Julian Wünscher Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland
GABLER RESEARCH
Julia...
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Julian Wünscher Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland
GABLER RESEARCH
Julian Wünscher
Chancen und Herausforderungen der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland Marktpotenziale und Bankstrategien Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Christoph J. Börner
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, 2009 D 61
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Claudia Jeske | Stefanie Loyal Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1898-7
Meinen Eltern
VII
Geleitwort Der Begriff „Subprime“ war noch vor gut zwei Jahren in Deutschland weitgehend unbekannt. Dies hat sich im Zuge der auch als „Subprime-Krise“ bezeichneten globalen Finanz- und Wirtschaftskrise gründlich gewandelt. Wenngleich man in der allgemeinen und in der akademischen Diskussion dieser Krise vor allem auf das Subprime-Segment im US-amerikanischen Immobilienkreditgeschäft schaut, ist doch generell deutlich geworden, dass die Kreditvergabe an einkommens- bzw. vermögensschwache Bankkunden hohe und spezielle Risiken birgt. Nun übernehmen Banken im Kreditgeschäft allerdings immer Risiken. Insofern stellt das Subprime-Segment nur denjenigen Extrempol auf einer Skala von Kreditrisikopotenzialen dar, den manche Banken gerade noch akzeptieren, während andere Banken dieses Segment bereits ausschließen. Neben dem – mittlerweile weltweit bekannten - Subprime-Segment in der Immobilienfinanzierung existiert in den USA auch ein großer Markt für SubprimeAutomobilfinanzierungen, der sich dynamisch entwickelt, aber auch vor einigen Jahren bereits eine Krisenphase durchlaufen hat. Angesichts der Schere, die zwischen den Autopreisen und den Arbeitseinkommen in Deutschland aufgeht, und angesichts der Tatsache, dass ein Auto häufig Voraussetzung für die Erzielung von Einkommen ist, stellt sich – unter Berücksichtigung der krisenhaften Zuspitzung auf dem Markt für Subprime-Immobilienfinanzierungen – die Frage, ob es nicht in Deutschland auch ein entsprechendes, tragfähiges Geschäft mit einkommens- oder bonitätsschwachen Kunden geben kann. Hierbei sind die Banken offenkundig aufgefordert, den übernommenen besonderen Risiken in spezieller Weise Rechnung zu tragen und entsprechende Risikoprämien zu vereinnahmen, um die höheren Ausfälle decken zu können. Neben dem Risikomanagement und dem Pricing von Subprime-Automobilfinanzierungen stellen auch Marketing und Vertrieb besondere Anforderungen. Hierbei ist beispielsweise an die Markenführung sowie an die Einbindung der Automobilhändler zu denken. Die vorliegende Dissertation von Julian Wünscher stellt sich der Aufgabe, das Potenzial eines Marktes für Subprime-Automobilfinanzierungen in Deutschland vom Markt und von den bankwirtschaftlichen Voraussetzungen her auszuloten. Das Thema ist in der Literatur bislang weitgehend unerschlossen. Die Arbeit betritt insofern Neuland. Fertige Antworten oder Umsetzungsratschläge kann man nicht – und sollte man von einer Dissertation grundsätzlich nicht – erwarten. Die Arbeit liefert aber fundierte Hin-
VIII
weise auf die kritischen Erfolgsfaktoren in einem Marktsegment, das in der Zukunft an Bedeutung gewinnen dürfte. In diesem Sinne wünsche ich dem vorliegenden Band eine gute Aufnahme in Wissenschaft und Praxis.
Prof. Dr. Christoph J. Börner
IX
Vorwort Zum Gelingen der vorliegenden Dissertation und des erfolgreichen Abschlusses meiner Promotion, die ich neben meiner vollberuflichen Tätigkeit bei der Santander Consumer Bank AG bewerkstelligt habe, sind mir verschiedene Personen in meinem beruflichen und privaten Umfeld mit Rat und Tat zur Seite gestanden.
Hilfreiche Anregungen zur thematischen Gestaltung der Dissertation aus strategischer Perspektive erhielt ich von Herrn Andreas Finkenberg. Bei ihm bedanke ich mich für seine Ideen und Ratschläge, mit denen er mir vor und während der Anfertigung meiner Arbeit zur Seite stand. Für die fachlichen Erläuterungen und Hinweise zu den juristischen und das Risikomanagement betreffenden Abschnitten der Dissertation danke ich Frau Nina Bartha, Herrn Rolf Ehrenberg und Frau Anne Blumenberg. Für die wertvollen theoretischen und praktischen Anregungen zur Gestaltung des Hauptteils der Arbeit gilt mein besonderer Dank Herrn Dr. Ulrich Anders, der mir auch dabei half, die Promotion aus dem „richtigen“ Blickwinkel zu betrachten.
Herrn Dr. Stefan Blume gebührt großer Dank dafür, dass er mich vor Beginn und während der Erstellung der Arbeit immer wieder mit produktiven und motivierenden Ratschlägen infolge seiner eigenen Promotionserfahrungen ermutigt hatte.
Bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Christoph J. Börner, Inhaber des Lehrstuhls für
Betriebswirtschaftslehre,
insb.
Finanzdienstleistungen
der
Heinrich-Heine-
Universität Düsseldorf, bedanke ich mich sehr herzlich für seine wertvolle und unterstützende Betreuung meiner Dissertation, besonders auch für seine zeitliche Flexibilität bei der Terminierung gemeinsamer Besprechungen im Verlauf der Arbeit. Mit offenem Ohr für Fragen und prompten, konstruktiven Antworten zu jeder Zeit hat er mir sehr dabei geholfen, die Inhalte und Struktur der Arbeit fortwährend zu optimieren. Für die zügige Beurteilung meiner Arbeit und Erstellung des Zweitgutachtens möchte ich Herrn Prof. Dr. Guido Förster meinen Dank aussprechen.
X
Große Geduld und Toleranz für die Erstellung der Dissertation in meiner Freizeit hat meine Freundin Katja Hoffmann bewiesen. Bei ihr bedanke ich mich herzlich für ihr stets motivierendes und unterstützendes Verhalten in den letzten Jahren, die in Anbetracht einer fast täglichen Schreibtischarbeit zu Hause und in Bibliotheken einige Belastungsproben mit sich brachten. Ihr wie auch Ihrer Kollegin Nicola Weiher möchte ich zudem gerne Dank sagen für die technische Unterstützung bei der Formatierung der Dissertation für den Verlagsdruck.
Für seine aufmunternde Begleitung und persönlichen Anregungen zur zeitlichen und inhaltlichen Gestaltung meines Promotionsprojektes danke ich meinem Bruder Justin sehr herzlich, der stets mitgedacht und mich immer wieder motiviert hatte.
Die vorliegende Arbeit widme ich meinen Eltern Hanna und Jens Wünscher. Ihnen verdanke ich meine Ausbildung und ein familiäres Umfeld, ohne das der erfolgreiche Abschluss meiner Promotion kaum möglich gewesen wäre.
Julian Wünscher
XI
Inhaltsverzeichnis Geleitwort .................................................................................................................. VII Vorwort ................................................................................................................... IX Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................... XI Abbildungsverzeichnis................................................................................................ XVII Abkürzungsverzeichnis................................................................................................ XIX 1 Einleitung .....................................................................................................1 1.1 Problemstellung ...........................................................................................1 1.2 Ziel der Arbeit und Abgrenzung des Themengebietes.................................3 1.3 Vorgehensweise und Gang der Untersuchung .............................................4 2 Grundlagen der Automobilfinanzierung ......................................................7 2.1 Die Bedeutung des Automobils als Konsumgut ..........................................7 2.1.1 Begriffliche Einordnung des Automobils in die Systematik der Konsumgüter................................................................................................7 2.1.2 2.2 2.2.1
Besonderheiten des Automobils als Finanzierungsobjekt ...........................8 Einordnung der Automobilfinanzierung als Unterart der Konsumgüterfinazierung............................................................................11 Begriffsabgrenzung und Entwicklung der Konsumgüterfinanzierung ......11
2.2.2
Entwicklung und Marktumfang der Automobilfinanzierung als spezielle Form der Konsumgüterfinanzierung...........................................16
2.3 2.3.1
Ausgestaltungsmerkmale der Automobilfinanzierung...............................19 Themenrelevante Abgrenzung der Zielgruppen der Automobilfinanzierung ..............................................................................19
2.3.2
Vertriebswegorientierte Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Automobilfinanzierung..............................................................21
2.3.3
Erscheinungsformen der Automobilfinanzierung......................................23
2.3.3.1 Zur grundsätzlichen Marktbedeutung von Kredit und Leasing als Erscheinungsformen der Automobilfinanzierung ......................................23 2.3.3.2 Wesensmerkmale und rechtliche Grundlagen des Ratenkredites als wesentliche Erscheinungsform der Automobilfinanzierung ......................24 2.3.3.3 Begriffsabgrenzung und Eigenschaften des Leasings als Erscheinungsform der Automobilfinanzierung in weitem Sinne...............26 2.4 Klassifizierung von Trägern der Automobilfinanzierung ..........................30
XII
2.4.1
Spezialbanken............................................................................................ 30
2.4.1.1 Captives ..................................................................................................... 31 2.4.1.2 Non-Captives ............................................................................................. 33 2.4.2 Universalbanken........................................................................................ 35 2.5 2.5.1
Nutzeneffekte der Automobilfinanzierung aus Sicht der beteiligten Akteure ...................................................................................................... 36 Zwecksetzung der Automobilfinanzierung aus Sicht des Automobilkäufers...................................................................................... 36
2.5.2
Zwecksetzung der Automobilfinanzierung aus Sicht des Verkäufers....... 38
2.5.3
Zwecksetzung der Automobilfinanzierung aus Sicht der Bank ................ 41
2.6 3 3.1 3.1.1
Zusammenfassende Ergebnisse der Skizzierung der Grundlagen der Automobilfinanzierung ............................................................................. 42 Aspekte und Eigenschaften der Subprime-Automobilfinanzierung im Kontext bankbetrieblicher Kreditrisiken.............................................. 44 Grundsätzliche Merkmale bankbetrieblicher Kreditrisiken in der Automobilfinanzierung ............................................................................. 44 Skizzierung der Varianten des Bonitätsrisikos .......................................... 45
3.1.1.1 Merkmale und Eigenschaften des Kreditausfallrisikos ............................. 45 3.1.1.2 Merkmale und Eigenschaften des Terminrisikos....................................... 47 3.1.2 Merkmale des Besicherungsrisikos........................................................... 48 3.2 3.2.1
Die Erfassung der Bonität des Kreditnehmers als Voraussetzung für die Kreditentscheidung.............................................................................. 51 Die Kreditwürdigkeitsprüfung als grundsätzliche Voraussetzung der Kreditvergabe ............................................................................................ 51
3.2.2
Rechtliche Rahmenbedingungen der Kreditwürdigkeitsprüfung.............. 53
3.2.3
Methodische und inhaltliche Ausgestaltungsmerkmale der Bonitätserfassung des Schuldners im Konsumentenkreditgeschäft.......... 56
3.2.3.1 Zur Auswahl und Beurteilung bonitätsrelevanter Einflussfaktoren im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung..................................................... 56 3.2.3.2 Aspekte des Scorings als modernes Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung ......................................................................... 59 3.2.4 Die Risikoklassifizierung des Kreditnehmers als Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung und als Voraussetzung für die Kreditentscheidung.................................................................................... 63 3.2.5
Zur Problematik der optimalen Kreditentscheidung ................................. 68
XIII
3.3 3.3.1
Subprime als Bestandteil der Bonitätsklassifizierung von Kreditnehmern ...........................................................................................71 Varianten der Begriffsbestimmung und Wesensmerkmale von Subprime ....................................................................................................72
3.3.1.1 Begriffsdefinition und Abgrenzung von Subprime im Rahmen der Bonitätsklassifizierung ...............................................................................72 3.3.1.2 Typisierende und bonitätsrelevante Merkmale des SubprimeKreditnehmersegments...............................................................................74 3.3.2 Die Bedeutung des Subprime-Kreditnehmersegments für die Ausgestaltung der Kreditentscheidung ......................................................81 3.4
3.4.1
3.4.2
Die Integration des Subprime-Geschäfts in die Automobilfinanzierung über die risikoadjustierte Bepreisung von Kreditrisiken...............................................................................................83 Subprime-relevante Merkmale der Risikokostenverrechnung im Kreditgeschäft unter der Prämisse einer ertragsorientierten Risikopolitik...............................................................................................83 Die risikoabhängige Bepreisung von Kreditrisiken als Ziel der Risikokostenverrechnung bei der Subprime-Automobilfinanzierung.......86
3.4.2.1 Grundüberlegungen zur risikoadjustierten Bepreisung von Kreditrisiken...............................................................................................86 3.4.2.2 Zur Bedeutung der risikoabhängigen Kreditbepreisung als Prämisse für die Kreditvergabe im Subprime-Geschäft ............................................89 3.4.3 Besonderheiten des Aufbaus einer Richtkondition im SubprimeKreditgeschäft ............................................................................................92 3.4.3.1 Aspekte der Berechnung der Risikokosten als Komponente des Subprime-Kreditzinses zur Abdeckung erwarteter Verluste ......................96 3.4.3.2 Aspekte der Berechnung der Eigenkapitalkosten als Komponente des Subprime-Kreditzinses zur Abdeckung unerwarteter Verluste............99 3.4.4 Restriktionen der Subprime-Automobilfinanzierung im Rahmen der risikoadjustierten Konditionsgestaltung ..................................................101 3.4.4.1 Vertriebspolitische Herausforderungen der Anwendung risikoadjustierter Konditionen..................................................................101 3.4.4.2 Rechtliche Grenzen der Anwendung risikoadjustierter Konditionen ......102 3.5 Zusammenfassende Ergebnisse der Betrachtung der SubprimeAutomobilfinanzierung im Kontext bankbetrieblicher Kreditrisiken......105 4 Marktbedingungen und Einflussfaktoren der SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland...................................................107
XIV
4.1 4.1.1
Die Bedeutung der Automobilnachfrage als Einflussfaktor für die Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland ................................ 108 Zur Nachhaltigkeit der Automobilnachfrage .......................................... 108
4.1.2
Entwicklungstendenzen des deutschen Automobilmarktes .................... 111
4.1.3
Subprime-relevante Anreizeffekte des Gebrauchtwagenmarktes in Deutschland ............................................................................................. 114
4.2
4.2.1
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen privater Haushalte als Einflussfaktoren der Nachfrage nach SubprimeAutomobilfinanzierungslösungen in Deutschland ................................. 117 Der Kreditbedarf bei der Automobilanschaffung als Rahmenbedingung der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland ............................................................................................. 117
4.2.1.1 Zur finanziellen Situation der deutschen Haushalte als Rahmenbedingung des Automobilkaufes ................................................ 117 4.2.1.2 Die Höhe durchschnittlicher Automobilkaufpreise als finanzielle Herausforderung für deutsche Haushalte ................................................ 119 4.2.2 Die Ver- und Überschuldung der Kreditnehmer als Rahmenbedingung der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland ............................................................................................. 121 4.2.2.1 Umfang und Merkmale der privaten Ver- und Überschuldung in Deutschland ............................................................................................. 122 4.2.2.2 Ursachen der Überschuldung von Privatpersonen und Privathaushalten....................................................................................... 125 4.2.2.3 Bonitätseinschränkende Konsequenzen der Ver- und Überschuldung als Einflussfaktoren der Subprime-Automobilfinanzierung.................... 128 4.3 Entwicklungstendenzen und Merkmale bereits existierender Subprime-Automobilfinanzierungsmärkte am Beispiel der USA .......... 131 4.3.1 Zur Entstehung und Entwicklung der SubprimeAutomobilfinanzierung in den USA ....................................................... 132 4.3.1.1 Kennzeichen und Determinanten der Entstehung und des Wachstums des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes ............ 132 4.3.1.2 Begleitumstände und Ursachen von Fehlentwicklungen auf dem amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt...................... 135 4.3.2 Aktueller Marktumfang der Subprime-Automobilfinanzierung in den USA .................................................................................................. 136 4.3.3
Wettbewerbsrelevante Kennzeichen und Eigenschaften des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes .................. 138
XV
4.4 4.4.1 4.4.2 4.5
5
5.1 5.1.1
Zur derzeitigen Bedeutung des SubprimeAutomobilfinanzierungsmarktes in Deutschland.....................................142 Skizzierung der formellen Bedeutung des deutschen SubprimeAutomobilfinanzierungsmarktes..............................................................142 Zur derzeitigen Bedeutung subprime-fokussierter Kreditangebote auf dem deutschen Automobilfinanzierungsmarkt ..................................143 Zusammenfassende Ergebnisse und abgeleitete Erkenntnisse der Untersuchung der Marktbedingungen und Einflussfaktoren der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland..................................145 Bankbetriebliche Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland..........................................................................................148 Risikorelevante Erfolgsfaktoren der SubprimeAutomobilfinanzierung ............................................................................149 Identifizierung und Berücksichtigung der Risikotreiber in der Subprime-Automobilfinanzierung ...........................................................150
5.1.1.1 Die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Kreditnehmers ........150 5.1.1.2 Der Wert des Automobils als Sicherheit...................................................151 5.1.2 Richtigkeit und Vollständigkeit der bankbetrieblichen Planung..............154 5.2 5.2.1 5.2.2
Strategische Handlungsoptionen bei der Festlegung des Geschäftsmodells .....................................................................................156 Zur strategischen Bedeutung des Autohandels als indirekter Vertriebskanal im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung .........157 Strategische Gestaltungsspielräume im Rahmen der Konditionsgestaltung ...............................................................................161
5.2.2.1 Zur Implementierung einer Barwertkalkulation für SubprimeKredite ......................................................................................................161 5.2.2.2 Die Partizipation des Autohändlers am gesteigerten Kreditrisiko über einen Händlerbeitrag ................................................................................170 5.2.2.3 Strategische Ansatzpunkte zur risikoadjustierten Gestaltung der Kreditkonditionen im operativen Tagesgeschäft......................................173 5.2.3 Zur Sicherstellung eines hinreichend hohen Fahrzeugwertes während der Kreditlaufzeit ......................................................................177 5.2.4
Subprime-relevante Merkmale des Leasings als Finanzierungsalternative zum Automobilkredit.......................................180
XVI
5.3 5.3.1 5.3.2
5.4
5.4.1
Aspekte der organisatorischen Ausgestaltung der SubprimeAutomobilfinanzierung ........................................................................... 183 Skizzierung und Überblick der Stufen eines typischen SubprimeKreditlebenszyklus .................................................................................. 183 Subprime-relevante Ausgestaltungsmerkmale der Organisationsstruktur der operativen Fachbereiche im Rahmen des Kreditlebenszyklus .................................................................................. 185 Operative Ausgestaltungsmöglichkeiten und Besonderheiten erfolgskritischer Fachbereiche im Rahmen des SubprimeKreditlebenszyklus .................................................................................. 187 Subprime-relevante Besonderheiten des Vertriebs.................................. 188
5.4.1.1 Anforderungen an den Außendienst ........................................................ 188 5.4.1.2 Händlerauswahl und risikorelevante Merkmale der Händlerpartnerschaft................................................................................ 190 5.4.2 Subprime-relevante Besonderheiten im Rahmen des Kreditankaufs und der Kreditabrechnung....................................................................... 193 5.4.2.1 Ausgestaltungsmerkmale des Kreditankaufs........................................... 193 5.4.2.2 Subprime-relevante Besonderheiten der Abrechnung, Buchung und Auszahlung des Kredites ......................................................................... 196 5.4.3 Subprime-relevante Besonderheiten der Fachbereiche Servicing und Collections............................................................................................... 197 5.4.3.1 Ausgewählte Erfolgsfaktoren und Anforderungen an das Servicing ...... 198 5.4.3.2 Ausgewählte Erfolgsfaktoren und Anforderungen an den Fachbereich Collections .......................................................................... 200 5.5 Aspekte der Krise auf dem amerikanischen SubprimeHypothekenmarkt und Abgrenzungsmerkmale gegenüber der Subprime-Automobilfinanzierung .......................................................... 204 5.6 Zusammenfassende Erkenntnisse der bankbetrieblichen Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland ................................. 209 6 Schlussfolgerungen und Ausblick ........................................................... 212 Literaturverzeichnis....................................................................................................... 215
XVII
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Entwicklung des PKW-Bestands und der PKW-Dichte in Deutschland..........9 Abb. 2: Konsumentenkreditmarkt in Deutschland im Jahr 2007.................................15 Abb. 3: Objekte der Konsumgüterfinanzierung der Kreditbanken des Bankenfachverbandes e.V. in 2007. ...............................................................18 Abb. 4: Trennung „guter“ und „schlechter“ Risiken. ..................................................64 Abb. 5: Master-Skala der Commerzbank.....................................................................67 Abb. 6: Historische Ausfallquoten von Autokrediten in Abhängigkeit des FICO Credit Scores der Kreditnehmer von 1995 bis 2005 und Ratingzuordnung gemäß empirischer Ausfallquoten nach zehn Jahren Kreditlaufzeit...............78 Abb. 7: Der Zusammenhang zwischen Kreditkondition und Risikokosten. ...............90 Abb. 8: Aufbau einer Richtkondition...........................................................................93 Abb. 9: Einflussfaktoren des erwarteten Verlusts........................................................98 Abb. 10: Personenverkehr in Deutschland bis 2010....................................................110 Abb. 11: Entwicklung der PKW-Neuzulassungen und -Besitzumschreibungen von 1950 bis 2007. ...............................................................................................111 Abb. 12: Entwicklung der durchschnittlichen Neu- und Gebrauchtwagenpreise in Deutschland in Euro......................................................................................114 Abb. 13: Einkommensstruktur der Neu- und Gebrauchtwagenkäufer im Jahr 2007. .116 Abb. 14: Einkommen, Einnahmen und Ausgaben privater Haushalte in Deutschland...................................................................................................118 Abb. 15: Die Hauptauslöser der Überschuldung in Deutschland (gemäß Schuldnerbefragung, Mehrfachnennungen möglich). ..................................126 Abb. 16: Zahlungsströme in der Barwertkalkulation eines Automobilkredites. .........163 Abb. 17: Beispielparameter der Barwertkalkulation eines Subprime-Kredites...........164 Abb. 18: Prämissen der Bartwertkalkulation eines Subprime-Kredites. .....................164 Abb. 19: Beispiel der Bartwertkalkulation eines Subprime-Kredites..........................166 Abb. 20: Beispiel der Barwertentwicklung eines Subprime-Kredites. ........................167
XVIII
Abb. 21: Funktionsweise des Händlerbeitrags. ........................................................... 171 Abb. 22: Beispiel für die Organisationsstruktur der operativen Fachbereiche im Rahmen des Subprime-Kreditlebenszyklus. ................................................ 186
XIX
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
AfA
Absetzung für Abnutzung
AG
Aktiengesellschaft
Aufl.
Auflage
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichthof
Diss.
Dissertation
DTI
Debt to Income
EAD
Exposure at Default
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
EL
Expected Loss
e.V.
eingetragener Verein
f., ff.
folgende, fortfolgende
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung (Zeitung)
FLF
Finanzierung Leasing Factoring (Zeitschrift)
FN
Fussnote
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hrsg.
Herausgeber
hrsg. v.
herausgegeben von
i. V. m.
in Verbindung mit
IRB-Ansatz
Internal-Rating-based Approach
Jg.
Jahrgang
JREFE
Journal of Real Estate Finance and Economics (Zeitschrift)
K.O.
knock out
Kap.
Kapitel(n)
XX
KBA
Kraftfahrt-Bundesamt
KFZ
Kraftfahrzeug
KWG
Kreditwesengesetz
LGD
Loss given Default
MaRisk
Mindestanforderungen an das Risikomanagement
Mio.
Million(en)
Mrd.
Milliarde(n)
NAF
National Auto Finance Association
No.
Number
Nr.
Nummer
o. Jg.
ohne Jahrgang
o. S.
ohne Seitenangabe
o.V.
ohne Verfasser
PKW
Personenkraftwagen
PD
Probability of Default
PTI
Payment to Income
S.
Seite(n)
SCHUFA
Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung
SEC
Securities and Exchange Commission
sog.
sogenannte(r)
SolvV
Solvabilitätsverordnung
Sp.
Spalte(n)
TU
Technische Universität
Tz.
Textziffer
u.ä.
und ähnliche(s)
u.a.
und andere(n)
UL
Unexpected Loss
US
United States
XXI
USA
United States of America
v. Chr.
vor Christus
VaR
Credit Value at Risk
VDA
Verband der Automobilindustrie
VerbrKrG
Verbraucherkreditgesetz
Vol.
Volume
WiSt
Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift)
WM
Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht)
ZfbF
Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
ZPO
Zivilprozessordnung
1
1 Einleitung 1.1 Problemstellung Das Automobil ist Statistiken zufolge unangefochten das derzeit wichtigste Verkehrsmittel. So beziffert der Verband der Automobilindustrie (VDI) den Anteil der Personenkraftwagen (PKW) an der gesamten Verkehrsleistung im Personenverkehr in Deutschland auf 80 Prozent.1 Zu den Faktoren der Automobilnachfrage zählt dabei nicht nur die Funktion zur Fortbewegung, sondern zunehmend auch der Beitrag des Automobils zur Identitätsstiftung, Imageprägung und zur Stimmungslage.2 Die zunehmende Spreizung zwischen dem verfügbaren Einkommen und den Anschaffungspreisen für Neufahrzeuge führt jedoch dazu, dass sich immer weniger private Haushalte den Kauf eines neuen Automobils aus eigenen Mitteln leisten können.3 Angesichts dieser Entwicklung ist es nicht überraschend, dass ein wachsender Anteil der Neu-, aber auch Gebrauchtwagenkäufe in Deutschland mit Hilfe der Inanspruchnahme von Finanzierungslösungen realisiert wird. Gemäss den Schätzungen des Bankenfachverbandes e.V. werden mittlerweile etwa 70 Prozent aller neu zugelassenen PKW in Deutschland geleast oder kreditfinanziert.4 Von dem Finanzierungsangebot beim Automobilkauf profitieren jedoch nicht nur die Käufer, die zum Zwecke der Anschaffungserleichterung auf fremde Mittel zurückgreifen können. Als Instrument zur Absatzsteigerung, zur Kundenbindung sowie zur Generierung finanzwirtschaftlich attraktiver Provisionseinnahmen aus der Vermittlung von Finanzierungslösungen setzt auch der Automobilhandel das Angebot der Finanzierungsinstitute zu seinen Gunsten im Tagesgeschäft gewinnbringend ein. Die Ertragsgenerierung aus der Kreditvergabe und aus dem Leasinggeschäft stellt für Banken mitunter lukrative Einnahmequellen ein. Die Automobilfinanzierung
offenbart
sich
folglich
für
alle
drei
unmittelbar
beteiligten
Interessengruppen als attraktive Alternative zur Barbezahlung beim Fahrzeugkauf. Grenzen der Automobilfinanzierung entstehen indes infolge des Kreditrisikos, das jeder Kreditnehmer aus Sicht der Bank mit sich trägt. Das Kreditrisiko äußert sich in der Un-
1 2
3 4
Vgl. hierzu Verband der Automobilindustrie (2007): S. 88 f. Vgl. Preisendörfer, Peter/ Rinn, Maren (2003): S. 111-113 und Zanger, Cornelia/ Habscheid, Stephan/ Gaus, Hansjörg (2004): S. 14. Vgl. hierzu Kap. 2.5.1. und Kap. 4.2.1. Vgl. Bankenfachverband e.V. (2008b): S. 37.
J. Wünscher, Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilf nanzierung in Deutschland, DOI 10.1007/978-3-8349-1898-7_1, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
2
sicherheit der Bank, dass der Kreditnehmer vollständig und fristgerecht seinen Zahlungsverpflichtungen gemäß dem Kreditvertrag nachkommt. Vor einer Kreditvergabe führen Banken daher regelmäßig eine Kreditwürdigkeitsprüfung durch, die als Ergebnis eine Einstufung der Bonität des Kreditnehmers liefert. Für das traditionelle Kreditgeschäft der Banken in Deutschland gilt dabei, dass nur solchen Kunden ein Kredit gewährt wird, die den Ergebnissen der Kreditwürdigkeitsprüfung zufolge eine ausreichend hohe Bonität aufweisen. Neben diesem traditionellen Ansatz der Kreditvergabe
existiert
in
den
USA
die
seit
Jahren
praktizierte
Subprime-
Automobilfinanzierung. Hierbei handelt es sich um das Kreditgeschäft mit solchen Kunden, die aufgrund von Bonitätsschwächen keinen Zugang zum herkömmlichen Kreditangebot der Banken erhalten. Subprime-Kreditnehmer bringen Statistiken zufolge ein im Vergleich zum Standard-Kreditgeschäft gesteigertes Kreditrisiko für die Banken mit sich, das sich in erhöhten Kreditausfallquoten widerspiegelt. Obwohl diese Erkenntnis dem auf die zuverlässige Kreditrückzahlung gerichteten Interesse der Bank entgegenzustehen scheint, hat sich dennoch das Subprime-Kreditgeschäft während der letzten Jahre zu einem bedeutenden Bestandteil des amerikanischen Automobilfinanzierungsmarktes entwickelt. Selbst die am Ende der Neunziger Jahre entstandene Krise am Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt in den USA, die durch zahlreiche Unternehmenszusammenbrüche begleitet worden war, konnte diese Entwicklung nicht aufhalten. Während sich in den USA das Kreditgeschäft mit bonitätsmäßig schlechten Kunden zu einem eigenständigen Segment des Automobilfinanzierungsgeschäftes entwickelt hat, gibt es in Deutschland bislang keine Anzeichen, dass ein vergleichbares Geschäftsfeld der Banken existiert oder sich herausbildet. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte stellt sich einerseits die Frage, inwieweit das Subprime-Kreditgeschäft für den deutschen Automobilfinanzierungsmarkt Relevanz besitzt. Zum anderen ist zu klären, ob und unter welchen bankbetrieblichen Rahmenbedingungen sich das Kreditgeschäft mit schlechten Bonitäten in die Automobilfinanzierung in Deutschland integrieren lässt. Aus diesen Fragestellungen abgeleitet kann der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit konkretisiert werden. Dieser beinhaltet die Klärung und Erläuterung der Chancen und Herausforderungen der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland und fokussiert die hiermit verbundenen Marktpotenziale und relevanten Bankstrate-
3
gien. Das Ziel dieser Untersuchung sowie die Abgrenzung des Themengebietes sollen im folgenden Kapitel näher dargestellt werden. 1.2 Ziel der Arbeit und Abgrenzung des Themengebietes Obwohl sich die Subprime-Automobilfinanzierung in der Praxis bereits seit Jahren als eigenständiger Markt des amerikanischen Automobilmarktes entwickelt hat, wird das Thema in der Literatur nur geringfügig beleuchtet. So ließ sich zum Zeitpunkt der Anfertigung dieser Arbeit keine wissenschaftliche Arbeit auffinden, die sich umfassend und strategisch aus bankbetrieblicher Sicht mit der Automobilfinanzierung für bonitätsmäßig schlechte Kunden als Forschungsgegenstand auseinandersetzt. Die Forschungslücke in diesem Themenbereich erweitert sich, wenn der Fokus des SubprimeKreditgeschäftes auf den deutschen Automobilfinanzierungsmarkt gerichtet wird. Auf diesem Markt gibt es derzeit kein mit dem amerikanischen Subprime-Kreditgeschäft vergleichbares Marktsegment, das sich als separates Geschäftsfeld der Banken auf das Kreditangebot für bonitätsschwache Kunden konzentriert. Die Untersuchung der Chancen und Herausforderungen in der vorliegenden Arbeit zielt darauf ab, einen Teil dieser Forschungslücke zu schließen. Die Themenstellung wird dabei durch die Perspektive der Untersuchung abgegrenzt. So befasst sich die Arbeit in erster Linie mit der strategischen, markt- und vertriebsorientierten Aufarbeitung des Subprime-Themas. Zudem werden themenrelevante Aspekte des operativen Tagesgeschäftes der Bank beleuchtet, indem praxisorientierte Handlungsspielräume der Bank bei der organisatorischen Gestaltung des Subprime-Geschäftes in ausgewählten Fachbereichen aufgezeigt werden. An dieser Stelle wird zugleich auf die Abgrenzung des Themas in finanzwirtschaftlicher Perspektive hingewiesen. So wird die Refinanzierung der Banken im SubprimeGeschäft als Themenfeld ausgeschlossen, da sie keinen unmittelbaren Bezug zur vertriebs- und marktorientierten Perspektive der vorliegenden Arbeit aufweist. Die Bedeutung und die Auswirkungen der Subprime-Automobilfinanzierung für die Fachbereiche des Controllings und des Risikomanagements werden im Zusammenhang mit solchen ausgewählten Themenfeldern beleuchtet, die im Subprime-Kontext Relevanz für das Kreditvergabe- und das Kreditbestandsmanagement der Bank aufweisen. Jeder der vorstehend aufgeführten Themenbereiche bietet sich als Ansatzpunkt für weitere wissenschaftliche Untersuchungen an, die in einer separaten Forschungsarbeit durchgeführt werden können.
4
Eine weitere Abgrenzung des Themas dieser Arbeit orientiert sich an der Fokussierung der Kundengruppe sowie des Finanzierungsgegenstandes. So soll in den nachstehenden Kapiteln grundsätzlich der Kundenkreis der Konsumenten als Kreditnehmerzielgruppe unterstellt werden. Gewerbliche Kreditnehmer, insbesondere in der Rechtsform einer juristischen Person, sollen von der Betrachtung ausgeschlossen bleiben. Gleichzeitig wird unterstellt, dass es sich bei der Art der finanzierten Fahrzeuge um Personenkraftwagen handelt. Krafträder, Nutzfahrzeuge, Omnibusse, Transporter sowie Spezialfahrzeuge werden daher nicht in die Betrachtung der Arbeit eingeschlossen. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die Untersuchung der vorliegenden Arbeit zwar die Automobilfinanzierung in Gestalt von Krediten fokussiert. An ausgewählten Stellen werden dennoch Grundzüge und subprime-relevante Besonderheiten des Leasings im Vergleich zum Ratenkredit hervorgehoben und ausführlich erläutert.
1.3 Vorgehensweise und Gang der Untersuchung Aufgrund der kaum vorhandenen wissenschaftlichen Literatur über die SubprimeAutomobilfinanzierung als Themengebiet wurden in der vorliegenden Arbeit auch solche Quellen ausgewertet, die sich über das Internet oder in Fachzeitschriften finden lassen und sich als unterstützend sowie nützlich für die Untersuchung der nachstehenden Kapitel erweisen. Insbesondere die Veröffentlichungen einzelner amerikanischen Subprime-Finanzierer im Rahmen ihrer Jahresberichte konnten dazu beitragen, die literarischen Lücken zum Thema Subprime-Automobilfinanzierung für die Quellenrecherche zu decken. Die Untersuchung der vorliegenden Arbeit beginnt im zweiten Kapitel mit einer Aufarbeitung der Grundlagen der Automobilfinanzierung, die als inhaltliche Vorbereitung des Lesers auf den Hauptteil dient. Hierbei werden zum einen die Entwicklungsfaktoren der Automobilfinanzierung, zum anderen deren Ausgestaltungsformen und Anbietergruppen dargestellt. Die Erläuterung der Nutzeneffekte zeigt auf, welche Zwecksetzung die Automobilfinanzierung grundsätzlich für die beteiligten Akteure enthält. Der Hauptteil dieser Arbeit wird im dritten Kapitel durch eine Herleitung des Subprime-Begriffes aus dem Kontext bankbetrieblicher Risiken eingeleitet. So stellt die Erläuterung der Anwendung von Bonitätsprüfungen im Kreditgeschäft der Banken ausführlich dar, nach welcher Vorgehensweise Kreditnehmer in Risikoklassen eingeteilt
5
werden und wie sich Subprime-Kreditnehmer unter diesem Aspekt bonitätsmäßig einordnen lassen. Hierbei werden zum einen die Wesensmerkmale der SubprimeAutomobilfinanzierung konkretisiert. Zum anderen zeigen die Ausführungen zur Risikokostenverrechnung im Kreditgeschäft, dass sich mit Hilfe der Anwendung risikoabhängiger Konditionen grundsätzlich unterschiedliche Bonitäten unter Ertragsgesichtspunkten erfolgreich mit Krediten bedienen lassen können. Gleichzeitig werden hier jedoch Restriktionen aufgezeigt, die die risikoabhängige Bepreisung von Kreditrisiken für die Subprime-Automobilfinanzierung mit sich bringt. Im vierten Kapitel dieser Arbeit sollen anhand der Erläuterung der Automobilnachfrage und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen privater Haushalte die marktrelevante Bedeutung und Bedeutungsgrenze des Subprime-Kreditgeschäftes für die Automobilfinanzierung in Deutschland herausgestellt werden. Als Maßstab für die Beurteilung des derzeitigen Entwicklungsstadiums des Subprime-Kreditgeschäftes in Deutschland wird in der vorliegenden Arbeit beispielhaft der amerikanische Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt herangezogen. Die Erläuterungen zur Marktentwicklung und zu den Markteigenschaften in den USA zeigen auf, welche Unterschiede sich im Kreditangebot für schlechte Bonitäten zwischen der amerikanischen und der deutschen Automobilfinanzierung ergeben. Einen wichtigen Aspekt der Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland stellen die damit verbundenen bankbetrieblichen Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten dar. Im fünften Kapitel weisen die Untersuchungsergebnisse der Arbeit zum einen darauf hin, welche strategischen Handlungsoptionen und Diskussionsansätze sich bei der Festlegung eines geeigneten bankbetrieblichen Geschäftsmodells im Subprime-Kreditgeschäft ergeben. Zum anderen stellt eine erfolgreiche bankbetriebliche Durchführung der SubprimeAktivitäten im Automobilfinanzierungsgeschäft organisatorische Anforderungen, die angesichts von ausgewählten Aspekten zur Organisationsstruktur im Rahmen des Kreditlebenszyklus sowie zu dessen Ausgestaltung beispielhaft skizziert werden. Die derzeitige Krise am amerikanischen Subprime-Hypothekenmarkt, die zwischenzeitlich weltweit zu Schieflagen involvierter Banken geführt hat, stellt für das Thema der vorliegenden Arbeit eine nicht zu vernachlässigende bankbetriebliche Rahmenbedingung dar. Die Untersuchung dieser Arbeit beleuchtet daher abschließend relevante Abgrenzungskriterien hinsichtlich der Frage, ob diese Krise auch auf den Subprime-
6
Automobilfinanzierungsmarkt übergreifen kann. Hierbei soll geklärt werden, inwieweit es subprime-spezifische Krisenfaktoren auf dem Hypothekenmarkt gibt, die sich auch auf dem Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt niederschlagen können.
7
2 Grundlagen der Automobilfinanzierung Das Thema der vorliegenden Arbeit konzentriert sich auf eine besondere Form der Ausgestaltung der Automobilfinanzierung, die Subprime-Automobilfinanzierung. Um die Chancen und Herausforderungen der Subprime-Automobilfinanzierung beleuchten zu können, erscheint es sinnvoll, die Wesensmerkmale und Ausgestaltungsaspekte der Automobilfinanzierung als Ausgangspunkt und Grundlage für die subprime-spezifischen Ausführungen zu erläutern. Nach einer begrifflichen Einordnung und Abgrenzung des Automobils im Kontext der Konsumgüter soll hierfür zunächst die Einordnung der Automobilfinanzierung als Unterart der Konsumgüterfinanzierung beschrieben werden. Hierbei wird deutlich, welche Bedeutung dem Automobil als Finanzierungsobjekt im Rahmen der Konsumgüterfinanzierung zukommt. In einem weiteren Schritt skizziert die vorliegende Arbeit die Art und Weise der Ausgestaltungsmöglichkeiten der Automobilfinanzierung. Hierauf aufbauend wird die Frage erläutert, wer als Anbieter von Automobilfinanzierungen am Markt auftritt und wie sich der Wettbewerb auf diesem Markt gestaltet. Die Grundlage zur Klärung der Nutzeneffekte der SubprimeAutomobilfinanzierung ergibt sich mit der Beleuchtung der Zwecksetzung der Automobilfinanzierung aus dem Blickwinkel der beteiligten Akteure.
2.1 Die Bedeutung des Automobils als Konsumgut 2.1.1
Begriffliche Einordnung des Automobils in die Systematik der Konsumgüter
Um die Bedeutung des Automobils als Konsumgut herauszustellen, soll zunächst eine kurze Skizzierung der Frage vorgenommen werden, wie sich das Automobil in die Systematik der Konsumgüter einordnen lässt. Ausgangspunkt hierfür stellt die im Konsumgüterbereich
durchführbare
Unterscheidung
zwischen
Verbrauchs-
und
Gebrauchsgütern dar.5 Die Abgrenzung zwischen beiden Arten wird dabei anhand der Lebensdauer vorgenommen, die sich aus der Anzahl der Nutzungen ergibt, welche ein Gut abgeben kann, ehe es verbraucht ist.6 Hiernach sind Verbrauchsgüter dadurch gekennzeichnet, dass sie bereits bei einmaliger Nutzung untergehen. Gebrauchsgüter wer-
5 6
Vgl. Coltzau (1963): S. 10. Vgl. Plassmann, Christa (1964): S. 13.
J. Wünscher, Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilf nanzierung in Deutschland, DOI 10.1007/978-3-8349-1898-7_2, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
8
den dagegen weiter aufgeteilt anhand ihres Nutzungszeitraums.7 Die hieraus folgende Trennung zwischen kurzlebigen und langlebigen Gebrauchsgütern kann indes nur unzureichend scharf vorgenommen werden, da eine Zuordnung in den meisten Fällen nur willkürlich möglich ist. Aus diesem Grund werden in der vorliegenden Arbeit die Verbrauchsgüter mit den kurzlebigen Gebrauchsgütern gleichgesetzt und unter der Bezeichnung der kurzlebigen Konsumgüter zusammengefasst. Hierunter fallen etwa Lebensmittel, Kosmetika und Haushaltsmittel, aber auch Zeitschriften und Produkte aus dem Textilbereich.8 Gebrauchsgüter, die mehrmalig nutzbar sind, im folgenden langlebige Konsumgüter genannt, umfassen dagegen vor allem solche Güter, die in einem Haushalt in nur länger andauernden Intervallen von etwa einem bis mehreren Jahren angeschafft oder ersetzt werden.9 Hierzu gehören zum großen Teil Immobilien, Wohnungseinrichtungsgegenstände, Haushaltsgeräte, höherwertige Teile der Bekleidung, Unterhaltungselektronik.10 Eines der wichtigsten, langlebigen Gebrauchsgüter stellt jedoch das Automobil dar, das aufgrund seiner Eigenschaften und seiner Bedeutung für den Konsumenten gleichzeitig Bezugspunkt für die Konsumgüterfinanzierung wird. Dieser Aspekt soll im folgenden näher beleuchtet werden.
2.1.2
Besonderheiten des Automobils als Finanzierungsobjekt
Hatte man das Automobil in seinen ersten Entwicklungsformen noch als motorisiertes „Vergnügen für Reiche“11 bestaunt, so versteht man es heute vor allem als Grundlage zur Verwirklichung des Wunsches nach individueller Mobilität.12 Tatsächlich haftete den Erzeugnissen der Automobilindustrie in den ersten drei Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts nur eingeschränkt der Charakter von Bedarfsgütern an. Grund hierfür waren die im Vergleich zu anderen Industrieerzeugnissen sehr hohen Aufwendungen, die für Anschaffung und Unterhalt geleistet werden mussten.13 Die Anschaffung eines Automobils wurde daher von der Gesellschaft vor allem als Befriedigung des Luxusbe-
7 8 9 10 11 12 13
Vgl. hierzu Engelhardt, Werner H./ Witte, Petra (1990): S. 21. Vgl. Engelhardt, Werner H./ Witte, Petra (1990): S. 21-24. Vgl. Plassmann, Christa (1964): S. 17. Vgl. ebenda. Vgl. auch Engelhardt, Werner H./ Witte, Petra (1990): S. 27-32. Sachs, Wolfgang (1990): S. 13. Vgl. Biedenkopf, Kurt (2004): S. 33. Vgl. Thuns, Wilhelm (1933): S. 1
9
dürfnisses einer besonders kaufkräftigen, begrenzten Käuferschicht empfunden.14 So registriert das Kraftfahrt-Bundesamt im Jahr 1907 für das damalige Deutsche Reich gerade einmal 10.115 Personen- und Kombinationskraftwagen, zu denen bis zum Jahr 1914 auch Kraftomnibusse und ferner bis 1947 Krankenkraftwagen zählten.15
50,00
500
PKW-Bestand in Mio.
40,00 35,00
400
30,00 25,00
300
20,00 200
15,00 10,00
100
5,00 0,00
0
PKW-Dichte (PKW je 1.000 Einwohner))
600
45,00
1910 1930 1950 1955 1960 1965 1970 1980 1990 2000 2007 PKW-Bestand (in Mio.)
Abb. 1:
PKW-Dichte
Entwicklung des PKW-Bestands und der PKW-Dichte in Deutschland.16
Nachdem die Inflation in den Jahren nach 1924 überwunden war, wurden auch weitere Teile der Oberschicht von der Attraktivität des Automobils angezogen: So galt es als Ausdruck der gesellschaftlichen Spitzenstellung und als Symbol der Modernität, im Besitz eines solchen Statusobjektes zu sein.17 Erst im Zuge des Einsatzes moderner Produktionsanlagen, die mit Teilautomatisierung und Fließbandtechnik in den Fünfziger Jahren für erhebliche Produktivitätssteigerungen sorgten, erhielt die Automobilität mit dem Charakter eines Gemeingutes Einzug in die breite Gesellschaft.18 Während noch im Jahr 1950 der PKW-Bestand im alten Bundesgebiet 539.853 Fahrzeuge um14 15 16
17
Vgl. ebenda. Vgl. hierzu und im folgenden Abb. 1 und Kraftfahrt-Bundesamt (1967): o. S. Die Zahlen der vorliegenden Statistik gelten in den Jahren 1910 und 1930 für das damalige Deutsche Reich, danach bis 1990 für die alten Bundesländer >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. Kraftfahrt-Bundesamt (1967): o. S., Kraftfahrt-Bundesamt (1994): S. 63 und Kraftfahrt-Bundesamt (2007): S. 12. Vgl. Sachs, Wolfgang (1990): S. 46.
10
fasste und nur elf von 1.000 Einwohnern im Besitz eines PKW oder Kombinationskraftwagens waren, stieg der Bestand bis zum Jahr 1970 auf 13.941.079 PKW stark an.19 Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 228 von 1.000 Einwohnern im Besitz eines PKW oder Kombinationskraftwagens. Die sich anschließende Entwicklung einer zunehmenden Motorisierung der Bevölkerung hält indes nach wie vor an. So hat das Kraftfahrt-Bundesamt für das Jahr 2007 einen Bestand von 46.569.657 PKW in Deutschland und eine Fahrzeugdichte ermittelt, die auf inzwischen 565 PKW pro 1.000 Einwohner gestiegen ist.20 Aus dieser Entwicklung wird ersichtlich, dass sich das Automobil zu einem festen21 Bestandteil der gesellschaftlichen Grundausstattung entwickelt hat.22 Die Bedeutung des Automobils für die Gesellschaft lässt sich in erster Linie mit dem menschlichen Grundbedürfnis nach Mobilität erklären.23 So vermittelt das Automobil als Transportmittel gerade jene Unabhängigkeit und Flexibilität, welche die Grundvoraussetzungen zur Verwirklichung der individuellen Mobilität darstellen. Die hiermit verbundenen Vorteile bei der Bewältigung der alltäglichen Aufgaben werden zudem ergänzt durch die zusätzliche Lebensqualität, welche die Benutzer eines Automobils empfinden. In manchen Haushalten wird die Automobilität sogar als Notwendigkeit zur Ausübung des Berufes angesehen. Hinzu kommt der Faktor Spaß, der einerseits durch die Lust am Autofahren gefördert wird, der andererseits aber auch das Automobil zu einem aus Sicht des Besitzers unverzichtbaren Bestandteil in der Freizeit macht.24 Hieraus wird deutlich, dass das Automobil seine Bedeutung für die Gesellschaft nicht nur seiner Transportfunktion als Verkehrsträger zur Befriedigung des Mobilitätsbedürfnisses zu verdanken hat, sondern auch seiner Eigenschaft als Mittel zur Erlangung von Erlebnisqualitäten, bis hin zur individuellen Selbstverwirklichung.25 Einen zusätzlichen volkswirtschaftlichen Nutzen schafft die Automobilität durch die Möglichkeit, städtisches Umland zu erschließen. So können mit Hilfe des Automobils
18 19 20 21
22 23 24
25
Vgl. Weißgerber, Folker (2004): S. 25. Vgl. hierzu und im folgenden Kraftfahrt-Bundesamt (1994): S. 63. Vgl. Kraftfahrt-Bundesamt (2007): S. 12. Für die einzelnen Haushalte stellt die Anschaffung eines Automobils indes keine zwingende Notwendigkeit dar. So entscheidet sich der Automobilbedarf an den persönlichen Verhältnissen eines Haushaltes >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. hierzu Preisendörfer, Peter/ Rinn, Maren (2003): S. 31-32 und Recken, Matthias (1939): S. 6. Vgl. Biedenkopf, Kurt (2004): S. 32. Vgl. Lorenz, Joachim (2001): S. 37. Zu den Motiven für die Anschaffung eines Automobils vgl. Preisendörfer, Peter/ Rinn, Maren (2003): S. 111113. Vgl. Zanger, Cornelia/ Habscheid, Stephan/ Gaus, Hansjörg (2004): S. 14.
11
wichtige Einzugsbereiche geschaffen und Arbeitskraftreserven in abgelegenen Gebieten besser nutzbar gemacht werden.26 Die dargestellten Eigenschaften lassen erkennen, dass das Automobil für viele Konsumenten ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebensalltages geworden ist. Obwohl sich das Automobil längst zum Massenprodukt entwickelt hat, stellt es in der Anschaffung noch immer eines der teuersten Konsumgüter dar. So betrug im Jahr 2007 der durchschnittliche Anschaffungspreis eines Neuwagens in den alten Bundesländern 26.540 Euro, in den Neuen Bundesländern 21.990 Euro.27 Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar, dass ein Automobil nicht immer aus eigenen Mitteln bezahlt werden kann.28 Stattdessen greifen die Verbraucher regelmäßig auf fremde Mittel im Rahmen der Automobilfinanzierung zurück. In den folgenden Kapiteln sollen daher die Wesensmerkmale der Automobilfinanzierung näher beleuchtet werden und deren Bedeutung als Unterart der Konsumgüterfinanzierung herausgestellt werden.
2.2 Einordnung der Automobilfinanzierung als Unterart der Konsumgüterfinazierung 2.2.1
Begriffsabgrenzung und Entwicklung der Konsumgüterfinanzierung
Der Begriff der Konsumgüterfinanzierung29 wird in der Fachliteratur nicht einheitlich definiert. Die Diskussion30 erstreckt sich vor allem auf die Abgrenzung zum Terminus „Absatzfinanzierung“, die sich im weiten Sinne auf alle Finanzierungsvorgänge bezieht, die in direktem Zusammenhang mit dem Absatz von Gütern und Leistungen stehen.31 In der vorliegenden Arbeit soll von der Diskussion der hierbei angewendeten Trennungsansätze abgesehen werden, da die Zwecksetzung beider Termini in der Literatur einheitlich definiert ist und eine umfassende Erläuterung keine weiterführenden 26 27 28 29
30 31
Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 40. Vgl. Autohaus/ Deutsche Shell AG/ CarGarantie (2008): S. 13. Vgl. hierzu weiterführende Erläuterungen in Kap. 4.2.1.2. In der Literatur oftmals auch unter dem Begriff „Konsumfinanzierung“ anzutreffen >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. etwa Recken, Matthias (1939): S. 4 f., Steuer, Willi (1930): S. 11 f. und Böttger, Max (1933): S. 5 f. Vgl. Wendler, Antje (1999): S. 2. Die Ansätze zur Abgrenzung beider Begriffe basieren auf einer Vielfalt von Kriterien, die sich etwa auf den Charakter des zugrundeliegenden Gutes beziehen oder auf die Festlegung der Adressatengruppe abstellen. Da die der Diskussion zugrundeliegenden, unterschiedlichen Sichtweisen keine weiterführenden Erkenntnisse für die vorliegende Arbeit beinhalten, soll auf eine detaillierte Auseinandersetzung mit den entsprechenden Erörterungsansätzen verzichtet werden >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. hierzu
12
Erkenntnisse für die Zielsetzung der Arbeit nach sich zieht. Beide Begriffe, Konsumgüter- wie auch Absatzfinanzierung, werden mit der Eigenschaft in Zusammenhang gebracht, die Kaufkraft eines potenziellen Nachfragers stimulieren oder erhöhen zu können und ihm hierdurch den Erwerb eines Gutes zur Deckung des Konsumbedarfes zu erleichtern.32 Diese Funktion kommt zum Tragen, wenn ein Nachfrager ein Konsumgut aufgrund fehlender oder unzureichend vorhandener Barmittel nicht erwerben kann. Um dem Kunden trotzdem zum Kauf des Gutes zu verhelfen, müssen Wege und Mittel geschaffen werden, den Erwerb des Gutes jetzt zu realisieren, die Bezahlung jedoch zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen zu können.33 Die Konsumgüterfinanzierung34 ermöglicht in diesem Fall den Verkauf des Gutes in Verbindung mit der ihr zugrundeliegenden Finanzierungseigenschaft.35 Diese basiert auf dem System der Teilzahlung, welches durch das Merkmal der zeitlichen Trennung von Leistung und Gegenleistung gekennzeichnet ist und dadurch einem Nachfrager ermöglicht, seine Leistungsschuld in Teilbeträgen oder Raten zu erbringen.36 Für die vorliegende Arbeit sollen unter der Konsumgüterfinanzierung Finanzierungslösungen verstanden werden, welche von einer Institution angeboten und seitens der Nachfrager in Anspruch genommen werden.37 Für den weiteren Verlauf der Untersuchung wird unterstellt, dass es sich bei der Konsumgüterfinanzierung ausschließlich um solche Finanzierungslösungen handelt, welche als Form der Fremdfinanzierung einzuordnen sind.38 Anknüpfend an diese definitorischen Grundüberlegungen lassen sich die ersten Entwicklungsansätze der Konsumgüterfinanzierung bis ins Altertum zurückverfolgen.39 Die älteste Form der Konsumgüterfinanzierung im Sinne der Teilzahlung ist auf den Naturaltausch auf Kredit in den altorientalischen Stadtkulturen des fünften bis dritten Jahrhunderts v. Chr. zurückzuführen, bei dem es unter Vieh- und Pflanzenzüchtern üblich war, Saatgut, Vieh und Geräte gegen Entgelt auszuleihen. Ursache für die Beanspruchung von Krediten waren zu jener Zeit bis in die jüngste Vergangenheit vor allem
32
33 34
35 36 37 38 39
etwa die Sichtweisen der Begriffsabgrenzung von Thuns, Wilhelm (1933): S. 4, Böttger, Max (1933): S. 6 und Steuer, Willi (1930): S. 11. Vgl. Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S. 1, Recken, Matthias (1939): S. 5 und Saxer, Lydia (1978): S. 1. Vgl. auch Thuns, Wilhelm (1933): S. 6, Steuer, Willi (1930): S. 12 und Böttger, Max (1933): S. 6. Vgl. Kaminsky, Stefan (1976): Absatzfinanzierung, Sp. 1. Der Begriff der Absatzfinanzierung soll im folgenden nicht weiter behandelt werden >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. etwa Recken, Matthias (1939): S. 2 f. und Thuns, Wilhelm (1933): S. 4 f. Vgl. Bleise (1959): S. 29. Vgl. hierzu Büschgen, Hans E. (1998a): S. 327. Vgl. hierzu Löschner, Peter (1992): S. 10. Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 7 und Bleise, Hansjoachim (1959): S. 29.
13
wertzerstörende Ereignisse wie etwa Missernten, Krankheiten, Brände und Kriege.40 Den Charakter eines Notstandsdarlehens und die daraus hervorgehende soziale Funktion behielt der Kredit auch noch nach dem Aufkommen der Geldwirtschaft bei.41 Erst mit der Entwicklung von Handel, Gewerbe und Industrie im Mittelalter gewann der Kredit auch unter dem Aspekt der Gewinnerzielung an Bedeutung. Meistverbreitete Form der Kreditgewährung waren dabei die im Handel und Handwerk anzutreffenden Borgkäufe oder Anschreiben.42 Diese ungeregelte Form der Kaufpreisstundung beruhte auf einer Art nachbarschaftlichen Vertrauensverhältnisses, bei der dem Kunden ohne formelle Festlegung von Zahlungsvereinbarungen und Sicherheiten Warenkredite in laufender Rechnung eingeräumt wurden.43 Möglich war diese Kreditbeziehung auf Treu und Glauben aufgrund der damals vorherrschenden lokalen Begrenzung der Absatzmärkte, auf denen sich Käufer und Verkäufer zumeist persönlich kannten.44 Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert begannen sich die Konsumgütermärkte zu anonymen Massenmärkten zu entwickeln, auf denen die Grundlagen der auf persönliche Vertrauensverhältnissen beruhenden Kreditgewährung zunehmend schwanden.45 Eine zusätzliche Herausforderung für die industriellen Herstellungsbetriebe stellten zudem die sich infolge der Massenproduktion verschlechternden Einkommensverhältnisse der Käuferschicht dar, deren schwindender Kaufkraft ein stetig wachsendes Warenangebot gegenüberstand. Vor diesem Hintergrund sahen sich Industrie und Handel gezwungen, neue Formen geeigneter Finanzierungsmöglichkeiten auf vertraglicher Basis zu entwickeln, um somit die sich aus den bestehenden Spannungszuständen zwischen Produktion und Konsum ergebenden Absatzengpässe zu verringern.46 Die bisherige ungeregelte Form der Kreditgewährung wurde von der planmäßig organisierten Teilzahlung als Vertriebsmethode absatzinteressierter Industrie- und Handelsbetriebe abgelöst.47 So wurden die ersten vertraglich geregelten Konsumentenkredite zunächst im Bereich der Einzelhandelsunternehmen, später auch im 40 41
42 43 44 45 46
47
Vgl. Saxer (1978): S. 2 und Bleise (1959): S. 29. Saxer erklärt dies insbesondere mit dem scholastisch-kanonischen Zinsverbot, das eine Ausprägung der frühesten Anstrengungen zur Bekämpfung des Wuchers darstellt >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. Saxer (1978): S. 2. Vgl. auch Schuberth, Klaus Herbert (1988): S. 8 und Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S.4. Vgl. Bleise, Hansjoachim (1959): S. 31, Saxer (1978): S. 5 und Steuer, Willi (1930): S. 7. Vgl. Bleise, Hansjoachim (1959): S. 31 und Saxer (1978): S. 5. Vgl. Steuer, Willi (1930): S. 7 und Bleise, Hansjoachim (1959): S. 31. Vgl. Bleise, Hansjoachim (1959): S. 32., Steuer, Willi (1930): S. 7 und Schuberth, Klaus Herbert (1988): S. 9. Vgl. Bleise, Hansjoachim (1959): S. 32, Saxer (1978): S. 5, Steuer, Willi (1930): S. 7 und Löschner, Peter (1992): S. 50. Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 9, Bleise, Hansjoachim (1959): S. 32 und Saxer (1978): S. 5.
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industriellen Sektor angeboten.48 Hauptträger der Kreditgewährung waren dabei die güteranbietenden Betriebe selbst. Diese wurden jedoch im Zuge der Absatzausweitung von den Folgen der zumeist noch irrationell organisierten Kreditgewährung belastet.49 Zum anderen führten die immer teurer werdenden Massenbedarfsgüter zu einem zunehmenden Finanzierungsbedarf, der bei den Betrieben, die die Kreditgewährung zumeist aus eigenem Kapital finanzierten, eine starke Liquiditätseinschränkung bewirkte50. Infolge des Strebens nach Wirtschaftlichkeit drängte sich schließlich die Idee auf, die bislang innerbetrieblich organisierte Kreditgewährung aus dem Umsatzprozess auszugliedern und einer selbständig agierenden Finanzierungsinstitution zu übertragen.51 So entstanden gegen Ende des 19. Jahrhunderts die ersten bankmäßig organisierten Finanzierungsinstitute, welche zum großen Teil von den Einzelhandels- und Industriebetrieben selbst gegründet wurden und sich auf die Finanzierung langlebiger Konsumgüter konzentrierten.52 Diese durch den direkten Zusammenhang mit den zugrundeliegenden Produktkäufen geprägte Form der Kreditgewährung dominierte die Konsumgüterfinanzierung bis weit in die Fünfziger Jahre hinein. Kurze Zeit später wurde das Konsumentenkreditgeschäft im Zusammenhang mit dem Ausbau der bargeldlosen Lohn- und Gehaltszahlungen auch von den Universalbanken als eigenes Geschäftsfeld entdeckt.53 So boten Kreditbanken und Sparkassen neben dem Gehalts- und Lohnkonto auch standardisierte Kleinkredite an, wodurch die Verbraucher erstmals die Gelegenheit erhielten, über den Verwendungszweck der aufgenommenen Mittel frei zu entscheiden. Die bis dahin dem Konsumentenkredit anhaftende Funktion der Absatzförderung aus Sicht der Industrie- und Handelsunternehmen wurde um die Funktion eines eigenständigen Absatzobjektes aus Sicht der Banken ergänzt.54 Die sich hieraus ergebende Aufteilung der Konsumgüterfinanzierung durch Banken in einen konsumentengerichteten und in einen unternehmensgerichteten Teilmarkt hat bis heute Bestand: So bieten Banken heutzutage einerseits privaten Kunden Kredite als Beschaffungshilfe
48
49
50 51 52 53 54
Kaminski führt auf, dass die Meinungen zum genauen Entstehungsort des modernen Konsumentenkredits auseinandergehen >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. hierzu Kaminsky, Walter (1962): S. 9 und 10 sowie Schuberth, Klaus Herbert (1988): S. 10. Der hierbei auftretende Arbeits- und Kostenaufwand resultierte etwa aus organisatorischen und administrativen Mehrarbeiten wie Kontoführung, Terminüberwachung, Mahnarbeiten etc. >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. hierzu Kaminsky, Walter (1962): S. 13 und Saxer (1978): S. 6. Vgl. ebenda. Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 13 und Löschner, Peter (1992): S. 54. Vgl. Saxer (1978): S. 7. Vgl. Eichwald, Berthold/ Pehle, Helmut (2000): S. 748. Vgl. Löschner, Peter (1992): S. 57 und 58.
15
an, zum anderen fungieren sie nach wie vor als Absatzhelfer und Kooperationspartner für Hersteller- und Handelsunternehmen.55 Im Jahr 2007 haben die Banken in Deutschland ein Volumen von über 223 Mrd. Euro an Konsumentenkrediten ausgewiesen.56 Den größten Anteil in Höhe von 73 Mrd. Euro tragen dabei die Institute des Sparkassensektors, während die Großbanken lediglich ein Volumen von rund 16 Mrd. Euro verzeichnen.57
Institute des Sparkassensektors 32,2% (72,1 Mrd. Euro)
Regionalbanken und sonstige Kreditbanken 31,3% (70,1 Mrd. Euro)
Institute des Genossenschaftssektors 21,5% (48,0 Mrd. Euro)
Übrige Banken* 7,9% (17,7 Mrd. Euro)
Großbanken 7,1% (15,8 Mrd. Euro)
(*) Übrige Banken: Zweigstellen ausländischer Banken, Realkreditinstitute, Bausparkassen, Banken mit Sonderaufgaben.
Abb. 2:
Konsumentenkreditmarkt in Deutschland im Jahr 2007.58
Im Hinblick auf diesen Marktumfang an Forderungen gegenüber Privatpersonen stellt sich die Frage, welche Auswirkungen sich hieraus für die Ver- oder gar Überschuldung der Kreditnehmer ergeben. Hierauf soll im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit näher eingegangen werden.59
55
56 57 58 59
Vgl. Löschner, Peter (1992): S. 58. Auch Steuer erwähnt schon diese Unterscheidung und grenzt dabei die Konsumfinanzierung von der Absatzfinanzierung ab >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. Steuer, Willi (1930): S. 12. Vgl. Bankenfachverband e.V. (2008a): o. S. Vgl. Abb. 2. Vgl. Bankenfachverband e.V. (2008a): o. S. Vgl. hierzu Kap. 4.2.2.
16
2.2.2
Entwicklung und Marktumfang der Automobilfinanzierung als spezielle Form der Konsumgüterfinanzierung
Als spezielle Form der Konsumgüterfinanzierung hat sich die Finanzierung von Automobilen herausgebildet, deren Wurzeln bis zum Anfang des vergangenen Jahrhunderts zurückreichen. So setzte bereits im Jahre 1910 in den USA der Verkauf von Fahrzeugen auf Teilzahlung ein.60 Ein Jahrzehnt später wurden auch in Deutschland die ersten auf Automobile spezialisierten Finanzierungsinstitute gegründet. Ursache hierfür war vor allem die fehlende Kapitalbasis in der deutschen Automobilindustrie, die zum Zwecke der Erhaltung und Steigerung der Kaufkraft interessierter Nachfrager gezwungen war, die Zahlungsbedingungen zur Anschaffung eines Fahrzeuges neu zu gestalten.61 War der Kauf eines Automobils durch das Barzahlungsgeschäft bis dahin einer begrenzten, kaufkräftigen Gesellschaftsschicht vorbehalten, sollte nunmehr der Zugang zum Automobilmarkt auch anderen Bevölkerungsteilen ermöglicht werden, um somit den Absatz deutscher Automobilerzeugnisse zu erhöhen. Hersteller und Händler gingen deshalb dazu über, die langfristige Kreditgewährung als Abzahlungsgeschäft und zur Ergänzung des Barzahlungsgeschäfts einzuführen.62 Hierfür wurden insbesondere in den Jahren 1924 bis 1926 zahlreiche Finanzierungsinstitute ins Leben gerufen, welche teilweise als selbständige Unternehmen, teilweise auch als Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen gegründet wurden.63 Die Aufgabe dieser sog. Automobilbanken64 bestand darin, die verkaufenden Betriebe im Rahmen der sog. Händlerfinanzierung65 zu unterstützen, bei der die aus Abzahlungsgeschäften stammenden Kundenforderungen bevorschusst wurden, ohne jedoch in direkten Kontakt zum Käufer zu treten. Die sog. Verbraucherfinanzierung dagegen richtete sich direkt an den kaufinteressierten Kunden, dem, sofern er für kreditwürdig befunden worden war, ein in Raten zu tilgendes Darlehen eingeräumt wurde.66 Angelockt von der deutschen Marktsituation hatten insbeson60 61
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64 65
66
Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 12. Recken erklärt die Entstehung der Autobanken auch mit der damaligen fehlenden Bereitschaft der deutschen Banken, den Automobilabsatz durch planmäßige Finanzierung zu fördern. Folglich musste die Automobilbranche in Anbetracht der gestörten Wirtschaftslage selbst aktiv werden >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. Recken, Matthias (1939): S. 16. Vgl. Thuns, Wilhelm (1933): S. 3. Vgl. auch Recken, Matthias (1939): S. 14. Vgl. Recken, Matthias (1939): S. 15-17. Vgl. auch Bleise, Hansjoachim (1959): S. 37 und Söhnholz, Dirk (1995): S. 101. Vgl. Thuns, Wilhelm (1933): S. 29. Unter dem Begriff „Händlerfinanzierung“ wird heute üblicherweise die Finanzierung von Lagerbeständen des Automobilhändlers verstanden >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. hierzu Kap. 2.3.1. Vgl. Saxer (1978): S. 7.
17
dere amerikanische Hersteller das Ertragspotenzial der Automobilfinanzierung entdeckt.67 So wurde im Jahre 1926 die herstellerverbundene Automobilfinanzierung in Deutschland durch die Ford Bank eingeleitet. Opel68 und Fiat folgten kurze Zeit später im Jahre 1929. Die übrigen Automobilbanken der Hersteller entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg.69 Der heutige Anteil der Automobilfinanzierung am gesamten deutschen Konsumfinanzierungsmarkt lässt sich nicht eindeutig bestimmen. So kann etwa bei der Vergabe von Barkrediten nicht ohne weiteres festgestellt werden, für welchen Zweck die finanziellen Mittel vom Kunden aufgenommen werden. Analog zu den vorangegangenen Überlegungen zur definitorischen Abgrenzung der Konsumgüterfinanzierung werden daher in den folgenden Ausführungen unter dem Begriff Automobilfinanzierung solche Finanzierungsfazilitäten subsumiert, welche eine Form der Fremdfinanzierung darstellen und darauf abzielen, dem Nachfrager den Erwerb eines Automobils zu erleichtern.70 Versteht man demnach die Automobilfinanzierung als zweckgerichtete Aufnahme von Fremdmitteln für die Anschaffung eines Automobils, lassen sich die statistischen Auswertungen zur Bestimmung des Anteils der Automobilfinanzierung am deutschen Konsumfinanzierungsmarkt konkretisieren. Als Maßstab für die Bestimmung dieses Marktanteils werden für die vorliegende Arbeit die Auswertungen des Bankenfachverbandes e.V. herangezogen, in dem derzeit 58 Kreditbanken in Deutschland organisiert sind. Diese Kreditbanken haben im Jahr 2007 etwa 92 Milliarden Euro an Konsumenten und Unternehmen ausgeliehen und sind mit einem Marktanteil von 44 Prozent Marktführer in der Konsumgüterfinanzierung.71 Im Jahresbericht 2007 des Bankenfachverbandes wurde festgestellt, dass unter den Objekten der Konsumgüterfinanzierung das Automobil das mit Abstand meistfinanzierte Konsumgut von den Mitgliedsinstituten ist.72 So fällt mit 47 Prozent fast die Hälfte der Konsumgüterfinanzierungen bei den Kreditbanken auf Automobile. In 2007 haben diese Banken Neu- und Gebrauchtwagen im Wert von 14,0 Milliarden Euro finanziert.
67 68
69 70 71 72
Vgl. Lorenz, Joachim (2001): S. 54. Anfang 1929 wurde die Adam Opel AG durch die General Motors Corp. übernommen >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. Adam Opel GmbH (2007): o. S. Vgl. Gleisner, Roland (2001): S. 4. Vgl. Kap. 2.2.1. Vgl. Bankenfachverband e.V. (2008b): S. 20 f. Vgl. hierzu und im folgenden Abb. 3 sowie Bankenfachverband e.V. (2008b): S. 28 f.
18
Wohnmobile und Krafträder 3% (1,0 Mrd. Euro)
Möbel, Küchen, Haushaltsgeräte 7% (2,0 Mrd. Euro)
PKW 47% (14,0 Mrd. Euro)
Bargeld 43% (12,8 Mrd. Euro)
Abb. 3:
Objekte der Konsumgüterfinanzierung der Kreditbanken des Bankenfachverbandes e.V. in 2007.73
Entscheidende Einflussfaktoren für die Automobilfinanzierung sind die Anzahl der Zulassungen von Neufahrzeugen sowie die Anzahl an Besitzumschreibungen im Gebrauchtwagensegment.74 So stellt sich mit jeder Anschaffung eines Neuwagens oder Gebrauchtwagens für den Käufer gleichzeitig die Frage, mit welchen Mitteln der Kaufpreis gezahlt werden soll. Der Bankenfachverband beruft sich etwa in seinem Jahresbericht 2007 auf die Ergebnisse von Studien, nach denen zurzeit ungefähr 70 Prozent der neuzugelassenen PKW mittels Kredit oder Leasing finanziert werden.75 Der Verband der Automobilindustrie geht sogar im Rahmen einer Studie davon aus, dass heutzutage drei von vier PKW-Neufahrzeugen per Kredit oder Leasing finanziert werden.76 Nach der vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) regelmäßig veröffentlichten Anzahl an neuzugelassenen PKW, welche im Jahr 2007 3.148.163 betrug, dürften gemäß der vom Bankenfachverband unterstellten Finanzierungsquote von 70 Prozent über 2,2 Millionen neuzugelassener PKW in 2007 über Kredit oder Leasing auf die Straße gebracht wor-
73 74 75 76
Vgl. Bankenfachverband e.V. (2008b): S. 28 f. Vgl. Moll, Stephan (2007): S. 164. Vgl. Bankenfachverband e.V. (2008b): S. 37. Vgl. Diez, Willi/ Bühler, Martin (2006): S. 5.
19
den sein.77 Unter Berücksichtigung des für 2007 ermittelten durchschnittlichen Neuwagenpreises in Höhe von 25.970 Euro wurden demzufolge in diesem Jahr Neufahrzeuge im Gesamtwert von etwa 57 Mrd. Euro finanziert.78 Diese Zahlen verdeutlichen, welch hohe Bedeutung dem Finanzierungsobjekt Automobil im Vergleich zu anderen Konsumgütern aus Verbrauchersicht zukommt. Für die vorliegende Arbeit sollen daher die Ausgestaltungsmerkmale der Automobilfinanzierung weiter konkretisiert werden. In den nachstehenden Kapiteln folgt hierzu eine Erläuterung und Skizzierung der themenrelevanten Zielgruppen, der Vertriebswege und der Produktformen der Automobilfinanzierung. 2.3 Ausgestaltungsmerkmale der Automobilfinanzierung 2.3.1
Themenrelevante Abgrenzung der Zielgruppen der Automobilfinanzierung
Als Zielgruppen der Automobilfinanzierung können grundsätzlich alle natürlichen und juristischen Personen in Erscheinung treten, die als Abnehmer des Produktes „Automobil“ in Betracht kommen.79 Je nach Nachfragekonstitution kann dabei eine Systematisierung der Abnehmer in Gruppen vorgenommen werden. Als Einteilungskriterium dient hierfür das Motiv der Nachfrage, das über die vom Abnehmer vorgesehene Art der Verwendung für das Automobil definiert wird. Als Verwendungsmöglichkeiten des Automobils sind hauptsächlich dessen organisierter Weiterverkauf und zum anderen dessen Gebrauch anzusehen. Der Gebrauch des Automobils kann sich in den Formen der gewerblichen und der privaten Nutzung vollziehen. So lässt sich die vom Kraftfahrt-Bundesamt ermittelte Anzahl neuzugelassener PKW nach privaten und gewerblichen Haltergruppen unterscheiden. Im Jahr 2007 etwa lag der Anteil der auf private Halter zugelassenen Neufahrzeuge nach Berechnungen des Verbands der Automobilindustrie e.V. bei etwa 38 Prozent, der Anteil der gewerblichen Halter hingegen bei etwa 62 Prozent.80 Für den weiteren Verlauf der Arbeit soll indes der Begriff Endkunde solche Konsumenten bezeichnen, die das Automobil aus Gebrauchsgründen nachfragen und folglich dem Segment der privaten Halter eines Fahrzeuges angehören. Die zweite Zielgruppe der Automobilfinanzierung, die sich aus der nachfragebezogenen Einteilung 77 78 79 80
Vgl. Kraftfahrt-Bundesamt (2008a): o. S. Vgl. Autohaus/ Deutsche Shell AG/ CarGarantie (2008): S. 11 f. Vgl. analog zur allgemeinen Einteilung von Absatzkreditnehmern Ahlert, Dieter (1972): S. 33 f. Vgl. Verband der Automobilindustrie (2008): o. S.
20
von Automobilabnehmern im Hinblick auf das Leistungsprogramm der Automobilfinanzierungspraxis ergibt, wird durch das Kriterium des organisierten Weiterverkaufes des Automobils geprägt: So sind unter den marktüblichen Angeboten von Automobilfinanzierungslösungen oftmals die sog. Händlereinkaufsfinanzierungen anzutreffen, welche sich nicht auf die Bereitstellung von finanziellen Mitteln an den Endkunden richten, sondern Händler, mitunter auch Hersteller und deren Importeursgesellschaften dabei unterstützen, Liquiditäts-, Bilanz- und Risikoprobleme zu beseitigen.81 Hersteller und Automobilhändler stehen regelmäßig vor der Herausforderung, dass viele interessierte Käufer nur dann bereit sind, ein Automobil zu erwerben, wenn sie es vorher besichtigen und testen konnten. Hat sich ein Nachfrager für den Kauf des Automobils entschieden, so möchte er dieses möglichst kurzfristig in Empfang nehmen. Für den Automobilhersteller und -händler ergibt sich hieraus die Frage der optimalen Lieferbereitschaft. Diese gründet in der Vorhaltung eines angemessenen Fahrzeuglagerbestandes, der jedoch mit erheblichen Finanzierungskosten verbunden ist und liquide Mittel bindet. Hieraus ergeben sich für Hersteller und Händler Liquiditätsengpässe, Bilanznachteile und Risikoprobleme, die eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit im Automobilabsatz
erschweren.
Anknüpfend
an
diese
aus
den
Erfordernissen
im
Automobilabsatzgeschäft resultierende wirtschaftliche Belastung haben Banken und Finanzierungsgesellschaften spezielle Programmangebote entwickelt, die sich auf eine Finanzierung des Lagerbestandes der Hersteller, Importeure und Händler konzentrieren.82 An dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass sich die Untersuchung der vorliegenden Arbeit auf Konsumenten konzentriert, welche das Konsumgut Automobil zu Gebrauchszwecken anschaffen und als Zielgruppe der Automobilfinanzierung im Endkundenbereich einzuordnen sind.83 Folglich wird für den weiteren Verlauf der Arbeit unterstellt, dass sich der Begriff „Automobilfinanzierung“ auf die Zielgruppe der Endkunden richtet. Finanzierungslösungen, die an Hersteller, Importeurgesellschaften und Händler als Zielkunden gerichtet sind, werden von der Untersuchung der vorliegenden Arbeit ausgeschlossen.
81
82 83
Vgl. Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S. 1-2 sowie Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 51, Recken, Matthias (1939): S. 54 und Kaminsky, Walter (1962): S. 12. Vgl. Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 52. Vgl. Kap. 1.2.
21
2.3.2
Vertriebswegorientierte Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Automobilfinanzierung
Für das an den Endkunden gerichtete Angebot an Automobilfinanzierungslösungen der Banken lassen sich in der gängigen Praxis grundsätzlich zwei Vertriebswege unterscheiden: Wird die Finanzierungsleistung, welche für den Kauf eines Automobils bestimmt ist, unmittelbar zwischen dem anbietenden Institut und dem Endkunden vereinbart, so handelt es sich um die direkte Form der Automobilfinanzierung.84 Üblicherweise werden in diesem Fall Kreditantragstellung und Kreditprüfung in den Geschäftsräumen des Finanzierungsinstitutes vorgenommen, wodurch eine persönliche Beziehung zwischen Bank und Kunden geschaffen wird.85 Dabei räumt die Bank dem Kunden ohne Einschaltung und Mithaftung des Automobilverkäufers den Kredit ein.86 Der Verkäufer des Automobils tritt folglich nicht in die Finanzierungsverhandlung mit ein.87 Während in früheren Zeiten die Kreditgewährung oftmals über ein Kundenscheckverfahren, das sog. Königsberger System, erfolgte, bei dem der Kreditnehmer Kreditschecks als Zahlungsanweisung über den Kreditbetrag gegenüber einem bestimmten Handelsunternehmen vorlegen konnte, wird dem Kunden heute der Kredit meistens bar zur Verfügung gestellt.88 Grund hierfür sind vor allem die aus dem traditionellen Kundenscheckverfahren resultierenden eingeschränkten Möglichkeiten des Kunden hinsichtlich der Wahl des Kaufobjektes und der verkaufenden Firma.89 Als moderne Form der direkten Kundenfinanzierung hat sich hingegen in der letzten Zeit die Bereitstellung persönlicher Kleinkredite über das Internet herausgebildet. So bieten zum Beispiel sog. Direktbanken, welche zum großen Teil als Tochtergesellschaften von Banken gegründet wurden, Kredite unter Einsatz von Online-Anwendungen an. Diese Online-Vertriebsmethode verfolgt das Ziel, die Abläufe der Kreditvergabe zu automatisieren und hierdurch den Bedürfnissen der Kunden nachzukommen, die anfallenden Abwicklungsgebühren des Geschäfts niedrig zu halten.90 Zusammenfassend ist festzu84
85 86 87 88 89 90
Vgl. Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S. 2 und Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 4. Diese direkte Form der Kundenfinanzierung wurde in der Vergangenheit in der Fachliteratur auch als sog. AGeschäft bezeichnet >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. hierzu etwa Schierenbeck, Henner (1994a): S. 645, Schöttl, Peter (1981): S. 33 und Eilenberger, Guido (1997): S. 242. Vgl. Hobbensiefken, Günter (1959): S. 52. Vgl. Schierenbeck, Henner (1994a): S. 645. Vgl. Hobbensiefken, Günter (1959): S. 52. Vgl. Schierenbeck, Henner (1994a): S. 645. Vgl. ebenda. Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 36 f. und Daldrup, Andre/ Gehrke, Nick/ Schumann, Matthias (2004): S. 239.
22
stellen, dass die direkte Vertriebsform der Automobilfinanzierung eine wichtige Rolle spielt. So schätzt der Bankenfachverband den Anteil der Barkredite am gesamten Automobilfinanzierungsgeschäft über Kredite auf etwa 56 Prozent ein.91 Im Gegensatz hierzu hat sich über die Jahre hinweg als zweite Vertriebsform die Kreditvergabe am sog. Point-of-Sale herausgebildet, also an dem Ort, an dem der Fahrzeugverkauf stattfindet. Dieser indirekten Form der Automobilfinanzierung rechnet der Bankenfachverband einen Anteil von ungefähr 44 Prozent an der Automobilkreditfinanzierung zu. Die indirekte Vertriebsvariante liegt vor, wenn der Kauf eines Automobils durch den Endkunden in der Weise finanziert wird, dass dieser ein Finanzierungsangebot in Anspruch nimmt, das ihm mittelbar durch Einschaltung des verkaufenden Händlers zur Verfügung gestellt wird.92 Die Kreditanfrage des kaufinteressierten Endkunden wird dabei zumeist in den Geschäftsräumen des Automobilhändlers vorgenommen und an den Finanzierungspartner zur Prüfung und Bearbeitung weitergeleitet. Ein entstehendes Finanzierungsgeschäft beinhaltet somit in den meisten Fällen außer den vertraglichen Bindungen keine persönliche Beziehung zwischen dem Finanzierungsinstitut und dem Endkunden.93 In vielen Fällen leistet der Käufer für das gewünschte Automobil eine Anzahlung auf die Höhe des Kaufpreises. Der restliche Betrag wird durch den beantragten Kredit abgedeckt, der dem verkaufenden Händler durch die finanzierende Bank auf ein Verrechnungskonto ausgezahlt wird.94 Beide Vertriebsvarianten der Automobilfinanzierung, die direkte und indirekte Form der Kreditvergabe, stellen sich grundsätzlich auch im Rahmen der SubprimeAutomobilfinanzierung als alternative Vertriebswege für die finanzierende Bank dar. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit wird jedoch herausgestellt, dass der Vertrieb der Subprime-Automobilfinanzierung über den Autohandel aus strategischer Sicht mit Vorteilen verbunden ist.95
91 92
93 94 95
Vgl. hierzu und im folgenden Bankenfachverband e.V. (2008b): S. 37. Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 49 f. und Hobbensiefken, Günter (1959): S. 53 f. Diese Kreditleistungsart wird in der Fachliteratur als sog. B-Geschäft bezeichnet. Ähnliche Züge weist das sog. C-Geschäft auf: Hier wird jedoch die Kreditleistung auf Wechselbasis gewährt >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. hierzu etwa Eilenberger, Guido (1997): S. 244 f., Schierenbeck, Henner (1994b): S. 645 und Schöttl, Peter (1981): S. 34. Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 49 f. und Hobbensiefken, Günter (1959): S. 53 f. Vgl. Schierenbeck, Henner (1994a): S. 645 und Eilenberger, Guido (1997): S. 244. Vgl. hierzu Kap. 5.2.1. und Kap. 5.2.2.2.
23
2.3.3
Erscheinungsformen der Automobilfinanzierung
2.3.3.1 Zur grundsätzlichen Marktbedeutung von Kredit und Leasing als Erscheinungsformen der Automobilfinanzierung Im Rahmen einer im Jahr 2007 von der Aral Aktiengesellschaft durchgeführten Studie wurden bundesweit rund 300 Neuwagenkäufer und –käuferinnen als repräsentative Stichprobe befragt, mit welchen finanziellen Mitteln sie den Fahrzeugkauf darstellen.96 Während den Studienergebnissen zufolge im Jahr 2003 noch 64 Prozent der Befragten angaben, ihren neuen PKW bar zu bezahlen, sank dieser Anteil in der Befragung von 2007 auf 40 Prozent.97 Obwohl es sich bei diesen Angaben nur um Schätzungen für den Gesamtmarkt handelt, bringen diese klar zum Ausdruck, dass sich die Automobilfinanzierung zu einem festen Bestandteil des Automobilkaufes entwickelt hat. Bevorzugte Zahlungsweise beim Autokauf ist demzufolge die Automobilfinanzierung, welche in den Varianten Kredit und Leasing am Markt in Erscheinung tritt. Dabei fällt der größte Anteil von 64 Prozent des Finanzierungsmarktes für neue PKW auf die Kreditfinanzierung, welche in den meisten Fällen durch sog. Ratenkredite in Anspruch genommen wird.98 36 Prozent der neuen PKW werden nach Berechnungen des Bankenfachverband hingegen mit Hilfe von Leasing angeschafft. Hierbei handelt es sich entgegen dem weit verbreiteten Sprachgebrauch nicht um eine Ausprägung der Finanzierung, sondern vielmehr um eine Form der Vermietung.99 Diese Abgrenzung manifestiert sich mitunter durch die zivilrechtliche Einordnung des Leasing in wesentlichen Teilen unter das Mietrecht gemäß §§ 535 ff. BGB und wird bestätigt durch die höchstrichterliche Rechtsprechung.100 Dennoch weist die besondere und marktübliche Form des sog. Finanzierungsleasing aufgrund seiner vertraglichen Ausgestaltung Ähnlichkeiten zum Teilfinanzierungsgeschäft auf, so dass die thematische Einbeziehung des Leasinggeschäftes in den nachstehenden Ausführungen Berücksichtigung finden soll.101 Das Leasinggeschäft wird in der vorliegenden Arbeit deshalb als Erscheinungsform der Automobilfinanzierung in weitem Sinne verwendet.
96
Vgl. Aral Aktiengesellschaft (2007): S. 5 und 7. Vgl. hierzu und im folgenden Aral Aktiengesellschaft (2007): S. 7. Vgl. hierzu Bankenfachverband e.V. (2008b): S. 26 f. und S. 37. 99 Vgl. Kratzer, Jost/ Kreuzmair, Benno (2002): S. 15, Feinen, Klaus (2002): S. 1 und Seifert, Peter (2000): S. 34. 100 Vgl. Kratzer, Jost/ Kreuzmair, Benno (2002): S. 15 f. und Seifert, Peter (2000): S. 34. 101 Vgl. Havermann, Hans (1976): Sp. 1249 und Seifert, Peter (2000): S. 34. 97 98
24
Unter diesem Blickwinkel werden in den beiden folgenden Kapiteln Kredit und Leasing als Erscheinungsformen der Automobilfinanzierung näher erläutert.
2.3.3.2 Wesensmerkmale und rechtliche Grundlagen des Ratenkredites als wesentliche Erscheinungsform der Automobilfinanzierung Die derzeit bevorzugte Kreditart in der Automobilfinanzierung stellt der sog. Ratenkredit dar. So finanzierten die im Bankenfachverband organisierten Kreditbanken im Jahr 2007 Konsumgüter zu 85 Prozent über Ratenkredite und nur zu 15 Prozent über Nichtratenkredite.102 Bei der Automobilfinanzierung über Ratenkredite handelt es sich um standardisierte Kredite, die in festen monatlichen Teilbeträgen zurückgezahlt werden.103 Kennzeichnendes Merkmal des Ratenkredites ist die Rückzahlungsmodalität, welche bereits mit der Kreditzusage Höhe und Anzahl der Raten festlegt.104 Der Tilgungsplan berücksichtigt dabei sämtliche Kreditkosten, welche sich aus Zinsen auf den ursprünglichen Kreditbetrag und einer einmaligen, in einem bestimmten Prozentsatz des Kreditbetrages anfallenden Bearbeitungsgebühr berechnen.105 Rechtliche Grundlage des Ratenkreditgeschäfts stellt das im Jahre 1991 eingeführte und am 01.01.2002 inhaltlich in die §§ 491-498 BGB übernommene Verbraucherkreditgesetz (VebrKrG) dar, welches auf alle Kreditverträge Anwendung findet, die mit einer natürlichen Person geschlossen werden (§ 1 Abs. 1 VerbrKrG).106 Hiernach bedürfen Ratenkredite der Schriftform mit Mindestangaben, die ein Kreditvertrag enthalten muss (§ 492 BGB bzw. zuvor § 4 VerbrKrG). Der Verbraucher soll dadurch in die Lage versetzt werden, die Art des Kredites, die Höhe der Kosten und Zinsen sowie aller Nebenleistungen exakt bestimmen zu können. Zum Zwecke der Vergleichbarkeit der Ratenkredite ist zusätzlich eine Angabe des effektiven Jahreszinses im Sinne der Preisangabenverordnung von 1985 vorgeschrieben.107 Der effektive Jahreszins gibt an, welche Zinshöhe der Ratenkredit tatsächlich einnimmt, wenn man ausgehend vom Nominalzinssatz alle sonstigen Kostenpositionen und preisbestimmenden Faktoren in den Zins miteinberechnet, die unmittelbar wirtschaftlich mit dem Kredit zusammenhängen.108 Geregelt sind zudem 102
Vgl. Bankenfachverband e.V. (2008b): S. 26. Vgl. Schierenbeck, Henner (1994c): S. 558 und Hamm-Beckmann, Anja (2000): S. 72. 104 Vgl. Büschgen, Hans E. (1998a): S. 334. 105 Vgl. Eilenberger, Guido (1997): S. 558. 106 Vgl. Martis, Rüdiger/ Meinhof, Alexander (2005): S. 4. 107 Vgl. Leuschner, Ulrich (1999):: S. 1136 und Grill, Wolfgang u.a. (1995): S.483. 108 Vgl. Arnim, Bernd von (1976): Sp. 280 und Schierenbeck, Henner (1994d): S. 544. 103
25
die Folgen von Formmängeln (§ 494 BGB) sowie das dem Kreditnehmer eingeräumte Widerrufsrecht (§ 495 BGB). Bei Nichteinhaltung der Ratenzahlung durch den Kreditnehmer ist eine Kündigung des Restkredites nur möglich, wenn dieser mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise im Verzug ist und der überfällige Betrag mindestens zehn Prozent oder, im Falle einer Laufzeit des Kreditvertrages über drei Jahre, mindestens fünf Prozent des Nennbetrages des Kredites oder Teilzahlungspreises beträgt. Zusätzlich muss der Kreditgeber dem Kreditnehmer erfolglos eine zweiwöchige Frist zur Zahlung des rückständigen Betrages gesetzt haben (§ 498 BGB). Um dem Risiko solcher Vertragsstörungen vorzubeugen, nimmt der Kreditgeber im Vorfeld der Kreditentscheidung wie auch im Rahmen der laufenden Engagementüberwachung eine sog. Kreditwürdigkeitsprüfung vor.109 Hierbei soll festgestellt werden, ob der Kreditnehmer sachlich und persönlich in der Lage ist und auch die Bereitschaft mitbringt, den vertraglichen Vereinbarungen gemäß die ihm obliegenden Zins- und Tilgungszahlungen fristgerecht und in vollem Umfang zu leisten.110 Das Urteil über die Bonität des Kunden wird dabei über eine sorgfältige Analyse der persönlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der relevanten Umweltbedingungen vorgenommen.111 Um das Kreditengagement abzusichern, werden üblicherweise Sicherungsübereignungen des finanzierten Automobils, Bürgschaften, stille Lohn- und Gehaltsabtretungen und Abtretungen von Ansprüchen aus Lebensversicherungen herangezogen.112 In manchen Fällen stützt sich die Kreditsicherung zudem auf die Händlerhaftung.113 Auf dem derzeit existierenden Automobilfinanzierungsmarkt sind einige Produktvarianten des Ratenkredites anzutreffen.114 So zwingt der zunehmende Wettbewerb die am Markt agierenden Anbieter zur kontinuierlichen Entwicklung innovativer Finanzierungslösungen, welche auf die individuellen Bedürfnisse der Nachfrager abgestimmt sind und mit kundenfreundlichen Konditionen ausgestattet für eine vorteilhafte Abgrenzung gegenüber Konkurrenten sorgen sollen.115 Als festen Bestandteil des Standardprogramms der automobilfinanzierenden Banken lassen sich Abwandlungen des klassischen Ratenkredites ausmachen, die sich aus der Möglichkeit der Einflussnahme 109
Vgl. Steiner, Manfred (1994): S. 425 und Eilenberger, Guido (1997): S. 207. Vgl. Steiner, Manfred (1994): S. 425 und Steinmetz, Otto (1999): S. 1216. Vgl. Steiner, Manfred (1994): S. 426. 112 Vgl. Eichwald, Berthold/ Pehle, Helmut (2000): S. 749. 113 Vgl. Eichwald, Berthold/ Pehle, Helmut (2000): S. 750. 114 Vgl. Brandstetter, Barbara (2005): S. 20. 115 Vgl. Lorenz, Joachim (2001): S. 60 f. 110 111
26
des Kreditnehmers auf die Ausgestaltung des Kredites ergeben. Hierbei wird dem Kunden die Möglichkeit offeriert, einzelne Elemente der Kreditgestaltung nach seinen eigenen
Vorstellungen
zu
definieren. Als
optionale
Gestaltungselemente
des
Ratenkredites kommen neben der Höhe der Anzahlung etwa die Bestimmung der Laufzeit, der monatlichen Ratenhöhe oder die Festlegung der Begleichung des verbleibenden
Restwertes
am
Laufzeitende
in
Betracht.
Eine
derzeit
auf
dem
Automobilfinanzierungsmarkt verbreitete Produktform des Ratenkredites stellt der sog. Ballonkredit mit Optionen116 dar, der dem Kreditnehmer nach Ablauf einer ersten Vertragsphase die Möglichkeit einräumt, zwischen drei Alternativen zur Tilgung der verbleibenden Forderung, des Ballons, zu wählen.117 Zum einen kann der Kreditnehmer den zu Beginn der Vertragslaufzeit vereinbarten Restwert in einer Schlussrate zu tilgen. Als zweite Möglichkeit bietet sich der Abschluss eines weiteren Ratenkreditvertrages in Höhe der noch ausstehenden Forderung an. Schließlich kann der Kreditnehmer auch das Fahrzeug zum vertraglich festgelegten Restwert beim Händler zurückgeben und damit die verbleibende Forderung begleichen.
2.3.3.3 Begriffsabgrenzung und Eigenschaften des Leasings als Erscheinungsform der Automobilfinanzierung in weitem Sinne Als derzeit meistgesuchte Alternative zur Kreditfinanzierung ist nach Angaben des Bankenfachverbands die Inanspruchnahme von Leasing bei der Anschaffung eines Neufahrzeuges anzutreffen.118 Das Leasingkonzept wird dabei geprägt durch eine Vielzahl an Erscheinungsformen119, welche sich aus den unterschiedlichen Nutzenmöglichkeiten ableiten.120 Nähert man sich dem Begriff Leasing aus rechtlicher Perspektive, so kann man darunter eine Form der Vermietung oder Verpachtung von Investitionsgütern oder langlebigen Gütern des privaten Gebrauchs verstehen.121 Finanzwirtschaftlich lässt sich Leasing als temporäre Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern gegen Entgelt 116
Weitere gängige Bezeichnungen für diese Produktform stellen etwa die Begriffe „Drei-Wege-Finanzierung“ oder „Drei-Optionen-Finanzierung“ dar [Anmerkung des Verfassers]. Vgl. etwa Olma, Rene (2005): S. 54 und Finsterwalder-Reinecke, Isabella (2002): S. 49. 117 Vgl. Lorenz, Joachim (2001): S. 61 und Olma, Rene (2005): S. 54. Vgl. hierzu kritisch auch Looman, Volker (2000): S. 27. 118 Vgl. Abb. 5. Vgl. auch Wassermann, Heinrich (2004): S. 248. 119 Zur Gruppierung des Leasings nach Erscheinungsformen vgl. etwa Süchting, Joachim (1995): S. 170 und Havermann, Hans (1976): Sp. 1249-1251. 120 Vgl. Büschgen, Hans E. (1998b): S. 2, Feinen, Klaus (2002): S. 1, Stoppok, Gerhard (1988): S. 12 sowie Havermann, Hans (1976): Sp. 1249 und Tacke, Helmut R. (1993): S. 1.
27
durch einen außenstehenden Finanzierer und Eigentümer charakterisieren.122 Je nach Ausgestaltungsform erfolgt dabei die Abgrenzung gegenüber traditionellen Vermietungsformen anhand der Verteilung von Rechten und Pflichten zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer.123 So handelt es sich bei dem sog. Operating-Leasing um zivilrechtlich übliche Mietverträge im Sinne der §§ 535 ff. BGB.124 Hier wird dem Leasingnehmer ein Wirtschaftsgut zur kurzfristigen Nutzung überlassen, wobei der zugrundeliegende Leasingvertrag von beiden Parteien, Leasingnehmer und Leasinggeber, jederzeit unter Einhaltung gewisser Fristen gekündigt werden kann.125 Bei dieser Leasingform übernimmt der Leasinggeber das gesamte Investitionsrisiko, da infolge der kurzzeitigen Nutzungsdauer eine Vollamortisation der Investitionskosten126 zum Zeitpunkt der Kündigung nicht gewährleistet ist. Der Leasinggeber muss daher regelmäßig Anschlussmieter für das Investitionsobjekt finden, um über das Weiterverleasen die nicht gedeckten Investitionskosten hereinzuholen.127 Eine besonders häufig anzutreffende Ausgestaltungsform des Leasing stellt hingegen das sog. Finanzierungsleasing dar.128 Das entscheidende Kriterium des hierbei zugrundeliegenden Leasingvertrages ist seine feste unkündbare Laufzeit, welche auf eine längerfristige Mietdauer im Verhältnis zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Mietsache ausgerichtet ist.129 Im Unterschied zum Operating-Leasing ist die Gestaltung des Finanzierungsleasingvertrages von dem Grundsatz geprägt, dass der Leasingnehmer für die volle Amortisation der Investitionskosten einzustehen hat.130 Der Leasinggeber kauft das Wirtschaftsgut nach Auswahl und Spezifikation des Leasingnehmers an und stellt es diesem für die vertraglich vereinbarte Grundmietzeit zur Nutzung zur Verfügung.131 Hierbei übernimmt der Leasingnehmer als Nutzungsberechtigter Risiken und Verpflichtungen, die üblicherweise dem Eigentümer zukommen.132 Während der Lea121
Vgl. Runge, Berndt/ Bremser, Horst/ Zöller, Günter (1978): S. 29. Vgl. Büschgen, Hans E. (1998b): S. 3. Vgl. Büschgen, Hans E. (1998b): S. 3. 124 Vgl. Stoppok, Gerhard (1988): S. 14 und Gabele, Eduard/ Kroll, Michael (1992): S. 16. 125 Vgl. ebenda. 126 Neben den Anschaffungs- und Finanzierungskosten zählen hierzu etwa auch Verwaltungskosten sowie die Gewinnerwartung des Leasinggebers [Anmerkung des Verfassers]. Vgl. Mudersbach, Martin (2000): S. 207. 127 Vgl. Mudersbach, Martin (2000): S. 207 und Tacke, Helmut R. (1993): S. 2. 128 Vgl. Büschgen, Hans E. (1998b): S. 3, Gabele, Eduard/ Kroll, Michael (1992): S. 14, Havermann, Hans (1976): Sp. 1249 und Feinen, Klaus (1999): S. 1248. 129 Vgl. Tacke, Helmut R. (1993): S. 2 und Runge, Berndt/ Bremser, Horst/ Zöller, Günter (1978): S. 29. 130 Vgl. Seifert, Peter (2000): S. 36 und Kuhnle, Rainer/ Kuhnle-Schadn, Alexandra (2001): S. 16. 131 Vgl. Kuhnle, Rainer/ Kuhnle-Schadn, Alexandra (2001): S. 15 und Gabele, Eduard/ Kroll, Michael (1992): S. 14 f. 132 Vgl. Kuhnle, Rainer/ Kuhnle-Schadn, Alexandra (2001): S. 15. 122 123
28
singgeber als rechtlicher Eigentümer über die Verfügungsrechte am Leasingobjekt verfügt, sehen Leasingverträge regelmäßig die Abwälzung des Investitionsrisiko sowie der Sach- und Preisgefahr auf den Leasingnehmer vor.133 So übernimmt dieser üblicherweise nicht nur die Gewährleistung für Mängel des Leasingobjektes, sondern auch das Risiko des zufälligen Untergangs, der zufälligen Verschlechterung sowie des wirtschaftlichen Wertverlustes der Mietsache.134 Die Chance, aus der Verwertung der Mietsache einen Zusatzgewinn zu erzielen, steht indes dem juristischen Eigentümer, dem Leasinggeber, zu.135 Diese Wertsteigerungschance stellt gleichzeitig die unabdingbare Voraussetzung dafür dar, dass dem Leasinggeber auch das für die handelsrechtliche Aktivierung
des 136
zugerechnet wird.
Leasingobjektes
erforderliche
wirtschaftliche
Eigentum
Diese aus dem Steuerrecht übernommene Regelung der handels-
rechtlichen Objektzurechnung wird zudem ergänzt durch das steuerrechtliche Zuordnungskriterium des Verhältnisses von Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Leasingobjektes.137 Danach erfolgt die Zurechnung zum Leasinggeber regelmäßig dann, wenn die Grundmietzeit mindestens 40 Prozent, nicht aber mehr als 90 Prozent der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer gemäß der amtlichen AfA-Tabelle beträgt.138 Die Obergrenze von 90 Prozent wird dabei vor dem Hintergrund der Annahme gesetzt, dass der Leasinggegenstand bei einer Überschreitung dieses Prozentsatzes keinen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Wert mehr in der Weise hat, dass von einem wirtschaftlich gehaltvollen Herausgabeanspruch des Leasinggebers ausgegangen werden kann.139 Die untere Grenze von 40 Prozent wird mit der Vermutung begründet, dass aufgrund des starken Wertverfalls zu Beginn der Nutzung ein erhöhtes auf die Nutzungsperiode entfallenes Entgelt an den Leasinggeber zu entrichten ist.140 Es ist anzunehmen, dass ein wirtschaftlich denkender Leasingnehmer ein solch hohes Entgelt nur dann zu zahlen bereit ist, wenn ihm bei Vertragsbeginn über eine Nebenabsprache zusätzliche Vorteile eingeräumt wurden. Hierzu zählen etwa die Vereinbarung von Optionsrechten, die dem Leasingnehmer die Möglichkeit zusichern, das Leasingobjekt nach Ablauf der Grundmietzeit weiter zu nutzen oder vergleichbar mit 133
Vgl. ebenda sowie Büschgen, Hans E. (1998b): S. 3. Vgl. Feinen, Klaus (1999): S. 1246 und Seifert, Peter (2000): S. 44 f. 135 Vgl. Mudersbach, Martin (2000): S. 208. 136 Vgl. Mellwig, Winfried (2000): S. 70 und Mudersbach, Martin (2000): S. 208. 137 Vgl. Mellwig, Winfried (2000): S. 70 und Tacke, Helmut R. (1993): S. 16. 138 Vgl. ebenda. 139 Vgl. Runge, Berndt/ Bremser, Horst/ Zöller, Günter (1978): S. 269 und Mellwig, Winfried (2000): S. 70. 140 Vgl. hierzu und im folgenden Runge, Berndt/ Bremser, Horst/ Zöller, Günter (1978): S. 271 und Mellwig, Winfried (2000): S. 70. 134
29
einem verdeckten Ratenkauf zu günstigen Konditionen zu erwerben. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass der Leasinggeber nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingobjektes ist und das zugrundeliegende Leasingobjekt daher beim Leasingnehmer bilanziert werden muss.141 Aus den vorstehenden Erläuterungen wird deutlich, welche Funktion Leasing für einen Automobilkäufer übernimmt. So bietet Leasing wie auch der kreditfinanzierte Kauf dem Automobilnachfrager die Möglichkeit, das Konsumgut Automobil zu nutzen, ohne dessen Anschaffung sofort aus eigenen Mitteln bestreiten zu müssen.142 Die Anschaffung des Automobils verhält sich beim Leasingnehmer ebenso wie die Kreditfinanzierung zunächst liquiditätsneutral.143 Erst die aus dem Leasingvertrag geschuldete Mietsumme führt zu laufenden Belastungen mit Auszahlungen während der Nutzung des Automobils. Dieser Liquiditätsfluss entspricht grundsätzlich dem bei der Kreditfinanzierung, so dass Leasing in Form des Finanzierungsleasings unabhängig von seinem Rechtscharakter wirtschaftlich mit einer Kreditfinanzierung vergleichbar ist.144 Eine derartige Sichtweise stellt lediglich auf die betriebswirtschaftlichen Grundfunktionen von Leasing und Kredit ab. Differierende Auszahlungsreihen, Gesamtkostenbelastungen wie auch Abweichungen hinsichtlich von Verfügungsrechten, steuerlichen Erfassungsmerkmalen und etwaigen Serviceleistungen führen jedoch zu einer Vielzahl an qualitativen Unterschieden145 in den Eigenschaftskomponenten beider Alternativen.146 In einem separaten, später folgenden Kapitel dieser Arbeit sollen daher subprimerelevante Besonderheiten des Leasings im Vergleich zum Ratenkreditgeschäft näher erläutert werden.147
141
Vgl. Mellwig, Winfried (2000): S. 70. Vgl. Süchting, Joachim (1995): S. 170. Vgl. Tacke, Helmut R. (1993): S. 4. 144 Vgl. Süchting, Joachim (1995): S. 170 und Tacke, Helmut R. (1993): S. 4. Nach Büschgen kann Leasing bei Anwendung eines rein monetär orientierten Kreditbegriffes sogar als Form einer Kreditgewährung bezeichnet werden [Anmerkung des Verfassers]. Vgl. hierzu Büschgen, Hans E. (1998b): S. 4. 145 Als nachfragerelevanter Vorteil des Leasings gegenüber der Kreditfinanzierung wird vom Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen zum Beispiel die „Bilanzneutralität“ herausgestellt, wenn das Leasingobjekt und die Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag nicht in der Bilanz des Leasingnehmers erscheinen. Hierdurch können wichtige Bilanzrelationen, insbesondere die Eigenkapitalquote, verbessert werden. Ein Leasingvertrag kann zudem steuerliche Vorteile für den Leasingnehmer bringen, wenn dieser die Leasingraten als Betriebsausgaben absetzen kann. Auf eine weitergehende Diskussion von grundsätzlichen Vor- und Nachteilen des Leasings gegenüber Krediten soll an dieser Stelle verzichtet werden [Anmerkung des Verfassers]. Vgl. hierzu Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e.V. (2008): o. S. 146 Vgl. Büschgen, Hans E. (1998b): S. 4. 147 Vgl. hierzu Kap. 5.2.4. 142 143
30
2.4 Klassifizierung von Trägern der Automobilfinanzierung Eine Klassifizierung der Anbieter von Automobilfinanzierungslösungen lässt sich grundsätzlich nach den Kriterien der Zugehörigkeit und der damit verbundenen Zielausrichtung der Geschäftstätigkeit vornehmen.148 Die Unterteilung der Träger der Automobilfinanzierung soll deshalb hinsichtlich ihres Leistungssortiments und der zugrundeliegenden Eigentumsverhältnisse erfolgen. Hierbei können im wesentlichen zwei Arten von Anbietern abgegrenzt werden149: Zum einen lassen sich in einer ersten Gruppe die sog. Spezialbanken zusammenfassen, zu denen regelmäßig solche Banken zählen, welche sich in ihrer Zielsetzung, in der institutionellen Ausgestaltung und/oder in ihrem Leistungsprogramm wesentliche Beschränkungen auferlegen oder ihnen unterworfen sind oder zumindest schwerpunktmäßig hinsichtlich eines dieser Kriterien spezialisiert sind.150 Im Gegensatz zu den Spezialbanken stellen Universalbanken Kreditinstitute dar, welche über ein umfassendes Leistungsangebot verfügen und grundsätzlich alle vorkommenden Bankgeschäfte durchführen.151 Hierzu zählt neben dem Einlagen- und Kreditgeschäft auch das gesamte Effektengeschäft, wobei auch die damit verbundene Kundenstruktur sowohl im Aktiv- wie auch im Passivgeschäft als universal genannt werden kann.152 Im folgenden sollen beide Bankentypen unter dem Blickwinkel des Angebotes von Automobilfinanzierungslösungen näher betrachtet werden.
2.4.1
Spezialbanken
Die führenden Spezialbanken in Deutschland haben sich unter dem Dach des Bankenfachverbandes vereinigt und bieten eine Dienstleistungspalette an, welche auf die finanziellen Bedürfnisse privater Kunden, die Finanzierung Gewerbetreibender oder
148
Vgl. hierzu etwa Swoboda, Uwe C. (1996): S. 43 f. und Fischer, Werner B. (1959): S. 103. Vgl. zur Abgrenzung etwa Franke, Dirk (2001): Autobanken: S. 696, Kern, Holger J./ Schellberg, Maximilian (2005): S. 36 und Meunzel, Ralph M. (2005): S. 28. 150 Vgl. o.V. (1999b): S. 1772. Vgl. auch Penzkofer, Peter (1976): Sp. 1644 und Schierenbeck, Henner (1994e): S. 618. 151 Vgl. Schierenbeck, Henner (1994f): S. 665. Nach Büschgen und Börner gehören zu den Universalbanken bereits solche Banken, welche mindestens das Kredit- und Einlagengeschäft auf der einen Seite verbunden mit dem Effektengeschäft auf der anderen Seite betreiben [Anmerkung des Verfassers]. Vgl. hierzu Büschgen, Hans E./ Börner, Christoph J. (2003): S. 57. 152 Penzkofer, Peter (1976): Sp. 1643 f. 149
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auch auf Finanzdienstleistungen rund um das Automobil ausgerichtet ist.153 Unter dem Blickwinkel des Angebotes von Automobilfinanzierungslösungen lassen sich die hiervon betroffenen Institute danach unterscheiden, ob sie als industrieller Finanzdienstleister zu einer automobilherstellenden Unternehmensgruppe gehören oder als institutioneller Finanzdienstleister herstellerunabhängig das Automobilfinanzierungsgeschäft betreiben.154
2.4.1.1 Captives In einer ersten Gruppe lassen sich solche Finanzierungsinstitute zusammenfassen, die als Tochtergesellschaft oder Unternehmensbereich zu einem Automobilhersteller gehören und in Literatur und Praxis regelmäßig als Autobanken bezeichnet werden.155 Die Eigenschaft der Verbundenheit zum Hersteller wird dabei durch die branchenübliche Bezeichnung der Autobank als sog. Captive156 zum Ausdruck gebracht.157 Deren vornehmlicher Geschäftszweck liegt in der Organisation und im Angebot von Finanzierungslösungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verkauf eines Automobils stehen und darauf abzielen, die geschäftspolitischen Interessen der assoziierten Herstellers zu verfolgen.158 So sollen Captives primär dazu beitragen, im Rahmen Ihrer Finanzdienstleistungsaktivität den Absatz der konzerneigenen Produkte zu fördern.159 Hierbei stellen sie gleichzeitig ein Instrument der Kundenloyalisierung dar, mit Hilfe dessen die Kundenbindung an die Automobilmarken des verbundenen Herstellerkonzerns gestärkt werden soll.160 Dies wird anhand der doppelten Geschäftsbeziehung des Herstellers zum Kunden deutlich: So wird der Erwerber eines Automobils im Zuge der Inanspruchnahme des herstellereigenen Finanzierungsangebotes Kunde bei der Herstellerbank wie auch beim Hersteller bzw. Vertragshändler zugleich.161 Die Kundentreue gegenüber dem Hersteller kann dabei im Vergleich zum Barzahlungskauf 153
Vgl. Wacket, Peter (1999): S. 1773. Vgl. Lorenz, Joachim (2001): S. 49 f. 155 Vgl. auch Haber, Stephan (1993): S. 98, Messner, Wolfgang (2004): S. 265, Breckner, Jochen (2005): S. 13 und Lorenz, Joachim (2001): S. 49. 156 Zum Begriff vgl. o.V. (1999a): S. 295. 157 Vgl. Stenner, Frank (2002a): S. 158, Kern, Holger J./ Schellberg, Maximilian (2005): S. 36 und Lorenz, Joachim (2001): S. 49. 158 Vgl. Stenner, Frank (2002a): S. 158, Breckner, Jochen (2005): S. 13 und Haber, Stephan (1993): S. 98. 159 Massfeller, Norbert M. (1999): S. 233 und Stenner, Frank (2002b): S. 93. 160 Vgl. Stenner, Frank (2002b): S. 93. 161 Vgl. Haber, Stephan (1993): S. 102. 154
32
deutlich erhöht werden, da der Kunde mindestens für die Laufzeit der Verträge im Dialog-Marketing erreichbar ist.162 Hierdurch hat der Hersteller die Möglichkeit, die Beziehung zum Kunden selbst zu steuern.163 Neben der Aufgabe der Absatzförderung sind Captives zudem mit dem Auftrag ausgestattet, Gewinne für ihre Muttergesellschaft zu erzielen.164 Hierfür erschließen sich die Autobanken weitere Geschäftsfelder, welche ein breites Leistungsspektrum beinhalten: Hierzu gehören zum einen Dienstleistungsangebote entlang der automobilen Wertschöpfungskette, welche neben der reinen Finanzierungs- und Leasingangebotspalette in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern etwa auch Versicherungsprodukte und kombinierte Produktbündel vorsehen.165 Zusätzlich zum traditionellen, automobilbezogenen Leistungspaket bieten Autobanken zunehmend Finanzdienstleistungen an, welche keinen direkten Bezug mehr zum Automobil aufweisen und stattdessen die Diversifikation in neue Märkte mit neuen Produkten vorantreiben.166 Als Beispiele lassen sich etwa die Vergabe von Kreditkarten, das Einlagengeschäft, Factoring sowie die Vermittlung von Hypothekenkrediten, der Verkauf von Investmentfonds und das Angebot von Girokonten nennen.167 Hintergrund für die Bereitstellung dieses Produktspektrum stellt einerseits die Vermutung dar, der Konsument sei bestrebt, „alles unter einem Dach einzukaufen“.168 So soll dem Kunden durch ein One-Stop-Shopping-Angebot die Möglichkeit geboten werden, neben dem Kernprodukt Automobil auch gleichzeitig solche Finanzdienstleistungen in Anspruch zu nehmen, welche in ein einem logischen Verbund zum Automobil stehen und einen Zusatznutzen aufweisen.169 Ein wichtiger Grund für den Einstieg in das Einlagengeschäft stellen zudem die damit verbundenen Vorteile günstiger Refinanzierungsmöglichkeiten dar, da hierbei die Finanzmittelaufnahme etwa über den Kapitalmarkt durch Anleihen vermieden werden kann.170 Mit Hilfe des Angebots automobilunabhängiger Finanzdienstleistungen soll andererseits der Kunde schon vor der Fahrzeuganschaffung oder auch nach Ablauf eines Finanzierungs- oder Leasingvertrages an die Autobank
162
Vgl. Stenner, Frank (2002a): S. 162. Vgl. ebenda. Vgl. Stenner, Frank (2002a): S. 158. 165 Vgl. Stenner, Frank (2002b): S. 93 und Stenner, Frank (2002a): S. 164. 166 Vgl. Messner, Wolfgang (2004): S. 265 und Haber, Stephan (1993): S. 103. 167 Vgl. Massfeller, Norbert M. (2004): S. 201, Kern, Holger J./ Schellberg, Maximilian (2005): 37 und Haber, Stephan (1993): S. 103. Vgl. auch Busse, Henning (2005a): S. 19 f. 168 Massfeller, Norbert M. (2004): S. 208. 169 Vgl. ebenda. 170 Vgl. o.V. (2004a): S. 18 und o.V. (2003): S. 26. 163 164
33
und damit an den Herstellerkonzern gebunden werden.171 Anhand dieser Aktivitäten wird deutlich, dass Autobanken verstärkt in die Geschäftsfelder klassischer Universalbanken rücken und sich die Grenzen zu solchen zunehmend auflösen.172
2.4.1.2 Non-Captives Konkurrenz erhalten die Autobanken von den herstellerunabhängigen Automobilfinanzierungsinstituten, welche in der Fachsprache als Non-Captives bezeichnet werden.173 Hierzu zählen vor allem solche Spezialbanken, die als Tochtergesellschaften in den Konzernverbund von Universalbanken integriert sind oder etwa auch als Finanzierungsinstitut großer Automobilhandelsgesellschaften fungieren.174 Non-Captives unterscheiden sich von den herstellereigenen Autobanken vor allem in der Sichtweise des Kunden: So richten Captives den Fokus auf potentielle und bestehende Abnehmer von Fahrzeugen des verbundenen Herstellers.175 Die Bankdienstleistung dient hierbei in erster Linie als Mittel zum Zweck, den Kunden für die Automarke zu begeistern und ihn an die Konzernmarken zu binden.176 Im Gegensatz hierzu richtet sich das Dienstleistungsangebot der Non-Captives markenunabhängig an alle Kunden, die an der Finanzierung eines Autos interessiert sind.177 Zielsetzung ist dabei, über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeuges hinweg eine für den jeweiligen Nachfrager passende Finanzdienstleistung bereitzustellen.178 Die Finanzierung wird jedoch im Unterschied zu den Captives nicht auf ein Konsumgut abgestellt, das innerhalb der eigenen Unternehmensgruppe erstellt worden ist und dessen Absatz gefördert werden soll.179 Vielmehr betreiben Non-Captives das Automobilfinanzierungsgeschäft grundsätzlich allein als Erwerbsunternehmung, ohne dabei noch einen speziellen betrieblichen Zweck zu verfolgen.180 Ausgenommen hiervon sind solche Fälle, in denen ein herstellerunabhängiges Finanzierungsinstitut eine Captive-Funktion für Importeure einnimmt, die keine
171
Vgl. Massfeller, Norbert M. (2004): S. 212. Vgl. Franke, Dirk (2001): S. 696 f. und Bergmann, Thomas/ Biebl, Alexandra (2002): S. 214. 173 Vgl. Moll, Stephan (2004): S. 262 und Otto, Götz/ Stotz, Kristina (2004): S. 199. 174 Vgl. Wacket, Peter (1999): S. 1774, Stenner, Frank (2002a): S. 158 und Swoboda, Uwe C. (1996): S. 43-45. 175 Vgl. Stenner, Frank (2002b): S. 93. 176 Vgl. ebenda. 177 Vgl. etwa o.V. (2004b): S. 52 und Schwickal, Udo (2004): S. 11. 178 Vgl. Schwickal, Udo (2004): S. 11. 179 Vgl. Stenner, Frank (2002a): S. 158. 180 Vgl. Fischer, Werner B. (1959): S. 103 f. und Tessner, Magnus (1999): S. 97. 172
34
eigene Captive-Bank oder Leasinggesellschaft im betrachteten Land unterhalten.181 Eine kreditwirtschaftliche Zweckbestimmung liegt vor, wenn ein Non-CaptiveFinanzierungsinstitut von einer Universalbank getragen wird und deren Interessen im Finanzierungsgeschäft wahrzunehmen hat.182 So kann etwa eine Geschäftsbank als Anteilseigener einer Non-Captive Wert darauf legen, seiner Kundschaft im Rahmen der eigenen Organisation auch mit der Finanzierung von Automobilen dienen zu können.183 Hintergrund hierfür ist insbesondere die Einschätzung der Automobilfinanzierung als ein Produkt mit hohem Cross-Selling-Potential.184 Deutlich wird dies anhand des breiten Finanzdienstleistungsangebotes der Spezialbanken, welche sich sowohl auf private wie auch auf gewerbliche Kunden ausgerichtet haben.185 Kerngeschäft der Privatkundenbanken sind Barkredite zur freien Verwendung sowie zweckgebundene Finanzierungslösungen, welche oftmals in enger Kooperation mit dem Fachhandel zur Finanzierung der zugrundeliegenden Waren angeboten werden. Finanzierungsobjekte stellen hierbei neben dem Automobil vor allem auch Gegenstände und Produkte aus den Bereichen der Unterhaltungselektronik sowie Wohnungseinrichtungen dar.186 Ähnlich zur Angebotspalette der Captives schließt das Hauptgeschäft der Privatkundenbanken auch wichtige Geldanlageformen wie Sparkonten, Sondersparformen, Terminund Sichteinlagen, Schuldverschreibungen und die Vermittlung von Investmentfonds mit ein.187 Daneben beinhaltet das Dienstleistungsangebot eine Vielfalt von Versicherungsprodukten, im Falle einer erweiterten Banklizenz auch die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Herausgabe von Kreditkarten sowie das Wertpapiergeschäft. Finanzdienstleistungen von Spezialbanken mit Ausrichtung auf das Geschäft mit gewerblichen Kunden umfassen eine Vielfalt an Kreditformen wie Ratenkredite, Darlehen mit individuellen Tilgungsvereinbarungen, aber auch Mietkauf, Leasing und Factoring. Zielsetzung der Dienstleistungsangebotes ist dabei oftmals die Unterstützung von Herstellern und Händlern bei der Finanzierung von Investitionen sowie die Absatzförderung ihrer Produkte.188 Als Absatzfinanzierungspartner richten die Spezialbanken ihr Angebot direkt an den Warenkäufer oder indirekt an den Hersteller und Händler in 181
Vgl. hierzu Lorenz, Joachim (2001): S. 50. Vgl. Fischer, Werner B. (1959): S. 103 und Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 26-31. 183 Vgl. Fischer, Werner B. (1959): S. 103. 184 Vgl. Kern, Holger J./ Schellberg, Maximilian (2005): S. 40. 185 Vgl. Wacket, Peter (1999): S. 1774. 186 Vgl. Moll, Stephan (2004): S. 262. 187 Vgl. hierzu und im folgenden Wacket, Peter (1999): S. 1774 f. 182
35
Form der Bereitstellung finanzieller Mittel, welche als Vertriebsunterstützung fungieren und zur Senkung von Absatzrisiken beitragen.189 Wie auch bei auf Privatkunden ausgerichteten Spezialbanken wird das Angebot ergänzt durch die Vermittlung von Versicherungen.190
2.4.2
Universalbanken
Aufgrund der Vielgestaltigkeit der Bankenlandschaft in Deutschland lässt sich eine Klassifizierung der Banken nicht einheitlich vornehmen.191 In Abhängigkeit vom Untersuchungszweck kann die Systematisierung daher grundsätzlich nach mehreren Kriterien vorgenommen werden.192 In der vorliegenden Arbeit wurde vor dem Hintergrund des %etreibens des Automobilfinanzierungsgeschäftes zunächst eine Differenzierung der Kreditinstitute hinsichtlich ihrer Geschäftsstruktur in Universal- und Spezialbanken vorgenommen. Für eine weitere Differenzierung der Universalbanken erscheint es zweckmäßig, das Unterscheidungsmerkmal der betriebswirtschaftlichen Zwecksetzung anzuwenden. Hiernach lassen sich Universalbanken in erwerbswirtschaftliche Kreditbanken, gemeinwirtschaftliche öffentlich-rechtliche Institute und genossenschaftliche Bankengruppen einordnen. So kommen neben den Spezialinstituten als weitere Anbieter der Automobilfinanzierung grundsätzlich Regionalbanken und Großbanken, Sparkassen und Girozentralen sowie Kreditgenossenschaften und genossenschaftliche Zentralbanken in Frage. Während die Captives und Non-Captives das Automobilfinanzierungsgeschäft schwerpunktmäßig betreiben und sich in dieser Hinsicht spezialisiert haben, ordnet sich die Automobilfinanzierung bei den Universalbanken als Sonderfeld in das allgemeine Kreditgeschäft mit Privat- und Firmenkunden ein.193 Im Unterschied zur Herausgabe von Barkrediten ohne Zweckbestimmung werden hierfür speziell auf die Automobilanschaffung ausgerichtete Finanzierungsangebote bereitgestellt und begrifflich abgegrenzt.194 Als Beispiel lassen sich die derzeitigen Bemühungen der Spar-
188
Vgl. hierzu auch die in Kap. 2.3.1. dargestellte Einkaufs- und Lagerfinanzierung für Importeure und Händler. Vgl. Wacket, Peter (1999): S. 1775. Vgl. ebenda. 191 Vgl. Büschgen, Hans E./ Börner, Christoph J. (2003): S. 60. 192 Vgl. hierzu und im folgenden Büschgen, Hans E./ Börner, Christoph J. (2003): S. 60 f. und Süchting, Joachim/ Paul, Stephan (1998): S. 30. 193 Vgl. Looman, Volker (2000): S. 27 und Haber, Stephan (1993): S. 98. 194 Vgl. o.V. (2006): S. 28-22. 189 190
36
kassen darstellen, einen für den Autokauf bestimmten Kredit über ihre Filialen zu vertreiben und dabei den spezialisierten Instituten Konkurrenz zu machen.195 2.5 Nutzeneffekte der Automobilfinanzierung aus Sicht der beteiligten Akteure Ein wichtiger Beitrag zur Beleuchtung der Chancen und Herausforderungen der Subprime-Automobilfinanzierung ergibt sich aus den grundsätzlichen Bestimmungsmerkmalen der Zwecksetzung der Automobilfinanzierung. In den folgenden Kapiteln soll daher erläutert werden, welchen Nutzen die Automobilfinanzierung den betroffenen Akteuren stiftet. Die Nutzenstiftung der Automobilfinanzierung lässt sich dabei aus der Interessenlage der unmittelbar beteiligten Wirtschaftssubjekte ableiten. Aus den vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass vom Automobilfinanzierungsgeschäft regelmäßig drei Parteien unmittelbar betroffen sind. Hierzu gehört der Kunde, der das Automobil erwerben möchte und die finanziellen Mittel zur Bezahlung des Erwerbs bereithalten muss. Der Verkäufer dieses Fahrzeugs bildet eine zweite Partei. Hierzu zählen neben privaten Verkäufern auch solche, welche als Händler in gewerblicher Form das Fahrzeug zum Erwerb anbieten. Schließlich nimmt die Bank als dritte Interessengruppe direkt am Automobilfinanzierungsgeschäft teil, indem sie die zum Erwerb des Fahrzeugs notwendigen Mittel bereitstellt. Volkswirtschaftliche Aspekte von Automobilfinanzierungslösungen sollen von der Betrachtung ausgeschlossen bleiben.
2.5.1
Zwecksetzung der Automobilfinanzierung aus Sicht des Automobilkäufers
Vor allem Haushalte mit einem geringen Einkommen innerhalb einer Periode sind gezwungen, den für den Kaufpreis eines Automobils aufzubringenden Geldbetrag durch Vorsparen anzusammeln.196 Ohne die Möglichkeit des Zugriffs auf fremde Mittel kann die Anschaffung eines Automobils daher erst zu dem Zeitpunkt erfolgen, an dem die für den Kauf des Automobils erforderlichen Barmittel vollständig angespart worden sind.197 Die Automobilfinanzierung hingegen offeriert dem kaufwilligen Konsumenten die Möglichkeit, das gewünschte Objekt trotz Ermangelung von Sparguthaben sofort zu
195
Vgl. etwa Heitmüller, Hans-Michael (2007): S. 3 und Köhn, Rüdiger (2004): S. 20. Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 36, Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 4 und Saxer, Lydia (1978): S. 46. 197 Vgl. Saxer, Lydia (1978): S. 46. 196
37
erwerben.198 Das langwierige Ansparen entfällt, indem der zum Erreichen einer hinreichenden Kauffähigkeit notwendige Gesamtbetrag dem Automobilnachfrager zur Verfügung gestellt und von diesem anschließend im Rahmen eines organisierten Zwangssparprozesses zurückgezahlt wird.199 Diese „Umkehrung des zweckgerichteten Ansparprozesses“200 führt im Falle des Ratenkredites dazu, dass Konsum und Einkommen wieder angeglichen werden, indem der Zahlungsrhythmus an den Verbrauchs- und Einkommensrhythmus angepasst wird.201 Insbesondere für Haushalte mit einem geringen monatlichen Einkommensüberschuss wird dadurch die Anschaffung eines Automobils erst möglich.202 Hieraus offenbart sich mitunter die soziale Funktion203 der Automobilfinanzierung: So wird das verhältnismäßig teure Konsumgut Automobil durch die Finanzierungsmöglichkeit auch Nachfragesegmenten mit geringer Kaufkraft zugänglich gemacht.204 Zudem übernimmt die Automobilfinanzierung eine Sicherheitsfunktion für den Finanzierungskunden. Diese ergibt sich aus der Möglichkeit des Kunden, vorhandene angesparte Finanzmittel infolge der Kreditaufnahme zu schonen und stattdessen als Liquiditätsreserve weiterzunutzen.205 Betrachtet man das Automobil als Vermögensgegenstand, so kann die Automobilfinanzierung schließlich durch Ermöglichung der Automobilanschaffung als Mittel zur Förderung der privaten Vermögensbildung verstanden werden.206 Die vorstehend beschriebenen Nutzeneffekte der Automobilfinanzierung werden vom Konsumverhalten des individuellen Kunden umrahmt, welches sich in dessen Entscheidungen über Sparen und Konsum im Zeitablauf, in sog. intertemporalen Konsumentscheidungen, widerspiegelt.207 So wird der Kunde für die Entscheidung, einen Kredit zum Zwecke der sofortigen Fahrzeuganschaffung aufzunehmen, die hieraus resultierenden Konsequenzen abwägen: Der Vorteil des heutigen Kaufes oder der heutige Kaufverzicht müssen mit dem zukünftigen Vorteil oder dem zukünftigen Verzicht verglichen werden. Der Umstand, dass sich ein Konsument mit Hilfe einer Finanzierung den Fahrzeugwunsch lieber heute als morgen erfüllt, lässt sich einerseits über seine 198
Vgl. ebenda. Vgl. Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S. 4 und Schuberth, Klaus Herbert (1988): S. 38. 200 Schuberth, Klaus Herbert (1988): S. 38. 201 Vgl. Meilwes, Michael (1996): S. 20 und Kaminsky, Walter (1962): S. 39. 202 Vgl. Meilwes, Michael (1996): S. 20. 203 Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 37 und Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S. 4. 204 Vgl. Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S. 4. 205 Vgl. ebenda. Vgl. auch Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 20. 206 Vgl. etwa Kaminsky, Walter (1962): S. 41. 207 Vgl. hierzu und im folgenden Hempelmann, Bernd/ Lürwer, Markus/ Brackschulze, Kai (2002): S. 381 f. 199
38
Zeitpräferenz bestimmen.208 Sie gibt den Betrag an, den der Autokäufer gerade so zu zahlen bereit ist, um das Fahrzeug in der gegenwärtigen Periode anstatt in der nachfolgenden Periode zu erhalten. Die Zeitpräferenz des Kunden hängt von der Vorliebe ab, Konsum der einen Zeitperiode für den Konsum einer anderen zu substituieren. Andererseits wird die Entscheidung des Kunden für den heutigen Autokauf von der Wirtschaftlichkeit seiner Handlungsalternativen beeinflusst. So hat der kaufinteressierte Kunde die Möglichkeit, sein Einkommen für die Fahrzeuganschaffung in einer der nachfolgenden Perioden zu sparen und dadurch Gegenwartskonsum in Zukunftskonsum zu transformieren. Die Bereitschaft zum Sparen wird durch den Zinssatz bestimmt, den der Kunde bei der Kreditaufnahme zu zahlen hätte oder alternativ als Sparer auf seine Einlage erhalten würde. Der Kunde wird folglich abwägen, ob er das Fahrzeug mit Hilfe einer Finanzierung sofort anschafft und hierfür infolge der Kreditzinsbelastung erhöhte Zahlungen leistet oder ob er stattdessen das Fahrzeug zu einem späteren Zeitpunkt aus eigenen Mitteln anschafft und hierdurch von den Guthabenzinsen auf die angesparten Mitteln profitiert. Neben dem Zinssatz spielt für das Entscheidungsverhalten des Kunden in wirtschaftlicher Hinsicht die Möglichkeit des Konsumenten eine Rolle, mit Hilfe des Autokaufes seine Einkommenssituation zu verändern.209 Wenn der Konsument mit Hilfe des angeschafften Fahrzeugs einen Beruf ausüben kann, bei dem er ein höheres Einkommen als bisher erwirtschaftet, wird er diesen finanziellen Aspekt der Fahrzeuganschaffung mit in sein Entscheidungskalkül aufnehmen. Als Beispiel lässt sich etwa das Angebot von Arbeitsplätzen aufführen, die für den jeweiligen Arbeitnehmer ein attraktiveres oder sichereres Einkommen als bisher mit sich bringen, die jedoch aufgrund ihrer Lage oder ihres Aufgabenprofils eine erhöhte Mobilität vom Arbeitnehmer erfordern und die Verfügbarkeit eines eigenen Fahrzeuges voraussetzen.
2.5.2
Zwecksetzung der Automobilfinanzierung aus Sicht des Verkäufers
Aus den vorstehenden Erläuterungen wird deutlich, dass die Nutzenstiftung der Automobilfinanzierung für den Käufer gleichzeitig auch Vorteile für den jeweiligen Verkäufer eines Fahrzeuges beinhaltet. Durch die Inanspruchnahme von Automobilfinanzierungslösungen wird der Käufer in die Lage versetzt, das Automobil mit Hilfe 208 209
Vgl. hierzu und im folgenden Varian, Hal. R. (2007): S. 217-220. Vgl. etwa Breyer, Friedrich (2004): S. 158.
39
finanzieller Mittel bereits heute zu erwerben, die er sonst aus eigener Kraft erst nach vollständiger Ansparung aufbringen kann. Mit der Kaufkraft des Nachfragers wird folglich gleichermaßen das Absatzpotential des Verkäufers gesteigert.210 Der Fahrzeuganbieter profitiert zum einen aus der hieraus resultierenden Erhöhung der Anzahl an Kaufentscheidungen potentieller Kunden.211 Zu denken ist etwa an die Erschließung der Zielgruppe jünger Käufer, die sich mit Hilfe einer Finanzierung bereits in den Anfangsjahren ihres Berufslebens ein Fahrzeug anschaffen können. So wird deren Kaufbereitschaft infolge der Kauferleichterung durch die Automobilfinanzierung verbessert.212 Zum anderen wird durch den Wegfall des oftmals langwierigen Ansparvorgangs213 der Zeitpunkt der Kaufentscheidung vorverlegt.214 Für den Automobilverkäufer ergibt sich hieraus der Vorteil, dass er über den Verkaufserlös des Fahrzeuges bereits heute verfügen kann und diesen etwa für Investitionen oder Schuldentilgungen nutzen kann. Ein Autohändler vermeidet durch den zeitlich vorgezogenen Verkauf von Ausstellungs- und Bestandsfahrzeugen künftige Standkosten, die etwa in Form von Refinanzierungszinsen, Werbeaufwendungen, Miete für die Ausstellungsfläche, Reinigungsaufwand und Versicherungsleistungen anfallen. Mit Hilfe einer entsprechenden Ausgestaltung des Automobilfinanzierungsangebotes einer Bank können Automobilhersteller und -händler die durchschnittliche Fahrzeughaltedauer verkürzen und somit die Anzahl künftiger Kaufentscheidungen erhöhen und sichern.215 Das Angebot von Automobilfinanzierungslösungen wirkt sich in dieser Hinsicht kundenbindend aus, da der Käufer mindestens über die Dauer der Laufzeit des Vertrages Kunde des Herstellers oder Händlers bleibt.216 Die Bereitstellung eines Produkt- und Finanzierungsangebotes aus einer Hand kann zudem einen Wettbewerbsvorteil
gegenüber
Konkurrenten
darstellen, 217
Finanzierungslösungen unterbreiten.
welche
ihren
Kunden
keine
So generieren kundenindividuelle und auf die
Bedürfnisse der Kunden zugeschnittene Lösungen wirksame Kaufargumente, die die 210
Vgl. Recken, Matthias (1939): S. 5 und Schuberth, Klaus Herbert (1988): S. 38. Vgl. Ahlert, Dieter (1972): S. 44 und Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 4. 212 Vgl. ebenda. 213 Vgl. Kaminsky, Walter (1962): S. 38. 214 Vgl. Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 4. 215 Als Beispiel dient die in Kap. 2.3.3.2 dargestellte Ballon-Finanzierung dar. In diesem Fall zahlt der Kunde aufgrund der niedrigen monatlichen Belastung faktisch nur für die Nutzung des Automobils. Am Ende der Laufzeit hat der Kunde die Möglichkeit, die erhöhte Schlussrate mit der Rückgabe des Fahrzeuges an den Händler zu begleichen. Mit Hilfe der Inanspruchnahme einer neuen Finanzierung kann der Kunde dann ein anderes Fahrzeug kaufen >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. Olma, Rene (2005): S. 54 f. 216 Vgl. auch Renkel, Heinz-Peter/ Strom, Karl (2005): S. 7. 217 Vgl. Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S. 3. 211
40
Kaufentscheidung des Kunden erleichtern.218 Das Aufzeigen und Anbieten von Finanzierungsmöglichkeiten kann sich dabei positiv auf den Verkaufserfolg auswirken, da durch Klarheit in der Finanzierungsfrage die Kaufentscheidung erleichtert wird.219 Darüber hinaus können sich Automobilhändler über das Angebot von Finanzdienstleistungen ein wichtiges, zusätzliches Ertragsstandbein für ihren Betrieb schaffen.220 Gewinnpotenziale generieren Händler dabei über Provisionen für den Abschluss von Kreditverträgen, die sie an den Endkunden im Zuge des Fahrzeugverkaufes als Vertriebspartner der Bank vermitteln. Einen stetigen Einnahmefluss sichern sich die Händler dann, wenn sie zusätzlich Bonifikationen für bestehende Kredite mit der jeweiligen Bank vereinbart haben, der sie die zugrundeliegenden Kreditverträge vermittelt hatten. Experten gehen davon aus, dass sich die Umsatzrendite von Automobilhandelsbetrieben im Neu- und Gebrauchtwagengeschäft um 0,1 bis 0,4 Prozent mit Hilfe der Gewinnpotenziale von Finanzdienstleistungen verbessern lässt.221 Bei einer im Jahr 2005 geschätzten durchschnittlichen Umsatzrendite im deutschen Automobilhandel von 0,6 Prozent stellen derartige Steigerungsraten ein erhebliches Ertragspotenzial dar. Die vorstehenden Erläuterungen machen deutlich, dass die Automobilfinanzierung dazu beiträgt, den Absatz von Automobilen zu erhöhen.222 Wird die Automobilfinanzierung als strategisches Instrument eingesetzt, so kann ihre Zweckbestimmung in der Förderung des Absatzes von Automobilen aus Sicht des Verkäufers gesehen werden. Die hiermit einhergehende Steigerung der verkauften Einheiten der jeweiligen Marken unterstützt gleichzeitig den jeweiligen Automobilhersteller in seiner Zielsetzung, die Anzahl der produzierten Fahrzeuge zu erhöhen. Zudem tragen die Erträge aus vermittelten Kreditgeschäften im Automobilhandel zu einem erheblichen Verbesserungspotenzial der Finanzlage der Betriebe bei.
218
Vgl. ebenda. Vgl. Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 18. 220 Vgl. hierzu und im folgenden Renkel, Heinz-Peter/ Strom, Karl (2005): S. 7. 221 Vgl. auch Diez, Willi/ Merten, Christian Frederik (2006): S. 119. 222 Vgl. Bittmann, Helmut/ Kirstein, Gerrit (1990): S. 4, Steuer, Willi (1930): S. 12 und Berndt, Ralph/ Sander, Matthias (1995): S. 2. 219
41
2.5.3
Zwecksetzung der Automobilfinanzierung aus Sicht der Bank
Banken lassen sich grundsätzlich zu solchen Unternehmungen zählen, welche vom Motiv der langfristigen Gewinnerzielung geprägt sind.223 Auch die mit gesetzlichen Grundaufträgen
ausgestatteten
öffentlich-rechtlichen
Kreditinstitute
sowie
die
mit
Förderauftragen behafteten Kreditgenossenschaften unterstehen nach Ansicht von Fachleuten faktisch dem Zwang der Gewinnerzielung.224 Im Rahmen dieser Zielsetzung nimmt das Kreditgeschäft geschäftpolitisch wie auch als Ertragsquelle einen zentralen Stellenwert ein.225 Wichtigste Erfolgskomponente des Kreditgeschäftes der Banken stellen die aus dem Kreditgeschäft resultierenden Zinserträge dar.226 Die Höhe der Erträge der Bank hängt vom Umfang der eingenommen Zinsen und Gebühren ab, die der Kunde für die Kreditinanspruchnahme leisten muss. Der Kredit stellt infolgedessen für die Bank ein Mittel zur Ertragserzielung dar, das wirtschaftlich als Ware betrachtet werden kann und wie ein Produkt am Markt verkauft werden muss.227 Für den Kunden hingegen stellt der Kredit wie dargestellt lediglich ein Mittel zum Erwerb des Automobils dar, das mit Kosten verbunden ist.228 Im Rahmen der Automobilfinanzierung ist folglich der Kredit als Produkt eng mit der zugrundeliegenden Anschaffung des Automobils verbunden. Denn obwohl der Kauf des Automobils und die Kreditaufnahme zwei Vorgänge darstellen, die ökonomisch und rechtlich zu trennen sind, hängen beide dennoch aus Konsumentensicht individual-psychologisch zusammen.229 Die Determinanten der Automobilnachfrage wirken indirekt auf die Kreditnachfrage ein, während umgekehrt die Kreditkonditionen die Bereitschaft für die Automobilanschaffung beeinflussen können. Vor diesem Hintergrund muss die Bank unter Beachtung der Bedürfnisse und Wünsche des Kunden den Kredit zu angemessenen Konditionen anbieten.230 Laufende, stabile Erträge, geringer Beratungsaufwand und ausreichend hohe Zinssätze lassen die Automobilfinanzierung dann in Form von Ratenkrediten zu einem lukrativen Geschäftsfeld für Banken werden.231 Insbesondere auf Privatkunden spezia223
Vgl. etwa Eilenberger, Guido (1997): S. 546 f., Büschgen, Hans E. (1998a): S. 508 f. sowie Süchting, Joachim/ Paul, Stephan (1998): S. 313 und S. 317 und Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 189. 224 Vgl. Süchting, Joachim/ Paul, Stephan (1998): S. 317 und Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 189. 225 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 43 und Schmoll, Anton (1988): S. 47. 226 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 29 und S. 692, Schmoll, Anton (1988): S. 47 und Steinmetz, Otto (1999): S. 1215. 227 Vgl. Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 32 und Falter, Manuel (1994): S. 43 f. 228 Vgl. Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 32. 229 Vgl. hierzu und im folgenden Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 73 f. 230 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 43 f. 231 Vgl. etwa Stoss, Sigrid (2006): S. 16.
42
lisierte Kreditinstitute profitieren von hohen Eigenkapitalrenditen, die bei erfolgreicher Organisation von Vertrieb, Kreditprozessen und Risikomanagement durch Ratenkredite generiert werden können.232 Zudem wird die Automobilfinanzierung von Fachleuten als ein Produkt mit hohem Cross-Selling-Potential gesehen.233 So werden durch das Angebot von Automobilkrediten Kunden akquiriert, die die Bank nach Vertragsabschluss auch mit anderen Produkten ihrer Angebotspalette umwerben kann. Große Automobilfinanzierer haben darüber hinaus die Möglichkeit, Skalenvorteile in der Kostenstruktur zu nutzen.
2.6 Zusammenfassende Ergebnisse der Skizzierung der Grundlagen der Automobilfinanzierung Für die vorliegende Arbeit erscheint es unverzichtbar, die Grundlagen der Automobilfinanzierung als Ausgangslage für die nachfolgenden Subprime-Ausführungen darzustellen. So lassen sich viele Erkenntnisse und Ergebnisse der Subprime-Untersuchung erst aus den grundlegenden Eigenschaften und dem Ausgestaltungsrahmen der Automobilfinanzierung ableiten. Die voranstehenden Erläuterungen machen deutlich, dass sich die Automobilfinanzierung zu einem wesentlichen Bestandteil der Konsumgüterfinanzierung entwickelt hat. Während bereits vor mehreren Jahrhunderten die Grundidee der Konsumgüterfinanzierung durch individuelle Zahlungsvereinbarungen von den Menschen gelebt und praktiziert wurde, hat sich heute für private Haushalte insbesondere der Ratenkredit als gängiges, standardisiertes Instrument der Finanzierung von Konsumgütern herausgebildet. Zu den am häufigsten finanzierten Konsumgütern zählt das Automobil, das für viele private Haushalte ein unverzichtbarer Gegenstand im Lebensalltag geworden ist. Die hohen Anschaffungskosten des Automobils sind der Hauptgrund dafür, dass in vielen Fällen der Automobilkauf nicht aus eigenen Mitteln bar bezahlt werden kann. Obwohl sich diese finanzielle Herausforderung auch für Automobilhändler beim Einkauf von Ausstellungsfahrzeugen stellt, beschränkt sich der Fokus der vorliegenden Arbeit auf die Bereitstellung von Automobilkrediten an Konsumenten. Diesem Kundenkreis verschaffen Banken regelmäßig Zugang zu ihrem Kreditangebot auf direktem Wege oder indirekt mit Hilfe des Automobilhandels. Es
232 233
Vgl. Jansen, Sven/ Schäl, Ingo (2005): S. 34. Vgl. hierzu und im folgenden Kern, Holger J./ Schellberg, Maximilian (2005): S. 40.
43
wurde dargestellt, dass als Anbieter von Automobilkrediten neben Spezialkreditinstituten grundsätzlich auch Universalbanken in Frage kommen. Der Markt für Automobilfinanzierungen wird dominiert von solchen Banken, die sich auf die Konsumgüterfinanzierung spezialisiert haben. Die Bedeutung der Automobilfinanzierung als Bestandteil der Konsumgüterfinanzierung lässt sich anhand des Nutzens skizzieren, den sie den einzelnen Interessengruppen stiftet. Diese Aspekte der Zwecksetzung der Automobilfinanzierung liefern indes einen Beitrag zur Erörterung der Frage, welche Chancen und Herausforderungen die Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland mit sich bringt.
44
3 Aspekte und Eigenschaften der Subprime-Automobilfinanzierung im Kontext bankbetrieblicher Kreditrisiken Während im vorangegangenen Kapitel grundsätzliche Aspekte der Automobilfinanzierung beleuchtet wurden, erfolgt in den nachstehenden Ausführungen zunächst eine Abgrenzung und Skizzierung ihrer Subprime-Ausgestaltungsform. Hierbei wird deutlich, dass sich die Subprime-Automobilfinanzierung aus dem Kontext bankbetrieblicher Kreditrisiken ableiten lässt. Die geänderten Risikostrukturen der SubprimeAutomobilfinanzierung konkretisieren sich über die Kreditnehmermerkmale, welche Banken üblicherweise im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung untersuchen. Es wird festgestellt, dass sich mit der Durchführung der Subprime-Automobilfinanzierung gesteigerte Risiken für die Bank ergeben, die mit Anwendung herkömmlich kalkulierter Kreditpreise kaum kompensiert werden können. In einem zweiten Schritt wird daher die Möglichkeit der Banken erläutert, mit Hilfe der Anwendung risikoadjustierter Kreditkonditionen das Subprime-Kreditgeschäftes in die Automobilfinanzierung zu implementieren.
3.1 Grundsätzliche Merkmale bankbetrieblicher Kreditrisiken in der Automobilfinanzierung Das Wesen der Automobilfinanzierung liegt darin, dass die kreditgebende Bank eine Leistung in der Gegenwart erbringt und infolgedessen zum Gläubiger wird, während der Kreditnehmer sich als Schuldner verpflichtet, die entsprechende Gegenleistung in der Zukunft zu erbringen.234 Die Leistung der kreditgebenden Bank und die Gegenleistung des Kreditnehmers fallen folglich zeitlich auseinander.235 Die sich hieraus ergebenden Risiken für die Bank resultieren aus der Möglichkeit, dass der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht termingerecht und vollständig nachkommen kann oder nachkommen will.236 In der Literatur wird dieser Umstand regelmäßig als Bonitätsrisiko bezeichnet, da er unmittelbar mit der persönlichen und sachlichen Fähigkeit wie auch Bereitschaft des Kreditnehmers zur vereinbarungsgemäßen Erfüllung der
234 235 236
Vgl. Diepen, Gerhard (1989): S. 380. Vgl. Weber, Martin (2003): S. 123. Vgl. Germann, Stephan (2004): S. 78.
J. Wünscher, Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilf nanzierung in Deutschland, DOI 10.1007/978-3-8349-1898-7_3, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
45
Kreditverpflichtungen zusammenhängt.237 Daneben wird die Bank mit der Gefahr konfrontiert, dass im Falle einer Verwertung des Automobils als Kreditsicherheit infolge der Nichterfüllung der Vertragspflichten des Kreditnehmers der Wert des Automobils zum Verwertungszeitpunkt niedriger ausfällt als veranschlagt. Dies kann dazu führen, dass der Erlös aus der Verwertung des Automobils zur Deckung der Kreditforderung nicht ausreicht.238 Dieser Umstand wird Besicherungsrisiko genannt und schließt sich zeitlich wie auch kausal dem Bonitätsrisiko an, da sich die Frage der Verwertung der zugrundeliegenden Sicherheiten erst nach Ausfall des Kreditnehmers stellt.239 Im folgenden sollen diese dem Automobilfinanzierungsgeschäft anhaftenden Kreditrisiken näher erläutert werden. Zinsänderungs- und Währungsrisiken treten zwar regelmäßig auch in Verbindung mit Kreditgeschäften auf, werden jedoch ihrem Typ nach Marktpreisrisiken zugeordnet.240 Sie beschreiben auf Gesamtbankebene Verlustrisiken infolge von Preisschwankungen in Verbindung mit betrags- und/oder laufzeitmäßigen Inkongruenzen zwischen aktivischen und passivischen Bilanzpositionen. Da sich der Fokus der vorliegenden Arbeit auf einzelkreditbezogene Risiken und nicht auf strukturelle Bilanzrisiken richtet, sollen Marktpreisrisiken in der nachfolgenden Darstellung keine Beachtung finden.
3.1.1
Skizzierung der Varianten des Bonitätsrisikos
3.1.1.1 Merkmale und Eigenschaften des Kreditausfallrisikos Das Kreditausfall- oder Kreditverlustrisiko äußert sich in der Gefahr, dass der Schuldner die Kreditbedienung nicht oder nur teilweise erfüllt.241 Der Kreditausfall stellt somit ein aus Sicht der Bank zufälliges Ereignis dar und gilt gemäß der Definition der Ausfallereignisse nach § 125 der Solvabilitätsverordnung (SolvV) für einen spezifischen Schuldner als gegeben, wenn eines oder beide der folgenden Ereignisse eingetreten ist:242 Die Bank rechnet damit, dass der Schuldner seinen Kreditverpflichtungen gegenüber der Bank mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in voller Höhe nachkommen wird, ohne dass die Bank auf Maßnahmen wie beispielsweise die Verwertung von Sicherhei237
Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 69, Steinmetz, Otto (1999): S. 1216 und Büschgen, Hans E. (1998a): S. 924. Vgl. Steinmetz, Otto (1999): S. 1216 und Büschgen, Hans E. (1998a): S. 924. Vgl. Büschgen, Hans E. (1998a): S. 924. 240 Vgl. hierzu und im folgenden Germann, Stephan (2004): S. 78. 241 Vgl. Steinmetz, Otto (1999): S. 1215 und Falter, Manuel (1994): S. 69. 242 Vgl. hierzu auch Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (2004): S. 11. 238 239
46
ten zurückgreift. Das zweite Ereignis beschreibt den Umstand, dass eine wesentliche Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber der Bank über mehr als 90 aufeinanderfolgende Kalendertage überfällig ist. Grundsätzlich kann die Nichterfüllung der Kreditverpflichtungen aus der Zahlungsunfähigkeit, aber auch aus individualpsychologischen Gründen wie etwa der Zahlungsunwilligkeit oder des einfachen Vergessens des Schuldners resultieren.243 Letzterer Umstand kann als moralisches Risiko bezeichnet werden und umschreibt die Gefahr, dass der Kreditnehmer die vereinbarten Zahlungen verweigert oder sich mindestens nicht an die Rückzahlungsfristen hält, obwohl er dazu imstande wäre, seinen Kreditverpflichtungen nachzukommen.244 Die wirtschaftliche Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn die Einkommens- und Vermögenssituation des Kreditnehmers die vereinbarte Verzinsung und Rückzahlung des Kredites innerhalb der vorgesehenen Laufzeit nicht mehr zulässt.245 Als Hauptursache hierfür ist die unplanmäßige Verminderung oder gar der weitgehende Ausfall des für die Zinsen und Tilgung des Kredits zur Verfügung stehenden Einkommens zu nennen.246 Hierin begründete Zahlungsstörungen treten in den meisten Fällen nach dem Eintritt schicksalhafter, kritischer Ereignisse im Haushalt und wirtschaftlichen Umfeld des Kreditnehmers auf.247 Zu derartigen Ereignissen gehört etwa der Einkommensrückgang infolge des Verlustes des Arbeitsplatzes oder aufgrund der Erwerbsunfähigkeit.248 Weitere Ursachen für den Einkommensrückgang können auch Kurzarbeit, Streik oder Insolvenz des Arbeitgebers sein.249 Persönliche Krisen wie Krankheit, Unfall und Scheidung stellen soziale Gründe für das Scheitern von Kreditverträgen dar, insbesondere dann, wenn sich diese mit den anderen Ereignissen überschneiden.250 Zudem können unerwartete Ausgaben die Einkommenssituation des Kreditnehmers strapazieren und somit zu Zahlungsstörungen führen. Hierzu gehören etwa die Erhöhung der Wohnkosten, zusätzliche Kosten infolge von Scheidung und Trennung, Fürsorgekosten, aber auch unvermutete Belastungen durch Reparaturen, Ersatzbedarf, Steuernachzahlungen sowie die Inanspruchnahme aus Bürgschaften.251 Daneben können Zahlungsprobleme aus Gründen einer unzureichen243
Vgl. Büschgen, Hans E. (1998a): S. 924, Germann, Stephan (2004): S. 78 und Beier, Joachim/ Jacob, KlausDieter (1987): 118. Vgl. Keller, Theo (1945): 44. 245 Vgl. hierzu etwa Falter, Manuel (1994): S. 259. 246 Vgl. Steinmetz, Otto (1999): S. 1216. 247 Vgl. Steinmetz, Otto (1999): S. 1216 und Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 119. 248 Vgl. Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 120. Vgl. im folgenden auch Kap. 4.2.2.2. 249 Vgl. Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 121. 250 Vgl. ebenda. Vgl. auch Steinmetz, Otto (1999): S. 1216. 251 Vgl. Schmidt, Oliver (1995): S. 16. 244
47
den Planung des Kreditnehmers sowie infolge einer unverhältnismäßigen Gestaltung der persönlichen Ausgaben auftreten.252 So besteht für den Kreditnehmer oftmals die Notwendigkeit, seinen finanziellen Spielraum zugunsten der Kreditrate zu erhalten, indem er Einsparungen durch Konsumverzicht im Haushalt etwa im Rahmen der Reiseplanung, Freizeitaktivitäten oder Kleiderbeschaffung vornimmt.253 Bleiben in diesem Fall die notwendigen ökonomischen Reaktionen auf die Kreditbelastung aus, können sich hierdurch finanzielle Engpässe für den Kreditnehmerhaushalt ergeben.254 Zudem kommt es zu Kreditstörungen, wenn der Schuldner in Überschätzung seiner finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten neben der Kreditaufnahme weitere und große Verpflichtungen eingeht.255
3.1.1.2 Merkmale und Eigenschaften des Terminrisikos Das Terminrisiko resultiert für die Bank aus der Gefahr, dass der Schuldner seinen vertraglichen Verpflichtungen in terminlicher Hinsicht nicht nachkommt.256 Die in diesem Fall auftretende Divergenz zwischen vertraglich fixiertem Zahlungstermin und dem tatsächlichen Zahlungseingang kann zu Liquiditätsproblemen führen und wird daher regelmäßig dem allgemeinen Liquiditätsrisiko des Kreditgebers zugeordnet.257 Die Gründe für das zeitliche Ausbleiben der fälligen Zahlungen durch den Kreditnehmer reichen wie auch im Rahmen des dargestellten Ausfallrisikos regelmäßig vom einfachen Vergessen bis zur Zahlungsunfähigkeit wegen wirtschaftlicher Notlage.258 Die Ursachen terminbedingter Zahlungsstörungen sind demnach mit den Ursachen des Kreditausfalls gleichzusetzen, welche im vorangegangenen Kapitel erläutert wurden.259
252
Vgl. Steinmetz, Otto (1999): S. 1216. Vgl. Müller, Randolf (1994): S. 46 f. 254 Vgl. ebenda. 255 Vgl. Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 119. 256 Vgl. Büschgen, Hans E. (1998a): S. 924. 257 Vgl. etwa Steinmetz, Otto (1999): S. 1215 f., Büschgen, Hans E. (1998a): S. 924 und Germann, Stephan (2004): S. 78. 258 Vgl. Beier, Joachim/ Jacob, Klaus-Dieter (1987): S. 118. 259 Vgl. Kap. 3.1.1.1. 253
48
3.1.2
Merkmale des Besicherungsrisikos
Die vorstehend beschriebenen Risiken können an Gewicht verlieren, wenn für die ausstehenden Kredite verwertbare Sicherheiten in ausreichendem Maße gestellt werden.260 Kreditsicherheiten stellen Instrumente dar, durch deren Bereitstellung das der Kreditvergabe anhaftende Risiko einer künftigen Zahlungsunfähigkeit oder auch Zahlungsunwilligkeit des Kreditnehmers reduziert werden soll.261 Aus informationsökonomischer Perspektive dienen Kreditsicherheiten dazu, agency-theoretische Anreizprobleme (hidden action) und Identifikationsprobleme (hidden information) zu entschärfen.262 Diese Funktion von Sicherheiten kommt der Theorie nach im Kontext einer asymmetrischen Informationsverteilung zum Tragen, durch die negative Effekte von Qualitätsunsicherheiten und Verhaltensunsicherheiten zum Vorschein kommen.263 So können Kreditsicherheiten dazu geeignet sein, gute von schlechten Schuldnern zu unterscheiden als auch einen Schuldner dazu zu veranlassen, sich nach Abschluss des Kreditvertrages nicht gläubigerschädigend zu verhalten.264 In modelltheoretischer Hinsicht lassen sich hiernach grundsätzlich folgende Funktionen von Kreditsicherheiten ableiten: Zum einen tragen Kreditsicherheiten zur Vermeidung sog. hidden-actionProbleme bei, die sich aufgrund kreditinduzierter Anreize zum Beispiel im Risikoverhalten des Kreditnehmers widerspiegeln.265 So können Sicherheiten zur Einschränkung riskanter Verhaltensweisen des Kunden bei einer Zinserhöhung beitragen, wenn die Werthaltigkeit der Sicherheit ausreichend hoch ist und der Kreditnehmer eine Verwertung der Sicherheit zu vermeiden sucht. Zum anderen tragen Kreditsicherheiten zur Offenbarung ex-ante unbeobachtbarer Schuldnercharakteristika mit Hilfe geeigneter Signalisierungs- und Selbstselektionsmechanismen bei.266 So signalisieren bonitätsmäßig gute Kreditnehmer der Theorie nach ihre Qualität, indem sie im Austausch für eine Senkung des Kreditzinses zur Bereitstellung höherer Kreditsicherheiten bereit sind. 260
Vgl. Diepen, Gerhard (1989): S. 552. Vgl. Sittmann, Jörg W. (1999): S. 1701 und Germann, Stephan (2004): S. 78. Vgl. hierzu und im folgenden Kürsten, Wolfgang (1997): S. 820 f., 263 Im Kontext einer symmetrischen Informationsverteilung weisen Kreditsicherheiten im Allgemeinen keine besondere Funktion auf. Rudolph bezeichnet sie daher als entbehrlich >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. hierzu Rudolph, Bernd (1984): S. 30 und S. 37 f.. Vgl. auch Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 144-146. 264 Vgl. hierzu und im folgenden auch Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 146-148. 265 Vgl. hierzu und im folgenden Stiglitz, Joseph E./ Weiss, Andrew (1981): S. 393-409 und Bester, Helmut/ Hellwig, Martin (1989): S. 143-147. 266 Vgl. hierzu und im folgenden Bester, Helmut (1985): S. 850-855. 261 262
49
In der Praxis ergeben sich die Kreditsicherheiten aus speziellen Vereinbarungen im Kreditvertrag.267 Infolge dieser Sicherheitenvereinbarungen verpflichtet sich der Kreditnehmer, dem Kreditgeber Zugriffsrechte auf Vermögensgegenstände, mitunter auch schuldrechtliche Ansprüche gegenüber Dritten zu verschaffen, auf die der Kreditgeber zurückgreifen kann, wenn der Kreditnehmer seiner Verpflichtung zuwider nicht bei Fälligkeit der Zins- und Tilgungsforderungen leistet.268 Das Besicherungsrisiko ergibt sich demnach aus der Gefahr für die kreditgebende Bank, dass die hereingenommene Sicherheit nicht die Deckung des Kredites im gewünschten Umfang bietet.269 Je nach Art des Anspruchs, der dem Kreditgeber zusteht, lassen sich grundsätzlich zwei Formen von Sicherheiten unterscheiden:270 So stellen Personensicherheiten eine Form der Kreditbesicherung dar, bei der ein schuldrechtlicher Anspruch gegenüber einem Dritten begründet wird.271 Hierbei verpflichten sich eine oder mehrere Personen, mit ihrem Vermögen für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber dem Kreditgeber einzustehen.272 In der Praxis treten Personensicherheiten etwa in Form einer Bürgschaft, Garantie, eines Kreditauftrages oder einer Schuldmitübernahme auf.273 Die Werthaltigkeit dieser Sicherheiten richtet sich dabei nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des sich verpflichtenden Dritten.274 Stellt sich im Falle des Kreditnehmerausfalls bei diesem Dritten zusätzlich die Zahlungsunfähigkeit ein, so muss die Bank selbst die Folgen des Kreditausfalls tragen.275 Das Besicherungsrisiko für die Bank ergibt sich folglich hierbei im wesentlichen aus einer Veränderung der Bonität des Dritten, also des „Ersatzschuldners“.276 Sachsicherheiten hingegen stellen eine Erscheinungsform von Realsicherheiten dar, welche dem Kreditinstitut ein dingliches Recht an einem konkreten Vermögensgegenstand des Schuldners oder eines anderen Sicherungsgebers gewähren.277 Als Vermögensgegenstand kann dem Kreditinstitut eine Sache oder ein Recht zur Verfügung 267
Vgl. Hagenmüller, Karl Friedrich (1976): Sp. 1195. Vgl. Hagenmüller, Karl Friedrich (1976): Sp. 1195, Germann, Stephan (2004): S. 79 und Sittmann, Jörg W. (1999): S. 1701. 269 Vgl. Diepen, Gerhard (1989): S. 552. 270 Vgl. Hagenmüller, Karl Friedrich (1976): Sp. 1197. 271 Vgl. Hagenmüller, Karl Friedrich (1976): Sp. 1196 und Sittmann, Jörg W. (1999): S. 1703. 272 Vgl. Sittmann, Jörg W. (1999): S. 1703. 273 Vgl. etwa Sittmann, Jörg W. (1999): S. 1703-1707. Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 693 und Hagenmüller, Karl Friedrich (1976): Sp. 1196. 274 Vgl. Sittmann, Jörg W. (1999): S. 1703. 275 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 693. 276 Vgl. Germann, Stephan (2004): S. 79. 277 Vgl. Sittmann, Jörg W. (1999): S. 1707 und Pfingsten, Andreas (2000): S. 693. 268
50
stehen.278 Der Wert für die Bank liegt hierbei im verwertbaren Vermögensgegenstand selbst und kann sich durch die Rechtsordnung noch verstärken:279 So erhält die Bank als Gläubiger durch die Realsicherheit eine vorteilhafte Rechtsstellung, indem sie innerhalb und außerhalb des Konkurses ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus der Verwertung des Vermögensgegenstandes gegenüber anderen Gläubigern des Sicherungsgebers hat.280 Die entsprechende Sicherheit dient somit nicht der gleichmäßigen Befriedigung der Ansprüche aller Gläubiger, sondern der alleinigen Befriedigung des Kreditinstitutes, das den Sicherungsgegenstand hereingenommen hat.281 Erscheinungsformen von Sachsicherheiten stellen etwa die Sicherungsabtretung, Sicherungsübereignung, das Pfandrecht oder die Hypothek- und Grundschuld dar.282 Zieht die Bank zu ihrer Absicherung bei der Automobilfinanzierung als Grundlage eine Sicherungsübereignung heran, bedeutet dies, dass der Kreditnehmer das Eigentum an dem finanzierten Fahrzeug an die Bank überträgt.283 Die Übereignung erfolgt nach § 929 BGB durch Einigung über den Eigentumsübergang und Vereinbarung eines Besitzkonstitutes nach § 930 BGB. Hiernach geht das finanzierte Fahrzeug als Sicherungsgut nicht in den unmittelbaren Besitz der Bank über, sondern verbleibt beim Kreditnehmer, der das Fahrzeug nutzen kann. Die Möglichkeit eines Zugriffs auf das finanzierte Fahrzeug im Fall der Nichtrückzahlung des Kredites kann die Bank durch Abschluss eines Sicherungsvertrages gewährleisten. Eine derartige Sachsicherheit stellen für das kreditgebende Institut eine Absicherung der Kreditforderung dar, solange der erzielbare Verwertungserlös des zugrundeliegenden Vermögensgegenstandes eine der noch ausstehenden Kapitaldienstleistung
des
Schuldners
entsprechenden
Höhe
erreicht.284
Das
Besicherungsrisiko für den Kreditgeber resultiert somit im Falle von Sachsicherheiten aus der Veränderung erzielbarer Verkaufserlöse der besicherten Vermögensgegenständen oder der mit der Veräußerung der Sicherheit verbundenen Kosten.285 Im Fall der Automobilfinanzierung wird sich für die Bank somit das Besicherungsrisiko vor allem in Form des dem finanzierten Fahrzeug anhaftenden Restwertrisikos nieder-
278
Vgl. ebenda. Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 89. 280 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 89 und Sittmann, Jörg W. (1999): S. 1707. 281 Vgl. ebenda. 282 Vgl. hierzu etwa Pfingsten, Andreas (2000): S. 698-699 und Beyer, Helmut u.a. (1993): S. 60-63. 283 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 172 f. 284 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 693. 285 Vgl. Germann, Stephan (2004): S. 79. 279
51
schlagen.286 Der Restwert des Fahrzeuges stellt sich für die Bank im Zeitpunkt der Kreditvergabe als zukünftiger Marktpreis des finanzierten Fahrzeuges dar.287 Dieser kann sich im Zeitablauf unterschiedlich stark verändern und hängt von fahrzeugspezifischen Faktoren wie auch von der individuellen Behandlung des Fahrzeuges durch dessen Halter ab. Der Fahrzeugwert stellt somit während der Kreditlaufzeit unter Voraussetzung einer Kreditbesicherung für die Bank eine wichtige Erfolgskomponente dar, die Verluste eines Kreditausfalls zu kompensieren. Die Bedeutung dieser Form der Kreditbesicherung für die Subprime-Automobilfinanzierung soll im weiteren Verlauf der Arbeit näher beleuchtet werden.288 3.2 Die Erfassung der Bonität des Kreditnehmers als Voraussetzung für die Kreditentscheidung 3.2.1
Die Kreditwürdigkeitsprüfung als grundsätzliche Voraussetzung der Kreditvergabe
Mit der Kreditvergabe händigt die Bank als Gläubiger eine Geldsumme aus, für die sie als Gegenleistung ein im Rahmen eines Kreditvertrages festgehaltenes Zahlungsversprechen des Schuldners erhält.289 Die Bank benötigt hierfür Glauben und Vertrauen, dass der Schuldner sein Versprechen zur termingerechten und vollständigen Zins- und Tilgungszahlung einlöst.290 Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, dass die der Automobilfinanzierung anhaftenden Kreditrisiken in erster Linie von der Bonität291, also dem Willen und der Fähigkeit des Schuldners zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner kreditvertraglichen Verpflichtungen, abhängt. Im Hinblick auf nicht vorhersehbare wirtschaftliche Entwicklungen und mögliche Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen des Kreditnehmers kann daher das bloße Vertrauen auf die Leistung der vereinbarten Rückzahlungen keine ausreichende Grundlage für die Kreditgewährung darstellen.292 Vielmehr greift die Bank zur Kreditsicherung bereits vor der Kapitalüberlassung auf eine Vielzahl von Prüfungen zurück, die zusammenfassend als Kreditwür-
286
Vgl. hierzu etwa Reinking, Kurt/ Eggert, Christoph (2005): S. 531 f. Vgl. hierzu und im folgenden Lorenz, Joachim (2001): S. 45 f. Vgl. hierzu insbesondere Kap. 5.2.3. 289 Vgl. Terberger, Eva (1999): S. 1720. 290 Vgl. Steiner, Manfred (1994): S. 425. 291 Vgl. etwa Büschgen, Hans E. (1998a): S. 924 und Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 121. 292 Vgl. Jährig, Alfred/ Schuck, Hans (1989): S. 587. 287 288
52
digkeitsprüfung bezeichnet werden.293 Ihre Aufgabe besteht in der Klärung der Frage, ob und inwieweit die Bank auf die Erfüllung des Schuldnerversprechens vertrauen kann, indem eine Schätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der künftigen Zahlungen des Kreditnehmers vorgenommen wird.294 Als unerlässliche Voraussetzung für die Kreditausreichung ist hiernach zunächst die Kreditfähigkeit zu überprüfen.295 Kreditfähigkeit ist die Fähigkeit des Kreditnehmers, rechtsgültige Kreditgeschäfte zu schließen.296 Der Kreditnehmer muss folglich in der Lage sein, die aus dem Kreditvertrag resultierenden Rechte und Pflichten rechtsverbindlich zu übernehmen.297 Liegen die Voraussetzungen der Kreditfähigkeit vor, wird die Kreditwürdigkeit in persönlicher und sachlicher Hinsicht überprüft.298 Während bei der Untersuchung der persönlichen Kreditwürdigkeit der Rückzahlungswille sowie die persönliche und fachliche Eignung des Kreditnehmers im Vordergrund stehen, beschäftigt sich die Prüfung der materiellen Kreditwürdigkeit mit der wirtschaftlichen Rückzahlungsfähigkeit des Kreditnehmers.299 Hierbei versucht die Bank festzustellen, ob der Kreditnehmer in der Lage ist, den angefragten Kredit zu verzinsen und zu tilgen.300 Infolge dieser Maßnahmen wird deutlich, dass die sich im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung vollziehende Prognose der Bonität des Kreditnehmers als Informationsprozess zu interpretieren ist:301 So stellt sich die bonitätsbezogene Beurteilung eines Kreditengagements als Transformation von Informationen über den Kreditnehmer und sein Umfeld dar, mit deren Hilfe die Bank eine Aussage über den Risikogehalt einer Kreditgewährung und damit über deren Vertretbarkeit zu treffen versucht.302 Die Durchführung der Kreditwürdigkeitsprüfung und die damit verbundene systematischen Erfassung der dem Kreditgeschäft anhaftenden Risiken ist jedoch nicht nur eine verhaltensbasierte, ökonomisch selbstverständliche Konsequenz aus der Zielsetzung der Ban-
293
Vgl. Terberger, Eva (1999): S. 1720 und Jährig, Alfred/ Schuck, Hans (1989): S. 335. Vgl. Terberger, Eva (1999): S. 1720 und Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 453. 295 Vgl. Jährig, Alfred/ Schuck, Hans (1989): S. 335. 296 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 671 und Beyer, Helmut u.a. (1993): S. 136. 297 Vgl. ebenda. 298 Vgl. Jährig, Alfred/ Schuck, Hans (1989): S. 335. 299 Vgl. Beyer, Helmut u.a. (1993): S. 137 f., Jährig, Alfred/ Schuck, Hans (1989): S. 335 und Falter, Manuel (1994): S. 255 und S. 259. 300 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 259. 301 Vgl. Büschgen, Hans E. (1998a): S. 939. 302 Vgl. Jährig, Alfred/ Schuck, Hans (1989): S. 335 und Büschgen, Hans E. (1998a): S. 939. 294
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ken, ihre Profitabilität zu sichern.303 Vielmehr wird die Kreditwürdigkeitsprüfung von einem umfangreichen Geflecht bankaufsichtsrechtlicher Bestimmungen eingerahmt und gesetzlich vorgeschrieben.304
3.2.2
Rechtliche Rahmenbedingungen der Kreditwürdigkeitsprüfung
Die infolge der Kreditvergabe anfallenden Risiken münden für Banken in der Gefahr, Vermögensverlusten zu unterliegen, die die Sicherheit der ihnen anvertrauten Gelder beinträchtigen.305 Die Übernahme von Kreditrisiken stellt mitunter „die ureigenste unternehmerische Risikofunktion der Banken“306 dar. Um eine zuverlässige Vertrauensbasis zu schaffen und die Anleger vor Ausfallrisiken zu schützen, hat der Staat mithilfe gesonderter Vorschriften einen rechtlichen Rahmen für die Bankenlandschaft geschaffen.307 Kernstück der Regulierung von Banken stellt das Kreditwesengesetz (KWG) dar, das durch zahlreiche Verordnungen ergänzt wird.308 Da die Regulierung von Banken vor allem auf den Anlegerschutz abzielt, verfolgen die Bestimmungen des KWG neben der Gewährleistung der allgemeinen Ordnung im Bankwesen und der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der deutschen Kreditwirtschaft insbesondere den Schutz der Gläubiger der Banken vor Vermögensverlusten.309 Die gesetzliche Verankerung der Kreditwürdigkeitsprüfung ist dabei aus § 18 KWG zu entnehmen, wonach ein Kreditinstitut einen Kredit, der insgesamt 750.000 Euro oder zehn vom Hundert des haftenden Eigenkapitals des Institutes überschreitet, nur gewähren darf, „wenn es sich vom Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offenlegen lässt“. Bankrechtliche Relevanz erhält die Kreditwürdigkeitsprüfung zusätzlich durch die Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholdinggruppen, welche auch als Solvabilitätsverordnung (SolvV) bezeich303
Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 454 und Weber, Martin (2003): S. 116. 304 Vgl. Steinmetz, Otto (1999): S. 1216 und Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 454. 305 Vgl. Priewasser, Erich (1987): S. 52 und Eilenberger, Guido (1997): S. 108. 306 Priewasser, Erich (1987): S. 52. 307 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 380 f. und Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 34. 308 Vgl. ebenda. 309 Vgl. Süchting, Joachim/ Paul, Stephan (1998): S. 458 f., Eilenberger, Guido (1997): S. 45 und HartmannWendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 380 f.
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net wird und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist.310 Grundlage für die Vorschriften zur Eigenmittelunterlegung in Deutschland stellt die gemäß § 10 KWG gesetzliche Verpflichtung der Banken dar, zum Schutz der Gläubiger vor Vermögensverlusten über eine angemessene Eigenmittelausstattung zu verfügen.311 Während § 10 KWG regelt, welche Eigenmittel aufsichtsrechtlich anerkannt werden, enthält die Solvabilitätsverordnung Bestimmungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), in welcher Höhe Eigenmittel mindestens vorhanden sein müssen. Die Solvabilitätsverordnung legt umfassend die Kriterien der gesetzlich vorgeschriebenen Angemessenheit der Eigenmittelausstattung dar und ersetzt den früheren Grundsatz I über das Mindesteigenkapital der Institute.312 Konzeptionell beruht die Solvabilitätsverordnung auf dem Gedanken, dass Banken ausreichende Eigenmittel zur Verfügung haben müssen, um die mit den Bankgeschäften verbundenen Risiken auffangen zu können. Die Bankenaufsicht vertritt dabei die Ansicht, dass die Konzeption der früher geltenden Vorschriften zur Eigenmittelunterlegung keine zeitgemäße und risikogerechte Regelung mehr dargestellt hat.313 Hintergrund hierfür ist die konzeptionelle Schwäche der pauschalierten Eigenmittelunterlegung von Kreditrisiken mit acht Prozent, da hier die Bonität der einzelnen Kreditnehmer nicht differenziert erfasst wird. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat daher im Jahr 2004 neue Regeln für die Eigenmittelunterlegung von Kreditrisiken beschlossen, die durch die Solvabilitätsverordnung im Jahr 2007 in deutsches Aufsichtsrecht umgesetzt worden ist. Zielsetzung der im Sinne einer zunehmend risikoorientierten Aufsicht angepassten Bestimmungen ist es, die Eigenkapitalanforderungen stärker von den bestehenden Risiken abhängig zu machen.314 Hierfür sehen die Regelungen der Solvabilitätsverordnung vor, die individuelle Bonität eines Kreditnehmers über die Anwendung von Ratingansätzen zu erfassen und bei der Bemessung des für die Unterlegung der entsprechenden Kreditrisiken erforderlichen Eigenkapitals zu berücksichtigen.315 Als Verfahren zur Ermittlung der angemessenen Eigenmittelausstattung von Adressrisikopositionen stehen den Banken gemäß der Solvabilitätsverordnung zwei alternativ anwendbare Ansätze zur Verfügung. Im Rahmen des Kreditrisikostandardansatzes bestimmt sich die Eigenmittelunterlegung der Bank für einen Kredit nach 310
Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2008a): o. S. Vgl. hierzu und im folgenden Hartmann-Wendels, Thomas (2007): S. 392. 312 Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2008a): o. S. 313 Vgl. hierzu und im folgenden Hartmann-Wendels, Thomas (2007): S. 438 und Büschgen, Hans E./ Börner, Christoph J. (2003): S. 334 f. 314 Vgl. Deutsche Bundesbank (2008a): o. S. 315 Vgl. hierzu und im folgenden Deutsche Bundesbank (2008b): o. S. 311
55
der Bonitätseinstufung, welche für einen Kreditnehmer anhand eines Ratings durch eine externe Ratingagentur oder von einer Exportversicherungsagentur veröffentlicht wurde.316 Alternativ können Banken zur Berechnung der Eigenmittelunterlegung von Kreditrisiken auf die Varianten des IRB-Ansatzes (Internal-Rating-Based-Approach) zurückgreifen.317 Hiernach ist es Banken gestattet, auf Grundlage eigener, interner Ratingmodelle die Prüfung der Kundenbonitäten vorzunehmen und diese für die Berechnung der Eigenmittelunterlegung heranzuziehen. So schätzen die Banken im IRBBasisansatz als einfache Variante lediglich die Ausfallwahrscheinlichkeiten ihrer Kreditnehmer selbst. Im fortgeschrittenen IRB-Ansatz hingegen sind von den Banken neben
den
Ausfallwahrscheinlichkeiten
auch
die
Verlustraten
bei
Ausfall,
Konversionsfaktoren von außerbilanziellen Geschäften und Restlaufzeiten zu bestimmen. Eine gesetzliche Implementierung der Kreditwürdigkeitsprüfung kann hierbei aus § 60 Abs. 1 SolvV abgeleitet werden. Hiernach umfassen die im IRB-Ansatz anzuwendenden Ratingansätze „die Gesamtheit aller Methoden, Verfahrensabläufe, Steuerungsund Überwachungsprozeduren und Datenerfassungs- und Datenverarbeitungssysteme, die die Einschätzung von Adressrisiken, die Zuordnung von IRBA-Positionen zu Ratingstufen oder Risikopools (Rating) und die Quantifizierung von Ausfall- und Verlustschätzungen für eine bestimmte Art von IRBA-Positionen unterstützen“.
Beide
Varianten des IRB-Ansatzes unterscheiden zudem, wie auch in ähnlicher Form der Standardansatz, zwischen verschiedenen Kreditnehmergruppen. So wird das Kreditgeschäft mit Privatkunden gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 SolvV im Rahmen des IRB-Ansatzes der Forderungsklasse Mengengeschäft zugeordnet. Die rechtliche Verankerung der Durchführung einer Kreditwürdigkeitsprüfung kommt ferner durch die Vorschrift des § 114 SolvV zum Ausdruck, wonach jede Position dieser Klasse „im Rahmen des Kreditprüfungsprozesses einer Ratingstufe oder einem Risikopool zugeordnet werden“ muss. Ergänzt wird das Erfordernis einer Kreditwürdigkeitsprüfung durch § 117 SolvV, wonach Banken für Privatkundenkredite „mindestens jährlich bei Ratingzuordnung mittels Ratingstufen die Zuordnungen der Schuldner und der Geschäfte aktualisieren oder bei Ratingzuordnung mittels Risikopools die Verlustmerkmale und den Verzugsstatus jedes Risikopools überprüfen“ müssen.
316 317
Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2008b): o. S. Vgl. hierzu und im folgenden Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2008b): o. S. und Deutsche Bundesbank (2008b): o. S.
56
3.2.3
Methodische und inhaltliche Ausgestaltungsmerkmale der Bonitätserfassung des Schuldners im Konsumentenkreditgeschäft
3.2.3.1 Zur Auswahl und Beurteilung bonitätsrelevanter Einflussfaktoren im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung Mit der Prüfung der Kreditwürdigkeit versucht die Bank festzustellen, ob der Kreditsuchende alle Voraussetzungen erfüllt, um künftig seinen Zins- und Tilgungsverpflichtungen nachzukommen.318 Die Bank benötigt im Rahmen dieser Prüfung alle Informationen, die darüber Aufschluss geben, ob der Antragsteller personell und materiell in der Lage und auch gewillt ist, die vereinbarten Rückzahlungen zu leisten.319 Die Kreditwürdigkeitsprüfung zielt daher zum einen auf die persönlichen Eigenschaften des Kreditnehmers und zum anderen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse ab.320 Die persönliche Kreditwürdigkeit findet ihre Grundlage in den charakterlichen Eigenschaften des Kunden, in seiner familiären und physischen Situation sowie in der Beurteilung seines persönlichen und beruflichen Werdegangs.321 Von ihr wird es in erster Linie abhängen, ob die Bank den Antragsteller als zuverlässig und zahlungswillig einstuft oder nicht.322 Das für die Kreditvergabe notwendige Vertrauen wird die Bank einer Person etwa dann entgegenbringen, wenn diese aufgrund ihres bisherigen Geschäftsgebarens als zuverlässig einzustufen ist und infolge ihrer beruflichen Qualifikation und ihres Lebenswandels stabile Einkommensverhältnisse erwarten lässt.323 Aus diesem Grund wird sich die Bank zunächst Informationen beschaffen, die die Person und berufliche Situation des Antragstellers beschreiben. Dieser wird einerseits über eine Selbstauskunft zu Angaben über Alter, Ausbildung, Wohnsitz und familiäre Verhältnisse befragt.324 Hierzu gehören insbesondere Informationen zur Art des Berufs, Auskünfte zum Arbeitgeber sowie zur Dauer des Beschäftigungsverhältnisses.325 Eine Abschätzung der Sicherheit der beruflichen Stellung kann etwa anhand der berufsgruppenspezifischen Arbeitslosenquote oder anhand eines zukunftsorientierten Branchenratings vorgenommen werden.326 Zudem informiert sich die Bank zum Familienstand und über das Vorhandensein
318
Vgl. Feulner, Waldemar (1980): S. 6 und Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 121. Vgl. Feulner, Waldemar (1980): S. 6 und Pfingsten, Andreas (2000): S. 674. 320 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 457 f. 321 Vgl. Schnurr, Christoph (1997): S. 25 und Falter, Manuel (1994): S. 255. 322 Vgl. Feulner, Waldemar (1980): S. 6. 323 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 675 und Falter, Manuel (1994): S. 255. 324 Vgl. Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 122. 325 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 675 und Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 122. 326 Vgl. Schnurr, Christoph (1997): S. 25. 319
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unterhaltsberechtigter Personen.327 Auch Auskünfte über die Kontoführung im eigenen Haus werden in diesem Zusammenhang eingeholt. So kann die Bank Kontendaten und das bisherige Zahlungsverhalten des Antragstellers auswerten, falls dieser bereits Kunde ist.328 Von Bedeutung sind andererseits externe Auskünfte wie etwa zum bisherigen Kreditverhalten.329 So hat ein Kreditinstitut bei vorliegendem berechtigten Interesse die Möglichkeit, bei der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) Angaben über anderweitige Kreditaufnahmen und -rückzahlungen des Kreditinteressenten, Kontonutzungen, Kreditkartenverwendung, Mahnbescheide sowie eidesstattliche Versicherungen und Zwangsvollstreckungen einzuholen.330 Da diese Angaben dem Bankgeheimnis unterliegen und von Datenschutzbestimmungen umgeben sind, dürfen SCHUFA-Auskünfte jedoch nur mit Einverständnis des Kunden eingeholt werden.331 Mit Hilfe der materiellen Kreditwürdigkeitsprüfung soll beurteilt werden, ob der Kreditnehmer künftig seinen vertraglichen Verpflichtungen in wirtschaftlicher Hinsicht nachkommen kann.332 Der Nachweis der wirtschaftlichen Kreditfähigkeit wird mit der Feststellung erbracht, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kunden eine Verzinsung und Rückzahlung des Kredites innerhalb der vorgesehenen Laufzeit zulassen.333 Primär zielt die Untersuchung darauf ab, die Höhe des gesamten Einkommens unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse aufzudecken und alle derzeitigen und zukünftig anfallenden Ausgaben zu ermitteln.334 Entsprechend holt sich das Kreditinstitut Informationen zur Höhe und Art der Einkünfte während der letzten Jahre ein. Hierzu muss der Kunde Lohn- und Gehaltsabrechnungen oder Einkommenssteuerbescheide erbringen.335 Zur Ermittlung des Nettovermögens werden die Vermögenspositionen des Antragstellers seinen Verbindlichkeiten gegenübergestellt. Als Nachweis erbringt der Kunde Unterlagen in Form von Grundbuchauszügen und Vermögensübersichten sowie Informationen zur Existenz von Gegenständen, die als Kreditsicherheiten dienen können.336 Das absolute Einkommen spielt indes im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung eine untergeordnete Rolle, da die Einkommenssituation erst in Verbindung 327
Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 675 und Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 122. Vgl. Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 122. 329 Vgl. ebenda. 330 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 257 und Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 122. 331 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 258. 332 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 675. 333 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 259. 334 Vgl. Feulner, Waldemar (1980): S. 6. und Pfingsten, Andreas (2000): S. 675. 335 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 259. 336 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 675. 328
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mit der Ausgabenrechnung den Spielraum für zusätzliche Belastungen infolge der Kreditaufnahme angibt.337 Vielmehr stellt die Untersuchung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf eine Beurteilung des verfügbaren Einkommens ab, bei dem die finanziellen Belastungen mit berücksichtigt sind.338 Die Bank lässt sich folglich eine Prognose des Kunden vorlegen, aus der hervorgeht, mit welchen Ausgaben für die laufende Lebenshaltung, Mietzahlungen, Zins- und Tilgungszahlungen für andere finanzielle Verpflichtungen, Versicherungsprämien und sonstige Ausgaben künftig zu rechnen sind.339 Im Rahmen der materiellen Kreditwürdigkeitsprüfung müssen auch die Kreditsicherheiten, die der Schuldner der Bank in Form von Vermögenswerten und Rechten zur Verfügung stellt, einem Bewertungsprozess unterzogen werden.340 Liegen materielle Sicherheiten wie etwa Grundstücke, bewegliche Sachen oder Wertpapiere vor, wird zunächst die Beleihbarkeit ermittelt.341 Diese bestimmt sich regelmäßig über den Beleihungswert, der in der wirtschaftlichen Betrachtungsweise durch den nachhaltig erzielbaren Verkehrswert ergänzt wird.342 Um den Wert der einzelnen Sicherheiten beurteilen zu können, sind zusätzliche Informationen über Verfügungsberechtigungen und mögliche Ansprüche Dritter einzuholen.343 Während die Informationsbeschaffung bei Immobilien nur in seltenen Fällen Schwierigkeiten bereiten, ist die Bank bei Rechten und bei beweglichen Sachen auf Selbstauskünfte des Kunden angewiesen. Bei der Automobilfinanzierung lässt sich hingegen die Bewertung des zu finanzierenden Fahrzeuges anhand von Informationen vornehmen, die von unabhängigen, spezialisierten Dienstleistern ermittelt wurden. So bieten in Deutschland etwa die EurotaxSchwacke GmbH sowie die Deutsche Automobil Treuhand GmbH automobile Marktdaten, Analysen und Softwarelösungen zur Restwertermittlung an, die von Banken zur Beurteilung des Verkehrswertes des zu finanzierenden Fahrzeuges herangezogen werden kann.344 In die Beurteilung einzubeziehen sind von der Bank zudem die besonderen Umstände, die mit der Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers einhergehen und sich in Form von Abschlägen im Liquidationserlös und Kosten im Rahmen einer erzwungenen Veräußerung niederschlagen. Die Prüfung der Werthaltigkeit der Personensicherheiten vollzieht sich 337
Vgl. Schnurr, Christoph (1997): S. 26 und Pfingsten, Andreas (2000): S. 675. Vgl. Schnurr, Christoph (1997): S. 26. 339 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 675. 340 Vgl. Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 124. Vgl. hierzu auch Kap. 3.2.2. 341 Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 272. 342 Vgl. ebenda. 343 Vgl. im folgenden Schnurr, Christoph (1997): S. 27. 338
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bei Bürgen, Wechsel- oder sonst Mitverpflichteten und Drittschuldnern nach denselben Grundsätzen wie die Prüfung der Kreditwürdigkeit des Antragstellers selbst.345 Die Vorgehensweise der hierbei angewendeten Bonitätsprüfung wird infolge der Berücksichtigung des damit verbundenen Aufwandes jedoch mit Grenzen versehen.346
3.2.3.2 Aspekte des Scorings als modernes Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung Grundsätzlich stehen Banken bei der Ermittlung und Bewertung des kreditnehmerabhängigen Risikos verschiedene Methoden zur Verfügung. Die Auswahl der Methoden hängt mitunter von der jeweiligen Kundengruppe ab.347 So können einzelne Verfahren zwar im Privatkundengeschäft angewandt werden, nicht aber beim Kreditgeschäft der öffentlichen Hand.348 Fachliteratur und Lehrbücher fassen die Instrumente zur Bonitätsbeurteilung regelmäßig unter zwei Arten von Verfahrenstechniken zusammen. So werden in Abhängigkeit von der Vorgehensweise traditionelle und moderne Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung voneinander abgegrenzt.349 Zur traditionellen Vorgehensweise gehören vor allem intuitive Methoden der Kreditwürdigkeitsprüfung.350 Diese umfassen die subjektive Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung während eines Kundengespräches ohne besondere Verfahrensunterstützung.351 Die hier zu treffende Entscheidung für oder gegen eine Kreditvergabe basiert folglich auf dem intuitiven Verständnis des jeweiligen Kreditsachbearbeiters und ist somit mit subjektiven Einflussfaktoren behaftet.352 Da hierdurch die Ermittlung und Bewertung der bonitätsrelevanten Informationen in hohem Maße von der Erfahrung und Qualifikation des einzelnen Kreditsachbearbeiters geprägt ist, können Kreditentscheidungen sehr unterschiedlich ausfallen.353 Eine Anwendung dieser Methode durch unerfahrene „Neulinge“ 344
Vgl. hierzu die Informationen bei EurotaxSchwacke GmbH (2008): o. S. und Deutsche Automobil Treuhand GmbH (2008): o. S. Vgl. Falter, Manuel (1994): S. 271 und Schnurr, Christoph (1997): S. 27. 346 Vgl. Schnurr, Christoph (1997): S. 27. 347 Vgl. Schmoll, Anton (1988): S. 50. 348 Vgl. ebenda. 349 Vgl. hierzu etwa Oser, Peter (1995): S. 787, Feulner, Waldemar (1980): S. 2 f., Schmidt-von Rhein, Andreas/ Rehkugler, Heinz (1994): S. 495, Büschgen, Hans E. (1998a): S. 940 f., Schnurr, Christoph (1997): S. 32 f. und Pfingsten, Andreas (2000): S. 676 f. 350 Vgl. Wilbert, Rüdiger (1996): S. 174, Oser, Peter (1995): S. 787 und Füser, Karsten/ Schmidtmeier, Susanne/ Schon, Frank (1998): S. 287. 351 Vgl. Oser, Peter (1995): S. 787 352 Vgl. Wilbert, Rüdiger (1996): S. 174 und Füser, Karsten/ Schmidtmeier, Susanne/ Schon, Frank (1998): S. 287. 353 Vgl. hierzu und im folgenden Hauschildt, Jürgen/ Leker, Jens (1995): Sp. 1331. 345
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in der Kreditentscheidung ist folglich nur eingeschränkt möglich.354 Als nachteilig beschrieben wird zudem, dass der Informations- und Entscheidungsprozesses, der hierbei zu einer Aussage über die Kreditwürdigkeit des Antragstellers führt, kaum für Dritte transparent und nachvollziehbar sowie nachprüfbar gestaltet werden kann.355 Mitunter ist die Durchführung intuitiver Verfahren bei steigender Anzahl von Kreditanträgen aufgrund der hohen Belastung des Kreditbeurteilers nicht mehr angemessen.356 Bei hoher Zahl an Kreditanträgen im Mengengeschäft kommen stattdessen moderne Verfahren zum Einsatz, die mit Hilfe eines stark formalisierten Informationsverarbeitungsprozesses eine möglichst schnelle und objektive Beurteilung einer Vielzahl von Kreditnehmern gewährleisten sollen.357 Hierzu zählen vor allem Credit-ScoringModelle, die sich durch eine Standardisierung auszeichnen und zu einem automatisierten Kreditvergabeprozess verhelfen können.358 Als modernes Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung verfolgen diese Entscheidungsmodelle das Ziel, die Informationsbeschaffung und –selektion in Anbetracht der Vielzahl an Informationen zu systematisieren und gleichzeitig eine angemessene Interpretation und Gewichtung der ausgewerteten Informationen herbeizuführen.359 Hierdurch soll zum einen die intersubjektive Kontrolle der Entscheidungen der Kreditsachbearbeiter gewährleistet werden. Andererseits können Zeit- und Kosteneinsparungen bei der Bearbeitung von Routinekrediten realisiert werden, so dass sich der Einsatz der Kreditsachbearbeiter auf NichtRoutinekredite fokussieren lässt.360 Die Kernidee des Scorings besteht darin, die Ausprägungen quantitativer und qualitativer Merkmale eines Kreditnehmers zu einem Gesamturteil über dessen Kreditwürdigkeit zu verdichten.361 Auf der Basis von Vergangenheitsdaten berechnet das Scoring Prognosen für das künftige Ausfallverhalten von Kreditnehmern.362 Hierzu werden in einem ersten Schritt die Ausprägungen der für die Kreditwürdigkeit relevanten Merkmale ermittelt und mit Gewichtungsfaktoren belegt.363 Die Festlegung der Merkmale einschließlich ihrer Ausprägungen und Ge-
354
Vgl. ebenda. Vgl. Oser, Peter (1995): S. 787 und Büschgen, Hans E. (1998a): S. 944. Vgl. Wilbert, Rüdiger (1996): S. 174. 357 Vgl. Hauschildt, Jürgen/ Leker, Jens (1995): Sp. 1332. 358 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 455 f. 359 Vgl. etwa Steinmetz, Otto (1999): S. 1220 f. 360 Vgl. Oser, Peter (1995): S. 784. 361 Vgl. Ingerling, Richard (1980): S. 3 und Oser, Peter (1995): S. 787. 362 Vgl. Siddiqi, Naeem (2006): S. 5 f. 363 Vgl. hierzu und im folgenden Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 465 f. 355 356
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wichtungen erfolgt mit Hilfe der sog. Scorecard.364 Anschließend werden den Merkmalsausprägungen nach einer festgelegten Punkteskala jeweils einzelne Punktwerte zugeordnet, die in einem weiteren Schritt zu einer Gesamtpunktzahl aufaddiert werden und damit die Kreditwürdigkeit zum Ausdruck bringen. Die Entscheidung zur Kreditgewährung oder Ablehnung orientiert sich schließlich daran, ob die ermittelte Gesamtpunktzahl eine festgelegte Mindestpunktzahl erreicht oder unterschreitet.365 Diese vorstehend beschriebene grundsätzliche Vorgehensweise eines Scoring-Systems wird in der Praxis durch die innovative Nutzung von mathematisch-statistischen Verfahren und die Verfügbarkeit von leistungsfähigen Computern unterstützt.366 Derartige Scoring-Verfahren verzichten darauf, in ökonomischer Perspektive Ursache-WirkungsZusammenhänge für die künftige Zahlungsfähigkeit des Antragstellers zu rekonstruieren.367 Stattdessen wird zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit auf Beobachtungen früherer Kreditengagements zurückgegriffen.368 Hierbei werden nach empirisch-induktiver Vorgehensweise die Daten abgeschlossener Kreditverträge ausgewertet und diejenigen Einflussgrößen ermittelt, die als Bonitätsindikatoren zur Beurteilung künftiger Kreditanträge herangezogen werden können.369 Die Bank kann somit statistisch signifikante Aussagen über die künftige wirtschaftliche Situation eines Kreditnehmers treffen, ohne dass eine ökonomisch-sachlogische Interpretation der Bonitätsmerkmale erfolgt.370 Beispiele solcher mathematisch-statistischen Verfahren stellen die diskriminanzanalytischen Verfahren dar, zu denen die multivariate Diskriminanzanalyse, aber auch verteilungsfreie Verfahren zählen.371 Sie dienen dazu, eine möglichst hohe Zahl an qualitativ wertvollen, historischen Daten zu analysieren und stellen hierdurch die Grundlage der Entwicklung einer Scorecard dar. Je höher der Umfang und die Güte der ausgewerteten Daten ausfällt, desto trennschärfer und stabiler fällt anschließend die Aussagekraft der Scorecard aus.372 Dieser Umstand ist für die Entwicklung einer Scorecard für das in der vorliegenden Arbeit betrachtete Kundensegment von entscheiden-
364
Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 57-60. Vgl. zu dieser Vorgehensweise Hauschildt, Jürgen/ Leker, Jens (1995): Sp. 1333, Oser, Peter (1995): S. 787 und Ingerling, Richard (1980): S. 2 f.. 366 Vgl. Hauschildt, Jürgen/ Leker, Jens (1995): Sp. 1333 f. 367 Vgl. Schnurr, Christoph (1997): S. 34 und Büschgen, Hans E. (1998a): S. 944. 368 Vgl. Schmidt-von Rhein, Andreas/ Rehkugler, Heinz (1994): S. 495 und Hauschildt, Jürgen/ Leker, Jens (1995): Sp. 1333. 369 Vgl. Schnurr, Christoph (1997): S. 34 und Büschgen, Hans E. (1998a): S. 944. 370 Vgl. Büschgen, Hans E. (1998a): S. 944. 371 Vgl. Schnurr, Christoph (1997): S. 37 und 40. 372 Vgl. hierzu Siddiqi, Naeem (2006): S. 29. 365
62
der Bedeutung: So handelt es sich bei Kreditnehmern aus dem Subprime-Segment wie man im weiteren Verlauf der Arbeit noch erfahren wird um Kunden, die bereits im Zeitpunkt der Kreditantragstellung eine schlechte Bonität aufweisen. Diese Kunden werden in der Regel von Banken im Standard-Kreditgeschäft nicht als Kreditnehmer akzeptiert. Wenn also eine Bank eine Scorecard für dieses Kundensegment entwickeln möchte, aber bislang Kreditgeschäfte mit Subprime-Kreditnehmern abgelehnt hatte, wird sie kaum auf historische subprime-spezifische Daten zurückgreifen können.373 In diesem Fall wird die Bank dann zum Beispiel behelfsmäßig Daten zu Kreditnehmern heranziehen, die während der Kreditlaufzeit ausgefallen sind und somit näherungsweise die Grundlage zur Auswahl und Gewichtung der Variablen einer Subprime-Scorekarte liefern. Unter diesem Blickwinkel erscheint das Erfordernis für die Bank umso wichtiger, die Prognoseeigenschaft einer derart entwickelten Scorekarte fortlaufend zu überprüfen. Bevor eine Scorekarte etwa im Subprime-Kreditkreditgeschäft zum Einsatz kommt, sollten die von ihr gelieferten Ergebnisse zum Beispiel mit einer Validierungsstichprobe überprüft werden, um die Aussagekraft der berechneten Prognosen zu bestätigen.374 Die nachfolgende Überprüfung der Aussagekraft und Stabilität der Scorekarte erfolgt nach ihrer Einführung im Praxisalltag mit Hilfe eines permanenten Monitorings.375 Für die Bank stellt sich nun die Frage, zu welcher Kreditentscheidung der mit Hilfe der vorstehenden Verfahrensweise ermittelte Scorewert führt. Der Score eines Kreditantragstellers spiegelt dessen Kreditwürdigkeit wider und kann somit von der Bank zur Risikoklassifizierung herangezogen werden.376 Dieser Aspekt wird im folgenden Kapitel näher erläutert.
373
Vgl. hierzu etwa Mettler, Alfred (1994): S. 18. Vgl. Siddiqi, Naeem (2006): S. 127-129. 375 Vgl. Siddiqi, Naeem (2006): S. 161-177. 376 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 456. 374
63
3.2.4
Die Risikoklassifizierung des Kreditnehmers als Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung und als Voraussetzung für die Kreditentscheidung
Mit Hilfe der vorstehend beschriebenen Kreditwürdigkeitsprüfung wird die Bank in die Lage versetzt, das kreditnehmerspezifische Bonitätsrisiko zu erfassen und abzuschätzen, ob und inwieweit mit einer vereinbarungsgemäßen Rückzahlung des Kredites durch den Kreditnehmer zu rechnen ist.377 Die Kreditwürdigkeitsprüfung stellt folglich die Grundlage für die Entscheidung dar, ob der beantragte Kredit gewährt oder abgelehnt wird.378 Diese Entscheidung wurde in der Vergangenheit überwiegend als Ja/Nein-Entscheidung getroffen, ohne den Risikogehalt des beantragten Engagements differenziert nach Laufzeit, Bonität und Besicherung hinreichend konsequent und quantitativ zu berücksichtigen.379 Vielmehr verließen sich die Banken auf die Erfahrungen der Mitarbeiter und brachten den Kunden oftmals vor allem infolge langjähriger Geschäftsbeziehungen hohes Vertrauen entgegen.380 Eine angemessene Quantifizierung der Risiken in Verbindung mit aussagefähigen historischen Daten wurde dabei nicht berücksichtigt.381 Folglich fanden auch existierende Ausfallwahrscheinlichkeiten, insbesondere bei Kreditnehmern erstklassiger Bonität, bei diesem Vorgehen keine Beachtung. Als Ergebnis lieferte die Kreditwürdigkeitsprüfung lediglich ein Urteil über die Vertretbarkeit des Kreditengagements. Die Kreditgenehmigung galt als vertretbar, wenn das Bonitätsrisiko des Antragstellers als tolerierbar erschien und angenommen werden konnte, dass der Kredit planmäßig zurückgezahlt wird.382 Grundlage dieser Urteilsbildung stellt die dichotome Einteilung der Kreditnehmer in „gute“ und „schlechte“ Risiken dar.383 Hierbei handelt es sich um eine Klassifizierung der Kreditantragsteller in zwei Gruppen, welche lediglich zwischen kreditwürdigen und kreditunwürdigen Kunden unterscheidet, ohne eine differenzierte Betrachtung der Grauzone zwischen diesen beiden Gruppen vorzunehmen.384
377
Vgl. Hasenkamp, Hartwig (1981): S. 74 und Schmidt-von Rhein, Andreas/ Rehkugler, Heinz (1994): S. 494. Vgl. Schmidt-von Rhein, Andreas/ Rehkugler, Heinz (1994): S. 494 und Heno, Rudolf (1983): S. 39. 379 Vgl. Rohmann, Martin (2000): S. 44 und Horat, Daniel (1998): S. 13. 380 Vgl. Rohmann, Martin (2000): S. 44 und Weber, Martin (2003): S. 123. 381 Vgl. im folgenden Rohmann, Martin (2000): S. 44 f. 382 Vgl. auch Schmidt-von Rhein, Andreas/ Rehkugler, Heinz (1994): S. 494. 383 Vgl. hierzu und im folgenden Everling (2000): S. 5 und Heno, Rudolf (1983): S. 39. Vgl. auch Lüscher-Marty, Max (2002): Kap. 3.11. 384 Vgl. Abb. 4. 378
64
Eindimensionale Ja/Nein-Entscheidung
Differenzierte Betrachtungsweise „eher schlecht“ „eher gut“ D
AAA AA
C
schlecht
A
gut B BBB BB
Abb. 4:
Trennung „guter“ und „schlechter“ Risiken.385
Im Rahmen der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Scoringsystematik wird diese Unterscheidung durch einen sog. Cut-off-Score vorgenommen.386 Dieser Score stellt den Mindestwert dar, den ein Antragsteller im Rahmen des Scorings erreichen muss, um als Kreditnehmer von der Bank akzeptiert zu werden. Liegt der ermittelte Scorewert unter dieser Trenngröße, wird der Antragsteller als Kreditnehmer abgelehnt. Die Bank nimmt somit bei dieser Vorgehensweise ebenfalls eine Trennung zwischen bonitätsmäßig akzeptablen und nicht akzeptablen Kunden vor. Tatsächlich stellen jedoch die guten und schlechten Risiken keine in sich homogenen Mengen dar.387 Vielmehr lassen sich diese wiederum in ihrem Risikoprofil nach verfeinerten Kriterien unterscheiden.388 Zudem können die Gesamtheiten der „guten“ Risiken einerseits und der „schlechten“ Risiken andererseits in der Regel nicht eindeutig voneinander abgegrenzt werden.389 So ist davon auszugehen, dass sich die beiden Gesamtheiten in ihren Bonitätsstrukturen überlappen.390 In den letzten Jahren sind die Banken daher dazu übergegangen, das Kreditrisiko quantitativ zu erfassen und dabei insbesondere die Aus385
Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 51. Vgl. hierzu und im folgenden Siddiqi, Naeem (2006): S. 146 f. 387 Vgl. Haumüller, Stefan (1997): S. 30. 388 Vgl. ebenda. 389 Vgl. Weibel, Peter F. (1978): S. 17. 390 Vgl. ebenda. 386
65
fallwahrscheinlichkeit eines Kreditnehmers innerhalb eines Betrachtungszeitraumes zu ermitteln.391 Im Vordergrund steht nun die Zielsetzung, die durch eine Zufallsvariable abbildbare, unsichere Gegenleistung des Kreditnehmers präzise zu ermitteln und zu beurteilen.392 Diese Messung und Bewertung des Kreditrisikos kann als Krisenprognose betrachtet werden, da regelmäßig eine Einschätzung des erwarteten Verlustes des Kreditengagements unter Berücksichtigung der Ausfallwahrscheinlichkeit, des ausfallzeitpunktbezogenen Volumens der Gegenleistung sowie der Einbringlichkeit der Forderung in der Abwicklungsphase vorgenommen werden soll.393 Zu diesem Zweck setzen die Banken sog. Ratingsysteme ein, mit deren Hilfe Kreditantragsteller und bestehende Kunden in verschiedene Risikoklassen eingestuft werden.394 Der Begriff Rating bedeutet allgemein eine Beurteilung durch die Vergabe von Zensuren.395 Im Kreditgeschäft versteht man unter Rating sowohl den Prozess als auch das Ergebnis eines Analysevorgangs, mit dessen Hilfe die aus der Bonität eines Kreditnehmers ersichtlichen Risiken auf einer ordinalen Skala klassifiziert werden.396 So stellt das Rating als Ergebnis eine Meinung über die zukünftige Fähigkeit eines Schuldners dar, seine Kreditverpflichtungen termingerecht und vollständig erfüllen zu können.397 Ratings bestimmen somit die Eintrittswahrscheinlichkeit von Zahlungsstörungen, wobei diese nicht nur beim kompletten Ausfall von Zahlungen vorliegen, sondern bereits dann, wenn Zahlungsverzögerungen eintreten.398 Durch Ratings soll die Bank demnach in die Lage versetzt werden, Bonitäten von Kreditnehmern differenziert zu erfassen, zu messen und vergleichbar zu machen.399 Die Bank erhält dabei die Möglichkeit, die unterschiedlichen Ausfallwahrscheinlichkeiten zu berücksichtigen und infolgedessen eine differenzierte Risikosteuerung vorzunehmen.400 In keinem Fall jedoch ersetzt das Rating die Kreditentscheidung, sondern dient ihr lediglich als unterstützendes Element.401 Die Kommunikation des Ratings erfolgt über eine Ratingnote, welche regelmäßig durch eine Zahl oder einen Buchstaben oder eine Kombination aus beidem ausgedrückt wird.402 Als Vorbild dienen 391
Vgl. Weber, Martin (2003): S. 123. Vgl. Oehler, Andreas/ Unser, Matthias (2002): S. 207. 393 Vgl. ebenda. 394 Vgl. Weber, Martin (2003): S. 123 und Norden, Lars (2002): S. 273. 395 Vgl. Rohmann, Martin (2000): S. 101. 396 Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 33. 397 Vgl. Berblinger, Jürgen (1996): 31. 398 Vgl. ebenda. 399 Vgl. Pawlik, Inge (2001): S. 119. 400 Vgl. Korczak, Dieter (2005): S. 17. 401 Vgl. Everling, Oliver (2000): S. 5. 402 Vgl. Pawlik, Inge (2001): S. 120 und Speicher, Michael (2001): S. 14. 392
66
hierfür die Ratingklassifizierungen der international bekannten Ratingagenturen Standard & Poors und Moody´s.403 Die Notenskala bringt zum Ausdruck, mit welcher Wahrscheinlichkeit und in welchem Ausmaß ein Zins- und Tilgungsausfall bei verzinslichen Engagements auftreten wird.404 Demnach signalisiert ein hohes Rating wie etwa „AA“, dass die Eintrittwahrscheinlichkeit eines Ausfalls als gering angesehen wird, wohingegen ein niedriges Rating wie etwa „B“ die Einschätzung eines vergleichsweise höheren Ausfallrisikos interpretiert.405 In Abhängigkeit von der Risikoeinschätzung der Kreditnehmer lassen sich somit unterschiedliche Risikoklassen bilden.406 Bei Anwendung eines Scoringsystems können diese Risikoklassen zum Beispiel über die Intervalle des Bonitätsscores definiert werden.407 Jeder Risikoklasse wird dabei auf Basis der Ausfallraten der Vergangenheit eine Ausfallwahrscheinlichkeit zugeordnet, welche den sog. erwarteten Verlust darstellt.408 Die Trennschärfe der Ratingklassifizierung bestimmt sich über die Anzahl an Ratingklassen. So lässt sich die Ausfallwahrscheinlichkeit
verschiedener
Kreditnehmer 409
Ratingklassen vorhanden sind.
umso
differenzierter
abgrenzen,
je
mehr
Diese Überlegungen zur Ausgestaltung eines Rating-
systems stellen für die Banken nicht nur eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit dar, sondern ergeben sich insbesondere aus den bankaufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen der Solvabiltätsverordnung. Bei der Anwendung des IRB-Ansatzes wird nach § 110 Abs. 4 SolvV das Erfordernis für Banken verankert, eine angemessene Anzahl von Risikoklassen zu verwenden und unangemessene Konzentrationen in diesen Risikoklassen zu vermeiden. Zur aufsichtsrechtlichen Anerkennung der Ratingsysteme werden dabei gemäß § 110 Abs. 2 SolvV mindestens sieben Ratingklassen für nicht ausgefallene und mindestens eine Ratingklasse für ausgefallene Kreditnehmer vorausgesetzt. Die Bank versetzt sich hierdurch in die Lage, ausreichend differenzierte Bonitätsurteile generieren zu können und somit auch die „Grautöne“ bei der Unterscheidung zwischen guten und schlechten Risiken in das Blickfeld des Entscheidungsträgers zu rücken.410 In der Praxis nehmen die Banken zur Messung der Adressausfallrisiken oft-
403
Vgl. hierzu auch Habschick, Marco/ Evers, Jan/ Jung, Martin (2003): S. 20, Lüscher-Marty, Max (2002): Kap. 3.12 und Berblinger, Jürgen (1996): S. 32. 404 Vgl. Lüscher-Marty, Max (2002): Kap. 3.12 und Berblinger, Jürgen (1996): S. 31 f. 405 Vgl. Schierenbeck, Henner (2001a): S. 321. 406 Vgl. Korczak, Dieter (2005): 34. 407 Vgl. Glößner, Peter u.a. (2008): S. 57. 408 Vgl. Pawlik, Inge (2001): S. 120. 409 Vgl. Germann, Stephan (2004): S.101. 410 Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 50 und Everling, Oliver (2000): S. 5.
67
mals eine im Vergleich zu den Anforderungen der Solvabilitätsverordnung deutlich detailliertere Unterscheidung zwischen den einzelnen Ratingstufen vor.
Rating Commerzbank AG 1.0 1.2 1.4 1.6 1.8 2.0 2.2 2.4 2.6 2.8 3.0 3.2 3.4 3.6 3.8 4.0 4.2 4.4 4.6 4.8 5.0 5.2 5.4 5.6 5.8 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
Abb. 5:
PD- und EL-Bereich in Prozent 0.1 0 – 0,02 0,02 – 0,03 0,03 – 0,05 0,05 – 0,08 0,08 – 0,13 0,13 – 0,21 0,21 – 0,31 0,31 – 0,47 0,47 – 0,68 0,68 – 0,96 0,96 – 1,34 1,34 – 1,81 1,81 – 2,40 2,40 – 3,10 3,10 – 3,90 3,90 – 4,86 4,86 – 6,04 6,04 – 7,52 7,52 – 9,35 9,35 – 11,64 11,64 – 14,48 14,48 – 18,01 18,01 – 22,41 22,41 – 99,99 Drohende Zahlungsunfähigkeit Sanierung/ Restrukturierung Sanierung mit Sanierungs beiträgen Kündigung ohne Insolvenz Insolvenz
Rating Standard & Poors AAA AA+ AA, AAA+, A ABBB+ BBB BBBBB+ BB BBB+ B BCCC+ CCC bis CC-
C, D-I, D-II
Master-Skala der Commerzbank.411
In ihrem Geschäftsbericht aus dem Jahr 2007 legt zum Beispiel die Commerzbank ausführlich dar, welche Ausfallwahrscheinlichkeiten sie auf Basis historischer Daten den jeweiligen Ratingklassen zuordnet.412 Hiernach umfasst das Ratingssystem der Commerzbank 25 Ratingklassen für nicht ausgefallene und fünf Ratingklassen für ausgefal-
411 412
Vgl. Commerzbank (2008): S. 215. Vgl. hierzu und im folgenden Commerzbank (2008): S. 215.
68
lene Kredite. Die interne Master-Skala413 weist jeder Ratingklasse eine zeitstabile, überlappungsfreie Spannweite von Ausfallwahrscheinlichkeiten zu.414 Wird etwa einem Kreditnehmer die Ratingnote 3.0 zugeordnet, rechnet die Bank mit der Wahrscheinlichkeit in Höhe von 0,68 bis 0,96 Prozent mit einem Ausfall dieses Kreditnehmers binnen eines Jahres. Ab der Ratingnote 6.1 geht die Bank hingegen davon aus, dass der Kreditnehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit zahlungsunfähig wird. Die einzelnen Ratingnoten des Systems lassen sich wiederum zu Ratingkategorien zusammenfassen, die dem Klassifizierungsschema der Ratingagenturen wie zum Beispiel von Standard & Poors entsprechen. Auf Basis der aus ihrem Ratingsystem abgeleiteten Informationen über die Höhe der Ausfallwahrscheinlichkeit von Kreditnehmern kann die Bank nun die Kreditentscheidung treffen.415 So wird das ermittelte Ratingurteil im Rahmen des Kreditvergabeprozesses als Grundlage für die Entscheidung herangezogen, ob das beantragte Kreditgeschäft abgeschlossen oder abgelehnt wird.416 Folglich wird es Kreditfälle geben, bei denen allein aufgrund des schlechten Ratings eine Kreditgenehmigung abgelehnt wird. Die Entscheidung, bis zu welcher Ratingklasse Kredite vergeben werden, wird jedoch institutsindividuell getroffen.417 Die Konkretisierung akzeptabler Kreditrisiken definiert dabei jede Bank in Abhängigkeit von ihren Gewinn- und Risikozielen selbst.418 So kann es sogar bei gleicher Bewertung des Kunden möglich sein, dass die eine Bank unter geschäftspolitischen Gesichtspunkten eine Kreditvergabe an den Kunden für sinnvoll erachtet, eine andere Bank hingegen nicht.419
3.2.5
Zur Problematik der optimalen Kreditentscheidung
Aus den vorstehenden Erläuterung wird deutlich, dass eine Bank in der Regel erst dann zur Gewährung des beantragten Kredit bereit sein wird, wenn sie die Bonität des Kreditnehmers als ausreichend betrachtet.420 Für die hier zugrundeliegenden Entschei413
Vgl. hierzu auch Blattmann, Patrick A. (2000): S. 230 f. Vgl. hierzu und im folgenden Abb. 5. 415 Vgl. im folgenden Kirmße, Stefan (2001): S. 138. 416 Vgl. auch Weber, Martin/ Krahnen, Jan Pieter/ Voßmann, Frank (1999): S. 119 und Thormählen, Dieter/ Hansen, Swen (2004): S. 7. 417 Vgl. Korczak, Dieter (2005): 33 f. 418 Vgl. Norden, Lars (2002): S. 274 i. V. m. S. 286 (FN 7). 419 Vgl. Korczak, Dieter (2005): 33 f. 420 Vgl. Weibel, Peter F. (1978): S. 16. 414
69
dungsalternativen ist charakteristisch, dass auch trotz größter Sorgfalt bei der Beschaffung und Auswertung von Informationen im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung die am Periodenende zufließenden Zahlungsströme ungewiss bleiben.421 So kann die Bank im Zeitpunkt der Entscheidung niemals vollkommen sicher sein, ob überhaupt und in welcher Höhe die mit dem Kreditnehmer vereinbarten Zahlungen geleistet werden. Welche Entscheidung bei der Kreditvergabe die Bank auf Basis der Ergebnisse der Bonitätseinschätzung auch treffen wird, die Möglichkeit einer Fehlentscheidung kann nicht ausgeschlossen werden. Die eigentliche Herausforderung für die Bank liegt folglich darin, ein geeignetes Maß und einen Bonitätsgrad in der Höhe festzulegen, dass eine im Sinne der Zielsetzung der Bank optimale Ausscheidung zwischen kreditwürdigen und kreditunwürdigen Kreditnehmern möglich wird.422 Zur Lösung dieser Aufgabe muss die Bank unter der Prämisse der Gewinnmaximierung423 die Bonitätsanforderungen so formulieren, dass die Fehler einer Kreditentscheidung vermieden werden.424 Hierbei lassen sich im wesentlichen zwei Fehlertypen unterscheiden: Man genehmigt einen Kredit, bei dem sich der Kreditnehmer ex-post als kreditunwürdig herausstellt. Oder man lehnt zu unrecht den Kreditantrag eines eigentlich kreditwürdigen Kunden ab.425 Für beiden Umstände werden in der Literatur regelmäßig folgende Begriffe verwendet: Als Fehler erster Art oder auch als Alpha-Fehler bezeichnet man den Anteil der Kreditnehmer, die zunächst als kreditwürdig klassifiziert wurden, sich im nachhinein jedoch als insolvent erweisen. Der Fehler zweiter Art oder auch Beta-Fehler wird für den Anteil der solventen Kreditkunden verwendet, denen kein Kredit gewährt wurde, da sie zu unrecht als schlecht eingeordnet worden sind. Für die Entwicklung einer Rating-Logik und damit für die Entscheidungsfindung hat die Bank zu beachten, dass beide Fehlertypen Kosten verursachen.426 Diese ergeben sich aus der Fehlklassifizierung des Kreditnehmers: Werden im Falle des Alpha-Fehlers Kredite zu großzügig vergeben, so wird die Bank mit Debitorenverlusten konfrontiert.427 Hier schlagen sich die Kosten der Fehlklassifizierung des Kunden in Abschreibungen nieder, die aus der späteren Insolvenz des Kunden resultieren und zu einem effektiven Verlustbeitrag führen. Wird hingegen die Kreditvergabe zu restriktiv durch421
Vgl. im folgenden Wächtershäuser, Manfred (1971): S. 53. Vgl. Weibel, Peter F. (1978): S. 16. Vgl. Kap. 2.5.3. 424 Vgl. Michalik, Georg (2001): S. 49 und Weibel, Peter F. (1978): S. 17 f. 425 Vgl. hierzu im folgenden Mettler, Alfred (1994): S. 2 und Füser, Karsten (2001): S. 39. 426 Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 39. 427 Vgl. hierzu und im folgenden auch Weibel, Peter F. (1978): S. 18. 422 423
70
geführt, so muss sich die Bank auch die entgangenen Gewinne in Rechnung stellen. So führt der Beta-Fehler bei der Kreditentscheidung zu Opportunitätskosten, die sich in Form von entgangenem Erträgen konkretisieren. Mitunter gehören hierzu auch Bearbeitungskosten, die im Zuge der Kreditentscheidung anfallen. Zudem muss die Bank davon ausgehen, dass eine zu vorsichtige Kreditvergabe zu Marktanteilsverlusten führen kann.428 Hieraus wird deutlich, dass die Festlegung eines Bonitätsgrades als Trenngrenze
zwischen
kreditwürdigen
und
kreditunwürdigen
Kunden
über
die
Fehleroptimierung hinaus zu einer risikopolitischen Steuerung der Kreditvergabe verwendet werden kann.429 Für eine nachhaltige Kreditvergabe ist es demnach erforderlich, der Vermeidung beider Fehlertypen Beachtung zu schenken.430 Bei der Kreditvergabe sollte unter diesem Blickwinkel ein System zur Anwendung kommen, das die Kreditgewährung hinsichtlich der Kriterien Risikominimierung von Kreditverlusten und Opportunitätskosten prüft.431 Hierfür ist eine Validierung der Klassifikationsergebnisse erforderlich, um die Zuverlässigkeit der Risikoeinstufungen und die Trennfähigkeit des Ratingverfahrens abschätzen zu können.432 Als Maßstab für die Klassifikationsgüte lässt sich etwa die Anzahl der Fehlklassifizierungen heranziehen, die je nach Fehlerart mit einem festgelegten Stichprobenumfang von ausgefallenen und solventen Kreditnehmern ins Verhältnis gesetzt werden.433 Die hieraus resultierenden Quotienten lassen sich als mögliche Alpha-Beta-Fehlerkombinationen, die bei alternativen Trennwerten mit einem Beurteilungssystem möglich sind, funktional abbilden.434 Je niedriger die Quotienten ausfallen, umso besser werden gute von schlechten Kreditnehmern getrennt. Weitere Trenngütemaße stellen zum Beispiel der Gini-Koeffizient, der eine Beschreibung der normierten Fläche zwischen der sog. Lorenz-Kurve und der integrierten Diagonalen ermöglicht, der Brier-Score als Verifizierungsfehler sowie Wilk´s Lambda dar.435 Eine Optimierung des Ratingssystems lässt sich zudem über die Kalibrierung von resultierenden und effektiven Ausfalltatbeständen durchführen. Hierfür kann ein iteratives Vorgehen gewählt werden, bei dem Inputgrößen und Gewichtungsfaktoren der Klassi428
Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 39. Vgl. Rosenhagen, Klaus (1996): S. 60. 430 Vgl. Michalik, Georg (2001): S. 49. 431 Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 39. 432 Vgl. hierzu und im folgenden Blattmann, Patrick A. (2000): S. 235-237. 433 Vgl. Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 92 f. 434 Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 40 f. 435 Vgl. zu diesen Trenngütemaßen Fritz, Sebastian u.a. (2004): S. 104-110. 429
71
fikationsmodelle schrittweise in wiederholten Testläufen hinsichtlich Ausfallerfahrung und Risikoklassifizierung abzustimmen sind. Im Rückblick wird dabei ermittelt, ob die tatsächlich eingetretene Ausfallquote für Kunden einer bestimmten Ratingstufe mit der Ausfallwahrscheinlichkeit übereinstimmt, die dieser Bonitätsklasse zugeordnet ist.436 Mit Hilfe dieser Optimierung der Ratingsystematik wird die Bank zum einen in die Lage versetzt, Risiken aufzudecken, die bisher bei der Kreditvergabe noch nicht berücksichtigt wurden.437 Andererseits bedeutet dies für die Bank jedoch auch, neue, zukunftsträchtige Geschäftsfelder als solche zu erkennen.
3.3 Subprime als Bestandteil der Bonitätsklassifizierung von Kreditnehmern Sinkende Margen und ein stagnierender Markt haben vor allem amerikanische Banken dazu verleitet, neue, zukunftsträchtige Geschäftsfelder im Kreditmarkt für bonitätsschwache Schuldner zu suchen.438 Die sog. Subprime-Krise hatte im Jahr 2007 auch in Deutschland das Kreditgeschäft mit solchen Kunden bekannt gemacht, die etwa aufgrund ihrer unsicheren Berufssituation und schwankender Einnahmen erhöhte Risikomerkmale für die Banken mit sich bringen.439 Um sich in der vorliegenden Arbeit mit den Chancen und Herausforderungen der Subprime-Kreditfinanzierung im Automobilbereich auseinander zu setzen, erscheint zunächst eine definitorische Abgrenzung der Begriff Subprime im Rahmen der Bonitätsklassifizierung als erforderlich. Anhand der typisierenden Merkmale des Subprime-Kreditnehmersegments wird im nachfolgenden Kapitel insbesondere die Subprime-Bedeutung im Rahmen der Bonitätsklassifizierung von Kreditnehmern herausgestellt. Hieraus abgeleitet wird anschließend die Frage erläutert, welche Rolle das Subprime-Kreditgeschäft im Zusammenhang mit der Ausgestaltung von Kreditentscheidungen einnimmt.
436
Vgl. Füser, Karsten (2001): S. 42. Vgl. Michalik, Georg (2001): S. 49. Vgl. hierzu und im folgenden Benders, Rolf/ Kurm-Engels, Marietta (2007): S. 24. 439 Vgl. auch Hoffmann, Catherine (2007): S. 41. 437 438
72
3.3.1
Varianten der Begriffsbestimmung und Wesensmerkmale von Subprime
3.3.1.1 Begriffsdefinition und Abgrenzung von Subprime im Rahmen der Bonitätsklassifizierung Beim sog. Subprime-Lending handelt es sich um eine vorwiegend in den USA verbreitete Kreditvariante, welche in ihrer Ausgestaltung auf kreditinteressierte Konsumenten abzielt, die bei Banken normalerweise als kreditunwürdig gelten.440 Zu den Kreditgebern, den sog. Subprime-Lenders, zählen Spezialinstitute wie auch große Finanzinstitute, die sich auf das Kreditgeschäft mit diesen Kunden ausgerichtet haben. Die Abgrenzung des Subprime-Lendings vom herkömmlichen Kreditgeschäft kann vorgenommen werden, wenn man sich der Definition des Begriffes „Subprime“ in eigenschaftsbezogener Hinsicht analytisch nähert. Hier ist zunächst festzustellen, dass sich das Wort „Subprime“ in zwei verschiedene Wortbestandteile aufteilen lässt, nämlich „sub“ und „prime“. Übersetzt ins Deutsche bedeuten diese Wörter „unter“ und „erstklassig“. Unter Berücksichtigung dieser Begriffsauslegung lässt sich Subprime folglich als eine Eigenschaft beschreiben, die im weiten Sinne als Klassifizierung zu verstehen ist und in bewertender Form einen Bezugspunkt als suboptimal einordnet. Infolge der sich hieraus ergebenden negativen Assoziation neigen Anbieter dazu, den Begriff „Subprime“ im Kreditangebot zu vermeiden und stattdessen eine Umschreibung der in diesem Geschäftsfeld angebotenen Finanzdienstleistungen zu verwenden.441 Festzustellen ist nun, welcher Bezugspunkt im Rahmen des Kreditgeschäftes mit dieser Eigenschaft beschrieben wird. Im Zusammenhang mit der Bonitätsklassifizierung von Kreditnehmern wird in den USA das aus Sicht der Bank beste Kreditnehmersegment mit erstklassiger Bonität regelmäßig als „Prime-Segment“ bezeichnet.442 Kreditnehmer mit nicht erstklassiger Bonität werden hingegen in einem „Non-Prime-Segment“ oder „Sub-Prime-Segment“ zusammengefasst.443 Wie zuvor dargestellt spricht die Kreditwirtschaft bei dieser dichotomen Aufteilung der individuellen Kreditnehmer anhand ihrer Bonität von „guten“
440
Vgl. Jacob, Hans-Reinhard/ Warg, Markus/ Franzen, Annette (1997): S. 462. Vgl. etwa Locke, Tom (2003): o. S. 442 Vgl. Board of Governors of the Federal Reserve System/ Office of the Comptroller of the Currency/ Federal Deposit Insurance Corporation/ Office of Thrift Supervision (1999): S. 3 und Lax, Howard/ Manti, Michael/ Raca, Paul/ Zorn, Peter (2004): S. 541 f. 443 Vgl. Relf, Daniel H. (1999): S. 29 und Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 3. 441
73
und „schlechten“ Risiken.444 Tatsächlich beschreibt der Begriff „Subprime“ in der Kreditvergabepraxis nach Verlautbarungen der amerikanischen Bankregulierungsbehörden die Bonitätseigenschaften individueller Kreditnehmer.445 Diese Subprime-Kreditnehmer weisen typischerweise Schwächen in ihrer Kredithistorie auf, die von Zahlungsversäumnissen bis hin zu schwerwiegenden Problemen wie etwa Kreditausfällen, Gerichtsurteilen und Insolvenzen reichen. Zudem können Subprime-Kreditnehmer durch eine eingeschränkte Rückzahlungsfähigkeit geprägt sein, welche in Form von Scoringwerten oder durch Kennzahlen wie etwa das Verhältnis der Schulden zum Einkommen zum Ausdruck gebracht wird. „Subprime-Loans“ sind folglich Kredite an Kunden, die im Zeitpunkt der Kreditvergabe eine eingeschränkte Bonität aufweisen. Infolge des hieraus interpretierten individuellen Kreditrisikos werden diese Kunden als „schlechte Risiken“ eingeordnet und mit dem Ausdruck „zweitklassige Kreditnehmer“ bezeichnet.446 Hierzu gehören jedoch keine Kredite, die ursprünglich an Kunden des „PrimeSegments“ vergeben wurden und sich während der Laufzeit zu Problemfällen entwickelt haben. So können durchaus auch Prime-Portfolios von Subprime-Elementen geprägt sein.447 Hier haben dann einzelne Kredite im Laufe der Zeit denselben Typ von Eigenschaften entwickelt, wie er üblicherweise bei Krediten des Subprime-Portfolios anzutreffen ist. Der einzige Unterschied zwischen beiden Fällen ist, dass letztere Kredite bereits zu Beginn der Laufzeit als Subprime eingestuft worden sind. Das SubprimeKreditsegment wird folglich durch Kunden geprägt, denen aufgrund ihrer Kreditnehmereigenschaften der Zugang zum herkömmlichen Kreditmarkt, dem „PrimeSegment“, verwehrt wird.448 Anknüpfend an diese Erkenntnis und in Anlehnung an die vorangegangen Ausführungen kann demnach folgende Definition festgehalten werden: Unter Subprime soll in der vorliegenden Arbeit die Eigenschaft des Kreditgeschäftes mit solchen Kunden verstanden werden, die infolge ihres Risikoprofils eine niedrige Bonitätseinstufung erfahren und infolgedessen keinen oder nur erschwerten Zugang zum Kreditangebot der Banken erhalten. Die Abgrenzung des Subprime-Kreditfinanzierung gegenüber der Kreditvergabe im „Prime-Segment“ manifestiert sich durch das höhere Ausfallrisiko, das Sub444
Vgl. Kap. 3.2.4. Vgl. auch Korczak, Dieter (2003a): S. 15. Vgl. hierzu und im folgenden Office of the Comptroller of the Currency/ Board of Governors of the Federal Reserve System/ Federal Deposit Insurance Corporation/ Office of Thrift Supervision (2001): S. 2. 446 Vgl. Korczak, Dieter (2003a): S. 15. 447 Vgl. hierzu Relf, Daniel H. (1999): S. 29. 448 Vgl. U.S. Department of Housing and Urban Development/ Office of Policy Development and Research (2000): S. 1. 445
74
prime-Kredite mit sich bringen und das im nachstehenden Kapitel näher beleuchtet wird. So wird die Eintrittswahrscheinlichkeit von Rückzahlungsproblemen bei Subprime-Kredite von vorneherein höher eingeschätzt als bei anderen Krediten mit höherer Qualität.449 Die Ursachen hierfür lassen sich auf die typischen Bonitätsmerkmale des Subprime-Kreditnehmersegments zurückführen. Hierauf soll im folgenden Kapitel näher eingegangen werden.
3.3.1.2 Typisierende und bonitätsrelevante Merkmale des SubprimeKreditnehmersegments Obwohl der Begriff Subprime in den USA eine gängige Bezeichnung der Eigenschaft des Kreditnehmersegments mit zweitklassiger Bonität darstellt, wird die Klassifizierung der Kunden als Subprime-Kreditnehmer nicht einheitlich vorgenommen.450 So kann die Zuordnung des Kunden in das jeweilige Segment infolge der unterschiedlichen Interpretation einzelner Bonitätsmerkmale von Bank zu Bank abweichen. Während etwa alle Kreditnehmer, die jemals in Insolvenz geraten sind, von der einen Bank dem Subprime-Segment zugeordnet werden, wird eine andere Bank die Klassifizierung des Kunden von der Ursache der eingetretenen Insolvenz abhängig machen. Dennoch lassen sich nach herrschender Meinung, insbesondere nach Auffassung der amerikanischen Bankenaufsicht, einzelne typisierende Bonitätsmerkmale der SubprimeKreditnehmer definieren, die in ihrer Zusammenstellung als Erläuterung dienen, nicht jedoch eine vollständige Liste darstellen können.451 Charakteristisch für das SubprimeSegment ist hiernach vor allem ein geringes Einkommen, das dem Kunden monatlich zur Verfügung steht.452 Viele Kreditgeber verwehren darüber hinaus dem Kunden den Zugang zum Prime-Markt, wenn das zugrundliegende Einkommen oder Bestandteile davon auf selbständiger Basis generiert wird.453 Von dieser Einstufung sind jedoch auch solche Kreditnehmer betroffen, die sich erst seit kurzem in ihrer derzeitigen beruflichen Position befinden. Es wurde festgestellt, dass das Kriterium der Einkommensschwäche oftmals in Kombination mit dem Merkmal der Zugehörigkeit des 449
Vgl. Pauluhn, Burkhardt (2004): S. 5. Vgl. auch National Credit Union Administration (2005): S. 2 und Lax, Howard/ Manti, Michael/ Raca, Paul/ Zorn, Peter (2004): S. 540 f. 450 Vgl. hierzu Feldman, Ron/ Schmidt, Jason (1999): o. S. 451 Vgl. Office of the Comptroller of the Currency/ Board of Governors of the Federal Reserve System/ Federal Deposit Insurance Corporation/ Office of Thrift Supervision (2001): S. 3. 452 Vgl. Apgar, William C./ Herbert, Christopher E. (2006): Abschnitt I-13.
75
Kreditnehmers zu gesellschaftlichen Minderheiten anzutreffen ist.454 Die Kredithistorien von Subprime-Kunden weisen zudem häufig zwei oder mehrere Fälle von einmonatigen Zahlungsversäumnissen innerhalb der letzten zwölf Monate auf.455 Hierzu gehören auch solche Versäumnisse, bei denen der Kreditnehmer innerhalb der vergangenen zwei Jahre mindestens einmal über zwei Monate hinweg in seiner Kreditverpflichtung rückständig war. Als weitere bonitätsrelevante Merkmale lassen sich die bei Subprime-Kreditnehmern oftmals anzutreffenden Gerichtsurteile, Zwangsvollstreckungen und Verpfändungen aufführen, welche in den letzten zwei Jahren gegen den Kunden vorgenommen wurden. Darüber hinaus können Kreditnehmer dem SubprimeSegment zugeordnet werden, wenn sie in den letzten fünf Jahren bereits insolvent gewesen sind. Als finanzielle Kennzahl lässt sich das Verhältnis der bestehenden Kapitaldienstverpflichtungen im Verhältnis zum Einkommen des Kreditnehmers beurteilen. Der subprime-typische Wert liegt hier bei mindestens 50 Prozent. Unabhängig davon kann der Antragsteller als Subprime-Kunde eingestuft werden, wenn die Deckung der finanziellen Aufwendungen für die Familie des Kunden durch ein zu geringes monatliches Einkommen nach Abzug der monatlichen Zahlungsverbindlichkeiten eingeschränkt ist. Ein wesentlicher Indikator für subprime-relevante Kreditgeschäfte stellt zudem die erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit dar, welche in den USA regelmäßig über den sog. Credit Score zum Ausdruck gebracht wird.456 Üblicherweise handelt es sich bei diesem Score um eine Zahl, welche wie auch bei den in Deutschland eingesetzten Scoring-Verfahren457 durch ein statistisches Modell generiert wird und dazu dient, die Risikohöhe des beantragten Kredits zu evaluieren.458 Da die Ausgestaltung der ScoringModelle in Abhängigkeit vom Beurteilungsanlass und der zugrundeliegenden Technik voneinander abweichen, können für die Kredithistorie eines Kunden mehrere, unterschiedliche Credit Scores existieren. Obwohl es in den USA keinen einheitlichen Credit Score für Kreditnehmer gibt, wird diese Kennzahl dennoch durchweg mit dem Begriff „FICO-Score“ bezeichnet. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass der Credit Score durch eines der drei nationalen Institute für Konsumentenkreditauskünfte (con-
453
Vgl. Coalition for Fair and Affordable Lending (2004): S. 232. Vgl. Lax, Howard/ Manti, Michael/ Raca, Paul/ Zorn, Peter (2004): S. 548 f. und Fishbein, Allen/ Bunce, Harold (2000): S. 274 f. 455 Vgl. im folgenden Office of the Comptroller of the Currency/ Board of Governors of the Federal Reserve System/ Federal Deposit Insurance Corporation/ Office of Thrift Supervision (2001): S. 3. 456 Vgl. ebenda. 457 Vgl. hierzu Kap. 3.2.3.2. 458 Vgl. im folgenden Twohig, Peggy (2000): o. S. 454
76
sumer reporting agencies – „CRAs“) ermittelt worden ist. Jedes der drei Institute - Experian, Trans Union und Equifax - benutzt zur Berechnung der Credit Scores ein eigenes Scoring-Modell. Da jedoch diese drei Modelle von der Firma Fair, Isaac and Company entwickelt worden sind, werden die aus der Berechnung resultierenden Kennziffern üblicherweise mit der Abkürzung „FICO“ ergänzend beschrieben. Der FICO-Score soll dabei über die abgebildete Punktzahl als Anhaltspunkt dienen, welche Kreditwürdigkeit dem Kreditnehmer beigemessen werden kann. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Bonität des Kunden umso besser eingeschätzt wird, je höher die Punktzahl ausfällt.459 Demnach werden Kreditnehmer mit Punktzahlen über 701 als gute Risiken erkannt und dem Prime-Segment zugeordnet.460 Nach Aussage von Fair, Isaac and Company kann davon ausgegangen werden, dass bei weniger als fünf Prozent der Kunden dieses Segments mit ernsthaften Rückzahlungsschwierigkeiten während der nächsten zwei Jahre zu rechnen ist.461 Auf der anderen Seite geht Fair, Isaac and Company von der Annahme aus, dass im Kreditnehmersegment mit Scorewerten unterhalb von 600 durchschnittlich mehr als die Hälfte der Kunden im Laufe der nachfolgenden zwei Jahre ernsthaft rückständig werden. Als ernsthaft wird dabei der Umstand verstanden, dass der Kunde länger als 90 Tage in seiner Leistungspflicht rückständig ist, der Kredit ausfällt oder der Kunde Insolvenz beantragt. Die Einschätzung des künftigen Kreditnehmerverhaltens konkretisiert sich dabei in der Analyse ausgewählter Merkmale des Kreditnehmers bei der Scorewert-Ermittlung. Wichtige Faktoren, die zu niedrigen Punktzahlen führen können, stellen etwa die Häufigkeit verspäteter Ratenzahlungen, die Laufzeit sowie die Höhe der Inanspruchnahme der eingeräumten Kredite dar.462 In die Analyse zur Scorewertbestimmung fließt zudem das Kriterium der bisherigen Aufenthaltsdauer am Wohnort sowie der berufliche Werdegang mit ein. Negative Informationen wie etwa Insolvenzen, Verpfändungen und Zwangsvollstreckungen sowie kriminelle Vergehen jeden Grades führen darüber hinaus zu einer Einschränkung oder Verringerung des Scorewertes. Die amerikanische Bankenregulierung greift die Klassifizierung der Kunden anhand ihrer Scorewerte auf und nimmt infolge der unterstellten erhöhten Ausfallwahrscheinlichkeit bei Kreditfällen mit niedrigen Scorewerten eine weitere Merkmalscharakterisierung des SubprimeKreditnehmersegments vor. Die amerikanische Bankenaufsicht geht hieran anknüpfend 459
Vgl. Avery, Robert B./ Calem, Paul S./ Canner, Glenn B. (2004): S. 303 f. Vgl. hierzu Lax, Howard/ Manti, Michael/ Raca, Paul/ Zorn, Peter (2004): S. 542. 461 Vgl. im folgenden Avery, Robert B./ Calem, Paul S./ Canner, Glenn B. (2004): S. 304. 462 Vgl. hierzu Niu, Jack (2004): S. 12. 460
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davon aus, dass sich FICO-Scores von 600 und niedriger als Subprime-Indikator werten lassen.463 Kreditnehmer mit ebensolchen Scorewerten werden demnach regelmäßig dem Subprime-Segment zugeordnet.464 Ausschlaggebend für eine Einstufung in diese Kundengruppe kann zudem der Umfang der bisherigen Krediterfahrungen des Antragstellers sein.465 Je länger die dokumentierte Kredithistorie eines Kunden ist, desto mehr Informationen lassen sich über die individuelle Zahlungswilligkeit und –fähigkeit sammeln und auswerten. Aus diesem Grund leiten Kreditgeber etwa dann einen Subprime-Indikator aus der Kredithistorie des Kunden ab, wenn diese kurz ausfällt und infolgedessen nur wenige Anhaltspunkte zur Krediterfahrung dokumentiert.466 Ausgehend von den empirisch ermittelten Ausfallquoten lassen sich die FICOScorewerte unterschiedlichen Ratingklassen zuordnen, die zum Beispiel von der Ratingagentur Standard & Poors kommuniziert werden und regelmäßig in zwei Risikokategorien zusammengefasst werden.467 Würde man das Prime- und SubprimeKreditnehmersegment in ein solches Ratingsystem einordnen, ließe sich hiernach das Kreditnehmergeschäft mit Prime-Qualität in Ratingstufen mit sog. Investment-Grade einordnen.468 Standard & Poors ordnet dieser Risikokategorie die Ratingklassen AAA bis BBB zu. Das Subprime-Kreditgeschäft erhielte hingegen eine Ratingzuordnung, die aufgrund der schlechten Bonität der Kreditnehmer als sog. Speculative-Grade bezeichnet wird. Hierunter fallen nach der Definition von Standard & Poors solche Ratings, die unter Bonitätsaspekten als BB und schlechter eingestuft sind. Ab welcher Ratingklasse jedoch Banken tatsächlich einen Kreditnehmer in das Subprime-Segment einordnen, kann nicht einheitlich bestimmt werden.469 Da es keine allgemein gültigen Ratingzuordnungen für das Subprime-Kreditgeschäft gibt, ist davon auszugehen, dass die Subprime-Klassifizierung der Kreditnehmer von Bank zu Bank unterschiedlich ausfällt.
463
Vgl. Office of the Comptroller of the Currency/ Board of Governors of the Federal Reserve System/ Federal Deposit Insurance Corporation/ Office of Thrift Supervision (2001): S. 3. 464 Vgl. auch Watanabe, Marguerite (2006): S. 3. 465 Vgl. Avery, Robert B./ Calem, Paul S./ Canner, Glenn B. (2004): S. 299. 466 Vgl. Feldman, Ron/ Schmidt, Jason (1999): o. S. und Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 4. 467 Vgl. hierzu Abb. 6. 468 Vgl. hierzu un dim folgenden Standard & Poors (2008): S. 3. 469 Vgl. hierzu Kalser, Kathy R./ Novak, Debra K. (1997): S. 1.
78
Geschätzte kumulierte Ausfallquote
entspricht Rating Standard & Poors
FICO Credit Score
nach 2 Jahren Kreditlaufzeit
über die gesamte Kreditlaufzeit
(kumuliert, nach 10 Jahren Kreditlaufzeit)
> 740
0,4%
0,6%
AAA, AA+, AA
720 - 739
1,3%
1,9%
AA-, A+, A, A-
700 - 719
1,9%
2,8%
680 - 699
2,9%
4,3%
660 - 679
4,5%
6,7%
BBB-
640 - 659
6,8%
10,2%
BB+
620 - 639
9,1%
13,6%
600 - 619
12,0%
18,0%
580 - 599
14,1%
21,1%
BB-
560 - 579
17,5%
26,3%
B+
540 - 559
21,0%
31,5%
B
520 - 539
25,8%
38,7%
B-
500 - 519
31,7%
47,5%
CCC
< 500
38,2%
57,3%
CC bis D
Abb. 6:
BBB+, BBB
BB
Historische Ausfallquoten von Autokrediten in Abhängigkeit des FICO Credit Scores der Kreditnehmer von 1995 bis 2005 und Ratingzuordnung gemäß empirischer Ausfallquoten nach zehn Jahren Kreditlaufzeit.470
Über die Bonitätsmerkmale hinaus lassen sich Subprime-Kreditnehmer anhand ihrer persönlichen Eigenschaften und anhand typischer Verhaltensweisen charakterisieren.471 Der seit Jahren am amerikanischen Automobilmarkt etablierte Subprime-Finanzierer Consumer Portfolio Services gibt etwa an, dass das durchschnittliche Lebensalter der Subprime-Kunden 38 Jahre beträgt.472 Die Bandbreite der ermittelten FICO-Scores der Kreditnehmer reicht dabei in Abhängigkeit der unterschiedlichen Finanzierungsprogramme von durchschnittlich 568 bis zu einem Durchschnittswert von 519. Die Kunden sind regelmäßig seit fünf Jahren berufstätig und ebenso lange an ihrem jetzigen Wohnort ansässig. Sie haben durchschnittlich seit neun Jahren Krediterfahrungen gesammelt und haben ein durchschnittliches Haushaltseinkommen von 41.088 Dollar pro Jahr. Ein durchschnittlicher Anteil von 17 Prozent der Subprime-Kreditnehmer ist zudem Eigentümer einer Hauses. Erfahrungen aus der Praxis zufolge befinden sich Sub470 471 472
Vgl. National Credit Union Administration (2005): S. 4 und Brand, Leo/ Bahar, Reza (2001): S. 16. Vgl. im folgenden Relf, Daniel H. (1999): S. 29. Vgl. hierzu und im folgenden Consumer Portfolio Services (2007): S. 8 f.
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prime-Kunden regelmäßig in einer prekären finanziellen Situation, die durch einfache Einkommenseinbußen, unerwartete Ausgaben aber auch infolge persönlicher Schicksalsschläge verursacht worden sein kann.473 Dabei lässt sich beobachten, dass die betroffenen Personen oftmals selber verantwortlich sind für die finanzielle Schieflage.474 So beginnt das breite Spektrum an Ursachen für die subprime-typische Rückzahlungsproblematik bei dem Wesensmerkmal der Subprime-Schuldner, ein fortwährendes Missmanagement ihrer Finanzen und Kreditverbindlichkeiten zu betreiben. Zudem gelten Subprime-Kreditnehmer als besonders anfällig für konsumtreibende Marketingeinflüsse, welche, von den Herstellern der Konsumgüter initiiert, die Kauflaune der Kunden steigern sollen. Statt Geldmittel für ein bestimmtes Ziel anzusparen und eine entsprechende Vorfreude auf die Zielerreichung zu generieren, ist dieser Typ von Kreditnehmer durch das Verlangen geprägt, seine Wünsche sofort zu erfüllen. Zudem neigen Subprime-Konsumenten dazu, für nicht zwingend notwendige Extraanschaffungen einen größeren Teil ihres verfügbaren Einkommens auszugeben, als dies etwa Kunden des Prime-Segments tun.475 Den Kreditgebern wird dabei vorgeworfen, dieses Verhalten zu unterstützen, indem sie dem Kunden bei der Befriedigung seiner Konsumlaune mit Kreditmitteln zur Seite stehen. Ein weiteres Kennzeichen für Subprime-Kreditnehmer stellt die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse dar, welche für die vergangenen zehn Jahre tendenziell höher ausfällt als bei Prime-Kunden.476 Man geht außerdem davon aus, dass Subprime-Konsumenten in eher seltenen Fällen eine College-Ausbildung genossen haben. Dafür verbringen sie viel Zeit mit Fernsehschauen und E-Mail-Schreiben. Zeitungen lesen SubprimeKunden hingegen weniger oft. Es wurde festgestellt, dass die Konsumenten in diesem Segment zwar überwiegend mehrere Fahrzeuge in ihrem Haushalt besitzen.477 Diese sind jedoch von dem Umstand betroffen, dass sie mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit ersetzt werden müssen. Unabhängig von der Freude am Konsum auf Kredit bestätigen jedoch Studien, dass Kreditnehmer auch unfreiwillig zu Subprime-Kunden werden. So zählen zu dieser Gruppe nach Ergebnissen von Untersuchungen häufig gesellschaftliche Minderheiten und ältere Personen, denen der Zugang am herkömmlichen Kreditmarkt verwehrt 473
Vgl. Relf, Daniel H. (1999): S. 31. Vgl. im folgenden Relf, Daniel H. (1999): S. 30. Vgl. hierzu Watanabe, Marguerite (2006): S. 3. 476 Vgl. ebenda. 477 Vgl. ebenda. 474 475
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bleibt.478 Zudem können persönliche Schicksale und externe Ereignisse als Ursachen dazu beitragen, dass der Kreditnehmer von ausgeprägte Rückzahlungsschwierigkeiten betroffen ist und daher in das Subprime-Segment eingestuft wird.479 Als mögliche Einflussfaktoren kommen hier etwa der Verlust des Arbeitsplatzes oder gesundheitliche Probleme in Betracht. Untersuchungen haben ergeben, dass 30 Prozent der befragten Subprime-Kunden einen Haushalt haben, in dem jemand von einer schweren Krankheit betroffen ist oder in dem während der letzten Jahre wesentliche Ausgaben für medizinische Angelegenheiten getätigt worden sind.480 Die Quote im Prime-Segment fällt im Vergleich dazu mit 18 Prozent deutlich geringer aus. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass 23 Prozent der Subprime-Haushalte, jedoch nur acht Prozent der Prime-Haushalte während der letzten Jahre über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg von der Arbeitslosigkeit betroffen waren. Hinzu kommt, dass etwa 32 Prozent der SubprimeKreditnehmer gegenüber zehn Prozent der Prime-Kunden starke Einkommensverluste im Haushalt im Laufe der letzten Jahre erdulden mussten. Auch die Quote von Trennungs-, Scheidungs- oder Verwitwungsfällen fällt im Subprime-Segment höher aus: So beträgt der Anteil von Scheidungsfällen in dieser Kundengruppe mit zwölf Prozent mehr als das Doppelte des entsprechenden Anteils von 4,9 Prozent im PrimeKundensegment. Die vorstehenden typisierenden Bonitätsmerkmale von Subprime-Kreditnehmern gelten freilich für den amerikanischen Kreditmarkt, lassen sich jedoch ihrer Art nach auch auf den deutschen Kreditmarkt übertragen. Obwohl es in Deutschland zurzeit kein einheitliches Scoringsystem gibt, das mit dem FICO-Score vergleichbar ist, gelten für den deutschen Kreditmarkt dennoch bestimmte Kreditnehmermerkmale als bonitätsentscheidend. So können Kreditnehmer eine Ablehnung ihrer Kreditanfrage aufgrund einer unzureichenden oder unsicheren Einkommensquelle, einer schwachen Kapitaldienstfähigkeit, aufgrund von negativen Kreditauskünften wie der SCHUFA oder auch aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung bisheriger Verpflichtungen erfahren.481 Kreditnehmer, die eines oder mehrere solcher Merkmale aufweisen, erhalten in Deutschland keinen oder nur erschwerten Zugang zum Kreditangebot der Banken und
478
Vgl. Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (2003): S. 2 und Lax, Howard/ Manti, Michael/ Raca, Paul/ Zorn, Peter (2004): S. 544 f. 479 Vgl. Board of Governors of the Federal Reserve System/ Office of the Comptroller of the Currency/ Federal Deposit Insurance Corporation/ Office of Thrift Supervision (1999): S. 3. 480 Vgl. im folgenden Lax, Howard/ Manti, Michael/ Raca, Paul/ Zorn, Peter (2004): S. 553. 481 Vgl. Korczak, Dieter (2005): S. 37.
81
lassen sich somit unter Berücksichtigung der Begriffsdefinition in Kap. 3.3.1.1 in das Subprime-Kreditnehmersegment einordnen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Gründe, die einen Kreditnehmer zum Subprime-Schuldner qualifizieren, genauso vielfältig sind wie die Kreditnehmer selbst. Die einzige Gemeinsamkeit dieser Kunden besteht darin, dass sie Merkmale aufweisen, die nicht zum Kreditwürdigkeitsstandard im Prime-Segment passen.482
3.3.2
Die Bedeutung des Subprime-Kreditnehmersegments für die Ausgestaltung der Kreditentscheidung
Wurde in den vorstehenden Ausführungen die Gratwanderung der Entscheidungsfindung unter dem Aspekt der Fehlklassifizierung der Bonität des Kunden betrachtet, stellt sich die im Zusammenhang mit den Kosten einer Fehlentscheidung auftauchende Frage der optimalen Entscheidungsfindung insbesondere bei der Kreditvergabepolitik im Subprime-Kundensegment.483 Unter Risikogesichtspunkten dürfte eine kreditvergebende Bank im Falle einer eingeschränkten Kreditwürdigkeit der Kunden des SubprimeSegments darauf bedacht sein, bei der Entscheidungsfindung noch stärker die Vermeidung des Alpha-Fehlers zu fokussieren und damit einer Kreditvergabe an im nachhinein insolvente Kunden entgegenzuwirken. In diesem Fall wird die Bank die Erkenntnis unterstreichen, dass eine abnehmende Bonität aus statistischer Sicht mit zunehmenden Ausfällen von Kreditnehmern korreliert, da bonitätsmäßig schlechtere Kunden die gegenüber der Bank eingegangenen Verpflichtungen häufiger nicht erfüllen als bonitätsmäßig bessere.484 Sofern die Kreditvergabe auf Basis eines herkömmlichen Entscheidungsfindungsprozesses im Sinne der dichotomen Einteilung der Kreditnehmer in gute und schlechte Risiken durchgeführt wird, werden daher die dem SubprimeKreditnehmersegment anhaftenden Negativmerkmale und die daraus resultierende eingeschränkte Bonität im Regelfall einer positiven Kreditzusage im Wege stehen. Ausschlaggebend hierfür ist die marktübliche Verfahrensweise der Banken bei der Beurteilung neuer Kreditanträge im Rahmen der Bonitätsprüfung: Durch die Untersuchung von Kundendaten aus der Vergangenheit sowie der früheren Kreditentscheidungsverhältnisse und der nachfolgenden Kreditgeschichte des Kunden versucht man, 482 483
Vgl. Samuels, Sandy (2004): S. 161. Vgl. Kap. 3.2.5.
82
Gesetzesmäßigkeiten abzuleiten, die der Kreditentscheidung neuer Anträge zugrundegelegt werden können.485 Der Kreditgeber geht hier von der Annahme aus, dass sich die Muster der Vergangenheit mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auch in der Zukunft wiederholen werden.486 Infolgedessen können bereits einzelne, bonitätsbelastende Kreditnehmereigenschaften als sog. K.O.-Kriterien unabhängig der übrigen Bonitätsmerkmale des Kunden zu einer Nicht-Vergabe eines Kredites führen.487 Gemäß den Untersuchungsergebnissen von Korczak fallen unter diese Merkmale vor allem eine unzureichend eingestufte Kapitaldienstfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder fehlende Einkommensquellen, eine andauernde Überziehung des Girokontos, Mahnungen bei Vorkrediten und Kreditkündigungen, Zwangsvollstreckungen, eine die Dauer der Aufenthaltserlaubnis übersteigende Kreditlaufzeit sowie eine negative SCHUFAAuskunft.488 Als Konsequenz führt dieses Entscheidungsverhalten zu der Situation, dass Kreditgeber etwa im Rahmen einer Kreditrationierung potentielle Kunden ablehnen, die aufgrund bestimmter negativer Qualitätsmerkmale einer stärker risikoreich eingestuften Kreditnehmergruppe zugeordnet werden.489 Eine derartige Vorgehensweise beinhaltet jedoch die Gefahr, dass unter die pauschale Ablehnung ebensolcher Kreditanträge auch potentielle Kreditnehmer guter Qualität fallen, die zudem bereit sind, höhere Zinsen zu zahlen und alle sonstigen Forderungen des Kreditgebers zu erfüllen.490 Dieser Umstand hat für die Bank zur Folge, dass vorhandene Ertragspotenziale aus riskanten Kreditgeschäften nicht genutzt werden und auf diese Weise dem Ziel einer konsequenten unter Rendite- und Risikoaspekten orientierten Geschäftspolitik im Kreditgeschäft entgegengewirkt wird.491 Unter Ertragsgesichtspunkten wird eine Bank also bei der Kreditentscheidung auch die Opportunitätskosten des Beta-Fehlers beachten müssen, bei dem trotz problemloser Rückführbarkeit des Kredites der entsprechende Antrag abgelehnt wird.492 Die gesteigerten Ausfallwahrscheinlichkeiten einzelner Bonitätsklassen, insbesondere die des Subprime-Kundensegments, können demzufolge nicht bedeuten, dass Banken mit derartigen Kunden in Zukunft keine Geschäfte mehr
484
Vgl. Kramer, Jost W. (2002): S. 329. Vgl. Mettler, Alfred (1994): S. 4. Vgl. auch Kap. 3.2. 486 Vgl. ebenda. 487 Vgl. Korczak, Dieter (2005): S. 37. 488 Vgl. ebenda. 489 Vgl. Pfingsten, Andreas (2000): S. 704 in Anlehnung an Paul, Stephan/ Stein, Stefan (2005): S. 26. 490 Vgl. Stiglitz, Joseph E./ Weiss, Andrew (1981): S. 394 f. und S. 408. 491 Vgl. Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 218. 492 Vgl. Rosenhagen, Klaus (1996): S. 23. Vgl. auch Kap. 3.2.5. 485
83
betreiben.493 Erforderlich ist vielmehr für die Kreditvergabe im Subprime-Geschäft eine im Vergleich zur Vergangenheit geänderte Konditionspolitik, die sich stärker an dem von der Bank getragenen Risiko orientiert.494 Dies bedeutet, dass die nach Risikomerkmalen ausgerichteten Bonitätsklassen der Kreditnehmer bei der Konditionsgestaltung als Grundlage herangezogen werden müssen.495 Im Ergebnis führt diese risikoadjustierte Bepreisung von Kreditrisiken zu einer Kreditvergabepolitik, bei der im Rahmen von Kreditentscheidungen nicht mehr vorrangig gefragt wird, ob der Antrag genehmigt wird oder nicht.496 Vielmehr wird die Kreditentscheidung auf die Frage gelenkt, zu welchem Preis der Kredit vergeben werden kann.
3.4 Die Integration des Subprime-Geschäfts in die Automobilfinanzierung über die risikoadjustierte Bepreisung von Kreditrisiken 3.4.1
Subprime-relevante Merkmale der Risikokostenverrechnung im Kreditgeschäft unter der Prämisse einer ertragsorientierten Risikopolitik
Die voranstehenden Ausführungen machen deutlich, dass Banken im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung grundsätzlich nicht die Gefahr vermeiden können, dass die übernommenen, erhöhten Risiken zumindest teilweise schlagend werden und Verluste generieren.497 Selbst wenn die Kreditverantwortlichen einer Bank nur Kreditgeschäfte ohne identifizierbares Ausfallrisiko abschließen, kommt es dennoch während der anschließenden Kreditlaufzeit zu einzelnen Kreditausfällen, die sich auf die Erfolgs- und Liquiditätslage der Banken beeinträchtigend auswirken können.498 Die hierbei entstehenden Kosten stellen sich für die Bank als mit dem Ausfallrisiko verbundene Ertragseinbußen dar und werden in der Fachliteratur als Risikokosten bezeichnet.499 Ihre erfolgswirksamen, mit dem Verlust eines hingegebenen Kreditbetrages einschließlich der vereinbarten Zinsen einhergehenden Auswirkungen auf die Ertragslage der Banken werden sowohl aus dem reinen Kapitalausfall als auch durch Un- oder Minderverzinslichkeit hervorgerufen.500 Infolge dieses Umstandes sieht sich die Bank im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung zwei zentralen Fragestellungen gegen493
Vgl. Kramer, Jost W. (2002): S. 329. Vgl. ebenda. 495 Vgl. Knoth, Rainer (1998): S. 195 und Weinrich, Günter (1978): S. 31-34. 496 Vgl. nachfolgend Knoth, Rainer (1998): S. 195 f. 497 Vgl. hierzu Schierenbeck, Henner (2001b): S. 16. 498 Vgl. hierzu und im folgenden Schierenbeck, Henner (2001a): S. 307 f. 499 Vgl. auch Hölscher, Reinhold (1994): S. 575 und Zielke, Andreas (2004): S. 35. 494
84
übergestellt: Zum einen muss im Rahmen einer ertragsorientierten Risikopolitik festgestellt werden, ob sich die Bank die mit dem Subprime-Geschäft verbundene Übernahme erhöhter Kreditrisiken überhaupt leisten kann.501 Das erhöhte Kreditrisiko im Subprime-Kreditgeschäft lässt sich dabei in zwei unterschiedliche Komponenten zerlegen.502 Auf der einen Seite geht man davon aus, dass künftige Kreditverluste schätzbar sind. Die dem Subprime-Kreditgeschäft inhärenten Kreditrisiken können mit Hilfe spezieller Verfahren wie etwa einer Extrapolation von Vergangenheitsdaten ermittelt werden und stellen unter diesem Blickwinkel kein Risiko im eigentlichen Sinne dar. Da die Bank die hiermit verbundenen Verluste „erwartet“, wird diese Kreditrisikokomponente als erwarteter Verlust (Expected Loss – EL) bezeichnet. Die zweite Komponente des Kreditrisikos beinhaltet die Gefahr, dass es zu Abweichungen von den prognostizierten, erwarteten Verlusten kommt. Diese Unsicherheit wird als unerwarteter Verlust (Unexpected Loss – UL) bezeichnet und kann als eigentliches Risiko bei der Übernahme von Ausfallrisiken angesehen werden.503 Vor diesem Hintergrund wird die Bank zur Existenzsicherung darauf achten, dass sowohl erwartete wie auch unerwartete Verluste aus dem Subprime-Kreditgeschäft durch adäquate Risikodeckungsmassen abgedeckt werden. Hierzu versucht die Bank einerseits, die erwarteten Verluste nach dem Versicherungsprinzip in Form von Standard-Risikokosten im Kreditzins einzupreisen, eine Risikoprämie am Markt zu verdienen und hierdurch einen Risikodeckungsfonds für die „üblichen“ Verluste zu bilden. Die Risikoprämie lässt sich als Versicherungsprämie zur Absicherung gegen allgemeine Ausfallsrisiken verstehen und trägt gemeinsam mit allen weiteren mit dieser Prämie belasteten Kreditgeschäften dazu bei, dass die durch die Ausfälle entstandenen Risikokosten erfolgsneutral ausgeglichen werden können.504 Die Berechnung einer Risikoprämie erfolgt grundsätzlich auf Basis der Differenz zwischen dem Zinssatz für eine risikolose Forderung und dem Zinssatz für ein risikobehaftetes Kreditgeschäft.505 Der unerwartete Teil des Subprime-Ausfallrisikos wird hingegen durch haftendes Eigenkapital der Bank als weiterem Risikopuffer abgedeckt.506 Dieses Kapital muss in seiner Höhe ausreichen, um die unerwarteten Verluste zu absorbieren
500
Vgl. Hölscher, Reinhold (1994): S. 575. Vgl. im folgenden Schierenbeck, Henner/ Lister, Michael/ Grüter, Marc D./ Paul, Stefan (2003): S. 7-9. 502 Vgl. hierzu und im folgenden Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 300. 503 Vgl. auch Rohmann, Martin (2000): S. 49. 504 Vgl. Brakensiek, Thomas (1991): S. 78. 505 Vgl. Wiegel, Klaus Dieter (1985): S. 277 f. 506 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 348 und Rohmann, Martin (2000): S. 40 f. 501
85
und die Bank vor einer drohenden Schieflage schützen zu können.507 Da Investoren infolge ihrer Renditeforderungen einen Verzinsungsanspruch auf das ökonomische Kapital erheben, müssen die hieraus entstehenden Eigenkapitalkosten am Markt verdient werden. Diese Kalkulationskomponente wird folglich ebenfalls als Bestandteil des Kreditzinses berücksichtigt.508 Die zweite zentrale Fragestellung betrifft den Grundsatz, dass die Risikoübernahme im Subprime-Kreditgeschäft kein Selbstzweck sein darf und konsequent dem Rentabilitätsgedanken unterzuordnen ist.509 Ein ertragsorientiertes Risikomanagement hat daher zu klären, inwieweit die Übernahme der Risiken überhaupt lohnenswert ist und welche Chancen der Bank hierdurch zufließen.510 Gemäß dem Risiko-Chancen-Kalkül soll durch die Übernahme von Risiken die Ertragskraft einer Bank gestärkt werden. Hierfür besteht für die Bank die Notwendigkeit, im Rahmen des Risikomanagementprozesses eine Risikokostenverrechnung vorzunehmen, bei der eine Relation zwischen dem Eingehen von Risiken und den erwarteten Erträgen aus dem Kreditgeschäft hergestellt wird.511 Die Verrechnung der Risikokosten muss dabei nach der Prämisse erfolgen, die Kosten möglicher Ausfallrisiken über die Risikoprämie am Markt durchzusetzen und zu verdienen. Für die Existenzsicherung einer im Subprime-Kreditgeschäft tätigen Bank ist es unter diesem Blickwinkel besonders wichtig, die erforderliche Deckung der mit erhöhter Wahrscheinlichkeit anfallenden Zins- und Kreditausfälle durch diese Risikoprämie sicherzustellen. Ihre Kalkulation und Durchsetzung am Markt ist dabei so vorzunehmen, dass die entstandenen Risikokosten durch die in Form der Prämie verrechneten Risikokosten kompensiert werden.512 Diese Gleichgewichtsbedingung spiegelt sich im sog. Risikoergebnis wider, das als Schnittstelle zwischen den in der Finanzbuchhaltung verbuchten Ist-Ausfällen und den kalkulatorischen, durch die Risikoprämie abgebildeten Risikokosten fungiert.513 Hier werden die tatsächlich entstandenen Risikokosten von den ex-ante berechneten und über die Kundenkonditionen der einzelnen Geschäfte vereinnahmten Risikoprämien abgezogen. Das resultierende Risikoergebnis gibt folglich an, inwieweit die kalkulatorischen Risikoprämien die ex-post 507
Vgl. hierzu und im folgenden Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 305 f. Vgl. zu den Kreditzinskomponenten die Ausführungen in Kap. 3.4.1.1. Vgl. Schierenbeck, Henner/ Lister, Michael/ Grüter, Marc D./ Paul, Stefan (2003): S. 7. 510 Vgl. im folgenden Schierenbeck, Henner (1995): S. 14. Vgl. auch Schierenbeck, Henner/ Lister, Michael/ Grüter, Marc D./ Paul, Stefan (2003): S. 7. 511 Vgl. Haumüller, Stefan (1997): S. 27. 512 Vgl. Schierenbeck, Henner (1995): S. 14. 513 Vgl. hierzu Schierenbeck, Henner (2001): S. 293. 508 509
86
zu verzeichnenden Risikokosten abdecken. Als Signal für ein erfolgreiches Risikomanagement kann ein positives Risikoergebnis interpretiert werden, bei dem ein größerer als der periodisch messbare Ausfallbetrag verdient werden konnte.514 Dagegen wurden im Falle eines negativen Risikoergebnisses bei den einzelnen Kreditverträgen zu niedrige Risikoprämien in Rechnung gestellt, wenn die erzielten Erträge in der jeweiligen Periode die auftretenden Ausfälle kalkulatorisch nicht vollständig abdecken.515 Aus den vorstehenden Erläuterungen wird deutlich, dass sowohl aus dem Blickwinkel der Risikotragfähigkeit wie auch zur Stärkung der Ertragskraft der Bank an die Verrechnung der Risikokosten im Subprime-Kreditgeschäft besondere Anforderungen gestellt werden. Die Verrechnung der Risikokosten lässt sich anhand des Aufbaus einer Richtkondition für die Preisgestaltung im Subprime-Kreditgeschäft skizzieren.516 Die Richtkondition kann als angemessener Preis für den Subprime-Kredit als finanzwirtschaftliches Produkt verstanden werden und stellt als Summe verschiedener Kostenkomponenten den Ausgangspunkt für Verhandlungen mit den Kunden im SubprimeKreditgeschäft dar.517 Dass die Bepreisung des Kreditrisikos hierbei im SubprimeKreditgeschäft risikoadäquat erfolgen sollte, wird im folgenden Kapitel dargestellt. Anschließend wird der Aufbau der Richtkondition anhand der Erläuterung ihrer Kostenkomponenten näher betrachtet.
3.4.2
Die risikoabhängige Bepreisung von Kreditrisiken als Ziel der Risikokostenverrechnung bei der Subprime-Automobilfinanzierung
3.4.2.1 Grundüberlegungen zur risikoadjustierten Bepreisung von Kreditrisiken Die Grundidee der risikoabhängigen Konditionsgestaltung geht von der in bankbetriebswirtschaftlichen Literaturkreisen diskutierten Risikoabgeltungshypothese aus.518 Hiernach kann eine Bank im Rahmen ihres Risikotragfähigkeitspotentials grundsätzlich jedes Risiko übernehmen, sofern der Erfolgsbeitrag aus der Risikoübernahme die durchschnittlich zu erwartenden Verluste abdeckt und die angestrebte Zielrendite für
514
Vgl. auch Hölscher, Reinhold (1994): S. 577. Vgl. ebenda. 516 Vgl. im folgenden Schierenbeck, Henner (1995): S. 16. 517 Vgl. auch Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 297. 518 Vgl. etwa Krümmel, Hans-Jacob (1976): Sp. 497, Süchting, Joachim (1976): S. 23 in Verbindung mit Wilhelm, Jochen (1982): S. 573 f. 515
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das zur Unterlegung notwendige Risikokapital erwirtschaftet.519 Die konsequente Umsetzung einer solchen Kreditvergabepolitik setzt dabei eine Preisgestaltung voraus, bei der die Kreditnehmer das von ihnen induzierte Ausfallrisiko der Bank selbst vergüten.520 Im Idealfall tragen hier folglich die Kreditnehmer über die Berechnung der Risikoprämien die möglichen in späteren Zeitpunkten anfallenden Kosten ihres eigenen Kreditausfalls.521 Den zentralen Grundgedanken dieser Konzeption bildet das Verursacherprinzip.522 Hiernach wird der Preispolitik das Bewertungspostulat zugrundegelegt, dass die Kreditkonditionen für das Neugeschäft über die Risikoeinstufung der Kreditantragsteller bestimmt werden.523 Demzufolge muss die Kondition so bemessen werden, dass sie den Kreditgeschäften mit hohem Ausfallrisiko höhere Risikoprämien zurechnet als denen mit geringem Ausfallrisiko.524 Im Ergebnis orientiert sich die Bank somit an dem Grundsatz, dass beim Eingehen höherer Risiken auch eine höhere Rendite erwirtschaftet werden muss.525 Obwohl empirische Untersuchungen eine auf die Bonität der Kreditnehmer abstellende Preisgestaltung der Banken im Kreditgeschäft bestätigen, ist sich die Literatur weitgehend einig, dass die Theorie der Risikoabgeltung lediglich einen möglichen Extremfall des Entscheidungsverhaltens von Banken darstellt.526 Stattdessen wird vielfach die Ansicht geäußert, dass die Risikonormierungsthese eine zutreffendere Beschreibung für die im deutschen Kreditgewerbe anzutreffende Preispolitik liefert.527 Diese wird durch die Kernaussage charakterisiert, dass Banken lediglich bis zu einer vom Kreditzins unabhängigen Grenze bereit sind, Ausfallrisiken im Kreditgeschäft zu übernehmen. Demnach führen Banken keine Kreditgeschäfte durch, bei denen nach den Ergebnissen der Kreditwürdigkeitsprüfung ein Ausfall als sehr wahrscheinlich angesehen wird und deren Risiko infolgedessen mit einem entsprechend überhöhten Zinssatz kompensiert werden muss. Diese Verhaltensweise wird durch die modelltheoretischen Annahme bestätigt, dass sich für die Bank die Erhöhung des Kreditzinses zur Kompensation steigen-
519
Vgl. hierzu Wilhelm, Jochen (1982): S. 573-590 und Fischer, Thomas R. (1989): S. 267-273. Vgl. Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 211. 521 Vgl. ebenda. 522 Vgl. Beck, Andreas/ Lesko, Michael (2003): S. 315 und Rohmann, Martin (2000): S. 27. 523 Vgl. Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 212. 524 Vgl. Wiegel, Klaus Dieter (1985): S. 304 und Haumüller, Stefan (1997): S. 97 f. 525 Vgl. Haumüller, Stefan (1997): S. 97. Vgl. hierzu auch Kap. 3.4.3. 526 Vgl. hierzu und im folgenden Fischer, Thomas R. (1989): S. 268 sowie Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 212. 527 Vgl. im folgenden auch Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 321 f. 520
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der Risiken nur bis zu einer bestimmten Zinsgrenze lohnt.528 Hiernach nimmt mit einer weiteren Erhöhung des Zinssatzes über diese Grenze hinaus zum einen der Anteil von Kreditnehmern mit schlechter Bonität zu, da die Kreditnehmer mit guter Bonität die Kreditinanspruchnahme als nicht mehr lohnenswert empfinden (adverse Selektion). Zum anderen führt die weitere Zinserhöhung zu einer Veränderung des Risikoverhaltens bestehender Kreditnehmer (Moral Hazard). So versuchen diese durch riskantere Verhaltensweisen ihr erzielbares Einkommen zu erhöhen, um dadurch die Kosten der gesteigerten Kreditzinsen zu kompensieren. Beide negativen Effekte, adverse Selektion und Moral Hazard, können somit in ihrer Ertragswirkung den positiven Effekt der Zinserhöhung überwiegen. Ein zusätzliches Risiko für die Bank stellt der mit steigenden Zinsen zunehmende ausstehende Betrag im Zeitpunkt des Kreditnehmerausfalls (Exposure at Default – EAD) dar.529 Je höher die im Kreditzins veranschlagte Risikoprämie ausfällt, desto größer stellt sich der potentiell vom Ausfall bedrohte Forderungsbetrag dar. Zudem ist davon auszugehen, dass die mit dem Zinssatz steigenden Kreditkosten für den Kreditnehmer eine Liquiditätseinschränkung darstellen. Diese Belastung des Haushaltsbudgets muss für den Kreditnehmer finanziell tragbar sein, da andernfalls der Kredit infolge von Liquiditätsengpässen und der daraus resultierenden Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers von einem erhöhten Ausfallrisiko bedroht ist. Infolge dieser Wirkungsmechanismen wird die Bank Kreditgeschäfte nur bis zu einer bestimmten Zinshöhe eingehen, obwohl es durchaus Kreditnehmer geben kann, die zur Zahlung höherer Zinsen bereit sind.530 Auch im Subprime-Kreditgeschäft werden Banken unter diesen Gesichtspunkten vornehmlich Kredite zu Zinssätzen vergeben, die zwar risikoadäquat bemessen sind, in ihrer Wirkung jedoch die finanzielle Belastbarkeit des Kunden nicht übersteigen. Folglich werden Risiken gegen Zahlung von Risikoprämien übernommen, jedoch nur bis in Höhe eines bestimmten Risikoniveaus. Für die Kreditvergabepolitik der Banken bedeutet dies, dass die dem traditionellen Kreditgeschäft anhaftende dichotome Einteilung der Kreditentscheidung aufgegeben wird.531 Stattdessen können im modernen, durch die risikoabhängige Bepreisung geprägten Kreditgeschäft die Entscheidungen differenziert getroffen werden. So werden hier die Kreditanfragen bis in Höhe des festgelegten Risikoniveaus genehmigt, jedoch mit einer kundengerechten Risikoprämie. 528 529 530
Vgl. hierzu und im folgenden Stiglitz, Joseph E./ Weiss, Andrew (1981): S. 393-410. Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 540. Vgl. zur Kreditrationierung der Banken auch Kap. 3.2.2.
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Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die risikoadjustierte Bepreisung von Kreditrisiken ein Verfahren zur Berechnung von Bonitätsprämien darstellt, das auf Grundlage einer Kreditwürdigkeitsprüfung des jeweiligen Kreditnehmers durchgeführt wird.532 Sie basiert in heutiger Form auf der präzisen, EDV-gestützten Messung der Risiken des Kreditengagements mit Hilfe moderner Rating- und Scoringverfahren und berücksichtigt diese Risiken bei der Festlegung der Kreditkonditionen im Rahmen der Einzelgeschäftskalkulation. Infolge dieser konzeptionellen Eigenschaft stellt das Modell der risikoabhängigen Konditionsgestaltung die notwendige, in Kap. 3.3.2 skizzierte Ausgangsbasis für die Kreditvergabeentscheidung im Subprime-Segment dar. Nachfolgend soll die Bedeutung der risikoabhängigen Kreditbepreisung für die Anwendung im Subprime-Kreditgeschäft erläutert werden. In Kap. 3.4.4. wird zudem beschrieben, welche Restriktionen sich für die risikoabhängigen Konditionen bei der Durchsetzung am Markt ergeben.
3.4.2.2 Zur Bedeutung der risikoabhängigen Kreditbepreisung als Prämisse für die Kreditvergabe im Subprime-Geschäft Die risikoabhängige Kreditbepreisung wird durch die im vorangegangenen Kapitel beschriebene Zielsetzung geprägt, die Berechnung der Risikoprämien verursachungsgerecht durchzuführen. Die modernen, hierfür herangezogenen Kalkulationsansätze sehen daher vor, die Kreditrisikokosten einzelgeschäftsbezogen zu ermitteln, indem je nach Bonität des Kunden individuelle Risikozuschläge berechnet werden.533 Die sich hieraus ergebenden Vorteile lassen sich insbesondere aus der Abgrenzung gegenüber den Nachteilen der einheitlichen Risikokostenkalkulation auf Ebene von Geschäftssegmenten oder sogar des gesamten Kreditgeschäftes fixieren. So legt die vor allem in der Vergangenheit angewandte Methode der Mischkalkulation im wesentlichen unabhängig von der Bonität der einzelnen Kunden Risikozuschläge fest, mit der die insgesamt anfallenden Kreditausfälle kompensiert werden sollen. Im Ergebnis führt diese undifferenzierte, globale Risikozuschlagspolitik tendenziell zu einer Abwanderung der guten Risiken bei gleichzeitigem Verbleib der schlechten Risiken.534 Die Ursache der hieraus 531
Vgl. hierzu Lüscher-Marty, Max (2002): Kap. 3.11. Vgl. hierzu und im folgenden Ahnert, Sascha (2006): S. 580. Vgl. im folgenden Wimmer, Konrad (2004): S. 318 f. 534 Vgl. Beck, Andreas/ Lesko, Michael (2003): S. 316. 532 533
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resultierenden adversen Selektion liegt in der Benachteiligung der guten Risiken zu Gunsten der Schlechten: Infolge der einheitlichen Preiskalkulation zahlen die Kunden mit guter Bonität einen im Vergleich zu ihrer Risikolage zu hohen Zins und die Kunden mit schlechter Bonität einen vergleichsweise zu tiefen Zins.535
Zinssatz Risikoadjustierte Konditionsgestaltung
Gute Risiken mit zu hohem Preis
Risikoundifferenzierte Konditionsgestaltung
Schlechte Risiken mit zu tiefem Preis
Bonität gut
schlecht Bonitätsgrenze
Abb. 7:
Der Zusammenhang zwischen Kreditkondition und Risikokosten.536
Eine mit Einheitszinssätzen agierende Bank läuft dann Gefahr, dass Kunden, die aufgrund von Bonitätseinschränkungen bei anderen Banken keinen Kredit oder nur einen mit hohen Zinskosten erhalten, auf das verhältnismäßig günstige, nicht risikoadjustierte Preisangebot eingehen.537 Umgekehrt werden Kreditnehmer mit sehr guter Bonität das verhältnismäßig attraktivere Zinsangebot anderer Banken vorzugsweise annehmen. Wenn nun infolge der risikoundifferenzierten Konditionspolitik schlechte Risiken Kredite vergleichsweise günstig erhalten und umgekehrt gute Risiken verhältnismäßig teuer, führt dies in der Gesamtbetrachtung aller Kunden eines Kreditinstitutes zu einer
535 536 537
Vgl. Abb. 7. Vgl. Schierenbeck, Henner (1995): S. 17. Vgl. Wagner, Jan (2007): S. 30.
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schleichenden Verschlechterung der Qualität des Gesamtportfolios.538 Damit diese Quersubventionierung zwischen guten und schlechten Risiken verringert wird, erscheint die risikoorientierte Preisgestaltung unumgänglich, da hier schlechte Risiken durch eine hohe Risikoprämie und gute Risiken mit einer geringeren Risikoprämie belastet werden.539 Die Konditionspolitik mit risikoadjustierten Preisen stellt folglich einen
betriebswirtschaftlichen
Selbstschutz
dar
und
sichert
die
langfristige
Überlebensfähigkeit des Kreditinstitutes.540 Zum anderen übt die mit der risikodifferenzierten Preispolitik eingehende Spreizung der Konditionen eine unverzichtbare volkswirtschaftliche Lenkungsfunktion aus. Durch sie wird ein Anreizsystem geschaffen, indem das Streben nach besserer Bonität monetär belohnt wird.541 Letztendlich wird die Kreditvergabe an Kunden des Subprime-Segments durch den Einsatz risikoadjustierter Konditionen erst möglich: Bei der Erhebung einheitlicher Kreditkonditionen werden Risikoprämien in Rechnung gestellt, die bei der Gewährung von Krediten an Kunden schlechter Bonität die mit der gesteigerten Ausfallwahrscheinlichkeit verbundenen Verluste nicht kompensieren können.542 Die Kreditvergabe an Subprime-Kunden kann demzufolge bei einer undifferenzierten Prämienkalkulation aus risikopolitischen Gründen nicht umgesetzt werden, da die hierbei zu erwarteten Ertragseinbussen infolge des unzureichenden, jedoch notwendigen Ausfalldeckungspotentials einer ertragsorientierten Risikopolitik entgegenstehen. Erst mit Hilfe der Durchführung einer kundenindividuellen Berechnung der Risikokosten zahlt jeder Kunde verursachungsgerecht für sein Risiko. Die Bank kann dadurch zum einen Kunden mit guter Bonität attraktive Preise anbieten. Für das Thema der vorliegenden Arbeit ist jedoch vor allem wichtig, dass aufgrund der differenzierten Gestaltung der Risikoprämien zum anderen auch und überhaupt bonitätsschwachen Kunden ein Kreditangebot zu entsprechend höheren Konditionen unterbreitet werden kann.543 Für die Bank bedeutet dies zum einen mehr Geschäft durch die Erschließung einer neuen Kundengruppe, zum anderen auch einen höheren Nettozinsertrag.544 Im Ergebnis könnte dieser Aspekt zu einer Kreditbereitschaft der Banken gegenüber Kreditnehmern mit eingeschränkter Bonität führen, da bei diesen Kunden die Zurückhaltung der Banken bei der 538
Vgl. Ahnert, Sascha (2006): S. 580. Vgl. Haumüller, Stefan (1997): S. 97. Vgl. Ahnert, Sascha (2006): S. 580. 541 Vgl. ebenda. 542 Vgl. Schierenbeck, Henner (2001a): S. 308 f. 543 Vgl. Wimmer, Konrad (2004): S. 319 und Schulte-Mattler (2007): S. 1872. 544 Vgl. Schulte-Mattler (2007): S. 1872. 539 540
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Kreditvergabe bislang verhältnismäßig früh einsetzte.545 Durch den am individuellen Bonitätsrisiko angepassten Preis erhalten damit solche Kunden verbesserte Zugangsmöglichkeiten zum Kredit, die bei Anwendung von Einheitszinssätzen eher mit einer negativen Kreditentscheidung rechnen müssten.546 Als Prämisse für die Kreditvergabe im Subprime-Kundensegment lässt sich demnach folgendes festhalten: Erst über die Erhebung risikoadjustierter Zinsen erhalten Banken die Chance, strategisch gewolltes Geschäft mit Kunden schlechter Bonität betreiben zu können.547 Um sich der Gefahr der beschriebenen Wirkungsmechanismen asymmetrischer Anreizeffekte strukturell zu entziehen, werden Banken auch im gesamten Kreditgeschäft risikodifferenzierte Zuschläge im Kreditzins an ihre Kunden entsprechend der kalkulierten Risikostufe durchsetzen.548 3.4.3
Besonderheiten des Aufbaus einer Richtkondition im Subprime-Kreditgeschäft
Die Konditionierung von Subprime-Krediten lässt sich innerhalb der Konzeption einer ertragsorientierten Banksteuerung auf Basis einer verursachungsgerechten Erfassung der relevanten Kostenkomponenten gestalten.549 Für die Berechnung einer Richtkondition im Subprime-Kreditgeschäft können vier Kostenkomponenten identifiziert werden, deren Summe einen geeigneten Orientierungsmaßstab für sämtliche Preisverhandlungen der Bank darstellt.550 Der Aufbau der zu ermittelnden Richtkondition setzt sich hiernach aus dem Markteinstandszins, den Bearbeitungs- und Betriebskosten, den Eigenkapitalkosten und den Risikokosten zusammen.551 Ausgangspunkt der Kalkulation ist der Markteinstandszins, der als Referenz für das zugrundeliegende SubprimeKreditgeschäft fungiert und den Basiszins der Richtkondition darstellt.552 Hierbei handelt es sich um einen kalkulatorischen Vergleichszins, der die zu tragenden Refinanzierungskosten für das Kreditgeschäft widerspiegelt.553
545
Vgl. ebenda. Vgl. Wagner, Jan (2007): S. 31. Vgl. Gaumert, Uwe/ Hartmann, Wulf/ Stein, Dirk (2006): S. 58 und Habschick, Marco/ Evers, Jan/ Jung, Martin (2003): S. 28. 548 Vgl. Schierenbeck, Henner (2001a): S. 309. 549 Vgl. Beck, Andreas/ Lesko, Michael (2003): S. 315. 550 Vgl. Abb. 8 und Schierenbeck, Henner (1995): S. 16. Vgl. auch Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 213. 551 Vgl. ebenda. 552 Vgl. Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 213. 553 Vgl. Schierenbeck, Henner/ Rolfes, Bernd (1988): S. 11 und Horat, Daniel (1998): S. 6. 546 547
93
Richtkondition Solldeckungsbeitrag für Eigenkapitalkosten
Risikokosten
Betriebskosten
Markteinstandszins
Abb. 8:
Aufbau einer Richtkondition.554
Die Frage der Berechnung dieses kalkulatorischen Vergleichszinses kann jedoch nicht ohne weiteres beantwortet werden.555 So lässt sich in der Regel nicht eindeutig feststellen, aus welchen kapitalbezogenen Mitteln der Bank das Kreditgeschäft refinanziert wird. Als mögliche Refinanzierungsquellen bieten sich für Banken etwa Sicht-, Terminoder Spareinlagen an, aber auch Bankschuldverschreibungen, Eigenkapital oder eine Mischung aus allen Positionen. Da sich durch die Vielzahl an Refinanzierungsmöglichkeiten kein einheitlicher Bezug zur Subprime-Automobilfinanzierung herstellen lässt, soll zur Ermittlung des Markteinstandszinses an dieser Stelle auf die sog. Marktzinsmethode verwiesen werden.556 Das Grundmodell der Marktzinsmethode basiert konzeptionell auf dem Opportunitätsprinzip.557 Hiernach besteht der Nutzen eines Kreditgeschäftes darin, einen höheren Erfolgsbeitrag zu erzielen, als dies mit dem Abschluss eines fristenkongruenten, faktisch risikolosen Alternativgeschäftes am Geldund Kapitalmarkt möglich wäre.558 Als Maßstab für den Markteinstandszins wird folglich der Zinssatz derjenigen Handlungsalternative herangezogen, auf die zugunsten des 554
Vgl. Schierenbeck, Henner (1995): S. 16. Vgl. hierzu und im folgenden Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 498. Vgl. hierzu und im folgenden Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 694698 und Horat, Daniel (1998): S. 7 f. 557 Vgl. Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 504. 558 Vgl. Büschgen, Hans E. (2006): S. 650 und Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 213. 555 556
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betrachteten Kreditgeschäftes verzichtet wird.559 Vergleichsgrößen für die Ermittlung des Markteinstandszinses stellen dabei die Zinssätze dar, die an den Geld- und Kapitalmärkten für eine Anlage mit gleicher Zinsbindung, Laufzeit und Währung tatsächlich zustande kommen.560 Als Referenzmarkt dient hierfür etwa der Interbankenmarkt.561 So kann als Zinsbasis für ein Kreditgeschäft zum Beispiel der international bedeutende Referenzzins LIBOR (London Interbank Offered Rate) gewählt werden, der den Durchschnittszinssatz darstellt, zu dem sich große, in London tätige Banken gegenseitig erstklassige Kredite anbieten.562 Aus Vereinfachungsgründen soll in der vorliegenden Arbeit davon ausgegangen werden, dass die Refinanzierungszinsen zeitgleich mit der Zahlung der Kreditzinsen anfallen. Bei fristeninkongruenter Ausleihung und Refinanzierung kann die Bank hingegen einen Strukturbeitrag erwirtschaften, der sich durch die damit einhergehende Fristentransformation als Ertrag aus dem Zinsüberschuss berechnet.563 Konkrete, subprime-relevante Besonderheiten weisen hingegen die Kosten der Kreditbearbeitung auf, die als weiteres Aufbauelement der Richtkondition zu berücksichtigen sind.564 Sie zählen ihrer Eigenschaft nach zu den Betriebskosten der Bank und werden üblicherweise über die Einrichtung einer Kreditbearbeitungsgebühr dem Kunden in Rechnung gestellt.565 Hierdurch werden solche Kosten berücksichtigt, die mit der direkten Leistungserstellung im Kreditgeschäft entstehen.566 So unterliegt jedes Kreditgeschäft einem Bearbeitungsprozess, der infolge der hierbei durchzuführenden Arbeitsschritte Kosten verursacht.567 Diese resultieren vor allem aus der Bereitstellung von Personal und Infrastruktur und sind demzufolge durch einen hohen Fix- und Gemeinkostenanteil geprägt.568 Je kleiner das Kreditvolumen ist, desto höher ist folglich der relative Anteil der Bearbeitungskosten an den Gesamtkosten.569 Zu kostenverursachenden Prozessen gehören im wesentlichen die Prüfung des Kreditgesuches, die Dokumentation der Kreditprüfungsergebnisse, die Abwicklung laufender Geschäfte wie 559
Vgl. Süchting, Joachim/ Paul, Stephan (1998): S. 416. Vgl. Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 299. Vgl. hierzu Horat, Daniel (1998): S. 8. 562 Vgl. Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 31. 563 Vgl. hierzu Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 703-705. 564 Vgl. Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 299. 565 Vgl. Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 213. 566 Vgl. Haumüller, Stefan (1997): S. 88. 567 Vgl. hierzu Horat, Daniel (1998): S. 27. 568 Vgl. Habschick, Marco/ Evers, Jan/ Jung, Martin (2003): S. 25 und Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 493 f. 569 Vgl. ebenda. 560 561
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etwa die tägliche Kundenbetreuung im Zusammenhang mit dem Tagesgeschäft, die fortlaufende Kreditüberwachung und die Kreditrückführung.570 Für die Berechnung der hierbei anfallenden Kosten, stehen im Rahmen der Bankkostenrechnung unterschiedliche Methoden der Geschäftskalkulation zur Verfügung.571 Während hierzu in der Vergangenheit überwiegend traditionelle Vollkostenrechnungen auf Basis von Ist- und Normalkosten angewandt wurden, sind die Banken in den letzten Jahren zum Verfahren der prozessorientierten Standard-Einzelkostenrechnung übergegangen.572 Diese basiert auf der Verrechnung von ausschließlich solchen Kosten, die eindeutig im Zusammenhang mit der Leistungsinanspruchnahme stehen.573 Demzufolge fließen hier nur Einzelkosten in die Kalkulation mit ein.574 Für die Bearbeitung von SubprimeKreditgeschäften ist davon auszugehen, dass das erhöhte Kreditrisiko zusätzliche administrativen Aufwendungen bei der Kreditbearbeitung notwendig macht. Bereits bei Antragstellung eines Subprime-Kredites wird die Bank infolge der Bonitätseinschränkungen der Kreditnehmer vor besondere Anforderungen der Kreditwürdigkeitsprüfung und der Kreditentscheidung gestellt. Entscheidend ist somit zum Beispiel für die Höhe der Betriebskosten, welche Aufwendungen eine Bank für die Implementierung und Aufrechterhaltung eines subprime-spezifischen Scoring- oder Ratingsystems leisten muss. Im Rahmen der Kreditabrechnung und –einbuchung ist eine besonders intensive Überprüfung der eingereichten Kundendokumente notwendig, die auf die Minimierung von Missbrauchs- und Betrugsaktivitäten der Subprime-Kreditnehmer abzielt. Da infolge der gesteigerten Zahl an Kreditnehmerausfällen im Subprime-Kreditgeschäft sowohl wirksame Mahn- und Inkassoroutinen vorhanden sein müssen und in vielen Fällen das finanzierte Fahrzeug sicherzustellen ist, fallen auch im Rahmen der damit verbundenen organisatorischen und personellen Ausgestaltung subprime-bezogene Mehraufwendungen an. Die Höhe dieser tendenziell anfallenden Mehraufwendungen hängen in ihrer Gesamthöhe vor allem von der Effizienz der Prozesse jeder einzelnen Bank ab. Der Umfang der anzusetzenden Betriebskosten im Rahmen der Konditionsbestimmung richtet sich demnach in der Subprime-Automobilfinanzierung nach dem Entwicklungsstand des jeweiligen Kreditinstitutes.575 570
Vgl. auch Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 213. Vgl. ebenda. Vgl. auch Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 494 f. Vgl. hierzu Schierenbeck, Henner (1998): S. 541. 573 Vgl. auch Becker, Hans P./ Peppmeier, Arno (2008): S. 495 und Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 213. 574 Vgl. ebenda. 575 Vgl. Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 299. 571 572
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Eine direkte Abhängigkeit von der Bonität der Kreditnehmer weisen die Risikokosten und die Eigenkapitalkosten als weitere Komponenten der Richtkondition auf.576 Wie bereits in Kap. 3.4.1. erläutert haben sie die Funktion, die erwarteten und die unerwarteten Verluste aus dem Kreditgeschäft im Kreditzins abzudecken. Beide Komponenten können als eigentliche risikoabhängige Kosten eines Kredites angesehen werden und müssen durch einen entsprechend hohen Zinssatz abgegolten werden. Während zur Festlegung der Risikokosten die Ermittlung der erwarteten Verluste notwendig ist, sind für die Höhe der Eigenkapitalkosten die unerwarteten Verluste des SubprimeKreditgeschäftes maßgeblich. Je genauer die Bank die Berechnung beider Komponenten vornimmt, desto risikoadjustierter können die Kreditkonditionen vergeben und letztendlich Kreditverluste abgefedert werden. Im folgenden sollen Aspekte der Ermittlung der Risikokosten und der Eigenkapitalkosten näher erläutert werden.
3.4.3.1 Aspekte der Berechnung der Risikokosten als Komponente des SubprimeKreditzinses zur Abdeckung erwarteter Verluste Wie in den vorangestellten Kapiteln dargestellt worden ist, handelt es sich bei den Risikokosten, die dem Kreditnehmer über den Kreditzins in Rechnung gestellt werden, um ein Berechnungsäquivalent für die mit der Kreditvergabe erwarteten Zins- und Kapitalausfälle. Für die Bestimmung der Risikokosten ist daher eine möglichst genaue Ermittlung der erwarteten Verluste entscheidend. Hierfür muss zunächst geklärt werden, wie differenziert die Risikokosten kalkuliert werden sollen. Grundsätzlich lässt sich diese Kalkulation auf Ebene des gesamten Kreditgeschäftes, auf Ebene bestimmter Segmente, auf Ebene einzelner Ratingstufen und auf Ebene des einzelnen Kunden durchführen.577 Die höchste Genauigkeit liefert ohne Zweifel die Differenzierung auf Einzelkunden-Ebene, da hier jedem Kreditnehmer die individuellen Risikokosten in Abhängigkeit vom erwarteten Verlust zugeordnet werden. Im Gegensatz hierzu sorgt die Differenzierung auf Ebene des gesamten Kreditgeschäftes für eine Gleichbehandlung aller Kreditnehmer, da für diese dieselbe Ausfallwahrscheinlichkeit unterstellt wird und somit die Kreditvergabe nur mit einheitlichen Risikokostenzuschlägen erfolgt. Diese undifferenzierten Risikozuschläge kommen bei der segmentspezifischen Kalku-
576 577
Vgl. hierzu und im folgenden Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 298 und S. 300. Vgl. hierzu und im folgenden Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 301 f.
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lation innerhalb der jeweiligen Segmente ebenfalls zur Anwendung und führen wie im Vorfeld dargestellt zu einer Quersubventionierung, die langfristig zu einer Verschlechterung des Kreditportfolios führen kann.578 Vor dem Hintergrund der Ratinganforderungen für Banken gemäß den Bestimmungen der Solvabilitätsverordnung wird stattdessen hier eine Differenzierung auf Ratingstufen-Ebene betrachtet, bei der die Kreditnehmer einer Ratingklasse hinsichtlich der Ausfallwahrscheinlichkeit gleich eingestuft werden.579 Hierbei wird die Bank darauf achten, eine nicht zu eng begrenzte Zahl an Ratingklassen zu wählen. So fällt die Gefahr der Quersubventionierung umso größer aus, je geringer die Zahl an Ratingklassen ausfällt. Für die SubprimeAutomobilfinanzierung ergeben sich daraus besondere Anforderungen an die Abgrenzung der Ratingklassen untereinander. So handelt es sich bei den SubprimeKreditnehmern oftmals um Kunden, die im traditionellen Kreditgeschäft der Banken aufgrund ihrer negativen Bonitätsmerkmale in der Ratingzuordnung einheitlich behandelt werden. Diese unzureichende Ratingdifferenzierung bei schlechten Bonitäten führt dazu, dass allen Subprime-Kunden gleich hohe Risikokosten in Rechnung gestellt werden. Für die Subprime-Aktivitäten einer Bank ist daher die Entwicklung einer Ratingsystematik entscheidend, bei der eine hinreichende Differenzierung der Ratingklassen untereinander auch für schlechte Bonitäten gewährleistet ist. Nachdem der Differenzierungsgrad für die Berechnung der Risikokosten festgelegt wurde, stellt sich nun die Frage nach der Kalkulation des erwarteten Verlustes der jeweiligen Kreditnehmer. Auf Einzelgeschäftsebene lässt sich der erwartete Verlust (EL) als Produkt der kreditnehmerspezifischen Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), der erwarteten Höhe des Kreditengagements im Ausfallzeitpunkt (EAD) und der erwarteten Verlustquote (LGD) erfassen.580 Die kreditnehmerspezifische Ausfallwahrscheinlichkeit spiegelt die erwartete Wahrscheinlichkeit des Ausfalls des jeweiligen Kreditnehmers wider.581 Sie orientiert sich an der Bonität des Kreditnehmers, die über das bankinterne Ratingsystem bestimmt wird.582
578
Vgl. hierzu Kap. 3.4.2.2. Vgl. zu den Ratinganforderungen der Solvabilitätsverordnung Kap. 3.2.4. Vgl. Abb. 9. 581 Vgl. hierzu und in folgenden Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 254 f. und Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 302 f. 582 Vgl. Wimmer, Konrad/ Wagner, Roland (2007): S. 53. Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Risikoklassifizierung in Kap. 3.2.4. 579 580
98
Expected Loss EL
=
Erwarteter Verlust
Probability of Default PD Ausfallwahrscheinlichkeit
Exposure at Default EAD
X
Kreditvolumen bei Ausfall
kundenspezifisch
Abb. 9:
X
Loss given Default LGD Verlustquote
produktspezifisch
Einflussfaktoren des erwarteten Verlusts.583
Diese Bewertungsmethodik erfordert eine Festlegung durchschnittlicher Ausfallwahrscheinlichkeiten pro Ratingklasse, die das „charakteristische“ Risiko der einzelnen Risikoklassen zumindest annähernd widerspiegeln. Im Subprime-Kreditgeschäft wird die Bank mit der Herausforderung konfrontiert, die jeweiligen Ausfallraten für die einzelnen Subprime-Ratingklassen zu ermitteln. Wenn die Bank hier über keine Daten zu historischen Ausfallraten von Subprime-Kunden verfügt, muss deren künftiges Ausfallverhalten mit Hilfe einer Schätzung ermittelt werden. Diese Schätzung wird dabei für eine bislang nicht im Subprime-Geschäft tätige Bank durch die fehlenden Erfahrungen mit der Entwicklung des Zahlungsverhaltens von Subprime-Kunden während der Kreditlaufzeit erschwert. So ist davon auszugehen, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit von Subprime-Kreditnehmern sich auch während der Kreditlaufzeit infolge von Bonitätsverschlechterungen erhöhen kann. In jedem Fall wird die Bank daher die Einschätzung des Ausfallwahrscheinlichkeit als fortlaufenden Prozess verstehen. Das Kreditvolumen bei Ausfall entspricht der erwarteten Höhe des Kreditengagements im Ausfallzeitpunkt. Bei einem Subprime-Ratenkredit handelt es sich dabei um den Forderungsbetrag, der nach Abzug der bisherigen Zins- und Tilgungszahlungen noch offen ist. Da bei Ausfall Subprime-Kreditnehmer nach Erfahrungen amerikanischer Subprime-Finanzierer bereits nach kurzen Laufzeiten ihre Zahlungen einstellen, muss die Bank bei Subprime-Krediten mit einem verhältnismäßig hohen „Kreditexposure“ (EAD) im Zeitpunkt des Ausfalls rechnen.584 Umso wichtiger erscheint für die Bank in 583 584
Vgl. Suyter, Alexander (2006): S. 235. Vgl. zum Kreditgeschäft der amerikanischen Subprime-Finanzierer Kap. 4.3. Vgl. auch die Erläuterungen zum Einfluss der risikoadjustierten Kreditbepreisung auf den EAD in Kap. 3.4.2.1.
99
der Subprime-Automobilfinanzierung daher das Erfordernis, den Kreditverlust nach Ausfall des Kreditnehmers durch die Verwertung von Sicherheiten zu reduzieren. Den Maßstab für den Erfolg der Sicherheitenverwertung liefert die Verlustquote, die den prozentualen Anteil des ausstehenden Kreditvolumens angibt, der tatsächlich zu Verlusten führt. Je höher die Verwertungserlöse eines sichergestellten Fahrzeugs ausfallen, desto niedriger ist der ausstehende, letztendlich uneinbringbare Kreditbetrag nach Ausfall des Kreditnehmers. Da im Subprime-Kreditgeschäft mit einer erhöhten Anzahl von Kreditnehmerausfällen zu rechnen ist und dadurch die Fahrzeugbesicherung einen zentralen Erfolgsfaktor im Rahmen der strategischen Ausrichtung der Bank einnimmt, soll dieser Aspekt an späterer Stelle in dieser Arbeit näher betrachtet werden.585
3.4.3.2 Aspekte der Berechnung der Eigenkapitalkosten als Komponente des Subprime-Kreditzinses zur Abdeckung unerwarteter Verluste Als weitere und letzte Komponente des Kreditzinses sind die Eigenkapitalkosten zu berücksichtigen. Ihre Aufgabe liegt in der Kompensation solcher Verluste, die über die erwarteten Verluste hinaus tatsächlich der Bank entstehen und nicht durch die Risikokosten gedeckt sind.586 Ausgangspunkt für die Berechnung der Eigenkapitalkosten sind folglich die unerwarteten Verluste aus dem Kreditgeschäft. Als Maß für die Ermittlung der unerwarteten Verluste lässt sich der Credit Value at Risk (VaR) heranziehen. Dieser stellt den Verlustbetrag aus unerwarteten Kreditausfällen eines Kreditportfolios dar, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb eines festgelegten Zeitraums nicht überschritten wird.587 Die Höhe der Wahrscheinlichkeit wird über die Vorgabe eines von der Bank selbst bestimmten Konfidenzniveaus abgebildet. Die Wahl des Konfidenzniveaus hängt dabei von der Risikoneigung und der Geschäftsstrategie der Bank ab.588 Der VaR zu einem Konfidenzniveau von 99 Prozent gibt zum Beispiel den Portfolioverlust an, der im Mittel nur in einem von 100 Jahren, also in einem Prozent aller Fälle, überschritten wird.589 Eine Bank, die in Höhe dieses Portfolioverlustes Eigenkapital zur Deckung bereithält, könnte die auftretenden Verluste in 99 Prozent aller Fälle aus dem Eigenkapitalpuffer abfedern. Wenn nun eine im Subprime-Kreditgeschäft agie585
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 5.2. Vgl. hierzu und im folgenden Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 305 f. und S. 308.. Vgl. Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 259. 588 Vgl. ebenda. 586 587
100
rende Bank das Geschäft mit bonitätsschwachen Kunden fokussiert und damit höhere Unsicherheiten bei den Rückführungen der Kundenforderungen in Kauf nimmt, wird sie bei der Festlegung des Konfidenzniveaus voraussichtlich eine restriktivere Irrtumswahrscheinlichkeit unterstellen. Statt der für das Konfidenzniveau üblichen Werte von 99,0 bis 99,8 Prozent wählt die Bank in diesem Fall etwa ein Maß von 99,9 Prozent.590 Gemäß der zuvor genannten Argumentation beträgt die Ausfallwahrscheinlichkeit der Bank dann nur noch 0,1 Prozent, da zur Abdeckung der unerwarteten Verluste noch mehr Eigenkapital bereitgehalten wird. Für die Berechnung des VaR ist indes die Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsfunktion der Portfolioverluste notwendig.591 Durch die hierüber abgebildete Verlustverteilung eines Portfolios wird beschrieben, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmter Verlust im Portfolio auftritt. Da sich die Berechnung des VaR zum Bestandteil der allgemeinen Risikoanalyse und Risikosteuerung zählen lässt, soll sie im folgenden nicht näher betrachtet werden.592 Entscheidend für die Subprime-Aktivitäten einer Bank ist der Zusammenhang zwischen den unerwarteten Verlusten und den Eigenkapitalkosten.593 So wurde im vorangegangenen Abschnitt aufgeführt, dass aus ökonomischer Sicht eine im SubprimeKreditgeschäft tätige Bank aufgrund des gesteigerten Ausfallrisikos mehr Eigenkapital bereithalten wird, um das Eintreten erhöhter unerwarteter Verluste abfangen zu können. Aus regulatorischer Sicht ist die Bank zudem gemäß der in Kap. 3.2.2. aufgeführten Bestimmungen der Solvabilitätsverordnung dazu verpflichtet, die im Kreditgeschäft anfallenden Risiken durch eine angemessene Eigenkapitalausstattung zu unterlegen. Für Kreditengagements im Subprime-Kreditgeschäft muss die Bank dabei ein erhöhtes Maß an Eigenmitteln bereithalten, da der Umfang der Eigenkapitalunterlegung nach den Vorschriften der Solvabilitätsverordnung von der Bonität der Schuldner abhängig zu machen ist.594 Auf das eingesetzte Eigenkapital erwarten die Anteilseigner der Bank indes eine angemessene Verzinsung.595 Daher muss die Bank bei der Preisgestaltung im Subprime-Kreditgeschäft mit erhöhten Kosten der Eigenkapitalbeschaffung rechnen.596 Die in der Richtkondition zu implementierenden Eigenkapitalkosten sind somit im 589
Vgl. hierzu und im folgenden Suyter, Alexander (2006): S. 233 f. Vgl. Zielke, Andreas (2004): S. 27 f. 591 Vgl. hierzu und im folgenden Zielke, Andreas (2004): S. 28-33. 592 Vgl. hierzu etwa Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 333-337 und Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 262-275. 593 Vgl. hierzu und im folgenden Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 308-310. 594 Vgl. hierzu Kap. 3.2.2. 595 Vgl. Horat, Daniel (1998): S. 6. 590
101
Subprime-Kreditgeschäft als Synonym für die Mindest-Renditeforderung der Anteilseigner auf eine im Vergleich zum traditionellen Kreditgeschäft umfangreichere Eigenkapitalüberlassung zu verstehen.597
3.4.4
Restriktionen der Subprime-Automobilfinanzierung im Rahmen der risikoadjustierten Konditionsgestaltung
3.4.4.1 Vertriebspolitische Herausforderungen der Anwendung risikoadjustierter Konditionen Die Durchführung einer risikoadjustierten Konditionsgestaltung führt in ihrem Wesen zu einer Preispolitik, nach der die Kreditnehmer je nach Bonität unterschiedliche Kreditkonditionen angeboten bekommen. Die sich hieraus ergebende Preisdifferenzierung ist zwar in der Vergangenheit insbesondere bei Verbraucherverbänden auf Skepsis gestoßen, da Nachteile für den Privatkunden etwa aus dem Blickwinkel der Gerechtigkeit vermutet wurden.598 Die kritisierte, größere Preisvielfalt muss jedoch nicht zwangsläufig den Verlust an Nachvollziehbarkeit bis hin zur Unübersichtlichkeit bedeuten. Mit Preisdifferenzierungen in anderen Branchen kommen die Verbraucher durchaus gut zurecht. So wird über die sich infolge von Preisdifferenzierungen ergebenden, stark unterschiedlichen Telefon-, Versicherungs- oder Reisetarife kaum geklagt.599 Das Grundprinzip einer risikoorientierten Preispolitik wird von den Kunden etwa in der Versicherungswirtschaft ganz selbstverständlich akzeptiert. Bei KFZ-Versicherungen zahlen Kunden mit vielen schadenfreien Jahren, einer geringen Fahrleistung und bei Unterbringung des Fahrzeuges in der Garage eine geringere Risikoprämie als Kunden, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen und daher ein vergleichsweise höheres Risiko für das Versicherungsunternehmen mit sich bringen.600 Vertriebsrelevante Restriktionen können aufgrund der Zinsunsicherheit auftreten, die sich aus Sicht des Kreditnehmers bei der Wahl eines mit risikoadjustierten Konditionen berechneten Kredites ergibt. So erfährt der Kunden erst nach Durchführung der Bonitätsprüfung durch die Bank die tatsächliche Zinshöhe, die er für den beantragten Kredit während der Laufzeit zu bezahlen hätte. Als bedenklich wird in diesem Zusammenhang 596
Vgl. hierzu etwa Haumüller, Stefan (1997): S. 88. Vgl. Schiller, Bettina/ Tytko, Dagmar (2001): S. 213. Vgl. Paul, Stephan/ Stein, Stefan (2005): S. 914. 599 Vgl. Paul, Stephan/ Stein, Stefan (2005): S. 917. 600 Vgl. Paul, Stephan/ Stein, Stefan (2005): S. 916. 597 598
102
die geübte Praxis einiger Banken gesehen, die im Zuge der Anwendung risikoadjustierter Preise ausschließlich mit Mindestzinssätzen ihr Kreditangebot bewerben.601 Diese bewusst niedrig gewählten Werbe-Zinssätze sind nach Marktforschungsangaben oft nur einer Minderheit von Kunden mit ausgezeichneter Bonität zugänglich. Der durchschnittliche Verbraucher erhält hingegen zumeist von der jeweiligen Bank nach Überprüfung der Bonität ein Kreditangebot, das einen deutlich höheren Zinssatz beinhaltet. Bei einem Kreditangebot, das sich an Subprime-Kreditnehmer richtet und risikogerechte Preise enthält, ist infolgedessen zu erwarten, dass sich aufgrund der vorwiegend eingeschränkten
Bonitäten
gravierende
Abweichungen
gegenüber
derartigen
Mindestzinssätzen ergeben. Für eine im Subprime-Kreditnehmersegment tätige Bank dürfte demnach die Werbung mit Niedrigzinsen keine geeignete Variante der Kreditvermarktung darstellen. Stattdessen wird die Bank gefordert sein, zielkundengerechte Werbemaßnahmen zu entwickeln, die keine irreführenden Niedrigpreisofferten an Subprime-Kreditnehmer beinhalten. Als konkretes Beispiel lässt sich etwa eine Kreditbewerbung aufführen, die eine realistische Bandbreite des Kundenzinssatzes ausweist. Für die zielgerichtete Kundenansprache kann die Bank in diesem Fall die Situation oder solche Eigenschaften des Kunden werbemäßig herausstellen, die ihn letztendlich zum Subprime-Kreditnehmer machen. Zu denken ist etwa an die Hervorhebung der Möglichkeit des Kunden, trotz einer eingeschränkten, in Auskünften dokumentierten Kredithistorie und trotz aufgetretener Zahlungsschwierigkeiten in der Vergangenheit eine Automobilfinanzierung zu erhalten, die andere Banken diesem Kunden ablehnen. Eine derart subprime-ausgerichtete Kreditbewerbung führt zum einen dazu, dass sich ausschließlich potentielle Zielkunden des Subprime-Kreditgeschäftes angesprochen fühlen. Zum anderen unterbreitet die Bank diesen Kreditnehmern gegenüber keine vermeintlich günstigen Zinsofferten, die nach Überprüfung der Kundenbonität nicht eingehalten werden.
3.4.4.2 Rechtliche Grenzen der Anwendung risikoadjustierter Konditionen In rechtlicher Hinsicht erfährt die risikoadjustierte Bepreisung von Kreditrisiken Grenzen, die sich aus gesetzlichen Vorschriften zur Höhe des Kreditzinses ergeben. Während in den USA einzelne Subprime-Automobilfinanzierer einen effektiven Jahreszins 601
Vgl. hierzu und im folgenden Bottler, Stefan (2007): S. 28.
103
von über 18 Prozent bei Subprime-Kreditverträgen berechnen, werden die Banken in Deutschland das Angebot von Zinssätzen in dieser Höhe im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit sorgfältig prüfen müssen.602 So können bei der Automobilfinanzierung angewendete Konsumentenkreditverträge als wucherähnliche Rechtsgeschäfte gemäß § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten verstoßen.603 Eine objektive Voraussetzung für den Verstoß gegen die guten Sitten stellt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dar, die sich in der Darlehensgewährung und der Zinsleistung des Konsumenten als Darlehensnehmer widerspiegeln. Die Feststellung des Missverhältnisses setzt einen Vergleich zwischen der Gegenleistung, die der Darlehensnehmer in Form von Zinsen zu erbringen hat, und der Gegenleistung voraus, die den tatsächlichen marktwirtschaftlichen Verhältnissen entspricht.604 Der Zins als Gegenleistung muss im richtigen Verhältnis zur Leistung, nämlich der Kapitalüberlassung stehen. Die Begründung der Sittenwidrigkeit kann somit dann erfolgen, wenn die Vertragsgestaltung eine Abweichung vom üblichen Zinsniveau vorsieht und dabei den Preis missachtet, der am Markt gefordert wird. Als Bewertungsgrundlage wird hierzu ein Vergleich zwischen dem effektiven Vertragszins, der die Kostenbelastung des Kreditnehmers widerspiegelt, und dem marktüblichen Effektivzins vorgenommen. Der Vertragszins ist hierbei als effektiver Jahreszins zu verstehen, für dessen Berechnung alle Kreditkosten des Kreditgebers im Sinne des § 6 Preisangabenverordnung (PAngV) entweder nach der Uniformmethode bei Laufzeiten von weniger als 48 Monaten oder der finanzmathematisch genaueren Annuitätenmethode bei 48 Monaten und länger einbezogen werden.605 Der zur Feststellung des Marktzinses heranzuziehende relevante Markt ist bei Konsumentenkrediten hingegen derjenige, auf dem sich alle Anbieter für Konsumentenkredite befinden.606 Als objektiver Maßstab des Marktzinses für Konsumentenratenkredite gilt seit dem 1.1.2003 der „effektive Durchschnittszinssatz für deutsche Ratenkredite an private Haushalte der EWU-Zinsstatistik“.607 Nun lässt sich nach den Entscheidungen des BGH ein auffälliges Missverhältnis begründen, wenn der Vertragszins den Marktzins relativ oder absolut überschreitet. Zwischen diesen beiden Zinssätzen liegt etwa ein auffälliges Missverhältnis vor, wenn der effektive Vertragszins 602
Vgl. etwa Consumer Portfolio Services (2007): S. 9 und Americredit (2007a): S. 11. Vgl. hierzu und im folgenden Bülow, Peter (1997): S. 11. Vgl. auch Hartmann-Wendels, Thomas/ Spörk, Wolfgang (2006): S. 5. 604 Vgl. hierzu und im folgenden Bülow, Peter (1997): S. 14 f. 605 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/ Spörk, Wolfgang (2006): S. 5. 606 Vgl. Bülow, Peter (1997): S. 17. 607 Vgl. Schulte-Mattler (2007): S. 1865 und Hartmann-Wendels, Thomas/ Spörk, Wolfgang (2006): S. 7 f. 603
104
doppelt so hoch ist wie der marktübliche Effektivzinssatz, also den marktüblichen Effektivzins um 100 Prozent übersteigt oder die relative Zinsdifferenz zwischen 90 und 100 Prozent liegt und der Kreditnehmer durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und/oder sonstige Umstände des Darlehensverhältnisses unbillig belastet wird oder die absolute Zinsdifferenz zwölf Prozentpunkte überschreitet.608 Durch die Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit von Konsumentenratenkrediten wurde demzufolge faktisch eine Zinsobergrenze gesetzt. In der Fachliteratur wird in diesem Zusammenhang zurzeit die Eignung der im Rahmen der EWU-Zinsstatistik ausgewiesenen Zinssätze für Konsumentenkredite im Vergleich zu den vormals durch die Deutsche Bundesbank erhobenen Schwerpunktzinssätze als Maßstab für die Beurteilung der Marktüblichkeit von Ratenkreditzinsen diskutiert.609 Für die vorliegende Arbeit ist dabei vor allem die Erkenntnis relevant, dass beide Statistiken innerhalb der jeweiligen Forderungs- oder Geschäftsart von Ratenkrediten bislang keine Differenzierung nach Bonitäten vornehmen.610 Dies hat zur Folge, dass weder die „alten“ Schwerpunktzinssätze der Deutschen Bundesbank noch die „neuen“ EWU-Zinssätze als „marktüblicher“ Maßstab für die im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung zur Anwendung kommenden, risikoadäquat bestimmten Kreditzinsen bezeichnet werden können.611 Denn es erscheint möglich, dass sich zur Bestimmung von risikoadjustierten Konditionen die Ausfallrisiken der Kreditnehmer mathematisch-statistisch berechnen lassen und damit jedem einzelnen Kunden jeweils eine kausale Ausfallwahrscheinlichkeit objektiv zugeordnet werden kann.612 Zu hinterfragen ist dann, ob eine risikobasierte Kreditkondition, die auf diese Art berechnet worden ist, nach § 138 BGB überhaupt sittenwidrig ist, wenn sie die bisherigen absoluten und relativen Grenzen der Rechtsprechung übersteigt.613 Der Schutzgedanke des § 138 BGB kann zumindest nicht tangiert sein. Denn zwischen Leistung und Gegenleistung liegt bei der Berechnung einer risikoabhängigen Kreditkondition kein auffälliges Missverhältnis vor, da sich auf beiden Seiten Leistungen gegenüberstehen, die im Hinblick auf ihren Wert und ihre Ermittlung als gleichwertig und objektiv nachvollziehbar einzustufen sind. Daher scheidet der bislang noch als Bezugs-
608
Vgl. Bülow, Peter (1997): S. 22 f. Vgl. hierzu etwa Schulte-Mattler (2007): S. 1865 und Hartmann-Wendels, Thomas/ Spörk, Wolfgang (2006): S. 5 - 101. 610 Vgl. Schulte-Mattler (2007): S. 1867. 611 Vgl. Schulte-Mattler (2007): S. 1866. 612 Vgl. hierzu die Ausführungen zur mathematisch-statistischen Verfahrensweise im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung in Kap. 3.2.3.2. 613 Vgl. hierzu und im folgenden Ahnert, Sascha (2006): S. 580. 609
105
grundlage dienende Marktzins als tauglicher Vergleichszins aus, da er nicht mit einem systematischen risikoinduzierten Verfahren berechnet wird. Sollte jedoch künftig der bisherige nicht risikoinduzierte Vergleichszins durch einen marktüblichen, nach Risikoklassen differenzierten Effektivzins ersetzt werden, wird sich der Abstand zwischen diesem neuen Marktzins und dem Vertragszins voraussichtlich deutlich verkleinern. Für die Preiskalkulation in der Subprime-Automobilfinanzierung wäre diese Änderung insofern bedeutsam, als Kreditnehmer mit eingeschränkter Bonität und hohem Ausfallrisiko in Zukunft adäquate Kreditkonditionen erhalten können, die sich unter Zugrundelegung der heutigen Rechtsprechung und Berechnungsmethodik auf oder deutlich über der Schwelle der Sittenwidrigkeit befänden.614
3.5 Zusammenfassende Ergebnisse der Betrachtung der SubprimeAutomobilfinanzierung im Kontext bankbetrieblicher Kreditrisiken Infolge der mit der Automobilfinanzierung einhergehenden Kreditrisiken kommen Banken nicht umhin, die Kreditentscheidung unter Anwendung einer Kreditwürdigkeitsprüfung zu treffen. Die Prüfung der Bonität des Kreditnehmers erfolgt dabei in vielen Fällen mit Hilfe von zunehmend standardisierten, automatisierten Verfahren, die in Abhängigkeit des Prüfungsergebnisses eine Zuordnung des Kreditnehmers in vordefinierte Risikoklassen vornehmen. In den vorstehenden Ausführungen wurde dargestellt, dass sich im Rahmen dieser Risikoklassifizierung ein Kundensegment ableiten lässt, das infolge der Bonitätsschwächen der hierunter fallenden Kreditnehmer auf dem Kreditmarkt
mit
dem
Begriff
Subprime
umschrieben
wird.
Die
Subprime-
Automobilfinanzierung stellt demnach eine Form der Automobilfinanzierung dar, die sich vorwiegend an Kreditnehmer mit eingeschränkter Bonität richtet. Die mit der Kreditvergabe an Subprime-Kunden auftretenden gesteigerten Risiken für die Bank lassen sich jedoch kaum über die Anwendung einer herkömmlichen Anwendung von risikoundifferenzierten Einheitskonditionen abbilden. So werden Subprime-Kreditnehmern im Rahmen dieser Konditionsgestaltung im Vergleich zu Kreditnehmern mit guter Bonität eine tendenziell zu geringe Risikoprämie zahlen. In diesem Fall läuft die Bank Gefahr, die mit der Subprime-Automobilfinanzierung einhergehenden Kreditrisiken nicht durch die Vereinnahmung ausreichender Zinserträge kompensieren zu können.
614
Vgl. auch Schulte-Mattler (2007): S. 1872.
106
Stattdessen erscheint die risikoabhängige Bepreisung der Kreditrisiken als angemessene Verfahrensweise, das Subprime-Geschäft in die Automobilfinanzierung zu integrieren. Hierbei verfolgt die Bank das Ziel, den vom Kunden zu tragenden Zinssatz von dessen individueller Bonität abhängig zu machen. Das einem Subprime-Kreditnehmer anhaftende, erhöhte Kreditrisiko für die Bank wird in diesem Fall idealerweise durch risikoadäquate Zinszuschläge abgegolten. Freilich sind den dem Subprime-Kreditnehmer in Rechnung gestellten Zinsen Grenzen gesetzt, die infolgedessen eine Veranschlagung der risikoabhängigen Kreditkonditionen nicht in beliebiger Höhe zulassen. Während sich vertriebsrelevante Grenzen im Hinblick auf die allgemeine Akzeptanz von risikoadjustierten Konditionen durch die Kreditnehmer beziehen, wirken gesetzliche Vorschriften zur Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften einer überhöhten Zinsforderung gegenüber Kreditnehmern entgegen. Nachdem in den vorangegangenen Ausführungen die
Ableitung
der
Subprime-
Automobilfinanzierung aus dem Kontext bankbetrieblicher Kreditrisiken erläutert und Aspekte der subprime-relevanten Kreditbepreisung dargestellt wurden, sollen im nachfolgenden Kapitel die Marktbedingungen und Einflussfaktoren der SubprimeAutomobilfinanzierung herausgestellt und beschrieben werden.
107
4 Marktbedingungen und Einflussfaktoren der SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland Ein zentraler Bestandteil der Untersuchung der Chancen und Herausforderungen der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland stellt die Abgrenzung und Beschreibung der subprime-fokussierten Marktpotentiale dar. Hierbei handelt es sich um Voraussetzungen und Gegebenheiten auf dem deutschen Automobilfinanzierungsmarkt, die Einfluss auf die Nachfrage nach Subprime-Automobilfinanzierungslösungen haben. Im Kern stellt sich demnach die Frage, durch welche Faktoren die Nachfrage nach Subprime-Automobilfinanzierungslösungen beeinflusst wird und welche Potentiale sich hieraus für subprime-interessierte Kreditgeber ergeben. Die folgenden Kapitel greifen hieran anknüpfend die marktrelevanten Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren auf, die sich maßgeblich als Chancen, aber auch als Einschränkungen für das Marktpotential der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland auswirken. Zum Untersuchungsgegenstand gehört hierbei die Beleuchtung der Automobilnachfrage. Deren Bedeutung für die Subprime-Automobilfinanzierung spiegelt sich nicht nur in quantitativer Hinsicht anhand von Bestandsentwicklungen auf dem PKW-Markt und deren Determinanten wider. Vielmehr wird herausgestellt, dass auch das Verhalten der Automobilkäufer eine für die Untersuchung wichtige Facette der Automobilnachfrage darstellt. In einem weiteren Kapitel wird die Nachfrage nach Automobilfinanzierungsangeboten in themenrelevanter Sichtweise betrachtet. Die Untersuchung fokussiert dabei wirtschaftliche Rahmenbedingungen privater Haushalte wie auch verhaltensbasierte Faktoren, die eine subprime-relevante Auswirkung auf die Automobilfinanzierungsnachfrage erkennen lassen. Externe Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren ergeben sich zudem aus existierenden Subprime-Automobilfinanzierungsmärkten, die sich außerhalb von Deutschland bereits als eigenständiges Marktsegment gebildet haben und zu einem festen Bestandteil der Kreditaktivitäten von Banken gehören. Infolgedessen werden beispielhaft die Entwicklungstendenzen und Merkmale des etablierten Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes in den USA skizziert. Analog hierzu wird die hierauf folgende Untersuchung schließlich aufzeigen, welche subprime-relevanten Entwicklungstendenzen sich derzeit auf dem deutschen Markt abzeichnen.
J. Wünscher, Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilf nanzierung in Deutschland, DOI 10.1007/978-3-8349-1898-7_4, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
108
4.1 Die Bedeutung der Automobilnachfrage als Einflussfaktor für die SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland Die Nachfrage nach Automobilen stellt eine grundsätzliche Rahmenbedingung für die Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland dar. Denn nur solange die Konsumenten Autos kaufen, bieten sich auch Anknüpfungspunkte für die Automobilfinanzierung. So stellt sich mit jedem Kauf eines Fahrzeuges gleichzeitig auch die Frage, aus welchen Mitteln der Kauf finanziert wird. Der Blickwinkel der folgenden Kapitel richtet sich daher zum einen auf die Kernfrage, ob und warum in Zukunft weiterhin Autos gekauft werden und wieviele. Zum anderen soll dargestellt werden, welche Verhaltensweisen der Konsumenten beim Autokauf Einfluss auf die Subprime-Entwicklung im Automobilfinanzierungsmarkt in Deutschland nehmen.
4.1.1
Zur Nachhaltigkeit der Automobilnachfrage
Nach Untersuchungen von Fachinstituten hat sich das Automobil in den vergangenen 40 Jahren zum wichtigsten und beliebtesten Verkehrsträger entwickelt.615 Vor allem in Deutschland ist die Beliebtheit des Automobils ungebrochen, da es wie kein anderes Verkehrsmittel den Mobilitätsbedürfnissen des Menschen entspricht. Nach Expertenmeinung wird sich das Auto daher auch in Zukunft den Spitzenplatz unter allen Verkehrsträgern sichern. Als Ursache hierfür wird einerseits das Empfinden einer stärkeren Unabhängigkeit, einer größeren Flexibilität und einem höheren Komfort als Vorteil des Automobils gegenüber dem öffentlichen Verkehr gesehen. So hat das Automobil Vorzüge, die öffentliche Verkehrsmittel wohl niemals bieten können: Infolge der „selbstbestimmten Mobilität“, welche sich im Vergleich zum „Transportiertwerden“ durch öffentliche Verkehrsmittel positiv absetzt, können Autofahrer zum einen beliebig über Reisezeit, Reiseroute und Reiseziel entscheiden.616 Zum anderen bietet das Automobil den Vorteil der Transportfunktion, da sich mit ihm Reisegepäck oder Gegenstände des täglichen Einkaufs problemlos transportieren lassen.617 Die Beliebtheit des Automobils als Verkehrsträger wird durch die Auswertungen des Verbands der Automobilindustrie bestätigt, nach denen der motorisierte Individualverkehr in Form des Automobils einen 615
Vgl. hierzu und im folgenden Verband der Automobilindustrie (2007): S. 88 f., Verband der Automobilindustrie (2005): S. 84 f. und Deutsche Shell GmbH (2001): S. 4 f. 616 Vgl. Möser, Kurt (2004): S. 58. 617 Vgl. hierzu Deutsche Shell GmbH (2001): S. 10.
109
überragenden Anteil von 80 Prozent an der in Personenkilometern gemessenen Verkehrsleistung aller Verkehrsmittel in Deutschland ausmacht.618 Zur Einnahme dieses unangefochtenen Spitzenplatzes gegenüber Luftverkehr, Eisenbahn und öffentlichem Straßenpersonenverkehr trägt aber auch die imagebildende und identitätsstiftende Funktion des Automobils bei. Diesem wird sogar unterstellt, dass es unsere Wohlstands-, Spaß- und Freizeitgesellschaft entschieden mitgeprägt und vielfach erst ermöglicht hat. Letztendlich ist davon auszugehen, dass in vielerlei Hinsicht Alltag und gesellschaftliche Strukturen durch automobile Technik neu definiert werden.619 Die Untersuchung der Nachhaltigkeit der Automobilnachfrage richtet sich anknüpfend an die vorangestellten Ausführungen demnach in erster Linie auf die Frage, welche Alternative es zum Automobil gibt. Die sich hieraus ergebende Debatte darf sich jedoch nicht allein auf die Substitution der Transportfunktion des Automobils beziehen.620 Vielmehr machen die bisherigen Erläuterungen deutlich, dass es vor allem um den Ersatz der sekundären Funktionen des Automobils geht. So sind es doch Gefühle und Wünsche, die das Automobil einhüllend zum kulturellen Symbol erheben.621 Die kompensatorischen Anstrengungen müssten sich demnach auf Faktoren wie die Fahrund Besitzlust, die Privatheit und Zeitsouveränität, das Ausleben von Emotionen und den Sinn für technische Ästhetik konzentrieren. Ein Prozess zur Entwicklung von Ideen zu Ersatzmöglichkeiten dieser Faktoren hat jedoch nach Ansicht von Fachleuten noch nicht einmal richtig begonnen. Für die vorliegende Arbeit bleibt infolgedessen festzuhalten, dass es nach Expertenmeinung vorerst keine Alternative zum Automobil gibt, die dessen Funktionen substituieren kann. Aufgrund seiner vielfältigen Vorteile wird das Automobil voraussichtlich auch weiterhin das beliebteste Verkehrsmittel bleiben, zumal künftige Fortschritte in Technik und Komfort zur anhaltenden Attraktivität des Automobils beitragen.622 Nach der Prognose des Verbands der Automobilindustrie wird zwar der motorisierte Individualverkehr in den kommenden Jahren nur noch verhalten wachsen.623 Als Ursache hierfür werden eine stagnierende und mittelfristig abnehmende Bevölkerungszahl
618
Vgl. Verband der Automobilindustrie (2007): S. 88 f. in Verbindung mit Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (2004): S. 39-49. Vgl. Thomes, Paul (2002): S. 26. 620 Vgl. im folgenden Möser, Kurt (2004): S. 64 f. 621 Vgl. Sachs, Wolfgang (1990): S. 9. 622 Vgl. Deutsche Shell GmbH (2001): S. 10. 623 Vgl. Abb. 10. 619
110
sowie der schon heute sehr hohe, sich der Sättigungsgrenze nähernde Motorisierungsgrad gesehen.624 Ungeachtet dessen ist jedoch davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Automobilen auch in Zukunft anhalten wird. Die beiden PKW-Szenarien aus einer Studie von Shell unterstützen diese These mit der Prognose, dass sich der weltweite PKW-Bestand im Jahr 2000 von 42,8 Millionen Fahrzeugen bis zum Jahre 2020 auf 47,8 bis 52,3 Millionen steigern wird.625
1.200 35,8
Mrd. Personenkilometer
1.000 800 11,0 41,0 74,1
600 400 200
6,6 39,2 58,4 477,4
66,2
55,6
42,7
72,4 76,2
75,4 77,3
77,5 83,3
80,5 84,4
833,4
849,6
863,8
885,2
1997
2000
2006
2010*
18,4 44,6 65,0
601,8
279,5
0 1970 (*) Prognose
Abb. 10:
1980 PKW-Verkehr
1990
Öffentlicher Straßenpersonenverkehr
Eisenbahn
Luftverkehr
Personenverkehr in Deutschland bis 2010.626
Durch die vorstehenden Erläuterungen wird deutlich, dass zwar Automobile weiterhin nachgefragt werden. Für die vorliegende Arbeit ist jedoch entscheidend, wie viele Fahrzeuge gekauft und verkauft werden. So stellt sich die Frage der Finanzierung eines Automobils doch erst im Rahmen eines Neukaufes oder Halterwechsels. In den beiden folgenden Kapiteln wird daher untersucht, welches Potential sich aus der Automobilmarktentwicklung heraus für die Subprime-Automobilfinanzierung ergibt.
624 625 626
Vgl. hierzu Verband der Automobilindustrie (2006): S. 66. Vgl. Deutsche Shell GmbH (2001): S. 4. Vgl. Verband der Automobilindustrie (2007): S. 88 f.
111
4.1.2
Entwicklungstendenzen des deutschen Automobilmarktes
Das Markpotential der Subprime-Automobilfinanzierung lässt sich durch die Anzahl von Fahrzeugkäufen bestimmen, die sich auf dem Automobilmarkt niederschlagen.627
9 8
Anzahl PKW in Mio.
7 6 5 4 3 2 1
19 50 19 55 19 60 19 65 19 70 19 75 19 80 19 85 19 90 19 95 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 05 20 06 20 07
0
Neuzulassungen
Abb. 11:
Besitzumschreibungen
Entwicklung der PKW-Neuzulassungen und -Besitzumschreibungen von 1950 bis 2007.628
Als Maßstab für die Anzahl von Automobilkäufen lässt sich in Deutschland etwa die Zahl an Neuzulassungen und Besitzumschreibungen heranziehen, je nachdem, ob die Käufe auf dem Neuwagen- oder Gebrauchtwagenmarkt untersucht werden.629 So definiert das Kraftfahrtbundesamt eine Neuzulassung als „erstmalige Zulassung und Registrierung eines fabrikneuen Fahrzeugs mit einem Kennzeichen in Deutschland“.630 Bei der Besitzumschreibung handelt es sich hingegen um einen Halterwechsel eines zugelassenen Fahrzeuges.631
627
Vgl. Reinking, Kurt/ Eggert, Christoph (2005): S. 499. Vgl. Kraftfahrt-Bundesamt (2008a): o. S. und Kraftfahrt-Bundesamt (2008b): o. S. Vgl. etwa Autohaus/ Deutsche Shell AG/ ZF Trading (2006): S. 8. 630 Vgl. Kraftfahrt-Bundesamt (2008c): o. S. 631 Vgl. ebenda. 628 629
112
Die Entwicklung der Automobilkäufe in Deutschland im Laufe der letzten Jahrzehnte ist indes beeindruckend:632 Während im Jahr 1950 noch 149.509 PKW neu zugelassen wurden, hatten die jährlichen Neuzulassungen im Jahre 1970 bereits eine Zahl von 2,1 Millionen erreicht und stiegen in 1999 sogar auf über 3,8 Millionen633 In dieser Zeit spielte sich eine beispiellose Erneuerung des Automobil-Bestandes ab, bei der bis zu 96 Prozent der Neuzulassungen ihren Zweck im Ersatz älterer Fahrzeuge hatten.634 Mit dem starken Wachstum der Anzahl neu zugelassener PKW nahm gleichzeitig auch die Zahl an Besitzumschreibungen zu: So fanden im Jahr 1950 zunächst lediglich 119.282 PKW einen neuen Besitzer, 1980 jedoch schon über fünf Millionen und 1995 bereits mehr als sieben Millionen635 Nach diesem Wachstum der Käufe auf dem Neu- und Gebrauchtwagenmarkt hat sich jedoch die Anzahl jährlicher Neuzulassungen und Besitzumschreibungen in den vergangenen zehn Jahren stabilisiert, mitunter sogar verringert. Für das Jahr 2007 wurden 3.148.163 PKW neu zugelassen und 6.262.145 Besitzumschreibungen für Gebrauchtfahrzeuge vorgenommen. Demnach wurden in 2007 je neuem PKW etwas weniger als zwei Gebrauchtfahrzeuge verkauft. Das Verhältnis von Besitzumschreibungen zu Neuzulassungen ist somit im Vergleich zu den Vorjahren weiterhin rückläufig. Ursache hierfür sehen Experten in dem Richtungswechsel der Wanderbewegung zwischen Neu- und Gebrauchtwagenmarkt, die sich in der Zahl der Umsteiger von einem Neu- auf einen Gebrauchtwagen und umgekehrt manifestiert.636 So wechseln viele Autokäufer beim Kauf ihres Fahrzeuges nicht nur Marke und Modell, sondern auch von einem Gebrauchtwagen auf einen Neuwagen. Für die vorliegende Arbeit ist jedoch entscheidend, wie sich die Automobilkäufe als Prämisse für die Automobilfinanzierung in Zukunft entwickeln. Obwohl auf diese Frage keine zuverlässige Antwort in Zahlen geliefert werden kann, stellen Trendanalysen die Prognose heraus, dass die Nachfrage nach Automobilen weiterhin bestehen bleibt. Die Analyse der künftigen Entwicklung etwa von Neuzulassungen ist zwar abhängig von der Bevölkerungsentwicklung und kann daher nur grob abgeschätzt werden. Eine Sättigung des PKW-Marktes im Sinne einer Kapazitätsgrenze ist jedoch auch trotz dieses unsicheren Faktors nach Expertenmeinung nicht in Sicht.637 Der bei jedem Kon632
Vgl. im folgenden Abb. 11. Vgl. hierzu und im folgenden Kraftfahrt-Bundesamt (2008a): o. S. 634 Vgl. Deutsche Shell GmbH (2001): S. 7. 635 Vgl. hierzu und im folgenden Kraftfahrt-Bundesamt (2008b): o. S. 636 Vgl. hierzu Autohaus/ Deutsche Shell AG/ ZF Trading (2006): S. 8. 637 Vgl. Deutsche Shell GmbH (2001): S. 18. 633
113
sumgut zu erwartende typische Verlauf der Nachfragekurve, eine liegende S-Kurve, hat sich beim Automobil bislang nicht eingestellt. Stattdessen müssen regelmäßig frühere Aussagen zur Sättigungsentwicklung der Motorisierung revidiert werden. Während etwa noch in den Siebziger Jahren ein Automobil pro Haushalt für ausreichend empfunden wurde, fahren heute häufig mehrere Familienmitglieder ein eigenes Auto. Dennoch wird sich die Wachstumsrate des PKW-Bestandes nach Einschätzung von Fachleuten langfristig abflachen.638 Als Ursache hierfür wird der abnehmende Anstieg der PKW-Dichte und der Zahl an Erwachsenen in Zukunft gesehen. Andererseits bestimmt in zunehmendem Maße der Ersatzbedarf das Niveau der Neuzulassungen, während gleichzeitig angenommen wird, dass der Anteil des Neubedarfs an den Neuzulassungen sinken wird. Der Neubedarf ist abhängig von den schwankenden Kaufabsichten der Autofahrer. So werden oftmals in wirtschaftlichen Krisenzeiten, im Zuge des Anstiegs der Autokosten oder bei Ankündigung neuer Automodelle geplante Neuwagenkäufe verschoben oder stattdessen Gebrauchtwagenkäufe bevorzugt. Der Ersatzbedarf hingegen hängt vor allem von der durchschnittlichen Nutzungsdauer eines Autos ab und wird in Zukunft immer stärker die Entwicklung der Neuzulassungen bestimmen. Dieser Umstand wird durch das in den vergangenen Jahrzehnten stetig zugenommene Durchschnittsalter der aus dem Verkehrsregister gelöschten Fahrzeuge dokumentiert. Während noch im Jahre 1990 ein Auto durchschnittlich weniger als zehn Jahre genutzt wurde, bewegen sich heute die Autos fast zwölf Jahre lang auf der Straße. Als Einflussfaktoren für die verlängerte Lebensdauer der Automobile werden die Verbesserungen in der Fahrzeugqualität und der Kraft- und Schmierstoffe, aber auch die abnehmenden jährlichen Fahrleistungen gesehen. Die sich hieraus ergebenden Rückwirkungen stellen jedoch nicht nur ein treibendes Element der Gebrauchtwagenmarktentwicklung dar. Gleichzeitig werden hierdurch auch wichtige Voraussetzungen für die Entwicklungsströme der Subprime-Automobilfinanzierung geschaffen.639 So ist festzustellen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Nachfrage nach Gebrauchtwagen und der Entwicklung der Subprime-Automobilfinanzierungen gibt.640 Dieser Aspekt soll im folgenden näher betrachtet werden.
638 639 640
Vgl. hierzu und im folgenden Deutsche Shell GmbH (2001): S. 23. Vgl. Katz, Adrian (1999): S. 98. Vgl. ebenda.
114
4.1.3
Subprime-relevante Anreizeffekte des Gebrauchtwagenmarktes in Deutschland
Für viele Automobilkäufer erübrigt sich aus wirtschaftlichen Gründen schon von vorneherein die Entscheidung, einen Neuwagen oder Gebrauchtwagen zu kaufen. So werden die Restriktionen beim Automobilkauf in erster Linie durch die finanziellen Voraussetzungen des Kaufinteressenten geprägt. Wer sich für den Kauf eines Gebrauchtwagens entscheidet, muss nach wie vor deutlich weniger Geld bereit halten als für den Erwerb eines Neuwagens.
25.970 24.090 21.165
20.045
7.975
2000
8.310
2001
21.930
7.910
2002
24.480
22.360
8.220
2003 Neuwagen
Abb. 12:
23.880
7.900
2004
8.330
2005
8.310
2006
8.400
2007
Gebrauchtwagen
Entwicklung der durchschnittlichen Neu- und Gebrauchtwagenpreise in Deutschland in Euro.641
Die Entwicklung der durchschnittlichen Marktpreise beider Fahrzeugsegmente macht diesen Umstand deutlich: Während im Jahr 2007 durchschnittlich 8.400 Euro für einen Gebrauchtwagen gezahlt werden mussten, wies der korrespondierende Preis am Neuwagenmarkt den mehr als dreifachen Betrag in Höhe von 25.970 Euro aus.642 Diese Spreizung der Preise hatte sich während der letzten Jahre verschärft. In der vorstehenden Abbildung ist zu erkennen, dass der Unterschied von Neu- und Gebrauchtwagen-
641 642
Vgl. Autohaus/ Deutsche Shell AG/ CarGarantie (2008): S. 11 f. Vgl. Autohaus/ Deutsche Shell AG/ CarGarantie (2008): S. 11 f.
115
preise seit dem Jahr 2000 kontinuierlich gestiegen ist.643 Ursache hierfür ist in erster Linie die Erhöhung der Neuwagenpreise, die in 2007 mehr als 29 Prozent über dem durchschnittlichen Neuwagenpreisniveau in 2000 liegen. Demgegenüber hat sich das Niveau der Gebrauchtwagenpreise unter leichten Schwankungen innerhalb desselben Zeitraums nur geringfügig erhöht. Wer wie typischerweise Subprime-Kunden über einen erschwerten Zugang zu finanziellen Mitteln verfügt, wird daher tendenziell den Kauf eines vergleichsweise günstigeren Gebrauchtwagens vorziehen. Diese Erkenntnis wird durch die Ergebnisse von Fachstudien unterstrichen, wonach weitgehend das Einkommen kaufentscheidend ist: Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass mit steigendem Einkommen der Fahrzeugkäufer auch mehr für ein Fahrzeug ausgegeben wird.644 Wie in den Jahren zuvor verfügten auch im Jahr 2007 nach den Untersuchungsergebnissen des DAT-Reports die Neuwagenkäufer über das höhere durchschnittliche monatliche Netto-Haushaltseinkommen im Vergleich zu den Gebrauchtwagenkäufern.645 Aus der vorstehenden Tabelle wird deutlich, dass vor allem Käufer aus den unteren Einkommensschichten auf einen Gebrauchtwagen zurückgreifen, während höhere Einkommensschichten überwiegend einen Neuwagenkauf bevorzugen.646 Hiernach beziehen 39 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer in 2007 ein monatliches NettoEinkommen von weniger als 2.000 Euro, wohingegen lediglich 23 Prozent der Neuwagenkäufern in diese Einkommenskategorie fallen. Dass die wirtschaftliche Situation der Autokäufer unmittelbaren Einfluss auf die Wahl zwischen Neu- und Gebrauchtwagen hat, wird zudem an dem Unterschied im Kaufverhalten in den alten und neuen Bundesländern deutlich. Eine Analyse des DAT-Reports ergibt, dass in 2007 in den neuen Bundesländern etwa 2,60 Gebrauchtwagen pro Neufahrzeug, in den alten Bundesländern hingegen lediglich 1,91 Gebrauchte pro Neuwagen den Besitzer gewechselt haben.647 Im Hinblick auf die noch immer bestehenden wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Ost und West, insbesondere bei der Arbeitslosenquote, wird demnach die vorstehende These einer positiven Korrelation zwischen abnehmender Wirtschaftsstärke und einer zunehmenden Bedeutung des Gebrauchtwagenkaufes bestätigt.648
643
Vgl. hierzu und im folgenden Abb. 12. Vgl. Autohaus/ Deutsche Shell AG/ CarGarantie (2008): S. 46 f. Vgl. ebenda. 646 Vgl. im folgenden Abb. 13. 647 Vgl. Autohaus/ Deutsche Shell AG/ CarGarantie (2008): S. 7 f. 648 Vgl. ebenda. 644 645
116
Monatliches NettoHaushaltseinkommen in Euro in 2007
Neuwagenkäufer
Gebrauchtwagenkäufer
unter 500
0%
2%
500 bis 749
1%
1%
750 bis 999
1%
3%
1.000 bis 1.249
3%
6%
1.250 bis 1.499
5%
8%
1.500 bis 1.749
5%
9%
1.750 bis 1.999
8%
10%
2.000 bis 2.499
11%
14%
2.500 bis 2.999
14%
15%
3.000 bis 3.499
14%
11%
3.500 bis 3.999
9%
6%
4.000 und mehr
23%
9%
keine Angaben
6%
6%
100%
100%
3.235 €
2.505 €
Summe Durchschnitt Abb. 13:
Einkommensstruktur der Neu- und Gebrauchtwagenkäufer im Jahr 2007.649
Da vor allem wirtschaftlich schwache Haushalte als Kunden der SubprimeFinanzierung auftreten, wird die These bekräftigt, dass sich der Gebrauchtwagenmarkt als besonders attraktiv bei der Fahrzeugauswahl für das Subprime-Kundensegment herausstellt. Für das vorliegende Kapitel kann demnach zusammenfassend festgehalten werden, dass eine grundlegende Voraussetzung der Subprime-Automobilfinanzierung nach allgemeinen Erwartungen weiterhin erfüllt wird: Das Automobil bleibt auch künftig als Konsumgut attraktiv. Der Kauf eines Gebrauchtwagens stellt dabei im wesentlichen die bevorzugte Variante gegenüber dem eines Neuwagens dar. Es ist davon auszugehen, dass die Zielkunden der Subprime-Automobilfinanzierung aufgrund der ihnen typischerweise anhaftenden wirtschaftlichen Einschränkungen vorwiegend Gebrauchtwagen kaufen.650
649 650
Vgl. Autohaus/ Deutsche Shell AG/ CarGarantie (2008): S. 46 f. Vgl. Kap. 3.3.1.2.
117
4.2 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen privater Haushalte als Einflussfaktoren der Nachfrage nach SubprimeAutomobilfinanzierungslösungen in Deutschland 4.2.1
Der Kreditbedarf bei der Automobilanschaffung als Rahmenbedingung der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland
In den nachfolgenden Kapiteln wird dargestellt, dass der Kauf eines Automobils auch weiterhin die Konsumenten vor eine finanzielle Herausforderung stellt. Die Nachfrage nach Subprime-Automobilfinanzierungslösungen in Deutschland korreliert mit einem umfassenden Kreditbedarf im bonitätsschwachen Kundensegment für die Anschaffung eines Automobils. Die Notwendigkeit der Finanzierung des Automobilkaufes lässt sich dabei anhand der finanziellen Situation der Konsumentenhaushalte in Verbindung mit den durchschnittlichen Kosten eines Automobils erklären. Auf Basis der nachstehenden Ausführungen wird deutlich, dass nach wie vor viele Konsumenten auf die finanzielle Unterstützung durch Finanzierungsprodukte beim Autokauf angewiesen sind. Die Frage der Finanzierung des Automobils stellt sich daher für bonitätsstarke wie auch bonitätsschwache Kreditnehmer gleichermaßen. 4.2.1.1 Zur finanziellen Situation der deutschen Haushalte als Rahmenbedingung des Automobilkaufes Bei der Anschaffung eines Automobils stehen Konsumenten vor der Frage, mit welchen finanziellen Mitteln der Kauf bezahlt werden soll. Sofern genügend Eigenmittel im Haushalt verfügbar sind, können diese für die Bezahlung des Kaufpreises herangezogen werden. Dass der Fahrzeugkauf aus eigenen Mitteln jedoch eine Herausforderung an die finanzielle Situation der Haushalte in Deutschland darstellt, soll anhand der folgenden Ausführungen erläutert werden. Hierbei ist in erster Linie zu klären, welches Einkommen durchschnittlich in deutschen Haushalten zur Verfügung steht, um den Automobilkauf vorzunehmen. Als Grundlage für die Beantwortung dieser Frage werden in der vorliegenden Arbeit die Ergebnisse der vom Statistischen Bundesamt regelmäßig durchgeführten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe herangezogen.651 Diese wird im fünfjährigen Turnus durchgeführt und zielt auf die Analyse ab, wieviel Geld private Haushalte zur Verfügung haben, ausgeben und sparen. Nach Berechnungen der Ein-
651
Vgl. Abb. 14.
118
kommens- und Verbrauchsstichprobe im Jahr 2003 betrug das ausgabefähige Einkommen privater Haushalte in Deutschland im Durchschnitt 2.885 Euro je Monat.652 1998 Einkommen, Einnahmen und Ausgaben
Euro
2003 Anteil
Ausgabefähige Einkommen und Einnahmen
2.664
Private Konsumausgaben
Euro
Anteil
100,0%
2.885
100,0%
2.061
77,4%
2.177
75,5%
Übrige Ausgaben *
288
10,8%
386
13,4%
Ersparnis
316
11,9%
321
11,1%
(*) Versicherungsbeiträge, sonstige Einkommensübertragungen, sonstige Steuern, freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, Zinsen für Kredite sowie statistische Differenz.
Abb. 14:
Einkommen, Einnahmen und Ausgaben privater Haushalte in Deutschland.653
Verglichen mit 2.664 Euro im Jahre 1998 ist demnach das ausgabefähige Einkommen der deutschen Haushalte im Durchschnitt um 8,3 Prozent gewachsen.654 Rund drei Viertel ihres ausgabefähigen Einkommens verwendeten deutsche Haushalte im Jahr 2003 indes für Konsumzwecke.655 So sind die monatlichen Konsumausgaben privater Haushalte von 2.061 Euro im Jahr 1998 auf durchschnittlich 2.177 Euro im Jahr 2003 angestiegen. Unter die Konsumausgaben fallen Aufwendungen für Grundbedürfnisse wie etwa Nahrungsmittel, Bekleidung und Unterkunft. Eingeschlossen sind zudem auch Kosten für Gesundheitspflege, Haushaltsgeräte, Verkehr, Bildungswesen und Nachrichtenübermittlung. Unter Berücksichtigung dieser Kosten stellt sich für die vorliegende Arbeit die Frage, welches verfügbare Einkommen im Durchschnitt einem deutschen Haushalt bleibt, um die Anschaffung eines Automobils aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Legt man die Ergebnisse der in 2003 durchgeführten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zugrunde, steht einem deutschen Haushalt nach Abzug übriger Ausgaben wie etwa für Versicherungsbeträge, sonstige Steuern, aber auch Zinsen für Kredite in Höhe von insgesamt 386 Euro eine Ersparnis von durchschnittlich 321 Euro im Monat zur Verfü-
652
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006): S. 116. Vgl. Statistisches Bundesamt (2007): o. S. 654 Vgl. ebenda. 655 Vgl. hierzu und im folgenden Statistisches Bundesamt (2006): S. 117. 653
119
gung.656 Um den Kaufpreis eines Fahrzeuges aus eigenen Mitteln zu begleichen, könnte demnach ein deutscher Haushalt auf eine durchschnittliche monatliche Ersparnis von 321 Euro zurückgreifen. Im Hinblick auf diese Kennziffer soll im folgenden dargestellt werden, welche Fahrzeugpreise am deutschen Automobilmarkt durchschnittlich gezahlt werden. Stellt man die durchschnittliche monatliche Ersparnis eines deutschen Haushaltes den durchschnittlichen Kaufpreisen eines Automobils gegenüber, können Rückschlüsse auf die Bedeutung von Automobilkrediten für private Haushalte beim Automobilkauf gezogen werden. Hierauf soll im folgenden näher eingegangen werden.
4.2.1.2 Die Höhe durchschnittlicher Automobilkaufpreise als finanzielle Herausforderung für deutsche Haushalte Der Anstieg der Neuwagenpreise in den vergangen Jahren kommt zum Ausdruck, wenn man den durchschnittlichen Kaufpreis eines Neuwagens im Jahr 1980 betrachtet. So war zu dieser Zeit die Zahlung von lediglich 8.590 Euro nötig, um sich die Anschaffung eines Automobils in den alten Bundesländern erfüllen zu können. Der nahezu kontinuierliche Anstieg der Neuwagenpreise wird hingegen nicht von einer vergleichbaren Entwicklung am Gebrauchtwagenmarkt begleitet. Hier halten sich seit Jahren die Preise in konstanter Höhe. Während im Jahre 2000 in der gesamten Bundesrepublik durchschnittlich 7.975 Euro für einen Gebrauchtwagen bezahlt worden waren, liegt der entsprechende Betrag im Jahre 2007 bei 8.400 Euro nur geringfügig höher. Nach Einschätzung der Autoren des DAT-Reports ist diese weitgehend konstante Preisentwicklung auf das gestiegene Durchschnittsalter, auf den sich mit zunehmenden Alter abschwächenden Wertverlust und die höhere durchschnittliche Laufleistung der Gebrauchtwagen zurückzuführen.657 Dennoch lässt sich ein starker Anstieg der heutigen Anschaffungskosten auch im Gebrauchtwagensektor erkennen, wenn als Maßstab der durchschnittliche Gebrauchtwagenpreis aus dem Jahre 1980 herangezogen wird. Lediglich 2.970 Euro wurden zu dieser Zeit bezahlt, um den Kauf eines Gebrauchten zu realisieren. Die Darstellung der Entwicklung der durchschnittlichen Kaufpreise von neuen und gebrauchten Fahrzeugen in Kap. 4.1.3. macht deutlich, dass die Anschaffung eines Automobils heute noch immer ein kostspieliges Unterfangen für private Haushalte darstellt. Geht man von der durchschnittlichen Ersparnis eines privaten Haushaltes im Jah656 657
Vgl. Statistisches Bundesamt (2007): o. S. Vgl. Autohaus/ Deutsche Shell AG/ CarGarantie (2008): S. 10 f.
120
re 2003 aus und vergleicht man diese mit den für dasselbe Jahr ermittelten durchschnittlichen Anschaffungskosten für einen Neuwagen, so kommt die mit dem Automobilkauf einhergehende finanzielle Herausforderung für private Haushalte zum Ausdruck. Anhand eines grob dargestellten Rechenbeispiels lässt sich dieser Sachverhalt verdeutlichen: Sofern man eine konstant bleibende monatliche Ersparnis von 321 Euro aus dem Jahre 2003 unterstellt, müsste ein privater Haushalt mehr als 70 Monate sparen, um sich eine neues Fahrzeug zu einem für 2003 ermittelten durchschnittlichen Kaufpreis in Höhe von 22.360 Euro aus eigenen Mitteln kaufen zu können.658 Einfacher formuliert bedeutet dies, dass unter Berücksichtigung der Durchschnittswerte aus dem Jahre 2003 ein privater Haushalt nahezu sechs Jahre sparen muss, um den gewünschten Neuwagenkauf aus eigenen Mitteln realisieren zu können. Für einen Gebrauchten, der im Jahre 2003 durchschnittlich 8.220 Euro gekostet hat, hätte sich dieser Ansparvorgang auf etwa 25 Monate reduziert. Immerhin knapp mehr als zwei Jahre muss damit ein privater Haushalt noch warten, bis er aus seiner Ersparnis den Kaufpreis eines Gebrauchtwagens bezahlen kann. Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass der Anschaffungspreis eines Automobils in vielen Fällen nicht ohne weiteres aus dem laufenden Einkommen des Käufers bezahlt werden kann. Um sich dennoch den Automobilwunsch sofort und nicht erst nach mehreren Jahren Sparzeit zu erfüllen, können Haushalte auf das Angebot von Automobilfinanzierungslösungen zurückgreifen.659 Für die vorliegende Arbeit ist dabei von Bedeutung, dass unter die potentiellen Autokäufer voraussichtlich auch solche Konsumenten fallen, die infolge von Bonitätsschwächen in das Subprime-Segment eingeordnet werden.660 Somit kann festgehalten werden, dass trotz ihrer Bonitätsschwächen auch dem Subprime-Segment zugeordnete Kunden auf das Angebot von Automobilfinanzierungen angewiesen sind. Der Kreditbedarf bei der Automobilanschaffung stellt demnach eine wichtige Rahmenbedingung für die Chancen der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland dar.
658
Vgl. hierzu Kap. 4.2.1.1. Vgl. hierzu die Ausführungen zum Nutzen der Automobilfinanzierung für den Fahrzeugkäufer in Kap. 2.5.1. sowie Schmidt, Oliver (1995): S. 7. 660 So werden bei den Haushaltsuntersuchungen in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes keine Unterschiede zwischen guten und schlechten Kreditnehmerbonitäten gemacht. Es ist demnach davon auszugehen, dass unter die befragten Haushalte auch solche fallen, die im Rahmen einer Kreditwürdigkeitsprüfung eine negative Bonität aufweisen und daher keinen Kredit zu Standardkonditionen erhalten >Anmerkung des Verfassers@. 659
121
4.2.2
Die Ver- und Überschuldung der Kreditnehmer als Rahmenbedingung der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland
Die vorstehenden Erläuterungen zu den Anschaffungskosten eines Automobils und das für den Automobilkauf zur Verfügung stehende durchschnittliche Haushaltseinkommen machen deutlich, dass viele private Haushalte mit guter wie auch schlechter Bonität auf das Angebot von Automobilfinanzierungslösungen angewiesen sind. Die Attraktivität der Inanspruchnahme eines Automobilkredites wird dabei zum einen unterstützt durch die wachsende Professionalität in der Vermarktung automobilwirtschaftlicher Finanzdienstleistungen.661 Mittlerweile gehört das Angebot von Automobilkrediten zum Kerngeschäft eines Autohauses. Zudem haben die Banken durch die Entwicklung innovativer Finanzprodukte die Inanspruchnahme von Autokrediten erleichtert und für den Konsumenten attraktiver gemacht. Hinzu kommt die im Vergleich zur Vergangenheit aktivere Kommunikation dieser Produkte, die zu der steigenden Nachfrage nach automobilwirtschaftlichen Finanzdienstleistungen beiträgt. Einige der Haushalte, die Finanzierungsprodukte zum Zwecke des Automobilkaufes nachfragen, werden jedoch auch weiterhin eine eingeschränkte Bonität aufweisen oder diese verschlechtern. Als Faktoren der Bonitätseinschränkung treten dabei regelmäßig die Konsequenzen der Ver- und Überschuldung privater Haushalte auf. Beide Faktoren bilden eine wichtige Rahmenbedingung der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland und sollen daher im folgenden näher betrachtet werden.
661
Vgl. hierzu und im folgenden Diez, Willi/ Bühler, Martin (2006): S. 9.
122
4.2.2.1 Umfang und Merkmale der privaten Ver- und Überschuldung in Deutschland Obwohl es bislang keine einheitliche Definition der Begriffe Ver- und Überschuldung, gibt, treffen dennoch folgende Umschreibungen auf allgemeinen Konsens:662 Unter bankmäßigen und nicht-bankmäßigen Schulden lassen sich sämtliche ökonomisch und/oder juristisch geregelten Zahlungsverpflichtungen zusammenfassen, die bei einer Einzelperson oder bei einem Haushalt entstehen können.663 Unter Verschuldung kann unter diesem Blickwinkel jede Form des Eingehens von Zahlungsverpflichtungen verstanden werden.664 Sie stellt nach Auffassung der SCHUFA und von Fachleuten ein normales, in vielen Haushalten unvermeidliches Verbraucherverhalten dar.665 Die Aufnahme eines Kredites im Rahmen der Automobilfinanzierung impliziert demnach eine Schuldenaufnahme bzw. Verschuldung. Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt, kann diese dazu beitragen, Liquiditätsengpässe zu überbrücken oder finanzielle Flexibilität zu bewahren.666 Die Automobilfinanzierung kann bei produktivem und investivem Einsatz sogar die Existenz finanziell absichern. Als Beispiel dient hierfür etwa die Finanzierung eines Fahrzeuges, um zuverlässig einen weiter entfernten Arbeitsplatz annehmen zu können.667 Überschuldung liegt hingegen dann vor, wenn der Schuldner seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen auch in absehbarer Zeit nicht nachkommen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhaltes weder Vermögen noch anderweitige Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen.668 Gemäß der Insolvenzordnung in § 17 Abs. 2 ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Die Überschuldungsform privater Haushalte ist indes nicht nur im Konsumentenkreditbereich zu suchen. In Abhängigkeit von Art und Häufigkeit der Schulden können verschiedene Verschuldungsquellen vorliegen.669 Die zehn häufigsten Arten von Verbindlichkeiten hat die SCHUFA gemäß einer Befragung von Schuldnern, die sich im Verbauerinsolvenzverfahren befinden, im Jahr 2007 veröffentlicht.670 Hiernach wurden Kontoüberziehungen und Versandhandelsschulden 662
Vgl. Korczak, Dieter (2004): S. 4 f. und Springeneer, Helga (2006): S. 16. Vgl. hierzu und im folgenden SCHUFA Holding AG (2006): S. 16, Korczak, Dieter (2003a): S. 5, Korczak, Dieter (2004): S. 4 f. und Springeneer, Helga (2006): S. 16. 664 Vgl. Korczak, Dieter (2003a): S. 14. 665 Vgl. etwa SCHUFA Holding AG (2006): S. 17. Vgl. auch Korczak, Dieter/ Pfefferkorn, Gabriele (1992): S. V und Zypries, Brigitte (2003): S. 2. 666 Vgl. etwa Kap. 2.2. 667 Vgl. SCHUFA Holding AG (2006): S. 12. 668 Vgl. Creditreform (2006): S. 1. Vgl. auch Springeneer, Helga (2006): S. 16 und Korczak, Dieter (2004): S. 5. 669 Vgl. hierzu Korczak, Dieter/ Pfefferkorn, Gabriele (1992): S. 272. 670 Vgl. hierzu und im folgenden Lechner, Götz/ Backert, Wolfram (2007): S. 125. 663
123
am häufigsten als Schuldenart genannt. Es folgen entsprechend ihrer relativen Häufigkeit nach Verbindlichkeiten aus dem Festnetz-Telefonbereich, Mietschulden, Handyschulden, Automobilfinanzierungen, sonstige Schulden und Hypotheken. An neunter Stelle liegen Konsumentenkredite, und schließlich wurden auch Steuern/ Abgaben als Schuldenform angegeben. Es kann festgestellt werden, dass in der Regel nicht eine einzelne Verschuldungsform allein, sondern die Aneinanderreihung bzw. Verschränkung verschiedener Verschuldungsformen zur Überschuldung führen.671 Das Ausmaß der Überschuldung von Privathaushalten in Deutschland lässt sich anhand des Kriteriums der relativen Überschuldung analysieren. Die relative Überschuldung liegt vor, wenn nach Abzug der Kreditverpflichtungen das zur Verfügung stehende Haushaltsnettoeinkommen kleiner ist als die durch den Gesetzgeber definierten notwendigen Lebenshaltungskosten.672 Da der Gesetzgeber die notwendigen Lebenshaltungskosten einerseits durch das Sozialhilfegesetz und andererseits im Zusammenhang mit den Pfändungsfreigrenzen bestimmt, können eine Ober- und eine Untergrenze der relativen Überschuldung festgelegt werden. Die Obergrenze relativer Überschuldung ist erreicht, wenn nach Abzug der Kreditverpflichtungen das restliche Haushaltsnettoeinkommen kleiner ist als die Pfändungsfreigrenze des Haushalts. Hierbei handelt es sich um den Geldbetrag, der nicht gepfändet werden kann und gemäß § 850 ZPO das Existenzminimum des Haushalts darstellt. Liegt hingegen die Summe des restlichen Haushaltsnettoeinkommens unter der Sozialhilfegrenze des Haushalts, ist die Untergrenze relativer Überschuldung erreicht. Die Sozialhilfegrenze bzw. das Sozialgeld des Haushalts stellt dabei die sog. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt dar, die gemäß der Sozialgesetzgebung das Existenzminimum des Haushalts bildet. Unter Berücksichtigung dieser Definitionen kann festgestellt werden, dass die Überschuldungssituation bei Privathaushalten mit Konsumentenkrediten Schwankungen unterliegt. So war zum Beispiel nach dem hohen Überschuldungsniveau der Jahre 2003 und 2004 für das Jahr 2005 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, der auch im Jahr 2006 noch anhielt.673 Während im Jahr 2004 noch zwischen 1,3 Millionen (Untergrenze) und 2,9 Millionen (Obergrenze) Haushalte mit Konsumentenkrediten relativ überschuldet waren, betrug die entsprechende Zahl im Jahr 2006 zwischen rund 0,9 Millionen (Untergrenze) und
671 672 673
Vgl. Hamm-Beckmann, Anja (2000): S. 120. Vgl. hierzu und im folgenden Zimmermann, Gunter E. (2007): S. 94. Vgl. Zimmermann, Gunter E. (2007): S. 99.
124
1,6 Millionen (Obergrenze) Haushalten.674 Der Anteil relativ überschuldeter Privathaushalte mit Konsumentenkrediten an allen Privathaushalten in Deutschland liegt damit im Jahr 2006 zwischen 2,4 Prozent (Untergrenze) und 4,2 Prozent (Obergrenze).675 Die Ausprägungen der Überschuldung als Rahmenbedingung der SubprimeAutomobilfinanzierung fallen in ihrer Höhe keinesfalls gleichmäßig in den unterschiedlichen Regionen in Deutschland aus. Untersuchungen zur Überschuldungsverdichtung führen zu dem Ergebnis, dass rund 28 Prozent der Schuldner in Postleitzahl-Bereichen mit sehr hoher Überschuldung leben.676 Diese Bereiche weisen eine Schuldnerquote von über 14 Prozent auf.677 Nur rund drei Prozent der Schuldner leben hingegen in Räumen, die eine Schuldnerquote von weniger als sechs Prozent und damit eine sehr geringe Überschuldung aufweisen. Fachleute erkennen aufgrund der steigenden Konzentration von Überschuldungsfällen die Gefahr der Entstehung sich selbst verstärkender Wirkungsketten. Diese stellt sich in Form der Entwicklung von der Verschuldung, über die Überschuldung zur Verarmung dar und tragen möglicherweise zu Deformations- und Ausgrenzungsprozessen von Bevölkerungsgruppen bei. Solche Gruppen sind von Abstiegserfahrungen geprägt und einem wachsenden Risiko des sozialen Ausschlusses und der politischen Abkoppelung ausgesetzt. Da hiermit in vielen Fällen unstetige Erwerbsbiografien und unsichere wie auch als unsicher wahrgenommene private Lebensumstände verbunden sind, wächst der Druck auf die betroffenen Schuldnergruppen, Lebensrisiken immer frühzeitiger durch private Gesundheits- und Vorsorgemodelle abzusichern. Stattdessen werden die Verbraucher jedoch nach Auffassung der Untersuchung der Creditreform zu mehr Konsum angeregt, der notfalls auch mit Hilfe von Kreditaufnahmen finanziert wird.678 Untersuchungen der SCHUFA ergeben, dass die durchschnittliche Kreditbelastung zwischen den Jahren 2004 bis 2006 vor allem bei Älteren gestiegen ist.679 Der Indikator Kreditbelastung bezieht sich dabei nicht auf die Höhe eines aufgenommenen Kredites, sondern auf die noch aktuell bestehende Restschuld aus einem Kredit. Bei jungen Erwachsenen, etwa den 18- bis 29-Jährigen ist hingegen eher eine Stagnation der durchschnittlichen Kreditbelastung in dem gesamten dreijährigen Beobachtungszeitraum zu 674
Vgl. Zimmermann, Gunter E. (2007): S. 100 und 101. Vgl. Zimmermann, Gunter E. (2007): S. 102 und 103. Vgl. hierzu und im folgenden Creditreform (2007): S. 20 f. 677 Die Schuldnerquote misst den Anteil der Schuldner mit sog. Negativmerkmalen im Verhältnis zu allen Personen ab 18 Jahren >Anmerkung des Verfassers@. Vgl. Creditreform (2007): S. 1. 678 Vgl. Creditreform (2006): S. 14. 675 676
125
beobachten. Die Kreditbelastung insgesamt hat jedoch trotz eines teilweise schwierigen konjunkturellen Umfelds in dieser Zeit zugenommen.680 Der Anstieg kann dabei nach Einschätzung der SCHUFA auf eine allgemein robuste wirtschaftliche Verfassung der Privatpersonen hinweisen, aber auch als Hinweis auf die Größenordnung einer etwaigen Überschuldungsgefahr oder –situation gewertet werden. Einen Indikator oder ein Frühwarnsystem für die Überschuldungsgefährdung oder sogar Überschuldung stellt im Rahmen der Arbeitshypothese der SCHUFA in diesem Zusammenhang ein ausgefallener Kredit dar.681 Hierzu wurde von der SCHUFA zuletzt für das Jahr 2005 festgestellt, dass unter allen ausgefallenen Krediten ein auffallend hoher Anteil auf kleinere Kredite in der Größenordnung zwischen 1.000 bis 3.000 Euro fällt. Knapp 30 Prozent der ausgefallenen Kredite haben ein Volumen von bis zu 3.000 Euro. Knapp 49 Prozent der ausgefallenen Kredite umfassen jeweils ein Volumen von bis zu 6.000 Euro. Für die vorliegende Arbeit ist dabei die Erkenntnis von Bedeutung, dass die Kreditausfälle mit zunehmender Kredithöhe geringer werden. Automobilkredite weisen in der Regel aufgrund der im Verhältnis zu anderen Konsumgütern hohen Anschaffungskosten eines Fahrzeuges höhere Volumina auf. Demnach kann in Anlehnung an die Ergebnisse der SCHUFA-Analyse die Vermutung festgehalten werden, dass Automobilkredite im Vergleich zu Kleinkrediten tendenziell eine geringere Ausfallquote aufweisen. Zu hinterfragen ist hingegen, warum Kleinkredite trotz überschaubarer Größenordnung überdurchschnittlich häufig ausfallen.
4.2.2.2 Ursachen der Überschuldung von Privatpersonen und Privathaushalten Die Ursachen der Überschuldung lassen sich in der Regel kaum auf einzelne Faktoren, sondern auf das Zusammenwirken mehrerer Faktoren zurückführen. Das Risiko der hierbei zugrundeliegenden sozioökonomischen Destabilisierung von Haushalten und Familien resultiert in der Regel einerseits aus der Risikobereitschaft der Persönlichkeit, andererseits aus Risikolagen im Erwerbsbereich, aber auch aus Risikolagen im Haushalts- und Familienzusammenhang sowie aus dem Angebotsdruck des Marktes.682 Zum Ursachenkomplex für die Entstehung der Überschuldung zählt dabei zunächst die Kre679
Vgl. im folgenden SCHUFA Holding AG (2007c): S. 33. Vgl. hierzu auch SCHUFA Holding AG (2006): S. 31. Vgl. hierzu SCHUFA Holding AG (2006): S. 32 f. 682 Vgl. Korczak, Dieter (2004): S. 8. 680 681
126
ditaufnahme selbst.683 So tragen die individuelle Kreditaufnahmebereitschaft des Konsumenten und die Kreditvergabepolitik der jeweiligen Bank zur Aufnahme solcher Kredite bei, die das Budget des Kreditnehmers von Anfang an übersteigen oder so stark belasten, dass dieser für unvorhergesehene Ereignisse während der Kreditlaufzeit anfällig wird. Primäre Auslöser der Überschuldung sind jedoch gemäß einer vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegebenen Studie die Faktoren Arbeitslosigkeit, Niedrigeinkommen, aber auch Scheidung und Trennung sowie die gescheiterte Selbständigkeit.684
Gebiet West Ost
Arbeitslosigkeit 23% 46%
dauerndes Niedrigeinkommen 8% 29%
Trennung, Scheidung 23% 19%
gescheiterte Selbständigkeit 20% 16%
Überhöhter Konsum 4% 25%
Abb. 15: Die Hauptauslöser der Überschuldung in Deutschland (gemäß Schuldnerbefragung, Mehrfachnennungen möglich).685
Sie stellen sich für den Betroffenen oftmals als „unvorhergesehene Lebensereignisse“ dar, die aufgrund der damit verbundenen Einkommenseinbußen die bis dahin regelmäßig ausgewogene Liquidität des Haushalts ins Wanken bringen. Weitere Ursachen treten in Form von finanziellen Mehrbelastungen auf, die etwa durch eine Mieterhöhung, die Geburt eines Kindes oder durch Unterhaltszahlungen entstehen.686 Das restliche verfügbare Einkommen reicht schließlich gerade noch aus, um die anfallenden Lebenshaltungskosten zu decken. Häufig aber reicht es nicht mehr, um den finanziellen Dauerpflichten
nachzukommen.
Neben
haushaltsindividuellen
Ursachen
der
Überschuldung tragen zudem auch Entwicklungsmerkmale des Konsumentenkreditmarktes zum Risiko der Überschuldung bei. Der vom Verband der Vereine Creditreform herausgegebene Schuldneratlas 2006 etwa beschreibt als zusätzlichen Grund die Zunahme der Werbung für Kreditangebote.687 Im Zuge der Wiederentdeckung der Konsumenten für Kreditangebote räumt die Wirtschaft immer großzügiger den Konsumenten freizügige Teilzahlungs-, Leasing- und andere Kreditmöglichkeiten ein. Vor allem die mangelnde finanzielle Allgemeinbildung der Bevölkerung trägt dazu bei, dass ohne 683
Vgl. hierzu Schmidt, Oliver (1995): S. 5. Vgl. hierzu und im folgenden Abb. 15, Korczak, Dieter (2003b): S. 29 und Creditreform (2006): S. 18. 685 Vgl. hierzu Korczak, Dieter (2003b): S. 29. 686 Vgl. Hamm-Beckmann, Anja (2000): S. 125. Vgl. auch Korczak, Dieter (2003b): S. 29. 687 Vgl. hierzu und im folgenden Creditreform (2006): S. 15 f. 684
127
hinreichende Aufklärung über die Kosten und Risiken dieser Kreditmöglichkeiten die Gefahr einer Überschuldung weiter steigt. Als Beispiel hierfür dient der Dispositionskredit, der die Möglichkeit einer Kontoüberziehung beinhaltet und nach Einschätzung des Verbands der Vereine Creditreform in erster Linie dafür eingesetzt werden sollte, um kurzfristige Zahlungsengpässe zu vermeiden. Da jedoch Untersuchungen zufolge viele Verbraucher mit diesem Instrument nicht umgehen können, bedeutet der Dispositionskredit oft den Einstieg in die Schuldenspirale. Der Weg von der Verschuldung in die Überschuldung lässt sich anhand eines Phasenmodells erklären. Hiernach gliedert sich der Überschuldungsprozess typischerweise in mehrere Phasen auf, die im folgenden näher skizziert werden:688 Die erste Phase des Überschuldungsprozesses beginnt in dem Zeitpunkt der Kreditaufnahme, bei der die Haushalte bereits unterschiedlich rational kalkulieren. Hierzu gehören vor allem solche Haushalte, die seit mehreren Jahren ihr Leben auf niedrigem Einkommensniveau bewegen und deshalb ihr Konto überziehen und Kredite aufnehmen.689 Während ein kleiner Teil der Kreditnehmer schon hier in eine Situation latenter Überschuldung gerät, befindet sich die Mehrheit der Kreditnehmer in diesem Stadium noch in überschaubaren, stabilen finanziellen Verhältnissen. Die zweite Phase ist durch die Auslösung der Überschuldung gekennzeichnet. Durch die bereits beschriebenen unvorhergesehenen Ereignisse tritt ein Einkommensrückgang oder eine zusätzliche finanzielle Belastung auf, die das Haushaltsbudget aus dem Gleichgewicht bringt. In Abhängigkeit der Knappheit der im Zeitpunkt der Kreditaufnahme durchgeführten Kalkulation genügen schon geringfügige Einkommenseinbußen, um massive finanzielle Schwierigkeiten auftreten zu lassen. In der dritten Phase versuchen die betroffenen Haushalte in der Regel, die aufgetretenen finanziellen Schwierigkeiten mit eigenen Bemühungen zu beheben. Zur Steigerung des verfügbaren Einkommens werden zusätzliche Verdienstmöglichkeiten in Anspruch genommen, die Lebenshaltungskosten zum Beispiel mit Hilfe des Umzuges in eine günstigere Wohnung gesenkt und Einschränkungen der Konsumausgaben durchgeführt. Können die Haushalte die ursprüngliche Kreditrate nicht mehr aufbringen, gehen sie oftmals auf teure Umschuldungsangebote ein.690 Die Aufnahme zusätzlicher neuer Kredite zur Ablösung der alten Kredite, bei denen die Zahlungsschwierigkeiten aufgetreten 688 689
Vgl. hierzu und im folgenden Hamm-Beckmann, Anja (2000): S. 124 f. Vgl. hierzu auch Creditreform (2006): S. 15.
128
sind, führen meistens jedoch nur zu kurzfristigen Verbesserungen. Eventuell können Kreditumschuldungen sogar ein ursprünglich produktives Kreditverhältnis ins Gegenteil verkehren.691 Die den Kreditnehmern offerierte, anscheinend niedrigere Kreditrate wirkt sich später oft als Überschuldungsbeschleuniger aus. Grund hierfür sind die zum Teil hohen Kosten der zur Umschuldung neu eingegangenen Kreditverpflichtungen, die mit der Ablösung des ersten Kredites verbunden sind. Führen diese Umschuldungsbedingungen zu einer zusätzlichen Belastung der Liquidität des Haushaltes, tragen sie als entscheidender Faktor für den Eintritt einer Überschuldung bei.692 In der vierten Phase gerät der Kreditnehmer in Zahlungsverzug. Eine Wiederholung des Zahlungsverzugs entsteht, wenn die Umschuldungsversuche und Bemühungen des Kreditnehmers zur Schaffung einer höheren Einkommensbasis scheitern. Das Auftreten des Zahlungsverzuges kann zur Auslösung weiterer Überschuldungssituationen führen, die von den Haushalten nicht mehr bewältigt werden können. Der Überschuldungsprozess endet dann in der fünften Phase, die die Kumulation von Schulden mit sich bringt. Durch das Phasenmodell werden die einzelnen Szenarien in einer zeitlichen Reihenfolge zu einem generellen Prozess des Übergangs von der Ver- zur Überschuldung dargestellt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass einzelne Phasen auch zeitgleich auftreten können. Zudem entwickelt jeder Haushalt vor dem Hintergrund individueller Lebensund Bedürfnislagen unterschiedliche Szenarien und Strategien in der beschriebenen dritten Phase, um die auftretenden Zahlungsschwierigkeiten abzuwenden.
4.2.2.3 Bonitätseinschränkende Konsequenzen der Ver- und Überschuldung als Einflussfaktoren der Subprime-Automobilfinanzierung Je nach Form und Ausmaß lassen sich die Ver- und Überschuldung privater Haushalte mit Hilfe verschiedener Indikatoren erfassen.693 Zur Bonitätseinschränkung tragen diese Indikatoren bei, wenn sie in den Auskünften zur bisherigen Kreditbiografie des Verbrauchers, wie etwa in der SCHUFA, als Negativmerkmal festgehalten werden.694 So wird im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung der Banken neben der Bewertung 690
Vgl. ebenda. Vgl. Springeneer, Helga (2006): S. 61. 692 Vgl. ebenda. 693 Vgl. hierzu und im folgenden SCHUFA Holding AG (2006): S. 18. Vgl. auch Springeneer, Helga (2006): S. 18. 694 Vgl. Springeneer, Helga (2006): S. 29. 691
129
von Sicherheiten auch die bisherige „Kreditgeschichte“ des Kreditnehmers berücksichtigt.695 Dabei wird überprüft, ob Kredite in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum hinweg vertragsgemäß bedient worden sind und es nicht zu Zahlungsstörungen gekommen ist. Im Hinblick auf Hinweise für eine Überschuldungsgefahr bzw. eine Überschuldung stellt sich vor allem die Frage, welche Indikatoren auf einen kurzzeitigen oder dauerhaften Liquiditätsengpass des Kreditnehmerhaushaltes hindeuten. Die SCHUFA unterscheidet dabei zwischen weichen und harten Indikatoren. Zu den harten Negativmerkmalen zählen dabei die Eidesstattliche Versicherung696, Haftbefehle zur Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung sowie die Privatinsolvenz. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Einschätzung der SCHUFA, dass derartige Negativmerkmale zwar als Hinweis auf eine kritische Finanzsituation der betroffenen Person gewertet werden können, aber nicht müssen. So lässt sich aus den Erfahrungen von Schuldnerberatern und Gerichtsvollziehern ableiten, dass etwa bei der Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung nur in ca. 60 Prozent bis 70 Prozent der Fälle tatsächlich eine Überschuldung zugrunde liegt. Ob überschuldete Personen eine Eidesstattliche Versicherung abgeben, hängt neben dem Zeitpunkt auch von der Person selbst und vom Gläubiger ab.697 Als weiche Negativindikatoren speichert die SCHUFA solche Zahlungsstörungen, die von den Vertragspartnern gemeldet werden. Zu den Vertragspartnern zählen der SCHUFA angeschlossene Unternehmen, die kreditrelevante Daten zum Beispiel im Zuge der Vergabe von Kreditkarten, beim Abschluss eines Handyvertrages oder auch infolge von Rechnungen aus dem Versandhandelskauf bei der SCHUFA notieren.698 Die Zahlungsstörungen stellen sich dabei in Form von offenen, ausreichend gemahnten und nicht bestrittenen Forderungen dar, die als vertragswidriges Verhalten von den Vertragspartnern der SCHUFA fallweise mitgeteilt werden.699 Hierbei kann zwar unterstellt werden, dass eine Überschuldung wohl immer auch derartige Zahlungsstörungen mit sich bringt. Als formalisierter Konflikt zwischen Gläubiger und Schuldner weisen Zahlungsstörungen jedoch nicht zwangsläufig auf eine Überschuldung hin.700 So werden der SCHUFA etwa von Vertragspartnern aus dem Telekommu695
Vgl. Kap. 3.2. Der Gesetzgeber definiert und greift die Eidesstattliche Versicherung an mehreren Stellen des deutschen Rechts auf. So etwa in § 807 und 889 ZPO und in § 259 BGB. Mit der Eidesstattlichen Versicherung müssen Schuldner öffentlich darlegen, dass sie weder über pfändbare Vermögenswerte noch über pfändbares Einkommen verfügen. Vgl. auch Springeneer, Helga (2006): S. 28. 697 Vgl. SCHUFA Holding AG (2006): S. 18 f. und Oesterreich, Detlef/ Schulze, Eva (2006): S. 129-137. 698 Vgl. SCHUFA Holding AG (2007a): S. 6. 699 Vgl. hierzu SCHUFA Holding AG (2006): S. 19. 700 Vgl. auch SCHUFA Holding AG (2006): S. 39. 696
130
nikationsumfeld oder dem Versandhandelsbereich auch Negativinformationen gemeldet, die aus einer gemahnten und unbestrittenen offenen Rechnung resultieren.701 Die Gründe für die nicht bezahlte Rechnung können hierbei vielfältig sein, so dass das von der SCHUFA gespeicherte Negativmerkmal infolge der Zahlungsstörung lediglich eine nicht vertragsgemäße Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung bedeutet. Der Speicherzeitraum aller SCHUFA-Merkmale richtet sich grundsätzlich nach den unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen und Fristen für die Aufbewahrung personenbezogener Daten.702 Die SCHUFA versucht darüberhinaus, die Fristen an der Interessenlage ihrer Vertragspartner und Verbraucher auszurichten. Während tendenziell lange Speicherzeiträume den Unternehmen bei der Kalkulation ihrer Geschäftsrisiken helfen, schützt die Löschung negativer Informationen nach einer angemessenen Zeit die persönlichen Belange der Verbraucher. Regelmäßig werden jedoch Negativeinträge, zu denen auch die Informationen aus Schuldnerverzeichnissen der Amtsgerichte gehören, drei Jahre nach ihrer Erledigung aus der SCHUFA-Auskunft gelöscht.703 Von Bedeutung für die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind in diesem Zusammenhang die statistischen Auswertungen der SCHUFA hinsichtlich der Verteilung von Negativmerkmalen in Deutschland. Für das Jahr 2006 wurde festgestellt, dass 7,78 Prozent aller volljährigen Personen in Deutschland mindestens ein Negativmerkmal in ihrer SCHUFA-Auskunft ausweisen.704 Im Vergleich zu den Quoten in den beiden Vorjahren 2004 und 2005 mit 6,99 Prozent bzw. 7,37 Prozent ist demnach der durchschnittliche Anteil der Personen mit einem Negativeintrag auf alle volljährigen Personen in Deutschland bezogen gestiegen. Dabei traten im Jahr 2006 Zahlungsstörungen, die von den SCHUFA-Vertragspartnern gemeldet wurden und anhand von weichen Negativeinträgen gemessen werden, bei 3,61 Prozent aller Personen über 18 Jahre auf.705 Im Jahr 2005 lag dieser Anteil bei 3,34 Prozent, im Jahr 2004 sogar bei 3,19 Prozent. Die entsprechende Quote der harten Negativeinträge, die im Vergleich zu den weichen Merkmalen als deutlicheres Indiz für die Überschuldung einer Privatperson zu deutenden ist, hat sich zudem zwischen den Jahren 2003 bis 2005 weiter erhöht.706 Demnach wiesen 4,16 Prozent aller volljährigen Personen in Deutschland im Jahr 2006 mindestens ein
701
Vgl. SCHUFA Holding AG (2007b): o. S. Vgl. hierzu SCHUFA Holding AG (2007b): o. S. 703 Vgl. ebenda und SCHUFA Holding AG (2006): S. 37. 704 Vgl. SCHUFA Holding AG (2007c): S. 38. 705 Vgl. SCHUFA Holding AG (2007c): S. 39. 706 Vgl. SCHUFA Holding AG (2007c): S. 40. 702
131
hartes Negativmerkmal in ihrer SCHUFA-Auskunft aus. Zuvor betrug der Anteil im Jahr 2005 noch 4,03 Prozent, im Jahr 2004 hingegen 3,79 Prozent. Zusammenfassend kann somit festhalten werden, dass die Indikatoren zur Überschuldung und Überschuldungsgefahr negative Auswirkungen auf die Bonität des betroffenen Kreditnehmers haben, wenn sie sich in Kreditauskünften des Kunden manifestieren. Negative Konsequenzen der Verschuldung ergeben sich mitunter für den Kreditnehmer, wenn formalisierte Merkmale von Zahlungsstörungen der entsprechenden Kreditauskunftei gemeldet und darin gespeichert werden. Derartige Zahlungsstörungen sind jedoch nicht zwangsläufig mit einer kritischen Finanzsituation oder Überschuldung gleichzusetzen. Im Hinblick auf die statistischen Auswertungen zur privaten Ver- und Überschuldung ist anzunehmen, dass in Deutschland auch künftig eine Vielzahl von Kreditnehmern infolge von Negativmerkmalen der Ver- und Überschuldung Bonitätsschwächen aufweisen. Diesen Kunden ist es in solchen Fällen kaum möglich, über das Standardangebot auf dem traditionellen Kreditmarkt finanzielle Mittel aufzunehmen. Da die Negativmerkmale zur Ver- und Überschuldung gespeichert werden und die Kreditnehmer infolgedessen einen offiziellen Stempel der Kreditunwürdigkeit tragen, können die Betroffenen auch in der Folgezeit zunächst mit keiner Kreditaufnahme auf dem traditionellen Kreditmarkt rechnen.707 Die vorangegangenen Ausführungen machen jedoch deutlich, dass die Nachfrage nach Kreditmitteln zur Anschaffung eines Automobils bestehen bleibt. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, bei welchen Kreditgebern die bonitätsgeschwächten Kunden Kreditmittel zu erlangen suchen.708 Dieser Aspekt wird in den nachfolgenden Kapiteln aufgegriffen.
4.3 Entwicklungstendenzen und Merkmale bereits existierender SubprimeAutomobilfinanzierungsmärkte am Beispiel der USA Um den aktuellen Entwicklungsstand des Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes in Deutschland bewerten zu können, bedarf es eines Maßstabes, anhand dessen die hierfür erforderlichen Vergleiche gezogen werden können. Als geeigneter und repräsentativer Maßstab eignet sich dabei ein Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt, der infolge seines Umfangs und seines langjährigen Bestandes eine erforderliche Mindestreife mit sich bringt. Für die vorliegende Arbeit wurde für diesen Zweck der amerikanische Sub707
Vgl. Springeneer, Helga (2006): S. 29.
132
prime-Automobilfinanzierungsmarkt ausgewählt, dessen Entwicklungstendenzen und Merkmale als Vergleich für die aktuelle Subprime-Marktsituation in Deutschland dienen sollen. Im folgenden wird daher zunächst die historische Entwicklung des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes erläutert, bevor anschließend eine Skizzierung von Größenmerkmalen den Umfang dieses Marktes abgrenzt. Hiernach folgt die Darstellung der aktuellen Wettbewerbssituation der amerikanischen SubprimeUnternehmungen sowie eine Beleuchtung ausgewählter Eigenschaften des derzeitigen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes. Ausgehend von der Skizzierung des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes lassen sich schließlich Struktur und Entwicklungstendenzen des Subprime-Autokreditgeschäftes in Deutschland beschreiben.
4.3.1
Zur Entstehung und Entwicklung der Subprime-Automobilfinanzierung in den USA
4.3.1.1 Kennzeichen und Determinanten der Entstehung und des Wachstums des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes Zur Entstehung des Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes in den USA lassen sich in der Fachliteratur nur wenige Hinweise finden, die eine detaillierte Beschreibung der historischen Fakten hierzu beinhalten. Für die vorliegende Arbeit wurden daher vor allem Informationen ausgewertet, die aus einzelnen schriftlichen Quellen etwa aus Zeitungsberichten, aus dem Internet, aus Berichten von etablierten Marktteilnehmern und von Mitteilungen subprime-ausgerichteter Rechercheeinrichtungen gewonnen werden können. Hiernach lässt sich zwar das Auftreten der ersten Subprime-Autokredite in institutionalisierter Form nicht exakt datieren.709 Verschiedene Quellenhinweise deuten jedoch darauf hin, dass Angebote von Subprime-Autokrediten bereits am Ende der Achtziger Jahre auf dem Markt existierten.710 Die hinter diesem Angebot stehenden Firmen stellten damals den Ausschnitt einer kleinen Gruppe von Finanzierungsinstituten dar, die sich auf das Angebot von Subprime-Krediten spezialisiert hatten.711 Kern708
Vgl. hierzu Kap. 4.4.2. Als institutionalisiert versteht der Verfasser in der vorliegenden Arbeit solche Kreditangebote, die von Banken als eigenständiges Produktprogramm eingerichtet wurden und innerbetrieblich als solches anerkannt sind >Anmerkung des Verfassers@. 710 Vgl. etwa Feldman, Ron/ Schmidt, Jason (1999): S. 1, Munro, Moira (2005): S. 7 und 9 sowie Feder, Barnaby J. (1997): S. 2. 711 Vgl. hierzu Kalser, Kathy R./ Novak, Debra K. (1997): S. 2. 709
133
produkt der Anbieter waren hochverzinste Darlehen, die an Kreditnehmer mit eingeschränkter Bonität vergeben wurden. Dieses zunächst begrenzte Angebot von Spezialkrediten weitete sich im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs zu Beginn der Neunziger Jahre in den Vereinigten Staaten spürbar aus.712 Angezogen von den signifikant höheren Margen und Erträgen aus Gebühreneinnahmen im Vergleich zu herkömmlichen Kreditgeschäften traten dem Kreis dieser Subprime-Kreditgeber weitere Spezialinstitute und Banken bei. Unter diesen Marktteilnehmern befanden sich sogar solche Anbieter, die bis zu dem damaligen Zeitpunkt traditionell im weniger riskanten Standard-Kreditgeschäft verwurzelt waren. Die Subprime-Bestrebungen amerikanischer Kreditinstitute beschränkten sich dabei nicht nur auf den amerikanischen Markt, sondern wurden teilweise etwa auch auf England ausgedehnt.713 Die Grundlage für das Wachstum des Subprime-Kreditangebotes lieferte die unbefriedigte Kreditnachfrage solcher Kunden, die aufgrund von bonitätseinschränkenden negativen oder unzureichenden Auskünften keine finanziellen Mittel auf herkömmlichen Kreditmärkten erhielten.714 Mit Hilfe des Angebotes von Subprime-Kreditgebern konnte somit eine bis dahin wenig beachtete Kreditnachfrage in bonitätsmäßig schlechteren Kundensegmenten bedient werden. Die Ausdehnung des Subprime-Kreditangebotes wurde zudem unterstützt durch die technischen Entwicklungen und Innovationen in der Kreditindustrie. Während automatisierte Kreditentscheidungen und die Einführung von Scoringsystemen im Rahmen der Kreditprüfung für Arbeitserleichterungen im Massenkreditgeschäft sorgten, konnten mit Hilfe der Entwicklung risikoadjustierter Kreditkonditionen auch solche Kundengruppen bedient werden, die im Hinblick auf das gesteigerte Risiko bislang im traditionellen Kreditgeschäft abgelehnt worden waren.715 Einer der wichtigsten Treiber für das Wachstum des Subprime-Marktvolumens waren zudem die technologischen Entwicklungen der Computerlandschaft.716 Hierdurch gelang es einerseits, die Kosten für bislang manuell erstellte Prozesse zu senken. Zum anderen wurden durch den Einsatz technisch weiterentwickelter EDV-Systeme die Analyse und Speicherung kundenspezifischer Daten in einem deutlich fortschrittlicherem Maße möglich als zuvor. Durch die Fortschritte in der Kommunikation erhielten Subprime-Kreditgeber die Möglichkeit, Teilbereiche des Kreditankaufes und der Inkassoaktivitäten zu zentralisie712
Vgl. auch Feldman, Ron/ Schmidt, Jason (1999): S. 1. Vgl. Munro, Moira (2005): S. 7 und 9. Vgl. Fishbein, Allen/ Bunce, Harold (2000): S. 274. 715 Vgl. Apgar, William C./ Herbert, Christopher E. (2006): Abschnitt I-3. 716 Vgl. im folgenden Feldman, Ron/ Schmidt, Jason (1999): S. 2. 713 714
134
ren. Hieraus ergaben sich für die Institute Vorteile aus dem Einsatz von landesweiten, einheitlichen Ankaufsrichtlinien. Darüberhinaus konnte der zentrale Einsatz von Telefonsystemen dazu beitragen, die Rückzahlungsquoten der Kreditnehmer zu verbessern. Hierzu gehören sog. Predictive Dialer Systeme, die in der Lage sind, Zielkunden immer dann anzurufen, wenn die Wahrscheinlichkeit ihrer telefonischen Erreichbarkeit am größten ist. Neben diesen Einflussfaktoren im operativen Kreditgeschäft profitierten die Subprime-Kreditgeber von der steigenden Anzahl von Investoren, deren Nachfrage sich auf sog. Asset-Backed-Securities (ABS) richteten.717 Durch die Emission von mit Subprime-Krediten unterlegten Wertpapieren konnten die Kreditgeber einerseits die für das Umsatzwachstum erforderlichen Refinanzierungsmittel zu günstigen Konditionen beschaffen. Auf der anderen Seite wurden durch die Nachfrage nach Asset-BackedSecurities auch solche Kreditinstitute angelockt, die bislang mit hohem Risiko verbundene Subprime-Kredite und die dafür erforderliche Risikovorsorge nicht in ihren Bilanzen verankern wollten. Mit der Emission von mit Subprime-Krediten unterlegten Wertpapieren erhielten diese Institute nämlich die Möglichkeit, Subprime-Kredite zu vergeben und diese an Investoren von Asset-Backed-Securities zu verkaufen. Einen weiteren Treiber für die Ausdehnung des Subprime-Kreditangebotes während der Neunziger Jahre bildeten die zu dieser Zeit attraktiven Kapitalmarktbedingungen an der Börse.718 Nach Angaben von Marktbeobachtern erzielten schätzungsweise 30 Subprime-Finanzierer allein zwischen den Jahren 1995 und 1997 Finanzierungsmittel von fast drei Milliarden Dollar aus der Emission von Aktien. Ertragswachstumsraten von über 100 Prozent trugen dazu bei, dass sich die Subprime-Automobilfinanzierungsindustrie zum Börsenliebling der damaligen Zeit entwickelte.719 Schätzungen von Fachleuten zufolge hatte sich das Marktvolumen der Subprime-Autokredite bis 1999 über zehn Jahre hinweg von ca. 15 auf 65 Milliarden Dollar erhöht.720 Die Teilnahme am Subprime-Automarkt sicherten sich Banken während dieser Jahre zum einen über die institutseigene Vergabe von Subprime-Krediten. Andere Banken hingegen vollzogen den Einstieg in den Markt über den Kauf eines auf Subprime-Kredite ausgerichteten Spezial-Finanzierers.
717
Vgl. hierzu Kalser, Kathy R./ Novak, Debra K. (1997): S. 2. Vgl. ebenda. 719 Vgl. Pate, Carter R. (1998): S. 1. 720 Vgl. Feldman, Ron/ Schmidt, Jason (1999): S. 1. 718
135
4.3.1.2 Begleitumstände und Ursachen von Fehlentwicklungen auf dem amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt Die Euphorie und das starke Wachstum am amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt fand ein jähes Ende, als im Jahre 1997 Mercury Finance, zur damaligen Zeit der größte unabhängige Subprime-Finanzierer, Unregelmäßigkeiten in der Bilanzierung offenbarte.721 Der Einfluss dieser Nachricht löste eine Kettenreaktion aus, die zu wahren Kurseinbrüchen an der Börse führten und viele der großen SubprimeFinanzierer kollabieren ließ. Hierzu gehörten insbesondere solche Firmen, die noch kurze Zeit vor dieser Meldung im Zuge der Kapitalaufnahme ihre Geschäftsstrategie an die des bis dahin vorbildhaften Branchenprimus angepasst hatten und entsprechende Vergleiche kommunizierten.722 Während Mercury Finance infolge der bilanziellen Unregelmäßigkeiten rückwirkend Anpassungen in Höhe von über 90 Millionen Dollar für die vorangegangenen vier Jahre vornehmen musste, meldeten verschiedene etablierte Marktteilnehmer Insolvenz an. Neben American Auto Finance, zuvor durch GE Capital übernommen, gehörten Jayhawk Acceptance, First Merchants Acceptance und Western Fidelity Funding zu den Subprime-Keditgebern, die im Jahre 1997 von der Insolvenz betroffen waren. Weitere Zusammenbrüche folgten in den Jahren danach. Viele andere subprime-involvierte Firmen gerieten zudem in schwerwiegende Liquiditätsengpässe. Die Gründe für die finanziellen Schieflagen in der Subprime-Autokreditbranche während der Neunziger Jahre werden von Fachleuten in unterschiedlichen Einflussfaktoren gesehen. Die Bandbreite der relevanten Ursachen reicht dabei nach Einschätzung der Marktbeobachter von Fehlkalkulationen des Managements, Konsequenzen des Betrugs, ausuferndem Wettbewerb, unkontrolliertem Wachstum bis hin zu unzureichendem Zugang zu Kapitalquellen.723 So ließen sich aus Sicht der Analysten einige SubprimeFinanzierer infolge des zunehmenden Wettbewerbs dazu verleiten, von festgelegten Kreditrichtlinien abzuweichen und niedrigere Konditionen anzubieten, um dadurch zusätzliche Marktanteile zu gewinnen.724 Allein während der Jahre 1991 bis 1994 gab es Börsenemissionen von 20 Subprime-Automobilfinanzierern, die die Zahl der bis dahin agierenden Spezial-Finanzierer exponentiell in die Höhe trieb.725 Der Druck des in vie721
Vgl. im folgenden Pate, Carter R. (1998): S. 1 f. Vgl. Katz, Adrian (1999): S. 105. Vgl. Katz, Adrian (1999): S. 104. 724 Vgl. Kalser, Kathy R./ Novak, Debra K. (1997): S. 2. 725 Vgl. hierzu Pate, Carter R. (1998): S. 2. 722 723
136
len Fällen unerfahrenen Managements der Börsenneulinge wurde dabei signifikant durch die Investoren und Aktienanalysten aufgebaut, die in den aufeinanderfolgenden Quartalsberichten stetig steigende Gewinne in Verbindung mit konsequent wachsenden Geschäftsvolumina forderten.726 Die Anpassung und Weiterentwicklung der Infrastruktur und innerbetrieblichen Prozesse konnten dabei jedoch oft nicht mit dem rapiden Wachstum des Geschäftsvolumens mithalten. Vielmehr führten die unzureichenden, jedoch erforderlichen technologischen Implementationen und die Mängel bei der Mitarbeiterakquise und –schulung zu schwerwiegende Erfolgseinbußen bei den betroffenen Unternehmen. Die Konsequenzen der Wachstumseuphorie in Verbindung mit den mangelnden Erfahrungen im Subprime-Kreditgeschäft äußerten sich insbesondere bei Branchenneulingen in der Anwendung von zu liberalen Kreditankaufsrichtlinien, der fehlenden Implementierung von Scoringsystemen und in der unzureichenden finanziellen Risikovorsorge. Im Finanzwesen der Subprime-Institute wurden nach Ansicht der Marktanalysten zudem schwerwiegende Fehler durch die exzessive Durchführung von cash-flow-basierten Verbriefungen von Vermögenswerten und durch die Inkaufnahme überhöhter Fremdkapitalquoten begangen. Betrügerische Handlungen der Partnerhändler sowie die ansteigende Zahl von Kreditausfällen trugen weiter zur finanziellen Schieflage der angeschlagenen Subprime-Finanzierer bei. Der infolge dieser Schwierigkeiten angestoßene Kursrückgang an den Aktienmärkten führte schließlich zur erschwerten Aufnahme von für die Refinanzierung der Unternehmen wichtigem Eigenkapital. Trotz der beschriebenen Krise am Ende der Neunziger Jahre hat sich der amerikanische Subprime-Autokreditmarkt bis heute zu einem bedeutenden Bestandteil der Automobilfinanzierungsbranche etabliert und weiterentwickelt. Eine Erläuterung des aktuellen Marktumfangs und der Merkmale des derzeitigen Wettbewerbs soll im folgenden diese Erkenntnis verdeutlichen.
4.3.2
Aktueller Marktumfang der Subprime-Automobilfinanzierung in den USA
Obwohl sich die Subprime-Kreditvergabe in den USA zu einem festen Bestandteil des Automobilfinanzierungsgeschäftes entwickelt hat, gibt es bis heute keine zuverlässigen und einheitlichen Angaben zu ihrem Marktumfang. Zudem lassen sich in der Fachlite726
Vgl. Katz, Adrian (1999): S. 105.
137
ratur und der Tagespresse kaum fundierte Beschreibungen der Größe des SubprimeAutomobilfinanzierungsmarktes finden. Eine Ursache hierfür ist das nur schwer quantifizierbare
Gesamtengagement
der
Banken
und
Sparkassen
im
Subprime-
Kreditgeschäft, da dieses oftmals nicht explizit in Geschäftsberichten oder anderen veröffentlichten Unternehmensinformationen abgegrenzt und ausgewiesen wird.727 Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Marktbemessung nur anhand von unterschiedlichen Größenkriterien vollziehen lässt. Als Messdaten kommen etwa Bestands- oder Umsatzgrößen und als Einheiten Volumina in US-Dollar oder Stückeinheiten in Betracht. Nach einem Bericht in der Fachpresse wurde auf der Jahreskonferenz der National Auto Finance Association (NAF) im Jahre 2006 von Konferenzteilnehmern die Zahl von 260 Milliarden US-Dollar als Größe des amerikanischen SubprimeAutomobilfinanzierungsmarktes diskutiert.728 Ein von CNBC.com veröffentlichter Artikel beziffert die Größe der amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsindustrie ein Jahr später sogar auf 300 Milliarden US-Dollar.729 Der Subprime-Anteil am gesamten Automobilfinanzierungsmarkt wird dabei auf etwa zwölf Prozent, von einzelnen Marktteilnehmern bis auf etwa 20 Prozent geschätzt.730 Den Auswertungen des Informationsdienstleisters J.D. Power and Associates zufolge nehmen in einzelnen Fahrzeugsegmenten, wie etwa bei Pickups oder in der Kompaktklasse, die Subprime-Finanzierungen sogar einen Anteil von 22,5 Prozent bis 25,5 Prozent am über den Autohandel vermittelten Neuwagen-Kreditgeschäft ein.731 Die Entwicklung des Marktumfangs hinsichtlich des Neugeschäftsvolumens weist im Verlauf der vorangegangenen Jahre zudem starke Wachstumsraten auf: Die Analysen von Power Information Network, einem Geschäftsbereich von J.D. Power and Associates, haben ergeben, dass die Summe der im Jahr 2006 über den Automobilhandel vergebenen Subprime-Kredite für Neufahrzeuge ein Volumen von 50 Milliarden US-Dollar umfasst.732 Verglichen mit dem von der NAF ermittelten Volumen insgesamt neugenerierter Subprime-Kreditverträge von zehn Milliarden US-Dollar im Jahre 1997 hat sich damit der Marktumfang innerhalb von nur neun Jahren bis 2006 mehr als verfünffacht. Das durchschnittliche Bestandsvolumen an Subprime-Krediten stieg bei den Subprime-
727
Vgl. etwa Kalser, Kathy R./ Novak, Debra K. (1997): S. 3. Vgl. hierzu und im folgenden Watanabe, Marguerite (2006): S. 1. Vgl. Reuters Limited (2007): o. S. 730 Vgl. Jagger, Suzy (2007): o.S. und Consumer Portfolio Services (2007): S. 5. 731 Vgl. J. D. Power and Associates (2007): S. 2. 732 Vgl. J. D. Power and Associates (2007): S. 1. 728 729
138
Finanzierern zwischen den Jahren 2004 und 2005 um 22 Prozent auf zwei Milliarden US-Dollar an.
4.3.3
Wettbewerbsrelevante Kennzeichen und Eigenschaften des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes
Ausführliche und fundierte Beschreibungen des Wettbewerbs auf dem amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt sind sowohl in der Fachliteratur als auch in der Fachpresse ebenfalls kaum zu finden. Dennoch gibt es einzelne Zeitungsartikel, die Hinweise auf die Eigenschaften des Marktes zulassen. Informative Ausführungen zum Wettbewerb enthalten teilweise auch die Geschäftsberichte der Subprime-Finanzierer, die den Formbestimmungen der amerikanischen Bundesbehörde und Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) unterliegen. Diese Quellen reichen zusammengefasst aus, um eine für die vorliegende Arbeit relevante Skizzierung des derzeitigen Wettbewerbs auf dem amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt vornehmen zu können. Im folgenden sollen daher zunächst Kennzeichen und Merkmale des Marktes dargestellt werden. Anschließend werden Erfolgsfaktoren des Wettbewerbs näher erläutert und herausgestellt. Der amerikanische Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt, oft auch als Non-PrimeMarket bezeichnet, lässt sich hinsichtlich der Geschäftsaktivitäten der Marktteilnehmer in mehrere Teilsegmente aufteilen, die sich an den Bonitätseigenschaften der Kreditnehmer orientieren. In Abhängigkeit des Kreditrisikos werden hiernach regelmäßig das Near-Prime-Segment, das Subprime-Segment und das hochriskante Deep-SubprimeSegment unterschieden.733 Die Trennlinie zwischen diesen Teilsegmenten wird häufig anhand des Kreditscores der Kunden vorgenommen.734 Im Laufe der vergangenen Jahre haben sich in jedem der Subprime-Teilmärkte Finanzierungsspezialisten herausgebildet, die auf die unterschiedlichen Managementanforderungen dieser einzelnen Teilmärkte eingestellt sind. Andere Finanzierungsinstitute bilden in ihrer Geschäftsausrichtung mehrere Segmente oder gar das komplette Spektrum des Non-Prime-Kreditgeschäftes ab.735 Diese Anbieter werden in der Fachsprache als Full-Spectrum-Lenders bezeichnet
733 734 735
Vgl. etwa Watanabe, Marguerite (2006): S. 1 und Pate, Carter R. (1998): S. 1. Vgl. hierzu Kap. 3.3.1.2. Vgl. etwa Americredit (2007a): S. 8.
139
und gehören erfahrungsgemäß zu den größten Subprime-Automobilfinanzierern.736 Die Differenzierung der Teilmärkte im Subprime-Kreditgeschäft hat dazu geführt, dass der auf dem Subprime-Markt stattfindende Wettbewerb durch eine starke Fragmentierung gekennzeichnet ist. Zudem stellt sich der Markt als äußerst wettbewerbsintensiv dar, wie ihn etwa der börsennotierte Subprime-Finanzierer Triad Financial in seinem Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2006 beschreibt.737 Ursache hierfür sind die Vielzahl und Vielfalt an Finanzierungsgesellschaften, die am Erfolg des SubprimeGeschäftes partizipieren wollen. Die Bandbreite an Wettbewerbern reicht nach Angaben der Subprime-Finanzierungsgesellschaft Consumer Portfolio Services von Tochtergesellschaften
der
Automobilhersteller
über
Privatbanken,
Sparkassen,
Ge-
nossenschaftsbanken bis hin zu unabhängigen Finanzierungsgesellschaften.738 Die Anzahl der insgesamt auf dem amerikanischen Markt mit Subprime-Autokrediten agierenden Unternehmen ist indes nur schwer abzuschätzen. Dies liegt vor allem daran, dass einige Unternehmen nicht gänzlich als Subprime-Finanzierer auftreten, sondern dieses Geschäftsfeld nur als Teilsparte betreiben. Zu einer überraschenden Erkenntnis gelangt in diesem Zusammenhang die Beratungsgesellschaft J.D. Power and Associates im Rahmen der Händlerzufriedenheitsstudie 2007: Hier gaben 57 Prozent der teilnehmenden Händler an, subprime-relevante Kredite über traditionelle Autofinanzierer abzuwickeln, die üblicherweise im Standard-Kreditgeschäft tätig sind.739 Es ist folglich davon auszugehen, dass sogar bislang als konservativ eingestufte Finanzierungsinstitute im riskanten Kreditgeschäft mit Subprime-Kunden agieren. Einen groben Anhaltspunkt für die Anzahl der auf das Subprime-Kreditgeschäft spezialisierten Unternehmen liefern indes einzelne Recherche- und Informationsdienstleister. Diese veröffentlichen, etwa wie das Subprime-Informationsportal „Special Finance“, ausführliche Adresslisten von Subprime-Automobilfinanzierern, die zurzeit auf dem amerikanischen Markt tätig sind. Allein die von „Special Finance“ gelistete Anzahl von über 90 SubprimeAutomobilfinanzierern macht deutlich, welche Intensität der derzeitige amerikanische Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt erreicht hat.740 Gemäß den Recherchen der amerikanischen Tageszeitung „The Times“ gehören Wells Fargo, Triad Financial, Americredit, Capital One Financial, die amerikanische Konsumentenkreditsparte der HSBC 736
Vgl. Watanabe, Marguerite (2006): S. 2. Vgl. Triad Financial Corporation (2006): S. 5. Vgl. Consumer Portfolio Services (2006): S. 2. 739 Vgl. Reed, Jennifer (2007a): S. 1. 740 Vgl. Special Finance (2008): o. S. 737 738
140
Holding, Wachovia, Citigroup und JP Morgan Chase zu den größten amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierern.741 Es wird davon ausgegangen, dass diese Marktführer einen Marktanteil von ungefähr 40 Prozent einnehmen. Gemäß den Erfahrungen von Consumer Portfolio Services agieren hierunter jedoch nur wenige, langfristig in dem Subprime-Wettbewerb dominante Marktteilnehmer. Viele der früheren SubprimeFinanzierer sind vom Markt verschwunden, andere hingegen haben durch starkes Wachstum und weitreichende Erfahrungen starke Marktpositionen erreichen können.742 Insbesondere große, internationale Finanzkonzerne sind dem Subprime-Markt als neue Wettbewerber beigetreten, indem sie sich an Unternehmen beteiligt oder diese aufgekauft haben, die vollständig oder in einem eigenständigen Geschäftsbereich in der Subprime-Automobilfinanzierung tätig sind.743 Sogar bedeutende Captives, die eigenen Finanzierungsinstitute der Automobilhersteller wie etwa Ford Credit und GMAC, haben in der Vergangenheit Investitionen in subprime-spezialisierte Finanzierungsinstitute getätigt.744 Andere Captives haben lediglich über Partnerschaften mit Spezialfinanzieren Zugang zum Subprime-Markt erhalten. Vorteil dieser Vorgehensweise ist die Minimierung des eigenen Risikos bei gleichzeitiger Ausweitung des Automobilfinanzierungsangebotes für den Autohandel und die Endkunden. Welche Wettbewerbskriterien sind ausschlaggebend auf dem amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt? Grundsätzlich steht fest: Wer sich als Kreditanbieter Zugang zum Subprime-Markt verschaffen möchte, muss mit attraktiven Konditionen agieren.745 Ein weiterer Wettbewerbsfaktor stellt neben günstigen Zinssätzen die unter Bonitäts- und Risikoaspekten akzeptierte Qualität der Kreditnehmer dar.746 So können Erfolgsvorteile generiert werden, wenn das Finanzierungsangebot für alle Kundensegmente des Subprime-Kreditgeschäfts zugänglich gemacht wird.747 Für eine langfristig ausgerichtete, nachhaltige Etablierung am Markt ist eine Strategie erforderlich, die eine hohe Servicebereitschaft und –fähigkeit vorsieht und für Flexibilität in den Kreditlaufzeiten sorgt.748 Zur Erreichung eines hohen Servicelevels erscheint dabei vor allem die Motivation der Mitarbeiter wichtig, die etwa mit Durchführung sog. Incentivierungs741
Vgl. hierzu Jagger, Suzy (2007): o. S. Vgl. Watanabe, Marguerite (2006): S. 1 und Kap. 4.3.1.2. 743 Vgl. im folgenden Watanabe, Marguerite (2006): S. 1 f. 744 Vgl. Henry, Jim (2007): o. S. 745 Vgl. hierzu Reed, Jennifer (2007a): S. 1. 746 Vgl. Triad Financial Corporation (2006): S. 5. 747 Vgl. im folgenden Watanabe, Marguerite (2006): S. 4. 748 Vgl. auch Triad Financial Corporation (2006): S. 5. 742
141
maßnahmen gefördert werden kann.749 Wer am Markt erfolgreich bestehen und wachsen möchte, muss die Zufriedenheit der Partnerhändler sicherstellen. Diese stellen einen wichtigen Vertriebskanal für dauerhafte Zuwächse im Kreditbestand dar. Insbesondere herstellerunabhängige Subprime-Finanzierer neigen jedoch dazu, auch direkte Vertriebskanäle wie etwa die eigene Internet-Homepage für die Expansionsbestrebungen zu nutzen.750 Diese Vorgehensweise gilt in der Branche als Gratwanderung, da die Autohändler das direkt generierte Kreditgeschäft der Kreditinstitute als Einschränkung für das beim Autoverkauf vermittelte Finanzierungsgeschäft betrachten.751 Wer indes direkte Vertriebskanäle wie das Internet für das Angebot von Subprime-Autokrediten nutzt, kann sich Wettbewerbsvorteile durch eine besonders schnelle Kreditbearbeitung und Rückmeldung an den Antragsteller sichern.752 Der etablierte Subprime-Finanzierer Triad Financial beschreibt im Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2006 zudem weitere Merkmale des Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes, die Einfluss auf die Geschäftsstrategie der Marktteilnehmer haben.753 Hiernach zentralisieren manche Wettbewerber einerseits ihre Geschäftsaktivitäten im Rahmen des Kreditankaufes und der Bestandsverwaltung, um durch Economies of scale ertragsrelevante Vorteile generieren zu können. Um landesweite Finanzierungsangebote an Subprime-Kreditnehmer darstellen zu können, stellt zudem der Zugang zu verfügbaren Kapitalquellen einen wichtigen Wettbewerbsfaktor dar. Insbesondere für Finanzierungsinstitute, die bislang im traditionellen Kreditgeschäft mit Standard-Bonitäten tätig waren und den Subprime-Markt betreten, ergibt sich ein Erfolgskriterium aus dem Anpassungserfordernis der Ankaufsrichtlinien und der Inkassoprozesse hinsichtlich des gesteigerten Risikos des Subprime-Kreditgeschäftes. Die voranstehenden Erläuterungen zu den aktuellen Merkmalen des Wettbewerbs auf dem Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt machen deutlich, dass sich in den USA das Kreditangebot an bonitätsschwache Kunden aus einer Nische zu einem etablierten, hart umkämpften Marktsegment entwickelt hat. Die dargestellten Eigenschaften dieses Subprime-Marktes sollen im folgenden dazu dienen, einen Maßstab für die Beschreibung der aktuellen Subprimerelevanz auf dem deutschen Automobilfinanzierungsmarkt abzuleiten. Zugleich lassen sich die auf dem amerikanischen Markt gewonnene Er749
Vgl. ebenda. Vgl. Watanabe, Marguerite (2006): S. 3. Vgl. Reed, Jennifer (2007a): S. 1. 752 Vgl. Triad Financial Corporation (2006): S. 5. 753 Vgl. im folgenden Triad Financial Corporation (2006): S. 5. 750 751
142
kenntnisse und angewandten Methoden als Anhaltspunkte für etwaige SubprimeAktivitäten auf dem deutschen Markt heranziehen. Diese Aspekte sollen in den folgenden Kapiteln aufgegriffen werden.
4.4 Zur derzeitigen Bedeutung des Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes in Deutschland In Anlehnung an die im vorangegangenen Kapitel dargestellten Ausführungen zum Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt in den USA lassen sich Anhaltspunkte für den aktuellen Entwicklungsstand des Subprime-Marktes in Deutschland ableiten. Die Frage nach der möglichen Etablierung eines funktionierenden Marktes im Subprime-Bereich lässt sich zudem mit Hilfe einer Beschreibung des derzeitigen subprime-relevanten Automobilfinanzierungsangebotes in Deutschland beantworten. Wurden in der vorliegenden Arbeit bereits Anhaltspunkte zur Nachfrage nach Subprime-Krediten in Deutschland aufgegriffen und erläutert, soll im folgenden skizziert werden, ob und inwieweit Angebote zur Deckung dieser Nachfrage auf dem deutschen Automobilfinanzierungsmarkt vorhanden sind.754
4.4.1
Skizzierung der formellen Bedeutung des deutschen SubprimeAutomobilfinanzierungsmarktes
Obwohl sich in den USA das Angebot von Autokrediten im Subprime-Segment nicht eindeutig abgrenzen lässt, existiert dort dennoch eine verbreitete und einheitliche Definitionshilfe für Subprime.755 So wurde in der vorliegenden Arbeit herausgestellt, dass Subprime-Einstufungen von Kreditnehmern regelmäßig auf den Ergebnissen der Bonitätseinstufung durch den FICO-Score basieren.756 Die Bandbreite und Differenzierung der FICO-Scorewerte lässt dabei sogar eine weitere Unterteilung des SubprimeSegments in Untersegmente zu, die als Teilmärkte der Subprime-Finanzierer in den USA angesehen werden.757 Obwohl die Anwendung von Scoringverfahren auch in Deutschland zur täglichen Praxis der Kreditwürdigkeitsprüfung gehört, haben sich hier bislang noch keine mit dem FICO-Scoresystem vergleichbaren Kreditauskunfteien e754
Vgl. zur Nachfrage nach Subprime-Automobilkrediten Kap. 4.2. Vgl. Kap. 3.3.1. 756 Vgl. ebenda. 755
143
tabliert, die eine landesweit einheitliche Grundlage für die Festlegung von Kreditnehmersegmenten in Abhängigkeit ihrer Bonität zulassen. Vielmehr werden in Deutschland noch immer die scoringbasierten Ergebnisse der Bonitätseinstufung von Kreditnehmern weitgehend bankenindividuell oder durch unterschiedliche Kredit-Score-Unternehmen ermittelt.758 Andere Kriterien, die in Deutschland eine einheitliche und öffentlich zugängliche Bonitätsseinstufung von Kreditnehmern in das Subprime-Segment beschreiben, lassen sich derzeit nicht finden. Für die Zuordnung eines Kunden in eine mit dem amerikanischen Subprime-Segment vergleichbare Bonitätsstufe auf dem deutschen Kreditmarkt wird in diesem Kapitel stattdessen auf das bereits in Kap. 3.3.1.1. beschriebene Kriterium der Subprime-Relevanz verwiesen. Hiernach können dem Subprime-Kreditsegment grundsätzlich solche Kunden zugeordnet werden, denen infolge einzelner oder mehrerer, die Kreditwürdigkeit einschränkender Merkmale und infolge ihrer daraus resultierenden Eigenschaft als Kreditnehmer der Zugang zum Kreditangebot der Banken erschwert oder verweigert wird. Basierend auf dieser Kriteriensetzung für das Subprime-Kreditsegment soll im folgenden erläutert werden, welche Bedeutung subprime-fokussierte Kreditangebote derzeitig am deutschen Automobilfinanzierungsmarkt einnehmen.
4.4.2
Zur derzeitigen Bedeutung subprime-fokussierter Kreditangebote auf dem deutschen Automobilfinanzierungsmarkt
Hinweise auf die Existenz eines in der deutschen Kreditpraxis etablierten SubprimeAutomobilfinanzierungsmarktes lassen sich auf Basis der Frage ableiten, inwieweit die Kreditnachfrage bonitätsschwacher Kunden durch ein auf diese Kunden spezialisiertes Kreditangebot bedient wird. Das hierbei fokussierte Kundensegment umfasst gemäß der im vorangegangenen Kapitel dargestellten Subprime-Abgrenzung solche Kreditnehmer, die aus Bonitätsgründen bei den in Deutschland tätigen Automobilfinanzierern keinen Kredit erhalten. Für die Recherche nach Finanzierungsangeboten, die sich an derartige Kreditnehmer richten, hat der Verfasser im Rahmen der Anfertigung dieser Arbeit gängige, internetbasierte Suchmaschinen verwendet.759 Der Verfasser geht davon
757 758 759
Vgl. Kap. 4.3.3. Vgl. hierzu Lohrer, Ulrich (2007): o. S. Für die Suche wurden gängige Internetsuchmaschinen wie zum Beispiel Google und Yahoo verwendet [Anmerkung des Verfassers].
144
aus, dass bei Existenz eines in Deutschland etablierten Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes sich mit Hilfe des Internets ohne weiteres subprime-relevante Kreditangebote aufdecken lassen. Die durchgeführte Suche liefert aber keine Hinweise auf Kreditangebote etablierter Banken oder Finanzierungsinstitute, die aktiv bonitätsschwache Kreditnehmer ansprechen. Der Hinweis mancher Banken auf die Anwendung bonitätsabhängiger Zinsen im Rahmen ihrer Kreditofferten lässt zwar die Vermutung zu, dass sich das Kreditangebot an Kunden mit unterschiedlicher Bonität richtet.760 Informationen zu gezielten Kreditofferten an Subprime-Kunden sind jedoch auch im Zusammenhang mit solchen bonitätsabhängigen Konditionen nicht verfügbar. Auch die Suche in der Fachpresse und in der Fachliteratur liefert keine Hinweise, dass es subprime-spezialisierte Kreditangebote von in Deutschland etablierten Automobilfinanzierern gibt. Unabhängig von dem Kreditangebot der auf dem deutschen Markt agierenden Automobilfinanzierer lassen sich dennoch Werbemaßnahmen auffinden, die bonitätsschwachen Kunden den Zugang zu Finanzierungsmitteln versprechen. Das Angebot sog. SCHUFA-freier Kredite beinhaltet das Versprechen gegenüber Kunden, ohne Einholung von Bonitätsauskünften Kredite zur Verfügung zu stellen.761 Dieses Kreditangebot richtet sich gemäß den Untersuchungen einer Studie der SCHUFA in erster Linie an Kunden, die infolge von Liquiditätsengpässen verzweifelt nach finanziellen Ressourcen suchen. Vorrangiges Ziel der Kreditsuchenden ist dabei oftmals nicht die Schuldentilgung, sondern regelmäßig die Bedienung fälliger Raten bestehender Kredite. Diese auf Umschuldung ausgerichtete Strategie führt jedoch allenfalls zu einer bloßen Verschiebung des Zeitpunkts, zu dem die Rückführung der fälligen Raten nicht oder nur noch teilweise möglich ist. Stattdessen sehen sich die betroffenen Kunden in vielen Fällen einer steigenden Schuldensumme und zusätzlichen Kosten gegenüber. Hinter dem Angebot „SCHUFA-freier“ Kredite steht nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes eine gut organisierte Kreditvermittlerbranche mit mehreren hundert Unternehmen. Die Anbieter bedienen sich dabei häufig eines Instrumentariums, das rechtswidrige oder strafbare Elemente enthält. Die breit gestreute Werbung für „SCHUFA-freie“ Kredite lässt sich in Tageszeitungen, Anzeigenblättern, Illustrierten sowie in Videotexten und Internetangeboten finden. Obwohl die Kredite als „SCHUFA-frei“ beschrieben sind, werden diese entgegen des Werbeversprechens nicht ohne Bonitätsprüfung angeboten. 760 761
Vgl. Gaumert, Uwe/ Hartmann, Wulf/ Stein, Dirk (2006): S. 58. Vgl. hierzu und im folgenden SCHUFA Holding AG (2007d): S. 5-7.
145
Vielmehr bedienen sich die Kreditvermittler nach Angaben der SCHUFA dubioser Methoden, um die Antragsteller zu Zahlungen zu bewegen, ohne dabei eine substanzielle Gegenleistung zu erbringen. So ist die hierbei praktizierte Kreditvermittlung vor allem darauf ausgerichtet, über Scheinvermittlungen oder Haushaltsrechnungsanalysen zweifelhafte Gebühren bei den Kunden abzurechnen. Darüberhinaus sollen unter finanziellem Druck stehende Kreditsuchende dazu verleitet werden, dubiose Finanzprodukte in Form von Versicherungen, Fondsanteilen und sogar unternehmerischen Beteiligungen zu kaufen. Die von der Studie mit Hilfe von Testanfragen ermittelte Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Vermittlung und Auszahlung eines „SCHUFA-freien“ Kredites liegt hingegen bei weniger als zwei Prozent. Die Untersuchungsergebnisse der SCHUFA-Studie machen deutlich, dass die beschriebene Vermittlungsbranche „SCHUFA-freier“ Kredite zwar auf die Kreditnachfrage bonitätsschwacher
Kunden
ausgerichtet
ist.
Die
Anwendung
rechtswidriger
Instrumentarien durch die meist intransparent agierenden Kreditvermittler lässt jedoch die Vermutung zu, dass es sich bei dieser Branche nicht um einen mit den USA vergleichbaren Subprime-Kreditmarkt handelt. Aus den vorstehenden Erläuterungen abgeleitet ist somit festzuhalten, dass in Deutschland zurzeit keine institutionalisierten Automobilfinanzierungsangebote existieren, die sich als Subprime-Kredite etablierter Finanzierungsinstitute beschreiben lassen. Auf Basis der in Kap. 4.2.2.3 beschriebenen Faktoren der Bonitätseinschränkung kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es durchaus eine beträchtliche Anzahl an Kreditnehmern in Deutschland gibt, die ein subprime-fokussiertes Kreditangebot im Automobilfinanzierungsgeschäft nachfragen. Für subprime-interessierte Automobilfinanzierer stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, welche bankbetrieblichen Rahmenbedingungen die Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland mit sich bringt und welche Ausgestaltungsmöglichkeiten sich hierfür anbieten. Diese Aspekte sollen im fünften Kapitel dieser Arbeit näher betrachtet werden.
4.5 Zusammenfassende Ergebnisse und abgeleitete Erkenntnisse der Untersuchung der Marktbedingungen und Einflussfaktoren der SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass sich das Automobil im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte zum wichtigsten Verkehrsmittel entwickelt hat. Experten-
146
schätzungen und aktuelle Statistiken lassen vermuten, dass sich die herausragende Stellung des Automobils unter den Verkehrsträgern in Zukunft festigt und das Automobil auch weiterhin eine große Nachfrage erfährt. Die Anschaffung eines neuen wie auch gebrauchten Automobils stellt jedoch für die Käufer nach wie vor eine hohe finanzielle Belastung dar. Die Kreditfinanzierung bietet eine wichtige, in vielen Fällen notwendige finanzielle Unterstützung für den Käufer eines Automobils. Als Marktbedingung der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland kann somit die auch künftig anhaltende Nachfrage privater Haushalte nach Kreditfinanzierungsmöglichkeiten beim Autokauf festgehalten werden. Der Zugang zu den marktüblichen Automobilfinanzierungsangeboten wird erheblich erschwert, wenn der Kreditnehmer Zahlungsstörungen in seiner Kreditvergangenheit aufweist. Diese werden mit Hilfe von bonitätseinschränkende Negativmerkmalen in den jeweiligen Kreditauskunfteien dokumentiert und von den Banken regelmäßig als Kriterium für eine Kreditablehnung herangezogen. Aus den Auswertungen der SCHUFA zur Anzahl der Negativeinträge in der SCHUFA-Auskunft in Deutschland lässt sich schlussfolgern, dass eine steigende Anzahl an Personen in Deutschland von den bonitätseinschränkenden Konsequenzen einer Zahlungsstörung betroffen sind. Diese Entwicklung stellt sich als Einflussfaktor für das Marktpotential der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland dar, da die betroffenen Personen bei kaum einer Bank noch einen Kredit für die Anschaffung eines Automobils erhalten werden. Als restriktiver Einflussfaktor wirkt sich der Hinweis einer Zahlungsstörung für die Subprime-Automobilfinanzierung aus, wenn sich die betroffene Person in einer akuten Überschuldungssituation befindet. Hier würde jeder weitere Kredit die finanzielle Belastbarkeit des Kreditnehmers minimieren. Für die vorliegende Arbeit stellt sich deshalb im Hinblick auf die vorstehenden Ergebnisse die Frage, welche Angebote der deutsche Automobilfinanzierungsmarkt im bonitätsschwachen Kreditsegment bereithält. Für die Untersuchung der derzeitigen Bedeutung der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland erscheint es sinnvoll, einen Maßstab mit Hilfe der Erläuterung der Entwicklungstendenzen und Merkmale eines bereits existierenden Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes heranzuziehen. Am Beispiel des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes wurde erläutert, welche Wachstumstreiber, aber auch Einflussfaktoren für Fehlentwicklungen sich für die Wettbewerber in der Vergangenheit herausgestellt haben. Zum anderen wurde anhand von Größenmerkmalen skizziert, welchen Umfang das amerikanische
Subprime-
Automobilgeschäft einnimmt. Hierbei wurde aufgezeigt, dass sich dieses Kreditseg-
147
ment zu einem wesentlichen Bestandteil des amerikanischen Automobilfinanzierungsgeschäftes entwickelt hat. Daran anknüpfend folgte eine Beschreibung der wettbewerbsrelevanten Kennzeichen und Eigenschaften des amerikanischen SubprimeAutomobilfinanzierungsmarktes. Die in diesen Ausführungen aufgezeigten Wettbewerbsmerkmale machen deutlich, dass sich bislang in Deutschland noch kein vergleichbarer
Subprime-Markt
entwickelt
hat.
Mit
Ausnahme
vereinzelter
Kreditangebote, die oftmals unter zweifelhaften Werbeaussagen teilweise rechtlich unzulässig bonitätsschwachen Kreditnehmern unterbreitet werden, gibt es derzeit keine Hinweise auf die Existenz eines Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes in Deutschland. Dennoch lässt sich auf Basis der vorstehenden Untersuchung feststellen, dass auch in Deutschland eine Vielzahl bonitätsschwacher Automobilkäufer auf die Unterstützung durch Kreditfinanzierungen angewiesen ist. In den folgenden Kapiteln soll daher eine Untersuchung der bankbetrieblichen Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland vorgenommen werden.
148
5 Bankbetriebliche Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass auch bonitätsschwache Automobilkäufer Kreditbedarf aufweisen und daher potentielle Kunden für die Banken darstellen. Entscheidet sich eine Bank für den Einstieg in das Kreditgeschäft mit bonitätsschwachen Kunden, wird sie sich mit den damit verbundenen risikorelevanten Besonderheiten sowohl in strategischer wie auch operativer Hinsicht auseinandersetzen müssen. Die nationale Regulierungsbehörde für Kreditgenossenschaften in den USA etwa beschreibt in einem an die Kreditgenossenschaftsbanken gerichteten Hinweisschreiben die Subprime-Finanzierung als akzeptables Segment innerhalb des Kreditportfolios.762 Gleichzeitig weist sie jedoch warnend auf die Notwendigkeit von adäquaten Vorbereitungen und Vorkehrungen in diesem Geschäftsfeld hin. Im folgenden Kapitel soll daher eine Beschreibung der bankbetrieblichen Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland erfolgen. Der Schwerpunkt der Ausführungen richtet sich dabei auf die strategischen Handlungsspielräume und Rahmenbedingungen der operativen Prozesse der Bank, die unmittelbar mit der Kreditvergabe zusammenhängen. Den Ausgangspunkt hierfür stellt die Skizzierung von Erfolgsfaktoren dar, die sich für die Bank aus den risikorelevanten Besonderheiten der Subprime-Automobilfinanzierung ableiten lassen. Aufbauend auf die dabei gewonnenen Erkenntnisse folgt eine Beschreibung der strategischen Handlungsoptionen und Diskussionsansätze, die sich für die Bank im Rahmen der Festlegung des Geschäftsmodells der Subprime-Automobilfinanzierung ergeben. Unter Berücksichtigung des typischen Verlaufes eines Subprime-Kredites, der sich in Form eines Kreditlebenszyklus darstellen lässt, werden anschließend Aspekte der organisatorischen Ausgestaltung der Subprime-Automobilfinanzierung beleuchtet. Die Herausstellung der in den Kreditlebenszyklus involvierten Fachabteilungen stellt dabei die Grundlage für die Erläuterung ausgewählter Ausgestaltungsmöglichkeiten und Besonderheiten der Subprime-Automobilfinanzierung in operativer Hinsicht dar. Eine zurzeit vielfach diskutierte bankbetriebliche Rahmenbedingung der SubprimeAutomobilfinanzierung offenbart sich in der Subprime-Hypothekenkrise, deren Aus762
National Credit Union Administration (2005): S. 1.
J. Wünscher, Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilf nanzierung in Deutschland, DOI 10.1007/978-3-8349-1898-7_5, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
149
wirkungen sich vor allem seit dem Jahr 2007 in der Bankenlandschaft bemerkbar machen. Eine Abgrenzung dieser Krise vom Subprime-Kreditgeschäft im Automobilbereich erscheint daher für die vorliegende Arbeit als zwingend notwendig und wird abschließend in den nachstehenden Ausführungen erläutert. 5.1 Risikorelevante Erfolgsfaktoren der Subprime-Automobilfinanzierung Aus den vorstehenden Ausführungen lässt sich erkennen, dass ein wesentlicher Unterschied der Subprime-Automobilfinanzierung zum traditionellen Kreditgeschäft in der risikorelevanten Besonderheit der Bonitätseigenschaft der Kreditnehmer liegt. Wird eine Bank im Subprime-Automobilfinanzierungsgeschäft tätig, rücken somit die der Bonitätseinschränkung des Kunden zugrundeliegenden Risikofaktoren in den Vordergrund. Diese Risikofaktoren schlagen sich im wesentlichen in Form von zwei Kriterien im Kreditgeschäft nieder:763 Der erste Risikotreiber offenbart sich in der Fähigkeit und Willigkeit des Kreditnehmers, seinen Zahlungsverpflichtungen vollständig und fristgerecht nachzukommen. Der zweite Risikotreiber äußert sich in dem dem Kreditgeschäft zugrundeliegenden Wert des finanzierten Fahrzeuges, das als Sicherungsobjekt im Falle eines Kreditnehmersausfalls zugunsten der Bank verwertet werden kann. Da beide Risikotreiber unmittelbaren Einfluss auf den bankbetrieblichen Erfolg haben, stellen ihre Identifizierung und Berücksichtigung entscheidende Erfolgsfaktoren in der SubprimeAutomobilfinanzierung dar. Hieraus wird gleichzeitig ersichtlich, dass die gesteigerten Risiken besondere Anforderungen an die Richtigkeit und Vollständigkeit der bankbetrieblichen Planung mit sich bringen. Im folgenden sollen zunächst diese risikorelevanten Erfolgsfaktoren im Subprime-Kontext näher betrachtet werden. Im Rahmen der Ausführungen in Kap. 5.2. folgt dann eine vertiefende Erläuterung der sich hieraus ergebenden Aspekte im Hinblick auf die strategischen Handlungsoptionen der Bank bei der Festlegung des Geschäftsmodells.
763
Vgl. hierzu Katz, Adrian (1999): S. 97.
150
5.1.1
Identifizierung und Berücksichtigung der Risikotreiber in der SubprimeAutomobilfinanzierung
5.1.1.1 Die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Kreditnehmers Die in Kap. 3.3.1.1 definierte Bedeutung von Subprime bringt zum Ausdruck, dass der Subprime-Kreditnehmer aufgrund von Bonitätseinschränkungen keinen oder nur erschwerten Zugang zu herkömmlichen Krediten erhält. Das einem SubprimeKreditnehmer anhaftende Merkmal einer eingeschränkten Bonität ist dabei eine Eigenschaft, die individuell abhängig von der kreditgebenden Bank erst infolge der Durchführung der Kreditwürdigkeitsprüfung dem Kreditnehmer zugeordnet wird. So machen die in Kap. 3.2.3.2. beschriebenen Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung deutlich, dass das Ausmaß einer Bonitätseinschränkung der Sichtweise des jeweils prüfenden Kreditinstitutes entspricht und daher keinesfalls Allgemeingültigkeit besitzen kann. Dennoch stellen die Faktoren einer Bonitätseinschränkung wie etwa fehlende Einkommensquellen, Negativmerkmale oder K.O.-Merkmale in der SCHUFA-Auskunft und Mahnungen bei Vorkrediten für offensichtlich viele Banken einen Ablehnungsgrund dar.764 Maßgeblich für die Subprime-Automobilfinanzierung ist in diesem Zusammenhang die auf das Bonitätsurteil folgende tatsächliche Kreditentscheidung einer Bank. Hier nämlich wird der wesentliche Unterschied zwischen einer im StandardKreditgeschäft und einer im Subprime-Segment tätigen Bank deutlich: Während sich die erste von Kunden mit eingeschränkter Bonität weitgehend fernhält, verhält sich letztere nahezu entgegengesetzt: Die im Subprime-Segment agierende Bank fokussiert gerade jene Kundengruppe, die im Zuge der Kreditwürdigkeitsprüfung eine eingeschränkte Bonität aufweist und infolgedessen bei den meisten anderen, im StandardKreditgeschäft tätigen Banken abgelehnt wird. Hieraus lässt sich ableiten, dass ein Subprime-Finanzierer bewusst die mit dieser Geschäftsausrichtung verbundenen Risiken eingeht. Diese offenbaren sich wie im vorherigen Kapitel beschrieben in der eingeschränkten Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Kreditnehmer. Beide Kreditnehmereigenschaften lassen sich unmittelbar aus einem negativen Bonitätsurteil heraus ableiten. Die kreditgebende Bank wird in solchen Fällen nämlich kaum dem Leistungsversprechen des Schuldners Glauben schenken können, dass dieser termingerecht und vollständig seinen Zins- und Tilgungsverpflichtungen nachkommen wird. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten im 764
Vgl. Korczak, Dieter (2005): S. 37. Vgl. auch Kap. 3.3.2.
151
Subprime-Segment deutlich höher liegt als im traditionellen Standardkreditgeschäft. Dies bestätigt etwa die subprime-spezifische Ausfallstatistik von Automobilkrediten, die die nationale Regulierungsbehörde für Kreditgenossenschaften in den USA im Jahr 2005 veröffentlicht hat und in Kap. 3.3.1.2 bereits dargestellt wurde.765 Nach Ansicht dieser Behörde sollte daher das Engagement einer Bank im Subprime-Kreditgeschäft vor allem auf das gesteigerte Ausfallrisiko von Subprime-Krediten abgestellt werden.766 Entscheidend ist für die Bank hierbei, dass sich der Fokus von Kontroll- und Steuerungsroutinen nicht nur auf die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls konzentriert. Auch der Zeitpunkt des Kreditausfalls, also nach welcher Laufzeit ein Subprime-Kredit ausfallen kann, und die Höhe des Ausfalls stellen wesentliche Ausprägungen des Subprime-Risikos dar.767 Nach Ansicht von amerikanischen Subprime-Experten führen die Risikotreiber der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Kreditnehmer zudem zu Kosten, die sich infolge von Zahlungsrückständen in Form von erhöhten Inkassoaufwendungen für die Bank als Risiko niederschlagen.768 Die richtige Einschätzung dieser Risiken durch die Bank stellt mitunter für Investoren, Wertpapieranalysten und Ratingagenturen im Rahmen ihrer Analysen einen der wichtigsten Erfolgsmaßstäbe für die Beurteilung des Bankerfolgs dar.769 Ausgehend von diesen Risikotreibern der Subprime-Automobilfinanzierung richten sich die nachstehenden Kapitel auf die Diskussion und Erläuterung der Frage, inwieweit die Bank Einfluss auf die Auswirkungen des gesteigerten Ausfallrisikos von Subprime-Krediten nehmen kann und welche Handlungsoptionen hierfür in Betracht gezogen werden können. Hierzu gehört auch die Berücksichtigung des Automobils als Kreditsicherheit, deren Rolle für die Subprime-Automobilfinanzierung im nachfolgenden Kapitel näher dargestellt werden soll. 5.1.1.2 Der Wert des Automobils als Sicherheit Entgegen dem Charakter von Barkrediten haben Autokredite eine risikomindernde Besonderheit aus Sicht der Bank: Sofern vertraglich vereinbart, dient das finanzierte Automobil der Bank als Sicherheit für den Fall, dass der Kredit infolge der Nichterfüllung 765
Vgl. Abb. 8. Vgl. National Credit Union Administration (2005): S. 1 f. Vgl. National Credit Union Administration (2005): S. 2 f. 768 Vgl. Calahan, Scott C. (1999): S. 17. 769 Vgl. Katz, Adrian (1999): S. 100. 766 767
152
der Leistungspflicht des Kreditnehmers ausfällt.770 Der Bank bietet sich dann die Möglichkeit, das Finanzierungsobjekt sicherzustellen, zu verwerten und die hieraus erzielten Erlöse als Kompensation der vom Kreditnehmer noch geschuldeten Leistung heranzuziehen.771 Hierzu zählen auch solche Erlöse, die die Bank aufgrund von vertraglichen Zusatzvereinbarungen wie etwa einer Bürgschaft oder Mitantragstellung bei Nichtleistung des Kreditnehmers erzielen kann. In der Praxis kann sich jedoch eine in das Subprime-Geschäft einsteigende Bank kaum auf diese beiden alternativen Erlösquellen verlassen: Denn nur mit Hilfe der während der Laufzeit generierten Erträge wird die Bank auch bei Vereinbarung hoher, risikoadjustierter Zinsen nur in seltensten Fällen die oft schon früh anfallenden Kreditausfälle kompensieren können. Einschränkend wirkt sich zudem die mangelnde Durchsetzbarkeit der hierfür theoretisch notwendigen Höhe der Zinskonditionen am Kreditmarkt aus.772 Die Entlastung des Kreditnehmers durch eine solvente Bürgschaft oder einen solventen Mitantragsteller ist im SubprimeKreditgeschäft ebenfalls nur schwer denkbar. Möchte sich die Bank regelmäßig auf die Zahlungsfähigkeit und den Zahlungswillen ebensolcher zusätzlicher Kreditnehmer und Bürgen verlassen, müsste sie diesen bereits bei Antragstellung eine hinreichend positive Bonität attestieren. In solchen Fällen werden jedoch aufgrund der erhöhten Zahlungssicherheit auch die Wesensmerkmale für ein Subprime-Kreditgeschäft entfallen. Die Kreditaufnahme für den Autokauf wäre dann wohl auch im Rahmen des traditionellen Automobilfinanzierungsgeschäftes denkbar. Nimmt eine Bank die mit der Subprime-Automobilfinanzierung einhergehenden erhöhten Kreditausfallrisiken in Kauf, erscheint es folglich sinnvoll, die Berücksichtigung des finanzierten Fahrzeuges als Kreditsicherheit mit in die Kalkulation aufzunehmen. So verweist die von den amerikanischen Behörden „Comptroller of the Currency“ und „Administrator of National Banks“ verfasste amtliche Bekanntmachung zum Thema „Subprime-Lending“ auf die hohe Bedeutung des Automobils als Sicherheit, in dem sie Verfahrensweisen bei der Bewertung des Finanzierungsobjektes vorschlägt und erläutert.773 Dies bedeutet, dass sich die Bank bei Eintritt eines Kreditausfalls die Möglichkeit sichern sollte, die noch offenstehende Forderung gegenüber dem Kunden mit Hilfe der Erlöse aus der Verwertung des sichergestellten Fahrzeuges zu decken. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Erreichung dieser Zielsetzung werden durch die Sicher770 771 772
Vgl. Reinking, Kurt/ Eggert, Christoph (2005): S. 530 f. Vgl. hierzu ausführlich Kap. 5.2.2. Vgl. auch Rieder, Josef/ Hofmann, Rudolf (2006): S. 152. Vgl. hierzu die Restriktionen risikoadjustierter Kreditkonditionen in Kap. 3.4.4.
153
stellung eines hinreichend hohen Fahrzeugwertes im Verhältnis zur Kreditsumme während der Kreditlaufzeit geschaffen.774 So kann eine eingehende Prüfung des Marktwertes des zu finanzierenden Fahrzeuges im Zeitpunkt der Kreditantragstellung verhindern, dass bereits zu Beginn der Kreditlaufzeit eine im Vergleich zum Fahrzeugwert zu hohe Kreditsumme gewährt wird und dadurch ein hoher Anteil der Kreditsumme unbesichert bleibt.775 Bevor eine Verwertung des Objektes jedoch vollzogen und der daraus resultierende Erlös erzielt werden kann, ist die Rücknahme des Fahrzeuges durch die Bank erforderlich.776 Die Herausforderung liegt für die Bank dabei in der Natur des Automobils, nämlich in der Mobilität.777 Es ist zu erwarten, dass der Kreditnehmer das Fahrzeug fährt und dabei geografisch in Regionen gelangt, die sich nicht im unmittelbaren Umfeld seines Wohngebietes befinden. Nach Ansicht von Subprime-Experten und amerikanischer Behörden sollte die Bank daher Strategien und Maßnahmen778 planen, wie das Fahrzeug im Zeitpunkt des Kreditausfalls schnellstmöglich sichergestellt werden kann.779 Um den Wert eines sichergestellten Fahrzeuges zur Kompensation der Verluste eines Kreditausfalls heranzuziehen, wird die Bank dann eruieren, wie das Fahrzeug bestmöglich verkauft werden kann. An die Abwicklung der Verwertung des Automobils als Objektsicherheit werden daher besondere Anforderungen hinsichtlich der zeitlichen Dauer und der Effizienz gestellt. Zielsetzung ist, den erlittenen Verlust infolge des Kreditausfalls rasch und möglichst vollständig durch den Verwertungserlös zu kompensieren. Durch den Verkauf des Fahrzeuges entstehen für die Bank zudem Abwicklungskosten, die in Form von Verkaufsgebühren bei Auktionen, Transportaufwendungen und Provisionszahlungen die Verkaufseinnahmen erheblich schmälern können. Die Organisation und Gestaltung der Sicherheitenverwertung stellen daher für die Bank erfolgsrelevante Voraussetzungen der Subprime-Automobilfinanzierung dar. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich im Rahmen der SubprimeAutomobilfinanzierung das finanzierte Fahrzeug aufgrund seiner Werteigenschaft als wesentlicher Risikotreiber und Erfolgsfaktor für die Bank darstellt. Die Vorbereitung hierauf gliedert sich als wichtiger Bestandteil in die umfassende Bankplanung des Sub773
Vgl. Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 8. Vgl. hierzu Kap. 5.2.3. Vgl. hierzu Abb. 19. 776 Vgl. Reinking, Kurt/ Eggert, Christoph (2005): S. 530. 777 Vgl. Katz, Adrian (1999): S. 102 f. und S. 110. 778 Vgl. hierzu Kap. 5.4.3.2. 779 Vgl. hierzu und im folgenden Katz, Adrian (1999): S. 102 f. und S. 110 und Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 9. 774 775
154
prime-Automobilfinanzierungsgeschäftes ein, wie sie von amerikanischen Bankbehörden gefordert wird.780 Die Prämissen der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Planung sollen im folgenden näher erläutert werden.
5.1.2
Richtigkeit und Vollständigkeit der bankbetrieblichen Planung
Der in Kap. 4.3.1.2 dargestellte Rückblick in die Geschichte der SubprimeAutomobilfinanzierung in den USA lässt erkennen, dass subprime-aktive Kreditinstitute keinesfalls eine einheitlich positive Geschäftsentwicklung vorweisen können. Insbesondere in den Neunziger Jahren sind zahlreiche Unternehmen in diesem Kreditsegment wieder vom Markt verschwunden oder mussten erhebliche Erfolgseinbußen verzeichnen.781 Vor allem junge Gesellschaften, die ohne oder mit nur geringen Erfahrungen auf dem Geschäftsfeld der Subprime-Finanzierung tätig wurden, haben schon kurze Zeit nach ihrem Markteintritt Konkurs anmelden müssen. Ursache hierfür sind nicht nur mangelnde Erfahrungen in dem Geschäft mit bonitätsmäßig schlechten Kreditnehmern. Als Treiber für misslungene Unternehmensentwicklungen können vor allem eine auf falschen Prämissen basierende und unvollständige Planung des Bankbetriebs verantwortlich gemacht werden.782 Hierzu gehört in erster Linie die Fehleinschätzung des gesteigerten Ausfallrisikos von Subprime-Krediten und die damit verbundenen Auswirkungen auf die finanzielle Lage der Unternehmung. Viele der Schieflagen und Insolvenzen in den USA können im Rahmen der SubprimeAutomobilfinanzierung auf die mangelnde Vorbereitung und einen falschen Umgang mit dem hohen Kreditrisiko in diesem Geschäft zurückgeführt werden. Für den Einstieg einer Bank in dieses Geschäftsfeld lässt sich daher das Erfordernis einer vollständigen Abstimmung der bankbetrieblichen Aktivitäten auf die Besonderheiten der SubprimeAutomobilfinanzierung ableiten und erkennen. Bereits im Jahr 1999 haben die amerikanische Behörden „Comptroller of the Currency“ und „Administrator of National Banks“ für subprime-interessierte Banken Richtlinien zur Strategie- und Geschäftsplanung der Subprime-Aktivitäten veröffentlicht.783 Hiernach sollte das Management der Bank bereits im Vorfeld eines Einstiegs in das Subprime-Kreditgeschäft eine umfassen780 781 782
Vgl. Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 5. Vgl. hierzu und im folgenden Katz, Adrian (1999): S. 104 f. Vgl. auch Board of Governors of the Federal Reserve System/ Office of the Comptroller of the Currency/ Federal Deposit Insurance Corporation/ Office of Thrift Supervision (1999): S. 2.
155
de Prüfung der geplanten Aktivitäten vornehmen. Ziel ist es nach Ansicht der Behörden, ein vollständiges Verständnis des Subprime-Geschäftes und dessen inhärenten Risiken zu erlangen. Die Prüfung sollte sich hierfür vor allem auf die gesteigerten Kosten konzentrieren, die infolge subprime-spezifischer Aufwendungen in den einzelnen Funktionsbereichen entstehen. Der sich hieran anschließende Entscheidungsprozess umfasst nach den veröffentlichten Ausführungen eine Fokussierung von sieben verschiedenen, erfolgsrelevanten Teilbereichen der Strategie- und Geschäftsplanung: Der erste Teilbereich richtet sich auf das Erfordernis einer realistischen Analyse und Vorbereitung auf den Wettbewerb. Bevor das Management sich überhaupt entschließt, in das Subprime-Kreditgeschäft einzusteigen, sollte eine umfassende Untersuchung des Wettbewerbsumfeldes durchgeführt werden. Zudem sehen die Verfasser der Richtlinien im Rahmen der Vorbereitung auf den Wettbewerb die Notwendigkeit einer Produktgestaltung, die sich an den bankindividuellen Stärken und Fähigkeiten der Bank orientiert und nicht eine Reaktion auf den Wettbewerbsdruck darstellt. Der zweite Teilbereich fokussiert die Anforderungen an das Personalmanagement im Rahmen der SubprimeAktivitäten. So weisen die Behörden darauf hin, dass der Einsatz erfahrener und spezialisierter Mitarbeiter in diesem Segment einen Erfolgsfaktor mit sich bringen kann. Zudem macht es Sinn, die Vergütung des Personals nicht nur von Wachstumszielen, sondern auch von der Qualität des generierten Kreditbestands und der Profitabilität der Konditionsgestaltung abhängig zu machen. Nach Empfehlung des „Comptroller of the Currency“ und „Administrator of National Banks“ umfasst der dritte Teilbereich der Planung
der
Subprime-Aktivitäten
die
Etablierung
eines
Management-
Informationssystems, das die erforderlichen Informationen und Daten richtig, vollständig und zeitnah den Entscheidungsträgern zur Verfügung stellen kann. Der vierte Teilbereich richtet sich auf eine umfassende Wirtschaftlichkeitsrechnung, die in Form einer Prognose im Geschäftsplan integriert wird. Hierunter fällt die Berücksichtigung aller relevanten Kosten, die im operativen Geschäft wie auch als Gemeinkosten und in Form von Refinanzierungskosten für die Bank auftreten. Ein Erfolgsfaktor für das Bankmanagement stellt dabei die Erfolgskontrolle der tatsächlichen Geschäftsentwicklung gegenüber den prognostizierten Zahlen dar. In diesem Zusammenhang führen die Behörden auch die Notwendigkeit des richtigen Einsatzes der risikoabhängigen Konditionsgestaltung auf. So richtet sich die vollständige und richtige Planung der SubprimeAktivitäten auf die Berechnung risikoadäquater Preise, die einerseits zur Kompensation 783
Vgl. hierzu und im folgenden Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 5-7.
156
der gesteigerten Risiken beitragen, andererseits jedoch keine Preisdiskriminierungen aufgrund von willkürlich berechneten Zinssätzen hervorrufen. Zum Zwecke der Bindung vor allem solcher Kunden, die sich im Zeitablauf als zuverlässige Kreditnehmer erweisen und daher später in eine bessere Risikoklasse eingestuft werden, sollten Banken gemäß den Richtlinien des „Comptroller of the Currency“ und „Administrator of National Banks“ die Strategie- und Geschäftsplanung in einem fünften Teilbereich auch auf die langfristige Kundenbindung ausrichten. Dadurch bieten sich Cross-SellingPotentiale, die bei einer erfolgreichen Umsetzung eine Abwanderung der Kunden zu anderen Wettbewerbern verhindern kann. Im sechsten Teilbereich der Planung weisen beide Behörden darauf hin, dass auch die Betriebskapazitäten der Bank auf das Subprime-Kreditgeschäft abgestimmt werden müssen. So können die erhöhten Anforderungen in der Kundenbetreuung und im Mahnwesen bei unzureichender Planung rasch die personellen Ressourcen und operativen Systeme belasten. Der siebte Teilbereich der Strategie- und Geschäftsplanung beschreibt die Notwendigkeit der Etablierung eines funktionierenden Kontroll- und Steuerungssystems, das die bestehenden Richtlinien und Prozesse zur Risikosteuerung fortlaufend im Hinblick auf deren Aktualität und Eignung für das Subprime-Geschäft überprüft. Aus den vorstehenden Erläuterungen wird deutlich, dass die richtige und vollständige Planung der Bank einen wichtigen Erfolgsfaktor beim Einstieg in die SubprimeAutomobilfinanzierung darstellt. Erst aus dieser Planung heraus lässt sich die Managemententscheidung treffen, ob überhaupt die Bank ihre Aktivitäten auf dieses Geschäftsfeld ausdehnen sollte. Hierzu gehört auch die Festlegung eines geeigneten Geschäftsmodells, das an die geschäftsspezifischen Anforderungen der SubprimeAutomobilfinanzierung angepasst ist. Eine Skizzierung der strategischen Handlungsoptionen bei der Festlegung des Geschäftsmodells soll im folgenden Kapitel vorgenommen werden.
5.2 Strategische Handlungsoptionen bei der Festlegung des Geschäftsmodells Bei der Festlegung des Geschäftsmodells im Rahmen der bankbetrieblichen Planung der Subprime-Automobilfinanzierung wird die Bank mit verschiedenen strategischen Handlungsoptionen konfrontiert, die sich unter Risikoaspekten, aber auch aus dem Blickwinkel des Vertriebs diskutieren lassen. Die folgenden Ausführungen greifen aus-
157
gewählte Gestaltungskomponenten des Subprime-Geschäftsmodells auf, die von beiden Aspekten betroffen sind. Der Fokus der nachstehenden Kapitel konzentriert sich daher auf die Erläuterung von Handlungsoptionen, die einerseits dem gesteigerten Risiko der Subprime-Automobilfinanzierung entgegenwirken sollen, deren Eigenschaften jedoch andererseits auch auf die Durchsetzbarkeit am Markt gegenüber Kunden und Vertriebspartnern gerichtet sind. Hierbei stellt sich zunächst die Frage, auf welchem Vertriebsweg das Produkt „Subprime-Kredit“ an den Kunden gebracht werden soll. Wie bereits in vorstehenden Ausführungen erläutert, bieten sich der Bank grundsätzlich die Möglichkeiten der direkten und indirekten Vertriebsmethode an.784 Einen zentralen Bestandteil der Gestaltungsmöglichkeiten des Geschäftsmodells stellt die Festlegung der Konditionen im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung dar. Basierend auf der Implementierung einer Barwertkalkulation lassen sich strategische Ansatzpunkte zur risikoadjustierten Konditionsgestaltung finden, die im Zusammenhang mit der Vereinnahmung eines Händlerbeitrages risikorelevante Einflussfaktoren der SubprimeAutomobilfinanzierung darstellen. Eine weitere strategische Handlungsoption ergibt sich im Rahmen der Sicherstellung eines hinreichend hohen Fahrzeugwertes, dessen Bedeutung als strategischer Erfolgsfaktor bereits im vorangegangenen Kapitel erläutert wurde. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Implementierung einer Barwertkalkulation werden anschließend subprime-relevante Besonderheiten des Leasings im Unterschied zum Ratenkredit hervorgehoben. Im folgenden sollen diese Überlegungen näher dargestellt werden.
5.2.1
Zur strategischen Bedeutung des Autohandels als indirekter Vertriebskanal im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung
Wie auch im Standard-Kreditgeschäft bieten sich für die Bank im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung grundsätzlich zwei Arten von Vertriebskanälen, den Kredit an den Endkunden zu vergeben.785 Während im Zuge des direkten Vertriebs die Bank unmittelbaren Kontakt zum Kunden hat und das Geschäft ohne Zwischenschaltung einer dritten Partei zustandekommt, gestalten sich Geschäftsanbahnung und –abschluss im Rahmen des indirekten Vertriebs über einen Vertriebspartner. Obwohl beide Vertriebsvarianten marktübliche Praxis sind, scheint insbesondere die indirekte Form der 784
Vgl. Kap. 2.3.2.
158
Automobilfinanzierungsvertriebs für das Subprime-Geschäft geeignete Voraussetzungen mitzubringen. Die subprime-relevanten Unterscheidungsmerkmale und Eignungskriterien beider Vertriebsformen lassen sich dabei vor allem anhand der Prämissen des persönlichen Kundenkontaktes, der Kreditbesicherung durch den bankseitigen Zugriff auf die Zulassungspapiere des Fahrzeuges und des hierfür geeigneten Kreditauszahlungsprozesses herausstellen. Unter diesem Blickwinkel stellt sich der Vertrieb über den Automobilhandel als vorteilhafter Kreditvergabekanal dar: Der Kauf und die damit verbundene Finanzierung des Automobils werden vom Händler aus einer Hand angeboten. Hieraus lässt sich für die Subprime-Automobilfinanzierung ein wesentlicher Vorteil ableiten, der insbesondere aus der Abgrenzung gegenüber den Eigenschaften des direkten Vertriebs von Kreditprodukten resultiert. Im Online-Kreditgeschäft etwa, bei dem die Kreditantragstellung über Internet vollzogen wird, hat die Bank normalerweise keine Möglichkeit, vor Vertragsabschluss den Kunden persönlich kennenzulernen. Stattdessen kann sich der indirekte Kontakt zum Kunden über den Automobilhandel für die Bank unterstützend auswirken: Bereits bei Antragstellung wird aufgrund des persönlichen Kontaktes des Autohändlers zum Kunden dessen gefühlte Anonymität als Kreditnehmer gegenüber der Bank aufgehoben. Im Gegensatz zum Vertrieb von Krediten über das Internet verschwindet das Gefühl des Kunden, durch den fehlenden persönlichen Kontakt zur Bank in der Masse von Kreditantragstellern weitgehend unbeobachtet bleiben zu können. Wie noch im weiteren Verlauf dieser Arbeit herausgestellt wird, ist diese Aufhebung der gefühlten Anonymität des Kunden ein entscheidender Erfolgsfaktor der Bank im Rahmen der Kreditbestandsverwaltung und des Inkassos im SubprimeGeschäft.786 Diesen Vorteil gegenüber dem Internetvertrieb bietet auch die direkte Kreditvergabe in bankeigenen Filialen. Hier steht der Bankmitarbeiter dem Kunden direkt gegenüber, so dass ein persönlicher Kontakt zum Kunden zustandekommt. Gegenüber der Kreditvergabe mit Hilfe des Automobilhandels wirft der direkte Vertrieb von Automobilkrediten über das Internet oder über bankeigene Filialen jedoch Schwierigkeiten im Hinblick auf den Umgang mit dem finanzierten Fahrzeug als Kreditsicherheit auf: Wie im vorangegangenen Kapitel dargestellt worden ist, stellt das finanzierte Automobil als Kreditsicherheit für die Bank einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar.787 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Käufer eines Automobils erst in den Be-
785 786 787
Vgl. Kap. 2.3.2. Vgl. hierzu Kap. 5.4.3.1. Vgl. Kap. 5.1.1.2.
159
sitz der Fahrzeugeigentumspapiere kommt, wenn die Kaufpreiszahlung geleistet worden ist. So wird der Eigentümer des zum Verkauf stehenden Automobils nach rationalen Gesichtspunkten erst dann die das Eigentum dokumentierenden Papiere freigeben, wenn ihm das entsprechende Entgelt hierfür zugeflossen ist. Im Fall der Automobilfinanzierung leistet indes der Käufer des Automobils die Kaufpreiszahlung über die durch den Kredit bereitgestellten Mittel der Bank. Im Hinblick auf die Kreditsicherung wird die Bank bei einem Subprime-Kreditgeschäft voraussichtlich die Auszahlung des Kredites erst zu dem Zeitpunkt vornehmen, bei dem ihr die Eigentümerpapiere des zu finanzierenden Fahrzeuges als Sicherheit zugegangen sind und die Fahrzeughalterangaben mit den Kreditnehmerdaten übereinstimmen. Diese Abwicklung nach Zugang der Eigentümerpapiere bei der Bank ist im Rahmen der direkten Kreditvergabe aufgrund der beschriebenen Interessenkonstellation kaum möglich. Zur Gewährleistung einer einfachen und unkomplizierten Abwicklung wird die Bank daher in der Praxis geneigt sein, die beantragte Kreditsumme auszuzahlen, ohne dass ihr zuvor die Fahrzeugpapiere zugegangen sind. Hierzu kann die Bank dem Kreditnehmer eine Frist von mehreren Wochen gewähren, die angeforderten Eigentümerdokumente der Bank nach Vollzug des Autokaufes auszuhändigen. Kommt der Kreditnehmer seinen Pflichten nicht nach, können vertraglich vereinbarte Strafmaßnahmen wirksam werden wie etwa eine nachträgliche Anpassung der Zinshöhe. Das Risiko für die Bank offenbart sich bei einer solchen Verfahrensweise im Zuge der Kreditauszahlung an den Kunden, ohne dass die Eigentümerpapiere des Fahrzeugs als Kreditsicherheit vorliegen. So hat die Bank in der Praxis tatsächlich keinen Einfluss darauf, welche Verwendung die ausgezahlte Kreditsumme findet. Auch wenn die Kreditvergabe zum Zwecke eines Fahrzeugkaufes vorgenommen wurde, hat der Kunde die Möglichkeit, mit den ausgezahlten Mitteln der Bank anderweitige Finanzausgaben und Investitionen zu tätigen. In solchen Fällen werden der Bank kaum wertadäquate Sicherungsgegenstände zur Unterlegung der herausgelegten Kredit zur Verfügung stehen. Letztendlich führt das Risiko dieser Vorgehensweise für die Bank zu unvorhersehbaren Entwicklungen, die sich aufgrund einer fehlenden Kreditsicherheit ergeben. Aufgrund der genannten risikorelevanten Prozessschwächen aus Sicht der Bank können die Standard-Formen des direkten Vertriebes von Automobilkrediten kaum den erhöhten Anforderungen an die Kreditsicherheit im Rahmen des Subprime-Kreditgeschäftes entsprechen. Die Problematik der ungewissen Besicherung im Direktgeschäft kann mit Hilfe von Auflagen umgangen werden, die die Einschaltung von Autohändlern im Rahmen des
160
Geschäftsvorgangs vorsehen. Wenn der Kunde den Kredit direkt bei der Bank beantragt, erhält er bei einer Kreditzusage zugleich ein Zahlungsdokument. Hiermit hat der Kunde die Möglichkeit, bei Partnerautohändlern der Bank ein Fahrzeug ohne Bargeldzahlung zu kaufen. Das Dokument beinhaltet das Versprechen der Bank gegenüber dem Händler, anstelle des Kreditnehmers die Bezahlung des Fahrzeuges zu leisten. Beim Kauf des Automobils händigt folglich der Kreditnehmer das Zahlungsdokument dem Händler aus. Die Bank ist dann infolge ihres Zahlungsversprechens dazu verpflichtet, die Rechnung des gekauften Fahrzeuges direkt beim Händler zu begleichen. Im Gegenzug überlässt der Autohändler der Bank die Eigentümerpapiere des Fahrzeuges. Somit kann die Bank auch im Rahmen des direkten Vertriebs von SubprimeAutomobilkrediten ihren Sicherheitsanforderungen entsprechen, im Zuge der Kreditauszahlung in den Besitz der Fahrzeugdokumente zu gelangen. Im Grunde stellt dieser Vorgang eine Mischform zwischen direkter und indirekter Automobilfinanzierung dar: Der Kunde beantragt zwar den Kredit direkt bei der Bank. Die Auszahlung der Kreditsumme wird jedoch über den Autohändler abgewickelt, der das zu finanzierende Fahrzeug an den Kreditnehmer verkauft. Im Gegensatz hierzu sieht die indirekte Automobilfinanzierung über den Automobilhandel vor, auch die Kreditantragsstellung in den Räumlichkeiten des Autohändlers durchzuführen. Nicht der Kunde selbst, sondern der Autohändler beantragt für den Kunden den Kredit bei der Bank und fungiert somit als indirekter Vertriebskanal der Automobilfinanzierung. Der persönliche Kontakt des Automobilverkäufers zum Kunden kann sich dabei wie bereits beschrieben in Form einer bonitätsrelevanten Vorabselektion der Kreditnehmer offenbaren. Wird der beantragte Kredit durch die Bank genehmigt, kann der Händler das zu finanzierende Fahrzeug dem Kunden übergeben. Gleichzeitig übersendet der Händler die Fahrzeugdokumente an die Bank, die dann die genehmigte Kreditsumme zur Begleichung des Fahrzeugpreises auf das Konto des Händlers überweist oder diesem einen Scheck in entsprechender Höhe aushändigt. Die Bank kann somit in erhöhtem Maße Vertrauen darauf setzen, dass die herausgelegte Kreditsumme tatsächlich zum Zwecke eines Fahrzeugkaufes verwendet wird und ihr die Eigentümerpapiere des Fahrzeuges als Sicherheit zugestellt werden. Das Vertrauen hängt freilich von der Loyalität und dem rechtschaffenen Verhalten des in die Finanzierung eingeschalteten Partnerhändlers ab. Die Manipulationsspielräume für den Händler im Rahmen der Antragstellung sind vielfältig: Sie reichen von der Ausweisung überhöhter Kaufpreise für das zu finanzierende Fahrzeug, über Daten- und Dokumentenfäl-
161
schungen bis hin zur Vortäuschung existierender Kreditnehmer.788 Diese vertrauensmissbräuchlichen Verhaltensweisen der Partnerhändler treten jedoch auch im Standardkreditgeschäft auf und können trotz Anwendung größter Sorgfalt der Bank in Einzelfällen kaum vermieden werden. Zusammengefasst
lässt
sich
festhalten,
dass
der
Vertrieb
der
Subprime-
Automobilfinanzierung über den Autohandel verschiedene Vorteile mit sich bringt, die sich durch den persönlichen Kontakt zum Kunden und durch die Gewährleistung der Kreditsicherung auszeichnen. Für den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit soll der Fokus daher nach wie vor auf die indirekte Form der SubprimeAutomobilfinanzierung gerichtet werden.
5.2.2
Strategische Gestaltungsspielräume im Rahmen der Konditionsgestaltung
In den vorstehenden Ausführungen zum Wesen der Subprime-Automobilfinanzierung wurde herausgestellt, dass dieses Geschäftsfeld für die Bank erhöhte Risiken im Vergleich zur traditionellen Kreditvergabe mit sich bringt. Ein zentraler Bestandteil bei der Festlegung des Geschäftsmodells einer subprime-fokussierten Bank offenbart sich daher in der Frage, welche Handlungsoptionen im Rahmen der Konditionsgestaltung der Bank zur Verfügung stehen, um die gesteigerten Risiken zu kompensieren. Dieser Aspekt wird in den nachfolgenden Kapiteln näher skizziert.
5.2.2.1 Zur Implementierung einer Barwertkalkulation für Subprime-Kredite Im traditionellen Standard-Kreditgeschäft gewährt die Bank grundsätzlich solchen Kunden einen Kredit, die ihren Verpflichtungen voraussichtlich vollständig und fristgerecht nachkommen.789 Die sich daraus ableitende Anforderung an die Kreditwürdigkeit des Kunden lässt sich kaum auf die typischen Kreditnehmereigenschaften im Subprime-Kreditgeschäft übertragen. Stattdessen wird die Bank davon ausgehen, dass ein erhöhter Anteil der Subprime-Kreditnehmer bereits während der Laufzeit des Kredites ausfällt oder zumindest in erheblichen Zahlungsverzug gerät. Gerade jedoch dieses Risiko gesteigerter Kreditausfälle ist Bestandteil des Kreditgeschäftes, das die Bank im 788 789
Vgl. hierzu auch Kap. 5.4.1.2. Vgl. Kap. 3.2.
162
Zuge der Subprime-Automobilfinanzierung zu generieren sucht. Um den Erfolg in diesem Segment herbeizuführen, ist demnach eine entsprechende Vorbereitung der Bank auf die subprime-typischen Kreditrückzahlungsverläufe erforderlich. Der Erfolg der Bank spiegelt sich in der Verzinsung und Rückzahlung des herausgelegten Kapitals durch den Kunden wider und leitet sich aus dem Gedanken einer margenorientierten Deckungsbeitragsrechnung ab: Solange die Bank mindestens den Kreditbetrag zurückerhält und zusätzlich eine mehr als kostendeckende Verzinsung erwirtschaftet, erweist sich das Kreditengagement für die Bank als profitabel. Grundsätzlich entspricht diese Betrachtungsweise der Erfolgsbetrachtung im traditionellen Standard-Kreditgeschäft. Neu hinzu kommt jedoch der strategische Gedanke, dass der Kreditnehmer für das Erfolgsziel der Bank nicht notwendigerweise vollständig und fristgerecht seinen Verpflichtungen nachkommen muss. In das Blickfeld der für die SubprimeAutomobilfinanzierung relevanten Kreditrückzahlungsphilosophie rücken stattdessen alle Zahlungen, die der Bank zur Deckung der herausgelegten Kreditsumme sowie zusätzlich zur kostendeckenden Erwirtschaftung einer vorgegebenen Mindestmarge zufließen.790 Der Zufluss der Mittel an die Bank muss dabei nicht aus der vollständigen Erfüllung der Zahlungsverpflichtung des Kunden stammen. In dieser zahlungsstrombasierten Erfolgsrechnung lassen sich auch die Erlöse aus der Verwertung des finanzierten Fahrzeuges berücksichtigen, die im Falle eines Kreditausfalls voraussichtlich der Bank zufließen.791 Darüber hinaus lassen sich bei dieser Kalkulation auch anfallende Gebühren und Entgelte als Bestandteile des Zahlungsstroms an die Bank miteinbeziehen.792 Zum Abzug kommen je nach Stufe der Deckungsbeitragsrechnung entsprechende Betriebskostenauszahlungen, die infolge der Bearbeitung des jeweiligen Engagements durch Personal, Sachaufwendungen und infolge der Verwertung anfallen. Für die nachstehende Kalkulation wird unterstellt, dass diese Betriebsausgaben zurechenbar und unmittelbar zahlungswirksam sind.
790
Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur „Cashflow“ orientierten Betrachtung der Zahlungsströme in Engelmann, Bernd/ Klein, Alexander/ Rauhmeier, Robert (2007): S. 166. 791 Vgl. Abb. 16. 792 Unter die vom Kunden zu leistenden Zahlungen lassen sich in der Praxis zum Beispiel auch Bearbeitungsgebühren und Erträge aus der Vermittlung von Versicherungsprodukten zusammenfassen, deren Erwirtschaftung einen Mittelzufluss für die Bank darstellt >Anmerkung des Verfassers@.
163
Einzahlungen Auszahlungen Betriebs- und Sachkostenauszahlungen Zahlungsabflüsse für die Refinanzierung
Kreditbetrag
Abb. 16:
Verwertungserlös
Summe der geleisteten Ratenzahlungen, Gebühren und Entgelte
Zahlungsströme in der Barwertkalkulation eines Automobilkredites.793
Die mit dem Kreditengagement verbundenen Refinanzierungskosten der Bank lassen sich in dem Diskontierungszins implementieren, der bei Anwendung einer Barwertkalkulation die Opportunitätskosten der Bank widerspiegelt und in den nachstehenden Ausführungen näher erläutert wird. Das Risiko für die Bank besteht gemäß dieser zahlungsstromorientierten Betrachtung darin, dass die Summe der generierten Einzahlungen nicht zur Kompensation der Summe der Auszahlungen ausreicht. Im nachstehenden Beispiel wird das Prinzip dieser Kalkulation anhand einer Barwertbetrachtung näher erläutert.794 Hier wird unterstellt, dass die Bank einen Kredit über 10.000 Euro vergibt, der über eine Laufzeit von 48 Monaten und mit einer Verzinsung von 15,99 Prozent zurückzuzahlen ist. Die monatliche Kreditrate in Höhe von 283 Euro setzt sich anteilig aus den vom Kreditnehmer zu zahlenden Zinsen und der zu leistenden Tilgung zusammen. Für das Beispiel wird unterstellt, dass der Kreditnehmer bereits
793 794
In Anlehnung an Engelmann, Bernd/ Klein, Alexander/ Rauhmeier, Robert (2007): S. 166. Vgl. Abb. 17.
164
ab dem 23. Monat nachhaltig seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommt und infolge der Nichtleistung des Kreditnehmers das Fahrzeug sichergestellt und verwertet wird. Kreditbetrag Laufzeit (Monate) Zeitpunkt des Kreditausfalls Zeitpunkt der Verwertung Effektiver Jahreszins Monatliche Rate (inkl. Zins und Tilgung) Kalkulationszins Abb. 17:
10.000 € 48 26. Monat 28. Monat 15,99% 283 € 5%
Betriebsausgaben der Kreditaktivierung Monatliche Betriebsausgaben der Kreditbestandspflege Verwertungserlös Verwertungsausgaben einmalig monatlich
100 € 5€ 6.500 € 500 € 50 €
Beispielparameter der Barwertkalkulation eines Subprime-Kredites.
Unter Berücksichtigung der Definition nach § 125 der Solvabilitätsverordnung (SolvV) tritt der Kreditausfall im folgenden Beispiel im 26. Monat ein, da die Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber der Bank über mehr als 90 aufeinanderfolgende Kalendertage überfällig ist und die Bank davon ausgeht, dass der Schuldner seinen Kreditverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in voller Höhe nachkommen wird.795 C0 t n i
Barwert des Subprime-Kredites einzelne Monate von 0 bis n Laufzeit in Monaten Kalkulationszins
Et At Rt BWt
Einzahlung im Monat t Auszahlung im Monat t Rückfluss im Monat t = Et-At Barwert von Rt im Monat t
n
C0 = 6(Et-At) * 1/(1+i)t t= 0
Abb. 18:
Prämissen der Bartwertkalkulation eines Subprime-Kredites.
Mit Hilfe der Berechnung des Barwertes der sich unter Berücksichtigung der unterstellten Parameter ergebenden Zahlungsströme kann nun festgestellt werden, ob sich der Subprime-Kredit für die Bank im vorliegenden Beispiel als vorteilhaft für die Bank erweist. Hierzu werden die Zahlungsströme des Subprime-Kredites mit dem Kalkulationszins auf den jetzigen Zeitpunkt diskontiert.796 Fällt der Barwert dieser Zahlungsreihen höher als Null aus, so ist die Verzinsung des in den Subprime-Kredit investierten
795 796
Vgl. hierzu Kap. 3.1.1.1. Vgl. hierzu Abb. 18.
165
Kapitals höher als der Kalkulationszins, und die Investition ist damit aus Sicht der Bank vorteilhaft. Als Kalkulationszins lässt sich etwa der Zinssatz heranziehen, der mit Hilfe der bereits in Kap. 3.4.3. beschriebenen Marktzinsmethode ermittelt und als Messlatte aus aktuellen, alternativ realisierbaren Geschäften am Geld- und Kapitalmarkt abgeleitet wird.797 Die Diskontierung der Zahlungsreihen erfolgt somit entsprechend dem Opportunitätskosten-Prinzip anhand des zu erzielenden Zinssatzes einer Alternativinvestition. Sie berücksichtigt die objektiven Marktgegebenheiten und die Refinanzierungskosten der Bank, welche ja in den Zahlungsströmen der Barwertkalkulation nicht enthalten sind.798 Im vorliegenden Beispiel wird ein Kalkulationszins von fünf Prozent unterstellt. Die Betriebskostenauszahlungen werden beispielhaft unterteilt in Ausgaben für die Aktivierung des Subprime-Kredites in Höhe von 100 Euro und monatlich anfallenden Ausgaben für die Bestandsverwaltung in Höhe von fünf Euro.799 In der Praxis wird die Bank für diese Auszahlungsgrößen etwa solche Werte unterstellen, die im Rahmen von bankinternen Stückkostenkalkulationen ermittelt wurden und mit einem bestimmten Aufschlag an den gesteigerten Aufwand bei der Aktivierung und Bestandspflege eines Subprime-Kredites angepasst werden.800 Unter Berücksichtigung der unterstellten Parameter fließen im betrachteten Beispiel der Bank nach Auszahlung des Kreditbetrages bis zum 22. Monat die vom Kreditnehmer geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen abzüglich der von der Bank zu leistenden Auszahlungen für die Kreditbestandspflege zu.801 Mit Hilfe der mit monatlichen Zusatzkosten in Höhe von 50 Euro und Einmalkosten von 500 Euro verbundenen Verwertung des sichergestellten Fahrzeuges gelingt es der Bank, im 28. Monat einen Verkaufserlös in Höhe von 6.500 Euro zu erzielen. Hierdurch kann die Bank einen Zahlungsrückfluss generieren, der zusammen mit den vom Kreditnehmer geleisteten Zahlungen den ausgezahlten Kreditbetrag in der Summe übersteigt und zur Deckung der angefallen Kosten herangezogen werden kann.802
797
Vgl. hierzu Kap. 3.4.3. und Hartmann-Wendels, Thomas/ Pfingsten, Andreas/ Weber, Martin (2007): S. 695 f. Vgl. hierzu Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 299 und zur grundsätzlichen Bestimmung des Kalkulationszinssatzes Perridon, Louis/ Steiner, Manfred (2007): S. 76-79. 799 Aus Vereinfachungsgründen wird im vorliegenden Beispiel unterstellt, dass mit den monatlichen Betriebsausgaben der Kreditbestandspflege sämtliche Auszahlungen abgegolten sind, die durchschnittlich während der Kreditlaufzeit für die Bestandsverwaltung und für das Inkasso zu tätigen sind >Anmerkung des Verfassers@. 800 Vgl. hierzu die Ausführungen zu den gesteigerten Betriebskosten im Subprime-Kreditgeschäft in Kap. 3.4.3. 801 Vgl. hierzu und im folgenden Abb. 19. 802 Vgl. hierzu Abb. 20. 798
166
t 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Et
At
283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 € 283,35 €
6.500,00 €
Rt
BWt
10.100,00 € -10.100,00 € -10.100,00 € 5,00 € 278,35 € 277,20 € 5,00 € 278,35 € 276,05 € 5,00 € 278,35 € 274,90 € 5,00 € 278,35 € 273,76 € 5,00 € 278,35 € 272,62 € 5,00 € 278,35 € 271,49 € 5,00 € 278,35 € 270,37 € 5,00 € 278,35 € 269,24 € 5,00 € 278,35 € 268,13 € 5,00 € 278,35 € 267,02 € 5,00 € 278,35 € 265,91 € 5,00 € 278,35 € 264,80 € 5,00 € 278,35 € 263,70 € 5,00 € 278,35 € 262,61 € 5,00 € 278,35 € 261,52 € 5,00 € 278,35 € 260,44 € 5,00 € 278,35 € 259,36 € 5,00 € 278,35 € 258,28 € 5,00 € 278,35 € 257,21 € 5,00 € 278,35 € 256,14 € 5,00 € 278,35 € 255,08 € 5,00 € 278,35 € 254,02 € 5,00 € -5,00 € -4,54 € 5,00 € -5,00 € -4,53 € 5,00 € -5,00 € -4,51 € 55,00 € -55,00 € -49,36 € 55,00 € -55,00 € -49,16 € 500,00 € 6.000,00 € 5.340,58 €
6
Abb. 19:
Kumulierter BWt -10.100,00 € -9.822,80 € -9.546,76 € -9.271,86 € -8.998,10 € -8.725,47 € -8.453,98 € -8.183,61 € -7.914,37 € -7.646,24 € -7.379,22 € -7.113,32 € -6.848,51 € -6.584,81 € -6.322,20 € -6.060,68 € -5.800,24 € -5.540,89 € -5.282,61 € -5.025,40 € -4.769,26 € -4.514,18 € -4.260,16 € -4.264,71 € -4.269,23 € -4.773,76 € -4.823,13 € -4.872,29 € 468,30 €
Art der Ein- und Auszahlung Kreditauszahlung und Aktivierungsausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Ratenzahlung und Bestandspflegeausgaben Bestandspflegeausgaben Bestandspflegeausgaben Bestandspflegeausgaben Bestandspflege- und Verwertungsausgaben Bestandspflege- und Verwertungsausgaben Verwertungserlöse und -ausgaben
468,30 € Barwert des Subprime-Kredites (C0)
Beispiel der Bartwertkalkulation eines Subprime-Kredites.
Der Barwert der unterstellten Zahlungsreihen beläuft sich im vorliegenden Beispiel auf 468,30 Euro und bringt zum Ausdruck, dass sich die Vergabe des Subprime-Kredites im Vergleich zur Investitionsalternative mit der Verzinsung in Höhe des Diskontierungssatzes von fünf Prozent als vorteilhaft erweist. Die in der Barwertkalkulation unterstellten Zahlungsströme machen deutlich, welche Bedeutung dem Fahrzeugwert als Einflussfaktor für den Erfolg der Bank bei der Subprime-Kreditvergabe zukommt: Solange bis zum Ausfall des Kredites die Summe der vom Kreditnehmer getätigten Einzahlungen nicht vollständig die kumulierten Auszahlungen der Bank kompensiert, bemisst die Höhe des erzielbaren Verwertungserlöses den wirtschaftlichen Erfolg des betrachteten Kreditengagements.
167
Kumulierter Barwert in Euro
1.000 -1.000
1 2 3 4 5
6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29
-3.000 -5.000 -7.000 -9.000 -11.000 Monate
Abb. 20:
Beispiel der Barwertentwicklung eines Subprime-Kredites.
Das Risiko stellt sich dabei für die Bank in der Gefahr dar, dass der Verwertungserlös in seiner Höhe nicht ausreicht, um die noch offene Forderung gegenüber dem Kunden sowie die anfallenden Kosten zu kompensieren. Um einen positiven Barwert der Investition der Bank in einen Subprime-Kredit sicherzustellen, müssen daher schon vor der Kreditvergabe die dargestellten Einflussfaktoren der Zahlungsströme in ihrer Höhe und Auswirkung antizipiert und kalkuliert werden. Für Planungszwecke und auf ein einzelnes Kreditengagement übertragen bedeutet dies, dass sich die Bank im Zeitpunkt der Kreditvergabe eine Berechnungsgrundlage für die erwartete Vorteilhaftigkeit des jeweiligen Kreditengagements verschafft. Die zentrale Frage richtet sich hierbei auf die Bestimmung der Kreditkonditionen, die unter Berücksichtigung des Eintritts eines Kreditausfalls zu einem positiven Barwert der erwarteten Zahlungsreihen führen. Hierfür kann die Bank eine Schätzung vornehmen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der einzelne Kreditnehmer ausfällt und zu welchem Zeitpunkt dieser Ausfall eintreten wird. Als Grundlage dieser Schätzung des künftigen Ausfallverhaltens des Kreditnehmers wird die Bank etwa historische Daten zum zeitlichen Auftreten von Ausfällen innerhalb eines ausgewählten Kreditportfolios heranziehen. Der bloße Eintritt eines Ausfallereignisses sagt jedoch noch nichts darüber aus, welchen Verlust die Bank durch diesen Ausfall letztendlich erleidet. Um im Vorfeld die relevanten Kreditparameter in ihrer Ausprägung bestimmen zu können, ist daher auch die Schätzung der Verlustquote bei
168
Ausfall (LGD) notwendig. Hierdurch soll in der Barwertkalkulation festgestellt werden, welcher Forderungsanteil nicht durch den Fahrzeugwert als Kreditsicherheit gedeckt ist.803 Die hierfür notwendige Parameterschätzung folgt dem Beispiel des sog. Workout-LGD, dessen Prinzip auf der Schätzung der Kosten und Erlöse, die bei Ausfall während der Verwertungsphase zu erwarten sind, und auf der Diskontierung der hiermit verbundenen Zahlungsströme basiert.804 So wird die Bank auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen zunächst bestimmen, welche Zeitdauer zwischen Eintritt des Ausfalls und Ende des Verwertungsprozesses zu erwarten ist. Im vorliegenden Beispiel wird ein Zeitintervall von zwei Monaten unterstellt, bis die Erlöse aus der Fahrzeugverwertung der Bank nach Eintritt des Ausfalls zugeflossen sind. Darüber hinaus ist der erwartete Fahrzeugwert zum Zeitpunkt der Verwertung des finanzierten Fahrzeuges zu ermitteln, um die voraussichtlichen Verkaufserlöse berücksichtigen zu können. Zur Schätzung des künftigen Fahrzeugwertes kann die Bank zum Beispiel auf Wertverlaufskurven und Preisangaben zurückgreifen, die von unabhängigen, spezialisierten Dienstleistern wie EurotaxSchwacke GmbH und Deutsche Automobil Treuhand GmbH zur Verfügung gestellt werden.805 Diese Dienstleister generieren ihr Datenmaterial regelmäßig über umfangreiche Marktbeobachtungen, bei denen Preisinformationen von Online-Börsen, Medien, Herstellern und Händlern, aber auch Daten zu Besitzumschreibungen, Bestandszahlen und Standzeiten erfasst werden. Je nach Einschätzung der künftigen Entwicklung des Gebrauchtwagenmarktes kann die Bank zusätzlich einen DownturnAbschlag auf die geschätzten Preise vornehmen, um einen Puffer für seltene negative Ereignisse oder einen wirtschaftlichen Abschwung zu berücksichtigen.806 In Abhängigkeit von der Effizienz der Verwertungsprozesse, der Kompetenz der Bank und ihrer Dienstleistungs-Partner beim Verkauf der Fahrzeuge sind schließlich die Verwertungskosten zu schätzen. Diese können bereits im Zuge der Sicherstellung und des Transportes des finanzierten Fahrzeuges zum Verwertungsstandort zu Auszahlungen der Bank führen und sich in Form von Gebühren oder Gewinnbeteiligungen beim Verkauf durch den Dienstleister etwa bei Auktionen niederschlagen. Als Beispiel lassen hier etwa die Auktionspreise der BCA Autoauktionen GmbH aufführen, die sich in Form von Verkaufsgebühren in Höhe von derzeit zwei Prozent vom Zuschlagspreis, minimal 185 803
Vgl. hierzu Schmeisser, Wilhelm/ Mauksch, Carola (2005): S. 303. Vgl. hierzu Appasamy, Bernd u.a. (2008): S. 206. 805 Vgl. hierzu und im folgenden Selzle, Frank (2008): Richtig bewerten, in: Autohaus, 52. Jg., Nr. 11, S. 28-30. Vgl. auch Kap. 3.2.3.1. 806 Vgl. Appasamy, Bernd u.a. (2008): S. 209. 804
169
Euro und maximal 505 Euro niederschlagen.807 Hinzu kommen je nach Fahrzeugklasse Einlieferungsgebühren von bis zu 50,50 Euro, Standgebühren von 21 Euro pro Tag und weitere Gebührenarten, die je nach Leistungsinanspruchnahme anfallen. Für die Antizipierung der monatlichen Zahlungsströme aus den Kreditraten des Kunden sind die Konditionen für ein fiktives Kreditengagement festzulegen. Mit Hilfe einer Szenarienrechnung lassen sich versuchsweise die Kreditkonditionen808 solange verändern, bis der Barwert der erwarteten Zahlungsströme die von der Bank individuell festgelegte Mindesthöhe erreicht hat. Die dargestellte Barwertkalkulation betrachtet freilich nur den möglichen Verlauf eines einzelnen Kreditengagements. Je nach Ausfalleigenschaft des Gesamtbestandes an Subprime-Krediten kann es einen beträchtlichen Anteil an Kreditverläufen geben, die keine oder nur geringe Zahlungsstörungen aufweisen. Aus dem Blickwinkel einer Portfoliobetrachtung tragen diese Kreditengagements dazu bei, die Verluste solcher SubprimeKredite zu kompensieren, bei denen die Summe der Einzahlungen nicht zur Abdeckung der getätigten Auszahlungen ausreicht. Letztendlich kommt es also für die Bank darauf an, für das Gesamtportfolio der Subprime-Kredite die erfolgsbringenden Zahlungsströme aus den laufenden Subprime-Kreditengagements in der erforderlichen Summe sicherzustellen. Hierfür kann die Bank eine Planung der Zahlungsströme vornehmen, welche als Basis für die Gestaltung der Vertragsbedingungen im Rahmen der Kreditentscheidung dient. Zentrales Kriterium bei der Vertragsgestaltung stellt die Herleitung der Kreditkonditionen dar, die den Preis der Kreditaufnahme für den Kunden widerspiegeln. Der Zusammenhang zwischen der Barwertkalkulation und den Kreditkonditionen im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung wird in den nachstehenden Kapiteln näher erläutert.
807 808
Vgl. hierzu BCA Autoauktionen GmbH (2008): S. 12-13. Hierzu gehören der Kreditbetrag, der Kundenzins, die Laufzeit und ggf. die erforderliche Höhe einer Anzahlung >Anmerkung des Verfassers@.
170
5.2.2.2 Die Partizipation des Autohändlers am gesteigerten Kreditrisiko über einen Händlerbeitrag Die vorstehenden Erläuterungen der Barwertkalkulation für Subprime-Kredite verdeutlichen, dass bei einem Subprime-Kreditausfall neben den geleisteten Zahlungen des Kunden auch der Erlös aus der Verwertung des finanzierten Fahrzeuges ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Kreditengagements aus Sicht der Bank ist. Tatsächlich wird jedoch in der Praxis die Höhe der erzielbaren Verwertungserlöse maßgeblich durch den Zustand des jeweiligen Fahrzeuges geprägt. Je schlechter der Zustand des Fahrzeuges ist, desto geringer fällt der erzielbare Verkaufserlös aus, den die Bank zur Deckung der offenstehenden Forderung gegenüber dem Kunden heranziehen kann. Um die Gefahr einer im Zuge des Kreditausfalls unzureichenden Deckung der offenen Forderung zu mindern, verlangen amerikanische Subprime-Finanzierer daher in vielen Fällen eine zahlungswirksame Teilnahme des Partnerhändlers am gesteigerten Kreditrisiko.809 Dieser Händlerbeitrag kann von der Bank in Form eines teilweise und dauerhaften Einbehaltes der an den Händler ausgezahlten Kreditsumme oder auch in Form einer separaten Gebühr berechnet werden. In der Praxis lässt sich dieser Gedanke am folgenden Beispiel darstellen:810 Angenommen, ein Händler bietet ein Gebrauchtfahrzeug zum Verkauf an, das er selbst zu einem Preis von 9.000 Euro eingekauft hat. Für das Fahrzeug interessiert sich ein Kunde mit eingeschränkter Bonität, der sich mit dem Händler auf einen Verkaufspreis von 10.000 € einigt, jedoch diesen Betrag nicht aus eigenen Mitteln bezahlen kann. Der Händler rechnet mit einer Verkaufsmarge von 1.000 € und beantragt bei der Bank für den Subprime-Kunden einen Kredit über 10.000 Euro. Dieser Betrag dient dem Kunden zur Bezahlung des vom Händler angesetzten Kaufpreises für das ausgewählte Fahrzeug. Da die Bank infolge der Bonitätseinstufung des Kunden mit einem Kreditausfall während der Laufzeit rechnet, ist sie zur Kreditvergabe nur bereit, wenn sich der Händler an diesem Risiko für die Bank beteiligt. Unter Anwendung des Händlerbeitrages in Form eines teilweisen Einbehaltes werden dem Händler statt der beantragten Kreditsumme von 10.000 Euro nur 9.500 Euro ausgezahlt. Die Differenz in Höhe von 500 Euro stellt einen Risikoausgleich der Bank dar, der zu Lasten der kalkulierten Verkaufsmarge des Händlers geht.
809
810
Vgl. hierzu etwa Americredit (2007b): S. 5, Consumer Portfolio Services (2006): S. 3 und Calahan, Scott C. (1999): S. 17. Vgl. hierzu und im folgenden Abb. 21.
171
Händler
Kaufvertrag
Kunde
FahrzeugVerkaufspreis 10.000. € Auszahlungsbetrag = 9.500 € 10.000 € Verkaufspreis 500 € Händlerbeitrag
Kreditvertrag über 10.000 € (Tilgungsschuld) + 10.000 € * i (jährliche Zinsschuld)
Bank i= effektiver Jahreszins
Abb. 21:
Funktionsweise des Händlerbeitrags.
Die Marge des Händlers reduziert sich demnach bei dem zugrundeliegenden Fahrzeugverkauf von 1.000 € auf 500 €. Für die Bank ergibt sich der Vorteil, dass sich hierdurch die von einem Kreditausfall bedrohte Kreditsumme verringert. Aus dem Blickwinkel der Barwertkalkulation resultieren daraus folgende risikomindernde Einflussfaktoren: Zum einen steht den über die Laufzeit generierten Zahlungen an die Bank eine verringerte Summe an Auszahlungen gegenüber. Zum anderen wirkt sich für die Bank der Umstand risikomindernd aus, dass der Kunde Zins und Tilgung auf eine höhere Kreditsumme leistet, als sie tatsächlich an den Händler ausbezahlt worden ist. Die Vorstellung, den Partnerhändler in das gesteigerte Risiko der Subprime-Automobilfinanzierung für die Bank mit einzubinden, knüpft dabei an die Vorteile an, die der Händler durch die Subprime-Automobilfinanzierung erfährt. So kann mit Hilfe des Angebotes von Subprime-Krediten und der risikoadjustierten Konditionsgestaltung wie in Kap. 3.4.2.2. dargestellt einer im Vergleich zum Standardkreditgeschäft erweiterten Zahl an Kunden ein Kreditangebot unterbreitet werden. Für den Händler ergibt sich hierdurch der Vorteil, dass mit Anstieg der Genehmigungsquote und dem erweiterten Zugang der Kunden zu Kreditmitteln auch das Potential zusätzlicher Fahrzeugverkäufe
172
zunimmt. Über das Angebot von Subprime-Krediten gelingt es somit den Händlern, auch solchen Kunden ein Fahrzeug zu verkaufen, die bislang als Kreditnehmer von der Bank abgelehnt wurden und sich aus eigenen Mitteln den Fahrzeugkauf nicht leisten konnten. In dem aufgeführten Beispiel ist davon auszugehen, dass der Subprime-Kunde ohne Kreditgewährung der Bank das Fahrzeug nicht hätte kaufen können. Mit Hilfe des Subprime-Kreditangebotes der Bank erreicht der Händler einen sofortigen Verkauf des Fahrzeuges, wenn auch mit einer Minderung der kalkulierten Marge. Diese Ertragseinbuße wird der Händler insbesondere dann in Kauf nehmen, wenn das zum Verkauf angebotene Fahrzeug hohe Stand- und Refinanzierungskosten811 produziert. So muss der Händler damit rechnen, dass die Kosten der Standdauer des Fahrzeuges bereits nach kurzer Zeit den Margenverzicht aus dem Subprime-Kreditgeschäft übersteigen. In diesem Fall kann sich der rasche Verkauf des Fahrzeugs trotz Händlerbeitrag als vorteilhaft für den Händler erweisen. Die Vereinnahmung des Händlerbeitrages lässt sich folglich unter dem Aspekt begründen, dass die Bank über die Akzeptanz erhöhter Kreditrisiken den Händler in seinen Verkaufsbestrebungen unterstützt. Die Bank ermöglicht dem Händler über das Angebot von Subprime-Krediten, zusätzliche Fahrzeuge an eine bislang nicht erschlossene Kundschaft zu verkaufen. Als Gegenleistung kann die Bank den Händler dazu verpflichten, einen Teil des gesteigerten Risikos des SubprimeKredites mitzutragen. Die damit verbundene Idee der Einbindung des Händlers in das Kreditrisiko weicht fundamental von den Konventionen bisheriger, marktüblicher und regelmäßig praktizierter Kooperationsmodelle ab.812 Während nach herkömmlichen Kooperationsmodellen die kreditgebende Bank dem Händler-Partner ein ertragssteigerndes Entgelt in Form von Provisionen für die Vermittlung der Finanzierungsprodukte zur Verfügung stellt, verfolgt das beschriebene Subprime-Kooperationsmodell eine nahezu entgegensetzte Zielsetzung: Nicht der Händler erhält eine finanzielle Zuwendung für seine Vermittlungsfunktion. Vielmehr fordert die Bank von diesem ein Entgelt für ihre Bereitschaft, einem bonitätsschwachen Kunden einen Kredit zu gewähren und dem Händler damit zum Abverkauf eines weiteren Fahrzeuges zu verhelfen. Der Händler wird in diesem Fall kalkulieren, ob der Vorteil des Verkaufes eines zusätzlichen Fahrzeuges den finanziellen Nachteil des Margenverzichts übersteigt. Die Entscheidung liegt somit letztendlich beim Händler, ob das Geschäft mit dem Kunden zustande kommt oder nicht. 811 812
Vgl. zum Umfang dieser Kosten Kap. 2.5.2. Vgl. hierzu Renkel, Heinz-Peter/ Strom, Karl (2005): S. 7 und Diez, Willi/ Bühler, Martin (2006): S. 24 f.
173
Freilich werden für die Verhaltensweise des Händlers unterschiedliche Anreizwirkungen des Risikobeitrages freigesetzt, wenn dieser vollständig zu Lasten der Verkaufsmarge des Händlers berechnet wird. So wird der Händler unter Berücksichtigung seines Margenverzichtes seine Aktivitäten darauf ausrichten, durch Ausnutzung von Handlungs- oder gar Manipulationsspielräumen die Einkaufskosten des jeweiligen Fahrzeuges zu minimieren und den Verkaufspreis entsprechend zu maximieren. Diese Zielsetzung lässt sich zum Beispiel durch den Einkauf verhältnismäßig günstiger Fahrzeuge mit qualitativen Einschränkungen und deren Wiederverkauf zu überhöhten Preise verfolgen.813 Im Fall der Finanzierung solcher Fahrzeuge entsteht für die Bank die Gefahr, einen überhöhten Kreditbetrag auszuzahlen, der nicht durch einen adäquaten Fahrzeugwert besichert ist. Die Bank wird im Subprime-Geschäft daher zum einen organisatorische Maßnahmen treffen, um die negativen Anreizwirkungen des Händlerbeitrages und das hieraus entstehende Risiko der Vergabe unzureichend besicherter Subprime-Kredite zu kontrollieren. Dieser Aspekt wird in den Kap. 5.2.3 und 5.4.1.2. der vorliegenden Arbeit näher erläutert. Zum anderen wird die Bank in Erwägung ziehen, mit Hilfe einer vollständigen oder teilweisen Rückerstattung des Händlerbeitrages nach erfolgreicher Rückzahlung des Kredites durch den Kunden die negativen Anreizwirkungen schon im Vorfeld der Finanzierung zu verringern. So kann die Bank dem Händler im Zeitpunkt der Kreditantragstellung in Aussicht stellen, nach ordnungsgemäßer Beendigung des Kreditvertrages den einbehaltenen Händlerbeitrag zu erstatten und somit den Margenverzicht zu vermeiden oder zu verringern. In diesem Fall übernimmt der Händlerbeitrag die Funktion einer Kaution, die nur dann von der Bank nachhaltig vereinnahmt wird, wenn der Kreditnehmer seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht vollständig und fristgerecht nachkommt
5.2.2.3 Strategische Ansatzpunkte zur risikoadjustierten Gestaltung der Kreditkonditionen im operativen Tagesgeschäft
Der in Kap. 3.4.2. beschriebene Gedanke der risikoabhängigen Bepreisung von Krediten richtet sich auf die Frage, zu welchem Preis und unter welchen Bedingungen ein beantragter Kredit dem jeweiligen Antragsteller genehmigt wird. Diese Form der Kreditvergabe wendet sich von dem traditionellen Entscheidungsverhalten der Banken ab, 813
Vgl. hierzu mehr in Kap. 5.4.1.2.
174
den Kredit zu Einheitskonditionen und nur unter der Prämisse einer guten Bonität des Kunden zu vergeben.814 Stattdessen zielt die risikoabhängige Kreditkonditionierung darauf ab, den Preis für ein Kreditengagement nach dessen geschätzten, individuellen Risikogehalt für die Bank auszurichten und somit auch eine Kreditvergabe an Kunden mit eingeschränkter Bonität zu ermöglichen. Für das operative Geschäft der Bank resultiert hieraus das Erfordernis der Anwendung einer Kreditbepreisung, die unter Berücksichtigung des geschätzten Ausfallverhaltens des Kreditnehmers voraussichtlich zu einem wirtschaftlich positiven Ergebnis des Kreditengagements für die Bank führen wird. Die Konditionen des jeweiligen Kredites richten sich nach der individuellen Bonität des Kunden und umfassen nicht nur den effektiven Jahreszins, sondern auch andere Vertragsbedingungen, die der Bank als Instrument zur Risikokompensation zur Verfügung stehen. Hierunter können eine veränderte Anzahlung als Auflage für den Kreditnehmer, eine finanzielle Beteiligung des Händlers am Kreditrisiko über den bereits beschriebenen Händlerbeitrag oder auch die Veränderung der monatlichen Kreditraten mit Hilfe von flexiblen Laufzeiten fallen.815 Die Herausforderung der Bank besteht letztendlich in der Anwendung eines Preisfindungsinstrumentes, mit Hilfe dessen der Kreditentscheider profitable Konditionen für den jeweiligen Kredit ermitteln kann. Die Profitabilität des Kreditengagements lässt sich anhand der Wirtschaftlichkeitsprämisse der im vorherigen Kapitel beschriebenen Barwertkalkulation ermitteln: Fällt ein Kreditnehmer aus, muss die Summe der bis dahin geflossenen Zahlungsströme an die Bank inklusive des Verwertungserlöses aus dem Verkauf des Fahrzeuges dazu ausreichen, die restliche Tilgungsschuld des Kunden und die der Bank entstandenen Kosten des jeweiligen Kredites mindestens zu decken. Die Höhe der monatlichen Kreditraten, die der Kreditnehmer an die Bank zu zahlen hat, hängt indes von den Konditionen ab, die im Rahmen der Kreditentscheidung vergeben werden. Je höher die monatliche Ratenzahlung des Kunden im Verhältnis zur Kreditsumme ausfällt, desto schneller reduziert sich das mit der Kreditforderung einhergehende Risiko der Bank. Wie hoch dabei der vom Kunden zu tragende Zinsanteil der monatlichen Rate ausfällt, spielt für diese Risikobetrachtung nur eine untergeordnete Rolle. Denn sowohl der Zins- wie auch der Tilgungsanteil der monatlichen Zahlungen des Kunden tragen dazu bei, das herausgelegte Kapital und die Kreditkosten der Bank zurückzuerwirtschaften und somit das Ri814 815
Vgl. Kap. 3.4.2.2. Vgl. Consumer Portfolio Services (2006): S. 4.
175
siko während der Laufzeit sukzessive zu senken. Die Höhe der monatlichen Kreditrate unterliegt indes der Restriktion der finanziellen Belastbarkeit des Kreditnehmers. So mögen in der Theorie berechnete Einzahlungen des Kreditnehmers in Ihrer Summe ausreichen, bereits zum erwarteten Zeitpunkt des Kreditausfalls zu einem positiven Barwert der kumulierten Zahlungsströme des Subprime-Kredites zu führen. Praktisch sind jedoch solchen Berechnungen infolge knapper Haushaltsrechnungen, die SubprimeKreditnehmern typischerweise anhaften, Grenzen gesetzt.816 Auch trägt eine im Verhältnis zum monatlichen Einkommen des Kunden überhöhte Kreditrate tendenziell dazu bei, die Liquidität des Kunden einzuschränken und das prognostizierte Risiko eines Kreditausfalls dadurch zu erhöhen. Als Beispiel lässt sich in diesem Zusammenhang der Rückkopplungseffekt aufführen, bei dem die zu leistende Rate aufgrund ihre Höhe selbst die Ursache für die Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers und damit den Kreditausfall darstellt.817 Aus den vorstehenden Erläuterungen ist zu erkennen, dass der Höhe des anzusetzenden Kreditpreises gleichermaßen Mindestanforderungen wie auch Restriktionen anhaften. Die Herleitung der Kreditkonditionen stellt sich demzufolge als bedeutender Erfolgsfaktor bei der strategischen Ausrichtung der Subprime-Automobilfinanzierung dar. Amerikanische Subprime-Finanzierer können hierbei infolge ihrer oft langjährigen Erfahrungen im Kreditgeschäft mit bonitätsmäßig schlechten Kreditnehmern auf professionelle, subprime-fokussierte Scoringsysteme zurückgreifen, die die Festlegung der Kreditkonditionen auf Basis von maschinell berechneten Scorewerten erleichtern.818 Für Banken ohne Subprime-Erfahrung dürfte hingegen die Unterstützung durch derartige Scoringssysteme zunächst geringe Relevanz aufweisen. Die Ursache der fehlenden Anwendbarkeit solcher Instrumente, die in ihrer Ausgestaltung in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben wurden, resultiert dabei aus den mangelnden Erfahrungen der jeweiligen Bank mit Kreditnehmern im Subprime-Kreditsegment. Die erforderliche Preisdifferenzierung im Rahmen der Kreditentscheidung setzt voraus, dass auch die der Preisfindung zugrundeliegende Einschätzung der Kreditnehmerrisiken im SubprimeSegment hinreichend differenziert vorgenommen wird. Instrumente der Kreditwürdigkeitsprüfung wie etwa Scoringsysteme, die eine Risikoeinstufung des jeweiligen Kreditnehmers anhand der Auswertung bestehender Kundendaten aus der Vergangenheit 816 817
Vgl. hierzu die Erläuterungen zur privaten Ver- und Überschuldung in Deutschland in Kap. 4.2.2. Vgl. hierzu Kap. 3.4.2.1.
176
durchführen, werden bei Banken ohne Subprime-Erfahrung kaum über die erforderlichen, auswertbaren Erfahrungswerte im Subprime-Kreditnehmersegment verfügen. Die erforderliche differenzierte Beurteilung verhältnismäßig negativer Kreditnehmereigenschaften wie etwa die Unterscheidung vorhandener Negativ- oder K.O.-Merkmale in der SCHUFA-Auskunft in Verbindung mit dem Bonitätskriterium einer kurzen Beschäftigung oder gar Arbeitslosigkeit und die daraus abgeleitete, differenzierte Risikoeinschätzung von Subprime-Kreditnehmern ist hier nur schwer denkbar. Vielmehr wird das bestehende Scoringssystem einer subprime-fremden Bank voraussichtlich alle Kreditnehmer, die derart gravierende Bonitätseinschränkungen aufweisen, in nahezu identische Risikoklassen einordnen, ohne nähere Differenzierungen hinsichtlich des individuellen Bonitätsgehaltes vorzunehmen. Infolgedessen ist davon auszugehen, dass die Risikoeinstufung eines Kreditnehmers unterhalb eines bestimmten Bonitätsgrades mit Hilfe der innerhalb der Bank existierenden Scoringsysteme nicht differenziert genug vorgenommen werden kann, um einen risikoadäquaten Preis für das beantragte Kreditengagement zu finden. Die Herausforderung der Bank liegt daher zunächst in der Entwicklung eines subprimegeeigneten Scoringmodells, das eine hinreichende Differenzierung der Kreditnehmer mit schlechter Bonität gewährleistet. Ein derartiges Scoringmodell kann dann als Basis für eine auf Schätzwerten zum Risikoverhalten des Kreditnehmers basierende Kalkulation des Kreditpreises herangezogen werden. Die Kalkulation des Kreditpreises bei amerikanischen Subprime-Finanzierern wird auf Basis der Scorewerte von dem jeweiligen Kreditentscheider vorgenommen und bezieht idealerweise neben den Fahrzeugeigenschaften auch die finanziellen Kennzahlen zur Verschuldungssituation des Kreditnehmers im Verhältnis zu seinem Einkommen mit ein.819 Unter Veränderung einzelner, festgelegter Parameter hat der Kreditentscheider so die Möglichkeit, die risikoadäquaten Konditionen für das beantragte Kreditengagement zu berechnen. Als Maßstab für die Bestimmung der Konditionen lässt sich etwa der erwartete Gewinn heranziehen, den der jeweilige Kredit nach Berechnungen der dargestellten Barwertkalkulation voraussichtlich generieren wird. Die Kalkulation beinhaltet ein komplexes Bündel aus mathematischen Funktionen auf Basis des erwarteten Risikoverhaltens des Kreditnehmers, des erwarteten Entwertungsverlaufs des Fahrzeuges und der persönli818
819
Vgl. etwa Consumer Portfolio Services (2006): S. 4. Vgl. hierzu auch die Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung in Kap. 3.2.3.2. Vgl. etwa Consumer Portfolio Services (2006): S. 4 und Triad Financial Corporation (2006): S. 7.
177
chen Antragsdaten des Kreditnehmers. Als maßgebliche, durch den Kreditentscheider veränderbare Parameter für die Berechnung der Konditionen kommen für die in der vorliegenden Arbeit gewählten Beispiele der Zinssatz, die Höhe einer Anzahlung, die Höhe des Risikobeitrages des Händlers und die Laufzeit des Kredites in Frage. Sie werden in Ihrem Umfang sowie unter Berücksichtigung der Händler- und Kundeninteressen solange durch den Kreditentscheider verändert und angepasst, bis der erforderliche Mindestwert des erwarteten Zahlungsüberschusses des jeweiligen Kreditengagements erreicht ist. Diese Vorgehensweise ermöglicht, den erforderlichen, erwarteten Mindestzahlungsüberschuss über unterschiedliche Konstellationen der veränderbaren Parameter kalkulatorisch sicherzustellen. Die aus Sicht des Mitarbeiters zur Sicherstellung eines profitablen Zahlungsstromverlaufes geeignete Parameterkonstellation spiegelt schließlich den für das beantragte Kreditengagement erforderlichen Kreditpreis wider.
5.2.3
Zur Sicherstellung eines hinreichend hohen Fahrzeugwertes während der Kreditlaufzeit
Aus den vorstehenden Erläuterungen zu den Erfolgsfaktoren der SubprimeAutomobilfinanzierungen lässt sich erkennen, dass die Wertentwicklung des finanzierten Fahrzeuges von zentraler Bedeutung für die strategische Ausrichtung des SubprimeGeschäftsmodells ist. Der Erfolg stellt sich für die Bank ein, wenn bei Eintritt eines Kreditausfalls die Erlöse aus der Verwertung des finanzierten Automobils ausreichen, den noch offenstehenden Kreditsaldo sowie die bis dahin angefallenen Kosten der Bank zu decken. Die Erfolgsprämissen schlagen sich dabei in der zuverlässigen und vorsichtigen Ermittlung des Marktwertes des zu finanzierenden Fahrzeuges im Zeitpunkt der Kreditentscheidung nieder. Wird die Auszahlung einer Kreditsumme genehmigt, die den tatsächlichen Marktpreis des zu finanzierenden Fahrzeugs übersteigt, besteht im Fall des Kreditausfalls und einer damit einhergehenden Fahrzeugverwertung die Gefahr einer Unterdeckung des noch offenstehenden Kreditsaldos. Die Bank wird demnach bei Antragstellung sicherstellen, dass die beantragte Kreditauszahlung in ihrer Summe nicht höher als der tatsächliche Marktwert des Fahrzeuges im Zeitpunkt der Kreditgenehmigung ausfällt. Liegt der Finanzierungsbetrag über dem Marktwert des Fahrzeuges, kann kaum mit einer ausreichenden Deckung der Verluste infolge eines Kreditausfalls durch die Verwertungserlöse gerechnet werden. Amerikanische Subprime-Finanzierer bezeichnen das Verhältnis zwischen Kreditsumme und Fahrzeugwert
178
regelmäßig als Loan to Value (LTV).820 Je höher dieser Beleihungswert ausfällt, desto größer wird das Risiko der Bank einer unzureichenden Kreditbesicherung. Als Bemessungsgrundlage für die Fahrzeugbewertung im Zeitpunkt der Kreditentscheidung lassen sich
die
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Bewertungsinstrumente
unabhängiger
Dienstleister heranziehen, die sich auf die Durchführung von Fahrzeugbewertungen und Ermittlung von Wertverläufen im Neu- und Gebrauchtwagengeschäft spezialisiert haben.821 Die Berücksichtigung solcher Wertmaßstäbe trägt folglich dazu bei, im Rahmen der Kreditentscheidung eine vorsichtige Bewertung des zu finanzierenden Fahrzeugs vorzunehmen und somit die Grundlage für eine hinreichende Kreditbesicherung zu schaffen. Der amerikanische Subprime-Finanzierer Americredit gibt zum Beispiel an, je nach Bonität der Kunden maximale Beleihungswerte in Höhe von 98 bis 135 Prozent des jeweiligen Händlereinkaufspreises bei der Kreditvergabe zu akzeptieren.822 Durch die Festlegung bestimmter Anforderungen an die Eigenschaften der zu finanzierenden Fahrzeuge können zudem wesentliche Voraussetzungen für die erforderliche Wertbeständigkeit geschaffen werden. Amerikanische Subprime-Finanzierer wie Consumer Portfolio Services legen hierbei bestimmte Anforderungen an das Alter, die Art und den Zustand des Finanzierungsobjektes fest.823 In diesem Zusammenhang lässt sich zum Beispiel hinsichtlich der Nutzungsart prüfen, ob bestimmte Fahrzeugtypen wie etwa Kleintransporter und Kleinbusse von der Subprime-Finanzierung ausgeschlossen werden. Es ist nachzuvollziehen, dass solche Fahrzeuge infolge ihrer Größe anfälliger für Beschädigungen sind als Personenkraftwagen und somit einer erhöhten Wertverlustgefahr ausgesetzt sind. Neben der Nutzungsart lassen sich auch Restriktionen an die Fahrzeugklasse stellen. Die Anschaffung von Sportwagen und Limousinen aus dem Luxussegment erscheint für bonitätsschwache Subprime-Kreditnehmer eher ungeeignet. Hier besteht die Gefahr, dass die Bank im Zuge der Bereitstellung von Kreditmitteln für den Kauf von Luxusgütern Konsumverhaltensweisen des Kunden fördert, die er sich aufgrund seiner finanziellen Lage gar nicht leisten kann. Zudem können Fahrzeuge mit hoher Leistung und modischem Design nach Angaben des Fahrzeugbewerters Schwacke verstärkt an Wert verlieren, da Gebrauchtwagenkäufer auf Kraftstoffverbrauchswerte achten und sich das Modeempfinden der Konsumenten und damit die
820
Vgl. Herald, Tom (2007): o. S. und Gammon, Rosland Briggs (2007): o. S. Vgl. Burghardt, Michael (2006): S. 139 f. 822 Vgl. Americredit (2007a): S. 11. 823 Vgl. Consumer Portfolio Services (2006): S. 4. 821
179
Nachfrage nach modischem Design regelmäßig ändern.824 Einflussfaktor der Werthaltigkeit der Fahrzeuge ist zudem das Fahrzeugalter. So verlieren Neuwagen gemäß den Untersuchungen von Schwacke insbesondere im Laufe der ersten drei Jahre ihrer Nutzung einen erheblichen Teil ihres Wertes.825 Für die Bank stellt sich deshalb die Frage, ob nur Gebrauchtwagen als Subprime-Finanzierungsobjekte in Frage kommen und welches Mindestalter diese haben sollten. Ist das Fahrzeugalter im Zeitpunkt der Antragstellung auf der anderen Seite zu hoch, besteht während der Kreditlaufzeit die erhöhte Gefahr einer unzureichenden Werthaltigkeit des Fahrzeuges und ein höheres Risiko ungedeckter Kreditausfälle. Der amerikanische Subprime-Finanzierer Consumer Portfolio Services legt zum Beispiel als Höchstgrenze für sein Finanzierungsprogramm ein Alter von acht Jahren und eine Laufleistung von 85.000 Meilen für die Finanzierungsobjekte im Zeitpunkt der Kreditantragstellung fest.826 Wesentlichen Einfluss auf die Objektwerthaltigkeit hat vor allem der Zustand der Fahrzeuge. Werkstattgeprüfte Fahrzeuge, die frei von erkennbaren Mängeln sind, lassen sich grundsätzlich als geeignete Voraussetzung für die Subprime-Finanzierung festlegen. Neben der vorsichtigen Bewertung des Finanzierungsobjektes stellt sich eine weitere Erfolgsprämisse für die Zielsetzung heraus, im Zeitpunkt des Kreditausfalls ein im Verhältnis zu der offenstehenden Bankforderung ausreichend hohen Verwertungserlös zu generieren. Besonders die Behandlung des Fahrzeuges durch den Kunden hat während der Kreditlaufzeit erheblichen Einfluss auf die Wertentwicklung des Sicherungsobjektes aus Sicht der Bank. Auftretende Schäden und mangelnde Pflege können als wesentliche Treiber für erhöhte Wertverluste des finanzierten Automobils verantwortlich sein. So wird sich der Verwertungserlös nach dem Eintritt eines Kreditausfalls erheblich verringern, wenn sich das Sicherungsobjekt in einem schlechten Zustand befindet. Die Herausforderung der Bank äußert sich folglich in der Beantwortung der Frage, welchen Einfluss sie auf das Kundenverhalten hinsichtlich des Umgangs mit dem Fahrzeug während der Kreditlaufzeit nehmen kann. Die Möglichkeiten der Einflussnahme können sowohl restriktive Maßnahmen in Form von Auflagen als auch motivierende Anreize infolge von Belohnungen beinhalten, um einen pfleglichen Umgang des Kreditnehmers mit dem Automobil zu erreichen. Als Beispiel solcher Anreizmechanismen lassen sich etwa die Vereinnahmung einer Kaution bei Kreditauszahlung oder der 824 825 826
Vgl. EurotaxSchwacke GmbH (2003): S. 2. Vgl. EurotaxSchwacke GmbH (2003): S. 1. Vgl. Consumer Portfolio Services (2006): S. 4.
180
für den Kreditnehmer zwingende Abschluss einer Versicherung gegenüber Kaskoschäden als Auflage aufführen. Denkbar ist auch die Verpflichtung des Händlers, eine Reparaturgarantie während eines vertraglich festgelegten Zeitraums dem Kunden zu gewähren. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Wert des finanzierten Fahrzeugs als Kreditsicherheit einen erheblichen Einflussfaktor für den Erfolg der Bank in der Subprime-Automobilfinanzierung darstellt. Die beschriebenen Aspekte der Sicherstellung eines hinreichend hohen Fahrzeugwertes stellen wichtige, strategische Erfolgsprämissen für die Bank dar, eine ausreichende Deckung der Forderung gegenüber dem Subprime-Kreditnehmer zu gewährleisten. 5.2.4
Subprime-relevante Merkmale des Leasings als Finanzierungsalternative zum Automobilkredit
Bei der Festlegung des Geschäftsmodells für die Subprime-Automobilfinanzierung ergibt sich für die Bank eine strategische Handlungsoption im Rahmen der Entscheidung, welche Finanzierungsvariante in weitem Sinne für das Subprime-Geschäft angewendet werden soll. Wie bereits in Kap. 2.3.3. erläutert stellen sowohl der Ratenkredit wie auch das Leasing gängige Erscheinungsformen der Automobilfinanzierung dar. Im folgenden sollen daher subprime-relevante Wesensmerkmale beider Finanzierungsformen näher erläutert werden. Im Vordergrund steht dabei die Betrachtung der Eignungsmerkmale beider Finanzierungsvarianten aus dem Blickwinkel der Barwertkalkulation, welche in Kap. 5.2.2.1. dargestellt worden ist. Als Grundlage für die Skizzierung der subprime-relevanten Abgrenzungsmerkmale zwischen Ratenkredit und Leasing dient die Annahme, dass der Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen während der vertraglich vereinbarten Laufzeit nicht mehr nachkommt. Hierzu wird das in Kap. 5.2.2.1. gewählte Beispiel für die Entwicklung eines Subprime-Kredites herangezogen, nach dem der Schuldner zu einem bestimmtem Zeitpunkt während der Kreditlaufzeit seine Zahlungen an die Bank einstellt und diese den Kreditvertrag mit dem Schuldner kündigt. Maßgeblich für den wirtschaftlichen Erfolg dieses Subprime-Kredites für die Bank ist in diesem Fall gemäß der Barwertkalkulation der Verkaufserlös, den die Bank nach Sicherstellung und Verwertung des finanzierten Fahrzeuges erzielen kann.827 Dieses Kriterium der Wirtschaftlichkeit eines Subprime-Kredites gilt auch für die Abwicklung
181
eines Subprime-Leasinggeschäftes, bei dem der Leasingnehmer seiner vertraglichen Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten nicht mehr nachkommt. Anders als beim Automobilkredit ist beim Leasing jedoch nicht der Kunde Eigentümer des Fahrzeuges, sondern der Leasinggeber, der dem Kunden gegen Zahlung der Leasingrate lediglich das Recht zur Nutzung des Fahrzeuges einräumt.828 Im Unterschied zum Kreditgeschäft bestehen die Auszahlungen des Leasinggebers daher aus dem Kaufpreis des Leasingobjektes, den der Leasinggeber als Fahrzeugeigentümer aufzubringen hat, den anfallenden Refinanzierungskosten und den entstandenen Betriebskosten. Im Leasingbeispiel bemisst somit die Barwertkalkulation den Erfolg des Leasinggebers nach Ausfall des Leasingnehmers analog zum Kreditfall danach, inwieweit die von der Leasinggesellschaft getätigten Auszahlungen durch die Summe der empfangenen Einzahlungen überdeckt werden. Die Einzahlungen ergeben sich dabei aus der durch den Leasingnehmer gezahlten Mietsonderzahlung, der Summe der Leasingraten, Gebühren und Entgelte sowie dem Erlös aus der Verwertung des sichergestellten Leasingobjektes. Unter Berücksichtigung der Besicherung des Automobilkredites und der Eigentümerverhältnisse im Automobilleasing stellt sich nun die Frage, inwieweit sich bei einem Ausfall des Subprime-Kunden die Sicherstellung und Verwertung des finanzierten Fahrzeuges zwischen Kredit und Leasing unterscheidet. Im Rahmen der Subprime-Kreditvergabe wird sich die Bank zum Schutz vor Verlusten infolge eines Kreditnehmerausfalls mit Hilfe einer Sicherungsübereignung das Eigentum an dem finanzierten Fahrzeug übertragen lassen.829 Als treuhänderischer Eigentümer des Fahrzeuges darf die Bank somit bei Verstoß des Kreditnehmers gegen den zugrundeliegenden Sicherungsvertrag das Objekt verwerten oder selbst als Eigentümer nutzen. Im Fall von Leasing des Fahrzeuges wird hingegen der Leasinggeber nach § 433 BGB bereits mit Bezahlung der Lieferantenrechnung zivilrechtlicher Eigentümer des Fahrzeuges. Aus den mietrechtlichen Bestimmungen der §§ 535 ff. BGB, denen Leasingverträge als Dauerschuldverhältnisse folgen, ergibt sich ein fristloses Kündigungsrecht für den Leasinggeber, wenn der Leasingnehmer in Zahlungsverzug geraten ist. Nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB kann der Leasinggeber eine außerordentliche fristlose Kündigung aussprechen, wenn zwei Leasingraten oder ein nicht unerheblicher Teil für zwei aufeinander folgende Termine aussteht oder wenn der Leasingnehmer die Leasingraten mehrfach teilweise schuldig
827 828 829
Vgl. hierzu und im folgenden Kap. 5.2.2.1. Vgl. die Ausführungen zum sog. Finanzierungsleasing in Kap. 2.3.3.3. Vgl. hierzu die Ausführungen zur Kreditsicherheit in Kap. 3.1.2.
182
bleibt und der Rückstand die Höhe von zwei Leasingraten erreicht. Dem Leasinggeber steht somit wie auch der Bank bei einem Ratenkredit das Recht zu, bei Nichtbezahlung der Raten durch den Kunden und wenn die schriftlichen Mahnungen zu keinem Ergebnis führen, den Vertrag vorzeitig aufzulösen.830 In diesem Fall ist der Leasingnehmer dazu verpflichtet, das Leasingobjekt an den Leasinggeber zurückzugeben sowie die vertraglich vereinbarte Auflösungsforderung samt Rückstand zu bezahlen.831 Im Anschluss hieran wird das sichergestellte Fahrzeug vom Leasinggeber einer Verwertung zugeführt, die zum Beispiel über einen Verkauf oder über den Abschluss eines neuen Leasingvertrages erfolgen kann.832 Hieraus folgt, dass sich bei einer Nichtleistung des Subprime-Kunden aus dem Blickwinkel der Barwertkalkulation für das wirtschaftliche Ergebnis der Sicherstellung und Verwertung des Fahrzeuges kein Unterschied zwischen einem Subprime-Kredit und einem Subprime-Leasinggeschäft ergibt. Sowohl beim Ratenkredit mit Sicherungsübereignung wie auch beim Leasing wird der zahlungssäumige Kunde nach einer vorzeitigen Vertragskündigung das finanzierte Fahrzeug freigeben müssen und somit zur Verlustkompensation der Bank bzw. Leasinggesellschaft durch die sich anschließende Fahrzeugverwertung beitragen. Der Leasinggeber ist dabei trotz seines zivilrechtlichen Eigentums an der Leasingsache gegenüber der Bank als Kreditgeber kaum besser gestellt: So wird die Leasinggesellschaft ihren Rückzahlungs- und Rückgabeanspruch nur unter Zuhilfenahme von Gerichten durchsetzen können, wenn der Leasingnehmer das Fahrzeug bei vorzeitiger Kündigung nicht freiwillig zurückgibt.833 „Selbstjustiz“ ist somit beim Subprime-Leasing kein Mittel, den gesetzlich geregelten Rückgabeanspruch durchzusetzen und hieraus folgende Vorteile bei der Sicherstellung des finanzierten Fahrzeuges zu generieren. Stattdessen wird die Leasinggesellschaft ebenso wie die Bank auf geschulte Inkassomitarbeiter zurückgreifen, die unter Einhaltung der rechtlichen Vorschriften den zahlungsrückständigen Kunden zur Freigabe des finanzierten Fahrzeuges zu bewegen versuchen. Die hiermit verbundenen Anforderungen an den Inkassodienst werden in Kap. 5.4.3.2. näher erläutert.
830
Vgl. Kuhnle, Rainer/ Kuhnle-Schadn, Alexandra (2001): S. 103. Vgl. hierzu auch die Ausführungen zu den Kündigungsvoraussetzungen bei Ratenkrediten nach § 498 BGB in Kap. 2.3.3.2. 831 Vgl. ebenda. 832 Vgl. Kuhnle, Rainer/ Kuhnle-Schadn, Alexandra (2001): S. 104. 833 Vgl. hierzu und im folgenden Beckmann, Heiner (2006): S. 280.
183
5.3 Aspekte der organisatorischen Ausgestaltung der SubprimeAutomobilfinanzierung Wurden im vorangegangenen Kapitel Aspekte strategischer Handlungsoptionen bei der Festlegung des Geschäftsmodells erläutert, stellt sich nun die Frage, welche bankbetrieblichen Ausgestaltungsmöglichkeiten sich in organisatorischer Hinsicht im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung ergeben. So weisen die amerikanischen Behörden „Comptroller of the Currency“ und „Administrator of National Banks“ in ihrem bereits im Jahr 1999 verfassten Leitfaden zum Thema „Subprime-Lending“ darauf hin, dass die Banken im Hinblick auf die gesteigerten Risiken des SubprimeKreditgeschäftes ein besonderes Augenmerk auf die operativen Prozesse des Tagesgeschäftes werfen sollten.834 Die jüngsten Geschäftsberichte verschiedener amerikanischer Subprime-Finanzierer bestätigen den Hinweis, dass die Bank durch prozessorientierte Vorkehrungen
im
operativen Tagesgeschäft 835
spezifischen Risiken entgegenwirken kann.
den
subprime-
So beschreiben diese Geschäftsberichte
zum Teil ausführlich die organisatorischen Abläufe und die Organisationsstruktur der Fachbereiche im Rahmen des Kreditlebenszyklus. Die Beschreibungen bringen zum Ausdruck, dass die operativen Prozesse des Tagesgeschäftes der Banken einer Anpassung an die risikorelevanten Eigenschaften der Subprime-Automobilfinanzierung bedürfen.
Die
Aspekte
der
organisatorischen
Ausgestaltung
der
Subprime-
Automobilfinanzierung werden in den folgenden Kapiteln anhand ausgewählter Stufen des Kreditlebenszyklus aufgegriffen und erläutert. Als Kreditlebenszyklus soll in der vorliegenden Arbeit der Zeitraum von der Entstehung bis hin zur Beendigung eines Kreditverhältnisses zwischen der Bank und dem Kreditnehmer verstanden werden.
5.3.1
Skizzierung und Überblick der Stufen eines typischen SubprimeKreditlebenszyklus
Die nachstehenden Ausführungen können als Beispiel dafür dienen, wie sich ein typischer Subprime-Kreditlebenszyklus aus dem Blickwinkel des operativen Tagesgeschäftes der Bank darstellt. Aufgrund der erhöhten Ausfallquoten bei SubprimeAutomobilkrediten wird im folgenden Beispiel unterstellt, dass der Kredit nur teilweise 834 835
Vgl. Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 8. Vgl. etwa Triad Financial Corporation (2006): S. 6-9 und Consumer Portfolio Services (2006): S. 4-6.
184
zurückgezahlt wird und aufgrund der Nichtleistung des Kreditnehmers notleidend wird. Die nachstehende Beschreibung basiert einerseits auf in den Geschäftsberichten amerikanischer Subprime-Finanzierern dargestellten Erläuterungen zum Kreditlebenszyklus, andererseits auf in der deutschen Praxis üblichen Methoden der indirekten Automobilfinanzierung.836 Als Ausgangspunkt dient die Annahme, dass der Subprime-Kredit über den Autohändler als indirekter Vertriebskanal an den Endkunden vermittelt wird. Hat sich der Kunde für den Kauf eines Fahrzeuges und dessen Finanzierung entschlossen, beantragt der zuständige Verkäufer etwa über ein online-gestütztes HändlerManagement-System den entsprechenden Kredit bei der Bank. Diese überprüft anhand der vorliegenden Informationen die Bonität des Kunden und den Fahrzeugwert. Auf Basis der ausgewerteten Informationen trifft die Bank anschließend die Entscheidung, ob und zu welchen Konditionen der Kredit vergeben wird. Im Falle einer Genehmigung des beantragten Subprime-Kredites überreicht der Verkäufer des Autohauses den Kreditvertrag an den Kunden zur Unterschrift. Das Autohaus übersendet die unterschriebenen Vertragsunterlagen sowie die gemäß Auflage geforderten Dokumente an die Bank und übergibt das Fahrzeug an den Kunden. Die Bank überprüft die eingegangenen Unterlagen auf Vollständigkeit und Richtigkeit und zahlt mit Einbuchung des Geschäftes die Kreditsumme an das Konto des Autohändlers aus. Nach Abschluss dieses Antragsund Abrechnungsprozesses folgt die weitere Bearbeitung des laufenden Finanzierungsvertrages durch die Bestandsverwaltung. Diese beantwortet und bearbeitet Kundenanfragen, nimmt erforderliche Änderungen der Kreditnehmerdaten vor und verwaltet die zur Sicherheit verwahrten Zulassungspapiere des finanzierten Fahrzeuges. Verläuft das Kreditengagement ohne Zahlungsstörungen, liegt die Betreuung des entsprechenden Vertrages bis zu seiner Beendigung im Zuständigkeitsbereich der Bestandsverwaltung. Sobald jedoch der Subprime-Kreditnehmer mit seiner Ratenzahlung rückständig ist, wird das Mahnwesen der Bank in die Bearbeitung der Finanzierung miteingeschaltet. Je nach Ausmaß des Zahlungsrückstandes wird das Mahnwesen in eine Mahnabteilung und das sog. Inkasso unterteilt. Die Mahnabteilung befasst sich mit der Betreuung solcher Kunden, die sich erst seit kurzer Zeit im Zahlungsrückstand befinden. Bei erstmaligem Ratenverzug wird der Kunde mündlich und/ oder schriftlich auf seinen Rückstand hingewiesen. Bei fortwährender Nicht-Leistung des Kunden lassen sich diese Maßnahmen verschärfen, indem zum Beispiel die schriftliche Zahlungsaufforderung 836
Vgl. hierzu und im folgenden Americredit (2007b): S. 5-9, Triad Financial Corporation (2006): S. 6-9 und Consumer Portfolio Services (2006): S. 4-6.
185
durch die Kündigungsandrohung mit Beschreibung der juristischen Konsequenzen ergänzt wird. Kommt der Kreditnehmer auch weiterhin seiner Leistungsverpflichtung nicht nach, wird die Bank die Inkasso-Abteilung einschalten. Das Inkasso hat die Aufgabe, schwerwiegende Zahlungsversäumnisse anzumahnen, diesen durch Außendienstaktivitäten entgegenzuwirken und gegebenenfalls das Fahrzeug bei fortlaufend ausbleibenden Zahlungen des Subprime-Kreditnehmers sicherzustellen. Ist der Kunde etwa trotz fortlaufender Mahnung mit mehreren Raten im Verzug, kann der Inkassodienst durch einen Besuch den Kunden mit konstruktiven Argumenten persönlich zu überzeugen versuchen. Leistet der Kunde auch weiterhin nicht, wird die Bank die Sicherstellung und Verwertung des finanzierten Fahrzeuges in Erwägung ziehen, um mit Hilfe der hierbei erzielten Verkauferlöse den offenstehenden Forderungsbetrag zu decken. Ein Teil der Außendienstaktivitäten, insbesondere die Sicherstellung und Verwertung von Fahrzeugen wird oftmals durch einen externen Dienstleister vorgenommen. Mit Hilfe der Durchführung von und Teilnahme an Auktionen versucht die Bank, den höchstmöglichen Verkaufserlös für das Fahrzeug zu erreichen. Basierend auf diesen Überlegungen, welche in Kap. 5.4. vertiefend erläutert werden, lässt sich nun eine Organisationsstruktur der relevanten Fachbereiche skizzieren, die operativ in die beschriebenen Stufen des Subprime-Kreditlebenszyklus eingebunden sind. Ein Überblick über die hieraus resultierende Struktur der Organisation soll daher im folgenden näher dargestellt werden.
5.3.2
Subprime-relevante Ausgestaltungsmerkmale der Organisationsstruktur der operativen Fachbereiche im Rahmen des Kreditlebenszyklus
Als Ausgangspunkt für die folgende Beschreibung einer beispielhaften Organisationsstruktur der operativen Fachbereiche dienen die vorstehenden Erläuterungen der einzelnen Stufen des Kreditlebenszyklus eines indirekt vermittelten Subprime-Kredites.837 Grundlage dieser Betrachtung stellen die Organisationsstrukturen ausgewählter amerikanischer Subprime-Finanzierer dar. Hiernach lassen sich je nach Kreditlebenszyklusstufe verschiedene Abteilungen und Bereiche der Organisation definieren, welche im Tagesgeschäft unmittelbar an der Bearbeitung eines Kredites beteiligt sind. Zeitlich vorgeschaltet ist diesen Abteilungen und Bereichen zunächst der Vertrieb, der die Auf837
Vgl. hierzu und im folgenden Abb. 22.
186
gabe der Vermarktung und des Verkaufes des Produktes Subprime-Automobilkredit gegenüber Händlern und Kunden hat. Der Vertrieb stellt zum Beispiel über die Form einer Gruppe von Außendienstmitarbeitern eine eigene organisatorische Einheit dar und ist dafür verantwortlich, dass die für das Subprime-Programm akquirierten Händler Kreditanfragen bei der Bank zur Bearbeitung einreichen.838 Stufen des Subprime-Kreditlebenszyklus Antragstellung
Kreditbuchung
Bestandsverwaltung
Kreditentscheidung
Vertrieb
Verwertung
Zahlungsrückstand
Vertriebscenter Ankauf
Sicherstellung
Servicing
Abrechnung
Collections Mahnwesen
Inkasso
Remarketing
Operative Fachbereiche
Abb. 22: Beispiel für die Organisationsstruktur der operativen Fachbereiche im Rahmen des SubprimeKreditlebenszyklus.
Die Bearbeitung der Kreditanfragen kann in einem zentralen oder auch dezentralen Vertriebscenter der Bank vorgenommen werden. Ein hier tätiges Team von Kreditentscheidern überprüft die Voraussetzungen des Kreditengagements und teilt anschließend dem einreichenden Händlerpartner das Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung in Form einer Kreditzusage oder einer Ablehnung mit.839 Kommt ein Kreditgeschäft zustande, erfolgt die Einbuchung und Auszahlung des Kreditbetrages nach entsprechender Prüfung in der Kreditabrechnungsabteilung des Vertriebscenters. In einem ersten Schritt lässt sich folglich ein marktorientierter Bereich organisatorisch festlegen, der vertriebsmäßig die Gruppe der Außendienstmitarbeiter und ein Vertriebscenter mit den Abteilungen Kreditentscheidung und Kreditabrechnung umfasst. Als sich im Kreditlebenszyklus anschließender Bereich übernimmt das sog. Servicing die weitere Betreuung
eines
zustande
gekommenen
Kreditvertrages.840
Hier
werden
alle
kreditnehmerbezogenen Angelegenheiten bearbeitet, die bis zur ordnungsmäßigen Be838
Vgl. etwa Americredit (2007b): S. 5. Vgl. Consumer Portfolio Services (2007): S. 10. 840 Vgl. hierzu und im folgenden etwa Americredit (2007b): S. 8 und Consumer Portfolio Services (2006): S. 5. Vgl. auch Katz, Adrian (1999): S. 110. 839
187
endigung des Kreditvertrages anfallen. Zudem ist dieser Bereich als Bestandsverwaltung für alle Kreditnehmerbelange sowie Sachverhalte zuständig, bei denen kein Zahlungsrückstand des Kreditnehmers vorliegt. Der regelmäßig im amerikanischen Kreditgeschäft genannte Bereich Collections hingegen verantwortet die Verwaltung solcher Kreditbestände, bei denen sich der Kreditnehmer im Zahlungsverzug befindet. Dieser Bereich lässt sich je nach Ausmaß des Zahlungsrückstandes des Kreditnehmers in mehrere Abteilungen aufteilen: Während die reguläre Mahnabteilung für die Bearbeitung von geringen Zahlungsrückständen zuständig ist, übernimmt das Inkasso die Bearbeitung von gravierenden Zahlungsverzugsfällen. Wird ein Kreditvertrag aufgrund erheblicher Zahlungsrückstände durch die Bank gekündigt, werden durch das sog. Remarketing die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung und Verwertung des finanzierten Fahrzeuges eingeleitet.841 Die vorstehende Skizzierung einer möglichen Organisationsstruktur der operativen Fachbereiche in der Subprime-Automobilfinanzierung soll nun als Grundlage für die Erläuterung der subprime-relevanten Ausgestaltungsmöglichkeiten und Besonderheiten dieser Bereiche dienen.
5.4 Operative Ausgestaltungsmöglichkeiten und Besonderheiten erfolgskritischer Fachbereiche im Rahmen des Subprime-Kreditlebenszyklus Die aufgezeigten Unterschiede zwischen der Subprime-Automobilfinanzierung und dem traditionellen Kreditgeschäft hinsichtlich ihrer Risikoeigenschaft machen deutlich, dass an die Prozesse und Aktivitäten der operativen Fachbereiche besondere Anforderungen gestellt werden. Die an amerikanische Subprime-Finanzierer gerichteten und im Jahr 1999 vom „Comptroller of the Currency“ und „Administrator of National Banks“ verfassten Richtlinien zum Thema „Subprime-Lending“ weisen darauf hin, dass die einzelnen Stufen des Kreditlebenszyklus an die veränderte Risikostruktur der Subprime-Kreditgeschäftes angepasst werden sollten.842 In der Praxis bedeutet dies, dass die Bank die beschriebenen organisatorischen Abläufe und Vorgehensweisen im operativen Tagesgeschäft der einzelnen Fachbereiche auf subprime-relevante Ausgestaltungsmerkmale überprüfen wird. Die hierfür denkbaren Ansätze zur Ausrichtung der Prozes841 842
Vgl. Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 9 f. Vgl. Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 8.
188
se und Aktivitäten lassen sich anhand der im vorangegangenen Kapitel erläuterten Fachbereiche darstellen. Beginnend mit dem Vertrieb des Produktes SubprimeAutomobilkredit bis hin zur Fahrzeugverwertung im Falle des Kreditausfalls sollen daher im folgenden die Ausgestaltungsmöglichkeiten und Besonderheiten der einzelnen Stufen des Kreditlebenszyklus eines Subprime-Kredites näher beleuchtet werden. Die Ausführungen lehnen sich dabei vor allem an die von amerikanischen SubprimeFinanzierern
veröffentlichten
Strukturmerkmale
des
operativen
Subprime-
Automobilfinanzierungsgeschäftes sowie an die von amerikanischen Bankbehörden herausgegebenen Verlautbarungen zu diesem Geschäftsfeld an.
5.4.1
Subprime-relevante Besonderheiten des Vertriebs
5.4.1.1 Anforderungen an den Außendienst Versteht man die Subprime-Automobilfinanzierung als Produkt, so kann die Zielsetzung des Fachbereichs Vertrieb in der Akquisition umsatz- und gewinnrelevanter Kreditgeschäfte durch die Vermarktung des Produktes gesehen werden. Aus dieser zentralen Aufgabe heraus lassen sich für den Subprime-Vertrieb besondere Anforderungen an den Außendienst ableiten. So wird infolge der risikorelevanten Besonderheiten der Subprime-Automobilfinanzierung das Produktverständnis der Vertriebsmitarbeiter eine Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Vertrieb sein. Denn je verständlicher und deutlicher die risikorelevanten Besonderheiten und Restriktionen der Subprime-Kreditvergabe, die Prämissen der Preisfindung sowie die damit verbundenen Vorteile für den Handel und den Endkunden herausgearbeitet und erklärt werden, desto höher ist die Erfolgschance der Vermarktung der Subprime-Automobilfinanzierung gegenüber den Zielkunden. So kann hierdurch bei Kunden wie auch eigenen Mitarbeitern die Gefahr von Missverständnissen vermieden werden, die sich auf die Konzeption des Produktes und die Trennung zum Standardkreditgeschäft beziehen. Im wesentlichen lassen sich für den Subprime-Außendienst drei wesentliche Aufgabenfelder definieren.843 Hierzu gehört zunächst die Akquise geeigneter Partnerhändler für das
Subprime-Kreditprogramm.
Akquirierte
Händler
werden
als
Subprime-
Partnerhändler registriert und haben somit Zugriff auf das Subprime-Kreditprogramm der Bank. Die Registrierungspflicht unterstützt dabei das Erfordernis für die Bank, den 843
Vgl. hierzu und im folgenden Americredit (2007b): S. 5.
189
Händlern den Subprime-Kredit als ein neues, vom traditionellen Kreditgeschäft abweichendes Produkt näher zu bringen. Die Registrierung des Händlers erfolgt erst dann, wenn eine umfassende Schulung der Verkaufsmitarbeiter des Händlers durch den Vertriebsmitarbeiter der Bank stattgefunden hat. Die Schulung richtet sich dabei einerseits auf die Restriktionen hinsichtlich der Kundeneigenschaften, der Fahrzeugeigenschaften und der Konditionsgestaltung. Der Aspekt, dass sich der Händler mit einem Margenverzicht an dem von der Bank zu tragenden Risiko beteiligt und nicht wie bisher oft üblich Provisionszahlungen erhält, ist voraussichtlich eine für den Händler vollständig neue Prämisse der Kreditvergabe.844 Insofern können ausführliche Schulungsgespräche mit Thematisierung des Händlerbeitrages dazu beitragen, spätere Diskussionen zwischen Händler und Kreditentscheider im Rahmen der Konditionsfestlegung bei Antragstellung zu vermeiden. Zum anderen richtet sich die Schulung der Verkäufer auf die Abläufe bei Antragstellung und die hierbei regelmäßig zu erbringenden Auflagen, welche dem Händler durch die Kreditentscheider mitgeteilt werden. Die zu erbringenden Dokumente und Informationen durch den Kunden und den Händler gehen zum Teil über bisher gewohnte Auflagen des Standardgeschäftes hinaus und bedürfen im Vorfeld einer Erklärung und Erläuterung. Die Hilfestellung bei Rückfragen des Händlers und die Lösung später auftauchender Diskussionsfelder stellen ein drittes Aufgabenfeld des Subprime-Außendienstmitarbeiters dar. Trotz intensiver Schulungen wird es voraussichtlich insbesondere bei der Abwicklung der ersten Subprime-Geschäfte erforderlich sein, klärende und informierende Unterstützung bei den Händlern zu leisten. Die vorstehenden Erläuterungen machen deutlich, dass das Aufgabengebiet eines Vertriebsmitarbeiters in der Subprime-Automobilfinanzierung die bloße Aufgabe übersteigt, interessierte Händler für das Subprime-Kreditprogramm zu akquirieren. Um die dargestellten Anforderungen an den Außendienst erfüllen zu können, wird die Bank wie etwa der amerikanische Subprime-Finanzierer Consumer Portfolio Services entsprechend geschultes Vertriebspersonal bereitstellen.845 Als Aufgabe des Vertriebsmanagements lässt sich indes die Sicherstellung der Auswahl geeigneter Partnerhändler für das Subprime-Kreditprogramm konkretisieren. Hierzu gehört auch eine spezielle Gestaltung der erforderlichen Vereinbarungen mit den jeweiligen Partnerhändlern. Ausgewählte Aspekte hierzu sollen im folgenden Kapitel näher betrachtet werden. 844
Vgl. Kap. 5.2.2.2.
190
5.4.1.2 Händlerauswahl und risikorelevante Merkmale der Händlerpartnerschaft Die Anwendung von risikoadjustierten Konditionen bietet gemäß den vorstehenden Erläuterungen zwar der Bank die Möglichkeit, unter Ertragsgesichtspunkten auch bonitätsmäßig schlechten Kreditnehmern einen Kredit anzubieten. Die mit der Gestaltung des Produktdesigns aufgezeigten Prämissen der Subprime-Automobilfinanzierung machen aber deutlich, dass die hiermit verbundene Kreditvergabe aus Sicht der Bank nur unter der konsequenten Einhaltung der erforderlichen Restriktionen durchgeführt werden kann. So weisen die subprime-spezifischen Richtlinien des „Comptroller of the Currency“ und „Administrator of National Banks“ darauf hin, dass die Entwicklung und Umsetzung von umfassenden Grundsätzen im Subprime-Kreditgeschäft als notwendig anzusehen sind.846 Für das Vertriebsmanagement stellt sich deshalb die Aufgabe, die Voraussetzungen der Prämisseneinhaltung in der Zusammenarbeit mit dem Händler als Partner zu schaffen und sicherzustellen. Bereits bei Anbahnung der Zusammenarbeit mit einem Partnerhändler im Subprime-Geschäft lässt sich prüfen, ob von einer stetigen Respektierung der Prämissen durch den Händler ausgegangen werden kann. So kann die Wahrscheinlichkeit der Manipulation von Kreditanfragedaten oder des Eintretens von Betrugsfällen durch eine sorgfältige Händlerauswahl für das Subprime-Finanzierungsprogramm gemindert werden.847 Aus ihren Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Autohändlern wird die Bank Kriterien und Eigenschaften festlegen, nach denen geeignete Subprime-Partnerhändler ausgesucht werden können. Als mögliche Auswahlkriterien kommen dabei neben obligatorisch durchgeführten Bonitätsprüfungen etwa eine vorbestimmte Mindestgröße des Händlers, die Funktion als Markenhändler für einen Fahrzeughersteller und die qualitative Entwicklung bisher durch den Händler vermittelter Kreditgeschäfte. Vor allem zählt jedoch die Beurteilung der bisherigen Verhaltensweise des Händlers bei der Vermittlung von Kreditgeschäften, wenn mit diesem in der Vergangenheit bereits eine Kooperation im Standard-Geschäft bestanden hat. Wurden während der Zusammenarbeit Betrugsfälle oder Manipulationsversuche des Händlers festgestellt, kann von einer Einhaltung der im SubprimeProgramm festgelegten Restriktionen kaum ausgegangen werden.
845 846 847
Vgl. Consumer Portfolio Services (2006): S. 1. Vgl. Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 8. Vgl. zu den Manipulationsspielräumen Kap. 5.2.1.
191
Die als fester Bestandteil der Subprime-Automobilfinanzierung angedachte Konzeption des Händlerbeitrages wirkt zudem wie bereits in Kap. 5.2.2.2 beschrieben herkömmlichen Provisionsmodellen entgegen. Während der Partnerhändler im StandardKreditgeschäft ertragssteigernde Vermittlungsprovisionen generieren kann, schränkt der teilweise Einbehalt der zu Auszahlung an den Händler bestimmten Finanzierungssumme in Form des Händlerbeitrages seine Ertragslage zunächst ein. Dieser Ertragsnachteil des Händlers kann jedoch durch den Vorteil des Verkaufes eines weiteren Fahrzeuges kompensiert oder sogar überlagert werden. Von der Konzeptionierung des Händlerbeitrages im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung profitieren folglich solche Händler, die zugunsten zusätzlicher Fahrzeugverkäufe bereit sind, auf einen Teil ihrer Verkaufsmarge zu verzichten. Zu dieser Gruppe an Fahrzeughändler zählen vor allem volumenfokussierte Autohäuser, deren Zielsetzung auf eine Maximierung des Fahrzeugumschlages gerichtet ist. Demnach erscheint es für die Bank sinnvoll, für die mit Einsatz eines Händlerbeitrages konzipierte Subprime-Automobilfinanzierung insbesondere große Partnerhändler zu aktivieren, die eine bestimmte, hinreichend hohe Zahl an Fahrzeugverkäufen pro Jahr generieren. Hat der Vertrieb der Bank einen geeigneten Partnerhändler für das SubprimeFinanzierungsprogramm gefunden, lassen sich mit diesem spezielle Vereinbarungen zur Zusammenarbeit treffen. Die Vereinbarungen beziehen sich einerseits auf die Einschränkung von Manipulationsspielräumen des Händlers, die dieser etwa infolge der Ertragsschmälerung durch den Händlerbeitrag zu seinen Gunsten ausnutzen kann. Einen Anknüpfungspunkt hierfür stellen insbesondere die Vereinbarungen zum Fahrzeugverkauf an den Kunden dar. Die bereits in Kap. 5.2.3 beschriebene restriktive Fahrzeugbewertung der Bank im Rahmen der Kreditprüfung und die damit verbundene Beschränkung der Auszahlung im Verhältnis zum Marktpreis wirken sich belastend auf die Verkaufsmarge des Händlers aus. So wird die Bank dazu tendieren, als maximale Kreditsumme den durchschnittlichen Marktpreis des zu finanzierenden Fahrzeuges zu bewilligen. Infolge dieser Einschränkung werden margenorientierte Händler geneigt sein, die Verkaufsmarge durch eine Senkung der Einkaufskosten zu erhöhen. Zu denken ist an den gezielten Verkauf qualitativ eingeschränkter Fahrzeuge, die der Händler zu niedrigen Einkaufpreisen erworben hat oder die infolge technischer und ästhetischer Merkmale keine Nachfrage bei Käufern im Standard-Kreditgeschäft finden. Im Ergebnis würde die Bank bei besonders gravierenden Fällen den marktüblichen Preis für solche Fahrzeuge finanzieren, die sich im Zeitpunkt der Antragsstellung in schlechtem
192
Zustand befinden. Das Risiko derartiger Manipulationsspielräume des Händlers kann durch zielgerichtete Auflagen reduziert werden. Die Bank hat die Möglichkeit, zum Beispiel im Rahmen des Kreditantrags grundsätzlich die Vorlage eines Wertgutachtens einzufordern, das von einer unabhängigen Bewertungsinstitution erstellt worden ist. Spezielle Vereinbarungen für die Zusammenarbeit mit dem Händler können andererseits für die Situation eines Kreditnehmerausfalls getroffen werden, wonach der Händler zum Rückkauf des jeweils sichergestellten Fahrzeuges verpflichtet wird. Der Vorteil einer solchen Rückkaufvereinbarung liegt für die Bank darin, dass sie bei einer kreditausfallbedingten Sicherstellung des Fahrzeuges keine kostenverursachenden Verwertungsaktivitäten durchführen muss. Stattdessen verpflichtet sich der Händler, zum anhand eines Wertgutachtens bestimmten Zeitwert das Fahrzeug zurückzukaufen. Eine vollständige Planungssicherheit hat die Bank jedoch durch diese Selbstverpflichtung des Händlers nicht. So besteht die Gefahr, dass der Händler nach Abschluss der Vereinbarung in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und im Fall einer Insolvenz zum Rückkauf eines sichergestellten Fahrzeuges finanziell nicht mehr in der Lage ist. Auch können sich die Auswirkungen der Verhandlungsmacht des Händlers gegenüber der Bank negativ bemerkbar machen: Lehnt ein wichtiger Partnerhändler der Bank den Rückkauf eines sichergestellten Fahrzeuges zum Zeitwert laut Gutachten trotz vertraglicher Vereinbarung ab, so wird die Bank hinsichtlich der Durchsetzbarkeit juristischer Schritte infolge ihrer vertraglichen Rechte vor allem die Konsequenzen für die weitere Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Händler ins Kalkül ziehen müssen. Die Bank wird dann die monetären Nachteile der vom Händler vertragswidrig abgelehnten Fahrzeugrücknahmen mit den Vorteilen der gesamten Händlerkooperation abwägen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bereits die Auswahl der Partnerhändler für die Subprime-Automobilfinanzierung Einfluss auf das Risiko und den Erfolg der Bank in diesem Geschäftsfeld hat. Die Zusammenarbeit mit dem Autohandel kann über Richtlinien und Vereinbarungen erfolgsorientiert gesteuert werden. Weitere operative Ausgestaltungsmöglichkeiten
und
Besonderheiten
der
Subprime-Automobil-
finanzierung ergeben sich im Rahmen des Kreditankaufs und der Kreditabrechnung. Dieser Aspekt soll in den folgenden Kapiteln aufgegriffen und erläutert werden.
193
5.4.2
Subprime-relevante Besonderheiten im Rahmen des Kreditankaufs und der Kreditabrechnung
5.4.2.1 Ausgestaltungsmerkmale des Kreditankaufs Zur Herleitung der Kreditentscheidung ist im Subprime-Automobilfinanzierungsgeschäft wie auch im Standard-Kreditgeschäft eine Bonitätsprüfung erforderlich. Sobald die Kreditantragsdaten elektronisch durch den jeweiligen Autohändler an die Bank übersendet worden sind, wird die Kreditanfrage von einem Kreditsachbearbeiter des zuständigen Vertriebscenters geprüft. Ziel der Prüfung ist es, in einem ersten Schritt alle relevanten Informationen und Auskünfte über den Subprime-Kunden zu einem Bonitätsurteil zu verdichten. Die folgenden Ausführungen sollen dabei anhand von Beispielen deutlich machen, welche Ausgestaltungsmerkmale dem Kreditankauf im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung anhaften. Amerikanische Finanzierer greifen diese subprime-relevanten Besonderheiten des Kreditankaufs auf, indem sie die Kreditentscheider zur strikten Einhaltung der Kreditankaufsrichtlinien auffordern.848 Diese werden in der amerikanischen Subprime-Kreditindustrie als „Underwriting Guidelines“ bezeichnet und umfassen einen detaillierten Katalog solcher Prämissen, nach denen der jeweilige Bankmitarbeiter eine Kreditentscheidung treffen darf.849 Hierunter fallen einerseits die persönlichen Einschränkungen eines jeden Kreditentscheiders hinsichtlich der Höchstkreditbeträge, Mindestkonditionen und Bonitätskriterien des Kunden. Zum anderen beschreiben die Entscheidungsrichtlinien die Voraussetzungen für das zu finanzierende Fahrzeug, für die von Händler und Kunden zu erbringenden Auflagen sowie die allgemein zwingend einzuhaltenden Prämissen hinsichtlich der Händler- und Kreditnehmereigenschaften. Die konsequente Beachtung und Einhaltung dieser Richtlinien im Rahmen des Kreditankaufs liefern somit eine wichtige Basis für die Bank, das Subprime-Automobilfinanzierungsgeschäft erfolgreich durchzuführen. Abweichungen von den Richtlinien erhöhen hingegen das Risiko unerwarteter Verluste infolge der anfallenden Kreditausfälle. Konkrete Anhaltspunkte für derartige Richtlinien liefern die subprime-spezifischen Verlautbarungen des „Comptroller of the Currency“ und „Administrator of National Banks“ bereits im Jahr 1999.850 Hieraus geht hervor, dass der Umfang der erforderlichen Informationen und Auskünfte zum Kreditnehmer im Subprime-Geschäft tendenziell höher als im traditionellen Kreditgeschäft mit guten Bonitä848 849 850
Vgl. Triad Financial Corporation (2006): S. 7 und Consumer Portfolio Services (2006): S. 4. Vgl. ebenda. Vgl. auch Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 8. Vgl. Comptroller of the Currency/ Administrator of National Banks (1999): S. 8 f.
194
ten ist. Da mit erhöhter Wahrscheinlichkeit mit einem Kreditausfall zu rechnen ist, wird die Bank verstärkten Wert auf zuverlässige Kontakt- und Adressdaten des Kunden legen, um diesen und das Auto jederzeit erreichen zu können. Die Einforderung mehrerer Telefonnummern, der E-Mailadresse und Angaben zu regelmäßigen Aufenthaltsorten des Subprime-Kunden erscheinen neben der Vorlage einer Kopie des Personalausweises des Kunden als geeignete Maßnahme, dem erhöhten Informationsbedarf in diesem Zusammenhang gerecht zu werden. Für eine hinreichend zuverlässige Bestätigung der aktuellen Anschrift des Kunden kann die Bank die Einreichung der letzten Telefonrechnung oder Stromrechnung als Auflage stellen. So stellt sich im Praxisalltag in einigen Fällen heraus, dass die auf dem Personalausweis aufgeführte Adresse des Kunden nicht mit dessen tatsächlichen Wohnort übereinstimmt. Die hierfür vom Kunden zu erbringenden Dokumente und Nachweise werden aber erst später im Rahmen der Kreditabrechnung auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft.851 Die weitergehende Spezifizierung der Haushaltrechnung mit Hilfe einer detaillierten Selbstauskunft des Kunden zu seinen Einkünften und Ausgaben verschaffen der Bank einen umfassenden Überblick über die finanziellen Verhältnisse und die daraus abgeleitete Zahlungsfähigkeit des Kunden. Die Richtigkeit der Angaben des Kunden zu anderweitigen Kreditverpflichtungen lässt sich etwa anhand der Einträge in der SCHUFA-Auskunft überprüfen. Für die Überprüfung der Einkommensangaben wird der Kreditnehmer verpflichtet, entsprechende Dokumente als Nachweis für die Richtigkeit seiner Angaben der Bank zukommen zu lassen. Private und gewerbliche Kunden stellen wie auch im StandardKreditgeschäft Gehaltsabrechnungen, Jahresabschlussdaten oder betriebswirtschaftliche Auswertungen der Bank für die Kontrolle zur Verfügung. Obwohl die Überprüfung der zu erbringenden Dokumente und Nachweise normalerweise erst im Rahmen der Abrechnung des Kreditgeschäftes und zeitlich vor der Auszahlung der Kreditsumme erfolgt, kann der Kreditentscheider bei Unklarheiten und Zweifel eine Vorprüfung vornehmen. In diesem Fall werden die erforderlichen Unterlagen vom Kunden bereits im Rahmen der Bonitätsprüfung eingefordert und auf etwaige Abweichungen zu den Angaben der Kreditantragsdaten hin untersucht. Neben der Prüfung der persönlichen Angaben des Kreditnehmers werden auch die Daten des Finanzierungsobjektes analysiert. Die Bedeutung des Fahrzeugwertes für die Subprime-Automobilfinanzierung und die erforderlichen durchzuführenden Maßnah-
851
Vgl. Americredit (2007b): S. 7.
195
men der Bank wurden bereits in Kap. 5.2.3 erläutert. Hiernach stellt die Sicherstellung eines hinreichend hohen Fahrzeugwertes einen wesentlichen Erfolgsfaktor bei der Durchführung der Bonitätsprüfung dar. In den vorangegangenen Kapiteln wurde der Aspekt erläutert, dass die Bank mit Hilfe des Einsatzes der risikoadjustierten Konditionen in der Lage ist, auch bonitätsmäßig schlechten Kreditnehmern ein Kreditangebot zu unterbreiten. Beschließt der Kreditentscheider dennoch, die Kreditanfrage abzulehnen, liegen etwa folgende Gründe vor: Deutet sich bereits im Rahmen der Antragsstellung aufgrund der vorliegenden Informationen zur finanziellen Lage des Kreditnehmers an, dass dieser sich die im Zuge der Kreditaufnahme anfallenden Raten nicht leisten kann, erhöht das Angebot einer Subprime-Automobilfinanzierung die Gefahr einer künftigen Überschuldung des Kreditnehmers. Die Zahlungsfähigkeit des Kunden gilt auch im Rahmen des SubprimeKreditgeschäftes als Prämisse für eine Genehmigung des Kreditantrages. So ziehen amerikanische Subprime-Finanzierer zur Messung der individuellen Kreditaufnahmekapazität und finanziellen Belastbarkeit regelmäßig die Kennzahlen Payment to Income (PTI) und Debt to Income (DTI) heran.852 Mit Hilfe der Kennzahl PTI wird beurteilt, wie hoch die monatliche Kreditrate der beantragten Subprime-Automobilfinanzierung im Verhältnis zum monatlichen Einkommen des Kreditnehmers ausfällt. Mit Hilfe der Kennzahl DTI wird hingegen die Relation zwischen den aktuellen Gesamtverpflichtungen des Kreditnehmers pro Monat und seinem monatlichen Einkommen zum Ausdruck gebracht. Je höher beide Kennzahlen ausfallen, desto geringer fällt die verbleibende Kreditaufnahmekapazität des Kreditnehmers aus. Werden im Rahmen der Bonitätsprüfung Hinweise auf die Manipulation von Kundenoder Fahrzeugangaben deutlich, wird die Bank zudem geneigt sein, das vorliegende Geschäft abzulehnen. Im Hinblick auf die Funktion des zu finanzierenden Objektes als Sicherheit für die Bank kann es andererseits vorkommen, dass das beantragte Fahrzeug aus Sicht der Bank keine ausreichende Werthaltigkeit darstellt, um die beantragte Kreditsumme betragsmäßig abzudecken. Alternativ zu einer vollständigen Ablehnung der Kreditanfrage ist es in einer solchen Situation denkbar, dass die Bank auf die Wahl eines anderen Fahrzeuges hinweist, das den subprime-relevanten Mindestanforderungen entspricht.853
852
Vgl. Herald, Tom (2007): o. S.
196
5.4.2.2 Subprime-relevante Besonderheiten der Abrechnung, Buchung und Auszahlung des Kredites Der Prozess der Kreditantragstellung endet mit der Abrechnung, Buchung und Auszahlung der jeweiligen Kreditsumme. Werden die Kreditkonditionen sowie die damit verbundenen Auflagen von dem Händler und dem Kunden akzeptiert, kann letzterer den zugrundeliegenden Kreditvertrag unterschreiben. Der Vertrag lässt sich in der Praxis häufig über das online-gestützte Händler-Managementsystem ausdrucken, das die Bank dem Händler für die Durchführung elektronischer Kreditanfragen zur Verfügung stellt. Sobald der Vertrag unterschrieben ist und dem Händler die von der Bank angeforderten Unterlagen des Kunden vorliegen, kann der Händler das zu finanzierende Fahrzeug dem Kunden übergeben. Der Händler wird in diesem Fall berücksichtigen, dass die Bank den beantragten Finanzierungsbetrag erst an ihn auszahlt, wenn ihr die angeforderten Unterlagen vorliegen und diese vollständig und richtig sind. Der Händler übersendet hierzu unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung alle angeforderten Unterlagen und Dokumente an die Bank. Die Unterlagen werden dann in der Abrechnungsabteilung des Vertriebscenters der Bank auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft.854 Insbesondere die Daten und Angaben zum Finanzierungsobjekt erfahren eine umfassende Prüfung. Dabei soll sichergestellt werden, dass das an den Kunden verkaufte Fahrzeug tatsächlich mit dem bei der Bonitätsprüfung angegebenen Finanzierungsobjekt übereinstimmt. Sofern im Rahmen der Kreditentscheidung als Auflage ein Wertgutachten oder Zertifikat einer unabhängigen Bewertungsinstitution angefordert wurde, wird der Abrechnungsmitarbeiter mit Hilfe dieser Papiere den vom Händler angegebenen Zustand des Fahrzeuges überprüfen. Somit kann festgestellt werden, ob der Händler bei der Kreditantragstellung die richtigen Angaben zum Fahrzeug übermittelt hat und das Fahrzeug den von den Kreditentscheidern berechneten Wert besitzt. Wurden die Kreditkonditionen ordnungsgemäß in den unterschriebenen Kreditvertrag übernommen und liegen die angeforderten Dokumente vor, kann die Abrechnung, Buchung und Auszahlung erfolgen. Die Berücksichtigung des in Kap. 5.2.2.2 beschriebenen Händlerbeitrages erfolgt dabei über einen teilweisen Einbehalt der ursprünglich beantragten Kreditsumme. Die tatsächlich an den Händler auszuzahlende Kreditsumme ergibt sich demnach aus der Kreditsumme abzüglich des Händlerbeitrages.
853 854
Vgl. Kap. 5.2.3. Vgl. etwa Triad Financial Corporation (2006): S. 7.
197
Erweisen sich hingegen die eingereichten Vertragsunterlagen und Dokumente als unvollständig oder falsch, kommen drei Handlungsalternativen der Bank in Betracht: Geringe
Abweichungen
vom
Sollzustand
werden
einerseits
akzeptiert.
Bei
schwerwiegenden Fehlern kann andererseits eine erneute Prüfung der Kreditanfrage mit impliziter Neukalkulation der Kreditkonditionen erfolgen. Stellen sich die Abweichungen als Ergebnis missbräuchlichen Verhaltens des Händlers oder Kunden heraus, wird die Bank gegebenenfalls die beantragte Kreditauszahlung ganz verweigern. Wurde in diesem Fall bereits das Fahrzeug an den Kunden ausgehändigt, besteht für den Händler die Herausforderung in der Rückabwicklung des Geschäftes und der Wiederbeschaffung des Fahrzeuges. Aus den vorstehenden Erläuterungen wird deutlich, dass ein wesentliches Erfolgskriterium der Subprime-Automobilfinanzierung in der strikten Einhaltung der Richtlinien im Rahmen der Antragstellung liegt. Nur wenn die von dem Kreditentscheider geforderten Auflagen und Konditionen für den Händler und Kunden als Voraussetzung für die Kreditauszahlung tatsächlich eingehalten werden, kann die Grundlage für die Kompensation der erhöhten Risiken aus dem Subprime-Kreditgeschäft sichergestellt werden. Umgekehrt kann nach Ansicht von Experten davon ausgegangen werden, dass unkontrollierte Abweichungen von den „Underwriting Guidelines“ in der SubprimeAutomobilfinanzierung zu einer unvorhergesehenen Ausfallquote, Ausfallhäufigkeit und Verlustquote für den Kreditbestand der Bank führen.855 Ein weiteres Erfolgskriterium der bankbetrieblichen Subprime-Organisation stellt der Umgang der Bank mit bestehenden und rückständigen Kreditkonten dar. Hierauf soll im folgenden Kapitel näher eingegangen werden.
5.4.3
Subprime-relevante Besonderheiten der Fachbereiche Servicing und Collections
In den vorangegangenen Kapiteln wurde herausgestellt, dass im Rahmen des Vertriebs wichtige Voraussetzungen
für
den
bankbetrieblichen
Erfolg
des
Subprime-
Kreditgeschäftes geschaffen werden. Ein weiteres Erfolgsstandbein bildet ein im Vergleich zum Standard-Kreditgeschäft abgewandeltes Konzept für die Betreuung der Bestandskunden über die gesamte Kreditlaufzeit hinweg. So schafft die Bank mit Hilfe 855
Vgl. Baker, Virgil G. (1999): S. 10 f. und Pate, Carter R. (1998): S. 2 f.
198
einzelner, ausgewählter Maßnahmen bereits zu Beginn der Laufzeit subprimeausgerichtete Rahmenbedingungen der Kundenbetreuung, die sich im weiteren Verlauf der Finanzierung als risikokompensierend herausstellen können. Konkrete verlustbegrenzende Reaktionen auf Zahlungsrückstände zeigen zudem das Mahnwesen und das Inkasso, um rechtzeitig Kreditausfällen entgegenzuwirken oder, sofern sie bereits eingetreten sind, ihre finanziellen Nachteile für die Bank zu begrenzen. Hier gilt es ebenfalls,
mit
subprime-orientierten
Handlungs-
und
Verhaltensweisen
in
den
entsprechenden Abteilungen eine Grundlage für den Erfolg der Bank zu bilden. Ausgewählte Aspekte dieser subprime-relevanten Besonderheiten sollen daher in den nachfolgenden Kapiteln näher erläutert werden. Die dargestellten subprime-relevanten Aspekte des Servicings zeigen Beispiele von Sachverhalten und Handlungsmöglichkeiten der Bank auf, die sich im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung ergeben.
5.4.3.1 Ausgewählte Erfolgsfaktoren und Anforderungen an das Servicing Die Zuständigkeit des Servicings richtet sich unter Berücksichtigung des in Kap. 5.3.1 beschriebenen Kreditlebenszyklus auf die Betreuung solcher Finanzierungskonten, die während der Kreditlaufzeit einen störungsfreien Zahlungsverlauf aufweisen. Die Definition eines störungsfreien Zahlungsverlaufes wird durch jede Bank individuell bestimmt. Als störungsfrei können zum Beispiel solche Vertragskonten bezeichnet werden, die dauerhaft keinen Zahlungsrückstand oder nur kurzfristige Zahlungsversäumnisse des Kunden darstellen. Auch im Subprime-Kreditgeschäft ist davon auszugehen, dass ein wesentlicher Teil der Kunden vereinbarungsgemäß seinen Kreditverpflichtungen nachkommt. An diesen Kundenkreis richtet sich der Service der Bestandsverwaltung,
dessen
Aufgabenbereich
bei
amerikanischen
Subprime-
Finanzierern von der allgemeinen Beantwortung von Kundenanfragen, der Erstellung und Versendung der monatlichen Zahlungsbelege bis hin zur Verbuchung der eingehenden Zahlungen der Kunden reicht.856 Über diese Aufgaben hinaus können in der Subprime-Automobilfinanzierung Maßnahmen getroffen werden, die dem gesteigerten Risiko von Kreditausfällen und der damit einhergehenden Verluste der Bank entgegenwirken. Die Herausforderung der Bank besteht darin, dem Kunden trotz der Vielzahl der insgesamt bestehenden Kreditnehmerkonten das Gefühl einer persönlichen, indivi856
Vgl. etwa Consumer Portfolio Services (2006): S. 5.
199
duellen Betreuung zu vermitteln. So werden die Kunden vor allem bei großen Banken zu der Annahme verleitet, dass aufgrund der Anonymität des Massengeschäftes manche Zahlungsversäumnisse nicht von der Bank registriert und bearbeitet werden. Insbesondere bei Subprime-Kunden kann dieser Eindruck einen bereits wenig ausgeprägten Zahlungswillen weiter abschwächen. Die Bank wird solchen Entwicklungen entgegentreten, indem sie telefonisch den Kreditnehmer bereits zu Beginn der Kreditlaufzeit kontaktiert und als neuen Kunden der Bank begrüßt. Die Durchführung eines solchen „Welcome Call“ trägt dazu bei, dass der Kunde von dem Gefühl befreit wird, in der großen Masse von Kunden der Bank unterzutauchen und somit auf ausbleibende Konsequenzen von Zahlungsversäumnissen hoffen zu können.857 Der Vorteil des „Welcome Call“ zeigt sich zudem in der gleichzeitig durchgeführten Überprüfung der telefonischen Erreichbarkeit des Kunden, welche insbesondere bei Zahlungsrückständen wichtig ist. Neben der Begrüßung hat die Bestandsverwaltung zudem die Möglichkeit, den neuen Kunden nochmals auf die vertraglichen Vereinbarungen und die Konsequenzen von Zahlungsrückständen aufmerksam zu machen. Freilich lässt sich der „Welcome Call“ mit Unterstützung eines externen Callcenters durchführen, die über entsprechende Techniken und professionell ausgebildete Telefonisten verfügen. Bei der Inanspruchnahme dieser externen Dienstleistung kann sich die Bestandsverwaltung dann stärker auf die Kernarbeit konzentrieren. Die Frage des Umgangs der Bank mit in der Praxis regelmäßig vorkommenden Kundenwünschen hinsichtlich einer Stundung oder Ratenredezierung mit gleichzeitiger Laufzeitverlängerung stellt sich als Herausforderung für die Bestandsverwaltung dar.858 So kann die mit derartigen Maßnahmen einhergehende finanzielle Entlastung die Zahlungszuverlässigkeit des Kunden erhöhen. In Anbetracht der gesteigerten Anzahl an Kreditausfällen in der Subprime-Automobilfinanzierung ist jedoch davon auszugehen, dass die regelmäßig auftauchenden Zahlungsversäumnisse des Kunden häufig durch einen fehlenden Zahlungswillen verursacht werden. Stundungen und Ratenreduzierungen können demnach als negativer Anreizeffekt auf der anderen Seite zahlungsunwillige Kunden in ihrer Denkweise unterstützen, auch künftig auf entgegenkommendes Verhalten der Bank bei Zahlungsstörungen zu hoffen. Die Durchführung von Stundungen und Ratenreduzierungen stellen demnach ein Aufgabenfeld der Bestandsverwal-
857 858
Vgl. hierzu Relf, Daniel H. (1999): S. 35. Vgl. etwa Triad Financial Corporation (2006): S. 8.
200
tung dar, dessen Nutzen für die Bank im Rahmen der Subprime-Automobilfinanzierung unter Risikogesichtspunkten ermittelt werden muss. Weitere Besonderheiten für das Subprime-Kreditgeschäft ergeben sich in der Behandlung solcher Fälle, in denen der Kunde während der Kreditlaufzeit das finanzierte Fahrzeug verkaufen möchte. Ein Verkauf des Fahrzeuges ist in der Regel nur mit den Fahrzeugdokumenten möglich, die bei der Bank als Sicherheit für Kreditausfälle einbehalten werden. Hier stellt sich für die Bank die Frage, inwieweit bereits vor Ablösung des offenen Kreditsaldos Fahrzeugdokumente freigegeben werden, damit der Kunde den Verkauf des Fahrzeuges durchführen kann. So bedeutet die Freigabe der Fahrzeugdokumente vor Rückzahlung der vollständigen Kreditsumme ein erhöhtes Risiko für die Bank, da im Falle nachfolgender Zahlungsversäumnisse keine Sicherheit mehr verfügbar ist.
5.4.3.2 Ausgewählte Erfolgsfaktoren und Anforderungen an den Fachbereich Collections In Abhängigkeit von der Höhe und Dauer des Zahlungsrückstandes lassen sich auch im Subprime-Kreditgeschäft unterschiedliche Fachbereiche definieren, die für die Bearbeitung der rückständigen Kreditkonten verantwortlich sind. Aufgrund des Risikos erhöhter Kreditausfälle, die teilweise durch eine mangelnde Zahlungsbereitschaft des Kunden verursacht werden, ergeben sich bei der Subprime-Automobilfinanzierung für diese Fachbereiche jedoch im Vergleich zum Standard-Kreditgeschäft zusätzliche Herausforderungen. Die von der Betreuung rückständiger Kreditkonten betroffenen Fachbereiche lassen sich gemäß der Erläuterung zur Subprime-Organisationsstruktur in Kap. 5.3.2. in das Mahnwesen, das Inkasso und das Remarketing untergliedern. Die Zielsetzung des Mahnwesens richtet sich zunächst auf die Erreichung eines zügigen und vollständigen Ausgleiches des Zahlungsrückstandes durch den jeweiligen Kunden. Hierbei werden vom Mahnwesen solche Kundenkonten betreut, bei denen der Kunde sich erst kurzzeitig und in geringer Höhe im Zahlungsverzug befindet. Während im Standard-Kreditgeschäft diese Kunden aufgrund von Standardisierungs- und Automatisierungszielen im Massengeschäft regelmäßig mit einer schriftlichen Mitteilung auf den Zahlungsrückstand hingewiesen werden, bietet sich für die SubprimeAutomobilfinanzierung eine andere Lösung an. Anknüpfend an die im vorangegangen
201
Kapitel beschriebenen Überlegungen zur Aufhebung der Anonymität des Massengeschäftes können Mahnungen auch telefonisch an den Kreditnehmer übermittelt werden. Dem Kunden wird hierüber der Eindruck vermittelt, dass sein Zahlungsversäumnis nicht in der Masse anderer Kreditkonten untergeht, sondern stattdessen sein Zahlverhalten konsequent beobachtet wird. Für die Durchführung bietet sich einerseits der Einsatz eines Mitarbeiters aus der Mahnabteilung an, der persönlich das Telefonat mit dem Kunden führt. Technisch innovativ und unter Personalkostengesichtspunkten effizient erscheint dabei der Einsatz von computergestützten Telefonanrufen, die von amerikanischen Subprime-Finanzierern als „Automatic Dialer“ bezeichnet werden.859 Hierbei wählt das Telefonsystem automatisch und selbständig zahlungsrückständige Kunden an. Sobald der Anruf auf der Kreditnehmerseite entgegengenommen wird, stellt das Telefonsystem den Anruf einem verfügbaren Collection-Mitarbeiter zur weiteren Gesprächsführung zu. Der Mitarbeiter erfragt dann die Gründe für den Zahlungsrückstand des Kunden sowie den Zeitpunkt, zu dem der Kunde den Zahlungsrückstand zu begleichen beabsichtigt. Ziel des Mitarbeiters ist es hierbei, ein Zahlungsversprechen des Kunden zu erlangen und somit Einfluss auf dessen Zahlungsbereitschaft zu nehmen. Der vom Kunden angegebene Zeitpunkt der Nachzahlung wird im Computersystem festgehalten und dient somit als Basis für anschließende Kontrollen, ob der Kunden seinem Zahlungsversprechen nachkommt. Die zeitliche Reaktion auf Zahlungsversäumnisse stellt für amerikanische SubprimeFinanzierer indes einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar.860 Nur durch zeitnahe Maßnahmen der Bank lässt sich das Risiko einer Ausweitung des Zahlungsrückstandes begrenzen.
Diese
Überlegung
erscheint
umso
gewichtiger,
je
höher
der
Zahlungsrückstand des Kreditnehmers betragsmäßig ausfällt. Für das Inkasso der Bank, das sich in Abgrenzung zum Mahnwesen um schwerwiegende und andauernde Zahlungsversäumnisse des Kunden kümmert, ergeben sich hiernach erhöhte Anforderungen an zeitnahe Maßnahmen zur Risikobegrenzung. Diese können bis zu einem von der Bank individuell bestimmten Grad des Zahlungsverzuges in Form von verschärften Mahnroutinen erfolgen. Die Bandbreite der Handlungsalternativen reicht einerseits von schriftlichen und telefonischen Mahnungen bis hin zu Besuchen eines Inkassomitarbeiters beim Kunden zu Hause oder bei der Arbeit. Alle Maßnahmen sind dabei auf das 859
860
Vgl. hierzu und im folgenden etwa Consumer Portfolio Services (2006): S. 5 und Triad Financial Corporation (2006): S. 8. Vgl. ebenda.
202
Ziel gerichtet, den Kunden eindringlich auf sein schlechtes Zahlverhalten hinzuweisen und den Ausgleich des Zahlungsrückstandes herbeizuführen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Drohpotential von Maßnahmen, die mit Hilfe der Sicherungsübereignung des finanzierten Fahrzeuges durchgesetzt werden können. So besteht unter Zuhilfenahme von vertraglich festgehaltenen Vereinbarungen für die Bank die Möglichkeit, im Falle der Nichteinhaltung der Vertragspflichten des Kreditnehmers das finanzierte Fahrzeug sicherzustellen. Der konsequente und glaubwürdige Hinweis auf ein derartiges Recht der Bank wird säumige Kreditnehmer verstärkt zu dem Entschluss bewegen, den Zahlungsrückstand auszugleichen. Reagiert der Subprime-Kreditnehmer auf derartige Drohungen der Bank weiterhin mit mangelndem Zahlungswillen, besteht ein Erfolgsfaktor der Bank in der Möglichkeit der schnellen Sicherstellung des Fahrzeuges. Unterstützend wirken sich hierbei aktuelle und richtige Adressdaten des Kreditnehmers aus, die die Bank im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung und -abrechnung verifiziert und im Zuge des Kundenkontaktes während der bisherigen Kreditlaufzeit immer wieder überprüft hat. Da sich das finanzierte Fahrzeug vermutlich in der Nähe des Kreditnehmers befindet, können diese Adressdaten zur unverzüglichen Lokalisierung des Fahrzeuges beitragen. Die sofortige Verfügbarkeit von zuverlässigen Inkassomitarbeitern liefert eine weitere Erfolgsgrundlage für die Durchführung der Fahrzeugsicherstellung. Ein wesentliches Erfolgskriterium stellt die Überzeugungskraft und das psychologische Verhandlungsgeschick dieser Mitarbeiter dar, den Kreditnehmer zur freiwilligen Herausgabe des finanzierten Fahrzeuges zu bewegen. Verweigert der Kunde die Aushändigung des Objektes, wird die Bank unter Zuhilfenahme eines richterlichen Beschlusses die Herausgabe des Fahrzeuges erwirken müssen und dadurch kostbare Zeit bei der Sicherstellung verlieren.861 Da mit diesen Prämissen einer erfolgreichen Sicherstellung des Fahrzeuges spezielle Anforderungen an die Qualifikation der Inkassomitarbeiter und an das Inkassomanagement gestellt werden, haben einige Subprime-Finanzierer in den USA dieses Geschäftsfeld an externe Dienstleister ausgelagert.862 Die Bank kann dabei von der professionellen Prozessausgestaltung und vom Expertenwissen profitieren, das sich derart spezialisierte Dienstleister angeeignet und aufgebaut haben. Gleichzeitig kann sich die Bank durch die Auslagerung dieser Wertschöpfungsstufe stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. In Deutschland schenkt die Bankenaufsicht dem Outsourcing 861 862
Vgl. hierzu auch Kap. 5.2.4. Vgl. etwa Triad Financial Corporation (2006): S. 9.
203
besondere Beachtung.863 Dahinter verbirgt sich das Interesse der Aufsicht, dass durch die Auslagerung von Tätigkeiten die ordnungsgemäße Erbringung von Bankdienstleistungen und die Stabilität des Bankensystems sowie die Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten der Aufsicht nicht beeinträchtigt werden sollen. Gesetzliche Restriktionen erfahren die Outsourcing-Aktivitäten von Banken durch § 25a Abs. 2 KWG: Hiernach muss eine Bank bei der „Auslagerung von Aktivitäten und Prozessen auf ein anderes Unternehmen, die für die Durchführung von Bankgeschäften, Finanzdienstleistungen oder sonstigen institutstypischen Dienstleistungen wesentlich sind, angemessene Vorkehrungen treffen, um übermäßige zusätzliche Risiken zu vermeiden“. Inwieweit eine Auslagerung von Aktivitäten und Prozessen als unter Risikogesichtspunkten wesentlich zu betrachten ist, hat die Bank gemäß Textziffer AT 9 Nr. 2 der MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) eigenverantwortlich auf der Grundlage einer Risikoanalyse zu entscheiden. Diese Regelung verschafft einer Bank in Deutschland ein Mindestmaß an Flexibilität und Handlungsspielraum bei der Frage, inwieweit der Fachbereich Collections an einen externen Dienstleister ausgelagert werden kann.864 In keinem Fall jedoch darf diese Auslagerung die Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte und Dienstleistungen sowie die Geschäftsorganisation der Bank beeinträchtigen (§ 25a Abs. 2). Wurde das Fahrzeug durch den Inkassomitarbeiter sichergestellt, richtet sich die weitere Vorgehensweise der Bank in ihrer Zielsetzung auf den Verkauf des Fahrzeuges, dessen Erlös zu einer vollständigen Kompensation des offenen Kreditsaldos beiträgt. Hierfür wird die Remarketing-Abteilung ihr Hauptaugenmerk darauf richten, das sichergestellte Fahrzeug zügig und zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen. Eine lückenlose Organisation des Transportes des sichergestellten Fahrzeuges und ein feststehendes Vermarktungskonzept für die Verwertung stellen dabei wichtige Erfolgsfaktoren dar. Der Verkauf kann zum Beispiel über Auktionen für gewerbliche Fahrzeugkäufer oder über den Autohandel erfolgen. Sollte der Fahrzeugerlös nicht dafür ausreichen, den offenen Forderungsbetrag auszugleichen, wird die Bank weiterhin den Kreditnehmer kontaktieren und zur Begleichung der restlichen Verbindlichkeiten bewegen. Amerikanische Subprime-Finanzierer führen diese Inkassotätigkeiten noch
863 864
Vgl. hierzu und im folgenden Schwirten, Christian (2008): S. 61. Vgl. Schwirten, Christian (2008): S. 63.
204
mehrere Jahre nach Verwertung des Fahrzeuges durch, selbst wenn die Kreditforderung schon vollständig abgeschrieben worden ist.865
5.5 Aspekte der Krise auf dem amerikanischen Subprime-Hypothekenmarkt und Abgrenzungsmerkmale gegenüber der SubprimeAutomobilfinanzierung Infolge der als Krise bezeichneten Entwicklung an den internationalen Finanzmärkten wurde im Jahr 2007 das Subprime-Kreditgeschäft in der Fachpresse in Deutschland näher beleuchtet.866 Für die vorliegende Arbeit stellt sich die Frage, ob und inwieweit für diese Entwicklung Faktoren verantwortlich sind, die auch für den SubprimeAutomobilfinanzierungsmarkt Relevanz aufweisen. Verschiedene Mitteilungen und Veröffentlichungen in Finanzkreisen weisen darauf hin, dass die Turbulenzen am Bankenmarkt durch hohe Ausfallquoten von Subprime-Krediten am amerikanischen Immobilienmarkt ausgelöst worden sind.867 Diese Kredite wurden von den in diesem Geschäftsfeld engagierten Banken zu einem großen Teil in Portfolios zusammengefasst, die anschließend über Anleihen an Investoren verkauft worden sind.868 Dabei wurden jedoch die Ausfallrisiken der zugrundeliegenden Portfolios nicht gleichmäßig auf die Anleihen verteilt, sondern in von sehr unterschiedlichem Risikogehalt geprägte Tranchen als sog. Collateralized Debt Obligations an institutionelle Investoren verkauft.869 Bei diesen Finanzinstrumenten handelt es sich um passive Fonds aus Wertpapieren, Derivaten und Krediten verschiedener Art, zu deren Investoren überwiegend Banken, Hedge-Fonds und Pensionsfonds gehören. Von den hohen Ausfallquoten verunsichert waren im Sommer 2007 kaum mehr Käufer bereit, die Tranchen aus diesen Verbriefungen zu erwerben. Der hieraus resultierende Preiseinbruch führte bei den Investoren der Tranchen zu Buchverlusten wie auch zu verlustreichen Veräußerungsgeschäften. Eine Liquiditätskrise entstand durch die gleichzeitig sinkende Bereitschaft der Banken, einander Geld am Geldmarkt zu leihen. Den zuständigen Ratingagenturen wird dabei vorgeworfen, die Risiken im Verbriefungsmarkt unterschätzt und damit die Krise geschürt zu haben. Der Haupttreiber für die resultierende Liquiditätskrise lässt sich nach Exper865
Vgl. Consumer Portfolio Services (2006): S. 6 und Triad Financial Corporation (2006): S. 9. Vgl. etwa Riecke, Torsten (2007): S. 28, Franke, Günter/ Krahnen, Jan Pieter (2007): S. 13, Gärtner, Markus (2007): S. 30 oder Wagner, Victoria (2007): o.S. 867 Vgl. ebenda. 868 Vgl. hierzu und im folgenden Franke, Günter/ Krahnen, Jan Pieter (2007): S. 13. 869 Vgl. auch Hoffmann, Catherine (2007): S. 30. 866
205
tenmeinung jedoch auf das gestiegene Misstrauen der Banken untereinander zurückführen, das eine Folge der Intransparenz der Bankportfolios ist. Das Misstrauen richtet sich dabei weniger auf die zweifelhafte Werthaltigkeit der bilanzierten Vermögenswerte der Banken als vielmehr auf solche Zweckgesellschaften, die außerhalb der Bilanz geführt werden und sich infolgedessen oft der Prüfung durch die Bankenaufsicht entziehen.870 Nachdem mehrere am amerikanischen Subprime-Immobilienmarkt tätige US-Banken insolvent geworden waren, befürchteten die am Geldmarkt agierenden Banken, dass solche Institute, denen sie bisher kurzfristig Geld geliehen hatten, wegen außerhalb der Bilanz eingegangener Engagements ebenfalls insolvenzgefährdet sind. Experten erkennen nun ein Liquiditätsproblem innerhalb des Finanzsektors, das sich durch eine Kreditverknappung sogar auf den Unternehmenssektor negativ auswirken kann.871 Aufgrund der hohen Zahl an wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Marktteilnehmern sind auch deutsche Banken von der Krisenentwicklung betroffen. Vermeintlich auf soliden Beinen stehende heimische Banken wie etwa die IKB Deutsche Industriekreditbank und die Sachsen LB mussten gar gestützt werden.872 Die krisenhafte Entwicklung im Subprime-Hypothekenbereich kommt nicht unerwartet. Bereits im Jahr 2004 wurde die Anfälligkeit des Finanzsystems für eine mögliche Krise mit der Verschuldungsentwicklung privater Haushalte begründet. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich stellte damals fest, dass der durch niedrige Zinssätze und durch den Abbau von Liquiditätsbeschränkungen beeinflusste starke Anstieg der Verschuldung während der vorangegangenen 20 Jahre Anlass zur Sorge gibt.873 Die Sorge richtete sich dabei sowohl auf die Tragbarkeit der Verschuldung und, sofern sie nicht tragbar ist, auf die Folgen für die Stabilität des Finanzsystems. Als problematisch wurde herausgestellt, dass die gestiegene Verschuldung eine erhöhte Sensitivität der Haushalte gegenüber Veränderungen der Zinssätze, Einkommen und Preise von Vermögenswerten zur Folge hat. Die angestiegene Sensitivität ist dem damaligen Bericht zufolge besonders ausgeprägt, wenn Haushalte variabel verzinsliche Hypotheken anstatt solche mit festem Zinssatz aufgenommen haben. So sind variable Zinssätze regelmäßig direkt mit den Leitzinsen verbunden und folgen ihnen häufig im Verhältnis Eins
870
Vgl. hierzu auch Hagedorn, Dittmar (2007): S. 20. Vgl. ebenda. Vgl. Cünnen, Andrea u.a. (2007): S. 20, CRA Frankfurt (2007): S. 5, Müller, Uwe (2007): S. 6 und Höfinghoff, Tim (2007): S. 34. 873 Vgl. hierzu Debelle, Guy (2004): S. 59. 871 872
206
zu Eins.874 In derartigen Fällen tragen nicht die Kreditinstitute, sondern die Schuldnerhaushalte unmittelbar das Risiko der Zinsschwankungen. Diese Besonderheit der variablen Verzinsung war nach Expertenmeinung eine wichtige Ursache für die in 2007 beschriebenen Zahlungsstörungen am Subprime-Hypothekenmarkt.875 Nachdem infolge des niedrigen Zinsniveaus in den vorangegangenen Jahren amerikanische Eigenheime bei steigenden Immobilienpreisen günstig finanziert werden konnten, kaufte eine hohe Zahl der Verbraucher mit geringer Bonität ihre Wunschimmobilie bedenkenlos mit Hilfe von Subprime-Hypotheken.876 Viele der angebotenen Subprime-Hypotheken waren dabei mit vergleichsweise niedrigen Lockzinssätzen ausgestattet, die nach einem bestimmten Zeitraum von den Hypothekenanbietern heraufgesetzt werden konnten.877 Die mit dem allgemeinen Zinsniveau gestiegenen variablen Kreditzinsen sorgten somit in letzter Zeit für einen drastischen Anstieg der Hypothekenraten, die von einer zunehmenden Zahl an Hausbesitzern nicht mehr bezahlt werden konnten. So startete eine typische, in den vergangenen Jahren populär gewordene Subprime-Hypothek mit einem Zinssatz zwischen sieben und acht Prozent, der nach zwei bis drei Jahren auf 9,5 bis elf Prozent anstieg.878 Die hieraus resultierende zusätzliche Belastung der Kreditverpflichtung konnte somit für die Hausbesitzer mehrere hundert Dollar pro Monat betragen. Da zeitgleich die Preise für Häuser im angeschlagenen Immobilienmarkt zu fallen begannen, gerieten immer mehr amerikanische Haushalte in die Überschuldung. In diesen Fällen übersteigen die erhöhten Kreditkosten bestehend aus Tilgung und Zins den Wert der nun weniger hoch bewerteten Immobilie.879 Der Verkauf der Immobilie gestaltet sich für die betroffenen Hausbesitzer infolge der gefallenen Immobilienpreise als schwierig.880 Die Erlöse aus einer Immobilienveräußerung reichen daher kaum aus, um die noch offen stehende Forderung der Banken abzudecken.881 Die Konsequenz ist ein in den Jahren 2006 und 2007 gravierender Anstieg der Zahl an Kreditausfällen bei Subprime-Hypotheken, die durch die fehlende Zahlungsfähigkeit der Kreditnehmer verursacht wurden.
874
Vgl. Debelle, Guy (2004): S. 68. Vgl. hierzu Hoffmann, Catherine (2007): S. 41 und Gärtner, Markus (2007): S. 30. Vgl. auch Benders, Rolf/ Kurm-Engels, Marietta (2007): S. 24. 876 Vgl. auch Kiff, John/ Mills, Paul (2007): S. 7. 877 Vgl. o.V. (2007): S. 11. 878 Vgl. ebenda. 879 Vgl. Hoffmann, Catherine (2007): S. 41 und Gärtner, Markus (2007): S. 30. 880 Vgl. o.V. (2007): S. 11. 881 Vgl. Kiff, John/ Mills, Paul (2007): S. 7 f. 875
207
Die vorstehend beschriebene Gefahr einer sich während der Kreditlaufzeit erhöhenden Liquiditätsbelastung für die Kreditnehmer infolge steigender Zinsen und der daraus resultierende Anstieg von Kreditausfällen stellt ein besonderes Strukturmerkmal des Subprime-Hypothekenmarktes dar, das für den Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt kaum Relevanz aufweist. So wird ein Hauptunterschied zwischen beiden Märkten darin gesehen, dass Subprime-Automobilfinanzierer in der Regel keine variablen Zinssätze wie bei den Hypothekenkrediten implementieren.882 Demzufolge stellt sich für den Kreditnehmer bei einer Fahrzeugfinanzierung nicht das Risiko der Erhöhung der Kreditkosten infolge steigender Zinsen während der Kreditlaufzeit. Die aus variablen Zinssätzen resultierende Gefahr einer erhöhten Zahl an Zahlungsstörungen und des damit einhergehenden Anstiegs der Ausfallquoten kann somit im SubprimeAutomobilfinanzierungsgeschäft als gering eingestuft werden. Die Anschaffung eines Automobils ist zudem weitaus weniger kostspielig für den betroffenen Haushalt als der Kauf einer Immobilie. Die Strapazierung des Haushaltsbudgets fällt demnach bei der Subprime-Automobilfinanzierung deutlich geringer aus als bei einem SubprimeHypothekendarlehen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob sich die Krise am Hypothekenmarkt auf den Automobilsektor übertragen kann, wenn die Kreditnehmer neben ihrem Auto auch ihr Haus mit Subprime-Krediten finanziert haben. Diese Befürchtung liegt vor dem Hintergrund nahe, dass eine überhöhte Zahl an Hausbesitzern nicht einmal ihren Verpflichtungen aus der Subprime-Hypothek nachkommen kann und demnach annahmegemäß kaum über ausreichendes Einkommen zur Bedienung der zusätzlichen Kreditforderung aus der Subprime-Automobilfinanzierung verfügt. Den Aussagen des Subprime-Automobilfinanzierers Chase Auto Finance zufolge sind jedoch die meisten Subprime-Kunden im Autogeschäft nicht auch noch gleichzeitig Kreditnehmer einer Subprime-Hypothek.883 Stattdessen neigen SubprimeAutofinanzierungskunden dazu, ihr Heim zu mieten. In dieser Hinsicht scheinen die Zahlungsstörungen am Hypothekenmarkt keine direkten Auswirkungen auf das Zahlungspotential der Kunden im Automobilfinanzierungsbereich zu haben. Experten sehen zudem eine konservativere Kreditvergabephilosophie der Anbieter im SubprimeAutosektor im Vergleich zu den Instituten im Hypothekengeschäft. So liegen die akzeptierten Werte des FICO-Scores884, der in den USA im Rahmen der Kreditwürdigkeits-
882 883 884
Vgl. hierzu und im folgenden Henry, Jim (2007): o. S. Vgl. hierzu Reed, Jennifer (2007b): o. S. Vgl. zur Bedeutung des FICO-Scores Kap. 3.3.1.2.
208
prüfung einen wichtigen Bonitätsindikator darstellt, bei Subprime-Hypotheken höher und somit in einem verhältnismäßig riskanteren Bereich als im SubprimeAutomobilgeschäft.885 Das Subprime-Kriterium anhand des FICO-Scores wird demnach von Automobilfinanzierern strenger angesetzt als von Hypothekenbanken. Auch wurde festgestellt, dass Subprime-Hypotheken von Banken oft ohne oder nur mit einer geringen Anzahlung von den Banken vergeben wurden.886 Im traditionellen Hypothekengeschäft ist vergleichsweise eine Anzahlung von etwa 20 Prozent auf den Kaufpreis der Immobilie üblich. Bei Kreditnehmern im Subprime-Hypothekengeschäft wurde zudem in vielen Fällen das monatliche Einkommen nicht eingehend überprüft, so dass das erhöhte Risiko der Einkommensbelastung durch die Kreditverpflichtung nicht im Vorfeld erkannt werden konnte. Subprime-Automobilfinanzierer hingegen verifizieren routinemäßig die Einkommensverhältnisse der Antragsteller und überprüfen, ob sich der Kunde die Fahrzeugfinanzierung mit seinen monatlich verfügbaren Einkommen überhaupt leisten kann oder nicht.887 Hierzu gehört auch die Prüfung der beruflichen Situation des Kunden, um künftige Zahlungsprobleme infolge von Einkommensverlusten im Kundenhaushalt bereits im Vorfeld zu erkennen. In Anbetracht der in Kap. 4.3.1.2. beschriebenen Fehlentwicklungen Ende der Neunziger Jahre und den damit verbundenen Unternehmensinsolvenzen am amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt sind etablierte Fahrzeugfinanzierer zudem dazu übergegangen, durch Finanzierungsaktivitäten im Standardkreditkreditgeschäft den Subprime-Anteil ihrer Portfolios zu reduzieren und somit überhöhten Ausfallrisiken entgegenzuwirken. Um das Risikobewusstsein bei der Kreditvergabe zu schärfen und eine vorsichtige Verfahrensweise bei der Finanzierung zu unterstützen, verwalten manche Anbieter sogar die entsprechenden Kredite in den eigenen Büchern, anstatt sie, wie zumeist im Hypothekenkreditgeschäft praktiziert, an Investoren zu verkaufen. Der Konsolidierungsprozess
am
amerikanischen
Markt
von
Subprime-Automobil-
finanzierungen ist außerdem geprägt von mehreren Unternehmensübernahmen. Die Unternehmenskäufe werden dabei von den Subprime-Finanzierern teilweise unter der Prämisse durchgeführt, ihr Kreditportfolio durch die Übernahme weniger riskanter Kreditbestände zu diversifizieren. Marktbeobachter stellen als Konsequenz hieraus sogar fest, dass sich ursprüngliche Subprime-Spezialisten zu sog. Full-Spectrum885 886 887
Vgl. Reed, Jennifer (2007b): o. S. Vgl. hierzu o.V. (2007): S. 11. Vgl. Reed, Jennifer (2007b): o. S.
209
Finanzierern entwickeln. Solche Institute richten das Kreditangebot auch an Kreditnehmer mit guter und leicht eingeschränkter Bonität aus und generieren demzufolge einen Teil ihres Geschäftes im traditionellen Kreditsegment. Die aufgezeigten Unterschiede zwischen dem Subprime-Kreditsegment des Hypothekengeschäftes und dem der Automobilfinanzierung stellen freilich keine Garantie dafür dar, dass sich am Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt nicht erneut eine Krise ausbreiten kann. Die in Kap. 4.3.1.2. beschriebenen Fehlentwicklungen am SubprimeMarkt für Autokredite am Ende der Neunziger Jahre haben gezeigt, dass Banken auch weiterhin existentiell gefährdet sind, wenn überhöhte Ausfallquoten ihre Ertragsstabilität ins Wanken bringen. Rentabilitätsbestrebungen und ein zunehmender Wettbewerbsdruck können nach wie vor Kreditinstitute dazu verleiten, durch die Inkaufnahme erhöhter Kreditrisiken ihre Erträge zu erhöhen. Werden diese Risiken nicht durch ein adäquates Management der Bank und durch eine ausreichende Risikovorsorge gestützt, sind Unternehmensschieflagen als Konsequenz nicht auszuschließen.888
5.6 Zusammenfassende Erkenntnisse der bankbetrieblichen Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland Die vorstehenden Ausführungen skizzieren beispielhaft, welche Vorbereitungen und Vorkehrungen eine Bank im Subprime-Automobilfinanzierungsgeschäft treffen kann, um dem erhöhten Risiko dieses Geschäftsfelds zu begegnen. Als entscheidender Erfolgsfaktor gilt dabei zunächst die Managementaufgabe, die eigentlichen Risikotreiber der Subprime-Automobilfinanzierung zu identifizieren und im Rahmen einer vollständigen und richtigen Planung der bankbetrieblichen Aktivitäten zu berücksichtigen. Die Krise am Subprime-Hypothekenmarkt seit dem Jahr 2007 macht deutlich, welche flächendeckenden Auswirkungen und Fehlentwicklungen ein unadäquates Management der gesteigerten Risiken des Subprime-Kreditgeschäftes nach sich ziehen kann. Trotz der aufgezeigten Unterschiede zwischen dem amerikanischen Hypotheken- und dem Automobilfinanzierungsmarkt kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich eine Krise aufgrund von Fehlern im Umgang mit den erhöhten Risiken der SubprimeKreditvergabe auch in der Automobilfinanzierung niederschlägt. Dies belegen die in 888
Vgl. Hagedorn, Dittmar (2007): S. 20 f.
210
Kap. 4.3.1.2 beschriebenen Fehlentwicklungen am amerikanischen SubprimeAutomobilfinanzierungsmarkt am Ende der Neunziger Jahre. Vor diesem Hintergrund stellen sich einer im Subprime-Kreditgeschäft aktiven Bank besondere Herausforderungen hinsichtlich der strategischen Handlungsoptionen bereits bei der Festlegung des Geschäftsmodells. In den vorangegangenen Kapiteln wurde beispielhaft aufgezeigt und diskutiert, welche vertriebsorientierten Möglichkeiten des strategischen Umgangs mit dem Risiko der Subprime-Automobilfinanzierung einer Bank zur Verfügung stehen. Hierzu gehört die Einbindung des Automobilhandels als Vertriebskanal, sofern sich dieser etwa über einen Händlerbeitrag am gesteigerten Kreditrisiko der SubprimeAutomobilfinanzierung beteiligt. Der Händlerbeitrag stellt hier neben der risikoadjustierten Konditionsgestaltung ein wirksames Instrument dar, den finanziellen Auswirkungen der erhöhten Kreditausfälle kompensierend zu begegnen. Verdeutlicht werden kann der risikokompensierende Charakter beider Instrumente mit Hilfe der Implementierung einer Barwertkalkulation. Hierbei handelt sich um die Beurteilung der Profitabilität eines Kreditengagements auf Basis dessen insgesamt generierten Einzahlungen und Auszahlungen aus Sicht der Bank. Neben den Gestaltungsspielräumen im Rahmen der Konditionsfestlegung nimmt dabei vor allem der Wert des finanzierten Fahrzeuges Einfluss auf die Profitabilität einzelner Kreditengagments. So tragen die Erlöse aus der Verwertung sichergestellter Fahrzeuge maßgeblich dazu bei, bei Kreditausfällen die offenstehenden Forderungen der Bank gegenüber den Kreditnehmern zu decken. Hierzu wurde dargestellt, dass das Leasinggeschäft mit Subprime-Kunden und die damit verbundenen Eigentumsrechte am Fahrzeug kaum Vorteile gegenüber der SubprimeKreditfinanzierung aufweisen. Weitere Ausgestaltungsmöglichkeiten der SubprimeAutomobilfinanzierung ergeben sich für die Bank im Rahmen der operativen Prozesse der
Kreditvergabe.
Auf
Basis
des
Kreditlebenszyklus
der
Subprime-
Automobilfinanzierung, der den Verlauf eines Kredites widerspiegelt, lassen sich je nach Fortschritt des Kreditverlaufes die operativ verantwortlichen Fachbereiche im Rahmen der Organisationsstruktur der Bank beispielhaft skizzieren. In Anlehnung an die geübte Praxis ausgewählter amerikanischer Subprime-Finanzierer wurden in den vorangegangenen Kapiteln operative Ausgestaltungsmöglichkeiten und Besonderheiten dieser Fachbereiche im Rahmen des Kreditlebenszyklus beschrieben. Hierbei richtete sich der Fokus zum einen auf die subprime-relevanten Besonderheiten des Vertriebs der Automobilfinanzierung, indem beispielhaft die Anforderungen an den Außendienst der Bank sowie an die Kooperation mit dem Automobilhandel als Vertriebskanal diskutiert
211
und erläutert wurden. Weitere operative Ausgestaltungsmöglichkeiten und Besonderheiten im Rahmen des Kreditlebenszyklus ergeben sich aus den Fachbereichen des Kreditankaufs und der Kreditabrechnung. Für die vorliegende Arbeit wurden die subprime-relevanten Aspekte der Kreditentscheidung sowie der Abrechnung, Buchung und Auszahlung aufgegriffen und erläutert. Die Ausführungen zu den Erfolgsfaktoren und Anforderungen der beiden Fachbereiche Servicing und Collections machten schließlich deutlich, welche subprime-relevanten Ausgestaltungsvarianten der Bank im Rahmen der Bestandsverwaltung sowie im Umgang mit rückständigen Kreditnehmern zur Verfügung stehen. Alle dargestellten Aspekte der bankbetrieblichen Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Subprime-Automobilfinanzierung in Deutschland stellen kein vollständiges Patentrezept für den Umgang mit dem gesteigerten Subprime-Kreditrisiko dar. Sie dienen jedoch als Anregung für vertriebsmäßige Überlegungen der strategischen Ausrichtung eines Geschäftsmodells in der SubprimeAutomobilfinanzierung und stellen sich als entscheidender Einflussfaktor für den Erfolg der Bank in diesem Geschäftsfeld dar.
212
6 Schlussfolgerungen und Ausblick Bereits seit Jahren hat sich auf dem amerikanischen Automobilmarkt eine Form der Automobilfinanzierung etabliert, die unter der Bezeichnung „Subprime“ die Kreditvergabe an bonitätsmäßig schlechte Kreditnehmer fokussiert. Obwohl auch in Deutschland kreditsuchende Automobilkäufer mit eingeschränkter Bonität vorhanden sind, ist eine Existenz der Subprime-Automobilfinanzierung als eigenständiges Teilsegment auf dem deutschen Automobilmarkt bislang nicht zu erkennen. Die vorliegende Arbeit verfolgt unter diesem Aspekt das Ziel, Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilfinanzierung in Deutschland zu untersuchen und herauszustellen. In den vorstehenden Ausführungen wurden dafür zunächst die marktrelevanten Rahmenbedingungen der Automobilfinanzierung aufgeführt. So wurde einerseits festgestellt, dass die Nachfrage nach Automobilen nach Expertenmeinung weiter anhalten wird. Ursache hierfür ist die noch immer herausragende Funktion des Automobils als Fortbewegungsmittel und Instrument der individuellen Lebensgestaltung. Die Auswertung von Statistiken zur Einkommensentwicklung privater Haushalte zeigt jedoch andererseits, dass die Anschaffung eines Automobils für die Kundengruppe der Konsumenten finanziell eine immer höhere Belastung wird. So müsste heute gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamtes ein privater Haushalt in Deutschland durchschnittlich mehrere Jahre lang seinen monatlichen Einkommensüberschuss sparen, um sich ein neues oder gebrauchtes Fahrzeug aus eigenen Mitteln kaufen zu können. Die Automobilfinanzierung erleichtert über die Bereitstellung von Kreditmitteln die Anschaffung eines Automobils, indem der Käufer bei Inanspruchnahme eines Ratenkredites den Kaufpreis sukzessive in Teilbeträgen zurückzuzahlen hat. Vorteil ist dabei die betragsmäßige Angleichung der finanziellen Belastung des Automobilkaufes an die monatliche Einkommensersparnis des Kreditnehmers. Die Automobilfinanzierung dient gleichzeitig als Absatzhilfe für den Automobilhandel, da die Kreditaufnahme die Kaufkraft des Konsumenten erhöht. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte kann davon ausgegangen werden, dass auch künftig Konsumenten das Kreditangebot von Banken zur Anschaffung eines Automobils in Anspruch nehmen werden. Unter diesen Konsumenten befinden sich jedoch auch solche Kunden, die aufgrund von Bonitätseinschränkungen von Banken als kreditunwürdig eingestuft und daher als Kreditnehmer im Standard-Kreditgeschäft abgelehnt werden. Obwohl das Kreditgeschäft mit solchen J. Wünscher, Chancen und Herausforderungen der SubprimeAutomobilf nanzierung in Deutschland, DOI 10.1007/978-3-8349-1898-7_6, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
213
Kunden ein erhöhtes Risiko für Banken darstellt, haben sich auf dem amerikanischen Automobilfinanzierungsmarkt verschiedene Finanzierungsgesellschaften auf die Vergabe von Automobilkrediten an schlechte Bonitäten ausgerichtet. Diese Art von Kreditgeschäft wird in der Praxis als Subprime-Lending bezeichnet und stellt ein spezielles Segment des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes dar. Das Wachstum des Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes während der letzten Jahre verdeutlicht, welch hohes Nachfragepotential in diesem Kreditsegment für Banken, Automobilhändler und Kreditnehmer besteht. In den vorangegangenen Kapiteln wurde dargestellt, dass auch in Deutschland Kredite von Kunden mit schlechter Bonität nachgefragt werden. Die bislang fehlende Existenz eines mit dem amerikanischen Subprime-Markt vergleichbaren umfassenden Kreditangebotes für diese Zielkundengruppe bietet für den deutschen Automobilfinanzierungsmarkt erhebliche Wachstumschancen. Diese werden gleichzeitig durch Restriktionen eingedämmt, die mit der fortwährenden Gefahr der Überschuldung privater Haushalte einhergehen. Daneben obliegen den im Subprime-Kreditgeschäft anzuwendenden risikoadjustierten Konditionen rechtliche und vertriebspolitische Grenzen, die der vollständigen Risikokompensation durch ausreichend hohe Zinssätze entgegenwirken. Die Unternehmensschieflagen und damit verbundenen
Fehlentwicklungen
am
amerikanischen
Subprime-Automobil-
finanzierungsmarkt in der Vergangenheit machen zudem deutlich, dass für Banken besondere Herausforderungen an die strategische und operative Ausrichtung des Subprime-Kreditgeschäftes bestehen. In der vorliegenden Arbeit wurden daher ausgewählte Erfolgsfaktoren amerikanischer Subprime-Finanzierer identifiziert und anhand von Handlungsoptionen der Bank bei der Festlegung des Geschäftsmodells für die Subprime-Automobilfinanzierung diskutiert und erläutert. Hierbei haben die vorstehenden Kapitel ausführlich verdeutlicht, welche Herausforderungen sich einerseits im Rahmen der operativen Ausgestaltung des Kreditlebenszyklus im Subprime-Geschäft für die Bank ergeben und wie sich andererseits organisatorische Ansätze zur Begegnung dieser Herausforderungen am Beispiel der Geschäftsgestaltung amerikanischer Subprime-Finanzierer finden lassen. Mit Blick auf die bisherige, langjährige Entwicklung des amerikanischen Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes kann festgehalten werden, dass sich die Chancen des Subprime-Automobilfinanzierungsmarktes erst unter Anwendung der zutreffenden strategischen und operativen Geschäftsgestaltung der Banken entfalten können.
214
Die Auswirkungen einer falschen Konzeptionierung des Kreditgeschäftes mit schlechten Bonitäten lassen sich an der derzeit existierenden Krise am SubprimeHypothekenmarkt beobachten. Hier gehen jedoch Experten davon aus, dass wesentliche Faktoren der Krise auf die spezifischen Eigenschaften des SubprimeHypothekenmarktes zurückzuführen sind und daher keine erhöhte Krisenanfälligkeit für den Subprime-Automobilfinanzierungsmarkt gesehen werden kann. Aufgrund der zahlreichen wirtschaftlichen Verflechtungen auf den internationalen Finanzmärkten bleibt abzuwarten, inwieweit die Gefahr einer indirekten Ausweitung der SubprimeKrise auf den Automobilsektor bestehen bleibt. Im Ergebnis wurde in der vorliegenden Arbeit dargestellt, dass generell auch in Deutschland Marktpotential für ein umfassendes Subprime-Automobilfinanzierungsangebot vorhanden ist. Ob sich ein separates Marktsegment hierfür in Zukunft bildet, hängt von der grundsätzlichen Risikobereitschaft der Banken ab, auch bisher nicht gewolltes Kreditgeschäft mit schlechten Bonitäten einzugehen. Als Voraussetzung für die Entwicklung
eines
nach
amerikanischen
Maßstäben
etablierten
Subprime-
Automobilfinanzierungsmarktes in Deutschland gilt nach allem der richtige Umgang der Banken mit den damit verbundenen gesteigerten Risiken des SubprimeKreditgeschäftes. Ob und inwieweit sich die Subprime-Automobilfinanzierung künftig auch in Deutschland als spezielles Marktsegment durchsetzt, wird sich nach Maßgabe und Gewichtung der dargestellten Parameter erweisen.
215
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