch Zugschrauben. Im ausreichend bezahnten Kiefer kann auch eine konservative Frakturbehandlung durch 4–6-wöchige Ruhigstellung angezeigt sein ( 1 B-30.20).
1 B-30.20
Therapie. Miniplattenosteosynthese, Zugschrauben oder konservative 4–6-wöchige intermaxilläre Immobilisation ( 1 B-30.20).
Konservative Frakturbehandlung bei Unterkieferfraktur Konservative Frakturbehandlung durch Einbinden von Drahtschienen und mandibulomaxillären Gummizügen. Diese Immobilisation muss je nach Alter des Patienten zwischen 4 und 6 Wochen aufrechterhalten bleiben.
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30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Kiefergelenkfrakturen
Kiefergelenkfrakturen
Ätiologie. Kiefergelenkfrakturen entstehen häufig als indirekte Frakturen bei Sturz oder Schlag auf das Kinn.
Ätiologie. Frakturen im Kiefergelenkbereich treten ein- oder beidseitig auf,
Symptome. Kiefergelenkfrakturen führen zu Okklusionsstörungen und Druck- und Stauchungsschmerz im Kiefergelenkbereich. Intrakapsuläre Frakturen können zu Ankylosen führen.
Symptome. Druck- und Stauchungsschmerz im Kiefergelenkbereich und
häufig als indirekte Frakturen bei Krafteinwirkung wie Sturz oder Schlag auf das Kinn.
ein- oder beidseitige Okklusionsstörungen geben einen Hinweis auf eine Fraktur in diesem Bereich. Nicht erkannte und nicht behandelte Frakturen im Bereich der Kapsel können zu Ankylosen mit Mundöffnungsbehinderungen führen.
Diagnose. Diese Frakturen sind häufig nur auf Kiefergelenkspezialaufnahmen oder im Panoramaschichtbild zu erkennen.
Therapie. 14-tägige Immobilisation, aktive Nachbehandlung. Bei stark dislozierten Frakturen operative Reposition.
Therapie. Nach 2-wöchiger Ruhigstellung über Drahtschienen und Gummi-
züge ( 1 B-30.20) ist eine intensive aktive Mobilisierung notwendig. Stark dislozierte Frakturen bedürfen meist einer operativen Reposition und Osteosynthese.
Unterkieferluxation
Unterkieferluxation
Bei Unterkieferluxation kann der Patient den Mund nicht mehr schließen, im Panoramaschichtbild steht das Kieferköpfchen vor dem Tuberculum articulare.
Bei weiter Mundöffnung (z.B. Gähnen) kann das Kieferköpfchen ein- oder beidseitig aus der Gelenkpfanne luxieren. Der Mund des Patienten steht dann offen und kann nicht wieder geschlossen werden. Im Panoramaschichtbild stehen ein oder beide Kieferköpfchen vor dem Tuberculum articulare.
Therapie. Der Handgriff nach Hippokrates ( 1 B-30.21) dient zur Reposition des luxierten Kieferköpfchens.
Therapie. Mit dem Handgriff nach Hippokrates ( 1 B-30.21) wird der Unter-
kiefer reponiert, bei wiederholten Luxationen ist die operative Abtragung des Tuberculum articulare indiziert.
1 B-30.21
Synopsis Handgriff nach Hippokrates zur Reposition eines luxierten Kieferköpfchens Handgriff nach Hippokrates zur Reposition eines luxierten Kieferköpfchens: beidseitiger Daumendruck auf die Molaren des Unterkiefers mit nachfolgendem Druck nach dorsal.
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30.6.2 Pierre-Robin-Sequenz
Notversorgung bei Gesichtsschädelfrakturen Starke Blutungen aus offenen Wunden werden nach den Regeln der chirurgischen Notversorgung durch Umstechung oder Unterbindung oder durch Anwendung von Druckverbänden gestillt. Statt einer Bellocq-Tamponade kann eine Blutung aus der Nase auch durch Einlegen von aufblasbaren Blasenkathetern gestillt werden. Eine provisorische Ruhigstellung bei Mittelgesichtsfrakturen erfolgt durch Drahtligaturen zwischen den Zähnen, eine Kopf-Kinn-Kappe oder einen zirkulären Kopfverband.
Notversorgung bei Gesichtsschädelfrakturen Bei der Notversorgung werden stark blutende Wunde durch Umstechung, Unterbindung oder durch Druckverbände behandelt. Blutungen aus der Nase können durch eine BellocqTamponade oder aufblasbare Blasenkatheter gestillt werden. Eine Notbehandlung bei Mittelgesichtsfrakturen geschieht durch interdentale Drahtumschlingung, Kopf-Kinn-Kappen und zirkuläre Kopfverbände.
30.6
Angeborene Fehlbildungen
30.6
30.6.1
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten
30.6.1 Lippen-Kiefer-Gaumenspalten
Angeborene Fehlbildungen
Spaltbildungen im Lippen-, Kiefer- und Gaumenbereich gehören zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Bei 1 von 500 Geburten tritt eine derartige Spaltbildung auf, die Variationsbreite reicht von der Lippenkerbe als Minimalform bis zur doppelseitigen breiten Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Das männliche Geschlecht ist doppelt so oft betroffen wie das weibliche. Spaltformen im Gesicht treten häufig als Teil eines Syndroms auf ( 1 B-30.22). Eine besondere Form sind die isolierten Gaumenspalten. Bei Spaltkindern ist primär die Nahrungsaufnahme erschwert. Später ist die Sprachfunktion und durch die ungenügende Mittelohrbelüftung die Hörfähigkeit beeinträchtigt. Es treten häufig Zahnfehlstellungen auf.
Spaltbildungen von Lippe, Kiefer und Gaumen sind die häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Häufigkeit 1 : 500. Jungen sind doppelt so häufig betroffen wie Mädchen ( 1 B-30.22).
Therapie. Wird ein Kind mit einer Spaltbildung geboren, sollte es bald einem Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen oder einem Kieferorthopäden vorgestellt werden, damit ein Abdruck vom Kiefer genommen und eine Trinkplatte hergestellt werden kann. Diese trennt den Mund- vom Nasenraum und ermöglicht so eine ausreichende Schluck- und Saugfunktion. Gleichzeitig kann diese Platte zur Stabilisierung und Ausformung der Oberkieferbögen dienen. Die operative Therapie einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte wird in mehreren Schritten durchgeführt. Zwischen dem 3. und 6. Monat wird die Lippe verschlossen, der weiche Gaumen zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat, damit sich die Funktion der Tube und damit die Mittelohrbelüftung normalisiert. Der harte Gaumen wird je nach Sprachfunktion und Oberkieferwachstum bis zum 6. Lebensjahr (4.-6. Lebensjahr) verschlossen, die Kieferspalte vor dem Durchbruch des Oberkiefereckzahns vor dem 13. Lebensjahr (11.–13. Lebensjahr). Hierbei wird ein Spongiosatransplantat aus dem Beckenkamm eingelagert. Den Abschluss bildet die Rhinoplastik mit Septumkorrektur und ggf. Nasenflügeleinstellung. Spaltkinder müssen durch die gesamte Wachstumsphase vom Hals-NasenOhrenarzt mitbetreut werden, das Kieferwachstum und der Zahndurchbruch werden durch einen Kieferorthopäden mitbetreut. Die besten Ergebnisse sind dann gewährleistet, wenn die Behandlung von Spaltpatienten durch ein Spaltbehandlungsteam unter Einbeziehung der Nachbardisziplinen und auch Sozialarbeiter und Logopäden gewährleistet ist.
Therapie. Zur Vermeidung von Schluckund Saugstörungen sollte baldmöglichst eine Trinkplatte hergestellt werden. Diese kann gleichzeitig als Dehnplatte zur Ausformung des Oberkiefers dienen. Die operative Therapie einer LippenKiefer-Gaumenspalte wird in mehreren Schritten durchgeführt. Lippenverschluss 3.–6. Monat, Verschluss weicher Gaumen 6.–12. Monat, Verschluss harter Gaumen 4.–6. Lebensjahr, Verschluss Kieferspalte 11.–13. Lebensjahr, Nasenkorrektur nach Wachstumsabschluss.
30.6.2
Pierre-Robin-Sequenz
Unter den Gesichtsfehlbildungen ist die Pierre-Robin-Sequenz die einzige Fehlbildung, bei der evtl. schon in den ersten Lebensstunden aus vitalen Gründen eine Therapie notwendig ist. Bei der Pierre-Robin-Sequenz liegt eine mediane Gaumenspalte und eine weit dorsal liegende Zunge vor. Durch die gleichzeitige Unterkieferrücklage (Mikro- und Retrogenie) kann die zurückgefallene Zunge die Atemwege verlegen oder die Zunge kann sich in die Gaumenspalte einlagern, sodass die Atmung bis zum Atemstillstand unterbrochen wird. Durch das Fassen der Zunge mit einer scharfen Klemme
Wesentliche Probleme sind die Nahrungsaufnahme, die Sprach- und Hörfunktion und evtl. Zahnfehlstellungen.
Spaltkinder müssen im Team betreut werden, Mitbetreuung durch HalsNasen-Ohrenarzt und Kieferorthopäden sowie Sozialarbeiter und Logopäden ist wichtig.
30.6.2 Pierre-Robin-Sequenz Bei der Pierre-Robin-Sequenz liegt eine mediane Gaumenspalte und eine weit dorsal liegende Zunge bei gleichzeitiger Unterkieferrücklage vor. Sie ist vital bedrohlich durch Zurückfallen der Zunge mit Atemwegsverlegung oder Einlagerung der Zunge in die Gaumenspalte mit Unterbrechung der Atmung. Die Soforttherapie besteht im Fassen
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1340
30 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
1 B-30.22
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
a Linksseitige komplette LippenKiefer-Gaumenspalte mit weit verzogenem linken Nasenflügel, Situs bei Op-Beginn im Alter von 3 Monaten.
b Nach Lippenoperation im Alter von 3 Monaten sind die Strukturen der Lippe und Nasenboden wiederhergestellt.
c Beidseitige inkomplette Lippenspalte mit Kieferkerbe bei vier Wochen altem Mädchen.
und Hervorziehen der Zunge mit einer Klemme. Durch Trinkplatteneingliederung bzw. eine Stimulationsplatte wird ein derartiges Ereignis verhindert.
d Dieselbe Patientin wie c zwei Jahre nach operativem Verschluss der Lippe beidseits mit wiederhergestellter Symmetrie von Lippenrot, Lippenweiß und Naseneingang.
und Hervorziehen wird die Atembehinderung sofort beseitigt. Durch Eingliedern einer Trinkplatte kann das Einlagern der Zunge in die Gaumenspalte verhindert werden. Durch eine sog. Stimulationsplatte kann die Zungenentwicklung und das Unterkieferwachstum derart gefördert werden, dass lebensbedrohliche Situationen nicht mehr auftreten.
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1341 31
Neurochirurgie
31
Neurochirurgie
31.1
Grundlagen der Neurochirurgie
Harald Barth; Ralf Schön 31.1
Grundlagen der Neurochirurgie
Ziel dieses Buchbeitrags ist es, das Fachgebiet der Neurochirurgie in komprimierter Form darzustellen. Das Hauptaugenmerk ist auf die eingehende Darstellung neurochirurgischer Krankheitsbilder gelegt. Eine umfassende und allgemeine Darstellung neurologischer Untersuchungstechniken und differenzialdiagnostischer Schritte zur Verarbeitung neurologischer Syndrome, im Sinne der neurologischen Propädeutik würden den Umfang und das Anliegen dieses Kapitels überschreiten. Hier sei auf die Lehrbücher der Neurologie verwiesen. Berührungspunkte in der täglichen Arbeit bestehen (ohne Wertigkeit) zur Neurologie, Ophthalmologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Inneren Medizin, Traumatologie, Pathologie, Anästhesie und Intensivmedizin, Orthopädie, Radiologie, Psychologie, Pädiatrie sowie zur Kiefer- und Gesichtschirurgie.
31.1.1
Entwicklung der Neurochirurgie
Seit Einführung der zerebralen Angiographie durch Egas Monitz 1927, der Ventrikulographie durch Dandy Anfang der 20er Jahre, der Computertomographie durch Houndsfield 1972 sowie der Kernspintomographie durch Lauterbur 1972 haben sich geradezu revolutionäre Einblicke in Morphologie und Funktion des Nervensystems ergeben. Durch die Stereotaxie, Mikroneuroanatomie, bipolare Koagulation, Neuroendoskopie, Radiochirurgie sowie die Neuronavigation haben sich ungeahnte Möglichkeiten diagnostischer und therapeutischer Art, in vor wenigen Jahren noch unvorstellbarem Ausmaß, ergeben.
31.1.2
Gehirnerkrankungen allgemein
Wenn auch die Ursachen von Erkrankungen des Zentralnervensystems (ZNS) vielfältig sind, so ist doch die z. T. bunte, manchmal auch groteske Ausgestaltung der klinisch-neurologischen Symptomatik nicht krankheitsspezifisch bzw. führen unterschiedliche Entitäten zu gleichartigen sekundären, morphologischen, zirkulatorischen und metabolischen Veränderungen. Dies ändert jedoch nichts an der Sonderstellung des Gehirns im Gesamtorganismus, auf die es regulierend für alle Lebensvorgänge Einfluss nimmt, andererseits erheblich von peripheren Regelsystemen abhängig ist. Hinzu kommt der Einfluss von psychischen und organischen Veränderungen, sodass mit Ausnahme von vital bedrohlichen Notfällen immer vor Einleitung einer spezifisch neurochirurgischen Therapie primär psychische und psychosomatische Syndrome ausgeschlossen werden müssen. Von besonderer Bedeutung sind die altersspezifischen Reaktionsweisen des Gehirns. Einerseits müssen wir im Säuglings- und Kindesalter von einer Unreife des Gehirns mit hohem Substratstoffwechsel und entsprechender Vulnerabilität ausgehen, demgegenüber stehen kompensatorische Vorgänge mit einer oft erstaunlichen Plastizität. Im höheren Alter nehmen diese Kompensationsleistungen ab, sodass es bereits bei banalen Läsionen zu folgenschweren Sekundärfolgen kommen kann. Das Hirnvolumen ist kleiner, die intrakraniellen Reserveräume dagegen größer, sodass typische Krankheitsverläufe vermisst werden können. Die wesentliche Voraussetzung zur Feststellung einer Hirnerkrankung ist eine geduldig erhobene Anamnese. Auch in Zeiten der bildgebenden Verfahren hat sich an dieser Standardforderung nichts geändert.
31.1.1 Entwicklung der Neurochirurgie Wesentliche Meilensteine der Neurochirurgie sind die Entwicklungen der zerebralen Angiographie 1927, der Ventrikulographie Anfang der 20er Jahre, der Computertomographie 1972 sowie der Kernspintomographie 1972. Durch die Stereotaxie, Mikroneuroanatomie, bipolare Koagulation, Neuroendoskopie, Radiochirurgie sowie die Neuronavigation haben sich ungeahnte Möglichkeiten diagnostischer und therapeutischer Art ergeben. 31.1.2 Gehirnerkrankungen allgemein Unterschiedliche Entitäten führen zu gleichartigen sekundären morphologischen, zirkulatorischen und metabolischen Veränderungen.
Vor Einleitung einer spezifisch neurochirurgischen Therapie müssen primär psychische oder psychosomatische Syndrome ausgeschlossen werden. Altersspezifische Reaktionsweisen des Gehirns müssen beachtet werden. Im Säuglings- und Kindesalter muss von einer Unreife des Gehirns mit hohem Substratstoffwechsel und entsprechender Vulnerabilität ausgegangen werden. Im Alter nehmen die Kompensationsleistungen ab. Das Hirnvolumen ist kleiner, die intrakraniellen Reserveräume größer, sodass typische Krankheitsverläufe vermisst werden können. Wesentliche Voraussetzung zur Feststellung einer Hirnerkrankung ist eine geduldig erhobene Anamnese.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
1342 Man unterscheidet allgemeine und hirnlokale Symptome. Allgemeinsymptome sind: π Kopfschmerzen π Übelkeit π Erbrechen π Schwindel π Wesens- und Verhaltensänderungen π affektive Labilität π epileptische Anfälle π unterschiedliche Formen der Bewusstseinsstörungen. Die subtile Erfassung hirnlokaler Zeichen erlaubt eine differenzierte Zuordnung der Läsionsstelle. Die Diagnose stützt sich auf Anamnese, klinisch-neurologische Untersuchung und auf die apparative Zusatzdiagnostik. Im Mittelpunkt stehen die neuroradiologischen Verfahren wie kranielle Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT). Die Röntgennativdiagnostik und zerebrale Angiographie gehören zu den Standarduntersuchungen in der Neurochirurgie. Nicht invasive Verfahren wie Elektroenzephalographie, Elektromyographie, evozierte Potenziale, transkranielle Magnetstimulation, transkranielle Doppler-Sonographie, Duplexsonographie etc. ergänzen das Untersuchungsspektrum. Von immenser Bedeutung ist die Hirndruckmessung und die Liquordiagnostik. 31.1.3 Neurochirurgische Operationstechnik
31 Neurochirurgie Bei der Anamneseerhebung und der nachfolgenden klinisch-neurologischen Untersuchung ist auf Allgemeinsymptome und hirnlokale Symptome zu achten. Zu den Allgemeinsymptomen zählen: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Wesens- und Verhaltensänderungen, schnellere Ermüdbarkeit, Merkfähigkeitsstörungen, Reizbarkeit, affektive Labilität, epileptische Anfälle und unterschiedliche Formen der Bewusstseinsstörungen. Hirnlokale Zeichen sind Symptome, die sich durch die Lokalisation der Störung in speziellen neurologischen Ausfallmustern präsentieren und somit Rückschlüsse auf den Sitz zulassen. Hier sei auf die neurologische topische Diagnostik verwiesen, die in den Lehrbüchern der Neurologie differenziert dargestellt ist. Neben der Anamnese und der klinisch-neurologischen Untersuchung stützt sich die Diagnostik auf apparative Zusatzuntersuchungen. Ganz im Mittelpunkt stehen, und dies zweifellos zu Recht, die bildgebenden neuroradiologischen Verfahren mit kranieller Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT), welche für die Medizin eine ähnliche Bedeutung haben wie die Erfindung der Röntgenstrahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen 1895. Die Röntgennativdiagnostik, zerebrale Angiographie, heute als digitale Subtraktionsangiographie (DSA) und nuklearmedizinische Verfahren gehören zu den Standarduntersuchungen. Dazu kommen die nicht invasiven Verfahren wie Elektroenzephalographie (EEG), Elektromyographie (EMG), multimodal evozierte Potenziale (EVOPS), die transkranielle Magnetstimulation, die transkranielle Doppler-Sonographie (TCD), Duplexsonographie der extrakraniellen Gefäße, die regionale Hirndurchblutungsmessung (rCBF) mittels SPECT (Single photon emission tomography) oder PET (Positronenemissionstomographie). Von immenser Bedeutung ist die Hirndruckmessung sowie die Liquordiagnostik bei tumorösen und entzündlichen Prozessen sowie die Untersuchung von Neurotransmittern.
31.1.3
Neurochirurgische Operationstechnik
Die Mikrochirurgie ist an folgende Voraussetzungen gebunden: 1. Operationsmikroskop. 2. Entsprechendes Instrumentarium, schonende Koagulationsverfahren. 3. Kenntnis der mikroskopischen Anatomie.
Das eigentliche Operationsfeld ist in der Regel sehr umschrieben, die zu operierenden Strukturen sehr fein und verletzlich. Folgerichtig entstand der Wunsch, das Zielgebiet der Operation zu vergrößern und in der Tiefe besser auszuleuchten. Die Operation unter dem Mikroskop setzt eine neue anatomische Betrachtungsweise, die mikroskopische Anatomie, voraus. Die Mikrochirurgie ist an folgende Voraussetzungen gebunden: 1. Operationsmikroskop (Vergrößerung, Ausleuchtung). 2. Entsprechendes Instrumentarium und schonende Koagulationsverfahren. 3. Kenntnis der mikroskopischen Anatomie.
Operationsmikroskop
Operationsmikroskop
Das Operationsmikroskop besteht aus einem mechanischen Teil (Schwenkarm und Bodenstativ bzw. Deckenaufhängung) und einem optischen Teil (Mikroskop).
Das Operationsmikroskop besteht aus einem mechanischen Teil (Schwenkarm und Bodenstativ bzw. Deckenaufhängung) und einem optischen Teil (Mikroskop). Dank laufender technischer Verbesserungen ist heute eine nahezu schwerelose Ausbalancierung und Führung des Mikroskops in allen drei Ebenen gegeben. Die entscheidenden Vorteile des Operationsmikroskops sind die Vergrößerung, die bessere Ausleuchtung und die stereoskopische Perspektive. Durch die Anordnung von reflektierenden Spiegeln wird sichergestellt, dass selbst aus der Tiefe einfallendes Licht auf den Augenabstand des Operateurs erweitert wird. Damit wird die stereoskopische Betrachtungsweise möglich. Der Einbau von Objektiven mit variabler Brennweite (Zoom) gestattet eine stufenlose Regulierung der Vergrößerung. Die Lupenbrille, mit der diese Betrachtungsweise nicht möglich war, hat ausgedient.
Die entscheidenden Vorteile des Operationsmikroskops sind die Vergrößerung, die bessere Ausleuchtung und die stereoskopische Perspektive.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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31.1.3 Neurochirurgische Operationstechnik
Instrumentarium
Instrumentarium
Fein gearbeitete Instrumente (Pinzetten, Scheren, Dissektoren usw.) müssen ausbalanciert in der Hand des Operateurs liegen, um ein präzises und tremorreduziertes Arbeiten zu ermöglichen. Wichtig war die Entwicklung bajonettförmiger Instrumente, wodurch der Operateur an seiner Hand vorbeiblicken kann sowie die Einführung selbsthaltender Retraktionssysteme. Bei der bipolaren Koagulation fließt der Strom nur noch durch die Spitzen der Pinzette und ermöglicht somit eine gezielte, äußerst feine Koagulation von Gefäßen ohne Schädigung angrenzender Strukturen. Die unipolare Koagulation wird in der Neurochirurgie nicht mehr eingesetzt. Neuere Verfahren sind Laser und CUSA (Cavitron Ultrasonic Aspirator), mit denen bei der Präparation und Entfernung von Tumoren ein gewebeschonendes und blutsparendes Vorgehen möglich ist. Computergestützte Navigationssysteme und kombinierte stereotaktisch endoskopische Verfahren ermöglichen ein schonendes und gezieltes operatives Vorgehen.
Fein gearbeitete Instrumente (Pinzetten, Scheren, Dissektoren usw.) müssen ausbalanciert in der Hand des Operateurs liegen, um ein präzises und tremorreduziertes Arbeiten zu ermöglichen. Die bipolare Koagulation ermöglicht eine gezielte, äußerst feine Koagulation von Gefäßen ohne Schädigung angrenzender Strukturen. Neuere Verfahren sind Laser und CUSA (Cavitron Ultrasonic Aspirator), computergestützte Navigationssysteme und kombinierte stereotaktisch endoskopische Verfahren.
Lagerungstechniken
Lagerungstechniken
Vor Beginn der Operation ist eine adäquate Lagerung des Patienten erforderlich. Spezielle Lagerungen (Bauchlage, sitzende Lagerung, Seitenlagerung, Stufenlagerung, Hockstellung) kommen in der Neurochirurgie routinemäßig zur Anwendung. Zuständig und verantwortlich ist der Operateur. Dabei ist insbesondere auf das Vermeiden von möglichen Druckschäden bei den oft vielstündigen Eingriffen zu achten. Essenziell ist der ungehinderte venöse Abfluss, sodass sich keine venösen Stauungen bilden können.
Bei der Lagerung ist auf das Vermeiden von Druckschäden und eine ungehinderte venöse Dränage zu achten.
Postoperative Nachsorge und Komplikationen
Postoperative Nachsorge und Komplikationen
n Merke. Die häufigsten und gefürchtetsten Komplikationen in der Hirnchirurgie sind Nachblutungen und das Hirnödem.
Beide Komplikationen lassen sich trotz schonendster mikrochirurgischer Technik nicht immer vermeiden. Dementsprechend gehört ein hirnoperierter Patient auf eine vom Neurochirurgen geführte Intensivstation. Nur der Neurochirurg kann abschätzen, ob die auftretenden Störungen operativ bedingt, also hirnlokal zu interpretieren sind. Bei Eingriffen in Nachbarschaft der liquorabführenden Wege, kann es zum Auftreten eines Hydrocephalus occlusus kommen. Nach Hirnblutungen oder Entzündungen zum Hydrocephalus aresorptivus. Eine temporäre oder auch permanente Liquordränage kann dann erforderlich werden. Patienten mit präoperativen Krampfanfällen sind auch postoperativ anfallsgefährdet, sodass hier eine gezielte Überwachung und eine entsprechende Instruktion der Pflegekräfte erforderlich ist. Bei Patienten mit Schädel-Hirn-Verletzungen (s. S. 1371 ff.) kann es zu unkontrollierbaren Hirndrucksteigerungen kommen, sodass ein umfangreiches, multimodales Monitoring unverzichtbar wird. Im Rahmen des neurointensivmedizinischen Monitorings kommen der Messung des intrakraniellen Drucks, des zerebralen Perfusionsdrucks, der arteriovenösen Sauerstoffsättigung, der Gewebsoxygenierung, der Ableitung von EEG und evozierten Potenzialen, der extra- und transkraniellen Doppler-Sonographie und liquorchemischen Untersuchungen große Bedeutung zu, um möglichst viele funktionelle Ebenen zu erfassen und prognostische Einschätzungen zu ermöglichen.
Merke
Dementsprechend gehört ein hirnoperierter Patient auf eine vom Neurochirurgen geführte Intensivstation. Nur der Neurochirurg kann abschätzen, ob die auftretenden Störungen operativ bedingt, also hirnlokal zu interpretieren sind.
Im Rahmen des neurointensivmedizinischen Monitorings kommen der Messung des intrakraniellen Drucks, des zerebralen Perfusionsdrucks, der arteriovenösen Sauerstoffsättigung, der Gewebsoxygenierung, der Ableitung von EEG und evozierten Potenzialen, der extra- und transkraniellen Doppler-Sonographie und liquorchemischen Untersuchungen große Bedeutung zu.
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1344 31.2
31 Neurochirurgie
Kurzgefasste topographische Anatomie des Gehirns
31.2
Kurzgefasste topographische Anatomie des Gehirns Knöcherner Schädel und kraniospinaler Übergang
31.2.1 Knöcherner Schädel und kraniospinaler Übergang
31.2.1
Man unterscheidet Neurokranium und Viszerokranium. Beide werden durch das Os zygomaticum verbunden. An der Schädelbasis ( 1 B-31.1) unterscheidet man die vordere, mittlere und hintere Schädelgrube.
Man unterscheidet Neurokranium und Viszerokranium. Beide werden durch das Os zygomaticum miteinander verbunden. Das Neurokranium wird von der Kalotte und der Schädelbasis gebildet. An der Schädelbasis unterscheidet ( 1 B-31.1) man die vordere, mittlere und hintere Schädelgrube voneinander.
1 B-31.1
Synopsis Darstellung der Schädelbasis, von innen betrachtet
1
10
3 2 4 5 6
11 14 16 17 19 21 23
7 8 9
24
Links die Foramina der austretenden Hirnnerven. Rechts mit entsprechendem Hirnnerv.
Das Os occipitale, welches nur vom Foramen magnum durchbrochen wird, artikuliert über die okzipitalen Kondylen mit dem Atlas und bildet den kraniospinalen Übergang. Zahlreiche Foramina und Kanäle dienen dem Durchtritt von Hirnnerven und Gefäßen. Am Os temporale unterscheiden wir die Pars squamosa und die Pars petrosa.
Das Os sphenoidale bildet den mittleren Teil der Schädelbasis.
2 B-31.1 gibt eine Übersicht über die Basis cranii interna und die durchtretenden Gebilde.
15 13 12 18 20 22 25
1 Lamina cribrosa 2 Canalis opticus 3 Fissura orbitalis superior (III, IV, V, VI, N. ophthalmicus) 4 Foramen rotundum (V, N. maxillaris) 5 Foramen ovale (V, N. mandibularis) 6 Foramen lacerum (A. carotis interna u. sympathische Fasern) 7 Porus acusticus internus (VII, VIII) 8 Foramen jugulare (IX, X, XI) 9 Canalis hypoglossi (XII) 10 N. I = Fasciculus olfactorius 11 N. II = Fasciculus opticus 12 N. III = N. oculomotorius 13 N. IV = N. trochlearis 14 N. ophthalmicus ƒ 15 N. maxillaris N. V = 16 N. mandibularis © N. trigeminus 17 Ganglion trigeminale 18 R. motoria ª 19 N VI = N. abducens 20 N VII = N. facialis und intermedius 21 N VIII = N. vestibulocochlearis 22 N. IX = N. glossopharyngeus 23 N X = N. vagus 24 N. XI = N. accessorius 25 N. XII = N. hypoglossus
Das Os occipitale, welches nur vom Foramen magnum durchbrochen wird, artikuliert über die okzipitalen Kondylen mit dem Atlas und bildet den kraniospinalen Übergang. Zahlreiche Foramina und Kanäle dienen zum Durchtritt von Hirnnerven und Gefäßen: Foramen jugulare: Nn. IX, X, XI, Bulbus venae jugularis. Canalis hypoglossi: N. XII. Foramen occipitale magnum: Medulla oblongata, N. XI, N. cervicalis I, Aa. vertebrales. Die Pars basilaris des Os occipitale vereinigt sich ventral mit dem Keilbeinkörper zum Clivus. Am Os temporale unterscheiden wir die Pars squamosa und die Pars petrosa mit dem Processus zygomaticus, dem Meatus acusticus sowie dem Processus mastoideus. Durch den Porus acusticus internus ziehen: N. VII, N. VIII, A. labyrinthi und Vv. labyrinthi. Die Verbindung zum Gesichtsschädel läuft über den Processus pterygoideus sowie über die Fissura pterygomaxillaris. Hier wird die Fossa pterygopalatina gebildet. Weitere Verbindungen des Os temporale zum Os parietale sind die Sutura parietomastoidea, zum Os occipitale die Synchondrosis petrooccipitalis und zum Keilbein die Sutura sphenopetrosa und sphenosquamosa. Das Os sphenoidale bildet den mittleren Teil der Schädelbasis. In der mittleren Schädelgrube haben das Foramen ovale (N. V3), das Foramen rotundum (N. V2), das Foramen spinosum (A. meningea media), die Fissura orbitalis superior (Nn. III, IV, V1, VI, V. ophthalmica), der Canalis opticus (N.II, A. ophthalmica) und die Apertura interna canalis carotici (A. carotis interna) besondere neurochirurgische Bedeutung ( 2 B-31.1).
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1345
31.2.2 Hirnnerven
2 B-31.1
Übersicht über die Basis cranii interna und die durchtretenden Gebilde Öffnungen
Durchtretende Gebilde
N Fossa cranii anterior n
Lamina cribrosa
Nn. olfactorii
N Fossa cranii media n
Canalis opticus
Foramen rotundum Foramen ovale
N. opticus A. ophthalmica N. III, IV, V 1 , VI V. ophthalmica N. V2 N. V 3
Foramen spinosum Apertura interna canalis carotici
A. meningea media A. carotis interna
Porus acusticus internus
N. VII, VIII A. labyrinthi, Vv. labyrinthi N. IX, X, XI Bulbus venae jugularis N. XII Medulla oblongata N. XII, N. cervicalis I Aa. vertebrales
Fissura orbitalis superior
N Fossa cranii posterior n
Foramen jugulare Canalis hypoglossi Foramen occipitale magnum
31.2.2
Hirnnerven
Die 12 paarigen Hirnnerven, von denen die Nn. olfactorii (I) und optici (II) morphologisch zentrale Faserbahnen sind, erhalten ihre spezielle Funktion entsprechend ihrem Ursprung aus Kiemenbogennerven (V, VII, IX, X, XI) oder Spinalnerven (XII). Der N. opticus (II) vermittelt die Verbindung von der Retina zum Corpus geniculatum laterale. Die Nerven der Augenmuskeln: N. oculomotoris (III), N. trochlearis (IV) und N. abducens (VI) stehen ausschließlich im Dienst der Blickeinstellung. Am N. trigeminus (V) unterscheiden wir eine sensible Portio major und eine motorische Portio minor. Er ist nach Austritt aus dem Pons im Kleinhirnbrückenwinkel gut aufzusuchen, verläuft in der Dura in der mittleren Schädelgrube und teilt sich dann in seine 3 Hauptäste: N. ophthalmicus (V1, rein sensibel), N. maxillaris (V2, gemischter Nerv) und N. mandibularis (V3, gemischter Nerv). Die längste Verlaufsstrecke weist der N. abducens (VI) auf, welcher von der kaudalen Brücke bis zum M. rectus lateralis zieht. Im Kleinhirnbrückenwinkel finden wir den N. facialis (VII). Er zieht gemeinsam mit dem N. vestibulocochlearis (VIII) durch den inneren Gehörgang zur mimischen Muskulatur, Zunge und Muskeln des Zungenbeinbogens. Die Nn. glossopharyngeus (IX), vagus (X) und accessorius (XI) ziehen gemeinsam durchs Foramen jugulare. Sensibel ist der N. IX der wichtigste Geschmacksnerv und versorgt motorisch den Pharynx und den sekretorischen Anteil der Glandula parotis. Der N. X ist zum größten Teil ein parasympathischer Eingeweidenerv, versorgt die quergestreifte Muskulatur von Larynx, Pharynx, Ösophagus, die glatte Muskulatur der Atemwege und des Darms, das Herz sowie Drüsen von Darm und Bronchien. Der N. hypoglossus (XII) zieht durch den Canalis hypoglossi, kreuzt am Hals die A. carotis externa und zieht zur Zunge. 2 B-31.2 gibt einen Überblick über die Hirnnerven, deren Funktion und entsprechende Ausfallsymptome.
31.2.2 Hirnnerven Die Nn. olfactorii (I) und optici (II) sind morphologisch zentrale Faserbahnen. Der N. opticus (II) vermittelt die Verbindung von der Retina zum Corpus geniculatum laterale, die Nerven der Augenmuskeln (Nn. III, IV, VI) stehen ausschließlich im Dienst der Blickeinstellung. Am N. trigeminus (V) unterscheidet man die sensible Portio major und die motorische Portio minor. Er teilt sich in seine 3 Hauptäste: N. ophthalmicus (V 1 ), N. maxillaris (V 2 ), N. mandibularis (V3 ). Die längste Verlaufsstrecke weist der N. abducens (VI) auf. Im Kleinhirnbrückenwinkel finden wir den N. facialis (VII), der mit dem N. vestibulocochlearis (VIII) durch den inneren Gehörgang zieht. Die Nn. glossopharyngeus (IX), vagus (X) und accessorius (XI) ziehen gemeinsam durchs Foramen jugulare. Der N. X ist zum größten Teil ein parasympathischer Eingeweidenerv.
Der N. hypoglossus (XII) kreuzt am Hals die A. carotis externa und zieht zur Zunge. 2 B-31.2 gibt einen Überblick über die Hirnnerven, deren Funktion und entsprechende Ausfallsymptome.
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1346
2 B-31.2
31 Neurochirurgie
Hirnnervenfunktionen und Ausfallsymptome
Hirnnerv
Funktion
Ausfall
N I n
N. olfactorius
Geruchssinn
Anosmie
N II n
N. opticus
Sehbahn
Visusstörung bei Ausfall im vorderen Abschnitt, unterschiedliche Gesichtsfeldausfälle bei Läsionen der Sehbahn und der Sehrinde
N III N. oculomotorius n
alle äußeren Augenmuskeln mit Ausnahme des M. obliquus superior und des M. abducens, außerdem M. sphincter pupillae
Doppelbilder in Blickrichtung des gelähmten Muskels, die schräg versetzt sind, wenn der M. obliquus inferior mitbetroffen ist, d.h., wenn eine komplette äußere Okulomotoriusparese besteht
N IV N. trochlearis n
M. obliquus superior
Doppelbilder, die schräg versetzt sind, beim Blick des betroffenen Auges nach unten außen
N V n
sensibel: 3 Äste (V1 –V 3 ) für die Versorgung des Gesichts und z.T. NasenRachen-Raum motorisch: Kaumuskeln und Mundöffner
unterschiedliche Sensibilitätsstörungen (bei Kernläsion Á Söldner-Linien); Kieferabweichung bei einseitigem Ausfall der Kiefermuskulatur
N VI N. abducens n
M. rectus lateralis
nebeneinanderstehende Doppelbilder beim Blick zur gelähmten Seite
N VII N. facialis n
mimische Muskulatur des Gesichts, Tränen- und Speicheldrüsen, Geschmacksempfindung vordere zwei Drittel der Zunge
unterschiedliche Ausfälle bei verschiedenen Läsionen im peripheren Anteil (z.T. mit Tränensekretions-, Speichelsekretions- und Geschmacksstörung), besonderes Ausfallmuster bei zentralen Läsionen
N. trigeminus
N VIII N. vestibulocochlearis Gehör und Gleichgewicht n
Hör- und/oder Gleichgewichtsstörungen mit und ohne Schwindel
N IX N. glossopharyngeus Schluckmuskulatur n sensibel: Mittelohr, Pharynx, Zungengrund, Geschmack im hinteren Zungendrittel
Schluckstörungen, entsprechende Geschmacksund Sensibilitätsstörungen; tritt meist nicht isoliert auf
N X n
N. vagus
motorisch: Gaumensegel und Kehlkopf, meistens nicht als isolierter Ausfall vegetative parasympathische Innervation
N XI N. accessorius n
M. sternocleidomastoideus und oberer Anteil des M. trapezius
am häufigsten Akzessoriusteilparese durch Läsion am Hals und Scapula alata
N XII N. hypoglossus n
Zungenmuskulatur
periphere Läsion: Parese und Atrophie der betroffenen Seite, beim Herausstrecken der Zunge Abweichen zur gelähmten Seite zentrale Läsion: Abweichen kontralateral zum zentralen Herd
Hirngefäße
31.2.3 Hirngefäße
31.2.3
Arterien
Arterien
Gehirn und Hirnhäute werden von Arterien aus den Versorgungsgebieten der Aa. carotis internae und externae sowie dem vertebrobasilären System versorgt.
Gehirn und Hirnhäute werden von Arterien aus den Versorgungsgebieten der Aa. carotis internae und externae sowie aus dem vertebrobasilären System versorgt. Die A. carotis interna communis verläuft unverzweigt bis zur Teilungsstelle in A. carotis interna und externa. Die A. carotis externa gibt in der Regel 8 Äste ab ( 2 B-31.3). Die A. carotis interna versorgt Anteile des Gehirns sowie das Auge. Sie durchtritt die Schädelbasis im Canalis caroticus und macht danach eine S-förmige Schleife (Karotissyphon). Im Kanal ist sie von einem venösen Geflecht umgeben, welches ihr pulsatorische Schwankungen erlaubt. In der mittleren Schädelgrube liegt sie im Sul-
Die A. carotis externa gibt in der Regel 8 Äste ab ( 2 B-31.3). Die A. carotis interna versorgt Anteile des Gehirns sowie das Auge.
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1347
31.2.3 Hirngefäße
2 B-31.3
Äste der A. carotis externa
N vordere Äste n
A. thyreoidea superior A. lingualis A. facialis
N medialer Ast n
A. pharyngea ascendens
N hintere Äste n
A. occipitalis A. auricularis posterior
N Endäste n
A. temporalis superficialis A. maxillaris
cus caroticus des Keilbeinkörpers, umsponnen vom Sinus cavernosus. Die A. carotis interna teilt sich in fünf Äste ( 2 B-31.4).
2 B-31.4 n N N n N n N n N n
Die A. carotis interna teilt sich in fünf Äste ( 2 B-31.4).
Äste der A. carotis interna
A. ophthalmica A. communicans posterior A. chorioidea anterior A. cerebri anterior A. cerebri media
Die A. cerebri anterior kreuzt den N.opticus, kommuniziert über den Ramus communicans anterior mit der Gegenseite und zeigt dabei die größte Variationsbreite aller intrakraniellen Arterien. Aus der A. cerebri anterior zieht auch die A. recurrens Heubner zu subkortikalen Kerngebieten, weiterhin verlaufen zahlreiche Äste zum Balken, Stirnhirn und zur Zentralregion. Die A. cerebri media fächert sich nach ihrer Aufteilung in zahlreiche Äste auf, die zu den Basalganglien und zu kortikalen Gebieten der Konvexität ziehen. Die A. vertebralis, aus der A. subclavia bzw. dem Truncus brachiocephalicus, verläuft zunächst als Pars praevertebralis bis in Höhe des 6. HWK, tritt in das Foramen transversarium ein, zieht weiter als Pars transversaria bis zur Pars atlantis hinter dem Atlasbogen, um nach Perforation der Membrana atlantooccipitalis als Pars intracranialis sich mit der Pars intracranialis der Gegenseite zur A. basilaris zu vereinigen. Über die A. communicans posterior wird der arterielle Gefäßring zwischen vorderer und hinterer Versorgung geschlossen (Circulus arteriosus cerebri) ( 1 B-31.2).
Die A. cerebri anterior kreuzt den N. opticus und kommuniziert über den Ramus communicans anterior mit der Gegenseite.
Venen
Venen
Die klappenlosen Hirnvenen zeigen sich als zum Sinus sagittalis superior aszendierende oberflächliche Gefäße, zum anderen aber auch als tiefe dränierende sog. innere Hirnvenen. Zwischen diesen Venen bestehen viele Kollateralen (z. B. Vv. anastomoticae superior et inferior). Die paarigen Vv. cerebri internae vereinigen sich im Niveau der Vierhügelregion zur V. cerebri magna. Der den Hirnstamm umgreifende Circulus venosus sammelt Blut von den rostralen Abschnitten und von Mittelhirnvenen und wird zur V. basalis, die in die V. cerebri magna mündet. Die großen venösen Längsleiter des Gehirns, die Sinus durae matris, verlaufen relativ rigide zwischen der periostalen und duralen Schicht der Dura mater. Der größte, der Sinus sagittalis superior, wird unter neurochirurgischen Gesichtspunkten in ein vorderes, mittleres und hinteres Drittel unterteilt und dräniert in den Sinus transversus. Der Sinus transversus geht in den Sinus sigmoideus über und mündet in Höhe des Foramen jugulare in den Bulbus venae jugularis ( 1 B-31.3).
Die paarigen Vv. cerebri internae vereinigen sich in Höhe der Vierhügelregion zur V. basilaris, die in die V. cerebri magna mündet. Die großen venösen Längsleiter, die Sinus durae matris, verlaufen zwischen der periostalen und duralen Schicht der Dura mater. Der Sinus sagittalis superior dräniert in den Sinus transversus. Der Sinus transversus geht in den Sinus sigmoideus über und mündet in Höhe des Foramen jugulare in den Bulbus venae jugularis ( 1 B-31.3).
Die Äste der A. cerebri media führen zu den Basalganglien und zu kortikalen Gebieten der Konvexität. Die A. vertebralis tritt durch das Foramen occipitale magnum in den Schädel ein und vereinigt sich mit der Gegenseite zur A. basilaris. Über die A. communicans posterior wird der arterielle Gefäßring zwischen vorderer und hinterer Versorgung geschlossen (Circulus arteriosus cerebri). ( 1 B-31.2).
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1348
31 Neurochirurgie
1 B-31.2
Synopsis Circulus arteriosus cerebri (Willisi) der basalen Hirnarterien 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
4 5
1
2
7 3 8 6 9 19
18
17 15 16
A. communicans posterior A. chorioidea anterior A. cerebri anterior A. communicans anterior Rr. orbitales A. cerebri media Rr. orbitales laterales Rr. striati A. cerebri posterior A. vertebralis A. spinalis posterior A. spinalis anterior R. meningeus A. cerebelli inferior posterior A. basilaris A. cerebelli inferior anterior A. labyrinthi Rr. ad pontem A. cerebelli superior
10 12 14 11 13
1 B-31.3
Synopsis Schematische Darstellung der Verbindungen von Venen und Blutleitern der Schädelhöhle mit den extrakraniellen Venen des Kopfes 9
12
10 11
8
7
6 5
14 13
4
16
3
18 17 15
20 19
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
V. jugularis interna V. facialis Plexus pterygoideus V. ophthalmica inferior V. angularis Sinus cavernosus V. ophthalmica superior Sinus sagittalis superior Vv. cerebri superiores V. temporalis superficialis Sinus sagittalis inferior V. emissaria parietalis Sinus rectus V. emissaria occipitalis V. occipitalis Sinus petrosus superior Sinus occipitalis Sinus transversus V. emissaria mastoidea Verbindung zum Plexus venosus vertebralis 21 V. retromandibularis 22 V. jugularis externa
21 2 1
22
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31.2.4 Motorischer und sensibler Kortex Ein neurochirurgisch besonders wichtiges venöses Hohlraumsystem ist der Sinus cavernosus. Er befindet sich am medialen Rand des kleinen Keilbeinflügels. In ihm verläuft die A. carotis interna direkt von venösem Blut umgeben sowie die Hirnnerven III, IV, V und VI. Über den Sinus cavernosus können sich infektiöse Thrombosen via Vv. ophthalmicae und V. angularis ausbreiten. Bei Verletzungen der A. carotis interna in diesem Bereich kommt es zur Ausbildung einer A.-carotis-Sinus-cavernosus-Fistel.
31.2.4
Motorischer und sensibler Kortex
Der Sinus cavernosus mit der A. carotis interna, den Hirnnerven III, IV, V und VI ist von besonderem Interesse. Über diesen Sinus cavernosus kam es besonders früher zu den gefürchteten infektiösen Thrombosen via Vv. ophthalmicae und V. angularis.
31.2.4 Motorischer und sensibler Kortex Motorischer Kortex
Motorischer Kortex Die Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis) entsteht aus präzentralen Rindenfeldern des Frontallappens, aus dem parietalen Kortex, dem primären sensiblen Projektionsfeld des Gyrus postcentralis, kortikalen Anteilen von Temporal- und Okzipitallappen sowie der Area gigantopyramidalis des Gyrus praecentralis. 1 B-31.4 zeigt den Verlauf der Pyramidenbahn. Die motorische Repräsentation richtet sich nach ihrer funktionellen Bedeutung, sodass entsprechend dem motorischen Homunkulus Gesichts- und Handfelder stärker repräsentiert sind ( 1 B-31.5).
1 B-31.4
1349
Die Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis) entsteht aus Pyramidenzellneuriten der präzentralen Rindenfelder. 1 B-31.4 zeigt den Verlauf der Pyramidenbahn. Die motorische Repräsentation richtet sich nach ihrer funktionellen Bedeutung ( 1 B-31.5).
Synopsis Verlauf der motorischen Bahnen
Die somatotopische Gliederung des Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn) wird unverändert beibehalten. Im Bereich der Capsula interna verlaufen die Bahnen für die oberen Extremitäten in engerer Nachbarschaft der kortikonukleären Bahnen. Der überwiegende Anteil der Pyramidenbahn kreuzt unterhalb des Pons im Bereich der Pyramide und verläuft im Rückenmark als Tractus corticospinalis lateralis. Ungekreuzte Anteile verlaufen ipsilateral als
Tractus corticospinalis anterior. Bahnsysteme zu den Basalganglien und zum Kleinhirn verlaufen beiderseits außerhalb der Pyramidenbahn und werden als extrapyramidale Bahnen subsummiert. Nach Umschaltung über Zwischenneurone ziehen sie jedoch wieder in Nachbarschaft des Tractus corticospinalis zu den motorischen Vorderhornzellen und beeinflussen somit die spinale Motorik.
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1350
31 Neurochirurgie
1 B-31.5
Synopsis Schematische Darstellung der motorischen Rindenfelder (motorischer Homunkulus)
nd
Knie Hüfte Rumpf Schulter Ellbogen k gelen Hand
Ha
r ne ei Kl
Ri M ngf Ze itte ing Da ige lfin er g Ha ume fing er n er Au ls gen Aug b enl raue n id G es icht und A sau uga Stim s p d mbi ldun ruck fel g Mund
r ge Fin
l he öc n n K e h Ze
Speichelsekretion
Kau en
Kinn ge n Zun cke u hl Sc
Die kortikalen Systeme der Willkürmotorik werden durch das extrapyramidalmotorische System zu einer höheren Funktionseinheit ergänzt. Dieses wacht über den fein abgestuften, glatten Verlauf jeder Willkürbewegung. Die Grenzen der einzelnen Traktus sind jedoch nicht scharf voneinander getrennt. Nur am Faserursprung und im Pyramidenbereich der Medulla oblongata verlaufen sie ohne andere Faserkontingente. Die zentrale Lähmung ist dementsprechend durch eine spastische Hemiparese gekennzeichnet. Kortikale Läsionen im Gyrus praecentralis und in der Pyramide führen dagegen zur schlaffen kortikalen Monoparese.
Schädigungen in der Capsula interna führen initial zur spastischen Hemiplegie.
Die kortikalen Systeme der Willkürmotorik werden durch das extrapyramidalmotorische System zu einer höheren Funktionseinheit ergänzt. Dieses wacht über den fein abgestuften, glatten Verlauf jeder Willkürbewegung. Die Fasern haben zwar innerhalb der Bahnen eine gewisse somatotopische Anordnung, die Grenzen der einzelnen Traktus sind jedoch nicht scharf voneinander getrennt, sodass sie sich mit Fasern benachbarter Traktus vermischen. Nur am Faserursprung (dem Gyrus praecentralis) und im Pyramidenbereich an der Basis der Medulla oblongata verlaufen sie ohne Beimischung anderer Faserkontingente. Im weiteren Verlauf sind, im Falle einer Schädigung, auch immer extrapyramidalmotorische Fasern betroffen. Die zentrale Lähmung ist dementsprechend durch eine spastische Hemiparese mit allgemeiner Kraftminderung gekennzeichnet, wobei bei der Einzelmuskelprüfung oft keine Parese zu erkennen ist. Deutlich ist die Minderung der Feinmotorik, es treten Mit- und Massenbewegungen auf. Die Eigenreflexe sind lebhaft bis gesteigert, Fremdreflexe fehlen, pathologische Reflexe werden beobachtet. Eine Muskelatrophie fehlt. Bei einer isolierten Läsion der Pyramidenfasern im Gyrus praecentralis oder der Pyramide an der Basis der Medulla oblongata wird dagegen eine schlaffe Parese, kortikale Monoparese, beobachtet. Schädigungen in der Capsula interna führen initial zur spastischen Hemiplegie. Bei Läsionen am kaudalen Hirnstamm, dem Hirnschenkel und dem Brückenfuß entwickelt sich eine beinbetonte Tetraparese, oft begleitet von Augenmotilitätsstörungen oder auch gekreuzten Hirnstammsyndromen. Prozesse im zervikalen Myelon weisen neben der Tetraparese ein sensibles Transversalsyndrom auf.
Sensibler Kortex
Sensibler Kortex
Das Hauptfeld der sensiblen Projektion ist somatotopisch in der Art eines auf dem Kopf stehenden sensiblen Homunkulus gegliedert.
Das Hauptfeld der sensiblen Projektion ist somatotopisch in der Art eines auf dem Kopf stehenden sensiblen Homunkulus gegliedert, wobei jedoch auch eine räumliche Ordnung entsprechend einzelner sensibler Qualitäten eingehalten wird ( 1 B-31.6). Die modulierten Afferenzen aus dem Thalamus, welche hier in ihrer Endqualität noch nicht differenziert werden, enden überwiegend im Gyrus postcentralis.
Die modulierten Afferenzen aus dem Thalamus enden überwiegend im Gyrus postcentralis.
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31.2.4 Motorischer und sensibler Kortex
1 B-31.6
1351
Synopsis Schematische Darstellung der sensorischen Rindenfelder (sensorischer Homunkulus)
Fu ß
Bein Hüfte Rumpf Hals Kopf er Schult rm a Ober en g Ellbo arm r Unte gelenk d r Han ge nd Fin Ha iner ger Kle gfin n Ri
M Ze itte Da ige lfin Au um fing ger e e Na genb n r s rau Ge e en sic Obe htsau rlipp sdr uck e Mund
n Z eh e lien a it n Ge
Unterlippe Zähne, Zahnfleisch, Kinn Zunge nx ide ar y e Ph gew Ein
Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Funktion des afferenten sensiblen Systems nicht als eine mechanische Verbindung zwischen peripherem Reiz, Leitungsbahn und kortikaler Perzeption aufzufassen ist. Die Stärke eines empfundenen Reizes ist von der vorbestehenden individuellen Ausgangslage mit Stimmung, Wachheit, Aufmerksamkeit und Zuwendung abhängig. Bei kortikaler oder subkortikaler Läsion kommt es zu Gefühlsstörungen auf der kontralateralen Seite distal betont. Werden alle sensiblen Bahnen unterhalb des Thalamus geschädigt, führt dies zur Aufhebung aller sensiblen Qualitäten der kontralateralen Körperseite. Sind Lemniscus trigeminale und Tractus spinothalamicus laterale am Hirnstamm betroffen, sind Schmerz und Temperaturempfindung auf der kontralateralen Gesichtsseite aufgehoben. Eine Läsion von medialer Schleife und Vorderseitenstrang führt zur Aufhebung aller sensibler Qualitäten gegenseitig mit Ausnahme von Schmerz und Temperatur. Hinterstrangstörungen sind durch Verlust von Lage-, Vibrations- und Diskriminationsempfindung und ipsilateraler Ataxie gekennzeichnet. Die dissoziierte Empfindungsstörung, bei Läsionen im Bereich des Hinterhorns, bedeutet einen Verlust von Schmerz- und Temperaturempfindung, wobei die übrigen Qualitäten erhalten bleiben. Wurzelschädigungen führen zur typischen radikulären sensomotorischen Beeinträchtigung mit den entsprechenden Reflexstörungen. Noch weiter peripher gelegene Störungen z.B. eines peripheren Nervs zeigen eine motorische und/oder sensible Beeinträchtigung im autonomen Versorgungsgebiet des entsprechenden Nervs. Das Brown-Séquard-Syndrom ist bei einer halbseitigen medullären Läsion gekennzeichnet durch ipsilateral gestörte Tiefensensibilität und Extremitätenparese sowie kontralateralem Verlust von Schmerz- und Temperaturempfindung.
Die Stärke eines empfundenen Reizes ist von der individuellen Ausgangslage abhängig. Bei kortikaler oder subkortikaler Läsion kommt es zu Gefühlsstörungen auf der kontralateralen Seite distal betont. Subthalamische Läsion führt zur Aufhebung aller sensiblen Qualitäten der kontralateralen Körperseite. Läsionen des Lemniscus trigeminale und Tractus spinothalamicus laterale führt zur Aufhebung von Schmerz- und Temperaturempfindung. Die Läsion von Lemniscus medialis und Vorderseitenstrang führt zur Aufhebung aller sensiblen Qualitäten außer von Schmerz und Temperatur. Hinterstrangstörungen sind durch Verlust von Lage-, Vibrations- und Diskriminationsempfindung und ipsilateraler Ataxie gekennzeichnet. Dissoziierte Empfindungsstörungen bedeuten einen Verlust von Schmerzund Temperaturempfindung bei Vorhandensein der übrigen Qualitäten. Wurzelschädigung führt zu radikulären sensomotorischen Störungen. Läsion eines peripheren Nervs führt zur motorischen und/oder sensiblen Beeinträchtigung im autonomen Versorgungsgebiet des Nervs. Das Brown-Séquard-Syndrom ist bei einer halbseitigen medullären Läsion gekennzeichnet durch ipsilateral gestörte Tiefensensibilität und Extremitätenparese sowie kontralateralem Verlust von Schmerz- und Temperaturempfindung.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
1352
31 Neurochirurgie
Kleinhirn
31.2.5 Kleinhirn
31.2.5
Das Kleinhirn hat die Aufgabe der Steuerung vestibulärer und statischer Impulse. Der Wurm verbindet beide Kleinhirnhemisphären. Über die 4 Kerngebiete ziehen verschiedene Bahnsysteme zum Thalamus und Kortex. Kleinhirnzeichen sind Ataxie, Dysmetrie, Asynergie, Dysdiadochokinese, Intentionstremor, Rebound-Phänomen, muskuläre ipsilaterale Hypotonie sowie skandierende Sprache.
Das Kleinhirn hat die Aufgabe der Steuerung vestibulärer und statischer Impulse. Hier erfolgt die Feinabstimmung der Willkürmotorik, die Koordination der Zielbewegungen, der Sprache und die Regulierung des Muskeltonus. Der Kleinhirnwurm verbindet beide Kleinhirnhemisphären. Das Kleinhirn bildet das Dach des IV. Ventrikels, welcher über seine beiden lateralen Aperturen (Foramina Luschkae) mit dem Subarachnoidalraum verbunden ist. Über Kleinhirnkerngebiete ziehen verschiedene Bahnsysteme zum Thalamus und Kortex. Typische Zeichen einer Kleinhirnstörung sind Ataxie, Dysmetrie, Asynergie, Dysdiadochokinese, Intentionstremor, Rebound-Phänomen, muskuläre ipsilaterale Hypotonie und skandierende Sprache.
31.2.6 Zwischenhirn
31.2.6
Zum Dienzephalon zählen der Thalamus, der Hypothalamus, der Epithalamus mit Corpus pineale, die Corpora mamillaria, das limbische System und die Hypophyse. Der Thalamus gilt als große subkortikale Sammel- und Umschaltstelle sowie Modulationszentrale. Eine Läsion des Nucleus subthalamicus führt zum Hemiballismus. Eine Schädigung auf der Ebene des Corpus pineale führt in klassischem Sinn zum Parinaud-Syndrom mit der typischen vertikalen Blickparese. Durch Affektion des Tuber cinereum kann es zur Pubertas praecox kommen. Der Hypothalamus ist das Zentralorgan der vegetativen Regulation. Der Hypothalamus steht in enger Verbindung zum limbischen System.
Das Dienzephalon liegt rostral des Mittelhirns. In der Mitte des Gehirns setzt es sich bis zum Stirnhirn fort und begrenzt beidseits den III. Ventrikel, kranial durch den Thalamus, basal durch den Hypothalamus. Des Weiteren zählen zum Zwischenhirn der Epithalamus mit Zirbeldrüse (Corpus pineale), die Corpora mamillaria, das limbische System und die Hypophyse. Der Thalamus gilt als große subkortikale Sammel- und Umschaltstelle sowie Modulationszentrale für alle exterozeptiven und propriozeptiven Impulse. Eine Läsion des Nucleus subthalamicus führt zum Hemiballismus. Eine Schädigung auf der Ebene des Corpus pineale führt in klassischem Sinn zum Parinaud-Syndrom mit der typischen vertikalen Blickparese. Durch Affektion des Tuber cinereum kann es zur Pubertas praecox kommen. Der Hypothalamus ist das Zentralorgan der vegetativen Regulation. Er dient der Aufrechterhaltung der Homöostase, der neurohumoralen Kontrolle, der Regulation von Wasser- und Elektrolythaushalt, Temperatur, Nahrungsaufnahme, Sättigung sowie der parasympathischen und sympathischen Steuerung. In Verbindung zum limbischen System hat er eine zentrale Funkion bezüglich Vigilanz, Stimmung, Wut, Angst, Zorn usw. Hypothalamische Störungen sind häufig bei Erkrankungen der Hypophyse Folge einer gestörten Feed-back-Regulation.
31.2.7 Hirnstamm
31.2.7
Zum Hirnstamm gehören Medulla oblongata, Pons und Mesenzephalon. Die Medulla oblongata ist von ihrer inneren Struktur Umschaltstelle auf das 2. Neuron. Am Boden der Rautengrube sind die Kerne der Hirnnerven IV–XII. Der Pons ist zwischen Medulla oblongata und Vierhügelplatte gelegen.
Medulla oblongata, Pons und Mesenzephalon werden zusammen als Hirnstamm bezeichnet. Die Medulla oblongata ist von ihrer inneren Struktur Umschaltstelle auf das 2. Neuron. Am Boden der Rautengrube finden sich die Kerne der Hirnnerven IV, V, VI, VII, VIII, IX, X, XI und XII. An ihrer ventralen Seite die Decussatio pyramidum und seitlich dazu die Olive. Der Pons ist zwischen der Medulla oblongata und der Vierhügelplatte gelegen mit den seitlichen Corpora geniculatum mediale et laterale. Durch die Fossa interpeduncularis zieht beidseits der N. III. Hinter den Colliculi inferiores tritt der N. IV aus.
31.2.8 Liquorräume
31.2.8
Die Liquorräume und ihre Verbindungen untereinander sind in 1 B-31.7 dargestellt.
Die paarig angelegten Seitenventrikel sind über das Foramen interventriculare Monroi mit dem III. Ventrikel verbunden. Dieser geht dorsal über den Aquaeductus cerebri in den IV. Ventrikel über. Über die Foramina Luschkae und das Foramen Magendii bestehen von diesem Verbindungen zum Subarachnoidalraum. Der IV. Ventrikel mündet in den Zentralkanal ( 1 B-31.7).
Zwischenhirn
Hirnstamm
Liquorräume
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1353
31.3.1 Klinische Diagnostik und Notfalluntersuchung
1 B-31.7
Synopsis Physiologische Liquorzirkulation und häufigste Ursachen von Liquorzirkulationsstörungen, die zum Hydrozephalus führen
Die Gesamtmenge an Liquor cerebrospinalis beträgt etwa 150 ml. Die Produktion erfolgt durch die Plexus chorioidei
und beträgt etwa 500 ml pro Tag. Der überwiegende Anteil wird über die Arachnoidalzotten resorbiert.
Die Ventrikel sind vom Ventrikelependym ausgekleidet und tragen den Liquor cerebrospinalis sezernierenden Plexus chorioideus. Das Hirn wird vom Subarachnoidalraum (zwischen Pia mater und Arachnoidea) umhüllt. In den Sulci und Einbuchtungsstellen des Gehirns bilden sich die Zisternen, welche neurochirurgisch eine immense Bedeutung als anatomisch präformierte Zugangswege haben. Der Liquor cerebrospinalis, aus den Plexuskapillaren des Plexus chorioideus sezerniert, wird größtenteils von den Pacchioni-Granulationen ins Venensystem resorbiert. In geringem Maße auch durch meningeale Falten der Hirnnerven und Nervenwurzeltaschen. Täglich werden ca. 500 ml Liquor cerebrospinalis gebildet.
31.3
Diagnostik in der Neurochirurgie
31.3.1
Klinische Diagnostik und Notfalluntersuchung
Störungen der Bewusstseinslage Bewusstseinserscheinungen sind an eine geordnete Hirntätigkeit gebunden. Die oberste Hierarchie ist der Kortex. Normales Wachsein ist an die intakte Funktion der Formatio reticularis gebunden. Bewusstseinsstörungen kann man in 3 Formen einteilen: π Somnolenz π Sopor π Koma. Ein somnolenter Patient ist schläfrig, fällt auch nach äußerem Reiz in seine Müdigkeit zurück. Deutliche externe Reize sind erforderlich eine verlangsamte Reaktion, die noch geordnet sein kann, hervorzurufen. Ein soporöser Patient reagiert nicht mehr geordnet, zeigt unverständliche verbale Äußerungen, kann dabei psychomotorisch unruhig sein, sich aber auch schon im Übergang zum Koma flach bewusstlos präsentieren. Auf externe Schmerzreize finden sich noch gezielte Abwehrreaktionen, manchmal auch abwehrende Laute.
Die Ventrikel sind vom Ventrikelependym ausgekleidet und tragen den Plexus chorioideus. Das Hirn wird vom Subarachnoidalraum (zwischen Pia mater und Arachnoidea) umhüllt. Der Liquor cerebrospinalis wird überwiegend von den Pacchioni-Granulationen ins Venensystem resorbiert. Täglich werden ca. 500 ml Liquor cerebrospinalis gebildet.
31.3
Diagnostik in der Neurochirurgie 31.3.1 Klinische Diagnostik und Notfalluntersuchung Störungen der Bewusstseinslage Bewusstseinserscheinungen sind an eine geordnete Hirntätigkeit gebunden. Bewusstseinsstörungen kann man in 3 Formen einteilen: π Somnolenz π Sopor π Koma. Ein somnolenter Patient ist schläfrig und fällt auch nach äußerem Reiz in seine Müdigkeit zurück. Ein soporöser Patient reagiert nicht mehr geordnet, zeigt unverständliche verbale Äußerungen, kann psychomotorisch unruhig sein, sich aber auch schon im Übergang zum Koma flach bewusstlos zeigen.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
1354 Ein komatöser Patient hat geschlossene Augen, öffnet diese weder auf Ansprache noch auf Schmerzreize. Auf letztere reagiert er mit ungezielten Abwehrbewegungen ( 2 B-31.5).
31 Neurochirurgie Ein komatöser Patient hat geschlossene Augen, öffnet diese weder auf Ansprache noch auf Schmerzreize. Auf letztere reagiert er mit ungezielten Abwehrbewegungen, Streck- oder Beugesynergismen. Es kommt zu keiner verständlichen verbalen Äußerung ( 2 B-31.5).
2 B-31.5
Merke
Die Beobachtung und Dokumentation sollte unter Verwendung der Glasgow Coma Scale (GCS) erfolgen ( 2 B-31.10).
Merke
Einschätzung der Tiefe einer Bewusstseinsstörung
N Somnolenz n
Der Patient ist ansprechbar und bedingt kooperativ. Sich selbst überlassen wirkt er apathisch und schläfrig, teilweise im Wechsel mit motorischer Unruhe und Umtriebigkeit.
N Sopor n
Der Patient befindet sich ständig in einem schlafähnlichen Zustand und kann durch lautes Rufen oder sonstige stärkere Außenreize nur kurz erweckt werden. Während dieser Wachphasen sind kurze verbale Äußerungen und Kommandobewegungen möglich.
N Koma n
Der Patient ist auch durch starke Außenreize nicht erweckbar, sodass keinerlei Kontakt mit ihm herzustellen ist. Die Augen sind geschlossen. Auf Schmerzreize gezielte Abwehrbewegungen.
π
Grad I
π
Grad II
Auf Schmerzreize ungezielte Abwehrbewegungen oder ineffektive Entfernung des gereizten Körperabschnitts vom Reiz.
π
Grad III
π
Grad IV
Keine Abwehrbewegungen, aber stereotype reizinduzierte Automatismen (wie z.B. Beuge- oder Streckkrämpfe). Fehlende motorische Reaktion auf Schmerzreize.
n Merke. Bei entsprechenden Patienten müssen diese klinischen Befunde wiederholt geprüft werden, um eine Entwicklung in positiver oder negativer Richtung nicht zu versäumen.
Eine entsprechende Beobachtung und Dokumentation kann und sollte unter Verwendung eines Scores z. B. der Glasgow Coma Scale (GCS) erfolgen. Der Vorteil und Nutzen einer solchen Skala liegt in der leichten Wiederholbarkeit und im standardisierten Untersuchungsablauf (s. 2 B-31.10). n Merke. Die genaue klinisch-neurologische Untersuchung hat sich bis heute als der maßgebliche Faktor für die Beurteilung zerebraler Schädigungen erwiesen und ist nicht zu ersetzen.
Komaformen
Komaformen
Ätiologisch und pathogenetisch sind die sich wechselnd beeinflussenden Faktoren intrakranielle Drucksteigerung und intrakranielle Durchblutung wesentlich. Man unterscheidet 4 Komagrade (s. 2 B-31.5, 2 B-31.13).
Ätiologisch und pathogenetisch sind für das primäre zerebrale Koma die sich wechselnd beeinflussenden Faktoren intrakranielle Drucksteigerung und intrakranielle Durchblutung wesentlich. Das Koma lässt sich in 4 Grade klassifizieren und endet im ungünstigsten Fall im Zustand des Hirntods. Zur Graduierung werden beurteilt: die Bewusstseinslage, die motorische Funktion, der Pupillenbefund, die Augenbewegungen und die Atmung (s. 2 B-31.5, 2 B-31.13). Unter Berücksichtigung der verschiedenen zerebralen Schädigungsebenen können folgende Syndrome beobachtet werden: π Zwischenhirnsyndrom π Mittelhirnsyndrom π tentorielle Herniation π obere Einklemmung π pontines Syndrom π Bulbärhirnsyndrom π Medulla-oblongata-Syndrom.
Unter Berücksichtigung der verschiedenen Läsionsebenen ergibt sich folgende Klassifikation: π Zwischenhirnsyndrom π Mittelhirnsyndrom π tentorielle Herniation π obere Einklemmung π pontines Syndrom π Bulbärhirnsyndrom π Medulla-oblongata-Syndrom.
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1355
31.3.1 Klinische Diagnostik und Notfalluntersuchung Sie spiegeln die fortschreitende Hirnstammschädigung in kraniokaudaler Richtung wider. Umfangreichere Darstellungen finden sich in der neurologischen Fachliteratur.
Orientierende psychoorganische Diagnostik Bei allen sich zentral manifestierenden Prozessen muss eine orientierende quantitative sowie qualitative Einschätzung der psychoreaktiven Beeinträchtigung erfolgen. In erster Linie wird in einem normal geführten Gespräch festgestellt werden, ob eine Orientierung zu Person, Ort und Zeit besteht, ob eine antero- oder retrograde Amnesie vorliegt und inwieweit ein geordneter Gedankenablauf gegeben ist. Dabei kann geprüft werden, ob die Reaktionszeit verlangsamt ist, mentale oder intellektuelle Veränderungen bestehen, auf die gegebene Situation adäquat reagiert wird, welcher Gemütszustand vorherrscht und inwieweit ein Anhalt für Aggravation, Simulation oder Dissimulation vorliegt. In früheren Jahren wurde der Begriff der exogenen Funktionspsychose entwickelt, ein anderer Begriff ist das hirnorganische Psychosyndrom, welches unterschiedlich gefärbt sein kann. Dazu zählen Wahrnehmungsstörungen – illusionäre Verkennung, optische oder szenische Halluzinationen –, psychomotorische Unruhe mit labiler, gereizter, ängstlicher, aggressiver oder auch enthemmter Stimmung, delirante Symptomatik mit Konfabulationen usw. Diese Veränderungen sind dabei nicht noxenspezifisch, treten bei unterschiedlicher Schwere und Ursache auf.
Orientierende psychoorganische Diagnostik Der Begriff des hirnorganischen Psychosyndroms beschreibt verschiedene psychopathologische exogen bedingte Funktionsstörungen, z.B. Wahrnehmungsstörungen, psychomotorische Unruhe, delirante Symptomatik.
Zentrale Dysregulation
Zentrale Dysregulation
Die zentrale Dysregulation ist nicht zwingend an massiv gesteigerten intrakraniellen Druck gebunden. In Folge einer akuten Hirnschädigung kommt es zu Störungen der zentralen vegetativen, endokrinen und metabolischen Regulationen. Bei der allgemeinen diffusen akuten Hirnschädigung kommt es in der Regel zum vegetativen Enthemmungssyndrom, ein Bild gesteigerter Irritation. Es ist Ausdruck einer auch morphologisch, neurophysiologisch und biochemisch nachweisbaren Läsion auf Zwischenhirn- und Mittelhirnebene. Im Stadium der mesenzephalen Herniation werden Tachykardie, Tachypnoe, Hypertonie, Hyperthermie mit den charakteristischen vegetativen Reizeinbrüchen beobachtet. Im Stadium der fortschreitenden bulbären Herniation mit verlangsamt ungleichförmigem Atemmuster kommt es letztendlich zum völligen Zusammenbruch zerebraler Regulationsmechanismen und Übergang zum zentralen dissoziierten Hirntod mit Funktionsausfall von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm. Hypothalamische Krisen sind mit Koma, Mydriasis, Hypertonie, Tachykardie, und z. T. mit insulinresistenter Hyperglykämie und Polyurie verbunden. Das apallische Syndrom ist als ein vegetativ persistierender Zustand mit Coma vigile, restituiertem Schlaf-wach-Rhythmus, fehlender optischer Fixierung, spastischer Tetraparese, regulierter Atmung und Kreislauf gekennzeichnet.
Die zentrale Dysregulation ist Folge von akuten schweren Hirnschädigungen, es kommt zu Störungen der zentralen vegetativen, endokrinen und metabolischen Regulationen. Bei der allgemeinen diffusen akuten Hirnschädigung kommt es in der Regel zum vegetativen Enthemmungssyndrom. Im Stadium der mesenzephalen Herniation kommt es zur Steigerung vegetativer Parameter. Im Stadium der fortschreitenden bulbären Herniation kommt es letztendlich zum völligen Zusammenbruch der zerebralen Regulation. Hypothalamische Krisen sind mit Koma, Mydriasis, Hypertonie und Tachykardie verbunden. Das apallische Syndrom ist als ein vegetativ persistierender Zustand mit Coma vigile gekennzeichnet.
Pupillomotorik und Hirnstammreflexe
Pupillomotorik und Hirnstammreflexe
Über die Bulbusstellung ergeben sich Hinweise über komplexe neuronale Verschaltungen im Hirnstamm. Über kortikale frontale und okzipitale Felder werden die Afferenzen verarbeitet und auf die 3 motorischen Hirnnervenpaare (Nn. III, IV, VI) übertragen. Vertikale Blickbewegungen werden über mesenzephale Kerngebiete, horizontale Augenbewegungen über pontine und rotatorische über rhombenzephale Kerngebiete generiert. Klinisch werden konjugierte Blickwendungen mit tonischen Seitwärtswendungen bei hemisphärischen Schädigungen beobachtet, gelegentlich eine Asymmetrie, bei Bewusstlosen kennt man sogenannte schwimmende Bulbi.
Über die Bulbusstellung ergeben sich Hinweise über komplexe neuronale Verschaltungen im Hirnstamm. Vertikale Blickbewegungen werden über mesenzephale Kerngebiete, horizontale über pontine, rotatorische über rhombenzephale Kerngebiete generiert. Konjugierte Blickwendungen treten bei hemisphärischen Schädigungen zum kortikalen Herd (»blickt zu seinem Herd«) auf.
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1356 Bei der internukleären Ophthalmoplegie ist die Abstimmung zwischen Kernen von Nn. III und VI gestört. Das Parinaud-Syndrom bei Schädigung der Vierhügelregion zeigt sich durch eine vertikale Blickparese und Konvergenzlähmung. Die klinische Prüfung der Hirnstammreflexe erlaubt eine recht verlässliche Beurteilung der funktionellen und substanziellen Beeinträchtigung.
Merke
31 Neurochirurgie Bei der internukleären Ophthalmoplegie ist die Abstimmung zwischen Kernen von Nn. III und VI gestört. Das nach außen gewendete Auge wird beim Seitwärtsblick innerviert, das nasal adduzierte Auge der anderen Seite folgt nicht nach, Konvergenzbewegungen beider Augen sind jedoch möglich. Das Parinaud-Syndrom bei Schädigung der Vierhügelregion zeigt sich durch eine vertikale Blickparese und Konvergenzlähmung der Augen. Es ist ein typisches hirnlokales Symptom. Rotatorischer Nystagmus, verbunden mit der für die N.-oculomotorius-Reizung pathognomonischen Mydriasis und abgeschwächter Lichtreaktion sind von erheblicher klinischer Bedeutung und lassen zusammen mit den anderen Hirnstammreflexen eine recht verlässliche Beurteilung der funktionellen und substanziellen Beeinträchtigung zu. n Merke. Bei jedem bewusstlosen Patienten gehört zu den Erstmaßnahmen neben der Untersuchung der Pupillen auf Anisokorie und Lichtreaktion die Auslösung des Kornealreflexes.
Mit dem okulozephalen Reflex – dem sog. Puppenkopfphänomen – sowie dem vestibulookulären Reflex werden 2 essenzielle Hirnstammreflexe untersucht.
Dieser über den trigeminofazialen Reflexbogen generierte verlässliche Hirnstammreflex zeigt bei erloschener motorischer Reaktion des M. orbicularis oculi eine prognostisch ungünstige Situation an. Der Blinzelreflex ist nur bei wachen bis somnolenten Patienten verwertbar. Mit dem okulozephalen Reflex – dem sog. Puppenkopfphänomen - sowie dem vestibulookulären Reflex werden 2 essenzielle Hirnstammreflexe untersucht. Beim Kranken besteht eine schnelle konjugierte Bewegung der Augen zur Gegenseite der passiven Drehrichtung des Kopfes. Die kalorische Kaltwasserspülung der äußeren Gehörgänge zur Prüfung des Labyrinths beim vestibulookulären Reflex führt beim Gesunden zu einer schnellen Nystagmuskomponente zur Gegenseite.
Meningeale Reizerscheinungen
Meningeale Reizerscheinungen
Ätiologie. Diese werden in Folge entzündlicher Vorgänge im Sinne einer Meningitis oder Meningoenzephalitis am häufigsten gesehen.
Ätiologie. Diese werden am häufigsten in Folge entzündlicher Prozesse im Sinne einer Meningitis oder Meningoenzephalitis gesehen, treten aber auch nach Subarachnoidalblutungen, Ventrikelhämorrhagien und bei Ventrikulitiden auf. Möglich sind iatrogene Meningitiden als Folge von Lumbalpunktionen, nach operativer Eröffnung der Dura oder Implantation von Fremdkörpern wie Shunts oder Spinalkathetern.
Ein erloschener Kornealreflex ist bei einer akuten Hirnschädigung ein prognostisch ungünstiges Zeichen.
Möglich sind Meningitiden als Folge von Lumbalpunktionen, nach operativer Eröffnung der Dura usw. Symptome. Die klinischen Zeichen äußern sich in Kopfschmerzen, Lichtscheu, Lärmempfindlichkeit, Apathie, Schlafbedürfnis, Fieber, Erbrechen, Abgeschlagenheit und Verwirrtheit. Die Zeichen nach Lasègue, Brudzinski und Kernig sind positiv.
Symptome. Die klinischen Zeichen äußern sich in Kopfschmerzen, Licht-
scheu, Lärmempfindlichkeit, Apathie, Schlafbedürfnis, Fieber, Erbrechen, Abgeschlagenheit und Verwirrtheit. Bei der Untersuchung finden sich die Zeichen des meningealen Reizsyndroms mit Nackensteifigkeit, positivem Zeichen nach Lasègue, Brudzinski und Kernig.
Diagnose. Zur weiteren Diagnose gehört heute ohne Verzug die Lumbalpunktion mit entsprechender Liquordiagnostik sowie die mikrobiologische Testung.
Diagnose. Zur weiteren Diagnose gehört ohne Verzug die Lumbalpunktion
Therapie. Eine sofortige antibiotische Therapie ist einzuleiten.
Therapie. Eine sofortige antibiotische Therapie ist einzuleiten.
Krampfanfälle
Krampfanfälle
Definition
mit entsprechender Liquordiagnostik (Zellzahl und Eiweißgehalt) sowie die mikrobiologische Testung. Weitere Entzündungsparameter sollten untersucht werden, wobei der wiederholten Bestimmung des CRP (c-reaktives Protein) eine wichtige Rolle zukommt, um die Akuität im Verlauf zu beurteilen.
n Definition. Krampfanfälle müssen als unspezifisches Zeichen einer zumindest vorübergehend schweren zerebralen Funktionsstörung angesehen werden.
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1357
31.3.1 Klinische Diagnostik und Notfalluntersuchung Auch wenn aus epileptologischer Sicht kompliziert anmutende Klassifikationen sinnvoll sind, hat sich im klinischen Gebrauch eine Unterteilung nach generalisierten (großen) Anfällen und fokalen (partiellen) Anfällen mit motorischen, sensorischen, psychomotorischen Symptomen bewährt. Der Anfall sollte unbedingt unterbrochen werden, eine Klinikeinweisung ist erforderlich. Diagnostisch wird neben einer Untersuchung der Routinelaborparameter eine CT und die EEG-Untersuchung erforderlich sein. Allgemeine therapeutische Maßnahmen sind Schutz vor Verletzung, venöser Zugang, stabile Seitenlage, antiepileptische Pharmakotherapie und ggf. Intubation und Magensonde.
Im klinischen Gebrauch hat sich eine Unterteilung nach generalisierten (großen) und fokalen (partiellen) Anfällen bewährt.
Erste Notfalldiagnostik und Erstversorgung
Erste Notfalldiagnostik und Erstversorgung Der zerebrale oder spinale Notfall ist in der Regel Folge eines akuten Traumas, einer spontanen Blutung, einer Entzündung, einer Durchblutungsstörung oder einer Raumforderung im weitesten Sinne. Die allgemeine Stabilisierung vitaler Funktionen steht an erster Stelle. Das weitere Vorgehen wird sich danach richten, inwieweit eine Bewusstseinsstörung vorliegt. Eine genaue Inspektion ist erforderlich, nicht zuletzt um spätere versicherungsrechtliche oder forensische Nachfragen beantworten zu können. Eine genaue Inspektion, subtile Beobachtung der Spontanmotorik, die Beurteilung der Pupillomotorik, die Bulbusstellung, das Vorhandensein von Schutzreflexen sowie physiologischer und pathologischer Hirnstammreflexe stehen im Vordergrund.
Der zerebrale oder spinale Notfall ist in der Regel Folge eines akuten Traumas, einer spontanen Blutung, einer Entzündung, einer Durchblutungsstörung oder einer Raumforderung im weitesten Sinne. Vor der ätiologischen Abklärung steht die allgemeine Stabilisierung vitaler Funktionen. Das weitere Vorgehen wird sich danach richten, inwieweit eine Bewusstseinsstörung vorliegt. Oft wird eine genaue Anamnese nicht möglich sein, wobei jedoch frühzeitig versucht werden sollte, Angehörige, den Hausarzt oder Zeugen zu kontaktieren. Informationen des Rettungspersonals müssen genauestens dokumentiert werden. Eine genaue Inspektion (gepflegt, verwahrlost, allgemeine Hautveränderungen, Trauma, Inkontinenz, Erbrechen, ggf. Alkohol oder Medikamente) ist erforderlich, nicht zuletzt um spätere versicherungsrechtliche oder forensische Nachfragen beantworten zu können. Eine subtile Beobachtung der Spontanmotorik, ggf. nach äußerlichem Reiz, zeigt richtungweisende Auffälligkeiten. Oft wird sich dabei z. B. eine Halbseitenlähmung durch Schonung oder Minderbewegung zeigen, motorische Reaktionen mit z. B. Enthemmungsphänomenen demaskieren, welche vielleicht initial als Krampfanfälle fehlgedeutet wurden. Des Weiteren erfolgt die Beurteilung der Pupillomotorik und der Bulbusstellung, die Prüfung von Schutzreflexen sowie physiologischer und pathologischer Hirnstammreflexe. Beim spinalen Notfall ist nach der Anamnese die Rasanz der klinischen Verschlechterung sowie die neurologisch-topische Höhenlokalisation vor weiteren Maßnahmen wichtig. Ziel ist eine dringliche neuroradiologische Diagnostik und wenn möglich die sofortige operative Intervention. Akute Notfallsituationen im Bereich peripherer Nerven sind selten. Hierbei dominieren traumatische Ursachen. Bei akuten vaskulären Störungen ist heute die Indikation frühzeitiger interventioneller neuroradiologischer Maßnahmen zu überprüfen. n Merke. Grundregel für die skizzierte Palette neurologischer Notfälle sollte sein, dass im Zweifelsfall der Neurochirurg konsultiert wird. In neurochirurgischen Kliniken ist in der Regel eine 24-stündige Diagnostik und ggf. Therapie möglich.
Hirntod n Definition. Der Hirntod ist der vollständige und irreversible Zusammenbruch der Gesamtfunktion des Gehirns bei noch aufrechterhaltener Kreislauffunktion im übrigen Körper. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Patienten, die wegen der fehlenden Spontanatmung kontrolliert beatmet werden müssen.
Unsere Haltung zum Tod sollte durch genauso viel Achtung und Ehrfurcht gekennzeichnet sein wie die gegenüber dem Leben. Der Hirntod ist der finale Abschluss der zerebralen aufgehobenen Regulation. Es kommt zum Zusammenbruch sämtlicher zentralnervöser Funktio-
Der Anfall sollte unbedingt unterbrochen werden, eine Klinikeinweisung ist erforderlich. Allgemeine therapeutische Maßnahmen sind Schutz vor Verletzung, stabile Seitenlage, antiepileptische Pharmakotherapie usw.
Beim spinalen Notfall ist nach der Anamnese die Rasanz der klinischen Verschlechterung sowie die neurologisch-topische Höhenlokalisation wichtig. Ziel ist die sofortige operative Intervention. Akute Notfallsituationen peripherer Nerven haben meist traumatische Ursachen. Merke
Hirntod Definition
Der Hirntod ist der finale Abschluss der zerebralen aufgehobenen Regulation. Alle Hirnstammreflexe sind ausgefallen. Die Pupillen sind weit und lichtstarr.
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1358 Der Ausfall des Atemzentrums lässt sich durch den Apnoetest objektivieren. Der Muskeltonus ist schlaff, Reaktionen auf Schmerz- und Berührungsreize fehlen. Spinale Automatismen können beobachtet werden.
Die Temperaturregulation ist aufgehoben. Im EEG wird ein isoelektrischer Kurvenablauf beobachtet, die evozierten Potenziale sind ausgefallen, die transkranielle Doppler-Sonographie zeigt einen Pendelfluss. Angiographisch sind die Gefäße lediglich bis zur Schädelbasis darstellbar. Die Untersuchungen erfolgen durch 2 in der Behandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen erfahrene Ärzte. Der Hirntod ist dem Individualtod gleichzusetzen.
31 Neurochirurgie nen. Alle Hirnstammreflexe wie Licht- und Kornealreflex, ziliospinaler Reflex, okulozephaler Reflex, vestibulookulärer Reflex, Schluck- und Würgereflex, Hustenreflex, Absaugreflex, Karotissinusreflex, respiratorische Herzarrhythmie und Bulbusdruckreaktion sind ausgefallen. Die Pupillen sind weit und lichtstarr. Mit dem Apnoetest wird der Ausfall des Atemzentrums im unteren Hirnstamm dokumentiert. Der Tonus der Muskulatur ist schlaff, Reaktionen auf Schmerz und Berührung bei zentraler Reizung fehlen. Lediglich spinale Automatismen können beobachtet werden. Die Temperaturregulation ist aufgehoben. Ein noch erhaltener Puls- und Blutdruck unter der fortgesetzten Beatmung ist nicht mehr moduliert. Im EEG wird ein isoelektrischer Kurvenablauf beobachtet, die evozierten Potenziale sind ausgefallen, bei der transkraniellen Doppler-Sonographie ist allenfalls ein sog. Pendelfluss zu erkennen. Angiographisch sind die Gefäße lediglich bis zur Schädelbasis darstellbar. Für die Durchführung der Hirntoddiagnostik sind Empfehlungen durch den Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer erarbeitet worden. Die Untersuchungen erfolgen durch 2 in der Behandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen erfahrene Ärzte. Der Hirntod ist international als Individualtod akzeptiert. Die Problematik der Hirntoddiagnostik ist keine Erfindung der Transplantationsmedizin, sondern logische Folge der Entwicklung einer leistungsfähigen Intensivmedizin.
Spezielle Untersuchungstechniken
31.3.2 Spezielle Untersuchungstechniken Lumbalpunktion
31.3.2
Trotz aller heute zur Verfügung stehenden Diagnostik ist die Lumbalpunktion unverzichtbar.
Die Lumbalpunktion ist eine Untersuchung, die jeder Arzt erlernen sollte. Trotz aller heute zur Verfügung stehenden Diagnostik ist sie unverzichtbar.
Merke
Die Technik der Lumbalpunktion ist in 1 B-31.8 zu sehen. Der Patient sollte in entspannter Seitenlage oder sitzend gelagert werden. Dabei sollte der Rücken im Sinne eines Katzenbuckels gebeugt werden.
Nach Herausziehen des Mandrins sollte ein freier Liquorfluss zu sehen sein, wobei vor lumbaler Druckmessung mittels Steigröhrchen kein Liquorverlust erfolgen sollte. Im selben Untersuchungsgang kann der QueckenstedtVersuch erfolgen. Der Liquor selbst wird auf sein wasserklares Aussehen und mögliche Trübungen inspiziert. Für die laborchemischen und mikrobiologischen Untersuchungen werden Liquorproben asserviert ( 2 B-31.6).
Lumbalpunktion
n Merke. Vor der Lumbalpunktion ist durch Spiegelung des Augenhintergrunds eine Stauungspapille als Zeichen eines chronisch erhöhten intrakraniellen Drucks auszuschließen. Beim Nachweis einer Stauungspapille ist die Lumbalpunktion kontraindiziert.
Die Liquorentnahme ist dann über eine Subokzipitalpunktion oder Ventrikelpunktion möglich. Technik der Lumbalpunktion: Der Patient sollte in entspannter Seitenlage oder sitzend gelagert werden. Dabei sollte der Rücken im Sinne eines Katzenbuckels gebeugt werden. Eine assistierende Pflegekraft ist erforderlich, schon um die nötigen Utensilien steril anzureichen und auf den Patienten beruhigend einzuwirken ( 1 B-31.8). Nach sorgfältiger Hautdesinfektion und ggf. Lokalanästhesie, erfolgt die Punktion des Spinalkanals in Höhe LW 4/5 bzw. LW 3/4 in der Mittellinie, wobei die Kanüle zwischen den Dornfortsätzen in leicht kaudokranialer Richtung vorgeschoben wird, bis der elastische Widerstand der Dura perforiert wird. Nach Herausziehen des Mandrins sollte ein freier Liquorfluss zu sehen sein, wobei vor lumbaler Druckmessung mittels Steigröhrchen kein Liquorverlust erfolgen sollte. Im selben Untersuchunggang kann der Queckenstedt-Versuch erfolgen, wobei der freie Druckanstieg und -abfall nach Kompression der V. jugularis kontrolliert wird. Hierbei können sich schon Hinweise für eine spinale Passagestörung ergeben. Der Liquor selbst wird auf sein wasserklares Aussehen und mögliche Trübungen inspiziert. Für die laborchemischen und mikrobiologischen Untersuchungen werden Liquorproben asserviert ( 2 B-31.6).
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1359
31.3.2 Spezielle Untersuchungstechniken
1 B-31.8
Synopsis Technik der Lumbalpunktion
Die Lumbalpunktion kann am sitzenden oder liegenden Patienten vorgenommen werden. Punktiert wird zwischen dem 4. und 5. bzw. 3. und 4. Lendenwirbel streng in der Mittellinie in leicht kaudokranialer Richtung. Die mandrin-
2 B-31.6
verstärkte Kanüle wird kontinuierlich bis in den Duralraum vorgeschoben. In diesem Bereich befindet sich kein Rückenmark mehr.
Beurteilung des lumbal entnommenen Liquors Normalbefunde
pathologische Befunde
N Farbe n
wasserklar
sanguinolent, xanthochrom, trüb
N Zellzahl n
< 5 Zellen/ m l (bis 12/3 Zellen)
Pleozytose > 5 Zellen/ m l (> 12/3)
N Differenzialbild n
ca. 2 ⁄ 3 Lymphozyten ca. 1 ⁄ 3 Monozyten
Verschiebung der Zellverhältnisse, Auftreten von transformierten Lymphozyten, Plasmazellen, Granulozyten, Makrophagen, Tumorzellen
N Eiweiß n
Pandy negativ, 200–450 mg/l (20–45 mg %)
Pandy positiv, Vermehrung des Gesamtproteins, autochthone Antikörperproduktion
N Glukose n
45–75 mg/dl (2,5–4,2 mmol/l)
erhöhte oder verminderte Glukosekonzentration
N Laktat n
10–20 mg/dl (1,2–2,1 mmol/l)
erhöhte oder verminderte Laktatkonzentration
N Liquordruck (lumbal) n
< 200 mmH 2 O
> 250 mmH 2 O
Subokzipitalpunktion
Subokzipitalpunktion
Die Subokzipitalpunktion wird durchgeführt, wenn eine Lumbalpunktion nicht möglich ist. Dabei wird die Cisterna cerebellomedullaris punktiert. Im Sitzen oder in Seitenlagerung wird in Beugehaltung des Kopfes streng in der Mittellinie die große Hinterhauptzisterne punktiert. Zunächst sucht man Knochenkontakt am Os occipitale und tastet sich dann schrittweise nach kaudal zur Membrana atlantooccipitalis posterior vor, um diese dann zu durchstechen. Die Subokzipitalpunktion gehört in die Hand des Erfahrenen.
Im Sitzen oder in Seitenlagerung wird in Beugehaltung des Kopfes streng in der Mittellinie die große Hinterhauptzisterne punktiert. Die Subokzipitalpunktion gehört in die Hand des Erfahrenen.
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1360
31 Neurochirurgie
Intrakranielle Druckmessung
Intrakranielle Druckmessung
Die Messung des intrakraniellen Drucks (ICP) kann epidural, subdural, intraparenchymatös oder intraventrikulär erfolgen.
Die Messung des intrakraniellen Drucks (ICP) über eine intraventrikuläre, epidurale oder subdurale Messsonde gehört auf neurochirurgischen Intensivstationen zum Standard verfügbarer Messgrößen. Neuere Systeme erlauben eine intraparenchymatöse Messung (Hirngewebsdruck). Dabei wird nicht nur auf die absolute Höhe des ICP geachtet, sondern auch auf das Auftreten pathologischer Wellenformationen (s. Kap. B-31.5). Eine rationale Hirndrucktherapie sollte heute nur unter Objektivierung der intrakraniellen Druckwerte und kontinuierlichem Monitoring erfolgen.
Eine rationale Hirndrucktherapie sollte nur unter Beachtung der intrakraniellen Druckmessung erfolgen.
Merke
n Merke. Der normale intrakranielle Druck liegt zwischen 10 und 15 mmHg.
Apparative Diagnostik
31.3.3 Apparative Diagnostik
31.3.3
Röntgennativdiagnostik
Röntgennativdiagnostik
Es ist auf Strukturverdichtungen, Aufhellungen, auf Verkalkungen, Deformitäten, Fehlstellungen, Osteolysen, Aufweitungen von Foramina und Knochenkanälen, Verschattungen lufthaltiger Räume, Luft-/Flüssigkeitsansammlungen, atypische Weichteilschatten etc. zu achten. Am Schädel ist neben der anteriorposterioren (a.-p.) und seitlichen Projektion zur besseren Beurteilung der Hinterhauptsschuppe sowie der Felsenbeine die halbaxiale Aufnahme erforderlich. Bei Bedarf wird die Untersuchung durch Spezialaufnahmen ergänzt. Bei Aufnahmen der Wirbelsäule muss der gesamte Wirbelsäulenabschnitt dargestellt werden. Besonderer Beachtung bedarf die Darstellung des kraniospinalen und zervikothorakalen Übergangs. Bei der Auswertung wird auf die erhaltene Wirbelsäulenachse mit ihren physiologischen Krümmungen, die Intaktheit des Wirbelsegments etc. geachtet.
Bei der Auswertung von Nativbildern von Kopf und Wirbelsäule ist auf Strukturverdichtungen des Knochens, Skelettaufhellungen bzw. -verdichtungen, auf allgemeine oder lokale Verkalkungen, Knochendeformitäten, Fehlstellungen, Osteolysen, Aufweitungen von Foramina und Knochenkanälen, frakturtypische Aufhellungslinien und Konturunterbrechungen, Verschattungen lufthaltiger Räume, Luft-/Flüssigkeitsansammlungen sowie atypische Weichteilschatten zu achten. Am Schädel ist neben der anterior-posterioren (a.-p.) und seitlichen Projektion zur besseren Beurteilung der Hinterhauptsschuppe sowie der Felsenbeine die halbaxiale Aufnahme erforderlich. Ergänzt wird die Untersuchung in Spezialfällen durch die Rhese-Aufnahme zur Beurteilung des Canalis opticus, der Stenvers-Aufnahme zur Darstellung der Felsenbeine und der inneren Gehörgänge und der Nasennebenhöhlenaufnahme für die Diagnostik des Gesichtsschädels. Wirbelsäulenaufnahmen erfolgen immer im a.-p. und seitlichen Strahlengang. Die Beachtung der altersbedingten physiologischen Unterschiede ist von eminenter Bedeutung. Der gesamte Wirbelsäulenabschnitt muss dargestellt werden. Besonderer Beachtung bedarf die übersichtliche Darstellung des kraniospinalen und zervikothorakalen Übergangs. Bei der Auswertung wird auf die erhaltene Wirbelsäulenachse mit ihren physiologischen Krümmungen, die Intaktheit des Wirbelsegments mit der Form, Größe und der Wirbelkörperstruktur, der Wirbelbögen, der Bogenwurzelabgangsovale, dem Interpedunkularabstand, der Stellung von Dorn-, Quer- und Gelenkfortsätzen, die Bandscheiben, die Foramina und die Wirbelgelenke geachtet.
Bildgebende Verfahren
Bildgebende Verfahren
Computertomographie (CT)
Computertomographie (CT)
Die Computertomographie erlaubt eine Verlaufsbeobachtung und gibt gute lokalisatorische sowie auch artdiagnostische Hinweise. Durch intravenöse oder intrathekale Kontrastmittelapplikation lassen sich weitere Aussagen bezüglich Anatomie und Dignität treffen.
Sie ist nicht belastend, erlaubt die Verlaufsbeobachtung und gibt gute lokalisatorische sowie auch artdiagnostische Hinweise. Es kommt nicht zu einer Überlagerung aller durchstrahlten Körperschichten. Durch eine intravenöse oder intrathekale Kontrastmittelapplikation lassen sich weitere Aussagen bezüglich Anatomie und Dignität treffen. Je nach Absorptionskoeffizient der untersuchten Gewebe wird nach hypodenser, isodenser oder hyperdenser Dichteveränderung beurteilt. Neuere Gesichtspunkte ergeben sich derzeit durch die Anwendung mit 3-dimensionalen Rekonstruktionen, der CT-Angiographie sowie durch die Kombination mit der Neuronavigation.
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1361
31.3.3 Apparative Diagnostik
Magnetresonanztomographie (MRT)
Magnetresonanztomographie (MRT)
Diese Form der bildgebenden Diagnostik hat wie die CT absolute Priorität im Spektrum neuroradiologischer Untersuchungsmethoden. Durch die Messung der sog. Relaxationszeiten (Rückkehr nach magnetischer Anregung bis zum Gleichgewichtszustand) T1 und T2 zeigen sich verschiedene Signalintensitäten der untersuchten Gewebe. Durch dynamische Untersuchungen zur Liquordynamik und der MR-Angiographie sowie der MR-Spektroskopie ergeben sich neue Möglichkeiten morphologisch und funktionell in vivo zu untersuchen.
Diese Form der bildgebenden Diagnostik hat wie die CT absolute Priorität im Spektrum neuroradiologischer Untersuchungsmethoden. Durch die Messung der sog. Relaxationszeiten T1 und T2 zeigen sich verschiedene Signalintensitäten der untersuchten Gewebe.
Ultraschall und transkranielle Doppler-Sonographie
Ultraschall und transkranielle Doppler-Sonographie Bei der Ultraschalldiagnostik werden die von einem Schallkopf ausgesendeten Signale und ihre Echos registriert.
Mit der Ultraschalldiagnostik werden die von einem Schallkopf ausgesendeten Signale und ihre Echos, welche an Grenzflächen der verschiedenen Gewebe entstehen, registriert. So ergibt sich eine Darstellung der Gewebeschichtung. In der Diagnostik und Therapie von Neugeborenen und Säuglingen ist die Ultraschalldiagnostik als nicht invasive, beliebig oft wiederholbare Methode bei guter anatomischer Abbildungsqualität unverzichtbar. Für die transkranielle Doppler-Sonographie (TCD) wird ein Schallkopf verwendet, der nach Aufsuchen einer Knochenlücke am Pterion, aber auch transorbital sowie am Foramen occipitale magnum die Messung der Flussgeschwindigkeit der großen Hirngefäße erlaubt. Aus der Eindringtiefe, dem Strömungsprofil, dem Gefäßgeräusch und der Flussrichtung ggf. unter Verwendung bestimmter Kompressionsversuche ist eine sichere Zuordnung möglich. Von besonderer Bedeutung ist dies bei Patienten mit Vasospasmen (z. B. nach Aneurysmablutung oder Schädel-Hirn-Trauma), nach ischämischen Insulten sowie zur Bestimmung der zerebralen Reservekapazität des Gehirns mittels Provokationsmethoden (CO2-Rückatmung, DiamoxQ i.v.). Durch die Entwicklung und Einführung der Duplexsonographie ist nun auch eine bildhafte Darstellung physiologischer und pathologischer Veränderungen möglich.
Die Ultraschalldiagnostik ist als nicht invasive, beliebig oft wiederholbare Methode bei guter anatomischer Abbildungsqualität unverzichtbar. Mit der transkraniellen DopplerSonographie (TCD) erfolgt die Messung der Flussgeschwindigkeit in den großen Hirngefäßen.
Mit der Duplexsonographie ist eine bildhafte Darstellung physiologischer und pathologischer Veränderungen möglich.
Neurophysiologische Methoden
Neurophysiologische Methoden
Elektroenzephalogamm (EEG)
Elektroenzephalogamm (EEG)
Das EEG ist das wichtigste diagnostische Hilfsmittel im Rahmen der zerebralen Anfallsdiagnostik. Es dient zum Nachweis lokaler (herdförmiger) oder diffuser (allgemeiner) Störungen. Diese können durch tumoröse, traumatische sowie entzündliche Veränderungen, Durchblutungsstörungen und Intoxikationen entstehen. Provokationsmethoden sind die Hyperventilation und Fotostimulation. Die bioelektrische Aktivität des Gehirns wird über Oberflächenelektroden in standardisierter Anordnung (Elektrodenanordnung nach dem internationalen 10/20-System) abgeleitet. Die gemessenen Potenzialdifferenzen werden verstärkt und kontinuierlich aufgezeichnet. Man unterscheidet zwischen a-Wellen (8–12/s), b-Wellen (13-30/s), u-Wellen (4–7/s) und d-Wellen (0,5–3/s). Physiologisch ist ein gut ausgeprägter, regelmäßiger a-Rhythmus. Eine schnellere Aktivität (b-Rhythmus) ist häufig Ausdruck einer Medikamentenwirkung (Barbiturate, Sedativa, Analgetika). Langsame Wellen (d und u ) finden sich im kindlichen EEG sowie im Schlaf. Veränderungen des Hirnstrombilds findet man entweder über sämtlichen Ableitungen (Allgemeinveränderungen) oder nur über bestimmten Hirnabschnitten (Herdbefund).
Es dient zum Nachweis lokaler (herdförmiger) oder diffuser (allgemeiner) Störungen. Diese können durch tumoröse, traumatische sowie entzündliche Veränderungen, Durchblutungsstörungen und Intoxikationen entstehen.
n Merke. Das EEG gibt Auskunft über den funktionellen Zustand des Gehirns. Eine Aussage zur Dignität ist nicht möglich.
Die bioelektrische Aktivität des Gehirns wird über Oberflächenelektroden abgeleitet. Man unterscheidet zwischen: π a -Wellen (8–12/s) π b -Wellen (13–30/s) π u-Wellen (4–7/s) und π d -Wellen (0,5–3/s). Physiologisch ist ein gut ausgeprägter, regelmäßiger a -Rhythmus. Veränderungen findet man entweder über sämtlichen Ableitungen (Allgemeinveränderungen) oder nur über bestimmten Hirnabschnitten (Herdbefund). Merke
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
1362 Die intraoperative EEG-Ableitung hat besonders in der Epilepsiechirurgie und im Rahmen des Brain-Mapping ihre Bedeutung. Die wesentlichsten Indikationen auf der Intensivstation sind: π Verlaufskontrollen bei komatösen Patienten π Nachweis von Krampfpotenzialen π Überwachung der hochdosierten Barbiturattherapie π Ableitung im Rahmen der Hirntoddiagnostik. Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie (ENG) Mit der EMG werden sog. Kennmuskeln mit Nadelelektroden untersucht, die elektrische Aktivität bei Willküraktivität gemessen. Muskeln, die eine axonale Schädigung motorischer Nervenfasern aufweisen, zeigen nach 10–12 Tagen eine sog. pathologische Spontanaktivität. Mit der ENG wird die Nervenleitgeschwindigkeit motorischer und sensibler Nerven (NLG) bestimmt (wesentlich für die Verlaufsbestimmung peripherer Nervenschädigungen). Evozierte Potenziale Dazu zählen die akustisch (AEP), visuell (VEP) und die somatosensibel (SEP) evozierten Potenziale. Grundprinzip ist die elektronische Mittelwertbildung (averaging) der genannten Potenziale. Bei den evozierten Potenzialen wird die Laterna des Stimulus über die nachgeordneten neuroanatomischen Stationen gemessen.
Sie können intraoperativ und auch bei Bewusstlosen eingesetzt werden, und erlauben z.T. auch prognostische Aussagen.
31 Neurochirurgie Die intraoperative EEG-Ableitung findet im Rahmen der Epilepsiechirurgie Anwendung. Neben Tiefenelektroden werden im Rahmen des Brain-Mapping bei Operationen in eloquenten Hirnregionen heute beim wachen Patienten stimulatorische Reize und ihre elektroenzephalographische Repräsentanz gemessen. Auf der Intensivstation kommt es zur allgemeinen Funktionsüberwachung zum Einsatz. Die wesentlichsten Indikationen sind: π Verlaufskontrollen bei komatösen Patienten π Nachweis von Krampfpotenzialen π Überwachung der hochdosierten Barbiturattherapie π Ableitung im Rahmen der Hirntoddiagnostik.
Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie (ENG) Mit der EMG werden sog. Kennmuskeln mit Nadelelektroden untersucht, die die elektrische Aktivität bei Willküraktivität messen. Muskeln, die eine axonale Schädigung motorischer Nervenfasern aufweisen, zeigen nach 10–12 Tagen eine sog. pathologische Spontanaktivität. Weitere pathologische Veränderungen sind Fibrillationspotenziale, positive scharfe Wellen und ein gelichtetes Aktivitätsmuster. Verlaufsuntersuchungen über die Akuität, das Ausmaß oder auch die Regeneration sind möglich. Mit der ENG wird die maximale Nervenleitgeschwindigkeit motorischer und sensibler Nerven (NLG) bestimmt. Dies hat große Bedeutung bei der Verlaufskontrolle peripherer Nervenschädigungen.
Evozierte Potenziale Zusammengefasst werden hier die akustisch (AEP), die visuell (VEP) und die somatosensibel (SEP) evozierten Potenziale. Grundprinzip ist die elektronische Mittelwertbildung (averaging), d. h. die elektronische Heraushebung der genannten Potenziale, welche sonst im normalen EEG untergehen. Bei den VEP werden die Potenziale durch eine alternierende Kontrastumkehr (Schachbrettmuster) ausgelöst, bei den AEP durch akustische Klickreize. Die SEP lassen sich nach elektrischer Reizung der Haut oder eines peripheren Nervs auf der kontralateralen Postzentralregion ableiten. Jeweils wird die Latenz des Stimulus über die nachgeordneten neuroanatomischen Stationen gemessen. Da sie intraoperativ und auch bei Bewusstlosen eingesetzt werden können, gehört ihr Monitoring inzwischen zum Standard, und erlaubt z. T. auch prognostische Aussagen.
Transkranielle Magnetstimulation
Transkranielle Magnetstimulation
Mit der nicht invasiven transkutanentranskraniellen Magnetstimulation wird die Leitgeschwindigkeit efferenter Impulse im 1. und 2. Neuron der Pyramidenbahn gemessen.
Mit der nicht invasiven transkutanen-transkraniellen Magnetstimulation wird die Leitgeschwindigkeit efferenter Impulse im 1. und 2. Neuron der Pyramidenbahn gemessen. Dazu wird eine Magnetspule parietal oder zervikal positioniert. Nach elektrischer Stimulation lassen sich Muskelaktionspotenziale an den Extremitäten bestimmen.
Nuklearmedizinische Untersuchungen Im Rahmen des Staging ossärer multipler Prozesse ist die Knochenszintigraphie sowie granulozytenmarkierte Szintigraphie bei unklaren primären und postoperativen entzündlichen Erkrankungen wichtig. Die Liquorraumszintigraphie wird zur Bestimmung von Liquorresorptionsstörungen und zum Nachweis einer Liquorfistel eingesetzt.
Nuklearmedizinische Untersuchungen Diese haben in den letzten Jahren an Bedeutung verloren, da mit zunehmender Verbreitung der bildgebenden Verfahren (CT, MRT) wenig diagnostische Lücken verbleiben. Unverändert von Wichtigkeit im Rahmen des Staging ossärer multipler Prozesse ist die Knochenszintigraphie sowie die granulozytenmarkierte Szintigraphie bei unklaren primären und postoperativen entzündlichen Erkrankungen. Die Liquorraumszintigraphie wird zur Bestimmung von Liquorresorptionsstörungen und zum Nachweis einer Liquorfistel eingesetzt.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
31.4 Rehabilitation
1363
Mit der SPECT (Single photon emission tomography) steht ein Verfahren zur Verfügung, welches als Diagnostikum für Hirndurchblutungsstörungen, insbesondere in Form der Reservekapazitätsbestimmung, der Differenzialdiagnose von Gliomrezidiv und Radionekrose sowie der Neurorezeptordarstellung dient.
Die SPECT dient als Diagnostikum für Hirndurchblutungsstörungen, der Differenzialdiagnose von Gliomrezidiv und Radionekrose sowie der Neurorezeptordarstellung.
Zerebrale Angiographie
Zerebrale Angiographie
Die zerebrale Angiographie ist als eine invasive, bestrahlungsintensive und kontrastmittelabhängige Methode unverändert als unverzichtbare Standardmethode anzusehen, bedarf aber einer strengen Indikation. Ihre zahlenmäßige Anwendung hat sich in den letzten Jahren reduziert.
Die zerebrale Angiographie ist eine invasive, bestrahlungsintensive und kontrastmittelabhängige Methode.
Indikationen. Für die Neurochirurgie ist die zerebrale Angiographie für die
Indikationen. Die zerebrale Angiographie ist notwendig zur Diagnostik von Hirngefäßmalformationen, für interventionelle Verfahren mit Embolisierung, intraarterieller Thrombolyse etc.
Technik. Die Untersuchung erfolgt in Lokalanästhesie oder Allgemeinnar-
Technik. Die zerebrale Angiographie erfolgt in Lokalanästhesie oder Allgemeinnarkose in transfemoraler Seldingertechnik oder durch Direktpunktion als retrograde Gegenstromangiographie. Sie sollte als DSA durchgeführt werden.
Hirnbiopsie
Hirnbiopsie
Insbesondere bei multizentrischen Prozessen, tief gelegenen direkt operativ schwierig angehbaren Läsionen, eingeschränkter Operabilität oder unklaren neurologischen Erkrankungen kann über die stereotaktisch geführte Punktion oder in Kombination mit einem Neuronavigationssystem eine solche Biopsie erfolgen.
Die Hirnbiopsie kann über die stereotaktisch geführte Punktion oder in Kombination mit einem Neuronavigationssystem erfolgen.
Myelographie
Myelographie
Nach Lumbal- oder Subokzipitalpunktion wird jodhaltiges, wasserlösliches Kontrastmittel (10–15 ccm) in den Duralraum injiziert. Danach werden Röntgenaufnahmen in mehreren Ebenen angefertigt. Es lassen sich so Kontrastmittelaussparungen bis zum kompletten Kontrastmittelstopp im Spinalkanal, aber auch fehlende Wurzeltaschenfüllungen darstellen. Die Indikation hat durch CT und MRT abgenommen.
Nach Lumbal- oder Subokzipitalpunktion wird jodhaltiges, wasserlösliches Kontrastmittel in den Duralraum injiziert. Anschließende Röntgenaufnahmen lassen Kontrastmittelaussparungen oder -stopps erkennen.
Diagnostik von Hirngefäßmalformationen sowie ihre postoperative Kontrolle, für die Beurteilung von hämodynamischen Faktoren, für die präoperative Evaluation möglicher embolisationsbedürftiger Tumoren, für interventionelle Verfahren mit Embolisierung, Rekanalisierung, intraarterieller Thrombolyse bei ischämischen, embolischen bzw. stenosierenden Prozessen nicht zu ersetzen.
kose in transfemoraler Seldingertechnik oder durch Direktpunktion der A. carotis, A. vertebralis oder der A. brachialis als retrograde Gegenstromangiographie. Röntgentechnisch sollte sie heute als DSA (digitale Subtraktionsangiographie) erfolgen. Eine Spezifität ist die intraoperative Angiographie zur Beurteilung der hämodynamischen Veränderung nach Exzision von Hirngefäßfehlbildungen.
31.4
Rehabilitation
n Definition. Nach der WHO (1969) ist die Rehabilitation definiert als kombinierter und aufeinander abgestimmter Einsatz von medizinischen, sozialen, schulischen und beruflichen Maßnahmen zum Neuerwerb oder zur Wiedererlangung des individuell höchstmöglichen Niveaus funktioneller Fähigkeit nach einer Erkrankung.
Rehabilitation ist ärztliche Aufgabe und Verpflichtung. Dafür gibt es mittlerweile eine Fülle von Methoden und Techniken, inzwischen auch für spezielle Krankheitsbilder hochspezialisierte Einrichtungen. Gerade durch Forschungen der letzten Jahre ist bekannt, dass unser Nervensystem durchaus zur Regeneration fähig ist. Die Plastizität des Nervensystems muss in Betracht gezogen und berücksichtigt werden.
31.4
Rehabilitation
Definition
Rehabilitation ist ärztliche Aufgabe und Verpflichtung. Es gibt eine Fülle von Methoden und Techniken in für spezielle Krankheitsbilder hochspezialisierten Einrichtungen.
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1364
31 Neurochirurgie
Das therapeutische Ziel orientiert sich jedoch nicht nur an der Adaptation des Patienten an einen stabilen Endzustand, sondern auch an einer späteren weitgehend normalen Teilnahme des Individuums am sozialen Leben.
Durch entsprechende, aktive Hilfen werden kompensatorische Funktionen trainiert, die ausgefallene Funktionen unterstützen bzw. ersetzen können. Im Rahmen der Rehabilitation werden dann nach Testung des Ausgangsniveaus (neuropsychologische Funktionen, körperliche Versehrtheit) verschiedenste mechanische Hilfsmittel, aktive Therapieformen wie Krankengymnastik, Ergotherapie, Musiktherapie, Logopädie, Arbeitstherapie, Tanztherapie, Kunsttherapie, gezieltes Training audiovisueller Defizite, Hippotherapie, Biofeedback, Elektrotherapie, psychosoziale Unterstützung u.v.m. bereitgehalten. Ziel ist Erhaltung, Unterstützung, Training und Stabilisierung des Leistungsrestes im Hinblick auf eine Reintegration in allen Bereichen des Lebens. Der Trend geht heute mehr und mehr zur Frührehabilitation. Diese beginnt am Tage des Ereignisses in den neurochirurgischen Kliniken. Sie erlangt durch die verbesserte Überlebensprognose schwerer neurochirurgischer Krankheitsbilder zunehmende sozialmedizinische Bedeutung. Auf der neurochirurgischen Intensivstation ist das gesamte therapeutische Team aus Pflegenden, Ärzten und Krankengymnasten primär mit der vitalen Bedrohung des Patienten konfrontiert. Das therapeutische Ziel orientiert sich jedoch nicht nur an der Adaptation des Patienten an einen stabilen Endzustand, sondern auch an einer späteren weitgehend normalen Teilnahme des Individuums am sozialen Leben. Obwohl in den letzten Jahren die Kapazität an frührehabilitativen Einrichtungen aufgestockt wurde, ist eine zeit- und therapiegerechte Verlegung neurochirurgisch Schwerstkranker in der Postakutphase nicht regelhaft möglich, sodass auch die primär versorgende Klinik bereits rehabilitative Maßnahmen durchführen muss.
31.5
31.5
Gerade durch Forschungen der letzten Jahre ist bekannt, dass unser Nervensystem durchaus zur Regeneration fähig ist. Es werden kompensatorische Funktionen trainiert, die ausgefallene Funktionen unterstützen bzw. ersetzen können. Zur Anwendung kommen: mechanische Hilfsmittel, Krankengymnastik, Logopädie, Ergo-, Musik-, Arbeits-, Tanz-, Kunst-, Hippo-, Biofeedback- und Elektrotherapie sowie gezieltes Training audiovisueller Defizite und psychosoziale Unterstützung u.v.m. Ziel ist Erhaltung, Unterstützung, Training und Stabilisierung des Leistungsrestes im Hinblick auf eine Reintegration in allen Bereichen des Lebens. Der Trend geht mehr und mehr zur Frührehabilitation.
Intrakranielle Drucksteigerung
Intrakranielle Drucksteigerung
n Definition. Allgemein wird unter Hirndruck der Liquordruck im Ventrikel in Höhe des Foramen Monroi definiert.
Definition Die Monro-Kellie-Doktrin besagt, dass es bei einer Zunahme des Hirndrucks nur zu einer Verschiebung innerhalb der 3 Kompartimente Hirnparenchym, Gefäße und Liquorraum kommen kann ( 2 B-31.7).
2 B-31.7
Gemäß der Monro-Kellie-Doktrin kann es bei einer Zunahme des Hirndrucks nur zu einer Verschiebung innerhalb der 3 sich in einem dynamischen Gleichgewicht befindenden Kompartimente Hirnparenchym, Gefäße, Liquorraum kommen ( 2 B-31.7).
Volumenzunahme der 3 Kompartimente als Ursache einer intrakraniellen Drucksteigerung
Kompartiment
Hirngewebe
Liquor
Blut
Ursachen
N Tumor n n Hirnödem N
N Verschlusshydrozephalus n n aresorptiver oder hyperN sekretorischer Hydrozephalus
N Hyperkapnie n n Hypoxie N
n Abszess N N Meningitis n N Enzephalitis n
n Sinusthrombose N N Hämatome n
N Intoxikationen n Nur im Säuglingsalter ist eine Vergrößerung des Kopfes infolge einer intrakraniellen Volumenzunahme möglich. Nach Verschluss der Schädelnähte ist dies nur durch eine Verschiebung auf Kosten der einzelnen Kompartimente möglich. Steigt der Hirndruck weiter an, kommt es zu einer reduzierten Hirndurchblutung unter Zunahme des Venendrucks. Übersteigt der Hirndruck den arteriellen Perfusionsdruck, kommt es zum zerebralen Kreislaufstillstand, im weiteren zum Hirntod ( 1 B-31.9).
Nur im Säuglingsalter ist eine Vergrößerung des Kopfes infolge einer intrakraniellen Volumenzunahme möglich. Nach Verschluss der Schädelnähte ist dies nur noch durch eine Verschiebung auf Kosten der einzelnen Kompartimente, also der Ausnutzung eines funktionellen Reserveraumes, möglich. Steigt der Hirndruck weiter an kommt es zu einer reduzierten Hirndurchblutung bei parallel gehender Zunahme des Venendrucks, wobei bei Unterschreitung eines Perfusionsdrucks von 40 mmHg die zerebrale Hypoxidose beginnt. Damit einher laufen komplexe metabolische Veränderungen, welche zur Entwicklung des gefürchteten Hirnödems führen. Übersteigt der Hirndruck den arteriellen Perfusionsdruck, kommt es zum zerebralen Kreislaufstillstand, im weiteren zum Hirntod ( 1 B-31.9).
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31.5.1 Hirnödem
1 B-31.9
Synopsis Druck-Volumen-Diagramm des intrakraniellen Drucks
Hirndruck (mmHg)
Hirntod
terminaler Anstieg
kritisch kompensiert
Volumen (ml)
Phasen der Hirndrucksteigerung N Phase 1 n
kompensierte Phase
Raumforderung kompensiert Autoregulation intakt zerebraler Blutfluss unverändert zerebrales Blutvolumen unverändert
N Phase 2 n
kritische Phase
Raumforderung kritisch zerebrale Vasodilatation zerebraler Blutfluss sinkt zerebrales Blutvolumen steigt
N Phase 3 n
terminaler Anstieg
Zusammenbruch der Autoregulation weitere Abnahme der Hirndurchblutung steiler terminaler Hirndruckanstieg
N Phase 4 n
Hirntod
irreversible Gefäßparalyse Hirndruck folgt passiv arteriellem Druck zerebraler Kreislaufstillstand
Folge der Volumenänderungen jedwelcher Genese, ob Trauma, Blutung, Tumor, Infarkt, sind sog. Hirnmassenverschiebungen, wobei typische Muster in der täglichen Arbeit beobachtet werden: Verlagerung bei supratentoriellen Raumforderungen in den Tentoriumschlitz und unter die Falx cerebri, bei infratentoriellen Prozessen ins Foramen occipitale magnum oder auch transtentoriell nach kranial sowie in die Zisternen. Solche Verlagerungssyndrome mit konsekutiv einhergehender Einklemmungssymptomatik sind auf Dauer mit dem Leben nicht vereinbar.
31.5.1
Hirnödem
n Definition. Extra- oder intrazelluläre Flüssigkeitsansammlung des Hirngewebes mit der Folge eines intrakraniellen Druckanstiegs und sich daraus sekundär entwickelnder Parenchymschädigung.
Pathophysiologisch wird derzeit zwischen vasogenem und zytotoxischem Hirnödem unterschieden. Morphologische und funktionelle Differenzen zwischen Hirnrinde und Mark bedingen innerhalb der Rinde eine vorwiegend intrazelluläre Flüssigkeitszunahme, während im Mark zunächst der extrazelluläre Wassergehalt ansteigt.
Folge der Volumenänderungen sind sog. Hirnmassenverschiebungen mit konsekutiv einhergehender Einklemmungssymptomatik.
Eine fortschreitende Einklemmungssymptomatik ist auf Dauer mit dem Leben nicht vereinbar. 31.5.1
Hirnödem
Definition
Unterschieden wird zwischem vasogenem und zytotoxischem Hirnödem. Innerhalb der Rinde kommt es zu einer vorwiegend intrazellulären Flüssigkeitszunahme, im Mark steigt zunächst der extrazelluläre Wassergehalt an.
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31 Neurochirurgie
Vasogenes Hirnödem
Vasogenes Hirnödem
Das vasogene (extrazelluläre) Hirnödem ist Folge einer Schädigung der Blut-Hirn-Schranke. Ursachen sind Tumoren, Traumata, Abszesse oder Enzephalitiden.
Das vasogene (extrazelluläre) Hirnödem findet sich bevorzugt im Marklager, der weißen Substanz, ist Folge eines transkapillaren Flüssigkeitsaustritts in den Extrazellulärraum und findet sich am häufigsten als peritumorales Ödem. Weiterhin findet es sich beim Trauma, bei Abszessen und Enzephalitiden. Ursächlich liegt eine Schädigung im Bereich der kapillaren Endstrombahn vor. Mediatoren wie Serotonin, Histamin, Bradykinin und Arachidonsäure spielen eine wesentliche Rolle. Die intrakranielle Volumenzunahme führt letztendlich über die Senkung der Hirnperfusion zusätzlich zum zytotoxischen Hirnödem.
Zytotoxisches Hirnödem
Zytotoxisches Hirnödem
Das zytotoxische (intrazelluläre) Hirnödem geht von einer primären Störung der Astrozyten oder Ganglienzellen aus. Ursachen sind die zerebrale Hypoxie, Intoxikationen oder Ischämien.
Das zytotoxische (intrazelluläre) Hirnödem geht von einer primären Störung der Astrozyten oder Ganglienzellen aus. So führen zytotoxische Substanzen zu einer mangelhaften zellulären Energiebereitstellung. Es kommt zum Ausfall der Natrium-Kalium-Pumpe mit extrazellulärer Kaliumanreicherung und Natrium- und Wassereinstrom in die Zellen. Es findet sich vorwiegend in den Neuronen des Kortex. Ursachen sind: zerebrale Hypoxie, Intoxikationen und Ischämien.
Merke
Blut-Hirn-Schranke Definition
Neuroanatomisch wird sie aus den Tight Junctions zwischen den Kapillarendothelien und der Basalmembran hinter den Endothelzellen der Blutgefäße gebildet.
n Merke. Zytotoxisches Hirnödem und vasogenes Hirnödem können sowohl ineinander übergehen, aber auch nebeneinander bestehen.
Blut-Hirn-Schranke n Definition. Die Blut-Hirn-Schranke stellt eine höchst effektive Schutzbarriere für das »milieu interne« des Gehirns dar. Hier besteht eine sehr selektive Permeabilität.
In die funktionelle Organeinheit von kapillarer Endstrombahn, Astrozyt und zugehöriger Ganglienzelle ist als kompliziertes und störanfälliges Membransystem die Blut-Hirn-Schranke eingeschaltet. Neuroanatomisch wird sie aus den Tight Junctions zwischen den Kapillarendothelien und der Basalmembran hinter den Endothelzellen der Blutgefäße gebildet. Die sekundären Schädigungen des Gehirns nach unterschiedlicher Noxe haben die gestörte Blut-Hirn-Schranke zur Voraussetzung.
Zerebrale Perfusion und Hirndruck
Zerebrale Perfusion und Hirndruck
Nach der Monro-Kellie-Doktrin bilden Blut-, Liquor- und Gehirnparenchym Kompartimente, die in einem dynamischen Gleichgewicht stehen.
Nach der Monro-Kellie-Doktrin bilden Blut, Liquor und Hirnparenchym Kompartimente, die in einem dynamischen Gleichgewicht stehen. So bewirkt die Veränderung in einem Kompartiment eine reziproke Antwort im anderen. Das Volumen des Schädels beträgt beim Erwachsenen etwa 1800–1900 ml. Davon entfallen 80 % auf das Hirngewebe. Das Volumen von Liquor und Blut beträgt jeweils 10 % Die Hirndurchblutung (CBF) beträgt etwa 20 % des Herz-Minuten-Volumens und die regionale Hirndurchblutung (rCBF) 55 ml/100 g Hirngewebe/min. Durch die Autoregulation der Hirngefäße unter der Interpendenz neurogener, metabolischer und myogener Faktoren wird unter gesunden Voraussetzungen die zerebrale Perfusion trotz Blutdruckschwankungen, Veränderungen des Blutvolumens usw. konstant gehalten (zerebrale Autoregulation, 1 B-31.10). Der normale zerebrale Perfusionsdruck (CPP) beträgt ca. 90 mmHg. pHWert, Stoffwechselfaktoren, Neurotransmitter, vasoaktive Substanzen, die Blutgase (O2 und CO2), Elektrolytkonzentration, Osmolalität sowie eine Reihe bisher nicht bekannter Faktoren beeinflussen die Regelung der Hirndurchblutung.
Der Schädelinhalt beträgt ca. 1800–1900 ml: π Hirngewebe 80 % π Liquor 10 % π Blut 10 %. Die Hirndurchblutung (CBF) beträgt etwa 20 % des HMV. Zerebrale Autoregulation: Unter normalen Bedingungen wird die zerebrale Perfusion trotz Blutdruckschwankungen konstant gehalten ( 1 B-31.10). Der normale zerebrale Perfusionsdruck (CPP) beträgt ca. 90 mmHg. An der Regulation der Hirndurchblutung sind unterschiedliche Faktoren beteiligt.
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1367
31.5.1 Hirnödem Bei Hirndrucksteigerung kommt es zur Abnahme der Hirndurchblutung, da der zerebrale Perfusionsdruck (CPP) der Differenz von mittlerem arteriellem Druck (MAP) und intrakraniellem Druck (ICP) entspricht. Sinkt die Differenz unter 60 mmHg, ist der arterielle Druck zu niedrig, der intrakranielle Druck zu hoch. Vereinfacht gilt die Gleichung: CPP = MAP – ICP
Bei einem CPP von 40 mmHg ist mit ischämischen Veränderungen zu rechnen. Compliance = intrakranielles DruckVolumen-Verhältnis ( DV/D P).
Synopsis Verhalten von zerebralem Blutfluss (CBF) und zerebralem Perfusionsdruck (CPP) bei intakter und gestörter/ aufgehobener Autoregulation der Hirngefäße
150 CBF (ml/100 g/min)
Vereinfacht gilt die Gleichung: CPP = MAP – ICP
Wenn die Kompartimente erschöpft sind, kommt es infolge des weiter gesteigerten ICP zur Dekompensation, ggf. zum zerebralen Kreislaufstillstand. Bei einem CPP von 40 mmHg ist mit ischämischen Veränderungen zu rechnen. Als Compliance wird das intrakranielle Druck-Volumen-Verhältnis (DV/DP) bezeichnet. Steigt der ICP, sinkt die Compliance.
1 B-31.10
Bei Hirndrucksteigerung kommt es zur Abnahme der Hirndurchblutung, da der Perfusionsdruck abnimmt.
Bei intakter Autoregulation ist die Hirndurchblutung im Druckbereich von 50 bis 150 mmHg konstant. Erst unter einem Perfusionsdruck < 60 mmHg fällt sie ab. Ist die Autoregulation gestört bzw. aufgehoben, folgt der zerebrale Blutfluss linear dem zerebralen Perfusionsdruck.
Autoregulation gestoppt
100
50 Autoregulation intakt 0 0
50
100
150
200
CPP (mmHg)
Infolge der gestörten Autoregulation ist die O2–Abnahme bei gleichzeitigem CO2-Anstieg von einer Vasodilatation mit Zunahme des Blutvolumens gefolgt ( 2 B-31.8).
2 B-31.8
Infolge der O 2 -Abnahme bei gleichzeitigem CO2 -Anstieg kommt es zu einer Vasodilatation mit Zunahme des Blutvolumens.
Hirndruck/Hirndurchblutung
N intrakranielles Volumen n
1800–1900 ml
N Hirngewebe n
80–85 %
N Liquor n
10 %
N Blutvolumen n
5–10 %
N Reservevolumen n
ca. 150 ml ca. 50 ml
(langsame Volumenzunahme) (schnelle Volumenzunahme)
N CBF n
700–800 ml/min
N rCBF n
60–110 ml/100 g/min 20–30 ml/100 g/min 55 ml/100 g/min
N CVR n
1,6 mmHg/ml/100 g
CBF =
CPP CVR
(graue Substanz) (weiße Substanz) (global)
CPP = MAP – ICP (jeweils Mitteldruck)
CBF = zerebraler Blutfluss, rCBF = regionaler zerebraler Blutfluss, CVR = zerebraler Gefäßwiderstand, CPP = zerebraler Perfusionsdruck, MAP = mittlerer arterieller Druck, ICP = Hirndruck.
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1368 Hirndruckwellen
A-Wellen oder Plateauwellen mit raschem Hirndruckanstieg auf Werte über 40 mmHg sind Ausdruck einer vitalen Gefährdung ( 1 B-31.11). B-Wellen sind regelmäßig innerhalb kurzer Zeit (1–2 min) oszillierende Schwankungen des ICP < 40 mmHg als Ausdruck zentraler Atemstörungen ( 1 B-31.11). R-Wellen (Rampenwellen) sind Folge eines deregulierten Atemrhythmus, der ICP steigt deutlich über 30 mmHg.
31 Neurochirurgie
Hirndruckwellen Es treten Hirndruckwellen ( 1 B-31.11) auf, die über Minuten auf hohem Niveau bleiben, sog. Plateauwellen. A-Wellen oder Plateauwellen als Folge anhaltend erhöhten ICPs sind Ausdruck einer vitalen Gefährdung, meist steht die zerebrale Perfusion vor der Dekompensation. Es kommt zu einem raschen Hirndruckanstieg auf Werte > 40 mmHg. Der Druck verbleibt etwa 10–20 Minuten auf diesem Niveau, um dann ebenso rasch wieder abzufallen. B-Wellen ( 1 B-31.11) sind regelmäßig innerhalb kurzer Zeit (1–2 Minuten) oszillierende Schwankungen des ICP < 40 mmHg. Sie werden durch den veränderten PaCO2, der Ausdruck zentraler Atemstörungen ist, ausgelöst. Vor einer Plateauwelle ist oftmals eine Serie von B-Wellen zu beobachten. R-Wellen (Rampenwellen) sind Folge eines deregulierten Atemrhythmus, der ICP steigt deutlich > 30 mmHg. Bei erschwerter Atmung kommt es auf dem Gipfel der Rampe zur Seufzeratmung, gefolgt von einer Hyperventilation, die den ICP sinken lässt. Sie treten fast ausschließlich im Schlaf auf. Häufig findet man sie beim Normaldruckhydrozephalus. Hier stellen sie die Indikation zur Shuntanlage (s. S. 1436 ff.).
mmHg
mmHg
mmHg
1 B-31.11 60 40 20 0 60 40 20 0 60 40 20 0
Synopsis Typische Wellenverläufe bei intrakranieller Druckmessung
Zeit
a Plateauwelle.
Zeit
b Serie niedriger B-Wellen.
Zeit
c Serie steiler B-Wellen.
Bei weiterem Anstieg des ICP hören die Hirndruckwellen auf (Vasoparalyse). Nun werden die Gefäße nur noch druckpassiv perfundiert.
Steigt der ICP weiter, hören diese rhythmischen Formationen auf. Dies markiert das Stadium der Vasoparalyse, wobei nun die Gefäße nur noch druckpassiv entsprechend dem Gefälle von Parteriell und ICP perfundiert werden.
31.5.2 Medikamentöse Therapie der Hirndrucksteigerung
31.5.2
Man sollte sich hüten, reflexartig dieses Thema mit dem Hinweis auf Steroide und Osmotherapeutika zu beantworten. Absolut essenziell ist die Diagnostik und Therapie allgemein körperlicher Störungen.
Man sollte sich hüten, reflexartig dieses Thema mit dem Hinweis auf Kortikosteroide und Osmotherapeutika zu beantworten. Absolut essenziell ist ein Ausgleich allgemein körperlicher Störungen. »Ist der Blutdruck gut eingestellt, die Herzfrequenz normal, die Auswurfleistung ausreichend, die Oxygenierung zufriedenstellend bei guter Ventilation, sind genügend Sauerstoffträger vorhanden, ist eine Hyperhydratation ausgeschlossen, werden genügend Kalorien substituiert« sollten die ersten Fragen sein. Die konservative Therapie des erhöhten intrakraniellen Drucks besteht zum einen in allgemeiner, zum anderen in der speziellen medikamentösen Therapie ( 2 B-31.9).
Die konservative Therapie des erhöhten intrakraniellen Drucks ist in 2 B-31.9 zusammengefasst.
Medikamentöse Therapie der Hirndrucksteigerung
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1369
31.5.2 Medikamentöse Therapie der Hirndrucksteigerung
2 B-31.9 I
Stufenplan zur Behandlung der intrakraniellen Drucksteigerung
n allgemeine Maßnahmen N N Oberkörperhochlagerung n N Beseitigung venöser Abflussbehinderungen n
II
N Analgosedierung n
III
N moderate Hyperventilation (PaCO2 30–35 mmHg) n
IV
N Liquordränage n
V
N medikamentöse Therapie n π Dexamethason π Mannitol 20 % π Sorbitol 40 % π Glyzerol π Barbiturat π TRIS-Puffer (THAM) Ó © indirekte Wirkung π Diuretika ª
VI
N Dekompressionsoperation n
Glukokortikoide
Glukokortikoide
Wirkungsweise: Steroide vom Typ der Glukokortikoide führen zu einer Stabilisierung der Zellmembran, Wiederherstellung der Natrium-KaliumPumpe, Abnahme der Liquorproduktion und einer Normalisierung der Elektrolyt- und Wasserpermeabilität. Darüber hinaus wird die Permeabilität für gewisse Aminosäuren erhöht, die Erholungszeit der gestörten Blut-HirnSchranke verkürzt sich. Es kommt zur Entquellung von geschwollenen Zellen, das Hirnödem lässt nach, die Perfusion bessert sich, im günstigsten Fall kommt es zur Restitution mit funktioneller Reintegration.
Wirkungsweise: Steroide vom Typ der Glukokortikoide führen zu einer Stabilisierung der Zellmembran, Wiederherstellung der Natrium-Kalium-Pumpe, Abnahme der Liquorproduktion und einer Normalisierung der Elektrolytund Wasserpermeabilität.
n Merke. Entscheidend ist die frühzeitige und hochdosierte Applikation von Dexamethason bei gleichzeitiger Ulkusprophylaxe.
Merke
Das Hirnödem bei Tumoren und Abszessen – vasogenes Hirnödem – zeigt eine gute Ansprechbarkeit und oft erstaunlich schnelle klinische Besserung. Beim traumatischen Hirnödem – zytotoxisches Hirnödem – sowie nach Schlaganfällen lässt sich keine überprüfbare Effizienz erkennen. Hier werden Kortikosteroide therapeutisch nicht eingesetzt. Während die Applikation von Glukokortikoiden tierexperimentell in verschiedenen Untersuchungen zu klinisch relevanten Verbesserungen führt, konnte die positive Wirkung beim posttraumatischen Hirnödem beim Menschen bisher nicht nachgewiesen bzw. bestätigt werden.
Das vasogene Hirnödem zeigt eine gute Ansprechbarkeit und oft erstaunlich schnelle klinische Besserung. Beim zytotoxischen Hirnödem lässt sich keine überprüfbare Effizienz erkennen.
Osmotherapie/Osmodiuretika
Osmotherapie/Osmodiuretika
n Definition. Durch den Einsatz von Lösungen mit einem hohen kolloidosmotischen Druck wird ein osmotischer Gradient zwischen Hirngewebe und Extrazellulärraum geschaffen. Dadurch wird dem Hirngewebe Wasser entzogen.
Eine Osmotherapie sollte heute nicht mehr ohne Hirndruckmessung erfolgen! Der Einsatz ohne Kenntnis der tatsächlichen intrakraniellen Situation, bei gleichzeitigem Rebound-Effekt bzw. abnehmender Wirkung nach wiederholter Anwendung verbietet eine kritiklose Therapie. Zum Einsatz kommen Mannitol, Sorbitol und Glyzerol. Dosis und Wirkdauer: Es werden 1–1,5 g/kg Körpergewicht der 20 %igen Mannitol- oder der 40 %igen Sorbitollösung innerhalb von 20–30 Minuten
Definition
Eine Osmotherapie sollte heute nicht mehr ohne Hirndruckmessung erfolgen! Zum Einsatz kommen Mannitol, Sorbitol und Glyzerol. Dosis und Wirkdauer: 1–1,5 g/kg KG 20 %ige Mannitol- oder 40 % Sorbitollösung.
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31 Neurochirurgie intravenös appliziert. Ein hirndrucksenkender Effekt besteht für etwa 2-6 Stunden, ist jedoch individuell sehr verschieden.
Zerebroprotektive Substanzen
Zerebroprotektive Substanzen
Zu den zerebroprotektiven Substanzen zählen im engeren Sinne die Barbiturate, einige Hypnotika, Medikamente, die als sog. Radikalefänger (Aminosteroid Tirilazad Q ) angesehen werden, Vitamine der E-, C- und B-Gruppe, sowie Nimodipine. Eine definitive Wirkung am Menschen ist bisher nicht bewiesen. Weitere Medikamente, die einen indirekten Effekt auf das Hirnödem haben, sind Diuretika und Trispuffer.
Zu den zerebroprotektiven Substanzen zählen im engeren Sinne die Barbiturate, einige Hypnotika, Medikamente, die als sog. Radikalefänger (Aminosteroid TirilazadQ) angesehen werden und Vitamine der E-, C- und B-Gruppe, wobei die Effekte umstritten sind. Des Weiteren vasoaktive Substanzen, die bei zerebralen Hämorrhagien die gefürchteten Angiospasmen beeinflussen sollen (Nimodipine). Allen diesen, wie auch anderen ist gemeinsam, dass die im Experiment beobachteten Wirkungen den Erwartungen am Menschen nicht gleichermaßen gerecht werden. Weitere Medikamente, die einen jedoch nur indirekten Effekt auf das Hirnödem haben, sind Diuretika (Verminderung des Wassergehalts allgemein, Senkung der Liquorproduktion) und Trispuffer (Pufferung der intrazellulären Azidose).
31.5.3 Intensivmedizinische Behandlungsansätze Lagerung
31.5.3
Es hat sich die 30 Ω -Hochlagerung des Oberkörpers, den Kopf in Neutralstellung, als ein Standard gezeigt.
In vielen kontrollierten Studien, und auch am Krankenbett lässt sich feststellen, dass eine optimale Lagerung, bei der eine venöse Abflussbehinderung vermieden wird, sich günstig auf den Hirndruck auswirkt. So hat sich die 30 Ω-Hochlagerung des Oberkörpers bei achsengerechter Kopflagerung als ein Standard gezeigt.
Beatmung
Beatmung
Die Hyperventilation bewirkt über eine Minderung des intravasalen intrakraniellen Volumens eine Absenkung des ICP.
Da es infolge der Hirnschädigung zum Verlust der Autoregulation kommt, kann durch die induzierte, moderate Hyperventilation über eine Minderung des intravasalen intrakraniellen Volumens sowie durch eine Reduktion des Venendrucks der intrakranielle arteriovenöse Druckgradient günstig beeinflusst werden. Zusätzlich wird die Diffusion von H+-Ionen in den Liquor verlangsamt. Nachteilig ist die parallel abnehmende Hirndurchblutung, welche durch eine induzierte Hypertension ggf. ausgeglichen werden muss. Empfohlen wird ein PaCO2 von 30–35 mmHg.
Empfohlen wird ein PaCO2 von 30–35 mmHg.
Intensivmedizinische Behandlungsansätze
Lagerung
Analgosedierung
Analgosedierung
Barbiturate und andere Hypnotika führen zu einem reduzierten O 2 Verbrauch. Über eine Vasokonstriktion kommt es bei Barbituraten zu einer Reduzierung des Blutvolumens, aber auch der Hirndurchblutung.
Barbiturate, Analgetika und Hypnotika (Benzodiazepine, Propofol, Etomidate, Fentanyl, Clonidin, trizyklische Antidepressiva) führen zu einem reduzierten O2-Verbrauch, die Sauerstoffausschöpfung wird ökonomisiert. Daneben sinkt der Bedarf an energiereichen Phosphaten. Über eine Vasokonstriktion kommt es bei Barbituraten zu einer Reduzierung des Blutvolumens, aber auch der Hirndurchblutung. Die während der intensivmedizinischen Maßnahmen zu beobachtenden exzitatorischen Krisen mit vegetativer Entgleisung und z. B. konsekutiver Hirndrucksteigerung werden abgefangen. Es erfolgt in der Regel eine kontinuierliche intravenöse Behandlung in Kombination von Analgetika und Opiaten. Zur Anwendung kommen klinikspezifische Kombinationen.
Es erfolgt in der Regel eine kontinuierliche intravenöse Behandlung in Kombination von Analgetika und Opiaten.
Operative Therapiemöglichkeiten
31.5.4 Operative Therapiemöglichkeiten Externe Ventrikeldränage
31.5.4
Über die externe Ventrikeldränage kann der Reserveraum Ventrikelsystem und Subarachnoidalraum ausgenutzt werden. Gleichzeitig kann der intrakranielle Druck gemessen werden.
Durch die Anlage einer externen Ventrikeldränage kann der Reserveraum Ventrikelsystem und Subarachnoidalraum ausgenutzt werden (Monro-Kellie-Doktrin). Gleichzeitig kann darunter der intrakranielle Druck gemessen werden. Die Anlage erfolgt in der Regel durch Punktion des rechten Vorderhorns des Seitenventrikels.
Externe Ventrikeldränage
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31.6 Schädel-Hirn-Trauma (SHT) Neben der einfachen Dränage über einen Silikonventrikelkatheter, der mit einem externen Messsystem verbunden werden kann, stehen auch Ventrikelkatheter mit integrierter, miniaturisierter Messsonde zur Verfügung.
Dekompressive Kraniektomie n Definition. Großflächige Entfernung von Kalottenanteilen sowie von laterobasalen Schädelbasisanteilen zur Entlastung von Großhirn und Hirnstamm.
Dekompressive Kraniektomie Definition
Die dekompressive Kraniektomie wird heute bei jüngeren Patienten wieder vermehrt vorgenommen, welche noch nicht dezerebriert zur Aufnahme gelangen und ggf. nach primärer Stabilisierung einen sekundären, medikamentös nicht beeinflussbaren Hirndruckanstieg zeigen. Ist diese Operationstechnik in der Neurotraumatologie seit Jahren ein etabliertes Verfahren, wird die Kraniektomie derzeit verstärkt bei der Therapie zerebraler Durchblutungsstörungen (raumfordernder Infarkt) propagiert. Endgültige Aussagen über die Effizienz bei dieser Indikationsstellung liegen noch nicht vor. Methode: Es wird beidseits eine großflächige Trepanation vorgenommen, wobei der Kalotten- und Schädelbasisanteil bis weit nach basal zur Entlastung des Hirnstamms ausgesägt werden muss. Hinzu kommt eine großzügige Duraerweiterungsplastik. Die Größe der Trepanationsfläche korreliert nahezu exponenziell mit dem zu erwartenden Volumengewinn.
Die Kraniektomie wird derzeit verstärkt bei der Therapie zerebraler Durchblutungsstörungen (raumfordernder Infarkt) propagiert.
Dekompressive Lobektomie
Dekompressive Lobektomie
Die als absolute Ultima ratio anzusehende zerebrale Lobektomie wird nur beim Versagen aller anderen Maßnahmen indiziert sein. Ihre Indikation findet sie am ehesten bei schweren kontusionellen hämorrhagischen Erweichungen, insbesondere bei sekundärer Verschlechterung. Nicht dominante, nicht eloquente Anteile von Frontal- und Temporallappen können ggf. reseziert werden. Diese Umstände unterstreichen jedoch die Forderung nach kontinuierlicher neurochirurgischer Versorgung schwer schädel-hirn-verletzter Patienten sowie einer entsprechenden wiederholten bildgebenden Untersuchung.
Eine zerebrale Lobektomie zur intrakraniellen Hirndrucksenkung gilt als absolute Ultima ratio. Nicht dominante, nicht eloquente Anteile von Frontal- und Temporallappen können ggf. reseziert werden.
31.6
Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
Die Kraniektomie ist nur suffizient in Kombination mit einer großzügigen Duraerweiterungsplastik. Die Größe der Trepanationsfläche korreliert nahezu exponenziell mit dem zu erwartenden Volumengewinn.
31.6
Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
Synonym: Schädel-Hirn-Verletzung (SHV) n Definition. Durch äußere Gewalteinwirkung verursachte isolierte oder kombinierte Verletzung von Kopfschwarte, Schädel und Gehirn.
Definition
Die Begriffe Schädel-Hirn-Trauma (SHT) und Schädel-Hirn-Verletzung (SHV) werden synonym gebraucht, wenn im Rahmen einer Kopfverletzung eine Mitbeteiligung von Hirnstrukturen vorliegt.
SHT und SHV werden synonym gebraucht, wenn bei Kopfverletzungen Hirnstrukturen mitbeteiligt sind.
Epidemiologie. Nach WHO-Angaben ereignen sich in der Welt pro Jahr 6
Epidemiologie. In der BRD erleiden jährlich 200 000 Menschen ein SHT durch Verkehrs-, Arbeits-, Haus-, Sportund sonstige Unfälle, welches eine Krankenhausbehandlung erforderlich macht. Bei 50 000 handelt es sich um ein schweres SHT, von denen 10 000 eine intrakranielle Blutung haben. Der Anteil von SHT an allen tödlich verlaufenden Unfällen beträgt 60 %, bei Verkehrsunfällen 70 %.
Millionen Verkehrsunfälle, bei denen 200 000 Menschen sterben. Bei ca. 30 % der SHT liegen weitere Verletzungen vor (SHT und Mehrfachverletzungen). In der BRD erleiden jährlich etwa 200 000 Menschen ein SHT durch Verkehrs-, Arbeits-, Haus-, Sport- und sonstige Unfälle, welches eine Krankenhausbehandlung erforderlich macht. Bei 50 000 handelt es sich um ein schweres SHT, von denen ca. 10 000 eine intrakranielle Blutung haben. Der Anteil von SHT an allen tödlich verlaufenden Unfällen beträgt 60 %, bei Verkehrsunfällen 70 %. Von 100 stationär behandelten Patienten mit SHV erleiden 75 ein leichtes, 25 ein mittelschweres bzw. ein schweres SHT. Davon haben 20 eine
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31 Neurochirurgie Schädelfraktur, 3–5 eine intrakranielle Blutung, 5–8 sterben an den Folgen des SHT.
Beurteilung des Verletzten
31.6.1 Beurteilung des Verletzten
31.6.1
Die primär traumatische Hirnschädigung ist therapeutisch nicht zu beeinflussen. Das Ausmaß der primären Hirnschädigung, mögliche sekundäre Schädigungen und das begleitende Hirnödem begrenzen die Überlebenschance des Verletzten.
Die primär traumatische Hirnschädigung ist therapeutisch nicht zu beeinflussen. Das Ausmaß der primären Hirnschädigung, mögliche sekundäre Schädigungen und das begleitende Hirnödem begrenzen die Überlebenschance der Verletzten. Entscheidend für den weiteren Verlauf ist die Rechtzeitigkeit der Maßnahmen zur Sicherung der Sauerstoffzufuhr und der zerebralen Durchblutung. Es wird geschätzt, dass ca. 20 % aller Verkehrsopfer zu retten wären, wenn lebenserhaltende Maßnahmen während des »therapeutischen Vakuums«, d. h. vom Unfallereignis bis zur notärztlichen Versorgung, durchgeführt werden könnten. Absolute Priorität hat die Wiederherstellung, Stabilisierung und Sicherung der vitalen Funktionen. Die Versorgung der Kopfverletzung selbst steht zunächst nicht im Vordergrund. Am Unfallort soll eine erste orientierende Untersuchung die Bedrohung bzw. den Ausfall der vitalen Funktionen aufdecken. Dies ist primär nur mit den 5 Sinnen, ohne Zuhilfenahme spezieller diagnostischer Maßnahmen möglich. Einen ersten Hinweis auf das Vorliegen eines SHT bietet bei einer orientierenden Inspektion die Bewusstlosigkeit sowie äußere Verletzungen im Bereich des Schädels. Das ABC der Notfalluntersuchung beinhaltet nach sachgerechter Bergung die Überprüfung und Beurteilung von Atmung, Bewusstseinslage und Zirkulation. Die Bewusstseinslage wird an Hand der Glasgow-Coma-Scale punktuell bewertet ( 2 B-31.10).
Absolute Priorität hat die Wiederherstellung, Stabilisierung und Sicherung der vitalen Funktionen. Am Unfallort soll eine erste orientierende Untersuchung die Bedrohung bzw. den Ausfall der vitalen Funktionen aufdecken.
Das ABC der Notfalluntersuchung beinhaltet die Überprüfung von Atmung, Bewusstseinslage und Zirkulation. Die Bewusstseinslage wird anhand der Glasgow-Coma-Scale bewertet ( 2 B-31.10).
Weiterhin müssen die Pupillenweite und -reaktion beurteilt werden. Dabei ist besonderer Wert auf die Verlaufsbeurteilung zu legen.
2 B-31.10
Glasgow-Coma-Scale zur Beurteilung der Bewusstseinsstörung (nach Jennett und Teasdale, 1974)
Zu bewertende Reaktion
Beobachtete Reaktion
Punktzahl
N Augenöffnen n
spontan auf Aufforderung auf Schmerzreiz kein Augenöffnen
4 3 2 1
N beste sprachliche Antwort n
vollorientiert unvollständig orientiert verworren unverständlich keine
5 4 3 2 1
N beste motorische Reaktion n
adäquat gezielte Abwehr unvollständige Abwehr Beugesynergismen Strecksynergismen keine Bewegung
6 5 4 3 2 1
N Glasgow-Coma-Score n
Maximum Minimum
15 3
Weiterhin müssen die Pupillenweite und -reaktion beurteilt werden sowie die Registrierung pathologischer motorischer Reaktionen (Strecksynergismen, Lähmungen, Krämpfe) erfolgen. Dabei ist besonderer Wert auf die Verlaufsbeurteilung zu legen. Alle Befunde sowie verabreichten Medikamente sind im Notarztprotokoll zu dokumentieren.
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31.6.1 Beurteilung des Verletzten
Störungen der Atemfunktion
Störungen der Atemfunktion
Unterschieden werden muss zwischen zentralen und peripheren Störungen. Bei den zentralen Atemstörungen ( 1 B-31.12) können Kontusionen und Kompressionen im Stammhirn vorliegen, insbesondere im Bereich von Pons und Medulla oblongata. Zu den peripheren Atemstörungen zählen Schädigungen der Nervenwurzel C 3 und C 4 sowie des N. phrenicus, aber auch Traumafolgen, die zu einer Beeinträchtigung der Lungenfunktion selbst führen (Rippenserienfrakturen, Pneumo- und/oder Hämatothorax). Lebensbedrohliche Atemstörungen können weiterhin durch eine Aspiration von Blut und Erbrochenem sowie durch Zurückfallen der Zunge durch Tonusverlust der Schlund-, Zungen- und Kiefermuskulatur auftreten. Nach digitaler Reinigung von Mund und Rachen (Zahnprothese entfernen) werden Sekret und Blut abgesaugt und wenn erforderlich orotracheal intubiert. Die Indikationen zur primären Intubation sind 2 B-31.11 zu entnehmen.
Ursache zentraler Atemstörungen ( 1 B-31.12): Kontusionen und Kompressionen im Stammhirn, insbesondere im Bereich von Pons und Medulla oblongata. Ursachen peripherer Atemstörungen: Schädigungen der Nervenwurzel C 3 und C 4, des N. phrenicus, Traumafolgen mit Beeinträchtigung der Lungenfunktion. Atemstörungen können durch Aspiration von Blut oder Erbrochenem sowie durch Zurückfallen der Zunge durch Tonusverlust der Schlund-, Zungenund Kiefermuskulatur auftreten. Mund und Rachen müssen vor der Intubation gereinigt werden. Zur Indikation der Intubation s. 2 B-31.11.
2 B-31.11 n N N n N n N n N n
Indikationen zur primären Intubation beim SHT
tiefe Bewusstlosigkeit (Koma) starke Blutung aus dem Nasen-Rachen-Raum schwere Mittelgesichtsverletzungen Zustand nach Aspiration bzw. bei Aspirationsgefahr SHT mit Thoraxtrauma
1 B-31.12
Synopsis Verschiedene Typen zentraler Atemstörungen im Zusammenhang mit Läsionen unterschiedlicher anatomischer Strukturen
A
1
2
B C D
A
Cheyne-Stokes-Atmung durch diffuse Frontalhirnläsionen.
B
Zentrale neurogene Hyperventilation »Maschinenatmung« durch eine Läsion in der Hypothalamus-Mittelhirnübergangsregion.
C
Läsion von unterem Pons und Tegmentum mit 1. langen apnoischen Pausen oder 2. sog. Cluster-Atmung.
D
Medulläre Läsion mit ataktischer Atemstörung.
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31 Neurochirurgie
Bei 15 % der SHT ist die Aspiration unmittelbare, bei weiteren 25 % eine konkurrierende wesentliche Todesursache.
Insbesondere bei Verletzungen des Mittelgesichts, des Rachenraums und der Schädelbasis ist mit einer durch Aspiration bedingten Ateminsuffizienz zu rechnen. Bei 15 % der SHT ist die Aspiration unmittelbare, bei weiteren 25 % eine konkurrierende, wesentliche Todesursache.
Kreislaufstörungen
Kreislaufstörungen
Die zerebrale Ischämie kann zu irreversiblen hypoxischen, d. h. sekundären Schäden führen und begünstigt die Entwicklung des Hirnödems.
Wegen des traumatisch bedingten Ausfalls der zerebralen Kreislaufautoregulation kann der Abfall des arteriellen Blutdrucks nicht kompensiert werden. Die zerebrale Ischämie kann somit zu irreversiblen hypoxischen, d. h. sekundären Schäden führen und begünstigt die Entwicklung des Hirnödems. Ein anhaltender hypovolämischer Schock kann so ein leichtes oder mittelschweres SHT sekundär in ein schweres verwandeln. Ein prolongierter hypovolämischer Schock beim Erwachsenen ist primär nicht auf ein isoliertes SHT zurückzuführen, sondern vielmehr Hinweis auf einen größeren, extrakraniellen Blutverlust im Rahmen einer Mehrfachverletzung (Abdomen, Thorax). Nur beim Kleinkind kann die Entwicklung eines intrakraniellen Hämatoms eine hypovolämische Schocksymptomatik hervorrufen und unterhalten. Beim Erwachsenen ist es die Ausnahme, dass ein isoliertes SHT eine hypovolämische Schocksymptomatik verursacht. Ein Schock ist in der Regel Folge extrakranieller Verletzungen.
Ein anhaltender hypovolämischer Schock kann so ein leichtes oder mittelschweres SHT sekundär in ein schweres verwandeln. Beim Erwachsenen ist es die Ausnahme, dass ein isoliertes SHT eine hypovolämische Schocksymptomatik verursacht. Sie ist in der Regel Folge extrakranieller Verletzungen.
Merke
n Merke. Die Wundversorgung am Unfallort sollte sich auf das Anlegen steriler Verbände unter Belassung von Schmutz und Haaren beschränken. Vor der Entfernung von Fremdkörpern am Unfallort muss dringend gewarnt werden. Die Entfernung muss der endgültigen Versorgung in der Klinik vorbehalten werden.
Fremdkörper stellen oftmals die wirkungsvollste Tamponade ansonsten lebensbedrohlicher Blutungen dar.
Die Belassung von Fremdkörpern stellt oftmals die wirkungsvollste Tamponade ansonsten lebensbedrohlicher Blutungen dar. Die unveränderte Position von penetrierten Fremdkörpern ist wertvoll zur Rekonstruktion des Unfallhergangs und gibt Hinweise auf das vorliegende Schädigungsausmaß.
Rettungstransport
Rettungstransport Erst mit freien Luftwegen und einer ausreichenden Ventilation darf ein Schädel-Hirn-Verletzter in entfernte Spezialkliniken transportiert werden.
Merke
Kontraindiziert sind eine Flach- oder Kopftieflagerung. Auch die stabile Seitenlagerung sollte wegen der Gefahr der venösen Abflussbehinderung nicht angestrebt werden.
n Merke. Stabilisierte Vitalfunktionen sind wichtiger als eine überstürzte Verlegung in ein weiterbehandelndes Krankenhaus.
Kontraindiziert für den Transport ist die früher übliche Flach- oder Kopftieflage (Gefahr der intrakraniellen Drucksteigerung). Auch eine stabile Seitenlagerung sollte nicht angestrebt werden, da sie zur gefährlichen, venö-
2 B-31. 12
Wichtige Informationen für den Neurochirurgen
n Alter und Geschlecht des Patienten N N Zeitpunkt und Art des Unfalls n n Zustand bei der Erstversorgung und eingetretene Veränderungen N N liegen zusätzliche Verletzungen vor? n n Bewusstseinslage (GCS) N N Herdneurologie/Halbseitensymptome n N Pupillenbefund und -reaktion n n offenes oder gedecktes SHT N N Schädelfrakturen ja/nein? n N Vitalfunktionen n
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1375
31.6.2 Bewusstseinsstörungen sen Abflussbehinderung beim Überstrecken des Kopfes führt. Die Lagerung der Wahl ist beim intubierten Patienten vielmehr die KopfOberkörper-Hochlagerung, was mit der im Rettungswagen bzw. Rettungshubschrauber obligatorisch vorhandenen Vakuummatratze ohne Schwierigkeiten realisierbar ist. Beim Transport sind die Atem- und Kreislauffunktion sowie der neurologische Befund fortlaufend zu überprüfen. In 2 B-31.12 aufgeführte Informationen sind für die aufnehmende Klinik von besonderem Interesse.
31.6.2
Bewusstseinsstörungen
n Definition. Bewusstseinsstörungen ist eine Sammelbezeichnung für Störungen des Wachheitsgrades (quantitative) und der Bewusstseinsinhalte (qualitative).
Die Lagerung der Wahl ist beim intubierten Patienten die Kopf-Oberkörper-Hochlagerung.
31.6.2 Bewusstseinsstörungen Definition
Im psychopathologischen Bereich beinhaltet der Bewusstseinsbegriff die Fähigkeit, die jeweiligen psychischen Vorgänge »wissend« zu aktualisieren. Das Bewusstsein umfasst dabei alle Eindrücke der Außen- und Innenwelt. Vorbedingung ist das Wachsein, bestehend aus aktiver Zuwendung der Sinnesorgane, Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit; »ich bin es, der wahrnimmt«. Neurophysiologische Voraussetzung für den Bewusstseinsvorgang ist ein gesteuerter Aktivitätszustand kortikaler Neuronenverbände unter dauernden Einflüssen aus der Formatio reticularis des Hirnstamms einschließlich des intralaminären Thalamus. Die Bewusstseinsstörungen lassen sich in 2 Gruppen unterteilen. In qualitative (inhaltliche) Störungen, wie sie beispielsweise bei produktiven Psychosen vorkommen, und in solche quantitativer (gradueller) Art, die sich in einer Beeinträchtigung der Vigilanz ausdrücken. In der Neurotraumatologie sind die quantitativen Bewusstseinsstörungen von entscheidender Bedeutung. Bei den traumatisch bedingten Bewusstseinsstörungen unterscheidet man zwischen: π Durchgangssyndrom π Bewusstseinstrübung π Bewusstlosigkeit π Koma π akuten traumatischen Hirnstammsyndromen. Zu den Hirnstammsyndromen zählen das Mittelhirn- und Bulbärhirnsyndrom. Der schwerste Residualzustand ist das apallische Syndrom.
Voraussetzung für den Bewusstseinsvorgang ist ein gesteuerter Aktivitätszustand kortikaler Neuronenverbände unter ständigen Einflüssen aus der Formatio reticularis des Hirnstamms einschließlich des intralaminären Thalamus. Bei Bewusstseinsstörungen lassen sich qualitative und quantitative Störungen unterscheiden. In der Neurotraumatologie sind die qualitativen Bewusstseinsstörungen von entscheidender Bedeutung. Bei den traumatisch bedingten Bewusstseinsstörungen unterscheidet man zwischen: π Durchgangssyndrom π Bewusstseinstrübung π Bewusstlosigkeit π Koma π akuten traumatischen Hirnstammsyndromen.
Durchgangssyndrom
Durchgangssyndrom
n Definition. Das Durchgangssyndrom ist eine unspezifische, voll rückbildungsfähige Psychose ohne nachweisbare Bewusstseinsstörung.
Es ist zweckmäßig, die vollständig rückbildungsfähige Symptomatologie in den reversiblen Syndromen zusammenzufassen und einer Gruppe von irreversiblen Syndromen gegenüberzustellen. Die Durchgangssyndrome zeigen bei erhaltenem Bewusstsein und normaler Aufmerksamkeit eine reversible Störung bestimmter psychischer Teilfunktionen. Nach SHT treten am häufigsten affektive (euphorische oder aspontane) und amnestische Durchgangssyndrome auf. Man unterscheidet verschiedene Ausprägungsgrade, wobei die schweren Formen Orientierungsstörungen zeigen und bereits im Gespräch auffällig werden, die leichtesten dagegen erst nach Belastung oder durch neuropsychologische Testverfahren aufgedeckt werden.
Definition
Die Durchgangssyndrome zeigen bei erhaltenem Bewusstsein und normaler Aufmerksamkeit eine reversible Störung bestimmter psychischer Teilfunktionen. Nach SHT treten am häufigsten affektive und amnestische Durchgangssyndrome auf.
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1376 Bewusstseinstrübung Definition
31 Neurochirurgie
Bewusstseinstrübung n Definition. Es handelt sich um einen Zustand verminderter Wahrnehmung der Umgebung und seiner selbst. Der Patient öffnet die Augen spontan, auf Ansprache oder auf Schmerzreize und kann auf Aufforderung gezielte Bewegungen ausführen.
Der Patient ist ansprechbar, reagiert verzögert und meist erst nach Wiederholung von Fragen mit Alternativantworten (Ja – Nein). Im Stadium einer mittelschweren Bewusstseinstrübung ist der Patient anrufbar, nachdrücklich wiederholte einfache Angaben werden aber zunehmend zögernd oder nur angedeutet ausgeführt. Es besteht Somnolenz und Hypersomnie. Die Reizschwelle für Schmerzreize ist deutlich erhöht. Vegetative Störungen können beobachtet werden. Der Haltetonus ist bei regelrechtem Reflexstatus vermindert. Die Pupillen sind bei normaler Lichtreaktion eng gestellt.
Es sind alle psychischen Erlebnisbereiche betroffen, die sich gleichsam auf einem reduzierten Niveau befinden. Dabei können einzelne Phänomene vordergründig werden, z.B. delirante, konfabulatorische, verwirrte oder psychomotorisch erregte Formen. Wegen des erhöhten Energieverbrauchs ist eine adäquate medikamentöse Dämpfung (Neuroleptika, Tranquilizer) erforderlich. Der Patient ist ansprechbar, reagiert verzögert und meist erst nach Wiederholung von Fragen mit Alternativantworten (Ja–Nein) oder kurzen Auskünften. Im Stadium einer mittelschweren Bewusstseinstrübung ist der Patient anrufbar, nachdrücklich wiederholte einfache Angaben (Öffnen der Augen, Heben eines Armes, Zeigen der Zunge) werden aber zunehmend zögernder oder nur angedeutet ausgeführt. Es besteht Schläfrigkeit (Somnolenz) und ohne stärkere Anregung erhöhte Schlafneigung (Hypersomnie). Die Reizschwelle für Schmerzreize ist deutlich erhöht. Vegetative Störungen wie Schwitzen, Tachykardie, Temperaturregulationsstörungen und Inkontinenz können beobachtet werden. Bei regelrechtem Reflexstatus ist der Haltetonus vermindert. Die Pupillen sind eng, zeigen dabei aber eine normale Lichtreaktion. Die Bulbi können Pendeldeviationen zeigen.
Bewusstlosigkeit
Bewusstlosigkeit
Definition
Die Augen des Patienten sind geschlossen und werden weder auf Ansprache noch auf Schmerzreize hin geöffnet. Verbale Äußerungen fehlen ebenso wie motorische Reaktionen. Möglich sind reflektorische, teils gezielte, teils ungezielte Abwehrbewegungen auf Schmerzreize. Die Pupillen sind bei positiver Lichtreaktion meist eng gestellt und die Bulbi normal konjugiert. Die Dauer der Bewusstlosigkeit steht in der Regel im Zusammenhang mit der Schwere des SHT. Sie wird daher als Maßstab für die Beurteilung der Schwere des SHT herangezogen.
n Definition. Bewusstlosigkeit ist ein Zustand von Unerweckbarkeit. Der Patient hat die Augen geschlossen und öffnet diese weder auf Ansprache noch auf Schmerzreize. Motorische Reaktionen fehlen.
In der Bewusstlosigkeit ist auch ein minimales psychisches Erleben mit großer Wahrscheinlichkeit aufgehoben. Praktisch verlässt man sich allerdings auf die Reaktionen des Patienten, weshalb man »völlige Kontaktlosigkeit« als Leitsymptom wertet. Es fehlen gezielte Bewegungen und spontane Aktionen. Die Augen des Patienten sind geschlossen und werden weder auf Ansprache noch auf Schmerzreize hin geöffnet. Verbale Äußerungen fehlen ebenso wie motorische Reaktionen. Möglich sind jedoch reflektorische, teils gezielte, teils ungezielte Abwehrbewegungen auf Schmerzreize. Mit der zunehmenden Bewusstlosigkeit erlöschen die spezifischeren Abwehrreflexe vor den Fluchtreflexen. Der Reflexstatus lässt sich im Wesentlichen noch im physiologischen Bereich erheben. Die Muskeleigenreflexe sind allenfalls etwas abgeschwächt. Der Haltetonus ist erloschen. Die Pupillen sind bei positiver Lichtreaktion meist eng gestellt und die Bulbi normal konjugiert. Die Dauer der Bewusstlosigkeit steht in der Regel im Zusammenhang mit der Schwere des SHT. Sie wird daher als Maßstab für die Beurteilung der Schwere des SHT herangezogen. Ein pathologischer neurologischer Befund im Stadium der Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit weist auf eine direkte kortikale oder sekundäre Hirnstammschädigung bei akuter Hirndrucksteigerung hin.
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1377
31.6.2 Bewusstseinsstörungen
Koma
Koma
n Definition. Die sehr zahlreichen Bemühungen um exakte Komadefinitionen und Klassifikationen haben bis heute noch zu keiner praktikableren Lösung geführt. Das Stadium der tiefen Bewusstlosigkeit mit einer deutlichen Minderung der Reflextätigkeit wird jedoch übereinstimmend als Koma bezeichnet.
Die Muskeleigenreflexe sowie die Hirnstammreflexe sind stark abgeschwächt oder teilweise erloschen. Man findet die Pupillen erweitert, die Lichtreaktion vermindert, die Bulbi diskonjugiert. Eine Reaktion auf Schmerzreize fehlt. Mit einem weiteren progredienten Ausfall zerebraler Reflextätigkeit ist eine fortschreitende Insuffizienz der vegetativen Regulationsmechanismen von Atmung, Temperatur und Kreislauf verknüpft. Das Committee of Neurotraumatology of the World Federation of Neurosurgical Societies (W.F.N.S.) hat in Zusammenschau von Bewusstseinslage, motorischer Funktion, Pupillenreaktion, Bulbusmotilität und Beurteilung der Atmungsfunktion nachfolgende Komagraduierung empfohlen ( 2 B-31.13).
2 B-31.13
Definition
Die Muskeleigenreflexe sowie die Hirnstammreflexe sind stark abgeschwächt oder teilweise erloschen, die Pupillen erweitert, die Lichtreaktion vermindert, die Bulbi diskonjugiert. Eine Reaktion auf Schmerzreize fehlt.
2
B-31.13 zeigt die Komagraduierung.
Koma-Klassifikation (W.F.N.S, Committee of Neurotraumatology)
Komagrad
Bewusstsein
motorische Funktion
Pupillen
Augenbewegungen
Atmung
N I n
bewusstlos Augen geschlossen
intakt auf Schmerzreiz
intakt
intakt
intakt
N II n
bewusstlos Augen geschlossen
evtl. Paresen
intakt evtl. gestört
intakt
intakt
N III n
bewusstlos Augen geschlossen
Strecksynergismen
eng bis mittelweit
evtl. gestört
intakt
N IV n
bewusstlos Augen geschlossen
Hypotonie
weit reaktionslos
gestört
evtl. gestört
N Hirntod n
bewusstlos Augen geschlossen
erloschen
weit reaktionslos
erloschen
Atemstillstand
Sekundäre traumatische Hirnstammsyndrome n Definition. Je nach Schädigungsort und Schwere des Traumas entwickeln sich differenzierte neurologische Ausfallsmuster, die als Hirnstammsyndrome bzw. Einklemmungssyndrome bezeichnet werden.
Für die Beurteilung, auf welchem Niveau der Hirnstamm betroffen ist und mit welcher Dynamik und Richtung die Hirnstammschädigung abläuft, kommt neben der Beurteilung der Bewusstseinslage, der Art der Veränderung von folgenden Funktionen besondere Bedeutung zu ( 2 B-31.14): π Atemmuster π Pupillomotorik π Okulomotorik π Willkürmotorik. Wichtig ist die Kenntnis und Wertung der Hirnstammsyndrome, die infolge zunehmender intrakranieller Hirndrucksteigerung (Blutung, Hirnödem) auftreten können. Die unilaterale transtentorielle Einklemmung infolge homolateraler supratentorieller Hirndrucksteigerung führt zu einer Einklemmung von medialen Temporallappenanteilen im Tentoriumschlitz und dadurch bedingt zu einer Kompression des N. oculomotorius im Bereich des Clivus. Das führt zu einer Funktionsstörung des III. Hirnnervs mit seitenglei-
Sekundäre traumatische Hirnstammsyndrome Definition
Kriterien, auf welchem Niveau der Hirnstamm betroffen ist und mit welcher Dynamik und Richtung die Hirnstammschädigung abläuft, sind ( 2 B-31.14): π Bewusstseinslage π Atmung π Pupillomotorik π Okulomotorik π Willkürmotorik. Die unilaterale transtentorielle Einklemmung infolge homolateraler supratentorieller Hirndrucksteigerung führt zu einer Einklemmung von medialen Temporallappenanteilen im Tentoriumschlitz und dadurch bedingt zu einer Kompression des N. oculomotorius im Bereich des Clivus. Das führt zu einer Funktionsstörung des III. Hirn-
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2 B-31.14
31 Neurochirurgie
Symptomatik der fortschreitenden Hirnstammschädigung Mittelhirnsyndrom (MHS)
Übergangsphase zum Bulbärhirnsyndrom (BHS) typisch: Abklingen des vegetativen Sturms
Bulbärhirnsyndrom (BHS) typisch: Ausfall der vegetativen Funktionssysteme
Koma
Koma
Koma
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
+
Ø
Ø
Ø
Ø
Rückgang der Streckstellung, zuerst Arme
schlaff
1. Phase Fehldiagnose: psychotische Unruhe
2. Phase
3. Phase typisch: decorticate rigidity
4. Phase = Vollbild decorticate rigidity + vegetativer Sturm (emergency reaction)
N Bewusstsein n
Somnolenz
Sopor
Koma
N Reaktivität auf Reize n
verzögert
vermindert
N Drohreflex n
+
Ø
N Blinzelreflex n
+
(Vigilanz)
N Körperhaltung: n π
Arme
normal
normal
gebeugt
gestreckt
π
Beine
normal
gestreckt
gestreckt
gestreckt
N Massen- und n
unkoordinierte Körpermotorik spontan
spontan, besonders Arme
spontan
Streckkrämpfe, Streckstarre, Pronation der Hände
Ø
Ø
N Schmerzreize n
gerichtet
ungerichtet
Beugesynergismen
Strecksynergismen
Ø oder Strecksynergismus (+) auslösbar
Ø
+
+
verstärkt gebeugt
verstärkt gestreckt
+
verstärkt gestreckt
verstärkt gestreckt
verstärkt gestreckt
N Muskeltonus n
normal
leicht erhöht, besonders Beine
erhöht
stark erhöht, »als ob der Patient aktiv gegenspannt«
Rückgang der Muskelhypertonie, zuerst Arme
atonisch
N sog. Sehnenreflexe n
lebhaft
gesteigert
Hyperreflexie Hyperreflexie
abgeschwächt
Ø
N Pyramidenbahnn
Ø
(+)
+
+
+
Ø oder (+)
Wälzbewegungen
mit Abwehrbewegung π Arme π
Beine
Plantarflexion des Fußes (+)
zeichen
N Augenmotorik n π
Bulbusstellung
normal
Divergenz wechselnd zwischen Divergenz/Konvergenz
deutliche Divergenz
Divergenz
Divergenz
π
Bulbusbewegung (spontan)
schwimmend koordiniert
Ø diskonjugiert, nur noch selten koordiniertes Wandern
Ø
Ø
Ø
π
Pupillen
isokor, mittelweit
verengt
eng
mittelweit/weit
weit
maximal weit
π
Lichtreaktion
normal
verzögert
vermindert
deutlich vermindert
noch angedeutet
Ø
N Kornealreflex n
+
+
+
+
(+)
Ø
N ziliospinaler Reflex n
(+)
+
(+)
Ø
Ø
Ø
N okulozephaler Reflex n
Ø
+
++
vermindert
Ø
Ø
N vestibulookulärer n
normal
gesteigert
mit tonischer mit dissoziierter Reaktion Reaktion
Ø
Ø
normal
beschleunigt
beschleunigt, Tachypnoe, z. T. Cheyne- maschinenartig Stokes
beschleunigt, flach, z. T. Schnappatmung
Apnoe
leicht erhöht
erhöht
erhöht
Rückgang (Pulsabfall) Abfall bis Bradykardie
Reflex
N vegetative n
Funktionen π Atmung
π
Pulsfrequenz
Tachykardie
π
Blutdruck
normal
normal
leicht erhöht Hypertonus
Rückgang (RR-Abfall)
Hypotonie
π
Temperatur
normal
erhöht
erhöht
Hyperthermie
Rückgang (Temperaturabfall)
leicht erhöht/ normal
π
Schweißsekretion
Hyperhidrosis
Hyperhidrosis
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31.6.2 Bewusstseinsstörungen cher, erweiterter und lichtstarrer Pupille (Clivuskanten-Syndrom) sowie Bewusstlosigkeit ( 1 B-31.13). Bei der Drucksteigerung in der hinteren Schädelgrube kann es entweder zu einer oberen (transtentoriellen) oder unteren (transforaminalen) Kleinhirneinklemmung kommen ( 1 B-31.14). Bei der oberen Einklemmung werden Kleinhirnanteile von unten durch den Tentoriumschlitz gepresst und führen zu der gleichen Symptomatik wie die unilaterale transtentorielle Einklemmung. Die untere Kleinhirneinklemmung, die bei der Herniation von Kleinhirnanteilen in das Foramen occipitale magnum eintritt, führt zur Bewusstlosigkeit und Atemstörung bis hin zum Atemstillstand infolge Lähmung des Atemzentrums durch Druck der Kleinhirntonsillen auf die Medulla oblongata. Neben den sekundären Hirnstammsyndromen kann es auch primär traumatisch bedingt zum akuten Zwischenhirn-, Mittelhirn- bzw. Bulbärhirnsyndrom kommen. Hier liegen dann primär traumatisch bedingte, substanzielle Schädigungen auf der entsprechenden Hirnstammebene vor.
1 B-31.13
nervs mit seitengleicher, erweiterter und lichtstarrer Pupille ( 1 B-31.13). Bei Drucksteigerung in der hinteren Schädelgrube kann es entweder zu einer oberen (transtentoriellen) oder unteren (transforaminalen) Kleinhirneinklemmung kommen ( 1 B-31.14). Die obere Einklemmung führt zur gleichen Symptomatik wie die unilaterale transtentorielle Einklemmung. Die untere Kleinhirneinklemmung führt zur Bewusstlosigkeit und Atemstörung bis zum Atemstillstand infolge Lähmung des Atemzentrums durch Druck der Kleinhirntonsillen auf die Medulla oblongata. Neben den sekundären Hirnstammsyndromen kann es auch primär traumatisch bedingt zum akuten Zwischenhirn-, Mittelhirn- bzw. Bulbärhirnsyndrom kommen.
Synopsis Auswirkung einer intrakraniellen supratentoriellen Drucksteigerung
K
A B C
Auswirkung der intrakraniellen supratentoriellen Drucksteigerung (z. B. ein Kontusionsherd K). A: transfalxiale Herniation; B: Ventrikeleinengung und Verlagerung (Mittellinien-Shift); C: transtentorielle Herniation mit Schädigung des N. oculomotorius durch verlagerte Temporallappenanteile; D: transforaminale Herniation mit Verlagerung der Kleinhirntonsillen ins Foramen occipitale magnum und Kompression der Medulla oblongata.
D
1 B-31.14
Synopsis Auswirkungen einer Drucksteigerung in der hinteren Schädelgrube Bei einer Drucksteigerung in der hinteren Schädelgrube kann es sowohl zur oberen, transtentoriellen als auch zur unteren, transforaminalen Einklemmung kommen. Durch die verlagerten Kleinhirnanteile werden Mittelhirn und Medulla oblongata komprimiert. Durch den Druck auf die liquorabführenden Wege kommt es zum akuten Verschlusshydrozephalus mit Zunahme des intrakraniellen Drucks im supratentoriellen Bereich.
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1380 Apallisches Syndrom Definition
31 Neurochirurgie
Apallisches Syndrom n Definition. In Folge einer ausgedehnten, globalen Großhirnschädigung oder einer Hirnstammläsion kann sich ein traumatisches apallisches Syndrom entwickeln. Dabei handelt es sich nicht um einen definitiven Zustand, sondern vielmehr um eine Reihe posttraumatischer Entwicklungsstadien. Es ist in der Regel umso ausgeprägter, je schwerwiegender die Hirnstammdysfunktion war und je länger das Koma bestand. Funktionell besteht ein Zustand der Dekortikation.
Das apallische Syndrom entwickelt sich aus dem klinischen Bild des Mittelhirnsyndroms. Im Übergangsstadium befindet sich der Patient im Koma, dem Coma prolongé, mit Streckstellung aller Extremitäten (Dezerebrationshaltung), später mit Beugestellung der Arme und Streckstellung der Beine (Dekortikationshaltung). Die vegetativen Regulationsmechanismen bleiben weiterhin enthemmt und neigen zum gesteigerten Sympathikotonus in Form von Tachykardie, labilem Blutdruck, spontanen Hyperthermieschüben und vermehrter Schweiß- und Speichelsekretion. In der Phase der Parasomnie treten ungezielte Abwehrbewegungen und Schmerzreize an Stelle der Strecksynergismen und vermehrt Kau- und Saugautomatismen auf. Noch später öffnet der Patient die Augen und hält sie spontan für immer längere Zeit offen ohne zu fixieren. In dieser Phase des Coma vigile oder des akinetischen Mutismus stellen sich motorische Primitivschablonen und pathologische Haltungsreflexe ein. Merke
Das apallische Syndrom entwickelt sich aus dem klinischen Bild des Mittelhirnsyndroms. Im Übergangsstadium befindet sich der Patient im Koma, dem Coma prolongé, mit Streckstellung aller Extremitäten (Dezerebrationshaltung ), später mit Beugestellung der Arme und Streckstellung der Beine (Dekortikationshaltung). Die vegetativen Regulationsmechanismen bleiben weiterhin enthemmt mit der Neigung zum gesteigerten Sympathikotonus in Form von Tachykardie, labilem Blutdruck, spontanen Hyperthermieschüben und vermehrter Schweiß- und Speichelsekretion. Im weiteren Verlauf treten langsame, ungezielte Fluchtreaktionen und Abwehrbewegungen auf Schmerzreize an die Stelle der Strecksynergismen. In dieser Phase, der Parasomnie, stellen sich vermehrt Kau- und Saugautomatismen ein, der Schnauz- und Lippenschlussreflex, der Palmomentalreflex und die tonischen Greifreflexe sind ausgeprägt erhältlich. Noch später öffnet der Patient die Augen und hält sie spontan für immer längere Zeit offen. Er fixiert jedoch nicht. Der Blinzel- und Drohreflex fehlt. In dieser Phase des Coma vigile oder des akinetischen Mutismus stellen sich motorische Primitivschablonen und pathologische Haltungsreflexe ein. Orale Automatismen sind nach wie vor ausgeprägt. Die gewöhnlich vorhandene Tetraspastik führt zu einer Beugestellung der Arme und Streckhaltung der Beine. Das Vegetativum wird stabiler, obwohl der Patient noch zu profusem Schwitzen und zur Kreislaufdysregulation, insbesondere beim Umlagern oder Aufrichten, neigt.
31.6.3 Klassifikation des SHT
31.6.3
Eine Klassifikation des SHT sollte zu jedem Zeitpunkt die Einschätzung des aktuellen Zustands und des zu erwartenden Verlaufs ermöglichen.
Eine Klassifikation des SHT, die alle Anforderungen gleich gut erfüllt, gibt es nicht. Daraus wird verständlich, warum viele Einteilungen bestehen und immer neue Korrekturen bereits vorliegender Klassifikationen vorgenommen werden. Eine Klassifikation des SHT nach Schweregraden muss viele Anforderungen erfüllen. Sie sollte zu jedem Zeitpunkt die Einschätzung des aktuellen Zustands und des zu erwartenden Verlaufs ermöglichen. Sie sollte einfach sein, um auch ohne besondere spezielle neurologische Kenntnisse angewandt werden zu können (z. B. von Rettungssanitätern und vom Pflegepersonal). Sie soll nicht nur diagnostische oder prognostische Schlüsse zulassen, sondern später die Beurteilung der Schwere eines SHT erlauben und geeignet sein, statistischen und wissenschaftlichen Zwecken zu dienen. Das schließt auch Effektivitätsprüfungen von unterschiedlichen Behandlungsstrategien im nationalen und internationalen Vergleich ein. Mit den ersten Klassifikationen versuchte man von der Rückbildungsdauer klinisch-neurologischer Störungen auf die Art und den Schweregrad der Hirnschädigung zu schließen. Die größte Verbreitung und Akzeptanz hat die Glasgow-Coma-Scale erreicht. Es werden die Kriterien: Augenöffnen, verbale und motorische Reaktion bewertet. Danach entsprechen definitionsgemäß 3–8 Punkte einem schweren, 9–12 Punkte einem mittelschweren und 13–15 Punkte
Sie soll nicht nur diagnostische oder prognostische Schlüsse zulassen, sondern später die Beurteilung der Schwere eines SHT erlauben und geeignet sein, statistischen und wissenschaftlichen Zwecken zu dienen.
Die größte Verbreitung und Akzeptanz hat die Glasgow-Coma-Scale erreicht. Danach entsprechen definitionsgemäß 3–8 Punkte einem schweren,
n Merke. Beim apallischen Syndrom besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Remission und zur Wiederherstellung der gestörten Funktionen.
Klassifikation des SHT
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31.6.4 Verletzungsfolgen einem leichten SHT (s. 2 B-31.10). Insbesondere bei gleichzeitiger Beurteilung der Hirnstammreflexe ist eine effektive Einschätzung des aktuellen Schweregrads als auch der Prognose möglich. In Anlehnung an die GlasgowComa-Scale wurde die Glasgow-Outcome-Scale erarbeitet ( 2 B-31.15). Die Komaklassifikation der W.F.N.S., auch als Brüsseler Koma-Klassifikation bekannt, wurde bereits beschrieben (s. 2 B-31.13). Die Einteilung in leichtes, mittelschweres und schweres SHT bezieht sich ausschließlich auf die allgemeinen traumatischen Hirnfunktionsstörungen, nicht aber auf evtl. fokale Störungen.
2 B-31.15
Glasgow-Outcome-Scale zur Beurteilung der Spätresultate nach SHT (nach Jennett und Bond, 1975)
n Grad I N N Grad II n
Tod apallisch
n Grad III N N Grad IV n N Grad V n
schwere Beeinträchtigung leichte Beeinträchtigung gute Erholung
31.6.4
9–12 Punkte einem mittelschweren und 13–15 Punkte einem leichten SHT (s. 2 B-31.10). In Anlehnung an die Glasgow-ComaScale wurde die Glasgow-OutcomeScale erarbeitet ( 2 B-31.15). Die Komaklassifikation der W.F.N.S. ist in 2 B-31.13 aufgelistet.
Verletzungsfolgen
31.6.4 Verletzungsfolgen
Die Einschätzung unfallbedingter Schädigungsfolgen bei Schädel-Hirn-Verletzten muss schnell, systematisch und effektiv erfolgen. Eine aus didaktischen Gründen notwendige Einordnung des SHT muss, nach Dringlichkeit geordnet, praktisch-diagnostische und therapeutische Aspekte sowie mögliche Komplikationen einschließen. n Merke. Die Folgen eines SHT sind kein statisches sondern ein dynamisches Geschehen. Das akute SHT erfordert eine lückenlose, kontinuierliche Kontrolle seiner Verlaufsdynamik.
Die Verletzungsfolgen können nach pathologisch-anatomischen Gesichtspunken eingeteilt werden ( 2 B-31.16).
2 B-31.16
Merke
Die Verletzungsfolgen können nach pathologisch-anatomischen Gesichtspunkten eingeteilt werden ( 2 B-31.16).
Einteilung des SHT nach pathomorphologisch-anatomischen Gesichtspunkten (modifiziert nach Lang und Reding, 1985)
n Kopfschwartenverletzung N N Schädelprellung (Contusio capitis) n N Frakturen n π Schädeldachfissur π Schädeldachfraktur π Impressionsfraktur (offen/geschlossen) π Schädelbasisfraktur N gedecktes SHT n π Commotio cerebri π Contusio cerebri π Compressio cerebri – epidurales Hämatom – subdurales Hämatom – intrazerebrales Hämatom – raumfordernder Kontusionsherd – generalisiertes traumatisches Hirnödem N offenes SHT n π penetrierende Schädeldachverletzung π frontobasales SHT π laterales SHT π Sonderform: Schussverletzung N Hirngefäßverletzung n N Hirnnervenverletzung n
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31 Neurochirurgie
Verletzungen der Kopfschwarte
Verletzungen der Kopfschwarte
Die häufigsten Verletzungen der Kopfschwarte sind Hämatome und Platz-, Riss- oder Quetschwunden.
Die häufigsten Verletzungen der Kopfschwarte sind Hämatome und Platz-, Riss- oder Quetschwunden. Dabei bedarf das schmerzhafte Hämatom keiner Behandlung. Wegen der Gefahr einer Sekundärinfektion sollte eine Punktion auch großer Hämatome unterlassen werden. Vom Hämatom sind Weichteilemphyseme, entstanden durch Mitverletzungen der Nasennebenhöhlen, abzugrenzen. Durch Inspektion des Kopfes kann Lage, Ausdehnung und Art der Wunde leicht diagnostiziert werden. In Abhängigkeit vom Gesamtzustand des Patienten muss entschieden werden, ob eine primäre Wundversorgung vorgenommen werden kann, oder ob nach temporärer Blutstillung weiterführende diagnostische Maßnahmen vordergründig sind. Im letzten Fall erfolgt dann die verzögerte Primärversorgung. Nach ausreichender Rasur erfolgt die Wundinspektion mit Palpation der Wunde unter sterilen Kautelen. Somit lässt sich eine Blutungsquelle erkennen und nachweisen, ob eine Fraktur vorliegt und ob es sich um eine offene oder penetrierende SHV handelt (Hirngewebe- und Liquoraustritt, Fremdkörpernachweis). Bei reinen Kopfschwartenverletzungen sind nach Anlage eines Kompressionsverbandes Röntgenaufnahmen des Schädels in 3 Ebenen anzufertigen und ggf. durch Tangentialaufnahmen zu ergänzen. Knöcherne Imprimate können sicher mit der Computertomographie (CT) nachgewiesen und in ihrer Ausdehnung bestimmt werden ( 1 B-31.15 und 1 B-31.16).
Durch Inspektion des Kopfes kann Lage, Ausdehnung und Art der Wunde leicht diagnostiziert werden.
Die Wundinspektion mit Palpation der Wunde lässt eine Blutungsquelle und evtl. eine offene oder penetrierende SHV erkennen (Fremdkörper, Hirngewebe- und Liquoraustritt). Röntgenaufnahmen des Schädels in 3 Ebenen sind ggf. durch Tangentialaufnahmen zu ergänzen. Mit der CT können knöcherne Imprimate sicher nachgewiesen und in ihrer Ausdehnung bestimmt werden ( 1 B-31.15 und 1 B-31.16).
1 B-31.15
1 B-31.16
Temporoparietale Fraktur
Kalottenberstungsfraktur
Röntgenaufnahme des Schädels mit Darstellung einer temporoparietalen Fraktur (Á). CT-Befund in Knochenfenster-Technik bei Kalottenberstungsfraktur nach schwerem SHT.
Merke
n Merke. Jede auch noch so kleine Wunde der Kopfschwarte erfordert entweder den Nachweis eines bestehenden Impfschutzes gegen Tetanus oder die Immunisierung.
Die Versorgung ausgedehnter Kopfschwartenverletzungen mit Zerreißungsoder Skalpierungsverletzungen ist nach den Grundsätzen der plastischenrekonstruktiven Chirurgie vorzunehmen.
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31.6.4 Verletzungsfolgen
Frakturen
Frakturen
n Definition. In Abhängigkeit der Krafteinwirkung werden Biegungsund Berstungsbrüche unterschieden. Berstungsbrüche entstehen nach Schädelkompression, Biegungsbrüche dann, wenn der Schädel von einem sich bewegenden Objekt getroffen wird oder selbst das bewegte Objekt ist ( 1 B-31.17).
1 B-31.17
Definition
Parietotemporale Kalottenberstungsfraktur mit Einstrahlung bis in die Schädelbasis ( Á)
Frakturen des knöchernen Schädels entstehen, wenn die Elastizitätsgrenze des Knochens überschritten wird. Diese Tatsache macht es verständlich, dass bei einem Schädelbruch gewöhnlich mit einer Läsion des Gehirns zu rechnen ist. Das schließt andererseits nicht aus, dass eine schwere Schädelfraktur ohne Hirnverletzung einhergehen kann und dass Hirnläsionen mit tödlichem Ausgang ohne eine Fraktur des knöchernen Schädels zu beobachten sind. Am häufigsten kommen Schädeldachfissuren und lineare Frakturen vor. Sie sind im Hinblick auf die Entstehung epiduraler Hämatome besonders gefährlich, wenn sie die A. meningea media oder ihre Äste sowie große venöse Blutleiter (Sinus) überqueren.
Frakturen des knöchernen Schädels entstehen, wenn die Elastizitätsgrenze des Knochens überschritten wird. Dies macht verständlich, dass Schädelbrüche gewöhnlich mit einer Hirnläsion einhergehen. Am häufigsten kommen Schädeldachfissuren und lineare Frakturen vor. Sie sind im Hinblick auf die Entstehung epiduraler Hämatome besonders gefährlich, wenn sie die A. meningea media oder ihre Äste sowie große venöse Blutleiter (Sinus) überqueren.
Klinischer Fall Ein 59-jähriger Mann stürzt bei Dacharbeiten aus 3 m Höhe ab. Einlieferung in ein Kreiskrankenhaus. Dort erbringt die Röntgendiagnostik bei dem noch wachen und neurologisch unauffälligen Patienten eine temporale Kalottenfraktur rechts ( 1 B-31.18 a). Es kommt im weiteren Verlauf zur Bewusstseinstrübung. Zum Ausschluss einer intrakraniellen Blutung erfolgt die sofortige Verlegung in eine neurochirurgische Klinik. Bei Aufnahme ist der Patient ansprechbar und bedingt orientiert, dabei aber kooperativ. Anisokorie mit rechts weiter Pupille. Keine Hemiparese, aber angedeutetes Babinski-Zeichen links. In der CT Nachweis eines intrazerebralen Kontusionshämatoms sowie eines epiduralen Hämatoms rechts temporal ( 1 B-31.18 b). Es erfolgt die sofortige operative Ausräumung des epiduralen Hämatoms. Als Blutungsquelle findet sich eine durch die Fraktur zerrissene A. meningea media.
Die CT-Kontrolle am nächsten Tag ( 1 B-31.18 c) zeigt eine vollständige Entfernung des epiduralen Hämatoms, ein weiteres kleines Kontusionshämatom subkortikal rechts temporal sowie einen Kontusionsherd links temporal im Sinne eines Contrecoup-Herdes. Klinisch-neurologisch entwickelt sich bei dem wachen Patienten eine deutliche sensomotorische Aphasie bedingt durch den links temporalen Kontusionsherd. Eine weitere CT-Kontrolle am 2. Tag nach dem Unfall ( 1 B-31.18 d) bestätigt die Zunahme des Kontusionsherdes links temporal im Sinne einer morphologischen Störung ohne wesentliche raumfordernde Wirkung. Nach 10 Tagen konnte der Patient bei fortbestehender sensomotorischer Aphasie in eine Rehabilitationsklinik verlegt werden.
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1384 1 B-31.18
31 Neurochirurgie
Synopsis Nativ-Röntgenaufnahme des Schädels und CT-Verlauf nach Schädel-Hirn-Trauma mit intrakraniellen Verletzungen A
a Röntgenaufnahme des Schädels mit Nachweis einer Frakturlinie temporal ( Á). B A
b CT-Untersuchung mit Nachweis eines Kontusionshämatoms rechts (A) sowie eines epiduralen Hämatoms rechts temporal (B).
A
C C
c-d Postoperative CT-Untersuchungen: Entfernung des epiduralen Hämatoms. Neben dem bekannten Kontusionshämatom (A) kommt ein Kontusionsherd der Gegenseite (Contrecoup) (C) zur Darstellung.
Merke
Lochbrüche treten z. B. bei Schussverletzungen auf. Mehr als 75 % der Verletzten mit intrakraniellen Hämatomen haben Frakturen. Der Anteil der Frakturen beim epiduralen Hämatom ist mit > 90 % noch höher. Merke
n Merke. Führen die Frakturausläufer in die pneumatisierten Räume des Schädels, besteht die Gefahr einer intrakraniellen Infektion, einer Liquorrhö oder der Ausbildung eines Pneumatozephalus. Eine begleitende Antibiotikatherapie ist erforderlich.
Lochbrüche sind Folge umschriebener Verletzungen mit scharfen Gegenständen bzw. hoher kinetischer Energie (Schussverletzungen). Mehr als 75 % der Verletzten mit intrakraniellen Hämatomen haben Frakturen. Der Anteil der Frakturen beim epiduralen Hämatom ist mit > 90 % noch höher. n Merke. Die Häufigkeit von Schädelfrakturen begründet die Forderung, dass nach jeder Schädelverletzung Röntgenaufnahmen anzufertigen sind. Besonders okzipitale Frakturen können bei Aufnahmen in 2 Ebenen übersehen werden. Deshalb sollte routinemäßig zusätzlich eine halbaxiale, parietookzipitale Röntgenaufnahme angefertigt werden ( 1 B-31.19).
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1385
31.6.4 Verletzungsfolgen
1 B-31.19
Okzipitale Fraktur
Röntgenaufnahmen des Schädels, die okzipitale Fraktur kommt erst auf der halbaxialen, parietookzipitalen Röntgenaufnahme zur Darstellung.
a Parietookzipitale Fraktur rechts ( Á).
n Merke. Jeder Verletzte mit nachgewiesener Schädelfraktur muss unabhängig vom klinischen Zustand stationär beobachtet werden.
b Parietookzipitale Aufnahme zur Darstellung einer okzipitalen Fraktur ( Á).
Merke
Therapie. Einfache Frakturen und Fissuren bedürfen keiner speziellen The-
rapie. Neben der Verlaufsbeurteilung muss der Patient über seine Verletzung aufgeklärt werden. Offene Frakturen sind revisionspflichtig. Ziel ist die Entfernung von Fremdkörpern und der Duraverschluss; eine antibiotische Therapie ist erforderlich.
Therapie. Einfache Frakturen und Fissuren bedürfen keiner speziellen Therapie. Offene Frakturen sind revisionspflichtig. Eine antibiotische Therapie ist erforderlich.
Impressionsfrakturen
Impressionsfrakturen
n Definition. Bei der Impressionsfraktur kommt es zur Verlagerung von Knochenfragmenten in das Schädelinnere.
Diese Sonderform der Schädelbrüche kann mit schweren Hirnzerreißungen, raumfordernden Kontusionshämatomen und intrakraniellen Hämatomen kombiniert sein. Bei einer Impressionsfraktur im Bereich der Sinus besteht die Gefahr der Verblutung sowie der Luftembolie. Je nach Beteiligung der Kopfschwarte unterscheidet man zwischen offener und geschlossener Impressionsfraktur. Ist gleichzeitig die Dura mater verletzt, handelt es sich um eine offene SHV.
Symptome. Da bei Impressionsfrakturen oft lediglich eine umschriebene Hirnschädigung vorliegt, sind viele dieser Verletzten nicht oder nur kurzfristig bewusstlos. In 20 % der Fälle finden sich fokale neurologische Störungen, in 10 % treten zerebrale Krampfanfälle auf. Das unterstreicht die Indikationsstellung zur operativen Therapie. Diagnose. Die Diagnose wird röntgenologisch gesichert ( 1 B-31.20). Die CT objektiviert das Ausmaß der Knochendislokation und gibt Auskunft über Art und Umfang weiterer Verletzungsfolgen (s. 1 B-31.16).
Therapie. Entstandene Kalottendefekte können später plastisch gedeckt werden. Bei Erwachsenen mit geschlossener Impressionsfraktur ohne Hirnbeteiligung kann bei einer Verlagerung der imprimierten Fragmente um halbe Kalottenbreite zunächst auf eine operative Revision verzichtet werden.
Definition
Im Bereich der Sinus besteht Gefahr der Verblutung und der Luftembolie. Ist gleichzeitig die Dura mater verletzt handelt es sich um eine offene SHV. Symptome. Da bei Impressionsfrakturen oft lediglich eine umschriebene Hirnschädigung vorliegt, sind viele dieser Verletzten nicht oder nur kurzfristig bewusstlos. In 20 % der Fälle finden sich fokale neurologische Störungen, in 10 % treten zerebrale Krampfanfälle auf. Das unterstreicht die Indikationsstellung zur operativen Therapie. Diagnose. Die CT objektiviert das Ausmaß der Knochendislokation und gibt Auskunft über Art und Umfang weiterer Verletzungsfolgen (s. 1 B-31.16). Therapie. Entstandene Kalottendefekte können später plastisch gedeckt werden. Zunächst Verzicht auf Revision bei Erwachsenen mit geschlossener Impressionsfraktur ohne Hirnbeteiligung bei Verlegung der Fragmente < 1 ⁄ 2 Kalottenbreite.
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1386
31 Neurochirurgie
1 B-31.20
Impressionsfraktur links parietal ( Á)
n Merke. Es ist absolut kontraindiziert, eingesprengte Knochenfragmente bei der Erstuntersuchung zu entfernen, ohne ausreichende Vorsorgemaßnahmen getroffen zu haben. Schwerste, nicht beherrschbare Blutungen, auch mit tödlichem Ausgang, können die Folge sein.
Merke
Schädelbasisfrakturen
Schädelbasisfrakturen
Die Schädelbasisfrakturen nehmen hinsichtlich der Schwere der zu erwartenden Komplikationen und Folgezustände eine führende Rolle unter den Schädelfrakturen ein ( 1 B-31.21 und 1 B-31.22). Frakturen der vorderen Schädelgrube (frontobasale Frakturen) können mit Verletzungen der Nasennebenhöhlen, der Orbita sowie schweren Mittel-
Die Schädelbasisfrakturen nehmen hinsichtlich der Schwere der zu erwartenden Komplikationen und Folgezustände eine führende Rolle unter den Schädelfrakturen ein. Sie entstehen in der überwiegenden Zahl durch indirekte Gewalteinwirkung (Berstungsbrüche), direkte Biegungsbrüche sind selten ( 1 B-31.21, 1 B-31.22). Biegungsbrüche sind Impressionen der Nasenwurzel, einschließlich der Crista galli, Einbrüche im Bereich des Foramen occipitale magnum sowie das Einbrechen des Kieferköpfchens in die Schädelbasis. Weiterhin können zusätzlich oder isoliert das Orbitadach oder der Orbitaboden frakturieren.
1 B-31.21
Synopsis Schädelbasisfrakturen
a Entstehung von Querbrüchen im Bereich der Schädelbasis.
b Entstehung von Längsbrüchen im Bereich der Schädelbasis (Berstungsbrüche).
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31.6.4 Verletzungsfolgen
1387
Frakturen der vorderen Schädelgrube (frontobasale Frakturen) können mit Verletzungen der Nasennebenhöhlen, der Orbita sowie schweren Mittelgesichtsverletzungen einhergehen, die Felsenbeinfrakturen der mittleren Schädelgrube (laterobasale Frakturen) mit Innenohrschädigungen. Verlaufen die Frakturen durch die Foramina des Schädelgrunds, so können Hirnnerven- und Gefäßverletzungen resultieren.
gesichtsverletzungen einhergehen, die Felsenbeinfrakturen der mittleren Schädelgrube (laterobasale Frakturen) mit Innenohrschädigungen. Bei Verlauf der Fraktur durch die Foramina des Schädelgrunds können Hirnnerven und Gefäße verletzt werden.
Symptome. Charakteristische Symptome einer Schädelbasisfraktur sind das Monokel- und Brillenhämatom, Blutungen und Hirnaustritt aus Nase, Ohr, Verletzungen von Hirnnerven und Gefäßen sowie nasale und otogene Liquorfisteln. Weiterhin der intrakranielle Luftnachweis im Röntgenbild ( 1 B-31.22 b) oder der CT sowie eine posttraumatische Meningitis. Blutungen aus Nase, Mund und Ohr sind keineswegs beweisend für eine Schädelbasisfraktur. Nur bei gesicherter Liquorrhö oder Nachweis von Hirnbreiaustritt gilt die offene Schädelbasisfraktur als bewiesen. Blut und Liquor können bei laterobasalen Frakturen auch über die Tuba auditiva in den Nasen-Rachen-Raum abfließen und eine Rhinoliquorrhö vortäuschen ( 1 B-31.23). Frakturbedingte Hirnnervenschädigungen müssen differenzialdiagnostisch von primär nukleären Schädigungen abgegrenzt werden. Das trifft besonders bei Läsionen des N. oculomotorius zu. Hier muss durch die weiterführende neuroradiologische Diagnostik eine intrakranielle Blutung ausgeschlossen werden, ebenso das direkte Bulbustrauma. Am häufigsten werden die Hirnnerven I, II, III, V, VI und VII bei Basisfrakturen mitverletzt ( 1 B-31.24).
Symptome. Charakteristische Symptome einer Schädelbasisfraktur sind das Monokel- und Brillenhämatom, Blutungen und Hirnaustritt aus Nase und Ohr, Verletzungen von Hirnnerven und Gefäßen sowie nasale und otogene Liquorfisteln und ein Pneumatozephalus ( 1 B-31.22 b). Blut und Liquor können bei laterobasalen Frakturen auch über die Tuba auditiva in den Nasen-Rachen-Raum abfließen und eine Rhinoliquorrhö vortäuschen ( 1 B-31.23). Frakturbedingte Hirnnervenschädigungen müssen differenzialdiagnostisch von primär nukleären Schädigungen abgegrenzt werden. Am häufigsten werden die Hirnnerven I, II, III, V, VI und VII bei Basisfrakturen mitverletzt ( 1 B-31.24).
1 B-31.22
Röntgenaufnahmen bei schwerer frontobasaler Schädel-HirnVerletzung
a Polytope Frakturen des Schädeldachs, der Frontobasis sowie Mittelgesichtsfrakturen (Á).
b Röntgenologisch intrakranieller Luftnachweis (Pneumatozephalus) als Ausdruck einer offenen frontobasalen SHV ( Á).
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1388 1 B-31.23
31 Neurochirurgie
Synopsis Schädelbasisfrakturen mit offener Schädel-Hirn-Verletzung
1 2
3
5 4
a Rhinoliquorrhö durch Verletzung der Hinterwand des Sinus frontalis (1), des Planum sphenoidale mit Siebbeinzellen (2) und mit Verbindung zur Keilbeinhöhle (3).
1 B-31.24
b Felsenbeinquerbruch (4) mit Liquorrhö über die Tuba Eustachii.
c Felsenbeinlängsbruch (5) mit Otoliquorrhö.
Synopsis Hirnnerven und ihre Beziehung zur Schädelbasis und den Foramina der vorderen, mittleren und hinteren Schädelgrube Die Frakturlinien (F) erklären die frakturbedingten Hirnnervenstörungen.
F
F F
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1389
31.6.4 Verletzungsfolgen
Diagnose. Neben der eingehenden klinisch-neurologischen Untersuchung
Diagnose. Neben der klinisch-neurologischen Untersuchung sind Röntgenaufnahmen unerlässlich. Die Standardaufnahmen werden durch Spezialaufnahmen ergänzt. Eine CT-Untersuchung ist immer erforderlich, sowohl zur Beurteilung der knöchernen Verletzungen als auch zum Ausschluss intrakranieller Hämatome. Eine differenzierte Diagnostik von Hirnnervenläsionen erfolgt mit elektrophysiologischen Untersuchungsverfahren wie EMG, ENG, VEP, AEP, SSEP.
Therapie. Geschlossene, nicht dislozierte Schädelbasisfrakturen werden
Therapie. Geschlossene, nicht dislozierte Schädelbasisfrakturen werden konservativ behandelt.
sind Röntgenaufnahmen unerlässlich. Die Standardaufnahmen können durch eine Reihe von Spezialaufnahmen ergänzt werden. Eine CT-Untersuchung ist immer erforderlich, sowohl zur Beurteilung der knöchernen Verletzungen als auch zum Ausschluss intrakranieller Hämatome. Die differenzierte Diagnostik der Hirnnervenläsionen ist erst durch elektrophysiologische Untersuchungsverfahren wie Elektromyographie (EMG; Verifizierung und Differenzierung peripherer Lähmungen), Elektroneurographie (ENG; Messung der Nervenleitgeschwindigkeit), Ableitung visuell, akustisch und somatosensibel evozierter Potenziale (VEP, AEP, SSEP; durch sensible und sensorische Reize ausgelöste Potenzialschwankungen im EEG, die durch einen Mittelungsprozess extrahiert werden, dienen zur Beurteilung der entsprechenden zentralen Erregungsleitung) möglich geworden.
konservativ behandelt, dies beinhaltet im Wesentlichen die Verlaufsbeurteilung. Beim Vorliegen einer vitalen Bedrohung (intrakranielle Hämatome, Verletzung der A. carotis an der Basis bei Eröffnung des Sinus sphenoidalis) ist die Akutoperation erforderlich und höchste Eile geboten. Offene Verletzungen, bestimmte Hirnnerven- und Gefäßverletzungen bedürfen einer operativen Therapie, jedoch in der Regel nicht als Akuteingriff. Blutungen aus Nase, Mund und Ohr sollten nicht routinemäßig tamponiert werden. Eine Antibiotikaprophylaxe ist erforderlich. Ausgedehnte Verletzungen der Nasennebenhöhlen und des Mittelgesichts sind eine Herausforderung an eine interdisziplinäre Behandlungsstrategie zwischen Neurochirurgen, Neuroradiologen, HNO-Ärzten, Kieferchirurgen und Ophthalmologen.
Gedecktes SHT n Definition. Das Kriterium des gedeckten SHT ist die unverletzte Dura mater. Dabei bleibt das primäre Schädigungsausmaß unberücksichtigt.
Die Einteilung in Commotio, Contusio und Compressio cerebri erscheint gerechtfertigt und hat sich in der Praxis bewährt. Zur Compressio cerebri werden neben dem epi- und subduralen Hämatom das intrazerebrale Hämatom, der raumfordernde Kontusionsherd sowie das generalisierte posttraumatische Hirnödem gezählt (s. 2 B-31.16).
Beim Vorliegen einer vitalen Bedrohung (intrakranielle Hämatome) ist die Akutoperation erforderlich. Offene Verletzungen, bestimmte Hirnnerven- und Gefäßverletzungen bedürfen einer operativen Therapie, jedoch in der Regel nicht als Akuteingriff. Eine Antibiotikaprophylaxe ist erforderlich.
Gedecktes SHT Definition
Die Einteilung in Commotio, Contusio und Compressio cerebri erscheint gerechtfertigt und hat sich in der Praxis bewährt (s. 2 B-31.16).
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1390
31 Neurochirurgie
Commotio cerebri
Commotio cerebri
Leitsymptom ist eine unmittelbar auf das Hirntrauma folgende Bewusstseinsstörung von wenigen Sekunden bis maximal 60 Minuten Dauer. Neurologische und morphologische Befundabweichungen fehlen.
Leitsymptom ist eine unmittelbar auf das Hirntrauma folgende Bewusstseinsstörung von wenigen Sekunden bis maximal 60 Minuten Dauer. Eine Phase der Bewusstseinstrübung schließt sich an. Vegetative Störungen (Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufregulationsstörungen) stehen im Vordergrund. Eine retro- und anterograde Amnesie wird angegeben. Neurologische und morphologische Befundabweichungen fehlen.
Merke
n Merke. Ein Patient mit den eindeutigen Zeichen eines Hirntraumas sollte zur Beobachtung stationär aufgenommen werden. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass gerade in den ersten 48 Stunden nach dem Trauma schlagartig Komplikationen auftreten können, die ein unmittelbares Erkennen und therapeutisches Eingreifen verlangen.
Jede Verschlechterung des Zustandes muss abgeklärt werden, wobei die CT-Untersuchung an erster Stelle steht.
Jede Verschlechterung, besonders hinsichtlich der Bewusstseinslage, verlangt weitere instrumentelle Klärung, wobei die CT-Untersuchung an erster Stelle steht.
Contusio cerebri
Contusio cerebri
Bei der Contusio cerebri handelt es sich um eine morphologisch nachweisbare, substanzielle Hirnschädigung. Die Bewusstseinsstörung kann Tage bis Wochen andauern. Es besteht (je nach Läsion) ein neurologisches Ausfallsmuster.
Bei der Contusio cerebri handelt es sich um eine morphologisch nachweisbare, substanzielle Hirnschädigung. Die Bewusstseinsstörung kann Tage ja auch Wochen andauern. Die verschiedenen Läsionsmöglichkeiten im Bereich des Kortex, subkortikaler Strukturen bzw. im Hirnstamm- und Kleinhirnbereich, solitär oder multipel, verursachen ein differenziertes neurologisches Ausfallsmuster. Fronto- und temporobasale sowie temporolaterale Kontusionsherde werden am häufigsten beobachtet. In diagnostischen Regimen hat die CT die absolute Priorität und wird bezüglich ihrer komplexen Aussagemöglichkeit von keiner anderen Routineuntersuchung übertroffen. Nach CT-Kriterien unterscheidet man 3 Kontusionstypen: π Typ I: Rein hypodenser, gering raumfordernd wirkender, überwiegend im Marklager lokalisierter Herd. π Typ II: Hypodense Areale mit fleckförmigen oder konfluierenden Einblutungen und entsprechender Raumforderung. Nicht selten finden sich ausgedehnte intrazerebrale Kontusionshämatome. π Typ III: Definitionsgemäß werden hierunter alle polytopen kontusionellen Läsionen, denen ein Coup- und Contrecoup-Mechanismus zugrunde liegt, zusammengefasst ( 1 B-31.25). Bei Kontusionsherden vom Typ I treten nur selten sekundäre Einblutungen auf. Verlaufsbeobachtungen beim Typ II haben gezeigt, dass eine neurologische Befundverschlechterung in erster Linie durch die Zunahme der ödembedingten Raumforderung und nur selten durch eine Größenzunahme der Blutung verursacht wird. Die hohe Letalität in der Typ-III-Gruppe (70 %) ist Ausdruck der primären zerebralen Polytraumatisierung.
In diagnostischen Regimen hat die CT die absolute Priorität und wird bezüglich ihrer komplexen Aussagemöglichkeit von keiner anderen Routineuntersuchung übertroffen. Nach CT-Kriterien unterscheidet man 3 Kontusionstypen.
Verlaufsbeobachtungen haben gezeigt, dass eine neurologische Befundverschlechterung in erster Linie durch die Zunahme der ödembedingten Raumforderung und nur selten durch eine Größenzunahme der Blutung verursacht wird. Die hohe Letalität bei Typ III (70 %) ist Ausdruck der primären zerebralen Polytraumatisierung. Therapie. Die Therapie besteht in der Einheit von konservativer Behandlung, Überwachung (kontinuierliche Hirndruckmessung [ 1 B-31.26], CT-Untersuchung) und neurochirurgischer Intervention. Massive Raumforderungen zwingen zum operativen Eingriff. Empfohlen wird eine große osteoplastische Trepanation mit weiter Eröffnung der Dura.
Therapie. Die Therapie besteht in der Einheit von konservativer Behandlung, Überwachung und neurochirurgischer Intervention. Durch die kontinuierliche Hirndruckmessung ( 1 B-31.26) verbunden mit den Informationen der CT-Untersuchung mit der Möglichkeit einer Wiederholungsuntersuchung zum beliebigen Zeitpunkt ist eine Zurückhaltung in der operativen Therapie der Hirnkontusionen eingetreten. Massive Raumforderungen zwingen zum operativen Eingriff, wobei dies vor allem beim »Burst lobe«, mit intrazerebralem Hämatom, subduraler Blutung, Kontusionen, Lazerationen, Hämorrhagien, Ödem und Nekrose der Fall sein wird. Es empfiehlt sich eine große osteoplastische Trepanation mit weiter Eröffnung der Dura. Bohrlochtrepanationen oder erweiterte Bohrlöcher verschlechtern die Resultate.
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1391
31.6.4 Verletzungsfolgen
1 B-31.25
Synopsis CT-Befunde nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma
a Polytope Kontusionsherde (Á) bei Zustand nach schwerem gedeckten SHT.
1 B-31.26
b Polytope Kontusionsherde rechts temporal und parietal ( Á) sowie epidurales Hämatom links temporal ( Á Á) nach schwerem gedeckten SHT.
Synopsis Möglichkeiten der kontinuierlichen Hirndruckmessung
Hirndruckmesssonde
Monitor
Hirndruckmesssonde
c Die subdurale Messung ist b Bei der epiduralen Messung wiederum mit der Gefahr bleibt die Dura mater geeiner Infektion behaftet, da schlossen, somit besteht keine die Dura mater eröffnet werInfektionsgefahr. Es ist jedoch den muss. Liquorentnahmen mit einer Fehlerquote von ca. sind nicht möglich. 15 % zu rechnen. Die Komplikationsrate ist praktisch 0 %.
Monitor Hirndruckmesssonde a Bei der intraventrikulären Messung besteht gleichzeitig die Möglichkeit zur Entnahme von Liquor, sowohl zur Drucksenkung als auch zur wiederholten laborchemischen und mikrobiologischen Untersuchung. Nachteil dieser Methode ist die offene Verbindung zur Außenwelt mit der Gefahr der Infektion. Außerdem ist die Punktion des Ventrikelsystems aufgrund der traumatisch bedingten Raumforderung oftmals erschwert, intrazerebrale Blutungen können entstehen. Die Messergebnisse sind sehr zuverlässig.
Die epiduralen und subduralen Messsonden sind gegenüber einer Ventrikeldruckmessung sehr teuer. Durch die Weiterentwicklung der Messsysteme und breite Indikationsstellung zur Hirndruckmessung kann eine gezielte Therapie der intrakraniellen Drucksteigerung erfolgen.
d Bei der intraparenchymalen Technik wird direkt im Hirngewebe gemessen. Sie liefert sichere Messwerte, ist störunanfällig und risikoarm. Die Hirndruckmessung nach SHT ist indiziert: n N N n N n N n
bei komatösen Patienten nach Operation intrakranieller Hämatome oder Kontusionsherde bei primären Hirnstammsyndromen zur Registrierung des zerebralen Perfusionsdrucks (mittlerer Systemblutdruck – Hirndruck; kritische Grenze bei 45–50 mmHg)
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1392
31 Neurochirurgie
Intrakranielle Hämatome
Intrakranielle Hämatome
Alle SHT bergen die Gefahr einer intrakraniellen Blutung in sich. Die Prognose hängt von folgenden Faktoren ab: π Akuität des Verlaufs π Bewusstseinslage zum Zeitpunkt der Operation π Vorhandensein zusätzlicher zerebraler Verletzungen π Lokalisation der Blutung π Alter des Patienten π Art und Ausmaß extrazerebraler Begleitverletzungen.
Alle SHT bergen die Gefahr einer intrakraniellen raumfordernden Blutung in sich, die so schnell auftreten kann, dass der Verunfallte in akute Lebensgefahr gerät. Die Häufigkeit intrakranieller Blutungen in Bezug auf alle SHT beträgt ca. 9 % (ausgenommen Kontusionshämatome). Die Prognose hängt von folgenden Faktoren ab: π Akuität des Verlaufs π Bewusstseinslage zum Zeitpunkt der Operation π Vorhandensein zusätzlicher zerebraler Verletzungen π Lokalisation der Blutung π Alter des Patienten π Art und Ausmaß extrazerebraler Begleitverletzungen.
Häufig gemachte Fehler sind: π Verzögerung der Diagnostik π falsche Interpretation der klinischen Symptome π falsche Interpretation der Ergebnisse der instrumentellen Diagnostik π Uneinigkeit über den Wert operativer Maßnahmen π Verständigungsschwierigkeiten aufgrund fehlender Einheitlichkeit in der Klassifikation der SHT.
Häufig gemachte Fehler, die die Behandlungsergebnisse negativ beeinflussen sind: π Verzögerung der Diagnostik π falsche Interpretation der klinischen Symptome π falsche Interpretation der Ergebnisse der instrumentellen Diagnostik π Uneinigkeit über den Wert operativer Maßnahmen π Verständigungsschwierigkeiten aufgrund fehlender Einheitlichkeit in der Klassifikation der SHT. Da die klinischen Symptome der intrakraniellen Hämatome weder pathognomonisch noch obligat sind und auch keine eindeutigen lokalisatorischen Hinweise erbringen, kann die Prognose nur durch die Verbesserung der klinisch-neurologischen und instrumentell-diagnostischen Verfahren erreicht werden.
Klassifikation. Die Einteilung der intrakraniellen Hämatome geschieht nach anatomischen und/oder zeitlichen Aspekten. Es gibt epidurale, subdurale und intrazerebrale/intrazerebelläre Hämatome. Der Verlauf kann akut (≤ 3 Tage), subakut (4 Tage – 3 Wochen) oder chronisch (> 3 Wochen) sein.
Klassifikation. Die Einteilung der intrakraniellen Hämatome geschieht nach anatomischen und/oder zeitlichen Aspekten. Es gibt epidurale, subdurale und intrazerebrale/intrazerebelläre Hämatome. Sie können bilateral vorkommen und untereinander in den verschiedensten Variationen kombiniert in Erscheinung treten. Der Verlauf kann akut („ 3 Tage), subakut (4 Tage – 3 Wochen) oder chronisch (> 3 Wochen) sein.
Epidurale Hämatome
Epidurale Hämatome
Epidurale Hämatome werden nahezu ausschließlich durch eine Verletzung der A. meningea media, nur selten durch Verletzungen venöser Blutleiter (Sinus, Diploevene) verursacht ( 1 B-31.27). Die Arterie wird wegen ihres Verlaufs am häufigsten bei temporalen Frakturen verletzt. Atypisch lokalisierte epidurale Hämatome (frontal, okzipital und infratentoriell) sind selten.
Epidurale Hämatome zwischen harter Hirnhaut und Schädelknochen gelegen, werden nahezu ausschließlich durch eine Verletzung der A. meningea media, nur selten durch Verletzungen venöser Blutleiter (Sinus, Diploevenen) verursacht ( 1 B-31.27). Die A. meningea media verläuft nach dem Durchtritt durch das Foramen spinosum der Schädelbasis in einem Knochenkanal des Os temporale und wird am häufigsten bei temporalen Frakturen verletzt. Somit wird die Schläfenregion zur Hauptlokalisation. Sog. atypische lokalisierte epidurale Hämatome (frontal, okzipital und infratentoriell) sind selten. Das supratentorielle epidurale Hämatom ist meist umschrieben, da eine weitere Ausbreitung durch die im Bereich der Schädelnähte fixierte Dura verhindert wird.
Symptome. Ein epidurales Hämatom mit sicheren klinischen Zeichen gibt es eher selten.
Symptome. Ein epidurales Hämatom mit sicheren klinischen Zeichen gibt es eher selten. Gleiche Symptome werden bei subduralen und intrazerebralen Hämatomen, bei den raumfordernden Kontusionsherden und beim generalisierten traumatischen Hirnödem beobachtet.
Merke
n Merke. Wer auf die »klassische Trias« mit Bewusstlosigkeit mit freiem Intervall, homolaterale Mydriasis und kontralaterale Hemiparese wartet, übersieht mindestens 50 % der epiduralen Hämatome. Es muss vielmehr nach hämatomverdächtigen Anzeichen gesucht werden.
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1393
31.6.4 Verletzungsfolgen
1 B-31.27
Epidurales Hämatom CT-Befund eines epiduralen Hämatoms links temporal (Á). Generalisiertes Hirnödem. Mittellinienverlagerung (Á Á) als Ausdruck der Raumforderung.
Das Leitsymptom ist die Bewusstseinsstörung. Unmittelbar nach dem Trauma gehört sie entweder zum Kommotionssyndrom oder ist Ausdruck einer primär traumatischen Hirn- bzw. Hirnstammläsion. Die sekundäre hirndruckinduzierte Bewusstseinsstörung mit dazwischenliegendem freien Intervall wird nur durch eine kontinuierliche Überprüfung der Bewusstseinslage erfasst. Von den Augensymptomen ist die homolaterale Mydriasis das Wichtigste, sowohl für die Diagnose an sich als auch unter lokalisatorischem Aspekt. Die alleinige und zuerst entstandene Mydriasis ist in > 90 % der Fälle das zuverlässigste Zeichen für ein ipsilaterales Hämatom. Die konjugierte Deviation, »der Patient sieht seinen Herd an«, ist weit weniger häufig zu beobachten. Stauungspapillen treten bei akuten traumatischen Hämatomen nicht in Erscheinung (sie sind Ausdruck einer chronischen intrakraniellen Drucksteigerung). n Merke. Die medikamentöse Pupillenerweiterung zur Fundusbeurteilung beim akuten SHT gilt als ärztlicher Behandlungsfehler, da die Ausschaltung der Pupillomotorik für die Hämatomdiagnostik schwerwiegende Folgen haben kann.
Eine Schädigung der Pyramidenbahn wird in 50–80 % der Fälle beobachtet. Neben den pathologischen Zehenzeichen (Babinski, Gordon, Oppenheim) kommt es zur Ausbildung einer kontralateralen Hemiparese. Kreislaufveränderungen wie Druckpuls, Bradykardie und Blutdruckanstieg im Sinne des sog. Cushing-Reflexes spielen heute in der Hämatomdiagnostik keine Rolle mehr. Sie sind Ausdruck einer weit fortgeschrittenen Hirnstammsymptomatik. Im Zeitalter der CT sollte eine akute intrakranielle Blutung vor Auftreten dieser Symptome diagnostiziert werden. Sind Patienten seit dem Unfall tief bewusstlos, ist es besonders schwierig die Verlaufsdynamik einer Hämatomentwicklung zu beobachten. Hier ist die frühzeitige CT-Untersuchung zwingend erforderlich. Sie muss spätestens innerhalb der ersten 6–8 Stunden nach dem Unfall erfolgen. Je nach klinischem Verlauf muss sie jederzeit wiederholbar sein, und es darf auch mit einer kurzfristigen Wiederholungsuntersuchung nicht gezögert werden.
Das Leitsymptom ist die Bewusstseinsstörung. Die sekundäre hirndruckinduzierte Bewusstseinsstörung mit dazwischenliegendem freien Intervall wird nur durch eine kontinuierliche Überprüfung der Bewusstseinslage erfasst. Von den Augensymptomen ist die homolaterale Mydriasis das Wichtigste. Die alleinige und zuerst enstandene Mydriasis ist in > 90 % der Fälle das zuverlässigste Zeichen für ein ipsilaterales Hämatom. Die konjugierte Deviation ist viel seltener zu beobachten, Stauungspapillen treten bei akuten Hämatomen nicht auf. Merke
Durch Schädigung der Pyramidenbahn (50–80 %) kommt es zur kontralateralen Hemiparese und zu pathologischen Zehenzeichen.
Die frühzeitige CT-Untersuchung ist zwingend erforderlich. Sie muss spätestens innerhalb der ersten 6–8 Stunden nach dem Unfall erfolgen.
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1394 Akute und subakute Subduralhämatome Sie entstehen meist durch Zerreißung der Brückenvenen. Es gibt keine sicheren Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem akuten Epiduralhämatom. Leitsymptom ist auch hier die Bewusstseinsstörung. Sie beträgt bei den akuten Subduralhämatomen 100 %.
31 Neurochirurgie
Akute und subakute Subduralhämatome Sie sind zwischen Dura mater und Arachnoidea lokalisiert. Ursächlich ist meist eine Zerreißung der Brückenvenen. Oftmals findet sich eine zusätzliche Hirnläsion. Es gibt keine sicheren Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem akuten Epiduralhämatom. Leitsymptom ist auch hier die Bewusstseinsstörung. Sie beträgt bei den akuten Subduralhämatomen 100 %, bei den subakuten Formen bis zu 90 %. Das freie Intervall ist seltener. Augensymptome und Zeichen der Pyramidenbahnschädigung als Symptome der intrakraniellen Drucksteigerung sind in gleicher Form wie beim epiduralen Hämatom zu beobachten.
1 B-31.28
Akutes Subduralhämatom CT-Befund eines akuten Subduralhämatoms links hemisphäriell ( Á). Zusätzlich intrazerebrale Kontusionsherde (Typ II) links frontal. Schweres Hirnödem, massive Mittellinienverlagerung.
Die CT hat den instrumentell-diagnostisch höchsten Stellenwert. Das Subduralhämatom stellt sich als hyperdense sichelförmige Raumforderung dar ( 1 B-31.28).
Da in den meisten Fällen eine Bewusstlosigkeit besteht, es keine typischen Symptome gibt und lokalisatorische Hinweise oftmals vermisst werden, hat auch hier die CT den höchsten Stellenwert im instrumentell-diagnostischen Vorgehen. Das akute Subduralhämatom stellt sich als hyperdense, sichelförmige Raumforderung dar ( 1 B-31.28).
Chronisch subdurales Hämatom
Chronisch subdurales Hämatom
Es entsteht Wochen bis Monate nach einem SHT (meist Bagatelltrauma). Die klinische Symptomatik entwickelt sich langsam progredient. Häufige Symptome sind Kopfschmerzen, Sprachstörungen, Paresen, Abgeschlagenheit und Lethargie. In der CT zeigt sich eine sichelförmige hypodense Raumforderung. Die Therapie besteht aus Bohrlochtrepanation und subduraler Dränage.
Chronisch subdurale Hämatome entstehen Wochen bis Monate nach einem Schädel-Hirn-Trauma (fast ausschließlich Bagatelltrauma, selten nach schweren Schädel-Hirn-Traumen). Betroffen sind vorwiegend ältere Patienten und Alkoholiker. Beidseitiges Auftreten ist möglich. Die klinische Symptomatik entwickelt sich langsam progredient über Wochen. Häufige Symptome sind Kopfschmerzen, Sprachstörungen, Paresen, Abgeschlagenheit und Lethargie. Aufgrund der langsamen Entwicklung erreichen die chronisch subduralen Hämatome gelegentlich eine beträchtliche Ausdehnung. In der CT findet sich eine sichelförmige hypodense, gelegentlich isodense Raumforderung. Die Therapie besteht aus Bohrlochtrepanation und subduraler Dränage. Die Prognose ist gut.
Intrazerebrale Hämatome
Intrazerebrale Hämatome
Definition Symptome. Auch bei subakut verlaufenden Fällen finden sich Herdsymptome, neben Augensymptomen je nach
n
Definition. Traumatisch bedingte Blutung im Hirnparenchym.
Symptome. Durch die gleichzeitig bestehende Hirnzerreißung ist in den akuten Fällen eine tiefe Bewusstlosigkeit vorhanden. Eine Herdsymptomatik in allen Einzelheiten zu erfassen ist äußerst schwierig. Bei subakut verlau-
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31.6.4 Verletzungsfolgen fenden Fällen lassen sich Herdsymptome, neben Augensymptomen je nach Lokalisation Halbseitenlähmungen, Sprach- und apraktische Störungen, nachweisen. Ansonsten gilt auch hier, dass alle Symptome wie bei epiduralen Hämatomen auftreten können. Eine Überschneidung mit der Klassifikation der Kontusionsherde Typ II und III ist hierbei in praxi nicht zu vermeiden.
Lokalisation Halbseitenlähmungen, Sprach- und apraktische Störungen. Es können alle Symptome wie bei epiduralen Hämatomen auftreten. Eine Überschneidung mit der Klassifikation der Kontusionsherde Typ II und III ist hierbei in praxi nicht zu vermeiden.
Therapie. Sie ist primär eine operative und verfolgt das Ziel der raschen
Therapie. Sie ist primär eine operative und verfolgt das Ziel der raschen Beseitigung des durch das Hämatom bestehenden Hirndrucks. Die Nottrepanation ist nur besonderen Situationen vorbehalten.
Beseitigung des durch das Hämatom bestehenden Hirndrucks. Neurochirurgische Techniken unterscheiden sich wesentlich von denen der Allgemeinen Chirurgie. Die Versorgung von Patienten mit reinem SHT gehört in die Hand des Neurochirurgen. Beim SHT mit Mehrfachverletzungen müssen Prioritäten gesetzt und eingehalten werden. Die Nottrepanation ist nur besonderen Situationen vorbehalten und der gezielten Trepanation bezüglich der Ergebnisse eindeutig unterlegen. Die Vermeidung solcher Notsituationen sollte vorrangig sein. Nach der operativen Entlastung ist die weitere Behandlung unter intensivmedizinischen Aspekten durchzuführen. Dabei kommt neben der Aufrechterhaltung der Homöostase der Überwachung des intrakraniellen Drucks das Hauptaugenmerk zu. Die Behandlung mit Kortikosteroiden hat die Erwartungen nicht erfüllt und gehört nicht mehr in das Behandlungskonzept des akuten SHT. Als hirndrucksenkende Maßnahme kommen die Kopf-Oberkörper-Hochlagerung, die milde Hyperventilation mit pCO2-Werten um 30 mmHg bei gleichzeitiger Analgosedierung (z. B. FentanylQ/DormicumQ) und die Osmotherapie (Mannitol, Sorbitol, Glycerosteril) zur Anwendung. Dabei gibt es kein festes Behandlungsschema. Alle Maßnahmen sind auf die Senkung des erhöhten intrakraniellen Drucks ausgerichtet. Die Dosierung der einzelnen Medikamente ist individuell anzupassen. Insbesondere sei vor einer Osmotherapie ohne Hirndruckmessung gewarnt. Das induzierte Barbituratkoma sowie die bitemporale Entlastungskraniektomie haben die Erwartungen nicht erfüllt und werden nur in Einzelfällen zur Anwendung kommen. Begleitende Therapiemaßnahmen sind die Stressulkusprophylaxe (z. B. 300 mg Ranitidin/24 h), ebenso können andere Medikamente eingesetzt werden, wie Cimetidin, Pirenzepin, Sucralfat, Omeprazol, die Thromboseprophylaxe (3« 5000 IE Heparin s.c.), bei wiederholten Krampfanfällen die antikonvulsive Therapie (Phenhydan, Carbamazepin) sowie eine krankengymnastische Übungsbehandlung. Nach initialer parenteraler Ernährung wird frühzeitig auf eine enterale Sondenernährung umgestellt.
Offenes SHT n Definition. Offene SHT sind durch eine Verletzung der Dura charakterisiert. Dadurch entsteht eine freie Kommunikation des Hirns mit der Außenwelt, mit der Gefahr einer aufsteigenden entzündlichen Komplikation (Meningitis, Enzephalitis, Empyem, Abszess).
Der Duraverschluss sollte so bald als möglich erfolgen. Der Zeitpunkt der operativen Revision richtet sich nach dem Allgemeinzustand des Patienten, der Verletzungsart, den notwendigen diagnostischen Untersuchungen sowie evtl. vorliegenden extrakraniellen Verletzungen. Am häufigsten sind neben den offenen Impressionsfrakturen frontobasale und laterobasale SHV. Dabei handelt es sich in der Regel um Kombinationsverletzungen.
Nach der operativen Entlastung ist die weitere Behandlung unter intensivmedizinischen Aspekten durchzuführen. Dabei kommt neben der Aufrechterhaltung der Homöostase der Überwachung des intrakraniellen Drucks das Hauptaugenmerk zu. Als hirndrucksenkende Maßnahmen kommen die Kopf-Oberkörper-Hochlagerung, die milde Hyperventilation mit pCO2 -Werten um 30 mmHg bei gleichzeitiger Analgosedierung und die Osmotherapie zur Anwendung.
Begleitende Therapiemaßnahmen sind die Ulkus- und Thromboseprophylaxe, bei wiederholten Krampfanfällen die antikonvulsive Therapie sowie eine krankengymnastische Übungsbehandlung.
Offenes SHT Definition
Am häufigsten sind neben den offenen Impressionsfrakturen frontobasale und laterobasale SHV.
Symptome. Beweisende Symptome einer offenen Verletzung sind der Hirnbrei- bzw. Liquoraustritt sowie der posttraumatische Pneumatozephalus. Fakultative Symptome wie Blutungen aus Mund, Nase und Ohr, Monokelund Brillenhämatome, schwere Gesichts- und Hirnschädeldeformierungen, Frakturen im Ober- und Unterkieferbereich mit Okklusionsstörungen sowie Mittelgesichtsfrakturen, Verletzungen der Sinnesorgane (Auge, Innenohr), Riechstörungen, Hirnnervenverletzungen, hypothalamisch-hypophysäre
Symptome. Beweisende Symptome sind der Hirnbrei- bzw. Liquoraustritt sowie der posttraumatische Pneumatozephalus. Fakultative Symptome sind: π Blutung aus Mund, Nase, Ohr π Monokel- und Brillenhämatome π schwere Gesichts- und Hirnschädeldeformierungen π Riechstörungen Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag
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1396 Mittelgesichtsfrakturen Verletzung der Sinnesorgane. Bewusstseinsstörungen können völlig fehlen. Schwere Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma sind Hinweise auf eine primäre Hirnschädigung bzw. auf das Vorliegen intrakranieller Komplikationen. Diagnose. Der Nachweis der Liquorrhö kann äußerst schwierig sein. In Kopftieflage lässt sich der Liquorfluss meistens provozieren, endoskopisch findet sich ein pulsierender Lichtreflex. Die empfindlichste Methode ist der immunologische Nachweis von b 2 -Transferrin. Eine CT-Untersuchung in axialer Schichtung und Rekonstruktionsaufnahmen sind erforderlich ( 1 B-31.29). π π
31 Neurochirurgie Regulationsstörungen sowie Verletzungen der Tränenwege können einzeln und in Kombination auftreten. Bewusstseinsstörungen können völlig fehlen. Schwere Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma sind Hinweise auf eine primäre Hirnschädigung bzw. auf das Vorliegen intrakranieller Komplikationen.
Diagnose. Der Nachweis der Liquorrhö kann äußerst schwierig sein. Anam-
nestisch berichtet der wache Patient, dass er vermehrt schlucken müsse, weil ihm ständig etwas den Rachen hinunterläuft. In Kopftieflage lässt sich der Liquorfluss meistens provozieren. Endoskopisch findet sich ein pulsierender Lichtreflex. Hilfreich sind Liquormarkierungen mit Farbstoffen oder Nukliden. Die empfindlichste Methode ist der immunologische Nachweis von b2-Transferrin. Dabei wird das für Liquor pathognomonische b 2-Transferrin, eine Proteinvariante (t-Globulin) bestimmt. Röntgenaufnahmen des Schädels werden durch Spezialaufnahmen ergänzt. Eine CT-Untersuchung in axialer Schichtung sowie Rekonstruktionsaufnahmen sind zwingend erforderlich. Gleichzeitig können damit intrakranielle Verletzungsfolgen erkannt werden ( 1 B-31.29).
1 B-31.29
Offenes Schädel-Hirn-Trauma CT-Befund bei offenem SHT nach Schussverletzung. Akutes Subduralhämatom frontotemporal ( Á Á), generalisiertes Hirnödem, Mittellinienverlagerung. Nachweis von intrakranieller Luft und imprimierten Knochenfragmenten ( Á).
Die operative Therapie von Schädelbasisfrakturen mit Duraverletzung und Liquorrhö ist ein Wahleingriff und wird in der Regel nicht in der Akutphase durchgeführt.
Eine Antibiotikatherapie ist erforderlich, insbesondere wegen der Gefahr der aufsteigenden Infektion (Meningitis, Enzephalitis, Empyem, Hirnabszess).
Merke
Nach Sicherung der Vitalfunktionen und diagnostischer Abklärung erfolgt die Operationsplanung mit dem Ziel des sicheren Duraverschlusses in fachübergreifender Zusammenarbeit (Neurochirurgie, HNO, Ophthalmologie, Kieferchirurgie). Die operative Therapie von Schädelbasisfrakturen mit Duraverletzung und Liquorrhö ist ein Wahleingriff und wird in der Regel nicht in der Akutphase durchgeführt. Sie sollte Spezialkliniken vorbehalten bleiben. Lediglich bei intrakraniellen Hämatomen erfolgt aus vitaler Indikation die Sofortoperation. Eine Antibiotikatherapie ist erforderlich, insbesondere wegen der Gefahr der aufsteigenden Infektion (Meningitis, Enzephalitis, Empyen, Hirnabszess). Pneumokokken, Staphylokokken und Streptokokken sind die häufigsten Erreger. n Merke. Rezidivierende Menigitiden nach SHT sind besonders suspekt auf eine nicht erkannte offene SHV.
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1397
31.6.5 Besonderheiten des SHT im Kindesalter
Schussverletzungen
Schussverletzungen
Sie sind in Friedenszeiten meist Folge von Unglücksfällen bzw. Suizidversuchen. Man unterscheidet zwischen Impressions-, Steck- und Durchschüssen. Aufgrund der hohen kinetischen Energie kommt es zu erheblichen Weichteil-, Knochen-, Dura- und Hirnverletzungen. Die Verletzung ist dabei sowohl durch das Projektil selbst, vielmehr jedoch durch den temporär wellenförmig größeren Schusskanal sowie durch die mitgerissenen Knochensplitter bedingt. Alle Kopfschussverletzungen gehören in sofortige neurochirurgische Behandlung. Die Dringlichkeit ist geboten, wenn man berücksichtigt, dass sich bei Schussverletzungen intrakranielle Hämatome innerhalb der ersten Stunden entwickeln und intrazerebrale Blutungen besonders häufig beobachtet werden. Die exakte Befunddokumentation, einschließlich Fotodokumentation, ist aus forensischen Gründen dringend erforderlich ( 1 B-31.30).
Man unterscheidet Impressions-, Steck- und Durchschüsse.
1 B-31.30
Aufgrund der hohen kinetischen Energie kommt es zu erheblichen Weichteil-, Knochen-, Dura- und Hirnverletzungen. Sofortige neurochirurgische Behandlung ist erforderlich, da sich bei Schussverletzungen intrakranielle Hämatome innerhalb der ersten Stunden entwickeln und intrazerebrale Blutungen besonders häufig vorkommen. Eine Befunddokumentation ist zwingend erforderlich ( 1 B-31.30).
Fotodokumentation bei Zustand nach Kopfschussverletzung
Absoluter Nahschuss mit sternförmiger Platzwunde, in suizidaler Absicht.
a Einschuss
31.6.5
b Ausschuss
Besonderheiten des SHT im Kindesalter
SHV im Kindesalter unterscheiden sich in der Pathogenese, Diagnostik und Therapie in vielen Punkten von denen bei Erwachsenen. Ursächlich sind anatomische und funktionelle Besonderheiten. Der Schädel des Neugeborenen ist im Verhältnis zum übrigen Körper schwerer und größer als beim Erwachsenen. Die Relation Hirngewicht zu Körpergewicht beträgt beim Neugeborenen 1 : 8, beim Erwachsenen 1 : 40. Das Säuglingshirn verdoppelt sein Volumen in den ersten 3 Lebensmonaten und verdoppelt es nochmals in den folgenden 6 Monaten, sodass der Kopf im Säuglingsalter vergleichsweise erheblich wächst. Durch Fehlen von Abwehrreaktionen und die noch schwach entwickelte Kopfhaltemuskulatur schlagen Säuglinge und Kleinkinder bei Stürzen zuerst mit dem Kopf auf und erleiden daher bevorzugt SHV. Die Ausbildung von Diploe, Tabula interna und Tabula externa erfolgt erst nach dem 1. Lebensjahr. Die Schädelkapsel ist wegen der noch offenen Schädelnähte federnd und nachgiebig. Die Nasennebenhöhlen entwickeln sich sehr zögernd. Die lockere Haftung der Galea gestattet das Auftreten ausgedehnter Kopfschwartenhämatome. Besonders in den ersten beiden Lebensjahren haftet die Dura fester an der Innenfläche der Schädelknochen, sodass relativ häufig atypisch lokalisierte epidurale Hämatome (frontal, okzipital) und bei Frakturen Durazerreißungen auftreten können (wachsende Schädelfraktur).
31.6.5 Besonderheiten des SHT im Kindesalter SHV im Kindesalter unterscheiden sich in der Pathogenese, Diagnostik und Therapie in vielen Punkten von denen bei Erwachsenen. Die Relation Hirngewicht zu Körpergewicht beträgt beim Neugeborenen 1 : 8, beim Erwachsenen 1 : 40. Durch Fehlen von Abwehrreaktionen und die noch schwach entwickelte Kopfhaltemuskulatur schlagen Säuglinge und Kleinkinder bei Stürzen zuerst mit dem Kopf auf und erleiden daher bevorzugt SHV. Die Schädelkapsel ist wegen der noch offenen Schädelnähte federnd und nachgiebig. Die Nasennebenhöhlen entwickeln sich sehr zögernd. Durch die lockere Haftung der Galea können ausgedehnte Kopfschwartenhämatome entstehen. Die Dura haftet fester an der Innenfläche der Schädelknochen, sodass relativ häufig atypisch lokalisierte epidurale Hämatome (frontal, okzipital) auftreten können.
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1398 Das Hirn des Säuglings ist außerordentlich wasserreich, daraus resultiert eine erhöhte Ödembereitschaft. Die BlutHirn-Schranke ist noch nicht voll funktionsfähig. Das kindliche Gehirn reagiert auf Sauerstoffmangel viel empfindlicher. Aufgrund des geringen Blutvolumens können intrakranielle Hämatome, aber auch Kopfschwartenhämatome eine Schocksymptomatik auslösen und unterhalten. Echte Narben-/Zystenbildung nach Hirnverletzungen ist frühestens ab dem 5. Lebensjahr zu erwarten. Vorher Porenzephalie. Erfreulicherweise ist die Regenerationsfähigkeit des kindlichen Hirns größer als bei Erwachsenen.
31 Neurochirurgie Das Hirn des Säuglings ist außerordentlich wasserreich, daraus resultiert eine erhöhte Ödembereitschaft. Auch ist die Blut-Hirn-Schranke noch nicht voll funktionsfähig. Es besteht eine generelle Labilität des kindlichen Stoffwechsels und des Säure-Basen-Haushalts. Das kindliche Hirn reagiert auf Sauerstoffmangel viel empfindlicher. Aufgrund des geringen Blutvolumens können intrakranielle Hämatome, aber auch Kopfschwartenhämatome eine Schocksymptomatik auslösen und unterhalten. Echte Narben und Zysten nach Hirnverletzungen bilden sich frühestens ab dem 5. Lebensjahr. Vorher werden wegen der Unreife Trümmerzonen unter Ausbildung einer Porenzephalie rasch verflüssigt. Erfreulicherweise ist die Regenerationsfähigkeit des kindlichen Hirns größer als bei Erwachsenen.
Klinischer Fall Ein 17-jähriges Mädchen verunfallt als Beifahrerin auf dem Rücksitz eines Pkw. Der Fahrer hatte auf einer Ölspur die Gewalt über das Auto verloren. Das Fahrzeug hatte sich mehrfach überschlagen. Beim Aufprall gegen einen Baum wurde die Patientin durch die Heckscheibe geschleudert. Sie war primär komatös und hatte eine weite lichtstarre Pupille rechts sowie eine Blickdeviation nach rechts. Nach notärztlicher Versorgung (Sedierung, Intubation und Beatmung) erfolgte die Verlegung per Rettungshubschrauber (Kopf-Oberkörper-Hochlagerung) in eine neurochirurgische Klinik. Bei Aufnahme fand sich die bekannte und unverändert fortbestehende weite und lichtstarre Pupille rechts. Der Kornealreflex war beiderseits auslösbar, der Absaugreflex erhältlich. Durch Schmerzreize ließ sich sedierungsbedingt keine Reaktion provozieren. Babinski links positiv. Klinisch fanden sich somit die Zeichen einer primären Hirnstammläsion. In der CT fand sich eine traumatische Subarachnoidalblutung, ein kleines frontobasales Kontusionshämatom sowie eine Einblutung in die Cisterna interpeduncularis rechts (Á). Extrakranielle Verletzungsfolgen fanden sich nicht. Über eine implantierte Hirndruckmesssonde ließen sich normale Hirndruckwerte registrieren. Eine dopplersonographische Untersuchung der Hirngefäße ergab einen regelrechten Befund. Die abgeleiteten evozierten Potenziale zeigten bei den AEP Normalbefunde, bei den Medianus-SSEP eine linksbetonte Amplitudenreduktion bei unauffälligen Latenzen. Die Patientin wurde hirnprotektiv mit Analgosedierung, moderater Hyperventilation bei kontrollierter Beatmung und intermittierender Osmotherapie nach Hirndruckwerten therapiert. In der Kontroll-CT am Folgetag fand sich neben den bekannten Verletzungen eine Einblutung im Bereich des
dorsalen Hirnschenkels rechts (Á Á). Komplikationen traten nicht auf. 15 Tage nach dem Unfall konnte die Patientin extubiert und unter krankengymnastischer Anleitung mobilisiert und zunehmend belastet werden. In der CT vor der Verlegung in eine Rehabilitationsklinik fand sich als Residuum der Hirnstammblutung ein hypodenses Areal im hinteren Hirnschenkel rechts ( 1 B-31.31).
1 B-31.31
CT-Befunde im Verlauf nach SHT. Erklärung s. klinischer Fall
Klinisch war die Patientin zu diesem Zeitpunkt bewusstseinsklar, freundlich zugewandt und allseits orientiert, bot jedoch im Tagesverlauf Vigilanzschwankungen und deutliche Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen. Neurologisch bestand die weite und lichtstarre Pupille rechts unverändert fort. Weiterhin fanden sich sakkadierte Blickfolgebewegungen, eine dissoziierte vertikale Blickparese nach oben bei Bulbusdivergenz in Primärstellung. Motorisch zeigte sich eine latente, funktionell nicht wirksame Hemiparese links sowie eine linksseitige Dysmetrie in den Koordinationsversuchen.
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31.7.1 Ätiologie und Pathogenese
31.7
Rückenmarktrauma
n Merke. Jede Rückenmarkverletzung stellt einen absoluten Notfall dar.
31.7.1
Ätiologie und Pathogenese
Traumafolge auf das Achsenorgan des menschlichen Körpers kann eine Verletzung des Skelett- und Bandapparats mit oder ohne Schädigung des in ihm geschützt gelagerten Rückenmarks und seiner Wurzeln sein. Auch bei schwersten knöchernen und ligamentären Verletzungen kann das Rückenmark unbeteiligt sein. Andererseits können totale Querschnittlähmungen ohne röntgenmorphologisch fassbare Veränderungen auftreten. Die morphologische Zerstörung des Rückenmarks ist nur z. T. primär mechanisch. Ein als spinaler Schock bezeichneter sofortiger funktioneller und reversibler Ausfall des Rückenmarks geht mit autodigestiven Prozessen einher, die innerhalb der ersten 4–6 Stunden nach dem Trauma zu irreversiblen morphologischen Schädigungen führen. Dabei stehen vaskuläre Faktoren (Zusammenbruch der Mikrozirkulation) und biochemische Veränderungen (Freisetzung biogener Amine und Neurotransmitter) im Mittelpunkt. Klinisch führt die plötzliche Abkopplung der infraläsionellen Rückenmarksabschnitte zur schlaffen Lähmung der betroffenen Extremitäten, der Blase und des Mastdarms. Erst im Verlauf von Tagen bis Wochen nimmt der infraläsionelle Abschnitt seine residuale Eigentätigkeit wieder auf. Es kommt zur Ausbildung von spinalen Automatismen und der Rückkehr, meist sogar Enthemmung, der spinalen Reflextätigkeit (spastische Muskeltonussteigerung, Eigenreflexsteigerung, spastische Form der Blasenlähmung). Wie am Gehirn wird bei den traumatischen Rückenmarkläsionen zwischen offener und gedeckter Verletzung unterschieden.
31.7
Rückenmarktrauma
Merke
31.7.1 Ätiologie und Pathogenese
Eine komplette Querschnittlähmung kann ohne nachweisbare Verletzungen knöcherner Strukturen auftreten. Der spinale Schock ist ein funktioneller, reversibler Funktionsausfall der infraläsionellen Rückenmarkabschnitte. Nach 4–6 Stunden entwickeln sich jedoch irreversible morphologische Schäden. Ursächlich sind neben vaskulären Faktoren biochemische Veränderungen. Klinisch findet sich im akuten Stadium eine schlaffe Lähmung der betroffenen Extremitäten, der Blase und des Mastdarms. Im Verlauf von Tagen bis Wochen kommt es zur Ausbildung von spinalen Automatismen und der Rückkehr/ Enthemmung der spinalen Reflextätigkeit. Man unterscheidet zwischen offenen und geschlossenen Verletzungen.
Offene Rückenmarkverletzung
Offene Rückenmarkverletzung
Die häufigste Ursache der offenen Rückenmarkverletzung ist die Schussverletzung. Stich- und Splitterverletzungen sowie die Dislokation von Wirbelkörperfragmenten können ebenfalls zur partiellen oder kompletten Durchtrennung des Myelons mit Duraeröffnung führen. In der frischen Rückenmarkwunde finden sich morphologisch abgrenzbare Gewebezonen. Die direkt zerstörte Trümmerzone, die indirekte, irreversibel geschädigte Quetschzone und die reversibel geschädigte peritraumatische Ödemzone. Somit wird das Ausmaß der bleibenden Schädigung nicht nur durch die direkte Gewebezerstörung, sondern auch durch die indirekte, irreversible Umgebungsläsion bestimmt.
Häufigste Ursachen sind Schuss- und Stichverletzungen. Es liegt immer eine Duraverletzung vor.
Gedeckte Rückenmarkverletzung
Gedeckte Rückenmarkverletzung
Sie entsteht durch direkte oder indirekte, scharfe oder stumpfe Gewalteinwirkung. Die Dura mater spinalis bleibt dabei unverletzt. Als Verletzungsmechanismen kommen Stauchungs-, Hyperflexions-, Hyperextensions-, Rotations- oder Kompressionsmechanismen, sowohl einzeln als auch in Kombination vor. Neben der primär traumatischen Lokalschädigung am Ort der Gewalteinwirkung (Hauptherd), finden sich Nebenläsionen in unmittelbarer Nachbarschaft (kranial und kaudal) mit Nekrosen und reaktiven Schäden sowie Fernschäden als Folge lokaler Ischämien bzw. Blutungen. Bei der leichtesten Form der gedeckten Verletzung, der Commotio spinalis, finden sich keine morphologisch nachweisbaren Veränderungen. Die Zeichen der medullären Störung sind von kurzer Zeit und voll reversibel.
Die gedeckte Rückenmarkverletzung entsteht durch direkte oder indirekte, scharfe, überwiegend jedoch stumpfe Gewalteinwirkung. Die Dura bleibt unverletzt. Man unterscheidet zwischen Lokal-, Neben- und Fernschäden.
Morphologisch unterscheidet man zwischen einer Trümmer-, Quetschund Ödemzone. Die bleibenden Schäden werden durch die direkte Gewebszerstörung und durch die irreversible Umgebungsläsion bestimmt.
Die Commotio spinalis ist die leichteste Form, morphologische Veränderungen finden sich nicht. Die neurologischen Störungen bilden sich voll zurück.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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31 Neurochirurgie
Bei der Contusio spinalis sind primär traumatische Schädigungen morphologisch nachweisbar. Es kommt zu irreversiblen funktionellen Ausfällen. Als Compressio spinalis wird eine Zerreißung des Rückenmarks bezeichnet. Zu den gedeckten Verletzungen zählen auch die intraspinalen Blutungen. Man unterscheidet zwischen epi- und subduralen sowie intramedullären Blutungen.
Die Contusio spinalis geht immer mit einer primär traumatisch bedingten Schädigung einher. Sie hinterlässt morphologisch nachweisbare Veränderungen mit irreversiblen funktionellen Ausfällen. Die traumatisch bedingten Blutungen und Nekrosen werden durch Resorptions- und Reparationsvorgänge zu einer Narbe abgebaut. Die schwerste Form der gedeckten Rückenmarkverletzung ist die Compressio spinalis, auch als Lazeration oder Rückenmarkzerreißung bezeichnet. Zu den gedeckten Verletzungen zählen auch die intraspinalen Blutungen. Nach der Lokalisation unterscheidet man zwischen epi- und subduralen sowie intramedullären Blutungen.
31.7.2 Klinische Symptomatik
31.7.2
Art und Ausdehnung der Lähmungen sind abhängig von 2 Faktoren. 1. Schädigungshöhe: Für die exakte Höhenlokalisation sind die segmentalen Symptome von großer Zuverlässigkeit (Schmerzen, Parästhesien, Faszikulationen).
Die Art und Ausdehnung der traumatisch bedingten Lähmungen variiert beträchtlich in Abhängigkeit von 2 Faktoren. 1. Schädigungsniveau/Schädigungshöhe: Für die exakte Höhenlokalisation sind die segmentalen Symptome von großer Zuverlässigkeit. Dabei ist es gleichgültig, ob sie in Form von Reizerscheinungen (Schmerzen, Parästhesien, Faszikulationen) oder von Ausfallerscheinungen (segmental angeordnete sensible Störungen, Reflexverlust) vorliegen.
Merke
Klinische Symptomatik
n Merke. Bei der klinischen Beurteilung ist die Höhenverschiebung zwischen Rückenmark- und Wirbelsäulensegmenten zu beachten, die besonders im kaudalen Abschnitt mehrere Segmente beträgt. So findet sich z. B. das Rückenmarksegment L1 etwa in Höhe von BWK 11 und das Rückenmarkende zwischen LWK 1–2 ( 1 B-31.32).
2. Rückenmarkquerschnitt: Das sich im Zentrum befindliche Rückenmarkgrau mit den motorischen Vorderhornzellen und den sensiblen Hinterhornzellen wird von einem System auf- und absteigender Bahnen umgeben. Im Lumbal- bzw. Sakralmark befindet sich das sympathische und parasympathische Blasenzentrum. Diagnostisch am wichtigsten sind die Pyramidenbahn, der Hinter- und Vorder-Seitenstrang.
2. Rückenmarkquerschnitt: Im Zentrum befindet sich das aus einer Anhäufung von Nervenzellen bestehende Rückenmarkgrau, wobei die motorischen Vorderhornzellen und die sensiblen Hinterhornzellen die größte praktische Bedeutung besitzen. Im Lumbal- bzw. Sakralmark befinden sich darüber hinaus das sympathische und parasympathische Blasenzentrum. Die Peripherie wird von auf- und absteigenden Bahnen eingenommen. Von denen sind die Pyramidenbahn, der Hinterstrang und der Vorder-Seitenstrang diagnostisch am wichtigsten. Im konkreten Einzelfall müssen die jeweils vorliegenden Symptome mosaikartig zusammengesetzt werden, um ein Bild von der Querausdehnung der Rückenmarkläsion zu gewinnen.
31.7.3 Diagnostik
31.7.3
Klinische Diagnostik
Klinische Diagnostik
Der erste Schritt ist die subtile klinisch-neurologische Untersuchung. Die Rekonstruktion des Unfallhergangs ist von eminenter Bedeutung. Bei polytraumatisierten Patienten muss bis zum Ausschluss von einer Mitverletzung von Wirbelsäule und Rückenmark ausgegangen werden. Ziel der klinischen Untersuchung ist die topische Höhenlokalisation sowie die Erfassung eines kompletten oder inkompletten Transversalsyndroms sowie die Erkennung einer sekundären Verschlechterung. Vor der Gefahr einer zusätzlichen Rückenmarkschädigung durch überflüssige Lagerungsmanöver und Manipulationen muss gewarnt werden.
Die neurologische Untersuchung eines Verletzten zur Feststellung einer Rückenmarkschädigung ist bei erhaltenem Bewusstsein nicht schwer und kann z. T. per Blickdiagnose erfolgen. Die Rekonstruktion des Unfallhergangs ist besonders wichtig. Liegt eine Bewusstseinsstörung vor und ist durch den Unfallmechanismus an eine Mitverletzung der Wirbelsäule zu denken, bleibt der Verdacht bis zum endgültigen Ausschluss aufrechterhalten. Ziel ist die topische Höhenlokalisation der Schädigung, die Erkennung des kompletten oder inkompletten Transversalsyndroms sowie die engmaschige Verlaufsbeobachtung zur Erfassung sekundärer Verschlechterungen. Wichtig ist das Erkennen und die Dokumentation des untersten Rückenmarksegments mit intakter Sensibilität und Motorik. Vor der Gefahr einer zusätzlichen Rückenmarkschädigung durch überflüssige Lagerungsmanöver und Manipulationen soll bereits an dieser Stelle gewarnt werden. Der Patient verbleibt in Rückenlage auf fester Unterlage. Für den Transport/Verlegung in eine andere Klinik stehen Vakuummatratzen zur Verfügung. Das Umlagern muss von 3–5 Personen durchgeführt werden.
Diagnostik
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31.7.3 Diagnostik
1 B-31.32
1401
Synopsis Topographische Beziehungen zwischen Wirbelsäule und Rückenmark
C1
I
2
II III IV V VI VII I
3 4 5 6 7 8 Th 1
II
2
III
3
IV
4
V
5
VI
6
VII
7
VIII
Nervenwurzeln
8
IX
9
X
10
XI 11 XII 12 I L1 II 2 III 3 IV 4 V 5
S1 2 3 4 5 Coc 1
Klinisch lässt sich wegen des bestehenden spinalen Schocks im akuten Stadium keine Aussage darüber machen, ob es sich um eine reversible Commotio spinalis oder um eine irreversible Schädigung im Sinne einer Contusio spinalis oder Rückenmarkzerreißung handelt.
Für den Transport/Verlegung in eine andere Klinik stehen Vakuummatratzen zur Verfügung. Das Umlagern muss von 3–5 Personen durchgeführt werden. Im Stadium des spinalen Schocks lässt sich nicht zwischen reversibler Commotio spinalis und irreversibler Schädigung differenzieren.
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1402
31 Neurochirurgie
n Merke. Bei allen spinalen Verletzungen, bei denen eine Kompression des Rückenmarks zu erwarten ist, ist die wiederholte klinische Untersuchung (Verlaufskontrolle) von eminenter Wichtigkeit.
Merke
Nur so kann eine Progredienz primärer neurologischer Störungen bzw. eine sekundäre Verschlechterung rechtzeitig erkannt und therapiert werden. Bei kompletter Querschnittlähmung und Ansteigen des Schädigungsniveaus um wenige Segmente liegt meist eine komplizierende intramedulläre Blutung oder Myelomalazie vor.
Nur so ist die Progredienz der primären Schädigung bzw. das Auftreten sekundärer neurologischer Ausfälle bei initialer Symptomfreiheit sofort zu erfassen. Beide Verläufe sind sichere Zeichen einer entlastungsbedürftigen Myelonkompression. Liegt eine komplette Querschnittlähmung vor und kommt es im Verlauf der nächsten Stunden zum Ansteigen des Schädigungsniveaus um wenige Segmente, handelt es sich in der Regel um eine komplizierende intramedulläre Blutung oder Myelomalazie.
Instrumentelle Diagnostik
Instrumentelle Diagnostik
An erster Stelle steht die Anfertigung von Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen. Besondere Beachtung erfordert der kraniospinale und zervikothorakale Übergang.
An erster Stelle des instrumentellen Diagnostikregimes steht die Anfertigung von Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule in 2 Ebenen. Die vollständige Darstellung der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte ist zu fordern. Besondere Beachtung erfordert der kraniospinale und zervikothorakale Übergang. Hierzu kann es im Einzelfall erforderlich werden, Spezialaufnahmen anzufertigen. Besteht aufgrund der Röntgendiagnostik oder aber durch eine sekundäre Symptomzunahme der geringste Verdacht auf eine pathogenetische Mitbeteiligung von in den Spinalkanal eingedrungenen Knochenfragmenten oder der Verdacht auf das Vorliegen einer intraspinalen epiduralen Blutung folgt die Computertomographie im Bereich der entsprechenden Wirbelsegmente. Mit der Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich neben den knöchernen Verletzungen die diskoligamentären und intramedullären Läsionen genauestens darstellen. Die Verfügbarkeit in der Akutdiagnostik ist derzeit noch begrenzt. Sie sollte jedoch, wenn irgend möglich, angestrebt werden. Die Aussagekraft ist besonders im Hinblick auf spätere gutachterliche Fragestellungen wichtig.
Besteht der geringste Verdacht auf eine intraspinale Blutung oder von in den Spinalkanal eingedrungenen Knochenfragmenten muss eine CT veranlasst werden. Mit der MRT lassen sich neben den knöchernen Verletzungen die diskoligamentären und intramedullären Läsionen genauestens darstellen.
Therapie
31.7.4 Therapie
31.7.4
Aktive und passive Bewegungen der Wirbelsäule sind während der Bergung so gering wie möglich zu halten. Der Transport erfolgt in Rückenlage-
Das Schicksal des Rückenmark- und Wirbelsäulenverletzten wird entscheidend am Unfallort bestimmt. Aktive und passive Bewegungen der Wirbelsäule sind bereits während der Bergung so gering wie möglich zu halten. Der Transport erfolgt vorzugsweise in Rückenlagerung auf fester Unterlage
1 B-31.33
Synopsis Umlagern eines Wirbelsäulen-/Rückenmarkverletzten Jedes Umlagern eines Wirbelsäulen-/Rückenmarkverletzten erfolgt mit 3–5 Personen. Dabei ist auf eine achsengerechte Stabilisierung der Wirbelsäule zu achten, um sekundäre Schädigungen des Rückenmarks zu vermeiden.
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1403
31.7.4 Therapie (Vakuummatratze). Bei Verdacht auf Halswirbelsäulenverletzung wird zusätzlich von außen stabilisiert. Besteht Aspirationsgefahr muss schonend intubiert werden. Es ist günstig, wenn eine weitere Umlagerung bis zum Eintreffen in die Klinik nicht notwendig wird. Jedes Umlagern sollte von 3–5 Personen durchgeführt werden ( 1 B-31.33). Zur Sofortbehandlung gehört der Wärmeschutz und die Schockprophylaxe bzw. -therapie. Vor längeren Transporten (Verlegung in Spezialklinik) kann der Blasenkatheterismus notwendig sein. n Merke. Bei Halsmarkverletzten muss auf eine suffiziente Spontanatmung geachtet werden. Die möglichst frühzeitige Verlegung in Spezialkliniken sollte angestrebt werden.
Die konservative Therapie gilt der Vermeidung von Druckgeschwüren (2-stündlicher Lagerungswechsel), Harnwegsinfekten, der Pneumonieprophylaxe sowie der Verhinderung von Muskelkontrakturen. Die Thromboseund Emboliegefahr ist groß. Bei Halsmarkläsionen kann je nach Schädigungshöhe eine maschinelle Beatmung erforderlich werden.
Operative Therapie. Wegen der Gefahr einer aufsteigenden Infektion sowie der Entwicklung einer Liquorfistel bedarf jede offene Verletzung der sofortigen neurochirurgischen Versorgung. Ziel ist neben der Revision der Rückenmarkwunde der Verschluss der Dura. Von den gedeckten Verletzungen bedarf die Commotio spinalis keiner operativen Therapie, da nach kurzer Zeit eine völlige Restitution eintritt. Im Falle einer kompletten Querschnittlähmung ist die Operation im Hinblick einer Funktionsverbesserung überflüssig, da eine irreversible Funktionsstörung vorliegt. Eine absolute Indikation zur Entlastung des Myelons im akuten Stadium besteht beim Nachweis einer raumfordernden Läsion. n Merke. Je früher die Kompression beseitigt wird, umso günstiger ist die Prognose. Kommt es in der posttraumatischen Phase zu einer Progredienz der primären neurologischen Störungen oder treten erst sekundär neurologische Ausfälle auf, ist die Operation ebenfalls zu jeder Zeit absolut indiziert.
Eine relative Operationsindikation besteht bei persistierenden, inkompletten oder sich in Rückbildung befindlichen kompletten Querschnittlähmungen, wenn eine durch konservative Maßnahmen nicht zu beseitigende Spinalkanaleinengung fortbesteht. Besteht neben der Rückenmarkverletzung eine Instabilität des entsprechenden Wirbelsäulenabschnitts, muss der entlastende Eingriff mit einem stabilisierenden Verfahren kombiniert werden. Dazu stehen gegenwärtig für jeden Wirbelsäulenabschnitt leistungsfähige Osteosyntheseverfahren zur Verfügung. Die Indikation zur stabilisierenden Operation sollte auch bei kompletter Querschnittlähmung, insbesondere unter dem Aspekt der Frührehabilitation, kritisch überdacht werden. Vorteile einer belastungsstabilen Osteosynthese: π Beeinflussung neurologischer Ausfälle π Pflegeerleichterung π verkürzte Rehabilitation π Verminderung von Sekundärschäden π Reduzierung der Behandlungszeit.
rung auf fester Unterlage, vorzugsweise auf einer Vakuummatratze. Weitere Umlagerungen bis zum Eintreffen in die Klinik sollten vermieden werden ( 1 B-31.33). Sofortbehandlung: Wärmeschutz und die Schockprophylaxe bzw. -therapie.
Merke
Konservative Therapie: Vermeidung von Lagerungsschäden (Druckulzera), Harn- und Atemwegsinfektionen und Muskelkontrakturen. Die Thromboseund Emboliegefahr ist erhöht. Bei der Halsmarkschädigung kann eine maschinelle Beatmung erforderlich werden. Operative Therapie. Jede offene Verletzung bedarf der sofortigen neurochirurgischen Versorgung (Gefahr der aufsteigenden Infektion, Liquorfistel). Diese umfasst die Wundrevision und den Duraverschluss. Die Commotio spinalis bedarf wegen eintretender Restitution keiner Operation, ebenso eine komplette Querschnittlähmung (irreversibler Funktionsverlust). Eine absolute Operationsindikation besteht beim Nachweis einer raumfordernden Läsion. Merke
Eine relative Operationsindikation besteht bei persistierenden, inkompletten oder sich in Rückbildung befindlichen kompletten Querschnittlähmungen. Bei einer begleitenden Instabilität des entsprechenden Wirbelsäulenabschnitts wird der entlastende Eingriff mit einem stabilisierenden Verfahren kombiniert. Ein stabilisierender Eingriff sollte auch bei der primär kompletten Querschnittlähmung unter dem Aspekt der Frührehabilitation überdacht werden.
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1404 31.7.5 Komplikationen, Rehabilitation, Prognose Lähmungsspezifische Komplikationen sind Harn- und Atemwegsinfektionen, Druckgeschwüre, Kontrakturen, Spastik, Schmerzen, Thrombosen und Embolien. Die Prognose wird bestimmt von: π der Schädigungshöhe π der Ausdehnung im Bezug auf den Rückenmarkquerschnitt π der Akuität π den Komplikationen. Es ist zu fordern, dass bereits die Primärversorgung in Spezialkliniken erfolgt. Die Rehabilitation beginnt mit der Akutversorgung und umfasst den gesamten Bereich der medizinischen und psychologischen Behandlung sowie die physikalische, soziale und berufliche Reintegration.
31 Neurochirurgie
31.7.5
Komplikationen, Rehabilitation, Prognose
Lähmungsspezifische Komplikationen sind in erster Linie aufsteigende Infektionen der ableitenden Harnwege, Druckgeschwüre, Kontrakturen, Spastik und Schmerzen, Thrombosen und Embolien sowie speziell bei Tetraplegikern Atemwegskomplikationen. Die Prognose ist sowohl von der Läsionshöhe als auch von der Ausdehnung im Bezug auf den Rückenmarkquerschnitt sowie von der Akuität der Schädigungsdynamik abhängig. Tetraplegiker haben eine schlechtere Prognose als Paraplegiker. Das gilt ebenso für Teillähmungen gegenüber kompletten Lähmungen. Patienten mit Mehrfachverletzungen und dauerbeatmete Patienten haben eine deutlich schlechtere Prognose. Die Primärversorgung von Rückenmarkverletzten in Spezialkliniken hat zu einer deutlichen Verbesserung der Prognose geführt. Diese führen neben der Erstversorgung eine umfassende Rehabilitation sowie die Behandlung von Komplikationen durch. Die rehabilitativen Maßnahmen beginnen mit der Akutbehandlung und umfassen im weiteren Verlauf den gesamten Bereich der medizinischen und psychologischen Behandlung sowie die physische, soziale und berufliche Reintegration. Vorerkrankungen, Altersveränderungen, Depressionen, Psychosen sowie die unterschiedlichen intellektuellen Voraussetzungen erhöhen den Zeitaufwand der Rehabilitation bis zum Erreichen von Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.
Klinischer Fall Ein 22-jähriger Mann, bei dem seit der Kindheit ein zerebrales Krampfleiden bekannt ist, erleidet einen Verkehrsunfall. Mit seinem Pkw kommt er unter nicht geklärten Umständen (Krampfanfall?) von der Fahrbahn ab und wird im Straßengraben aufgefunden. Neben einem leichten SHT mit retrograder Amnesie bestand bereits am Unfallort der dringende Verdacht auf eine Halsmarkläsion. Die Erstdiagnostik erfolgte in einer Unfallklinik. Auf den Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule fanden sich keine eindeutigen Frakturzeichen. Es erfolgte die Verlegung in die neurochirurgische Klinik. Klinisch-neurologisch bestand ein inkomplettes Querschnittsyndrom mit distal betonten Paresen im Bereich der Arme und Beine. Beide Hände waren nahezu plegisch, die Beine konnten nur kurzzeitig und geringgradig von der Unterlage angehoben werden. Eine Sensibilitätsstörung bestand ab C 3 mit nach distal zunehmender Hypästhesie bis Anästhesie. Die Bauchmuskulatur konnte nicht innerviert werden. Eine spontane Miktion war nicht möglich. Es fand sich eine Restharnmenge von 750 ml. Somit bestand das Bild einer zentralen Halsmarkläsion. Auch durch die Computertomographie konnte eine Fraktur im Bereich der Halswirbelsäule nicht nachgewiesen werden. Erst durch die Kernspintomographie konnte die Ursache der Schädigung diagnostiziert werden. Es fand sich eine isolierte Bandscheibenzerreißung zwischen dem 3. und 4. Halswirbelkörper. Dabei waren Anteile der Bandscheibe in den Spinalkanal luxiert. Weiterhin ließ
sich eine intramedulläre Einblutung in diesem Bereich objektivieren. Knöcherne Verletzungen fanden sich nicht. Unverzüglich nach Diagnosesicherung erfolgte die Operation. Die zerrissene Bandscheibe sowie die in den Spinalkanal luxierten Anteile wurden über einen ventralen Zugang entfernt, die Wirbelkörper mit autologem Beckenspan verblockt und zusätzlich verplattet. Unter antiödematöser und rheologischer Therapie kam es zu einer deutlichen Kraftzunahme in Armen und Beinen sowie zu einer Rückbildung der sensiblen Störungen. Die fortbestehende Blasenentleerungsstörung machte eine passagere suprapubische Ableitung erforderlich. Unter einer intensiven Rehabilitationsbehandlung in einem Querschnittgelähmtenzentrum haben sich die neurologischen Ausfälle im Zeitraum von 10 Monaten bis auf eine geringgradige Gefühlsstörung in den Fingerspitzen und eine diskrete Störung der Feinmotorik in den Händen vollständig zurückgebildet. Der Patient konnte seine bereits begonnene Lehre als Automechaniker erfolgreich abschließen und arbeitet seitdem in diesem Beruf. Das Osteosynthesematerial wurde nach einem Jahr entfernt. Eine kernspintomographische Kontrolluntersuchung 15 Monate nach dem Unfall zeigt den Residualzustand nach stattgehabter intramedullärer Blutung im Bereich C 3 in Form einer als Defekt imponierenden Narbe von wenigen Millimetern Ausmaß sowie den Zustand nach ventraler Fusion mit Blockwirbelbildung HWK 3–4.
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1405
31.8.3 Symptomatologie
31.8
Hirntumoren
31.8
31.8.1
Epidemiologie
31.8.1 Epidemiologie
In größeren Sektionsstatistiken werden zu 1,8–2,1 % intrakranielle Tumoren und zu 1,2–1,4 % primäre Neoplasmen des Hirns verzeichnet. Die jährliche Inzidenz der primären Hirntumoren liegt bei 12,3/100 000 der Bevölkerung. Die Altersverteilung ist abhängig von der Art des Tumors ( 1 B-31.34). Häufigste primäre Hirntumoren sind die Gliome ( 2 B-31.17).
1 B-31.34
Hirntumoren
Die jährliche Inzidenz der primären Hirntumoren liegt bei 12,3/100 000. Die Altersverteilung ist abhängig von der Art des Tumors ( 1 B-31.34). Gliome sind die häufigsten primären Hirngeschwülste ( 2 B-31.17).
Synopsis Altersverteilung Hirntumoren
Kleinhirnastrozytome
Gesamtverteilung
Medulloblastome
Vorzugsalter
Kraniopharyngeome Plexuspapillome Hirnstammgliome Chiasmagliome Oligodendrogliome Ependymome Glioblastome Astrozytome Meningiome Neurinome Hypophysenadenome Hirnmetastasen Hämangioblastome 0
2 B-31.17
10
20
30
40
60 Jahre
Häufigkeit von ausgewählten Hirntumoren
Neuroepitheliale Tumoren (Gliome)
ca. 50 %
Astrozytome Oligodendrogliome Ependymome Glioblastome Medulloblastome Spongioblastome Neurinome
4% 6% 4% 12 % 7% 8% 8%
31.8.2
50
Ätiopathogenese
Abgesehen von Neoplasmen, die im Zusammenhang mit genetisch determinierten neurokutanen Syndromen oder in seltenen Fällen in Verbindung mit strukturellen Schädigungen (z. B. nach Bestrahlungen) vorkommen, ist die Entstehung spontan vorkommender Tumoren des ZNS unbekannt. Die Rolle von Onkogenen und Wachstumsfaktoren ist Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschungen. Familiäre Häufungen sowie das Vorkommen von Gliomen bei eineiigen Zwillingen sind beschrieben worden.
31.8.3
Symptomatik
31.8.2 Ätiopathogenese Die Genese von Hirntumoren ist noch nicht geklärt.
31.8.3 Symptomatik
Das Wachstum intrakranieller Tumoren ist mit einer Volumenzunahme im begrenzten Schädelinnenraum verbunden. Eine intrakranielle Drucksteigerung ist im Hinblick auf Kompensationsmechanismen deshalb wesentlich von der Geschwindigkeit des Tumorwachstums abhängig und damit von der
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1406 Die klinische Trias des Hirndrucks beinhaltet Kopfschmerzen, Erbrechen, Somnolenz.
Fehlende Kompensationsmöglichkeiten durch schnelles Tumorwachstum und Verlegung von Liquorwegen führen eher zu Hirndruckzeichen, langsames Tumorwachstum in neurologisch relevanten Hirnbereichen zu neurologischen Ausfallserscheinungen. Merke
31 Neurochirurgie Dignität und Art des Neoplasmas. Die klinische Trias des Hirndrucks beinhaltet Kopfschmerz, Erbrechen, Somnolenz. Kopfschmerzen treten typischerweise morgens auf, zum Erbrechen kommt es unabhängig von der Nahrungsaufnahme. Drucksteigerungen können auch dann zustande kommen, wenn durch Verlegung die Liquorzirkulation gestört wird. Durch die Lokalisation des Tumors werden die neurologischen Ausfallsymptome bestimmt, Anfälle unterschiedlichsten Charakters ausgelöst. Endokrine Störungen weisen auf einen Prozess im Sellabereich hin. Die Erstsymptome werden durch die Wachstumsgeschwindigkeit und Topik des Tumors bestimmt. Schnell wachsende Tumoren oder die Verlegung von Liquorwegen führen eher zu Hirndruckzeichen, langsam wachsende Prozesse insbesondere in neurologisch relevanten Arealen zu hirnlokalen neurologischen Ausfällen. n Merke. Jedes auf eine Raumforderung verdächtige Symptom muss durch weitere diagnostische Maßnahmen abgeklärt werden.
Diagnostik
31.8.4 Diagnostik
31.8.4
Die qualifizierte neurologische Untersuchung ermöglicht eine topische Zuordnung der Raumforderung und steht immer am Beginn der Diagnostik. Danach muss mit bildgebenden Verfahren eine Lokalisation des Tumors durchgeführt werden. Die höchste Abbildungsgenauigkeit besitzt die MRT.
Die qualifizierte neurologische Untersuchung ermöglicht eine topische Zuordnung der Raumforderung und steht immer am Beginn der Diagnostik. Danach muss mit bildgebenden Verfahren eine Lokalisation des Tumors durchgeführt werden. Die höchste Abbildungsgenauigkeit besitzt die MRT. Aus Kostengründen und wegen allgemeiner Verfügbarkeit wird häufiger ein CT durchgeführt. Anhand dieser Ergebnisse kann bereits über die Indikation zu einer Therapie entschieden werden. Weitere diagnostische Verfahren sind zur Op-Vorbereitung und artdiagnostischen Einschätzung fakultativ notwendig. Ergibt sich zunächst kein sicherer Anhalt für eine intrakranielle Raumforderung müssen die diagnostischen Schritte bei weiterbestehendem klinischem Verdacht wiederholt werden.
31.8.5 Therapie
31.8.5
Jede Therapie zielt primär auf die radikale Entfernung des Tumors ab. Die Wahl primärer Verfahren wird durch die Lokalisation und erst in zweiter Linie durch den Prozess selbst bestimmt. Die Operation erfolgt ausschließlich mikrochirurgisch. Bei konventionell nicht oder nur schwer zugänglichen Prozessen kommen stereotaktische interstitielle Strahlenbehandlungen in Frage. Die Chemotherapie der malignen Hirntumoren ist problematisch und nicht allgemein anerkannt.
Jede Therapie zielt primär auf die radikale Entfernung des Tumors ab. Die Wahl primärer Verfahren wird durch die Lokalisation und erst in zweiter Linie durch den Prozess selbst bestimmt. Eine Operation erfolgt fast ausschließlich mikrochirurgisch. Navigationshilfen können zur intraoperativen Lokalisation herangezogen werden (Stereotactic guided neurosurgery). Bei konventionell nicht oder nur schwer zugänglichen Prozessen kommen stereotaktische interstitielle Strahlenbehandlungen in Frage. Mit radiochirurgischen Methoden können perkutan ebenfalls große Dosen in genau definierten Volumina appliziert werden. Die Chemotherapie der malignen Hirntumoren ist problematisch und nicht allgemein anerkannt.
31.8.6 Klassifikation
31.8.6
Die gebräuchlichste Klassifikation ist die der WHO ( 2 B-31.18): Die Dignität wird nach WHO in 4 Grade eingeteilt: π Grad I benigne π Grad II semibenigne π Grad III semimaligne π Grad IV maligne.
Die Klassifikation der Hirngeschwülste wird entsprechend ihrem Zelltyp vorgenommen. Allgemein anerkannt und international gebräuchlich ist die Klassifikation der WHO ( 2 B-31.18). Die Dignität wird nach WHO-Grad I–IV eingeteilt: π Grad I benigne π Grad II semibenigne π Grad III semimaligne π Grad IV maligne.
Therapie
Klassifikation
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1407
31.8.6 Klassifikation
2 B-31.18
WHO-Klassifikation der Tumoren des ZNS
neuroepitheliale Tumoren
Germinom-Zell-Tumoren
n N N n N n N n N n N n
n N N n N n N n N n N n
Astrozytome Oligodendrogliome Ependymome Mischgliome Plexuspapillome neuroepitheliale Tumoren unbekannten Ursprungs (Astroblastome, polare Spongioblastome, Gliomatose des Hirns) N neuronale und gemischt neuronal-gliale Tumoren n (Gangliozytome, Gangliogliome, Ästhesioblastome) N Pinealome n N embryonale Tumoren (Neuroblastome, PNET) n
Germinome embryonale Karzinome embryonale Sinustumoren Chorionkarzinome Teratome Mischtumoren
Zysten und tumorähnliche Läsionen
n Schwannome N N Neurofibrome n N MPNST (malignant peripheral nerve sheat tumour) n
n N N n N n N n N n N n N n N n N n
Tumoren der Meningen
Tumoren der Sellaregion
n meningotheliale Tumoren N N mesenchymale nicht meningotheliale Tumoren n (Fibrome, Lipome) N maligne Tumoren (Hämangioperizytome, n Chondrosarkome, u.a.) N primäre melanotische Läsionen (diffuse Melanose, n Melanome, u.a.) N Tumoren unbekannter Histiogenese (Hämangioblastome) n
n Hypophysenadenome N N Hypophysenkarzinome n N Kraniopharyngeome n
Tumoren der Hirn- und Spinalnerven
Lymphome und hämatopoetische Neoplasmen n malignes Lymphom N N Plasmozytom n N granulozytäre Sarkome n
Zysten der Rathke’schen Tasche Epidermoidzysten Kolloidzysten des 3. Ventrikels enterogene Zysten neurogliale Zysten Granularzelltumor Hamartome nasale gliale Heterotopie Plasmazellgranulome
lokale Ausbreitung von regionalen Tumoren n N N n N n N n
Paragangliome Chordome Chondrome Karzinome
metastatische Tumoren unklassifizierte Tumoren
Astrozytome n Definition. Die Bezeichnung Astrozytome wird auf Tumoren angewandt, die von Astrozyten ausgehen (besonders bei niedriggradigen Astrozytomen).
Die Klassifikation der Astrozytome wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Nach klinisch histopathologischen Kriterien können 8 Tumorentitäten unterschieden werden ( 2 B-31.19). Astrozytome machen 20–30 % aller Gliome der zerebralen Hemisphären und > 30 % aller Gliome des Zerebellums bei Kindern aus. Einige Astrozytome sind mit Dysgenesien und Malformationen assoziiert: pilozytische Astrozytome des 3. Ventrikels und des N. opticus mit der Neurofibromatose und subependymale Riesenzellastrozytome mit der tuberösen Sklerose. Die häufigsten Primärsymptome sind Kopfschmerzen, zunehmende neurologische Ausfälle sowie Anfälle.
Diagnose. Die radiologische Sicherung von niedriggradigen Astrozytomen
kann in der CT schwierig sein. Auch in der MRT lassen sich differenzialdiagnostisch andere Läsionen wie z. B. Infarkte, Lymphome oder eine Multiple Sklerose manchmal nur schwer abgrenzen. Bei Astrozytomen Grad I zeigt sich in der CT eine hypodense Zone im Marklager ohne Dichtezunahme nach Kontrastmittelgabe. Angiographisch zeigen sich nur Verdrängungszeichen als indirekter Tumorhinweis. Astrozytome Grad II und III zeigen hypodense und/oder leicht hyperdense Zonen. Die Kontrastmittelaufnahme nimmt mit dem Grad der Entdifferenzierung zu.
Astrozytome Definition
Nach klinisch histopathologischen Kriterien können 8 Tumorentitäten unterschieden werden ( 2 B-31.19). Astrozytome machen 20–30 % aller Gliome der zerebralen Hemisphären und > 30 % aller Gliome des Zerebellums bei Kindern aus. Einige Astrozytome sind mit Dysgenesien und Malformationen assoziiert: pilozytische Astrozytome des 3. Ventrikels und des N. opticus mit der Neurofibromatose und subependymale Riesenzellastrozytome mit der tuberösen Sklerose. Die häufigsten Primärsymptome sind Kopfschmerzen, zunehmende neurologische Ausfälle sowie Anfälle. Diagnose. Die radiologische Sicherung kann mitunter schwierig sein. Astrozytome Grad I stellen sich in der CT als hypodense Zone dar, Astrozytome Grad II und III zeigen hypodense und/oder leicht hyperdense Zonen. Die Kontrastmittelaufnahme der Tumoren nimmt mit dem Entdifferenzierungsgrad zu.
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1408
31 Neurochirurgie
Therapie. Die Überlebensrate korreliert mit dem Ausmaß der chirurgischen Entfernung. Zugängliche Tumoren sollen immer entfernt werden. Die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt 97 %. 80 % der Patienten sind dabei ohne neurologische Störungen. Finden sich Neoplasien im Tumor, ist eine Nachbestrahlung angezeigt.
Therapie. Die Therapie der niedriggradigen Astrozytome richtet sich nach
ihrer Lokalisation. Stereotaktische oder offene Biopsien erlauben eine histopathologische Klärung. Zugängliche Tumoren sollen immer entfernt werden. Die Überlebensrate korreliert signifikant mit dem Ausmaß der chirurgischen Entfernung. Pilozytische zerebelläre Astrozytome bei Kindern können durch ihre Entfernung allein kurativ behandelt werden. Die 10-Jahres-Überlebensrate beträgt 97 %, 80 % der Patienten sind dabei ohne neurologische Störungen. Finden sich Neoplasien im Tumor, ist eine Nachbestrahlung angezeigt.
2 B-31.19
Subgruppierung der Astrozytome
N protoplasmatisches Astrozytom n N fibrilläres Astrozytom n N pilozytisches Astrozytom n N gemistozytisches Astrozytom n N subependymales Riesenzell-Astrozytom n N pleomorphes Xantho-Astrozytom n N desmoplastisches Astrozytom n N anaplastisches Astrozytom n
Klinischer Fall Ein Junge im Alter von 7 Jahren, Drillingskind (2 Schwestern) wird 6 Monate vor einer Schieloperation durch ein plötzlich einsetzendes Schielen auffällig. Nach durchgeführter Operation kommt es 4 Monate später zur erneuten Sehverschlechterung mit Kopfschmerzen. 5 Tage vor stationärer Aufnahme kommt es zu morgendlichem Erbrechen, weiterhin finden sich Rumpfataxie, bulbäre
1 B-31.35
A
Sprache und eine Hemihypästhesie links. In der CT und MRT findet sich ein großer, z. T. zystischer Tumor infratentoriell mit erheblicher Verdrängung des Hirnstamms. Der Tumor kann total entfernt werden. Histologisch handelt es sich um ein pilozytisches Astrozytom. Es kommt zur langsamen Besserung und Entlassung des Jungen 4 Wochen nach der Operation nach Hause ( 1 B-31.35 a–e).
Verlaufsdokumentation bei infratentoriellem zystischem Tumor
P
R
L
R
L
a In der MRT großer zystischer Tumor infratentoriell mit Verdrängung des Hirnstamms nach ventral und kaudal (Á Á Á). R
L
R
L
b Die CT verdeutlicht die Raumforderung infratentoriell durch das Verschwinden der peripontinen Reserveräume (Á Á Á) und den Stauungshydrozephalus durch Erweiterung des 3. Ventrikels ( Á Á) und der Temporalhörner (Á).
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1409
31.8.6 Klassifikation
1 B-31.35
R
R
Fortsetzung
L
L
R
R
L A
P
R
L
L
c Die 4 Wochen postoperativ durchgeführte CT zeigt die Tumorentfernung mit nunmehr guter Darstellung der peripontinen Zisternen ( Á Á Á) und den Rückgang der Ventrikelerweiterung (Á).
d, e MRT-Kontrolle 1 ⁄ 2 Jahr nach Operation ohne Hinweis auf ein Tumorrezidiv.
Maligne Astrozytome (Grad III und IV nach WHO) müssen primär so radikal wie möglich reseziert werden. Damit werden neben fokalen vor allem globale Symptome gebessert und eine histologische Sicherung ermöglicht. Eine Nachbestrahlung muss angeschlossen werden. Nach einer randomisierten prospektiven Studie der Brain Tumor Study Group steigt die mittlere Überlebenszeit von 14 Wochen bei konventioneller Therapie auf 36 Wochen nach Irradiatio. In einer späteren Studie lebten nach 18 Monaten noch ca. 35 % der Patienten. Eine Chemotherapie kann zwar die Zahl der Patienten steigern, die nach 18 Monaten kombinierter Nachbehandlung überleben, verlängert aber die mittlere Überlebenszeit nicht. Immuntherapeutische Nachbehandlungen gibt es erst in Ansätzen, gesicherte Ergebnisse liegen noch nicht vor.
Durch eine Nachbestrahlung maligner Astrozytome kann die mittlere Überlebenszeit verlängert werden. Eine Chemotherapie verlängert die mittlere Überlebenszeit nicht.
Prognose. Prognostische Bedeutung bei malignen Astrozytomen haben das
Prognose. Prognostische Bedeutung bei malignen Astrozytomen haben das Alter, die Lebensqualität (KarnofskyIndex) zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, der Tumorgrad, die Op-Radikalität und die Durchführung der Nachbestrahlung.
Alter, die Lebensqualität (Karnofsky-Index) zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, der Tumorgrad, die Op-Radikalität und die Durchführung der Nachbestrahlung. Von Patienten < 40 Jahre leben nach 18 Monaten 64 %, in der Gruppe der > 60jährigen nur noch 8 %.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
1410 Oligodendrogliome Definition
31 Neurochirurgie
Oligodendrogliome n Definition. Oligodendrogliome (Grad II – III nach WHO) gehen von Oligodendrozyten aus. 5 % aller Gliome sind Oligodendrogliome. Die meisten Tumoren treten im Erwachsenenalter auf. Bevorzugter Sitz ist die frontotemporale Region.
Es sind gefäßarme Tumoren mit langsamer und infiltrativer Wachstumstendenz. Anfälle und Kopfschmerzen sind die häufigsten Erstsymptome. Neuroradiologisch sind sie hypodens und zeigen oft Verkalkungen. Therapie der Wahl ist die chirurgische Resektion.
Oligodendrogliome sind ausgereifte, gefäßarme Tumoren mit langsamer und infiltrativer Wachstumstendenz. Die Vorgeschichte ist lang. Anfälle und Kopfschmerzen sind die häufigsten Erstsymptome. Bevorzugt befallen sind Männer mittleren Alters. In neuroradiologischen Verfahren imponieren sie hypodens und zeigen oft Verkalkungen. Die chirurgische Resektion ist die bevorzugte Behandlung. Die mittlere Überlebenszeit nachbestrahlter Patienten beträgt 4,5 Jahre, die der ohne Bestrahlung 5,2 Jahre. Die schlechteste Prognose haben ältere Patienten, Patienten mit histologisch gesicherten Nekrosen sowie Patienten mit einer Hemiparese, Stauungspapillen und psychischen Veränderungen. Die Graduierung der Tumoren lässt keine sicheren Rückschlüsse auf die Prognose zu.
Ependymome
Ependymome
Definition
n Definition. 2–6 % der Gliome gehören zu dieser Gruppe. Ependymome gehen vom Ventrikelependym aus. Nur ca. 1⁄3 wachsen oberhalb des Tentoriums. Bevorzugter Sitz ist der 4. Ventrikel, außerdem der Spinalkanal (s. Kap. 31.10). Die Mehrzahl der intrakraniellen Manifestationen findet sich bei Kindern im 1. Lebensjahrzehnt.
Symptome. Symptomatisch werden sie häufig durch Entstehung eines Hydrozephalus, durch allgemeine Hirndruckzeichen und zerebelläre Symptome.
Symptome. Auf Grund der Beziehung zum Ventrikelsystem, insbesondere
Therapie. Die beste Behandlung ist die Resektion mit anschließender Nachbestrahlung. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt 87 %.
Therapie. Die beste Behandlung ist die Resektion mit anschließender Nach-
Plexuspapillome und -karzinome
Plexuspapillome und -karzinome
Tumoren des Plexus haben immer Beziehung zum Ventrikel.
Die Therapie der Wahl ist die chirurgische Resektion.
Nur 0,5–0,6 % der Hirntumoren gehören dieser Gruppe an. Die Hälfte der Patienten ist < 20 Jahre. Hier stellen sie 2 bis 5 % aller intrakraniellen Tumoren. Bevorzugter Sitz ist bei Kindern der laterale Ventrikel, insgesamt mit ca. 50 % der 4. Ventrikel. Eine Metastasierung auf dem Liquorweg und eine Assoziierung mit einem Hydrozephalus ist häufig. Mit neuroradiologischen Verfahren kann auf Grund der Lokalisation und des Kontrastmittelenhancements die Verdachtsdiagnose eingeengt werden. Die Therapie der Wahl ist die chirurgische Resektion.
Tumoren der Pinealisregion
Tumoren der Pinealisregion
Im Pinealisbereich wachsen eine Vielzahl von Tumorentitäten (Pineoblastome, Astrozytome, Glioblastome, Germinome, Teratome etc.).
Tumoren der Pinealisregion sind selten und treten nur zu 0,4–1 % aller intrakraniellen Tumoren auf. Sie werden untergliedert in die von den Pineozyten ausgehenden mehr primitiven Pineoblastome und die mehr differenzierte Gruppe der Pineozytome, die von der Glia ausgehenden Astrozytome und Glioblastome, Germinome, Teratome, embryonalen Karzinome und Chorionkarzinome. Die Gruppe der Germinome und Karzinome ist durch erhöhte Liquorwerte von a -Fetoprotein, und erhöhte Plasmawerte von b -Human-Choriogonado-
Eine Metastasierung auf dem Liquorweg und eine Assoziierung mit einem Hydrozephalus ist häufig.
Germinome und Karzinome sind mit erhöhten Werten von a -Fetoprotein im Liquor und b -HCG im Plasma assoziiert.
zum 4. Ventrikel, sind die Erstsymptome von den klinischen Zeichen des Hirndrucks und zerebellären Symptomen geprägt. Neuroradiologisch sind sie im Bereich der hinteren Schädelgrube nicht sicher von anderen dort vorkommenden Tumoren (z. B. Medulloblastomen) zu trennen. bestrahlung. Bei malignen Ependymomen des 4. Ventrikels wird gewöhnlich der Spinalkanal mitbestrahlt. Der Grad der chirurgischen Radikalität bestimmt wesentlich die Prognose. Die 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten mit komplett entferntem Tumor beträgt 87 %.
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31.8.6 Klassifikation tropin (b-HCG) oder Melatonin gekennzeichnet. In Zusammenhang mit einer neuroradiologischen Untersuchung ist damit eine Artzuordnung möglich. Auf Grund der hohen Strahlensensibilität der Germinome ist bei entsprechenden Befunden immer eine primäre Bestrahlung angezeigt. Kommt es nicht zu einer Tumorverkleinerung ist eine Operation notwendig. Teratome und alle benignen Tumoren sollen möglichst komplett exstirpiert werden.
Glioblastome
Germinome sollten primär bestrahlt werden. Teratome und alle benignen Tumoren sollen möglichst komplett exstirpiert werden. Glioblastome
n Definition. Glioblastome sind hochmaligne stark entdifferenzierte neuroektodermale Tumoren (Grad IV), deren Histogenese nicht genau bestimmt werden kann. Die überwiegende Anzahl entsteht sekundär aus Astrozytomen, Oligodendrogliomen, selten aus Ependymomen.
Definition
5–20 % aller intrakraniellen Tumoren gehören zu dieser Gruppe. Sie können mit einem Gipfel im höheren Lebensalter jederzeit auftreten. Männer sind zu 2⁄3 betroffen. Im histologischen Bild dominieren regressive Veränderungen mit Zystenbildungen. Infratentorielle Glioblastome sind selten.
5–20 % aller intrakraniellen Tumoren gehören zu dieser Gruppe. Sie können mit einem Gipfel im höheren Lebensalter jederzeit auftreten.
Symptome. Aufgrund des schnellen Wachstums sind die Anamnesezeiten
Symptome. Die Anamnesezeiten sind aufgrund des schnellen Tumorwachstums in der Regel kurz. Im Vordergrund der Symptomatik stehen Hirndruckzeichen, Kopfschmerzen sowie psychische Veränderungen.
Diagnose. Die Diagnose kann immer in der CT oder MRT gestellt werden.
Diagnose. In der CT und MRT finden sich häufig regressive Veränderungen im Tumor, ein ausgeprägtes perifokales Ödem und ein ausgeprägtes Kontrastmittelenhancement. Im Angiogramm ist eine deutliche pathologische Gefäßzeichnung sichtbar.
Therapie. Die Therapie ist zunächst immer eine chirurgische und besteht in
Therapie. Therapeutisch wird eine operative möglichst radikale Tumorreduktion angestrebt. Eine Irradiatio soll durchgeführt werden.
Prognose. Glioblastome rezidivieren immer. Auch nach optimaler Opera-
Prognose. Glioblastome rezidivieren immer. Nach 2 Jahren leben nur noch 10 % der Patienten.
kurz (wenige Wochen). Längere Anamnesezeiten weisen auf ein sekundäres Glioblastom hin. Im Vordergrund der Symptomatik stehen Hirndruckzeichen, Kopfschmerzen und psychische Veränderungen. Hirnlokale Symptome werden durch direkte Zerstörung oder indirekte Druckwirkung durch oft ausgeprägte perifokale Ödeme verursacht.
Bezeichnend für das Vorliegen eines Glioblastoms sind regressive Veränderungen mit Zystenbildungen und ein ausgeprägtes perifokales Ödem. Der Balken wird häufig infiltriert. Nach Kontrastmittelgabe kommt es zu einem deutlichen Enhancement. Im Angiogramm ist eine deutliche pathologische Gefäßzeichnung mit Darstellung von kleinen Blutseen und arteriovenösen Kurzschlüssen sichtbar. einer möglichst radikalen Reduktion des Tumorvolumens. Da Glioblastome niemals radikal entfernt werden können, werden neurologisch relevante Strukturen geschont, um die Lebensqualität des Patienten nicht zusätzlich zu verschlechtern. Eine Irradiatio ist obligat. tion und Nachbestrahlung leben 2 Jahre nach Operation nur noch ca. 10 % der Patienten. Nur gelegentlich beobachtete Langzeitüberlebensraten werden auf eine sekundäre Malignisierung eines primären Astrozytoms zurückgeführt. Der Einsatz von Chemotherapeutika verlängert die mittlere Überlebenszeit nur um Wochen, verdoppelt aber den Anteil der Patienten, die nach 18 Monaten noch überleben.
Die Wirksamkeit einer Chemotherapie hat keinen statistisch relevanten Einfluss auf die mittlere Überlebenszeit.
Klinischer Fall 63-jährige Patientin mit Kopfschmerzen. Entwicklung einer Halbseitenparese rechts, Aphasie und Eintrübung. In der CT großer zystischer Tumor links frontoparietal. Histologisch handelte es sich um ein Glioblastom. Postoperativ deutliche Rückbildung der neurologischen Aus-
fälle. Entlassung gehfähig am 11. postoperativen Tag zur Nachbestrahlung. Nach 19 Monaten klinisch und neuroradiologisch gesichertes Rezidiv. Einen Monat später verstirbt die Patientin ( 1 B-31.36).
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31 Neurochirurgie
1 B-31.36
R
Verlaufsdokumentation eines Glioblastoms
L R
a Darstellung eines großzystischen Tumors links frontoparietal in der CT.
PNET Definition
L
R
L
b c In der CT (b) und MRT (c) findet sich 19 Monate nach Operation ein großes Rezidiv.
PNET n Definition. Primitiv-neuro-ektodermale Tumoren (PNET) gehören zu einer Gruppe von hochmalignen Tumoren, die von embryonalen neuroepithelialen Zellen des ZNS ausgehen. Zu ihr zählen auch die früher als Medulloblastome bezeichneten Tumoren. Sie gehören zu den häufigsten Tumoren des Kindesalters (30 %). Aufgrund ihres raschen Wachstums sind sie in der Regel als hochmaligne einzustufen (Grad IV nach WHO).
Bevorzugter Sitz ist der infratentorielle Raum, beim Medulloblastom der Kleinhirnwurm. Eine Metastasierung des Liquorraums tritt häufig auf.
PNET sind Tumoren des frühen Kindesalters, können aber auch in der 2. Dekade auftreten. Ihr bevorzugter Sitz ist der infratentorielle Raum, sie kommen aber auch in supratentorieller Lokalisation vor. Eine Metastasierung in den Liquorraum wird häufig beobachtet. Das Medulloblastom ist vorzugsweise im Kleinhirnwurm lokalisiert und kann eine Kompression der Liquorabflusswege bewirken.
Symptome. Es bestehen vor allem Hirndruckzeichen, die Anamnese ist kurz.
Symptome. Die Klinik der oft sehr großen Tumoren besteht vor allem in
Diagnose. Die MRT-Untersuchung kann artdiagnostische Hinweise geben.
Diagnose. Die kernspintomographische Untersuchung kann aufgrund von Sitz, Infiltration, Inhomogenität und Kontrastmittelenhancement artdiagnostische Hinweise geben.
Therapie. Einer Operation muss sich immer eine Irradiatio und eine adjuvante Chemotherapie anschließen. Bei Kindern führt die Kombinationsbehandlung zu einer 5-Jahres-Überlebensrate von 80 %.
Therapie. Therapeutisches Ziel ist die möglichst radikale Entfernung des
Neurinome
Neurinome
Definition
Hirndruckzeichen und wird aufgrund des infiltrativen Wachstums von hirnlokalen Ausfällen begleitet, die Anamnese ist kurz.
Tumors mit anschließender Nachbestrahlung und Polychemotherapie. Bei Kindern führt die Kombinationsbehandlung zu einer 5-Jahres-Überlebensrate von 80 %.
n Definition. Neurinome gehen von den Schwann-Zellen aus und stellen ca. 8 % der intrakraniellen Tumoren, aber 80–90 % der Tumoren des Kleinhirnbrückenwinkels. Eine Malignisierung ist beobachtet worden.
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31.8.6 Klassifikation Das häufigste Neurinom im Kleinhirnbrückenwinkel ist das Akustikusneurinom (AKN). Die Neurinome des 8. Hirnnervs gehen meist von vestibulären Anteilen aus. Ein- und beidseitige AKN können im Rahmen eines Morbus Recklinghausen vorkommen.
Das häufigste Neurinom im Kleinhirnbrückenwinkel ist das Akustikusneurinom (AKN).
Symptome. Der N. vestibulocochlearis verlässt gemeinsam mit dem 7. Hirnnerv (N. facialis) den intrakranialen Raum. Da der langsam eintretende einseitige Vestibularisausfall meist gut kompensiert wird, ist als erstes frühes Symptom eine Hörstörung auffällig. Tinnitus, später Hörminderung, Hörsturz und schließlich Taubheit sind die typischen Symptome eines sich vergrößernden AKN. Kann der Tumor weiter wachsen, kommt es im weiteren Verlauf zum Kleinhirnbrückenwinkelsyndrom mit Gesichtslähmungen (N. facialis), Sensibilitätsstörungen im Gesicht (N. trigeminus), Gleichgewichtsstörungen und Paresen durch Kompression der Brücke und des Kleinhirns.
Symptome. Frühsymptome des AKN – Tinnitus, einseitige Hörminderung, Hörsturz, Taubheit – sollten immer intensiv abgeklärt werden. Im weiteren Verlauf kann ein Kleinhirnbrückenwinkelsyndrom entstehen mit den Symptomen: π Hörminderung π Schwindel, Ataxie π Fazialislähmung π Nystagmus π Trigeminusstörung.
Diagnose. Der Erfolg der Therapie wird durch eine frühestmögliche Diagnostik bestimmt. Deshalb sollte jede entsprechende otoneurologische Symptomatik abgeklärt werden. Eine MRT ohne und mit Kontrastmittel sollte in jedem Fall durchgeführt werden. Therapie. Jedes erkannte, auch intrakanalikuläre AKN sollte operiert wer-
den. Bei beidseitigem AKN muss die Op-Indikation unter Berücksichtigung des Hörerhalts gestellt werden. Die operativen Zugänge werden von fachspezifischen Erwägungen und der Größe des Neurinoms bestimmt. Der Erhalt des Gehörs ist zu 30–40 %, der des N. facialis zu 90-100 % möglich.
Meningeome n Definition. Meningeome gehen von den mesodermalen Zellen der Meningen aus. In großen neurochirurgischen Serien finden sie sich bei 13–19 % aller intrakraniellen Tumoren.
Mehrere Subtypen einschließlich eines malignen Meningeoms können histologisch unterschieden werden ( 2 B-31.20). Das mittlere Lebensalter und das weibliche Geschlecht werden eindeutig bevorzugt.
2 B-31.20
Subgruppierung der Meningeome
Diagnose. Auch kleine, im inneren Gehörgang liegende, Neurinome können in der MRT nachgewiesen werden. Therapie. Die Therapie der Wahl ist die operative Entfernung. Der Erhalt des Gehörs ist zu 30–40 %, der des N. facialis zu 90–100 % möglich.
Meningeome Definition
Mehrere Subtypen einschließlich eines malignen Meningeoms können histologisch unterschieden werden ( 2 B-31.20). Das mittlere Lebensalter und das weibliche Geschlecht werden eindeutig bevorzugt.
N meningotheliales Meningeom n N fibroblastisches Meningeom n N transitionales Meningeom (mixed) n N psammomatöses Meningeom n N angiomatöses Meningeom n N hämangioblastisches Meningeom n N hämangioperizytisches Meningeom n N papilläres Meningeom n N anaplastisches Meningeom n
Das Meningeom ist der häufigste mesodermale Tumor mit meist langsamem Wachstum. Ausgehend von den Hirnhäuten wird das Hirngewebe verdrängt, meist nicht infiltriert, wohingegen der Knochen unter Bildung starker Hyperostosen breit infiltriert werden kann. In Sektionsstatistiken finden sich bis zu 33 % Meningeome als intrakranielle Tumoren, in der Regel klein, asymptomatisch und unerkannt. Meningeome neigen dazu multipel aufzutreten. Im Bereich der Schädelbasis können sie aufgrund der Infiltration in den Knochen und ihrem Wachstum, z. B. in den Sinus cavernosus, oftmals nicht radikal entfernt werden. Ob ätiologisch eine signifikante Assoziation zwischen Hirntrauma und Meningeom besteht, ist derzeit noch nicht völlig geklärt. Eine Assoziation beim M. Recklinghausen ist bekannt.
Das Meningeom zeigt meist langsames Wachstum, wächst in das Hirngewebe verdrängend, nicht infiltrierend, während der Knochen breit infiltriert werden kann. Meningeome neigen dazu multipel aufzutreten.
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Symptome und Diagnose. Neben Lokalsymptomen sind Anfälle häufig Erstsymptom. CT und MRT sollten zur Darstellung der knöchernen Strukturen und des Infiltrationsgrades der Dura durchgeführt werden. In der Angiographie fällt die meist starke Gefäßversorgung auf.
Symptome und Diagnose. Die Symptomatik wird vor allem durch Lokalsymptome, also durch die Tumorlokalisation geprägt. Anfälle sind häufig Erstsymptome. Meningeome sollten sowohl in der CT zur Beurteilung der knöchernen Strukturen als auch in der MRT zur Beurteilung des Infiltrationsgrades der Meningen untersucht werden. In der CT stellen sich die Tumoren als homogene, leicht hyperdense Strukturen mit kräftigem Enhancement unter Kontrastmittelgabe dar. Pathognomonisch in der Angiographie ist die meist starke Gefäßversorgung (Äste der A. carotis externa).
Therapie. Therapie der Wahl ist die operative Radikalentfernung. Auch nach einer Operation kann es zu Rezidiven kommen (15–20 %) (u.a. bei jüngeren Patienten und Männern).
Therapie. Die Therapie der Wahl ist eine Operation. Angestrebt werden
muss immer eine Radikalentfernung des Meningeoms. Bei sehr kleinen asymptomatischen Tumoren und höherem Lebensalter kann eine abwartende Haltung möglich sein. Auch in jüngeren Serien kommt es in 15–20 % zu Tumorrezidiven. Jüngere Patienten und Männer sind häufiger von Rezidiven betroffen.
Klinischer Fall Eine 42-jährige Patientin erleidet einen 1. Krampfanfall. Nach dem Anfall besteht eine armbetonte Hemiparese rechts und Aphasie. In der MRT und in der CT findet sich ein z. T. verkalkter kortikaler Tumor von der Dura ausgehend ( 1 B-31.37 a, b). Nach Entfernung des Tumors und
1 B-31.37
der tumortragenden Dura erfolgt die plastische Deckung des Duradefekts durch einen Patch. Histologisch handelt es sich um ein transitionelles Meningeom. Die Entlassung erfolgt am 8. postoperativen Tag ohne neurologische Ausfälle ( 1 B-31.37 c).
Verlaufsdokumentation bei Meningeom
R
L
a MRT nach Kontrastmittelgabe mit zentraler Tumornekrose (Á Á), der kleinere hypointense Bereich entspricht einer Verkalkung ( Á) – vgl. mit der CT –, nur geringe menigeale Infiltration (Á Á).
R
b CT mit Verkalkung im vorderen Tumorbereich ( Á) und zentraler Nekrose des Tumors (Á Á).
L
R
L
c CT am 1. postoperativen Tag mit Rückverlagerung der Strukturen, kein Tumorrest.
Á
Maligne Lymphome
Maligne Lymphome
Nur 0,5 % der Hirntumoren sind primäre oder sekundäre Lymphome. Die Symptomatik wird bestimmt durch den schnell steigenden Hirndruck und hirnlokale Symptome.
Nur 0,5 % der Hirntumoren sind primäre oder sekundäre Lymphome. Sie treten in allen Hirnbereichen auf. Die Infiltration von Balkenbereichen ist relativ häufig. Der Altersgipfel liegt im 5.–6. Dezennium. Die Symptomatik wird bestimmt durch den schnell steigenden Hirndruck und hirnlokale Symptome. In der CT stellen sich Lymphome oft leicht primär hyperdens mit einem deutlich homogenen Kontrastmittelenhancement und relativ scharfen
In der CT stellen sich Lymphome primär hyperdens und mit deutli-
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31.8.6 Klassifikation Tumorgrenzen dar. Blutungen oder Zysten sind nicht typisch. Ist eine Lumbalpunktion möglich können zu 70-80 % Tumorzellen im Liquor nachgewiesen werden. Eine Metastasierung auf dem Liquorweg ist häufig. n Merke. Eine initiale hochdosierte Dexamethasontherapie mit reduziertem Tumorvolumen in der Kontroll-CT ist beweisend für ein Lymphom.
chem und homogenem Kontrastmittelenhancement dar.
Merke
Dann kann eine primäre Chemotherapie durchgeführt werden. Eine Irradiatio muss den Spinalkanal mit einbeziehen. Eine operative Behandlung erfolgt nur bei unbekannter Histologie sowie zur histologischen Klärung im Rahmen einer Biopsie.
Diese seltenen Tumoren sind strahlensensibel und chemotherapeutisch angehbar. Die Irradiatio muss den Spinalkanal mit einbeziehen. Hämangioblastome
Hämangioblastome
Die gutartigen Hämangioblastome finden sich vornehmlich im jüngeren und mittleren Lebensalter. Der »Lindau«-Tumor ist ein zystisches Hämangioblastom mit Vorzugssitz im Kleinhirn. Die Kombination mit retinalen Angiomen und Pankreas- und Nierenzysten wird als Hippel-Lindau-Erkrankung bezeichnet. Typischerweise entsteht eine rasch progrediente Kleinhirnsymptomatik. In der CT und MRT zeigt sich der stark vaskularisierte Tumor von einer raumfordernden Zyste umgeben. Die Therapie erfolgt durch die Exstirpation des in der Zystenwand liegenden Angioblastoms.
In 1,1–2,4 % der intrakraniellen Raumforderungen finden sich Hämangioblastome, vornehmlich im jüngeren und mittleren Lebensalter. Die gutartigen Hämangioblastome besitzen oft große Zysten. Ein Vorzugssitz ist die Kleinhirnhemisphäre. Die Assoziation mit retinalen Angiomen und Pankreas- und Nierenzysten wird als Hippel-Lindau-Erkrankung bezeichnet. Im typischen Fall kommt es zu einer rasch progredienten Kleinhirnsymptomatik. Der solide Anteil des stark vaskularisierten Tumors ist meistens von einer wesentlich größeren, raumfordernden Zyste umgeben, die sich in der CT und MRT darstellen lässt und für den erhöhten intrakraniellen Druck verantwortlich ist. Die oft nur kleinen soliden wandständigen Hämangioblastome nehmen intensiv Kontrastmittel auf. Operativ wird gezielt das Hämangioblastom entfernt. Hämangioblastome können multipel auftreten. Gelegentlich kommt es zur Rezidivierung.
Klinischer Fall 4 Jahre nach Erstoperation eines Hämangioblastoms entwickeln sich bei einer 29-jährigen Patientin 2 weitere Tumoren mit großer infratentorieller Zyste und einem Hydrozephalus der ersten 3 Ventrikel. Etwa 1 Jahr später
1 B-31.38
R
kommt es im Bereich der rechten oberen Kleinhirnhemisphärenanteile zu einem weiteren Rezidiv. Nach erneuter Operation ist die Patientin seitdem 2 Jahre ohne Beschwerden und rezidivfrei ( 1 B-31.38).
Darstellung von 2 Hämangioblastomen
L
a Hämangioblastom im Bereich der medialen Zystenwand ( Á Á); durch die Zyste Verlagerung des 4. Ventrikels (Á).
R
L
b Hämangioblastom im dorso-lateralen Zystenanteil (Á); weiterhin Darstellung des vorgeschalteten Verschlusshydrozephalus mit Erweiterung des 3. Ventrikels ( Á Á) und der Temporalhörner (Á ). Á Á
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1416 Hypophysenadenome Definition
31 Neurochirurgie
Hypophysenadenome n Definition. 10 % aller Hirntumoren sind Hypophysenadenome. Ausgangspunkt sind die Zellen der Adenohypophyse.
Tumoren unterscheiden sich durch ihre endokrine Aktivität, Größe, Wachstumsrate und klinische Symptomatik. Hypophysenkarzinome sind selten.
Die Tumoren unterscheiden sich durch ihre endokrine Aktivität, Größe, Wachstumsrate und klinische Symptomatik. Hypophysenkarzinome sind selten, ihr Auftreten wird von einigen Autoren bestritten. Beweisend für das Vorliegen eines Hypophysenkarzinoms ist allein das Vorliegen von Metastasen.
Klassifikation. Die moderne Einteilung erfolgt nach dem sekretorischen Verhalten ( 2 B-31.21).
Klassifikation. Klassischerweise werden die Adenome der Hypophyse nach ihrem färberischen Verhalten in azidophile, basophile und chromophobe Adenome eingeteilt. Die moderne Einteilung erfolgt nach dem sekretorischen Verhalten ( 2 B-31.21).
2 B-31.21
Einteilung der Hypophysenadenome nach ihrem sekretorischen Verhalten
Hormonaktive Adenome
Symptome. Die klinische Symptomatik hormonaktiver Hypophysenadenome wird durch den Hormonexzess bestimmt. Hormonaktive Adenome werden aufgrund der hormonellen Symptomatik frühzeitig diagnostiziert.
Betroffenes Hormon
N Prolaktinom n
PRL
N somatotrope Adenome n
hGH
N kortikotrope Adenome n
ACTH
N thyreotrope Adenome n
TRH
N gonadotrope Adenome n
LH, FSH
N Mischformen n
Kombination verschiedener Achsen
Symptome. Endokrin aktive Adenome werden durch den Hormonexzess symptomatisch. Auch sehr kleine intrasellär wachsende Adenome können so klinisch auffällig werden. Die charakteristischen Symptome sind in 2 B-31.22 aufgeführt.
2 B-31.22
Charakteristische Symptome endokrin aktiver Tumoren
Endokrin aktiver Tumor N STH produzierende Tumoren n
Symptom π π
Hormonell inaktive Adenome fallen eher durch eine Hormoninsuffizienz oder durch ein Chiasmasyndrom mit Visusstörung und bitemporaler Hemianopsie auf. Begleithyperprolaktinämien können auftreten.
Regressive Veränderungen in Adenomen können zu Blutungen führen. Die Hypophysenapoplexie macht sich durch eine plötzliche druckbedingte Schädigung des Chiasmas und der Hirnnerven im Sinus cavernosus bemerkbar. Diagnose. Eine endokrinologische, ophthalmologische und MRT-Untersuchung ist notwendig.
Akromegalie Riesenwuchs
N ACTH produzierende Tumoren n
π
Cushing-Syndrom
N Prolaktin produzierende Tumoren n
π
Galaktorrhö
Hormoninaktive Adenome können bei entsprechender Größe zu einer sekretorischen Störung führen. Erst bei Größenzunahme über die Grenzen der Sella turcica nach oben kann es zu Kompressionen des Chiasma opticum kommen. Große Adenome können den Hypothalamus sowie den 3. Ventrikel erreichen und den Sinus cavernosus infiltrieren. Hormonell inaktive Adenome machen sich deshalb eher durch eine Hormoninsuffizienz oder häufiger erst durch ein Chiasmasyndrom bemerkbar (Visusstörung, bitemporale Hemianopsie). Sog. Begleithyperprolaktinämien werden durch einen kompressionsbedingten Wegfall der inhibitorischen Regelung der Prolaktinsekretion hervorgerufen. Regressive Veränderungen in Adenomen können zu Blutungen führen. Die sog. Hypophysenapoplexie macht sich durch eine plötzliche druckbedingte Schädigung des Chiasmas (Chiasmasyndrom, Visusverlust) und der Hirnnerven im Sinus cavernosus (Doppelbilder, Ptose) bemerkbar.
Diagnose. Die diagnostische Abklärung eines Hypophysenadenoms schließt immer eine ophthalmologische Untersuchung zum Ausschluss eines
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31.8.6 Klassifikation Chiasmasyndroms ein. Die hormonelle Situation muss immer abgeklärt werden. Die MRT-Untersuchung ist wesentlich zur Beurteilung der Nachbarstrukturen. Bei Wachstum in und außerhalb der Sella turcica können Strukturen des Sinus cavernosus, des Chiasmas, des Dienzephalons und der liquorableitenden Wege beeinträchtigt werden.
Therapie. Einige hormonaktive Adenome können medikamentös behandelt werden (Prolaktinom – Ergo-Bromocriptin; Akromegalie – Somatostatinanaloga). Eine medikamentöse perioperative Behandlung ist in einigen Fällen sinnvoll oder notwendig. Die Operationsindikation wird zum einen durch die Behandlungsbedürftigkeit des Hormonexzesses (bei ausgeschöpfter medikamentöser Therapie), zum anderen durch das Auftreten von kompressionsbedingten Schädigungen benachbarter Strukturen bedingt
1 B-31.39
Therapie. Einige hormonaktive Adenome können medikamentös behandelt werden. Die Operationsindikation wird zum einen durch die Behandlungsbedürftigkeit des Hormonexzesses, zum anderen durch das Auftreten von kompressionsbedingten Schädigungen benachbarter Strukturen bedingt.
MRT-Verlaufsdokumentation eines suprasellären Hypophysenadenoms
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L
R
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a, b MRT präoperativ, erweiterte Sella mit großem suprasellär entwickeltem Adenom und deutlicher Bedrängung des Chiasma opticum ( Á Á Á).
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c, d MRT 4 Monate postoperativ, völlige Entlastung des Chiasmas ( Á Á Á), erhaltener Hypophysenstiel (Á), Adenom vollständig entfernt.
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1418 Das Ziel der operativen Therapie hormonaktiver Adenome ist die Beseitigung der hormonellen Störung unter Erhalt der sonstigen sekretorischen Funktion der Hypophyse. Bei postoperativ gestörter hormoneller Funktion kann eine problemlose Substitution erfolgen. Eine Operation kann auf transsphenoidalem oder transkraniellem Weg erfolgen. Der transsphenoidale Zugang ist risikoärmer. Eine Bestrahlung ist bei invasivem Wachstum, inkompletter Resektion und bisweilen bei therapieresistenten hormonaktiven Adenomen indiziert.
31 Neurochirurgie (Chiasma, Hirnnerven im Sinus cavernosus, Hypothalamus, Liquorzirkulation). Das Ziel der operativen Therapie hormonaktiver Adenome ist die Beseitigung der hormonellen Störung unter Erhalt der sonstigen sekretorischen Funktion der Hypophyse. Dies gelingt bei einem Teil der Mikroadenome. Bei postoperativ gestörter hormoneller Funktion kann eine problemlose Substitution erfolgen. Als operativer Zugang bieten sich zwei prinzipielle Wege an: transkraniell und transsphenoidal. Die Wahl des Zugangs wird durch das Ausmaß und die Art des suprasellären Wachstums, die Notwendigkeit der Entlastung suprasellärer Strukturen und das Operationsrisiko bestimmt. Transsphenoidale Zugänge sind risikoärmer und werden auch von älteren Patienten gut toleriert. Eine Bestrahlung von Makroadenomen ist bei invasivem Wachstum und inkompletter Resektion, gelegentlich auch bei therapieresistenten hormonaktiven Adenomen indiziert.
Klinischer Fall 47-jähriger Mann mit einer zunehmenden Sehverschlechterung und bitemporalen Hemianopsie. In der MRT fand sich ein intra- und suprasellärer Tumor mit sichtbarer Kompression des Chiasmas ( 1 B-31.39 a, b). Endokrinologisch konnte eine Begleithyperprolaktinämie festgestellt werden. Wegen der Visusminderung erfolgte primär die Operation auf transsphenoidalem Kraniopharyngeome Definition
⁄ 3 der Kraniopharyngeome werden vor dem 30. Lebensjahr symptomatisch. Sie liegen sowohl intra- als auch suprasellär. Aufgrund ihres langsamen Wachstums können sie erhebliche Größe aufweisen. Ein großer Teil der Tumoren zeigt zystische Anteile. Die Zysten sind mit Cholesterinkristallen gefüllt. Die Zystenwände können verkalken. Symptome. Die Symptome werden durch die Beeinträchtigung der Hypophysenfunktion und -regulation sowie eine Kompression benachbarter Hirngebiete bestimmt.
2
Diagnose. Intra- und supraselläre Verkalkungen im Schädelröntgenbild weisen auf ein Kraniopharyngeom hin, ebenso supraselläre Zysten in der CT und MRT.
Therapie. Eine operative Behandlung erzielt oft nur eine Entlastung.
Weg. Histologisch handelte es sich um ein hormoninaktives Adenom. Postoperativ kam es zu einer völligen Rückbildung der ophthalmologischen Symptomatik. In der Kontroll-MRT 4 Monate nach Operation regelrechte Verhältnisse mit Entlastung des Chiasmas ( 1 B-31.39 c, d) Endokrinologisch bestand postoperativ eine erhaltene Hypophysenfunktion ohne Hyperprolaktinämie.
Kraniopharyngeome n Definition. Kraniopharyngeome können bei 1–3 % der intrakraniellen Tumoren gesichert werden. Sie gehen wahrscheinlich von Resten des fetalen Hypophysengangs aus (Erdheim 1904) und bestehen aus Plattenepithel und Mesenchym ähnlich wie die odontogenen Adamantinome.
Zwei Drittel der Kraniopharyngeome werden vor dem 30. Lebensjahr symptomatisch. Einige Tumoren entstehen schon im fetalen Alter und präsentieren sich im Neugeborenenalter bereits als große Raumforderungen. Sie liegen sowohl intra- als auch suprasellär. Aufgrund ihres langsamen Wachstums können sie erhebliche Größen aufweisen, bei suprasellärem Wachstum weit bis in die Ventrikelebene wachsen und sich infratentoriell bis zum Foramen magnum ausdehnen. Ein großer Teil der Tumoren zeigt zystische Anteile. Die Zysten sind mit Cholesterinkristallen gefüllt. Die Zystenwände können verkalken.
Symptome. Die Symptome werden sowohl durch eine partielle oder globale Hypophyseninsuffizienz als auch durch eintretende Chiasma- oder Hirn- bzw. Hirnkammerkompressionen bestimmt. Diagnose. Supra- und intraselläre Verkalkungen erlauben insbesondere im
Kindesalter schon im Röntgennativbild des Schädels eine Diagnose. Die Kompression des Hypophysenstiels oder der Hypophyse kann zu Ausfällen der Hypophysenpartialfunktionen bzw. zu einer Hyperprolaktinämie führen. In der CT und MRT kann die Lagebeziehung zu den wichtigen benachbarten Strukturen geklärt werden. Auftretende Zysten und die Lage der Raumforderung klären schon im Vorfeld die Diagnose. Die spontane Dränage der Zysten in den subarachnoidalen Raum oder in den Ventrikel rufen eine aseptische Meningitis oder Ventrikulitis hervor.
Therapie. Aufgrund des jahrelangen Wachstums und der oft intensiven Beziehungen des Tumors und seiner Zysten gelingt meistens nur eine operative Entlastung der Zysten bzw. eine Subtotalentfernung.
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1419
31.9.1 Primäre Tumoren des Schädels Rezidivierende zystische Raumforderungen können durch gezielte Punktionen wiederholt und oft über Jahre hin ausreichend behandelt werden.
Hirnmetastasen
Hirnmetastasen
Die Häufigkeit von Hirnmetastasen wird durch die Inzidenz der Primärtumoren bestimmt. Entscheidend sind die Häufigkeit der Primärtumoren und ihre Tendenz zu einer Metastasierung in das ZNS (Chorionepitheliome 52 %, Melanome 47 %, Bronchialkarzinome 18 % und Mammakarzinome 14 %). Die Metastasierung erfolgt fast ausschließlich hämatogen. Metastasen des malignen Melanoms führen häufig zu Tumoreinblutungen. Häufigster Primärtumor der Hirnmetastasen ist das Bronchialkarzinom. Ist es zu einer spontanen Blutung in eine Hirnmetastase gekommen, liegt meist ein Melanom vor. Finden sich in einer Hirnblutung tumorverdächtige Areale oder bestehen multiple Tumoren, kann schon von CT/MRT auf ein malignes Melanom geschlossen werden.
Die häufigsten Hirnmetastasen sind die des Bronchialkarzinoms. Metastasierungstendenz ins ZNS: Chorionepitheliome 52 %, Melanome 47 %, Bronchialkarzinome 18 %, Mammakarzinome 14 %. Melanommetastasen des Hirns führen oft zu Tumorblutungen.
Symptome. Die Symptome entsprechen denen maligner primärer Hirntumoren. Wegen der oft vorhandenen multiplen Metastasierung in das Hirn sind multifokale neurologische Ausfälle möglich. Diagnose. Die Diagnostik erfolgt in der CT und MRT. Metastasen sind gut abgegrenzt, haben ein ausgeprägtes perifokales Ödem, oft multipel und zeigen ein ausgeprägtes Kontrastmittelenhancement.
Therapie. Die Operationsindikation wird in Abhängigkeit vom Grundleiden
und einer Multiplizität der Hirnmetastasen gestellt. Bei multiplen Hirnmetastasen erfolgt eine Operation bei unbekanntem Primärtumor immer zur Sicherung der histologischen Diagnose. Die Operation mehrerer Hirnmetastasen ist Ausnahmefällen vorbehalten. Solitäre Hirnmetastasen sollten auch bei allgemeiner Metastasierung immer operiert werden. Eine Nachbestrahlung muss angeschlossen werden bzw. ist in Abhängigkeit vom Grundleiden angezeigt. Das Überleben der Patienten ist abhängig von der Grunderkrankung.
31.9
Tumoren des knöchernen Schädels
Maligne Tumoren des Schädels treten bei < 2 % aller Malignome auf. Für benigne Tumoren des Schädels gibt es keine präzisen Daten, da viele Läsionen nicht symptomatisch sind oder rein konservativ behandelt werden. Die Systematik der Tumoren des Schädels ist in 2 B-31.23 dargestellt.
31.9.1
Primäre Tumoren des Schädels
Benigne Tumoren Chondrome Chondrome kommen gewöhnlicherweise im Bereich der Schädelbasis vor. Es handelt sich um langsam wachsende Tumoren, die oftmals neben den Destruktionen der Basis auch Verkalkungen aufweisen. Differenzialdiagnostisch können sie im Sellabereich gegenüber Kraniopharyngeomen durch deren nur geringe Destruktionen im Basisbereich und mehr peripher gelegenen plaqueförmigen Verkalkungen abgegrenzt werden. Im Clivusbereich lassen sie sich radiologisch nicht sicher von Chordomen unterscheiden. Eine operative Resektion soll angestrebt werden.
Osteome Osteome im Bereich der paranasalen Sinus (Vorzugslokalisation) und des Mastoids können in seltenen Fällen in den intrakraniellen Raum vorwachsen.
Symptome. Die Symptome entsprechen denen maligner primärer Hirntumoren. Wegen der oft vorhandenen multiplen Metastasierung in das Hirn sind multifokale neurologische Ausfälle möglich. Diagnose. Die Diagnostik erfolgt in der CT und MRT. Metastasen sind gut abgegrenzt, haben ein ausgeprägtes perifokales Ödem, sind oft multipel und zeigen ein ausgeprägtes Kontrastmittelenhancement. Therapie. Die Operationsindikation wird in Abhängigkeit vom Grundleiden und einer evtl. Multiplizität der Hirnmetastasen gestellt. Solitäre Hirnmetastasen sollten auch bei allgemeiner Metastasierung immer operiert werden. Eine Nachbestrahlung muss immer angeschlossen werden.
31.9
Tumoren des knöchernen Schädels Maligne Tumoren des Schädels treten bei < 2 % aller Malignome auf. Die Systematik der Tumoren des Schädels ist in 2 B-31.23 dargestellt.
31.9.1 Primäre Tumoren des Schädels Benigne Tumoren Chondrome Chondrome im Basisbereich des Schädels wachsen langsam, destruktiv und zeigen oft Verkalkungen.
Eine operative Resektion soll angestrebt werden. Osteome Osteome der paranasalen Sinus (Vorzugslokalisation) und des Mastoids können in seltenen Fällen in den intrakraniellen Raum vorwachsen.
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1420
31 Neurochirurgie
2 B-31.23
Tumoren des Schädels (Auswahl)
Benigne
Maligne
primäre Tumoren N Chondrom n
N Sarkom n
n Osteom N N Fibrom n N Riesenzelltumor n
n maligner Riesenzelltumor N N malignes Chordom n
n Hämangiom N N Dermoid/Epidermoid n N Chordom n sekundäre Tumoren n Meningeom N N Glomus-jugulare-Tumor n
n Metastasen N N Neuroblastom n N Lymphom/Myelom n
nicht neoplastische Veränderungen N Mukozele n N Histiozytose X n N fibröse Dysplasie n
Radiologisch sind sie knochendicht und gut abgrenzbar. Asymptomatische Osteome müssen nicht operiert werden. Chordome Chordome mit einem Vorzugssitz im Clivusbereich wachsen invasiv. Trotz ihrer histologischen Gutartigkeit besitzen sie wegen ihres invasiven Wachstums keine gute Prognose.
Radiologisch handelt es sich um knochendichte gut abgrenzbare Tumoren. Asymptomatische Osteome benötigen keine spezifische Therapie.
Chordome Chordome der Basis bevorzugen die Clivusregion. Sie wachsen destruierend im Bereich des Knochens und infiltrieren die Dura. Trotz ihrer histologischen Gutartigkeit besitzen sie wegen ihres invasiven Wachstums keine gute Prognose. Die interdisziplinäre operative Zusammenarbeit kann durch eine größere Radikalität bei extensiven operativen Zugängen zu einer besseren Prognose führen.
Maligne Neubildungen
Maligne Neubildungen
Chondrosarkom
Chondrosarkom Chondrosarkome stellen ⁄ 5 der primären Knochentumoren und wachsen im Bereich der Schädelbasis vornehmlich in den paranasalen Sinus und parasellär. Auch durch große extensive Eingriffe lassen sich diese Tumoren oft nicht ganz entfernen. Der Wert einer adjuvanten Therapie steht noch nicht fest.
Chondrosarkome stellen ca. 20 % der primären Knochentumoren; nur 1⁄10 wachsen kraniofazial. Bevorzugter Sitz im Bereich der Basis sind die paranasalen Sinus, der paraselläre Raum und der Kleinhirnbrückenwinkel. Die radiologische Unterscheidung zwischen Chondromen und Chondrosarkomen ist schwierig. Chondrosarkome im Bereich der paranasalen Sinus sind häufiger. Auch durch große extensive Eingriffe lassen sich diese Tumoren oft nicht ganz entfernen. Der Wert einer adjuvanten Therapie steht noch nicht fest.
31.9.2 Sekundäre Tumoren des Schädels
31.9.2
Vor allem Metastasen bestreiten den Hauptteil der sekundären Tumoren des Schädels. Bei den benignen Tumoren handelt es sich hauptsächlich um ossär wachsende Meningeome. Ziel der Therapie ist die möglichst radikale chirurgische Entfernung.
Vor allem Metastasen bestreiten den Hauptteil der sekundären Tumoren des Schädels. Bei den benignen Tumoren handelt es sich hauptsächlich um ossär wachsende Meningeome mit einer eindeutigen Bevorzugung der Schädelbasis. Hinsichtlich der Diagnostik und Therapie bestehen keine Unterschiede zu den primären Tumoren. Ziel der Therapie ist die möglichst radikale chirurgische Entfernung. Eine adjuvante Therapie muss bei malignen Tumoren immer erwogen werden.
1
Sekundäre Tumoren des Schädels
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1421
31.10.1 Epidemiologie
Nicht neoplastische tumorähnliche Läsionen
31.9.3
Gut abgegrenzte Osteolysen im kortikalen Bereich der Knochen finden sich bei 30–40 % der betroffenen Kinder im Bereich der Metaphysen der langen Röhrenknochen. Die röntgenologischen Zufallsbefunde sind in der Regel asymptomatisch und heilen spontan. Im Bereich des Schädeldachs stellt sich der Tumor radiologisch als rundlicher osteolytischer Herd (fibröse Dysplasie) mit einem sklerosierten Randsaum im Bereich der Tabula externa dar. Die Entfernung sollte als En-bloc-Resektion mit nachfolgender plastischer Deckung erfolgen.
31.9.3
Nicht neoplastische tumorähnliche Läsionen Gut abgegrenzte Osteolysen im kortikalen Bereich der Knochen finden sich bei 30–40 % der betroffenen Kinder im Bereich der Metaphysen der langen Röhrenknochen. Fibröse Dysplasien der Kalotte haben im Röntgenbild ein typisches Aussehen. Die Entfernung sollte als En-blocResektion mit nachfolgender plastischer Deckung erfolgen.
31.10
Spinale Tumoren
31.10
31.10.1
Epidemiologie
31.10.1 Epidemiologie
Die Tumoren des Spinalkanals werden eingeteilt in: π extradurale π intradurale extramedulläre π intramedulläre Prozesse. Die Inzidenz der intraduralen Tumoren wird mit 3–10/100 000 angegeben. Das Verhältnis von intraduralen zu extraduralen Tumoren beträgt 3 : 2. Intramedulläre Tumoren finden sich doppelt so häufig bei Kindern (30 %). Die meisten Tumoren werden in den thorakalen Segmenten festgestellt, gefolgt von der zervikalen und der lumbosakralen Region. Primäre benigne Tumoren der Wirbelsäule treten eher in den dorsalen Anteilen sowie bei Kindern und jüngeren Erwachsenen, primäre maligne eher im Wirbelkörper und bei älteren Patienten auf ( 2 B-31.24).
2 B-31.24
Spinale Tumoren
Die Tumoren des Spinalkanals werden eingeteilt in: π extradurale π intradurale extramedulläre π intramedulläre Prozesse. Die Inzidenz der intraduralen Tumoren wird mit 3–10/100 000 angegeben. Intramedulläre Tumoren finden sich doppelt so häufig bei Kindern (30 %). Primäre benigne Tumoren der Wirbelsäule treten eher in den dorsalen Anteilen sowie bei Kindern und jüngeren Erwachsenen, primäre maligne eher im Wirbelkörper und bei älteren Patienten auf ( 2 B-31.24).
Raumfordernde Prozesse der Wirbelsäule und des Spinalkanals
Benigne
Maligne
extradurale Tumoren N Osteoblastom n N Osteoidosteom n N Osteochondrom n N Riesenzelltumoren n N aneurysmatische Knochenzysten n N Hämangiome n N eosinophiles Granulom n N fibröses Histiozytom n
n N N n N n N n N n
Osteosarkom Chondrosarkom Chordom Myelome Metastasen
N desmoplastisches Fibrom n intradurale extramedulläre Tumoren N Meningeom n N Neurinom/Neurofibrom n
N Neurofibrosarkom n
n Dermoid/Epidermoid N N Ependymom des Filum terminale n intramedulläre Tumoren N Ependymom n n Astrozytom N N Lipom n
N anaplastisches Astrozytom n N Medulloblastom n
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1422 31.10.2
31 Neurochirurgie Symptomatik
Die Kenntnis der segmentbezogenen sensiblen Innervation und segmentaler Kennmuskeln ist Voraussetzung für eine topische Diagnostik der spinalen Raumforderungen ( 1 B-31.40). Die somatotope Anordnung der Faserbündel erlaubt die Lokalisation einer Läsion im Rückenmarkquerschnitt ( 1 B-31.41).
31.10.2
Symptomatik
Die Symptome einer spinalen Raumforderung werden wegen der segmentalen Gliederung der Wirbelsäule und des Rückenmarks vor allem durch die Höhenlokalisation bestimmt. Neben den segmentbezogenen sensiblen Dermatomen lassen sich einigen Segmenten klinisch wichtige Kennmuskeln zuordnen. Die Kenntnis dieser Systematik ist Voraussetzung für eine qualifizierte neurologische Untersuchung ( 1 B-31.40). Die somatotope Anordnung der Faserbündel und die Anlagerung der Bahnen der höheren Segmente an den inneren Teil des Traktus erlaubt die Lokalisation einer Läsion im Rückenmarkquerschnitt ( 1 B-31.41). Ein extrame-
1 B-31.40
Synopsis Schema der segmentalen Hautsensibilität
C2 C3
C2 C3
T2 C4
C4
T3 T4
T2 T3
T5
T4
T6
C5 T2
T5
T7 T9 T1 T1
C6 L1
T1
C6
T10 T11 T12
T1
L1
L2
C8
S3
C7 L3
C5
T6 T7 T8 T9
T8 T1
T2
C8 C7
L2
L2 S2 L3
L3 L4
L4
L5 L5
S1
L4
S1
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1423
31.10.3 Diagnostik dullärer Prozess wird deshalb zunächst die Bahnsysteme der tiefen Segmente schädigen und im klinischen Verlauf eine aufsteigende Querschnittlähmung verursachen. Im Rückenmarkquerschnitt zentral entstehende Raumforderungen führen durch Unterbrechung der Fasersysteme in der vorderen Kommissur zu einer dissoziierten Empfindungsstörung. Aus einer halbseitigen Schädigung der Medulla kann ein Brown-SéquardSyndrom resultieren mit unterhalb der Läsion auftretender einseitiger Parese und Hyperästhesie sowie gegenseitiger Analgesie und Thermanästhesie. Das Ausmaß der Rückenmarksschädigung kann durch die Beeinträchtigung der arteriellen Versorgung der Medulla beeinflusst werden. Zwei größere arterielle Zuflüsse nehmen wesentlich an der Versorgung teil: eine gut ausgebildete Radikulararterie in Höhe C 6 und die A. Adamkiewicz, die zwischen Th 9 und L 2 eintritt.
1 B-31.41
Extramedulläre Raumforderungen werden im Verlauf zu einer aufsteigenden Querschnittlähmung führen. Zentrale medulläre Prozesse führen zu einer dissoziierten Empfindungsstörung. Ein Brown-Séquard-Syndrom entsteht durch eine halbseitige medulläre Schädigung. Es resultiert eine ipsilaterale Parese und Hyperästhesie bei kontralateraler Analgesie und Thermanästhesie. An der arteriellen Versorgung der Medulla nehmen zwei größere arterielle Zuflüsse teil.
Synopsis Rückenmarkquerschnitt
Topographische Anordnung der sogenannten langen Bahnen im Rückenmarkquerschnitt (hier dargestellt im Zervikalbereich). Links sind die aszendierenden (afferenten), rechts die deszendierenden (efferenten) Bahnen dargestellt. Den medial im Hinterstrang aufsteigenden Bahnen der Beine (Fasciculus gracilis) legen sich die der Arme (Fasciculus cuneatus) im Zervikalbereich lateral an. Dagegen verlaufen im Tractus spinothalamicus lateralis et anterior die lumbalen und sakralen Afferenzen außen. Die gleiche topographische Ordnung (zervikale Efferenzen medial, sakrale Efferenzen lateral) findet sich im Bereich des Tractus corticospinalis lateralis. S = sakral L T C
= lumbal = thorakal = zervikal
Fasciculus gracilis S L
Fasciculus cuneatus
T
C
S
in B e pf m Ru m Ar
L T C
C
Tractus spinothalamicus lateralis
Tractus corticospinalis lateralis
TL S
Tractus spinothalamicus anterior
n Merke. Durch Beeinträchtigung der arteriellen Zuflüsse kann eine medulläre Schädigung einige Segmente aufsteigen.
31.10.3
Diagnostik
Die klinische Untersuchung erlaubt durch Bestimmung der neurologischen Läsionshöhe den gezielten Einsatz der bildgebenden Diagnostik. Bei allen schnell einsetzenden, hochgradigen sowie allen spinalen Prozessen mit Ausbildung vegetativer Symptome (Blasen-Mastdarm-Lähmung) muss eine unverzügliche Diagnostik und evtl. Therapie im Sinne eines spinalen Notfalls erfolgen. Beim spinalen Notfall sollten nur die Untersuchungen dringlich erfolgen, die zur unmittelbaren Behandlung notwendig sind.
Merke
31.10.3 Diagnostik Bei allen schnell einsetzenden, hochgradigen sowie allen spinalen Prozessen mit Ausbildung vegetativer Symptome (Blasen-MastdarmLähmung) muss eine unverzügliche Diagnostik und evtl. Therapie im Sinne eines spinalen Notfalls erfolgen.
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1424 Die kernspintomographische Untersuchung ist allen anderen Untersuchungsverfahren überlegen. Osteolysen im Nativbild sind Zeichen eines malignen Prozesses, Arrosionen, erweiterter Pedikelabstand und weites Neuroforamen das eines benignen Prozesses.
Szintigraphische Untersuchungen erlauben den Nachweis weiterer Wirbelsäulenmetastasen. Elektrophysiologische Untersuchungen dokumentieren den Funktionszustand des Myelons und unterstützen die topische Diagnostik.
31 Neurochirurgie Bei entsprechendem Verdacht wird zunächst eine MRT-Untersuchung durchgeführt. Diese erbringt in der Regel immer eine Höhenlokalisation, gestattet eine Mitbeurteilung ganzer Wirbelsäulenabschnitte und erlaubt auch eine gute Zuordnung zum Querschnitt des Spinalkanals. Knöcherne Strukturen werden besser in der CT dargestellt. Eine Myelographie ist speziellen Fragestellungen überlassen. Die Nativdiagnostik der Wirbelsäule wird nur als Screening, Funktionsuntersuchung bzw. zur Operationsvorbereitung durchgeführt. Als erster Schritt der Diagnostik erlaubt sie durch Feststellung von knöchernen Destruktionen, z. B. die Lokalisation maligner Prozesse, durch den Nachweis von Arrosionen der Wirbelkörper oder eines vergrößerten Pedikelabstands bzw. Neuroforamens die Diagnose einer benignen Raumforderung. Zur Ergänzung können weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Szintigraphische Untersuchungen sollten beim Verdacht auf einen metastasierenden Prozess der Wirbelsäule dann durchgeführt werden, wenn die neurologische Situation es erlaubt. Sie dienen dem Nachweis weiterer Skelettmetastasen. Elektrophysiologische Untersuchungen dokumentieren den Funktionszustand des Myelons und können auch zum intraoperativen Monitoring eingesetzt werden (SSEP). EMG und SSEP unterstützen die topische Diagnostik.
Therapie
31.10.4 Therapie
31.10.4
Diese richtet sich nach Art und Lokalisation der spinalen Raumforderung. Metastatische Wirbelkörperprozesse können primär bestrahlt werden, bei vorwiegend neurologischer Symptomatik erfolgt eine operative Entlastung des Myelons und der Kaudafasern. Die Behandlung von Wirbelsäulenmetastasen ist immer palliativ und sollte nur durchgeführt werden, wenn ein Querschnittsyndrom nicht komplett ist. Alle anderen spinalen Raumforderungen sollten immer operativ behandelt werden. Der Zugang zur HWS erfolgt bei Wirbelkörperbeteiligung von vorn, bei Beschränkung auf die dorsalen Abschnitte des Spinalkanals von hinten. Ventrale Zugänge im Bereich der BWS und LWS sind mit einem erhöhten Operationsrisiko verbunden und sollen nur bei Aussicht auf eine mögliche Radikalität des Eingriffs erfolgen. Die Stabilität der Wirbelsäule soll bei Eingriffen erhalten oder wiederhergestellt werden. Bei benignen Raumforderungen über mehrere Segmente sollte die dorsale Eröffnung des Spinalkanals als Laminotomie erfolgen.
Bei der Entscheidung über die einzuschlagende Therapie spielt die Art und die Lokalisation spinaler Raumforderungen eine Rolle. Metastatische Wirbelkörperprozesse können sofern sie multipel, lokal nicht begrenzt und keine neurologischen Ausfallsymptome verursachen, primär bestrahlt werden. Stehen neurologische Symptome im Vordergrund so sollte auch bei Multiplizität und fehlender lokaler Abgrenzung immer eine operative Entlastung des Myelons und der Kaudafasern vorgenommen werden. Bei der Indikation zur Operation metastatischer Prozesse der Wirbelsäule muss der Allgemeinzustand, das Ausmaß der Metastasierung und die Gesamtprognose berücksichtigt werden. Eine operative Behandlung ist nur sinnvoll, wenn ein Querschnittsyndrom inkomplett ist. Die Behandlung von Wirbelsäulenmetastasen ist immer palliativ. Alle anderen spinalen Raumforderungen sollten immer operativ behandelt werden. Eine radikale Entfernung muss auch durch Nutzung oder Kombination alternativer Zugänge oder Verfahren angestrebt werden. Der Zugang zur HWS erfolgt bei Wirbelkörperbeteiligung von vorn, bei Beschränkung auf die dorsalen Abschnitte des Spinalkanals von hinten. In allen anderen Bereichen der Wirbelsäule werden vornehmlich dorsale Zugänge genutzt. Ventrale Zugänge zur BWS und LWS sollten aufgrund des höheren Operationsrisikos nur beschritten werden, wenn damit eine Radikalität erreicht werden kann. Bei allen spinalen Operationen muss die Stabilität des Achsenorgans erhalten oder wiederhergestellt werden. Bei benignen Raumforderungen über mehrere Segmente sollte die dorsale Eröffnung des Spinalkanals als Laminotomie erfolgen. Dabei werden die Wirbelbögen und Dornfortsätze ausgeschnitten und am Ende des Eingriffs wieder eingesetzt.
31.10.5 Extradurale Tumoren
31.10.5
Benigne extradurale Tumoren
Benigne extradurale Tumoren
Benigne extradurale Tumoren sind selten und rezidivieren häufig.
Benigne Tumoren der Wirbelsäule sind selten (1–2 % der Tumoren des Skeletts). Aufgrund ihres Wachstumsverhaltens kommt es bei einigen Tumorarten häufig zu Rezidiven (Osteoblastome, Riesenzelltumoren bis 20 %). Osteoblastome äußern sich klinisch durch mehr diffuse Schmerzen, bei entsprechender Größe durch neurologische Ausfälle. Sie sind oft von einem radiologisch sichtbaren sklerotischen Saum umgeben oder primär sklerosierend. Szintigraphisch kommt es zu einer Anreicherung. Die Therapie ist eine
Osteoblastome sind sklerosierende Tumoren und reichern szintigraphisch an. Wenn sie nicht radikal entfernt werden, rezidivieren sie.
Extradurale Tumoren
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31.10.5 Extradurale Tumoren komplette Resektion der Läsion. Ein Rezidiv kommt nur bei inkompletter Entfernung vor. Osteoidosteome sind Tumoren der 2.–3. Dekade und bevorzugen Männer eindeutig (6 : 1). Sklerosierende Randsäume lassen nur schwer eine Abgrenzung gegenüber den Osteoblastomen zu. Primäres Symptom sind Rückenschmerzen, vor allem nachts, die durch Aspirin günstig beeinflussbar sind. Die Tumoren müssen komplett entfernt werden. Osteochondrome finden sich vornehmlich in den dorsalen Anteilen der Wirbelkörper. Spezifische Symptome fehlen. Szintigraphisch findet sich eine weniger intensive Anreicherung als bei Osteoblastomen. Eine operative Entfernung ist nur bei entsprechender Symptomatik notwendig. Riesenzelltumoren kommen im Bereich der Wirbelsäule zu 50 % im Os sacrum vor. Sie betreffen in der Regel die Wirbelkörper. Schmerzen und neurologische Ausfälle führen zur Diagnostik. Radiologisch finden sich sowohl Knochenrarifizierungen und Knochenzysten als auch Spontanfrakturen, paravertebrale Ausbreitungen und osteoblastische Zeichen. Die radiologischen Zeichen können eine aneurysmatische Knochenzyste vortäuschen. Eine radikale Entfernung ist oft aus Stabilitätsgründen nicht möglich. Die Therapie besteht deshalb aus subtotaler Resektion und Low-dose-Irradiatio. Bei gleichzeitig vorgenommener Stabilisierung lassen sich die Rezidivraten auf < 5 % senken. Eine präoperative Embolisation verbessert die Ergebnisse. Aneurysmatische Knochenzysten können in jedem Wirbelsäulenabschnitt vorkommen. Die Symptome werden durch Lokalisation und Größe des Prozesses bestimmt. Die klassische Ausprägung ist eine expansive Knochenlyse in den dorsalen Anteilen des Wirbelkörpers mit stark ausgedünnter und im Nativbild nicht sehr sichtbarer Kortikalis. Oft finden sich in angrenzenden Wirbelkörpern ähnliche Prozesse. In der CT können die Strukturen am besten beurteilt werden. Eine Biopsie bestätigt die Verdachtsdiagnose. Eine komplette Resektion verhindert eine Rezidivierung. Inkomplette Entfernungen und Strahlentherapie haben eine Rezidivrate von 6–25 %. Hämangiome sind in der Regel asymptomatisch. Sie kommen häufiger im oberen LWS-Bereich und der BWS vor. Zu > 30 % finden sich multiple Manifestationen. Die typischen radiologischen Zeichen sind vertikale Striae im Wirbelkörper. Es können pathologische Frakturen auftreten. Eine Lowdose-Bestrahlung kann bei symptomatischen Wirbeln vorgenommen werden. Kommt es bei Wirbelkompression zu neurologischen Symptomen kann eine Dekompression und evtl. Resektion notwendig werden. Weitere benigne Prozesse sind das eosinophile Granulom, fibröse Histiozytom und desmoplastische Fibrom.
1425 Bei inkompletter Resektion kommt es zu Rezidiven. Osteoidosteome ähneln radiologisch Osteoblastomen. Sie befallen bevorzugt Männer. Primäres Symptom sind nächtliche Rückenschmerzen, die gut auf Aspirin ansprechen. Die Tumoren müssen komplett entfernt werden. Osteochondrome finden sich u.a. in den dorsalen Anteilen der Wirbelkörper und sollen nur bei entsprechender Symptomatik entfernt werden. Riesenzelltumoren finden sich zu 50 % im sakralen Bereich. Subtotale Resektion und Irradiatio senken die Rezidivrate auf < 5 %. Eine radikale Entfernung ist oft aus Stabilitätsgründen nicht möglich. Eine präoperative Embolisation verbessert die Ergebnisse.
Aneurysmatische Knochenzysten zeigen oft extreme Ausdünnungen der Kortikalis in den dorsalen Anteilen des Wirbelkörpers. Typischerweise finden sich in angrenzenden Wirbelkörpern ähnliche Veränderungen. In der CT können die Strukturen am besten beurteilt werden. Eine Biopsie bestätigt die Verdachtsdiagnose. Eine komplette Resektion verhindert eine Rezidivierung. Hämangiome sind meist asymptomatisch und bedürfen dann keiner Therapie. Die typischen radiologischen Zeichen sind vertikale Striae im Wirbelkörper. Eine Low-dose-Bestrahlung kann bei symptomatischen Wirbeln vorgenommen werden.
Maligne extradurale Tumoren
Maligne extradurale Tumoren
Primäre maligne extradurale Tumoren
Primäre maligne extradurale Tumoren Osteosarkome finden sich eher selten im Bereich der Wirbelsäule. Sie bevorzugen die 2. sowie die 6.–7. Dekade. Initiales Symptom sind Schmerzen. Im weiteren Verlauf kommt es zu neurologischen Ausfällen. Radiologisch können sowohl osteoklastische als auch osteoblastische Bereiche dargestellt werden. Eine radikale Entfernung ist nicht möglich, die Prognose ist schlecht.
Osteosarkome finden sich eher selten im Bereich der Wirbelsäule. Sie bevorzugen die 2. sowie die 6.–7. Dekade. Initiales Symptom sind Schmerzen. Im weiteren Verlauf kommt es zu neurologischen Ausfällen. Die radiologischen Verfahren demonstrieren vor allem Zeichen maligner Tumoren mit Osteolysen, osteoblastische Bereiche können vorkommen. Vornehmlich sind die Wirbelkörperanteile betroffen. MRT oder CT beschreiben die Läsion am besten. Durch eine Szintigraphie kann bei fehlenden weiteren Skelettmanifestationen ein sekundärer Tumor ausgeschlossen werden. Eine radikale Entfernung ist unmöglich, da immer extravertebrale Strukturen mit betroffen sind. Die Kombination mit einer Chemotherapie verbessert die sehr schlechte Prognose etwas. Chondrosarkome gehören neben Osteosarkomen und Myelomen zu den häufigsten primären malignen Tumoren. Alle Wirbelsäulenabschnitte sind annähernd gleich betroffen. Die Symptomatik wird durch die Lokalisation und die spinale Raumbeengung bestimmt. Schmerzen werden als Erstsymptome beobachtet. Verkalkungen finden sich häufig. In der Kontrast-MRT und -CT kommt es zu einem Enhancement. Die Resektion ist die Therapie der Wahl. Die Prognose
Chondrosarkome gehören neben den Osteosarkomen und Myelomen zu den häufigsten primären malignen Tumoren und betreffen alle Wirbelsäulenabschnitte. Verkalkungen finden sich häufig. Die Resektion ist die Therapie der Wahl.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
1426 Die Prognose wird wesentlich durch die Radikalität der Operation bestimmt. Chondrosarkome sind strahlenresistent. Chordome kommen zu 80 % im kraniospinalen Übergang und im Sakrum vor. Erstsymptome sind Schmerzen. Eine sichere Diagnosestellung kann in MRT und CT erfolgen. Eine komplette Resektion soll angestrebt werden. Bei sakralen Chordomen beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 20–40 %. Myelome können sowohl singulär als auch multipel auftreten. Mit MRT und CT kann die Tumorlokalisation am Besten dargestellt werden. Es kommt zu Anämie, Gewichtsverlust und BSG-Beschleunigung sowie dem Auftreten von Paraprotein im Harn. Bei bekannter Histologie kann primär bestrahlt, bei multipler Lokalisation chemotherapeutisch nachbehandelt werden.
Sekundäre maligne extradurale Tumoren Wirbelmetastasen sind die häufigsten extraduralen Tumoren. Wirbelmetastasen werden durch ein schnell einsetzendes Querschnittsyndrom symptomatisch.
Die Primärdiagnostik sollte durch eine MRT erfolgen. Eine Knochenszintigraphie erlaubt eine Diagnostik weiterer Metastasen. Die Therapie der Wirbelsäulenmetastasen ist immer palliativ.
Merke
31 Neurochirurgie wird wesentlich durch die Radikalität der Operation bestimmt. Chondrosarkome sind strahlenresistent. Chordome kommen zu 80 % im kraniospinalen Übergang und im Sakrum vor, die 5.–6. Dekade und Männer sind häufiger betroffen. Erstsymptome sind Schmerzen. Im Frühstadium ist eine Darstellung in Nativaufnahmen der Wirbelsäule oft nicht möglich. Im Spätstadium finden sich röntgenologisch fleckige Verkalkungen. Spezifische Zeichen fehlen. Eine sichere Diagnosestellung kann im MRT und CT erfolgen. Eine komplette Resektion soll angestrebt werden, ist aber abhängig von den Beziehungen zu den Umgebungsstrukturen. Bei sakralen Chordomen beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 20–40 %. Myelome können sowohl singulär als auch multipel auftreten. Solitäre Plasmozytome finden sich häufiger bei Männern. Schmerzen treten oft als erste Symptome auf. Spezifische radiologische Zeichen gibt es nicht. Mit MRT und CT kann die Tumorlokalisation am besten dargestellt werden. Vor allem bei multiplen Myelomen kommt es zu Anämie, Gewichtsverlust und BSG-Beschleunigung. Die Bestimmung von Paraproteinen im Harn ist pathognomonisch. Solitäre Plasmozytome können ohne Stabilitätsverlust bestrahlt werden. Multiple Myelome werden zusätzlich chemotherapeutisch behandelt. Spinale Raumforderungen und instabile Segmente müssen operativ behandelt und evtl. stabilisiert werden.
Sekundäre maligne extradurale Tumoren Wirbelmetastasen sind weitaus häufiger als primäre Tumoren (bis 36 %). 2⁄3 entstammen Neoplasmen der Lunge, der Brustdrüse, der Prostata und des Knochenmarks. 50–60 % der Wirbelmetastasen wachsen thorakal. Die Symptomatik wird durch eine schnell eintretende Querschnittlähmung bestimmt. Den neurologischen Symptomen voraus gehen oft über einige Wochen Rückenschmerzen, im weiteren Verlauf auch radikuläre Schmerzen. Die Primärdiagnostik sollte durch eine MRT erfolgen. Zur Beurteilung der Wirbeldestruktionen ist eine spinale CT unerlässlich. Eine Knochenszintigraphie erlaubt eine Diagnostik weiterer Metastasen. Eine Therapie muss aus diesem Grund immer dringlich im Sinn eines spinalen Notfalls erfolgen. Eine radikale Operation ist auch bei optimalen Voraussetzungen nur in wenigen Fällen möglich. Eine chirurgische Entlastung erfolgt in der Regel als palliativer Eingriff zur Verhinderung eines kompletten Querschnittsyndroms, zur Pflegeerleichterung und Lebensqualitätsverbesserung. n Merke. Bei komplettem sensomotorischem Querschnittsyndrom ist eine Operation nicht mehr indiziert.
Droht im Rahmen eines palliativen Eingriffs eine Instabilität des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts, muss eine Spondylodese erfolgen. Die Prognose ist bei allgemeiner Metastasierung schlecht und beträgt im Mittel nur wenige Wochen.
Droht im Rahmen eines palliativen Eingriffs eine Instabilität des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts, muss eine Spondylodese erfolgen. Eine adjuvante Therapie sollte immer angestrebt werden. Die Prognose wird durch den Gesamtverlauf bestimmt und ist bei allgemeiner Metastasierung schlecht. Sie beträgt im Mittel nur wenige Wochen.
31.10.6 Intradurale extramedulläre Tumoren 70 % aller intraduralen Tumoren sind extramedullär. Die Inzidenz liegt bei 3–5/100 000 Einwohnern.
31.10.6
Meningeome
Meningeome
Meningeome finden sich in jedem Abschnitt des Spinalkanals mit einer gewissen Häufung thorakal. Sie werden häufig zwischen dem 40.–70. Lebensjahr symptomatisch.
Meningeome finden sich in jedem Abschnitt des Spinalkanals mit einer gewissen Häufung thorakal. Die meisten Meningeome werden zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr symptomatisch.
Intradurale extramedulläre Tumoren
70 % aller intraduralen Tumoren finden sich extramedullär. Mit einer jährlichen Inzidenz von 3–5/100 000 Einwohner ist zu rechnen. Meningeome und Neurinome finden sich zu je 22 % und 23 % unter diesen Tumoren.
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31.10.6 Intradurale extramedulläre Tumoren
1427
Symptome. Die Symptomatologie ist durch oft langjährige segmentale
Symptome. Typisch für diese Tumorgruppe ist ein langsam einsetzendes Querschnittsyndrom.
Diagnose. Die Primärdiagnostik sollte mittels MRT erfolgen. In der CT lassen sich Verkalkungen darstellen. Diese geben artdiagnostische Hinweise. Weitere diagnostische Verfahren sollten nur bei speziellen Fragestellungen durchgeführt werden.
Diagnose. Die Diagnostik erfolgt immer mittels MRT. Verkalkungen in der CT ergeben artdiagnostische Hinweise.
Therapie. Ziel der Therapie ist immer die Totalentfernung des Meningeoms
Therapie. Ziel der Therapie ist immer die Totalentfernung des Meningeoms und des tumortragenden Durateils.
Schmerzanamnesen und ein langsam einsetzendes Querschnittsyndrom gekennzeichnet.
und des tumortragenden Durateils.
Klinischer Fall Ein 42-jähriger männlicher Patient klagt seit einem halben Jahr über gürtelförmige Schmerzen im Rippenbogenbereich. Die Entwicklung eines Schweregefühls in beiden Beinen, strumpfförmige Sensibilitätsstörungen und die Steigerung der Beinsehnenreflexe rechts kamen hinzu. In der MRT kann ein intraduraler extramedullärer Tumor in Höhe BWK 10 gesichert werden ( 1 B-31.42), der rechts
1 B-31.42
betont wächst. Die komplette Entfernung samt tumortragender Dura erfolgt über eine Laminektomie des 11. BWK. Histologisch konnte ein meningotheliales Meningeom gesichert werden. Postoperativ kam es zu einem völligen Rückgang der neurologischen Ausfälle, die Entlassung des Patienten erfolgte am 9. Tag nach der Operation.
Intraduraler extramedullärer Tumor
a Intraduraler extramedullärer Tumor rechts betont (Á).
b Der Tumor füllt den Spinalkanal nahezu vollständig aus und komprimiert dadurch das Rückenmark (Á).
Neurinome und Neurofibrome
Neurinome und Neurofibrome
Neurinome kommen – mit einer gewissen lumbalen Häufung – in allen Abschnitten des Spinalkanals vor. Im zervikalen und thorakalen Bereich führen sie durch Einwachsen in das Neuroforamen und extraspinales Wachstum zu typischem Aussehen im Sinne eines Sanduhrneurinoms. Neurinome finden sich etwas häufiger bei Männern.
Neurinome kommen in allen Abschnitten des Spinalkanals vor. Im zervikalen und thorakalen Bereich bilden sie das typische Sanduhrneurinom. Neurinome finden sich gehäuft bei Männern. Symptome. Die Symptomatik wird ausschließlich durch die Lokalisation bestimmt. Sanduhrneurinome mit großem intrathorakalem Anteil können primär mit pulmonalen Symptomen manifest werden.
Symptome. Die Symptomatik wird bei diesen benignen langsam wachsenden Tumoren ausschließlich durch die Lokalisation bestimmt. Intraspinal wachsende Neurinome können schon bei geringem Durchmesser zu Querschnittsymptomen führen. Wächst das Neurinom mehr im Foramen sowie extraforaminal kann es z. T. erhebliche Größe erreichen und bei Wachstum thorakal zu primären pulmonalen Problemen führen.
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1428 Diagnose. Regressive Veränderungen in der MRT sprechen für ein Neurinom, ebenso die Erweiterung eines Neuroforamens
31 Neurochirurgie
Diagnose. Die Diagnostik erfolgt mittels MRT. Die häufig in der MRT auffal-
lenden regressiven Veränderungen der Neurinome sowie die Beziehungen zum Neuroforamen lassen bereits eine artdiagnostische Verdachtsdiagnose zu. Im Röntgennativbild weisen einseitige Erweiterungen eines Neuroforamens auf ein Neurinom hin.
Therapie. Die Therapie besteht in der vollständigen Entfernung des Tumors. Bei Sanduhrneurinomen sind gegebenenfalls Zweiteingriffe oder kombinierte Zugänge z. B. eine Thorakotomie notwendig. Neurofirbrome können maligne entarten. Neurofibrosarkome haben eine schlechte Prognose.
Therapie. Die Therapie besteht in der vollständigen Entfernung des
31.10.7 Intramedulläre Tumoren
31.10.7
Zu den intramedullär wachsenden Tumoren zählen vor allem die Gliome. Im Kindesalter stellen sie neben den Sarkomen die häufigste Tumorgruppe dar. Sie zeichnen sich durch ein langstreckiges Wachstum aus.
Zu den intramedullär wachsenden Tumoren zählen vor allem die Gliome. Im Kindesalter stellen sie neben den Sarkomen die häufigste Tumorgruppe dar. Alle medullären Gliome zeichnen sich durch ein langstreckiges oft mehrere Segmente überschreitendes Wachstum aus. Im Bereich des oberen und unteren Tumorpols finden sich häufig zystische Formationen.
Symptome. Die Symptomatik wird durch Querschnittsymptome bestimmt, deren Beginn sich lange zurückverfolgen lässt. Diagnose. Intramedulläre Tumoren führen bei langsamem Wachstum zu einer Aufweitung des Spinalkanals.
Symptome. Die Symptomatik wird durch Querschnittsymptome bestimmt,
Unerlässlich ist eine MRT.
Therapie. Ziel der Therapie ist die radikale operative Entfernung. Bei langstreckigem Wachstum muss die Eröffnung des Spinalkanals als Laminotomie erfolgen. Gelingt die Radikalentfernung eines intramedullären Glioms nicht, muss die Nachbestrahlung erwogen werden.
Tumors. Bei extraspinalem Wachstum sollte zunächst der intraspinale Anteil eines Sanduhrneurinoms entfernt werden. Gelingt es von diesem Zugang nicht, die extraspinalen Tumorteile zu entfernen, ist eine Erweiterung der Operation oder ein Zweiteingriff notwendig. Größere intrathorakale Anteile sollten über eine Thorakotomie entfernt werden. Eine Malignisierung von Neurofibromen ist möglich. Neurofibrosarkome haben auch bei zunächst radikal erscheinender Entfernung eine schlechte Prognose.
Intramedulläre Tumoren
deren Beginn sich lange zurückverfolgen lässt.
Diagnose. Bei niedriggradigen Gliomen kann es aufgrund des langsamen
Wachstums zu einer Erweiterung des Spinalkanals kommen, die sich bereits durch einen vergrößerten Pedikelabstand im Nativröntgenbild darstellt. Unerlässlich ist eine MRT. Sie stellt die Gesamtausdehnung des Tumors, seine Abgrenzung vom umgebenden Markgewebe, Syrinxformationen und die Aufweitung des Spinalkanals dar.
Therapie. Die Therapie besteht in der möglichst radikalen Entfernung des
Tumors, die durch die verbesserte Bildgebung, die intraoperative Anwendung der Mikrochirurgie, eines Lasers oder eines Ultraschallsaugers ermöglicht wird. Bei langstreckigem Wachstum muss die Eröffnung des Spinalkanals als Laminotomie erfolgen. Die besten Ergebnisse werden bei Ependymomen erreicht. Fast immer gelingt die Radikalentfernung. Auch ohne adjuvante Therapie können die Patienten rezidivfrei bleiben. Gelingt die Radikalentfernung eines intramedullären Glioms nicht, so ist eine Nachbestrahlung zu erwägen.
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1429
31.11 Strahlentherapie
Klinischer Fall Ein 37-jähriger Patient klagt seit ca. 6 Jahren über eine Nacken-RückenschmerzSymptomatik. Weiterhin über die Entwicklung von Kribbelparästhesien im 4. und 5. Finger beidseits sowie eine Fußhebeschwäche links, leichte spastische Tonuserhöhung der unteren Extremitäten und einen imperativen Harndrang. In der MRT wird ein intramedullärer Tumor BWK 3–4 mit kranial und kaudal anschließender Syrinx gesichert ( 1 B-31.43). Die makroskopische Totalentfernung des Tumors erfolgt nach Laminotomie BWK 3–5. Histologisch kann ein Ependymom Grad II (WHO) gesichert werden. Postoperativ zunächst Zunahme der neurologischen Ausfälle. Bei Verlegung des Patienten am 17. postoperativen Tag ist bereits Stehen mit Hilfe möglich, eine Inkontinenz besteht nicht mehr. Im Rahmen der anschließenden Rehabilitationsmaßnahmen kommt es zu einem Rückgang der Querschnittsymptomatik bis hin zur Gehfähigkeit mit einer Stütze.
1 B-31.43
Intramedullärer Tumor
MRT im sagittalen Schnitt mit Darstellung eines intramedullären Tumors ( Á). An den Tumor angrenzend stellt sich eine Syrinx kranial bis BWK 1 und kaudal bis BWK 6/7 dar ( Á Á).
31.11
Strahlentherapie
Die Strahlentherapie maligner Tumoren des ZNS hat seit Einführung der Hochvolttherapie an Bedeutung gewonnen. Verbesserungen der Bestrahlungsplanung und -technik und systematische Untersuchungen zur Festlegung des Zielvolumens und Kombinationen der Bestrahlung mit neurochirurgischen Verfahren haben die Behandlungsergebnisse bei den primären und sekundären Tumoren des ZNS in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Die Strahlentherapie im Gesamtkonzept der Neuroonkologie stellt überwiegend eine adjuvante Therapieform dar. Nur in seltenen Fällen kommt sie als primäre Therapiemöglichkeit zum Einsatz. Die Indikation zur Strahlentherapie ist in erster Linie von der histologischen Klassifikation der Tumoren abhängig ( 2 B-31.25).
31.11
Strahlentherapie
Die Strahlentherapie ist eine adjuvante Therapieform in der Neuroonkologie. Sie hat einen festen und definierten Platz im Gesamttherapiekonzept maligner primärer und sekundärer Tumoren.
Die Indikation zur Strahlentherapie ist in erster Linie von der histologischen Klassifikation der Tumoren abhängig.
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1430
31 Neurochirurgie
2 B-31.25
Merke
Neben der Strahlenbiologie müssen Toleranzdosen, Patientenalter, Lebensqualität, Lokalisation und vorausgegangene Therapieverfahren berücksichtigt werden.
Kontraindikationen für eine Strahlentherapie sind eine bereits erfolgte hochdosierte Bestrahlung der gleichen Region, generalisiertes Hirnödem mit Zeichen der intrakraniellen Drucksteigerung, diffuse degenerative Enzephalitis sowie eine schwere Anorexie.
Empfohlene Tumordosen für Tumoren des ZNS unterschiedlicher Histologie. Die Daten beziehen sich auf die übliche Fraktionierung mit 1,8–2 Gy/d Einzeldosis und 10 Gy/Woche (nach Schlegel und Westphal, 1998).
Histologie
Dosis (Gy)
n Glioblastoma multiforme N N Astrozytom WHO Grad 3 n
55–60 55–60
n Astrozytom WHO Grad 1 und 2 N N Meningeom n N Medulloblastom n
55–60 55–60 55
n malignes Ependymom N N Ependymom n N malignes Lymphom n
55–60 55 50
n Germinom N N Kraniopharyngeom n N Hypophysenadenom n
50 50 45–60
n Merke. Unverändert gilt, dass vor Einleitung einer Strahlentherapie die Tumorbiologie mit Histologie u. U. mit Kenntnis von Proliferationsmarkern, der Zellkinetik, Wachstumsfaktoren und Tumormarkern bekannt sein sollte.
Von diesem Prinzip sollte nur in besonderen Fällen abgewichen werden, wenn aufgrund der Lokalisation, serologischer, liquorchemischer und - zytologischer Untersuchungen oder der in vielen Fällen doch verlässlichen morphologischen Einordnung mittels CT oder MRT bzw. einer Inoperabilität bei wesentlichen Nebenerkrankungen, keine histologische Diagnosesicherung möglich ist. Das wird in der Praxis jedoch nur in den seltensten Fällen zutreffen. Neben der Strahlenbiologie des Tumors gilt es besondere Toleranzdosen, die Frage palliatives versus kuratives Behandlungsziel, Patientenalter, Lebensqualität, Lokalisation und vorausgegangene Therapieverfahren zu berücksichtigen. Kontraindikationen für eine Strahlentherapie sind eine bereits erfolgte hochdosierte Bestrahlung der gleichen Region, vorbestehendes generalisiertes Hirnödem mit Zeichen der intrakraniellen Drucksteigerung, diffuse degenerative Enzephalitis sowie eine schwere Anorexie. Bei Patienten im deutlich reduzierten Allgemeinzustand bei malignem Hirntumor oder polytop metastasierender Grunderkrankung sollte die Indikation zur Bestrahlung eher zurückhaltend gestellt werden.
Perkutane Strahlentherapie
31.11.1 Perkutane Strahlentherapie
31.11.1
Konventionelle perkutane Strahlentherapie Mit Hochvolttechniken werden g -Strahlen des Kobalt-60 oder hochenergetische Photonen appliziert. Man unterscheidet zwischen Ganzhirnund Herdbestrahlung. Beide Verfahren können auch kombiniert eingesetzt werden. Strahlenschäden: Es werden frühe (< 4 Wochen) und späte Strahlenfolgen (> 6 Monate) unterschieden. Es kann zur raumfordernden Strahlennekrose und zum strahleninduzierten Hirnödem kommen.
Konventionelle perkutane Strahlentherapie In der Regel werden mit Hochvolttechniken entweder g-Strahlen des Kobalt60 oder hochenergetische Photonen mit einem Linearbeschleuniger appliziert. Entsprechend der Dignität wird eine Ganzhirnbestrahlung (Metastasen), eine Herdbestrahlung (Tumoren der Pinealisregion, der Hypophyse, Hirnstammtumoren) oder ein kombiniertes Verfahren vorgenommen. Strahlenschäden: Strahlenbiologisch werden proliferierende und ruhende Zellpopulationen geschädigt. Dabei sind frühe (innerhalb 4 Wochen) und späte Strahlenfolgen (nach 6 Monaten) zu berücksichtigen. Durch die Bestrahlungen kann es zur Strahlennekrose kommen. Weitere frühe Nebenwirkungen sind durch das strahleninduzierte Hirnödem mit entsprechender Hirndrucksymptomatik gekennzeichnet.
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31.11.1 Perkutane Strahlentherapie Als Spätfolgen können strahleninduzierte Tumoren, z. B. Meningeome nach 10 und mehr Jahren nach Bestrahlung aus anderer Indikation, späte endokrine Imbalanzen, wenn Hypothalamus/Hypophyse im Bereich der Strahlenfelder lagen, ein progressiver Visusverlust oder auch hormonelle Störungen bei optikusnaher Bestrahlung beobachtet werden. Nach Bestrahlung von Wirbelsäulentumoren sind Störungen der Rückenmarkfunktion möglich. Um die Toleranz des Hirngewebes zu erhöhen und die therapeutische Breite zu vergrößern, wird die Gesamtdosis fraktioniert, bei Erwachsenen werden Einzeldosen von 1,8–2 Gy/Tag, verabreicht. Dabei beinhaltet ein konventioneller Bestrahlungsrhythmus 5 Bestrahlungen pro Woche. Gesamtdosen > 60 Gy und Einzeldosen > 2 Gy sind mit einem deutlich höheren Risiko an radiogen bedingten Veränderungen des gesunden Gewebes verbunden. Typische Toleranzdosen, angegeben als TD 5/5 (in Gray–Gy), charakterisieren die minimale Gewebe-und Organtoleranzdosis, mit einer 5 %-Wahrscheinlichkeit innerhalb von 5 Jahren strahlenassoziierte Komplikationen zu erleben und sind für einzelne Organstrukturen unterschiedlich ( 2 B-31.26).
2 B-31.26
Spätfolgen können auch noch nach 10 und mehr Jahren auftreten, z.B. strahleninduzierte Tumoren.
Um die Toleranz des Hirngewebes zu erhöhen und die therapeutische Breite zu vergrößern, wird die Gesamtdosis fraktioniert appliziert (1,8–2 Gy/Tag). Gesamtdosen > 60 Gy und Einzeldosen > 2 Gy sind mit deutlich höherem Risiko an radiogenen Schäden verbunden. TD 5/5 beschreibt die minimale Gewebe- und Organtoleranzdosis, mit einer 5 %-Wahrscheinlichkeit innerhalb von 5 Jahren strahlenassoziierte Komplikationen zu erleben ( 2 B-31.26).
Toleranzdosen von Risikoorganen (nach Schlegel und Westphal 1998)
Risikoorgan n N N n N n N n N n N n N n N n N n
1431
Gehirn Hirnstamm Hypothalamus, Hypophyse Chiasma opticum N. opticus Retina Linse Rückenmark peripherer Nerv
TD 5/5 (Gy) 60 50 45 50 50 55 5 50 60
mögliche Strahlenfolge Nekrose, Infarkt Nekrose, Infarkt Nekrose, Infarkt Erblindung Erblindung Visusverlust Katarakt Myelopathie, Nekrose Neuropathie
Stereotaktische perkutane Strahlentherapie Neben der beschriebenen konventionellen, externen Bestrahlung ist auch eine perkutane, stereotaktisch geführte Bestrahlung, sowohl hinsichtlich der exakten Positionierung als auch der Applikation, möglich. Etabliert hat sich für dieses Behandlungsverfahren der Begriff der stereotaktischen externen Radiochirurgie. Das Prinzip dieser Behandlung besteht darin, mit einer hohen Dosis einen möglichst umschriebenen intrakraniellen/intrazerebralen Herd unter Aussparung benachbarter Regionen zu behandeln. Mit Hilfe stereotaktischer Koordinaten wird eine extrem konzentrierte hochdosierte Dosisapplikation auf ein genau definiertes Gewebsvolumen ermöglicht. Das Gamma-Knife erlaubt unter Einsatz eines Kollimators (Helm), welcher über 200 Strahlenkanäle unterschiedlicher Größe verfügt, eine multiplanare stereotaktische Bestrahlung. Zusammen mit einer dreidimensionalen Analyse der Isodosenvolumina erfolgt die genaue Analyse zu benachbarten Hirnstrukturen. Die außerordentlich hohe Präzision und Wirksamkeit hat dazu geführt, dass an einigen Zentren in zunehmender Zahl auch benigne Prozesse (z. B. Angiome, Kavernome, Akustikusneurinome, basale Meningeome, abgegrenzte niedriggradige Gliome in eloquenten Arealen) behandelt werden. Bei der perkutanen Radiochirurgie mit dem Linearbeschleuniger erfolgt die extreme Konzentrierung der Energiedosis auf das vorgegebene Zielvolumen durch unterschiedliche Rotationstechniken. Die geforderte Präzision von < 1 mm wird durch Überschneidung der einzelnen Bewegungsabläufe in einem Punkt, dem Isozentrum, erreicht.
Stereotaktische perkutane Strahlentherapie
Die Behandlung besteht darin, mit einer hohen Dosis einen möglichst umschriebenen intrakraniellen/intrazerebralen Herd zu zerstören. Das Gamma-Knife erlaubt unter Einsatz eines Kollimators (Helm), welcher über 200 Strahlenkanäle unterschiedlicher Größe verfügt, eine multiplanare stereotaktische Bestrahlung.
Bei der stereotaktischen Bestrahlung mit dem Linearbeschleuniger erfolgt die extreme Konzentrierung der Energiedosis auf das vorgegebene Zielvolumen durch unterschiedliche Rotationstechniken.
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1432
31 Neurochirurgie
31.11.2 Interstitielle Strahlentherapie Über eine Führungshülse wird ein Radioisotop in den zu bestrahlenden Herd eingeführt (Brachytherapie/ Afterloading). Dabei wird unter Zuhilfenahme eines stereotaktischen Zielgeräts ein Strahler (Seed) in das Zielgebiet eingebracht.
31.12
Chemotherapie
Definition
Das Gesamttherapiekonzept beinhaltet Operation, Bestrahlung und Chemotherapie.
Chemotherapeutika führen zu einer Lebensverlängerung bei Patienten mit anaplastischen Gliomen, Medulloblastomen, primitiven neuroektodermalen Tumoren (PNET), Keimzelltumoren sowie primären Lymphomen des ZNS ( 2 B-31.27). Die Applikationsmethode der Wahl ist bei allen Zytostatika die intravenöse oder orale systemische Gabe. Gelegentlich ist auch eine intrathekale bzw. intraventrikuläre Applikation oder die lokale Gabe sinnvoll.
Die Auswahl der verwendeten Substanzen richtet sich nach der Empfindlichkeit der Tumorzellen und der Passagemöglichkeit durch die BlutHirn-Schranke.
Zum Einsatz kommen Alkylanzien, Antimetabolite, Mitosegifte, Antibiotika und Enzyme. Nebenwirkungen und Toxizität. Keines der Zytostatika wirkt nur spezifisch auf die Tumorzellen. Es betrifft immer auch alle proliferativen Zellen des Organismus.
31.11.2
Interstitielle Strahlentherapie
Bei der sog. Brachytherapie (Afterloading) wird eine Bestrahlungshülse in den Herd eingeführt und eine fraktionierte Behandlung über die in die Hülse eingebrachten Radioisotope vorgenommen. Das heißt, die Bestrahlung erfolgt diskontinuierlich über einen bestimmten Zeitraum. Bei der stereotaktisch geführten interstitiellen Bestrahlung wird unter Zuhilfenahme eines stereotaktischen Zielgeräts über eine Kanüle ein Strahler (J125 oder IR192) ein sog. Seed in das Zielgebiet eingebracht, verbleibt dort kontinuierlich für einen definierten Zeitraum und wird dann ebenso präzise entfernt.
31.12
Chemotherapie
n Definition. Auf dem Prinzip der selektiven Toxizität beruhende Behandlung mit verschiedenen Stoffgruppen, entweder als Mono- oder Polychemotherapie angewandt. In der Neurochirurgie gilt sie als adjuvantes Therapieverfahren.
Die Chemotherapie gehört zum Gesamttherapiekonzept (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie) und kann zur Verlängerung der Überlebenszeit bei vertretbarer Lebensqualität führen. Das gilt jedoch nicht für alle malignen Tumoren des ZNS. Insgesamt betrachtet besitzt die Chemotherapie bei der Behandlung von Tumoren des ZNS nach der Operation und Strahlentherapie eine nachgeordnete Bedeutung. Die Anwendung von Chemotherapeutika (Zytostatika) in der Behandlung von einzelnen Gruppen maligner Hirntumoren hat längst das Stadium des Experiments verlassen. Chemotherapeutika führen zu einer Lebensverlängerung bei Patienten mit anaplastischen Gliomen, Medulloblastomen, primitiven neuroektodermalen Tumoren (PNET), Keimzelltumoren sowie primären Lymphomen des ZNS ( 2 B-31.27). Die Applikationsmethode der Wahl ist derzeit bei allen Zytostatika die intravenöse oder orale systemische Gabe. Die intraarterielle Applikation (direkt in die A. carotis interna) erbrachte keine besseren Ergebnisse. Bei Tumoren, die oft zu Metastasen in den Liquorraum führen, ist eine intrathekale bzw. intraventrikuläre Applikation gelegentlich sinnvoll. Schließlich ist auch eine lokale Applikation direkt in die Resektionshöhle während der Operation (als Einmalgabe) oder über ein subkutan implantiertes Reservoir mit Anschluss an die Tumorresektionshöhle (als Mehrfachgabe) möglich. Die Auswahl der verwendeten Substanzen richtet sich nach der Empfindlichkeit der Tumorzellen, der Passage der Substanz durch die Blut-HirnSchranke, dem therapeutischen Index (Beziehung zwischen Wirksamkeit und Toxizität) sowie der Pharmakokinetik. In der Regel ist die Chemotherapie eine adjuvante, ggf. palliative Therapieform, wobei neben den spezifischen anatomischen Besonderheiten die allgemeinen tumorbiologischen Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Dazu zählen: Alter, Karnofsky-Index, Radikalität des Eingriffs, Tumorvaskularisation, Zellzyklus, Ödemmuster, immunologische Ausgangssituation, mögliche begleitende Erkrankungen oder Komplikationen, zu erwartende Prognose des Spontanverlaufs und evtl. begleitende Irradiatio. Nicht zuletzt muss die Perspektive bezüglich der psychosozialen Integrität des Patienten berücksichtigt werden. Zur Anwendung kommen verschiedene Substanzgruppen: Alkylanzien, Antimetabolite, Mitosegifte, Antibiotika und Enzyme.
Nebenwirkungen und Toxizität. Keines der heute im klinischen Gebrauch
befindlichen Zytostatika wirkt spezifisch auf die Tumorzellen. Es betrifft immer auch alle proliferativen Zellen des Organismus. Das betrifft vor allem das Knochenmark (Störung der Blutbildung) sowie die Schleimhautzellen des Magen-Darm-Trakts (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall).
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1433
31.13.1 Hirnabszess
2 B-31.27
Chemotherapie bei Tumoren des ZNS (modifiziert nach Schlegel und Westphal, 1998)
Tumorart
Indikation und verwendete Substanzen
Anmerkungen
N Glioblastome n
keine
Ausnahme: Glioblastome oligodendroglialer Herkunft und Glioblastome im Kindesalter
N anaplastische Astron zytome, WHO Grad 3
Procarbazin, CCNU und Vincristin (PCV)
Beginn 14 Tage nach Abschluss der postoperativen Bestrahlung
N anaplastische Oligon dendrogliome N anaplastische Oligon astrozytome WHO Grad 3 N Glioblastome oligon dendroglialer Herkunft WHO Grad 4
Procarbazin, CCNU und Vincristin (PCV)
falls Tumorrest Chemotherapie, laufende Multi-Center-Studie, bei inoperablen Tumoren ggf. auch primäre Chemotherapie
N primäre Lymphome n des ZNS
Methotrexat Ara C Dexamethason
Initial systemische Therapie
N Medulloblastome n
Chemotherapie empfohlen bei Lebensalter < vier Jahren und Hochrisikopatienten nach CHANG-Klassifikation
verschiedene Therapieschemata, ggf. als »Sandwich«-Therapie vor und nach Bestrahlung, Einschluss in Therapieprotokolle
N PNET n
verschiedene Therapieschemata
nur unkontrollierte Studien
N Keimzelltumoren des ZNS n
ggf. Polychemotherapie mit Carboplatin, Etoposide und Bleomycin
bei lokalem Befund Radiatio Therapie der ersten Wahl. Bei Germinomen Radiatio allein
N zerebrale Metastasen n
Procarbacin, Etoposide, Fotemustine und andere
ggf. indiziert bei Bronchialkarzinomen, Mammakarzinomen, malignen Melanomen.
Deshalb wird eine sog. Stoßtherapie bevorzugt. Dabei wird in gewissen Zeitabständen die Chemotherapie durchgeführt. In der Zwischenzeit können sich die übrigen Zellen regenerieren. Eine kontinuierliche Kontrolle der Patienten ist verständlicherweise erforderlich. Schwerwiegende Komplikationen sind die irreversible Lungenfibrose bei Überdosierung vom Bleomycin sowie die Myokardschädigung durch Adriamycin. Ausblick: Da das Ansprechen einzelner Gruppen von Tumoren des ZNS auf eine Chemotherapie wahrscheinlich auf intrinsische biologische Variablen (Durchblutung, Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke, Glukoseutilisation) zurückzuführen ist, sind diese in die Therapieentscheidung einzubeziehen. Dies wird durch weitere Nutzung funktioneller bildgebender Verfahren wie PET, SPECT, Xenon-CT und MRT möglich sein und die Möglichkeiten der Chemotherapie auf eine rationale Basis stellen.
31.13
Entzündliche Erkrankung des ZNS
31.13.1
Hirnabszess
n Definition. Hirnabszesse führen aufgrund der entzündlichen Einschmelzung eines umschriebenen enzephalitischen Herds mit Volumenvermehrung und Hirnödem zu einer intrakraniellen Raumforderung.
Ätiologie
metastatisch-embolisch: Auf hämatogenem Weg werden Keime meist pleuropulmonaler Entzündungen oder bakterieller Endokarditiden in das
π
Daher wird eine Stoßtherapie bevorzugt.
31.13
Entzündliche Erkrankung des ZNS 31.13.1 Hirnabszess Definition
Ätiologie. Metastatisch embolische Hirnabszesse entstehen auf hämatogenem Wege, meist ausgehend von
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1434 pleuropulmonalen Entzündungen oder bakteriellen Endokarditiden. Zu 2 ⁄ 3 multipel vorkommend finden sie sich u.a. in der Rinden-/Markgrenze der Großhirnhemisphären. Typische Vertreter fortgeleiteter Hirnabszesse ist der temporal gelegene otogene und der frontal gelegene rhinogene Hirnabszess.
Bei posttraumatischen oder postoperativen Hirnabszessen erfolgt die Keiminvasion durch eine offene Schädel-Hirn-Verletzung oder im Rahmen einer Operation.
31 Neurochirurgie Hirnparenchym verschleppt. Besonders gefährdet können Patienten mit angeborenen Herzvitien und Rechts-links-Shunt sein. Zu 2⁄3 sind metastatisch-embolische Hirnabszesse multipel. Sie finden sich hauptsächlich in der Rinden-/Markgrenze der Großhirnhemisphären. Häufig sind Anaerobier Ursache der Entzündung. π Fortleitung: Exemplarisch für diesen fast ausschließlich solitär auftretenden Abszess sind die otogenen oder rhinogenen Abszesse, die bei eitrigen Entzündungen des Mittelohrs und Nasen-Rachen-Raums per continuitatem in den entsprechenden benachbarten Hirngebieten temporal und frontal entstehen. Es dominieren die Keime der Nasennebenhöhlen, Anaerobier sind häufig mitbeteiligt. π Posttraumatisch und postoperativ: Hirnabszesse können durch direkte Keimeinbringung im Rahmen einer offenen Schädel-Hirn-Verletzung oder während einer Operation entstehen. Anaerobier sind weniger häufig beteiligt. Es dominieren Staphylokokken sowie andere von nosokomialen Infektionen bekannte Keime.
Symptome und Anamnese. BSG-Beschleunigung, Leukozytose und meningitische Begleitsymptome weisen auf einen Abszess hin. Chronische Verläufe können sich durch Anfälle bemerkbar machen.
Symptome. Die neurologischen Symptome werden durch die Lokalisation
Diagnose. Hirnabszesse sind nativ in der CT hypodens. In der MRT stellen sie sich in T1 hypointens, in T2 hyperintens dar. Nach Kontrastmittelgabe kommt es in beiden Verfahren zur Darstellung eines ringförmigen Enhancements. Therapie. Ziel ist sowohl die Sanierung des primär entzündlichen Herds als auch des Hirnabszesses. Prinzipiell ist auch bei chirurgischer Behandlung immer eine begleitende Antibiose notwendig.
Diagnose. In der CT und MRT stellen sich Hirnabszesse nativ als primär
Bei nicht bekanntem Erregerspektrum ist immer eine breit angelegte Antibiose gegen aerobe und anaerobe Keime notwendig. Die Methode der Wahl bei ausgebildeter Kapsel ist die stereotaktische Punktion des Abszesses.
Die offene Totalexstirpation eines Hirnabszesses sollte nur noch in bestimmten Fällen erfolgen. Die Antibiose muss gezielt und über einen längeren Zeitraum erfolgen.
des Abszesses bestimmt. Anamnestische Hinweise auf Infektionen innerhalb der vorausgegangenen 3–4 Wochen, eine Beschleunigung der BSG, eine Leukozytose oder meningitische Begleitsymptome sind hinweisend auf einen Hirnabszess. Chronisch verlaufende Abszedierungen des Hirns können sich durch fokale oder generalisierte Anfälle bemerkbar machen.
hypodense bzw. in T1 hypointense und in T2 hyperintense meist rundliche Strukturen dar, die nach Gabe von Kontrastmittel ein ausgeprägtes randständiges ringförmiges Enhancement aufweisen. Differenzialdiagnostisch muss immer eine tumoröse Raumforderung erwogen werden.
Therapie. Ziel ist sowohl die Sanierung des primär entzündlichen Herds als
auch des Hirnabszesses. Prinzipiell ist auch bei chirurgischer Behandlung immer eine begleitende Antibiose notwendig. Die antibiotische Behandlung sollte gezielt nach Antibiogramm erfolgen und bei nicht ausreichend untersuchtem Erregerspektrum immer ein anaerobierwirksames Antibiotikum beinhalten. Eine chirurgische Behandlung ist erst nach Ausbildung einer Kapsel indiziert. Während dieser Zeit muss bei meist unbekanntem Erreger eine breit angelegte Antibiose gegen anaerobe und aerobe Keime durchgeführt werden. Kommt es nicht zur Rückbildung der Raumforderung oder ist eine Kapsel primär ausgebildet, kann der Abszess stereotaktisch zur Entlastung und Bestimmung des Keimspektrums punktiert und gespült werden. Die Entnahmetechnik muss den speziellen Anforderungen einer Anzüchtung rein anaerober oder mikroaerophiler Keime entsprechen. Der Therapieverlauf kann in der CT oder MRT kontrolliert werden. Punktionen können wiederholt werden. Eine Ausheilung durch ein- oder mehrmalige Punktionen ist möglich. Die offene Totalexstirpation eines Hirnabzesses soll nur bei Misserfolg der Punktionsbehandlung, zunehmender Raumforderung sowie Spätabszessen mit gut ausgebildeter Kapsel und unter gezielter Antibiose erfolgen. Die medikamentöse Behandlung richtet sich nach dem Keimspektrum und sollte mindestens 3 Wochen über die Normalisierung neuroradiologischer Befunde hinaus weitergeführt werden.
Subdurales Empyem
31.13.2 Subdurales Empyem
31.13.2
Ätiologie. Subdurale Empyeme kommen als Komplikationen paranasaler Sinusitiden, otogener Entzündungen, einer Meningitis etc. vor.
Ätiologie. Subdurale Empyeme kommen als Komplikationen paranasaler Sinusitiden, otogener Entzündungen, einer Meningitis, einer offenen Schädel-Hirn-Verletzung und nach neurochirurgischen Eingriffen vor. Besonders gefährdet sind Patienten mit subduralen Hämatomen oder Hygromen.
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1435
31.13.4 Spinaler epiduraler Abszess
Symptome. Klinisch imponieren vor allem meningitische und meningoen-
Symptome. In der Symptomatik stehen entzündliche Zeichen stärker im Vordergrund. Häufig finden sich Anfälle und hirnlokale Zeichen.
Diagnose. Ein auffälliges Enhancement im Kapselbereich gestattet eine
Diagnose. Im Bereich der viszeralen und parietalen Kapsel kommt es nach Kontrastmittelgabe zu einem Enhancement. Therapie. Die primär chirurgische Therapie besteht in einer Spül-SaugDränage über mehrere Tage. Eine gezielte Antibiose muss bis zur Sanierung der intrakraniellen Infektion durchgeführt, ein extrakranieller Entzündungsherd immer mit saniert werden. Eine begleitende antiepileptische Behandlung ist meistens erforderlich.
zephalitische Symptome, Hirndruckzeichen, fokale oder generalisierte Anfälle und ausgeprägte hirnlokale Zeichen wie Hemiparesen oder Aphasien.
Differenzierung gegenüber Subduralhämatomen in der CT und MRT.
Therapie. Die Therapie ist immer eine primär chirurgische. Nach Resektion
der parietalen Kapsel erfolgt eine Spül-Saug-Dränage über mehrere Tage. Eine gezielte Antibiose muss bis zur Sanierung der intrakraniellen Infektion durchgeführt, ein extrakranieller Entzündungsherd immer mit saniert werden. Die Verläufe sind auch hinsichtlich der Spätfolgen (Anfälle) schlechter als bei intrazerebralen Infektionen. Eine begleitende antiepileptische Behandlung und entsprechende Nachbehandlung ist fast immer erforderlich.
31.13.3
Zerebraler epiduraler Abszess
Ätiologie. Zerebrale epidurale Abszesse sind selten und gehen in der Regel von einer Osteomyelitis der Kalotte oder einer Sinusitis aus. Symptome. Neurologische Symptome kommen eher aufgrund der Raumforderung zustande, da die Dura mater eine Infektionsbarriere darstellt. Im Vordergrund der Symptomatik stehen allgemeine Entzündungszeichen. Diagnose. Die Diagnostik erfolgt in Zusammenhang mit den klinischen Werten durch CT und MRT.
Therapie. Die Therapie hat immer die Sanierung des Primärherdes ein-
schließlich der Ausräumung und Spül-Saug-Dränage des epiduralen Abszesses zum Ziel. Eine Antibiose ist obligat. Bei vorliegender Osteomyelitis muss diese mit einem knochengängigen Antibiotikum bis zur Normalisierung aller Entzündungsparameter therapiert werden.
31.13.4
Spinaler epiduraler Abszess
n Merke. Spinale epidurale Abszesse sind ein sog. »spinaler Notfall«, da durch sie hervorgerufene Querschnittsyndrome schon nach kurzer Zeit irreversibel sind.
31.13.3 Zerebraler epiduraler Abszess Ätiologie. Zerebrale epidurale Abszesse sind selten. Symptome. Im Vordergrund der Symptomatik stehen allgemeine Entzündungszeichen. Die Dura mater fungiert als Infektionsbarriere. Diagnose. Die Diagnostik erfolgt durch CT und MRT. Therapie. Die Therapie besteht in einer Spül-Saug-Dränage des Abszesses und einer Sanierung des primär entzündlichen Herdes. Eine Antibiose ist obligat.
31.13.4 Spinaler epiduraler Abszess Merke
Ätiologie. Spinale epidurale Abszesse können spontan oder per continuita-
Ätiologie. Spinale epidurale Abszesse können spontan oder per continuitatem entstehen.
Symptome. Im Vordergrund der Symptomatik stehen lokale Schmerzen/
Symptome. Im Vordergrund der Symptomatik stehen lokale Schmerzen, Klopfschmerzen des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts und ein sich rasch entwickelndes Querschnittsyndrom.
tem aus entzündlichen Herden der Wirbelsäule, z. B. einer Spondylodiszitis entstehen. Klopfschmerzen des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts und ein sich rasch entwickelndes Querschnittsyndrom. n Merke. Ein sich rasch entwickelndes Querschnittsyndrom in Verbindung mit einer starken Druckdolenz und allgemeinen Entzündungszeichen ist dringend verdächtig auf das Vorliegen eines spinalen epiduralen Abszesses.
Diagnose. Die Diagnostik erfolgt am besten durch eine spinale MRT. Ein randständiges Enhancement nach Kontrastmittelgabe ergibt ätiologische Hinweise.
Merke
Diagnose. Diagnostisch ist die MRT allen anderen Verfahren überlegen.
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1436
31 Neurochirurgie
Therapie. Die notfallmäßige Therapie besteht in einer Laminektomie der
Therapie. Die Therapie besteht in einer notfallmäßigen Laminektomie mit Spül-Saug-Dränage.
betreffenden Wirbelsäulenabschnitte mit Spül-Saug-Dränage über mehrere Tage.
31.14
31.14
Hydrozephalus
Definition
Hydrozephalus
n Definition. Unter Hydrozephalus versteht man eine Ventrikelerweiterung zu Ungunsten der Hirnsubstanz
Pathophysiologie
31.14.1 Pathophysiologie
31.14.1
Täglich werden ca. 500 ml Liquor cerebrospinalis gebildet. Das zirkulierende Liquorvolumen beträgt 150 ml. Ist der Abfluss behindert oder die Rückresorption durch Verklebungen gestört, so wird sich bei gleichbleibender Produktionsrate das Ventrikelsystem vergrößern und der Liquordruck erhöhen.
Beim Erwachsenen werden pro Tag ca. 500 ml Liquor cerebrospinalis gebildet. Das zirkulierende Liquorvolumen beträgt 150 ml. Der Liquor fließt aus dem Ventrikelsystem in den Spinalraum, die basalen Zisternen und schließlich in den Subduralraum der Hirnkonvexität um über die Arachnoidalzotten (Pacchioni-Granulationen) in das Blut rückresorbiert zu werden (s. 1 B-31.7, S. 1053). Ist der Abfluss behindert oder die Rückresorption durch Verklebungen gestört, so wird sich bei gleichbleibender Produktionsrate das Ventrikelsystem vergrößern und der Liquordruck erhöhen.
31.14.2 Klassifikation
31.14.2
Man unterscheidet erworbene von angeborenen, obstruktive von kommunizierenden und äußere von inneren Hydrozephali.
Verschiedene Klassifikationen versuchen morphologische oder pathophysiologische Umstände einzubeziehen. So werden erworbenene von angeborenen, obstruktive von kommunizierenden, äußere von inneren Hydrozephali unterschieden. Ursächlich lassen sich im Wesentlichen 3 Formen unterscheiden: π Hydrocephalus occlusus π Hydrocephalus malresorptivus π Hydrocephalus e vacuo.
Ursächlich lassen sich 3 Formen unterscheiden: π Hydrocephalus occlusus π Hydrocephalus malresorptivus π Hydrocephalus e vacuo.
Klassifikation
Hydrocephalus occlusus
Hydrocephalus occlusus
Ätiologie. Ätiologisch besteht eine Abflussstörung aus dem Ventrikelsystem. Nach Meningitis, Subarachnoidalblutung oder Schädel-Hirn-Trauma kann es zu Verklebungen kommen. Im Bereich der hinteren Schädelgrube verhindern Tumoren, Verklebungen sowie Missbildungen die Liquorzirkulation. Folge ist eine Erhöhung des Liquordruckes rostral der Blockade.
Ätiologie. Ätiologisch besteht eine Abflussstörung aus dem Ventrikelsys-
Symptome. Die Symptomatik wird durch die tumorbedingten Lokalsymptome und durch die intrakranielle Drucksteigerung geprägt. Symptome sind Kopfschmerz, Erbrechen, Stauungspapille, psychische Veränderungen sowie Bewusstseinsstörungen. Diagnose. Diagnostische Methode der Wahl ist die CT oder MRT. Die Erweiterung des Ventrikelsystems kommt direkt zur Darstellung. Durch Kontrastmittelgabe können tumoröse Veränderungen dargestellt werden ( 1 B-31.44).
Symptome. Die Symptomatik wird zum einen durch die tumorbedingten Lokalsymptome geprägt, zum anderen durch die intrakranielle Drucksteigerung. Von besonderer Bedeutung ist die Rasanz der Entwicklung und die Dynamik der intrakraniellen Drucksteigerung. Entsprechende Symptome sind Kopfschmerz, Erbrechen, Stauungspapille, psychische Veränderungen sowie Bewusstseinsstörungen bis zum Koma.
tem. Im Bereich der Foramina Monroi durch Zysten oder Tumoren des 3. Ventrikels, Geschwülste der Vierhügelregion können den Aquaeductus cerebri stenosieren. Meningitiden, Subarachnoidalblutungen oder Schädel-Hirn-Traumen können zu Verklebungen führen. Im Bereich der hinteren Schädelgrube verhindern Tumoren, Verklebungen sowie Missbildungen (Arnold-Chiari-Syndrom, Dandy-Walker-Syndrom) die reguläre Liquorzirkulation. Folge ist eine Erhöhung des Liquordrucks rostral der Blockade.
Diagnose. Diagnostische Methode der Wahl ist die CT oder MRT.
Dabei kommt die Erweiterung des rostral des Verschlusses gelegenen Ventrikelsystems direkt zur Darstellung. Durch Kontrastmittelgabe können tumoröse Veränderungen dargestellt werden. Um die Vorderhörner der Seitenventrikel finden sich im CT periventrikuläre Zonen verminderter Dichte als Ausdruck eines druckbedingten transependymalen Liquorübertritts ( 1 B-31.44).
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1437
31.14.2 Klassifikation
1 B-31.44
Verschlusshydrozephalus
b Axiale Ebene.
a Koronare Ebene.
MRT-Untersuchung des Kopfes bei einem 46-jährigen Patienten. Zur Darstellung kommt ein monströser Tumor im Bereich des 4. Ventrikels ( Á), der zum Verschlusshydrozephalus geführt hat. Deutliche Erweiterung des vorgeschalteten Ventrikelsystems ( Á Á). Operation mit totaler Tumorentfernung. Histologie: Ependymom, WHO Grad 2. Keine Ableitungsoperation erforderlich.
Therapie. Ziel ist die Wiederherstellung einer freien Liquorpassage. Ist dies durch direktes operatives Vorgehen (z.B. Tumorexstirpation) nicht möglich, ist die Implantation eines liquorableitenden Systems (Shunt) erforderlich ( 1 B-31.45).
1 B-31.45
Therapie. Ziel ist die Wiederherstellung einer freien Liquorpassage durch direktes operatives Vorgehen oder durch Implantation eines Shunts ( 1 B-31.45).
CT-Untersuchung bei inoperablem Tumor
b Nach ventrikuloperitonealem Shunt.
a Vor ventrikuloperitonealem Shunt.
Durch die Liquorableitung konnte der Hydrozephalus symptomatisch behandelt werden.
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1438 Die Ableitungsoperation kann ventrikuloatrial oder ventrikuloperitoneal erfolgen ( 1 B-31.46).
31 Neurochirurgie Hierbei wird der Liquor über ein Kathetersystem mit zwischengeschaltetem Ventil aus dem Seitenventrikel in den rechten Vorhof des Herzens (ventrikuloatrialer Shunt) oder in den intraperitonealen Raum (ventrikuloperitonealer Shunt) abgeleitet ( 1 B-31.46).
1 B-31.46
Synopsis Schematische Darstellung einer ventrikuloatrialen und ventrikuloperitonealen Liquorableitung (Shunt)
3
4 5
1
6
7 2
1 2 3 4 5 6 7
ventrikuloatriale Liquorableitung ventrikuloperitoneale Liquorableitung Katheter im Seitenventrikel Ventil V. facialis V. jugularis Atrium cordis
Die Ventilsysteme lassen sich nach ihrem Öffnungsdruck in Niederdruck-, Mitteldruck- und Hochdruckventile einteilen. Hydrocephalus malresorptivus
Hydrocephalus malresorptivus
Synonym: Hydrocephalus communicans. Ätiologie. Ursache ist eine Liquorresorptionsstörung durch Verklebung der Arachnoidalzotten, der basalen Zisternen und Subarachnoidalräume. Ein Hydrocephalus malresorptivus kann mit einer Latenz von Tagen, Wochen bis Monaten nach der Erkrankung entstehen.
Ätiologie. Ätiologisch handelt es sich um eine Liquorresorptionsstörung durch Verklebung der basalen Zisternen und Subarachnoidalräume, in erster Linie jedoch der Arachnoidalzotten. Diese Verklebungen lassen sich nach Subarachnoidalblutungen, Meningitiden, Meningoenzephalitiden und Schädel-Hirn-Traumen beobachten. Ein Hydrocephalus malresorptivus kann mit einer Latenz von Tagen, Wochen bis Monaten nach der Erkrankung entstehen. Der Liquordruck ist mäßiggradig erhöht, kann aber über längere Phasen auch im Normalbereich liegen.
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1439
31.14.2 Klassifikation
Symptome. Gangstörungen, psychoorganische Veränderungen und Harnin-
kontinenz bilden eine typische Trias, deren volle Ausbildung nur im fortgeschrittenen Stadium beobachtet wird. Die Erkrankung beginnt mit nachlassender Konzentration, Gedächtnisstörungen, allgemeiner Verlangsamung und geistigem Abbau. Das Gangbild wird kleinschrittig und letztendlich tritt die Harninkontinenz hinzu. Kopfschmerzen und Stauungspapille gehören nicht zu den typischen Symptomen. Wichtig ist die differenzialdiagnostische Abgrenzung gegen den Hydrocephalus e vacuo, bei dem eine fortschreitende Demenz im Vordergrund steht. Nur gelegentlich kommt es zur Gangstörung und Inkontinenz. Es liegt keine Liquorresorptionsstörung vor.
Symptome. Gangstörungen, psychoorganische Veränderungen und Harninkontinenz bilden eine typische Trias.
Kopfschmerzen und Stauungspapille gehören nicht zu den typischen Symptomen.
Diagnose. In der CT oder MRT Nachweis einer Erweiterung des gesamten Hirnkammersystems. Die diagnostische Sicherung erfolgt durch kontinuierliche Messung des intrakraniellen Drucks über 48 Stunden sowie durch den Nachweis der Liquorresorptionsstörung (Malresorption) durch Liquorraumszintigraphie oder Bestimmung der Liquorresorptionskapazität.
Diagnose. Die diagnostische Sicherung erfolgt durch kontinuierliche Messung des intrakraniellen Drucks über 24–48 Stunden sowie durch Liquorraumszintigraphie oder Bestimmung der Liquorresorptionskapazität.
Liquorraumszintigraphie
Liquorraumszintigraphie
Radioaktiv markierte Isotope werden lumbal in den Liquor appliziert. Nach 2–4 Stunden ist die Aktivität in den basalen Zisternen, nach 24 Stunden im Subarachnoidalraum der Konvexität nachweisbar. Bei ungestörter Liquorzirkulation wird intraventrikulär keine Aktivität nachgewiesen. Bei einer gestörten Resorption zeigt sich eine verzögerte Füllung der basalen Zisternen, wenig Aktivitätsanreicherung im Subarachnoidalraum der Konvexität und ein Reflux in die Ventrikel, in denen die Aktivität bis zu 72 Stunden nachweisbar bleibt.
Radioaktiv markierte Isotope werden lumbal in den Liquor appliziert.
Liquorresorptionskapazität
Bei einer gestörten Resorption zeigt sich eine verzögerte Füllung der basalen Zisternen, wenig Aktivitätsanreicherung im Subarachnoidalraum der Konvexität und ein Reflux in die Ventrikel. Liquorresorptionskapazität
Diese lässt sich durch den lumbalen Belastungstest ermitteln. Dabei wird unter laufender Liquordruckmessung lumbal ein definiertes Volumen einer sterilen Lösung infundiert. Ein zusätzlich appliziertes Flüssigkeitsangebot bis zu 20 ml/Stunde kann in physiologischer Weise resorbiert werden. Eine Einschränkung der Resorptionskapazität führt zu einem deutlichen Liquordruckanstieg.
Dabei wird unter laufender Liquordruckmessung lumbal ein definiertes Volumen einer sterilen Lösung infundiert. Eine Einschränkung der Resorptionskapazität führt zu einem deutlichen Liquordruckanstieg.
Therapie. Methode der Wahl ist die liquorableitende Operation in Form eines ventrikuloatrialen oder ventrikuloperitonealen Shunts. Die operative Therapie führt gewöhnlich schnell und eindrucksvoll zur Besserung der klinisch-neurologischen Symptomatik.
Therapie. Die operative Therapie in Form eines ventrikuloatrialen oder ventrikuloperitonealen Shunts führt gewöhnlich schnell und eindrucksvoll zur Besserung der klinisch-neurologischen Symptomatik.
Normaldruckhydrozephalus (normal pressure hydrocephalus – NPH)
Normaldruckhydrozephalus (normal pressure hydrocephalus – NPH)
Eine Sonderform des Hydrozephalus beim Erwachsenen ist der Normaldruckhydrozephalus (normal pressure hydrocephalus – NPH).
Symptome. Die klinische Symptomatik ist gekennzeichnet durch eine pro-
grediente, gelegentlich fluktuierende Entwicklung von Gangstörungen, Hirnleistungsschwäche und Harninkontinenz.
Differenzialdiagnose. Die Differenzialdiagnose des NPH umfasst die neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer, Morbus Binswanger und Morbus Pick. Um den Patienten unnötige Operationen zu ersparen, muss eine umfangreiche apparative Zusatzdiagnostik erfolgen. Diese umfasst eine neuropsychologische Diagnostik, die transkranielle Doppler-Sonographie zur Bestimmung der Blutflussgeschwindigkeiten in intrakraniellen Arterien vor und nach Liquorpunktion, Bestimmung der
Symptome. Die Symptomatik ist gekennzeichnet durch eine progrediente, gelegentlich fluktuierende Entwicklung von Gangstörungen, Hirnleistungsschwäche und Harninkontinenz. Differenzialdiagnose. Die Differenzialdiagnose des NPH umfasst die neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer, Morbus Binswanger und Morbus Pick. Um den Patienten unnötige Operationen zu ersparen, muss eine umfangreiche apparative Zusatzdiagnostik erfolgen.
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1440
31 Neurochirurgie
Diese umfasst eine neuropsychologische Diagnostik, die transkranielle Doppler-Sonographie zur Bestimmung der Blutflussgeschwindigkeiten in intrakraniellen Arterien vor und nach Liquorpunktion, Bestimmung der Hirndurchblutung mit SPECT, VolumenDruck-Belastung zur Compliancebestimmung sowie urodynamische Untersuchungen zum Ausschluss einer urologischen Erkrankung als Ursache der Harninkontinenz.
Hirndurchblutung mit SPECT, Volumen-Druck-Belastung zur Compliancebestimmung sowie urodynamische Untersuchungen zum Ausschluss einer urologischen Erkrankung als Ursache der Harninkontinenz. Während die neuropsychologische Diagnostik die Differenzierung gegen neurodegenerative Erkrankungen erlauben soll, dient die transkranielle Doppler-Sonographie der Abgrenzung gegen vaskuläre Abbauprozesse. Die Volumen-Druck-Belastung soll einen Hinweis auf die Dehnbarkeit bzw. Kompressibilität des intraduralen Raums geben, die Ausdruck seines Füllungszustands ist. Zusammen mit der probatorischen Lumbalpunktion stellt die fortlaufende Hirndruckmessung über 48 Stunden mit Darstellung besonderer Hirndruckkurvenverläufe, den sog. B-Wellen, den besten Indikator für die Shuntoperation dar. Erfolgt eine strenge Indikationsstellung zur Operation, wird bei Patienten mit NPH besonders die Gangstörung gebessert.
Prognose. Da der NPH Ausdruck eines multifaktoriellen Geschehens ist, kann die Prognose nur vor diesem Hintergrund beurteilt werden. Je besser die diagnostische Selektion um so besser die Prognose.
Prognose. Da der NPH Ausdruck eines multifaktoriellen Geschehens ist,
kann die Prognose nur vor diesem Hintergrund beurteilt werden. Nach verschiedenen Studien ist jedoch von einer Besserung der Kardinalsymptome bei einer Vielzahl der Betroffenen auszugehen. Je besser die diagnostische Selektion um so besser die Prognose. Bei der Zunahme von altersbedingten Erkrankungen ist auch eine Zunahme dieser Patientengruppe zu erwarten. Bei demenziellen Syndromen sollte auch die Möglichkeit einer neurochirurgischen Behandlungsoption evaluiert werden.
Klinischer Fall 68-jähriger Patient mit der klinischen Trias: Gangstörungen, Inkontinenz und Demenz. Diagnostik: Die CT zeigt einen kommunizierenden Hydrozephalus, einen erweiterten Subarachnoidalraum, sog. Polkappen über den Vorderhörnern der Seitenventrikel als Ausdruck der gestörten transependymalen Liquorresorption. Bei Lumbalpunktion wird ein erhöhter Liquordruck gemessen, nach Entnahme von 50 ml Liquor bessern sich insbesondere die Gangstörungen eindrucksvoll. Bei der
vor und nach Lumbalpunktion durchgeführten transkraniellen Doppler-Sonographie zeigt sich postpunktionell eine Flussbeschleunigung, im EEG eine Abnahme der Allgemeinveränderung. Die Hirndruckmessung weist während der Nachtstunden typische B-Wellen mit episodischen Hirndruckanstiegen auf. Therapie: Implantation eines ventrikuloperitonealen Shuntsystems (Mitteldruckstufe). Nach der Operation erfolgt eine deutliche Rückbildung der Gangstörungen sowie der Inkontinenz.
Hydrocephalus e vacuo
Hydrocephalus e vacuo
Ätiologie. Hirnatrophische Prozesse mit Untergang von Hirnsubstanz. Der Liquordruck ist immer normal.
Ätiologie. Ätiologisch handelt es sich um eine Erweiterung der inneren und
Symptome. Hirnorganisches Psychosyndrom und progredienter demenzieller Verfall.
Symptome. Es zeigen sich Merkmale des hirnatrophischen Prozesses mit
Diagnose. In der CT oder MRT Nachweis der Erweiterung der inneren und äußeren Liquorräume.
Diagnose. In der CT oder MRT ist die Erweiterung der inneren und äußeren
Therapie. Eine operative Therapie ist nicht möglich.
Therapie. Eine operative Therapie ist nicht möglich.
äußeren Liquorräume (Ventrikel und Subarachnoidalräume) infolge hirnatrophischer Prozesse mit Untergang von Hirnsubstanz. Der Liquordruck ist immer normal.
hirnorganischem Psychosyndrom und schließlich progredientem demenziellen Bild.
Liquorräume nachzuweisen.
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1441
31.14.3 Besonderheiten des Hydrozephalus im Säuglingsalter 31.14.3
Besonderheiten des Hydrozephalus im Säuglingsalter
31.14.3 Besonderheiten des Hydrozephalus im Säuglingsalter
Ätiologie. Ätiologisch verantwortlich sind Missbildungen, intrauterine
Ätiologie. Missbildungen, intrauterine Infektionen, Blutungen sowie Meningitiden sind die Ursache.
Symptome. Im Neugeborenen- und Säuglingsalter ist der Verdacht auf
Symptome. Das Auftreten von begleitenden Missbildungen ist hinweisend. Charakteristisch sind schnelles Schädelwachstum (Perzentilensprung), gespannte Fontanellen, verbreiterte Schädelnähte, ein »Sonnenuntergangsphänomen«, gestaute Skalpvenen etc.
Diagnose. Für die Verlaufskontrolle ist die Kopfumfangsmessung sowie die CT/MRT am wichtigsten. Mittels Ultraschall kann im Säuglingsalter die Ventrikelweite ohne Anwendung von Röntgenstrahlen sicher beurteilt und im Verlauf dokumentiert werden ( 1 B-31.47).
Diagnose. Für die Verlaufskontrolle ist die Kopfumfangsmessung, die Ultraschalluntersuchung ( 1 B-31.47) sowie die CT/MRT am wichtigsten.
Infektionen, intrauterine oder perinatale Blutungen sowie Meningitiden.
einen Hydrozephalus leichter zu stellen als bei Erwachsenen. Neben den häufig bekannten Befunden aus den Vorsorgeuntersuchungen ist das Auftreten von begleitenden Missbildungen schon hinweisend. Treten dann weitere Charakteristika wie ein schnelles Schädelwachstum (Perzentilensprung), gespannte Fontanellen, verbreiterte Schädelnähte, ein »Sonnenuntergangsphänomen«, gestaute Skalpvenen oder Allgemeinsymptome wie Bradykardie, Apnoe, Trinkunlust, vermehrte Irritierbarkeit oder auch reduzierte Vitalität auf, ist die klinische Diagnose des Hydrozephalus leicht zu stellen.
1 B-31.47
a
Sonographische Darstellung der Ventrikel im Säuglingsalter
b
Ultraschalluntersuchung in verschiedenen Ebenen (a, b, c) bei einem 3 Wochen alten männlichen Säugling mit Darstellung einer Erweiterung aller Hirnkammern. c
Therapie. Die wiederholte Fontanellenpunktion ist ein durchaus probates
Therapie. Durch wiederholte Fontanellenpunktionen oder externe Liquordränage erfolgt die Liquorsanierung bis zur definitiven operativen Shuntversorgung. Die operative Behandlung durch Implantation eines Shuntsystems sollte so früh wie möglich durchgeführt werden, um einem irreversiblen Untergang von Hirngewebe zuvorzukommen 1 B-31.48). (s. 1 B-31.46, Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag
Mittel, insbesondere bei Früh- und Neugeborenen mit z.B. posthämorrhagischem Hydrozephalus. Eine tägliche Liquorentnahme von 7–15 ml soll erreicht werden, um den Hydrozephalus zu kontrollieren und die Liquorsanierung bis zu einem adäquaten Zellzahl- und Eiweißbefund abzuwarten. Die operative Behandlung durch Implantation eines Shuntsystems sollte so früh wie möglich durchgeführt werden, um einem irreversiblen Untergang von Hirngewebe zuvorzukommen (s. 1 B-31.46, 1 B-31.48).
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1442 Prognose. Die Prognose ist gut.
31 Neurochirurgie
Prognose. Mit diesem insgesamt einfachen und mit wenigen schweren Komplikationen vergesellschafteten Verfahren ist vielen Kindern eine nur wenig oder nicht gestörte körperliche und intellektuelle Entwicklung ermöglicht worden.
1 B-31.48
Ventrikuloperitoneale Ableitung Röntgenologische Darstellung einer ventrikuloperitonealen Ableitung bei einem 8 Wochen alten männlichen Säugling bei Hydrozephalus nach perinataler Hirnblutung.
31.14.4 Komplikationen nach Shuntoperation Die Komplikationen von 20–30 % (Infektionen, Shuntdiskonnektionen und -obstruktionen) gehen hauptsächlich zu Lasten des implantierten Fremdkörpers. Die Inzidenz von Komplikationen ist im Säuglings- und Kindesalter höher als bei Erwachsenen. Weitere Komplikationen sind die Überdränage, subdurale Hygrome und Hämatome und das Schlitz-VentrikelSyndrom.
31.14.5 Endoskopische Verfahren
Mit Hilfe neuroendoskopischer Verfahren ist es heute zunehmend möglich, direkt unter endoskopischer Kontrolle eine obstruierte Liquorpassage wiederherzustellen.
31.14.4
Komplikationen nach Shuntoperation
Die relativ hohe Komplikationsrate von 20–30 % geht hauptsächlich zu Lasten des implantierten Fremdkörpers. Dabei sind neben den Infektionen (5–10 %) Shuntdiskonnektionen und -obstruktionen mit bis zu 20 % zu erwarten. Erfahrungsgemäß ist die Inzidenz von Komplikationen im Säuglings- und Kindesalter höher als bei Erwachsenen. Die immunologische Ausgangssituation sowie die andererseits mit dem Körperwachstum verbundenen Faktoren spielen hier die entscheidende Rolle. Weitere Komplikationen sind die Überdränage, subdurale Hygrome und Hämatome und das Schlitz-Ventrikel-Syndrom. Seltene Komplikationen sind intrazerebrale Blutungen, Endokarditis, Shuntnephritis, Lungenembolie, intraabdominelle Zysten sowie Perforation und Verletzung von intraabdominellen Organen.
31.14.5
Endoskopische Verfahren
Schon Dandy hat in den 30er Jahren versucht über eine direkte Koagulation des Plexus chorioideus bei postulierter Hypersekretion den Hydrozephalus zu beherrschen. Seit der Wiederaufnahme neuroendoskopischer Verfahren hat diese Überlegung in den letzten Jahren erneut an Bedeutung erfahren. Die Bereitstellung hochauflösender starrer und flexibler Endoskope mit verschiedenen Arbeitskanälen, die Verwendung von lokalisatorischen Hilfen wie stereotaktisch geführte Punktion zusammen mit einer »endoskopischen topografischen Anatomie« ermöglichen es jetzt in zunehmenden Maße, direkt unter endoskopischer Kontrolle eine obstruierte Liquorpassage wiederherzustellen.
Prognose
31.14.6 Prognose
31.14.6
Die Prognose des kindlichen Hydrozephalus muss insgesamt als günstig angesehen werden.
Die Prognose des kindlichen Hydrozephalus muss insgesamt als günstig angesehen werden, wenn nicht den Hydrozephalus bedingende wesentliche substanzielle Hirnschädigungen wie perinatale Hypoxie, Blutungen, Infektionen oder Fehlanlagen im Vordergrund stehen.
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1443
31.15 Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen Insgesamt kann in 2⁄3 der Fälle von einer normalen intellektuellen Entwicklung ausgegangen werden. Die 5-Jahres-Überlebensrate von shuntversorgten Kindern beträgt 80–90 %. Der Hydrozephalus des Erwachsenen, wobei die obstruktiven Formen im Vordergrund stehen, hat eine gute Prognose per se. Diese wird jedoch letztlich von der Grundkrankheit bestimmt. n Merke. Shuntversorgte Patienten müssen ständig einen sogenannten Ventilpass bei sich tragen. Darin enthalten sind Angaben zur Erkrankung, zur Ableitungsart, Ventilsystem, Druckstufe und behandelnder Klinik.
31.15
Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen
n Definition. Fehlbildungen sind pränatal durch Anlagefehler entstandene Formabweichungen von Organen oder Körperteilen bei sonst normalen Geweben. Demgegenüber werden als Dysplasien morphologische Anomalien bezeichnet, die durch fehlerhafte Organisation und/oder Funktion von Geweben oder Gewebskomponenten zustande kommen. Sie werden histologisch nachgewiesen.
Das Zentralnervensystem durchläuft im Zuge seiner Entwicklung zahlreiche Umwandlungs- und Differenzierungsvorgänge. Zwar ist seine grobe Gestalt zum Ende des 1. Trimenons ausgebildet (Morphogenese), die dann folgenden histogenetischen Veränderungen (Proliferation, Migration) beanspruchen aber noch den Rest der intrauterinen Zeit und gehen nach der Geburt weiter. Die Myelinisierung erreicht erst mit der Pubertät einen gewissen Abschluss ( 2 B-31.28).
2 B-31.28
Insgesamt kann in 2 ⁄ 3 der Fälle von einer normalen intellektuellen Entwicklung ausgegangen werden. Die 5-JahresÜberlebensrate von shuntversorgten Kindern beträgt 80–90 %. Der Hydrozephalus des Erwachsenen wird letztlich von der Grundkrankheit bestimmt. Merke
31.15
Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen
Definition
Das Zentralnervensystem durchläuft im Zuge seiner Entwicklung zahlreiche Umwandlungs- und Differenzierungsvorgänge. Die Entwicklung ist mit der Geburt nicht abgeschlossen ( 2 B-31.28).
Strukturelle Entwicklung des menschlichen Gehirns
N neurale Induktion n
3.–4. Gestationswoche
N Neuroblastenproliferation n
8.–25. Gestationswoche
N neuronale Migration n
8.–34. Gestationswoche
N selektive Aggregation von Neuronen n
8.–34. Gestationswoche
N neuronale Differenzierung, Bildung n spezifischer Verbindungen
5. Gestationswoche bis 4 Jahre
N Untergang von Neuronen (cell death, Kortex) n
2–16 Jahre
N selektive Elimination von Synapsen (Kortex) n
2–16 Jahre
N Myelinisierung n
25. Gestationswoche bis 20 Jahre
Häufigkeit. Bei etwa 12/1000 Neugeborenen (einschließlich totgeborener Kinder) muss mit größeren Fehlbildungen gerechnet werden. Mit 70–80 % übertrifft die Häufigkeit der Anomalien des Nervensystems die anderer Organe. 75 % fetaler Todesfälle und 40 % der Sterblichkeit im ersten Lebensjahr sind darauf zurückzuführen (Häufigkeit im pädiatrischen Obduktionsgut: 5,5 %). Die Hälfte der Fehlbildungen sind bereits zum Zeitpunkt der Geburt diagnostiziert. Dysrhaphische Störungen umfassen fast 90 % der zentralnervösen Anomalien. Ihr Vorkommen ist deshalb auch am besten untersucht, wenn auch viele der Ursachen noch ungeklärt sind.
Häufigkeit. Bei etwa 12/1000 Neugeborenen (einschließlich totgeborener Kinder) muss mit Fehlbildungen gerechnet werden. Davon entfallen 70–80 % auf Anomalien des Nervensystems. Die Hälfte der Fehlbildungen sind bereits zum Zeitpunkt der Geburt diagnostiziert. Dysrhaphische Störungen umfassen fast 90 % der zentralnervösen Anomalien.
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1444
31 Neurochirurgie
Ätiopathogenese. Die häufigsten Ursachen der frühkindlichen Hirnschädigung sind Anoxie und Asphyxie.
Für die Morphologie perinataler Schäden ist weniger die Art der Noxe als der Zeitpunkt der Schädigung von Bedeutung ( 2 B-31.29).
2 B-31.29
Ätiopathogenese. Die häufigsten Ursachen der frühkindlichen Hirnschädigung sind Anoxie und Asphyxie bedingt durch eine Perfusionsstörung der Plazenta, Geburtsasphyxie, Respirations- und Stoffwechselstörungen des Neu- und insbesondere des Frühgeborenen. Infektiös und toxisch bedingte Embryofetopathien, direkte Geburtstraumen und Infektionskrankheiten des Säuglings sind demgegenüber selten. Entscheidend für die Art der entstehenden Fehlbildung ist nicht so sehr die Noxe selbst, sondern der Zeitpunkt ihrer Einwirkung auf das sich differenzierende Nervensystem ( 2 B-31.29).
Zeitplan zur Entwicklung des menschlichen Nervensystems
Gestationsalter
Entwicklungsvorgang
Fehlbildung
N 0–18 Tage n
Anlage der 3 Keimblätter
keine oder Absterben
N 19–21 Tage n
Neuralplatte, -wülste, -rinne
komplette Dysrhaphie
N 23–24 Tage n
Augenbläschen
Hydrozephalus
N 24–28 Tage n
Neuralrohr, Verschluss von Neuroporus cranialis und caudalis, Neuralleiste, Vorderhornzellen
Anenzephalie, Cranium bifidum, Spina bifida (verschiedene Formen)
N 4. Woche n
Stirn- und Scheitelhöcker, Rhombenzephalon, Auge, mediane Längsfissur
Holoprosenzephalie
N 5. Woche n
Riechlappen, Striatum, Kleinhirnanlage, Vorder- und Hinterwurzeln, Gefäßsystem
Kleinhirnhypoplasie, Mikrozephalie, Proliferations- und Migrationsstörungen
N 7. Woche n
Schläfenlappen
N 8. Woche n
Plexus chorioidei
N 3. Monat n
Balkenstrahlung, Umbiegen des Schläfenlappens (Insel), Balken, Septum pellucidum, Fornix, Kleinhirnoberwurm
N 4. Monat n
Differenzierung des Kortex, der Meningen, Liquorzirkulation
N 5.–6. Monat n
Abgrenzung der Hirnlobi, primäre Furchen, Proliferation beendet, Massenzunahme und Oberflächengliederung des Kleinhirns, Foramina des 4. Ventrikels, Kommissuren vollständig
Störung der zellulären Architektur (Dystrophie usw.), Myelinisierungsstörung
N 7.–9. Monat n
schnelle Entwicklung der Gyri und Sulci, Sekundärund Tertiärfurchen, Myelinisierung
destruktive Veränderungen
N 6. Monat – n 1. Lebensjahr
neuronale Migration, Gliazellproliferation, Myelinisierung, Bildung axosomatischer und axodendritischer Verbindungen
Störung der zerebralen und zerebellaren Mikroarchitektur
31.15.1 Fehlbildungen des kraniozervikalen Übergangs Definition
Epidemiologie. Die Prävalenz wird mit 30/100 000 Einwohner angegeben. Am häufigsten ist die basiläre Impression und das Klippel-Feil-Syndrom, die auch kombiniert vorkommen können.
31.15.1
Balkenaplasie, Wurmaplasie
Fehlbildungen des kraniozervikalen Übergangs
n Definition. Es handelt sich um kongenitale Störungen der Squama occipitalis in Höhe des Foramen occipitale magnum, des Atlas und des Dens axis, die zu einer sekundären Beeinträchtigung zerebraler, medullärer und vaskulärer Strukturen führen können.
Epidemiologie. Am häufigsten ist die basiläre Impression und das KlippelFeil-Syndrom. Beide können auch kombiniert vorkommen. Davon abzugrenzen sind primäre Fehlbildungen des Nervensystems, die durch mangelnde Induktion auch zu Skelettanomalien führen. Die Prävalenz wird mit 30/100 000 Einwohner angegeben.
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1445
31.15.1 Fehlbildungen des kraniozervikalen Übergangs
Basiläre Impression
Basiläre Impression
n Definition. Fehlbildung des Os occipitale mit Kranialverlagerung des Dens axis (epistrophei).
Definition
Symptome. Diese sind in Hinsicht auf die komplexe Anatomie des kranio-
Symptome. Die Symptomatik ist vielgestaltig. Im Vordergrund stehen Kopfund Nackenschmerzen sowie eine progrediente Gangstörung. Intermittierend treten Schwindel, Übelkeit und Erbrechen auf. Häufig bleibt die Fehlbildung asymptomatisch.
Ätiopathogenese: Man unterscheidet eine kongenitale Form bei okzipitaler Dysplasie von der erworbenen Form, die sich sekundär durch Erkrankungen des Knochens (M. Paget, Osteogenesis imperfecta, Osteomalazie, Rachitis) ausbildet. Die kongenitale Form kommt auch bei der Trisomie 21 und bei Achondroplasie vor.
Ätiopathogenese. Man unterscheidet eine kongenitale Form bei okzipitaler Dysplasie von der erworbenen Form bei Knochenerkrankungen.
spinalen Übergangs vielgestaltig und initial häufig irreführend. In Zusammenstellungen finden wir Nacken- und Hinterkopfschmerzen, myelopathische Zeichen mit nicht immer charakteristischen motorischen Ausfällen und sensiblen Reizerscheinungen sowie Blasenentleerungsstörungen. Aber auch Symptome des Hirnstammes, kaudale Hirnnervenstörungen, Tortikollis, medulläre respiratorische Dysfunktionen, das Schlaf-Apnoe-Syndrom und Schluckstörungen werden beobachtet. Nicht ungewöhnlich ist das Syndrom des zentralen Halsmarks, welches an weiter kaudal gelegene Veränderungen denken lässt. Des Weiteren wird über Doppelbilder, Nystagmus, Schwindel, Erbrechen, Hörstörungen und plötzliche Bewusstseinsstörungen mit akutem Tonusverlust der Beine (»Drop attack«) berichtet. Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen bleibt die Fehlbildung asymptomatisch.
1 B-31.49
Synopsis Röntgenometrische Methoden zum Nachweis von Fehlbildungen am kraniozervikalen Übergang
a Winkel (sog. Basiswinkel) zwischen Nasenwurzel und Vorderrand des Foramen occipitale magnum mit Scheitelpunkt am Tuberculum sellae. Er beträgt im Normalfall 120–145Ω . Bei der Platybasie ist dieser Winkel abgeflacht.
b Der Dens axis überragt im Normalfall die Biventerlinie (Verbindungslinie zwischen den Incisurae mastoideae) nicht, die Bimastoidlinie (Verbindungslinie zwischen den Mastoidspitzen) nur um max. 10 mm. Bei der basilären Impression findet sich ein Hochstand des Dens axis bezogen auf beide Linien von 2–3 cm.
c Der Dens axis überragt im Normalfall die Verbindungslinie zwischen hartem Gaumen und hinterer Begrenzung des Foramen occipitale magnum (Chamberlain-Linie) um nicht mehr als 5 mm, die Linie zwischen hartem Gaumen und tiefstem Punkt der Okzipitalschuppe (McGregorLinie) um nicht mehr als 7 mm. Bei der basilären Impression findet sich ein Hochstand des Dens axis bezogen auf beide Linien. 1 2 3 4 a
Biventerlinie Bimastoidlinie Chamberlain-Linie McGregor-Linie Basiswinkel
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31 Neurochirurgie
Es kommt zur Verlagerung des Dens axis in das Foramen occipitale magnum und zur mechanischen Irritation der Medulla oblongata.
Der Boden der hinteren Schädelgrube ist zum Foramen occipitale magnum angehoben, wodurch es zur Einengung seines Durchmessers kommt. Weiterhin besteht eine Verkürzung und Abflachung des Clivus (Platybasie) und ein Denshochstand. Der Hirnstamm und die Medulla oblongata werden mechanisch irritiert.
Diagnose. Durch die Röntgenometrie der Schädelbasis wird die Lage des Dens axis zum Foramen occipitale magnum beurteilt ( 1 B-31.49). Kompression und Verlagerungen des Hirnstamms lassen sich mit der Kernspintomographie direkt darstellen.
Diagnose. Röntgenaufnahmen des Schädels ergänzt durch Schichtaufnahmen dienen zum Nachweis des Denshochstands sowie zur Beurteilung der Schädelbasis ( 1 B-31.49) Durch die Kernspintomographie ist die direkte Darstellung der Kompression und Verlagerung des Hirnstamms und die Abgrenzung begleitender Anomalien des kraniozervikalen Übergangs möglich. Elektrophysiologische Untersuchungen erfassen bereits funktionell bestehende Läsionen. Die Differenzialdiagnose umfasst alle Prozesse (Tumoren, Aneurysmen, Angiome) im Bereich des kraniozervikalen Übergangs sowie Syringomyelie, Bulbärparalyse und Multiple Sklerose. Eine progrediente Hirndrucksymptomatik fordert ebenfalls den Ausschluss von Kleinhirntumoren bzw. anderer Tumoren der hinteren Schädelgrube.
Differenzialdiagnose. Bei der bunten klinisch-neurologischen Symptomatik müssen die Multiple Sklerose, Halsmark- und Kleinhirntumoren sowie Gefäßmissbildungen ausgeschlossen werden. Therapie. Bei Hirnstammkompression ist die Erweiterung des Foramen occipitale magnum kombiniert mit einer Duraerweiterungsplastik erforderlich.
Therapie. Therapie der Wahl ist die operative Dekompression der Medulla oblongata durch Erweiterung des Foramen occipitale magnum infolge Resektion von Anteilen des Os occipitale sowie dorsaler Anteile des Atlas. Die Eröffnung und plastische Erweiterung der Dura schließen sich an. In seltenen Fällen ist die Resektion tiefstehender Kleinhirntonsillen und ein Shunt erforderlich.
Klippel-Feil-Syndrom
Klippel-Feil-Syndrom
Definition
n Definition. Familiär gehäuft auftretende zervikale Blockwirbelbildung.
Es überwiegt das weibliche Geschlecht. Klinische Manifestation in der 3.–5. Lebensdekade.
Beim Klippel-Feil-Syndrom überwiegt das weibliche Geschlecht. Die klinische Manifestation erfolgt in der 3.–5. Lebensdekade.
Symptome. Der Hals ist verkürzt, oft besteht ein Tortikollis, eine tiefe Nackenhaargrenze und ein Schulterhochstand.
Symptome. Im Vordergrund stehen tiefer zu lokalisierende HWS-bezogene
Ätiopathogenese. Die segmentale Differenzierung der Wirbel während der Embryogenese bleibt aus. Zusätzlich können weitere Fehlbildungen vorliegen.
Ätiopathogenese. Die segmentale Differenzierung der Wirbel während der
Diagnose. Es besteht eine Bewegungseinschränkung der HWS. Radikuläre und medulläre Symptome können vorliegen. Röntgenaufnahmen der HWS zeigen die Blockwirbelbildung. Methode der Wahl ist die Kernspintomographie. Sie erlaubt die Beurteilung aller betroffenen Strukturen einschließlich der benachbarten Abschnitte von HWS, Schädel und Gehirn.
Diagnose. Es besteht eine Bewegungseinschränkung der HWS, oft verbun-
Differenzialdiagnose. Spinale Tumoren und Gefäßmissbildungen müssen ausgeschlossen werden.
Differenzialdiagnose. Bei radikulären und medullären Symptomen müssen spinale Tumoren (intra- und extramedullär) aber auch Gefäßmissbildungen ausgeschlossen werden.
Störungen bis zum zervikalen Querschnittsyndrom. Hirnnervenstörungen treten eher zurück. Der Hals ist verkürzt, oft besteht ein Tortikollis (Schiefhals), eine tiefe Nackenhaargrenze und ein Schulterhochstand. Es besteht der Eindruck, dass der Kopf zwischen den Schultern sitzt.
Embryogenese bleibt aus. Zusätzlich können weitere Fehlbildungen wie Atlasassimilation, Syndaktylie, Aplasie des M. sternocleidomastoideus, Kyphoskoliose, Gaumenspalte, Agenesie des äußeren Gehörgangs mit Taubheit, Spina bifida oder Syringomyelie vorliegen.
den mit radikulären oder medullären Symptomen. Diese beweisen die Myelonkompression. Röntgenaufnahmen der HWS zeigen die Blockwirbelbildung, oft auch assoziiert mit Halb- oder Keilwirbeln. Methode der Wahl ist die Kernspintomographie. Sie erlaubt sicher die genaue Einordnung, bezieht dabei alle betroffenen Strukturen ein und erlaubt auch die Darstellung der benachbarten Abschnitte von HWS, Schädel und Gehirn. Somit können auch assoziierte Fehlbildungen erfasst werden. Mittels MRT sind neuerdings auch dynamische Untersuchungen in Flexion/ Extension möglich. Ergänzend werden evozierte Potenziale abgeleitet.
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31.15.2 Dysrhaphische Störungen
Therapie. Bei radikulärer und medullärer Kompression ist die operative
Therapie. Bei radikulärer und medullärer Kompression ist die operative Entlastung erforderlich.
Therapie mit Entlastung der betroffenen Nervenwurzeln bzw. des Myelons erforderlich.
31.15.2
Dysrhaphische Störungen
31.15.2 Dysrhaphische Störungen
n Definition. Als dysrhaphische Störungen (Rhaphe = Naht) werden Fehlbildungen durch mangelhafte Gehirn- bzw. Rückenmarkanlage oder Hemmung der Schließungsprozesse der Neuralplatte bezeichnet. Der Ausprägungsgrad reicht vom Anenzephalus, der mit dem Leben nicht zu vereinbaren ist, bis zu Zysten ohne klinische Relevanz ( 1 B-31.50).
1 B-31.50
Definition
Synopsis Verschiedene Formen dysrhaphischer Störungen 1
3
1
3
5
10 11
12 4
5 5
2
3
1
9 6 6 7 7
6 7 8
a Meningozele
b Lipomeningozele
c Myelomeningozele
1 2 3 4
5 6 7 8
9 10 11 12
Haut Zona dermatica Arachnoidea Zona epithelioserosa
Liquor gespaltener Dornfortsatz Dura intaktes Rückenmark
Dysrhaphie des Rückenmarks Zona medullovasculosa Lipom elongierte Wurzeln
Zwischen der 3.–6. Embryonalwoche findet die komplizierte Entwicklung von Gehirn, Ventrikelsystem und Rückenmark in koordiniertem Zusammenhang mit der des umgebenden Meso- und Ektoderms statt. Letzteres erklärt die häufige Beteiligung meso- und ektodermaler Strukturen (Haut, Knochen, Mesenchym) bei den kranialen und spinalen Verschlussstörungen.
Spina bifida n Definition. Dysrhaphische Störungen im Bereich der Wirbelsäule und des Rückenmarks werden als Spina bifida bezeichnet. Dabei unterscheidet man die Spina bifida aperta (Myelozele), bei der das prolabierte Nervengewebe frei liegt, von der Spina bifida cystica (Meningomyelozele oder Meningozele), die mit Haut bedeckt ist. Bei der Spina bifida occulta mit fehlender Verschmelzung der Wirbelbögen ist das Neuralrohr regelrecht angelegt und verschlossen.
Epidemiologie. Die Inzidenz spinaler Neuralrohrdefekte wird mit 1/1000 Geburten angegeben. Dies ist zweifellos einer qualifizierten Schwangerenvorsorge zu verdanken. Während die Spina bifida aperta eine hohe Mortalität und die Spina bifida cystica eine hohe Morbidität aufweist, bleibt die Spina bifida occulta häufig asymptomatisch. Ihr Vorkommen wird auf etwa 1 % der Bevölkerung geschätzt. Ein mit ihr assoziierter Dermalsinus kommt mit einer Inzidenz
Spina bifida Definition
Epidemiologie. Die Inzidenz spinaler Neuralrohrdefekte wird mit 1/1000 Geburten angegeben. Die Spina bifida aperta hat eine hohe Mortalität, die Spina bifida cystica eine hohe Morbidität. Die Spina bifida occulta bleibt häufig asymptomatisch.
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31 Neurochirurgie
Ein assoziierter Dermalsinus kommt bei 220/100 000 Einwohnern vor. Das weibliche Geschlecht überwiegt.
von 220 pro 100 000 Einwohner vor. Das weibliche Geschlecht überwiegt. In Familien die bereits ein Kind mit Spina bifida haben, beträgt das Wiederholungsrisiko 5 %.
Ätiologie. Die Ätiologie ist multifaktoriell. Neben einer familiären Disposition werden exogene Faktoren diskutiert. Sie entstehen in der 4. Schwangerschaftswoche ( 2 B-31.30) durch unvollständigen Neuralrohrverschluss.
Ätiologie. Diese ist multifaktoriell. Neben einer familiären Disposition werden exogene Faktoren diskutiert. Die dysrhaphischen Fehlbildungen entstehen in der 4. Schwangerschaftswoche durch unvollständigen Neuralrohrverschluss ( 2 B-31.30). Je nach Größe des Defekts und Mitbeteiligung der Dura mata spinalis prolabieren Arachnoidea und das Nervengewebe. Die häufigste Lokalisation ist lumbosakral.
2 B-31.30
Verschiedene Formen spinaler Dysrhaphie
Störung in der Neurulationsphase (3.–4. Woche) N Myeloschisis, Myelozele n n Myelomeningozele N N Myelozystozele (keine Hautbedeckung) n Störung der Kanalisationsphase (4.–7. Woche) bzw. der retrogressiven Differenzierung N Meningozele n N Lipomeningozele, lumbosakrales Lipom n N Diastematomyelie, Diplomyelie n N Tethered Cord, Dermalsinus (von intakter Haut bedeckt) n Split-notochord-Syndrom (ventrale Dysrhaphie)
Symptome. Bei der Spina bifida aperta und cystica mit Beteiligung des Myelons findet sich eine sensomotorische Querschnittlähmung. In 80 % ist mit einem Hydrozephalus zu rechnen ( 1 B-31.51).
1 B-31.51
Symptome. Die Spina bifida aperta und cystica fallen bereits bei der Geburt auf ( 1 B-31.51). Bei Beteiligung des Myelons findet sich eine sensomotorische Querschnittlähmung mit Blasen-und Mastdarmstörungen und Fußdeformitäten. Etwa 80 % der Neugeborenen haben bereits bei der Geburt oder entwickeln in den ersten Lebenswochen einen Hydrozephalus.
Spinale Dysrhaphie: Myelomeningozele und Meningozele
a Myelomeningozele thorakolumbal. Situs unmittelbar vor operativer Revision am Tage der Geburt. Charakteristischer sog. Kokardenbefund der 3 Gewebsstrukturen. Von außen nach innen: Zona dermatica, Zona epithelioserosa und Zona medullovasculosa. Hinweise auf eine Spina bifida occulta sind Hypertrichose, Nävus, Pigmentanomalien oder eine Fistel am lumbosakralen Übergang. Als Diastematomyelie bezeichnet man die Spaltung des Rückenmarks in zwei Hälften.
b Lumbosakrale gedeckte Meningozele. Befund präoperativ am 1. Tag nach der Geburt.
Hinweise auf eine Spina bifida occulta sind Hypertrichose, Nävus, Pigmentanomalien oder eine Fistel am lumbosakralen Übergang. Schmerzen in den Beinen, Fußdeformitäten und Gangstörungen entwickeln sich im Rahmen des Wachstums. Blasenentleerungstörungen (imponierend als Enuresis nocturna) treten auf oder verstärken sich. Als Diastematomyelie bezeichnet man die Spaltung des Rückenmarks in 2 Hälften, die separat von Arachnoidea und Dura umgeben und durch ein fibröses, knorpeliges oder knöchernes Septum getrennt werden.
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31.15.2 Dysrhaphische Störungen Beim Tethered-cord-Syndrom ist der Conus medullaris durch ein zu kräftig ausgebildetes Filum terminale oder durch einen Tumor (intra-/extradurales Lipom, Dermoid, Epidermoid) im unteren Abschnitt des Spinalkanals fixiert. Der im Rahmen der normalen Entwicklung aufgrund des unterschiedlichen Längenwachstums von Rückenmark und Wirbelsäule einsetzende Aufstieg des Rückenmarks kann nicht eintreten. Das Myelon und die Nervenwurzeln werden mit der Folge eines zunehmenden Querschnittsyndroms gedehnt, das durch Fehlentwicklungen der Füße, Blasen-Mastdarm-Störungen sowie zunehmende Gangstörungen charakterisiert ist. Durch unvollständige oder fehlende Ablösung des Neuralrohrs vom Ektoderm, auch bei vollständig und regelrecht geschlossenen Wirbelbögen, entstehen Dermalsinus und Dermalfisteln. Das mit Dermis ausgekleidete Gangsystem in der Mittellinie der Wirbelsäule zieht bis zur Dura und kann auch mit dem Rückenmark kommunizieren. Rezidivierende Meningitiden sollten immer daran denken lassen.
Beim Tethered-cord-Syndrom ist der Conus medullaris durch das Filum terminale im unteren Abschnitt des Spinalkanals fixiert, oft vergesellschaftet mit Tumoren (Lipom, Dermoid, Epidermoid).
Diagnose. Offene Neuralrohrdefekte lassen sich ab der 14.–16. Schwanger-
Diagnose. Durch Ultraschalluntersuchung, ggf. ergänzt durch eine Amniozentese sind offene Neuralrohrdefekte pränatal zu diagnostizieren.
schaftswoche mit der Ultraschalluntersuchung, ggf. ergänzt durch eine Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) mit Nachweis des a-Fetoproteins, diagnostizieren. Risikogruppen sollten beraten und engmaschig kontrolliert werden. Unmittelbar nach der Geburt sind folgende Fragen zu klären: π Ist die Zele offen oder geschlossen? π Handelt es sich um eine Meningo- oder Myelomeningozele? π Welche Stigmata zusätzlicher Fehlbildungen liegen vor? π Lässt sich das Ausmaß der bestehenden neurologischen Beeinträchtigung abschätzen: Spontanmotorik der Beine, Reaktion auf Schmerzreize, Reflexstatus, klaffender Anus, Blasenentleerung? π Liegt ein schon jetzt shuntbedürftiger Hydrozephalus (gespannte Fontanelle) vor? n Merke. Die rezidivierende bakterielle Meningitis muss immer an einen Dermalsinus denken lassen.
Der Fistelgang und die Verbindung zur Dura lassen sich durch Kontrastmittelinjektion darstellen. Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule geben einen Überblick über die knöchernen Fehlbildungen (Spaltbildungen, Schmetterlingswirbel, Halbwirbel, Blockwirbel, Kyphoskoliose). Rückschlüsse auf die Morphologie nervaler Strukturen sind nicht möglich. Im Wesentlichen wird heute die Diagnostik durch die Kernspintomographie bestimmt, wobei neben dem Ausmaß der Fehlbildung (fixierter tiefstehender Konus, Hydromyelie, intramedulläre Veränderungen, intradurale Tumoren, durale Veränderungen im Vergleich zu knöchernen und ligamentären Strukturen, Liquordynamik, begleitende Weichteilveränderungen) selbst die Dignität weitgehend erfasst werden kann. Gleichzeitig ist damit die Gelegenheit gegeben, assoziierte Fehlanlagen anderer Wirbelsäulenabschnitte sowie des Kopfes im Rahmen des Screening mit zu erfassen. Die funktionelle Beurteilung mit neurophysiologischen Untersuchungen (evozierte Potenziale, EMG/ENG, Magnetstimulation, Urodynamik) sind z.T. auf eine gewisse Kooperationsfähigkeit der Kinder angewiesen und damit häufig erschwert durchführbar. Selten sind ventrale Verschlussstörungen im Zusammenhang mit der Induktion durch die Corda dorsalis (Split-Notochord-Syndrom). Sie haben Verbindung mit dem Darm (Ductus neurentericus).
Therapie. Offene Neuroalrohrdefekte werden unmittelbar nach der Geburt
operativ verschlossen. Direkten Rückenmarkschäden und aszendierenden Meningitiden ist nur so vorzubeugen. Ein assoziierter oder sich entwickelnder Hydrozephalus wird durch eine Ableitungsoperation versorgt. Adhäsionen und Traktionen der Cauda equina bzw. des Rückenmarks bei Spina bifida occulta erfordern die operative Revision. Missbildungstumoren wer-
Durch unvollständige oder fehlende Ablösung des Neuralrohrs vom Ektoderm entstehen Dermalsinus und Dermalfisteln.
Unmittelbar nach der Geburt ist das Ausmaß der Fehlbildung genau zu erfassen und zu dokumentieren.
Merke
Röntgenaufnahmen geben einen Überblick über die knöchernen Fehlbildungen. Rückschlüsse auf die Morphologie nervaler Strukturen sind nicht möglich. Mit der Kernspintomographie sind neben der Darstellung des Umfangs der Fehlbildung, Aussagen zur Dignität möglich. Assoziierte Fehlanlagen anderer Wirbelsäulenabschnitte sowie des Kopfes können dargestellt werden.
Therapie. Offene Neuralrohrdefekte werden unmittelbar nach der Geburt operativ verschlossen.
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31 Neurochirurgie den entfernt. Beim Tethered-Cord-Syndrom erfolgt die »prophylaktische« Operation mit Durchtrennung des fixierten Filum terminale um Entwicklungsstörungen vorzubeugen. Beim Dermalsinus bzw. der Dermalfistel ist die Resektion mit Verschluss der Dura erforderlich. Die Patienten müssen in der Folgezeit, insbesondere bei Myelomeningozelen, obligat interdisziplinär von einem Pädiater, Neurochirurgen, Orthopäden und Urologen betreut werden, üblicherweise im Rahmen einer Spinabifida-Ambulanz.
Prognose. Unbehandelt versterben 70–80 % der Kinder mit Myelomeningozele. Nach operativer Therapie beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate bei lumbosakraler Lokalisation 95 %. Bei der Spina bifida occulta ist die Prognose von der Früherkennung und-behandlung abhängig.
Prognose. Unbehandelt versterben 70–80 % der Kinder mit Myelomeningo-
zele. Nach operativer Therapie beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate bei lumbosakraler Lokalisation 95 %. Jedoch nur 12 % der Kinder lernen normal laufen. Durch sekundäre Komplikationen nimmt die Gehfähigkeit mit zunehmendem Alter wieder ab. Die intellektuelle Entwicklung wird vom Ausmaß assoziierter zerebraler Störungen bestimmt. Bei der Spina bifida occulta wird die Prognose von der Früherkennung und-behandlung abhängig sein.
Seltene Fehlbildungen
Seltene Fehlbildungen
Die Syringomyelie ist charakterisiert durch eine zentrale Höhlenbildung im Rückenmark. Man differenziert zwischen primären und sekundären Formen. Charakteristisch ist die dissoziierte Empfindungsstörung ( 1 B-31.52).
Die Syringomyelie ist charakterisiert durch eine zentrale Höhlenbildung im Rückenmark, die sich meist über mehrere Segmente erstreckt. Auch die Medulla oblongata kann betroffen sein (Syringobulbie). Man differenziert zwischen primären (embryonale Fehlentwicklung) und sekundären Formen (Trauma, Blutung, Tumor, Arachnoiditis). Die Inzidenz ist mit 0,5/100 000 gering. Männer sind häufiger betroffen ( 1 B-31.52). Charakteristisch ist die dissoziierte Empfindungsstörung. Bei progredienten Störungen erfolgt die Entlastung der Syrinx. Bei kombinierten Fehlbildungen kann die Erweiterung des Foramen occipitale magnum hilfreich sein.
1 B-31.52
Syringomyelie Kernspintomogramm des Schädels und der Halswirbelsäule in sagittaler Ebene mit Darstellung einer ausgedehnten Syringomyelie im Bereich des Zervikalmarks ( Á) bei einer 42-jährigen Patientin. Klinisch bestanden Gangstörungen und eine dissoziierte Empfindungsstörung.
Arnold-Chiari-Syndrom: Es handelt sich um eine komplexe kraniozervikale Fehlbildung mit Kaudalverlagerung von Kleinhirn und Hirnstamm, häufig mit Hydrocephalus occlusus vergesellschaftet. Man unterscheidet 4 Formen ( 2 B-31.31).
Beim Arnold-Chiari-Syndrom handelt es sich um ein Dysrhaphie-Syndrom mit komplexer kraniozervikaler Fehlbildung und Kaudalverlagerung von Kleinhirn und Hirnstamm. Die klassische Form ist häufig assoziiert mit Hydrocephalus occlusus und Spina bifida. Es wird als die häufigste Kleinhirnfehlbildung mit einer Inzidenz von 1/25 000 Geburten beobachtet. Je nach Ausprägungsgrad werden 4 Formen unterschieden ( 2 B-31.31).
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31.15.2 Dysrhaphische Störungen
2 B-31.31
Einteilung des Arnold-Chiari-Syndroms
N Chiari-Typ I n Tiefstand der Kleinhirntonsillen, evtl. Kaudalverlagerung der Medualla oblongata. Häufig Kombination mit Syringomyelie. N Chiari-Typ II n Herniation von Kleinhirntonsillen und -wurm in den Zervikalkanal, Kleinhirnhypoplasie, Kaudalverlagerung und Deformierung der Medulla oblongata. Häufig Kombination mit Spina bifida. N Chiari-Typ III n Okzipitozervikale Enzephalomyelozele mit extrakranieller Verlagerung des fehlgebildeten Kleinhirns. N Chiari-Typ IV n Isolierte Kleinhirnhypoplasie oder -aplasie.
Die Therapie ist differenziert und richtet sich nach dem Grad der Störung. Das Dandy-Walker-Syndrom ist durch eine zystische Erweiterung des 4. Ventrikels, Kleinhirnwurmdysgenesie und Atresie der Foramina Luschkae und Magendii charakterisiert. Die Inzidenz wird mit 2/100 000 Geburten angegeben. Auffälligstes Symptom ist in etwa 90 % der Fälle der Hydrozephalus. Therapie der Wahl ist die liquorableitende Operation.
Dandy-Walker-Syndrom: Zystische Erweiterung des vierten Ventrikels, Kleinhirnwurmdysgenesie und Atresie der Foramina Luschkae und Magendii.
Diagnose. Diagnostisches Verfahren der Wahl bei allen 3 Erkrankungen ist die Kernspintomographie. Sie deckt neben dem Ausmaß der Erkrankung zusätzliche morphologische Veränderungen und Fehlbildungen auf. Bei der Syringomyelie helfen elektrophysiologische Untersuchungen sowohl in der Primärdiagnostik als auch im Rahmen der Verlaufsbeurteilung um die Dynamik der Erkrankung zu objektivieren. Enzephalozelen (Cranium bifidum) sind Verschlussstörungen in einem umschriebenen Bezirk des Schädels. Als lokale, in der Medianlinie gelegene Vorwölbungen sind sie meist von intakter Haut bedeckt. Sie enthalten entweder nur Meningen (Meningocele cranialis), Teile des Gehirns (Meningoenzephalozele) oder Teile von Hirn und Ventrikelsystem (Enzephalozystozele). Häufig liegt ein begleitender Hydrozephalus vor ( 1 B-31.53).
Diagnose. Diagnostisches Verfahren der Wahl bei allen 3 Erkrankungen ist die Kernspintomographie. Sie deckt neben dem Ausmaß der Erkrankung zusätzliche morphologische Veränderungen und Fehlbildungen auf.
1 B-31.53
Enzephalozelen (Cranium bifidum) sind Verschlussstörungen in einem umschriebenen Bezirk des Schädels, oftmals assoziiert mit einem Hydrozephalus ( 1 B-31.53).
Monströse okzipitale Enzephalozele
a Okzipitale gedeckte Enzephalozele unmittelbar vor operativer Revision.
b Die Kernspintomographie zeigt prolabiertes Hirngewebe (Á) im Zelensack.
Enzephalozelen sind bevorzugt okzipital lokalisiert. Frontale, parietale, orbitale und nasale Lokalisationen sind selten ( 1 B-31.54). Ausfallserscheinungen entsprechen der betroffenen Region, können fehlen oder sind auf Kombinationen mit anderen Hirnfehlbildungen zurückzuführen. Nach Klärung der topographischen Verhältnisse mittels Kernspintomographie ist die operative Therapie erforderlich. Die Prognose ist vom Zeleninhalt und begleitenden Anomalien abhängig. Fast immer ist ein Hydrozephalus assoziiert.
Sie sind bevorzugt okzipital lokalisiert ( 1 B-31.54).
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1452
31 Neurochirurgie
1 B-31.54
Frontobasale Meningoenzephalozele
a Meningoenzephalozele frontobasal unmittelbar vor operativer Versorgung.
31.15.3 Kraniostenosen Definition
31.15.3
b Die Computertomographie zeigt bei regelrechter Anlage beider Augen prolabiertes Hirngewebe ( Á) im Zelensack (Á Á). Weiterhin dargestellt der oftmals assoziiert auftretende Hydrozephalus.
Kraniostenosen
n Definition. Ein vorzeitiger Verschluss der Schädelnähte (prämature Nahtsynostose) führt zur Schädeldeformierung und damit zur Wachstumsbehinderung des Gehirns (Kraniostenose).
Das Wachstum der Kalotte erfolgt durch Apposition im Bereich der Schädelnähte. Bestimmend dafür sind der intrakranielle Druck, zerebrale Wachstumstendenz und möglicherweise in den Nähten selbst lokalisierte Faktoren.
Das Wachstum der Kalotte erfolgt durch Apposition im Bereich der Schädelnähte, die in den ersten Lebensjahren, nachdem die Größenzunahme des Gehirns weitestgehend abgeschlossen ist, allmählich schmaler werden und letztendlich verknöchern. Bestimmend dafür sind der intrakranielle Druck, zerebrale Wachstumstendenz und möglicherweise in den Nähten selbst lokalisierte Faktoren. Der Schädel ist zunächst durch äußere Einflüsse in gewissem Ausmaß formbar (Lageasymmetrie), wird in seiner Gestalt aber auch durch genetische Disposition geprägt. Die große Fontanelle ist im Allgemeinen am Ende des 1. Lebensjahres zumindest membranös verschlossen.
Epidemiologie. Eine prämature Nahtsynostose wird bei 1/2000–3000 Kindern beobachtet.
Epidemiologie. Eine prämature Nahtsynostose wird bei 1/2000–3000 Kin-
Ätiopathogenese. Welche Faktoren das vorzeitige Verknöchern der Schädelnähte verursachen, ist unbekannt.
Ätiopathogenese. Welche Faktoren das vorzeitige Verknöchern der Schä-
Bei Verschluss von bestimmten Nähten wird das Schädelvolumen über noch offene Nähte kompensatorisch aufrechterhalten. Dadurch entstehen charakteristische Schädelformen ( 1 B-31.55).
Am häufigsten tritt die Kraniostenose im Bereich der Sagittalnaht auf (55 %) ( 2 B-31.32).
dern beobachtet. Die Nähte können unterschiedlich stark betroffen sein.
delnähte verursachen, ist unbekannt. Eine frühzeitige Verknöcherung, oft bereits bei der Geburt, führt zur Mikrozephalie mit entsprechender Störung der Gehirnentwicklung, oft im Rahmen von Syndromen mit zusätzlichen Skelettmissbildungen, z.B. bei Akrozephalosyndaktylie – Morbus Apert oder Dysostosis cleidocranialis – Morbus Crouzon, einem dominant vererbten Syndrom. Bei Verschluss von bestimmten Nähten wird das Schädelvolumen über noch offene Nähte kompensatorisch aufrechterhalten, sodass charakteristische Schädelformen resultieren. Bei Verknöcherung der Koronarnaht entwickelt sich ein Brachyzephalus (Kurzschädel), ist die Sagittalnaht betroffen ein Scaphozephalus (Kahnschädel). Sind Lambda- und Koronarnaht betroffen ein Oxyzephalus (Spitzschädel), bei Befall aller Nähte ein Turrizephalus (Turmschädel) ( 1 B-31.55). Am häufigsten tritt die Kraniostenose im Bereich der Sagittalnaht auf (55 %) ( 2 B-31.32).
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31.15.3 Kraniostenosen
1 B-31.55
1453
Synopsis Schematische Darstellung der häufigsten Kraniostenoseformen
a normaler kindlicher Schädel.
b Synostose aller Nähte, Turmschädel.
c sagittale Synostose, Kahnschädel.
d beidseitige Synostose der Koronarnaht, Kurzschädel.
e Synostose der Frontalnaht, Dreieckschädel.
Die gestrichelten Linien markieren die synostierte Naht, die Pfeile das kompensatorische Schädelwachstum. In der letzten Reihe ist das übliche Operationsverfahren dargestellt.
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1454
31 Neurochirurgie
2 B-31.32
Häufigkeitsverteilung der Kraniostenosen
Name
Synostierte Naht
n Skaphozephalus (Kahnschädel) N N Plagiozephalus (Schiefschädel) n
Sagittalnaht Koronarnaht einseitig
55,7 % 12,7 %
N Brachyzephalus (Kurzschädel) n
Koronarnaht beiderseits 1–3 Nähte kombiniert
11,8 % 6,9 %
n Oxyzephalus (Spitz-/Turmschädel) N N Trigonozephalus (Dreieckschädel) n
4 oder mehr Nähte Sutura metopica 2 ungleiche Nähte Lambdanaht einseitig Lambdanaht beiderseitig
5,8 % 4,0 % 1,9 % 1,3% 1,0 %
N Pachyzephalus (Dickschädel) n
Verteilung
Symptome. Auffällig ist die abnorme Kopfform. Störungen entwickeln sich im Laufe der ersten Lebensmonate.
Symptome. Die Nahtsynostose ist aus der Schädelform zu erschließen. Auf-
Diagnose. Klinischer Befund und das Röntgenbild lassen eine eindeutige Diagnosestellung zu. Computer- und Kernspintomographie erfassen kombinierte Fehlbildungen.
Diagnose. Klinischer Befund und das Röntgenbild lassen eine eindeutige Diagnosestellung zu. Computer- und Kernspintomographie erfassen kombinierte Fehlbildungen und sollten im Rahmen der präoperativen Diagnostik erfolgen.
Therapie. Die frühzeitige operative Dekompression des Gehirns, möglichst in den ersten 3 Lebensmonaten durch Resektion der verknöcherten Schädelnähte ist erforderlich.
Therapie. Aufgrund der raumbeengten Entwicklungsstörung des Gehirns,
31.16
Zerebrale Gefäßmissbildungen Folgende Untergruppen kommen vor: π arterielle Aneurysmen π arteriovenöse Angiome π venöse Angiome π Teleangiektasien π Morbus Sturge-Weber π kavernöse Angiome π arteriovenöse Fisteln π Gefäßgeschwülste.
31.16
31.16.1 Aneurysmen
31.16.1
Definition
Ätiologie und Pathogenese. Ursache ist eine anlagebedingte Gefäßwandschwäche, die die Tunica muscularis
fällig ist die abnorme Kopfform. Störungen entwickeln sich im Laufe der ersten Lebensmonate. Über der verschlossenen Naht tastet man einen knöchernen Wulst (First). Die Fontanellen sind meist früh verschlossen. Hirndruckzeichen können sich einstellen, fehlen aber in der Regel, wenn nur eine Naht betroffen ist.
im schweren Fall auch durch Hirndruck, können sich neurologische Defizite ausbilden. Daher ist die frühzeitige operative Dekompression des Gehirns, möglichst in den ersten 3 Lebensmonaten durch Resektion der verknöcherten Schädelnähte, z.T. verbunden mit einer Kalottenfragmentation erforderlich. Weitere Kontrollen der Kinder sind erforderlich, da frühzeitige Wiederverknöcherung möglich ist. Bei komplexen Kraniostenosen (z.B. Morbus Crouzon) sind ausgedehnte Eingriffe indiziert, die auch Veränderungen der Schädelbasis einzubeziehen haben.
Zerebrale Gefäßmissbildungen
Im System der Hirngefäße kommen eine Reihe von Missbildungen vor, die sich aufgrund pathologisch-anatomischer Kriterien in folgende Untergruppen unterteilen lassen: π arterielle Aneurysmen π arteriovenöse Angiome π venöse Angiome π Teleangiektasien π Angioma capillare et venosum calcificans (Morbus Sturge-Weber) π kavernöse Angiome π arteriovenöse Fisteln π Gefäßgeschwülste.
Aneurysmen
n Definition. Lokale, sackförmige bzw. fusiforme Veränderung der Gefäßwand.
Ätiologie und Pathogenese. Die meisten Aneurysmen entwickeln sich auf
dem Boden einer anlagebedingten Gefäßwandschwäche, die die Tunica muscularis und elastica vor allem im Bereich der Gefäßaufzweigungen
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1455
31.16.1 Aneurysmen betrifft. Seltenere Ursachen sind die Arteriosklerose, unspezifische und spezifische Entzündungen (mykotische Aneurysmen) sowie Stoffwechselerkrankungen (Marfan-Syndrom). Traumatisch bedingte Aneurysmen sind sehr selten. Der entscheidende ursächliche Faktor für die Aneurysmaentwicklung im Bereich der Gefäßteilungsstellen ist der Blutfluss. Er führt zur fortschreitenden Zerstörung der mechanisch besonders beanspruchten, weil morphologisch fehlangelegten Wandabschnitte ( 1 B-31.56).
1 B-31.56
und elastica vor allem im Bereich der Gefäßaufzweigungen betrifft. Seltenere Ursachen: π Arteriosklerose π Entzündungen π Stoffwechselerkrankungen. Der entscheidende ursächliche Faktor für die Aneurysmaentwicklung im Bereich der Gefäßteilungsstellen ist der Blutfluss (mechanische Beanspruchung, 1 B-31.56).
Synopsis Aneurysma
Adventitia Intima Media
Membrana elastica a Ein angeborener Gefäßwanddefekt (Media), überwiegend im Bereich der Gefäßteilungsstellen und die erhöhte Druckbelastung (Blutstrom) sind Voraussetzungen für die Entstehung eines Aneurysmas.
b Digitale Subtraktionsangiographie mit Darstellung eines sackförmigen Aneurysmas der A. communicans anterior (Á).
Nach der Form unterscheidet man zwischen sackförmigen und fusiformen Aneurysmen. Die sackförmigen haben entweder einen dünnen Hals oder sitzen dem Gefäß breitbasig auf. Sie sind einfach kugelig oder mehrfach gelappt. Fusiforme Aneurysmen stellen sich als spindelförmige Aufweitung des gesamten Gefäßabschnitts dar.
Nach der Form unterscheidet man zwischen sackförmigen und fusiformen Aneurysmen.
Häufigkeit. Im allgemeinen Sektionsgut werden Aneurysmen der intrakra-
Häufigkeit. Bei der Obduktion findet man in 0,5–2 % der Fälle Aneurysmen. Werden die Hirngefäße systematisch untersucht erhöht sich der Anteil auf 10 %. Bei 20 % der Aneurysmaträger findet man multiple Aneurysmen. 5 % aller Aneurysmen sind sog. Riesenaneurysmen (Durchmesser ≥ 25 mm). Das Erstmanifestationsalter der Aneurysmen liegt in > 80 % der Fälle jenseits des 40. Lebensjahres. Geschlechterverteilung: Frauen zu Männer = 60 : 40.
Lokalisation. Bevorzugter Sitz von Aneurysmen sind die Aufzweigungsstellen des Circulus arteriosus Willisii und der proximalen Abschnitte der intrakraniellen Gefäße. Nach großen klinischen Statistiken beträgt der Anteil der Aneurysmen im Karotisstromgebiet 95 %, der Anteil im vertebrobasilären Stromgebiet 5 %. In Sektionsstatistiken beträgt die Relation 85–90 % : 15–10 %. Hauptlokalisationen im Bereich der Karotisstrombahn sind der A.-cerebrianterior-/A.-communicans-anterior-Komplex (40–45 %), der Bereich der A. carotis interna/A. communicans posterior (15–20 %) und die A. cerebri media (15–20 %). Aneurysmen peripherer Gefäßabschnitte spielen eine untergeordnete Rolle. In der Vertebralis-/Basilarisstrombahn überwiegen die Aneurysmen im Bereich der Spitze der A. basilaris ( 1 B-31.57).
Lokalisation. Der Anteil der Aneurysmen im Karotisstromgebiet beträgt 95 %, der Anteil im vertebrobasilären Stromgebiet 5 %. In Sektionsstatistiken beträgt die Relation 85–90 % : 15–10 % ( 1 B-31.57).
Symptome. Aneurysmen können sich manifestieren:
Symptome. Aneurysmen können sich manifestieren durch: π Lokalsymptome π eine Subarachnoidalblutung.
niellen Gefäße mit 0,5–2 % angegeben. Werden die Hirngefäße systematisch untersucht, erhöht sich der Anteil auf 10 %, unter Mitberücksichtigung sog. Mikroaneurysmen auf 17 %. Schätzungsweise bleiben 50 % aller intrakraniellen Aneurysmen lebenslang asymptomatisch. Bei 20 % der Aneurysmaträger findet man multiple Aneurysmen. 5 % aller Aneurysmen sind sog. Riesenaneurysmen (Durchmesser ≥ 25 mm). Das Erstmanifestationsalter der Aneurysmen liegt in > 80 % der Fälle jenseits des 40. Lebensjahres, mit einem Gipfel zwischen dem 5.–6. Lebensjahrzehnt. Bei der Geschlechterverteilung findet sich ein Überwiegen der Frauen (60:40).
π
π
als paralytische Aneurysmen durch Lokalsymptome infolge Druck auf umliegende Strukturen als Aneurysmen mit apoplektiformem Verlauf in Form der Subarachnoidalblutung (SAB).
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31 Neurochirurgie
1 B-31.57
Synopsis Aneurysmalokalisationen
Karotisstromgebiet 90 – 95%
vertebrobasiläres Stromgebiet 5 –10%
Aneurysmalokalisationen finden sich im Karotisstromgebiet überwiegend am A.-communicans-anterior-Komplex (40–45 %), der A. carotis interna (15–20 %) und der A. cerebri media (15–20 %). Im vertebrobasilären Stromgebiet überwiegen die Aneurysmen im Bereich der Spitze der A. basilaris.
Merke
n Merke. Nachbarschaftssymptome paralytischer Aneurysmen sollten als Warnsymptome aufgefasst werden, da erfahrungsgemäß im überwiegenden Teil die Blutung folgt.
2 B-31.33
Lokalsymptome paralytischer Aneurysmen
Aneurysmalokalisation
Lokalsymptome (ohne Ruptur)
N A. carotis interna, n infraklinoidaler Abschnitt
Sinus-cavernosus-Syndrom mit Störungen des N. oculomotorius (III), N. trochlearis (IV), N. trigeminus (V), N. abducens (VI); endokrinologische Störungen sind möglich
N A. carotis interna, n supraklinoidaler Abschnitt
Störungen des N. opticus (II), N. oculomotorius (III)
N A. carotis interna, Abgang n A. communicans posterior
Störungen des N. oculomotorius (III)
N A. cerebri media n
Hemiparese, Anfälle, Aphasie
N A. cerebri anterior, n A. communicans anterior
Störungen des N. olfactorius (I), N. opticus (II)
N A. cerebri posterior n
Störungen des N. opticus (II), N. oculomotorius (III), Hemiparese, Anfälle
N A. basilaris n
Liquorzirkulationsstörungen, Demenz, Ataxie, Hemiparese, Störungen des N. trigeminus (V), N. facialis (VII)
N A. vertebralis n
Ataxie, Schwindel, Foramen-jugulare-Syndrom mit Störungen des N. facialis (VII), N. vestibulocochlearis (VIII). N. glossopharyngeus (IX), N. vagus (X), N. accessorius (XI), N. hypoglossus (XII)
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31.16.1 Aneurysmen Es treten in erster Linie Schädigungen vorbeiziehender Hirnnerven auf. Nahezu pathognomonisch für ein supraklinoidales Karotisaneurysma im Abgangsbereich der A. communicans posterior ist die schmerzlose Parese des N. oculomotorius. Ebenso sind Trigeminusreizungen und Störungen des N. abducens zu beobachten. Aneurysmen des A.-cerebri-anterior-/A.-communicans-anterior-Komplexes können hypophysär-hypothalamische Störungen auslösen sowie zu Visusstörungen führen. Große Aneurysmen der A. basilaris führen gelegentlich zu Liquorzirkulationsstörungen mit passagerer oder permanenter Hirndrucksteigerung ( 2 B-31.33). Teilthrombosierte Aneurysmen können in der CT als Tumoren imponieren. Teile der Thromben können sich lösen und zu Embolien führen. Derartige Verläufe manifestieren sich klinisch-neurologisch mit den Symptomen der passageren oder permanenten zerebralen Ischämie. Die klassische Manifestationsform eines intrakraniellen Aneurysmas ist die akute Subarachnoidalblutung (SAB) mit oder ohne begleitendem intrazerebralen Hämatom infolge einer Ruptur.
Nahezu pathognomonisch für ein supraklinoidales Karotisaneurysma im Abgangsbereich der A. communicans posterior ist die schmerzlose Parese des N. oculomotorius ( 2 B-31.33).
Subarachnoidalblutung (SAB)
Subarachnoidalblutung (SAB)
n Definition. Blutung in den Subarachnoidalraum, meist aus einem rupturierten Aneurysma der basalen Hirnarterien, ferner aus Angiomen oder infolge einer hypertoniebedingten Zerebralarteriensklerose, aber auch bei Antikoagulanzientherapie, Bluterkrankungen, Sepsis, Hirntumoren, Schädel-Hirn-Trauma und bakterieller Endokarditis.
Teilthrombosierte Aneurysmen können in der CT als Tumoren imponieren. Abgelöste Thromben manifestieren sich mit den Symptomen der passageren oder permanenten zerebralen Ischämie. Die klassische Manifestationsform eines intrakraniellen Aneurysmas ist die akute Subarachnoidalblutung.
Definition
Ätiologie. Bei weit über der Hälfte der Patienten lässt sich kein auslösendes
Ätiologie. Bei weit über der Hälfte der Patienten lässt sich kein auslösendes Ereignis eruieren. In anderen Fällen setzen die klinischen Symptome schlagartig bei bestimmten Verrichtungen oder Belastungen ein (Heben oder Bücken, emotionale Belastungen, Defäkation, Koitus, Husten, Trauma, unter der Geburt).
Symptome. Als Prodromi können Wochen, Monate oder auch Jahre Kopfschmerzen unterschiedlichen Charakters vorausgehen. Die Patienten berichten über abrupt einsetzende Schmerzen unterschiedlicher Intensität, die als Folge leichter Sickerblutungen gedeutet werden können. Sind derartige Kopfschmerzen mit Augenmuskelparesen kombiniert, spricht man von ophthalmoplegischer Migräne. Symptome wie Ohrensausen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen sind uncharakteristisch, sollten jedoch an die Möglichkeit einer intrakraniellen Gefäßmissbildung denken lassen, wenn sie mit akut einsetzenden Kopfschmerzen kombiniert sind. Krampfanfälle werden bei Aneurysmen selten, bei arteriovenösen Angiomen hingegen häufiger beobachtet. Der Beginn der akuten SAB ist schlagartig, wie der Blitz aus heiterem Himmel. Der initiale Kopfschmerz wird als vernichtend empfunden, gefolgt von Übelkeit, Erbrechen und Photophobie. Die Lokalisation des Kopfschmerzes lässt keinen Rückschluss auf die Lokalisation der Blutungsquelle zu. In bis zu 50 % der Fälle tritt eine Vigilanzstörung bis hin zum Koma auf. Eine initiale tiefe Bewusstseinsstörung ist Folge einer zusätzlich bestehenden intrazerebralen Blutung bzw. einer Ventrikeleinblutung. Der Meningismus ist meist schon nach Beginn der Blutung nachweisbar, kann sich aber auch erst innerhalb von Stunden entwickeln. Im Zustand der tiefen Bewusstlosigkeit erlischt er, sodass ein Fehlen eine SAB nicht ausschließt. Es entwickelt sich das für meningeale Reizung typische Kernig- und Lasègue-Zeichen. Vegetative Symptome wie Übelkeit und Erbrechen werden in 60–70 % der Fälle beobachtet. Temperaturerhöhungen entwickeln sich am 2. oder 3. Tag und überschreiten 39 ΩC nur selten. Puls- und Blutdruckschwankungen sind
Symptome. Symptome wie rezidivierende Kopfschmerzen, Ohrensausen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen sind uncharakteristische Prodromi. In Kombination mit akut einsetzenden Kopfschmerzen sollte an eine Gefäßmissbildung gedacht werden (ophthalmoplegische Migräne). Krampfanfälle werden bei Aneurysmen selten, bei arteriovenösen Angiomen hingegen häufiger beobachtet.
Ereignis eruieren. Das trifft insbesondere zu für die 30–40 % der SAB, die sich während des Schlafs ereignen. In anderen Fällen setzen die klinischen Symptome schlagartig bei bestimmten Verrichtungen oder Belastungen ein (Heben oder Bücken, emotionale Belastungen, Defäkation, Koitus, Husten, Trauma, unter der Geburt), sodass eine kausale Beziehung durchaus zu diskutieren ist. Dies betrifft jedoch nur die Blutungsauslösung und darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wesentliche Blutungsursache die vorbestehende lokale arterielle Gefäßwandschwäche ist.
Der Beginn der akuten SAB ist schlagartig wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Der initiale Kopfschmerz wird als vernichtend empfunden, gefolgt von Übelkeit, Erbrechen und Photophobie. In bis zu 50 % der Fälle tritt eine Vigilanzstörung bis hin zum Koma auf. Der Meningismus ist meist schon nach Beginn der Blutung nachweisbar, kann sich aber auch erst innerhalb von Stunden entwickeln. Vegetative Symptome wie Übelkeit und Erbrechen werden in 60–70 % der Fälle beobachtet.
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1458
31 Neurochirurgie
Puls- und Blutdruckschwankungen sowie Temperaturerhöhungen kommen vor. Fokale neurologische Störungen gehören nicht zum Bild der klassischen akuten SAB.
Ausdruck zentralvenöser Regulationsstörungen bzw. Folge der Tonusregulationsstörung am Gefäßsystem selbst. Fokale neurologische Störungen gehören nicht zum Bild der klassischen akuten SAB. Sind sie nachweisbar, deuten sie auf Komplikationen hin (intrazerebrales Hämatom, Vasospasmus). Einklemmungssyndrome entstehen durch intrakranielle Drucksteigerung infolge von intrazerebralen Hämatomen, Infarkten bzw. Liquorzirkulationsstörungen.
Klinische Einteilung. Es hat sich die Graduierung nach Hunt und Hess bewährt ( 2 B-31.34).
Klinische Einteilung. Nach der Diagnosesicherung erfolgt die Einteilung in Schweregrade. Dabei hat sich die Graduierung nach Hunt und Hess am besten bewährt. Sie orientiert sich ausschließlich an klinischen Gesichtspunkten ( 2 B-31.34). Die klinische Klassifikation ist wichtig und entscheidend für das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen.
2 B-31.34
Diagnose. Die Diagnose der akuten SAB kann in den meisten Fällen durch die CT gesichert werden (95 % der Fälle, 1 B-31.58).
Klassifikation des klinisch-neurologischen Befundes nach akuter SAB (nach Hunt und Hess, 1968)
N Grad I n
neurologisch unauffällig, leichter Kopfschmerz
N Grad II n
starker Kopfschmerz, Meningismus, keine neurologischen Ausfälle außer Hirnnervenstörungen
N Grad III n
leichte Bewusstseinsstörung, aber erweckbar, Verwirrtheit, neurologische Herdsymptome
N Grad IV n
Bewusstseinsstörung mit erhaltener Abwehrreaktion auf Schmerzreize, schwere neurologische Ausfälle (Halbseitenoder Hirnstammsymptome)
N Grad V n
tiefes Koma, beginnende Enthirnungsstarre, moribund
Diagnose. Bei klinischem Hinweis auf eine akute SAB kann die Diagnose in
den meisten Fällen durch die CT gesichert werden (95 % der Fälle). Deshalb sollte die CT als 1. instrumentelle Untersuchung durchgeführt werden. Neben dem Blutnachweis an sich ist es gelegentlich möglich das Aneurysma
1 B-31.58
CT-Befund bei akuter SAB
5
1
3
2
CT-Befund bei akuter SAB mit Blut in den basalen Zisternen (1) sowie im Bereich der Konvexität rechts betont (2), intrazerebralem Hämatom rechts frontotemporal (3) und Erweiterung der inneren Liquorräume (akuter Hydrozephalus) (4). In der CT bereits dringender Verdacht auf ein Aneurysma der A. cerebri media rechts (5). 4
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1459
31.16.1 Aneurysmen nachzuweisen. Die Blutverteilung gibt zudem einen Hinweis auf die Lokalisation der Blutungsquelle. Intrazerebrale Hämatome (in 20 % der Fälle), Infarktareale sowie ein Hirnödem lassen sich direkt darstellen. Ebenso ein Hydrozephalus als Folge der blutungsbedingten Liquorzirkulationsstörung ( 1 B-31.58). Entsprechend der Blutverteilung in der CT erfolgt die Klassifikation nach dem Fisher-Grading ( 2 B-31.35).
2 B-31.35
Fisher-Grading zur Klassifikation der Blutverteilung nach akuter SAB in der CT (nach Fisher, 1980)
N Grad I n
kein Blutnachweis
N Grad II n
diffuse SAB ohne Nachweis von Blutclots
N Grad III n
starke SAB mit Nachweis von Blutclots
N Grad IV n
SAB mit intrazerebralem Hämatom und/oder intraventrikulärer Einblutung
Bei zweifelhaftem oder negativem CT-Befund (5 %) ist die Lumbalpunktion indiziert. Ein frisch blutiger Liquor (Cave! artefizielle Einblutung), ein xanthochromer Liquor oder der Nachweis von Siderophagen sichern die Verdachtsdiagnose. Siderophagen sind bis zu 4 Monate nach einer SAB nachweisbar. Mit der transkraniellen Doppler-Sonographie (TCD) steht eine nicht invasive Untersuchungstechnik zur Verfügung, mit der vor allem ein Vasospasmus auszuschließen ist, bevor die Blutungsquelle angiographisch dargestellt wird. Beim Nachweis von massiven, generalisierten Vasospasmen erfolgt keine angiographische Diagnostik, da durch das applizierte Kontrastmittel der Vasospasmus verstärkt werden kann. Weiterhin kommt der TCD gegenwärtig die größte Bedeutung in der Verlaufsbeurteilung des Vasospasmus zu ( 1 B-31.59).
1 B-31.59
Die Klassifikation der Blutverteilung in der CT erfolgt nach dem FisherGrading ( 2 B-31.35).
Die Lumbalpunktion ist nur bei negativem oder zweifelhaftem CT-Befund indiziert.
Mit der transkraniellen DopplerSonographie (TCD) steht eine nicht invasive Untersuchungstechnik zur Verfügung, mit der der Vasospasmus beurteilt werden kann ( 1 B-31.59).
Synopsis Transkranielle Doppler-Sonographie (TCD)
Verlaufsuntersuchung, männlich, 43 Jahre, Zustand nach akuter SAB bei Aneurysma der A. basilaris, Hunt und Hess Grad 2.
a Am 20. Tag nach der SAB noch Nachweis einer Strömungsbeschleunigung (Vasospasmus) im Bereich der A. cerebri media rechts (MCA-R).
b Am 22. Tag nach der SAB wieder Nachweis eines Normalbefunds. Normalisierung sowohl beim systolischen Absolutwert (Rückgang von 230 auf 88 cm/s) als auch bei der mittleren Strömungsbeschleunigung (MEAN, Rückgang von 154 auf 60 cm/s).
Die zerebrale Angiographie ist die wichtigste Untersuchung. Sie ist immer indiziert, wenn sich aus ihrer Anwendung sofort oder innerhalb kurzer Zeit (Frühoperation bis 72 Stunden nach dem akuten Ereignis) therapeutische Konsequenzen ergeben können. Die Indikation hängt somit wesentlich vom klinischen Befund des Patienten, insbesondere von seiner Bewusstseinslage ab.
Die zerebrale Angiographie ist die wichtigste Untersuchung. Sie ist immer indiziert, wenn sich aus ihrer Anwendung therapeutische Konsequenzen ergeben können.
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1460 Bei Patienten der Schweregrade I–III nach Hunt und Hess (s. 2 B-31.34) sollte eine sofortige angiographische Abklärung und Operation als sog. Frühoperation bis 72 Stunden nach der Blutung erfolgen. Die Grade IV und V werden erst nach Verbesserung der Bewusstseinslage angiographiert und operiert, es sei denn das Hämatom zwingt zum sofortigen Handeln. Unter dem Aspekt des Aneurysmanachweises muss die Angiographie als selektive, zerebrale Panangiographie durchgeführt werden.
Die Angiographie erbringt den Nachweis oder den Ausschluss eines Aneurymas.
31 Neurochirurgie Bei Patienten der Schweregrade I–III nach Hunt und Hess (s. 2 B-31.34) sollte eine sofortige angiographische Abklärung und Operation, als sog. Frühoperation bis 72 Stunden nach der Blutung, erfolgen. Patienten der Schweregrade IV und V werden erst nach Verbesserung der Bewusstseinslage angiographiert und operiert, es sei denn, ein intrazerebrales Hämatom zwingt zur sofortigen Entlastung. Bei diesen Fällen erfolgt die Hämatomausräumung und gleichzeitig die Ausschaltung der Blutungsquelle aus der zerebralen Zirkulation. Unter dem Aspekt des Aneurysmanachweises muss die Angiographie als selektive, zerebrale Panangiographie durchgeführt weren. Typischerweise als transfemorale Katheterangiographie in Seldinger-Technik. Von den Verfahren der digitalen Subtraktionsangiographie ist nur jene mit intraarterieller Kontrastmittelapplikation aussagekräftig. Die bildliche Darstellung des Gefäßsystems erfolgt zunächst in 2 Ebenen, wird jedoch insbesondere aus operationstechnischen Gründen durch Spezialeinstellungen komplettiert. Die Angiographie erbringt den Nachweis oder den Ausschluss eines Aneurysmas. n Merke. Der fehlende Nachweis bei eindeutig gesicherter SAB (ca. 25 % der Fälle) kann durch Thrombosierung des Aneurysmas oder durch einen lokalen Vasospasmus bedingt sein. In diesen Fällen ist eine Kontrollangiographie nach etwa 3–4 Wochen dringend erforderlich. Gelingt auch dann der Nachweis einer Blutungsquelle nicht, muss man von einer nicht aneurysmatisch bedingten SAB ausgehen. Die Prognose einer solchen SAB kann als günstig angesehen werden, besonders im Vergleich zur konservativ behandelten aneurysmatisch bedingten SAB.
Merke
Die Angiographie ( 1 B-31.60) gibt weiterhin Aufschluss über die Aneurysmamorphologie (Beziehung zu Nachbarschaftsstrukturen).
Die Angiographie gibt weiterhin Aufschluss über die Aneurysmamorphologie (Darstellung des Aneurysmahalses, Beziehung zu Nachbarschaftsstrukturen), das Vorliegen multipler Aneurysmen sowie den Nachweis der Kombination eines Aneurysmas mit anderen Gefäßmissbildungen oder mit Tumoren. Ebenso lassen sich hämodynamische Aspekte des Gefäßsystems klären, die für das operative Vorgehen von eminenter Bedeutung sind ( 1 B-31.60).
1 B-31.60
Angiographischer Nachweis eines Aneurysmas Karotisangiographie rechts mit dem Nachweis eines sackförmigen Aneurysmas der A. cerebri media rechts (Á).
Komplikationen. Gefürchtete Komplikationen sind: π Rezidivblutung π Vasospasmus π Hirnödem π Hydrozephalus. Die primäre Mortalität nach akuter SAB beträgt 25–30 %.
Der Nachweis eines lokalen, segmentalen oder generalisierten Vasospasmus gelingt bei der Frühangiographie nach einer akuten SAB (≤ 72 Stunden) nicht, da dieser sich erst ab dem 3. Tag nach der Blutung entwickelt.
Komplikationen. Nach einer SAB sind die Patienten durch folgende Kompli-
kationen bedroht: Rezidivblutung π Vasospasmus π Hirnödem π Hydrozephalus. Die primäre Mortalität nach akuter SAB beträgt 25–30 %, d.h. diese Patienten versterben unmittelbar nach der Blutung und gelangen nicht mehr in stationäre Behandlung. π
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31.16.1 Aneurysmen
n Merke. Das Risiko eine Rezidivblutung zu erleiden ist besonders hoch in der 2.–3. Woche nach dem akuten Ereignis und mit einer Letalität von 50 % belastet. Innerhalb der ersten 6 Monate nach der Erstblutung erleiden etwa 50 % der Patienten eine Rezidivblutung.
Merke
In erster Linie werden die durch die Blutung freigesetzten Blutabbauprodukte wie Serotonin und Prostaglandine für die Entwicklung des Vasospasmus verantwortlich gemacht. Durch die ab dem 3.–4. Tag eintretende Gefäßkontraktion, kann es zur Minderperfusion bis hin zur zerebralen Ischämie kommen. Der Vasospasmus kann lokal, segmental und generalisiert auftreten. Eine eindeutige Abhängigkeit zwischen der Aneurysmalokalisation und Blutverteilung sowie dem Auftreten und der Schwere des Vasospasmus gibt es nicht. Die Gesamtprognose wird jedoch durch den Vasospasmus erheblich verschlechtert. In der Regel klingt der Vasospasmus nach der 2.–3. Woche ab, kann sich aber auch durch die ab dem 7. Tag nach der SAB einsetzende Intimaproliferation auf Dauer manifestieren. Die Entstehung des Hirnödems ist durch die direkte Schädigung bedingt und setzt unmittelbar nach der Blutung ein und klingt zum Ende der 3. Woche wieder ab. Sowohl durch eine Rezidivblutung als auch durch einen Vasospasmus kann das Hirnödem verstärkt und unterhalten werden. Etwa 10 % der Patienten entwickeln nach einer SAB einen Hydrocephalus internus. Verantwortlich sind Liquorzirkulationsstörungen durch Verklebungen der liquorableitenden Wege. Der Hydrozephalus kann akut auftreten, meistens entwickelt er sich jedoch erst nach einigen Wochen. Klinisch kommt es zur erneuten Verschlechterung der Bewusstseinslage infolge der intrakraniellen Drucksteigerung.
Der Vasospasmus entsteht durch Blutabbauprodukte und kann lokal, segmental und generalisiert auftreten. Er entwickelt sich ab 3.–4. Tag nach der Blutung und klingt nach 3 Wochen ab, kann sich aber auch manifestieren. Eine eindeutige Abhängigkeit zwischen der Aneurysmalokalisation und Blutverteilung sowie dem Auftreten und der Schwere des Vasospasmus gibt es nicht. Die Gesamtprognose wird jedoch durch den Vasospasmus erheblich verschlechtert. Die Entstehung des Hirnödems ist durch die direkte Schädigung bedingt und setzt unmittelbar nach der Blutung ein. Etwa 10 % der Patienten entwickeln nach einer SAB einen Hydrocephalus Internus. Verantwortlich sind Liquorzirkulationsstörungen durch Verklebungen der liquorableitenden Wege.
Therapie. Die Akuttherapie besteht aus absoluter Bettruhe, Sedierung,
Therapie. Die Akuttherapie besteht aus absoluter Bettruhe, Sedierung, Blutdruckkontrolle, Analgetikagabe und Vasospasmusprophylaxe. Die operative Therapie ist die Methode der Wahl. Ziel ist die definitve Ausschaltung der Blutungsquelle aus der zerebralen Zirkulation. Als definitiv versorgtes Aneurysma gilt nur jenes, welches durch Abclippen verschlossen wurde.
Vermeidung von Blutdruckspitzen (bei Bedarf antihypertensive Therapie), Analgetikagabe zur Bekämpfung der Kopfschmerzen und Vasospasmusprophylaxe mit Kalziumantagonisten. Die operative Therapie ist die Methode der Wahl. Ziel ist die definitive Ausschaltung der Blutungsquelle aus der zerebralen Zirkulation. Nur so kann das Risiko der Rezidivblutung ausgeschaltet und der Vasospasmus aggressiv behandelt werden. Folgerichtig hat sich in den letzten Jahren der Trend zur Frühoperation durchgesetzt. Seit Einführung der Mikrochirurgie und standardisierter Zugangswege zum Aneurysma ist die Operationsletalität auf < 10 % gesunken. Als definitiv versorgtes Aneurysma gilt nur jenes, welches durch Abklippen verschlossen wurde. Kann ein Aneurysma nicht freipräpariert werden, oder handelt es sich um fusiforme Erweiterungen, die nicht durch einen Clip verschlossen werden können, erfolgt die Umscheidung mit Muskel oder Faszie und Fibrinkleber, um so eine Wandverstärkung zu erreichen. Auch asymptomatische Aneurysmen als Zufallsbefunde instrumentell-diagnostischer Untersuchungen anderer Indikationen sollten aufgrund des geringen Operationsrisikos operativ behandelt werden.
Prognose. Die Prognose nach erfolgter Operation hängt vom klinisch-neu-
rologischen Ausgangsbefund, vom Operationszeitpunkt und von der Lokalisation der Blutungsquelle ab. Je schlechter der klinische Befund ist, um so schlechter ist das Ergebnis. Deshalb erfolgt bei Patienten mit Grad IV und V keine Frühoperation. Man wartet bis zur Stabilisierung und Verbesserung der klinischen Symptomatik, nimmt dabei aber das Risiko der Rezidivblutung in Kauf. Auch kann bei diesen Patienten der Vasospasmus nicht effektiv behandelt werden. Wenn irgend möglich, sollten alle Patienten der Grade I–III frühoperiert werden (≤ 72 Stunden nach dem akuten Ereignis). Das Rezidivblutungsrisiko ist gebannt und der sich evtl. entwickelnde Vasospasmus kann effektiv therapiert werden. Auf keinen Fall sollte bei nachgewiesenem Vasospasmus, unabhängig vom klinischen Befund operiert werden (mechanisch-operationstechnisch bedingte Gefäßwandschädigung kann zur Verstärkung des Vasospasmus führen). Aneurysmen die operationstechnisch leichter zugänglich sind, sind erwartungsgemäß prognostisch günstiger einzustufen.
Auch asymptomatische Aneurysmen sollten wegen des geringen Operationsrisikos operativ behandelt werden. Prognose. Die Prognose nach erfolgter Operation hängt vom klinisch-neurologischen Ausgangsbefund, vom Operationszeitpunkt und von der Lokalisation der Blutungsquelle ab.
Wenn irgend möglich, sollten alle Patienten der Grade I–III frühoperiert werden (≤ 72 Stunden nach dem akuten Ereignis). Das Rezidivblutungsrisiko ist gebannt und der sich evtl. entwickelnde Vasospasmus kann effektiv therapiert werden.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
1462 Patienten der Grade IV und V werden zunächst konservativ, nach Stabilisierung des Allgemeinzustands und Abklingen der Spasmen operativ behandelt. Die konservative Therapie der SAB umfasst bei nicht operierten Patienten neben der Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen und der Homöostase die Überwachung und Regulation der Blutdrucksituation. Blutdruckwerte zwischen 120–150 mmHg werden empfohlen. Unruhige oder ängstliche Patienten werden sediert, jedoch ohne die neurologische Beurteilung zu beeinträchtigen. Kalziumantagonisten zur Therapie des Vasospasmus haben die Erwartungen nicht erfüllt. Ursächlich hierfür ist der nach wie vor ätiologisch noch ungeklärte Vasospasmus. Nach erfolgter Operation kann das postoperative Behandlungskonzept aggressiver gestaltet werden. Es beinhaltet in erster Linie die 3-H-Therapie: π Hypertonie π Hypervolämie π Hämodilution. Mit der induzierten Anhebung des arteriellen Mitteldrucks versucht man dem Vasospasmus vom Gefäßinneren entgegenzuwirken.
31.16.2 Arteriovenöse Angiome Definition
Ihre Größe reicht vom Mikroangiom bis zur diffusen, eine ganze Hemisphäre einnehmenden Missbildung. Der Abfluss des arteriellen Blutes geschieht ohne Utilisation im Kapillarsystem in verdickte, prall gefüllte Venen. Das Blut ist dann noch immer arteriell gefärbt, die Venen pulsieren ( 1 B-31.61). Arteriovenöse Angiome machen etwa 5–10 % aller Gefäßmissbildungen aus. Sie sind bei Männern häufiger als bei Frauen. Das Manifestationsalter liegt deutlich unter dem der Aneurysmen, mit einem Gipfel in der 3. Lebensdekade. Symptome. Neben dem Blutentzug aus dem umliegenden Hirngewebe (StealSyndrom, passagere Ischämie) können sie sich durch ein Blutungsereignis (SAB, intrazerebrale und/oder intraventrikuläre Blutung) manifestieren.
31 Neurochirurgie Patienten der Grade IV und V werden zunächst konservativ behandelt. Der Vasospasmus wird mit dem transkraniellen Doppler überwacht. Die Operation erfolgt nach Stabilisierung des Allgemeinzustands und Abklingen der Spasmen. Die konservative Therapie der SAB umfasst bei nicht operierten Patienten neben der Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen und der Homöostase die Überwachung und Regulation der Blutdrucksituation. Der Blutdruck vor der SAB muss dabei berücksichtigt werden. Eine zu drastische Senkung kann der Tendenz zur Infarktbildung, bedingt durch eine vasospasmusinduzierte Minderperfusion, Vorschub leisten. Bei hypertonen Werten steigt andererseits das Risiko der Rezidivblutung. Blutdruckwerte zwischen 120–150 mmHg werden empfohlen. Unruhige oder ängstliche Patienten werden sediert, jedoch ohne die neurologische Beurteilung zu beeinträchtigen. Laxanzien zur Stuhlregulierung sind erforderlich, um pressorisch induzierte Druckanstiege mit der Gefahr der erneuten Blutung, zu vermeiden. Kalziumantagonisten zur Therapie des Vasospasmus haben die Erwartungen nicht erfüllt. Das liegt jedoch nicht an der Substanzgruppe, sondern vielmehr an der bisher nicht endgültig geklärten Ätiologie des Vasospasmus. Sie gehören aber nach wie vor ins Therapiekonzept der SAB. Nach erfolgter Operation kann das postoperative Behandlungskonzept aggressiver gestaltet werden. Es beinhaltet insbesondere eine induzierte hypervolämisch-hypertone Behandlung, wenn möglich unter gleichzeitigem Einsatz von Kalziumantagonisten. (H-H-H-Therapie: Hypertonie, Hypervolämie, Hämodilution). Mit der induzierten Blutdruckanhebung und somit Erhöhung des arteriellen Mitteldrucks versucht man dem Vasospasmus vom Gefäßinneren entgegenzuwirken. Hypertone Blutdruckwerte (160–180 mmHg) werden bewusst herbeigeführt. Sie sind der wirksamste Schutz gegen die Folgen des Vasospasmus. Kontinuierliche dopplersonographische Untersuchungen zur Beurteilung der zerebralen Perfusion gehören in das Standardkonzept der Behandlung von Patienten mit SAB. Die Behandlung auf einer neurochirurgischen Intensivstation ist erforderlich.
31.16.2
Arteriovenöse Angiome
n Definition. Kongenitale Gefäßmissbildung mit arteriovenösen Kurzschlüssen, in denen Blut ohne Zwischenschaltung eines Kapillarnetzes vom arteriellen in den venösen Gefäßschenkel gelangt.
Ihre Größe reicht vom Mikroangiom bis zur diffusen, eine ganze Hemisphäre einnehmenden Missbildung. Der Abfluss des arteriellen Blutes geschieht ohne Utilisation im Kapillarsystem in verdickte, prall gefüllte Venen. Das Blut ist dann noch immer arteriell gefärbt, die Venen pulsieren. Verkalkungen, Gefäßwandaussackungen und Thrombosen werden beobachtet. In ihrer Umgebung findet man häufig Anzeichen frischer oder älterer Blutungen. Die hirnversorgenden Arterien versorgen gleichzeitig das Angiom. Bei großem Shuntvolumen entwickelt sich im Laufe der Jahre immer eine Hirnatrophie ( 1 B-31.61). Arteriovenöse Angiome machen etwa 5–10 % aller Gefäßmissbildungen aus. Sie sind bei Männern etwas häufiger als bei Frauen. Das klinische Manifestationsalter liegt deutlich unter dem der Aneurysmen, mit einem Gipfel in der 3. Lebensdekade.
Symptome. Selten wirken sie raumfordernd. Der klinischen Symptomatik liegen verschiedene pathophysiologische Mechanismen zu Grunde. Neben dem Blutentzug aus dem umliegenden Hirngewebe (Steal-Syndrom, passagere Ischämie) können sie sich durch ein Blutungsereignis (SAB, intrazerebrale und/oder intraventrikuläre Blutung) manifestieren. Selten kommt es zu Schädigungen von Hirnnerven oder zu Liquorzirkulationsstörungen.
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1463
31.16.2 Arteriovenöse Angiome
1 B-31.61
Angiographischer Befund eines arteriovenösen Angioms
3
3 2
1 1
2 1
Die Versorgung erfolgt über kaliberkräftige Äste der A. cerebri media links (1). Typische Darstellung des Angioms (2) sowie der frühen venösen Dränage (3).
Aus der Zusammenstellung dieser pathophysiologischen Veränderungen, die einzeln aber auch kombiniert auftreten können, geht hervor, dass die Symptomatik äußerst vielgestaltig sein kann. Die wichtigsten klinischen Symptome sind: Kopfschmerz, zerebrale Krampfanfälle, Blutungen, neurologische Herdsymptome, psychische Veränderungen sowie Gefäßgeräusche. Initialsymptome werden in der Regel fehlgedeutet, da leichte zerebrale Störungen infolge passagerer Ischämie wie Schwindel, Tinnitus, psychische Störungen usw. vieldeutig sind. Das Gleiche gilt für Kopfschmerzen, die oft einen migräneartigen Charakter haben. n Merke. Klinisch wichtigstes Frühsymptom sind fokale oder generalisierte Krampfanfälle, die bei jüngeren Patienten mit Kopfschmerzen immer an ein Angiom denken lassen müssen. Angiombedingte Krampfanfälle sind als Warnsymptom für das Risiko einer nachfolgenden Blutung anzusehen. Konsequenz ist die Entscheidung zur operativen Therapie.
Krampfanfälle kommen bei ca. 1⁄3 aller Angiomträger vor und sind charakteristisch für eine parietale Lokalisation. Ursächlich ist eine durch die zerebrale Ischämie entstandene Hirnnarbe. Die häufigste Manifestation ist die Blutung (subdural, intrazerebral, intraventrikulär – einzeln oder kombiniert). Sie wird bei ca. 2⁄3 der Angiomträger beobachtet. Die Mortalität der ersten Blutung beträgt 10 % und steigt prozentual bei jeder Rezidivblutung. Unabhängig von der Lokalisation bluten kleine Angiome häufiger als große. Die klinische Symptomatik entspricht der bei der SAB geschilderten bzw. der einer spontanen intrazerebralen Blutung. Die Klassifikation der klinischen Symptomatik erfolgt nach der Hunt-undHess-Graduierung (s. 2 B-31.34, S. 1458). Fokale neurologische Ausfälle kommen bei vielen Angiomträgern auch dann vor, wenn das Angiom nicht geblutet hat. Sie sind Folgen des lokalen Drucks bzw. der Blutumverteilungsstörung. Typisch sind passagere oder permanente Halbseitenlähmungen, Aphasien, Sehstörungen sowie Sensibilitäts- und Hirnnervenstörungen. Relativ selten kommt es zum Verschlusshydrozephalus. Gelegentlich haben Angiome mit großem Shuntvolumen auch Auswirkungen auf den Gesamtkreislauf. Linskherzhypertrophie mit Dilatation und konsekutiver Herzinsuffizienz sind möglich.
Diagnose. Die CT mit und ohne Kontrastmittel ist praktisch bei allen Angiompatienten pathologisch. Ein intrazerebrales Hämatom kann ein Angiom überdecken. Bei Angiomen ohne Blutung kommt ein Areal unterschiedlicher Dichte und Konfiguration zur Darstellung. Verkalkungen lassen sich nachweisen. Nach Kontrastmittelgaben kommt es zur Dichteanhebung, gelegentlich lassen sich die dränierenden Venen erkennen. Ischämisch geschädigte Areale lassen sich ebenso wie eine allgemeine Hirnatrophie darstellen. Aussagekräftiger, wenn zeitlich realisierbar (keine akute Blutung) ist
Die wichtigsten klinischen Symptome sind Kopfschmerz, zerebrale Krampfanfälle, Blutungen, neurologische Herdsymptome, psychische Veränderungen sowie Gefäßgeräusche. Initialsymptome wie Schwindel, Tinnitus, psychische Störungen usw. werden oft fehlgedeutet.
Merke
Krampfanfälle kommen bei ca. 1 ⁄ 3 aller Angiomträger vor. Die häufigste Manifestation ist die Blutung (subdural, intrazerebral, intraventrikulär – einzeln oder kombiniert). Sie wird bei ca. 1 ⁄ 3 der Angiomträger beobachtet. Unabhängig von der Lokalisation bluten kleine Angiome häufiger als große. Die Klassifikation der klinischen Symptomatik erfolgt nach der Hunt-undHess-Graduierung (s. 2 B-31.34, S. 1458). Fokale neurologische Ausfälle sind Folge des lokalen Drucks bzw. der Blutverteilungsstörung. Typisch sind passagere oder permanente Halbseitenlähmungen, Aphasien, Sehstörungen sowie Sensibilitäts- und Hirnnervenstörungen.
Diagnose. Die CT mit und ohne Kontrastmittel ist praktisch bei allen Angiompatienten pathologisch, aussagekräftiger ist die MRT. Bei Angiomen ohne Blutung kommt ein Areal unterschiedlicher Dichte und Konfiguration zur Darstellung. Nach Kontrastmittelgaben kommt es zur Dichteanhebung, gelegentlich lassen sich die dränierenden Venen erkennen.
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1464
31 Neurochirurgie
Mit der transkraniellen Doppler-Sonographie ist eine funktionell-dynamische Beurteilung möglich. Die zerebrale Angiographie (Panangiographie) ist für Nachweis, Lokalisation, Identifizierung zu- und abführender Gefäße und somit schließlich für die Indikationsstellung zur Operation unentbehrlich.
die Kernspintomographie. Mit der transkraniellen Doppler-Sonographie ist eine funktionell-dynamische Beurteilung möglich. Die zerebrale Angiographie ist für Nachweis, Lokalisation, Identifizierung zu- und abführender Gefäße und somit schließlich für die Indikationsstellung zur Operation unentbehrlich. Dabei muss unbedingt die Darstellung aller hirnversorgenden Gefäßregionen erfolgen (Panangiographie).
Klinischer Fall Bei dem 32-jährigen Jurastudenten entwickelt sich aus vollem Wohlbefinden heraus apoplektiform zunächst eine Gefühlsstörung im Bereich des linken Arms verbunden mit Störungen der Feinmotorik der linken Hand. Danach kommt es zum 1. zerebralen Krampfanfall, als sensibler Jackson-Anfall im Bereich des linken Arms. Keine Bewusstseinsstörung. Akuteinweisung in eine neurochirurgische Klinik. In der CT ohne Kontrastmittel ( 1 B-31.62 a, obere Reihe) fällt neben einer Asymmetrie des Ventrikelsystems ein hyperdenses Areal rechts okzipital auf. Nach Kontrastmittelgabe ( 1 B-31.62 a, untere Reihe) deutliche Dichtezunahme nachweisbar. Nach CT-Kriterien Nachweis einer arteriovenösen Malformation rechts okzipital.
1 B-31.62
Die veranlasste MRT ( 1 B-31.62 b) bestätigte das Vorliegen einer rechts okzipitalen Gefäßmissbildung mit hypointenser Darstellung des Gefäßkonvoluts. Die nachfolgende angiographische Diagnostik ( 1 B-31.62 c) zeigte das arteriovenöse Angiom, welches über die vertebrobasiläre Strombahn gespeist wird. Typisch die arteriovenösen Shunts und die frühe venöse Dränage. Das arteriovenöse Angiom wurde operativ vollständig entfernt. Der postoperative Verlauf gestaltet sich komplikationslos. Die sensiblen Störungen bilden sich nahezu vollständig zurück. Zerebrale Anfälle wurden unter antikonvulsiver Therapie nicht beobachtet.
Synopsis Diagnose eines arteriovenösen Angioms mittels CT, MRT und Angiographie
b In der MRT zeigt sich eine rechts okzipital gelegene Gefäßmissbildung ( Á).
a CT mit Nachweis eines hyperdensen Areals rechts okzipital (Á) (Reihe oben). Nach Kontrastmittelgabe deutliche Dichtezunahme ( Á Á) in diesem Bereich (V.a. arteriovenöse Gefäßmissbildung).
c Angiographische Darstellung eines arteriovenösen Angioms (Á).
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31.16.2 Arteriovenöse Angiome
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Therapie. Als beste Therapie gilt die vollständige operative Exstirpation unter mikrochirurgischen Bedingungen. Sie kommt bei ca. 2⁄3 der Angiome in Betracht. Die Indikation ist vom Sitz, von der Funktion der betroffenen Hirnregion sowie von der venösen Dränage abhängig. Die Operation ist mit einem Risiko postoperativer neurologischer Störungen von ca. 30 % behaftet. Das Mortalitätsrisiko liegt bei < 10 %. Stereotaktische Bestrahlungen mit Protonen oder g-Strahlen haben die Erwartungen nicht erfüllt. Embolisationsverfahren gelten nicht als definitive Therapie, können jedoch das Blutungsrisiko während der Operation senken.
Therapie. Als beste Therapie gilt die vollständige operative Exstirpation unter mikrochirurgischen Bedingungen. Sie kommt bei ca. 2 ⁄ 3 der Angiome in Betracht. Die Indikation ist vom Sitz, von der Funktion der betroffenen Hirnregion sowie von der venösen Dränage abhängig. Das Risiko postoperativer neurologischer Störungen liegt bei 30 %, das Mortalitätsrisiko bei < 10 %.
Teleangiektasie, venöse und kavernöse Angiome sind sehr seltene Gefäßmissbildungen, von denen lediglich die kavernösen Angiome einer operativen Therapie bedürfen. Die Diagnose wird gegenwärtig am zuverlässigsten durch die Kernspintomographie gesichert. Die Sturge-Weber-Erkrankung zählt zu den neuroektodermalen Dysplasien (Phakomatosen) und ist durch die Trias intrakranielles verkalktes Angiom, Naevus flammeus des Gesichts und Angiom der Aderhaut definiert. Die Therapie ist in der Regel eine symptomatische. Von den arteriovenösen Fisteln ist die A. carotis-Sinus cavernosus-Fistel die häufigste, dabei jedoch insgesamt sehr selten. Ursächlich sind Traumen, blutende Aneurysmen im infraklinoidalen Abschnitt der A. carotis sowie die Arteriosklerose. Traumatisch bedingte Fisteln sind am häufigsten. Das Verhältnis gegenüber spontanen Fisteln beträgt 3 : 1. Die klassische Symptomentrias besteht aus pulsierendem Exophthalmus, pulssynchronem Pressstrahlgeräusch und Ophthalmoplegie. Die Diagnose ist bei anamnestisch bekannter Schädelbasisverletzung prima vista zu stellen. Sie wird nach ophthalmologischer Untersuchung durch CT und Angiographie bestätigt. Therapieziel ist der Fistelverschluss. Dies geschieht in der Regel durch Ballonokklusion.
Teleangiektasie, venöse und kavernöse Angiome sind sehr seltene Gefäßmissbildungen, von denen lediglich die kavernösen Angiome einer operativen Therapie bedürfen. Die Sturge-Weber-Erkrankung zählt zu den neurektodermalen Dysplasien (Phakomatosen). Von den arteriovenösen Fisteln ist die A. carotis-Sinus cavernosus-Fistel die häufigste. Ursächlich sind Traumen, blutende Aneurysmen im infraklinoidalen Abschnitt der A. carotis sowie die Arteriosklerose. Die klassische Symptomentrias besteht aus: π pulsierendem Exophthalmus π pulssynchronem Pressstrahlgeräusch π Ophthalmoplegie. Therapieziel ist der Fistelverschluss durch Ballonokklusion.
Klinischer Fall Eine 63-jährige Frau wird von ihrem Ehemann in der Küche sitzend aufgefunden. Sie ist verwirrt, erbricht mehrfach und hat eine verwaschene Sprache. Sie kann stehen, jedoch nur mit Unterstützung gehen. Kopfschmerzen werden nicht angegeben. Die Einweisung erfolgt in eine medizinische Klinik. Aus der Anamnese ist ein Hypertonus bekannt. Die erste ärztliche Untersuchung ergibt bei der nun somnolenten Patientin einen endgradigen Meningismus, eine brachiofazial betonte Hemiparese rechts, sowie aphasische Störungen. In der CT findet sich eine intrazerebrale Blutung links mit Ventrikeleinbruch ( 1 B-31.63). Zur Prüfung der Operationsindikation einer lateralen Stammganglienblutung links wird die Patientin in eine neurochirurgische Klinik verlegt. Bei unveränderlich klinisch-neurologischem Befund erfolgt bei der für eine spontane hypertone Blutung atypischen Lokalisation zum Ausschluss einer Gefäßmissbildung die weiterführende Diagnostik. Mit der TCD ließen sich regelrechte Strömungsverhältnisse nachweisen. Insbesondere ergab sich kein Anhalt für einen Vasospasmus. Durch die angiographische Untersuchung ließ sich ein Aneurysma im Bereich der A. cerebri media sinistra nachweisen ( 1 B-31.64). Unmittelbar im Anschluss an die Angiographie wurde die Patientin operiert. Das intrazerebrale Hämatom wurde ausgeräumt, das Aneurysma dargestellt und mit einem Clip aus der zerebralen Perfusion ausgeschaltet. Nach 24-stündiger kontrollierter Beatmung konnte die Patientin extubiert werden. In den Folgetagen bot die Patientin bei unverändertem klinisch-neurologischen
Befund Vigilanzschwankungen. Die postoperative CT zeigte regelrechte Verhältnisse. Mit der TCD ließ sich ein links betonter Vasospasmus über 7 Tage nachweisen. Unter einer induzierten hypervolämisch-hypertonen Therapie kam es zur deutlichen Verbesserung der Bewusstseinslage und zur geringgradigen Rückbildung der neurologischen Ausfälle.
1 B-31.63
Atypisch lokalisierte intrazerebrale Blutung
CT mit atypisch lokalisierter intrazerebraler Blutung (Á). Dringender Verdacht auf Gefäßmissbildung.
Aus Henne-Bruns, D., Dürig, M., Kremer, B.: Duale Reihe - Chirurgie, ISBN 313-125292-8.© 2003 Georg Thieme Verlag Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden!
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31 Neurochirurgie
1 B-31.64
Aneurysma der A. cerebri media Angiographie der A. carotis links mit Nachweis eines Aneurysmas der A. cerebri media links ( Á).
31.17
Spontane intrazerebrale Hämatome
31.17
Spontane intrazerebrale Hämatome
Synonyme: Enzephalorrhagie, Hirnblutung, intrazerebrales Hämatom, zerebrale Massenblutung. Definition
Epidemiologie. 20 % der Schlaganfälle sind durch Hirnblutungen bedingt. Der Altersgipfel liegt um das 60. Lebensjahr. Das Verhältnis Infarkt zu Blutung beträgt 10:1–2. 80 % der Blutungen liegen in den Großhirnhemisphären, 20 % im Hirnstamm und Kleinhirn. Männer überwiegen und 80 % der Patienten sind Hypertoniker. Die Letalität ist höher als beim ischämischen Insult. 31.17.1 Ätiologie und Pathogenese Der Hypertonus ist die Ursache für ca. 60 % aller Hirnblutungen. Der Hypertonus löst zum einen die Gefäßruptur direkt aus, zum anderen führt die chronische Hypertonie zu Gefäßwandschädigungen (Fibrose, Hyalinose, Arterio- und Arteriolosklerose sowie nachfolgend Mirkoaneurysmen).
Massenblutungen sind in 70–80 % in den Stammganglien lokalisiert, 60–80 % brechen in das Ventrikelsystem ein. Gefäßmissbildungen wie arteriovenöse Angiome, Aneurysmen, Kavernome sowie Mikroangiome sind weiter Ursachen intrazerebraler Hämatome. Seltenere Ursachen sind Blut- und Gefäßerkrankungen, Hirntumoren und Gerinnungsstörungen ( 2 B-31.36). Sowohl die Blutung selbst als auch das perifokale Ödem schädigen das umge-
n Definition. Unter »spontanen« intrazerebralen Hämatomen werden alle Blutungen nicht traumatischer Genese verstanden, die in sich jedoch eine Gruppe wohldefinierter Ursachen umfassen. Diese Definition schließt somit hypertone Massenblutungen, Blutungen aus Aneurysmen und Angiomen sowie Tumorblutungen und Blutungen bei Hirnvenenthrombosen und infolge Gerinnungsstörungen mit ein.
Epidemiologie. Etwa 20 % der »Schlaganfälle« werden durch Hirnblutungen
verursacht. Der Altersgipfel liegt mit 60 Jahren etwas niedriger als bei den ischämischen Insulten. Während Massenblutungen häufiger in der 7. Lebensdekade auftreten, kommt es meist in der 4.–6. Dekade zur Subarachnoidalblutung. Die jährliche Mortalität bei zerebralen Gefäßerkrankungen liegt zwischen 95–300/100 000, wobei das Verhältnis Infarkt/Blutung 10:1–2 beträgt. Von den spontanen Blutungen liegen 80 % in den Großhirnhemisphären, 20 % im Hirnstamm und Kleinhirn. Männer überwiegen und 80 % der Patienten sind Hypertoniker. Die Letalität der Hirnblutungen ist höher als die ischämischer Insulte.
31.17.1
Ätiologie und Pathogenese
Häufigste Ursache intrazerebraler Blutungen (60 %) ist der zur Gefäßwanddegeneration führende Hypertonus. Er spielt in zweifacher Hinsicht eine entscheidende Rolle. Einmal wird die Gefäßruptur direkt und unmittelbar durch den Bluthochdruck ausgelöst, zum anderen führt die chronische Hypertonie zu typischen Gefäßwandschädigungen wie Fibrose, Hyalinose, Arterio- und Arteriolosklerose sowie nachfolgender Entwicklung von Mikroaneurysmen, die aufgrund ihrer eigenen Wandschwäche bei plötzlichem Blutdruckanstieg rupturieren können. Predilektionsstelle der Gefäßruptur ist der Abgang der Aa. lenticulostriatae aus der A. cerebri media. 70–80 % der hypertonischen Massenblutungen sind im Stammganglienbereich lokalisiert. 60–80 % brechen in das Ventrikelsystem ein. Die 2. große Gruppe der intrazerebralen Hämatome wird durch Gefäßmissbildungen wie Angiome, Kavernome und kapillare Mikroangiome verursacht. Die aneurysmatisch bedingte Subarachnoidalblutung ist in 15–20 % mit einem intrazerebralen Hämatom vergesellschaftet. Ursachen wie primäre Bluterkrankungen, nicht hypertoniebedingte Gefäßerkrankungen, endogene und medikamenteninduzierte Gerinnungsstörungen, Hirntumoren sowie die Amyloidangiopathie treten zahlenmäßig weit zurück ( 2 B-31.36). Durch die Blutung kommt es zur Schädigung des umgebenden Gewebes. Durch den Druck entsteht ein perifokales, vasogenes Hirnödem, infolge
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1467
31.17.2 Klinische Symptomatik sekundärer Zirkulationsstörung zusätzlich ein zytotoxisches Ödem, wodurch die Parenchymnekrose begünstigt wird. In der Restitutionsphase werden Blut und nekrotisches Gewebe durch Makrophagen abgebaut und durch eine zystische Glianarbe ersetzt.
2 B-31.36
bende Hirngewebe. Zurück bleibt eine zystische Glianarbe.
Differenzialdiagnose der nicht hypertoniebedingten spontanen intrazerebralen Hämatome (nach Schütz, 1988)
n Aneurysmablutung N N Angiomblutung n n Mikroangiome (small vascular malformation SVM) N N Tumorblutung n N intrazerebrale Hämatome infolge therapeutischer Beeinflussung der n Blutgerinnung n Leukämie N N Hämophilie n N Morbus Werlhof n n N N n N n N n N n N n N n N n N n
Thrombasthenie Naegeli-Glanzmann medikamentös-toxische Thrombopenie Immunkomplexvaskulitis Lupus erythematodes Panarteriitis nodosa Wegener-Granulomatosis Hemmkörperhämophilie zerebrale Sinus- und Venenthrombose disseminierte intravasale Gerinnung, Verbrauchskoagulopathie
n zerebrale Amyloidangiopathie N N Leberzirrhose n N Eklampsie n n N N n N n N n N n N n N n N n
Moyamoya-Disease mykotische Aneurysmen Blitzschlag Vorhofmyxome Sturge-Weber-Syndrom postoperative intrazerebrale Hämatome Hämatome unbekannter Ätiologie »Speed Vasculitis«
31.17.2
Klinische Symptomatik
31.17.2 Klinische Symptomatik
Prodromalerscheinungen hypertensiver Blutungen können sein: Kopfschmerzen, Vertigo, Tinnitus, psychomotorische Unruhe, Reizbarkeit, Konzentrationsschwäche sowie flüchtige neurologische Herdsymptome im Rahmen einer hypertensiven Krise. Meist kommt es unter psychischer oder physischer Belastung zur Blutung. Initialsymptome sind heftiger Kopfschmerz und Schwindel gefolgt von fokalen epileptischen Anfällen, Lähmungen und in > 50 % der Fälle eine apoplektiform einsetzbare Bewusstseinsstörung bis zum Koma. Die Beurteilung des Zustands des Patienten erfolgt anhand der Klassifikation nach Hunt und Hess (s. 2 B-31.34) und nach der Glasgow-Coma-Scale (GCS) (s. 2 B-31.10).
Prodromi der hypertensiven Massenblutung sind: π Kopfschmerzen π Schwindel π psychomotorische Unruhe π flüchtige neurologische Herdsymptome. Initialsymptome sind: π Kopfschmerz π Schwindel π fokale epileptische Anfälle π Lähmungen π apoplektiform einsetzende Bewusstseinsstörung.
Großhirnblutungen
Großhirnblutungen
Führendes Symptom der Massenblutung ist die Bewusstseinsstörung, die bei stärkerer Ausprägung andere Leitsymptome überdecken kann. Wenn die Capsula interna beteiligt ist, resultiert eine schlaffe Lähmung der kontrala-
Das führende Symptom, die Bewusstseinsstörung, kann andere Initialsymptome überdecken. Bei Einblutung
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1468 in die Capsula interna kommt es zur kontralateralen Hemiparese und Blickwendung zur Herdseite. Zur Aphasie kommt es bei Befall der dominanten Hemisphäre. Bei stark raumfordernden Blutungen kommt es durch Einklemmung des N. oculomotorius zur homolateralen Mydriasis. Neben den Zeichen der intrakraniellen Drucksteigerung finden sich regelmäßig die Zeichen der vegetativen Dysregulation. Bei fortbestehender Einklemmungssymptomatik entwickeln sich schließlich die Vollbilder des Mittelhirnsyndroms und Bulbärhirnsyndroms (s. 2 B-31.14).
60–80 % der supratentoriell lokalisierten Blutungen brechen in das Ventrikelsystem ein ( 1 B-31.65).
31 Neurochirurgie teralen Körperhälfte. Durch Ausfall der frontopontinen Blickbahnen kommt es zu einer Blickwendung zur Herdseite (Déviation conjugée). Je nach Ausdehnung kommt es zur homonymen Hemianopsie, wenn die dominante Hemisphäre betroffen ist zur Aphasie. Bei stärker raumfordernden Blutungen wird der N. oculomotorius im Tentoriumschlitz am Clivus eingeklemmt, was eine homolaterale Mydriasis zur Folge hat. Neben den Zeichen der intrakraniellen Drucksteigerung bestehen regelmäßig auch Zeichen einer vegetativen Dysregulation wie Schweißausbruch, Temperaturanstieg, Brady- oder Tachykardie und Atemrhythmusstörungen. Bei fortbestehender Einklemmungssymptomatik entwickelt sich schließlich das Vollbild des Mittelhirnsyndroms mit Koma, Strecksynergismen spontan und auf äußere Reize, Pyramidenbahnzeichen, Opisthotonus, mittelweite oft entrundete nicht auf Licht reagierende Pupillen, nicht auslösbares Puppenkopfphänomen, konjugierter bis dyskonjugierter vestibulookulärer Reflex, anfangs Cheyne-Stokes- später Maschinenatmung, Entgleisung autonomer vegetativer Funktionen mit Hypertonie, Hyperpnoe, Tachykardie, Hyperthermie, Hyperhydrosis, Hypersalivation, bronchiale Hypersekretion, Hyperglykämie und Elektrolytstörungen. Möglich ist auch die Entwicklung eines Bulbärhirnsyndroms mit Koma, schlaffem Muskeltonus, keine Reaktion auf Schmerzreize, Bulbi fixiert, okulozephaler und vestibulookulärer Reflex sind ausgefallen, mittelweite – weite entrundete und lichtstarre Pupillen, zunehmende Atemdepression bis zum Atemstillstand, Blutdruckabfall, Temperaturanstieg, Steigerung der Pulsfrequenz. Blutdruck- und Pulskurve kreuzen sich (»Todeskreuz«, s. 2 B-31.14). 60–80 % der Massenblutungen des supratentoriellen Raums brechen in das Ventrikelsystem ein. Eine vollständige Ventrikeltamponade manifestiert sich klinisch mit Koma und Strecksynergismen und endet in der Regel innerhalb von 24–48 Stunden tödlich ( 1 B-31.65).
1 B-31.65
Intrazerebrale Blutung Spontane intrazerebrale Blutung im Stammganglienbereich rechts (1) mit Ventrikeleinbruch (2) und Erweiterung der inneren Liquorräume (3).
3 1 2
2
Kleinhirnblutungen
Kleinhirnblutungen
10–15 % der spontanen intrazerebralen Blutungen sind im Kleinhirn lokalisiert.
10–15 % der spontanen intrazerebralen Blutungen sind im Kleinhirn lokalisiert und betreffen in der Regel eine Hemisphäre. Meist ohne äußeren Anlass treten intensive, vorwiegend okzipital lokalisierte Kopfschmerzen, Schwindel und Brechreiz auf. Störungen der Bewegungskoordination und eine ipsilaterale Gang- und Standataxie sind die Regel, ebenso Dysarthrie und meist eine horizontale Blickparese oder ein Blickrichtungsnystagmus. Aufgrund des geringen Reserveraums im infratentoriellen Kompartiment überwiegen die Zeichen der intrakraniellen Drucksteigerung.
Symptome der Kleinhirnblutung sind: π ipsilaterale Hemiataxie π Fallneigung π Dysarthrie π Gangabweichung π Nystagmus π Blickparese.
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31.17.1 Ätiologie und Pathogenese Ein Meningismus findet sich bei 40 %, der Liquor ist in 80–90 % der Fälle blutig. Massive Blutungen mit Einbruch in den 4. Ventrikel und Einklemmung der Medulla oblongata im Foramen occipitale magnum führen rasch zur tiefen Bewusstlosigkeit und Atemstillstand (vgl. 1 B-31.14).
Meningismus findet sich in 40 %, blutiger Liquor in 80–90 % der Fälle. Massive infratentorielle Blutungen führen zum Koma, nachfolgend durch Einklemmung der Medulla oblongata zum Atemstillstand (vgl. 1 B-31.14).
Klinischer Fall Weiblich, 67 Jahre. Bekannter Hypertonus. Akute Bewusstlosigkeit. Aufnahmebefund: komatöse, intubierte, beatmete, nicht sedierte Patientin. Übermittelweite, lichtstarre Pupillen beiderseits. Kornealreflex, okulozephaler und vestibulookulärer Reflex nicht auslösbar. Absaugereflex deutlich abgeschwächt. Muskeltonus schlaff. Muskeleigenreflexe nicht auslösbar. Keine Pyramidenbahnzeichen. RR 110/80 mmHg. Pulsfrequenz 96 min. CT-Befund: große infratentorielle Blutung mit Einbruch in das Ventrikelsystem (Blutspiegel in den Hinterhörnern der Seitenventrikel) und massive Erweiterung des supratentoriellen Ventrikelsystems ( 1 B-31.66). Basale Zisternen durch transtentorielle Einklemmung nicht mehr abgrenzbar. Exitus letalis.
1 B-31.66
Infratentorielle Massenblutung
Hirnstammblutungen
Hirnstammblutungen
Hirnstammblutungen (überwiegend im Bereich des Pons) sind die seltensten, aber auch die gefährlichsten der klassischen hypertoniebedingten Hämatome ( 1 B-31.67). Sie nehmen in der Regel ihren Ausgang an der Grenze zwischen Basis und Tegmentum pontis. Ihre Häufigkeit beträgt 5–10 %. Ihre Letalität ist außergewöhnlich hoch. Wird sie überlebt, sind schwere Defektsyndrome die Regel.
Hirnstammblutungen (überwiegend im Bereich des Pons) sind die seltensten, aber auch die gefährlichsten der klassischen hypertoniebedingten Hämatome ( 1 B-31.67). Häufigkeit 5–10 %. Die Letalität ist außergewöhnlich hoch.
1 B-31.67
Hirnstammblutung mit Ödemzone MRT-Befund einer Ponsblutung am 5. Tag nach dem akuten Ereignis. Hyperintense (Á) Darstellung der Blutung, umgeben von einer hypointensen ( Á Á) Ödemzone.
Der Verlauf ist foudroyant, und wegen der eng nebeneinander verlaufenden Bahnsysteme sowie der engen Nachbarschaft der Hirnnervenkerngebiete entsteht ein »buntes« neurologisches Bild. Klinisch-neurologisch imponiert ein rasch einsetzendes Koma mit Hemioder Tetraparese, Dezerebrationshaltung, beidseitiger Miosis, Ausfall der horizontalen Komponente des okulozephalen Reflexes, zentraler Atemstörung und Hyperthermie.
Der Verlauf ist foudroyant, und aufgrund der engen Nachbarschaft der Hirnnervenkerngebiete entsteht ein »buntes« neurologisches Bild mit Koma, Tetraparese, beidseitiger Miosis, zentraler Atemstörung und Hyperthermie.
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1470
31 Neurochirurgie
Diagnostik
31.17.3 Diagnostik
31.17.3
Klinisch-neurologische Untersuchung Im Akutstadium finden sich neben der Bewusstseinsstörung bis zum Koma eine homolaterale Mydriasis, eine Déviation conjugée sowie eine kontralaterale Hemiparese mit positiven Pyramidenbahnzeichen.
Klinisch-neurologische Untersuchung
Beim protrahierten Verlauf finden sich aufgrund der zunehmenden intrakraniellen Drucksteigerung die typischen Symptome wie Kopfschmerzen, Erbrechen, sekundäre Vigilanzstörung, kontralaterale Hemiparese und homolaterale Mydriasis. Kleinhirn- und Ponsblutungen verlaufen foudroyant, es kommt rasch zur Einklemmung. Eine Stauungspapille findet sich nur beim protrahierten, nicht beim akuten Verlauf. Häufiger findet sich ein Fundus hypertonicus. Hämatome der Großhirnkonvexität führen oftmals nur zu isolierten neurologischen Herdstörungen, wie Monoparese, motorische oder sensible Aphasie, Apraxie, Hemianopsie. Auch zerebrale Krampfanfälle können Initialsyndrom einer intrazerebralen Blutung sein.
Merke
Der soporöse oder komatöse Patient weist eine Gesichtzyanose und eine Cheyne-Stokes-Atmung auf. In der Initialphase fallen die homolaterale Mydriasis, eine Blickwendung zur Herdseite (Déviation conjugée), kontralateral fehlende physiologische Eigen- und Fremdreflexe und ein positives Babinski-Zeichen auf. Schon das Entweichen der Atemluft aus dem geblähten Mundwinkel, das einseitige Herabfallen der passiv angehobenen Extremitäten und fehlende Spontanbewegungen geben Hinweise auf eine zunächst schlaffe Hemiplegie. Beim mehr protrahierten Verlauf einer intrazerebralen Blutung finden sich aufgrund der zunehmenden intrakraniellen Drucksteigerung die typischen Symptome wie Kopfschmerzen, Erbrechen, sekundäre Vigilanzstörung, kontralaterale Hemiparese und homolaterale Mydriasis. Bei den hypertensiven Kleinhirn- und Hirnstammblutungen wird die zerebelläre bzw. pontine Symptomatik durch den foudroyanten Verlauf mit rasch einsetzendem Koma oftmals überlagert. Die einzelnen klinisch-neurologischen Herdsymptome sind dann nur sehr schwer differenzierbar. Die immer wieder beschriebene Stauungspapille (Ausdruck einer chronischen Hirndrucksteigerung) ist aufgrund der Akuität der Erkrankung in der Regel noch nicht nachweisbar, sie findet sich nur beim protrahierten Verlauf mit langsam steigendem intrakraniellen Druck. Häufiger findet sich ein Fundus hypertonicus und entsprechende hypertoniebedingte Veränderungen im EKG. Intrazerebrale Hämatome der Großhirnkonvexität führen gelegentlich nur zu isolierten neurologischen Herdsymptomen, z.B. einer Monoparese, einer isolierten motorischen oder sensorischen Aphasie, Apraxie oder Hemianopsie. Sensible oder motorische Jackson-Anfälle können gelegentlich Erstsymptom intrazerebraler Blutungen sein. Das intrazerebrale Hämatom unter Antikoagulanzien bzw. nach Fibrinolyse sollte aufgrund der anamnestischen Daten rechtzeitig erkannt werden. n Merke. Zu warnen ist vor der kritiklosen Durchführung einer Lumbalpunktion zur Liquoruntersuchung. Da nicht jede Blutung in das Ventrikelsystem einbricht bzw. Anschluss an den Subduralraum erhält, kann der Liquor klar bleiben und zu falschen diagnostischen Schlüssen führen. Andererseits kann es durch eine lumbale Liquorentnahme bei gesteigertem intrakraniellen Druck zur Einklemmung mit Mittelhirn- und Bulbärhirnsymptomatik kommen.
Instrumentelle Untersuchungen
Instrumentelle Untersuchungen
Die CT ist die Untersuchungsmethode der Wahl (s. 1 B-31.65 und 1 B-31.66).
Zum Nachweis intrazerebraler Hämatome ist die Computertomographie (CT) die Methode der Wahl. Seit Einführung der CT ist die Anzahl diagnostizierter intrazerebraler Hämatome um das 3fache angestiegen (s. 1 B-31.65 und 1 B-31.66). In der CT, die unmittelbar nach Einsetzen der klinischen Symptomatik erfolgen sollte, stellen sich auch kleinere intrazerebrale Blutungen als scharf abgegrenzte, homogene, hyperdense Areale dar. Damit lassen sich Größe, Lokalisation und Ausdehnung der Blutung, Lagebeziehungen zu den umgebenden Hirnstrukturen und vielfach auch Differenzialdiagnose und Ätiologie klären. Ein Ventrikeleinbruch lässt sich direkt sichtbar machen. Das Ausmaß der Raumforderung im Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik beeinflusst die Entscheidung hinsichtlich der therapeutischen Strategie. Die CT-Untersuchung liefert somit wesentliche Kriterien zur Festlegung der Operationsindikation bzw. zum konservativen Vorgehen. Auch in der Verlaufsbeurteilung ist die CT von großem Wert. Das perifokale Ödem erreicht seine maximale Ausprägung erst nach einigen Tagen.
Das intrazerebrale Hämatom stellt sich in der Akutphase als homogenes, hyperdenses Areal dar. In der CT lassen sich Größe, Lokalisation, Ausdehnung, Lagebeziehungen zu umgebenden Hirnstrukturen sowie ein möglicher Ventrikeleinbruch darstellen. Die klinische Symptomatik und der CT-Befund beeinflussen das weitere therapeutische Vorgehen.
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31.17.4 Therapie
1471
Je nach Größe resorbiert sich das Hämatom innerhalb von Wochen bis ca. 3 Monaten. Zurück bleibt ein hypodenser, posthämorrhagischer Substanzdefekt ( 1 B-31.68).
Nach Resorption des Hämatoms bildet sich ein hypodenser Substanzdefekt ( 1 B-31.68).
1 B-31.68
CT-Kontrolle nach intrazerebraler Blutung CT-Kontrolle 10 Tage nach spontaner intrazerebraler Blutung im hinteren Stammganglienbereich rechts mit Darstellung eines hypodensen Substanzdefekts (Á). Nebenbefundlich handelt es sich um den Zustand nach Karotisinfarkt rechts vor 6 Jahren mit deutlicher kortikaler Atrophie.
Wenn nach Anamnese, klinischem Verlauf und computertomographischem Befund der Verdacht auf das Vorliegen einer Gefäßmissbildung (Aneurysma, Angiom) besteht, wird die Diagnostik durch eine zerebrale Angiographie erweitert. Von der erweiterten angiographischen Diagnostik wird Abstand genommen, wenn: π eine Operationsindikation nicht gestellt wird (infauste Prognose) π der klinische Zustand des Patienten sich schnell verschlechtert und eine sofortige operative Therapie erforderlich macht π bei bekannter Blutungsursache, wie z.B. Antikoagulanzien- oder Lysetherapie.
31.17.4
Therapie
Bei Verdacht auf eine Gefäßmissbildung (Aneurysma, Angiom) wird die Diagnostik durch die zerebrale Angiographie erweitert.
31.17.4 Therapie
Konservative Therapie
Konservative Therapie
Im Akutstadium der Blutung liegen oft schwere Störungen der Vitalfunktionen vor (hypertone Blutdruckkrisen, Herz- und Lungenfunktionsstörungen, schwere neurologische Ausfälle, Bewusstseinsstörung), die eine intensivmedizinische Behandlung (Stabilisierung der vitalen Funktionen) mit Intubation und assistierter oder kontrollierter Beatmung, kontinuierlichen Blutgasanalysen sowie Infusions- und Ernährungstherapie mit dem Ziel der Aufrechterhaltung der Homöostase erforderlich machen. Die Möglichkeiten einer medikamentösen Therapie sind begrenzt. Neben der Analgosedierung, im Rahmen der kontrollierten Beatmung, werden bei Krämpfen Antikonvulsiva verabreicht.
Die konservative Therapie umfasst das gesamte Spektrum der intensivmedizinischen Behandlung mit dem Ziel der Stabilisierung der vitalen Funktionen und Aufrechterhaltung der Homöostase.
n Merke. Der häufig bestehende Hypertonus muss, ohne Reduzierung der zerebralen Perfusion, auf Werte um 160/90 mmHg eingestellt werden.
Die Medikamente werden nicht nach Schema, sondern nach Wirkung kontinuierlich appliziert.
Neben der Analgosedierung kommen Antikonvulsiva zur Anwendung.
Merke
Medikamente werden nach Wirkung kontinuierlich appliziert.
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1472 Dexamethason wird zur Behandlung des perifokalen Hirnödems eingesetzt. Entwässernde Maßnahmen gehören nicht zur Standardtherapie und sollten nur bei kontinuierlicher Registrierung des intrakraniellen Drucks eingesetzt werden. Kontrolle des zentralen Venendrucks, eine bilanzierte Ein- und Ausfuhr sowie engmaschige Elektrolyt- und Blutgaskontrollen sind erforderlich. Parenterale und frühe enterale Sondenernährung, Thrombose- und Pneumonieprophylaxe, Krankengymnastik und Logopädie sind ebenfalls Bestandteile der konservativen Therapie.
31 Neurochirurgie Ziel der konservativen Therapie ist die Begrenzung des begleitenden Hirnödems. Die Kopf- und Oberkörperhochlagerung mit gerade liegendem Kopf ist erforderlich. Kortikosteroide (Dexamethason) werden zur Behandlung des perifokalen Hirnödems eingesetzt. Zur Ulkusprophylaxe erhalten die Patienten Antazida und H2-Antagonisten (z.B.: Ranitidin, Cimetidin, Pirenzepin, Sucralfat, Omeprazol). Entwässernde Maßnahmen, wie die Applikation von Sorbitol, Mannitol oder Glyzerol kommen nur bei stärkerem Anstieg des kontinuierlich gemessenen Hirndrucks zur Anwendung. Die Kontrolle des zentralen Venendrucks, eine bilanzierte Ein- und Ausfuhr sowie engmaschige Elektrolyt- und Blutgaskontrollen sind Grundvoraussetzungen für diese Therapie. Weiterhin gehören die parenterale und frühe enterale Sondenernährung, die Thrombose- und Pneumonieprophylaxe sowie eine krankengymnastische und logopädische Behandlung zur konservativen Therapie bzw. ins postoperative Behandlungskonzept.
Operative Therapie
Operative Therapie
Die Indikation ist gegeben bei Verschlechterung der Bewusstseinslage bzw. bei Zunahme der neurologischen Störungen und bei vorliegender Raumforderung in der CT, die auf eine Blutung im supratentoriellen Marklager oder Kleinhirn bzw. auf einen Verschlusshydrozephalus hindeutet.
Die operative Therapie eines intrazerebralen Hämatoms ist indiziert, wenn es zur Verschlechterung der Bewusstseinslage oder zur Zunahme der neurologischen Symptomatik kommt und in der CT eine deutliche Raumforderung vorliegt, die auf eine Blutung im supratentoriellen Marklager oder im Kleinhirn bzw. auf einen Verschlusshydrozephalus zurückgeführt werden kann. Bei fortbestehender Störung der Bewusstseinslage und fehlender Rückbildungstendenz bzw. bei Zunahme der raumfordernden Wirkung der Blutung sollte ebenfalls operativ vorgegangen werden. Kontraindiziert ist eine Operation bei fehlenden neurologischen Störungen, bei wachen Patienten auch mit neurologischen Ausfällen. Ebenso bei Zeichen der Dezerebration und tiefem Koma, d.h. bei insgesamt infauster Prognose. Weiterhin beim Vorliegen schwerer Beeinträchtigung des kardiopulmonalen Systems sowie beim Vorliegen maligner Grunderkrankungen im fortgeschrittenen Stadium. Bei kleinen, polytopen Blutungen besteht ebensowenig eine Operationsindikation, wie bei großen, bilateralen Blutungen sowie bei Blutungen in den rostralen Stammganglien und im Hirnstamm. Obwohl seit Einführung der CT die Entscheidungsfindung zur Operation leichter geworden ist, sollte es sich auch heute immer um eine Einzelentscheidung unter Berücksichtigung aller begleitenden klinisch-neurologischen und instrumentell-diagnostischen Befunde handeln. Ziel der Operation ist die Senkung bzw. Normalisierung des intrakraniellen Drucks durch Ausräumung des Hämatoms und, wenn erforderlich, die Beseitigung der Blutungsquelle. Vor der Operation müssen die Gerinnungswerte normalisiert sein. Die Hämatomausräumung erfolgt über eine osteoplastische Trepanation und unter mikrochirurgischen Kautelen. Die postoperative Behandlung entspricht dem intensivmedizinischen Konzept der konservativen Therapie.
Kontraindiziert ist eine Operation bei wachen Patienten, bei fehlenden neurologischen Ausfällen, bei bereits eingetretener Dezerebration sowie beim tiefen Koma. Eine Operation sollte ebenfalls nicht erfolgen bei schwerer Beeinträchtigung des kardiopulmonalen Systems und beim Vorliegen einer malignen Grunderkrankung. Große bilaterale und kleine polytope Blutungen werden nicht operiert. Die Entscheidung zur Operation muss immer am Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Ziel der Operation ist die Senkung des intrakraniellen Drucks durch Ausräumung des Hämatoms. Die Hämatomausräumung erfolgt über osteoplastische Trepanation unter mikrochirurgischen Kautelen.
Prognose
31.17.5 Prognose
31.17.5
Die Gesamtprognose ist abhängig vom Ausmaß und der Dauer der primären Hirnschädigung, der Lokalisation, der Akuität des klinischen Bilds, vom Lebensalter und von Begleiterkrankungen. Die Mortalität nach operativer Therapie liegt bei Lobärhämatomen mit geringer intrakranieller Drucksteigerung zwischen 15–25 %. Bei primär komatösen Patienten beträgt sie bis zu 90 %.
Die Gesamtprognose einer intrazerebralen Blutung wird bestimmt durch das Ausmaß und die Dauer der primären Hirnschädigung, den Sitz der Blutung, die Akuität des klinischen Bildes, das Lebensalter sowie durch Begleiterkrankungen seitens des Herz-Kreislauf-Systems, der Atmungsorgane und möglicher Stoffwechsel- und endokrinologischer Störungen. Die Mortalität nach operativer Therapie liegt bei Lobärhämatomen mit geringer intrakranieller Drucksteigerung zwischen 15–25 %. Bei primär komatösen Patienten beträgt sie bis zu 90 %.
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31.18 Arterielle Verschlusserkrankungen der Hirngefäße
Klinischer Fall Bei einem 76-jährigen Mann entwickelt sich apoplektiform eine Amaurose des rechten Auges. Nach diagnostiziertem Zentralarterienverschluss erfolgt eine Lysetherapie mit rt-PA (rekombinanter tissue Plasminogen-Aktivator) und nachfolgend die Vollheparinisierung. 16 Stunden nach der Lysebehandlung wird der Patient komatös. Die Pupillen sind beiderseits eng, rund und reagieren nur träge auf Licht. Der Muskeltonus ist beiderseits schlaff. Pyramidenbahnzeichen finden sich nicht. Bei insuffizienter Spontanatmung erfolgt die Intubation und Beatmung. In der CT findet sich eine beidseitige Stammganglienblutung mit Einbruch in das Ventrikelsystem ( 1 B-31.69). Eine sinnvolle Operationsindikation kann nicht gestellt werden. Der Patient kommt unter den Zeichen der zerebralen Dysregulierung ad exitum.
1 B-31.69
Beidseitige Stammganglienblutung
Beidseitige Stammganglienblutung mit Ventrikeleinbruch bei Zustand nach rt-PA-Lysetherapie bei Zentralarterienverschluss des rechten Auges.
31.18
Arterielle Verschlusserkrankungen der Hirngefäße
n Definition. Es handelt sich um Stenosen oder Verschlüsse der extraoder intrakraniellen Hirngefäße auf atherosklerotischer oder embolischer Grundlage. Fehlbildungen (Moyamoya-Syndrom) oder Vaskulitiden sind selten.
31.18
Arterielle Verschlusserkrankungen der Hirngefäße
Definition
Epidemiologie. 100–290 Neuerkrankungen auf 100 000 Einwohner und
Epidemiologie. Jährlich kommt es zu 100–290 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner. Die jährliche Rezidivrate liegt bei 9 %.
Ätiologie. Risikofaktoren sind Lebensalter, arterielle Hypertonie, Herzerkrankungen, Diabetes mellitus, hoher Hämatokrit, orale Ovulationshemmer und Zigarettenrauchen.
Ätiologie. Die Hauptrisikofaktoren sind Alter, arterielle Hypertonie und Herzerkrankungen.
Symptome. Stenosen oder Verschlüsse von hirnversorgenden Arterien können neurologische Symptome ( 2 B-31.37) und/oder morphologische Veränderungen ( 2 B-31.38) zur Folge haben. Infarktsyndrome setzen in der Regel plötzlich ein. Die Art der Symptome ist abhängig vom betroffenen Gefäßgebiet. Da die intrakraniellen Hirngefäße im Bereich des Circulus arteriosus Willisii sowie über kortikale Anastomosen miteinander verbunden sind und Anastomosierungen unterschiedlichsten Ausmaßes auch zwischen extra- und intrakraniellen Gefäßen bestehen, wird das Ausmaß der Schädigung von funktionellen Parametern bestimmt. Neben den kompensierenden Anastomosen kommen hämodynamischen Einflüssen besondere Bedeutung zu.
Symptome. Stenosen oder Verschlüsse von hirnversorgenden Arterien können neurologische Symptome ( 2 B-31.37) und/oder morphologische Veränderungen ( 2 B-31.38) zur Folge haben. Infarktsymptome setzen plötzlich ein. Der funktionelle Zustand einer Vielzahl möglicher Anstomosierungen bestimmt das Ausmaß und den Verlauf der Funktionsausfälle.
Jahr. 25–30 % der Patienten versterben in den ersten 3 Wochen der Erkrankung, 20–30 % bleiben schwer behindert. Es muss mit einer jährlichen Rezidivrate von 9 % gerechnet werden.
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1474
31 Neurochirurgie
2 B-31.37
Verlaufsorientierte Einteilung der zerebralen arteriellen Verschlusskrankheiten
N TIA (Transitorische ischämische Attacke) n Neurologische Herdsymptome ohne Bewusstseinsverlust mit völliger Remission innerhalb von 24 Stunden. N PRIND (Prolongiert reversibles ischämisches neurologisches Defizit) n Neurologische Herdsymptome mit völliger Rückbildung innerhalb mehrerer Tage. N Progressive Stroke n Fluktuierende über Tage fortschreitende neurologische Ausfälle. N Completed Stroke n Kompletter Schlaganfall mit residualen neurologischen Ausfällen.
2 B-31.38
Morphologische Veränderungen in der CT/MRT
N lakunäre Infarkte n disseminiert, vornehmlich embolisch bedingt N Grenzzoneninfarkte n zwischen Versorgungsarealen von verschiedenen Gefäßen liegend, vornehmlich hämodynamisch bedingt N Territorialinfarkte n Veränderungen in einem einer Arterie zuzuordnenden Versorgungsgebiet
Diagnose. Die klinische Untersuchung schließt die dopplersonographische Untersuchung der extra- und intrakraniellen Gefäße ein ( 2 B-31.27). Ein Echokardiogramm zum Ausschluss kardialer Emboliequellen ist immer notwendig.
In der primären CT können intrazerebrale Blutungen ausgeschlossen werden. Hirninfarkte stellen sich in der CT erst nach Stunden als Dichteminderung dar. Als Frühzeichen können sich thrombosierte Hirngefäße primär hyperdens darstellen.
Die angiographische Darstellung muss alle extra- und intrakraniellen Gefäße einschließlich ihrer Ursprünge erfassen. Therapie. Ein extra-/intrakranieller Bypass (EIAB) ist nur in Fällen mit wiederholten ischämischen Episoden und mit eingeschränkter zerebrovaskulärer Reservekapazität angezeigt. Zur Therapieplanung einer Karotisstenose im Bifurkationsbereich wird eine klinische Graduierung herangezogen ( 2 B-31.39). Asymptomatische Karotisstenosen < 70 % werden in der Regel konservativ behandelt.
Diagnose. Die klinische Abklärung erfordert neben einer neurologischen
Untersuchung und Verlaufskontrolle immer eine internistische Diagnostik. Durch ein Echokardiogramm müssen kardiale Emboliequellen ausgeschlossen werden. Eine Dopplersonographie besser Duplexsonographie der Halsgefäße ist zur Sicherung von Stenosen und Verschlüssen der A. carotis interna am Hals bzw. ulzerativer atherosklerotischer Plaques im Stenosenbereich notwendig. Die transkranielle Dopplersonographie (TCD) ermöglicht eine Beurteilung der hämodynamischen Wirksamkeit von extra- und intrakraniellen Gefäßeinengungen. Eine funktionelle Beurteilung ist durch Kompression physiologischer anastomosierender arterieller Gefäße möglich. Die primäre bildgebende Diagnostik erfolgt in der Regel durch eine CT. Dadurch werden insbesondere intrazerebrale Blutungen ausgeschlossen, die sich klinisch gleichartig äußern können. Ein Infarkt stellt sich in der CT erst nach mehreren Stunden als Dichteminderung dar. Als Zeichen eines intrakraniellen Gefäßverschlusses können sich Arterien im Nativbild der CT primär hyperdens darstellen (dens artery sign). Der direkte Nachweis der Läsion wird mittels Angiographie durchgeführt. Dabei müssen immer alle extra- und intrakraniellen Gefäße einschließlich ihrer Abgänge aus dem Aortenbogen dargestellt werden. Bei wiederholten ischämischen Episoden kann eine Testung der zerebrovaskulären Reservekapazität mittels SPECT und TCD vor und nach Acetazolamid erfolgen, um die Indikation zu einem revaskularisierenden Eingriff zu prüfen.
Therapie. Die Therapie ischämischer Hirnerkrankungen hat in den letzten
20 Jahren einen erheblichen Wandel erfahren. Nur in Fällen mit wiederholten ischämischen Episoden und reduzierter zerebrovaskulärer Reservekapazität werden revaskularisierende Eingriffe (extra-/intrakranieller Bypass – EIAB) noch durchgeführt. Ergibt sich angiographisch als Ursache der Ischämie eine Karotisstenose im Bifurkationsbereich wird zur Therapieplanung eine klinische Graduierung herangezogen ( 2 B-31.39). Die Operationsindikation bei asymptomatischen Karotisstenosen < 70 % wird wegen des etwa gleich großen Risikos von Spontanverlauf und Operationsrisiko diskutiert.
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1475
31.19 Therapie der Spastik
2 B-31.39
Stenosen der A. carotis interna
n Grad I N N Grad II n
asymptomatische Stenosen Stenosen und TIA oder PRIND
n Grad III N N Grad IV n
Stenosen und Progressive Stroke Stenosen und Completed Stroke
Der klassische Fall für eine Thrombendarteriektomie (TEA) sind Karotisstenosen Grad II. Bei Karotisstenosen Grad III besteht selten eine Operationsindikation. Die Operationsindikation bei Karotisstenosen Grad IV ist palliativ, um bei kontralateraler hochgradiger Stenose einen weiteren Apoplex zu verhüten. Erfolgt eine Operation, sollte diese wegen der Gefahr einer hämorrhagischen Infarzierung erst 6 Wochen nach dem ischämischen Ereignis erfolgen. Mittels intravasaler Lysetherapie kann eine Rekanalisierung verschlossener Gefäßgebiete versucht werden. Die Thrombolyse intrakranieller Gefäßverschlüsse erfolgt mit Streptokinase, Urokinase oder rt-PA (tissue plasminogen activator). Eine therapeutische Thrombolyse beinhaltet die Gefahr einer parenchymatösen Einblutung. n Merke. Kontraindikationen einer Lysetherapie: intrakranielle Blutung aktuell oder im Zeitraum der letzten 6 Wochen, Mikroangiopathie, Ischämiebeginn vor mehr als 3–4 Stunden, frühe Infarktzeichen in der CT, Koma, maligner Hypertonus, u.a.
Aufgrund eines sehr engen Zeitfensters wird eine Thrombolyse vor allem durch Probleme des Managements bestimmt. Wegen der schlechten Spontanprognose der Verschlüsse der A. basilaris (60–100 % Letalität) wird eine intraarterielle Thrombolyse auch bei bewusstseinsgetrübten Patienten und in einem Zeitraum ≤ 6 Stunden begonnen. Die konservative medikamentöse Behandlung der arteriellen Verschlusskrankheiten der Hirngefäße umfasst neben der Einstellung des Hämatokrit die systemische Heparinisierung im Akutfall und eine anschließende Thrombozytenaggregationshemmung.
31.19
Therapie der Spastik
Bei Karotisstenosen Grad II wird eine Thrombendarteriektomie (TEA) durchgeführt. Bei Karotisstenosen Grad III besteht selten eine Operationsindikation. Bei Grad IV ist die Operationsindikation palliativ, um bei kontralateraler hochgradiger Stenose einen weiteren Apoplex zu verhüten. Eine Operation sollte erst 6 Wochen nach dem ischämischen Ereignis erfolgen. Mittels intravasaler Lysetherapie kann eine Rekanalisierung intrakranieller Gefäßverschlüsse versucht werden. Merke
Wegen der schlechten Spontanprognose der A.-basilaris-Verschlüsse wird die Indikation zur intravasalen Thrombolyse weiter gestellt. Die konservative medikamentöse Behandlung umfasst die Einstellung des Hämatokrit, die initiale systemische Heparinisierung und eine anschließende Thrombozytenaggregationshemmung.
31.19
Therapie der Spastik
In den letzten Jahren hat sich eine neue Methode im Therapiekonzept der chronisch-spastischen Bewegungsstörung bei Multipler Sklerose, aber auch nach Verletzungen des Rückenmarks etabliert. Die Indikation sollte überprüft werden, wenn mit einer medikamentösen Standardtherapie kein Erfolg mehr zu erzielen ist. Dabei handelt es sich um eine kontinuierliche, intrathekale Baclofentherapie (LioresalQ) mit einer implantierbaren Medikamentenpumpe. Patienten mit medikamentöser und krankengymnastisch nicht mehr zu beeinflussender schwerer Spastik sollten vor Durchführung destruierender Operationen einem der Zentren zur Frage der intrathekalen Baclofentherapie vorgestellt werden.
Durch eine kontinuierliche, intrathekale Baclofentherapie (Lioresal Q ) mit einer implantierbaren Medikamentenpumpe kann die Spastik in vielen Fällen gut beeinflusst werden.
Methodisches Vorgehen. Zunächst wird unter stationären Bedingungen über wiederholte Lumbalpunktionen oder ein implantierbares Portsystem durch schrittweise Steigerung der Dosis die individuelle Wirksamkeit einer intrathekalen Baclofenapplikation auf die Spastik getestet. Dabei ist es besonders wichtig den Wirkspiegel zu erreichen, mit dem die Patienten noch eine ausreichende Restfunktion haben. Ein intrathekal eingebrachter Katheter ist mit einer im subkutanen Fettgewebe des Mittelbauchs implantierten Medikamentenpumpe verbunden ( 1 B-31.70). Diese gibt dann über ein festes Zeitintervall kontinuierlich das Medikament in den Spinalkanal ab.
Methodisches Vorgehen. Zunächst wird die individuelle Wirksamkeit einer intrathekalen Baclofenapplikation auf die Spastik getestet ( 1 B-31.70).
Die Pumpe gibt kontinuierlich das Medikament in den Spinalkanal ab.
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1476
31 Neurochirurgie
1 B-31.70
Implantierbare Medikamentenpumpe
a Medikamentenpumpe mit abgehendem Katheter (weiß). Über die mittlere Punktionsmembran wird die Pumpe gefüllt. Nach Implantation ist eine perkutane Punktion und Pumpenfüllung möglich.
Gewöhnlich wird nicht mehr als 1 ⁄ 100 der Dosis von oral wirksamem Baclofen benötigt. Die Programmierung der Pumpe kann von extern erfolgen.
b Die Implantation erfolgt in das subkutane Fettgewebe der Bauchhaut.
Gewöhnlich wird nicht mehr als 1⁄100 der Dosis von oral wirksamem Baclofen benötigt. Eine Wirksamkeit konnte selbst in aussichtslosen Fällen erzielt werden. Die Programmierung der technischen Parameter (Abgabedosis) der implantierten Pumpe kann von extern erfolgen und bedarf keiner erneuten Operation.
Klinischer Fall 49-jährige Patientin mit seit 25 Jahren progredient verlaufender Multipler Sklerose; seit 4 Jahren rollstuhlpflichtig. Bei zunehmender Paraspastik der Beine war die Patientin trotz einer oralen Therapie mit LioresalQ (Baclofen), DantamacrinQ (Dantrolen), SirdaludQ (Tizanidin) und MusarilQ (Tetrazepam) bis an die Maximaldosis nicht mehr sitzfähig und konnte pflegerisch nur noch mühsam im Liegen versorgt werden. Auch durch eine vielwöchige stationäre krankengymnas31.20
Neurochirurgische Schmerztherapie
Definition
Die Therapie des Schmerzes erfordert eine umfassende Anamnese, eine komplexe klinisch- neurologische und instrumentell-diagnostische Strategie und psychosoziale Begleitung.
Die Behandlung des chronischen Schmerzpatienten fordert ein interdisziplinäres Konzept.
31.20
tische und physikalische Behandlung wegen der heftigen, quälenden »Painful Spasm«, einer Adduktoren- und Flexorenspastik der Beine, konnte keine Befundbesserung erreicht werden. Unter einer kontinuierlichen intrathekalen BaclofenApplikation als Monotherapie konnte die Patientin selbstständig wieder den Bett-Rollstuhl-Transfer schaffen, und sich wieder selbstständig im Rollstuhl bewegen – unter den Prämissen der Krankheit zweifellos ein beachtlicher therapeutischer Erfolg.
Neurochirurgische Schmerztherapie
n Definition. Schmerz ist eine Sinnesmodalität, die primär über die Auslösung von motorischen und vegetativen Reflexen und Reaktionen dem Schutz und Erhalt des Organismus vor Verletzungen dient. Die spezifischen Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) können mechanisch, chemisch und thermisch aktiviert werden.
Vor dem Hintergrund von ca. 7 Millionen Schmerzpatienten allein in der Bundesrepublik Deutschland, die unter Schmerzen, und wiederum 600 000 Patienten, die unter schweren, chronischen Schmerzen leiden, erscheint die Auseinandersetzung mit dem Thema »Schmerz« dringlicher denn je. Die Therapie des Schmerzes beinhaltet eine umfassende Anamnese, eine komplexe allgemeinmedizinische, klinisch-neurologische und instrumentell-diagnostische Strategie und psychosoziale Betreuung. Die Behandlung des chronischen Schmerzpatienten fordert ein interdisziplinäres Therapiekonzept. Im Weiteren werden die neurochirurgischen Therapieverfahren dargestellt, die meist als letzte Therapiestufe anzusehen sind, da es sich in der Regel um destruierende Maßnahmen handelt.
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31.20.3 Stimulierende Verfahren 31.20.1
Nervenblockade
Dabei handelt es sich um eine medikamentöse Umflutung eines Nervs mit einem Lokalanästhetikum, z.B. im Bereich der Äste des N. trigeminus, des N. occipitalis, der Interkostalnerven und der Inguinalnerven. Prinzipiell kann eine Nervenblockade an jedem peripheren Nerv vorgenommen werden. Durch wiederholte Nervenblockaden ist durchaus eine längerfristige Beeinflussung der Schmerzen zu erzielen.
31.20.2
Neurolyse
Es handelt sich hierbei um die operative Lösung von Verwachsungen um einen Nerv (äußere Neurolyse) bzw. Isolierung intakter Nervenfaserbündel aus einer endoneuralen Narbe (innere Neurolyse). Besonders durch Narbenbildung nach Verletzungen und Frakturen in unmittelbarer Nachbarschaft von Nerven ist eine Neurolyse erforderlich. Aber auch bei den sog. Kompressionssyndromen sind durch Neurolyse gute und anhaltende Erfolge zu erreichen (s. S. 1492 ff.).
31.20.3
Stimulierende Verfahren
31.20.1 Nervenblockade Dabei handelt es sich um eine medikamentöse Umflutung eines Nervs mit einem Lokalanästhetikum. Durch wiederholte Nervenblockaden ist durchaus eine längerfristige Beeinflussung der Schmerzen zu erzielen. 31.20.2 Neurolyse Es handelt sich hierbei um die operative Lösung von Verwachsungen um einen Nerv (äußere Neurolyse) bzw. Isolierung intakter Nervenfaserbündel aus einer endoneuralen Narbe (innere Neurolyse).
31.20.3 Stimulierende Verfahren
Als nicht ablative Methode ist das Verfahren der Neurostimulation zu werten. Dazu zählen TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation) und SCS (Spinal Cord Stimulation) Bei der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) wird der afferente Zustrom zu den Hinterhornganglien erhöht und somit die dort eingehende Schmerzafferenz blockiert. Diese niederfrequente Elektrotherapie ist vor allem zur Behandlung chronischer Schmerzprozesse geeignet. TENS hat sich insbesondere in der ambulanten Therapie von Schmerzsyndromen etabliert und kann aufgrund seiner fehlenden Kontraindikationen uneingeschränkt eingesetzt werden. Die Spinal Cord Stimulation (SCS) beeinflusst über die Hinterstränge des Rückenmarks bei noch nicht restlos geklärtem Funktionsmechanismus die Schmerzreaktion. Sie findet Anwendung z.B. bei Schmerzen nach mehrfachen Bandscheibenoperationen, Verletzungen des Rückenmarks, Verletzungen von peripheren Nerven und Geflechten sowie beim Phantomschmerz, aber auch beim Ruheschmerz im Rahmen der arteriellen Verschlusskrankheit. Durch die elektrische Stimulation werden Parästhesien im Schmerzbereich erzeugt. Der Patient verspürt an Stelle des Schmerzes ein angenehmes Prickeln.
Zu den Verfahren der Neurostimulation zählen die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) und die Spinal Cord Stimulation (SCS). Bei der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) wird der afferente Zustrom zu den Hinterhornganglien erhöht und somit die dort eingehende Schmerzafferenz blockiert. Dieses Verfahren findet insbesondere in der ambulanten Therapie seinen Einsatz. Die Spinal Cord Stimulation (SCS) beeinflusst über die Hinterstränge des Rückenmarks bei noch ungeklärtem Funktionsmechanismus die Schmerzreaktion. Es werden Parästhesien im Schmerzbereich erzeugt, wobei der Patient an Stelle des Schmerzes ein angenehmes Prickeln verspürt.
Methode. Nach perkutaner Implantation von epiduralen oder auch seltener
Methode. Nach einer Testphase mit einem externen Stimulator wird dieser nach erwiesener Effektivität gegen einen zu implantierenden Stimulator ausgetauscht. Der Stimulator kann durch externe Induktion programmiert werden. Bisherige Grundlage dieser Therapie ist die sog. »Gate Control Theory«, nach der durch Stimulation schnellleitender Fasern schmerzhafte Reize blockiert werden. Für die Spinal Cord Stimulation (SCS) sind Patientenselektionskriterien erarbeitet worden, die konsequent einzuhalten und zu überprüfen sind.
intraduralen mehrpoligen Elektroden erfolgt eine Testphase mit einem zunächst externen Stimulator. Dieser wird nach erwiesener Effektivität gegen einen zu implantierenden batteriebetriebenen Stimulator ausgetauscht. Der Stimulator kann durch externe Induktion programmiert werden. Bisherige Grundlage dieser Therapie ist die sog. »Gate Control Theory«, nach der durch Stimulation schnellleitender Fasern schmerzhafte Reize blockiert, Neurotransmitter sezerniert und desynchronisierte Entladungen verschiedener neuronaler Pools ausgeglichen werden. Für die Spinal Cord Stimulation (SCS) sind Patientenselektionskriterien erarbeitet worden: π neurogen-neuropathischer Schmerz π somatisch begründete, benigne Schmerzursache π andere Therapiekonzepte (pharmakologisch/physikalisch) führten nicht zum Erfolg π multidisziplinäre Auswertung der klinischen und technischen Befunde π positives SCS-Test-Stimulationsergebnis π kritische Überprüfung laufender Renten- und Entschädigungsverfahren.
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1478 31.20.4 Peridurale intrathekale Pharmakotherapie Eine weitere Möglichkeit der neurochirurgischen Schmerztherapie besteht in der rückenmarksnahen Opioidapplikation über einen intraduralen Katheter, der mit einem subkutanen Pumpreservoir oder einer Medikamentenpumpe verbunden werden kann. Dabei wird zwischen externen und implantierbaren Systemen unterschieden.
31 Neurochirurgie 31.20.4
Peridurale intrathekale Pharmakotherapie
Eine weitere Möglichkeit der neurochirurgischen Schmerztherapie besteht in der rückenmarksnahen Opioidapplikation über einen intraduralen Katheter, der mit einem subkutanen Pumpreservoir oder einer Medikamentenpumpe verbunden werden kann. Prinzip ist dabei die Anwendung von Pumpensystemen, welche eine möglichst genaue, kontinuierliche, auch langzeitige Applikation der gewünschten Substanz erlauben. Dabei wird zwischen externen und implantierbaren Systemen unterschieden. Externe Systeme haben ihre Indikation hauptsächlich in der Anwendung bei Patienten mit malignen Schmerzzuständen mit beschränkter Überlebenszeit. Weiterhin bei der Austestung der Tagesdosis bei Patienten mit chronischen benignen Schmerzen und wenn eine nur vorübergehende Behandlung aus anderer Ursache zu erwarten ist.
Operative Verfahren
31.20.5 Operative Verfahren
31.20.5
Destruierende Verfahren sind die Rhizotomie, die Chordotomie und die thermische Denervation der Wirbelgelenke (Facetten).
Die spinale Rhizotomie und Chordotomie sind heute in den Hintergrund gerückt, da mit nicht invasiven Verfahren meist eine ausreichende Schmerzlinderung erreicht werden kann.
Zu den destruierenden Verfahren zählen: die spinale Rhizotomie, die Chordotomie sowie die thermische Denervation der kleinen Wirbelgelenke (Facetten). Die spinale Rhizotomie und Chordotomie sind sinnvoll bei Patienten mit stärksten, konservativ und mit potenten Analgetika nicht mehr zu beeinflussenden Schmerzen und kurzer Lebenserwartung im Rahmen der Grunderkrankung. Diese beiden Verfahren sind jedoch weit in den Hintergrund gerückt, da das breite Spektrum nicht invasiver Verfahren neben den zahlreichen pharmakotherapeutischen Möglichkeiten selbst in finalen Stadien einer metastasierenden Karzinomerkrankung eine ausreichende Schmerzlinderung erzielt.
Rhizotomie
Rhizotomie
Die Rhizotomie ist eine Durchtrennung der Hinterwurzel zur Unterbrechung von Schmerz-, Temperatur- und Berührungsreizen.
Die Rhizotomie ist eine Durchtrennung der Hinterwurzel zur Unterbrechung von Schmerz-, Temperatur- und Berührungsreizen aus der Peripherie des versorgten Segments im Hinterhorn des Rückenmarks.
Chordotomie
Chordotomie
Bei der Chordotomie wird der Tractus spinothalamicus durchtrennt.
Die Chordotomie wird als offene anterolaterale Chordotomie mit offener Durchtrennung des Tractus spinothalamicus im vorderen Quadranten des Rückenmarks in Höhe BWK 3–5, oder bei Schmerzen im Bereich der oberen Extremitäten hochzervikal in Höhe HWK 1–2, hier meist als perkutane zervikale Chordotomie durchgeführt.
Denervation der Wirbelgelenke
Denervation der Wirbelgelenke
Die Indikation besteht bei bewegungsabhängigen Schmerzen in der Lumbalregion mit pseudoradikulärer Ausstrahlung.
Die Indikation zur thermischen Denervation der kleinen Wirbelgelenke (Facetten) besteht bei bewegungsabhängigen Schmerzen in der Lumbalregion mit pseudoradikulärer Ausstrahlung bei degenerativen Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke. Eine Vortestung mit einem Lokalanästhetikum sollte den zu erwartenden Erfolg der Behandlung untermauern. Die jeweils angrenzenden Wirbelgelenke werden aufgrund der sich überschneidenden Innervation ebenfalls denerviert. Der Eingriff erfolgt in Lokalanästhesie und unter Röntgendurchleuchtung. Er kann bei erneuter Schmerzsymptomatik wiederholt werden.
Die jeweils angrenzenden Wirbelgelenke werden aufgrund der sich überschneidenden Innervation ebenfalls denerviert.
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1479
31.20.6 Trigeminusneuralgie 31.20.6
Trigeminusneuralgie
n Definition. Heftiger schlagartig einschießender, in der Regel einseitiger, durch Triggermechanismen zu provozierender Gesichtsschmerz. Von der überwiegenden idiopathischen Trigeminusneuralgie werden seltene, symptomatische Formen abgegrenzt.
31.20.6 Trigeminusneuralgie Definition
Epidemiologie. Die Inzidenz beträgt 4/100 000 Einwohner, die Prävalenz
Epidemiologie. Die Prävalenz der Trigeminusneuralgie beträgt 40/100 000 Einwohner.
Symptome. Es bestehen heftige, blitzartig einschießende Schmerzattacken,
Symptome. Heftige, blitzartig einschießende Schmerzattacken, die meist den 2. und 3. Ast des N. trigeminus betreffen. Triggermechanismen sind Berührung, Sprechen, Kältereize, Essen usw.
Ätiologie und Pathogenese. Letztendlich ist die Pathophysiologie der Tri-
Ätiologie und Pathogenese. Letztendlich ist die Ursache der Trigeminusneuralgie ungeklärt. Bei einigen Patienten findet sich eine vaskuläre Kompression der Trigeminuswurzel, selten ein Tumor oder Aneurysma.
Diagnose. Die Schilderung der Patienten ist typisch. Triggermechanismen
Diagnose. Die Schilderung der Patienten ist typisch. Triggermechanismen können erfragt werden. Der neurologische Befund ist regelrecht. In jedem Falle ist die neuroradiologische Abklärung mittels MRT erforderlich.
Differenzialdiagnose. Schmerzen im 1. Ast sind in der Regel symptomatisch (Sinusitis, Sinusthrombose, Glaukom, Zoster ophthalmicus). Chronische Schmerzen werden bei Sinusitis und Tumoren (Karzinom der Schädelbasis, Meningeosis carcinomatosa, Ponsgliom), aber auch nach Schädelbasisfrakturen beobachtet. Bei doppelseitigen Gesichtsschmerzen sollte die Multiple Sklerose differenzialdiagnostisch mit erwogen werden. Abgegrenzt werden weiterhin die Glossopharyngeusneuralgie, das Mandibulargelenk-Syndrom sowie das myofaziale Syndrom. Seltene Gesichtsneuralgien sind die: π Nasoziliarisneuralgie π Pterigopalatinumneurologie π Nervus-petrosus major-Neuralgie π Nervus-intermedius-Neuralgie π Aurikulotemporalisneuralgie π Laryngeus-superior-Neuralgie.
Differenzialdiagnose. Chronische Schmerzen werden bei Sinusitis und Tumoren, aber auch nach Schädelbasisfrakturen beobachtet.
Therapie. Zunächst sollte ein konservativer Therapieversuch erfolgen. Mit-
Therapie. Zunächst sollte ein konservativer Therapieversuch erfolgen. Mittel der 1. Wahl ist Carbamazepin.
40/100 000 Einwohner. Der Erkrankungsgipfel liegt jenseits der 5. Dekade. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
die meist den 2. und 3. Ast des N. trigeminus betreffen. Die Schmerzsymptomatik kann durch sog. »Triggermechanismen oder an Triggerpunkten« provoziert werden. Solche Triggermechanismen sind Berührung, Sprechen, Kältereize, Essen usw.
geminusneuralgie ungeklärt. In der Diskussion sind neurale Kurzschlüsse – »Enphasen« – zwischen taktilen und schmerzleitenden Fasern. In einigen Fällen findet man eine mechanische Alteration des N. trigeminus durch ektatische, elongierte oder aberrierende Gefäße im Bereich der Eintrittszone der sensiblen Wurzel am Kleinhirnbrückenwinkel. Dabei handelt es sich um Äste der A. cerebelli superior. Selten ist ein Tumor (Neurinom, Meningeom, Epidermoid) oder ein Aneurysma im Kleinhirnbrückenwinkel die Ursache.
können erfragt werden. Der neurologische Befund ist regelrecht. Bei seltenen symptomatischen Trigeminusneuralgien findet sich gelegentlich eine Sensibilitätsstörung und eine Abschwächung des Kornealreflexes. In jedem Falle ist die neuroradiologische Abklärung mittels MRT erforderlich.
tel der 1. Wahl ist Carbamazepin. Unter Serumspiegelkontrolle wird die Dosis bis zur Unterbrechung der Schmerzen gesteigert. Nebenwirkungen sind Müdigkeit und Schwindel. Bei Pharmakoresistenz oder zu starken Nebenwirkungen ist die Indikation zur operativen Therapie zu prüfen. Von den destruierenden Verfahren kommt heute lediglich die perkutane Thermokoagulation des Ganglion Gasseri zum Einsatz. Nebenwirkungen sind eine Anaesthesia dolorosa, Keratitis, Ulcus corneae und Kaumuskelparesen. Etabliert ist das nicht destruierende Verfahren der mikrovaskulären Dekompression nach Jannetta. Dabei wird die den Nerv bedrängende Gefäßschlinge gelöst und abgepolstert (Tefloninterponat). Die Operationsletalität ist gering, Komplikationen selten.
Doppelseitige Gesichtsschmerzen werden häufig bei Multipler Sklerose beobachtet. Abgegrenzt werden weiterhin die Glossopharyngeusneuralgie, das Mandibulargelenk-Syndrom sowie das myofaziale Syndrom.
Als operative Verfahren kommt neben der perkutanen Thermokoagulation die mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta, im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels in Betracht.
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31 Neurochirurgie
Prognose. Spontanremissionen sind nicht selten. Mit Carbamazepin werden etwa 80 % der Patienten schmerzfrei.
Prognose. Spontanremissionen sind nicht selten, oft mit monate- und jahrelangen schmerzfreien Intervallen. Unter einer gut gesteuerten Carbamazepintherapie werden etwa 80 % der Patienten schmerzfrei. Nach mikrovaskulärer Dekompression werden in ca. 10 %, nach Thermokoagulation in ca. 20–30 % der Fälle Rezidive beobachtet.
31.21
31.21
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Anatomie und Pathogenese
31.21.1 Anatomie und Pathogenese
31.21.1
Die Bandscheibe besteht aus dem äußeren Faserring (Anulus fibrosus) und dem zentralen Gallertkern (Nucleus pulposus), ( 1 B-31.71).
Die Bandscheibe setzt sich zusammen aus dem äußeren Faserring (Anulus fibrosus), der die beiden Wirbelköper über die knorpeligen Begrenzungsplatten verbindet, und dem zentralen Gallertkern (Nucleus pulposus) ( 1 B-31.71).
1 B-31.71
Synopsis Querschnitt im Bereich einer Bandscheibe Nucleus pulposus
Anulus fibrosus Nervenwurzel
Duralsack
Der Anulus fibrosus wird vorn und hinten durch das Lig. longitudinale anterius bzw. posterius verstärkt.
Merke
Die Zwischenschaltung der Bandscheiben macht die Wirbelsäule zu einem äußerst beweglichen Organ. Die Bandscheiben übernehmen darüber hinaus die Funktion eines »Stoßdämpfers« im Rahmen der axialen Belastung ( 1 B-31.72).
Degenerative Veränderungen beginnen mit Rissen und Spaltbildungen im Anulus fibrosus, in die der Nucleus pulposus eindringt. Es kommt zu reaktiven Veränderungen in Form der Osteochondrose. Im weiteren Verlauf bildet sich die Spondylosis deformans aus.
Epiduralraum
Der Anulus fibrosus ist ein derber äußerer Ring, der aus konzentrischen Schichten fibrösen Gewebes und Faserknorpel aufgebaut ist. Er wird vorn und hinten durch das Lig. longitudinale anterius bzw. posterius verstärkt. n Merke. Die Einheit von 2 Wirbelkörpern mit dazwischen liegender Bandscheibe wird als Bewegungssegment definiert.
Die Zwischenschaltung der Bandscheiben macht die Wirbelsäule zu einem äußerst beweglichen Organ. Die Bewegungen vollziehen sich um den Drehpunkt Bandscheibe und werden von den dorsalen, kleinen Wirbelgelenken geführt. Die Bandscheiben übernehmen darüber hinaus die Funktion eines »Stoßdämpfers« im Rahmen der axialen Belastung ( 1 B-31.72). Durch den aufrechten Gang ist die Wirbelsäule beim Menschen großen Belastungen ausgesetzt, insbesondere im Bereich des lumbosakralen Übergangs. Diese chronische Druckbelastung führt im Laufe des Lebens zu Verschleißerscheinungen der Bandscheibe. Die degenerativen Veränderungen beginnen mit Rissen und Spaltbildungen im Anulus fibrosus, in die der Nucleus pulposus eindringt. Der Alterungsprozess des Nucleus geht mit einer Fragmentierung und einem Verlust der Wasserbindungskapazität einher. Mit der Lockerung der Bandscheibe treten reaktive Veränderungen in Form der Osteochondrose (Sklerosierung und unregelmäßige Konturierung) auf. Im weiteren Verlauf bildet sich die Spondylosis deformans (spondylotische Randwülste) aus. Die spondylotischen Randwülste führen zur Einengung der Foramina intervertebralia. Gleichzeitig nimmt die Höhe des Bandscheibenraums ab, was
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31.21.1 Anatomie und Pathogenese
1 B-31.72
1481
Synopsis Aufbau eines Bewegungssegments
Nervenwurzel
Nucleus pulposus
Wirbelgelenk
Anulus fibrosus
zur Überlastung der kleinen Wirbelgelenke führt. Hierdurch kommt es zur Spondylarthrose (reaktive spondylotische Veränderungen, 1 B-31.73).
1 B-31.73
Durch Überlastung der kleinen Wirbelgelenke kommt es zur Spondylarthrose ( 1 B-31.73).
Synopsis Schematische Darstellung von Osteochondrose, Spondylosis deformans und Spondylarthrose
Osteochondrose
Spondylarthrose
Spondylosis deformans
Degenerierte Anteile des Nucleus pulposus können in die Spalten und Risse des Anulus fibrosus eindringen, ihn vorwölben oder als Bandscheibenvorfall in den Spinalkanal austreten. Es wird zwischen Protrusion (Bandscheibenvorwölbung) und Prolaps (Bandscheibenvorfall) unterschieden. Einzelne Anteile können sich auch ganz ablösen und als freier Sequester zu Symptomen führen. Dorsolaterale Vorfälle führen zur Kompression einer oder mehrerer Wurzeln im gleichen Segment. Der mediale Vorfall im Zervikalbereich führt zur Rückenmarkkompression, im Lumbalbereich zum Caudasyndrom. Der extreme laterale Prolaps (ELP) komprimiert die nächsthöhere Nervenwurzel ( 1 B-31.74). Eine konnatale Enge des Spinalkanals kann ebenfalls zu einer Caudakompression führen, besonders wenn degenerative Veränderungen hinzutreten. Im Zervikalbereich entwickelt sich das Krankheitsbild der zervikalen Myelopathie.
Es wird zwischen Protrusion (Bandscheibenvorwölbung) und Prolaps (Bandscheibenvorfall) unterschieden. Einzelne Anteile können sich auch ganz ablösen und als freier Sequester zu Symptomen führen. Lokalisation und Richtung des Vorfalls bestimmen die Symptomatik ( 1 B-31.74).
Eine konnatale Enge des Spinalkanals kann ebenfalls zu einer Caudakompression führen. Im Zervikalbereich kommt es zur zervikalen Myelopathie.
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1482 1 B-31.74
31 Neurochirurgie
Synopsis Lumbaler Bandscheibenvorfall, Nucleus-pulposus-Prolaps (NpP)
c Lateraler NpP HW 5/6 rechts (Á).
a Topographische Variationen radikulärer Syndrome. Lateraler NpP mit Kontakt zu den Wurzeln L4, L5 und S1. Ein NpP kann aber auch 2 Nervenwurzeln gleichzeitig bedrängen, z.B. L4 und L5 ( ¨Á).
Merke
b Mediolateraler NpP LW 4/5 ( Á).
d Medialer NpP mit Kompression der Cauda equina (Á).
n Merke. Osteochondrose, Spondylosis deformans und Spondylarthrose sind röntgenologisch nachweisbare Veränderungen eines Bandscheibenschadens. Der Bandscheibenschaden selbst ist im Röntgenbild nicht nachweisbar.
Epidemiologie
31.21.2 Epidemiologie
31.21.2
Die Inzidenz der Lumboischialgie bei Bandscheibenvorfällen beträgt 150/100 000 Einwohner, die bei zervikalen Bandscheibenvorfällen beträgt 15/100 000 Einwohner. Thorakale Bandscheibenvorfälle sind extrem selten. Der Altersgipfel ist in der 4. Dekade.
Schmerzen bei Zervikal-oder Lumbalsyndromen gehören zu den häufigsten Beschwerden überhaupt. Die Inzidenz der Lumboischialgie bei Bandscheibenvorfällen beträgt 150/100 000 Einwohner, die bei zervikalen Bandscheibenvorfällen beträgt 15/100 000 Einwohner. Thorakale Bandscheibenvorfälle sind extrem selten (3–5 % aller Bandscheibenvorfälle). Bandscheibenvorfälle kommen meist zwischen dem 20.–65. Lebensjahr vor und haben einen Altersgipfel in der 4. Dekade. Das unterstreicht die hohe sozial-medizinische Bedeutung dieser Erkrankung.
Merke
Tumoren, Abszesse oder Fehlbildungen können ebenfalls zur Nervenwurzelkompression führen.
n Merke. Zervikale Bandscheibenvorfälle betreffen am häufigsten die Segmente HWK 5/6 und HWK 6/7, lumbale Bandscheibenvorfälle meistens die Höhe LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1.
Andere spinale raumfordernde Prozesse wie Tumoren, Abszesse oder Fehlbildungen können ebenfalls zur Nervenwurzelkompression führen, sind aber mit einer Inzidenz von 5/100 000 Einwohner selten.
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1483
31.21.3 Spinale radikuläre Syndrome 31.21.3
Spinale radikuläre Syndrome
n Definition. Läsion einzelner spinaler Nervenwurzeln mit den charakteristischen Symptomen Schmerz, Sensibilitätsstörung und motorische Ausfälle. Die graduelle Beteiligung der 3 Symptome kann erheblich variieren.
Die Schmerzen betreffen das Ausbreitungsgebiet der betroffenen Nervenwurzel. Radikuläre Sensibilitätsstörungen projizieren sich auf das Dermatom der entsprechenden Nervenwurzel. Die motorischen Ausfälle beziehen sich auf die vom entsprechenden Nerv versorgten Muskeln. Hierdurch kann es auch zu Reflexstörungen und Atrophien kommen. Es ist bekannt, dass die meisten Muskeln von mehreren Nervenwurzeln innerviert werden. Somit muss beim Ausfall einer Wurzel nicht zwangsläufig eine Lähmung oder Atrophie auftreten. In der Praxis dienen sog. Kennmuskeln für die Diagnostik verschiedener Nervenwurzeln. n Merke. Die Störungen treten in typischer Weise in der Reihenfolge: segmentaler Schmerz, Parästhesien, segmentale Hypästhesie und Hypalgesie sowie Parese des Kennmuskels auf.
31.21.3 Spinale radikuläre Syndrome Definition
Die Schmerzen betreffen das Ausbreitungsgebiet der betroffenen Nervenwurzel. Radikuläre Sensibilitätsstörungen projizieren sich auf des Dermatom der entsprechenden Nervenwurzel. Die motorischen Ausfälle beziehen sich auf die vom entsprechenden Nerv versorgten Muskeln.
In der Praxis dienen sog. Kennmuskeln für die Diagnostik verschiedener Nervenwurzeln. Merke
Zervikaler Bandscheibenvorfall
Zervikaler Bandscheibenvorfall
Ätiologie. Ursache sind degenerative Bandscheibenveränderungen. Ein Trauma als Ursache ist extrem selten. Man differenziert 2 Arten: π soft disc: weicher zervikaler Bandscheibenprolaps im eigentlichen Sinne π hart disc: sog. harter »Bandscheiben«prolaps, v.a. durch Osteophyten im Bereich der Foramina intervertebralia bedingt. Häufigstes Vorkommen des weichen Prolaps ist die 3.–4. Lebensdekade. Die typische Lokalisation ist einseitig paramedian, wo der Anulus fibrosus am schwächsten und das hintere Längsband am dünnsten ist.
Ätiologie. Ursache sind meist degenerative Bandscheibenveränderungen. Es wird zwischen soft disc (weicher zervikaler Bandscheibenprolaps im eigentlichen Sinne) und hard disc (Osteophyten im Bereich der Foramina intervertebralia) unterschieden.
n Merke. Im Bereich der Halswirbelsäule besteht eine Besonderheit dahingehend, dass neben den 7 Wirbelkörpern 8 Zervikalwurzeln vorhanden sind. Die 1. Zervikalwurzel verläuft oberhalb, die 2. unterhalb des 1. Wirbelkörpers. Fortgesetzt bedeutet das, dass die folgenden Nervenwurzeln im Zervikalbereich immer oberhalb des entsprechenden Wirbelkörpers verlaufen. Das ist für die neurologische Höhenlokalisation von entscheidender Bedeutung.
Symptome. Allgemeine Symptome sind Nacken-, Schulter- oder Armschmerzen, die durch Kopfbewegungen ausgelöst werden. Die klinisch-neurologische Symptomatik richtet sich nach der Höhe des Bandscheibenschadens. Typisch ist eine radikuläre Zuordnung ( 1 B-31.75).
Diagnose. Die Diagnostik umfasst Röntgenaufnahmen der HWS in 2 Ebenen
zur Beurteilung der knöchernen Strukturen (Destruktionen, Osteoporose), Stellung der Wirbelkörper (Gefügelockerung, Steilstellung), Höhe des Intervertebralraums und Verknöcherungen des hinteren Längsbands. Schrägaufnahmen werden zur Beurteilung der Weite der Foramina intervertebralia angefertigt. Durch die Myelographie mit nachfolgender CT gelingt eine sehr gute Darstellung der knöchernen Strukturen. Rückenmark und Nervenwurzeln sind gegen das Kontrastmittel gut abzugrenzen; eine Kompression der nervalen Strukturen ist somit gut nachzuweisen. Ebenfalls lässt sich eine Spinalkanalstenose oder Enge der Foramina intervertebralia gut darstellen ( 1 B-31.76).
Merke
Symptome. Allgemeine Symptome sind Nacken-, Schulter- oder Armschmerzen ( 1 B-31.75). Die klinisch-neurologische Symptomatik richtet sich nach der Höhe des Bandscheibenschadens. Diagnose. Die Diagnostik umfasst Röntgenaufnahmen der HWS, CT, MRT und Myelographie.
Durch die Myelographie gelingt nur der indirekte Nachweis eines Bandscheibenvorfalls. Mit der CT werden die knöchernen Strukturen, mit der MRT die Weichteilstrukturen besser dargestellt ( 1 B-31.76).
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1484 1 B-31.75 Syndrom
31 Neurochirurgie
Synopsis Zervikale radikuläre Syndrome und ihre Differenzialdiagnose Häufigkeit Parese
neurologische Ausfälle Reflexverlust Dermatom
Differenzialdiagnose
C5
4%
Mm. deltoideus und biceps
BSR
Schulter und Oberarm lateral
obere Plexusläsion N.-axillaris-Läsion N.-musculocutaneus-Läsion
C6
36 %
Mm. biceps und brachioradialis
BSR
Oberhalb des Ellenbogens lateral, Unterarm radial, Daumen und Zeigefinger radial
N.-radialis-Läsion N.-medianus-Läsion N.-musculocutaneus-Läsion
C7
35 %
Mm. triceps, pronator teres, pectoralis major
TSR
Unterarm dorsal, mittlere 3 Finger
N.-medianus-Läsion
C8
25 %
kleine Handmuskeln
Trömner TSR
Unterarm, dorsal, Ring- und Kleinfinger
N.-ulnaris-Läsion
Die MRT gilt für die Diagnostik zervikaler Bandscheibenvorfälle als Methode der Wahl ( 1 B-31.77).
Elektrophysiologische Untersuchungen (EMG, NLG, evozierte Potenziale) dienen zur genauen Abgrenzung der betroffenen Nervenwurzel und zur differenzialdiagnostischen Abklärung. Differenzialdiagnose. Tumoren, Syringomyelie, Läsionen und Irritationen des Plexus brachialis etc.
Mit der Kernspintomographie gelingt eine gute Abgrenzung des Rückenmarks und der Nervenwurzeln gegen den weichen Prolaps. Knöcherne Strukturen werden mit dieser Technik schlechter dargestellt. Die MRT gilt für die Diagnostik zervikaler Bandscheibenvorfälle als Methode der Wahl ( 1 B-31.77). Elektrophysiologische Untersuchungen (EMG, NLG, evozierte Potenziale) sind gelegentlich zur genauen Abgrenzung der betroffenen Nervenwurzel und zur differenzialdiagnostischen Abklärung erforderlich. Die Differenzialdiagnose umfasst im Wesentlichen die Wurzelkompression durch Tumoren, Syringomyelie, Läsionen und Irritation des Plexus brachialis, Pancoast-Tumor und periphere Engpasssyndrome (z.B. Karpaltunnelsyndrom).
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1485
31.21.3 Spinale radikuläre Syndrome
1 B-31.76
Zervikale Spondylosis deformans
Zervikale Myelographie mit Darstellung degenerativer Randleisten (Spondylosis deformans) im Bereich der Wirbelkörperhinterkanten HWK 3–5 mit Eindellung des Kontrastmittelbands ( Á) bei einer 53-jährigen Patientin mit Zervikobrachialgien rechts entsprechend der Nervenwurzel C4 und C5.
1 B-31.78
1 B-31.77
Zervikaler Bandscheibenvorfall
Zervikale Kernspintomographie mit Darstellung eines zervikalen Bandscheibenvorfalls HWK 6/7 rechts (Á) bei einem 42-jährigen Patienten mit Schmerzen entsprechend der Nervenwurzel C7 rechts. Sensibilitätsstörungen im Dermatom C7 rechts, Parese des M. triceps brachii und TSR-Verlust rechts. Nach Entfernung des Bandscheibenvorfalls und ventraler Fusion mit Knochenzement (s. 1 B-31.78) vollständige Rückbildung der Symptome bis auf den TSR-Verlust.
Röntgenaufnahme der HWS vor und nach ventraler Fusion Ventrale Fusion der HWK 6/7 mit Knochenzement (Á) bei dem in 1 B-31.77 dargestellten Bandscheibenvorfall.
Therapie. Bei fehlenden neurologischen Ausfällen ist zunächst eine konservative Therapie einzuleiten. Diese basiert zunächst auf einer Ruhigstellung der Halswirbelsäule (sog. Schanz-Krawatte), unterstützt durch physikalische Behandlungsmaßnahmen (lokale Wärme, Massagen, passive und aktive Bewegungstherapie unter manueller Extension, Krankengymnastik, Entspannungsübungen) und eine entsprechende Medikation (Analgetika, steroidale und nicht steroidale Antiphlogistika, Myotonolytika). Eine frühe funktionelle Bewegungstherapie ist anzustreben. Regelmäßige Kontrollen des neurologischen Befunds sind zwingend erforderlich. Bei dem lateralen zervikalen Prolaps besteht eine Operationsindikation bei zunehmenden radikulären Ausfällen, medikamentös nicht hinreichend zu behandelnden Schmerzen und Versagen der konservativen Therapie. Notfallindikation zur Operation besteht beim Auftreten akuter medullärer Störungen (medialer Prolaps). Die Operation erfolgt standardmäßig über einen ventralen (ventrale Fusion), selten über einen dorsalen Zugang. Technik der ventralen Fusion:
Therapie. Die konservative Therapie beinhaltet zunächst die Ruhigstellung der Halswirbelsäule, unterstützt durch physikalische Behandlungsmaßnahmen und eine entsprechende Medikation.
Eine Operation erfolgt bei zunehmenden radikulären Ausfällen und medikamentös nicht hinreichend zu behandelnden Schmerzen.
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31 Neurochirurgie
Die Operation erfolgt standardmäßig über einen ventralen (ventrale Fusion), selten über einen dorsalen Zugang. Technik der ventralen Fusion. ( 1 B-31.78).
Hautschnitt medial des M. sternocleidomastoideus. Spaltung der Halsweichteile medial der Gefäßnervenloge. Resektion der Bandscheibe und Abtragen von Osteophyten unter Freilegung der ventralen Dura. Anschließende Spondylodese entweder mit autologem Knochen (Cloward, Robinson-Smith) oder durch Einbringen von Knochenzement (Sulfix, Palacos, Duracem), ( 1 B-31.78). Sowohl der harte, als auch der weiche Prolaps in lateraler und medialer Lokalisation lassen sich über diesen Zugang entfernen. Das operative Risiko bei diesem Verfahren ist minimal. Verletzungen der Halsgefäße, der Trachea, des Ösophagus sowie des N. recurrens oder gar des Rückenmarks sind extrem selten.
Prognose. Radikuläre Störungen haben eine gute Prognose, besonders im Akutstadium der Erkrankung.
Prognose. Radikuläre Krankheitsbilder haben eine gute Prognose. Beson-
Zervikale Myelopathie
Zervikale Myelopathie
Ätiologie. Die Kompression durch Osteochondrose und Spondylosis deformans (mechanische Ursache) und sekundäre Durchblutungsstörungen (vaskuläre Ursache) des Rückenmarks sind Ursache für die progrediente Rückenmarkschädigung ( 1 B-31.79).
Ätiologie. Durch eine progrediente Einengung des zervikalen Spinalkanals,
ders gut ist sie im Akutstadium der Erkrankung. Eine Chronifizierung des Geschehens führt zu einer Verschlechterung der Prognose sowohl aufgrund pathologisch-anatomischer Veränderungen (veränderte Biomechanik, reaktive narbige Veränderungen, spinale und radikuläre Durchblutungsstörungen) als auch auf dem Boden psychopathologischer Prozesse.
insbesondere durch ausgeprägte osteophytische Kantenanbauten im Bereich der Grund- und Deckplatten (Osteochondrose und Spondylosis deformans) kommt es zur Traumatisierung des Rückenmarks (mechanische Ursache). Ein zweiter wesentlicher Faktor ist die passagere Ischämie durch die ständige mechanische Irritation der arteriellen Blutversorgung (vaskuläre Ursache) ( 1 B-31.79). Beide Ursachen addieren sich und führen zur chronischen Rückenmarkstörung. Patienten im höheren Lebensalter werden bevorzugt betroffen.
1 B-31.79
Synopsis Schematische Darstellung der zervikalen Myelopathie
a Schematische Darstellung der zervikalen Myelopathie, verursacht durch osteophytische Randleisten (mechanischer Faktor) und konsekutive Durchblutungsstörungen (vaskulärer Faktor.
b Operation mit Entfernung der Randleisten und Verblockung/ Fusionierung des Bewegungssegments mit Knochendübel oder Knochenzement.
Symptome. Zur klinischen Symptomatik zählen Gangstörungen, Steigerung der Muskeleigenreflexe, Pyramidenbahnzeichen, Spastik der Beine, Abschwächung der Bauchhautreflexe und Sensibilitätsstörungen.
Symptome. Zur klinischen Symptomatik zählen Gangstörungen, Steigerung
Diagnose. Die Diagnostik umfasst Röntgenaufnahmen der HWS zum Nachweis der degenerativen Veränderungen, Myelographie, CT und MRT zum Nachweis der Myelonkompression.
Diagnose. Die Diagnostik umfasst Röntgenaufnahmen der HWS zum Nachweis der degenerativen Veränderungen, Myelographie, CT und MRT zum Nachweis der Myelonkompression. Elektrophysiologische Untersuchungen ergänzen das diagnostische Spektrum und können Läsionen der Bahnsysteme direkt nachweisen (funktionelle Diagnostik).
der Muskeleigenreflexe, Pyramidenbahnzeichen, Entwicklung einer Spastik, Abschwächung der Bauchhautreflexe sowie Sensibilitätsstörungen. Zusätzlich können radikuläre Störungen entsprechend der Schädigungshöhe auftreten. Diese erlauben dann eine Höhenlokalisation.
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31.21.3 Spinale radikuläre Syndrome Differenzialdiagnostisch müssen Tumoren, Störungen im kraniospinalen Übergang und degenerative Rückenmarkerkrankungen ausgeschlossen werden.
Differenzialdiagnose. Tumoren und degenerative Rückenmarkerkrankungen.
Therapie. Die Therapie ist eine operative und zielt auf die Beseitigung der
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die Operation mit Beseitigung der Enge über einen ventralen Zugang und Verblockung/Fusionierung des Bewegungssegmentes.
Prognose. Günstige Verläufe mit Rückbildung aller Störungen sind nur dann
Prognose. Günstige Verläufe mit Rückbildung aller Störungen sind nur dann zu erreichen, wenn die Ausfälle nicht zu weit fortgeschritten sind.
Lumbaler Bandscheibenvorfall
Lumbaler Bandscheibenvorfall
Symptome. Die Patienten berichten über seit Jahren rezidivierende Schmer-
Symptome. In der Regel jahrelang Rückenschmerzen unterschiedlicher und wechselnder Stärke (Lumbago, Hexenschuss). In der Akutphase heftigste Kreuzschmerzen, die über das Gesäß ins Bein ausstrahlen (Lumboischialgie) und beim Pressen (Husten, Niesen, Stuhlgang) zunehmen. Neben der Sensibilität, Motorik und Reflexstatus sind zu prüfen: das Zeichen nach Lasègue, der FemoralisDehnungsschmerz sowie die ValleixDruckpunkte. Alarmsymptome sind eine schwere Parese und eine fast komplette Sensibilitätsstörung oder eine Blasenentleerungsstörung (Wurzeltod).
Enge. Über einen ventralen Zugang werden die Randzacken, nach Ausräumung des Bandscheibenraums, abgetragen. Abschließend wird das Bewegungssegment verblockt (Knochendübel, Knochenzement).
zu erreichen, wenn die Ausfälle nicht zu weit fortgeschritten sind. Besonders wenn es sich in erster Linie um eine mechanische, weniger um eine vaskuläre Schädigung handelt. Ältere Patienten profitieren weniger von der Operation als jüngere. Jedoch ist das Verhindern einer weiteren Rückenmarkschädigung, die letztendlich zur Querschnittlähmung führt, ausreichender Grund für die Indikationsstellung zur Operation.
zen im Rücken (Lumbago, Hexenschuss). In der Akutphase klagen sie über heftigste Kreuzschmerzen, die über das Gesäß ins Bein ausstrahlen (Lumboischialgie) und beim Pressen (Husten, Niesen, Stuhlgang) zunehmen. Das Lasègue-Zeichen ist beim L-5- und S1–Syndrom, der Femoralis-Dehnungsschmerz bei höher gelegener Wurzelschädigung positiv. Ein gekreuztes Lasègue-Zeichen ist vorwiegend beim medialen Bandscheibenprolaps zu erheben. Der N. ischiadicus ist im Verlauf druckschmerzhaft (ValleixDruckpunkte). Alarmsymptome sind das Nachlassen der Schmerzen, eine schwere Parese und eine fast komplette Sensibilitätsstörung im betroffenen Segment oder eine Blasenentleerungsstörung (Wurzeltod). Die Rückbildung einer Lähmung ist neben dem Schweregrad von ihrer Dauer abhängig. n Merke. Bei Blasenentleerungsstörung oder schweren motorischen Ausfällen muss notfallmäßig diagnostiziert und operiert werden.
Man unterscheidet verschiedene Stadien der Bandscheibenschädigung ( 2 B-31.40).
2 B-31.40
Merke
Man unterscheidet verschiedene Stadien der Bandscheibenschädigung ( 2 B-31.40).
Stadieneinteilung der Bandscheibenschädigung
Bezeichnung
Grad der Schädigung
A
N contained disc n
Protrusion, Anulus fibrosus intakt
B
N non-contained-disc I n
Extrusion, Anulus fibrosus defekt, Prolaps auf Niveau des Bandscheibenfachs
N non-contained-disc II n
subligamentäres Fragment (Prolaps)
N non-contained-disc III n
hinteres Längsband defekt, epidurales Fragment (freier Sequester)
N non-contained-disc IV n
intradurales Fragment
Von Bedeutung sind assoziierte pathologische Veränderungen wie: primäre oder sekundär-degenerative spinale oder rezessale Stenose, Spondylolisthesis, Retrolisthesis und Verdickung des Lig. flavum. Je nach Austrittsrichtung (s. 1 B-31.74) kommt es zu einer Kompression des Duraschlauchs mit der Cauda equina (medial), der Nervenwurzel im Bereich ihres Austritts aus dem Duraschlauch (mediolateral), der Nervenwurzel im Bereich des Recessus lateralis (lateral) oder der nächst höheren Nervenwur-
Je nach Austrittsrichtung kommt es zu unterschiedlichen Krankheitsbildern (s. 1 B-31.74).
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31 Neurochirurgie zel extraspinal am Austritt aus dem Foramen intervertebrale (extrem lateraler Prolaps, extraforaminaler Prolaps = ELP).
Diagnose. Sie stützt sich auf die klassische Anamnese und den Nachweis segmentaler (radikulärer) Ausfälle der Sensibilität, Motorik und Reflexe ( 1 B-31.80). Röntgenaufnahmen der LWS dienen zum Nachweis von Fehlhaltungen (verstrichene Lordose, Hyperlordose, Kyphoskoliose), Fehlbildungen (Übergangsstörung), knöchernen Degenerationszeichen (Osteochondrose, spondylotischen Randzacken, Spondylarthrose, M. Baastrup), Ausschluss von Frakturen und entzündlichen oder tumorbedingten destruktiven Veränderungen. Zur Planung eines operativen Eingriffs sind sie unbedingt erforderlich.
Diagnose. Sie stützt sich auf die klassische Anamnese und den Nachweis segmentaler (radikulärer) Ausfälle der Sensibilität, Motorik und Reflexe ( 1 B-31.80). Röntgenaufnahmen der LWS dokumentieren Fehlhaltungen, Fehlbildungen, knöcherne Degenerationszeichen, Frakturen etc. Zur Planung eines operativen Eingriffs sind sie erforderlich.
1 B-31.80
Synopsis Lumbale und sakrale radikuläre Syndrome und ihre Differenzialdiagnose
Syndrom Parese
Neurologische Ausfälle Reflexverlust
Dermatom
Differenzialdiagnose
N L3 n
M. quadriceps femoris, auch M. iliopsoas
PSR
Vom Trochanter major über den Oberschenkel nach medial bis zum Knie
Meralgia paraesthetica N.-femoralis-Läsion Plexus-lumbalis-Läsion
N L4 n
Mm. quadriceps und tibialis anterior
PSR
Über die Hüfte und den lateralen Oberschenkel auf den medialen Knöchel zu
N.-peronaeus-Läsion N.-ischiadicus-Läsion Plexus-lumbosacralisLäsion
N L5 n
Mm. extensor hallucis longus und extensor digitorum brevis
TPR
Vom Oberschenkel zum Kniegelenk lateral, entlang der Schienbeinkante über die Dorsalseite des Fußes bis zur Großzehe und folgende Zehe
N.-peronaeus-Läsion N.-ischiadicus-Läsion Plexus-lumbosacralisLäsion
N S1 n
ASR Mm. peronaei triceps surae glutaeus maximus
Hinterseite von Oberund Unterschenkel zum äußeren Knöchel und Fußrand, Kleinzehenbereich und Fußsohle lateral
N.-tibialis-Läsion N.-ischiadicus-Läsion Plexus-lumbosacralisLäsion
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31.21.3 Spinale radikuläre Syndrome
n Merke. Die Röntgennativaufnahme gibt auch bei Nachweis hochgradiger degenerativer Veränderungen keinen Hinweis auf das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls.
Die Computertomographie ist das wichtigste diagnostische Verfahren mit guter Darstellung des Bandscheibengewebes, des Duraschlauchs, der Nervenwurzeln, epiduralen Fettgewebes und der knöchernen Strukturen. Es besteht jedoch eine schlechte Abgrenzbarkeit von Narben gegen Rezidiv nach vorangegangenen Operationen ( 1 B-31.81).
Merke
Die Computertomographie ist das wichtigste diagnostische Verfahren. Eine Abgrenzbarkeit von Narben gegen Rezidiv nach vorangegangenen Operationen ist jedoch erschwert ( 1 B-31.81).
1 B-31.81 Lumbales Computertomogramm mit Darstellung eines frei sequestrierten Bandscheibenvorfalls LWK 5/SWK 1 rechts (Á), bei einem 57-jährigen Patienten mit akuter Lumboischialgie für die Nervenwurzel S1, Sensibilitätsstörungen (Hypalgesie und Hypästhesie) entsprechend dem Dermatom S1, Fußsenkerparese und ASR-Verlust.
Die Kernspintomographie gestattet eine sehr gute Darstellung der Weichteilstrukturen bei schlechter Darstellung der knöchernen Verhältnisse. Die Unterscheidung zwischen Contained disc und Non contained disc der einzelnen Grade ist möglich, ebenso die Beurteilung des Hydratationsgrads der Bandscheibe und des Sequesters. Die Myelographie ist eine Röntgenuntersuchung durch Einbringen eines wasserlöslichen Kontrastmittels. Dadurch ist eine sehr gute Darstellung einzelner Fasern der Cauda equina in ihrem intraspinalen Verlauf und möglicher Verdrängungen (Kontrastmittelaussparungen) möglich ( 1 B-31.82).
1 B-31.82
Die Kernspintomographie gestattet eine sehr gute Darstellung der Weichteilstrukturen.
Die Myelographie wird heute meist kombiniert mit nachfolgender CT (Myelo-CT) durchgeführt ( 1 B-31.82).
Lumbaler Bandscheibenmassenprolaps
b
a
Lumbale Myelographie mit Darstellung eines sog. Bandscheibenmassenprolaps LWK 5/SWK 1 links (a) (Á)bei einer 43-jährigen Patientin mit akuter Lumboischialgie für die Nervenwurzel S1, Sensibiliätsstörungen (Hypalgesie und Hypästhesie) entsprechend dem Dermatom S1, Fußsenkerparese und ASR-Verlust. Im Verlauf Rückbildung der Schmerzen und Entwicklung von Blasenentleerungsstörungen. Nach sofortiger Diagnostik und Operation vollständige Rückbildung aller Störungen. b zeigt Anteile des intraoperativ nachgewiesenen freien Bandscheibensequesters.
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1490 Wegen der Invasivität des Verfahrens heute nur noch Einsatz bei unklaren Befunden.
Elektrophysiologische Untersuchungen sind von untergeordneter Bedeutung.
Therapie π Konservative Therapie: Das Prinzip der konservativen Behandlung zielt auf die Durchbrechung des Circulus vitiosus: Prolaps – Schmerz – Muskelverspannung – Fehlhaltung – Fehlbelastung des Bewegungssegments – Verstärkung des Prolaps. Sie umfasst Bettruhe, Krankengymnastik und analgetische Unterstützung.
Eine absolute Notfallindikation zur Operation besteht beim Massenvorfall mit Caudasymptomatik.
Merke
Kontraindikationen zur Operation bestehen bei einem rein lumbalen Schmerzbild und bei Diskrepanz zwischen den vorgetragenen Beschwerden und den objektiv zu erhebenden klinschen und neuroradiologischen Befunden. Die Operation erfolgt als Mikrodiskektomie in Knie-Ellenbogen-Lage.
Komplikationen wie Operation in falscher Höhe, Lagerungsschäden, Nachblutungen, Infektionen usw. (1–3 %) sind selten. Lebensbedrohlich kann die Verletzung intraabdomineller Gefäße sein (0,06 %). Das Verfahren der perkutanen Nukleotomie kann bei etwa 15 % der Patienten alternativ zur Anwendung kommen. Kontraindikationen sind größere Befunde sowie Non-containeddisc II–IV-Herniationen.
31 Neurochirurgie Ein Nachweis des extraforaminalen Prolaps ist damit nicht möglich. Heute wird die Untersuchung meist kombiniert mit nachfolgender CT (Myelo-CT) durchgeführt. Wegen der Invasivität des Verfahrens erfolgt heute nur noch der Einsatz bei unklaren oder die klinische Symptomatik nicht erklärenden Befunden in der CT oder MRT. Elektrophysiologische Untersuchungen: sind bei der Diagnostik des lumbalen Bandscheibenschadens von untergeordneter Bedeutung, jedoch hilfreich bei unklaren Beschwerdebildern zur Differenzialdiagnose (Polyneuropathie, Multiple Sklerose, N.-peronaeus-Läsion).
Therapie
Konservative Therapie. Bei im Vordergrund stehender Schmerzsymptomatik und begleitend bei allen anderen Fällen. Das Prinzip der konservativen Behandlung zielt auf die Durchbrechung des Circulus vitiosus: Prolaps – Schmerz – Muskelverspannung – Fehlhaltung – Fehlbelastung des Bewegungssegments – Verstärkung des Prolaps. Sie umfasst Bettruhe mit Lagerungsbehandlung (Stufenbett), lokale Wärmeapplikation, evtl. manuelle Therapie, Massagen sowie Elektrotherapie, unterstützt durch Analgetika, Antiphlogistika (nicht steroidale und steroidale), Myotonolytika und Sedativa. Weiterhin kommen lokale Infiltrationen zur Anwendung (Lokalanästhetika, Glukokortikoide). Eine Operationsindikation ist als Notfall gegeben beim sog. Massenprolaps mit Caudasymptomatik. Eine dringliche Indikation besteht bei progredienten neurologischen Ausfällen, beim Nachlassen der Schmerzen und Zunahme der Lähmung (Zeichen des beginnenden Wurzeltods). Erforderlich ist ein operatives Vorgehen bei therapieresistenten Schmerzen sowie fluktuierender neurologischer Symptomatik unter konservativer Behandlung. Weiterhin bei belastungsabhängigen, rezidivierenden Schmerzen, die zu einer anhaltenden Arbeitsunfähigkeit oder dauernden gravierenden Einschränkung in der persönlichen Lebensgestaltung führen.
π
n Merke. Voraussetzung für die Indikationsstellung zur Operation ist ein die klinische Symptomatik erklärender Befund in den bildgebenden Verfahren.
Kontraindikationen zur Operation bestehen bei einem rein lumbalen Schmerzbild und bei Diskrepanz zwischen den vorgetragenen Beschwerden und den objektiv zu erhebenden klinischen und neuroradiologischen Befunden. Vorsicht sollte geboten sein bei kritischen, sich in der Schwebe befindlichen sozialen Situationen (z.B. laufendes Rentenverfahren). Die Operation erfolgt als Mikrodiskektomie in Knie-Ellenbogen-Lage. Röntgenologisch erfolgt die Höhenlokalisation. Nach Fensterung des Lig. flavum und Darstellung und Mobilisation der komprimierten Nervenwurzel erfolgt die Resektion des Sequesters oder Umschneidung und Abtragen des Prolaps. Durch das eröffnete hintere Längsband ist die Entfernung von Restsequestern und degeneriertem Bandscheibengewebe (Nukleotomie) möglich. Die Operation beim extraforaminalen Prolaps (ELP) erfolgt über den dorsolateralen transmuskulären Zugang. Selten sind Komplikationen wie Operation in falscher Höhe (v.a. bei lumbosakraler Übergangsstörung), Lagerungsschäden, Duraverletzung, Serome, Nachblutungen sowie Infektionen (1–3 %). Lebensbedrohlich kann die Verletzung intraabdomineller Gefäße sein (0,06 %). Das Verfahren der perkutanen Nukleotomie kann bei etwa 15 % der Patienten alternativ zur Anwendung kommen. Es darf jedoch kein freies Bandscheibengewebe im Spinalkanal nachweisbar sein (Contained-disc-Herniation sowie die kleine Non-contained-disc-I-Herniation). Kontraindikationen sind größere Befunde, Non-contained-disc II–IV-Herniationen sowie begleitende pathologische Befunde wie Stenosen, Spondylolisthesis etc. Von dorsolateral erfolgt die Punktion des Bandscheibenraums mit einer Arbeitskanüle, durch die Instrumente zur Nukleotomie eingeführt werden können. Eine endoskopische Kontrolle ist möglich. Die Nukleotomie kann mit verschieden abgewinkelten Fasszangen, Fräsen oder auch durch eine Verdampfung mittels Laser erfolgen.
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1491
31.21.3 Spinale radikuläre Syndrome Die Komplikationsrate ist mit 2–4 % gering. In den bisher noch relativ kleinen Serien werden unter Berücksichtigung der eingeschränkten Indikation ebenfalls sehr gute Erfolge angegeben.
Die Komplikationsrate ist mit 2–4 % gering.
Prognose. Bei 75 % aller operierten Patienten kann eine vollständige oder
Prognose. Bei 75 % aller operierten Patienten kann eine vollständige oder weitestgehende Beschwerdefreiheit mit erhaltener Arbeitsfähigkeit erreicht werden.
weitestgehende Beschwerdefreiheit mit erhaltener Arbeitsfähigkeit erreicht werden. Bei 15 % kommt es zur deutlichen Schmerzbesserung, die Arbeitsfähigkeit ist jedoch eingeschränkt. Bei 10 % der Patienten verbleiben beeinträchtigende Restbeschwerden. Bei ca. 5 % aller operierten Patienten kommt es zu einem Rezidiv (gleiche Höhe, gleiche Seite). Bei weiteren 1–2 % der Operierten ist mit einem neuen Bandscheibenvorfall in einer anderen Höhe zu rechnen.
Lumbale Spinalkanalstenose
Lumbale Spinalkanalstenose
n Definition. Einengung des Lumens des Spinalkanals auf < 12 mm im medialen a.-p. Durchmesser, < 4 mm im Bereich der Recessus laterales und Foramina intervertebralia und < 25 mm im transversalen Durchmesser.
Ätiologie. Bei Patienten mit Lumbalkanalstenose sind die Pedikel der Wir-
belbögen kurz und verdickt. Die Gelenkfacetten neigen sich daher zur Mitte und engen so den Wirbelkanal und die Recessus laterales ein. Ein Bandscheibenvorfall oder eine Hypertrophie des Lig. flavum können zu einer zusätzlichen Raumbeengung führen ( 2 B-31.41).
2 B-31.41
Bei ca. 5 % aller operierten Patienten kommt es zu einem Rezidiv (gleiche Höhe, gleiche Seite).
Definition
Ätiologie. Die Pedikel der Wirbelbögen sind kurz und verdickt. Die Gelenkfacetten neigen sich daher zur Mitte und engen so den Wirbelkanal und die Recessus laterales ein ( 2 B-31.41).
Ätiologie der lumbalen Spinalkanalstenose
kongenital
N idiopathisch n
Achondroplasie, Hypochondroplasie, Stoffwechselkrankheiten (z.B. Mukopolysaccharidosen), spinale Dysrhaphien (Meningozele, Lipome)
erworben
N degenerativ n
Spondylose, Spondylarthrose, Spondylolisthesis, Skoliose, Verknöcherung des hinteren Längsbands, Verknöcherung des Lig. flavum, intraspinale Synovialzysten
N postoperativ n
nach Laminektomie, Fusionsoperation, durch postoperative Narbenbildung
N traumatisch n
Kyphose, Skoliose, nach Wibelkörperberstungsfraktur
N metabolisch n
epidurale Lipomatose (Morbus Cushing), Osteoporose mit pathologischen Frakturen, Akromegalie, renale Osteodystrophie
N krankheitsbedingt n
Morbus Paget, Morbus Bechterew, rheumatoide Arthritis u.a.
Symptome. Typische Symptome sind Rücken- und Beinschmerz sowie die
Symptome. Typische Symptome sind Rücken- und Beinschmerzen sowie die Kraft- und Gefühllosigkeit der Beine, besonders auftretend beim Gehen und Laufen (Claudicatio intermittens spinalis). Die Gehstrecke ist deutlich verkürzt.
Diagnose. Der Verdacht stützt sich schon auf die typische Beschwerdeschil-
Diagnose. Die Myelographie in Kombination mit der Computertomograpie ( 1 B-31.83) ist die Methode der Wahl.
Kraft-und Gefühllosigkeit der Beine, besonders auftretend beim Gehen und Laufen (Claudicatio intermittens spinalis). Ein promptes Nachlassen der Schmerzen in Ruhe und bei Kyphosierung der LWS ist zu beobachten. Typischerweise können die Patienten auch besser bergauf als bergab gehen und ohne Schwierigkeiten Fahrrad fahren, auch wenn die schmerzfreie Gehstrecke nur noch wenige Meter beträgt. Häufigstes Auftreten im höheren Lebensalter.
derung. Eine exakte Darstellung des knöchernen Spinalkanals ist in der CT
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1492
31 Neurochirurgie mit sagittalen Rekonstruktionen möglich ( 1 B-31.83). In der MRT sind der Conus medullaris und die Cauda equina ebenso abzugrenzen wie eine Einengung durch Bandstrukturen oder einen Bandscheibenvorfall. In der Myelographie und auch in der MRT ist die Diagnose einer funktionellen Stenose durch Anfertigung von Aufnahmen in den Funktionsstellungen sicher möglich.
1 B-31.83
Spinalkanalstenose CT mit Darstellung einer hochgradigen Einengung des Spinalkanals im Segment LWK 4/5 bds. Klinisch bestand bei der 73-jährigen Patientin eine Claudicatio intermittens spinalis mit einer Gehstrecke von 50 Metern. Danach starke Lumboischialgien entsprechend der Nervenwurzel L5 bds.
Therapie. Wenn konservative Maßnahmen wie Ruhe, Wärmeanwendung und Analgetika nicht zum Erfolg führen, ist die Operation indiziert.
Therapie. Wenn konservative Maßnahmen wie Ruhe, Wärmeanwendung
Prognose. In 80 % wird eine deutliche Besserung der Beinschmerzen erreicht.
Prognose. Die postoperativen Ergebnisse sind meist günstig. In 80 % wird
31.22
31.22
Periphere Nervenkompressionssyndrome Symptome. Schmerz, Sensibilitätsstörungen und Paresen sind die Symptome einer Nervenschädigung.
Diagnose. Anhand der Schmerzlokalisation, eines gestörten Sensibilitätsareals und der Paresen kann der geschädigte Nerv und die Lokalisation der Schädigung bestimmt werden. Der Paresegrad eines Muskels wird in 5 Grade eingeteilt ( 2 B-31.42).
und Analgetika nicht zum Erfolg führen, ist die Operation indiziert. Bei relativer Stenose durch einen Bandscheibenprolaps genügt die Operation des Prolaps, bei einer rezessalen Enge eine Entdachung der Nervenwurzel. Bei unilateraler Stenose ist eine Hemilaminektomie, bei hochgradigem bilateralem Befund eine Laminektomie evtl. in mehreren Höhen notwendig.
eine deutliche Besserung der Beinschmerzen erreicht. Wegen der meist weiterbestehenden erheblichen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen lassen sich die Rückenschmerzen schlechter beeinflussen.
Periphere Nervenkompressionssyndrome
Symptome. Die Symptome einer Nervenschädigung sind: Schmerz, Parese
und Sensibilitätsstörung. Seddon unterscheidet 3 Schweregrade: Neuropraxie, Axonotmesis und Neurotmesis. Bei Kompressionssyndromen kommt es niemals zu einer Kontinuitätsdurchtrennung der Axone und seiner Hüllen.
Diagnose. Infolge der topischen Organisation des Nervensystems kann auf-
grund bekannter sensibler und motorischer Zuordnungen ein Schmerzausbreitungsgebiet, eine Gefühlsstörung und eine Parese einem bestimmten Nerv zugeordnet werden. Auch eine Lokalisation der Schädigung im Nervenverlauf ist in gewissem Maße möglich. Die motorische Funktion wird anhand einer Kräfteskala beurteilt ( 2 B-31.42). Nach länger andauernder Schädigung entwickeln sich Atrophien der vom Nerv versorgten Muskulatur, die ebenfalls topische Hinweise geben.
2 B-31.42
Bewertung der motorischen Funktion nach Highet
n M0 N N M1 n
keine Muskelaktivität sichtbare Muskelkontraktion ohne motorischen Effekt
n M2 N N M3 n N M4 n
geringe Bewegung unter Ausschaltung der Schwerkraft Bewegung gegen Schwerkraft Bewegung gegen Widerstand
N M5 n
volle Kraft
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31.22.3 Seltene Kompressionssyndrome
1493
Sensibilitätsstörungen können entsprechend ihrer Qualität eingeschätzt werden. Bestimmt werden kann die Schmerzempfindung, die Berührungsempfindung und die Temperaturempfindung. Höhere sensible Qualitäten werden mittels 2-Punkt-Diskriminierung eingeschätzt. Die sensible Funktion kann ebenfalls in einem Grading eingeschätzt werden ( 2 B-31.43). Jedem gemischten peripheren Nerv ist ein sensibles Areal zugeordnet. Die Kenntnis dieser Zuordnung ist Voraussetzung einer qualifizierten Diagnostik.
Innerhalb des dem Nerv zugeordneten Areals können Schmerz-, Berührungsund Temperaturempfindung gestört sein. Die sensible Funktion kann ebenfalls in einem Grading eingeschätzt werden ( 2 B-31.43). Jedem gemischten peripheren Nerv ist ein sensibles Areal zugeordnet.
2 B-31.43
Bewertung der sensiblen Funktion nach Highet
n S0 N N S1 n
fehlende Sensibilität tiefe Schmerzempfindung
N S2 n
Schmerz- und Berührungsempfindung verminderter Qualität und Parästhesien
N S3 n
Schmerz- und Berührungsempfindung ohne Parästhesien (Schutzsensibilität gegeben) 2-Punkte-Diskriminierung unter 1,5 cm
N S4 n
Schmerzen folgen in ihrer Projektion den sensiblen Versorgungsgebieten des Nervs. Liegen bei geschädigten Nerven freie Axonsprossen vor, kommt es bei Beklopfen dieses Bereichs zu elektrisierenden Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervs (Hoffmann-Tinel-Zeichen). Elektrophysiologische Untersuchungen sichern die klinische Untersuchung ab und können differenzialdiagnostische Hinweise geben. Neben der Elektromyographie ( EMG) gibt vor allem die Elektroneurographie (ENG) mit Bestimmung der sensiblen Reizleitungsgeschwindigkeit detaillierte Hinweise auf eine lokale Schädigung im Rahmen eines Kompressionssyndroms und sollte deshalb vor jeder Therapie durchgeführt werden.
Auch die Schmerzprojektion folgt dem topischen Grundprinzip und kann zur Diagnostik der Läsion herangezogen werden. Freie Axonsprossen verursachen beim Beklopfen elektrisierende Schmerzen (Hoffmann-Tinel-Zeichen). Eine elektrophysiologische Untersuchung mit Bestimmung der sensiblen Reizleitungsgeschwindigkeit sollte in jedem Fall erfolgen.
Therapie. Nach Sicherung der Diagnose erfolgt eine Freilegung der Nerven
Therapie. Die Nervenkompression muss durch Resektion oder Verlagerung des Nervs beseitigt werden.
im Bereich der Kompression, eine Beseitigung der Kompression durch Resektion oder Verlagerung des Nervs. n Merke. Jede schmerzhafte Nervenkompression muss operativ revidiert werden.
Merke
31.22.1
Karpaltunnelsyndrom (s. Kap. B-28.8.1)
31.22.1 Karpaltunnelsyndrom (s. Kap. B-28.8.1)
31.22.2
Nervus-ulnaris-Kompressionssyndrome
31.22.2 Nervus-ulnaris-Kompressionssyndrome (s. Kap. B-28.8.3)
Seltene Kompressionssyndrome
31.22.3 Seltene Kompressionssyndrome
(s. Kap. B-28.8.3)
31.22.3
Beim Tarsaltunnelsyndrom kommt es ebenfalls im Bereich einer physiologischen Enge unterhalb und hinter dem Innenknöchel zur Kompression des N. plantaris lateralis und medialis sowie Ästen des N. tibialis. Im Vordergrund der Beschwerden stehen schmerzhafte Parästhesien der Fußsohle mit deutlicher Verstärkung beim Gehen. Eine Morton-Metatarsalgie äußert sich durch neuralgiforme, oft brennende Schmerzen im Bereich der Fußsohle, die eine Verstärkung beim Gehen erfahren und in einen Dauerschmerz übergehen können. Die Beschwerden werden durch ein Pseudoneurom des N. digitalis im 3. oder 4. Interdigitalraum im Kopfbereich der Metatarsalia verursacht. Die Beschwerden können eine Resektion des Pseudoneuroms erforderlich machen. Eine typische Lähmung des N. peronaeus, über Nacht oder nach einem Rausch entstanden, wird als Schlaflähmung bezeichnet. Hauptsymptom ist eine Fußheberlähmung. Differenzialdiagnostisch müssen morphologische
Durch Gehen verstärkte schmerzhafte Parästhesien der Fußsohle weisen auf ein Tarsaltunnelsyndrom hin.
Eine Morton-Metatarsalgie äußert sich durch neuralgiforme, oft brennende Schmerzen im Bereich der Fußsohle, die eine Verstärkung beim Gehen erfahren. Die Resektion des Pseudoneuroms kann bei entsprechenden Beschwerden notwendig werden. Eine plötzlich einsetzende Lähmung des N. peronaeus ohne morphologische
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31 Neurochirurgie
Ursache wird als Schlaflähmung bezeichnet und bildet sich innerhalb von 3–4 Wochen zurück.
Ursachen einer Peronäusparese ausgeschlossen werden. Die benigne Schlaflähmung ist durch eine Neuropraxie verursacht und geht spontan innerhalb von 3–4 Wochen zurück.
31.22.4 Thoracic-outlet-Syndrom (s. Kap. B-24.1.5)
31.22.4
Thoracic-outlet-Syndrom (s. Kap. B-24.1.5)
31.22.5
31.22.5
Tumoren peripherer Nerven
Tumoren peripherer Nerven
Die seltenen Tumoren der peripheren Nerven stammen von den Stammzellen der Neuralleiste ab.
Tumoren der peripheren Nerven sind selten und stammen von den Stammzellen der Neuralleiste ab. Die Vielzahl der möglichen strukturellen und funktionellen Differenzierung führt zu Ganglienzellen, Schwann-Zellen, Melanozyten und Paraganglien.
Neuroblastom
Neuroblastom
Das Neuroblastom ist ein maligner Tumor.
Am deutlichsten tritt der Stammzellencharakter in den unterschiedlich differenzierten malignen Neuroblastomen hervor.
Epidemiologie. 80 % der Neuroblastome werden vor dem 5. Lebensjahr manifest! Im frühen Kindesalter sind 60 % der Neuroblastome in den Nebennieren entwickelt.
Epidemiologie. 80 % der Neuroblastome werden vor dem 5. Lebensjahr
Ästhesioneuroblastome kommen in jedem Lebensalter vor und sind im Bereich der Siebbeinzellen lokalisiert.
Diagnose. Im Vordergrund stehen die Allgemeinsymptome einer Tumorkachexie. Radiologisch fallen Neuroblastome durch große weichteildichte Verschattungen paravertebral mit z.T. zirkulären Verkalkungen auf. Da Neuroblastome potenziell neurosekretorische Tumoren sind, finden sich bei 75 % der Patienten abnorm erhöhte Werte von Vanillinmandelsäure und Homovanillinsäure im Urin. Therapie. Es ist immer eine radikale Entfernung des Tumors anzustreben. Eine Nachbestrahlung ist notwendig. Die Prognose wird fast ausschließlich durch das Alter bestimmt. Sie ist günstig. π je jünger der Patient ist π beim weiblichen Geschlecht π bei differenziertem Zellbild π bei thorakalem Sitz.
manifest! Im frühen Kindesalter sind 60 % der Neuroblastome in den Nebennieren entwickelt. Später nimmt die Zahl der Tumoren mit Beziehungen zum sympathischen Grenzstrang zu (75 % Bauchraum, 5 % Becken, 15 % hinteres Mediastinum). In die Siebbeinzellen einwachsende, vom Riechepithel ausgehende, als blutende Polypen imponierende Tumoren werden als Äthesioneuroblastome bezeichnet. Äthesioneuroblastome kommen in jedem Lebensalter vor, am häufigsten im 2. und 3. Dezenium.
Diagnose. Kinder mit Neublastomen werden im Allgemeinen durch
Gewichtsverlust, Anämie und Teilnahmslosigkeit im Rahmen einer Tumorkachexie auffällig. Radiologisch fallen Neuroblastome durch große weichteildichte Verschattungen paravertebral mit z.T. zirkulären Verkalkungen auf. Neuroblastome gehören zu den potenziell neurosekretorischen Tumoren. Bei 75 % der Patienten finden sich abnorm erhöhte Werte von Vanillinmandelsäure und Homovanillinsäure im Urin.
Therapie. Die beste Therapie ist die radikale oder partiell radikale opera-
tive Entfernung des Tumors kombiniert mit einer Nachbestrahlung. Große Tumoren sollten primär vorbestrahlt werden. Die Prognose wird durch das Alter, das Geschlecht, die Tumordifferenzierung und die Lokalisation bestimmt. Die Prognose ist umso günstiger: π je jünger der Patient ist π beim weiblichen Geschlecht π bei differenziertem Zellbild π bei thorakalem Sitz. Bei Diagnose vor dem 1. Lebensjahr beträgt die 2-Jahres-Überlebensrate 71 %, 29 % bei Diagnose zwischen 1.–2. Lebensjahr und 10 % bei Diagnose > 2. Lebensjahr. Liegt eine Knochenmetastasierung vor beträgt die durchschnittliche Überlebenszeit nur etwa 2 Jahre.
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31.22.5 Tumoren peripherer Nerven
Neurinome und Neurofibrome
Neurinome und Neurofibrome
Synonyme: Schwannome, Neurilemmome. n Definition. Neurinome, Schwannome oder Neurilemmome sind gutartige Geschwülste der Schwann-Zellen. Besonders häufig kommen sie bei der Neurofibromatose Recklinghausen vor. Die Tumoren gehen von einzelnen Faszikeln aus und führen zu einer progredienten Schädigung der benachbarten Faszikel.
Definition
Diagnose. In der Regel fallen diese Tumoren durch tastbare schmerzhafte Schwellung sowie eine Funktionsbeeinträchtigung des betroffenen Nervs auf. Mittels MRT können größere Neurinome von Nachbarstrukturen differenziert und multiple Tumoren z.B. bei der Neurofibromatose gesichert werden. Das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung eines Nervs wird durch EMG und ENG bestimmt.
Diagnose. Neben der klinischen Untersuchung sollen EMG, ENG und eine MRT durchgeführt werden.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die vollständige operative Entfernung des Tumors.
Therapie. Die Therapie der Wahl ist die vollständige operative Entfernung des Tumors.
Chemodektome
Chemodektome
n Definition. Chemodektome oder Glomustumoren sind Tumoren der branchiomeren Paraganglien, insbesondere des Glomus caroticum oder jugulare.
Definition
Sie können sich bis in das Foramen jugulare und weiter in den intrakraniellen Raum ausdehnen. Aufgrund ihres Einwachsens in das Felsenbein können sie zu Destruktionen führen und als Ohrpolyp im äußeren Gehörgang sichtbar werden. Selten finden sich histologische Zeichen einer Malignität. In 6–9 % kommt es bei Glomustumoren der Karotis zur Metastasierung.
Selten finden sich histologische Zeichen einer Malignität. In 6–9 % kommt es bei Glomustumoren der Karotis zur Metastasierung.
Diagnose. Ihre Diagnostik erfolgt in CT und MRT. Dabei kommen in der
Diagnose. Für die Darstellung der knöchernen Destruktionen ist eine Dünnschicht-CT unverzichtbar. Eine präoperative Embolisierung im Rahmen einer immer erforderlichen Angiographie erleichtert die operative Entfernung.
Therapie. Die Therapie besteht in einer vollständigen Entfernung des
Therapie. Die Therapie besteht in einer vollständigen Entfernung des Tumors.
Dünnschicht-CT die knöchernen Strukturen der Schädelbasis besser zur Abbildung. Der blutreiche Tumor erfordert immer eine angiographische Diagnostik, in deren Rahmen in der Regel eine präoperative Embolisierung erfolgt. Angiographie und geplante Operation müssen deshalb in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang erfolgen.
Tumors. Aufgrund der Lage erfolgt diese meist im Rahmen einer interdisziplinären operativen Zusammenarbeit von Neurochirurgen und HNO-Ärzten.
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1497 Quellenverzeichnis der Abbildungen und Tabellen A-1.1 Asmussen, Peter D. / Söllner, Brigitte: Wundversorgung Bd.1. Prinzipien der Wundheilung. Hippokrates, Stuttgart 1993. Abb.3, S. 55 A-1.2 Asmussen Bd.1, Abb. 1a, S.53 A-1.3 Asmussen Bd.1, Abb. 1b, S.53 A-1.4 Asmussen Bd.1, Abb. 18a – 18d, S.47 A-1.5 Asmussen Bd.1, Abb. 16, S.45 A-1.6 Asmussen Bd.1, Abb. 8b, S.81 A-1.7 Asmussen Bd.1, Abb. 12, S.87 A-1.8 a+b Asmussen Bd.1, Abb. 22, S.95 A-1.9 Asmussen Bd.1, Abb. 23, S.96 A-1.10 Asmussen, Peter D. / Söllner, Brigitte: Wundversorgung Bd. 2. Wundmanagement. Hippokrates, Stuttgart 1995. S. 171 und Abb. 50, S.104 A-1.11 Asmussen Bd. 1. Abb. 9c, S.61 A-1.11b Beiersdorf AG A-1.11c-f Asmussen Bd. 2. Abb. 54a-d, S.108 A-1.12 Asmussen Bd. 1, Abb. 4, S.125 A-1.13 Asmussen Bd. 1, Abb. 8, S.130 A-1.16 Asmussen, Bd.1, Abb. 26, S.100 A-3.4a,b Duale Reihe. Innere Medizin. Hippokrates, Stuttgart 1999. Abb. I-12a,b S.1242 A-3.6 Duale Reihe. Innere Medizin, Abb. B-21, S.354 A-3.11a,b Duale Reihe. Innere Medizin, Abb. I-1a,b S.1207 A-3.12 Duale Reihe. Innere Medizin, Synopsis I-2, S.1257 Tab. A-5.4 nach Berchtold, Rudolf u.a. (hrsg.): Chirurgie.3. Aufl., Urban + Schwarzenberg, München 1994. Tab. 4-5, S.53 A-6.2 nach: Siegenthaler, Walter: Klinische Pathophysiologie. 2. Aufl., Thieme, Stuttgart 1973. S.192 A-6.6 Duale Reihe. Innere Medizin. Abb. J-33a,b, S.1467 A-8.1 nach: Klinke, Rainer / Silbernagl, Stefan: Lehrbuch der Physiologie. 2. Aufl., Thieme, Stuttgart 1996. Abb.9.15 A-8.13 nach: Schörr, K.: Pharmakologie der Thrombozytenfunktionshemmer. In: Müller-Berghaus, G. / Pötzsch, B. (hrsg.): Hämostaseologie. Springer, Berlin-Heidelberg 1999. Abb. 89.1, S.650 A-11.7 BG Ergänzungsbericht bei schweren Verletzungen Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, St. Augustin A-12.6 Duale Reihe. Innere Medizin, Tab.C-62, S.514 B-2.2 Duale Reihe. Innere Medizin Syn.H-5, S.999 B-6.10 Rosenbusch, Gerd / Reeders, Jacques W.A.J.: Kolon – Klinische Radiologie. Endoskopie. Thieme, Stuttgart 1993. Abb.185a, S.173 B-6.11 Duale Reihe. Innere Medizin, Syn.H – 30, S.1102
B-6.22 Rosenbusch, Reeders, Abb.283a,b, S.288 B-7.7 Winkler, Rainer / Otto, Peter: Proktologie. Thieme, Stuttgart 1997. Abb.7.2 + Abb.7.3, S.73; Abb.7.20, 7.22, S.85 B-7.10 Winkler S.82, Abb.7.14 B-7.11 Winkler S.82, Abb.7.15 B-7.13 Winkler S.86, Abb.7.25 B-7.14 Winkler S.87, Abb.7.28 B-7.15 Jung, Ernst (hrsg.): Dermatologie. 4. Aufl., Hippokrates, Stuttgart 1998. Abb.127, S.184 B-7.16 Winkler, Abb.10.3, S.144 B-7.17 Winkler, Abb.7.40, S.94 B-7.18 Winkler, Abb.7.43, S.96 B-7.21 Winkler, Abb.8.2, S.101 B-7.22 Medizinisches Bildarchiv, Georg Thieme Verlag Stuttgart, Boehringer Ingelhein Pharma KG B-7.23 Winkler, Abb.8.4a, S.103 B-7.25 Winkler, Abb.8.28, S.118 B-7.26 Winkler, Abb.8.27, S.118 B-7.27 Winkler, Abb.9.12, S.133 B-7.28 Winkler, Abb.7.35, S.91 B-7.29 Winkler, Abb.7.4, S.74 B-7.30 Winkler, Abb.9.10, S.132 B-7.31b Winkler, Abb.10.9, S.149 B-9.2 Kremer, Bernd / Henne-Bruns, Doris: Surgical technics In: Lygidakis, N.J. / Tytgat, G. N. J.: Hepatobiliary and Pancreatic Malignancies. Thieme, Stuttgart 1989. Abb. 6.4.2, S.196 B-9.12 Lygidakis Abb.6.4.22a, S.211 B-9.18 Lygidakis Abb 6.4.24, S.213 Tab. A-12.1 Der Chirurg, Springer 1997 68:593, Funke et. al.: „Standortbestimmung der Impf- und Antibioticaprophylaxe bei Splenektomie“ B-12.4 Fujita T., Tanaka, K.: Zellen und Gewebe, REM-Atlas für Mediziner und Biologen, Fischer, Stuttgart 1986. Tafel II-14B, S.46 B-15.6 a-d Berghaus, Alexander / Rettinger, Gerhard / Böhme, Gerhard: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Hippokrates, Stuttgart 1996. Abb. 4 ad, S.597 B-15.11 a Schulte am Esch, Jochen / Kochs, Eberhard / Bause, Hanswerner: Anästhesie und Intensivmedizin. Thieme, Stuttgart 2000. Syn.8.5 b, S.297 B-15.11 c+d Berghaus, Abb. 6 f+e, S.574 B-16.15a nach: Der Chrurg, Springer 1996 67:788-806 B-22.4 nach: Orthoclone, CKT3, Muromonab CD3, Janssen-Cilag GmbH, Neuss. Abb.6, S.15 B-22.5 nach: Orthoclone, Abb.7, S.21 B-23.23a Sitzmann, Friedrich Carl (hrsg.): Pädiatrie. Hippokrates, Stuttgart 1995. Abb.Syn.27, S.290 B-23.36 Schröder, Cornelia / Oppermann, Hans-C.: Pädiatrische Sono-
graphie. Urban+Schwarzenberg München 1997. Abb. 9-34a B-25.25 Thurn, Peter et.al.: Einführung in die radiologische Diagnostik. Thieme, Stuttgart 1998. 10.Aufl. Abb. 4.144, S.364 B-26.6 Klinke / Silbernagl Abb. 10.9, S.221 B-26.29b Lange, Sebastian: Radiologische Diagnostik der Thoraxerkrankungen. 2. Aufl., Thieme, Stuttgart 1996. Abb3.30, S.85 B-26.31a+b Häusinger, K.: Epidemiologie des Bronchialkarzinoms. In: Der bayerische Internist 3/98, S.152-157 B-26.31c Harte, W. / Weidringer, J.W.: Bronchialkarzinom – Interdisziplinäre Aspekte zu Diagnose und Therapie. Demeter Verlag, 1989. Abb.3, S.16 B-26.34 Drings, Peter / Vogt-Moykopf, Ingolf: Thoraxtumoren. Springer, Heidelberg 1998 2. Aufl. S.107 B-27.11 Niethard, Fritz U. / Pfeil, Joachim: Orthopädie. Hippokrates, Stuttgart 1997. Syn. 525, S.525 B-27.26 van der Zypen, E.: Die Faszienlogen der Extremitäten, in: Sandorama. Das ärztliche Panorama. Sandoz, Nürnberg 2/1985. Abb.12, S.24 B-27.30 Niethard / Pfeil, Syn. A-2.9, S.32 B-27.32 Niethard / Pfeil, Syn. B-4.1, S.181 B-27.42 Niethard / Pfeil, Syn. B-5.5, S.228 B-27.44 Niethard / Pfeil, Syn. C-4.3, S.394 B-27.47 Thelen, M. / Ritter, G. / Bücheler E.: Radiologische Diagnostik der Verletzungen von Knochen und Gelenken. Thieme, Stuttgart 1993. Abb. 2.2 a+b, S.13 B-27.53 Thelen Abb.34b, S.292 B-27.54 Niethard / Pfeil, Syn. C-4.5, S.407 B-27.59 nach: Habermeyer, Peter / Schweiberer, Leonhard: Schulterchirurgie. 2. Aufl. Urban + Schwarzenberg, München 1996. B-27.61 nach: Siewert, J. Rüdiger (hrsg.): Chirurgie, Springer, Heidelberg 1998. 6. Aufl. Abb38.46, 38.47, S.829 B-27.88 nach: Siewert Abb.38.109, S.885 B-27.89 nach: Siewert Abb.38.110, S.885 B-27.107 Niethard / Pfeil, Syn.A-2.4, S.25 B-27.109 Berchtold, Rudolf u.a. (hrsg.): Chirurgie. Urban + Schwarzenberg, München 1994. Abb.30-85, S.397 B-27.113 Niethard / Pfeil, Syn.C-8.22, S.485 B-27.123 Niethard / Pfeil, Syn.C-9.10, S.510
1498 B-27.127 a-c Niethard / Pfeil, Syn.C-9.7, S.508 B-27.140 Niethard / Pfeil, Syn.C-10.4, S.522 B-27.141 nach: Siewert, Abb38.10238.105, S.878 B-27.155 Schulte am Esch, Abb.8.1, S.292 B-28.1 Niethard / Pfeil, Syn.C-6.12, S.443 B-28.13 Schmidt, Hans-Martin / Lanz, Ulrich: Chirurgische Anatomie der Hand, Hippokrates, Stuttgart 1992. Abb.166, S.194 B-28.22 Niethard / Pfeil, Syn.C-6.5, S.432; Syn.C-6.6, S.434; Syn.C-6.8, S.436
Quellen
B-28.36 Niethard / Pfeil, Abb. C-6.1b, S.420 B-29.11 nach: McGregor: Plastische Chirurgie, Grundlagen und klinische Anwendungen. 1992. 2. Aufl. Abb.4.15, S.117 B-31.4 Masuhr, Karl F. / Neumann, Marianne: Neurologie. Hippokrates, Stuttgart 1998. 4. Aufl. Syn.20, S.58. B-31.7 Masuhr / Neumann, Syn.55, S.115 B-31.8 Masuhr / Neumann, Syn.63, S.127 B-31.12 nach: Todorow, N / Oldenkott, P: Praktische Hirntraumatologie, Deutscher Ärzteverlag, Köln, 1998. Abb.17, S.76
B-31.23 nach: Todorow / Oldenkott, Abb.28, S.137 B-31.32 Niethard / Pfeil, Syn.B-8.13, S.294 B-31.49 Masuhr / Neumann, Syn.76, S.165 B-31.74 Masuhr / Neumann, Syn.126 ac, S.417 B-31.75 nach: Masuhr / Neumann, Syn.127, S.418 B-31.80 nach: Masuhr / Neumann, Syn.128, S.419
Sachverzeichnis
1499
Sachverzeichnis (Hauptfundstellen halbfett)
A AAI-Schrittmacher 993 ABC, Notfalluntersuchung 1372 Abciximab 173 Abdomen – akutes s. Akutes Abdomen – Auskultation 198 – Exploration, posttraumatische 311 – Palpation 197 f – Quadrantenschema 196 f – Sonographie – – Kokardenphänomen 848 – – posttraumatische 1179 Abdomenübersichtsaufnahme 187, 199 – Dickdarmuntersuchung 393 – Gallenwegsdiagnostik 472 – Magendiagnostik 317 f – Magenperforationsnachweis 341 – Milzuntersuchung 578 – Retroperitoneumdarstellung 707 Abdominalorganprolaps 216 Abdominalorganverlagerung, intrathorakale 825 f Abdominalorganverletzung – Polytrauma 1246 – Rippenfraktur 1056 Abdominalschmerzen s. Bauchschmerzen Abdominaltrauma – Polytrauma 1244 – stumpfes 710 AB0-Kompatibilität, Organspende 775, 778 Ablederung 6, 10 Abrissfraktur 1067 f Abscherfraktur 1068 Abscherung 1099 AB0-System 115 f Abszess 35, 1287 – anorektaler 452 f – epiduraler – – intrakranieller 1435 – – spinaler 1435 – Erregerisolierung 30 – Infektionsausbreitung 29 – intraabdomineller 210 f, 396, 630 – – Pleuraempyem 1021 – intrahepatischer s. Leberabszess – im kleinen Becken 387, 628 – odontogener 1321 f – periproktitischer 453 – perityphlitischer 385, 387, 628 – posttraumatischer 1107 – Pyodermia fistulans sinifica 455 – retroperitonealer 709 f
– subhepatischer 35, 191 f – – postoperativer 530 – subperiostaler 1105 f – subphrenischer 191 f, 530 Abszessdränage 30, 35, 710 Abszesse – intrahepatische, disseminierte 484 – perianale 404 Abszessentdeckelung, lanzettförmige 452 Abszessevakuation, radiologisch invasive 581 Abwehrspannung, abdominelle 210, 382 Acetylcholinesterasebestimmung, Rektumschleimhautbiopsat 850 Acetylcholinrezeptordefekt 1027 Acetylsalicylsäure 154, 171 ff, 881 – Antagonisierung 173 – Bronchospasmus 172 – nach Fibrinolysetherapie 171 – Magenschleimhautschädigung 315 – Tumorschmerztherapie 254 – Ulkusentstehung 329 AC-Gelenk s. Akromioklavikulargelenk Achalasie 282 f, 594 – krikopharyngeale 282 – Myotomie, laparoskopische 639 – Röntgenbefund 278 Achenbach-Syndrom 893 Achillessehnenausriss, knöcherner 1114 Achillessehnen-Durchflechtungsnaht 1225 Achillessehnenreflex, negativer 1224 Achillessehnenruptur 1224 f – Thompson-Test 1223 f Achillodynie 1114 Achlorhydrie 326 Aciclovir 801 Acquired immune deficiency syndrome s. AIDS ACTH (adrenokortikotropes Hormon) 691 ff ACTH-Sekretion – Corticotropin-releasing-hormone-Test 695 – Dexamethasoneinfluss 694 – ektope 694 f – paraneoplastische 695 ACTH-Überproduktion 693, 698 Actinomycesdruse 1324 ACVB (aortokoronarer Venenbypass) 990 f Acylaminopenicilline 59 f von-Adamkiewicz-Arterie 921, 998 Adams-Stokes-Anfall 992
ADCC (antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität) 244 f Addison, Morbus 699 f Addison-Krise 93, 699 f Additionsalkalose 104 Adduktoren-outlet-Syndrom 896 Adenokarzinoid-Tumor 389 Adenokarzinom – anales 460 – Appendix 389 Adenom 407 f, 621 – hepatozelluläres 518 f – – Szintigramm 519 Adenom-Karzinom-Sequenz 409 Aderhautangiom 1465 Aderlass 881 ADH (antidiuretisches Hormon) 99 Adhäsiolyse, laparoskopische 632 f Adhäsionen 832 f Adhäsionsmoleküle 247 Adrenalektomie 695, 699 – Hyperaldosteronismus 697 f – Inzidentalom 706 – minimal-invasive 637 f Adrenalin 78, 90, 701 f Adrenalininjektion – Blutstillung, endoskopische 603 f – Blutungsprophylaxe bei Polypektomie 619 Adrenogenitales Syndrom 698 f, 701 Adrenokortikotropes Hormon s. ACTH Adrenostatika 696 Adson-Test 901 Adult respiratory distress syndrome (ARDS) 73 f Adventitia 873 Adventitiadegeneration, zystische 894 Aerobilie 472 Afterload 92, 952 Afterloadingtherapie 495 Aganglionose 849 f AGS (adrenogenitales Syndrom) 698 f, 701 AGW (Atemgrenzwert) 1008 AICD (automatischer implantierbarer Kardioverter-Defibrillator) 993 AIDS (acquired immune deficiency syndrome) 48 ff – Kaposi-Sarkom 927 – Proktitis 457 AIDS-related complex 49 Aitken-Einteilung, Epiphysenfugenverletzung 1074 f Akromegalie 1416 Akromioklavikulargelenk 1115 – Luxation 1116, 1120 ff – Subluxation 1120, 1122
Akromion 1116, 1129 f Akromionfraktur 1122 f Akrozyanose 893 Aktinomykose 45 f, 1040 – zervikofaziale 1323 f Akustikusneurinom 1413 Akutes Abdomen 195 ff, 329 – – Gallensteinileus 483 Akzessoriusparese 1346 Ala-Aufnahme 1182 ff, 1189 Albendazol 54 Albumin 122 f Albumininfusion 545 Albuminkonzentration im Serum 520, 536 Aldosteron 691 Aldosteronaktivität im Serum 697 Aldosteronantagonist 543 f, 698 Aldosteronom 696 Aldosteronproduktion, autonome 696 Aldosteronsekretion, perioperative 107 Aldosteronüberproduktion s. Hyperaldosteronismus Algodystrophie s. SudeckDystrophie Alkalose 103 ff – hypochlorämische, Säugling 844 – hypokaliämische 694, 702 – metabolische 104 ff, 110 – respiratorische 106 ff, 1009 Alkoholinstillation, perkutane, Nebenschilddrüsenadenom 690 Alkylanzien 250 Allen-Test 876 f Allergische Reaktion, antibiotikumbedingte 65 Allgöwer-Rückstichnaht 22 Alloantikörper, Transfusionsreaktion 124 Allopurinol 787 Altersappendizitis 386 Altersemphysem 1035 Aluminium-Magnesium-Antazida 356 Amastie 716 Amaurose, einseitige 1473 Amaurosis fugax 889, 902 Ameloblastom 1328 Amine 27 f Aminobenzylpenicilline 60 Aminoglutethimid 696 Aminoglykoside 60 f Aminopenicilline 59 f 5-Amino-Salicylsäure 369, 401 Aminosäuren 133 f Amnion, Peritonealersatz 830 Amöbenabszess, hepatischer 516 Amöbiasis 55 Amoxicillin 59, 335 Amphotericin B 56, 67 f
1500 Amputation 886 f – operative 11, 13, 17 – – Fistelkarzinom 1108 – – Gangrän, feuchte 38 – – Handverletzung 1263 f – – Weichteilsarkom 771 – Phlegmasia coerulea dolens 938 – traumatische 6, 10, 1076 f – – Replantation 1265 f – – subtotale 1265 Amputationshöhe 887 Amputatkühlung 1265 Amputattransport 1265 AMV (Atemminutenvolumen) 1008 Amylasekonzentration 554 Amyloidose 1108 Analabszess 449, 451, 452 f Analatresie 838 ff Analdehnerbehandlung 441, 448 Analekzem 458 Analfibrom 445 Analfissur 439, 447 ff – AIDS 50 – chronische 445, 448 f Analfistel 439, 449 ff – atypische 450 – inkomplette 449 – komplette 449 – transsphinktäre 450 f Analgesie 78, 83, 92 – Algodystrophie 1294 – Verbrennungspatient 227 – bei Hirndrucksteigerung 1370 Analkanal 433 – Aganglionose 849 Analkanaltumor 439 Analkarzinom 447, 458, 460 f Analkryptitis 439, 447 – chronische 453 Analneurose 439, 466 f Analpapille, hypertrophe 445 Analpapillitis 439, 447 Analpolyp 445 Analprolaps 458 f Analrandkarzinom 460 Analsphinkterinsuffizienz 463 f Analsphinktermanometrie 435 Analsphinktersklerose 439 f Analsphinktertonus, erhöhter 447 Anämie 365, 367 – hämolytische 585 – perniziöse 327 Anamnese 175 ff – persönliche 179 – nach Unfall 1092 Anaphylaktisch-anaphylaktoide Reaktion 88 ff – – auslösende Agenzien 89 – – dextraninduzierte 114 – – Granulozytenpräparatbedingte 121 – – Stadien 90 Anästhesie, Handoperation 1254 ff Anastomose
Sachverzeichnis
– aortopulmonale 979 – biliodigestive 351, 490, 497, 501 ff – – Neugeborenes 830 – ileorektale 402, 404, 423 – kollare 299 – koloanale 417 – lymphovenöse 944 – portokavale 275 Anastomoseninsuffizienz 302, 349, 379 Anastomosenstenose 302, 349 Anastomosenstriktur 403 Ancrod 168 Anderson-D’Alonzo-Einteilung, Densfraktur 1161 f Androgensekretion, erhöhte 698 Anenzephalus 1447 Aneurysma 1455 – arterielles 915 ff – – kongenitales 915 – arteriovenöses, pulmonales 1031 f – dissecans 915 f, 996 ff – falsum 921, 996 f – fusiformes 1455 – inguinales 920 f – intrakranielles 902, 1454 ff – – Angiographie 1459 f – – Lokalsymptome 1456 – – paralytisches 1456 – – teilthrombosiertes 1457 – mykotisches 916 – – intrakranielles 1455 – peripheres 920 f – Ruptur 916, 997 f – sackförmiges 1455 – spurium 914, 921 – syphilitisches 916 – traumatisches 913 f, 916, 997 – verum 996 f Angelchick-Prothese 287 Angina – intestinalis, chronische 907 f – mesenteriale 375 – pectoris – – Aortenstenose, kongenitale 962 – – Herzklappenstenose, erworbene 984 – – NYHA-Klassifikation 988 f Angiodysplasie 192, 426 f, 925 ff Angiogenese 246, 248 Angiogeneseinhibitor 257 Angiographie 879 f, 896 – Blutungsquellennachweis 192 f – Handgefäße 1252 – Indikationsstellung 881 – bei Rippenfraktur 1056 – superselektive 192 f – supraaortale 904 – zerebrale 1363, 1471, 1474 – – Aneurysmanachweis 1459 f Angioleiomyosarkom 926 Angiom 925 f
– arteriovenöses, intrakranielles 1462 ff – retinales 1415 Angiomyoneurom 925 Angioplastie, perkutane transluminale 169, 882, 898 Angiotensin 100 ANH (atriales natriuretisches Hormon) 100 Anionen 96 Anisokorie 1356 Anodermverlust 463 f Anorektalwinkelverlust 463 f Anorexie-Kachexie-Syndrom, tumorbedingtes 236 f Anoskopie 393 Anosmie 1346 Anoxämiezeit 1265 Anpralltrauma 1201 Anprellverletzung 1198 Antazida 287, 289, 334, 344, 356 Anthelixplastik 1318 Anthrax 47 f Antibiotika 59 ff – antineoplastische 250 – Erregerresistenz 63 – Synergismus 64 – Wirkungsspektrum 60, 62 Antibiotikaprophylaxe 31, 66 – Herztransplantation 811 – Indikation 66 – kurzzeitige 26 Antibiotikatherapie 31, 34 f, 37, 63 ff, 87 – Dauer 64 – gezielte 64 – kalkulierte 64 – Nebenwirkung 64 f – Verbrennungspatient 233 Anticholinergika, magenselektive 334 f Antidiuretisches Hormon (ADH) 99 Antifibrinolytika 172 Antigen – karzinoembryonales 241, 414, 537 – prostataspezifisches 241 – tumorassoziiertes 241 Antigenmodulation, Tumorzellen 246 Antigenpräsentation 244 f, 781 Antikoagulanzien, Wundheilungsbeeinflussung 15 Antikoagulation 881, 891 – bei Kunststoff-Herzklappenprothese 986 – orale 151, 159, 166 ff Antikörper 781 – antilymphozytäre 811 – monoklonale 785, 800 – – Tumorbehandlung 256 Antilymphozytenglobulin 805, 807 Antimetabolite 250 Antimykotika 66 ff Antiöstrogene 251 Antiphlogistika, Wundheilungsbeeinflussung 15
Antirefluxchirurgie, laparoskopische 633 Antirefluxplastik 866 Antirejektionstherapie 785 Antisepsis 23 ff Antithrombin III 123, 145 – Abfall 86 Antithrombin-III-Gabe 88 Antithrombin-III-Mangel 907 Antithrombin-III-Substitution 150, 152, 154, 172 Anti-Trendelenburg-Lagerung 937 a1-Antitrypsin-Mangel 1035 Antituberkulostatika 44 Antrektomie 337 f Antrumgastritis 326 Anulus fibrosus 1158 Anus praeter 183 – – endständiger 417 – – sigmoideus, temporärer 456 ANV (akutes Nierenversagen) 74, 138 AO-Klassifikation – Azetabulumfraktur 1182 – Beckenringfraktur 1173 f – Begleitverletzung bei Fraktur 1077 – Femurfraktur, pertrochantäre 1194 f – Femurschaftfraktur 1198 – Halswirbelsäulenverletzung 1164 – Humerusfraktur 1134, 1138 – Tibiakopffraktur 1215 – Typ A/B/C-Fraktur 1070 ff – Unterarmschaftfraktur 1150 – Unterschenkelfraktur, distale 1221 – Unterschenkelschaftfraktur 1218 Aorta – descendens, thorakale, Eingriff 950 – Gefäßprothesenimplantation 998 – rechtsseitig deszendierende 958 f – thorakale – – Dezelerationstrauma 915 – – Dissektion 997 – überreitende 976 Aorta-abdominalis-Verschluss, infrarenaler 890 Aortenaneurysma 213, 216, 916 f – abdominelles 918 – – infrarenales 879 f, 917 f – Computertomographie 878 – disseziierendes 996 ff – gedeckt perforiertes 918 – Komplikation 921 – Resektion 919 – thorakales 915, 996 ff – – Ruptur 997 – – traumatisch bedingtes 997 Aortenaneurysmaruptur 710, 917 Aortenbifurkationsverschluss 890
Sachverzeichnis
Aortenbogen – doppelter 958 f – unterbrochener 959 f Aortenbogenanomalie 958 f Aortendilatation, poststenotische 961 Aortendissektion 888, 997 f – akute 998 – thorako-abdominelle 917, 920 Aortendrucksenkung, Ballongegenpulsation 952 f Aortenersatz 884 – thorako-abdomineller 917 Aortenfehlbildung, kongenitale 955 ff Aortenisthmusstenose 947 f, 955 ff – Kollateralkreislauf 956 – plastische Erweiterung 957 f – postduktale 955 f – präduktale 955 f – Resektion 957 f Aortenklappeninsuffizienz 952, 985 Aortenklappenrekonstruktion, plastische 986 Aortenklappenstenose 985 – kongenitale 961 – rheumatische 984 Aortenprothesenimplantation, Fehler 898 Aortenstenose – kongenitale 959 ff – subvalvuläre 959 ff – – mebranöse 961 f – supravalvuläre 959 f, 962 – valvuläre s. Aortenklappenstenose Aortenverschluss, infrarenaler 898 AP (alkalische Phosphatase) 478, 508, 685 APACHE-Score 210 Apallisches Syndrom 1355, 1380 APC-Gen 422 f APC-Resistenz 157 Aphasie 1463, 1467 Apley-Grinding-Test 1208 f Apnoetest 1358 Apophysenausriss 1073 Apoplex 889 – intraoperativer 905 – ischämischer 901, 903 – bei Karotisangiographie 904 – Prodromi 902 Apoptose 246 Appendektomie 384 – laparoskopische 623, 628 ff Appendikopathie, neurogene 387 Appendix, Lagevarianten 381, 385 Appendixbasisperforation 628 Appendixgangrän 381 Appendixkarzinoid 388 Appendixkarzinom 389, 628
Appendixperforation 381, 387, 628 Appendixstumpfverschluss, Insuffizienz 630 Appendixzystadenokarzinom, muzinöses 388 f Appendizitis 381 ff, 628 – akute 498 – atypische 385 ff – chronische 387 – Crohn 386 – gangränöse 50 – unter Immunsuppression 386 – Kleinkind 385 – Schwangerschaft 386 Apprehension-Test 1117 f Aprotinin 172 APUDom, pulmonales 1053 Aquaeductus cerebri 1352 f – – Stenose 1436 Arachidonsäuremetaboliten 71, 73 Arbeitszeichen, Hand 1249 ARDS (adult respiratory distress syndrome) 73 f Argonbeamer 592, 594 – Blutstillung, endoskopische 605 Argon-Laser, Besenreiservarizenverödung 933 A1-Ringband-Spaltung 1289 Arkaden, pankreatikoduodenale 906 – – Verschluss 909 Arlt-Humeruskopfreposition 1128 Armamputation, traumatische 1076 Armlängenmessung 1094 Armplexus, Tumorummauerung 1047 Armplexusanästhesie, Algodystrophie 1295 Armpseudoparalyse 1117, 1130, 1145 Arnold-Chiari-Syndrom 1436, 1450 f Arrhythmie, kardiale 310 – – absolute 876 – – tachykarde 995 Arteria(-ae) – basilaris 1347 f – brachialis – – Verletzung – – – Humerusfraktur, distale 1138 f – – – indirekte 913 – carotis – – communis 643, 1346 – – – Stenose, proximale 906 – – externa 1346 f – – interna 1346 f – – – Abschnittsresektion 903 – – – Coiling 902 f – – – Kinking 902 f – cerebri – – anterior 1347 f – – media 1347 f – – – Aneurysma 1456, 1465 f – circumflexa – – femoris 1188f
– – humeri 1132, 1134 – communicans posterior 1347 f – coronaria 988 – cystica 470 – dorsalis pedis, Hautlappen 1307 – femoralis superficialis – – – Thrombose 896 – – – Trauma, indirektes 913 – – – Verschluss 885, 898 – gatricae 313 f – – breves 573 – gastroduodenalis 313 f – – Verweilkatheter 526 – gastroepiploica 313 f, 573 – hepatica 505 – iliaca – – communis – – – Abgangsverschluss 890 – – – Aneurysma 916 – – interna, Läsion 1184 – intercostales posteriores 713 f – ligamenti capitis femoris 1188 f – lusoria 958 f – mammaria interna 713 f, 1001 – – – Bypass, aortokoronarer 991 – meningea media, Verletzung 1392 – mesenterica superior 547 – – – Verschluss, akuter 906 ff – pancreaticoduodenalis 314 – poplitea – – Aneurysma 920 – – Kompression 896 – – Stenose 894 – – Veneninterponat 920 – – Verletzung 1201 f, 1206 – – – indirekte 913 – – Verschluss 897 – profunda femoris, Thrombendarteriektomie 898 – pulmonalis 1002 – – Dilatation, poststenotische 963, 965 – radialis – – Unterarmlappen 1308 – – Verletzung, Humerusfraktur 1139 – radicularis magna 921 – splenica 573 – subclavia – – Dezelerationstrauma 914 f – – Stenose 901, 906 – supraduodenalis 314 – thoracica – – interna 713 f, 991, 1001 – – lateralis 713 – thoracodorsalis, Latissimusdorsi-Lappen 1309 – thyreoidea – – ima 656 – – inferior 656 – – superior 655 f, 679 – vertebralis 1347 f – – Abgangsstenose 880 – – Fluss, retrograder 905
1501 Arteria-carotis-externainterna-Anastomose, intrakranielle 905 Arteria-carotis-Sinus-cavernosus-Fistel 1349, 1465 Arterie s. auch Gefäß Arterielle Verschlusskrankheit 873 ff, 894 ff – – zerebrale 1473 ff Arterien, hirnversorgende 1346 f – – arterielle Verschlusskrankheit 1473 ff Arterienäste, supraaortale, Freilegung 906 Arterienauskultation 875 f Arteriendurchtrennung 912 f Arteriennaht 913 Arterienpulspalpation 874 f Arterienverletzung 912 ff Arterienverschluss 157 f, 874 – akuter 888 ff – – peripherer 889 ff, 891 – biiliakaler 898 Arterienverschlussprozess, chronischer – – peripherer 893 ff – – supraaortaler 901 ff Arterienwand 873 Arterienwandzerquetschung 913 Arteriitis temporalis 894 Arteriographie 158 Arteriosklerose 873 f, 893 – koronare 988 – Risikofaktoren 893 Arthritis, rheumatoide 1109 Arthrodese 1110 Arthroskopie – Handgelenk 1251 – Kniegelenk 1205, 1208 – Schultergelenk 1128 Arzneimittelulkus 328 f Arzt-Patienten-Interaktion 261 ASA-Klassifikation, Morbidität 182 Ascaris lumbricoides 55 ASD s. Vorhofseptumdefekt Asepsis 23 ff Askaridenileus 55 Askaridiasis 55 Aspergillus-Infektion 56, 67 f, 1039 f Aspiration – Ösophagusatresie 280 – Pylorusstenose 320 – Schädel-Hirn-Trauma 1374 – bei Sondenernährung 141 Aspirationszytologie, Schilddrüsenknoten 672 ASS s. Acetylsalicylsäure Assistierte Zirkulation 952 Ästhesioneuroblastom 1494 Astrozytom 1407 ff – Chemotherapie 1433 – malignes 1409 Aszendo-Deszendostomie 300 Aszites 102, 521, 534 ff, 560, 631, 798 – diuretikarefraktärer 543 ff
1502 – entzündlicher 537 – maligner 388 – massiver 545 – Nachweis 536 – pankreatogener 565 – rezidivierender 543 ff – Therapie 543 ff – Untersuchung 537 Aszitesinfektion 534 Aszitespunktion – diagnostische 537 – therapeutische 545 Ataxie 1352 Atembewegung, paradoxe 827 Atemgeräusch – abgeschwächtes 1018, 1060 – fehlendes 1033 Atemgrenzwert 1008 Atemminutenvolumen 1008 Atemstörung 1373 f Atemtherapie bei Lungenkontusion 1058 Atemzugvolumen 1007 Athelie 716 Atherom, infiziertes 652 Äthoxysklerol – Blutstillung, endoskopische 603 – Blutungsprophylaxe bei Polypektomie 619 Äthylenoxydsterilisation 24 Atlas 1157 –Berstungsfraktur 1160 – Fraktur 1160 f Atmung 1006 ff – paradoxe 1017, 1056 Atmungspause, apnoische 1373 Atresie – anorektale 838 ff – biliäre 473 Atriales natriuretisches Hormon (ANH) 100 Atrioseptostomie, palliative 969, 974 f Atrium commune 966 Atrophie blanche 931 Aufklärung 184 Aufklärungsgespräch 268 Aufklärungspflicht, ärztliche 267 ff Augenbewegung 1355 Augenfundus, Candida-Infektion 56 Augenmuskelparese 905 – Subarachnoidalblutung 1457 Augmentationsplastik, weibliche Brust 1313 Ausbruchfragment – epimetaphysäres 1074 – metaphysäres 1074 Ausflussbahn – linksventrikuläre, Stenose s. Aortenstenose – rechtsventrikuläre – – Erweiterungsplastik, transanuläre 979 – – Obstruktion 963 f, 976 f Aushülsungsverletzung 10
Sachverzeichnis
Außenknöchelfraktur 1228 Außenknöchelsupinationsbruch 1067 Außenmeniskus 1207 Auswickeln des Armes 1253 Auswurffraktion, linksventrikuläre, Ventrikelaneurysma 991 Autoantikörper – gegen mikrosomales Antigen 665, 672 – gegen Schilddrüsengewebe 662, 672 – gegen TSH-Rezeptor 662, 672 Autoantikörperanalyse 664 Autoimmunhyperthyreose 658 Autoimmunthyreoiditis 672 Automatismen, spinale 1399 Autoregulation – Milz 576 – zerebrale 1366 Autotransfusion, maschinelle 128 – – Tumorpatient 130 Autotransplantation, Nebenschilddrüsengewebe 682, 688 f AVK s. Arterielle Verschlusskrankheit AV-Kanal – gemeinsamer, partieller 966 f – kompletter 966 f Axial pattern flap 1263, 1307, 1311 f Axilla – Ausräumung 736 – Begrenzung 1116 Axillarlinien 1001 Axillar-Subklavia-Venenthrombose 159 Axis 1157 Axonotmesis 1277, 1492 Azathioprin 401, 782, 787, 800, 805, 811 Azetabulumabscherfraktur 1068 Azetabulumfraktur 1181 ff, 1198 – Begleitverletzung 1184 – Röntgendiagnostik 1182 f Azetabulumpfeiler 1181 f Azetylsalizylsäure s. Acetylsalicylsäure Azidose 103 ff – metabolische 78, 92, 104, 106 ff, 110, 680 f – respiratorische 105 ff,1008 f Azole 67 f
B Babcock-Sonde 933 Babyskop 611 Bacillus-Calmette-Guérin-Impfung 44 Baclofentherapie, intrathekale 1475
Bacterium anthracis 47 Bacteroides fragilis 59 Bagatelltrauma, Thromboseprophylaxe 160 Bagatellverletzung, Tetanusinfektion 18 Bahnen, motorische 1349 Bajonett-Stellung 1153 f Baker-Zyste 1102 f Bakterientranslokation 75 Bakteriurie 32 f Balanitis 868 Ballondilatation, Koronararterie 989 f Ballongegenpulsation, intraaortale 952 f Ballonpumpe, intraaortale 808 Ballonsonde 321 f Ballontamponade 539, 542 Ballonvalvuloplastie 964 Bandapparat, fibularer – – Ruptur, komplette 1227 – – Verletzung 1226 Bandausriss 1099 – Fingergelenk 1281 – knöcherner 1073 Bänder, glenohumerale 1124 f Banding – pulmonales 976, 981 – Varizen 543 Bandruptur 1100 f Bandscheibe 1158 Bandscheibenmassenprolaps, lumbaler 1489 Bandscheibenschädigung 1480 – Stadien 1487 Bandscheibenvorfall 1481 ff – dorsolateraler 1481 – lateraler 1481 f – lumbaler 1482, 1487 ff – – Operationsindikation 1490 – – sequestrierter 1489 – medialer 1481 f, 1487 – thorakaler 1482 – zervikaler 1482 ff – – Operationsindikation 1485 Bandverletzung, Schweregrade 1101 Bandzerrung 1100 f Bankart-Läsion 1126 ff BAO (Basal acid output) 319 Bariumdünndarmpassage, selektive 369 Bariumperitonitis 199 Bariumsulfat 190, 277 Barrett-Karzinom 289 Barrett-Ösophagus 288 f Barrier breakers 315, 329 Basal acid output (BAO) 319 Basaliom 1331 Basalzell-Nävus-Syndrom 243 Base excess 1007 Basedow, Morbus 658, 662, 664 Basendefizit 103 ff Basenüberschuss 103 ff Basiliximab 782
Basiscephalosporine 60 f, 66 Basisflüssigkeitsbedarf 108 Basisimmunsuppression 785, 811, 817 Basiswinkel 1445 Bassini-Leistenhernienoperation 756, 758 Bassi-Perforans 932 Batroxobin 168 Bauchaortenaneurysma 918 – infrarenales 879 f, 917 f Bauchdeckenabszess 387, 630 Bauchdeckenkontusion 217 Bauchdeckenverschluss, temporärer 556 Bauchhoden 870 Bauchnarbenbruch 205 Bauchschmerzen 188, 196 – chronische, Säugling 856 – kolikartige, Kind 863 – – Säugling 848 – periumbilikale 196 f – postprandiale 907 – Zuordnung 196 f Bauchspeicheldrüse s. Pankreas Bauchverletzung – perforierende 215 f, 376 – stumpfe 8, 214 f, 309, 375 – – Leberparenchymberstung 527 – – Milzruptur 581 ff Bauchwanddefekt, Zoneneinteilung 1312 Bauchwandhernie 535 Bauchwandrekonstruktion 1312 f Bauchwandverschluss, angeboren unvollständiger 829 Bayliss-Effekt 901 BCG-Impfung 44 Beatmung 87 – mit endexspiratorischem Überdruck 1057 f – Hirndrucksenkung 1370 – kontrollierte 83, 93 – künstliche 105 f Beatmungspflicht 1009 Beckenappendizitis 385 Beckenarterienverschluss 896, 898 Becken-Bein-Phlebographie, aszendierende 935 Becken-Beinvenenthrombose 934 ff Beckenbodeninsuffizienz 460, 635 – Inkontinenz 463 f Beckenbodenmuskulatur, Endosonographie 434 f Beckenbodenmuskulaturschwäche, Defäkographie 437 Beckenbodenplastik, laparoskopische 635 f Beckenbodenraffung, perineale 636 Beckenfraktur 1173 ff – Begleitverletzung 1175 f, 1180 – instabile 1174 f, 1179 f – Randfraktur 1174
Sachverzeichnis
– Röntgendiagnostik 1176, 1178 – stabile 1173 f, 1179 Beckenring 1173 – Fraktur 1173 ff – Instabilität 1174 ff, 1179 – Stabilität 1173 Becken-Röntgenaufnahme 1176, 1178 Beckenvenenrekonstruktion 941 Beckenvenenthrombose – Lysetherapie 936 – Progression, proximale 939 – Thrombektomie 935, 937 Beckenverletzung – Blutverlust 1245 – komplexe 1180 f – Maßnahmen, präklinische 1245 – Polytrauma 1245 Beckenzwinge 1180 f Begleitpankreatitis 341 Begutachtung 273 f Beinlängenmessung 1094 Beinödem, chronisches 941 Beinumfangsmessung 928 Beinvenen – oberflächliche 927 – tiefe 927 – – Druckpunkte 934 f – – Verletzung bei Varizenstripping 934 Beinvenenthrombose, tiefe 156, 158 f, 931, 934 ff – – Fibrinolysetherapie 169 f – – foudroyante 938 – – Früherkennung 934 – – Katheterthrombolyse, direkte 935 f – – postoperative 934 – – Thrombektomie 935, 937 Beinverkürzung 1186 – Femurfraktur – – distale 1201 – – pertrochantäre 1194 – Schenkelhalsfraktur 1191 ff Belastungsdyspnoe 963 Belastungs-EKG 947 Belegzellen 313, 315 Bennett-Luxationsfraktur 1281 Benzylpenicilline 59 f Berner Konzept, Blutkomponententherapie 112 Berstungsfraktur – Atlas 1160 – Schädelbasis 1386 – Schädelkalotte 1382 f Berufshaftpflichtversicherung 269 Berufsunfähigkeit 273 Beschwerden 259 Besenreiservarizen 931 f Bestrahlung, fraktionierte 252 Beugesehnendurchtrennung 1267 f Beugesehnennaht 1268 – sekundäre 1270 Beugesehnenphlegmone 37
Beugesehnenverletzung 1266 ff – Nachbehandlung 1269 – Niemandsland 1267 Bewegung, assistierte 1258 Bewegungsausmaß 1092 f Bewegungssegment 1157, 1480 f – zervikales, Verblockung 1487 Bewegungstherapie nach Handoperation 1258 Bewusstlosigkeit 1376 – anaphylaktisch-anaphylaktoide Reaktion 89 – Hämatom, intrazerebrales 1394 – Schädel-Hirn-Trauma 1376 Bewusstseinsstörung 1353 f, 1376 f – Epiduralhämatom 1393 – Hämatom, intrazerebrales, spontanes 1467 – posttraumatische 1390 – Schädel-Hirn-Trauma 1375 ff – schockbedingte 75 Bezoar 324 f, 591 Bezugsdimension 262 BG-Verbrennungsbogen 223 f BHS (Bulbärhirnsyndrom) 1378 Biegungsbruch 1065, 1067 – metaphysärer, Unterarm 1155 – Schädelbasis 1386 Bifurcatio tracheae 1002 Bilirubin 476, 520, 536 – direktes, erhöhtes 478 – unkonjugiertes 479 Bilirubin-Pigmentstein 479 Bilirubinstoffwechselstörung, angeborene 477 Billroth-II-Magen, Umwandlung in Billroth-I-Magen 352, 354 Billroth-I-Resektion 338, 341, 347 Billroth-II-Resektion 338 f, 347 Bilobed flap 1311 Bilobektomie, pulmonale 1048 Bimastoidlinie 1445 Biofeedback-Behandlung 465 Bioprothese, Herzklappenersatz 986 f Biopsie – endomyokardiale, Transplantatabstoßungsdiagnostik 811 f – endoskopische 193 – gastroskopische 332 – offene, Mammaherd 727 Bishop-Koop-Enterostoma, Neugeborenes 842 Bissverletzung 9, 38, 52 Biventerlinie 1445 Bizepssehne 1125 – lange, Instabilität 1117 Bizepssehnenruptur 1130 ff Bizepssehnentendinitis 1130 f
Blalock-Taussig-Anastomose 978 Blase 7, 219, 228 Blasendachruptur 1177 Blasenentleerungsstörung, Bandscheibenvorfall 1487 Blasenlähmung, traumatisch bedingte 1399 Blasen-Mastdarm-Lähmung 1423 Blasenoxygenator 948 Blepharoplastik 1316 f Blickparese – horizontale 1468 – vertikale 1352, 1356 Blickrichtungsnystagmus 1468 Blickwendung, konjugierte 1355 Blind-loop-Syndrom 339 Blindsacksyndrom 361 Blinzelreflex 1356 Blitzschlag 12 Block – atrioventrikulärer 992 – sinuatrialer 992 b-Blocker 538, 542, 677 Blockwirbelbildung, zervikale 1446 Blow-out-Fraktur 1336 Blue-toe-Syndrom 893 Blumberg-Zeichen 382 f Blutabgang, peranaler 180 Blutaustritt, Mamille 721 Blutbestandteilkonservierung 117 f Blutbild, Antibiotikawirkung 65 Blutderivat, Kontamination, bakterielle 125 Blutdruck – Blutung, intrazerebrale 1471 – Subarachnoidalblutung 1462 Blutdruckamplitude, verminderte 76 Blutdruckanhebung, induzierte, nach Subarachnoidalblutung 1462 Blutdruckdifferenz zwischen oberer und unterer Körperhälfte 956 Blutdruckmessung, beidseitige, vergleichende 874 Bluterbrechen 178 ff, 538, 602 Blutfluidität 881 Blutfluss, zerebraler 1366 f – – Autoregulationsverlust 1369 f Blutgasanalyse 1007, 1058 Blutgerinnung 98, 143 ff BlutgerinnungsinhibitorenMangel 157 Blutgruppentestung 116 f Blut-Hirn-Schranke 1366 Blutkomponente – zellhaltige, Bestrahlung 124 – zelluläre, HIV-Übertragung 126
1503 Blutkomponententherapie 84, 110, 115 ff – Berner Konzept 112 – rechtliche Probleme 131 Blutkultur 30, 35, 63 Blutleere 20 – Handoperation 1253 Blutleiter, intrakranielle 1347 f Blutpumpe – extrakorporale, biventrikuläre 808 – Herz-Lungen-Maschine 948 Blutschwamm 926 Blutsperre 21 Blutstillung 82, 914 – endoskopische 321, 328, 342, 600 ff Blutströmungsverlangsamung, Thromboseentstehung 934 Bluttransfusion s. Transfusion Blutung – Acetylsalicylsäure-bedingte 172 – cumarinbedingte 151 – gastrointestinale 178 ff, 310 – – Angiodysplasie 925 – – Angiographie, superselektive 192 f – – nach Aortenprothesenimplantation 921 – – obere 601 ff – heparinbedingte 152, 163, 165 – hirudinbedingte 163, 166 – intraabdominelle 83 f, 212 f, 310, 583 – intrakranielle – – Angiom, arteriovenöses 1463 – – hypertensive 1466 f – intramedulläre 1400, 1402 – intramuskuläre, traumatisch bedingte 1110 – intraperitoneale 375, 519 – intraspinale 1400 – intrazerebrale 1465 – – postoperative 1343 – – Ventrikeleinbruch 1466, 1468 – bei laparoskopischer Adhäsiolyse 633 – peranale 434, 437, 439, 456 – rektale, Colitis ulcerosa 400 f – retroperitoneale 213, 710, 1175, 1178 – traumatisch bedingte 912 ff Blutungsaktivität 342 – Forrest-Klassifikation 603 Blutungsneigung 146 ff Blutungsnotfall 148 Blutungsprophylaxe, Polypektomie, endoskopische 619 Blutverlust – Abschätzung 81 f – Beckenverletzung 1245 – Fraktur, geschlossene 1244 – Schock 70, 79, 81 ff Blutviskosität 168 Blutvolumen 110
1504 Blutwärmegerät 118 Blutzellzerfall nach Massivtransfusion 126 f Blutzuckerschwankung 352 Bochdalek-Hernie 304 f, 825 f Bocksbeutelherz 983 Boerhaave-Syndrom 321, 1025 Bogen, schmerzhafter 1129 f Böhler-Grundsatz 1158 Böhler-Winkel 1234 f Böhler-Zeichen 1208 f Bolusverschluss, Ösophagus 291 Borrelieninfektion, Gelenkbeteiligung 1109 Borrmann-Klassifikation, Magenkarzinom 345 f Bougierung – Ösophagusatresie 821 – Ösophagusstenose 592 f Bowen, Morbus 458 Boyd-Perforans 932 Brachyösophagus 286 ff Brachyzephalus 1452 ff Bradyarrhythmia absoluta 992 Brandblasen 219, 228 Braun-Fußpunktanastomose 338 f , 350 BRCA (Breast cancer gene) 722, 743 Breast cancer gene 722, 743 Breitspektrumcephalosporine 60 f Brescio-Cimino-Fistel 924 f Bridenileus 188, 205 Brillenhämatom 1334 Brodie-Abszess 1103 Brodie-Trendelenburg-Test 928 Bromocriptin 1417 Bronchialadenom 1043 Bronchialendoprothese 1052 Bronchialfistel, persistierende 51 Bronchialkarzinom 1042 ff – Hirnmetastasen 1419 – kleinzelliges 1044 f, 1050 ff – kombinierte Therapie 1051 – Lokalisation 1045 – Metastasierung 1046 f – nicht kleinzelliges 1044 f, 1048, 1052 – Palliativmaßnahmen 1050 ff – WHO-Klassifikation 1044 Bronchiektasen 1036 f, 1042 f Bronchiolitis obliterans im Lungentransplantat 818 Bronchographie 1011 f Bronchoskopie 298, 1012 f – posttraumatische 1063 – Tumordiagnostik 1047 Bronchusfistel 1039 Bronchuskonstriktion 375 Bronchusruptur 1063 Bronchusstenose, posttuberkulöse 1040 Bronchusverletzung 1063 f Bronchuszyste 1029
Sachverzeichnis
Brown-Séquard-Syndrom 1351, 1423 Bruchpforte 745, 747 Bruchpfortenverschluss 756 f – minimal-invasiver 630 f Brückenkallus 1150, 1152 Brudzinski-Zeichen 1356 Brunner-Operation 1017 Brustdrüse (s. auch Mamma) 713 ff – Entzündung s. Mastitis – Fehlentwicklung 716 – Hyperplasie 717 – Kalkablagerung 720, 724 – Knotenbildung 717 – Metaplasie, apokrine 718 – Präkanzerose 728 f – Quadranten 722 – Tumorinfiltration 724 Brustschmerzen 717 Brustwandbruch 1018 Brustwarze s. Mamille Brustwirbelfraktur 1158, 1167 Brustwirbelsäule, Bewegungsumfang 1159 Bubble oxygenator 948 Bülau-Dränage 311, 1019 f, 1059 Bulbärhirnsyndrom 1378, 1468 Bulbus venae jugularis 1347 Bulbusmotilitätsstörung, posttraumatische 1334, 1336 Bulbusstellung 1355 Bulla, Lungenemphysem 1035 f Bunnell-Operation 1119 Burning-feet-Syndrom 893 Bursa – olecrani, prominente 1142 – subacromialis 1115 – subdeltoidea 1115 Bursitis 1114 f – olecrani 1115 Bypass 884 ff, 891 – aorto-femoraler 898 – – extraanatomischer 899 – aortokoronarer 990 f – axillo-bifemoraler 921 – extraanatomischer 898 f, 921, 941 f – extra-/intrakranieller 1474 – Extremität, untere 897 f – femorofemoraler 950 f – femoropoplitealer 885, 898, 920 – iliakofemoraler 899 – – suprapubischer 898 – popliteopoplitealer 920 – subklaviobifemoraler 899 – totaler 950 – venovenöser – – extraanatomischer 941 f – – extrakorporaler, Lebertransplantation 799
C CA-19-9 241, 414 Calcium gluconicum 98 Calot-Dreieck 627 f Cancer en curasse 724 Candida-Infektion 56, 67 f – katheterassoziierte 56 f CAPD (kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse) 790 Capillary leck s. Kapillarleck Capsula interna 1349 f Caput-Collum-DiaphysenWinkel 1188 Carbapeneme 60 f Carbimazol 677 Caroli-Syndrom 473 f, 476 Carotid-recovery-Phänomen 906 Carpentier-Ring 986 Cauda-equina-Kompression 1481 Cavitron Ultrasonic Aspirator 1343 CBF (zerebraler Blutfluss) 1366 f CCC (cholangiozelluläres Karzinom) 521 f CCD-Winkel (Caput-CollumDiaphysen-Winkel) 1188 CCPD (kontinuierliche zyklische Peritonealdialyse) 790 C2/C3-Spondylodese, ventrale 1163 f cDNA-microarray-chip-Technik 255 CEA (karzinoembryonales Antigen) 241, 414, 537 Celestin-Tubus 290, 302, 594 f Cephalosporine 60 f Cerclage, gedeckte, Unterschenkelschaftfraktur 1219 Chagas-Krankheit 283 Chaissaignac-Lähmung 1145 Chamberlain-Linie 1445 Charcot-Trias 488 Chemikalien, Tumorentstehung 242 Chemodektom 927, 1495 Chemoembolisation 525 f Chemotherapie 250 ff, 1432 f – adjuvante 252, 300 – lokoregionäre 525 f – neoadjuvante 252, 300, 773, 857 – palliative 255 Chenodesoxycholsäure 480 Cheyne-Stokes-Atmung 1373 Chiasmasyndrom 1416 Child-Pugh-Klassifikation 536 Chirurgie, ästhetische 1313 Chlamydia pneumoniae 34 Chlorid 99 Cholangiographie – endoskopische retrograde 481, 494 f, 626 – intraooperative, Neugeborenes 830 – intravenöse 473, 481
– perkutane transhepatische 472, 494 f Cholangiokarzinom 478, 490 Cholangio-MRT 558 Cholangiopankreatikographie, endoskopische retrograde 193, 472, 558, 569 f – – – Gallensteindiagnostik 481 – – – Perlschnurphänomen 489 – – – Tumorausdehnung 497 Cholangitis 488 f – aszendierende 515 – bakterielle 476 – chronisch rezidivierende 489 – primär sklerosierende 489 f Choledochojejunostomie 565 – Neugeborenes 830 f Choledocholithiasis 479, 482 ff – Ikterus 478 – Lithotripsie, mechanische 610 f – Papillotomie, endoskopische 607 – Steinextraktion, endoskopische 609 ff Choledochotomie 500 Choledochusdränage, perkutane transhepatische 351 Choledochuskonkrement 471 Choledochusperforation 484 Choledochusrevision 500 Choledochuszyste 475 Cholelithiasis (s. auch Choledocholithiasis; s. auch Cholezystolithiasis) 307, 479 ff Cholestase 485 – anikterische 490 – extrahepatische 478 – intrahepatische 478 Cholesterinkonzentration im Serum 520 Cholesterinstein 479 f, 486 – Litholyse 480 Cholezystektomie 482 f, 486 f, 499 – Gallengangsverletzung 490 – laparoskopische 481, 499 f, 623, 626 ff Cholezystitis 485 ff – akute 485 f – bakterielle 484 – chronische 486 f – emphysematöse 487 – gangränöse 626 – posttraumatische 487 – Sonographie 471 Cholezystokinin 358, 471 Cholezystolithiasis 307, 479 ff, 499 Chondrokalzinose 680 Chondrom 1419 Chondromalazie 1097 Chondrosarkom 1420 – vertebrales 1425 Chondrozytentransplantation 1099 Chopart-Fußamputation 887
1505
Sachverzeichnis
Chopart-Gelenk-Luxation 1236 Chordom – Schädelbasis 1420 – vertebrales 1426 Chordotomie 1478 Choriongonadotropin – humanes 870, 1411 – TSH-ähnliche Wirkung 658 Chorionzottenbiopsie 698 Chronisch venöse Insuffizienz s. Insuffizienz , chronisch venöse Chvostek-Zeichen 684 Chylaskos 1060 Chylothorax 1060 Ciclosporin A 785 f, 788, 800, 805, 807, 811 Ciprofloxacin 60, 62 Circulus – arteriosus cerebri 1347 f, 1473 – venosus 1347 Cisterna cerebellomedullaris 1353 – – Punktion 1359 Cisterna-chyli-Verletzung 1060 C3-Kompressionsfraktur 1163 Clarithromycin 335 Claudicatio – intermittens 891, 895 – – spinalis 1491 f – intestinalis 906, 909 Clavulansäure 59 Clindamycin 60 f Clivuskanten-Syndrom 1379 CLL (chronische lymphatische Leukämie) 585 Clonodintest 703 Clopidogrel 173 Clostridienmyonekrose 39, 41 Clostridienzellulitis 39 ff Clostridium – difficile 65, 407 – novyi 40 – perfringens 16, 40 – septicum 40 – tetani 16, 41 Cluster-Atmung 1373 CO2-Pneumoperitoneum, Laparoskopie 624 f Coarctatio aortae s. auch Aortenisthmusstenose – – atypische 906 Cockett-Venengruppe 932 Coiling 902 Colitis – Crohn s. Crohn, Morbus – ulcerosa 399 ff, 405 – – akute, Röntgenbefund 190 – – Operation 402 f – – Proktitis 456 – – segmentale 635 Colles-Fraktur 1153 ff Collum-chirurgicum-Fraktur 1132 f Coma – diabeticum 93 – prolongé 1380 – vigile 1380
Commotio – cerebri 1390 – spinalis 1172 – thoracis 1055 Completed stroke 1474 Compliance – intrakranielle 1367 – pulmonale 1008 Composite-Bypass, femoropoplitealer 898 Compressio – cerebri 1381, 1389 – spinalis 1172, 1400 – – Operationsindikation 1403 – – Polytrauma 1246 – thoracis 1055 Computertomographie 185 f – abdominelle 554 f – Aneurysmadarstellung 878, 880 – Bandscheibenvorfall, lumbaler 1489 – Beckenringdarstellung 1178 – Dickdarmuntersuchung 393 – Dünndarmuntersuchung 360 – Gallenwegsdiagnostik 472 f – Hämatomnachweis 1470 – Hüftgelenkbeurteilug 1183 – Karpalkanaldarstellung 1252 – kranielle 904, 1342, 1463 – – Kontusionsklassifizierung 1390 f – Leberdiagnostik 508 f – Magendiagnostik 318, 347 – Milzuntersuchung 578, 580 f – Nebennierenuntersuchung 695, 697, 703 – Nebenschilddrüsendiagnostik 686 – Neurochirurgie 1360 – Ösophagusdiagnostik 279 – Retroperitoneumdarstellung 707 – Rückenmarktrauma 1402 – Schilddrüsenuntersuchung 671 – thorakale 1011, 1026 f, 1048 – Tumordiagnostik 767 ff Condylomata – acuminata 445, 446 – lata 445, 446, 456 Condylus-femoris-Chondromalazie 1097 Condylus-radialis-humeriFraktur, kindliche 1141 f Condylus-ulnaris-humeriFraktur, kindliche 1140 f Conn-Syndrom 696 ff Contusio – cerebri 1390 – cordis 1000, 1057 f – spinalis 1172, 1400 – thoracis 1055 f Coombs-Test, indirekter 116 Cooper-Bänder, Tumorbefall 713
Cor – pulmonale 1037 – – akutes 161 – triatriatum 973 Corpora aliena s. Fremdkörper Corpus – cavernosum recti 433 – pineale 1352 Corticotropin-releasing-hormone-Test 694 f Cotrimoxazol 60, 62 Cowden-Syndrom 422, 425 CPD-Beutel 117 CPP (zerebraler Perfusionsdruck) 1366 f CRH-Test (Corticotropinreleasing-hormone-Test) 694 f Crista supraventricularis 964 Crohn, Morbus 366 ff, 404 f, 447, 449 – – Appendizitis 386 – – Proktitis 456 – – Sonographie 360 Crohn-Primärkomplex 43 Crohn-Stenose 192 Cronkhite-Canada-Syndrom 425 Crossektomie 934 Crossen-Klappeninsuffizienz 931 Crossmatch 775, 788, 792 CRP (C-reaktives Protein) 369, 382, 1090, 1109 Crush-Niere 1111 Crutchfield-Klemme 1166 Cryptococcus-Infektion 56 CSA (Ciclosporin A) 785 f, 788, 800, 805, 807, 811 CT s. Computertomographie CTS (Karpaltunnelsyndrom) 901, 1155, 1295 ff Cubitus varus 1140 Cullen-Zeichen 553 Cumarine 151, 166 ff – Antagonisierung 168 – nach Fibrinolysetherapie 171 – Medikamenteninteraktion 167 – Wundheilungsbeeinflussung 15 CUSA (Cavitron Ultrasonic Aspirator) 1343 Cushing-Syndrom 693 ff, 1416 – akutes 94 – Lokalisationsdiagnostik 695 – paraneoplastisches 236 CVI (chronisch venöse Insuffizienz) 931 CVVH (kontinuierliche venovenöse Hämofiltration) 87 Cyclooxygenasehemmer 172 Cyma-Linie 1236 Cystosarcoma phylloides 718 f C-Zellen, parafollikuläre 656 f, 672
D Dacron-Gefäßprothese 883 f Dailey-Klassifikation, Aortenaneurysma, thorakales 998 f Dampfsterilisation 23 f Dandy-Walker-Syndrom 1436, 1451 Darmabschnitt, ischämischer 910 Darmanastomosierung 837 f Darmatresie 836 ff Darmausgang, künstlicher 255 Darmbakterieninfektion 60, 62 Darmdrehung, fetale 831 f Darmdurchblutungsstörung 194 f Darmeventration, konnatale 829 Darmflora, Medikamentenwirkung 56, 66 Darminkarzeration 204 f Darmparalyse 387 – Neugeborenes 837 Darmperforation – iatrogene 632 – bei Polypektomie 619 – pränatale 841 Darmperistaltik 198 Darmschlingen, überblähte, Neugeborenes 837, 841 Darmsegmentresektion 183, 214 Darmspülung, orthograde 415 Darmsteifungen 197 Darmstrangulation 204 f Darmtransitzeit 430 Darmverletzung 1175 f, 1180 Darmvorbereitung, präoperative 415 Darmwandinkarzeration 748 f Darmwandödem, interstitielles 75 Dauerdialyse 924 Daumen, teilamputierter 1264 Daumengrundgelenk – Bandruptur, ulnare 1282 – Verrenkung 1282 Daumenkuppendefekt, Insellappen 1263 Daumenstrecksehnenverletzung 1155, 1275 DCIS (duktales Carcinoma in situ) 728 DCP (dynamische Kompressionsplatte) 1083 DCS (dynamische Kondylenschraube) 1195 DDAVP (Desmopressin) 173 DDD-Schrittmacher 993 Dead-Arm-Syndrom 1101 DeBakey-Klassifikation 998 f Débridement 2 f, 21 – Handverletzung 1260 f – Polytrauma 1246 ff
1506 Décollement 6, 10 Defäkationsstörung 437, 462 f Defäkographie 430 f, 437, 465 Defektkoagulopathie 149 ff Defektpseudarthrose 1089 Défense 210 Defibrillationsimpuls, R-Zacken-Synchronisation 993 Defibrillator, interner 993 Defibrinogenierung 168 Defizit, neurologisches – – chronisches, nach Apoplex 903 – – ischämisches, reversibles, prolongiertes 903, 1474 Dehnung nach Handoperation 1258 Dehydratation 97, 100 ff – hypertone 101, 107 – hypotone 101 f, 107 – isotone 101, 107 Dehydratationsschock 70, 79 Deichselschiene 1273 Dekortikation – Perikard 996 – Pleura 1022 Dekortikationshaltung 1380 Dekubitus 13 Delayed union (verzögerte Knochenheilung) 1088 Demand-Schrittmacher 992 f Denis-Brown-Darmanastomose 837 f Dens axis 1157 – – Kranialverlagerung 1445 Densfraktur 1160 ff Denspseudarthrose 1161 f Densspitzenfraktur 1161 f Depressives Syndrom 681 De-Quervain-Punkt 656 Dermalfistel 1449 f Dermalsinus 1449 f Dermatitis – perianale 445 – strahlenbedingte 12 Dermatom 176, 1422 Dermatomyositis 894 Dermoidfistel 454 Dermoidzyste 1327 Desault-Verband 1081, 1122, 1129, 1135 f Descensus perinei 437 Desinfektion 24 f Desinvagination 848 Desmin 766 Desmopressin (DDAVP) 173 Deszendorektostomie 416 Déviation conjugée 1468 Dexamethason 698 – Drucksenkung, intrakranielle 1369 Dexamethason-Kurztest 694, 705 Dextran 172, 114 Dezelerationstrauma – Aorta thoracalis 915 – Arteria subclavia 914 f – Leberparenchymberstung 527 Dezerebrationshaltung 1380
Sachverzeichnis
DHS (dynamische Hüftschraube) 1192, 1195 f Diabetes mellitus 554, 802, 894 f Diagnostik 175 ff – apparative 184 ff – nuklearmedizinische 1362 f – pränatale 698, 826, 829 – psychoorganische 1355 Diaphanoskopie 747, 855 Diaphragma, urethrales, kongenitales 861 f Diaphragma s. Zwerchfell Diarrhö 367, 375 – blutige 404 – Colitis ulcerosa 400 – Gallensäureverlustsyndrom 482 – Morbus Crohn 404 – wässrige 407 Diastematomyelie 1448 Diathermieschlinge 592 – Papillektomie, endoskopische 608 – Polypektomie, endoskopische 619 f DIC (disseminierte intravaskuläre Koagulation) 147, 152 ff Dickdarm, Kontrastmitteluntersuchung 191 f Dickdarmdivertikulose 394 f Dickdarmileus (s. auch Ileus) 206 – karzinombedingter 410 – Radiologie 187, 189 – Sigmavolvulus 427 Dickdarmkarzinoid 374 Dickdarmperforation 396 ff – karzinombedingte 410 Diffusionsstörung, alveolokapillare 1008 Digestion 357 Dilatationstracheotomie 654 Diplopie 1028 Dipyridamol 172 Diskontinuitätsresektion nach Hartmann 398, 417 f Dissektion, epikardiale 994 Dissektionsmembranfensterung 917, 921 Dissoziation, skapholunäre 1283 ff Distorsion, Fingergelenk 1282 Diurese 99 Diuretika 102 – kaliumsparende 698 Divertikel 293 f – epiphrenales 294, 296 – falsches 293 f, 321, 364 – pharyngoösophageales 294 f Divertikelblutung 366, 395 Divertikelperforation 295 Divertikulitis 394 ff – Dünndarm 365 Divertikulitistumor 396 Divertikulose – Dickdarm 394 f – Dünndarm 361, 364 DLTX (Doppellungentransplantation) 813 f, 816
Dobutamin 78 Dodd-Venengruppe 932 Dokumentation 184 Donati-Rückstichnaht 22 Dopamin 78, 701 Doppelbilder 1346, 1416 Doppelkontrastdarstellung 190, 318, 347 Doppellungentransplantation 813 f, 816 Doppelniere 866 Doppelureter 864 f Doppler-Sonographie 158, 185, 876, 878, 895 f – Beinvenen 932, 935 – endoskopische 603 – farbkodierte, Mammakarzinom 727 – Halsgefäße 1474 – Handgefäße 1251 – transkranielle 1361, 1464, 1474 – – Vasospasmus-Nachweis 1459 – Venenuntersuchung 928 f Dormia-Körbchen – Fremdkörperentfernung 591 – Gallengang-Steinextraktion 609 – Pankreasgangstein-Extraktion 616 Dornfortsatzdiastase 1164, 1170 Dorsalaponeurose 1270 – Durchtrennung 1271 Dorsalis-pedis-Lappen 1307 DORV (Double outlet right ventricle) 979 f Dottergangzyste 852 f Dotterung 882, 898 Double outlet right ventricle 979 f Douglas-Abszess 191 f, 387 Douglas-Schmerz 382 f Dragstedt-Mechanismus 330 Drehbruch 1065, 1067 Dreiecksschädel 1453 f Drei-Finger-Regel 755 f Drei-Säulen-Modell, Wirbelsäule 1167 Drogen, Wundheilungsbeeinflussung 16 Drop attack 905, 1445 Drop-Arm-Test 1117, 1130 Druck – arterieller, mittlerer 1367 – enddiastolischer, linksventrikulärer 991 – intraartikulärer 1102 f – – Schultergelenk 1125 – intrakranieller 1360 – intravaskulärer 533 – osmotischer 99, 113, 122 Druckgefühl, retrosternales 307 Druckgradient – transmembranöser, inneratrialer 973 – transvalvulärer – – Aortenklappenstenose 961
– – Pulmonalstenose 963 f Druckmessung, intrakranielle 1360 – – Wellenverläufe 1368 Druckpunkte, Beinvenensystem, tiefes 934 f Drucksteigerung – intraabdominelle 285, 746 – intrakranielle 1343, 1354, 1358, 1364 f – – Ependymom 1410 – – Glioblastom 1411 – – Hämatom, intrazerebrales, spontanes 1468 – – Hirndurchblutung 1367 – – hintere Schädelgrube 1379 – – Kraniostenose 1454 – – Subarachnoidalblutung 1458 – – supratentorielle 1365, 1377 f – – Therapie 1368 ff – – tumorbedingte 1406 Druck-Volumen-Verhältnis, intrakranielles 1367 DSA s. Subtraktionsangiographie, digitale Dualtherapie, immunsuppressive 786 Duble-bubble-Phänomen 835 Ductus – arteriosus Botalli 971 – – – persistierender 922 f, 971 f – – – – Aortenbogen, unterbrochener 959 f – – – – Aortenisthmusstenose 955 f – – – – rechtsseitig deszendierende Aorta 959 – – – – Transposition der großen Arterien 974 – – – – Ventrikelseptumdefekt bei Pulmonalatresie 978 – choledochus 469 f, 505, 549 – – Erweiterung 474 – – Stenose 482, 570 – cysticus 469 f – – Obstruktion 485 – – Steineinklemmung 479, 482 f – hepaticus communis 469 f – – – Atresie 830 – – – Stenose 482 – lactiferi, Tumorinvasion 713 – neurentericus 1449 – omphaloentericus, persistierender 852 f – pancreaticus 470, 549 – – accessorius 549 – – Obstruktion 478 – – Stenose 570 – Santorini 549 – thyreoglossus 645 – Wirsungianus 470, 549 Ductus-thoracicus-Verletzung 1060 Dukes-Tumorstadien, Kolonkarzinom 240, 410, 412 Dumping-Syndrom 339 f
Sachverzeichnis
Dünndarm 357 ff – Kontrastmitteluntersuchung 191 – Palliativoperation 378 – Überwucherung, bakterielle 359, 361 Dünndarmanastomose 378 Dünndarmatresie 836 ff Dünndarmbiopsie 360 Dünndarmdivertikel 363 ff Dünndarmdivertikulitis 365 Dünndarmdivertikulose 364 f Dünndarmfistel 371 f Dünndarmileus (s. auch Ileus) 184, 188 f Dünndarmischämie, akute 908 f Dünndarmkarzinoid 374 Dünndarmnahtbruch 379 Dünndarmobstruktion 365, 371 – Morbus Crohn 367 – strahlenbedingte 363 Dünndarmperforation, Fremdkörper 377 Dünndarmresektion 361 f, 378 f, 806 Dünndarmspiegel, intrathorakale 310 Dünndarmstoma 379 Dünndarmstriktur 367 f Dünndarmtransplantation 362, 806 f Dünndarmtuberkulose 371 Dünndarmtumor 360, 373 f – maligner 374 Dünndarmulkus 371 Dünndarmverletzung 375 ff Duodenalatresie 320 f, 834 f Duodenaldivertikel 321 Duodenalruptur 322 f Duodenalstenose 320 f, 550 – extraluminale 834 f Duodenalstumpfinsuffizienz 349 Duodenaltumor 351 Duodenalulkus s. Ulcus duodeni Duodenoduodenostomie 551 Duodenojejunostomie 551 Duodenopankreatektomie, partielle 562 f – – Duodenaltumor, maligner 351 – – Gallenwegskarzinom 495 – – Pankreastumor 566, 568 f – – Papillenkarzinom 497 – – pyloruserhaltende 564 Duodenum 314 – Kontrastmitteluntersuchung 191 Duplexsonographie 878 f – Blutströmung, intrakardiale 947 – farbkodierte, Beinvenensystem, tiefes 935 – Halsgefäße 1474 – Hirngefäße 1361 – Karotisstrombahn 903 f – Leber 537 – Mesenterialgefäße 909 Duplikatur, intestinale 834
Dupuytren-Kontraktur 1291ff Duraverletzung 1395 f Durchblutungsstörung – Abdomen, akutes 213 f – lokale, Kompartmentsyndrom 1086 – mesenteriale 906 f – zerebrale 902 Durchgangsarzt 272 Durchgangssyndrom 1375 Durchhangtest, dorsaler 1204 Durchwanderungsperitonitis 217 Durstgefühl 101 D-Xylose-Test 360 Dysästhesie nach Inguinalhernienoperation 632 Dysdiadochokinese 1352 Dysmetrie 1352 Dysphagia lusoria 280 Dysphagie 178, 276 f, 280 f – Aortenbogenanomalie 959 – Hernie, paraösophageale 307 – Hiatushernie 306 – Mediastinaltumor 1026 – Ösophaguskarzinom 298 – Refluxösophagitis 285 – Zenker-Divertikel 294 Dysplasie 409 – fibromuskuläre 894, 902 – neuronale, intestinale 849 – okzipitale 1445 Dyspnoe 310 f – Aortenbogenanomalie 959 – beim Kind 825, 827 – posttraumatische 289 Dysrhaphie, spinale 1443, 1447 f Dysregulation – vegetative, Hämatom, intrazerebrales 1468 – zentrale 1355 Dysthelie 716
E EAST (Elevated-Arm-StressTest) 876 f Ebstein-Erkrankung 982 f Echinococcus – granulosus 53, 513 f – multilocularis 53, 513 ff Echinokokkose 53 f, 513 ff – alveoläre 53 f – Leber 513 ff – Lungenbefall 1041 – Milz 580 – zystische 53 f Echokardiographie – transösophageale 947 – transthorakale 947 Edmondson-Einteilung, hepatozelluläres Karzinom 520 EEG (Elektroenzephalogramm) 1361 f Ehlers-Danlos-Syndrom 155, 915
Eigenblutspende 49, 128 f, 131 Eigenplasmapherese 128 Eindosis-Antibiotikaprophylaxe 66 Einflussstauung – obere 939, 1026 – – Aortenaneurysma, thorakales 997 – – Mediastinalemphysem 1061 f – – Vena-cava-superiorThrombose 939 – Pericarditis constrictiva 996 – Spannungspneumothorax 1059 Eingeweidestrang, zervikaler 643 Einklemmung, transtentorielle 1365, 1379 – unilaterale 1377 Einwilligung des Patienten 267 ff Einzellungentransplantation 814, 816 Eisbergtumor 1329 Eisendrahtphlebitis 930 Eisenmenger-Reaktion 814, 966 ff, 971 f Eitererreger 27 Eiterung, subunguale 1286 Ejektionsfraktion, linksventrikuläre 808 Ektropion, narbenbedingtes 1301 Ekzem, perianales 439, 451 Elefantenfußpseudarthrose 1088 Elektroenzephalogramm 1361 f – Ableitung, intraoperative 1362 Elektrokardiographie 947 Elektrokoagulationshaken 624 Elektrolytbedarf 108 Elektrolythaushalt 96 ff Elektrolythaushaltsstörung 100 ff – diuretikabedingte 544 – perioperative 107 f Elektrolytlösung 101 f, 108 Elektromyographie 1251, 1362, 1495 – Hirnnervenläsion 1389 – Inkontinenzdiagnostik 436 f – Nervenkompressionssyndrom 1493 Elektroneurographie 1362, 1389, 1493, 1495 Elementardiät 369 Elephantiasis 943 Elevated-Arm-Stress-Test 876 f Ellenbogengelenk 1138, 1142 ff – Bewegungsausmaß 1093, 1143 – Erguss 1142 f – Fixation, schmerzhaft federnde 1144 – Funktionsprüfung 1143
1507 – Luxation 1144 f – Ossifikationszentren 1139 f – Valgusinstabilitätsprüfung 1143 – Varusinstabilitätsprüfung 1143 – Verkalkung, ektopische 1152 – Operationsindikation 1145 – Stabilität 1144 Ellenbogenschwellung, infrakondyläre 1142 Ellenbogenumfangsmessung 1094 Elliptozytose 585 Embolektomie 884, 886, 891 – pulmonalarterielle 162 Embolie 156, 888 ff – paradoxe 889 – periphere – – bei Aortenaneurysma 997 – – bei Ventrikelaneurysma 991 – posttraumatische 912 – traumatisch bedingte 914 – Mesenterialarterienverschluss 907 EMG s. Elektromyographie Eminentia intercondylaris, Fraktur 1206 Empfindungsstörung, dissoziierte 1351, 1450 – – tumorbedingte 1423 Emphysem, pulmonales s. Lungenemphysem Empyem 35 f – artikuläres 1105 f, 1109 – subdurales 1434 f Empyema necessitatis 1021 Endangiitis obliterans 894 Endo loop 619 Endobrachyösophagus, Kardiakarzinom 345 Endo-Coil 613 f Endokarditis – bakterielle 36, 985 f – – subakute 972 – rheumatische 984 Endokardkissen 966 Endokardresektion, partielle 994 Endometriose – Rektum 439 – Schokoladenzyste 213 – Sigma 635 Endoprothese – bronchiale 1052 – Gallengangdränage 612 ff – Pankreaspseudozystendränage 616 f – selbstexpandierende, Ösophagus 596 f Endoskopie 193 f, 200 – therapeutische 589 ff – Varizennachweis 538 – Vorbereitung 602 Endosonographie 185, 609, 618 – Magen 319 – Ösophagus 278 f, 298 f – Pankreasdiagnostik 569 – proktologische 434 f
1508 Endotoxin 27 End-to-Back-Darmanastomose 837 f ENG (Elektroneurographie) 1362, 1389, 1493, 1495 Enge, kostoklavikuläre 647 f Engpasssyndrom, Nervenleitgeschwindigkeit, sensible 1251 Entamoeba histolytica 55 Enteritis – hämorrhagische 806 – regionalis s. Crohn, Morbus – – granulomatosa s. Crohn, Morbus Enteroanastomose 183, 338 f Enteroglukagon 358 Enterokokokkeninfektion 60, 62 Enterokolitis 849 – nekrotisierende, Frühgeborenes 842 f Enterostoma 837 – Neugeborenes 842 f Enterothorax 199, 310, 825 f Entgiftung 94 Enthemmungssyndrom, vegetatives 1355 Entrapment 896 Entwicklungsstörung, zentralnervöse 1443 f Entzündung 16 – Algodystrophie 1294 – Halsbereich 652 – periösophageale 633 – schmerzlose 46 Entzündungsreaktion 27 f – unspezifische, Transplantat 783 – Verbrennung 225 Enukleation, Weichteilsarkom 772 Enuresis diurna et nocturna 861, 865 Enzephalopathie, hepatische 138, 534 Enzephalorrhagie s. Blutung, intrazerebrale; s. Hämatom, intrazerebrales Enzephalozele 1451 f Enzymaktivierung 98 Enzyme – extrazelluläre 28 – leberspezifische 508 EORTC-QLQ-C30 (Lebensqualitätsfragebogen) 263 f Ependymom 1410 – Hydrozephalus 1437 – medulläres 1429 Epicondylitis humeri radialis 1145 – – – Palpation 1142 Epicondylus-ulnaris-Fraktur, kindliche 1140 Epidermoidzyste 1327 Epiphysenfraktur 1074 Epiphysenfugenverletzung 1074 f Epiphysenfugenverschluss, partieller, frakturbedingter 1073, 1075 Epiphysiolyse 1074
Sachverzeichnis
Epithelisation 2, 4 f Epithelkörperchen s. Nebenschilddrüse Epithelzüchtung 231 Epstein-Barr-Virus 242 Epulis 1328 Erbrechen 188 – Anamnese 177 – explosionsartiges 320 – galliges 320 – Neugeborenes 837, 842, 844 – schwallartiges 844 – Subarachnoidalblutung 1457 ERC (endoskopische retrograde Cholangiographie) 481, 494 f, 626 ERCP s. Cholangiopankreatikographie, endoskopische retrograde Erdheim-Gsell-Medianekrose 916 Erfrierung 10 f Ergotherapie nach Handoperation 1258 Ergotismus 889 f Erkennungsphase, Immunantwort 783 Erlebnisdimension 259 ff Ermüdungsbruch 1065 f, 1089 Ernährung – bedarfsadaptierte 133 – enterale 139 ff – parenterale 133 ff – – Komplikation, metabolische 138 – – Monitoring 139 – – niedrigkalorische 136 – – totale 137 – polytraumatisierter Patient 1247 Ernährungsfistel, gastrale 302 Ernährungssonde, nasoenterale 140 Ernährungszustand, Wundheilung 15 Erosion 327 Erreger 27, 59 Erregerisolierung 63 Erregerreservoir 25 Erregerresistenz gegen Antibiotika 63 Erregerübertragung 26 Ersatzmagen 348 f ERV (exspiratorisches Reservevolumen) 1007 Erwärmung, zentrale 11 Erwerbsunfähigkeit 273 Erysipel 36 f, 930 Erysipeloid 37 f Erysipleothrix rhusiopathiae 37 Erythem, strahlenbedingtes 12 Erythema – ab igne 557 – nodosum 368 f, 400 Erythropoetin 119 Erythrozyten, 99mTc-markierte 510
Erythrozytenkonzentrat 119 f – buffycoatfreies 119, 130 – gewaschenes 119 f, 130 – Gruppe 0, rhesusnegatives 127 – leukozytenarmes 120, 130 – tiefgefrorenes 120, 130 Erythrozytenpräparat 118 f Erythrozytose, paraneoplastische 236 Escharotomie 229 Escherichia coli 33 f, 59 ff Esmarch-Handgriff 1242 ESWL s. Stoßwellenlithotripsie, extrakorporale Etagenkatheter, venöser 686 f Etappenlavage 556 ETP (endoskopische Papillotomie) 472, 607 f , 612, 615 Euro-Collins-Lösung, modifizierte 815 Eurotransplant 778, 792, 798 EUS s. Endosonographie Eventrationshernie 746 Exartikulation 17 Exophthalmus 662, 664 – pulsierender 1465 Exotoxin 27 Expanderprothese, permanente 1316 Expektoration, morgendliche, mundvolle 1036 Explorativlaparotomie 311 Explosionstrauma 1063 Exsudat 1018 Exsudationsphase 1 Extensionsbehandlung 1079 ff – Femurschaftfraktur 1198 f – – kindliche 1200 – Unterschenkelschaftfraktur 1218 f Extensionslappen 1311 Extrakorporale Zirkulation 947 ff – – Herztransplantation 809 Extrazellulärraum 95 ff Extremität, untere – – Extensionsbehandlung 1080 – – Gipsverband 1082 Extremitätenarterie – Bypass 897 ff – Verschluss, akuter 888 ff – Verschlussprozess, chronischer 893 ff Extremitätenverletzung – Maßnahmen 1244 f – offene 1246 f – Polytrauma 1244, 1246 f Exulceratio simplex 328 Exzision, spindelförmige 1302
F Facelift 1318 f Facettenartikulation, zervikale 1165
Faden, synthetischer 21 Fahrradschlauchphänomen 404 Fäkalurie 396 Faktor-VIII-Komplex 123 Faktor-V-Mutation 157 Faktor-XIII-Konzentrat 123 Faktor-XIII-Mangel 148 Fallhand 1275 Fallot-Pentalogie 976 Fallot-Tetralogie 976 ff – Palliativeingriff 977 f – Pulmonalstenose 964 Fallot-Trilogie 976 Familienanamnese 180 – Mammakarzinom 722 FAP (familiäre adenomatöse Polyposis) 421 ff Farbdopplersonographie, Mammakarzinom 727 Fascia – cervicalis – – media 642, 655 f – – profunda 643, 656 – – superficialis 642, 656 – pectoralis, Tumorinvasion 713 Fasszange 624 Fasziektomie bei DupuytrenKontraktur 1293 f Faszienlücke, posttraumatische 1111 Faszienverletzung 1111 f Fasziitis, nekrotisierende 41, 46 f Fasziokutanlappen 1308 Fasziotomie 1087, 1111 – bei Dupuytren-Kontraktur 1293 f Fäulniserreger, Lungengangrän 1039 Faustschlussprobe 876 f, 901, 1250 Fazialisparese, Parotistumor, maligner 1332 Fehlbildung – anorektale 838 f – kraniozervikale 1450 – zentralnervöse 1443 f Fehllage, kardiofundale 306 Fehlstellung – Valgusstellung 1191 – Varusstellung 1190 f, 1197 Fehlwachstum, frakturbedingtes 1073 Feingriff 1250 Feinkontinenzstörung, anale 465 Feinnadelpunktion – Mammaherd 718, 727 – Nebenschilddrüse 686 – Schilddrüse 672 f Felsenbeinfraktur 1388 Femoralhernie 747, 754, 759 – Operation, minimal-invasive 630 ff Femoralis-Dehnungsschmerz 1487 Femoropatellargelenk, Dysplasie 1211 Femurdrehbruch 1067
Sachverzeichnis
Femurfraktur – distale 1201 f – intertrochantäre 1194 f – Lokalisation 1072 – pertrochantäre 1194 ff – Polytrauma 1246 – proximale 1188 ff – subtrochantäre 1197 f – suprakondyläre 1201 f Femurhalsfraktur s. Schenkelhalsfraktur Femurkondylus, Gelenkkantenimpression 1097 f Femurkopf, arterielle Versorgung 1188 f Femurkopffraktur 1189 f Femurkopfnekrose 1184, 1194 Femurkopfprothese 1192 f Femurkopfresektion 1192 ff Femurmetaphyse, Osteomyelitis 1105 Femurnagel, proximaler 1195 ff Femurquerbruch 1070 Femurschaftfraktur 1198 ff – kindliche 1200 Femurverriegelungsnagel 1085 Fenster, aortopulmonales 972 f, 981 Fernlappen 1262 Fersenbein s. Kalkaneus Fersenbeinextension 1218 f a-Fetoprotein 241, 520, 1410, – Fruchtwasser 1449 Fett 133 f – Hungerstoffwechsel 137 – Postaggressionsstoffwechsel 136 Fettabsaugung 1319 Fettemboliesyndrom 81, 1092 Fettemulsion 134 Fettgewebsnekrose nach Mammareduktionsplastik 1314 Fettkörperzeichen, positives 1138 Fettsäuren – freie, Postaggressionsstoffwechsel 136 – langkettige 134 – mittelkettige 134 Fettspiegel, intraartikulärer 1138 Fettstuhl s. Steatorrhö FEV1 (forciertes endexspiratorisches Volumen) 1008, 1010 FFP (frischgefrorenes Plasma) 121 f, 130 Fiberbronchoskopie 1012 f – Tumordiagnostik 1047 Fibrinbildung, intraabdominelle 210 Fibrinkleber – Blutstillung, endoskopische 604 – Fistelverklebung 618 f – Milzoperation 586 Fibrinolyse 145 f
Fibrinolyseinhibitoren 154, 172 Fibrinolysetherapie 92, 158, 168 ff, 935 f – Kontraindikation 171, 936 – lokale 169 ff – Lungenembolie 162 – Lungenembolierisiko 936 – Nebenwirkung 936 – systemische 169 f Fibrinspaltprodukte 171 Fibroadenom 718 Fibrom 765 f Fibromuskuläre Dysplasie 894, 902 Fibrosarkom 769, 772 Fibrose – periportale, Säugling 860 – retroperitoneale 709 Fibulaköpfchenfraktur 1206 Fieber 31, 63 Fiederung, Muskulatur im Röntgenbild 17, 41 Filmoxygenator, Herz-LungenMaschine 948 Finger, schnellender 1114, 1289 Fingeramputation 1264 – traumatische, Replantation 1265 f Fingerapoplexie 893 Fingerbeugekontraktur 1291 Fingerbeugersehnen 1294 f Fingerbewegungseinschränkung 1250 Fingerendgelenk – Hyperextensionstrauma 1273 – Strecksehnenverletzung 1273 f Fingergelenk – Arthrodese 1287 – Arthroplastik 1287 – Bandausriss 1282 – Seitenbandzerreißung 1282 – Verrenkung 1282 – Zerrung 1282 Fingergrundgelenk, Strecksehnenverletzung 1271 f Fingergrundglied, Strecksehnenverletzung 1272 Fingerknöchelpolster 1292 Fingerlängsstauchung 1273 Fingermittelgelenk, Strecksehnenverletzung 1272 Fingermobilisation, kontrollierte 1269 Fingernagel – abgelöster 1259 – Inspektion 1249 Fingernerven-Leitungsanästhesie 1254 f Fingerphalangenfraktur 1281 Fingersehnendurchtrennung 1260 Fingerspitzendurchblutung, postoperative 1257 Fingerspitzenverletzung 1259 Fingersteifigkeit, schmerzhafte 892 Fingerstirnlappen 1311 f Finkelstein-Test 1290 f
Fisher-Grading, Subarachnoidalblutung 1459 Fissura – horizontalis 1002 – obliqua 1002 Fissuren, perianale 404 Fistel 372 – aktinische 363 – anokutane 839 – anovestibuläre 839 – aortointestinale 921 – aortokavale 922 – arteriovenöse 922 f – – Auskultationsbefund 876, 922 – – Embolisation 923 – – zur Hämodialyse s. Hämodialyseshunt – – intrakranielle 1465 – – kongenitale 922 f – – passagere 937, 941 f – – periphere 922 f – – Separationsverfahren 923 – – Skelettierungsoperation 923 – – traumatisch bedingte 914 – bronchopulmonale 1022 – cholezystointestinale 482 – cholezystokolische 483 – enteroenterale 367 – enterokolische 367 – enterovesikale 367, 373 – gastrojejunokolische 355 – gastrokolische 341, 404 – kolovesikale 396 – ösophagobronchiale 597 – – radiologische Darstellung 595 – ösophagotracheale 597, 820 ff – rektobulbär-urethrale 839 – rektoorganische 450 – rektoprostatisch-urethrale 839 – rektovaginale 839 – rektovestibuläre 839 Fistelbildung – AIDS 50 – Aktinomykose 45, 1324 – Dickdarmdivertikulitis 396 – Dünndarmtuberkulose 371 – Morbus Crohn 367 f – osteomyelitische 1105 – perianale 404 – Pyodermia fistulans sinifica 455 – Ulkuspenetration 341 Fisteldarstellung 452, 1104 Fistelgangskarzinom 452, 1108 Fistelverklebung 618 f Fistulektomie 452 Fixateur – externe 1084 f – – Beckenringstabilisierung 1180 – – gelenkübergreifender 1207 – – Humerusschaftfraktur 1137 f – – bei Osteitis 1108
1509 – – Radiustrümmerfraktur, distale 1155 f – – Unterschenkelschaftfraktur 1219 f – interne 1171 f Flächendesinfektion 25 Flake-fracture 1231 Flankendämpfung 536 f Flankenschmerzen, Säugling/Kleinkind 866 Flankenschnitt, laterodorsaler 708 Flankenverfärbung, zyanotische 553 Flaschenzeichen 1296 Fluconazol 56, 67 f Flucytosin 57, 67 f Fludrokortison 698 Fluorchinolone 60, 62 Fluorocarbon 115 Flush 236, 375 Flush-Perfusion, Lungentransplantat 813 Flüssigkeit, freie, intraabdominale 198 Flüssigkeitsersatz 109 Flüssigkeitsspiegel, intraabdominelle 365 – – Säugling 850 Flüssigkeitstherapie 95 ff Flüssigkeitszeichen bei Schulterarthrographie 1130 f FNH (fokal noduläre Hyperplasie der Leber) 510, 517 f FNP s. Feinnadelpunktion Foetor ex ore 277, 294 Fokussanierung 87 Follikulitis 38 Fontaine-Stadieneinteilung 895 Fontanellenpunktion 1441 Fontan-Operation 982 Foramen – interventriculare 1352 f – – Verschluss 1436 – Luschkae 1352 – – Atresie 1451 – Magendii s. Foramen interventriculare – Monroi 1352 f – ovale 966 – – offenes 963, 966, 973 – venae cavae 303 f Foramen-jugulare-Syndrom 1456 Forciertes endexspiratorisches Volumen 1008 Formaldehydsterilisation 23 f Formulargutachtenauftrag 274 Forrest-Klassifikation, Blutungsaktivität 342, 603 Fossa – cranii 1345 – cubiti 1143 Fossa-coronoidea-Begrenzungslinie 1140 Fournier-Gangrän 46, 455 Fourschette-Stellung 1153 F.P.-Weber-Syndrom 922 f Fragment, osteochondrales, Refixierung 1099
1510 Fraktur 1065 ff – AO-Klassifikation 1070, 1072 – Begleitverletzung 1075 ff – – AO-Klassifikation 1077 – Behandlung 1079 ff – – Grundsätze 1281 – – konservative 1081 f – – operative 1081 ff – Blutverlust 82 – chondrale 1098 – diaphysäre 1070, 1072 – – Fettembolie 1092 – direkte 1065 f – epimetaphysäre 1074 – Extensionsbehandlung 1079 ff – Fragmentdurchblutungsstörung 1088 – Fragmentverschiebung 1070 – gelenknahe 1090 – geschlossene 1075 – – Blutverlust 1244 – Heilung s. Knochenheilung – indirekte 1065 f – Infektion 1090 – intraartikuläre 1072 – Kindesalter 1072 – komplexe 1070, 1072 – Komplikation 1086 ff – metaphysäre 1072 – offene 1075 ff – – Kontamination, bakterielle 1076 – okzipitale 1385 – osteochondrale 1098 f – parietookzipitale 1385 – pathologische 1065 f – – Verbundosteosynthese 1084 f – Rehabilitation 1086 – Reposition 1079 f – Repositionshindernis 1081 – Retention 1081 – – bei Polytrauma 1244 – Spontankorrektur 1072 – Stabilität, postoperative 1086 – Symptomatik 1075 – temporoparietale 1382 f – trimalleoläre 1228 – unverschobene 1069 – unvollständige 1069 – Wachstumsstörung 1072 – Weichteilschaden 1075 ff Frakturhämatom 1075, 1077, 1079 Frakturschmerz, langanhaltender 1090 Frakturzeichen 1075 Frankel-Schema 1172 6F-Regel 479 Fremdantigenexpression, Immunsystemaktivierung 244 f Fremdbluttransfusion, Immunsuppression 249 Fremdkörper – Dünndarmpassage 377 – mediastinaler 1025 – perforierender, intraabdomineller 215 f
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– Rektumverletzung 431 – verschluckter 291, 323 f, 377 f , 589 f, 650 Fremdkörpereinsprengung 1334 Fremdkörperentfernung 589 ff – endoskopische 324, 590 ff Fremdkörperinfektion 39 Fremdkörperingestion 291, 323 f, 377 f , 589 f, 650 Fremdkörperpassage, gastrointestinale 590 Frischblut 119 FRK (funktionelle Residualkapazität) 1007 Fröschleingeschwulst 1326 Fruchtwasseruntersuchung 1449 Frühcholezystektomie 486 Frühdumpingsyndrom 352 Früherythem, strahlenbedingtes 12 Fruktose 133 Fuchsbandwurm 53, 513 ff Fundopexie 287, 307 Fundoplikation 307 – laparoskopische 633 – nach Nissen 287 – Säugling 846 Fundus hypertonicus 1470 Fundusvarizen 597 ff Fundusvarizenblutung, akute 601 Fundusvarizenobliteration, endoskopische 599 ff Fundusvarizensklerosierung, endoskopische 598 f Fungämie 56 f Funikulozele 632 Funktionsprüfung nach Unfall 1092 Funktionspsychose, exogene 1355 Funktionsstellung, Hand 1256 f Funktionsstörung, Anamnese 176 Furunkel 38, 1321 Furunkulose 38 Fußheberlähmung 1493 Fußlängsgewölbe-Kollaps 1234 Fußödem 895 Fußrückenlappen 1308 Fußsohlendruckschmerz 935 Fußsohlenparästhesien 1493 Fußsohlenschmerzen 1493 Fußwurzelfraktur 1237 ff
G Galaktographie 726 Galaktorrhö 1416 Galeazzi-Verletzung 1152 f Galle – Dränage, perkutane transhepatische 503 – enterohepatischer Kreislauf 471
– lithogene 479 Gallenblase 469 ff – Flüssigkeitssaum 471 – Funktionsstörung 498 – Sonographie 471 – Wandverdickung 471 – Wandverkalkung 480 Gallenblasenempyem 482, 626 Gallenblasengangrän 482 Gallenblasengries, Sonographie 471 Gallenblasenhydrops 482 Gallenblasenkarzinom 492 ff, 626 Gallenblasenpapillomatose 492 Gallenblasenperforation 482 Gallenblasenstein, Sonogramm 471 Gallenblasentumor 491 ff Gallengangsatresie 830 f Gallengangsbefall, parasitärer 521 Gallengangsdivertikel 474 f Gallengangsdränage 611 ff – palliative 613 Gallengangserweiterung, intrahepatische 474 f Gallengangskarzinom 492, 494 f, 626 Gallengangskompression 478 Gallengangsleckage 612 Gallengangsrevision 500 f Gallengangsstein, sekundärer 484 Gallengangsstriktur 490 f – maligne 612 Gallengangsverletzung, iatrogene 490 Gallengangsverschluss, akuter 484 Gallengangszyste 473 ff, 521 Gallenresorption 357 Gallensäureverlustsyndrom 483 Gallensekret 470 f – fibrosierende Wirkung 490 Gallensekretableitung 501 – perkutane transhepatische 503 Gallenstein – im Gallengang gebildeter 484 – Lithotripsie – – chemische 480 f – – mechanische 610 f – Stoßwellenlithotripsie, extrakorporale 611 Gallensteinbildung 362 Gallensteineinklemmung 479 Gallensteinextraktion, endoskopische 472, 484, 609 ff Gallensteinileus 206, 482 f – Radiologie 188 f Gallensteinkolik 479 f, 484 Gallensteinzertrümmerung, intraduktale 611 Gallenwegsdyskinesie 486, 498 f Gallenwegsinfektion 488 – aszendierende 486
Gallenwegskarzinom, extrahepatisches 492 ff Gallenwegspräkanzerose 490 Gallenwegsstenose 565 – distale 561 Gallenwegstumor 491 f, 494 f Gamma-Knife 1431 Gamma-Nagel 1195 f Ganciclovir 801 Gangataxie 1468 Ganglion coeliacum 314 Ganglion-Gasseri-Thermokoagulation, perkutane 1479 Ganglionzerstörung, Tumorschmerztherapie 253 Gangrän 13, 39, 46, 886, 890 – bakterielle, progressive 46 – feuchte 39, 895 – trockene 11, 39, 895 – venöse 938 Gangstörung 1439 Ganzkörperhypothermie 955 Ganzkörperplethysmographie 1008 Garden-Einteilung, Schenkelhalsfraktur 1191 Gardner-Syndrom 421, 423 Gardner-Wells-Bügel 1166 Gas-bloat-Phänomen 288 Gasbrand 16 f, 38 ff Gasgangrän 16 f, 38 ff Gassterilisation 23 f Gastrektomie 344, 347 f – prophylaktische 344 – regionale 348 – Rekonstruktionstechnik 348 f Gastrin 316 Gastrinom 333, 567 Gastrinproduktion, extragastrale 333 Gastritis 325 ff – Acetylsalicylsäure-bedingte 172 – chronisch atrophische 326 f – erosive 325 f – phlegmonöse 326 Gastroenteropathie, exsudative 343 Gastroenterostomie 183, 338 f, 497, 565 – palliative 349 ff Gastrointestinaltrakt, Funktionsstörung, schockbedingte 75 Gastrointestinaltuberkulose 43 Gastro-Jejuno-Duodenostomie 352 Gastrojejunostomie 338 f Gastroknemiuspunkt 932 Gastropexie 846 Gastroschisis 829 f, 832 Gastroskopie 307 Gastrostoma 302 Gastrostomie 290 – perkutane endoskopische 140, 302, 605 ff – – – Pull-Technik 606 f – – – Push-Technik 607 Gate Control Theorie 1477 Gaumenspalte, mediane 1339
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GCS (Glasgow Coma Scale) 1354, 1372, 1380, 1467 Gebrauchsthorakotomie 1014 Gedächtniszellen 783 Gefäß s. auch Arterie; s. auch Vene Gefäßchirurgie 873 ff – Komplikation 888 Gefäßersatz 884 ff Gefäßmissbildung, zerebrale 1454 ff – – Hämatom, intrazerebrales, spontanes 1466 Gefäßnaht 913 Gefäßnervenbündel, zervikales, Kompression 647 Gefäß-Nerven-Scheide, zervikale 643 Gefäß-Nerven-Strang, zervikaler 656 Gefäßprothese 883 ff, 897 f – Implantation in die Aorta 998 – klappentragende 998 Gefäßprotheseninterposition 884, 886 – Hämodialyseshunt 924 f Gefäßrekonstruktion 884 ff Gefäßruptur, intrakranielle 1466 Gefäßspasmus s. Vasospasmus Gefäßverletzung 888 Gefäßverschluss, thromboembolischer 882 Gefäßwandschaden, Thromboseentstehung 934 Gefäßwiderstand, pulmonaler, Herztransplantation 808, 810 Geflechtknochen 1077, 1079 Gehirndurchblutung, Autoregulation 75 Gehirnentwicklung 1443 Gehirnerkrankung 1341 f Gehörknöchelchenspende 779 Gehstrecke 874, 895 Gehtest 876 f Gelatine 114 Gelenk – Aufklappbarkeit 1101 – Empyem 1105 f, 1109 – Erguss 1102 f – hypermobiles 1102 – Infektion 1109 f – Wundausschneidung 2 Gelenkkantenimpression 1097 f Gelenkkapsel 1093, 1095 Gelenkknorpel 1093, 1095 Gelenkknorpelabscherung 1098 Gelenkknorpelausriss 1099 Gelenkknorpelfissur 1096 Gelenkknorpelfragment, Entfernung 1099 Gelenkknorpelimpression 1096 f Gelenkknorpelkontusion 1096
Gelenkknorpelverletzung 1096 Gelenkpunktatuntersuchung 1109 Gelenkpunktion 1103, 1109 Gelenkspülung 1110 Gelenktuberkulose 43 Gelenkverletzung 1093 ff – Polytrauma 1246 Gelenkversteifung, SudeckDystrophie 1091 Gentamicin 60 f Gentherapie 257 Genu – valgum 1210 – varum 1210 Gerinnungsdefekt, globaler 122 Gerinnungsfaktoren 144 – leberabhängige 508 – Schwellenwert 111 Gerinnungsfaktorenkonzentrat, virusinaktiviertes 123 Gerinnungsfaktorenmangel 147 Gerinnungsfaktorsubstitution 150 Gerinnungsinhibitorensubstitution 172 Gerinnungsstatus, kleiner 148 Gerinnungssystem 143 f Germinom 1410 f Geruchssinn 1346 Gesamteiweiß im Serum, Schwellenwert 111 Gesamtkörperwasser 95 Gesicht, Wundausschneidung 2 Gesichtsfeldausfall 1346 Gesichtsfurunkel 38, 1321 Gesichtshämangiom 1327 Gesichtshautkarzinom 1330 Gesichtsnarbe 1301 Gesichtsneuralgie 1479 Gesichtsschädelfraktur 1334 ff – Notversorgung 1339 Gesichtsschädelverletzung 1333 f Gesichtsschädelwunde, Polytrauma 1246 Gesichtsschmerzen, beidseitige 1479 Gesichtsstraffung 1318 f Gesichtsverletzung 1333 ff Gesichtsweichteilverletzung 1334 Gesichtswunde 14 Gewebedefekt 1, 3 ff Gewebedruck, subfaszialer 1087 Gewebeexpander 1310 Gewebekleber, Varizenobliteration, endoskopische 599 ff Gewebeneubildung, gestörte 19 f Gewebeplasminogenaktivator s. rtPA Gewebeschaden, Polytrauma 1241 f Gewebespende 779
Gewebetod, irreversibler 890 Gewebetransfer, freier, mikrovaskuläre Anastomose 1263 Gewebsthromboplastin 144 Gewichtsverlust 359, 367 – nach Dünndarmtransplantation 807 Gilchrist-Verband 1081, 1122, 1129, 1135 Gina-Turco-Stent 613 Gipsschiene 22 – Hand 1257 Gipsverband 22 – erster 1081 – schmerzhafter 1082 Giving-way – Kniegelenk 1203 – Sprunggelenk 1226 Glabellalappen 1311 f Glandula – parathyreoidea s. Nebenschilddrüse – thyreoidea s. Schilddrüse Glandula-parotis-Entzündung 1324 Glandula-submandibularisEntzündung 1325 Glasgow-Coma-Scale 1354, 1372, 1380, 1467 Glasgow-Outcome-Scale 1381 GLDH (Glutamat-Dehydrogenase), Leberfunktion 508 Gleichgewichtsstörung 1346 Gleithernie 746 – axiale 304 ff Gleithoden 870 Glenn-Operation 982 Glenoidneigung 1126 Glianarbe, zystische 1467 Gliedmaße, amputierte, Versorgung 10 Gliedmaßenabtrennung s. Amputation Glioblastom 1411 Gliom, medulläres 1428 Globalinsuffizienz, pulmonale 1009 Globusgefühl 277, 294 Glomangiom 925 f Glomerulonephritis, rekurrierende, im Nierentransplantat 795 Glomustumor 925 f, 1495 Glukagon, Postaggressionsstoffwechsel 135 Glukagonom 567 Glukokortikoide 89 f, 691, 782 – Drucksenkung, intrakranielle 1369 – Immunsuppression 800, 805, 807, 811 – Substitution, lebenslange 699 – bei Transplantatabstoßungsreaktion 785 – Wirkung, immunsuppressive 787 – Wundheilungsbeeinflussung 15
1511 Glukokortikoidtherapie, NNRSuppression 699 Glukose 133 Glukoselösung mit Insulinzusatz 98 Glutamat-Dehydrogenase, Leberfunktion 508 g-Glutamyl-Transpeptidase – Cholestase 478 – Leberfunktion 508 Glykopeptide 60 f Gonorrhö, Proktitis 456 Goretex, Zwerchfelldefektverschluss 827 Goretex-Gefäßprothese 883 f, 898 – Nierenarterie 912 Gradient, arteriovenöser, reduzierter 1086 Graft-versus-host-Krankheit 784 – Granulozytenpräparatbedingte 121 – transfusionsbedingte 124 Granulationsgewebe 4 f Granuloma venereum 457 Granulozytenpräparat 121 Granulozytopenie 121 Granulozytose, paraneoplastische 236 Graves’disease s. Basedow, Morbus Greifformen 1250 Grenzdivertikel 294 f Grenzzonenamputation 11, 887 Grenzzoneninfarkt 1474 Grey-Turner-Zeichen 553 GRFom 567 Grobgriff 1250 Grobkontinenzstörung, anale 465 Großhirnblutung 1467 f – Herdsymptome 1470 Großzehengrundphalanxfraktur 1240 Grundfunktionseinheiten, Hand 1264 Grünholzfraktur 1069, 1074 – Unterarm 1155 g-GT s. g-Glutamyl-Transpeptidase Gummen 48 – anorektale 456 Gummiligaturbehandlung – Hämorrhoiden 441 f – Ösophagusvarizen 600 Gummizüge, mandibulomaxilläre 1337 f Gutachten, freies 274 GVH (Graft-versus-Host-Reaktion) 784 GVHD s. Graft-versus-hostKrankheit Gynäkomastie 742 f – paraneoplastische 236 G-Zell-Tumor 333, 567
1512
Sachverzeichnis
H Haarausfall, Heparin-bedingter 165 Haarnestgrübchen 454 Haarzell-Leukämie 585 Hach-Stadieneinteilung, Varikosis 931 f HAES (Hydroxyäthylstärke) 115, 881 Haftpflichtversicherung 269 Hakengriff 1250 Halo-Fixateur 1160 f Halo-Jackett 1166 Hals, verkürzter 1446 Halsdreieck, laterales, Lymphknotenvergrößerung 652 Halsentzündung, oberflächliche 652 Halsexploration, systematische 689 Halsfaszie 642 f, 655 f Halsfistel – laterale 646 f – mediane 645 Halsmarkverletzung 1403 Halsrippe 647 f, 1018 – Resektion 901 Halsrippensyndrom 900 Halssonographie 645 f Halsstraffung 1318 f Halsted-Intrakutannaht 22 Halstumor 650 ff, 819 Halsvenen, oberflächliche 644 Halsvenenstauung 995 Halsverletzung 649 f Halsweichteilabszess 652 Halsweichteilphlegmone 652 Halswirbeldislokation 1165 Halswirbelfraktur 1158, 1164 Halswirbelsäule 1157 – Bewegungsumfang 1159 – Distraktion – – therapeutische 1166 f – – traumatische 1163 – Hyperextension 1163 – Instabilität, posttraumatische 1165 – Röntgenaufnahme 1164 f Halswirbelsäulenkompression 1163 Halswirbelsäulenschaden, degenerativer 901 Halswirbelsäulenverletzung 1158 – Maßnahmen, präklinische 1243 – Operationsindikation 1165 – Polytrauma 1242 f – Röntgenzeichen 1165 Halswirbeltranslation 1165 Halszyste 1326 – laterale 646 f – mediane 645 Hämangioblastom 926 – intrakranielles 1415 – malignes 926 f Hämangioendotheliom 926 Hämangiom 926, 1327 f – intrahepatisches 516 f
– kapillares 926 – kavernöses 926 – Neugeborenes 1328 – vertebrales 1425 Hämangiomatose, diffuse 926 Hämangioperizytom 926 Hämangiosarkom 926 Hämarthros – Ellenbogengelenk 1143, 1147 – Kniegelenk 1211, 1215 Hamartom – Brustdrüse 719 – pulmonales 1042 Hämatemesis 178 ff, 538, 602 Hämatochezie 179 f, 602 Hämatokrit 81 – Schwellenwert 110 f, 118 Hämatom 18, 1299 – epidurales 1392 f – infiziertes 1090 – intraabdominelles 583 – intrakranielles 1384 f, 1392 ff, 1397 – – Kleinkind 1374 – intramuskuläres 1111 – intrazerebrales 1394 f, 1397, 1458 ff, 1463, 1465 – – spontanes 1466 ff – – – Ausräumung 1472 – – – infratentorielles 1468 f – – – Nachweis 1470 f – – – Operationsindikation 1472 – – – supratentorielles 1468 – paravertebrales 1160 – prävertebrales 1163 – retroperitoneales 918 – subchondrales 1096 – subdurales 1394 – subunguales 1240, 1259 Hämatosinus 1335 Hämatothorax 84, 1060 – Blutverlust 82 – Dränage 1019, 1021, 1057 Hammerfinger 1273 Hämodialyse 789 Hämodialyseshunt 924 f Hämodilution, isovolämische, präoperative 128 Hämodynamik, Schock 76, 91 Hämofiltration 789 f – venovenöse, kontinuierliche 87 Hämoglobin, Schwellenwert 118 Hämolyse 477 – chronische 479 Hämolytisch-urämisches Syndrom 156 Hämophilie A 149 Hämophilie B 149 Hämoptyse 1036, 1039 f, 1043, 1047 Hämorrhoidalprolaps 441 – inkarzerierter 439 f Hämorrhoiden 439 ff – Analprolaps 458 f – Operationsprinzip 441 – Stadien 440 f, 443 Hämosiderose 125
Hand – Anatomie 1296 – Beweglichkeit 1249 f – Funktionsstellung 1256 f – Grundfunktionseinheiten 1264 – Hochlagerung, postoperative 1257 – Infektion 1285 ff – Inspektion 1249 – Nervenkompressionssyndrom 1295 ff – Nervenverletzung 1274 ff – Nervenversorgung, motorische 1275 – Palpation 1249 – Schrägaufnahme 1252 – Stressaufnahme 1252 – Übersichtsaufnahme 1251 f Händedesinfektion 25 Handflächenregel, Verbrennungsschaden 222 f Handgelenk – Arthrographie 1252 – Arthroskopie 1251 – Hyperextensionsverletzung 1283 – Infektion 1109 – Leitungsanästhesie 1255 f – Röntgenaufnahme 1154 – Strecksehnenverletzung 1272 Handgriff nach Hippokrates 1338 Handhautverletzung 1260 ff, 1261 Handknochenverletzung 1260 Handmuskelatrophie, Algodystrophie 1295 Handmuskulatur 1249 Handödem, postoperatives 1257 Handoperation 1253 ff – Anästhesie 1254 ff – Hilfsmittelversorgung 1258 – Nachbehandlung 1257 f – Zugang 1256 Handrücken, Strecksehnenverletzung 1271 Handsehnenverletzung 1266 ff Handsensibilität 1251, 1275 Handskelettatrophie, Algodystrophie 1295 Handtisch 1254 Handverband 1256 Handverletzung 1259 ff – Amputation, chirurgische 1263 f – Durchblutungsbeurteilung 1260 – Hauttransplantation 1261 ff – komplexe 1284 – Replantation 1265 f – Wundverschluss 1261 – Wundversorgung 1260 f Handwunde, stark verschmutzte 1261 Hanged man’s fracture 1163 f Hapten, monovalentes 114 Häring-Tubus 302
Harnabflussstörung – subvesikale 861 f – supravesikale 862 f Harnblasenentleerungsstörung 1487 Harnblasenlähmung, traumatisch bedingte 1399 Harnblasen-Mastdarm-Lähmung 1423 Harnblasenruptur 217, 1177 Harnblasenverletzung 1180 Harninkontinenz 1439 Harnleiterfistel 795 Harnleiterstenose 795 Harnröhrenneubildung 868 Harnröhrenrekonstruktion 1180 Harnröhrenruptur 1177, 1178 Harnwegsinfektion 31 f – Antibiotikatherapie 63 – rezidivierende, Säugling/Kleinkind 866 – stauungsbedingte, Säugling 867 Hart disc 1483 Hartmann-Operation 398 Hashimoto-Thyreoiditis 665 Hautablederung, Hand 1261 Hautdesinfektion 20 Hautemphysem 1061 Hautfaltenlinien 1299 Haut-Fett-Lappen 1306 Hautfunktion 225 Hautinzision 1299 f Hautkrepitation 40 Hautlappen 1306 ff – Gefäßversorgung, axiale 1307 Hautmilzbrand 47 Hautnaht 21 Hautnahtentfernung 21 Hautschädigung, strahlenbedingte 251 Hautsensibilität, segmentale 1422 Hauttransplantat – Aufarbeitung, Netztechnik 1304 – freies 1303 f Hauttransplantation – Handverletzung 1261 ff – Verbrennungswunde 230 f Hautveränderung, Mammakarzinom-bedingte 723 Hautverätzung 12 Hawkins-Klassifikation, Talusfraktur 1232 HCA (hepatozelluläres Adenom) 518 f HCC (hepatozelluläres Karzinom) 519 ff HCG (humanes Choriongonadotropin) 870 Head-Zone 176 Heinz-Körper 575 Heißluftkoagulation, Milzoperation 586 Heißluftsterilisation 23 f Helicobacter pylori 325 ff, 330, 332 f – – Eradikation 332, 335 Hemihepatektomie 524 f
Sachverzeichnis
Hemikolektomie 388 f, 415 f – laparoskopische 634 Hemilaminektomie 1492 Hemiparese – Angiom, arteriovenöses 1463 – Karotisstenose 902 – kontralaterale, Hämatom, intrazerebrales 1467 f – posttraumatische 1393 – spastische 1350 Hemithyreoidektomie 661, 674 Hemoclip 604 f – Blutungsprophylaxe bei Polypektomie 619 Heparin 152, 162 ff – Dosierung 163 – Kontraindikation 165 – niedermolekulares 163 – niedrigdosiertes 151 – unfraktioniertes 163 – Wundheilungsbeeinflussung 15 Heparinantagonist 165 Heparinisierung – Bein-Beckenvenenthrombose 935 f – extrakorporale Zirkulation 950 – Lysetherapie, systemische 936 – Paget-von-Schroetter-Syndrom 940 Heparin-Reparil-Salbe 930 Heparintherapie nach Fibrinolysetherapie 171 Hepatikoduodenostomie 501 Hepatikojejunostomie 501 ff – palliative 503 Hepatitis B 52 Hepatitis-B-Immunisierung 52 Hepatitis-B-Virus, Leberkarzinom 242 Hepatitis-B-Virus-Infektion 519 f – transfusionsbedingte 126 Hepatitis C 52 Hepatitis D 52 Hepatitis E 52 Hepatitis G 52 Hepatitisinfektion, medizinisches Personal 51 f Hepatomegalie 476 Hepatorenales Syndrom 507 Hepatostomie 530 Hepatotomie 529 Hepatotoxizität, Antibiotika 65 Hereditäres Syndrom mit Malignombildung 243 Hereditary nonpolyposis colorectal cancer (HNPCC; hereditäres Kolonkarzinom) 426 Hernia s. auch Hernie – femoralis s. Schenkelhernie – inguinalis s. Leistenhernie – ischiadica 761 ff – lumbalis 747, 760 ff – mesocolica 832 f – obturatoria 760 ff
– perinealis 762 f Herniation – bulbäre 1355 – mesenzephale 1355 Hernie (s. auch Hernia) 745 ff – angeborene 746 – epigastrische 747, 751 ff – – Säugling 852 – inguinalis s. Leistenhernie – Inkarzeration 631, 746, 747 ff, 855 – innere 745, 763 – irreponible 746 – lumbokostale 304 f, 825 f – Operation, minimal-invasive 630 ff – Operationsindikation 750 – paraösophageale 304 f, 307 f – – Säugling 845 f – parasternale 304 – pleuroperitoneale 825 f – Pseudoreposition 749 f – reponible 746 – Reposition 749 f – retrosternale 304 – supraumbilikale, Säugling 852 Herzenzyme 1057 Herzfehlbildung 830 Herzfehler – azyanotischer 965 ff – kongenitaler 959 ff – – Links-rechts-Shunt – – – auf Ventrikelebene 970 ff – – – auf Vorhofebene 965 ff – – Rechts-links-Shunt 974 ff – zyanotischer 974 ff Herzgewicht, kritisches 984 Herzhinterwandaneurysma 991 Herzindex 808 Herzinsuffizienz – Aortenklappenstenose, kongenitale 961 – Behandlung, präoperative 183 – Fistel, arteriovenöse 922 – Herzklappenfehler, erworbener 984 – Neugeborenes 959, 969 – NYHA-Klassifikation 985 – terminale 807 f – Transposition der großen Arterien 976 – Truncus arteriosus communis 981 – Ventrikelaneurysma 991 – Ventrikelseptumdefekt 970 Herzkammerdilatation, klappeninsuffizienzbedingte 984 Herzklappen-Bioprothese 986 f Herzklappenerhaltende Operation 986 Herzklappenersatz 92, 986 f – Indikationsstellung 985 – Rekonstruktion, plastische 986 Herzklappenfehler 984 ff
Herzklappeninsuffizienz 984 f Herzklappensklerose, idiopathische 986 Herzklappenstenose 984 Herzkontusion 1000, 1057 f Herzkrankheit, koronare 987 ff – – Behandlung, präoperative 183 Herzkranzarterien 988 Herz-Kreislauf-Unterstützungssystem 808, 810 Herz-Lungen-Maschine 947 ff Herz-Lungen-Spende, Kriterien 815 Herz-Lungen-Transplantation 813 ff – Entnahme 815 – Kontraindikation 814 f – Letalität, perioperative 817 Herzoperation – am geschlossenen Herzen 947 f – am offenen Herzen 948 ff Herzreoperation 950 Herzrhythmusstörung 992 ff – bradykarde 992 – kreisende Erregung 994 – Ostium-secundum-Defekt 968 – tachykarde 994 – Ventrikelaneurysma 991 Herzschrittmacher 992 f – Elektrodenimplantation 993 – Funktion – – duale 993 – – getriggerte 992 – temporärer 993 Herzstillstand, intraoperativer 951 Herztransplantation 807 ff – Abstoßungsdiagnostik 811 f – Altersgrenze 808 – Antibiotikaprophylaxe 811 – Explantation des erkrankten Herzens 809 f – Funktionsstörung, postoperative 810 – heterotope 807 – Immunsuppression 811 – Implantation 809 f – Infektionsmonitoring 811 – 5-Jahres-Überlebensrate 812 – Kontraindikation 808 f – orthotope 807 – Vaskulopathie 812 Herztumor 995 Herzverletzung 999 f – Übernähung 947 f Herzversagen, univentrikuläres, temporäres 953 Herzwandaneurysma 991 f Herzwandruptur 995 Hexenschuss 1487 H-Fistel, ösophagotracheale 820 f Hiatoplastik 287, 307, 633 Hiatus – aorticus 303 f – oesophageus 303 f
1513 Hiatusgleithernie, Säugling 845 f Hiatushernie 286, 304 ff – axiale 304 ff – Säugling 845 f Hiatusplastik 846 Hiebwunde 7 High-dose-Heparinisierung 163 Highet-Grading der Sensibilitätsstörung 1493 Highet-Kräfteskala 1492 High-grade-Tumor 766 High-LET-Strahlen 251 High-output-Fistel 373 Hilfslinien, thorakale 1001 Hill-Sachs-Läsion 1126 f Hinterstrangläsion 1351 von-Hippel-Lindau-Syndrom 243, 1415 Hippokrates-Handgriff 1338 Hippokrates-Humeruskopfreposition 1127 f Hirnabszess 35, 1433 f Hirnarterienverschluss, embolischer 158 Hirnatrophie 1440 Hirnbiopsie 1363 Hirnblutung s. Blutung, intrazerebrale; s. Hämatom, intrazerebrales Hirnchirurgie, Komplikation 1343 Hirndruckmessung 1342, 1391 – kontinuierliche 1366 f Hirndrucksteigerung (s. auch Drucksteigerung, intrakranielle) 1364 f – Ependymom 1410 – Glioblastom 1411 – hämatombedingte 1395 – Kraniostenose 1454 – Perfusion, zerebrale 1366 f – nach Schädel-Hirn-Verletzung 1343 – schnelle 1414 – supratentorielle 1365, 1377 f – Therapie 1368 ff – tumorbedingte 1406 Hirndruckwellen 1368 Hirndurchblutung 1366 f – Autoregulation 901 – – Verlust 1369 f – regionale 1366 Hirnembolie 1032 Hirnfunktionsverlust, Irreversibilitätsnachweis 776 f Hirngefäße 1346 ff – arterielle Verschlusskrankheit 1473 ff Hirngefäßmalformation 1363 Hirngewebsdruck 1360 Hirninfarkt – lakunärer 1474 – raumfordernder, Kraniektomie, dekompressive 1371 Hirnleistungsschwäche 1439 Hirnlokale Zeichen 1342 Hirnmassenverschiebung 1365
1514 Hirnmetastase(n) 1419 Hodentorsion 870 f Hirnnerven 1344 ff Hodentumor, Gynäkomastie – Ausfallsymptome 1346 742 Hodgkin, Morbus 585 Hirnnervenschädigung Hoffmann-Tinel-Zeichen – Aneurysma, intrakranielles 1295, 1493 1456 f Hohlhandphlegmone 1288 f – frakturbedingte 1387 Hohlorganperforation 187, Hirnödem 93, 1365 ff 199 f, 211 f, 375 – perifokales 1411, 1419, 1466 – – Therapie 1472 Hohlorganverletzung, Poly– postoperatives 1343 trauma 1246 Hohlvene, obere, linke 983 – Subarachnoidalblutung Hohlvenenfehleinmündung 1461 983 f – Therapie 1369 f – vasogenes 1366, 1369, 1466 Homann-Zeichen 935 Homograft, Herzklappener– zytotoxisches 1366, 1369, 1467 satz 987 Homöostase 99 Hirnschädigung Homovanillinmandelsäure – schockbedingte 75 858 – traumatische, gedeckte Homovanillinsäure im Urin 1390 1494 Hirnschenkel 1349 Homunkulus Hirnstamm 1352 – motorischer 1350 Hirnstammblutung 1469 f Hirnstammreflexe 776 f, – sensorischer 1350 f 1355 f Hormon Hirnstammsyndrom, trauma- – adrenokortikotropes s. tisches, sekundäres 1377 ff ACTH – antidiuretisches 99 Hirnsubstanzdefekt, post– natriuretisches, atriales 100 hämorrhagischer 1471 – thyreoideastimulierendes s. Hirntod 776 f, 1354, 1357 f – hirndruckbedingter 1364 f TSH Hirntumor 1405 ff Hormonproduktion, paraneo– Chemotherapie 1432 f plastische 695 – Kindesalter 1412 Hormonspiegel, Postaggres– Strahlentherapie 1429 ff sionsstoffwechsel 135 f Hormontherapie, Mammakar– Turcot-Syndrom 424 zinom 739 f – WHO-Klassifikation 1406 f Hirnvenen 1347 f Horner-Syndrom 660, 997, – innere 1347 f 1026, 1047 Hirschsprung, Morbus 430, Hornhautspende 779 435, 849 f Hörstörung 1346 Hirudin 163 ff – Akustikusneurinom 1413 – Antagonisierung 166 Hospitalinfektion 31 – Kontraindikation 165 Hospitalismus 25 f Hirudininfusion 164 Hospitalkeime 25 Histaminliberation 88 f Host versus graft reaction 781, 784 – gelatinebedingte 114 Histaminrezeptoren 89 Howard-Myers-ÖsophagusHistaminrezeptorenblocker bougierung 821 (s. auch H2-Rezeptor-AntaHowell-Jolly-Körper 575 f H2-Rezeptor-Antagonisten gonisten) 89 f, 114 Histoinkompatibilität 781 89, 289, 334 His-Winkel 285, 846 – Morbus Ménétrier 344 – stumpfer 309 – Refluxösophagitis 287 HIV-Infektion 48 ff – Stressulkus 330 – medizinisches Personal 51 – Ulkustherapie 327, 334 HTX s. Herztransplantation – transfusionsbedingte 126 Hueter-Dreieck 1142 HLA-Klasse-I-Antigen 780 HLA-Klasse-II-Antigen 780 Hueter-Linie 1142 HLM s. Herz-Lungen-Maschine Hüftgelenk 1184 ff HLTX s. Herz-Lungen-Trans– Bewegungsausmaß 1092, plantation 1184 HNPCC (hereditary nonpoly– Inspektion 1185 – Luxationsfraktur 1201 posis colorectal cancer; hereditäres Kolonkarzinom) – Ossifikation, periartikuläre 426 1184, 1189 Hochrotation, Bewegungsaus- – Palpation 1185 Hüftgelenkarthrose, posttraumaß 1093 matische 1189 Hodenektopie 870 Hodenhochstand 869 f Hüftgelenkendoprothese Hodenschmerzen 382 1192, 1194
Sachverzeichnis
Hüftgelenkersatz 1189 Hüftgelenkinfektion 1109 Hüftgelenkinstabilität 1189 Hüftgelenkluxation 1186 ff – Reposition 1187 Hüftgelenkstabilität 1188 Hüftkopf s. Femurkopf Hüftschraube, dynamische 1192, 1195 f Hühnerbrust 1017 Human immunodeficiency virus s. HIV Humanalbumin 122 f, 130 b-Human-Choriogonadotropin 1410 f Humeroulnargelenk, Palpation 1143 Humerus, distaler, Ossifikationszentren 1139 f Humerusepiphyse, proximale 1135 Humerusfraktur – distale 1138 f – – kindliche 1139 – Lokalisation 1071 – proximale 1132 ff – – geburtstraumatische 1136 – – kindliche 1135 f – – Klassifikation 1133 f – suprakondyläre 1138 – – Kindesalter 1086, 1139 f Humeruskopfdepressoren 1125 Humeruskopffraktur 1132 ff Humeruskopfhochstand 1130 f Humeruskopf-Impressionsfraktur 1126 f Humeruskopfneigung 1126 Humeruskopfnekrose, avaskuläre, posttraumatische 1132, 1134 Humeruspseudarthrose 1138 Humerusschaftfraktur 1136 ff Hundebandwurm 53, 513 f Hungerstoffwechsel 137 Hunt-und-Hess-Graduierung 1458, 1463, 1467 Husten 277, 294 Hutchinson-Handgriff 848 HWS s. Halswirbelsäule Hydatektomie 54 Hydramnion 280, 820 Hydrocele – funiculi spermatici 854 f – testis 854 ff Hydrocephalus s. auch Hydrozephalus – communicans 1438 f – e vacuo 1439 f – internus 1461 – malresorptivus 1438 f – occlusus 1343, 1379, 1436 f Hydronephrose 709 – Säugling 862 f Hydroxyäthylstärke 115, 881 21-Hydroxylase-Defekt 698 17-Hydroxyprogesteron, erhöhtes 698 Hydrozele 632, 747
Hydrozephalus (s. auch Hydrocephalus) 1436 ff, 1448, 1451 – Säuglingsalter 1441 ff – tumorbedingter 1410 – Ursache 1353 Hygienebeauftragte/r 26 Hypalbuminämie 122 Hypalgesie, segmentale 1483 Hypästhesie, segmentale 1483 Hyperabduktionssyndrom 900 Hyperaldosteronismus – glukokortikoidsupprimierbarer 696, 698 – idiopathischer 696, 698 – perioperativer 107 – primärer 696 ff Hyperazidität 331 Hyperbilirubinämie 473, 476 ff, 490 Hyperextensionstrauma – Fingerendgelenk 1273 – Handgelenk 1284 Hyperfibrinolyse 153 f, 172 – reaktive 147 Hypergastrinämie 333 Hyperglykämie 217 – paraneoplastische 236 – Postaggressionsstoffwechsel 136 Hyperhydratation 97, 100 – hypertone 102, 107 – hypotone 103, 107, 109 – isotone 102, 107 Hyperimmunglobulin 801 Hyperinsulinämie, Postaggressionsstoffwechsel 136 Hyperkaliämie 97 Hyperkalzämie 98, 680 ff, 685 – Therapie 689 Hyperkapnie 1008 f Hyperkoagulabilität – paraneoplastische 236 – Thromboseentstehung 934 Hyperkortisolismus s. Cushing-Syndrom Hypermagnesiämie 98 Hypermetabolismus, Postaggressionsphase 135, 141 Hyperparathyreoidismus 679 ff, 683 – asymptomatischer 687 – Diagnostik 684 ff – Mehrdrüsenerkrankung 688 – Operationsindikation 687 – primärer 679 ff – renaler 682 – sekundärer 682 – tertiärer 682 Hyperperistaltik 198 Hyperphosphatämie 99 Hyperphosphaturie 680 f Hyperpigmentation 557 – NNR-Insuffizienz 699 Hyperplasie, fokal noduläre, der Leber 517 f – – – Szintigramm 510 Hypersekretion, gastrale 330 f, 333 Hypersomnie 1376
Sachverzeichnis
Hypersplenismus 558, 579 Hypertension, portale 533 ff – – β-Blocker 538, 542 – – Duplex-Dopplersonographie-Befund 537 – – Kollateralkreislauf 534 f Hyperthyreose 658 f, 661 f – Diagnostik 669 – diffuse, immunogene s. Basedow, Morbus 662 – latente 663 – paraneoplastische 236, 658 Hyperthyreosis factitia 658 Hypertonie – arterielle 182 – – Hämatom, intrazerebrales, spontanes 1466 – – Hyperaldosteronismus, primärer 696 – – hypokaliämische 696 f – – paroxysmale 702, 704 – – Phäochromozytom 702 – pulmonale 814, 1037 Hypertrophie, rechtsventrikuläre 963, 976 f Hyperventilation 104, 106 – Hirndrucksenkung 1370, 1395 – neurogene, zentrale 1373 Hyperventilationstetanie 106 Hypervolämie, transfusionsbedingte 125 Hypoadrenalismus 93, 699 f Hypoaldosteronismus nach Adrenalektomie 698 Hypoganglionose 849 Hypogonadismus 742 Hypokaliämie 97 – Hyperaldosteronismus, primärer 696 Hypokalzämie 98, 682, 684 f Hypomagnesiämie 98 Hyponatriämie, Säugling 844 Hypoparathyreoidismus 684 f Hypoperistaltik 198 Hypophosphatämie 680 f Hypophysenadenom 1416 ff – Entfernung, transsphenoidale 695, 1418 – hormonaktives 1416 – supraselläres Wachstum 1417 f Hypophysenapoplexie 1416 Hypophyseninsuffizienz 1418 Hypophysenkarzinom 1416 Hypophysenvorderlappeninsuffizienz 699 – akute 93 Hypospadie 867 f Hypotension, Schock, septischer 84, 86 Hypothalamus 1352 Hypothalamus-HypophyseNNR-Regelkreis 694 Hypothermie, induzierte 955 Hypothyreose 658 f, 665 – Diagnostik 669 – Substitutionstherapie 676 Hypotonie, muskuläre 1352 Hypoventilation 105 – alveoläre 1008 f Hypoxämie 1008 f
Hypoxie 1008 – Schock 71, 73, 83 – Wundheilungsbeeinflussung 15
I IABP s. Ballongegenpulsation, intraaortale ICAM-1/2 782 ICP (intrakranieller Druck) 1360 Ikterus 476 ff – Askaridiasis 55 – hämolytischer 477 – hepatozellulärer 477 – intermittierender 489 – intrahepatischer 477 – konnataler 830 – postaggressiver 74 – posthepatischer s. Verschlussikterus – postoperativer 524 – prähepatischer 477 – schmerzhafter 484 – schmerzloser, progredienter 493 Ileitis terminalis s. Crohn, Morbus Ileocolitis regionalis s. Crohn, Morbus Ileostoma 379 – terminales 402 Ileotransversostomie 416 Ileumatresie 836 ff Ileus 202 ff – Dickdarmdivertikulitis 396 – Fremdkörper 377 – hoher 202 f – Körperwasserumverteilung 110 – mechanischer 202, 204 ff – – Auskultationsbefund 188, 198 – paralytischer 201, 203 f, 207 – – Auskultationsbefund 188, 198 – Pathophysiologie 205, 207 – Radiologie 188 f – Säugling 846 f – tiefsitzender 202 f – tumorbedingter 373 Iliosakralgelenk 1173 Iliosakralgelenksprengung 1178 Ilizarov-Verfahren 1090 Immunabwehrschwäche 1039 Immunantwort 781 ff – Downregulation 783 – humorale 781, 783 – zelluläre 781, 783 Immunarteriopathie 894 Immunglobulin-M 575 Immunhistochemie 766 Immunisierung, spezifische, aktive, Tumorbehandlung 256 Immunität 29 Immunkoagulopathie 152
Immunsuppression 784 f – Appendizitis 386 – Erhaltungstherapie 785 f – fremdblutbedingte 249 – Induktionstherapie 785 f – Nierentransplantation 794 – schockbedingte 75 Immunsuppressiva 787 f, 800, 805, 811, 817 – Nebenwirkung 787 f, 796 – Wundheilungsbeeinflussung 15 Immunsystemaktivierung – bei Fremdantigenexpression 244 f – Gentherapie 257 Immunszintigraphie, Leber 510 f Immuntherapie 256 Immunvaskulitis 890 Impingementsyndrom 1129 f Impingement-Test 1117 f, 1130 Impression – basiläre 1444 ff – federnde 1097 Impressionsfraktur 1096 f – Humeruskopf 1126 f – Schädel 1385 f, 1395 Incontinentia alvi 463 ff – – mechanische 463 f – – myogene 463 f – – neurogene 464 f – – sensorische 463 f – – symptomatische 463 Indikationsformen 194, 268 Indikationsstellung 194 Indometacin, Ductus-arteriosus-Verschluss 972 Induratio penis plastica 1291 Infekt, opportunistischer 50 Infektion 27 ff – chirurgische 27 ff – gasbildende 40 f – Hand 1284 ff – intraabdominelle 34 – intrakranielle 1384 – kryptoglanduläre 447 – lokale 28 – nekrotisierende 29 – nosokomiale 31 – parasitäre 53 ff – postoperative 31 ff – – Risikofaktoren 29 – pyogene 27 – Schutzmechanismen 28 – systemische 29 – transfusionsbedingte 125 f – venerische 447 – Vermeidung 26 – virale 48 ff Infektionsmonitoring, Herztransplantation 811 Infektpseudarthrose 1089, 1108 Infektsanierung 26 Infiltrat, bretthartes 45 Infiltrationsanästhesie 1254 Infraorbitalrand, Stufenbildung 1336 Infrarotkoagulation – Hämorrhoiden 439
1515 – Milzoperation 586 Infusionslösung, niedrigkalorische 136 Infusionstechnik 138 Infusionstherapie, perioperative 109 Inguinalhernie s. Leistenhernie Inkarzeration 746, 747 ff Inkongruenz, radioulnare 1155 Inlet-Aufnahme 1176 Innenknöchelabscherfraktur 1068 Innenknöchelfraktur 1228 f Innenmeniskus 1207 Inodilatoren 92 INR (International Normalized Ratio) 166 Insektenstich 9 – Halsbereich 650 Insellappen 1263, 1308 ff Inseltransplantat – Einschwemmung 805 – Gewinnung 804 – 1-Jahres-Überlebensrate 806 – Kryokonservierung 805 Inseltransplantation 802 ff – Immunsuppression 805 – Komplikation, postoperative 805 Insertionstendopathie 901 In-situ-Venenbypass 885 f Inspektion 181 – nach Unfall 1092 INSS (Internationales Neuroblastomstadiensystem) 858 Instabilität, karpale 1284 f Instrumente – laparoskopische 624 – neurochirurgische 1343 Insuffizienz – chronisch venöse 931, 941 – – – Fistel, arteriovenöse 922 – – – Thromboseprophylaxe 941 – renovaskuläre 911 – vertebrobasiläre 905 f – zerebrovaskuläre 902 ff Insulin-Hypoglykämie-Test 694 Insulinmangeldiabetes 802 Insulinom 567 Insulintest 319 Insulinwirkung, Postaggressionsstoffwechsel 136 Integrelin 173 Intentionstremor 1352 Interdigestivphase 316 a-Interferon, Tumorbehandlung 256 Interkostalneuralgie, postoperative 1009 Interleukin-2, Tumorbehandlung 256 Intermediärcephalosporine 60 f Intermediärfilamente 766 International Normalized Ratio (INR) 166
1516
Sachverzeichnis
Internationales Neuroblastomstadiensystem 858 Interponatnekrose 302 Intervention – computertomographisch geführte 185 – ultraschallgeführte 185 Intima 873 Intimadissektion bei PTCA 990 Intoxikationsschock 70, 94 Intracellular adhesion molecules 782 Intrakutannaht 22 Intrazellulärraum 95 ff Intrinsic factor 315 Intrinsic-plus-Stellung 1256 f – bei Strecksehnendurchtrennung 1271 Invagination 185 f, 373, 846 ff – ileoileale 847 – ileokolische 847 f – ileozäkale 847 – kolokolische 847 – rektale 429 – Säugling 846 ff Inzidentalom 704 ff Inzisionsbiopsie, Weichteiltumor 769 IPD (intermittierende Peritonealdialyse) 790 Iritis 369 IRV (inspiratorisches Reservevolumen) 1007 Ischämie – anfallsartige 892 – arterielle mesenteriale, akute 375 – intestinale 375 – komplette 889, 891 – mesenteriale, nicht-okklusive 907, 910 – neuromuskuläre, Kompartmentsyndrom 1087 – posttraumatische 912 – transitorische ischämische Attacke 889, 902 f, 1474 – zerebrale, Schädel-HirnTrauma 1374 Ischämiesyndrom – akrales 892 f – viszerales 906 ff Isotope, radioaktive 251 Isoxazolylpenicilline 59 f Isthmus glandulae thyreoideae 655 ITP (idiopathische thrombozytopenische Purpura) 584 Itraconazol 67 f
J James-Fasern 994 Jeep’s disease 454 Jefferson-Fraktur 1160 Jejunostoma 302 Jejunumatresie 836 ff Jejunumdivertikulose 361 Jejunuminterposition 352 – ösophagoduodenale 348 f
131J-Metaiodobenzylguanidin-
Szintigraphie 703 131J-MIBG (131J-Metaiodobenzylguanidin) 703 Jobe-Test 1117 Jobst-Trikotage 234 Jochbeinfraktur 1333, 1335 f Jochbeinprominenz, Abflachung 1336 Jod-131 677 Jodaufnahmehemmung 677 Jodid-Therapie 677 Jodmangel 659 ff Jodverwertungsstörung 660 Johnson-Klassifikation, Ulcus ventriculi 330 f J-Pouch 402 f Judet-Klassifikation, Radiushalsfraktur 1148 Judet-Letournel-Klassifikation, Azetabulumfraktur 1182 Jung-Operation 1017
K Kaffeesatzerbrechen 178 ff Kahnbeinfraktur 1278 ff – bei radiolunärer Luxation 1283 f Kahnbeininstabilität 1285 Kahnbeinpseudarthrose 1280 Kahnschädel 1452 ff Kalium 97 f – Mangel 97 – Substitution 97 Kalkaneusfraktur 1231, 1233 ff Kalkaneusgelenkflächen 1233 Kalkeinlagerung, Pankreas 554, 558 Kallus 1077, 1079 – fehlender 1088 Kallusdistraktion 1090 – bei Pseudarthrose 1089 Kalottenberstungsfraktur 1382 f Kalottendefekt 1385 Kältetest 876 f, 893 Kaltwasserbehandlung bei Verbrennung 206 f Kalzitonin 98, 656, 672 Kalzitoninwert, hoher 667 Kalzium 91, 98 Kalziumantagonist 704 Kalziumhomöostase 678 f Kalziumkonzentration – im Serum 679 – im Urin 685 Kalziumresorption, intestinale, übermäßige 680, 682 Kammerflimmern 993 Kapillarleck 84 – Kompartment, geschlossenes 1086 – Verbrennung 225, 232 Kapillaropathie 892 Kaposi-Sarkom 50, 926 f Kapsel-Band-Zerreißung 1101 Kapselfibrose 1313, 1316 Karbunkel 38
– Milzbrand 47 – im Nacken 652 Kardia, intrathorakale 309 Kardiainsuffizienz 284 ff Kardiakarzinom 345, 348, 594 Kardiomyopathie – dilatative 807 – hypertrophe 961 f – ischämische 807, 993 f – septische 85 Kardioplegie 951 f – hypotherme 952 Kardioplegielösung s. Lösung, kardioplegische Kardiovaskuläre Funktion, Operabilitätsbeurteilung 182 Kardioversion 993 Kardioverter-Defibrillator, implantierbarer, automatischer 993 Karotisaneurysma 1456 f – poststenotisches 903 Karotisangiographie 904 Karotisdesobliteration 905 Karotisdreieck 641 f Karotisgabelstenose 902 Karotis-Glomus-Tumor 927 Karotisoperation 903 Karotisstenose 880 f, 902 ff, 1474 f – DSA-Angiographie 881 Karotisstromgebiet, Aneurysmalokalisation 1456 Karotissyphon 1346 Karotis-TEA 903, 905 Karotisverschluss 902 Karpalknochenfraktur 1277 ff Karpaltunnel 1275, 1295 f – Computertomographie 1252 Karpaltunnelsyndrom 901, 1155, 1295 ff Karzinogen 242 ff Karzinoid 374 f, 388 – pulmonales 1053 – Rektum 421 Karzinom 237 – cholangiozelluläres 521 f – hepatozelluläres 519 ff – – Szintigramm 510 – immunsuppressivabedingtes 796 – kloakogenes 460 f – kolorektales 409 ff – – Häufigkeitsverteilung 412 – – Lebermetastasen 522 f – – metachrone Multiplizität 420 – – Palliativeingriff 419 Karzinomexstirpation, transanale 417 f Karzinomrisiko – Adenom 409 – Colitis ulcerosa 400 – Lynch-Syndrom 426 – Morbus Crohn 370 – Peutz-Jeghers-Syndrom 424 – Polyposis – – adenomatöse, familiäre 422
– – juvenile, familiäre 425 Katecholamine 78, 83, 87, 90 – Postaggressionsstoffwechsel 135 Katecholaminkonzentration – im Plasma 702 f – im 24-Stunden-Urin 702, 705 Katheter, intravenöser s. Venenkatheter Katheterablation akzessorischer kardialer Leitungsbahnen 994 Katheterangiographie, selektive 880 Katheterjejunostomie 140 Katheterthrombolyse 882, 897 – Beinvene 935 Kationen 96 Kava-Schirm 938 Kava-Sperroperation 938 Kaverne, tuberkulöse 44, 1040 Kavographie 856, 939 Kawasaki-Syndrom 894 Kehr-Zeichen 583 Keilfraktur 1070, 1072 Keilresektion, pulmonale 1041, 1043 Keloid 19 f, 221, 234, 1300 f Kennmuskeln 1362, 1422, 1483 Kennmuskelparese, Bandscheibenvorfall – – lumbaler 1488 – – zervikaler 1483 f Kent-Bündel 994 Keratozyste 1326 Kerckring-Falten, Strickleitermuster 208 Kernig-Zeichen 1356 Kernpolymorphie 235 Kernschatten, Mammakarzinom 725 Kernspintomographie s. Magnetresonanztomographie Ketonkörper 137 KHK s. Koronare Herzkrankheit Kieferameloblastom 1328 Kiefergelenkankylose 1338 Kiefergelenkfraktur 1338 Kieferhöhleneinblutung, Mittelgesichtsfraktur 1334 f Kieferknochentumor, maligner 1332 Kieferköpfchenreposition 1338 Kieferodontom 1329 Kieferosteomyelitis 1322 f Kieferzyste 1325 f – follikuläre 1326 – radikuläre 1326 Kielbrust 1017 Killerzellen, lymphokinaktivierte 256 Kinine 27 f Kinking 902 Kippscheiben-Kunststoffprothese 986 f
Sachverzeichnis
Kirchmayer-Beugesehnennaht 1268 f Kirchmayer-Strecksehnennaht 1272 Kirschner-Draht-Osteosynthese – Humerusfraktur, proximale, kindliche 1136 – Lisfranc-Luxationsfraktur 1237 f – Radiushalsfraktur 1149 Kissing ulcus 327 Kissing-ballon-Technik 882, 898 Klammernahtgerät 1050 Klatskin-Karzinom 494 Klaviertastenphänomen 1116, 1120 Klavikulafraktur 1119 f Kleinhirn 1352 Kleinhirnblutung 1468 ff Kleinhirnbrückenwinkel-Syndrom 1413 KleinhirnbrückenwinkelTumor 1412 f , 1420 Kleinhirneinklemmung 1379 Kleinhirnhämangioblastom 1415 Kleinhirnstörung 1352 Kleinhirnwurmdysgenesie 1451 Klemmgriff 1250 Klinefelter-Syndrom 869 – Mammakarzinom 743 Klippel-Feil-Syndrom 1444, 1446 Klippel-Trenaunay-Syndrom 922 f Klitorishypertrophie 698 Kloakenmissbildung 838 Klopfschalldämpfung, thorakale 1018 Kniegelenk 1203 ff – Arthroskopie 1205, 1208 – Bandverletzung 1205 – Druckschmerz 935 – Einknicken 1203 – Hämarthros 1211, 1215 – Innenrotationstrauma 1205 – Kombinationsverletzung 1206 – Retinaculum, mediales, Ruptur 1210 f – Seitenbandstabilitätsprüfung 1203 – Stabilitätsprüfung 1203 – Streckapparat 1212 – Streckausfall 1211, 1214 – Streckhemmung 1208 – unhappy triad 1206 – Valgus-Flexions-Außenrotations-Verletzung 1206 – Varus-Flexions-Innenrotations-Verletzung 1206 Kniegelenkarthrose, posttraumatische 1201, 1218 Kniegelenkerguss 1203 Kniegelenkinfektion 1109 Kniegelenkinstabilität – hintere 1204 f – posterolaterale, isolierte 1204
– vordere 1203 Kniegelenkluxation 1101, 1206 f Kniegelenkrotation, forcierte 1098 Kniegelenkschmerz 1203 – mit Ursache im Hüftgelenk 1184 Kniegelenküberstreckung 1097 f Knöchelfraktur 1228 ff, 1231 Knochen, lamellärer 1077, 1079 Knochenatrophie, Algodystrophie 1295 Knochenbruch s. Fraktur Knochendysplasie, fibröse 1421 Knochenentkalkung 680 f Knochenentzündung, lokale s. Osteitis Knochenheilung 1077 ff – primäre 1077 f – sekundäre 1077, 1079 – verzögerte 1088 Knocheninaktivitätsatrophie 1082 Knocheninfektion 1103 ff – posttraumatische 1090 Knochenmarkentzündung s. Osteomyelitis Knochenmarkmikrometastasen 734 Knochenmarktransplantation 251 – Immunreaktion, reverse 784 Knochenmarkzellen, Chemotherapiewirkung 251 Knochennummerierung 1071 Knochenreiben 1075 Knochensegmenttransport bei Pseudarthrose 1089 Knochenspan, kortikospongiöser, bei Kahnbeinpseudarthrose 1280 Knochenszintigraphie 1253, 1362 – Entzündungsaktivität 1107 Knochentuberkulose 43 Knochenzyste 680 – aneurysmatische, vertebrale 1425 Knopflochdeformität 1272 f Knorpel, artikulärer s. Gelenkknorpel Knorpelausriss 1099 Knorpelfissur 1096 Knorpelfraktur 1098 Knorpel-Knochen-Fragment, Abscherung 1099 Knorpel-Knochen-Impression, federnde 1097 Knorpel-Knochen-Transplantat, autologes 1099 Knorpeltransplantation 1099 f Knorpelverkalkung 680 Knotenstruma, hyperthyreote 661 Knuckle pads 1291 Koagulation
– bipolare 1343 – intravaskuläre, disseminierte 147, 152 ff Koagulationsnekrose 12, 292, 323 Koagulopathie 907 Kocher-Kragenschnitt 673 f Kohlendioxidpartialdruck, arterieller 1007 f Kohlenhydrate 133 – Hungerstoffwechsel 137 – Postaggressionsstoffwechsel 136 Kohlenmonoxidvergiftung 94 Kohlensäure-Hydrogenkarbonat-Puffer 103 Kokzygodynie 439, 466 Kolektomie 402 – subtotale 395, 404, 423 – totale 402, 423 Kolikschmerz 479 Kolitis (s. auch Colitis) – akute, Röntgenbefund 190 – Amöbenruhr 55 – ischämische 406 f – pseudomembranöse 65, 407 f Kollageninstillation, endoskopische, Ureterostium 866 Kollagenvlies, Milzoperation 586 Kolliquationsnekrose 12, 292, 323 Kolloid, 99mTc-markiertes 510 Kolloide – künstliche 110, 113 f – natürliche 110, 121 f Kolonaganglionose 849 Kolonanastomose 300 Kolonatresie 836 ff Kolonblutung, akute 232 Kolonchirurgie 415 ff – laparoskopische 634 f Kolondilatation 189, 203 f Kolondistension 427 f Kolonfistel 634 Kolonflora 392 Kolon-Interposition 299 Kolonisation 56 f Kolonkarzinom – hereditäres 426 – invasives, Adenom 621 – Nachsorgempfehlungen 420 – Stadien 240 – stenosierendes 413 Kolonkontrastuntersuchung 191 f – Kontraindikation 192 – Lumensprung 850 – Mekoniumileus 841 – transrektale 848 Kolonmotilität 392 Kolonpassagezeit 465 Kolonperforation 401 Kolonpolyp 407 – gestielter 619 – Karzinom, invasives 621 Kolonrahmen, leerer 400 Kolonvolvulus 427 ff Koloskopie 193, 393, 434
1517 – Colitis-ulcerosa-Ausdehnung 400 – Karzinomverdacht 413 – Polypektomie 619 Kolostoma – definitives 417 – terminales 398 Koma 776 f, 1354 – Hämatom, intrazerebrales, spontanes 1468 – Klassifikation 1377 – Schädel-Hirn-Trauma 1377 – Subarachnoidalblutung 1457 Komedokarzinom 728 Kommissurotomie 986 – geschlossene 947 f – Pulmonalklappe 964, 977 Kommunikansvenen 927 Kompartimente – intrakranielle 1364 – Unterschenkel 1214 Kompartmentresektion, Weichteilsarkom 771 Kompartmentsyndrom 890, 1086 f – nach Faszienlückenverschluss 1113 – funktionelles 1086 – Fußverletzung 1237 – Kniegelenkluxation 1206 – nach Muskelquetschung 1111 – Pilon-tibiale-Fraktur 1221 – Polytrauma 1246 – bei Unterarmschaftfraktur 1150 – Unterschenkel 1214, 1218 Komplement-Zellyse 245 Kompression, interfragmentäre 1082 Kompressionsbandage, Verbrennungsnachbehandlung 234 Kompressionsbruch 1068 f Kompressionsplatte, dynamische 1083 Kompressionssyndrom – Arteria poplitea 896 – neurovaskuläres 892, 900 f – – Hals-Schulter-Region 647 f – Raynaud-Phänomen 892 Kompressionstherapie 934, 941 – bei Lymphödem 944 Kondom, Drogen-gefülltes, verschlucktes 591 Kondylenplatte 1197 Kondylenschraube, dynamische 1195, 1197 Kondylome – AIDS 50 – perianale 446 Konglomerattumor, intraabdomineller 341 Koniotomie 653 f Kontaktheilung 1077 f Kontinenz nach Korrektur anorektaler Atresien 840 Kontinenzfaktoren, nervale 433
1518 Kontinenzorgan 433 – Störung 463 ff Kontraktur – dermatogene 1302 – narbenbedingte 20 – orale, narbenbedingte 1301 – sekundäre, Vorbeugung 1299 Kontrastmittelbreischluck 277, 283, 294, 298 f Kontrastmitteleinlauf 393, 404 f Kontrastmitteluntersuchung, gastrointestinale 190 Kontrazeption, hormonelle 517 ff Kontusion, kartilaginäre 1096 Kopfdorsalflexion, Säugling 959 Kopfnaht 22 Kopfschmerzen – akute, heftigste 1457 – Angiom, arteriovenöses 1463 – hirntumorbedingte 1406 f – okzipitale 900, 905 – spontanes intrazerebrales Hämatom 1467 – Subarachnoidalblutung 1457 Kopfschussverletzung 1397 Kopfschwartenverletzung 1382 Korakopektoralsyndrom 900 Korbhenkelshunt 937, 942 Kornealreflex 1356 Koronarangioplastie, perkutane transluminale 989 f Koronararterien 988 Koronararterienstenose 988 ff Koronararterienverletzung 999 Koronararterienverschluss, Fibrinolysetherapie 169 Koronardurchblutung, Herzstillstand, intraoperativer 951 Koronare Herzkrankheit 987 ff – – Behandlung, präoperative 183 Koronarsklerose 807 Körpergewicht, Mammakarzinomrisiko 721 Körpergewichtsverlust s. Gewichtsverlust Körperoberfläche, Verbrennungsausdehnung 222 f Körperverletzung 267 Körperwasserumverteilung 110 Korrektivbehandlung, präoperative 108 f Kortex – motorischer 1349 f – sensibler 1350 f Kortikosteron 691 Kortikotropin s. ACTH Kortisol 691 – freies, im 24-Stunden-Urin 694
Sachverzeichnis
Kortisolbiosynthesestörung 698 Kortisolkonzentration im Serum 705 Kortisolproduktion, autonome 694 Kortisolspiegel, konstanter 694 Kortisolüberproduktion s. Cushing-Syndrom Kosten-Nutzen-Analyse 263 Kostoklavikularsyndrom 648, 900 Koteinklemmung 748 Kotfistel 387 Kräfteskala 1492 Krallenhand 1275 Krampfanfälle 1356 f – Angiom, arteriovenöses 1463 – Elektroenzephalographie 1361 f – Meningeom 1414 Kraniektomie, dekompressive 1371 Kraniopharyngeom 1418 Kraniostenose 1452 ff Kraniozervikaler Übergang, Fehlbildung 1444 ff Krankenversicherung, gesetzliche 271 Kratzwunde 8 Krebsmortalität 1044 Kreiselpumpe, Kreislaufpumpe, univentrikuläre 954 Kreislauf, enterohepatischer 471 Kreislaufkollaps, orthostatischer 352 Kreislaufpumpe – biventrikuläre 954 f – univentrikuläre 953 f Kreislaufstillstand – intraoperativer, indizierter 955 – Schock, anaphylaktischer 89 Kreislauftherapie, erweiterte 83 Kreislaufzentralisation 69, 71, 79 Krepitation 1075 Kreuzband – hinteres 1207 – vorderes 1207 Kreuzbandersatz, arthroskopischer 1205 Kreuzbandruptur 1201, 1205 f – hintere 1203 f Kreuzbeinfraktur 1174 Kreuzprobe 116 Kreuzungsphänomen 153 Krise – endokrin-metabolische 93 – hyperkalzämische 681, 702 – hypertensive 702, 704 – hypothalamische 1355 – thyreotoxische 94, 659, 661 f – – Operationsindikation 673 – – Therapie 677 Kristalloide 112 f
Krukenberg-Tumor 347 Kryptektomie 447 Kryptorchismus 869 f Kryptotomie 447 Kugelzellanämie 585 Kulissenschmerz 935 Kunstherz 954 f Kunststoff-Bougies 592 f Kunststoffendoprothese – Gallengangdränage 613 f – Pankreasgangdränage 615 Kunststoff-Herzklappenprothese 986 f Kunststoff-Netz, Bruchlückenverschluss 630 f Kunststofftubus 594 f Kunststoffverband, zirkulärer 1082 Kupffer-Zellen 517 f Kurzdarmsyndrom 362, 806 – Neugeborenes 843 Kurzschädel 1452 ff Kyphose, zervikale, lokale 1165
L Laboruntersuchungen, präoperative 184 Labrum glenoidale 1125 – – Abriss 1126 f Lachmann-Test 1203 f, 1206 b-Lactam-Antibiotika 59 ff b-Lactamase-Hemmer 59 f Ladd-Bänder 832 ff Lagerungsdränage 1037 Lagerungstechnik – bei Hirndruck 1370 – Neurochirurgie 1343 Lähmung – schlaffe, traumatisch bedingte 1399 – zentrale 1350 Laktatazidose 86, 104, 113 Laktation, Brustdrüsenentzündung 716 LAK-Zellen (lymphokinaktivierte Killerzellen) 256 Lamina – praetrachealis 642 – praevertebralis 643 – superficialis 642 Laminektomie 1436, 1492 Laminotomie 1424, 1428 Längenmessung, vergleichende 1092 ff Längenwachstumsstillstand 693 Langerhans-Insel 552, 567 Langer-Spaltlinien 19 Langfingerbeugesehnen 1267 Langfingermittelgelenk-Verrenkung 1282 Langfingerstrecksehne 1270 f Langzeit-EKG 947 Langzeitoxygenierung 950 Lanzmeer-Ligament 1270 f Lanz-Punkt 382 f LAP (Leucinaminopeptidase), Cholestase 478
Laparoschisis 829 f Laparoskopie 200 – diagnostische 623 – Leberuntersuchung 473 – Magentumordiagnostik 317 – operative – – Grundausstattung 623 – – Komplikation 625 f – – Nachteile 625 – – Vorteile 625 – posttraumatische 215 Laparotomie 201 – diagnostische 322 – explorative 518, 585 – mediane 708 – posttraumatische 215 – quere 708 Lappen 1306 – myokutaner 1308 Lappenbronchien 1002 f Lappenplastik – gestielte, Handverletzung 1262 f – kombinierte 1308 – lokale 1311 f Larrey-Hernie 304 Larrey-Spalte 303 ff, 825 Lasègue-Zeichen 1356, 1487 – gekreuztes 1487 Laser – Neurochirurgie 1343 – Spinaltumorentfernung 1428 Laserkoagulation – endoskopische 426 – Milzoperation 586 Laserlithotripsie – endoskopische 611 – pankreatikoskopische 616 Lasertherapie – Bronchialkarzinom 1052 – endoskopische 301, 1052 – Ösophagusstenose, maligne 594 – Ösophagusstriktur, benigne 592 Latissimus-dorsi-Lappen 1308 f, 1312 – Mammarekonstruktion 1315 Laugenverätzung 12 – Magen 323 – Ösophagus 292 f LCDCP (Limited Contact Dynamic Compression Plate) 1083 LCIS (lobuläres Carcinoma in situ) 729 f Lebendnierenspende 775 Lebendorganspende 775 Lebensqualität 259 ff – Messung 263 f Leber – Exklusion, vaskuläre 529 – Palpation 507 – Sonographie 471 Leberabszess 515 f – Amöbiasis 55 – Candida-Infektion 56 Leberadenom, Szintigramm 510 Leberangiographie 509 f
Sachverzeichnis
Leberchirurgie – Letalität 531 – Standardisierung 524 Leber-Dünndarm-Transplantation, kombinierte 806 Lebererkrankung, chronische 798 Leberfunktion 506 ff – Ausfall 507 – Labordiagnostik 508 – Operabilitätsbeurteilung 183 – Parameter 520 Leberfunktionsstörung – Behandlung, präoperative 183 – Schock 74 Lebergrenzen 506 Lebergrößenbestimmung 507 Leberhämangiom 516 f, 926 Leberinsuffizienz 113, 507 – Ernährung, parenterale 138 – karzinombedingte 520 – Klassifikation 536 – postoperative 530 f Leberkapselriss 527 Lebermetastase 522 f, 568 – Dünndarmkarzinoid 374 – Szintigramm 510 Lebermetastasenresektion 522 ff Leberparenchymberstung 527 Leberparenchymschaden, Blutungsneigung 150 f Leberresektion 493, 523 f – anatomische 523 – atypische 529 – nicht anatomische 524 – posttraumatische 529 Leberresektionsgrenzen 506 Leberruptur 84, 199 f Lebersegmente 505 f Lebersegmentektomie 523 f Lebersegmenttransplantation 799 Lebersonographie 508 Leberszintigraphie 510 f Lebertamponade 529 Lebertransplantat – Abstoßung 800 ff – Funktionsdiagnostik 800, 786 – Überlebensrate 786, 801 Lebertransplantation 490, 516, 546, 798 ff – Anastomosen 799 f – Indikationskategorien 798 – Komplikation 801 – Laborparameter, postoperative 800 – orthotope 799 Lebertranzäpfchen 456 Lebertrauma 527 ff Lebervenenausriss 529 Leberversagen, akutes 798 Leberzelladenom s. Adenom, hepatozelluläres Leberzellschädigung 477 Leberzirrhose 533 f
– Hypertension, portale 533 ff – Säugling 830 Leberzyste, kongenitale 512 Leberzystenresektion, laparoskopische 639 Leck, endotheliales, nach Massivtransfusion 126 f LeFort-Einteilung, Mittelgesichtsfraktur 1334 f Legionella pneumophila 25, 34 Leiomyom 766 Leiomyosarkom 765 f, 769 Leistenhernie 747, 753 ff – angeborene 854 ff – beidseitige 755 – direkte 754 f – indirekte 753 f – Operation 756 ff – – extraperitoneale 632 – – minimal-invasive 630 ff, 757 – – transperitoneale 631 – Untersuchungstechnik 755 f Leistenhoden 870 Leistenkanal 753 f Leistenlappen 1307 f, 1313 Leistenregion 754, 758 Leistenschmerz, akuter 871 Leitungsanästhesie – Fingernerven 1254 f – Handgelenk 1255 – subaxilläre 1255 Leitungsbahn(en) – kardiale, akzessorische 994 – zervikale 643 f Lemniscus-trigeminalis-Läsion 1351 Lendenwirbel, Druckfestigkeit 1167 Lendenwirbelfraktur 1158, 1167 Lendenwirbelsäule, Bewegungsumfang 1159 Lentigo-maligna-Melanom 1332 Lériche-Syndrom 890 – Aortendissektion, thorakoabdominelle 920 Lesser-AIDS 49 Leucinaminopeptidase, Cholestase 478 Leukämie, chronische, lymphatische 585 Leukocyte family of adhesion molecules 782 Leukoplakie 1330 Leukozytenantikörper 125 Leukozytenfilter 117 Leukozytenszintigraphie 1107 Leukozytose nach Milzverlust 576, 588 Levofloxacin 60, 62 LFA-1 782 LFA-3 782 Lichenifikation, perianale 458 Lichtenstein-Leistenhernienoperation 757 Lichtreaktion 1356 Lichtreflexionsrheographie 928 f
– Beinvenensystem, tiefes 935 – Varizendiagnostik 932 Lidocainderivat, 99mTc-markiertes 473 Ligamentum(-a) – acromioclaviculare 1120 f – alare, Ausrissfraktur 1161 – arteriosum, Aortenisthmusstenosen-Lage 955 f – coracoclaviculare 1120 f – coronaria 505 – cricothyroideum, notfallmäßiger Schnitt 653 – deltoideum 1226 – falciforme 505, 524 – fibulocalcaneare 1225 f – fibulotalare 1225 f – glenohumerale 1124 f – hepatoduodenale, Okklusion 528 – patellae 1210 – – Ruptur 1203 – pulmonale 1002 – radiocarpium, dorsales, Zerreißung 1282 – sacroiliacum dorsale 1173 – teres capitis femoris, Knorpelausriss 1099 – thyroidea 656 – transversum atlantis, Ruptur 1160 Ligamentum-teres-Plastik 287 Limbisches System 1352 Limited Contact Dynamic Compression Plate 1083 Lincosamide 60 f Linea dentata 433 Lingula 1002 Linksappendizitis 395 Linksherzbypass 950 f – Indikation 950, 954 Linksherzinsuffizienz, Aortenstenose, kongenitale 962 Linksherzkatheteruntersuchung 947 Linksherzversagen, Ballongegenpulsation, intraaortale 952 f Links-rechts-Shunt – Flussumkehr 966 – auf Ventrikelebene 970 ff – auf Vorhofebene 965 ff Linkssversorgungstyp, koronarer 988 Linton-Linie 932 Linton-Nachlas-Sonde 539 Lipasekonzentration im Serum 554 Lipohämarthros 1138 Lipom 765 f – Brustdrüse 719 – präperitoneales 852 – thorakales 1022 Lipomeningozele 1447 Liposarkom – Computertomographie 768 – retroperitoneales 712 Liposuction 1319 Lippenkerbe 1339
1519 Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte 1339 f Lippenplatzwunde 8 Liquor – blutiger 1459 – Erregerisolierung 30 – xanthochromer 1459 Liquorabflussstörung 1436 ff Liquorableitung 1437 f – Komplikation 1442 – ventrikuloatriale 1438 – ventrikuloperitoneale 1437 f, 1442 Liquordiagnostik 1342, 1356, 1359 Liquorfistel 1362 – spinale 1403 Liquorpunktion, Subarachnoidalblutung 1459 Liquorraum 1352 f Liquorraumszintigraphie 1362, 1439 Liquorresorptionskapazität 1439 Liquorresorptionsstörung 1362, 1438 Liquorrhö 1396 Liquorvolumen 1436 Liquorzirkulation 1353, 1436 Liquorzirkulationsstörung, Aneurysma, intrakranielles 1456 Lisfranc-Fußamputation 887 Lisfranc-Gelenk 1236 Lisfranc-Luxation 1236 f, 1239 Lithium 677 Litholyse – chemische, systemische 480 – lokale 480 Lithotripsie 610 f – pankreatikoskopische 616 LMM (Lentigo-maligna-Melanom) 1332 Lobektomie – Leber 524 – pulmonale 1010, 1029, 1031, 1036 – – Tumorentfernung 1048 f – Schilddrüse 674 – zerebrale, dekompressive 1371 Lobus – pyramidalis 655 – venae azygos 1032 Loge de Guyon, Nervus-ulnaris-Kompressionssyndrom 1297 Logensyndrom 1086 f Lokalanästhetikuminjektion, subakromiale 1117 Lokalbefund 181 Lokomotion 247 Lösung – kardioplegische 950, 952 – – gekühlte 952 – – Herz-Lungen-TransplantatEntnahme 815 – – Spenderherzentnahme 809 – kolloidale 114 – kristalloide 112 f
1520 Low-dose-Heparinisierung 154 Lowenberg-Zeichen 935 Low-grade-Tumor 766 Lown-Ganong-Levine-Syndrom 994 Low-output-Fistel 371 f Low-output-Syndrom – Kreislaufpumpe, univentrikuläre 954 – Zirkulation, assistierte 952 L-Platten-Osteosynthese, Tibiakopffraktur 1216 f LTX s. Lungentransplantation Ludington-Test 1132 Lues 48 – Condylomata lata 446 – Proktitis 456 Luft – freie intraabdominelle 187, 322, 340, 396 – im Gelenk 1109 Luftembolie 642 Luftkammerschiene 1244 Luftsichel(n) – intraabdominale, Neugeborenes 837 – intrapulmonale 1040 – subphrenische 187 Lumbago 1487 Lumbalhernie 747, 760 ff Lumbalpunktion 1356, 1358 f, 1470 – Kontraindikation 1358 – Tumorzellennachweis 1415 Lumbalsyndrom 1482, 1487 f Lumboischialgie 1482, 1487 Lumpektomie 738 f Lunatummalazie 1283 Lunge, Lymphsystem 1003 ff Lungenabszess 1038 Lungenagenesie 822, 1029 Lungenaplasie 822, 1029 Lungenarterienembolie s. Lungenembolie Lungenbiopsie 1015 Lungenblase 1035 f Lungendurchblutung, erhöhte 965 f , 974 Lungenembolie 156, 159 ff, 217, 934 – fulminante 161 – massive 91, 161 – rezidivierende 814, 938 – Schweregrade 161 Lungenemphysem 814, 1035 f – lobäres, kongenitales 824 f, 1031 – panazinäres 1035 – zentroazinäres 1035 Lungenerkrankung, parenchymatöse 814 Lungenfehlbildung, kongenitale 822 ff Lungenfibrose 814 – strahlenbedingte 251 Lungenfunktion 1006 f – Operabilitätsbeurteilung 182 – postoperative 1010 – präoperative 1010
Sachverzeichnis
Lungenfunktionsstörung 1008 f – Behandlung, präoperative 183 – Schock 73 f Lungengangrän 1039 Lungengefäße 1002 ff Lungenhamartom 1042 Lungenhernie 1018 Lungenhypoplasie 304, 822 f, 1029 – Zwerchfelldefekt 826 f Lungeninfektion, parasitäre 1041 Lungenkarzinoid 1053 Lungenkeilresektion 1041, 1043 Lungenkollaps 1058 f Lungenkontusion 1057 ff, 1063 – beim Kind 1055 Lungenlappen 1002 f Lungenlappenresektion 1010, 1029 f Lungenlazeration 1062 Lungenmetastasen 1054 Lungenoberlappen-Manschettenresektion 1048 f Lungenödem – interstitielles, nach Thoraxquetschung 1055 – posttraumatisches 1057 Lungenperfusionsszintigraphie 161 Lungenresektion – parenchymsparende 1038, 1040 – Risikoabschätzung 1009 f Lungenrundherd 1040 ff, 1048 Lungenruptur 1062 Lungensegmentresektion 1010, 1032, 1041 Lungensequester 1030 f Lungensequestration 823 Lungenspende, Kriterien 815 Lungenszintigraphie 1011 f Lungentransplantat – Konservierung 813 – Reperfusionsödem 817 Lungentransplantation 813 ff – Abstoßungsdiagnostik 817 – Entnahme 815 f – Immunsuppression 817 – Kontraindikation 814 f – Letalität, perioperative 817 Lungentuberkulose 43 Lungentumor 1042 ff – epithelialer, maligner 1043 f – maligner, TNM-Klassifikation 1045 f – nicht epithelialer 1042 f Lungenüberblähung 823 f Lungenvenenfehleinmündung 965, 968 f – partielle 969 – totale 969 Lungenveränderung, zystische, kongenitale 824 f Lungenvolumina – dynamische 1006, 1008 – statische 1006 f
Lungenzyste, kongenitale 824, 1029 Luxatio – iliaca 1186 – iliopubica 1186 – ischiadica 1186 – obturatoria 1186 – pedis subtalo 1227 – praesternalis 1118 – retrosternalis 1118 – suprasternalis 1118 Luxation 1101 f – angeborene 1102 – femoro-patellare, Abscherung 1099 – Fingergelenk 1281 – habituelle 1102 – perilunäre 1283 f – Polytrauma 1245 – rezidivierende 1101 – traumatische 1101 f – veraltete 1101 Luxationsfraktur 1069, 1102 – Polytrauma 1245 Lymphabfluss – Engstellen 943 – Magen 313 f Lymphadenektomie – axilläre 736 – – brusterhaltende Operation 738 – intraperitoneale 570 – radikale 249 – retroperitoneale 570 – selektive 675 – systematische 348 – zervikale 673, 675 f Lymphadenitis 29, 38 f, 942 – zervikale 651 f Lymphadenopathie-Syndrom 49 Lymphangiom 1327 – zystisches 819 Lymphangiosarkom 943 Lymphangitis 29, 38 f, 942 – rezidivierende 943 – zervikale 652 Lymphatisches Gewebe 574 Lymphdränage – Brustdrüse 714 – Magen 313 – manuelle 944 – Rektum 391 Lymphfistel 943, 945 Lymphgefäßaplasie 943 Lymphgefäßhyperplasie 943 Lymphgefäßhypoplasie 943 Lymphgefäßtransplantat, freies 944 f Lymphgefäßverletzung 915 Lymphknoten – axilläre 714 f – – Etagen 715 – – Mammakarzinommetastasierung 732 – parasternale 715 – peripankreatische 548 – zervikale 644, 676 Lymphknotendissektion, Rektumresektion 418 Lymphknotenexstirpation, diagnostische 651
Lymphknotenmetastasen – Mammakarzinom 732, 734 – retroperitoneale 217 – zervikale 651 Lymphknotenschwellung 942 Lymphödem 943 ff – postoperatives 742 – strahlenbedingtes 252 Lymphogranuloma inguinale 457 Lymphographie 944 Lymphom, malignes – – AIDS 50 – – Magen 344 f – – Milzbeteiligung 585 – – zerebrales 1414 f Lymphosarkom 945 Lymphozele 794, 943 Lymphozytenaktivierung 782 Lymphsequenzszintigraphie 943 Lymphsystem 942 – Präparationstechnik 943 – pulmonales 1003 ff Lynch-Syndrom 426 Lysetherapie, intravasale, Hirngefäßrekanalisierung 1475 Lyssa 52 f
M Mädchenfänger 1284 Magen 313 ff – Funktionsuntersuchung 319 – Kontrastmitteluntersuchung 191 Magenausgangsstenose 320, 561, 565 – Duodenaltumor 351 – pankreaskarzinombedingte 571 – strikturbedingte 323 – ulkusbedingte 340, 343 Magenblutung, fremdkörperbedingte 324 Magen-Darm-Passage 310, 318 – Fistelnachweis 341 Magen-Darm-Trakt – Duplikatur 834 – Lageanomalie 831 ff Magendivertikel 321 Magenektasie 324, 333 – Restmagen 354 Magenfremdkörper 323 Magenfrühkarzinom 347 Magenfundusvarizen 538, 560 Magenfunktion 314 ff Magenhochzug 299 f, 821 Magenhyperperistaltik, Säugling 844 Magenkarzinom 332, 345 ff – palliatives Verfahren 349 f – Perforation 212 – Radiologie 318 Magenlymphom 344 f Magenmotolitätsförderung 335
Sachverzeichnis
Magenperforation 340 f – fremdkörperbedingte 324 – instrumentelle, nach Verätzung 323 Magenpförtnerkrampf 320 Magenpolypen 344 Magenresektion 332, 337 ff, 344 – laparoskopische 639 Magenruptur 322 f Magensaftsekretion 315 f Magensaftverlust 104 Magensarkom 344 f Magensäureproduktion 315 f Magensäuresekretionshemmung 334 Magenschleimhautbarriere 315 Magenschleimhautektopie 363 f, 371 – Meckel-Divertikel 853 Magenschleimhauterosion 325 Magensonde 320 – perkutane, endoskopisch kontrollierte Einlage 605 ff Magenspülung, Endoskopievorbereitung 602 Magenstumpfkarzinom 354 Magentumor 343 ff Magenulkus s. Ulcus ventriculi Magenverätzung 323 Magenvolvulus 320 Magnesium 98 Magnesiummangel 98 Magnesiumsulfat 98 Magnetresonanz-Angiographie 879 f Magnetresonanztomographie 187, 279 – Brustdrüsenuntersuchung 727 – Gallenwegsdiagnostik 472 f – Halswirbelsäule 1446 – Hand 1253 – Knorpelverletzungsnachweis 1096 ff – Hypophysentumordiagnostik 1417 – kranielle 904, 1342 – Leberdiagnostik 509 – Lumbalsyndromabklärung 1489 – Magendiagnostik 318 – Nebennierenuntersuchung 695, 697, 703, 705 – Nebenschilddrüsendiagnostik 686 – Neurochirurgie 1361 – Ösophagusdiagnostik 279 – Rektumuntersuchung 393 – Retroperitoneumdarstellung 708 – Rückenmarktrauma 1402 – Schilddrüsenuntersuchung 671 – Spina bifida 1449 – Spinaler Tumor 1424 – Tumordiagnostik 767 ff – Zervikalsyndromabklärung 1484 f
Magnetstimulation, transkranielle 1362 Mahorn-Ochsner-Test 928 f, 932 Maisonneuve-Fraktur 1228 f MAK (Autoantikörper gegen mikrosomales Antigen) 665, 672 Makroangiopathie – arteriosklerotische 894 – bei Diabetes mellitus 894 f Makromastie 716 Makroreplantation 1265 Makrozirkulationsstörung, Schock 69, 71 Malabsorption 357 ff Malabsorptionssyndrom, Cronkhite-Canada-Syndrom 425 Malassimilationssyndrom 358 ff Maldescensus testis 869 f Maldigestion 357 ff Malleolengabel 1227 Mallet-Finger 1273 Mallory-Weiss-Syndrom 321 f Malrotation 832 f MALT-Lymphom, Magen 344 Mamille – Blutaustritt 721 – Nekrose nach Mammareduktionsplastik 1314 – Sekretion 723 – Veränderung, Mammakarzinom-bedingte 723 Mamma s. auch Brustdrüse – Magnetresonanztomographie 727 – Palpation 724 – Sonographie 717 ff, 727 Mammaabszess 716 f, 721 Mammaadenom 719 Mammaadenose 717 – sklerosierende 718, 720 Mammaaugmentationsplastik 1313 Mammahamartom 719 Mammaherd – Biopsie, offene 728 – Markierung 725 f Mammahochstand 724 Mammahyperplasie 716 Mammahypoplasie 716 Mammakarzinom 721 ff – Ausbreitung 731 f – brusterhaltende Operation 737 ff – Chemotherapie 740 – Cowden-Syndrom 425 – diffuses 723 – duktales 728 – Erkrankungs-Level 732 – Exulzeration 723 – Familienanamnese 722 – Fernmetastasen 723, 734 – Hormonrezeptorstatus 731 – Hormontherapie 739 f – inflammatorisches 723, 729 – intraduktales 726 ff – lobuläres 728, 730 – Lokalisation 722 – Lymphknotenstatus 730
– beim Mann 722, 743 f – medulläres 729 – Metastasierung 715 – multizentrisches 738 – muzinöses 729 – Nachbehandlung 739 f – operative Therapie 735 ff – Prognosefaktoren 730 – Radiotherapie, adjuvante 739 – Rezidiv 740 f – szirrhöses 723, 725 – TNM-Klassifikation 733 f – tubuläres 729 Mammaknoten 718 ff, 723 Mammalipom 719 Mammaoperation – brusterhaltende 737 ff – Schnittführung 735 Mammareduktionsplastik 1314 Mammarekonstruktion 741 f, 1315 ff – autologe 1315 f – heterologe 1316 Mammazyste 717, 719 f – Aspirat 720 Mammographie 717 ff, 725 – nach Mammakarzinomoperation 741 Mannheimer Peritonitis-Index 210 Mannitol 1369 Manometrie – anorektale 393, 435 f, 850 – stationäre 279 Manschettenresektion 1048 f Mantelpneumothorax 1038, 1059 Marcumar 881 Marfan-Syndrom 915 – Blutungsneigung 155 Marhurka-Katheter 924 Mariske 444 f Marknagel 1084 f – Femurschaftfraktur 1199 – unaufgebohrter 1084, 1199 – Unterschenkelschaftfraktur 1219 ff Marknagelung – Fettembolie 1092 – Humerusschaftfraktur 1137 f Markraumabszess 1105 Marschfraktur 1066 Maschentransplantat 1262 Maschinenatmung 1373 Maschinengeräusch 972 Mason-Klassifikation, Radiusköpfchenfraktur 1147 Massenblutung 50 – äußere 1243 – cumarinbedingte 168 – Polytrauma 1242 f – retroperitoneale 1175 – zerebrale s. Blutung, intrazerebrale; s. Hämatom, intrazerebrales Massivtransfusion 126 f Masson-Tumor 925 f Mastalgie 717
1521 Mastdarmlähmung, traumatisch bedingte 1399 Mastektomie – partielle 739 – radikale 736 ff – – modifizierte 736 – Schnittführung 735 – totale 735 ff – – einfache 737 – – mit Lymphadenektomie 735 f Mastitis 716 f – laktationsbedingte 716 – nonpuerperalis 716 f – periduktale 720 f – puerperalis 716 Mastodynie 717 Mastopathie 717 f – Mammakarzinomrisiko 722 Mausezahn 445 Mayfield-Stadieneinteilung, Luxation, perilunäre 1283 May-Perforans 932 McBurney-Punkt 382 f McGinn-White-Syndrom 161 McGregor-Linie 1445 MCT (mittelkettige Fettsäuren) 134 McVay-Lotheisen-Leistenhernienoperation 756, 758 MDP s. Magen-Darm-Passage Meatotomie 868 Meatusstenose 868 Mebendazol 54 Meckel-Divertikel 363 f, 852 f – Resektion 364, 366 Media 873 Medianecrosis cystica 916 Medianuslähmung 1275 Mediasklerose 894 Mediastinalemphysem 289, 1061 f, 1063 Mediastinalflattern 1059 Mediastinaltumor 1025 f Mediastinalverschiebung 311, 1059 – Enterothorax 826 – Neugeborenes 822 f Mediastinitis 295, 596, 1024 f, 1061 Mediastinoskopie 1015 Mediastinotomie 1025 Mediastinum 1005 f – Dränage 1025 – Inhalt 1006 Mediatorenfreisetzung 27 f – anaphylaktisch-anaphylaktoide Reaktion 88 f – nach Massivtransfusion 127 – Schock 71 ff Medikamente – Antibiotika 59 ff – immunsuppressive 787 f – Interaktion 167 – lokal applizierbare, Verbrennungswunde 230 – ulzerogene 328 f – Wundheilungsbeeinflussung 15 Medikamentenintoxikation, Schock 94
1522 Medikamentenpumpe, implantierbare 1475 f, 1478 Medioklavikularlinie 1001 Medulla oblongata 1349, 1352 – – Dekompression 1446 – – Einklemmung 1469 Medulloblastom 237, 1412 Megakolon – congenitum 430, 435, 849 f – toxisches 50, 401 Megaösophagus 283 Megarektum, idiopathisches 430 Megaureter, kongenitaler 863 f Mehrfachtransplantation 791 Mehrfeldbestrahlung 252 Meißelfraktur, Radiusköpfchen 1068 Mekoniumabgang, fehlender 841, 849 Mekoniumileus 552, 840 ff Meläna 179 f, 602 Melanom, malignes 1332 – – anales 462 Meldepflicht, Tetanus 17 Meleney-Gangrän 41 Membran, inneratriale 973 Membranoxygenator, HerzLungen-Maschine 949 Membranpotenzial 97 Membranrezeptoren, wachstumsregulierende 251 Memory-cells 783 MEN (multiple endokrine Neoplasie) 243, 680, 683 ff – Typ I 567 – Typ II 567 – – Verwandtenscreening 672 – Typ IIa 683, 702 – Typ IIb 702 Ménétrier, Morbus 343 f Meningeom 1413 f – intraspinales 1428 f – kranielles 1420 – strahleninduziertes 1431 Meningismus, Subarachnoidalblutung 1457 Meningitis 1356 – Candida-Infektion 56 – Cryptococcus-Infektion 56 – rezidivierende, nach Schädel-Hirn-Trauma 1396 Meningoenzephalitis 1356 Meningoenzephalozele 1452 Meningozele 1447 f Meniskus 1207 Meniskusnaht 1208 Meniskusriss 1208, 1210, 1214 Meniskusteilresektion 1208 Meniskustest 1208 f Meniskusveränderung, degenerative 1208 Meniskusverletzung 1205, 1207 ff Menopauseneintritt, Mammakarzinomrisiko 721 Menschenbissverletzung 9 Menstruationseintritt, Mammakarzinomrisiko 721 Merseburger Trias 662
Sachverzeichnis
Mesalazine 401 Mesaortitis luica 48 Mesenterialabriss 377 f Mesenterialhämatom 377 Mesenterialinfarkt 213 f, 876, 889 – akuter 158, 907 ff – Röntgenbefund 190 Mesenterialminderdurchblutung, segmentale, fetale 836 Mesenterialstieltorsion 832 Mesenterialvenenthrombose 907 ff – akute 375 Mesenterialverletzung 376 Mesenterikoangiographie, selektive 395 Mesenterikographie 554, 908, 910 Mesenterikoportographie, indirekte 509 Mesenterium commune 832 f Meshgraft 231 f, 1304 Metakarpalknochenfraktur 1280 f Metallstent, selbstexpandierender 613 f – – Gallengangdränage 612 ff – – Ösophagus 596 f – – Verkürzung 597 Metaplasie, apokrine, Brustdrüse 717 Metastasenresektion 249 Metastasenzahl 249 Metastasierung 238, 247 f – hämatogene 246 Metatarsalefraktur 1231, 1239 f Meteorismus 188 Methylprednisolon 1173 Methyl-tert-butylether 481 Metoclopramid 335, 356 Metronidazol 55, 60, 62, 335 Metyrapon 696 Meyer-Druckpunkt 935 Migräne, ophthalmoplegische 1457 Mikroaneurysmen, intrakranielle 1455 Mikroangiom, arteriovenöses, intrakranielles 1462 Mikroangiopathie, diabetische 894 f Mikrochirurgie – Hirntumorentfernung 1406 – Spinaltumorentfernung 1428 Mikrodiskektomie 1490 Mikroembolien 889, 892 Mikrogenie 1339 Mikromastie 716 Mikrometastasen 247 Mikroreplantation 1265 Mikrosphären-Embolisation, Fistel, arteriovenöse 923 Mikrothrombosen 147 Mikroverkalkungen, Mammakarzinom 725 Mikrozephalie 1452 Mikrozirkulationsstörung 69, 71 f, 85
Miktionsstörung 868 Mikulicz-Sistrunk-Operation 944 Milchgangsektasie 716 f, 720 f Milchgangspapillom 720 Milchgangsulzeration 721 Milligan-Morgan-Operation 441 Milz 573 ff – Präparation 586 f Milzabszess 580 f Milzbrand 47 Milzentfernung s. Splenektomie Milzerhaltende Operationstechnik 586 Milzfieber 588 Milzgewebe, ektopes 573 Milzkapselriss 582 Milzpseudozyste 580 Milzpulpa 574 Milzruptur 8, 199 f, 581 ff – okkulte 583 – zweizeitige 581 Milzsegmentresektion 586 Milzspontanruptur 583 Milztumor 580 Milzvenenthrombose 558, 560, 565 Milzvergrößerung 584 f Milzverletzung 528, 581 ff Milzverlust 576 f Milzzyste 580 f b-Mimetika 90 Minderperfusion, zerebrale – – schockbedingte 75 – – vasospasmusinduzierte 1462 Mineralokortikoide 691 Mineralokortikoidsekretion, erhöhte 698 Mineralokortikoidsubstitution, lebenslange 699 Minervagipsverband 1160 f, 1166 Minimal-invasive Chirurgie 623 ff Minimalosteosynthese, Humeruskopf 1135 Mirizzi-Syndrom 478, 482 f, 626 Mischinfektion 27 Mitotane 696 Mitralklappeninsuffizienz 985 – AV-Kanal, gemeinsamer, partieller 967 – Kardiomyopathie, hypertrophe, primäre 962 Mitralklappenrekonstruktion, plastische 986 Mitralklappenstenose 984 f Mittelfußknochenfraktur 1239 f Mittelgesichtsfraktur 1334 f, 1387 Mittelhirnsyndrom 1378, 1468 Mittellappensyndrom 1037 Mittellinienverlagerung 1394 Mittelzügel 1270
Mizellen 471 MMF (Mycophenolatmofetil) 782, 787, 800, 805, 807 Mobilisation, kontrollierte 1269 Mönckeberg-Mediasklerose 894 Mondgesicht 693 Mondor, Morbus 930 Monitoring 79 – neurointensivmedizinisches 1343 Monokelhämatom 1334, 1336 Monoparese – Karotisstenose 902 – kortikale 1350 Monro-Kellie-Doktrin 1364, 1370 Monteggia-Verletzung 1144, 1151 f Moon-Bardet-Biedl-Syndrom 869 Moore-Klassifikation, Tibiakopf-Luxationsfraktur 1215 f Morbidität, ASA-Klassifikation 182 Morbus s. auch Eigenname – embolicus 814 Morgagni-Hernie 304, 825 f Morgagni-Krypten-Entzündung 447 Morphin 704 Morrison-Pouch 180, 215 Morton-Metatarsalgie 1493 Morton-Neurinom 1223 Moschcowitz-Purpura 156 Motherscope 611 Motilin 358 Motivation 260 Motorikstörung, radikuläre 1483 Motorische Funktion, Bewertung 1492 MOV s. Multiorganversagen MR-Angiographie (Magnetresonanz-Angiographie) 879 f MRT s. Magnetresonanztomographie MTBE (Methyl-tert-butylether) 480 Mukosaneurinome, ubiquitäre 683 Mukoviszidose 840 Multiorganversagen 69, 71 – Ileus 205, 207 – Polytrauma 1242, 1247 – Schock, septischer 86 Multiple Sklerose, Spastikbehandlung 1475 f Mumifikation 11, 39, 895 Mundbodenübersichtsaufnahme 1325 Mundhöhlenkarzinom 1330 f Mundsoor 56 f – AIDS 50 Murphy-Zeichen 485 Musculus – abductor pollicis brevis, Parese 1296
Sachverzeichnis
– biceps brachii 1116, 1131 – cricopharyngeus 275 f – deltoideus 1116 – extensor carpi radialis brevis 1142, 1145 – infraspinatus 1115, 1125 f – levator ani 433 – omohyoideus 642 – pectoralis 736, 1116 – puborectalis 433, 437 – scalenus anterior, Hypertrophie 647 f – sphincter ani – – externus 433, 437 – – internus 433 – sternocleidomastoideus 642 f, 1116 – subscapularis 1125 f – supraspinatus 1115, 1125 f – teres minor 1115, 1125 f Musculus-pronator-teres-Syndrom 1297 Muskelaktionspotenziale, Magnetstimulation, transkranielle 1362 Muskelatrophie – Schultergürtel 1115, 1294 – Sudeck-Dystrophie 1091 Muskelfaserriss 1110 f Muskelkontraktion 98 – elektrisch ausgelöste 12 Muskelkontraktur, ischämische 1087 Muskelkontusion 1111 Muskellappen 1308 Muskelnekrose, ischämische 1087 Muskelplombe 1308 Muskelquetschung 1111 Muskelschwäche 1028 Muskelstarre 17 Muskelzerrung 1110 Myasthenia gravis 1027 f Mycobacterium – africanum 43 – tuberculosis 43 Mycophenolatmofetil 782, 787, 800, 805, 807 Mycoplasma pneumoniae 34 Mydriasis, einseitige 1393, 1468 Myelinolyse, pontine 102 Myelo-CT, lumbale 1490 Myelographie 1363, 1424 – lumbale 1489 – Zervikalsyndromabklärung 1483 Myelome, vertebrale, multiple 1426 Myelomeningozele 1447 f Myelopathie, zervikale 1481, 1486 f Myelosuppression, immunsuppresivabedingte 787 Myelozele 1447 Mykose, systemische 56 f Myokarddepression – Intoxikationsschock 94 – Schock, septischer 85 Myokardhypertrophie 984 Myokardinfarkt, Schock 91 Myokardischämie 987 f
Myokardprotektion 951 f – bei extrakorporaler Zirkulation 950 Myokardrevaskularisation 989 f Myokutanlappen 1308 Myositis ossificans, posttraumatische 1111 f Myotomie, laparoskopische, bei Achalasie 639 Myxödem – prätibiales 662, 664 – primäres 665 Myxom, linksatriales 995
N Nabelbruch 751, 753 Nabelfistel 852 f Nabelhernie 747, 851 f Nabelperforation 216 Nabelrekonstruktion 852 Nabelschleife 831 Nabelschnurbruch 751, 753, 829 f Nabelschnurtetanus 41 Nachblutung 888 Nachlast 92 – Senkung 952 Nachtschweiß 1039 Nackenhaargrenze, tiefe 1446 Nackenschmerzen, posttraumatische 1160 f Nackensteifigkeit 1356 Nadelelektromyographie, Inkontinenzdiagnostik 436 f Nadelprobe 220 Naevus flammeus 1465 Nagelteilresektion 1285 Nagelverletzung 1259 f Nagelwallinfektion 1286 Nahlappen 1262 Nahrungskarenz, postoperative 136 f Nahrungsunverträglichkeit 317 Nahtaneurysma 921 Nahtentfernung 21 Nahtmaterial 21 – gefäßchirurgisches 883 Nahttechnik 22 Na+/K+-ATPase 97 Na+/K+-ATPase-Hemmstoff 100 Narbe 2 f, 1300 f Narbenbildung, Verbrennung 221 Narbenexzision 1302 Narbenhernie 764 Narbenhernienoperation, minimal-invasive 632 Narbenhypertrophie 19 – Prophylaxe 234 Narbenkeloid 19 f, 221, 234, 1300 f Narbenkontraktur 20 Narbenkorrektur, Indikation 1301 NAS (Nierenarterienstenose) 911 f
Nasenkonturkorrektur 1317 f Nasennebenhöhlenchondrosarkom 1420 Nasennebenhöhlenosteom 1419 Nasenpolypen, blutende 1494 Nasenwurzelimpression 1386 Na-99mTc-PertechnetatSzintigraphie 364 Natrium 97 Natriumdefizit, extrazelluläres 102 Natriumhydrogenkarbonat 104 Natriumkonzentration im Serum 691 f Natriumrestriktion 543 f Navigationssystem, computergestütztes 1343 Near-total thyreoidectomy 674 Nebenlunge 823 Nebenmilz 573 f Nebenniereninfarkt, hämorrhagischer 699 Nebennierenmarktumor 701 ff Nebennierenmetastase 705 Nebennierenrinde 691 ff – Überfunktion s. CushingSyndrom Nebennierenrindenadenom – aldosteronproduzierendes 696 ff – kortisolproduzierendes 693, 695 Nebennierenrindenhyperplasie – makronoduläre 696 – mikronoduläre 695 – Neugeborenes 699 Nebennierenrindeninsuffizienz 93, 699 f Nebennierenrindenkarzinom 701 – aldosteronproduzierendes 696 – androgensezernierendes 701 – kortisolproduzierendes 693, 701 – – irresektables 696 – östrogenproduzierendes 701 Nebennierenszintigraphie 697, 703 Nebennierentumor 704 ff Nebenschilddrüse 655, 678 ff – dystope 678 – Exploration, operative 688 – Feinnadelbiopsie 686 – Sonographie 685 f – Szintigraphie 686 Nebenschilddrüsenadenom 680 – Alkoholinstillation, perkutane 690 – Arteriographie 686 – Embolisation, angiographische 690 – retrosternales 689 f
1523 – Venenblutentnahme, selektive 686 f Nebenschilddrüsengewebe – Autotransplantation 682, 688 f – Kryopräservation 689 – Reduktion, operative 688 Nebenschilddrüsenhyperplasie 680, 682 Nebenschilddrüsenkarzinom 684 – En-bloc-Resektion 690 Neck dissection 690 – – funktionelle 667, 675 Neer-Klassifikation, Humerusfraktur, proximale 1133 f Nekrose – ischämische 886, 890 – – akrale 892 – trockene 11, 39, 895 Nekrosektomie 39, 231, 455 – tangentiale 231, 233 Neodym-YAG-Laser 1052 – Hämangiombehandlung 1327 f Neoplasie, endokrine multiple s. MEN Nephrektomie 911 Nephroblastom 237, 856 f Nephrokalzinose 680 f Nephrolithiasis 680 f Nephropathie, ciclosporininduzierte 788, 811 Nephrotisches Syndrom, paraneoplastisches 236 Nephrotoxizität, Antibiotika 64 f Nerv, peripherer – – Läsion 1351 – – Tumor 1494 f Nervenblockade, Schmerztherapie 1477 Nervenkompressionssyndrom – Hand 1295 ff – peripheres 1492 ff Nervenleitgeschwindigkeit 1251 – Nervus medianus 1296 Nervennaht 1276 f Nervenstimulation, elektrische, transkutane, Schmerztherapie 1477 Nervenverletzung – Beckenringfraktur 1175 f – Hand 1274 ff Nervus(-i) – abducens 1344 ff – accessorius 646, 1344 ff – alveolaris inferior, Sensibilitätsausfall 1332 – axillaris, Schädigung bei Humeruskopffraktur 1134 – – – bei Schulterluxation 1126 f, 1129 – facialis 1344 ff – glossopharyngeus 1344 ff – hypoglossus 646 f, 1344 ff – infraorbitalis, Sensibilitätsstörung 1332, 1336 – ischiadicus, Läsion 1184 – laryngeus recurrens 275, 642, 656 f, 679
1524 – medianus 1275 – – Druckschädigung 1295 ff – – Leitungsanästhesie 1255 – – motorische Testung 1275 – obturatorius 760 f – oculomotorius 1344 ff – – Kompression am Clivus 1377 – olfactorius 1344 ff – opticus 1344 ff – peronaeus, Verletzung 1228 – phrenicus, Herz-LungenTransplantation 816 f – – Perikarddekortikation 996 – – Schädigung 827 – plantaris lateralis, Kompression 1493 – radialis 1275 – – Leitungsanästhesie 1255 – – motorische Testung 1275 – recurrens, Tumorinfiltration 1047 – splanchnici 433 – thoracicus longus 1001 – tibialis, Verletzung 1201 – trigeminus 1345 f – – Dekompression, mikrovaskuläre 1479 – – mechanische Alteration 1479 – trochlearis 1345 f – ulnaris 1275 – – Leitungsanästhesie 1255 – – motorische Testung 1275 – – Palpation 1143 – vagus 1344 ff – – Mageninnervation 314 – – zervikaler 642 f, 656, 679 – vestibulocochlearis 1344 ff – – Neurinom 1413 Nervus-digitalis-Pseudoneurom 1493 Nervus-interosseus-anteriorSyndrom 1297 Nervus-ischiadicus-Läsion (Hüftgel-lux) 1188 Nervus-medianus-Verletzung, Humerusfraktur, distale 1138 f Nervus-peronaeus-Lähmung 1493 Nervus-radialis-Kompressionssyndrom 1298 Nervus-radialis-Läsion, Humerusschaftfraktur 1136 Nervus-recurrens-Irritation, Aortenaneurysma, thorakales 997 Nervus-ulnaris-Kompressionssyndrom 1297 – Loge de Guyon 1297 Nervus-ulnaris-Verletzung, Humerusfraktur 1138 f Netz, resorbierbares 363 Netzeinklemmung 748 Netzplombe 512 – gestielte 363 Netztechnik, Hauttransplantat-Aufarbeitung 1304 Neunerregel, Verbrennungsschaden 222 Neuralrohrdefekt 1447 ff
Sachverzeichnis
Neurilemmom 1495 Neurinom 1412 f, 1495 – spinales 1427 Neuroblastom 237, 858 f, 1494 Neuroblastomstadiensystem, internationales 858 Neurochirurgie – Entwicklung 1341 – Komplikation 1343 – Operationstechnik 1342 f Neurofibrom 1495 – myxoides 773 f – spinales 1427 Neurofibromatose 243, 422, 425, 1495 – Akustikusneurinom 1413 – Hirntumor 1407 – Meningeom 1413 – Phäochromozytom 702 Neurolyse, Schmerztherapie 1477 Neuronale intestinale Dysplasie 849 Neuronavigationssystem 1363 Neuropeptide 702 Neuropraxie 1275, 1492 – Nervus radialis 1298 Neurotensin 358 Neurotmesis 1277, 1492 Neutral-0-Methode 1092 f, 1129 – Hüftgelenkfunktionsprüfung 1092, 1185 – Schultergelenkfunktionsprüfung 1093 – Sprunggelenkfunktionsprüfung 1224 Nichtopioide 254 Nicoladoni-Branham-Test 922 Niere – polyzystische 860 f – im Schock 74 – vergrößerte, Neugeborenes 860 Nierenarterienneueinpflanzung 912 Nierenarterienstenose 911 f – nach Nierentransplantation 794 Nierenbeckenektasie, Säugling 862 Nierendegeneration, polyzystische 860 Nierendysplasie, multizystische 859 f Nierenerkrankung, zystische 859 ff Nierenersatzbehandlung 789 f Nierenfunktion 99 – Operabilitätsbeurteilung 183 Nierenfunktionsstörung – nach Massivtransfusion 126 f – Schock 74 Niereninfarkt, akuter 911 Niereninsuffizienz – Ernährung, parenterale 138
– Hirudin-Dosierungsanpassung 164 Nierenkolik 498 Nierenlagereinblutung 217 Nieren-Pankreas-Transplantation, synchrone 802 Nierentransplantat – Abstoßung 795 ff – CMV-positives 794 – Funktionsdiagnostik 786, 794 – Nichtfunktion, primäre 793 – Tubulusnekrose, akute 794 – Überlebensrate 786, 796 – Vermittlung 779 Nierentransplantation 790 ff – Behandlung, postoperative 793 f – erfolgreiche 792, 796 – Immunsuppression 794 – Infektionsprophylaxe, postoperative 793 – Kind 791, 860 – Komplikation 794 ff – Kontraindikation 791 f – mehrfache 791 – syngene 780 – Ureteroneozystostomie 792 f – Vorbereitung 792 Nierenversagen, akutes 74 – Ernährung, parenterale 138 Nierenzyste 1415 – solitäre 861 Nierenzysten, multilokuläre 861 Nifedipin 704 Nissen-Fundoplicatio – laparoskopische 633 – Säugling 846 Nitroimidazole 60, 62 NLG (Nervenleitgeschwindigkeit) 1251, 1297 NMR s. Magnetresonanztomographie Nmyc-Amplifikation 858 f NNR s. Nebennierenrinde Nokardiose 46 NOMI (nicht-okklusive mesenteriale Ischämie) 907, 910 Non small cell lung cancer (nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom) 1044 f, 1048, 1052 Non-Hodgkin-Lymphom 585 f – Magen 344 Nonrotation 832 f Noradrenalin 78, 701 Norfloxacin 60, 62 Normaldruckhydrozephalus 1439 f Notfall – spinaler 1357, 1423, 1426, 1435 – zerebraler 1357 Notfall-ABC 226, 1372 Notfalldiagnostik, neurologische 1357 Notfallendoskopie 292, 321, 328, 342, 600 Notfalltransfusion 127
Nottrepanation 1394 NPH (Normal pressure hydrocephalus; Normaldruckhydrozephalus) 1439 f NSCLC (non small cell lung cancer; nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom) 1044 f, 1048, 1052 Nüchternschmerz 333 Nucleus – pulposus 1158, 1480 – subthalamicus 1352 Nukleotomie, perkutane 1490 Null-Linien-EEG 777 Nullparität, Mammakarzinomrisiko 721 Nussknackermechanismus, Os-cuboideum-Fraktur 1239 NYHA-Klassifikation – Angina pectoris 989 – Herzinsuffizienz 985 Nystagmus 1356 Nystatin 67 f
O Oberarmfraktur s. Humerusfraktur Oberarmkopf s. Humeruskopf Oberarmmessung 1094 Oberarmnagel 1138 Oberbauchbeschwerden, chronische 347 Oberbauchschmerz 332 – chronischer 562 – rechtsseitiger 498 f Oberbauchsonographie 537 Oberbauchtumor, palpabler, Säugling 863 Oberkieferosteomyelitis 1322 Oberkörperhochlagerung – Hirndrucksenkung 1370, 1395 – Schädel-Hirn-Trauma 1375 Oberlid, Blepharoplastik 1316 f Oberschenkelamputation 887 Oberschenkelfraktur s. Femurfraktur Oberschenkelinnenseite, Druckschmerz 935 Oberschenkelmessung 1094 Oberschenkelvenenrekonstruktion 941 Oberschenkelvenenthrombose, Thrombektomie 937 Oberst-Leitungsanästhesie 1254 f Obliquus-externus-Lappen 1312 f Obstipation 462 f, 465 f – chronische 430 Obstruktion, gastrointestinale, fremdkörperbedingte 590
Sachverzeichnis
Obstruktionsileus, karzinombedingter 410 Obturationsileus 205 f Obturator-Aufnahme 1182 f, 1189 Obturatorbypass 899 Ödem 102 – hypalbuminämiebedingtes 122 Ödemneigung, Varikose 931 Ödemtherapie 122 Odontom 1329 Odynophagie 178, 276 Ofloxacin 60, 62 ÖGD s. Ösophago-GastroDuodenoskopie Ogilvie-Syndrom 203 f, 430 17-OHP (17-Hydroxyprogesteron), erhöhtes 698 Okklusionsileus 205 f Okklusionsstörung, posttraumatische 1334 f, 1337 f Okklusivverband 13 OKT3 782, 785, 800, 805 Okulomotoriusparese 1456 f Okzipitalkondylenfraktur 1160 Olekranon, Bursitis 1115 Olekranonfraktur 1067, 1146 f Olekranonzuggurtung 1083 Oligodendrogliom 1410 Olivenmethode nach Rehbein 821 Omentum majus, Ureterenumwicklung 709 Omphalozele 751, 753, 829 f, 832 Onkogen 246 Onkogenmanipulation 257 Operabilität 182 ff Operationsgebiet – Desinfektion 25 – Enthaarung 26 Operationsmikroskop 1342 Operationstechnik, atraumatische 1254, 1299 f Ophthalmopathie, endokrine 662, 664 Ophthalmoplegie – Arteria-carotis-Sinus-cavernosus-Fistel 1465 – internukleäre 1356 Opioidapplikation, rückenmarksnahe 1478 Opioide 254 Opisthotonus 17, 42 OPSI-Syndrom (Overwhelming-postsplenectomyinfection-Syndrom) 577 Optik, Laparoskopie 624 Orangenhaut 714, 723 Orbitabodenfraktur 1336 Orbitabodenrekonstruktion 1336 Orbitawand, laterale, Stufenbildung 1334 Orchidopexie 871 Orchitis, ischämische 632 Organdysfunktion, schockspezifische 71, 73 ff Organruptur, Blutverlust 82
Organspende 775 ff – AB0-Kompatibilität 775 – Kontraindikation, absolute 778 – Organisation 778 Organspendeoperation 779 Organspenderauswahl, immungenetische 780 Organspender-HLA-Antigen, Lymphozytenaktivierung 782 Organtransplantation s. Transplantation Organvermittlung, AB0-kompatible 778 Orgaran R 164 f Ormond-Syndrom 709 Orthostasetest 697 Os – metatarsale V, Abrissfraktur 1240 – occipitale 1344 – odontoideum 1161 – sphenoidale 1344 – supranaviculare 1238 – supratalare 1238 – temporale 1344 – tibiale externum 1238 – trigonum 1232 Os-cuboideum-Fraktur 1239 Os-cuneiforme-Fraktur 1239 Osler, Morbus 155, 925, 1031 Os-metatarsale-Fraktur 1239 f Osmodiuretika 1369 Osmolarität 99 ff Osmotherapie 93, 1369, 1395 Os-naviculare-Fraktur 1237 ff Os-occipitale-Fehlbildung 1445 Ösophagektomie 290, 300 – subtotale 348 Ösophagitis 280 f – erosive, Säugling 845 Ösophago-Gastro-Duodenoskopie 278, 283, 317, 321, 496 – Tumordiagnostik 351 – Ulkusnachweis 332 – Ulkuspenetrationsnachweis 341 – Varizennachweis 538 Ösophagojejunostomie 348 Ösophagokardiomyotomie, extramuköse, transabdominelle 283 Ösophagostomie, zervikale 290 Ösophagus 275 ff – Bolusverschluss 291 – Kontrastmitteluntersuchung 190 – Längsschrumpfung 286, 288 – Manschettenbildung 287 – Passagehindernis 178 Ösophagusatresie 280, 820 ff Ösophagusbougierung 278, 287, 592 f Ösophagusdilatation – hydraulische 594
– pneumatische 278, 283, 594 Ösophagusdivertikel 293 f Ösophagusendoprothese 594 ff Ösophagusengen 275 Ösophagusersatzoperation 299 ff Ösophagusfremdkörper 291 Ösophaguskarzinom 178, 297 ff, 594 – Fistelbildung 595 – Halsweichteilabszess 652 – Röntgenbefund 278 – mit weit kranial liegender Grenze 597 Ösophaguskompression 280 – Aortenbogenanomalie 959 Ösophagusmanometrie 279, 283, 286 Ösophagusmyotomie, zirkuläre 337 Ösophagusperforation 1025 – bei Bougierung 593 f – instrumentelle 291 – – nach Verätzung 292 – bei Lasertherapie 594 – spontane 290 – traumatische 290 f – bei Tubuseinlage 596 Ösophagusperistaltik 276 Ösophaguspräkanzerose 297 Ösophagusresektion 293 – distale 348 – subtotale 299 Ösophagusring, unterer 281 Ösophagusspasmus, idiopathischer 278, 284 Ösophagussphinkter – oberer 275 – – Myotomie 282 – unterer 276, 284, 315 – – Verlagerung nach intrathorakal 286 Ösophagusstenose 592 ff – kongenitale 280 f – maligne 594 – peptische 286 – tumorbedingte 594 Ösophagusstriktur 293 – benigne 592 ff Ösophagustranssektion 539 ff Ösophagustumor 297 ff Ösophagusvarizen 597 ff – Endoskopie 538 Ösophagusvarizenblutung – akute 600 f – Blutstillung, endoskopische 278 Ösophagusvarizenligatur, endoskopische 600 f Ösophagusvarizensklerosierung, endoskopische 278, 598 f Ösophagusverätzung 292 f Ösophagusverletzung 289 f Os-sacrum-Chordom 1426 Os-sacrum-Riesenzelltumor 1425 Os-scaphoideum-Fraktur 1278 ff
1525 – bei radiolunärer Luxation 1283 f Ossifikation, periartikuläre – – Ellenbogengelenk 1139, 1147 – – Hüftgelenk 1184, 1189 Osteitis 1103 ff – chronische 1090 – fibrosa cystica 680 f – postooperative 1107 f – posttraumatische 1090, 1104, 1107 f – – Second-look-Operation 1108 – Röntgenzeichen 1107 – Therapieprinzipien 1108 Osteoblastom, spinales 1424 Osteochondrom, vertebrales 1425 Osteochondrose 1480 f – zervikale 1486 Osteogenesis imperfecta 1065 Osteoidosteom, spinales 1425 Osteolyse 682, 1421 – vertebrale 1425 Osteom 1329 – kranielles 1419 f – Polyposis-Syndrom 421 ff Osteomyelitis 1103 ff, 1322 f – endogene 1104 – Gelenkbeteiligung 1104 f – hämatogene 1104 ff – – Erwachsenenalter 1106 – – Kindesalter 1106 – – Säuglingsalter 1105 f – tuberkulöse 1103 Osteopathie, steroidbedingte 693, 787, 811 Osteoporose 1065 – glukokortikoidbedingte 693 – Heparin-bedingte 165 – Sudeck-Dystrophie 1091, 1295 Osteosarkom, vertebrales 1425 Osteosklerose 1105 Osteosynthese 1081, 1082 ff – instabile, bei Osteitis 1090 – Kindesalter 1073 – bei Pseudarthrose 1089 Ostium-primum-Defekt 965 ff Ostium-secundum-Defekt 965, 968 Östrogenrezeptorstatus 731 Östrogenstimulation, Mammakarzinomrisiko 722 Oszillographie 878 f Otoplastik 1318 Ototoxizität, Antibiotika 64 f Ott-Zeichen 1159 Outlet-Aufnahme 1176 Ovarialkarzinom 722 Ovarialtumor 424 Overheadextension 1200 Overtube 591 f Overwhelming-postsplenectomy-infection-Syndrom 577 Oxidationswasser 95 f
1526
Sachverzeichnis
Oxygenator, Herz-LungenMaschine 948 ff Oxygenierung 83 Oxyzephalus 1452, 1454
P 6P nach Pratt 889 Pachyzephalus 1454 Packing (Lebertamponade) 529 Paget, Morbus – – analer 458, 462 – – Brustdrüse 728 Paget-von-Schroetter-Syndrom 159, 900, 939 f – Angiographiebefund 940 – Kollateralisation 939 f PAGGS-Sorbit 118 Palma-Bypass 941 f Palmaraponeurosenentfernung 1293 f Palmarfibromatose 1291 Palmarhaut, fixierte 1292 Palpation 181 – nach Unfall 1092 Panangiographie, zerebrale, selektive 1460 Panaritium – articulare 1287 – cutaneum 1286 – ossale 1287 – subcutaneum 1287 – subunguale 1286 – tendinosum 1288 Panarteriitis nodosa 894 Panarthritis 1109 Pancoasttumor 1047 Pancreas – anulare 321, 549 ff, 834 f – divisum 549 f Pankreas 547 ff – ektopes 550 – endokrines 551 f – Endosonographie 618 – exokrines 551 f – Kalkeinlagerung 554, 558 Pankreasabszess 616 ff Pankreasadenom 566 Pankreasagenesie 551 Pankreasfermentsubstitution 349 Pankreasgangdränage 615 f Pankreasgangkatheter 562 Pankreasgangstein, Extraktion, endoskopische 616 Pankreasgangsystem 549 Pankreashypoplasie 551 Pankreasinseltransplantation s. Inseltransplantation Pankreaskarzinom 568 ff Pankreaskopfkarzinom 478, 569 – Duodenuminfiltration 351 – Gallengangdränage 612 Pankreaslinksresektion 569 Pankreasnekrose 556 Pankreaspseudozyste 551, 559 f – Dränage 564
– Dränage, endoskopische 616 ff – Endosonographie 618 – Infektion 560 – infizierte 618 – Ruptur 560 Pankreasresektion 566 – duodenumerhaltende 562 f Pankreasring 834 f Pankreasschwanzresektion 562 Pankreassekret 552 Pankreastransplantat – 1-Jahres-Funktionsrate 806 – Sekretableitung 804 Pankreastransplantation 802 ff – Anastomosen 804 – Immunsuppression 805 – Komplikation, postoperative 805 Pankreastumor, hormonaktiver 567 f Pankreasverletzung 565 f Pankreaszystadenokarzinom 566 Pankreaszystadenom 566 Pankreaszyste 551, 1415 Pankreatektomie 568 – subtotale 566 Pankreatikojejunostomie 561 f – distale 562 Pankreatikoskopie 616 Pankreatitis 498, 626, 680 f – akute 552 ff – – Flüssigkeitsverlust 110 – – Kindesalter 565 – – nekrotisierende 88 – – traumatisch bedingte 565 – biliäre, chronische 484 – chronische 557 ff – dränagebedingte 616 – hämorrhagisch-nekrotisierende 554 f – nekrotisierende 217, 554 – obstruktive, chronische, Pankreasgangdränage 615 – ödematöse 556 Panphlebitis 930 Panzerkrebs 724 PAO (peak acid output) 319 Papilla – duodeni – – major 470, 549 – – – Endosonographie 609 – – minor 549 – Vateri s. Papilla duodeni major Papillektomie, endoskopische 608 f Papillenadenom 496 f, 608 f Papillenkarzinom 478, 497 – Endosonographie 609 – Gallengangdränage 612 Papillenplastik 503 Papillenresektion 503 Papillenstenose 491 Papillom, Brustdrüse 718 Papillome, orale 425 Papillotom 607
Papillotomie, endoskopische 472, 607 f , 612, 615 Pappenheim-Körper 575 Paracetamol, Tumorschmerztherapie 254 Paraneoplastisches Syndrom 235 f Paraplegie 998 Parasiteninfektion – pulmonale 1041 – transfusionsbedingte 126 Parasomnie 1380 Parasternallinie 1001 Parästhesien 890 – Thoracic-outlet-Syndrom 900 Parathormon 98, 678 f – Bestimmung 685 Parathyreoidektomie 682, 688 Paravertebrallinie 1001 Parese – Bandscheibenvorfall, lumbaler 1487 – Nervenkompressionssyndrom, peripheres 1492 – Thoracic-outlet-Syndrom 900 Parinaud-Syndrom 1352, 1356 Parkland-Formel 84, 232 f Paronychie 1286 Parotisadenom 1329 Parotistumor, maligner 1332 Parotitis, eitrige 1324 Partialinsuffizienz, pulmonale 1008 Passagezeit, oralanale 465 Patcherweiterungsplastik, Arteria carotis 903 Patchplastik 884, 886, 891, 898 – Nierenarterie 912 Patella – alta 1210 – tanzende 1203 Patellafragmente, Dehiszens 1211 f Patellafraktur 1198, 1203, 1211 f – Zuggurtungsosteosynthese 1212 f Patellahochstand 1214 Patellaluxation 1210 f – Abscherung 1099 – habituelle 1102, 1210 – kongenitale 1211 – laterale 1210 f – rezidivierende 1097, 1210 Patellaquerfraktur, Zuggurtung 1082 Patellarsehnenruptur 1212, 1214 Patellastabilisatoren 1210 Patellasubluxation 1210 Patellatiefstand 1214 Patentblau, Lymphgefäßmarkierung 943 Patey-Mastektomie 736 Patientenalter, Wundheilung 15
Pauwels-Einteilung, Schenkelhalsfraktur 1190 Payr-Test 1208 f Payr-Zeichen 935 P3D 1024 Peak acid output 319 Peau d’orange 714, 723 Pectus – carinatum 1017 – excavatum 1016 PEEP-Beatmung 1057 f PEG s. Gastrostomie, perkutane endoskopische Pena-Durchzugsoperationsverfahren 840 Pendelhoden 869 Pendelluft 1056, 1059 Penicillin V 577 Penicillinallergie 48, 65 Penicilline 59 f Penishypertrophie 698 Penisschaftkrümmung 867 f Pentagastrintest 319, 355 Pepsin 315 Peptid YY 358 Peptide, gastrointestinal regulatorische 358 Perchlorat 677 Perforansvarikosis 932 Perforansvenen 927 Perforansvenendurchstechung 941 Perforansvenenklappen, zerstörte 941 Perforation, gastrointestinale, fremdkörperbedingte 590 Perfusion, zerebrale 1366 f Perfusionsdruck, zerebraler 1343, 1366 f Perfusionsmanometrie 279 – anorektale 435 Perfusionsszintigraphie, pulmonale 1012 Perianaldermatitis 458 Perianalvenenthrombose 439, 443 f Pericarditis constrictiva 996 Periduralanästhesie – bei paralytischem Ileus 209 – Tumorpatient 253 Perikarddekortikation 996 Perikardektomie 1024 Perikarderguss 995 f Perikardfensterung 947, 996 Perikardiolyse 947 f Perikarditis 217, 995 f Perikardpunktion 92 Perikardresektion, partielle 996 Perikardtamponade 995 f – posttraumatische 999 Periportale Fibrose, Säugling 860 Peristaltikstörung 196 Peritonealdialyse 790 Peritonealersatz 830 Peritoneallavage 181 – diagnostische, posttraumatische 215 Peritonealtuberkulose 43
Sachverzeichnis
Peritoneum, dorsal parietales, Ruptur 710 Peritonismus 427 Peritonitis 209 ff, 387 – abakterielle 210 – aseptische, pränatale 841 – bakterielle 210 – – spontane 534, 544 – nach Dünndarmtransplantation 806 – Flüssigkeitsverlust 110 – kotige 396, 398 – nach laparoskopischer Adhäsiolyse 633 – lokale 382 – Magenperforation 340 – postoperative 34 – primäre 198 – urämische 217 Perizystektomie 515, 1041 Perlschnurphänomen – Abdomenaufnahme 188 – Cholangiopankreatikographie, endoskopisch retrograde 489 Peronäalsehnen-Impingement 1233 Peronäusparese 1215 Perthes-Syndrom 1055 Perthes-Test 928, 932 Pes cavus 1237 Petechien 155 f, 1055 Peutz-Jeghers-Syndrom 373, 422, 424 Pfählungsverletzung 7 f – Rektum 431 Pflastersteinrelief 367 Pflasterzügelverband 1240 PFN (proximaler Femurnagel) 1195 f Pfortader 505, 547 Pfortaderdruck 533 Pfortaderthrombose 216, 558, 560, 907 Phagozytose 244 f, 575 Phäochromozytom 683 f, 701 ff – bilaterales 702 f – extraadrenales 702 – malignes 704 Pharmakoangiographie 893 Pharmakotherapie, intrathekale, peridurale 1478 Phenoxybenzamin 704 Phenprocoumon 166 f Phimose 868 f – physiologische 868 Phlebitis migrans 894 Phlebographie 158, 169, 928 f, 932 Phlebothrombose 927 Phlegmasia coerulea dolens 159, 888, 890, 927, 938 Phlegmone 37, 930 – Halsweichteile 652 – Infektionsausbreitung 29 pH-Metrie, Ösophagus 279 Phosphat 99 Phosphatapplikation 99 Phosphatase, alkalische 478, 508, 685 Phosphatbinder 99
Phosphatkonzentration im Serum 685 Phosphatmangel 99 Phosphodiesterasehemmer 92 Phospholipide 145, 152 Photonenstrahlen 251 Photophobie 1457 pH-Wert 103 Pigmentablagerung 424 Pigtail-Dränage 494, 612 Pilon-tibiale-Fraktur 1221 f Pilzinfektion 56 f, 66 f – pulmonale 1040 Pilzpneumonie 34 Pin-Infektion 1081 Pipkin-Einteilung, Femurkopffraktur 1189 Pivot-Shift – Graduierung 1204 – Test 1203 f – umgekehrter 1205 Plagiozephalus 1454 Plantaraponeurose 1233 f Plaque, arteriosklerotische, Arteria carotis interna 902 Plasma – frischgefrorenes 121 f, 130 – virusinaktiviertes 122 Plasmaosmolarität 100 ff Plasmapherese, präoperative 128 Plasmapräparat 121 f – virussicheres 122 Plasmazellmastitis 720 Plasmin 145 Plasmozytom, vertebrales 1426 Plateauwelle, Hirndruck 1368 Plättchenfaktor 3 152 Plattenepithelkarzinom – anales 460 f – orales 1330 Plattenosteosynthese 1083 f – Femurschaftfraktur 1199 – Humerusschaftfraktur 1138 – interne, Beckenring 1179 f – Pilon-tibiale-Fraktur 1222 – Smith-Gayrand-Fraktur 1155 f – Sprunggelenkfraktur 1231 – Tibiakopffraktur 1216 f – Unterarmschaftfraktur 1150 f – Unterschenkelschaftfraktur 1219 Plattenvorbiegung 1084 Plattfuß, posttraumatischer 1235 Platzwunde 8 f Plethora 693 Plethysmographie 932 Pleura 1002 Pleuradekortikation 1022 Pleuraempyem 35 f, 1021 f, 1037 – Dränage 1021 f Pleuraempyemresthöhle 1022 Pleuraerguss 553, 560, 1018 ff – nach Leberresektion 530
– Mesotheliom 1024 – reaktiver 710 – rechtsseitiger 516 Pleurahöhle 1002 Pleurakarzinose 1018 Pleuramesotheliom 1023 f Pleurapunktat 1018 – milchig-trübes 1060 Pleurapunktion 1019 – posttraumatische 311 Pleuraschwarte 1022 Pleuratumor 1023 f Pleurektomie 1024 – parietale 1034 f Pleuritis 1018 – basale, rechtsseitige 498 – zwerchfellnahe 217 Pleurodese 1019, 1021, 1024, 1034 Pleuro-Pneumonektomie 1024 Plexus – brachialis, Anästhesie 1255 f – haemorrhoidalis 433 – – Vergrößerung 439 – oesophageus 275 – pampiniformis 871 Plexusanästhesie – infraklavikuläre 1255 f – supraklavikuläre 1255 f Plexus-brachialis-Lähmung 827 Plexus-choroideus-Koagulation, endoskopische 1442 Plexuskarzinom 1410 Plexuspapillom 1410 Plummer-Vinson-Syndrom 282 PMMA-Kette 1108, 1322 PNET (Primitiv-neuro-ektodermale Tumoren) 1412 Pneumatosis cystoides intestinalis 371 f, 843 Pneumatozele 1018 Pneumatozephalus 1387 Pneumaturie 396 Pneumcholangiogramm 229 Pneumocystis-carinii-Pneumonie 51 Pneumokokkeninfektion, Prophylaxe nach Splenektomie 577 Pneumonektomie 1010, 1024 – Tumorentfernung 1048 Pneumonie – atypische 34 – basale 217, 1037 – Candida-Infektion 56 – chronische 1037 – Cryptococcus-Infektion 56 – einseitige, rezidivierende 311 – nach Lungenkontusion 1058 – nosokomiale 33 f – nach Thoraxprellung 1055 Pneumoperitoneum – Laparoskopie 624 f – posttraumatisches 322 – spontanes 187
1527 Pneumothorax 289 – Dränage 1019, 1021, 1034, 1036, 1057 – offener 1059 – Pneumocystis-carinii-Pneumonie 51 – traumatischer 8. 1058 f Polidocanol 598 Pol-Laschenschraube 1193 Polyglobulie 922 Polymastie 716 Polyp, neoplastischer 407 f Polypektomie, endoskopische 619 ff Polyposis – adenomatöse, familiäre 421 ff – coli, familiäre 243 – gastrointestinale, nicht familiäre 425 – intestinale 421 ff – juvenile 422, 425 Polythelie 716 Polytrauma 1241 ff – Blutverlustabschätzung 81 f – Gesamtorganismusentgleisung 1247 – Intensivtherapie 1247 – Maßnahmen – – klinische 1245 ff – – präklinische 1242 ff – operative Eingriffe 1246 ff – Patientenüberwachung 1245 – Primärphase 1246 f – Reanimationsphase 1246 – Rehabilitationsphase 1248 – respiratorische Insuffizienz 1092 – Schock 81, 1241, 1244 – Sekundärphase 1247 f – Tertiärphase 1248 Polytraumaschlüssel 1241 Pons 1349, 1352 Ponsblutung 1469 Poplitealaneurysma, poststenotisches 896 Porphyrie, intermittierende, akute 217 Portale Hypertension s. Hypertension, portale Portsystem 526 Porzellangallenblase 480, 486 Positiv-inotrope Substanzen nach Herztransplantation 809 Positronen-Emissions-Tomographie, Tumordiagnostik 768 Postaggressionsstoffwechsel 108, 135 f – Ernährung, parenterale 136 f Postcholezystektomiesyndrom 504 Postfundoplikationssyndrom 288 Postsplenektomiesyndrom 577 Postthorakotomiesyndrom 1009
1528 Postthrombotisches Syndrom 158, 927, 934 f, 941 – – Lymphödem 943 Posttransfusionshepatitis 126 Postvagotomiesyndrom 353 Potenziale – akustisch evozierte 1389 – evozierte 1362 – – erloschene 777 – multimodal evozierte 1342 f – somatosensibel evozierte 1389 Pouch 348 f – ileoanaler 402 f, 423 Pouchitis 403 PP-om 567 PPSB (Prothrombinkonzentrat) 123, 166, 168 Präkanzerose 242 f – Brustdrüse 728 f – ösophageale 297 Pratt-Warnvenen 934 Prellung 8, 322 Preload 92 Pressstrahlgeräusch, pulssynchrones, intrakranielles 1465 Primärheilung 2 ff Primärinfektion 27 Primärkomplex, tuberkulöser 43 Primärtumorsuche bei Lungenmetastasen 1054 Primitiv-neuro-ektodermale Tumoren (PNET) 1412 PRIND (prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit) 903, 1474 Pringle-Manöver 525, 528 Prinzmetal-Angina 892 Probeexzision 248 Probethorakotomie 1050 Processus styloideus ulnae, Abriss 1152 Processus-coracoideus-Fraktur 1122 f Processus-odontoideus-Fraktur 1161 f Proctalgia – fugax 439, 466 – nocturna 439, 466 Progesteronrezeptorstatus 731 Progressive stroke 903, 1474 Projektil 9 Proktitis 439, 456 f – AIDS 50 – radiogene 456 – venerisch induzierte 456 f Proktokolektomie 379, 402 Proktomukosektomie 402 f, 423 Proktoskopie 393, 434, 446, 448 Prolaps 745 f Prolapsfaltenmuster 459 f Proliferationsphase 1 – Immunantwort 783 Prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit 903, 1474 Pronatio dolorosa 1145
Sachverzeichnis
Pronation, Bewegungsausmaß 1093 Pronator-teres-Syndrom 1297 Propylthiouracil 677 Prostaglandin E1 959 Prostatakarzinom, Hyperfibrinolyse 153 Prostatakarzinommetastase 744 Prostatitis 439 Protaminhydrochlorid 165 Proteasen 27 f Protein, C-reaktives 369, 382, 1090, 1109 Proteinaseinhibitoren 145 Protein-C-Mangel 160, 172, 907 Proteine – Hungerstoffwechsel 137 – unphysiologische 225 Protein-S-Mangel 172, 907 Proteolyse, plasminvermittelte 145 f Prothesenbypass 885 – venovenöser, suprapubischer 942 Prothrombinkomplex 144 Prothrombinkonzentrat 123, 166, 168 Prothrombinzeit, verlängerte 478 Protonenpumpenhemmer 287, 326 f, 335, 605 Protoonkogen 246 Pruritus – ani 437 f, 439 – Gallengangskarzinom 495 – Ikterus 478 – perianaler 445, 461 – Tacrolimus-bedingter 788 PSA (prostataspezifisches Antigen) 241 PSC (primär sklerosierende Cholangitis) 489 f Pseudarthrose 1088 f – atrophe 1088 f – nach Condylus-radialishumeri-Fraktur 1142 – hypertrophe 1088 f – infizierte 1089 – nach Unterarmschaftfraktur 1150 Pseudoallergie 88 Pseudoangina 900 Pseudodivertikel 293 f, 321, 364 Pseudoeinklemmung 748 Pseudoembolie 888, 890 Pseudogicht 680 Pseudohypoparathyreoidismus 684 Pseudokapsel, Weichteilsarkom 771 Pseudomonas-aeruginosaInfektion, Antibiotikatherapie 60 ff Pseudomyxoma peritonei 388 Pseudoobstruktion – idiopathische 203 – intestinale 365
Pseudoperitonitis 198, 217 Pseudopolypen 399 Pseudopubertas praecox 698 Pseudozyste 551, 559 f – Dränage 616 ff – Milz 580 Psoaszeichen 382 Psychose 681 Psychosyndrom, hirnorganisches 1355 PTA (perkutane transluminale Angioplastie) 169, 882, 898 PTC (perkutane transhepatische Cholangiographie) 472, 494 f PTCA (perkutane transluminale Koronarangioplastie) 989 f PTCD (perkutane transhepatische Choledochusdränage) 351 PTH s. Parathormon Ptosis 1028 PTP (posttransfusionelle Purpura) 125 PTS (Polytraumaschlüssel) 1241 – s. auch Postthrombotisches Syndrom PTT (partielle Thromboplastinzeit) 148 f p53-Tumor-Suppressorgen 246 Puffer, intrazellulärer 99 Puffersysteme 103 Puffertherapie 78 Pull-Technik, Gastrostomie, perkutane endoskopische 606 f Pulmonalarterienkatheter 76, 92 Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt 978 f Pulmonalgefäßwiderstand, Herztransplantation 808, 810 Pulmonalisangiographie 161, 1011 f Pulmonalisstamm, fehlender 979 Pulmonalstenose – Double outlet right ventricle 979 f – infudibuläre 964 – kongenitale 962 ff – subinfudibuläre 964 – subvalvuläre 963 f – – Fallot-Tetralogie 976 f – – Transposition der großen Arterien 974 – supravalvuläre 962 ff – valvuläre 963 f Pulsionsdivertikel 293 ff – Dünndarm 364 – epiphrenales 296 Pulspalpationsstellen 875 Pulsus parvus et tardus 961 Pulsverlust 889 f – traumatisch bedingter 914 Pumpversagen, myokardiales, Zirkulation, assistierte 952
2-Punkte-Diskriminationsprobe 1251 Punktionstracheotomie 654 Punktionszytologie 248 Pupillen, lichtstarre 776 Pupillenreaktion, SchädelHirn-Trauma 1372 Pupillenweite 1372 Pupillomotorik 1355 f Purpura – posttransfusionelle 125 – Schoenlein-Henoch 155 – thrombotisch-thrombozytopenische 156 – thrombozytopenische 155 – – idiopathische 584 Push-Technik, Gastrostomie, perkutane endoskopische 607 PVP-Jod-Verband 230 Pyarthros 1105 Pyelographie, retrograde, Säugling 864 Pylephlebitis 387 Pyloromyotomie 320, 845 Pyloroplastik 300 f – Ulkuschirurgie 336 f Pylorusstenose – hypertrophe 320, 844 ff – ulkusbedingte 340, 343 Pyodermia fistulans sinifica 455 Pyopneumothorax 1038 Pyothorax s. Pleuraempyem Pyramidenbahn 1349 Pyramidenbahnläsion 1351
Q Quadrantektomie, Mamma 738 f Quadrantenumstechung 336 Quadrizepshämatom, Verknöcherung 1111 Quadrizepskontraktionstest 1204 f Quadrizepssehne 1210 Quadrizepssehnenruptur 1203, 1212, 1214 Quadrupeltherapie, immunsuppressive 786 Quarantäneplasma 122 Querschnittslähmung 1172 – aufsteigende 1423 – komplette 1165, 1399, 1402 – langsam eintretende 1427 – schnell eintretende 1426 – sensomotorische, Neugeborenes 1448 – wirbelmetastasenbedingte 1426 Querschnittssymptome, tumorbedingte 1428 Querschnittssyndrom – inkomplettes 1165 f – schnell entstehendes 1435 – zervikales 1446 de-Quervain-Luxationsfraktur 1283 f
Sachverzeichnis
de-Quervain-Tendovaginitis 1290 f de-Quervain-Thyreoiditis 665 Quetschtrauma 322 Quetschung, tangentiale 6, 10 Quetschwunde 8 f Quick-Wert 86, 148, 150 f, 166, 520, 536
R Rabiesvirus 52 Radialislähmung 1275 Radikalefänger 1370 Radio-Chemotherapie – kombinierte, Magenlymphom 345 – Mammakarzinom 739 – neoadjuvante, Bronchialkarzinom 1049 Radiofibrinogentest 934 Radioimmunoassay – Parathormonbestimmung 685 – Schilddrüsenhormonbestimmung 672 Radiojodtherapie 662, 664, 677 Radiologie 187 ff – interventionelle, Tumorbehandlung 252 f Radiotherapie – adjuvante 300 – neoadjuvante 300 Radioulnargelenk – distales, Luxation 1152 f – proximales, Sprengung 1151 Radiusepiphyse – distale, Lösung 1155 – proximale, Fraktur 1148 Radiusextensionsfraktur loco typico 1153 Radiusfraktur s. auch Unterarmfraktur – distale 1153 ff – – Operationsindikation 1155 – – Reposition, manuelle 1155 – Lokalisation 1072 Radiushalsfraktur 1147 ff – kindliche 1148 f Radiusköpfchen – Fraktur 1147 f – Luxation 1151 – – Monteggia-Verletzung 1144, 1151 – Meißelfraktur 1068 – Palpation 1142 – Resektion 1148 – Subluxation, Kindesalter 1145 Radiusschaftfraktur 1150 f – distale, Galeazzi-Verletzung 1152 Rampenwelle, Hirndruck 1368 Ramus – circumflexus 988
– interventricularis anterior 988 Random pattern flap 1263, 1306, 1311 Rankenangiom 922 f Ranula 1326 Rashkind-Atrioseptostomie, palliative 969, 974 f Rastelli-Operation 981 Ratschow-Lagerungsprobe 876 f Rauchen, Wundheilungsbeeinflussung 16 Raumforderung – infratentorielle 1365 – intrakranielle, ödembedingte 1366 ff, 1390 – mediastinale 997 – supratentorielle 1365 Raumluftdesinfektion 25 Ravitch-Operation 1016 Raynaud, Morbus 892 f Raynaud-Phänomen 892 f – bei Kälteexposition 876 – Thoracic-outlet-Syndrom 892, 900 rCBF (regionaler zerebraler Blutfluss) 1366 Reanimation 79 Rebound-Phänomen 1352 Recessus costodiaphragmaticus 1002 Rechtsherzbypass 954 Rechtsherzhypertrophie 963, 976 f Rechtsherzinfarkt 217 Rechtsherzinsuffizienz – digitalisrefraktäre 996 – Ostium-secundum-Defekt 968 – Pericarditis constrictiva 996 Rechtsherzkatheteruntersuchung 947 – vor Herztransplantation 808 Rechtsherzversagen 217 – akutes, Lungenembolie 160 ff Rechts-links-Shunt – Ductus arteriosus Botalli, offener 956 – Herzfehler, kongenitaler 974 ff – nach Links-rechts-Shunt 966, 970 – Vorhofebene 963 Rechtsversorgungstyp, koronarer 988 Recklinghausen, Morbus (Osteitis fibrosa cystica) 680 f – – s. auch Neurofibromatose Rectus-abdominis-Lappen 1308 f, 1312 f Red color sign 538 Reduktionsplastik, weibliche Brust 1314 Reentry-Mechanismus 994 Reflex – okulozephaler 1356 – vestibulookulärer 1356
Reflexdystrophie, neurovaskuläre s. Sudeck-Dystrophie Reflexstörung, anale 435 Reflexverlust, Bandscheibenvorfall 1488 – lumbaler 1488 – zervikaler 1484 Reflux – duodeno-gastraler 326, 330 f, 356 – gastroösophagealer 284 ff, 633 – vesikoureteraler 865 f Refluxkrankheit 284 ff, 306 Refraktur 1089 Regeneration 1 Regenerationsphase 2 Regio – colli 641 – laryngea 641 – sternocleidomastoidea 641 – submentalis 641 Regurgitation 277, 280, 294 Rehabilitation – nach Fraktur 1086 – nach Handoperation 1257 f – nach neurochirurgischem Eingriff 1363 f – Rückenmarktrauma 1404 Rehabilitationsleistung 273 Rehbein-Operation 1016 Rehbein-Ösophagusbougierung 821 Reizbildungszentrum, arrhythmogenes, ektopes 994 Reizkallus 1088 Reizleitungsgeschwindigkeit, sensible 1493 Reizleitungssystem, kardiales, Eingriff 994 Reizsyndrom, meningeales 1356 Rekrutenabszess 454 Rektopexie 460 – laparoskopische 635 f Rektoskopie 393, 434 Rektumampulle 433 Rektumatresie 838 ff Rektumblindsack 840 Rektumersatz 417 Rektumexstirpation, abdominoperitoneale, laparoskopische 634 f Rektumkarzinoid 421 Rektumkarzinom 413 – Nachsorgempfehlungen 421 Rektumprolaps 429, 459 f, 635 – Defäkographie 437 – inkarzerierter 439 – kindlicher 460 Rektumresektion – abdominoperineale 417 f – anteriore 417 – mesorektale, totale 417 – posteriore 417 – vordere 418 Rektumreservoirfunktionsverlust 463 f
1529 Rektumschleimhautbiopsat, Acetylcholinesterasebestimmung 850 Rektumverletzung 431 Rektusdiastase 752 f Rekurrensparese 660, 1047 Relaxatio diaphragmatica 311, 822, 827 f Relaxed skin tension lines (Hautfaltenlinien) 1299 Reninaktivität im Plasma, erniedrigte 697 Renin-Angiotensin-Aldosteron-System 100, 533 f, 691 f, 911 – Postaggressionsstoffwechsel 136 Renovaskuläre Insuffizienz 911 Rentenversicherung, gesetzliche 272 f Reparation 1 Reperfusionsödem, Lungentransplantat 817 Replantation – Handteil 1265 f – Indikationsstellung 1266 Reservekapazität, zerebrovaskuläre 1474 Reservevolumen – exspiratorisches 1007 – inspiratorisches 1007 Residualkapazität, funktionelle 1007 Respiratorische Insuffizienz – – akute 1009 – – Lungenkontusion 1057 – – Neugeborenes 1029 – – Polytrauma 1092 – – Zervikalmarkschädigung 93 Restdarmadaptation 362 Restdünndarm 806 Restless legs 931 Retentio testis 869 f Retinaculum flexorum 1294 f Retinoblastom 237, 243 Retransplantation 10 Retrogenie 1339 Retroperitonealabszess 709 f Retroperitoneale Fibrose 709 Retroperitoneum 707 ff – Zugang, chirurgischer 708 Revaskularisation 1265 – nach Arterienverletzung 914 a-Rezeptoren-Blocker, Phäochromozytomentfernung 703 f b-Rezeptoren-Blocker 538, 542, 677 Rezidivhernie 630 Rezidivulkus 354 f Rheologika 891 Rhesussystem 115 f Rheumatische Erkrankung, Herzklappenfehler 984 Rhinoliquorrhö 1388 Rhinoplastik 1317 f Rhizarthrose 1249 Rhizotomie, spinale 1478
1530 Rhombuslappen 1311 RIA s. Radioimmunoassay Richter-Littré-Hernie 748 f Riedel-Struma 666 Riesenwuchs 1416 – lokalisierter 922 Riesenzelltumor, spinaler 1425 Ringerlaktat 112 f Ringstripper 898 Riolan-Anastomose 392, 406 Rippenaplasie 1017 Rippenbogenrandschnitt, rechtsseitiger 499 f Rippenfraktur 1056 Rippenresektion 901 Risikoerfassung, präoperative 182 ff Risswunde 8 Risus sardonicus 17, 42 R-Klassifikation, Tumorresektion 249 Robin-Sequenz 1339 f Rockwood-Aufnahme 1119 Rockwood-Klassifikation, Akromioklavikulargelenkverletzung 1120 f Roemheld-Syndrom 311 Rollerpumpe – Herz-Lungen-Maschine 948 – Kreislaufpumpe, univentrikuläre 954 Rolllappen 1307 Röntgen – Dünndarm, Kontrastuntersuchung 360 – Extremitätenverletzung 1093 – Neurologie 1360 – Thorax – – Durchleuchtung 1013 – – Pneumothoraxnachweis 1033 – – Tumordiagnostik 1047 Röntgenstrahlen, Tumortherapie 251 Rotationslappen 1310 Rotatorenmanschette 1115, 1125 f Rotatorenmanschettenruptur 1129 f – Bewegungstest 1117 Rotter-Halsted-Mastektomie 737 Roux-Y – Gastroenterostomie 339, 347 ff, 356 – Hepatikojejunostomie 502 f – Pankreatikojejunostomie 561 f Rovsing-Zeichen 382 f rt-PA (Gewebeplasminogenaktivator; Tissue-Plasminogen-Aktivator) 154, 168, 170, 882, 936 Rückenmark, arterielle Versorgung 1423 Rückenmarkdekompression bei Wirbelsäulenverletzung 1171 f
Sachverzeichnis
Rückenmarkkompression s. Compressio spinalis Rückenmarködem, peritraumatisches 1399 Rückenmarkquerschnitt 1400, 1423 Rückenmarktrauma 93, 1399 ff – gedecktes 1399 f – Höhenlokalisation 1400 – offenes 1165, 1399 – Patiententransport 1400 – Prognose 1404 – Sofortbehandlung 1403 Rückenmark-WirbelsäulenBeziehung 1400 f Rückenmarkzerreißung 1400 Rückenschmerzen – Aortenaneurysma, thorakales 997 – nächtliche 1425 – segmentale 1427 Rucksack-Verband 1081 Rückstichnaht 22 Ruheschmerz 895 Rundherd, pulmonaler 1040 ff, 1048 Rundstiellappen 1307 Russe-Klassifikation, Os-scaphoideum-Fraktur 1279
S SAB s. Subarachnoidalblutung SAGM-Lösung 117 Sakralvenenplexus, Blutstillung 1180 f Salbe, antiphlogistische 930 Salter-Einteilung, Epiphysenfugenverletzung 1074 f Salzsäuregabe 105 Salzverlustkrise 699 Salzverlustsyndrom 699 Sanduhrneurinom 1427 Sarkom 237, 765, 1111 – anales 462 – hämorrhagisches, idiopathisches, multiples 926 – zentrales 772 Sarmiento-Schiene 1218 f Sauerstoffbedarf, myokardialer 988 Sauerstoffpartialdruck, arterieller 1007 Sauerstoffradikale, freie 28 Sauerstofftherapie 77, 83, 92 Säure-Basen-Haushalt 103 ff – Laborwertveränderungen 106 – Störung 103 ff – – CO2-Pneumoperitoneum 625 – – perioperative 107 f – – respiratorische 1009 Säureverätzung 12 – Magen 323 – Ösophagus 292 f Savary-Gilliard-Bougies 593, 595
Schädelaufnahme, okzipitomentale – – hängender Tropfen 1336 – – Spiegelbildung 1334 Schädelbasis 1344 Schädelbasisfraktur 1386 ff Schädelbasismeningeom 1420 Schädeldachfissur 1383 Schädelfraktur 1382 ff – Fragmenteinsprengung 1386 – frontobasale 1387 – – offene 1395 – laterobasale 1387 – – offene 1395 – temporale 1392 Schädelgrube, hintere – – Drucksteigerung 1379 – – Tumor 1410 Schädel-Hirn-Trauma 1371 ff – Atemfunktionsstörung 1373 f – Beurteilung 1372 – Bewusstseinsstörung 1375 ff – CT-Verlauf 1384 – Druckmessung 1390 f – gedecktes 1389 ff – Informationen für den Neurochirurgen 1374 – Inspektion 1382 – Intubation, primäre 1373 – Kindesalter 1396 f – Klassifikation 1380 f – Komplikation 1343 – Kreislaufstörung 1374 – Maßnahmen, präklinische 1243 – offenes 1387 f, 1395 f – Röntgenaufnahmen 1382, 1384 – Transport 1374 f – Verletzungsfolgen 1381 – Vitalfunktionensicherung 1372 – Wundversorgung 1374 Schädelimpressionsfraktur 1385 f, 1395 Schädelknochenläsion, tumorähnliche, nicht neoplastische 1421 Schädelknochenmetastase 1420 Schädelknochentumor 1419 ff Schädellochbruch 1384 Schädelnahtverschluss, vorzeitiger 1452 Schädelosteolyse 1421 Schädel-Röntgenaufnahme 1360 Schädelvolumen 1366 Schädelwachstum, schnelles 1441 Schaftfraktur 1070, 1072 – Fettembolie 1092 Schanker, harter 48 Schatzki-Ring 281 Schenkelhalsfraktur 1190 ff, 1198 – Abduktionsfraktur 1191
– Adduktionsfraktur 1190 f – kindliche 1191 – Operation – – kopferhaltende 1192 ff – – kopfresezierende 1193 f Schenkelhalspseudarthrose 1194 Schenkelhernie 747, 754, 759 – Operation, minimal-invasive 630 ff Schiefhals 1446 – muskulärer 649 Schiefschädel 1454 Schienenanpassung nach Handoperation 1258 Schienung 1082 ff – dynamische 1269 – extramedulläre 1083 ff – intramedulläre 1084 f Schilddrüse 655 ff – Auskultation 669 – Computertomographie 671 – Diagnostik 669 ff – Echogenität 670 – Feinnadelpunktion 661, 672 – Gefäßversorgung 656 – Inspektion 669 – Labordiagnostik 672 – Magnetresonanztomographie 671 – Palpation 669 f – Sonographie 661 f, 664, 670 – Suppressionsszintigraphie 671 – Szintigraphie 661 f, 671 – Volumenberechnung 670 – Zugang 673 f Schilddrüsenadenom – autonomes 661, 663, 671 – Echogenität 670 – follikuläres 666 – toxisches 661 Schilddrüsenagenesie 655 Schilddrüsenanlage, dystope 655 Schilddrüsenaplasie 658 f Schilddrüsenautonomie – dekompensierte 662 – disseminierte 661 – funktionelle 658, 661 ff – – Szintigraphie 671 Schilddrüsenfollikel 656 f Schilddrüsengröße 669 Schilddrüsenhormone – Bestimmung 661, 664, 672 – freie 657 f, 672 – Freisetzungshemmung 677 Schilddrüsenhormonsubstitution 665 Schilddrüsenhormonsynthese 656 f – Störung 660 Schilddrüsenisthmus 655 Schilddrüsenkapsel 655, 657 Schilddrüsenkarzinom 666 ff – anaplastisches 667 f – Chemotherapie 678 – Echogenität 670 – follikuläres 667 – medulläres 668, 683 f – – Lymphadenektomie 675 f – Metastasierung 667 f
Sachverzeichnis
– papilläres 666 f – Rezidivprophylaxe 676 – Screening, genetisches 668 – Strahlentherapie 678 – Thyreoidektomie 675 – Tumormarker 672 – Tumorreduktion, palliative 668 – undifferenziertes 667 f Schilddrüsenknoten – Enukleationsresektion 675 – Resektion 675 – Szintigraphie 661 f, 672 f – – Feinnadelpunktion 672 f Schilddrüsenmetastase 669 Schilddrüsenmikrokarzinom 667 Schilddrüsenneoplasie, follikuläre 672 Schilddrüsenresektion – funktionskritische 661 – subtotale 664, 667, 674 – – ausgedehnte 674 – – beidseitige 661 Schilddrüsentumor 666 ff – Operationsindikation 673 Schilddrüsenszintigraphie – heisser Knoten 661 f, 671 – kalter Knoten 671 f Schilddrüsen-Uptake 671 Schilddrüsenzyste 666 – Ultraschallbild 670 Schirmchen, Vorhofseptumdefekt-Verschluss 968 Schlaflähmung, Nervus peronaeus 1493 Schlaganfall – Hirnblutung 1466 – ischämischer 901, 903 Schlangenbiss 9 Schleifendiuretikum 543 f Schleimbeutelentzündung s. Bursitis Schleimhautprotektiva 287, 289 Schlingensyndrom 339, 353 f Schmerz 260 – analer 437, 439 – epigastrischer 333, 365, 382, 553 – Nervenkompressionssyndrom, peripheres 1492 f – retrosternaler 277, 285, 306 – – posttraumatischer 289 – segmentaler 1483 – somatischer 175, 196, 382 – übertragener 176 – viszeraler 175, 196, 382 Schmerzanamnese 175 Schmerzempfindung, aufgehobene 1351 Schmerzleitungsbahn 176 Schmerzsyndrom, anorektales 466 Schmerztherapie 83 – neurochirurgische 1475 ff – Tumorpatient 253 f – WHO-Stufenschema 254 Schmutztätowierung 1301 f
Schneeballknirschen der Haut 1061 Schnittwunde 7 – Halsbereich 649 f Schober-Zeichen 1159 Schock 69 ff – anaphylaktischer 70, 88 ff – – antibiotikabedingter 65 – endokriner 70, 93 f – Hämodynamik 76 – hämorrhagischer 79 – hypovolämischer 70, 79 f – – prolongierter, posttraumatischer 1374 – – Verbrennung 232 – kardiogener 70, 78, 91 f, 995 – neurogener 70, 93 – septischer 70, 84 ff – – hyperdynamer 85 f – – hypodynamer 85 f – – bei Strangulationsileus 207 – septisch-toxischer 70, 84 ff – spinaler 93, 1399, 1401 – Therapierichtlinien 77 ff – traumatisch-hämorrhagischer 70, 81 ff – – Polytrauma 1241 Schockindex 80 Schockleber 74 Schocklunge 950 Schockmediatoren 71 ff Schockniere 74 Schoenlein-Henoch-Purpura 155 Schokoladenzystenruptur 213 Schorfbildung 4 Schrägfraktur, metakarpale 1280 Schraubenfixation, Schenkelhalsfraktur 1192, 1194 Schraubenosteosynthese – Os-metatarsale-V-Abrissfraktur 1240 – Talusfraktur 1233 – Volkmann-Dreieck 1231 Schrumpfgallenblase 486, 626 Schublade – hintere 1203 f – vordere – – Kniegelenk 1203 f – – Sprunggelenk 1223 Schulter-Arm-Syndrom 901 Schulterarthrographie, Flüssigkeitszeichen 1130 f Schultereckgelenk s. Akromioklavikulargelenk Schultergelenk 1124 ff – Arthroskopie 1128 – Bandverletzung, Klassifikation 1120 ff – Bewegungsausmaß 1092 f, 1129 – Bewegungstest 1116 – Druck, intraartikulärer, negativer 1125 – Röntgenaufnahme 1122 f, 1126 ff Schultergelenkinfektion 1109
Schultergelenkinstabilität 1124 Schultergelenkluxation 1101, 1115, 1124 ff – mit Humeruskopffraktur 1133 – vordere – – Reposition 1127 f – – traumatische 1126 ff Schultergelenkreluxation 1128 f Schultergelenkstabilität 1124 Schultergürtel – Bänder 1125 – Bewegungstest 1116 ff – Untersuchung 1115 f Schulterhochstand 1446 Schulterkontur, abgeflachte 1115, 1126 Schulterschmerz, nächtlicher 1130 f Schürfwunde 7 Schussfraktur 1069, 1077, 1138 Schussverletzung 9 – Halsbereich 650 – Hepatostomie 530 – Hepatotomie 529 – kranielle 1397 – Leber 527 – thorakale 1063 Schutzsensibilität 1251 Schutzverband, steriler 21 Schwanenhalsdeformität 1274 Schwangerschaft, Appendizitis 386 Schwannom 1495 Schwartz-Bartter-Syndrom, paraneoplastisches 236 Schwefelkörnchen 1324 Schweinerotlauf 37 Schwellung – brettharte 1324 – posttraumatische 1081 f Schwenklappen 1310 Schwermetallvergiftung 217 Schwimmeraufnahme 1164 Schwindel 1346 Schwirren über der Schilddrüse 669 Schwurhand 1275 SCLC (small cell lung cancer) s. Bronchialkarzinom, kleinzelliges Scolices 513 f SCS (Spinal Cord Stimulation) 1477 SDI (solvent detergent inactivation) 122 Second-look-Laparotomie 910 Second-look-Operation bei Osteitis 1108 Sectio 829 Sedativa 78, 83 Sedierung 92, 106 Segmentbronchien 1002 f Segmentresektion – Leber 523 f – Mamma 739 – Milz 586
1531 Sehbahn 1346 Sehnenausriss, knöcherner 1113 f Sehnendurchtrennung, Finger 1260 Sehnennaht 1268 f Sehnenriss 1113 Sehnenscheide – Entzündung 1114, 1289 ff – Phlegmone 1288 – Stenose 1289 Sehnentransplantat 1270 Sehnenverletzung 1113 f – Hand 1266 ff Sehstörung, Karotisstenose 902 Seitenastvarikose 931 Seitenbandzerreißung, Fingergelenk 1282 Seitenventrikel 1352 f Seitenzügel 1270 f Seit-zu-Seit-Duodenostomie 321 Seit-zu-Seit-Shunt, portokavaler 540 Sekretin 358, 471 Sekundärheilung 4 Sekundärinfektion 27 Selbstbestimmungsrecht 268 Seldinger-Prinzip, Pankreaspseudozystendränage 616, 618 Selektive Venenblutentnahme, Nebenschilddrüsenadenom 686 f Sengstaken-Blakemore-Sonde 539 Senkungsabszess 43 Sensibilitätsstörung 1346 – anorektale 463 f – Grading 1493 – Nervenkompressionssyndrom, peripheres 1492 f – radikuläre 1483 – segmentale, komplette 1487 Sensibles System, afferentes 1351 Sensomotorikstörung, radikuläre 1351 Sentinel-Lymphknoten 732 Sepsis 29, 34 f, 84 – Kriterien 86 – nach Leberresektion 530 – Verbrauchskoagulopathie 152 Septum – primum 966 – secundum 966 Sequential-Bypass, femoropoplitealer 898 Sequester 1090, 1105 Sequesterotomie 1108 Serologie, Erregernachweis 30 Serom 18, 1299 – infiziertes 1090 Sexualität 260 Sexualsteroide 691 SFH (Stroma free hemoglobin) 115
1532 Shaldon-Katheter 924 Sheehan-Syndrom 699 Shouldice-Leistenhernienoperation 757 f SHT s. Schädel-Hirn-Trauma Shunt – aortopulmonaler, palliativer 964 – peritoneovenöser 545 f – portokavaler 539 ff, 543 – portosystemischer, transjugulärer intrahepatischer 541 ff, 546 – ventrikuloatrialer 1438 – ventrikuloperitonealer 1437 f, 1442 Shuntaneurysma 925 Shuntgröße 966, 970 Shuntschleife 924 f Shuntumkehr 966, 970, 979 SHV (Schädel-Hirn-Verletzung) s. Schädel-HirnTrauma Sialographie 1325 Siderophagen 1459 Sigma-Anus-praeter 419 Sigmaendometriose 635 Sigmaresektion 416 – laparoskopische 634 f Sigmastenose, entzündliche 635 Sigmavolvulus 189 f, 427 f Sigmoidopexie 460 Sigmoidoskopie 393, 413 – starre 428 Sigmoidostoma, doppelläufiges 419 Silbersulfadiazin-Verband 230 Silikon-Mammaprothese 1313, 1316 Silikonventrikelkatheter 1371 7S-Immunglobuline 584 Single photon emission tomography 1363 Single-Ventrikel 970 Singultus 178, 277 Sinnfrage 261 Sinus – cavernosus 1348 f – occipitalis 1348 – petrosus superior 1348 – pilonidalis 454 – – infizierter 439, 454 – rectus 1348 – sagittalis superior 1347 f – sigmoideus 1347 – transversus 1347 f Sinus-cavernosus-Syndrom 1456 Sinus-cavernosus-Thrombose 38 Sinus-venosus-Defekt 965, 968 f Sipple-Syndrom 683, 702 SIRS (Systemic inflammatory response syndrome) 84 Skalenushypertrophie 647 f Skalenussyndrom 648, 900 Skalpierungsverletzung 10 Skaphoidfraktur 1278 ff – bei radiolunärer Luxation 1283 f
Sachverzeichnis
Skaphozephalus 1452 ff Skapulafraktur 1122 f Skapulalappen 1307 Skapularlinie 1001 Ski-Daumen 1282 Skip lesion 771 Sklerenikterus 476, 478 Sklerodermie 894 Sklerosierungstherapie – endoskopische 539, 542, 598 f – Hämorrhoiden 439, 442 – Varizen 933 Skrotalemphysem 632 Skrotalhernie 631, 753 f Skrotalschmerz, akuter 871 SLAP-Läsion 1131 SLTX (Einzellungentransplantation) 814, 816 Sludge (Gallenblasengries) 471 Small cell lung cancer (kleinzelliges Bronchialkarzinom) 1044 f, 1050 ff Small volume resuscitation 113 Smith-Fraktur 1153 ff Sodbrennen 277, 285, 306 Soft disc 1483 Söldner-Linien 1346 Soleus-Punkt 932 Sollblutvolumen 111 Solvent detergent inactivation 122 Somatostatin 539 Somatostatinanaloga 1417 Somatostatinom 567 Somnolenz 1353 – Schädel-Hirn-Trauma 1376 Sonde – nasobiliäre 559 – – Gallengangdränage 612 f – nasozystische 616, 618 Sondenernährung 139 ff – Komplikation 141 Sonnenbrand 220, 226 Sonnenuntergangsphänomen 1441 Sonographie – abdominelle 198, 485 f – – posttraumatische 215 – Achillessehnenuntersuchung 1225 – Aneurysmadarstellung 879 – Appendizitisnachweis 383 f – Aszitesnachweis 536 – Dickdarmuntersuchung 393 – Dünndarmuntersuchung 360 – endoanale 452 – endorektale 414, 452 – Fraktur im Kindesalter 1073 – Gallenwegsdiagnostik 481, 485 f – Ileusnachweis 208 – interventionelle 185 – intraoperative 185, 685 – – Tumorchirurgie 256 – Leberdiagnostik 508 – Magenuntersuchung 319 – Magenkarzinomdiagnostik 347
– Nebenschilddrüsendiagnostik 685 f – Pankreasdiagnostik 554, 558, 566 f, 569 – pränatale 829 – Retroperitoneumdarstellung 707 – Tumordiagnostik 768 – Venenuntersuchung 928 f – Weichteilabszessnachweis 1107 Sopor 1354 Sorbit 134 Sorbitol, Drucksenkung, intrakranielle 1369 Spaltbildung 1339 f Spalthautlappen 1304 Spalthauttransplantat 1261 f, 1304 f – Entnahmebezirke 1305 – Fixierung 1303 Spalthauttransplantation, Ulcus-cruris-Deckung 13 f Spaltheilung 1077 f Spanischer Kragen 868 f Spannungspneumothorax 1035, 1059 – Dränage 1059 Spastik, Therapie 1475 f Spätdumpingsyndrom 352 f Spatium chirurgicum 655 f SPECT (Single photon emission tomography) 1363 Speeds-Test 1132 Speiche s. Radius Speicheldrüsenadenom 1329 Speicheldrüsenentzündung 1324 f Speicheldrüsentumor, maligner 1332 Speichelstein 1325 Sperroperation, Vena cava, infrarenale 938 Sphärozytose, kongenitale 585 Sphincter Oddi, Funktionsstörung 498 Sphinkteromyotomie 850 Spickdrahtosteosynthese 1084 Spiegelbildung – intraabdominelle 202 f, 208 – intrapulmonale 1038 Spieghel-Hernie 747, 760 ff Spikulae, Mammakarzinom 725 Spina bifida 1447 ff – – aperta 1447 f – – cystica 1447 f – – occulta 1447 Spinal Cord Stimulation 1477 Spinalanästhesie bei paralytischem Ileus 209 Spinales radikuläres Syndrom 1483 ff Spinalkanal – Enge, konnatale 1481 – Erweiterung 1428 – Stenose, lumbale 1491 f Spinalwurzelschädigung 1351 Spinalwurzeltod 1487
Spiral-CT 186 Spiroergometrie 1007 Spirometrie 1006 – präoperative 1010 Spironolacton 543, 698 Spitzenpneumothorax 1032, 1059 Spitzer-Index 263 Spitzgriff 1250 Spitzschädel 1452, 1454 Splenektomie 539 f, 565, 569, 585, 586 f – Folgen 576 f – Indikation 579 – Infektionsrisiko 576 – laparoskopische 639 – Notfallindikation 586 – posttraumatische 577, 582 Splenomegalie 536, 578 f – AIDS 50 Splenopankreatektomie, linksseitige 568 Splenoportographie, indirekte 509, 558 Split-notochord-Syndrom 1448 f Spondylarthrose 1481 Spondylitis tuberculosa 43 Spondylodese 1426 – ventrale 1485 f – – zervikale 1163 f, 1166, 1485 f Spondylolisthesis, traumatische 1163 f Spondylosis deformans 1480 f – – zervikale 1485 f Spongiosazugschraube 1193 Spontanatmung, Ausfall 776 f Spontanfraktur 682, 1065 f Spontanpneumothorax 1032 ff, 1035 S-Pouch 402 Sprache, skandierende 1352 Spreizfuß, posttraumatischer 1239 Sprühdesinfektion 25 Sprungbein s. Talus Sprunggelenk 1223 f – Bandverletzung 1225 ff – Funktionsprüfung 1223 f – oberes 1227 – – Arthrose, postoperative 1222 – – Infektion 1109 – – Präarthrose 1234 – Stabilitätsprüfung 1223 – Supinations-AdduktionsInversions-Verletzung 1226 – Supinationstrauma 1068 – unteres, vorderes 1236 Sprunggelenkarthrose, posttraumatische 1231, 1233, 1235 Sprunggelenkfraktur 1227 ff Sprunggelenkinstabilität, chronische 1227 Spül-Saug-Dränage – Abszess, epiduraler 1435 f – Empyem, subdurales 1435 Spurenelemente 134 Staging-Laparotomie 585
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Sachverzeichnis
Stammganglienblutung 1466, 1473 Stammstenose, koronare 990 Stammvarikosis 931 f Stammveneninsuffizienz 932 Stammvenensystem, Extremität, untere 927 Standardbikarbonat 103 f, 1007 Standataxie 1468 Stanford-Kardioplegie 952 Staphylococcus – Antibiotikatherapie 60, 62 – aureus – – Endokarditis 985 – – Pneumonie 34 – – Toxic shock syndrome 86 – epidermidis 25 – Hospitalinfektion 25 – Venenkatheterinfektion 33 Status – asthmaticus 89 – funktioneller 259 Stauchungsbruch 1068 f – Kindesalter 1074 – metaphysärer, Unterarm 1155 Stauchungstrauma, axiales 1158, 1233 Stauungspapille 1358, 1470 Steal-Phänomen 905 – mesenteriales 907 Steatorrhö 359, 478 Steinmann-Zeichen 1208 f Steißbeinfistel 454 Steißbeinfraktur 1174 Stemmer-Zeichen 943 Stent-Einlage, bronchiale 1052 Stentimplantation, intrakoronare 990 Stereotactic guided neurosurgery 1406 Stereotaxie – Hirnabszesspunktion 1434 – Hirntumorentfernung 1406 Sterilisation 23 f Steristrips 22 Sternoklavikulargelenkluxation 1118 f Sternoklavikulargelenksprengung 1119 Sternotomie 675, 689 – Herz-Lungen-Transplantation 816 – Herztransplantation 809 Sternumfraktur 1057 Sternumspalte 1017 Sternumtomographie, konventionelle 1057 Steroide s. Glukokortikoide; s. Mineralokortikoide Stewart-Treves-Syndrom 943 Stichverletzung, chirurgisches Personal 51 f Stichwunde 7 f Stickstoffmonoxid 28, 85 Stiernacken 693 Stimmbänder, Paramedianstellung 656 Stimmbandlähmung 656
Stimulationsplatte 1340 Stoffwechselstörung, schockspezifische 73 ff Stoma – doppelläufiges 1180 f – protektives 379 – temporäres, Dünndarmtransplantation 806 Stoßwellenlithotripsie, extrakorporale 611 – – Gallenstein 481 – – Pankreasgangstein 616 Stouts-Tumor 926 Strahlenenteropathie 362 f Strahlenfeld 251 Strahlennekrose 1430 Strahlenschaden 12, 1430 Strahlensterilisation 23 f Strahlentherapie 251 f – adjuvante 773 – interstitielle 1432 – – stereotaktische 1406 – neoadjuvante 773 – palliative 255, 773 – perkutane 1430 ff – – stereotaktische 1431 – ZNS-Tumor 1429 ff Strahlung, radioaktive, Tumorentstehung 242, 721 Straight-Graft 924 f Strangulationsileus 204 f, 207 Streckaponeurose 1270 Streckaponeurosendurchtrennung 1272 Streckquengel, dynamischer 1269 Strecksehnennaht 1272 Strecksehnenverletzung 1270 ff Streptococcal toxic shocklike syndrome 86 Streptokinase 154, 168 ff, 882, 897 – Dosierung 936 – ultrahochdosierte 936 Streptokokken – Antibiotikatherapie 60, 62 – hämolysierende 36 f, 41, 985 – – Gruppe A 46, 984 – Säuglingsosteomyelitis 1104 – Sepsis 36 Streptokokken-TSS 86 Stressulkus 328, 329 f – Prophylaxe 1395 Strickleitermuster, KerckringFalten 208 Stridor – Aortenbogenanomalie 959 – exspiratorischer, Neugeborenes 822 – inspiratorischer 656 Strikturplastik 369 f Stroma free hemoglobin 115 Strömbeck-Mammareduktionsplastik 1314 Strommarke 12 Stromschlag 12 Struma – diffusa 664 – – Suppressionstherapie 676 – eisenharte 666
– euthyreote 659 ff – maligna 659, 669 – – Tumormarker 672 – multinodosa 659 f – Operationsindikation 673 – retrosternale 675 Strumaresektion s. Schilddrüsenresektion Stufenkatheter, venöser 686 f Stufenplastik 1303 Stuhl – acholischer 476, 478 – – Neugeborenes 830 – blutig-schleimiger, Frühgeborenes 842 Stuhlentleerungsstörung 430 f Stuhlgewohnheiten, Wechsel 392 f Stuhlinkontinenz s. Incontinentia alvi Stuhlprobe, Erregerisolierung 30 Stuhlverhalt 188 Stupor 1353 Sturge-Weber-Syndrom 922 f, 1465 Subarachnoidalblutung 1455, 1457 ff – Behandlungskonzept, postoperatives 1462 – Blutdruckanhebung, induzierte 1462 – CT-Befund 1458 f – Fisher-Grading 1459 – Frühoperation 1460 f – klinisch-neurologischer Befund 1458 – Komplikation 1460 f – Letalität, primäre 1460 – Rezidiv 1461 Subarachnoidalraum 1353 Subclavian-steal-Syndrom 876, 905 f Subileus 202 Subklaviaaneurysma 901 Subklavia-Subklavia-Bypass, extraanatomischer 906 Subklaviaverschluss, StealPhänomen 905 f Subluxation, traumatische 1101 Subokzipitalpunktion 1359 Subtraktionsangiographie, digitale 879, 881, 896 – supraaortale 901, 904 – zerebrale 1363 Subtraktionsszintigraphie, Nebenschilddrüsendiagnostik 686 Sucralfat 334 Suction lipectomy (Fettabsaugung) 1319 Sudeck-Dystrophie 1090 f, 1294 f – Prävention 1091 Suizidgen 257 Sulbactam 59 Sulcus-ulnaris-Syndrom 1297 Sulfamethoxazol 62 Sulfonamide 60, 62 Sulindac 423
Supination, Bewegungsausmaß 1093 Suppressionsszintigraphie, Schilddrüse 671 Supraspinatussehnenaffektion 1117 Supraspinatus-Test 1117 Sustentaculum tali 1233 – – Dislokation 1234 Switch der großen Arterien 976 Sympathektomie, thorakale 901 Sympathikolyse, lumbale 882 f – medikamentöse 209 – thorakale 882 Sympathikusblockade, medikamentöse 1091 Symphysenruptur 1177 Symphysensprengung 1179 Syndrom – der abführenden Schlinge 354 – der blinden Schlinge 361 – des operierten Magens 352 ff – der 1. Rippe 900 – des zentralen Halsmarks 1445 – der zuführenden Schlinge 353 f Synkope, Aortenstenose, kongenitale 961 f Synovialflüssigkeit, rheumatoide 1102 Synovium 1095 Syphilis s. Lues Syringobulbie 1450 Syringomyelie 1450 Systemic inflammatory response syndrome 84 Szintigraphie 193, 1253 – Gallenwegsdiagnostik 473 – intraoperative, Tumorchirurgie 256 – Magenfunktionsdiagnostik 318, 352 – Milzuntersuchung 578 – Nebenschilddrüsendiagnostik 686 – Neuroblastomdarstellung 858 – Schilddrüse 671
T T3 (Trijodthyronin) 656 f T4 s. Thyroxin Tabatière, Druckschmerz 1278 TAC (Tacrolimus) 782, 788, 800, 807 Tachykardie – beim Kind 825, 827 – Schock 76, 79 f – supraventrikuläre 994 – – paroxysmale 983 – ventrikuläre 994
1534 Tacrolimus 782, 788, 800, 807 TAK (Thyreoglobulin-Antikörper) 665, 672 Takayasu-Syndrom 894 Talus 1231 – Dislokation 1226 – Durchblutungsstörung, frakturbedingte 1231 – Fraktur 1231 ff – Luxation 1227 – Nekrose 1231, 1233 – Verschiebbarkeit 1223 Tamponade, perihepatische 529 Tannenbaumendoprothese 614 Tapering 837 f Tarsaltunnelsyndrom 1493 Tätowierung 1301 f Taubheit, Akustikusneurinom 1413 Tazobactam 59 TCD s. Doppler-Sonographie, transkranielle 99mTc-IDA-markiertes Derivat 510 99mTc-Pertechnetat, Schilddrüsenszintigraphie 671 99mTc-Sestamidi 686 T-Dränage 501 TEA (Thrombendarteriektomie) 884, 886 Technetium s. auch 99mTc Technetium-Szintigraphie – Magenschleimhaut, ektope 853 – Schilddrüse 671 Teerstuhl 219 f, 538 Teflonendoprothese, Gallengangdränage 614 Teicoplanin 60 f Teleangiectasia hereditaria haemorrhagica 155, 925, 1031 Teleskopphänomen 288 Temperaturdifferenz, axillärrektale 382 Temperaturempfindung, aufgehobene 1351 Temporallappenteil-Einklemmung, transtentorielle 1377 Tendinitis crepitans 1288 Tendinose 1113 Tendopathie 1114 f Tendovaginitis 1114 – de Quervain 1290 f – stenosans 1289 f Tennisellenbogen 1142, 1145 Tenolyse 1270 Tenosynovialitis 1114, 1289 ff TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation) 1477 Tensor-fasciae-latae-Lappen 1313 Teratom 237 Territorialinfarkt 1474 Test, psychometrischer 535 Testmahlzeit, isotopenmarkierte 318, 352 Tetanie 684
Sachverzeichnis
Tetanolysin 17 Tetanospasmin 17, 42 Tetanus 16 ff, 41 f – Immunglobulin, humanes 41 – post abortum 41 – Prophylaxe 9, 18, 1260 – Toxin 41 f – Toxoid 18 – Verbrennungspatient 228 Tethered-cord-Syndrom 1449 Tetrajodthyronin s. Thyroxin Tetraparese, beinbetonte 1350 TGA (Transposition der großen Arterien) 974 ff Thalassaemia major 585 Thenarmuskulaturatrophie 1295 Theophyllin 90 Thiamazol 677 Thioharnstoffderivate 677 Thomas-Handgriff 1185 f Thompson-Dränageoperation 944 Thompson-Test 1223 f Thoracic-inlet-Syndrom 900, 939 Thoracic-outlet-Syndrom 647 f, 876, 900 f, 1018 – Raynaud-Phänomen 892, 900 Thorakoplastik 1040 Thorakoskopie 1012 f – therapeutisch operative 1014, 1034 Thorakotomie 201 – postero-laterale 816 – videoassistierte 1014 Thorax, Polytraumaschlüssel 1241 Thoraxauswärtsbewegung, exspiratorische, einseitige 1056 Thoraxbewegung, einseitig nachschleppende 1033, 1056 Thoraxdeformität 1016 ff Thoraxdränage 827, 1019 ff, 1036 – Fehllage 1021 – Hämatothorax 1060 – Pneumothorax 1034, 1059 – Rippenfraktur 1057 Thoraxeinziehung, inspiratorische, einseitige 1056 Thoraxmagen 306 ff – partieller 306, 309 Thoraxprellung 8, 1055 Thoraxquetschung 1055 f Thoraxtrauma, stumpfes 310, 1000 Thoraxübersichtsaufnahme 187, 199, 1011 Thoraxverletzung 1054 ff – Polytrauma 1243 Thoraxwandinstabilität 1017, 1056 Thoraxwandtumor 1022 f Thrombangiitis obliterans 894 Thrombektomie 158
– pulmonalarterielle 92 – venöse 935, 937 Thrombendarteriektomie 884, 886, 891, 898 – Arteria carotis 903, 905, 1475 – Nierenarterie 912 Thrombenkatheterektomie, pulmonale 814 Thrombininhibitoren 163 ff – Kontraindikation 165 Thrombinzeit 148, 171 Thromboembolie 156 f – Prophylaxe 163 ff – Risikofaktoren 146 f – zerebrale 158 Thrombolyse 882, 891, 899 Thrombolysetherapie s. Fibrinolysetherapie Thrombophlebitis 927, 929 f, 942 – migrans 930 – saltans 930 – septische 929 – superficialis 929 Thromboplastinzeit 148, 150 f, 166 – partielle 148 f, 163 Thrombose 156 ff – arterielle 888 ff, 891 – nach Nierentransplantation 795 – perianale 439, 443 f – venöse s. Venenthrombose Thromboseneigung 146, 149, 172 – paraneoplastische 236 Thromboseprophylaxe 123, 160, 163 ff – bei chronisch venöser Insuffizienz 941 – perioperative 157 Thromboseverdacht 935 Thrombozytenautoantikörper 125 Thrombozytenfunktionshemmer 172 f Thrombozytenfunktionsstörung, Acetylsalicylsäurebedingte 154 Thrombozytenkonzentrat 120 f – aus Einzelspende 120, 130 – durch Hämopherese 120, 130 – HLA-gekreuztes 121 Thrombozytenzahl, Schwellenwert 111, 120 Thrombozytopathie 154 Thrombozytopenie 86, 120, 154 f – Heparin-induzierte 164 f – paraneoplastische 236 Thrombozytose – paraneoplastische 236 – passagere 576, 587 Thrombus, reitender 884 Thumbprints 406 f Thymektomie 1027 f – zervikale 689 f Thymitis 1027 Thymom 1027
Thymus 1026 ff Thymusvergrößerung 1027 f Thyreoglobulin 656, 672 Thyreoglobulin-Antikörper 665, 672 Thyreoideastimulierendes Hormon s. TSH Thyreoidektomie 661, 667 f, 673, 674 f – notfallmäßige 662 Thyreoiditis 665 f – atrophische 665 – invasiv-sklerosierende 666 – lymphozytäre, chronische 665 – Operationsindikation 673 Thyreoliberin s. TRH Thyreostatika 662, 664, 677 Thyreotropin (thyreoideastimulierendes Hormon, TSH) 657 Thyreotropin-Releasing-Hormon s. TRH Thyroxin 656 f – Substitutionstherapie 676 – Suppressionstherapie 676 TIA (transitorische ischämische Attacke) 889, 902 f, 1474 Tibiafraktur s. auch Unterschenkelfraktur – Lokalisation 1072 – proximale 1206 Tibiagelenkfläche – distale, Rekonstruktion 1221 – proximale, Rekonstruktion 1216 f Tibiakopf – Fraktur 1214 ff – – Impressionsfraktur 186, 1215 f – – Luxationsfraktur 1215 – – Randabbruch 1206 – – Spaltbruch 1215, 1217 – Prellmarke 1203 Tibiapseudarthrose 1221 Ticlopidin 172 f Tiefrotation, Bewegungsausmaß 1093 Tiegel-Kanüle 1059 Tietze-Syndrom 1116 Tinnitus 1413 TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt) 541 ff, 546 Tirofiban 173 Tissue-Plasminogen-Aktivator s. rt-PA TK (Totalkapazität) 1007 T-Killer-Zellen 248 T-Lymphozyten, aktivierte, Wirkung, zytolytische 783 TNF s. Tumor-Nekrose-Faktor TNM-Klassifikation 238 f – Kolonkarzinom 411 – Lungentumor, maligner 1045 f – Magenkarzinom 346 – Mammatumor 733 f – Weichteilsarkom 766 Tobramycin 60 f
Sachverzeichnis
Todani-Einteilung, Gallengangszysten 475 Toleranzdosis, Strahlentherapie 1431 Tollwut (Lyssa, Rabies) 9, 52 f – Impfung 53 Tomographie, konventionelle, thorakale 1011 Torsionsbruch 1065, 1067 Tortikollis 1446 Torus – mandibulae 1329 – palatinus 1329 TOS (Thoracic-outlet-Syndrom) 876, 900 f Tossi-Klassifikation, Akromioklavikulargelenkverletzung 1120, 1122 Totalkapazität 1007 Totenlade 1105 Tourniquet-Syndrom 890 f Toxic shock syndrome (TSS) 86 a-Toxin 40 T-Platten-Osteosynthese, Tibiakopffraktur 1217 Trabekelblase 861 Tracheakompression, Aortenbogenanomalie 959 Trachealstenose, konnatale 822 Tracheaperforation 1025 Tracheareanastomosierung 1063 Tracheaverletzung 1063 Tracheomalazie 822, 959 Tracheostoma 653 f – epithelialisiertes 654 Tracheotomie 653 f Tractus – corticospinalis 1349 – spinothalamicus laterale, Läsion 1351 TRAK (Autoantikörper gegen TSH-Rezeptor) 662, 672 Traktionsdivertikel 293, 295 f TRALI-Syndrom 125 TRAM-Lappen 1308 f – gestielter 1316 – Mammarekonstruktion 1315 f Tranexamsäure 172 Transaminasen im Serum, Cholestase 478 b2-Transferrin 1396 Transformation, maligne 241, 248 Transfusion 116 f – Abbruch 124 f – Ablehnung durch den Patienten 131 f – autologe 128 f – Besteck 117 – Hämosiderose 125 – Reaktion 124 f – – allergische 124 –– chemische 125 – – febrile, nichthämolytische 124 – – hämolytische 124 – – immunologisch ausgelöste 124 f
– – physikalische 125 – Serologie 115 f – Vorbereitung, präoperative 129, 131 Transitorische ischämische Attacke 889, 902 f, 1474 Transplantat – Abstoßung 784 – – Immunsuppression 785 f – – Überwachung 788 f – Entzündungsreaktion, unspezifische 783 – Funktionsdiagnostik 786 – Funktionsverschlechterung 789 – osteokutanes 1308 – osteomyokutanes 1308 – Überlebensrate 786 – Zerstörung, T-Zell-vermittelte 783 Transplantation 775 ff – allogene 780 – Antigendifferenz 780 – Blutersatz 130 f – Organisation 778 f Transplantationsantigen 780 f Transplantationsgesetz 777 Transplantationsimmunologie 780 ff Transplantatniere s. Nierentransplantat Transplantatreaktion, reverse 784 Transport, transepithelialer 97 Transposition der großen Arterien 974 ff Transrektalschnitt, rechtsseitiger 499 f Transsudat 1018 Transversosigmoidostomie 416, 419 Transversostoma, doppelläufiges 419 Transversostomie 419 Transversum-Anus-praeter 419 Transversumresektion 415 f – laparoskopische 634 Trendelenburg-Operation 162 Trendelenburg-Test 932 Trendelenburg-Zeichen 1185 Trepanation, osteoplastische 1390 TRH (Thyreotropin-ReleasingHormon, Thyreoliberin) 657 f TRH-Test 672 Trichobezoar 591 Trichterbrust 1016 f Trigeminusneuralgie 1479 f Triggerpunkte, Hand 1249 Trigonum – caroticum 641 f – submandibulare 641 Trijodthyronin 656 f Trikolore 892 Trikuspidalatresie 981 f Trimethoprim 62 Trinkplatte 1340 Tripeltherapie, immunsuppressive 786, 811
Trisegmentektomie, Leber 524 Trismus 42 Trochanter minor – Abriss 1067 – Absprengung 1194 f Trochlea peronaealis, laterale 1233 Trochlea-femoris-Chondromalazie 1097 Trokar 624 Trometamol 104 Tropfen, hängender 1336 Trophische Störung, akrale 895 Trümmerbruch 1069 Truncus – arteriosus communis 980 f – coeliacus 547 – jugularis 644 – subclavius 644 Truncus-brachiocephalicusVerschluss, Steal-Phänomen 906 TSH (thyreoideastimulierendes Hormon, Thyreotropin) 657 TSH-Rezeptor-Autoantikörper 662, 672 TSH-Sekretion, supprimierte 672 TSS (toxic shock syndrome) 86 Tsuge-Beugesehnennaht 1269 Tuber – calcanei 1233 – cinereum 1352 Tuberculum-majus-Fraktur 1133 ff Tuberculum-minus-Fraktur 1133 f Tubergelenkwinkel 1234 f Tuberkulintest 43 Tuberkulose 43 f, 1039 Tuberkulostatika 44, 1040 Tuberöse Sklerose 1407 Tuberositas – ossis navicularis, Fraktur 1237 – radii, Bizepssehnenabriss 1132 – tibiae, Fraktur 1067 Tubulusnekrose, akute, Nierentransplantat 794 Tumor – benigner 235 – embryonaler 237 – endokrin aktiver 701 – intraabdominaler s. Abdominaltumor – katecholaminproduzierender 701 ff – maligner 235 ff – – Ausdehnung, lokale 248 – – Behandlung, palliative 253 ff – – Chemotherapie 250 ff – – – palliative 255 – – Chirurgie 248 ff – – Diagnostik 248
1535 – – Disposition, familiäre 243 f – – Frühdiagnose 255 f – – Gentherapie 257 – – Immuntherapie 256 – – Metastasierung 238 – – Prognose 238 – – psychische Faktoren 244 – – Radiologie, interventionelle 252 f – – Remission, partielle 251 – – Resektionsgrenze 249 – – Schmerztherapie 253 f – – Strahlentherapie 251 f – – – palliative 255 – – Therapieansätze, neue 255 ff – – therapiebedingter 244 – – Therapieerfolgsbeurteilung 249 – – Therapiekonzept, multimodales 252 – – Verbrauchskoagulopathie, chronische 153 – – Verlaufskontrolle 241, 249 – – Vollremission 251 – neuroendokriner, pulmonaler 1053 – neurosekretorischer 1494 – odontogener 1328 f – paravertebraler 708 – primitiv-neuro-ektodermaler (PNET) 1412 – retroperitonealer 711 f – spinaler 1421 ff – – Chemotherapie 1432 f – – extraduraler 1424 ff – – intraduraler, extramedullärer 1426 ff – – intramedullärer 1428 f – – Strahlentherapie 1429 ff – strahleninduzierter 1431 Tumorausbreitung 731 f Tumorbiologie 241 ff Tumorblutung, AIDS 50 Tumorektomie, Mamma 739 Tumorentstehung 246 ff Tumorexulzeration, Mammakarzinom 723 Tumorgefäßembolisation 252 f Tumorgrading 238 Tumorimmunologie 244 ff Tumorkachexie 1494 Tumorkrankheit 235 Tumormarker 241, 414, 672 Tumor-Nekrose-Faktor 28, 235, 773 – Schock 71, 73 Tumorpatient – Blutersatz 130 – psychische Betreuung 250 Tumorperforation 211 f Tumorresektion, R-Klassifikation 249 Tumorstaging 238, 249 Tumor-Stroma-Interaktion 247 Tumor-Suppressorgen 246 – Manipulation 257
1536
Sachverzeichnis
Tumorwachstumshemmung 251 Tumorzapfen, Vena cava inferior 939 Tumorzellen 244 f – Schutz vor Immunsystemangriff 245 – Translokation 247 Turcot-Syndrom 421, 424 Turmschädel 1452 ff Turner-Syndrom, männliches 869 Turrizephalus 1452 ff TUR-Syndrom 103 Tylektomie 738 f Typ-A-Fraktur 1070, 1072 Typ-B-Fraktur 1070, 1072 Typ-C-Fraktur 1070, 1072 T-Zell-Leukämie-Virus, humanes 242
U Überlaufenkopresis 463 Überlebensqualität 262 Überwässerung, Vermeidung 113 UICC-Klassifikation, Magenkarzinom 346 Ulcus s. auch Ulkus – cruris venosum 13 f , 931, 941 – duodeni 330 f, 333 f, 498 – – chronisches, Vagotomie 634 – durum, anorektales 456 – molle 457 – pepticum jejuni 340, 355 f – simplex – – jejuni 371 – – recti 457 – ventriculi 330 ff, 498 – – Perforation 211 f – – Radiologie 331 f – – Schmerzcharakter 332 Ulkus (s. auch Ulcus) 327 – akrales, AVK-bedingtes 895 – chronisches 330 – Dieulafoy 328 – kallöses 327 – peptisches 327, 560, 680 f – im Thoraxmagen 307 Ulkusblutung 340, 342 f – Umstechung 336 Ulkuschirurgie, Indikationsstellung 335 Ulkuskrankheit 327 f Ulkuspenetration 340 f Ulkusperforation 211, 336, 340 f Ulkusübernähung 335 f Ulnafraktur s. auch Unterarmfraktur 1150 f – Lokalisation 1072 – proximale 1149 – – Monteggia-Verletzung 1144, 1151 f Ulnapseudarthrose 1152 Ulnarislähmung 1275 Ulnavorschub 1155
Ultraschalldiagnostik (s. auch Doppler-Sonographie; s. auch Endosonographie; s. auch Sonographie) 185 – Neurochirurgie 1361 Ultraschallsauger 1428 Ulzeration – ektope 364 – gastrointestinale, schockbedingte 75 – Zytomegalie-Virus-induzierte 50 Ulzerogenese, extragastral induzierte 333 Umfangsmessung, vergleichende 1092 ff Unfallversicherung, gesetzliche 272 Ungoentolansuppositorien 456 Unhappy triad 1206 Unterarm 1094 – Anatomie 1295 – Kompartmentsyndrom 1086 Unterarmfraktur s. auch Radiusfraktur; s. auch Ulnafraktur – distale, kindliche 1155 f – Reposition 1080 Unterarmlappen 1308 Unterarmluxationsfraktur 1151 f Unterarmschaftfraktur 1150 f Unterbauchschmerz – linksseitiger 395 – rechtsseitiger 382 – – rezidivierender 367 Unterkiefer – Fraktur 1336 f – Luxation 1338 – Osteomyelitis 1322 Unterkühlung 11 Unterlid, Blepharoplastik 1316 f Unterschenkel 1094 – Kompartimente 1087, 1214 – Kompartmentsyndrom 1086 – Weichteilschaden 1214, 1218, 1221 f Unterschenkelamputation 887 Unterschenkelbrace 1218 f Unterschenkelfraktur (s. auch Fibulafraktur; s. auch Tibiafraktur) 1214 ff – distale, intraartikuläre 1221 – offene 1076 – proximale, intraartikuläre 1215 ff Unterschenkelmuskulatur 1214 Unterschenkelödem 895 Unterschenkelschaftfraktur 1218 ff Unterschenkeltrümmerfraktur 1069 Unterschenkelvenenthrombose, postoperative, asymptomatische 934 Untersuchung
– körperliche 181 – nuklearmedizinische 193 – phlebologische 928 f – rektale 181, 413, 434 ff – – posttraumatische 1176 Unverträglichkeitsreaktion, gelatinebedingte 114 UÖS (unterer Ösophagussphinkter) 276, 284, 315 Upside-down-stomach 306 ff – Säugling 845 f Urachusfistel 854 Ureter – duplex 864 f – Umwicklung mit Omentum majus 709 Ureterabgang, hoher 862 Ureterabgangsstenose 862 f Ureteratresie 859 Ureterhypoplasie 859 Ureterkolik 498 Uretermündung, ektope 864 f Ureterneueinpflanzung 866 Ureteroneozystostomie, Nierentransplantation 792 f Ureterosigmoidostomie 410 Ureterostium – Kollageninstillation, endoskopische 866 – Stenose, kongenitale 863 f – Verschlussmechanismus 865 Ureterozele 866 f Ureterstenose, prävesikale 863 Ureterverlagerung 707 Urethralklappe, kongenitale 861 f Urethrographie, posttraumatische 1177, 1179 Urinextravasation nach Nierentransplantation 795 Urinosmolarität 99 Urogenitalsystemverletzung 1175 ff Urographie, intravenöse 707 Urokinase 154, 168 ff, 882 – Dosierung 936 Urosepsis 864 Ursodesoxycholsäure 480, 489 f Urtikaria 89 Uveitis 369, 400 UV-Strahlung, Tumorentstehung 242
V Vagotomie – laparoskopische 337, 634 – selektive – – proximale 336 f, 343, 353 – – totale 336 f – trunkuläre 336 f, 353 Vakuummatratze 1400, 1403 Valgusstellung 1191 Valleix-Druckpunkte 1487 Vancomycin 60 f Vanillinmandelsäure 858 – im Urin 702, 1494
Varikophlebitis 930, 931 Varikosis – primäre 927, 931 – sekundäre 927, 931 – Stadieneinteilung 931 f Varikozele 871 f Varixknotenperforation 931 Varizen, gastroösophageale 534 f – – Endoskopie 538 Varizenblutung 534, 538 f – akute 600 f – Primärprophylaxe 538 – Rezidivprophylaxe 542 f – Risikofaktoren, endoskopische 538 Varizenligatur 543 – endoskopische 600 f Varizensklerosierung 933 – endoskopische 539, 542, 598 f Varizenstripping 933 f Varusstellung 1190 f, 1197 Vaskulopathie, Herztransplantat 812 Vasodilatanzien 83, 92, 893 – nach Herztransplantation 809 f Vasodilatation, Schock 69, 71 f – – septischer 85 Vasokonstriktion – pharmakologische 539 – Schock 69, 71 f – Verbrennung 225 f Vasomotion, schockspezifische 69, 71 f Vasoparalyse, zerebrale 1368 Vasopathie 155 f Vasopressinanaloga 539 Vasospasmus 888 f, 890 – akraler 892 – Nachweis 1459 – Subarachnoidalblutung 1458, 1461 – traumatisch bedingter 914 – zerebraler 1361 Vegetative Störung – – Schädel-Hirn-Trauma 1376 – – Subarachnoidalblutung 1457 Vena – azygos 1032 – basalis 1347 – cava – – inferior – – – Sperroperation 938 – – – Thrombose 939 – – – Tumorzapfen 939 – – superior – – – Kompression 939 – – – Thrombose 939 – cerebri magna 1347 – femoralis, Präparation 937 – iliaca communis, Verschluss 939 – jugularis interna 642 f, 655 – lienalis 505 – mesenterica, Flussumkehr 440 – ophthalmica, Infektionsausbreitung 1348
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Sachverzeichnis
– poplitea, Verletzung 1206 – portae s. Pfortader – pulmonalis 1002 – saphena – – magna – – – autologe 884, 884 f – – – Bypass, aortokoronarer 991 – – parva, Bypass, aortokoronarer 991 – splenica 573 – testicularis – – Klappeninsuffizienz 871 f – – Ligatur 872 – thoracoepigastrica, Phlebitis 930 Vena-axillaris-Thrombose, akute 939 Vena-cava-Okklusion bei Lebervenenausriss 529 Vena-cava-Thrombose, Wilms-Tumor 856 Vena-subclavia-Stenose 900 Vena-subclavia-Thrombose 939 f Venenbypass 884 f – aortokoronarer 990 f – femoro-poplitealer, infragenualer 898 Venenerkrankung 927 ff Venenfunktionstest 928, 931 f Venenkatheter – Erregerisolierung 30 – Infektion 33 Venenkranz, variköser 931 Venensystem, Extremität, untere (s. auch Beinvenen) 927 Venenthrombose 156 ff – Pathogenese 934 – Risikofaktoren 934 Venenverletzung 915 Venenverschlussplethysmographie 928 f – Beinvenensystem, tiefes 935 Ventilationsgrößen 1007 f Ventilations-Perfusions-Störung 105, 1008 f Ventilpass 1443 III.Ventrikel 1352 f IV.Ventrikel 1352 f – erweiterter 1451 Ventrikel, rechter, Atrialisierung 982 Ventrikelaneurysma 991 f Ventrikeldränage, externe 1370 f Ventrikelkatheter 1371 Ventrikelseptumdefekt 970 f – Double outlet right ventricle 979 – Fallot-Tetralogie 976 f – hoher 967 – membranöser, hoher 970 f – muskulärer 970 f – bei Pulmonalatresie 978 f – suprakristaler 970 f – Transposition der großen Arterien 974 – Trikuspidalatresie 981
– Truncus arteriosus communis 980 Ventrikelseptumhypertrophie, Aortenstenose 962 Ventrikelsystemerweiterung 1436 f Verätzung 12 – gastroduodenale 323 – Ösophagus 292 f Verband, stabilisierender 1081 Verbrauchskoagulopathie 86, 147, 152 ff, 172 Verbrennung 219 ff – Entlastungsschnitte 229 – Hautdeckung 230 f – Infektionsprophylaxe 233 – Intensivbehandlung 230 f – Kaltwasserbehandlung 226 f – Medikamente, lokal applizierbare 230 – Narbenbildung 221 – Oberflächenbestimmung 222 f – Pathophysiologie 225 f – Reparationsphase 234 – Schmerztherapie 226 f – Schockphase 70, 84, 232 f – Schweregrade 219 ff, 223 – systemische Schäden 225 – Tiefenbestimmung 219 ff – Volumenersatz 232 f – Wundbehandlung 229 – zirkuläre 229 Verbrennungsindex 228 Verbrennungskrankheit 84, 225, 233 Verbrennungsschock 70, 84, 232 f Verbundosteosynthese 1084 f Verdauungsphasen 316 f Verhaltensmuster 260 Verkalkung – ektopische 1152 – Sella-turcica-Region 1418 Verkürzung, frakturbedingte 1073 Verletzung – chemische 6, 12 – intraabdominelle 1175 – mechanische 6 ff – penetrierende 6 – thermische 6, 10 f Verletzungskrankheit 81 Verlustalkalose 104 Verlustazidose 104 Verner-Morrison-Syndrom 567 Verrenkung s. Luxation Verriegelungsnagel 1084 f – Femurfraktur, subtrochantäre 1197 f – Femurschaftfraktur 1199 – Humerusschaftfraktur 1137 – Unterschenkelschaftfraktur 1219 f Verschiebeschwenklappen 1311 – Dekubitusdeckung 13 Verschlussdruck, peripherer 896
Verschlusshydrozephalus, akuter 1343, 1379, 1436 f Verschlussikterus 473, 478, 482 – Gallengangdränage, passagere 613 – pankreaskarzinombedingte 571 Verschlusskrankheit, arterielle 873 ff, 894 ff – – zerebrale 1473 ff Versicherung, private 273 Versicherungsträger 271 f Versicherungswesen 271 ff Verstopfung 430, 462 f, 465 f Verstorbenenorganspende 775 f Vertebra prominens 1157 Vertebralisthrombose, posttraumatische 1160 Vertebrobasiläre Insuffizienz 905 f Vertebrobasiläres Stromgebiet, Aneurysmalokalisation 1456 Video-Thorakoskopie, operative 1014 Vierkompartmentlymphadenektomie 676 Vigilanzstörung 1457 Vimentin 766 Vincaalkaloide 250 VIP (virusinaktiviertes Plasma) 122 Vipom 567 Virchow-Trias 146, 156, 934 Viren, onkogene 242 Virilisierung 701 – pränatale 698 Virusinaktivierungsverfahren 122 Virusinfektion nach Organtransplantation 796, 801 Visusstörung 1346 Visusverlust 1416 Viszeralarterien-Ischämiesyndrom 906 ff Viszeralarterienverschluss 213 f, 906 Vitalfunktionensicherung 1242, 1245 Vitalkapazität 1007 – präoperative 1010 Vitamin-A-Mangel 359 Vitamin B12 – Mangel 367 – Resorption 357 – Substitution 349 Vitamin-C-Mangel 156 Vitamin D 98, 679 – Mangel 682 – Resorption, verminderte 359 Vitamine 134 Vitamin K – Antagonisten 151 – Applikation, intravenöse 151 – Cumarinantagonisierung 168 – Mangel 151, 359 VK s. Vitalkapazität
Volkmann-Dreieck 1228, 1230 Volkmann-Kontraktur 1087 Vollblut 119 Vollelektrolytlösung, isotone 112 Vollhauttransplantat 1261, 1306 Vollthautlappen 1304 Volumen, endexspiratorisches, forciertes 1008 Volumenbelastung, kardiale 984 Volumenersatzmittel 78, 80 – kolloidale, künstliche 114 f Volumenmangelschock 70, 79 ff Volumentherapie 77, 80 ff, 87, 110 ff – Verbrennungspatient 232 f Volumenverschiebung, Verbrennung 205 Volvulus – fetaler 836 – Magen 320 – Säugling 832 f Vorderseitenstrangläsion 1351 Vorfußamputation 887 Vorhofhypertrophie, EbsteinErkrankung 983 Vorhofseptumdefekt 965 ff, 973 – Fallot-Pentalogie 976 – tiefer 967 – Transposition der großen Arterien 974 – Trikuspidalatresie 981 Vorhofumkehr 976 Vorpostenfalte 445 Vorschiebeschwenklappen 1311 V-Phlegmone 1288 f VSD s. Ventrikelseptumdefekt VVI-Schrittmacher 993
W Wabenlunge 824 Wachstumsfaktor, Schilddrüsenvergrößerung 660 Wachstumsstörung, frakturbedingte 1072 Wadendruckschmerz 935 Wahl-Zeichen 197 Wahrnehmungsmuster 260 Wahrnehmungsstörung 1355 Walking through 895 Wall-Stent, intrakoronarer 990 Wanderlappen 1307 Wangensteen-Röntgenaufnahme 840 Warmblut 119 Wärmeantikörper 585 Wärmeapplikation nach Handoperation 1258 Wärmeaustauscher, Herz-Lungen-Maschine 949 f
1538 Wasserbilanz 95 f Wasserdefizit, extrazelluläres 102 Wassereinfuhr 95 f Wasserhaushaltsstörung 100 ff – perioperative 107 f Wasserretention 99 Wasserschloss 1021 Wasserverlust 96 Wasting-Syndrom 784 Waterhouse-Friderichsen-Syndrom 699 Waterstone-Anastomose 978 Weber-Klassifikation, Sprunggelenkfraktur 1228 ff Weber-Ramstedt-Pyloromyotomie 320, 845 F.P.-Weber-Syndrom 922 f Weber-Tisch 1200 Wegener-Klinger-Granulomatose 894 Weichgewebetumor 1327 f Weichteilaufhellung, streifige 1061 Weichteillappen 1306 ff Weichteilsarkom 765 ff – Amputation 771 – Chemotherapie 773 – Enukleation 772 – Kompartmentresektion 771 – Komplikation, metastasenbedingte 772 – Metastasierung 766 – peripheres 766 – Resektion 771 f – Strahlentherapie 772 f – Therapieansatz, multimodaler 771 – TNM-Klassifikation 766 – Wachstumsverhalten 771 – zentrales 772 Weichteilschaden s. auch Weichteilverletzung – bei Fraktur 1075 ff – Hand 1260 ff – Infektion 1090 – Unterschenkel 1214, 1218, 1221 f Weichteilschrumpfung, Sudeck-Dystrophie 1091 Weichteiltumor 765 ff – Angiographie 768 – benigner 765 – Biopsie, primäre 768 – Computertomographie 767 ff – Exstirpation, primäre 768 – Inzisionsbiopsie 769 – Klassifizierung, histologische 768 – Magnetresonanztomographie 767 ff – maligner s. Weichteilsarkom – Positronen-Emissions-Tomographie 768 – Sonographie 768 – Stufenplan, diagnostischer 770 Weichteilverkalkung 680 f Weichteilverletzung (s. auch Weichteilschaden) 1110 ff
Sachverzeichnis
– faziale 1334 Weichteilzyste 1326 f Werlhof-Krankheit (idiopathische thrombozytopenische Purpura) 584 Wermer-Syndrom 683 Whipple-Operation s. Duodenopankreatektomie, partielle WHO-Klassifikation – Bronchialkarzinom 1044 – Hirntumor 1406 f Williams-Beuren-Syndrom 962, 964 Wilms-Tumor 237, 856 f Windverhalt 188 Wingspread-Klassifikation, Fehlbildung, anorektale 838 f Winiwarter-Buerger, Morbus 894 Wirbelbodenplatteneinbruch 1167 Wirbeldeckplatteneinbruch 1167 Wirbelfraktur 1158, 1167 Wirbelfusion s. Spondylodese Wirbelgelenkdenervation 1478 Wirbelgelenke, kleine 1157 Wirbelhämangiom 1425 Wirbelkompressionsfraktur 1167 ff Wirbelkörper 1157 – Druckfestigkeit 1158 Wirbelkörperhöhenverlust, traumatisch bedingter 1168 Wirbelkörperosteolyse 1425 Wirbelkörperosteomyelitis 1106 Wirbelkörper-Striae, vertikale 1425 Wirbelmetastase 1424, 1426 Wirbelosteosynthese, belastungsstabile 1403 Wirbelsäule 1157 ff – Bewegungsumfang 1159 – Biomechanik 1158 – Distraktionsverletzung 1163, 1168, 1170 – Drei-Säulen-Modell 1167 – Flexionsverletzung 1168 f – Hypertextensionsverletzung 1170 – Inspektion 1159 – Kompressionsverletzung 1167 ff – Osteosynthese 1171 f – Palpation 1159 – Röntgenaufnahme 1360 – – posttraumatische 1402 – Rotationsverletzung 1168, 1171 Wirbelsäuleninstabilität, posttraumatische 1403 Wirbelsäulenstabilisierung 1171 f Wirbelsäulenveränderung, degenerative 1480 ff Wirbelsäulenverletzung 1157 ff
– Dekompression 1171 – Maßnahmen, präklinische 1243 – neurologische Zusatzverletzung 1172 – Stabilisierung 1171 Wirbelspontanfraktur 693 Wismut 335 Witzel-Fistel 302 Wolfe-Krause-Lappen 1303 Wolff-Parkinson-White-Syndrom 994 W-Plastik 1303 W-Pouch 402 Wulstbruch 1074 Wundausschneidung 2 f, 9, 21 Wundbehandlung 20 ff, 1299 f – Anästhesie 20 – offene 31 – Verbrennung 209 f Wunddiphtherie 48 Wunde 1 ff – aseptische 31 f – bedingt aseptische 32 – Begleiterkrankung 15 – chronische 13 f – eiternde 4 – Erregerisolierung 30 – geschlossene 6 – iatrogene 12 – infizierte 1299 – komplizierte 6 – Kontamination 4, 16, 32, 1107 – nekrotische 2 f – offene 6 – saubere 1299 – septische 32 – traumatische 6 ff – verschmutzte 4, 14, 1299 – zerklüftete 2 f Wundflächenkontraktion 4 f Wundheilung 1 ff – Dauer 1301 – Einflussfaktoren 14 ff – Medikamenteneinfluss 15 Wundheilungsstörung 16 ff, 1107 Wundinfektion , 16 ff, 31 f – anaerobe 16 – putride 16 – pyogene 16 Wundkonditionierung, Verbrennungswunde 211 Wundödem 17, 40 Wundrand, zerfetzter 4 Wundreinigung 20 Wundsekret, süßlich riechendes 40 Wundsekretabfluss, behinderter 4 f Wundstarrkrampf s. Tetanus Wundverband 21 f Wundverschluss 21 – nahtloser 22 Wundversorgung – Hand 1260 f – primäre, Kontraindikation 2 Wundvorbereitung 20 f
X Xylit 134
Y Yergason-Test 1117, 1132 Y-Gefäßprothese – aortobifemorale 884, 898 – aortobiiliakale 898, 917, 919 – infizierte, Ausbau 899 Y-Roux-Schlinge 830 f
Z Zahlenverbindungstest 535 Zahnkeimosteomyelitis 1322 Zäkumperforation 203 Zäkumvolvulus 189, 428 f Zehenfraktur 1240 Zelenbildung, Defäkographie 437 Zellpolymorphie 235 Zenker-Divertikel 294 f Zentralisation 69, 71, 79 Zephalikashunt 924 f Zerebroprotektive Substanzen 1370 Zerebrovaskuläre Insuffizienz 902 ff Zerrung, Fingergelenk 1281 Zerstörungsphase, Immunantwort 783 Zervikalmark 1349 Zervikalmarkschädigung 93 – bei Spinalkanaleinengung 1486 Zervikalsyndrom 1482 f Zervikalwurzeln 1483 Zervikothorakaler Übergang 1164 Zigarettenkonsum, Bronchialkarzinomhäufigkeit 1044 Zirkulation – assistierte 952 – extrakorporale s. Extrakorporale Zirkulation Zirkulationsstillstand, zerebraler 777 Zirkumzision 868 Zirrhose, biliäre – – primäre 478 – – sekundäre 476, 485, 489, 491 Zisterne 1353 Zitratintoxikation 125 f ZNS-Tumor, Chemotherapie 1432 f Zökumkarzinom 628 Zökumwandphlegmone 628 Zöliakographie 509, 568 Zollinger-Ellison-Syndrom 333, 567 Z-Plastik 1302 f Zuelzer-Wilson-Syndrom 849 Zufriedenheitsformel 259 Zuggurtung 1082 f
Sachverzeichnis
– Humeruskopffraktur 1135 – Innenknöchel 1231 – Olekranonfraktur 1146 – Os-metatarsale-V-Abrissfraktur 1240 – Patellafraktur 1212 f Zugschraubenprinzip 1082 f Zungenatrophie 1346 Zungenparese 1346 Zweiflügel-Kunststoffprothese 986 f Zwerchfell 303 ff Zwerchfellagenesie 825 Zwerchfellaplasie, subtotale 825 Zwerchfelldefekt 822 – kongenitaler 825 ff Zwerchfelldopplung 828 Zwerchfellhernie 304 ff, 763, 825 f
– angeborene 304 Zwerchfellhochstand 827 f – rechtsseitiger 516 Zwerchfelllähmung 827 f Zwerchfellraffung 828 Zwerchfellresektion 1024 Zwerchfellruptur 199 f, 309 ff – traumatische 199 Zwerchfelltiefstand 824 f Zwerchfelltumor 312 Zwipp-Tscherne-Klassifikation, Kalkaneusfraktur 1234 Zwischenhirn 1352 Zyanidvergiftung 94 Zyanose, zentrale 974 ff Zystadenokarzinom – muzinöses, Appendix 388 f – Pankreas 566
Zystadenom – muzinöses 389 – renales 861 Zyste(n) 1325 ff – bronchogene 824 – Brustdrüse – Brustdrüse 717, 719 f – hepatische 474 f – intrakranielle 1415, 1418 – odontogene 1325 – radikuläre 1326 Zystektomie 515, 1041 Zystenleber 512 f Zystenlunge 824 Zystenniere 859 f Zystenruptur, intraabdominelle 213 Zystojejunostomie 564 Zytokeratine 766
1539 Zytokine 27 f – Schock 71, 73 – synoviale 1102 f – Tumorbehandlung 256 – Tumorimmunologie 235, 245 Zytomegalievirusstatus, Nierentransplantatempfäng er 792 Zytostatika 250, 1432 f – Perfusion, intraarterielle 251 – Wundheilungsbeeinflussung 15 Zytotoxizität, zellvermittelte, antikörperabhängige 244 f , 783