Gunther Markwardt Wahlen und Konjunkturzyklen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Gunther Markwardt
Wahlen und Konjunkturz...
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Gunther Markwardt Wahlen und Konjunkturzyklen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Gunther Markwardt
Wahlen und Konjunkturzyklen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation der Technischen Universität Dresden, 2008
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Hildegard Tischer Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1441-5
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist als Dissertationsschrift an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Dresden entstanden. Mein Dank gilt allen, die mich bei der Anfertigung der Arbeit unterstützt haben. Hervorheben möchte ich meinen Doktorvater Prof. Dr. Marcel Thum, der mir Ideen, Anregungen und Motivation zu der vorliegenden Arbeit und den nötigen Freiraum zu ihrer Verwirklichung gab. Des Weiteren danke ich Prof. Dr. Alexander Karmann und Prof. Dr. Helge Berger, welche sich zur Begutachtung meiner Dissertation bereit erklärt haben. In der hier sicher unvollständig bleibenden Liste der Menschen, welchen ich zu Dank verpflichtet bin, möchte ich auf keinen Fall meinen Freund Prof. Dr. Michael Berlemann vergessen. Schon beginnend in der Zeit meiner Diplomarbeit gab er mir Beispiel und Weg für wissenschaftliches Arbeiten. Für viele der in dieser Arbeit verwirklichten Ideen war er erster Ansprechpartner, kritischer Diskutant und Ratgeber. In unzähligen Stunden der Diskussion hat er mir geholfen, die brauchbaren von den abwegigen Ideen zu trennen. Um eine Dissertation anfertigen zu können, bedarf es ganz sicher eines regen und stetigen Gedankenaustauschs. Meinen Kollegen und Freunden Christian Leßmann und Dr. Marcus Dittrich, sowie meinem Bruder Hagen Markwardt sei an dieser Stelle ausdrücklich Dank gesagt. Die Drei mussten im Laufe der Jahre zahlreiche Gedanken, Ideen und Fragen über sich ergehen lassen; und wenn auch nicht immer nur die Doktorarbeit im Vordergrund der Gespräche stand, so gab es doch immer interessante und anregende Diskussionen. Meinen Eltern danke ich für ihre Unterstützung während meines Studiums und der Promotion. Meinen Großeltern Edith und Hermann Markwardt danke ich für die großzügige Unterstützung bei der Veröffentlichung der Arbeit. Ein weiterer Dank gilt meinem verstorbenen Großvater Max Gieger. Er war mir ein steter Antrieb. Zum Schluss möchte ich ganz besonders meiner Verlobten Isabell Schubert danken, der ich diese Arbeit widme. Sie war mir die gesamte Dissertationszeit ein stets verlässlicher Rückhalt und musste für lange Zeit eigene Interessen zurückstellen.
Gunther Markwardt
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen . . . . . . . . . 21 2.1
Der Begriff des politischen Konjunkturzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.2
Opportunistische Konjunkturzyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.3
2.4
2.2.1
Theorien opportunistischer Konjunkturzyklen mit adaptiver Erwartungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.2.2
Theorien opportunistischer Konjunkturzyklen mit rationaler Erwartungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.2.3
Evidenz opportunistischer Konjunkturzyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Ideologische Konjunkturzyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.3.1
Theorien ideologischer Konjunkturzyklen mit adaptiver Erwartungsbildung . 41
2.3.2
Theorien ideologischer Konjunkturzyklen mit rationaler Erwartungsbildung . 44
2.3.3
Evidenz ideologischer Konjunkturzyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Gemischte Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Die Unsicherheit über den Wahlausgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3.2
Die rationale Partisantheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3.2.1
Das Grundmodell von Alberto Alesina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
3.2.2
Testbare Hypothesen der RPT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
3.3
Vorhandene empirische Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.4
Empirischer Test der rationalen Partisantheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3.4.1
Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
3.4.2
Schätzstrategie und Schätzergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
8
3.5
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
4.2
Die variable rationale Partisantheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.2.1
Das Modell von Jac Heckelman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
4.2.2
Testbare Hypothesen der VRPT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
4.3
Vorhandene empirische Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
4.4
Empirischer Test der variablen rationalen Partisantheorie . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.5
4.4.1
Schätzstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
4.4.2
Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4.4.3
Modellierung der Wahlüberraschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
4.4.4
Schätzergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Opportunistische Budgetzyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
5.2
Theoretische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
5.3
Vorhandene empirische Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
5.4
Empirischer Test opportunistischer Budgetzyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
5.5
5.4.1
Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
5.4.2
Schätzstrategie und Schätzergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Stationaritätstests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Politische Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Inhaltsverzeichnis
9
Wahlsiegwahrscheinlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Wiederwahlwahrscheinlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Robustheitstests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Abbildungsverzeichnis 2.1
Systematik politischer Konjunkturtheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.2
Phillipskurven und Isogewinnlinien im Nordhaus-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.3
Die Funktionsweise des Nordhaus-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.4
Opportunistische Konjunkturzyklen bei adaptiver Erwartungsbildung . . . . . . . . . 28
2.5
Phillipskurven im Persson-Tabellini-Modell
2.6
Partisanzyklen bei adaptiver Erwartungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2.7
Zeitlicher Handlungsablauf im RPT-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.1
Stimmenanteile von CDU / SPD in den Wahlumfragen der Bundestagswahl 1980 . . 57
3.2
Partisanzyklen bei rationaler Erwartungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.1
Legislaturperioden in Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
5.1
Kodierung der Wahlvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Tabellenverzeichnis 2.1
Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen in makroökonomischen Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
2.2
Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen in geldpolitischen Instrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.3
Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen in fiskalischen Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
2.4
Überblick empirischer Arbeiten zur Partisantheorie mit adaptiver Erwartungsbildung
2.5
Überblick empirischer Arbeiten zur Partisantheorie mit rationaler Erwartungsbildung 50
3.1
Stimmenanteile von CDU/CSU und SPD in den Wahlumfragen in Deutschland . . . 56
3.2
Überblick empirischer Arbeiten zur rationalen Partisantheorie mit expliziter Berücksichtigung der Wahlüberraschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
3.3
Datenquellen der Wahlumfragen
48
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.4
Schätzergebnisse der binär-logistischen Regression I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
3.5
Datenquellen der Arbeitslosenquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
3.6
Datenquellen der Inflationsraten
3.7
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
3.8
Panelstationaritätstests der Arbeitslosenquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3.9
Panelstationaritätstests der Inflationsraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
3.10 Schätzergebnisse für die Inflationsraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4.1
Durchschnittliche Länge der Legislaturperioden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
4.2
Ergebnisse der VRPT in Abhängigkeit der Wahlwahrscheinlichkeit
4.3
Inflationsüberraschung in der VRPT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
4.4
Datenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
4.5
Inflationsüberraschung bei identischen Partisandifferenzen . . . . . . . . . . . . . . . 108
4.6
Kodierung der Partisanvariable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
4.7
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
5.1
Wiederwahlwahrscheinlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
5.2
Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Budgetzyklen in Entwicklungsländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
5.3
Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Budgetzyklen in OECD Staaten 123
. . . . . . . . . . 101
14
Tabellenverzeichnis
5.4
Fiskalpolitische Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
5.5
Kontrollvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
5.6
Schätzergebnisse für die fiskalpolitischen Variablen (OLS) . . . . . . . . . . . . . . . 129
1
Panelstationaritätstests der zyklischen Komponente der Arbeitslosenquoten . . . . . . 149
2
Panelstationaritätstests der ersten Differenzen der Arbeitslosenquoten . . . . . . . . . 149
3
Panelstationaritätstests der Arbeitslosenquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
4
Panelstationaritätstests der ersten Differenzen der Arbeitslosenquoten . . . . . . . . . 150
5
Wahltermine und Wahlausgang I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
6
Einordnung der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
7
Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der Amtsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
8
Schätzergebnisse der binär-logistischen Regression II . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
9
Wiederwahlwahrscheinlichkeiten der Amtsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
10
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (OLS, k=12) . . . . . . . . . . . . . . . . 161
11
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (OLS, k=18) . . . . . . . . . . . . . . . . 162
12
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (OLS, k=24) . . . . . . . . . . . . . . . . 162
13
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (CYCLE, k=12) . . . . . . . . . . . . . . 163
14
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (CYCLE, k=18) . . . . . . . . . . . . . . 163
15
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (CYCLE, k=24) . . . . . . . . . . . . . . 164
16
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (DIFF, k=12) . . . . . . . . . . . . . . . 164
17
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (DIFF, k=18) . . . . . . . . . . . . . . . 165
18
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (DIFF, k=24) . . . . . . . . . . . . . . . 165
19
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (AR(1), k=12)
. . . . . . . . . . . . . . 166
20
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (AR(1), k=18)
. . . . . . . . . . . . . . 166
21
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (AR(1), k=24)
. . . . . . . . . . . . . . 167
22
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (LSDV, k=12) . . . . . . . . . . . . . . . 167
23
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (LSDV, k=18) . . . . . . . . . . . . . . . 168
24
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (LSDV, k=24) . . . . . . . . . . . . . . . 168
25
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (AH, k=18) . . . . . . . . . . . . . . . . 169
26
Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (GMM, k=18) . . . . . . . . . . . . . . . 169
27
Schätzergebnisse für die Inflationsraten (OLS, 16 Länder) . . . . . . . . . . . . . . . 170
Tabellenverzeichnis
15
28
Schätzergebnisse für die Inflationsraten (LSDV, 16 Länder) . . . . . . . . . . . . . . . 170
29
Schätzergebnisse für die Inflationsraten (OLS, 8 Länder) . . . . . . . . . . . . . . . . 171
30
Schätzergebnisse für die Inflationsraten (LSDV, 8 Länder) . . . . . . . . . . . . . . . 171
31
Schätzergebnisse für die Variable BALA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
32
Schätzergebnisse für die Variable EXP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
33
Schätzergebnisse für die Variable REV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Einleitung Die ökonomische Entwicklung moderner Volkswirtschaften ist typischerweise durch eine Abfolge von mehr oder weniger systematischen Auf- und Abwärtsbewegungen geprägt. Insbesondere Umsätze, Arbeitslosigkeit und die Entwicklung des Preisniveaus sind geprägt durch saisonale und konjunkturelle Schwankungen. Aus traditioneller, finanzwissenschaftlicher Perspektive ist es die Aufgabe der amtierenden Politiker, diese Fluktuationen in der ökonomischen Entwicklung zu verhindern oder zumindest auf ein Minimum zu reduzieren, um so deren wohlfahrtsmindernde Folgen nach Möglichkeit zu vermeiden. Wird jedoch die Annahme eines in diesem Sinne handelnden benevolenten Diktators fallen gelassen, so führt dies zu einer völlig veränderten Sichtweise auf die Rolle von Regierenden im Zusammenhang mit Konjunkturzyklen. In politökonomischen Konjunkturtheorien sind es gerade die eigennutzorientierten Politiker, welche durch Wiederwahlund/oder Ideologieinteressen systematische Schwankungen in der ökonomischen Entwicklung auslösen, bestehende Fluktuationen noch verstärken oder diese zumindest ausnutzen. Die vorliegende Arbeit leistet einen wissenschaftlichen Beitrag zur Diskussion über die empirische Relevanz solcher politischer Konjunkturzyklen. Während die frühen Modelle politischer Konjunkturzyklen noch die Annahme der adaptiven Erwartungsbildung beinhalteten, gehen aktuelle Erklärungsansätze von rationalen Erwartungen der handelnden Akteure aus. Die aus der Lucas-Kritik abgeleitete Annahme rationaler Erwartungsbildung impliziert, dass jedes zukünftige wiederwahlorientierte oder ideologische Handeln von Politikern durch die Wirtschaftssubjekte erkannt und durch entsprechende Erwartungsanpassungen konterkariert wird [Lucas (1976)]. Somit führt politisches Handeln in diesem Kontext nur dann zu realwirtschaftlichen Effekten, wenn das Handeln und die sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht vollständig antizipiert wurden. Eine erste Ursache für unvollständige Information kann die vor jedem Wahltermin herrschende Unsicherheit über den Wahlausgang bzw. über den Wahlzeitpunkt sein. Trotz Ausnutzung aller verfügbaren Informationen ist es den Wirtschaftssubjekten in der Regel nicht möglich, die nach einem Wahltermin realisierte Politik mit Sicherheit zu antizipieren, da der Wahlsieger nicht mit Sicherheit bekannt ist. Eine zweite mögliche Ursache für unvollständige Informationen kann in Informationsasymmetrien zwischen Regierenden und Wählern liegen. Die vorliegende Arbeit verfolgt insbesondere drei Ziele, die im Folgenden kurz erläutert werden. Das erste Ziel ist eine systematische Einordnung der vorhandenen theoretischen und empirischen Literatur zu politischen Konjunkturzyklen in Form eines Literaturüberblickes. In den vergangenen drei Dekaden ist eine umfangreiche Literatur entstanden, die Wahlzyklen aus einem Wiederwahlmotiv oder aus ideologischen Motiven heraus erklärt. Die verschiedenen Erklärungsansätze unterscheiden sich zum Teil grundlegend hinsichtlich der getroffenen Annahmen und hinsichtlich ihres Modellierungsansatzes. Der Überblick fokussiert insbesondere auf die Arbeiten, welche als Kernelement der Modellierung eine erwartungsmodifizierte Phillipskurve verwenden und Wahlzyklen in Arbeitslosigkeit und Inflation erklären. Alternative Erklärungsansätze und deren Ergebnisse bleiben dabei jedoch nicht unberücksichtigt. Auch die empirische Literatur ist reichhaltig. Sie liefert zudem zum Teil sehr uneinheitliche Ergebnisse, was den Ausgangspunkt für die eigenen empirischen Untersuchungen folgender Kapitel bildet. Ein Anliegen der Arbeit ist es, die vorliegende empirische Evidenz in übersichtlicher Form zu präsentieren, die Ursachen für
18
1. Einleitung
die unterschiedlichen Ergebnisse zu diskutieren und auf Schwächen der vorhandenen Arbeiten hinzuweisen. Ein zweites Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die vorhandene empirische Literatur zu rationalen ideologischen politischen Konjunkturzyklen durch die explizite Modellierung des Ausmaßes des herrschenden Grades an Wahlunsicherheit zu erweitern. Während in die theoretische Literatur zu ideologischen Konjunkturzyklen die Unsicherheit über den Wahlausgang mit der Arbeit von Alesina (1987) und die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt durch Heckelman (2001a) Eingang gefunden hat, muss die vorhandene empirische Literatur in diesem Bereich als noch unvollständig bezeichnet werden. Ein Großteil der Literatur modelliert den Grad der Wahlunsicherheit nur rudimentär oder verwendet nur wenig geeignete Daten und Schätzansätze. Der zentrale wissenschaftliche Beitrag dieser Arbeit ist die Modellierung von Wahlüberraschungen mit Hilfe von Umfragedaten über die Wahlabsichten der Bevölkerung und deren Einbeziehung in die empirische Überprüfung politischer Konjunkturzyklen. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, die empirische Modellierung an die theoretischen Modellimplikationen möglichst exakt anzupassen. Ein drittes Anliegen der Arbeit ist die Erweiterung der vorhandenen empirischen Literatur opportunistischer Wahlzyklen in staatlichen Budgetvariablen um das Risiko des Amtsverlustes der Regierung. Der Großteil der vorhandenen Literatur modelliert einen nicht auf die Popularität des Regierenden bedingten Wahleinfluss. Demnach erzeugen Regierungen zu jedem Wahltermin, unabhängig von der aktuellen Popularität, eine Verzerrung in makroökonomischen Variablen. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass sich die Politiker zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlichen politischen Notwendigkeiten zur Vorwahlmanipulation ausgesetzt sehen können. Dieser Tatsache wird in der Arbeit durch Modellierung der Wiederwahlwahrscheinlichkeiten aus Wahlumfragedaten Rechnung getragen. Im Folgenden wird kurz die Gliederung der Arbeit und die wesentlichen Ergebnisse vorgestellt. Der Hauptteil der Arbeit beginnt in Kapitel 2.1 mit einer inhaltlichen Einordnung des Begriffs eines politischen Konjunkturzyklus. Daran anschließend werden im Kapitel 2.2 die vorhandenen theoretischen und empirischen Arbeiten zu politischen Konjunkturzyklen, bei denen das Wiederwahlmotiv der Politiker im Vordergrund steht, in Form eines Literaturüberblickes vorgestellt. In der theoretischen Diskussion werden die geltenden Annahmen, die Funktionsweise der Modelle, deren Ergebnisse und die daraus folgenden empirischen Implikationen erläutert. Dabei wird die für die gesamte Arbeit gültige Modellnotation eingeführt. Bei der Vorstellung der vorhandenen empirischen Studien zeigt sich, dass die bisherige Literatur zu sehr uneinheitlichen Resultaten kommt. Hierauf aufbauend wird aus der Kritik am ausschließlich wiederwahlorientierten Verhalten der politischen Akteure heraus im Kapitel 2.3 die vorhandene theoretische und empirische Literatur zu ideologischen Konjunkturzyklen vorgestellt. Dabei wird die Literatur in der Reihenfolge ihrer chronologischen Entstehung präsentiert. Nach einer kurzen Diskussion des Modells von Hibbs (1977), welches noch adaptive Erwartungsbildung unterstellt, wird die grundlegende Modellidee des rationalen ideologischen Konjunkturmodells von Alesina (1987) vorgestellt. Dabei wird gezeigt, dass das Kernelement des Modells die unvollständige Information der Wirtschaftssubjekte über die Präferenzen der zukünftigen Regierung ist. Aufgrund der Unsicherheit über den Wahlausgang ist es trotz rationaler Erwartungsbildung nicht möglich, zukünftige Politikmaßnah-
1. Einleitung
19
men fehlerfrei zu antizipieren. Der Überblick über die vorhandenen empirischen Arbeiten kommt zu den Ergebnissen, dass erstens die Resultate noch uneinheitlich sind und zweitens die theoretische Innovation von Alesina bisher nur relativ selten explizit in den empirischen Analysen berücksichtigt worden ist. Die Kritik an den bisherigen empirischen Studien leitet direkt in das Kapitel 3 der Arbeit über. Gegenstand des Kapitels 3 ist eine empirische Untersuchung rationaler ideologischer Konjunkturzyklen. Dabei wird insbesondere auf die Kritik an der bisher unzureichenden empirischen Berücksichtigung der Wahlüberraschung eingegangen, und der Grad der herrschenden Wahlüberraschung mit Hilfe von Wahlumfragedaten modelliert. Der Aufbau dieses Teils der Arbeit ist wie folgt: In einem ersten Schritt wird der Begriff der Wahlausgangsunsicherheit erläutert und dessen Relevanz anhand von konkreten Beispielen aufgezeigt. Im zweiten Abschnitt werden die zu testenden Hypothesen aus dem Grundmodell von Alesina (1987) theoretisch hergeleitet. Es wird gezeigt, dass das Ausmaß politisch erzeugter Konjunkturschwankungen maßgeblich von der Wahlunsicherheit und dem Grad der Wahlüberraschung abhängt. Im dritten Schritt wird die vorhandene empirische Literatur im Detail diskutiert und dabei auf vorhandene Modellierungsansätze für Wahlunsicherheit und deren Schwächen eingegangen. Im Unterschied zu der Mehrzahl der vorhandenen empirischen Arbeiten wird im vierten Abschnitt die Wahlüberraschung mit Hilfe von Umfragedaten zu den Wahlabsichten der Wähler explizit modelliert. Anschließend werden die aufgestellten Hypothesen für Arbeitslosigkeit und Inflation in einer Panelanalyse empirisch überprüft. Im Ergebnis der Untersuchung kann für ein Panel von 8 OECD-Staaten die Hypothese der Existenz rationaler ideologischer Konjunkturzyklen nachgewiesen werden. Abschließend werden die gefundenen Resultate kritisch diskutiert und ein Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf gegeben. Dabei wird insbesondere auf eine bis dahin nicht berücksichtigte zweite Form der Wahlunsicherheit – die Unsicherheit über den Zeitpunkt der nächsten Wahl – eingegangen. Im Kapitel 4 wird zunächst die unterschiedliche Relevanz der Wahlzeitpunktunsicherheit anhand von Beispielen für die Vereinigten Staaten von Amerika, Deutschland und Großbritannien aufgezeigt. Hierbei wird deutlich, dass der Grad an Wahlzeitpunktunsicherheit in hohem Maße von den institutionellen Gegebenheiten des Wahlrechts der einzelnen Länder bestimmt wird. Im Anschluss werden in Kapitel 4.2 mit Hilfe des Modells von Heckelman (2001a) empirisch testbare Hypothesen hergeleitet. Das Kapitel 4.3 zeigt, dass die aus dieser Form der Wahlunsicherheit resultierende Wahlzeitpunktüberraschung in der bisherigen empirischen Literatur zu ideologischen Konjunkturzyklen weitgehend unberücksichtigt geblieben ist. Im vierten Abschnitt des Kapitels werden die verwendeten Daten, die empirische Modellierung der Wahlzeitpunktunsicherheit und die Schätzstrategie erläutert. Die folgende empirische Untersuchung auf ideologische Wahleffekte in Arbeitslosigkeit und Inflation kommt zu dem Ergebnis, dass in einem Panel von 6-OECD Staaten die Hypothese der Existenz von Wahlzyklen in Übereinstimmung mit dem Heckelman-Modell nicht abgelehnt werden kann. Zum Abschluss des Kapitels werden die gefundenen Resultate kritisch diskutiert. Gegenstand des 5. Kapitel der Arbeit ist eine empirische Untersuchung der aus dem Wiederwahlmotiv der Politiker resultierenden Wahleffekten in fiskalpolitischen Variablen. Während sich die beiden vorangegangenen Teile der Arbeit mit ideologischen Konjunkturzyklen auseinandersetzten, wendet sich das Kapitel 5 einer alternativen Klasse von politischen Konjunkturtheorien
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1. Einleitung
– den opportunistischen Konjunkturmodellen – zu. Nach einigen theoretischen Vorüberlegungen in Kapitel 5.2 wird in Kapitel 5.3 die vorhandene empirische Literatur einer genaueren Analyse unterzogen. Dabei zeigt sich, dass die vorhandenen empirischen Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen größtenteils einen nicht auf die Popularität der Regierung bedingten Vor- oder Nachwahleinfluss auf fiskalpolitische Variablen analysieren. Wie aber anekdotische und empirische Evidenz zeigt, verkürzt dieses Vorgehen die Analyse in unzulässiger Weise. Einige Regierungen besitzen eine solch hohe Popularität, dass sie auch ohne die Beeinflussung fiskalischer Variablen das Wiederwahlziel erreichen können. Aus diesem Grund konditioniert die sich anschließende empirische Untersuchung die Analyse politischer Budgetzyklen auf die Popularität der amtierenden Politiker. Im Ergebnis der Untersuchung kann in einem Panel von 9-OECD Staaten die Vorwahlbeeinflussung fiskalischer Variablen durch die amtierenden Regierungen in Abhängigkeit ihrer Wiederwahlchancen nachgewiesen werden. Abschließend werden die gefundenen Resultate kritisch diskutiert und es wird ein Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf gegeben. Die vorliegende Arbeit endet in Kapitel 6 mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einigen Schlussbemerkungen zu weiterem Forschungsbedarf.
Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen 2.1 Der Begriff des politischen Konjunkturzyklus Unter dem Begriff Konjunktur verstehen Ökonomen die zyklischen Auf- und Abwärtsbewegungen der Wirtschaftstätigkeit um das langfristige Trendwachstum herum. Der vollständige Bewegungsablauf von Aufschwung über Abschwung und deren oberen und unteren Umkehrpunkte wird als Konjunkturzyklus bezeichnet [vgl. Blanchard und Illing (2006)]. Ein durchschnittlicher Konjunkturzyklus weißt eine Länge von sieben bis zwölf Jahren auf. Es handelt sich somit um ein mittel- bis langfristiges Phänomen.1 Ein politischer Konjunkturzyklus entsteht, wenn demokratisch legitimierte Regierungen motiviert durch Eigeninteressen wirtschaftspolitische Instrumente einsetzen und dabei kurzfristig systematische Schwankungen in der Wirtschaftstätigkeit auszulösen. Bei einem politischen Konjunkturzyklus handelt es sich um ein kurz- bis mittelfristiges Phänomen. Ein Kernelement bei der modelltheoretischen Erklärung politischer Zyklen ist die Abkehr von der Annahme rein benevolenter Politiker, welche ökonomische Fluktuationen durch geeignete Stabilisierungspolitik ausgleichen und dabei die gesellschaftliche Wohlfahrt verfolgen. Die Vertreter der politischen Konjunkturtheorie gehen stattdessen davon aus, dass Politiker eigennutzorientiert handeln und bewusst Wiederwahl- und/oder Ideologieinteressen verfolgen. Anthony Downs bemerkt dazu: ”Die Politiker verwenden politische Konzepte und Aktionen einzig und allein als Mittel zur Verfolgung ihrer privaten Ziele (...)” [Downs (1968), S. 27]. Alle dieser Arbeit zugrunde liegenden politischen Konjunkturerklärungen unterstellen den handelnden Akteuren die bewusste Erzeugung von ökonomischen Schwankungen oder die bewusste Ausnutzung günstiger ökonomischer Bedingungen. Unbewusst erzeugte politische Konjunkturzyklen, wie sie z. B. im Rahmen monetaristischer Konjunkturmodellen beschrieben werden, sind ausdrücklich nicht Gegenstand dieser Arbeit.2 Die verschiedenen Erklärungsansätze bewusst erzeugter politischer Konjunkturzyklen können in Abhängigkeit des zugrunde liegenden Handlungsmotivs der Politiker und der Art der Erwartungsbildung grundsätzlich in vier Kategorien unterteilt werden. Modelle in denen das Wiederwahlinteresse im Vordergrund steht werden als opportunistisch bezeichnet. Verfolgen die handelnden Politiker unabhängig von Wahlen Parteiinteressen, so spricht man von ideologischen oder Partisan-Modellen. Sowohl die Modelle der opportunistischen als auch die der ideologischen Konjunkturzyklen werden nach der Art der Erwartungsbildung in adaptive oder rationale Theorien unterschieden [vgl. dazu z. B. Drazen (2000)]. Zwischen den ”puren” Kategorien stehen 1
2
In der Literatur finden sich eine Reihe weiterer zeitlicher Einteilungen von Konjunkturzyklen. Schon Kitchin (1923) beschreibt Konjunkturzyklen mit einer Wellenlänge von 3-4 Jahren (Kitchin-Zyklen). Die in der theoretischen und empirischen Konjunkturforschung am häufigsten unterstellte Zykluslänge beträgt 7-12 Jahre. Schumpeter (1939) bezeichnet diese mittelfristigen Schwankungen als JuglarWellen. Eher langfristige Konjunkturphänomene, die auf industrielle Schocks zurückzuführen sind, werden in der Literatur als Kuznets-Zyklen (18 bis 22 Jahre) bzw. Kondratieff-Zyklen bezeichnet (40 bis 60 Jahre) [vgl. dazu Assenmacher (1998), S. 17 ff.]. Für eine ausführliche wissenschaftssystematische Einordnung politischer Konjunkturzyklen in die Gesamtheit aller Konjunkturerklärungen siehe Belke (1996), S. 8ff.
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2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
”gemischte” Modelle, welche das Wiederwahl- mit dem Ideologieinteresse kombinieren. Scheuerle (1999, S. 3) bezeichnet diese Art von Modellen als ideologisch-opportunistische Konjunkturtheorien. Die Abbildung 2.1 veranschaulicht die verschiedenen Kategorien bewusst erzeugter politischer Konjunkturzyklen und benennt deren wichtigste Vertreter in der Literatur. In den sich
Abbildung 2.1: Systematik politischer Konjunkturtheorien
anschließenden Abschnitten werden kurz die Grundmodelle opportunistischer und ideologischer Konjunkturzyklen mit adaptiver und rationaler Erwartungsbildung vorgestellt. Dabei ist die Vorgehensweise wie folgt: Im ersten Schritt werden die dem jeweiligen Modell zugrunde liegenden Annahmen eingeführt und kurz erläutert. Es wird gezeigt, dass der ökonomische Grundgedanke der hier ausführlicher vorgestellten Modelle identisch ist. Alle Ansätze nehmen einen negativen Zusammenhang zwischen dem Erwartungsfehler der Inflationsrate (tatsächliche Inflationsrate minus erwartete Inflationsrate) und der Arbeitslosigkeit an. Die zentralen Unterschiede zwischen den einzelnen Erklärungsansätzen entstehen entweder aus der Form der Erwartungsbildung (adaptiv vs. rational) bzw. aus den Annahmen über die Zielfunktion der politischen Akteure (opportunistisch vs. ideologisch). Im zweiten Schritt wird die Funktionsweise der Modelle in einer graphischen oder formalen Analyse erklärt. Daran anschließend werden die aus den Modellen abgeleiteten Implikationen für das Verlaufsmuster makroökonomischer Variablen beschrieben. Im Anschluss an die modelltheoretische Betrachtung erfolgt eine kritische Würdigung des jeweiligen Erklärungsansatzes. Politische Konjunkturtheorien sind Gegenstand vieler empirischer Studien geworden. Die zum Teil sehr heterogenen Ergebnisse der bisherigen empirischen Arbeiten werden im Anschluss an die theoretische Betrachtung vorgestellt. Dabei wird sowohl auf die benötigten Daten als auch auf ein grundlegendes, einfaches Testdesign eingegangen. Die Resultate der bisherigen empirischen Studien werden in Tabellenform zusammengefasst und kurz diskutiert. Für eine ausführliche Herleitung der für die empirischen Tests notwendigen Hypothesen und eine umfangreiche Diskussion
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
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der am engsten verwandten empirischen Arbeiten, sei auf die Kapitel 3, Kapitel 4 und Kapitel 5 der Arbeit verwiesen.
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen Die Gemeinsamkeit aller opportunistischen Theorien politischer Konjunkturzyklen ist die Annahme des wiederwahlorientierten Regierungsverhaltens. Die Vertreter der Neuen Politischen Ökonomie verwerfen das Bild eines die gesellschaftliche Wohlfahrt maximierenden benevolenten Politikers. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass die Politiker, genau wie die Wähler, ausschließlich ihren individuellen Nutzen maximieren. Opportunistische Politiker erzielen Nutzen aus dem politischen Amt. Dieser besteht laut Max Weber insbesondere aus Einkommen, Macht und Prestige [vgl. Weber (1919)]. Der zweite Akteur, der Wähler, stimmt am Wahltag für den Politiker, von dem er sich den höchsten Erwartungsnutzen verspricht. Dabei kann die Antizipation des zukünftigen Wählernutzens durch retrospektive (in Modellen mit adaptiver Erwartungsbildung) oder prospektive (in Modellen mit rationaler Erwartungsbildung) Bewertung der Politik erfolgen. Mit dem Ziel der Nutzenmaximierung, welches grundsätzlich durch die Maximierung der Verweildauer im Amt erreicht wird, setzen die amtierenden Politiker ihre wirtschaftspolitischen Instrumente so ein, dass zum Zeitpunkt der Wahl eine von den Wählern als möglichst positiv beurteilte Situation eintritt. 2.2.1 Theorien opportunistischer Konjunkturzyklen mit adaptiver Erwartungsbildung Die Beobachtung, dass Regierende sich eigennutzmaximierend verhalten, ist nicht neu. In der Literatur findet sich eine Reihe von Arbeiten, welche genau diese Motivation von Politikern beschreiben. Um nur einige wenige Arbeiten zu nennen, sei z. B. auf Wicksell (1896), Kalecki (1943) oder Downs (1957) verwiesen. In diesen Arbeiten ist das zentrale Handlungsmotiv der Politiker der menschliche Egoismus. Jede politische Entscheidung wird einzig und allein aus einem individuellen Nutzenmaximierungskalkül getroffen. Schon in diesen frühen Arbeiten wird der Begriff ”Political Business Cycle” verwendet. Die erste vollständige politökonomische Konjunkturtheorie liefert allerdings erst Nordhaus (1975). Er zeigt anhand einer repräsentativen Demokratie mit zyklischen Wahlen und machtorientierten politischen Entscheidungsträgern, dass makroökonomische Variablen über die Legislaturperiode hinweg systematischen, Wahl bedingten Schwankungen unterliegen. Im Nordhaus-Modell beeinflussen die amtierenden Politiker bewusst das Verlaufsmuster ökonomischer Variablen mit dem Ziel, die eigene Wiederwahl zu sichern. Nordhaus gibt den Regierenden das nötige Instrumentarium zur Beeinflussung der ökonomischen Aktivität, um bei richtiger Terminierung sich die Wiederwahl zu sichern. Fast zeitgleich entstanden weitere Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen; zu nennen sind die Arbeiten von Fair (1975), Lindbeck (1975) und McRae (1977).3 All diese frühen Modelle bewegen sich in einer vergleichbaren Modellwelt und führen darüber hinaus zu ähnlichen Ergebnissen. Im Folgenden wird das 3
Für einen Überblick für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser frühen Ansätze vgl. Scheuerle (1999), S. 20. Eine umfangreichere Darstellung aller frühen Arbeiten zu politischen Konjunkturzyklen findet sich bei Tufte (1980).
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2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Nordhaus-Modell als prominentester Ansatz vorgestellt. Die Annahmen des Nordhaus-Modells sind: A1a: Der ökonomische Zusammenhang zwischen Inflation, Inflationserwartungen und Arbeitslosigkeit ist durch eine erwartungsmodifizierte Phillipskurve beschrieben:4 ut = u¯ − (πt − πte )
(2.1)
wobei ut die Arbeitslosenquote, u¯ die natürliche Arbeitslosenquote, πt die von der monetären Autorität gesetzte Inflationsrate und πte die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte zum Zeitpunkt t sind. Übersteigt die tatsächliche Inflationsrate die erwartete Inflationsrate, dann sinkt die Arbeitslosenquote der Ökonomie unter ihr natürliches Niveau und vice versa. Die Intuition des Phillipskurvenzusammenhangs ist wie folgt: Die Arbeitnehmer oder deren Vertreter setzen in den Lohnverhandlungen mit den Arbeitgebern Lohnsteigerung in Höhe der erwarteten Inflationsrate durch. Übersteigt in der Folge die tatsächliche Inflationsrate die Lohnsteigerung, dann sinkt der Reallohn. Sinkende Reallöhne führen zu einer höheren Arbeitsnachfrage und somit zu sinkender Arbeitslosigkeit und höherem Output. Umgekehrtes gilt wenn die Inflation niedriger ist als die Inflationserwartungen der Arbeitnehmer [vgl. dazu z. B. Alesina, Roubini und Cohen (1997), S. 37f.]. Auf die Modellierung stochastischer Schocks, welche den Umfang der Arbeitslosigkeit, die natürliche Arbeitslosenquote oder die Höhe der Inflationsrate beeinflussen, wird in diesem Teil der Arbeit verzichtet. Die qualitativen Ergebnisse bleiben von dieser vereinfachenden Annahme unberührt. A2a: Der amtierende Politiker kann die Höhe der Inflation in der Ökonomie frei wählen. Die Annahme A2a besitzt Gültigkeit für alle der hier ausführlicher vorgestellten politischen Konjunkturtheorien. In allen Erklärungsansätzen ist es essentiell, dass der amtierende Politiker in der Lage ist Einfluss auf die Geldpolitik zu nehmen. Die Erweiterung der Annahme um zufällige Steuerungsfehler in der Geldpolitik bleibt ohne materiellen Einfluss auf das Modellergebnis. Ohne die Annahme A2a sind politische Konjunkturzyklen über einen monetären Transmissionskanal nicht möglich. Die Gültigkeit der Annahme ist in der Literatur nicht unumstritten und wird am Ende der Modellvorstellung kritisch diskutiert. A3a: Die Wirtschaftssubjekte bilden adaptive Inflationserwartungen: e − πt−1 ) πte = πt−1 + λ · (πt−1
(2.2)
mit 0 ≤ λ < 1. Die Wirtschaftssubjekte erwarten die Inflationsrate der Vorperiode, korrigiert um den Anteil λ des Erwartungsfehlers der Periode t − 1. Die adaptive Form der Erwartungsbildung impliziert einen 4
Der Begriff der Phillipskurve geht auf eine empirische Untersuchung von Phillips (1958) zurück. Phillips wies einen negativen Zusammenhang zwischen Unterbeschäftigung und der nominellen Lohnsteigerungsrate in Großbritannien empirisch nach. Später wurde die Phillipskurvendiskussion maßgeblich von Samuelson und Solow (1960) vorangetrieben. Die explizite Einbeziehung der Erwartungsbildung geht auf Phelps (1967) und Friedman (1968) zurück.
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
25
systematischen Erwartungsfehler der Wirtschaftssubjekte bei Veränderungen der Inflationsrate. Einsetzen der Inflationserwartungen der Vorperioden in die Gleichung (2.2) führt zu folgendem Zusammenhang: ⎤ ⎡ ∞ (2.3) λj · πt−j−1 ⎦ . πte = (1 − λ) · ⎣ j=0
Das Einsetzen von Gleichung (2.3) in die Gleichung (2.1) führt zu folgender Darstellung der erwartungsmodifizierten Phillipskurve: ⎤⎞ ⎛ ⎡ ∞ j (2.4) λ · πt−j−1 ⎦⎠ . ut = u¯ − ⎝πt − (1 − λ) · ⎣ j=0
Wie die Gleichung (2.4) zeigt, kann der amtierende Politiker, gegeben die Inflationsraten der Vergangenheit, jede beliebige Arbeitslosenquote ut erreichen, indem er die Inflationsrate πt entsprechend wählt. Die Annahme A3a in Verbindung mit der erwartungsmodifizierten Phillipskurve gibt dem amtierenden Politiker das notwendige Instrument, die Ökonomie in seinem Sinne zu beeinflussen. Zur Vereinfachung der Modelldarstellung wird im Fortgang der Untersuchung für den Korrekturfaktor des Erwartungsfehler λ ein Wert von Null angenommen. A4a: Alle Politiker sind identisch. Politiker ziehen ausschließlich Nutzen aus dem Amt per se. Der Nutzen des Politikers in Regierungsverantwortung (U Amt ) ist immer größer als der Nutzen des Politikers in der Opposition (U ohneAmt ). Folglich maximieren alle Politiker die Verweildauer im Amt. Mit welcher Strategie der Regierende den Machterhalt sichert, ist nicht unumstritten. Frey und Lau (1968) diskutieren die sechs folgenden Strategien: (i) Stimmenmaximierung, (ii) Maximierung des relativen Stimmenanteils, (iii) Maximierung der Stimmenmehrheit, (iv) Erreichung einer minimalen Mehrheit, (v) Beibehaltung einer Mehrheit und (vi) Maximierung der Wahrscheinlichkeit eines Wahlsieges [vgl. Frey und Lau (1968), S. 357f.]. Nordhaus nimmt an, dass die amtierenden Politiker die Strategie (iii) der Maximierung der Stimmenmehrheit verfolgen. Für die sich anschließende Modelldarstellung wird die Strategie (iii) durch die Strategie (iv) – Erreichung einer minimalen Mehrheit – ersetzt.5 A5a: Nordhaus (1975) nimmt an, dass sich die Wohlfahrt der Wähler als eine Funktion der Arbeitslosenquote und der Inflationsrate ausdrücken lässt, wobei der individuelle Nutzen negativ mit Arbeitslosigkeit und Inflation korreliert ist. In seiner formalen Lösung modelliert Nordhaus die Präferenzfunktion der Wähler quadratisch in der Arbeitslosenquote und linear in der Inflation.6 Formal lässt sich die Verlustfunktion der Wähler wie folgt darstellen: vt = −(u)2t − α · πt 5 6
(2.5)
Schon Nordhaus (1975, S. 174, Fußnote 2) weist darauf hin, dass dies die realistischere Annahme ist. Die qualitativen Ergebnisse bleiben durch die veränderte Annahme unberührt. Die spezielle Form der Nutzenfunktion wurde von Nordhaus willkürlich festgelegt. Mit der gewählten Form ist die analytische Lösung am einfachsten.
26
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
wobei vt der Verlust des repräsentativen Wählers und α ein Gewichtungsfaktor ist. Aus der Präferenzfunktion kann die Funktion der Wiederwahlwahrscheinlichkeit des Amtsinhabers bestimmt werden: n (2.6) eτ i · vt−i . Pt = P i=1
Die Wiederwahlwahrscheinlichkeit Pt ist abhängig von der Summe der Verluste der Wähler während der Amtszeit (i = 1, ..., n), wobei die Verluste mit dem Faktor τ diskontiert werden.7 Die erste Ableitung der Funktion Pt nach dem Periodenverlust vt−i ist negativ. Höhere Arbeitslosenquoten und Inflationsraten führen zu größeren Nutzenverlusten bei den Wählern und damit zu einer geringeren Wiederwahlwahrscheinlichkeit. Des Weiteren geht Nordhaus davon aus, dass die Wähler stark myopisch sind (τ ist groß), d. h. sie diskontieren die Vergangenheit sehr stark. Somit hat der Zustand der Ökonomie unmittelbar vor der Wahl den größten Einfluss auf die Wahlentscheidung der Wirtschaftssubjekte [vgl. Nordhaus (1975), S. 174]. A6a: Es finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Die Länge der Legislaturperiode ist exogen fixiert.
Abbildung 2.2: Phillipskurven und Isogewinnlinien im Nordhaus-Modell
Die Abbildung 2.2 ist der Ausgangspunkt für die Erläuterung des Nordhaus-Modells. Die senkrechte LPK-Kurve beschreibt die langfristige Phillipskurve. Für jeden Punkt auf der Kurve gilt zu jedem Zeitpunkt, dass die Inflationserwartungen der tatsächlichen Inflationsrate entsprechen 7
Prinzipiell könnte in der Wiederwahlfunktion auch ein stochastischer Einfluss auf das Wahlergebnis berücksichtigt werden. Dies würde dazu führen, dass der Politiker in Unkenntnis der Ausprägung des stochastischen Schocks die Ökonomie zusätzlich beeinflusst. Vgl. dazu Nordhaus (1975), S. 174.
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
27
(πte = πt ). Die KPK-Kurve zeigt beispielhaft eine kurzfristige Phillipskurve. Gemäß Gleichung (2.1) weist diese eine negative Steigung auf. Übersteigt die tatsächliche Inflationsrate die Inflationserwartungen, dann sinkt die Arbeitslosenquote und vice versa. Aufgrund der von Nordhaus angenommenen adaptiven Erwartungsbildung (vgl. Gleichung (2.2)) sind die Inflationserwartungen in der Gegenwart abhängig von den Inflationsraten der Vergangenheit. Steigt die gegenwärtige Inflationsrate, dann steigen in Zukunft auch die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte. Die Lage der KPK-Kurve im Phillipskurvendiagramm wird also durch die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte bestimmt. Höhere Inflationserwartungen verschieben die KPK-Kurve nach oben, d. h. die gleiche Arbeitslosenquote kann nur unter Inkaufnahme einer höheren Inflationsrate erzeugt werden. Die grauen Kurven stellen die Isostimmenkurven dar. Die Isostimmenkurven ergeben sich aus der Wiederwahlwahrscheinlichkeitsfunktion (2.6). Jede der Kurven beschreibt alle Kombinationen von Arbeitslosenquote und Inflationsrate, die zur gleichen Anzahl an Wählerstimmen führen. Die maximale Stimmenzahl wird bei einer Arbeitslosenquote und einer Inflationsrate von jeweils null erreicht. Mit steigender Arbeitslosigkeit und Inflation verringert sich die Anzahl der erreichbaren Stimmen. Für die Wiederwahl der amtierenden Regierung muss diese mindestens einen Punkt auf der 50%-Isostimmenkurve erreichen.8 Jede Kombination rechts der 50%-Isostimmenkurve führt zur Abwahl, jeder Punkt auf oder unterhalb der Kurve zur Wiederwahl der amtierenden Regierung. In Abbildung 2.3 wird die Funktionsweise des Nordhaus-Modells veranschaulicht. Es wird angenommen, dass die Ausgangssituation einer
Abbildung 2.3: Die Funktionsweise des Nordhaus-Modells
8
An dieser Stelle wird abweichend von Nordhaus (1975) auf einen stochastischen Wahleinfluss verzichtet. Vereinfachend wird argumentiert, dass jede Regierung die einen Punkt auf der 50%Isostimmenkurve erreicht sicher wiedergewählt wird.
28
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
zur Wiederwahl stehenden Regierung der Punkt A sei. Im Punkt A schneidet die kurzfristige Phillipskurve (KPK1) die LPK-Kurve. Gegeben der die Lage der KPK1-Kurve bestimmenden Inflationserwartungen, ist es für die amtierende Regierung nicht möglich die nächste Wahl zu gewinnen. Der aus Punkt A erreichbare Stimmenanteil ist kleiner als 50%. Für eine Wiederwahl muss die Regierung die Inflationserwartungen soweit senken, dass sie mindestens die KPK2Kurve erreicht. Die Regierung reduziert durch eine kontraktive Geldpolitik die Inflationsrate in der Ökonomie und erhöht dadurch die Arbeitslosigkeit. Die Ökonomie bewegt sich aus dem Punkt A in den Punkt B. Über die adaptive Erwartungsbildung sinkt die von den Wählern antizipierte Inflationsrate, es kommt zu einer Linksverschiebung der kurzfristigen Phillipskurve (KPK1 nach KPK2). Bei unveränderter Geldpolitik sinkt die Arbeitslosenquote bei konstanter Inflationsrate und konstanten Inflationserwartungen. In Abbildung 2.3 entspricht dies der Bewegung von Punkt B in den Punkt C. Aus dem Punkt C heraus ist es der Regierung möglich durch eine expansive Geldpolitik die Arbeitslosigkeit zu reduzieren und die 50%-Isostimmenkurve in Punkt D zu erreichen. Ist die Politik richtig terminiert, wird die Regierung von den Wählern im Amt bestätigt. Allerdings ist der Punkt D auf Dauer nicht haltbar, da sich dieser nicht auf der langfristigen Phillipskurve befindet. Die Anpassung der Inflationserwartungen an die zum Wahlzeitpunkt höhere Inflation, führt nach der Wiederwahl zu einer Rechtsverschiebung der KPK2Kurve. Somit wird die Ausgangslage wieder erreicht und ein kompletter Zyklus ist abgeschlossen, der sich in der beschriebenen Form wiederholt. Das aus dieser Analyse resultierende Verlaufsmuster der makroökonomischen Variablen ist folgendes: Unmittelbar vor dem Wahltermin sinkt die Arbeitslosenquote und es steigt die Inflationsrate. Nach der Wahl, in der erneuten Anlaufphase, sinkt die Inflationsrate und die Arbeitslosigkeit nimmt zu. Das schematische Verlaufsmuster von Inflationsrate und Arbeitslosigkeit ist in Abbildung 2.4 dargestellt.
Abbildung 2.4: Opportunistische Konjunkturzyklen bei adaptiver Erwartungsbildung
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
29
Das Nordhaus-Modell ist in der Folge in mehrerlei Hinsicht kritisiert worden. Kritisiert wird sowohl das ökonomische System als auch das unterstellte politische System. Kritische Auseinandersetzungen mit dem Nordhaus-Modell finden sich in Freyer (1978, S. 171-186) und Scheuerle (1999, S. 34-50). An dieser Stelle werden nur die wesentlichen Kritikpunkte genannt. Ein erster Punkt ist die Annahme der freien Steuerbarkeit der Inflationsrate durch die Regierung. In Zeiten unabhängiger Zentralbanken (oder auch einer europäischen Zentralbank) ist diese Annahme als fragwürdig oder gar unrealistisch einzustufen. Der Regierungseinfluss auf die Inflationsrate sollte bei unabhängigen Zentralbanken gering sein. Hingegen könnte der unmittelbare Einfluss auf fiskalpolitische Instrumente wie z. B. Staatsausgaben oder Steuern höher sein (vgl. dazu auch Kapitel 5 dieser Arbeit). Bei Aufgabe der Annahme A2a verschwindet der politische Konjunkturzyklus im Nordhaus-Modell. Den Regierenden würde das geldpolitische Instrument zur Beeinflussung der ökonomischen Aktivität genommen. Des Weiteren stellt sich die Frage nach der exakten Terminierbarkeit der erzeugten Zyklen. Unvorhersehbare Wirkungsverzögerungen in der Geldpolitik können die Schaffung günstiger Wiederwahlbedingungen stark erschweren, wenn nicht unmöglich machen. Nordhaus nimmt vereinfachend an, dass die Abfolge der Wahltermine exogen fixiert ist. Für die meisten demokratischen Staaten ist dies aber nicht der Fall. Regierungen müssen dann nicht die makroökonomischen Variablen beeinflussen, sondern können eventuell die vorhandenen Spielräume bei der Festsetzung der Wahltermine ausnutzen. Ein vierter, schwerwiegender Kritikpunkt ist die Annahme adaptiver Erwartungsbildung in Kombination mit stark myopischen Wählern. Bei ihrer Wahlentscheidung berücksichtigen die Wähler die ökonomische Situation der jüngsten Vergangenheit und vernachlässigen dabei völlig die vorhersehbaren Nutzenverluste in der Nachwahlperiode. Aufgrund der adaptiven Erwartungsbildung begehen die Wirtschaftssubjekte bei jeder Änderung der Inflationsrate einen systematischen Erwartungsfehler und lassen sich von den am Wahltag günstigen ökonomischen Bedingungen täuschen. Es ist unrealistisch anzunehmen, dass die Wirtschaftssubjekte das Politikverhalten auf Dauer nicht erkennen und die absehbar zukünftige Wirtschaftslage nicht in ihre Wahlentscheidung einfließen lassen. Wie Eslava (2005) zeigt, wird eine durch den Wähler erkannte Täuschung mit Stimmenverlusten oder Abwahl des Politikers bestraft. Insbesondere die Kritik an der adaptiven Erwartungsbildung wurde in der Folgezeit häufig aufgegriffen und das Grundmodell von Nordhaus zu opportunistischen Konjunkturtheorien mit rationaler Erwartungsbildung weiterentwickelt. Die Vorstellung deren Grundidee ist Gegenstand des folgenden Kapitels. Nichtsdestotrotz ist das Nordhaus-Modell als die erste vollständige politische Konjunkturtheorie von besonderer Bedeutung. 2.2.2 Theorien opportunistischer Konjunkturzyklen mit rationaler Erwartungsbildung Der vorangegangene Abschnitt hat gezeigt, dass die Annahme adaptiver, auf die Vergangenheit bezogener Erwartungsbildung es dem Regierenden im Nordhaus-Modell ermöglicht, die Ökonomie am Wahltag zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Erkennen die Wähler den Anreiz der Regierung, einen opportunistischen Zyklus zu erzeugen, und berücksichtigen sie die absehbaren zukünftigen Nutzenverluste bei ihrer Wahlentscheidung, dann kann strategisches Wahlverhalten den opportunistischen Wahlzyklus verhindern. Die Regierung ist nicht länger in der Lage, die Arbeitslosigkeit auf Kosten unerwarteter Inflation zu senken [vgl. McRae (1977)]. Aus dieser Kritik heraus, haben eine Reihe von Autoren die opportunistische Theorie um rationale Erwartungen
30
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
erweitert. Zu nennen sind hierbei insbesondere die Arbeiten von Cukierman und Meltzer (1986), Rogoff und Sibert (1988), Rogoff (1990), Persson und Tabellini (1990), Lohmann (1998), Herrendorfer und Neumann (2000), Persson und Tabellini (2002) und Shi und Svensson (2006). Nahezu alle der vorgenannten Autoren verbinden in ihren theoretischen Erklärungsansätzen die Kompetenz der Politiker mit asymmetrischer Informationsverteilung zwischen Regierung und Wählern. Verschiedene Regierungen können unterschiedlich kompetent in der Lösung wirtschaftlicher Fragestellungen sein.9 Kompetenz wird häufig als privates Gut modelliert, d. h. die Regierung kennt ihre eigenen Fähigkeiten, die Wählerschaft kann diese aber erst mit einer Wirkungsverzögerung beobachten. Kompetentere Regierungen erzeugen bei den Wirtschaftssubjekten ein höheres Nutzenniveau. Politische Wahlen dienen in diesen Modellen der Auswahl der im Erwartungswert kompetentesten Regierung. Jede opportunistisch motivierte Regierung versucht am Wahltag dem Wähler eine möglichst hohe Kompetenz zu signalisieren. Dieses Verhalten, in Verbindung mit der asymmetrischen Informationsverteilung, kann zu wahlbedingten zyklischen Schwankungen in der Ökonomie führen. Die verschiedenen Ansätze unterscheiden sind zum Teil grundsätzlich in ihrer theoretischen Herangehensweise [vgl. dazu z. B. Berlemann (1999) oder Drazen (2000).] Der mit der Phillipskurvenmodellierung des Nordhaus-Modells am engsten verwandte Erklärungsansatz ist die Arbeit von Persson und Tabellini (1990). Die Annahmen und die Funktionsweise des Persson-TabelliniModells werden im Folgenden ausführlicher dargestellt. A1b: In Analogie zu Nordhaus (1975) beschreiben Persson und Tabellini (1990) den Zusammenhang zwischen Inflation, Inflationserwartungen und Arbeitslosigkeit über eine erwartungsmodifizierte Phillipskurve. Der zentrale Unterschied liegt in der Aufnahme eines Kompetenzterms in die Modellgleichung. ut = u¯ − (πt − πte ) − ηt
(2.7)
wobei ut die Arbeitslosenquote, u¯ die natürliche Arbeitslosenquote, πt die von der monetären Autorität gesetzte Inflationsrate und πte die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte zum Zeitpunkt t sind. Die Variable ηt misst die Kompetenz der amtierenden Regierung. Eine kompetente Regierung ist in der Lage die Arbeitslosenquote ohne inflationäre Überraschung unter das natürliche Niveau zu senken. Inkompetente Politiker zeichnen sich dadurch aus, dass ohne Inflationsüberraschungen die Arbeitslosigkeit über der kompetenzbereinigten natürlichen Arbeitslosenquote liegt. Persson und Tabellini modellieren die Kompetenz einer Regierung als MA(1) Moving Average Prozess: ηt = κt + κt−1 Die Kompetenz einer Regierung setzt sich aus den zufälligen und unabhängigen Kompetenzschocks κ der Perioden t und t − 1 zusammen. Der Erwartungswert der Verteilung der Kompe-
9
In nahezu allen rationalen opportunistischen Modellen wird die jeweilige Kompetenz der amtierenden Regierung über einen einfachen stochastischen Prozess modelliert. Somit ist die Fähigkeit zufällig und unabhängig vom individuellen Ressourceneinsatz der Regierung.
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
31
tenzschocks ist E(κt ) = 0. Die MA(1) Modellierung stellt sicher, dass eine kompetente Regierung nicht plötzlich inkompetent wird.10 A2b=A2a: Der amtierende Politiker kann die Höhe der Inflation in der Ökonomie frei wählen. A3b: Die Wirtschaftssubjekte bilden rationale Inflationserwartungen. πte = E(πt |It−1 )
(2.8)
dabei beschreibt die Variable It−1 die Summe der verfügbaren Informationen in Periode t − 1. Die Hypothese rationaler Erwartungen wurde von Muth (1961) in die ökonomische Literatur eingeführt. Er kritisierte, dass adaptive, auf die Vergangenheit bezogene Erwartungsbildung zu systematischen Erwartungsfehlern führt. Es sei unrealistisch anzunehmen, dass die Wirtschaftssubjekte das Wissen über Theorien, Daten und Verhaltensweisen nicht nutzen und somit die systematische Täuschung vermeiden. Auch bei rationaler Erwartungsbildung begehen die Wirtschaftssubjekte unsystematische Erwartungsfehler. Der Umfang dieser zufälligen Fehler ist abhängig von der verfügbaren Informationsmenge. Die Informationsstruktur im Persson-TabelliniModell wird später konkretisiert. A4b: Alle Politiker sind identisch. Die Politiker besitzen grundsätzlich die gleiche Zielfunktion wie die privaten Wirtschaftssubjekte. Zusätzlich erzielen sie einen Nutzen aus dem politischen Amt. Ohne Berücksichtigung der ökonomischen Situation ist der Nutzen im Amt (U Amt ) größer als der Nutzen in der Opposition (U ohneAmt ). A5b: Die Wohlfahrt der privaten Wirtschaftssubjekte kann wieder als eine Funktion der Arbeitslosenquote und der Inflationsrate modelliert werden. Die Wähler bevorzugen niedrige Arbeitslosenquoten und niedrige Inflationsraten, d. h. sie ziehen eine kompetente Regierung einer inkompetenten Regierung vor. A6b=A6a: Es finden regelmäßig Wahlen statt. Die Länge der Legislaturperiode ist exogen fixiert. Im Folgenden wird kurz das Signalling-Spiel zwischen Regierung und Wählern beschrieben und dabei auf die verschiedenen möglichen Signalling-Gleichgewichte eingegangen. Im Modell von Persson und Tabellini gibt es zwei Typen von Regierungen, kompetente (mit κ > 0) und inkompetente (mit κ < 0). Die Wahrscheinlichkeiten für die Realisierung der beiden Kompetenzzustände sind identisch. Der Erwartungswert der Kompetenz des Herausforderers ist E(κ) = 0. In Abbildung 2.5 ist der ökonomische Handlungsspielraum unterschiedlicher Regierungen in Form alternativer kurzfristiger Phillipskurven dargestellt. Wie zu erkennen ist, erreicht eine kompetente Regierung jede beliebige Arbeitslosenrate mit einer niedrigeren Inflationsrate als eine vergleichbare inkompetente Regierung. Je kompetenter eine Regierung ist, desto niedriger ist die kompetenzbereinigte natürliche Arbeitslosigkeit und desto weiter links verläuft die
10
Persson und Tabellini argumentieren, dass durch diese Modellierung die eher langsamen Veränderungen der politischen Realität besser widergespiegelt werden. Vgl. dazu Persson und Tabellini (1990), S. 81. Prinzipiell kann die Kompetenz auch nur in Abhängigkeit des Schocks aus Periode t modelliert werden. Die qualitativen Ergebnisse bleiben davon unberührt. Vgl. dazu Alesina, Roubini und Cohen (1997), S. 38ff.
32
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Abbildung 2.5: Phillipskurven im Persson-Tabellini-Modell
langfristige Phillipskurve. Die Lage der kurzfristigen Phillipskurven unterscheidet sich in gleicher Weise in Abhängigkeit des vorliegenden Kompetenzschocks. Persson und Tabellini unterteilen die Legislaturperiode in zwei gleich lange Subperioden, in eine Wahlperiode t = 0 und eine Nicht-Wahlperiode t = 1. In der Periode t = 1 spielt die Kompetenz keine Rolle, da für die amtierende Regierung nicht die Gefahr des Amtsverlusts besteht. Die monetäre Autorität setzt die von den Wirtschaftssubjekten erwartete Inflationsrate. Die Arbeitslosenquote verharrt auf dem ”kompetenzbereinigten” natürlichen Niveau [vgl. Scheuerle (1999), S. 131]. In der Wahlperiode, in der die Kompetenz der Regierung nun einen Einfluss auf die Wahlentscheidung hat, entsteht ein Signalling-Spiel zwischen Regierung und Wählern. Das Signalling-Spiel hat zwei denkbare Gleichgewichte – ein Separating-Gleichgewicht und ein Pooling-Gleichgewicht. Bevor im ersten Schritt die Intuition für das Separating-Gleichgewicht gegeben wird, ist es zweckmäßig, den zeitlichen Handlungsablauf in Periode t = 0 zu beschreiben. (1.) Vor dem Wahltermin beobachtet die Regierung ihren aktuellen Kompetenzschock. (2.) Die Wähler bilden ihre Inflationserwartungen in Unkenntnis des aktuellen Kompetenzschocks. (3.) Die Regierung, in ihrer Funktion als amtierende monetäre Autorität, setzt die Inflationsrate. Diese ist durch die Wirtschaftssubjekte nicht unmittelbar beobachtbar. (4.) Die Wähler beobachten die Arbeitslosenquote, schließen daraus auf die Kompetenz der amtierenden Regierung und treffen ihre Wahlentscheidung. (5.) Nach den Wahlen kann die Inflationsrate beobachtet11 und auf die tatsächliche Kompetenz der Regierung geschlossen werden. 11
Diese Annahme über die zeitliche Verzögerung in der Beobachtbarkeit der Inflation ist für das Modell von entscheidender Bedeutung. Könnten die Wirtschaftssubjekte die Inflation sofort beobachten, könnten sie auf die aktuelle Kompetenz der Regierung schließen (aus der Gleichung ηt = u ¯ − ut − (πt − πte )). In diesem Fall gäbe es keinen politischen Konjunkturzyklus im vorliegenden Modell. Vgl. dazu Persson und Tabellini (1990), S. 82.
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
33
Im Separating-Gleichgewicht12 kann eine kompetente Regierung ihre hohe Kompetenz glaubwürdig dem Wähler signalisieren und wird immer im Amt bestätigt. Prinzipiell besteht aufgrund der vorhandenen Informationsasymmetrie für jeden Regierungstyp die Möglichkeit, eine hohe Kompetenz durch Erzeugung einer relativ geringen Arbeitslosigkeit zu signalisieren. Den jeweiligen Handlungsspielraum gibt die für den jeweiligen Kompetenztypen geltende kurzfristige Phillipskurve vor. Beide Regierungstypen können durch überraschende Inflationssteigerung die Arbeitslosigkeit senken. Die kompetente Regierung kann sich auf der kurzfristigen Phillipskurve (KP K−κ), die inkompetente Regierung auf (KP K−κ) nach links oben bewegen. Die für jede beliebige Arbeitslosenquoten entstehenden Inflationskosten einer kompetenten Regierung (K Sig,k ) sind immer kleiner als die vergleichbaren Kosten (K Sig,ik ) einer signalisierenden inkompetenten Regierung. Da abgesehen vom Amtsnutzen die Politiker die gleiche Zielfunktion verfolgen wie die Wähler, erfahren sie bei Inflationierung den gleichen Nutzenverlust wie die Wirtschaftssubjekte. Die für jeden Kompetenztyp niedrigst mögliche Signalling-Arbeitslosenquote ist genau dann erreicht, wenn der bei Wiederwahl erzielbare Amtsnutzen (U Amt ) genau den Kosten für das Senden des Signals (K Sig,∗ ) entspricht. Um den Wählern ein glaubhaftes Signal für eine hohe Kompetenz κ zu geben, muss die Höhe der Arbeitslosigkeit niedriger sein als das minimale Niveau, welches eine inkompetente Regierung mit κ erreichen kann. Die kompetente Regierung wählt also eine Arbeitslosenquote bei der gilt: U Amt = K Sig,ik . Dabei wird angenommen, dass der erreichbare Amtsnutzen jeder Regierung so hoch ist, das die Signalling-Arbeitslosenquote höher ist als die kompetenzbereinigte Arbeitslosenquote u¯. Daraus folgt, dass eine kompetente Regierung die Inflationsrate immer über die Inflationserwartungen hinaus erhöht und somit einen kurzfristigen Boom in der Ökonomie auslöst. Umgekehrtes gilt für die inkompetente Regierung. Die Kosten für ein glaubwürdiges Signal sind immer höher als der daraus resultierende Nutzen. Somit verzichtet jede inkompetente Regierung auf überraschende Inflationierung und realisiert die kurzfristig optimale Politik (ohne Kosten der Inflationierung). Da die Wirtschaftssubjekte im Erwartungswert eine Inflationsrate einer Regierung mit E(κ) = 0 antizipiert haben, ist eine temporäre Rezession die Folge. Im Pooling-Gleichgewicht13 ergibt sich ein anderes Bild. Kompetente und inkompetente Regierungen erzeugen vor der Wahl identische Arbeitslosenquoten. Sie unterscheiden sich wegen der unterschiedlichen Kompetenz nur hinsichtlich der Inflationsraten. Da annahmegemäß die Inflation erst nach dem Wahltermin beobachtbar ist, können die Wähler daraus keine Rückschlüsse auf die gegenwärtige Kompetenz der Regierung ziehen. Inkompetente Regierungen senken die Arbeitslosigkeit durch Erzeugung von Überraschungsinflation und sind somit von kompetenten Regierungen nicht länger zu unterscheiden. Die empirischen Vorhersagen der oben beschriebenen rationalen opportunistischen Konjunkturtheorie sind nicht eindeutig. Aus dem Persson-Tabellini-Modell lässt sich lediglich ein unregelmäßiger, im Zusammenhang mit Wahlen kurzfristiger Konjunkturzyklus herleiten. Alle em12
13
Das Separating-Gleichgewicht ist dadurch gekennzeichnet, dass verschiedene Kompetenztypen der Regierungen unterschiedliche Strategien wählen und durch den Wähler eindeutig zu identifizieren sind. Das Pooling-Gleichgewicht ist dadurch gekennzeichnet, dass alle Typen von Regierungen die gleiche Strategie wählen. Der Typus der Regierung ist für den Wähler nicht erkennbar.
34
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
pirischen Arbeitshypothesen müssen auf die Art des Gleichgewichts und den Kompetenztyp der Regierung konditioniert werden. Liegen die Bedingungen für ein Separating-Gleichgewicht vor, erzeugen kompetente Regierungen im Umfeld von Wahlen steigende Inflationsraten und sinkende Arbeitslosenquoten. Inkompetente Regierungen verzichten auf die Inflationierung und erzeugen im Wahljahr eine Deflation verbunden mit steigender Arbeitslosigkeit. Da jede gewählte Regierung in Nicht-Wahljahren keinen Anreiz für das Senden eines Signals hat, stellt sich die kompetenzbereinigte natürliche Arbeitslosenquote ein. Insgesamt ist die Arbeitslosigkeit unter einer inkompetenten Regierung höher und die Inflationsrate niedriger als unter einer kompetenten Regierung. Liegen die Bedingungen für ein Pooling-Gleichgewicht vor, erzeugen kompetente und inkompetente Regierungen im Wahljahr identische Arbeitslosenquoten. Kompetente Regierungen verzichten auf überraschende Inflationierung, unter inkompetenten Regierungen steigen die Inflationsraten. Da am Wahltag die Wähler den Typ der Regierung nicht beobachten können, besitzen der Amtsinhaber und der Herausforderer die gleiche Wahlwahrscheinlichkeit. Wird eine kompetente Regierung oder deren Herausforderer gewählt, so setzen beide weiterhin die diskretionär optimale Inflationsrate. Die Arbeitslosenquote bleibt auf dem kompetenzbereinigten natürliche Niveau. Bei Wiederwahl einer inkompetenten Regierung setzt diese ebenfalls die diskretionär optimale Inflationsrate und die Arbeitslosenquote sinkt auf das kompetenzbereinigte Niveau der inkompententen Regierung. Welches der Gleichgewichte sich einstellt ist a priori unklar. In Abhängigkeit der Nutzenfunktion der Politiker, des genauen funktionalen Zusammenhanges der erwartungsmodifizierten Phillipskurve und der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von positiven und negativen Kompetenzschocks ändern sich die Bedingungen für die beiden möglichen Gleichgewichte.14 Auch der obige Erklärungsansatz opportunistischer Konjunkturzyklen mit rationaler Erwartungsbildung ist vielfach kritisch diskutiert worden. Ein erster Kritikpunkt ist wieder die Annahme der direkten und exakten Steuerbarkeit der Inflationsrate durch die Regierung. Wie schon im Kapitel 2.2.1 thematisiert ist diese Annahme in Zeiten unabhängiger Zentralbanken schwer zu verteidigen. Der Regierungseinfluss auf fiskalpolitische Instrumente wie z. B. Staatsausgaben oder Steuern ist möglicherweise deutlich stärker ausgeprägt. Dieser Kritik wird sich in den Ansätzen der ”Political Budget Cycles” angenommen. Autoren wie z. B. Rogoff und Sibert (1988), Rogoff (1990), Persson und Tabellini (2002) und Shi und Svensson (2006) verabschieden sich von der Phillipskurvenwelt und entwickeln Signalling-Modelle bzw. Moral-Hazard-Modelle mit einer staatlichen Budgetbedingung als zentrale Modellgleichung. Hierbei wird die Informationsasymmetrie zwischen Regierenden und Wählern auf fiskalische Variablen ausgedehnt. Häufig wird angenommen, dass z. B. Konsumausgaben und Steuern kontemporär, aber Investitionsausgaben oder Staatsverschuldung nur mit einer zeitlichen Verzögerung zu beobachten sind. Ein zweiter Kritikpunkt setzt an der Informationsstruktur im Persson-Tabellini-Modell an. Nur unter der strengen Annahme der Informationsasymmetrie zwischen Politiker und Wähler und der zeitlichen Verzögerung in der Wahrnehmung der Inflationsrate entsteht ein politischer Konjunkturzyklus. Lohmann (1998) kritisiert, dass, wenn die Senkung der Arbeitslosenquote mit sinkenden Reallöhnen einhergeht, die Wirtschaftssubjekte auf die tatsächliche Inflationsrate schließen 14
Für eine sehr anschauliche und kritische Diskussion zur Gleichgewichtsauswahl vgl. Scheuerle (1999), S. 132ff.
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
35
könnten. Shi und Svensson (2006) erneuern diese Kritik. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Annahme ideologisch identischer Regierungen. Amtierende Regierungen können zwar hinsichtlich ihrer Kompetenz, nicht aber anhand ihrer Zielfunktion unterschieden werden. Unter gleichen Voraussetzungen wählt jede Regierung eine identische Politik. Wie aber die Realität zeigt, gibt es unabhängig von der Kompetenz einer Regierung Variationen in der tatsächlich implementierten Politik. Am Wahltag konkurriert nicht nur die amtierende Regierung mit einem durchschnittlich kompetenten Herausforderer, sondern das Politikangebot unterscheidet sich auch in ideologischer Hinsicht. Zumindest ist es zweifelhaft, ob der Machterhalt das einzige die Politik bestimmende Motiv ist. Genauso wäre denkbar, dass ideologische Interessen vorliegen und die opportunistischen Verhaltensweisen überwiegen. Nach dem die Diskussion der opportunistischen Konjunkturtheorien vorläufig abschließenden empirischen Überblick, werden politische Konjunkturmodelle mit der Annahme ideologisch motivierter Regierungen vorgestellt. 2.2.3 Evidenz opportunistischer Konjunkturzyklen Die vorgestellte opportunistische Theorie mit adaptiver Erwartungsbildung lieferte ein eindeutiges, empirisch testbares Verlaufsmuster für Inflation und Arbeitslosigkeit. Vor jedem Wahltermin sollte die Arbeitslosigkeit sinken während die Inflation steigt. Nach den Wahlen sollten steigende Arbeitslosenquoten und sinkende Inflationsraten zu beobachten sein. Der empirische Zugang zum Persson-Tabellini-Modell ist schwieriger, da sich eindeutige empirische Implikationen nicht ableiten lassen. Das zu testende Verlaufsmuster makroökonomischer Variablen muss auf die Kompetenz der Regierung und die Art des vorliegenden Gleichgewichts bedingt werden. Aus den alternativen, bisher nur kurz erwähnten, Erklärungsansätzen kann geschlussfolgert werden, dass fiskalpolitische Instrumente vor einer Wahl expansiv und in der Nicht-Wahlperiode kontraktiv ausfallen. Unmittelbar beobachtbare Variablen sollten sich aus Wählersicht positiv entwickeln, die mit zeitlicher Verzögerung erkennbaren Variablen negativ. So zeigen z. B. Rogoff und Sibert (1988), dass Regierungen vor dem Wahltermin ihre Kompetenz in der Bereitstellung öffentlicher Güter durch niedrigere Steuersätze signalisieren. Kompetente Regierungen sind in der Lage einen gegebenen Umfang an öffentlichen Gütern mit niedrigeren Steuersätzen bereitzustellen als vergleichbare inkompetente Regierungen. Ein ähnliches Beispiel liefert das Modell von Shi und Svensson (2006). Die Implikation ihres Modells ist, dass vor den Wahlen die öffentlichen Ausgaben steigen und nach den Wahlen ein Anstieg der Staatsverschuldung zu beobachten sein sollte.15 Die bisherige empirische Literatur zu opportunistischen Konjunkturzyklen ergibt ein sehr uneinheitliches Bild. Eine Vielzahl von Studien bestätigt die Existenz opportunistischer Zyklen, andere Autoren verwerfen die Hypothesen grundsätzlich. Die zum Teil sehr heterogenen empirischen Arbeiten unterscheiden sich hinsichtlich der zu testenden Hypothesen, in der angewandten Methodik, im Ländersample und der Periodizität der verwendeten Daten. Die einzelnen Untersuchungen sind zum Teil nur schwer miteinander vergleichbar. Aus diesem Grund wird im Folgen-
15
Eine umfangreichere Diskussion der Modelle mit fiskalischen Instrumenten findet sich in Kapitel 5 der Arbeit.
36
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
den eine grundsätzliche Idee eines möglichen empirischen Testansatzes skizziert und anschließend werden die bisherigen Ergebnisse der Literatur in Tabellenform vorgestellt. Die möglichen Testansätze zur Überprüfung politischer Konjunkturzyklen sind vielfältig. Sie reichen von einfacher deskriptiver Statistik, über Zeitreihenanalysen bis hin zu komplexen ökonometrischen Mehrländeruntersuchungen. Alle empirischen Ansätze, welche die Methodik einer Regressionsuntersuchung verwenden, sehen sich der Notwendigkeit ausgesetzt den theoretischen Wahleinfluss empirisch zu modellieren. In der Regel wird dazu eine Dummy-Variable kodiert, in der sich die Hypothesen des jeweils überprüften Modells widerspiegeln. Beispielhaft sei die notwendige Datenbasis, eine mögliche Schätzidee und die Kodierung der Dummy-Variablen für eine Zeitreihenanalyse des Nordhaus-Modells dargestellt. Die für einen einfachen Kleinste-QuadrateSchätzansatz (OLS-Ansatz) mögliche Basisschätzgleichung könnte wie folgt aussehen [vgl. z. B. Drazen (2000)]: Yt = ϕ + χ · Xt + ψ · OVt + t
(2.9)
wobei Yt die abhängige Variable (Output, Arbeitslosigkeit oder Inflation), ϕ die Schätzkonstante, Xt die unabhängigen (Kontroll-)Variablen, OVt eine Dummyvariable für den theoretischen Einfluss der Konjunkturzyklushypothese und t das unerklärte Residuum der Schätzung mit Erwartungswert Null und konstanter Varianz σ beschreibt. χ und ψ sind die zu schätzenden Koeffizienten. Für eine einfache Schätzung des Nordhaus-Modells werden saisonbereinigte Arbeitslosenquoten und Inflationsraten, Wahltermine, sowie Informationen über die institutionellen Gegebenheiten des zu analysierenden Landes benötigt. Möglicherweise vorhandene internationale Einflüsse können entweder direkt, z. B. über die Verwendung einer G7-Variable (Variable, welche die durchschnittliche Entwicklung der abhängigen Variable in den G7 Staaten beschreibt) oder über Dummy-Variablen berücksichtigt werden. Diese Variablen sollen einen so genannten ”omitted variable bias” verhindern, d. h. eine Verzerrung der Schätzung durch nicht-berücksichtigte aber notwendige Variablen [vgl. z. B. Green (2003)]. Für die Schätzung der Regressionsgleichung kommen Jahres-, Quartals- oder Monatsdaten in Frage. Häufig limitiert die Datenverfügbarkeit die Periodizität auf niederfrequente Daten, obgleich hochfrequente Daten eine bessere Terminierung der makroökonomischen Schwankungen auf die Wahltermine zulassen. Die Variable von zentralem Interesse ist die OVt –Variable. Mit ihr wird die aus der theoretischen Analyse hergeleitete Wirkungsrichtung des Wahleinflusses kodiert. Für die Überprüfung der Hypothesen hinsichtlich der Arbeitslosenquote (bei Verwendung von Quartalsdaten) kann die OVt –Variable wie folgt kodiert werden [vgl. dazu z. B. Alesina, Roubini und Cohen (1997), S. 93ff.].
1 in den (n-1) Quartalen vor einem Wahltermin und im Wahlquartal OVt = (2.10) 0 sonst In den Quartalen unmittelbar vor einem Wahltermin sollte die Arbeitslosenquote sinken. Die Anzahl der zu berücksichtigenden n − 1 Vorwahlquartale ergibt sich aus der Länge des unterstellten Zeitraums, welchen die Wähler in der Evaluierung der Performanz der Ökonomie für ihre Wahlentscheidung berücksichtigen. Bei positiver Evidenz für das Nordhaus-Modell sollte der Koeffizient ψ signifikant negativ sein. Bei der Überprüfung opportunistischer Effekte in der Inflationsrate nimmt die OVt –Variable die folgenden Werte an:
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
OVt =
1 in den (n-1) Quartalen nach einem Wahltermin und im Wahlquartal 0 sonst.
37
(2.11)
Nach dem Wahltermin sollte in der erneuten Anlaufphase die Inflation sinken. Bei Gültigkeit der Hypothesen des Nordhaus-Modells muss sich beim Test der Zeitreihe der Inflationsrate ein signifikant positives Vorzeichen für den Koeffizienten ψ ergeben. Die Berücksichtigung der Zeitreiheneigenschaften der verwendeten Daten und komplexerer ökonometrischer Verfahren, kann das Erscheinungsbild der Gleichung (2.9) verändern. Häufig erweisen sich die verwendeten Daten als integriert vom Grade 1, so dass eine Schätzung in Wachstumsraten oder ersten Differenzen notwendig wird. Aufgrund der autoregressiven Gestalt der abhängigen Variable beinhaltet die Matrix Xt oft verzögerte Werte der Variable Yt . Die Grundidee, dass vor der Wahl die Arbeitslosenquote sinkt und nach der Wahl die Inflationsrate ansteigt, bleibt aber uneingeschränkt erhalten. Weit weniger eindeutig sind die Vorhersagen opportunistischer Modelle mit rationaler Erwartungsbildung. Wie gezeigt wurde, muss ein Testansatz für das Persson-Tabellini-Modell die Art des vorliegenden Gleichgewichts und die Kompetenz des amtierenden Politikers berücksichtigen. Da weder die Kompetenz noch die Art des Gleichgewichts (auch nicht ex post) zu beobachten sind, findet sich in der Literatur keine geeignete Testidee. Alle bisherigen empirischen Arbeiten verwenden nur sehr grobe Approximationen der theoretischen Vorhersagen in den Tests auf Gültigkeit des Persson-Tabellini-Modells. Andere rationale opportunistische Erklärungsmodelle wie z. B. Shi und Svensson (2006) schließen die Möglichkeit eines Pooling-Gleichgewichts aus, so dass sich die empirische Überprüfung zumindest teilweise vereinfacht. Häufig wird auf die oben skizzierte Testidee bei Verwendung von z. B. Staatsausgaben, Staatsverschuldung oder Steuern als abhängige Variable zurückgegriffen. Eine Gemeinsamkeit nahezu aller Testansätze zu rationalen opportunistischen Zyklen ist der Verzicht auf die Modellierung der Kompetenz eines Politikers. Somit unterstellen die meisten Studien implizit zu jedem Wahltermin einen kompetenten Politiker. Aufgrund der notwendigen Vereinfachungen sind in der Regel die empirischen Untersuchungen für adaptive und rationale opportunistische Konjunkturzyklen nicht klar voneinander zu unterscheiden. Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse der gesamten relevanten Literatur in drei Tabellen zusammengefasst. Die Tabelle 2.1 zeigt die Ergebnisse für die makroökonomischen Zustandsvariablen Arbeitslosenquote, Inflation und Wirtschaftswachstum, die Tabelle 2.2 die Resultate der Studien unter Verwendung politischer Instrumentenvariablen wie z. B. Geldmenge, Zinssätze oder Steuern. In Tabelle 2.3 sind die empirischen Befunde für opportunistische Budgetzyklen (z. B. in Staatsausgaben oder Verschuldung) dargestellt. In allen drei Tabellen steht ein ”+” für bestätigende, ein ”-” für ablehnende und ”+/-” für gemischte empirische Evidenz. Ein in Klammern gesetztes Zeichen kennzeichnet das schwächer ausgeprägte Ergebnis bei uneindeutigen Resultaten. Als Zwischenfazit bleibt festzuhalten, dass nur relativ wenige empirische Untersuchungen die opportunistische Konjunkturtheorie für die makroökonomischen Zustandsvariablen stützen. Dies kann in dreierlei Hinsicht interpretiert werden. Erstens, die Politiker verzichten auf die wahlbedingte Beeinflussung der wirtschaftlichen Aktivität. Oder zweitens, die amtierenden Regierungen versuchen erfolglos geeignete Wiederwahlbedingungen zu schaffen. Oder drittens, das in den
38
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Tabelle 2.1: Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen in makroökonomischen Variablen Autor(en) Nordhaus (1975) Frey (1976) McCallum (1978) Paldam (1979) Golden und Poterba (1980) Tufte (1980) Beck (1982a)
Land EA (9 Länder) Deutschland USA PA (17 Länder) USA USA USA
Allen, Sulock und Sabo (1986) Soh (1986)
USA EA (20 Länder)
Alesina (1989)
EA (10 Länder)
Findlay (1990) Haynes und Stone (1990)
USA USA
Alesina und Roubini (1992)
PA (18 Länder)
Alesina, Cohen und Roubini (1993)
PA (14 Länder)
Klein (1996) Berger und Woitek (1997)
USA Deutschland
Die Abkürzung EA steht für Einzelländeranalyse. Die analyse.
getestete Variable Arbeitslosenquote Output Arbeitslosenquote Output Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote Inflationsrate Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote Output Inflation Output Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote Output Inflation Arbeitslosenquote Output Inflation Arbeitslosenquote Output Inflationsrate Arbeitslosenquote Arbeitslosenquote Output Inflation Abkürzung PA steht
Ergebnis (+)/+ + +/(-) +/(-) (+)/+ +/(-) + + + für Panel-
bisherigen Untersuchungen verwendete Testdesign ist unzureichend. Im zweiten Fall könnte es möglich sein, dass opportunistische Zyklen in den Instrumentenvariablen nachweisbar sind. Für diese Interpretation spricht das weit positivere Ergebnis der empirischen Untersuchungen unter Verwendung geldpolitischer Instrumente. Insbesondere für die Geldmenge finden viele Studien bestätigende empirische Evidenz für opportunistische Konjunkturzyklen. Für den dritten Fall, dass das Testdesign ungenügend bzw. das die Annahmen der theoretischen Modelle zu restriktiv sind, sprechen die Ergebnisse des Kapitels 5 dieser Arbeit. Die Tabelle 2.3 zeigt die Resultate der empirischen Studien für die Überprüfung opportunistischer Konjunkturzyklen in fiskalpolitischen Instrumenten. Hierbei bleibt die Beschreibung der getesteten Variablen mit der Bezeichnung ”Budget” bzw. ”Defizit” noch etwas vage. Einer genaueren Analyse werden die Studien politischer Budgetzyklen in Kapitel 5 der Arbeit unterzogen. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass eine Vielzahl der Arbeiten die Existenz opportunistischer Budgetzyklen bestätigt. Die de-
2.2 Opportunistische Konjunkturzyklen
39
Tabelle 2.2: Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen in geldpolitischen Instrumenten Autor(en) Laney und Willet (1983) Wallace und Warner (1986)
Land USA USA
Allen (1986)
USA
Richards (1986)
USA
Soh (1986) Beck (1987) Grier (1987) Alesina (1989) Grier (1989) Haynes und Stone (1989) Alesina und Roubini (1992) Lang und Welzel (1992) Alesina, Cohen und Roubini (1993)
EA (20 Länder) USA USA USA USA USA PA (18 Länder) Deutschland PA (14 Länder)
Vaubel (1993) Berger und Woitek (1997)
Deutschland Deutschland
Die Abkürzung EA steht für Einzelländeranalyse. Die analyse.
getestete Variable Geldmenge Geldbasis Zinssatz Geldmenge Geldbasis Geldbasis Geldmenge Geldmenge Geldmenge Geldmenge
Ergebnis (+)/+ + + + + Geldmenge + Geldmenge + Geldmenge Geldmenge Geldmenge + Geldbasis Geldmenge + Geldmenge + Zinssatz + Abkürzung PA steht für Panel-
tailliertere Analyse im Kapitel 5 wird zeigen, dass dieses anscheinend robuste Ergebnis vor allem durch Entwicklungsländer getragen wird. Für entwickelten Demokratien sind die vorhandenen Resultate weit weniger eindeutig. Zusammenfassend ist die bisherige empirische Evidenz als nicht eindeutig zu beurteilen. Schon Scheuerle (1999, S. 159) schlussfolgert: ”Insgesamt erweisen sich die empirischen Nachweisversuche opportunistischer Zyklen als uneindeutig. Somit lässt sich zurzeit die durchaus plausible Annahme eines stimmenmaximierenden Verhaltens, das sich in opportunistischen Konjunkturzyklen niederschlägt, nicht allgemein bestätigen.” Ein zentrales Ziel dieser Arbeit ist die Erweiterung der vorhandenen Testansätze um die Berücksichtigung der Wiederwahlchancen des amtierenden Politikers. In dem vergleichsweise einfachen Kontext des Nordhaus-Modells bedeutet dies, dass nur der von der Abwahl bedrohte Politiker die Ökonomie vor dem Wahltermin beeinflusst. Der sich sicher im Amt wähnende Regierende verzichtet auf eine Vorwahlmanipulation der Ökonomie. Auch im Kontext der rationalen Erklärungsansätze opportunistischer Konjunkturzyklen kann sich der nicht von Abwahl bedrohte Politiker unter Umständen die kostenintensive Beeinflussung der Ökonomie sparen.
40
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Tabelle 2.3: Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen in fiskalischen Variablen Autor(en) Land getestete Variable Ergebnis Tufte (1980) USA Budget + Shughart II und Tollison (1985) USA Budget Allen (1986) USA Defizit + Soh (1986) EA (20 Länder) Budget +/(-) Rothenberg-Pack (1987) USA Budget + Alesina (1989) EA (10 Länder) Budget (+) Haynes und Stone (1989) USA Budget + Lang und Welzel (1992) Deutschland Budget + Alesina, Cohen und Roubini (1993) PA (14 Länder) Defizit + Remmer (1993) EA (8 Länder) Budget (+)/de Haan und Sturm (1994) PA (12 Länder) Defizit Schultz (1995) Großbritannien Budget + Schuknecht (1996) PA (35 Länder) Budget + Berger und Woitek (1997) Deutschland Defizit Crosby, Brown und Malady (1997) Australien Budget + Schuknecht (2000) PA (24 Länder) Budget + Chang (2001) PA (17 Länder) Budget + Block (2002a) PA (44 Länder) Budget + Block (2002b) PA (69 Länder) Budget + Galli und Rossi (2002) Deutschland Budget + Gonzalez (2002) Mexiko Budget + Andrikopoulos et al. (2004) EA (14 Länder) Budget Persson und Tabellini (2003) PA (60 Länder) Budget + von Hagen (2003) EA (15 Länder) Defizit + Brender und Drazen (2005) PA (68 Länder) Budget (+)/Alt und Lassen (2006) PA (19 Länder) Defizit +/Mink und de Haan (2006) PA (12 Länder) Defizit + Potrafke (2006a) PA (Deutschland) Budget + Shi und Svensson (2006) PA (85 Länder) Defizit +/(-) Jochimsen und Nuscheler (2007) Deutschland Defizit + Die Abkürzung EA steht für Einzelländeranalyse. Die Abkürzung PA steht für Panelanalyse.
2.3 Ideologische Konjunkturzyklen In den bisher vorgestellten politischen Konjunkturtheorien ist das gemeinsame Handlungsmotiv aller Politiker die Maximierung der Verweildauer im Amt. Alle Entscheidungen und Aktionen der handelnden Akteure waren einzig und allein auf das Ziel der Wiederwahl ausgerichtet. Unter der Annahme der Anwendbarkeit des Medianwählertheorems16 ergibt sich daraus für alle Regierungen eine identische Politik. Unter gleichen Voraussetzungen sind die politischen Akteure nicht
16
Dies gilt insbesondere in Hinblick auf die Annahme eingipfliger Wählerpräferenzen [vgl. Mueller (2003)].
2.3 Ideologische Konjunkturzyklen
41
voneinander zu unterscheiden, Ideologie spielt keine Rolle. Hibbs (1977) verwirft die Politikkonvergenz und zeigt empirisch, dass sich in der Realität durchaus parteispezifische Unterschiede in der Wirtschaftspolitik feststellen lassen. Demnach verfolgen die in Regierungsverantwortung gelangten Parteien unterschiedliche ideologische Zielfunktionen. Politische Konjunkturtheorien, die diesem Ansatz folgen, werden in der Literatur als Klientel- oder Partisantheorie bezeichnet. Die Auswirkungen unterschiedlicher ideologischer Zielfunktionen auf das kurzfristige Verlaufsmuster makroökonomischer Variablen wird in den nächsten Kapiteln analog zu der Vorgehensweise bei den opportunistischen Konjunkturzyklen sowohl aus theoretischer als auch aus empirischer Sicht untersucht. 2.3.1 Theorien ideologischer Konjunkturzyklen mit adaptiver Erwartungsbildung Das Hibbs’sche Modell ideologischer Konjunkturzyklen geht von adaptiver Erwartungsbildung der Wirtschaftssubjekte aus und folgt damit den frühen Modellen opportunistischer Konjunkturzyklen. Wie bereits in Kapitel 2.2.1 gezeigt, impliziert diese Annahme einen systematischen Erwartungsfehler der Wirtschaftssubjekte bei Änderungen der Inflationsrate. Grundsätzlich bewegt sich das Modell von Hibbs (1977) in einer mit Nordhaus (1975) vergleichbaren Modellwelt. Die entstehenden Unterschiede resultieren im Wesentlichen aus der veränderten Annahme der Zielsetzung der Politiker. Obwohl Hibbs (1977) ein ausschließlich empirisches Modell vorstellte, können die folgenden Annahmen für eine theoretische Analyse zugrunde gelegt werden [vgl. Alesina, Roubini und Cohen (1997)]. A1c=A1a: Der ökonomische Zusammenhang zwischen Inflation, Inflationserwartungen und Arbeitslosigkeit ist durch eine erwartungsmodifizierte Phillipskurve beschrieben. A2c=A2a: Die amtierende Partei kann die Höhe der Inflationsrate in der Ökonomie frei bestimmen. A3c=A3a: Die Wirtschaftssubjekte bilden adaptive Inflationserwartungen. A4c: Die Politiker sind nicht identisch. Das Politikangebot wird durch zwei Parteien mit unterschiedlichen ideologischen Zielfunktionen bestimmt. Die Verlustfunktionen der Parteien sind wie folgt spezifiziert: 1 Vti = β i (ut − u¯) + πt2 2
(2.12)
wobei Vti den Verlust der Partei i = R, L zum Zeitpunkt t beschreibt. In die Verlustfunktionen geht die Abweichung der Arbeitslosenquote ut von der natürlichen Arbeitslosenquote u¯ linear und die Inflationsrate quadratisch ein. Es wird angenommen, dass die Linkspartei (L) das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes höher gewichtet als die Rechtspartei (R) (β L > β R ).17 In den Verlustfunktionen kommen die unterschiedlichen Präferenzen bezüglich des Trade-offs zwischen Arbeitslosenquote und Inflationsrate zum Ausdruck. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nimmt die Linkspartei im Vergleich zur Rechtspartei höhere Inflationsraten in Kauf. Der 17
Dazu sei angemerkt, dass beide Parteien Arbeitslosigkeit und Inflation als ein Übel betrachten, nur die Intensität des Vermeidungsinteresses ist unterschiedlich. Vgl. Hibbs (1977), S. 1470.
42
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Argumentation von Hibbs (1977, 1986) und Berthold und Fehn (1994) folgend, kann dies mit den unterschiedlichen Verteilungseffekten von Arbeitslosigkeit und Inflationsrate begründet werden. Bei niedriger Inflationsrate und hoher Arbeitslosigkeit verbessert sich die Verteilungsposition der gehobenen Mittelschicht, die daher die Rechtspartei unterstützt.18 Als Halter von Finanzkapital und sicheren Arbeitsplätzen sind die Unterstützer der Rechtspartei von Inflation, als Entwertung nominal fixierter Forderungen, stärker betroffen als von Arbeitslosigkeit. Die Unterstützer der Linkspartei stammen in der Regel aus den unteren Einkommensschichten und sind Halter von Humankapital (Arbeitsplätze mit niedrigem Kündigungsschutz) und nominal fixierter Schulden. Höhere Arbeitslosigkeit verschlechtert deren Verteilungsposition, während sie von höherer Inflation durch Indexierung der Transferzahlungen und Entwertung der nominalen Schulden weniger stark betroffen sind [vgl. Belke (1996), S. 29f.]. A5c: Die Wähler haben unterschiedliche Präferenzen über die Kombination von Arbeitslosigkeit und Inflation. Alle Wähler kennen die Zielfunktionen der beiden Parteien und stimmen in den Wahlen für die Partei, welche die individuelle Wählerpräferenz am Besten repräsentiert. A6c=A6a: Es finden regelmäßig Wahlen statt. Die Länge der Legislaturperiode ist exogen fixiert. Da die Ansätze von Hibbs (1977), Hibbs (1987) bzw. Hibbs und Dennis (1988) eher empirisch ausgerichtet sind, orientiert sich die modelltheoretische Darstellung an Alesina, Roubini und Cohen (1997) und Scheuerle (1999). Für die Herleitung des Partisanzyklus mit adaptiver Erwartungsbildung werden in einem ersten Schritt die verlustminierenden Inflationsraten der Parteien bestimmt. Das Einsetzen der Gleichung (2.1) in die Verlustfunktionen der Gleichung (2.12) und ableiten nach Inflationsrate πt ergibt die optimalen Inflationsraten der Rechts- und Linkspartei: π ˆtR = β R
(2.13)
π ˆtL = β L .
(2.14)
und
Die optimale Inflationsrate einer Rechtspartei ist niedriger als die optimale Inflationsrate einer Linkspartei: π ˆtR < π ˆtL . Nach der Wahl einer Rechts- bzw. Linkspartei setzen diese ihre verlustminimierenden Inflationsraten. Aufgrund der adaptiven Erwartungsbildung der Wirtschaftssubjekte kommt es nach einem Regierungswechsel zu einer temporären Abweichung von tatsächlicher und erwarteter Inflationsrate. Unmittelbar nach jedem Regierungswechsel ergeben sich die folgenden Arbeitslosenquoten: uR = u¯ − (β R − β L ) > u¯
18
(2.15)
Für eine Argumentation für die Gründung und Unterstützung von Parteien vgl. Downs (1968), S. 111ff.
2.3 Ideologische Konjunkturzyklen
43
nach einem Wechsel von der Links- zur Rechtspartei, bzw. uL = u¯ − (β L − β R ) < u¯
(2.16)
nach dem Wechsel von der Rechts- zur Linkspartei. Die Möglichkeit einer Koalitionsregierung aus Rechts- und Linkspartei wird ausgeschlossen.19 Annahmegemäß ist das Gewicht des Beschäftigungsstandes in der Verlustfunktion der Linkspartei größer als das der Rechtspartei, so dass nach einem Regierungswechsel von Rechts nach Links die Arbeitslosenquote unter das natürliche Niveau sinkt und vice versa. Aufgrund der auf die Vergangenheit bezogenen adaptiven Erwartungsbildung wird ein möglicher Regierungswechsel durch die Wirtschaftssubjekte nicht antizipiert und der begangene Erwartungsfehler (πt − πte ) am Wahltag ist vergleichsweise groß. Somit ist die anfängliche Abweichung der Arbeitslosenquote vom langfristigen Gleichgewichtswert (¯ u) ebenfalls groß. Im Zeitverlauf verringert sich der begangene Erwartungsfehler aufgrund der adaptiven Inflationserwartungsanpassung durch die Wähler. Die Arbeitslosenquote beider Parteien konvergiert mit der Amtsdauer in Richtung u¯. Die Konvergenzgeschwindigkeit zwischen aktueller Arbeitslosenquote und natürlicher Arbeitslosenquote wird durch die Anpassungsgeschwindigkeit der Inflationserwartungen bestimmt. Für große (kleine) Werte von λ in Gleichung (2.2) erfolgt eine schnelle (langsame) Konvergenz der Arbeitslosenquoten hin zu dem natürlichen Wert.20 In Abbildung 2.6 sind schematisch die Zyklen der Arbeitslosenquote und der Inflationsrate dargestellt.21 Auch das Hibbs-Modell ist vielfach kritisiert wurden. Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass der ideologische Konjunkturzyklus ausschließlich durch Regierungswechsel verursacht wird. Das Modell liefert keinerlei Erklärung wie es zu einem Wechsel der Regierungspartei kommt. Somit kann keine Aussage zur exakten Gestalt des Zyklus gemacht werden. Im Extremfall regiert eine Partei ununterbrochen, was zur Folge hätte, dass ein politischer Konjunkturzyklus gar nicht entstehen kann [vgl. Scheuerle (1999), S. 195]. Eine weitere Kritik zielt auf die Konstanz der ideologischen Einstellung der Parteien. Letztlich muss jede Partei zunächst die Regierungsverantwortung erhalten und verteidigen, um ihre ideologische Zielfunktion durchsetzen zu können. Sieht sich die amtierende Partei der Gefahr des Amtsverlustes ausgesetzt, dann ist ein temporärer Wechsel hin zu opportunistischen Verhaltensweisen denkbar [vgl. Frey und Schneider (1978a)]. Die schwerwiegendste Kritik am Hibbs-Modell ist, wie im Falle der opportunistischen Konjunkturzyklen nach Nordhaus (1975), die restriktive Annahme der adaptiven Erwartungsbildung. Es ist nicht realistisch anzunehmen, dass sich die Wirtschaftssubjekte auf Dauer systematisch täuschen lassen. Insbesondere der letzte Kritikpunkt wurde von Alesina (1987) in seinem erweiterten Ansatz aufgenommen und das Grundmodell der Partisantheorie um rationale Erwartungsbildung erweitert. 19 20
21
Je nach Verhandlungsmacht der einzelnen Parteien würde sich die Arbeitslosenquote zwischen denen aus Gleichung (2.15) und Gleichung (2.16) realisieren. Im Fall einer auch langfristig negativ geneigten Phillipskurve ist die Arbeitslosigkeit unter eine Rechtsregierung stets höher als unter einer Linksregierung. Vgl. dazu die Ausführungen in Scheuerle (1999) S. 188 und in Belke (1996) S. 53. In Anlehnung an Scheuerle (1999, Abb. C.2.1-1, S. 190) wird angenommen, dass die Regierungsverantwortung nach jedem Wahltermin wechselt.
44
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Abbildung 2.6: Partisanzyklen bei adaptiver Erwartungsbildung
2.3.2 Theorien ideologischer Konjunkturzyklen mit rationaler Erwartungsbildung Die Lucas-Kritik [vgl. Lucas (1976)] an der adaptiven Erwartungsbildung machte auch vor der Partisantheorie des politischen Konjunkturzyklus nicht halt.22 Einen unmittelbar auf dem HibbsModell aufbauenden Ansatz zur Erklärung ideologischer Konjunkturzyklen entwickelte Alberto Alesina (1987, 1988). Er erweiterte das Grundmodell der Partisantheorie um die Annahme der rationalen Erwartungsbildung der Wirtschaftssubjekte. Das Modell von Alesina greift das spieltheoretische Grundmodell der Geldpolitik von Barro und Gordon (1983a) auf und erweitert es um Wahlen. In Analogie zu den rationalen opportunistischen Erklärungsansätzen ist ein wesentliches Modellelement die Unvollständigkeit der verfügbaren Informationen. Während in den opportunistischen Konjunkturtheorien Informationsasymmetrien zwischen Regierung und Wählern die Wahlzyklen verursachen, ist das Kernelement der rationalen Partisantheorie (RPT) die Unsicherheit über den Wahlausgang. An dieser Stelle der Arbeit werden nur kurz die Annahmen, die Modellidee und die Implikationen auf das Verlaufsmuster makroökonomischer Variablen der Partisantheorie mit rationaler Erwartungsbildung vorgestellt. Für eine umfangreichere modelltheoretische Herleitung der empirisch testbaren Hypothesen sei auf Kapitel 3.2.1 dieser Arbeit verwiesen. Die Annahmen A1d, A2d, A4d, A5d und A6d entsprechen denen des vorherigen Kapitels. Einzig die Annahme der adaptiven Erwartungsbildung (A3c) wird durch die Annahme rationaler Erwartungsbildung ersetzt. 22
Die Lucas-Kritik trifft nicht nur für auf das obige Problem zu. Lucas (1976) kritisiert allgemein die Modellierung makroökonomischer Modelle mit statischer Erwartungsbildung. Er zeigt, dass eine ökonomische Gesetzmäßigkeit in dem Augenblick nicht mehr funktioniert, wenn die Wirtschaftspolitik versucht diese auszunutzen und das Handeln durch die Wirtschaftssubjekte erwartet wird.
2.3 Ideologische Konjunkturzyklen
45
A3d: Die Wirtschaftssubjekte bilden rationale Inflationserwartungen (vgl. Gleichung 2.8). Dabei sind sie vollständig über die unterschiedlichen Präferenzen der beiden konkurrierenden Parteien informiert. Im Unterschied zum Partisanmodell mit adaptiver Erwartungsbildung, in dem jede Veränderung der Geldpolitik zu realen Effekten führt, kommt es im Alesina-Modell hierzu nur unter der Voraussetzung, dass die Wirtschaftssubjekte die zukünftige Politik nicht vollständig antizipieren. Die Unsicherheit über den Wahlausgang verursacht die Unvollständigkeit der verfügbaren Informationen. Die Wähler bilden ihre Inflationserwartungen auf Basis der bekannten Verlustfunktionen und der Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der Parteien. Abbildung 2.7 verdeutlicht den zeitlichen Handlungsablauf des RPT-Modells. Die Legislaturperiode wird in zwei Subperioden unterteilt. Unmittelbar vor dem Wahltermin wird in Lohnverhandlungen der Nominallohn für die Periode t = 0 fixiert. Am Beginn der Periode t = 0 wird die neue Regierung und somit die monetäre Autorität in Wahlen bestimmt. Nach der Amtsübernahme durch die neue Regierung legt diese die Höhe der Inflation für den ersten Teil der Legislaturperiode fest. Am Ende der Wahlperiode verhandeln die Wirtschaftssubjekte den Lohn für die Nicht-Wahlperiode t = 1.
Abbildung 2.7: Zeitlicher Handlungsablauf im RPT-Modell
Ein zentrales Element für die Funktionsweise des Alesina-Modells sind die Zielfunktionen der beiden Parteien. Gemäß Annahme A4d ist das relative Gewicht eines stabilen Preisniveaus in der Verlustfunktion der Rechtspartei höher als das der konkurrierenden Linkspartei. Aus der einfachen Anwendung des Modells von Barro und Gordon (1983a) folgt, dass eine regierende Rechtspartei in beiden Teilen der Legislaturperiode einen kleineren Inflationsbias verursacht als eine amtierende Linkspartei. Die verlustminimierende Inflationsrate der Rechtspartei ist immer niedriger als die der konkurrierenden Linkspartei. Während die qualitativen Implikationen für das Verlaufsmuster der Inflationsrate mit denen des Hibbs-Modells übereinstimmen, ergeben sich Unterschiede im Verlaufsmuster der Arbeitslosenquote. Vor jedem Wahltermin müssen die Wirtschaftssubjekte in den Lohnverhandlungen die Inflationsrate der Periode t = 0 antizipieren. In Unsicherheit über den Wahlausgang berücksichtigen die Wähler in ihrer Erwartungsbildung den mit den Wahlsiegwahrscheinlichkeiten gewichteten Mittelwert der optimalen Inflationsraten unter einer Links- und einer Rechtsregierung. Solange keine der beiden Parteien mit Sicherheit gewählt wird, weichen die Inflationserwartungen von der realisierten Inflationsrate ab. Gewinnt die Linkspartei die Wahl, dann ist die Inflation in der Periode t = 0 höher als erwartet. Die positive Inflationsüberraschung führt über den Phillipskurvenzusammenhang aus Gleichung (2.1) zu einer sinkenden Arbeitslosenquote. Je größer der Erwartungsfehler bzw. je größer die Wahlüberraschung ist, desto größer ist die Amplitude des Nachwahl-Booms. In der Nicht-Wahlperiode t = 1 herrscht keine Unsicherheit über die Präferenzen der monetären Autorität. Die Wirtschaftssubjekte antizipieren die Inflationsrate fehlerfrei und die Arbeitslosigkeit steigt auf das natürliche
46
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Niveau (¯ u). Umgekehrtes gilt für den Wahlsieg einer Rechtspartei. Die Inflationserwartungen sind höher als die tatsächliche Inflationsrate, so dass es zu einer temporären Nachwahl-Rezession kommt. Auch das Modell von Alesina (1987) bietet Raum für vielerlei Kritik.23 Belke (1996) kritisiert die unzureichende Begründung für die unterschiedlichen Nutzenfunktionen der Parteien. ”Die Verhaltensannahmen beruhen auf Plausibilitätsbetrachtungen und sind im Allgemeinen nicht präferenz- und entscheidungstheoretisch fundiert” [vgl. Belke (1996), S. 110]. Wie die anderen hier vorgestellten Modellansätze greift auch das Alesina-Modell auf einen monetären Transmissionskanal zurück, der nur dann vertretbar ist, wenn die Inflationsrate durch die Regierungen beeinflusst werden kann. Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich gegen die angenommene Terminierung der Lohnverhandlungen [vgl. Rogoff (1988) und Kiefer (2000)]. Rationale Akteure sollten die (zeitliche) Gültigkeit der Lohnverträge so terminieren, dass sie direkt nach den Wahlen auslaufen und nach Bekanntgabe des Wahlausganges neu verhandelt werden.24 2.3.3 Evidenz ideologischer Konjunkturzyklen Die ideologischen Konjunkturtheorien mit adaptiver und rationaler Erwartungsbildung liefern empirisch klar testbare Muster für Inflation und Arbeitslosigkeit. In beiden vorgestellten Erklärungsansätzen sind die Inflationsraten unter einer amtierenden Rechtspartei niedriger als unter der konkurrierenden Linkspartei. Differenzierte Aussagen können über die Verlaufsmuster der Arbeitslosenquote getroffen werden. Während das Hibbs-Modell (zumindest bei hinreichend langsamer Erwartungsanpassung) persistente Unterschiede in den Arbeitslosenquoten zwischen Links- und Rechtsregierungen vorhersagt, prognostiziert das Alesina-Modell nur temporäre Effekte. Hier sollte nach der Wahl einer Linkspartei ein kurzfristiger Boom und nach der Wahl einer Rechtspartei eine kurzfristige Rezession zu beobachten sein. In der Literatur findet sich eine Vielzahl von möglichen empirischen Testansätzen. Analog zu der empirischen Überprüfung opportunistischer Konjunkturzyklen reicht auch hier das Spektrum von einfacher deskriptiver Statistik bis hin zu komplexen ökonometrischen Modellen. Die Zeitreihenanalyse eines ideologischen Konjunkturmodells könnte grundsätzlich eine im Vergleich zum opportunistischen Basisansatz identische Schätzgleichung (vgl. Gleichung (2.9)) verwenden. Einzig die Dummy-Variable OVt muss durch einen die ideologische Theorie des politischen Konjunkturzyklus erfassenden Partisan-Dummy P Vt ersetzt werden. Für die empirische Überprüfung der vorgestellten ideologischen Konjunkturtheorien werden im Vergleich zu den unter 2.2.3 diskutierten Daten zusätzlich Informationen über die Wahlsieger und deren ideologischer Orientierung benötigt. Die am politischen Prozess beteiligten Parteien müssen in ein Links-Rechtsspektrum
23 24
Eine hervorragende kritische Würdigung der rationalen Partisantheorie findet sich in Belke (1996), S. 110-157. Die Kritik wird hinfällig, wenn man die Annahme der exogen fixierten Wahltermine fallen lässt. Wie Ellis und Thoma (1991) zeigen, ist bei endogen bestimmten Wahlterminen nicht nur die exakte Terminierung der Tarifverträge unmöglich, sondern auch die Wahlunsicherheit muss auf alle Subperioden der Legislatur ausgedehnt werden. Kapitel 4 der Arbeit nimmt diese Kritik auf und diskutiert ein Partisanmodell mit variablen Wahlterminen.
2.3 Ideologische Konjunkturzyklen
47
eingeordnet werden. Die Einordnung der Parteien in das Politikspektrum der Modellwelt erweist sich häufig als schwierig. Aus der Vielzahl der Themengebiete in den Grundsatzprogrammen der Parteien, müssen die Punkte bezüglich der relativen Gewichtung von Inflation und Arbeitslosigkeit herausgefiltert werden. Parteien, die in ihrer Programmatik ein stabiles Preisniveau höher als das Ziel der Vollbeschäftigung gewichten, werden als ”Rechts” klassifiziert. Linke Parteien zeichnen sich in ihren Politikprogrammen durch ”Gewerkschaftsnähe” oder als Vertreter von ”Arbeiterinteressen” aus.25 Ein Problem entsteht bei Koalitionsregierungen. Die ideologische Ausrichtung von Mehrparteienregierungen ist schwierig zu erfassen. Vereinfachend kann dabei auf die ideologische Orientierung des Regierungschefs zurückgegriffen werden [vgl. z. B. Alesina und Roubini (1992)].26 Die Variable von zentralem Interesse ist die P Vt –Variable. Mit ihr wird in den Schätzungen die aus der theoretischen Analyse hergeleitete Wirkungsrichtung kodiert. Für die Überprüfung der Existenz eines permanenten ideologischen Unterschieds in den Inflationsraten und Arbeitslosenquoten nach Hibbs kann eine P Vt –Variable wie folgt kodiert werden [vgl. z. B. Alesina, Roubini und Cohen (1997), S. 84f.]:
+1 bei amtierender Rechtsregierung P Vt = (2.17) −1 bei amtierender Linksregierung. Nach der Wahl einer Rechtsregierung sollte im Vergleich zu einer Linksregierung die Inflation dauerhaft niedriger und die Arbeitslosigkeit (dauerhaft) höher sein. Bei bestätigender empirischer Evidenz für die Hypothese hinsichtlich der Inflation muss der Koeffizient ψ in Gleichung (2.9) signifikant negativ werden. Umgekehrtes gilt für die Überprüfung der Implikationen des PTModells hinsichtlich der Arbeitslosenquote. Für eine Bestätigung des Hibbs-Modells muss sich bei Verwendung der Partisanvariable aus Gleichung (2.17) ein signifikant positiver Koeffizient ergeben. Bezüglich des grundsätzlichen Verlaufsmuster der Inflationsraten sind die ideologischen Konjunkturtheorien mit adaptiver und rationaler Erwartungsbildung nicht zu unterscheiden. Linksregierungen sollten höhere Inflationsraten generieren als vergleichbare Rechtsregierungen. Der empirische Testansatz für das Verlaufsmuster der Inflationsraten des Alesina-Modells gleicht dem des Hibbs-Modells. Schwieriger erweist sich die Kodierung des Partisan-Dummies für die Tests der Implikationen der rationalen Partisantheorie hinsichtlich der Arbeitslosenquote. Der Dummy muss sowohl die politische Orientierung der bei der Wahl siegreichen Partei als auch die Höhe der Inflationsüberraschung am Wahltag berücksichtigen. Das Ausmaß der Inflationsüberraschung ist u. a. von den durch die Wähler erwarteten Siegchancen der Parteien abhängig.27 Knappe Wahlrennen (mit Wahlsiegwahrscheinlichkeiten nahe 50%) führen immer zu Wahlüberraschungen. Relativ sichere Wahlrennen führen entweder zu sehr geringer oder zu sehr hoher
25
26 27
Hervorragende Quellen für die Klassifizierung der Parteien sind die politologischen Arbeiten von Banks (1994) und Ismayr (2003). Ein gewisses Maß an Subjektivität (insbesondere bei der Abschätzung des relativen Gewichts der Ziele) bleibt dennoch bestehen. Vgl. dazu auch die Diskussion im Kapitel 3.4 dieser Arbeit. Des Weiteren hängt das Ausmaß der Inflationsüberraschung von der ideologischen Distanz beider Parteien ab. Dieses Argument bleibt an dieser Stelle unberücksichtigt.
48
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Wahlüberraschung. Gewinnt die im Vorhinein favorisierte Partei, ist der begangene Erwartungsfehler klein. Verliert die im Vorfeld von Wahlen favorisierte Partei, dann ist der Erwartungsfehler groß. Für eine geeignete Modellierung der P Vt –Variable, mit expliziter Modellierung des Grades der Wahlüberraschung, sei auf Kapitel 3.4 dieser Arbeit verwiesen. Literaturüberblicke zu den empirischen Arbeiten der Partisantheorie mit adaptiver und rationaler Erwartungsbildung finden sich bei Belke (1996), Drazen (2000) und Franzese (2002). Auf eine umfangreiche wiederholende Darstellung aller Resultate wird an dieser Stelle verzichtet. Tabelle 2.4 gibt eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten empirischen Ergebnisse zu adaptiven Partisanzyklen in den makroökonomischen Variablen Inflation (”INF”), Arbeitslosenquote (”ALQ”) und Wirtschaftswachstum (”OUT”). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Tabelle 2.4: Überblick empirischer Arbeiten zur Partisantheorie mit adaptiver Erwartungsbildung Autoren Länder INF OUT ALQ Hibbs (1977) 12 OECD + + Beck (1982b) USA +/Alt (1985) 12 OECD + Chapell und Keech (1986) USA + + Rothschild (1986) 12 OECD Hibbs (1987) USA + + Hibbs und Dennis (1988) USA + + Alesina (1989) 12 OECD + +/Haynes und Stone (1990) USA + + + Paldam (1991) 17 OECD + + + Alesina und Roubini (1992) 18 OECD + Koot, Ord und Young (1992) 2 OECD + + + Annett (1993) Irland Alesina, Roubini und Cohen (1997) USA + Alesina, Roubini und Cohen (1997) 18 OECD + +/Berger und Woitek (1997) Deutschland +/Berlemann (1999) 15 OECD + Anmerkung: ”+” steht für bestätigende empirische Evidenz, ”-” für ablehnende empirische Evidenz und ”+/-” für uneinheitliche empirische Resultate.
in Übereinstimmung mit den theoretischen Vorhersagen die Literatur häufig Partisaneffekte in der Inflationsrate und in den diese bestimmenden Politikinstrumenten findet. Im Hinblick auf Arbeitslosenquote und aggregierten Output sind die empirischen Ergebnisse weit weniger einheitlich. Eine Reihe von empirischen Arbeiten hat die Analyse von Partisaneffekten auf weitere makroökonomische Größen ausgeweitet. So finden sich in der Literatur empirische Untersuchungen zu ideologisch bedingten Unterschieden in Instrumentenvariablen wie z. B. Geldbasis, Geldmenge, Zinssatz oder Wechselkurs [vgl. z. B. Beck (1982c), Chapell, Havrilesky und McGregor (1993), Jonsson (1995), Berger und Woitek (1997), Alesina, Roubini und Cohen (1997) und Franzese
2.3 Ideologische Konjunkturzyklen
49
(1999)]. Weitere Studien suchen nach Partisaneffekten in fiskalischen Variablen, wie z. B. im Umfang von Staatsausgaben und Staatseinnahmen, der Höhe der Verschuldung oder der Zusammensetzung staatlicher Budgets. So finden Hewitt (1977), Cameron (1978), Pommerehne und Schneider (1980), Swank (1988) oder aktueller Cusack (1997), Cusack (1999), Potrafke (2006a) und Potrafke (2006b) ideologische Unterschiede in der Fiskalpolitik. Im Gegensatz dazu können Seitz (2000), Galli und Rossi (2002) und Jochimsen und Nuscheler (2007) keine ideologischen Differenzen in der Fiskalpolitik verschiedener Länder nachweisen. Wie die Ergebnisse der empirischen Arbeiten von Blais, Blake und Dion (1993), Huber, Ragin und Stephens (1994), Persson (1999) und Persson und Tabellini (2000) zeigen, erzeugen Linksparteien größere Regierungssektoren als Rechtsparteien.28 Da sich die im nächsten Teil der Arbeit anschließende eigene empirische Arbeit ausschließlich auf die beiden makroökonomischen Variablen Inflationsrate und Arbeitslosenquote stützt, sind in Tabelle 2.5 nur die am engsten verwandten Arbeiten zusammengefasst. In der Darstellung wird auf die Variablen Inflation (”INF”), Arbeitslosenquote (”ALQ”) und Wirtschaftswachstum (”OUT”) fokussiert. Die erste Spalte der Tabelle informiert über die Autoren und das Jahr der Publikation. Die zweite Spalte beschreibt das Ländersample und die Zeitperiode der jeweiligen Untersuchung. In den Spalten 3 bis 5 sind die Ergebnisse der Studien zusammengefasst. Ein Plus steht für bestätigende, eine Minus für ablehnende Evidenz der rationalen Partisantheorie. Uneindeutige Resultate sind mit einem ”+/-” gekennzeichnet. Die Spalte 6 (”WÜ”) gibt an, ob die jeweilige Studie Wahlüberraschung explizit modelliert. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die theoretischen Vorhersagen des RPT-Modells hinsichtlich der makroökonomischen Variablen durch die bisherigen empirischen Studien nicht eindeutig verifiziert werden können. Es findet sich sowohl positive als auch negative Evidenz für die Hypothesen des Alesina-Modells. Eine Einschränkung für die Validität eines Großteils der bisherigen Ergebnisse ergibt sich aus der Tatsache, dass viele der Studien die zentrale Innovation des AlesinaModells – der Wahlausgangsunsicherheit – nicht geeignet modellieren (”WÜ”=nein). So testen z. B. Alesina, Roubini und Cohen (1997) oder Heckelman (2006) nur, inwiefern sich Regierungswechsel auf die Schwankungen der Arbeitslosenquote auswirken. In den Studien wird unzulässig vereinfachend angenommen, dass jede Wiederwahl praktisch ohne Unsicherheit erfolgt. Alesina et al. (1997, S. 148) erklären dazu: ”...in several countries, particularly until the mid-1970s, several parties (or coalitions) were routinely reappointed with virtually no political uncertainty.” Umgekehrt ist die Abwahl einer amtierenden Regierung mit der größtmöglichen Überraschung verbunden. Das Argument ist nicht haltbar, da zum einen ein Regierungswechsel schon lange vor einem Wahltermin erwartet worden sein könnte und daher auch ohne Wahlüberraschung erfolgt. Zum anderen zeigt die Realität, dass Regierungen zum Teil auch sehr überraschend im Amt bestätigt werden.29 Insofern bleibt zweifelhaft, ob die bisherigen Studien ohne explizite Berücksichtigung der ex-ante Wahlausgangsunsicherheit als geeigneter Test für die Partisantheorie
28
29
Anmerkung: Einige der genannten Studien behaupten ein Hibbs- bzw. Alesina-Modell zu testen. Beide Erklärungsansätze unterstellen einen monetären Transmissionskanal und sind nicht ohne Weiteres auf andere makroökonomische Größen übertragbar. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der Wahlsieg der SPD bei der Bundestagswahl 2002. Eine umfangreiche Diskussion zur Existenz und Bedeutung von Wahlüberraschung siehe Kapitel 3.1 dieser Arbeit.
50
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
Tabelle 2.5: Überblick empirischer Arbeiten zur Partisantheorie mit rationaler Erwartungsbildung Autoren Alesina (1988) Alesina und Sachs (1988) Chapell und Keech (1988) Alesina (1989) Sheffrin (1989a) Sheffrin (1989b) Alogoskoufis und Philippopoulos (1991) Paldam (1991) Alesina und Roubini (1992) Lang und Welzel (1992) Alesina, Londregan und Rosenthal (1993) Annett (1993) Edwards (1994) Haynes und Stone (1994) Garatt (1995) Haynes (1995) Belke (1996) Ellis und Thoma (1996)
Länder (Zeitraum) INF OUT ALQ WÜ USA (1949-1984) + + nein USA (1949-1984) + nein USA (1961-1984) + ja 12 OECD (1966-1986) + + + nein USA (1949-1985) + nein 15 OECD (1953-1986) nein Griechenland (1958-1989) + nein 17 OECD (1948-1985) + + + nein 18 OECD (1960-1987) +/+ + nein Deutschland (1960-1989) + nein USA (1915-1988) + nein Irland (1949-1991) nein Chile (1952-1973) nein USA (1951-1990) nein UK (1960-1993) nein USA (1953-1990) + + + nein 2 OECD (1961-1993) +/+ ja U.S. (1955-1983) + nein U.K. (1955-1983) + nein Klein (1996) USA (1855-1991) + nein McGregor (1996) USA (1960-1987) + nein Alesina, Roubini und Cohen (1997) USA (1936-1992) + + ja 18 OECD (1960-1993) +/+ + nein Crosby, Brown und Malady (1997) Australien (1957-1994) nein Berger und Woitek (1997) Deutschland (1950-1989) + nein Serletis und Afxentiou (1998) Kanada (1926-1994) nein Carlsen (1998) USA (1956-1992) ja Berlemann (1999) 6 OECD (1960-1996) + + ja Carlsen und Pedersen (1999) 7 OECD (unbalanced) +/ja Faust und Irons (1999) USA (1948-1995) + ja Kiefer (2000) 18 OECD (1959-1995) ja Heckelman (2001b) UK (1960-1994) nein Maloney, Pickering und Hadri (2003) 20 OECD (1960-2000) + ja Heckelman (2006) 7 OECD (1960-1993) nein Shelton (2007) 11 OECD (1989-2004) + +/+/ja Anmerkung: ”+” steht für bestätigende empirische Evidenz, ”-” für ablehnende empirische Evidenz und ”+/-” für uneinheitliche empirische Resultate.
mit rationaler Erwartungsbildung Gültigkeit haben.30 Eine weitere kritische Auseinandersetzung mit den bisherigen empirischen Untersuchungen, insbesondere eine ausführliche Diskussion vorhandener Modellierungsansätze für Wahlausgangsüberraschung, findet sich in Kapitel 3.3 der Arbeit.
30
Ein ähnliche Kritik findet sich in Berlemann (1999), S. 258.
2.4 Gemischte Ansätze
51
2.4 Gemischte Ansätze In allen den bisher vorgestellten Erklärungsansätzen politischer Konjunkturzyklen wird angenommen, dass die Politiker entweder rein opportunistische oder rein ideologische Ziele verfolgen. Schon Downs (1957, S. 30) weist für die konkrete Zielsetzung der Parteien darauf hin: ”(Die Politiker werden)... keines dieser erstrebten Ziele erreichen, wenn ihre Partei nicht gewählt wird. Deshalb stellen wir die Motive der Parteimitglieder nicht falsch dar, wenn wir sagen, dass ihr Hauptziel darin bestehe, gewählt zu werden. Und das bedeutet wieder, dass jede Partei sucht, mehr Stimmen als jede andere zu gewinnen.” Die Umsetzung ideologischer Politik setzt immer die Wiederwahl voraus. Daher kann sich Opportunismus auch für Ideologen lohnen. Der Ansatz von Frey und Schneider (1978a) versucht die oftmals im Konflikt zueinander stehenden Motive zu kombinieren. Ihr Erklärungsmodell, welches den politischen Konjunkturtheorien mit adaptiver Erwartungsbildung zuzuordnen ist, kombiniert die Modelle von Nordhaus (1975) und Hibbs (1977). Im Mittelpunkt des Modells steht die Popularität der amtierenden Regierung, die angibt mit welcher Wahrscheinlichkeit die nächste Wahl gewonnen wird. Frey und Schneider (1978a) gehen von einem Zweiparteiensystem mit grundsätzlich ideologisch motivierten Politikern aus. Ist der Popularitätsvorsprung der amtierenden vor der oppositionellen Partei hinreichend groß, dann verfolgt die Regierung ihre ideologische Zielfunktion. Sinkt der Popularitätsvorsprung in den Meinungsumfragen unter ein als kritisch angesehenes Niveau, wendet sich die Regierung verstärkt dem Medianwähler zu. Berthold und Fehn (1994) erweitern die Argumentation um die zeitliche Entfernung zum nächsten Wahltermin. Am Beginn einer jeden Legislaturperiode, wenn Wiederwahlinteressen nur eine untergeordnete Rolle spielen, verhalten sich alle Regierenden ideologisch. Rückt der Wahltermin näher, gewinnen die Ergebnisse von Meinungsumfragen und damit die Popularität der Regierung an Gewicht in der Zielfunktion der amtierenden Partei. Ein Wechsel der Parteistrategie von ideologischer hin zu einer opportunistischen Zielausrichtung kann die Folge sein. Die empirische Vorhersage des Frey-Schneider-Modells ist ein unregelmäßiger politischer Konjunkturzyklus. Nimmt man die Erweiterung von Berthold und Fehn (1994) auf, dann sollte zu Beginn jeder Legislaturperiode ein ideologischer Konjunkturzyklus zu beobachten sein. Mit zunehmender Dauer der Legislaturperiode muss die Vorhersage über die Gestalt des Zyklus auf die Regierungspopularität bedingt werden. Der empirische Zugang zu den ”gemischten Modellen” erweist sich als schwierig. Die exakte Unterscheidung zwischen opportunistischer und ideologischer Politik im Verlauf der Legislaturperiode ist insbesondere im Hinblick auf Wirkungsverzögerungen in der Geld- und Fiskalpolitik schwer. So finden sich in der Literatur (fast) keine ernsthaften Testansätze für den kombinierten Erklärungsansatz. Frey und Schneider (1978b) liefern empirische Evidenz dafür, dass fiskalische Instrumente in den Vereinigten Staaten von Amerika häufiger im Vorfeld von Wahlen manipuliert werden, wenn die amtierende Administration schlechte Popularitätswerte aufweist und die Abwahl befürchten muss. Ein ähnliches Ergebnis findet Schultz (1995) für Großbritannien. Die Höhe der Transferausgaben ist korreliert mit der Wiederwahlwahrscheinlichkeit der jeweiligen britischen Regierung. Verschlechtern sich die Wahlchancen der amtierenden Partei, dann erhöht diese die Transferzahlungen an die Bürger. Beiden Studien gemein ist, dass sie nicht unmittelbar auf ideologische Parteienunterschiede konditionieren und somit eher als Test auf opportunisti-
52
2. Überblick zur Theorie und Evidenz politischer Konjunkturzyklen
sche Budgetzyklen interpretiert werden müssen.31 Golden und Poterba (1980) testen in einer sehr frühen Arbeit, ob es einen Zusammenhang zwischen der Popularität der Regierung und dem Geldmengenwachstum gibt. In der Zeitreihe des US-amerikanischen Geldmengenwachstums können sie keinen signifikanten Zusammenhang nachweisen.32 Hingegen zeigt Carlsen (1997) für die Vereinigten Staaten von Amerika, dass es eine inverse Beziehung zwischen der Regierungspopularität und dem Anreiz zur Erzeugung eines politischen Konjunkturzyklus gibt. Demnach ist das US-amerikanische Geldmengenwachstum vor Wahlen genau dann signifikant größer, wenn die amtierende Administration schlechte Popularitätswerte aufweist. Im Falle guter Wiederwahlchancen der Regierung ist die Geldpolitik signifikant restriktiver. Allerdings bedingt auch dieser Schätzansatz das Verlaufsmuster des Geldmengenwachstums nicht auf ideologische Unterschiede und kann somit nicht als geeigneter Test für die Frey-Schneider-Hypothese gelten.
31 32
Vgl. dazu auch Kapitel 5 der Arbeit. Einschränkend muss angemerkt werden, dass Golden und Poterba (1980) über die gesamte Legislaturperiode hinweg nach dem Zusammenhang zwischen Geldmenge und Popularität suchen. Ihr Ansatz zielt nicht auf das Verhalten im unmittelbaren Umfeld von Wahlen.
Die Unsicherheit über den Wahlausgang In diesem Kapitel wird eine eigene empirische Untersuchung der rationalen Partisantheorie des Konjunkturzyklus präsentiert.1 Dabei wird insbesondere auf die Kritik an der unzureichenden empirischen Berücksichtigung der Wahlüberraschung eingegangen und der Grad der herrschenden Wahlüberraschung mit Hilfe von Wahlumfragedaten modelliert. Der Aufbau des Kapitels ist wie folgt: In einem ersten Schritt wird der Begriff der Wahlausgangsunsicherheit erläutert und anhand von Beispielen dessen Relevanz in der Realität politischer Wahlen aufgezeigt. Im zweiten Abschnitt werden die zu testenden Hypothesen aus dem Grundmodell von Alesina (1987) theoretisch hergeleitet. Es wird gezeigt, dass das Ausmaß politisch erzeugter Konjunkturschwankungen maßgeblich von der Wahlunsicherheit und Wahlüberraschung in der Ökonomie abhängt. Im Unterschied zu den meisten der bisherigen empirischen Studien zur RPT, wird im dritten Abschnitt die Wahlüberraschung mit Hilfe von Umfragedaten zu den Wahlabsichten der Wähler explizit modelliert. Anschließend werden die Hypothesen der rationalen Partisantheorie für Arbeitslosigkeit und Inflation in einer Panelanalyse empirisch überprüft. Im Ergebnis der Untersuchung kann für ein Panel von 8 OECD Staaten die Hypothese der Existenz rationaler ideologischer Konjunkturzyklen nicht abgelehnt werden. Abschließend werden die gefundenen Resultate kritisch diskutiert und ein Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf gegeben.
3.1 Einleitung Maßgeblich für das Auftreten und das Erscheinungsbild rationaler ideologischer Konjunkturzyklen ist die Überraschung hinsichtlich des Wahlergebnisses. Mit den Worten von Alesina, Roubini und Cohen (1997, S. 112): ”(..), one of the rational partisan theory’s critical and less obvious implication is that the size of postelectoral real effect of monetary and fiscal policies depends on the degree of electoral surprise: The more unexpected the electoral outcome, the less anticipated the postelectoral policies, and thus the larger the economic impact.” Im Folgenden werden die unterschiedlichen Formen von Wahlunsicherheit diskutiert. Dabei wird insbesondere auf die Bedeutung der Wahlausgangsunsicherheit eingegangen und mit Beispielen aus der deutschen Wahlgeschichte untermauert. Die Formen in denen Wahlunsicherheit auftreten kann sind vielfältig. Neben der schon erwähnten Unsicherheit über den zukünftigen Wahlsieger, kann Unsicherheit über den Zeitpunkt der nächsten Wahl, Unsicherheit über die Präferenzen der zur Wahl stehenden Politiker oder Parteien und Unsicherheit über die Durchsetzbarkeit der ideologischen Ziele bestehen. Alle Formen der Wahlunsicherheit haben einen unmittelbaren Einfluss auf die Art und Weise der theoretischen Modellierung ideologischer Konjunkturzyklen. Im Rahmen dieses Kapitels wird in Anlehnung an die Modellierung von Alesina (1987) ausschließlich die Unsicherheit des Wahlausganges betrachtet.2 Um den Begriff Wahlunsicherheit eingehend erläutern zu können, ist es zweckmäßig, 1
Erste Ergebnisse zu diesem Kapitel der Arbeit finden sich in Berlemann und Markwardt (2007).
2
Die Unsicherheit über den Zeitpunkt der nächsten Wahl ist Gegenstand des Kapitels 4 dieser Arbeit.
54
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
zunächst die institutionellen Regelungen und die politische Funktion von Wahlen kurz zu betrachten. Erst das verbriefte Recht auf freie Wahlen in Kombination mit der aus der Verfassung ableitbaren Entscheidungsgewalt und Entscheidungsspielräumen demokratisch legitimierter Institutionen verursacht Wahlunsicherheit. In Diktaturen und Einparteiensystemen spielt Wahlunsicherheit, Mangels ideologischer Alternativen, per definitionem keine Rolle. Ohne Wahlen und ohne Handlungsspielraum der gewählten Institutionen gibt es keine Wahlunsicherheit. In nahezu allen entwickelten Staaten dienen Wahlen der politischen Meinungsäußerung der Bevölkerung, den Checks und Balances und der temporären Erteilung legislativer und exekutiver Macht [vgl. dazu Falter und Schoen (2005) und Persson, Roland und Tabellini (1997)]. Insbesondere die Machtübertragung mit den damit verbundenen politischen Handlungsspielräumen spielt bei der Entstehung von Wahlunsicherheit eine entscheidende Rolle. Je größer der gewährte Entscheidungsspielraum bei der Ausübung legislativer und exekutiver Macht, desto größer sind die möglichen Unterschiede in der Politik. Zum Beispiel für die Bundesrepublik Deutschland3 heißt es in Artikel 65 Grundgesetz: ”Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung.” Dieser Grundgesetzartikel gewährt dem Bundeskanzler einen recht weiten Handlungsspielraum. Im Vergleich dazu ist die Entscheidungsgewalt der Ministerpräsidenten der Bundesländer deutlich enger definiert. Die einzelnen Landesregierungen besitzen weit weniger Kompetenzen und Handlungsspielräume als die Bundesregierung. Daraus kann gefolgert werden, dass die Wahlunsicherheit bei Bundestagswahlen von größerer Bedeutung ist als die Unsicherheit bei der Wahl der Länderparlamente. Aus diesem Grund ist die Konzentration auf Bundestagswahlen als entscheidende Quelle von Wahlunsicherheit zu rechtfertigen. Für das Recht auf freie Wahlen regelt das Grundgesetz in Artikel 20 Abs. 2: ”Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.” In aller Regel wird in der Bundesrepublik Deutschland die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragt [vgl. Ismayr (2003)]. Die Präferenzverteilung der sich an der Wahl beteiligenden Bevölkerung bestimmt also in wesentlichen Teilen4 die Zusammensetzung des Bundestages und somit die politische Orientierung der gewählten Regierung. Wäre die Präferenzverteilung der Wahlbevölkerung und die Präferenzen der politischen Kandidaten fehlerfrei beobachtbar, dann gäbe es trotz vorhandenen Handlungsspielraums der Politiker und verfassungsmäßig garantierter Wahlen keine Wahlunsicherheit. Alesina und Rosenthal (1995) analysieren, wie Wahlunsicherheit entstehen kann, und bedienen sich dabei einem einfachen Zweiparteienmodell [vgl. Alesina und Rosenthal (1995), S. 86ff.]. Der einzelne Wähler stimmt für die Partei, deren angebotene Politik dem von ihm präferierten Punkt im Politikspektrum am nächsten kommt. Es wird angenommen, dass die Idealpunkte der Wähler im Intervall [a, 1 + a] gleichverteilt sind, wobei a eine gleichverteilte Zufallsvariable ist. Der Erwartungswert der Variable a ist Null, die minimale Realisierung ist −w, das mögliche
3 4
Alle folgenden Beispiele sind für die Bundesrepublik Deutschland. In vielen anderen Ländern finden sich ähnliche Verfassungsregelungen. Die 5% Hürde in den Zweitstimmen der Parteien führt zu einer Abweichung der repräsentierten von der tatsächlichen Präferenzverteilung der Bevölkerung.
3.1 Einleitung
55
Maximum hat den Wert w. Der Idealpunkt des Medianwählers ergibt sich aus der Kombination der beiden Gleichverteilungen und nimmt den Erwartungswert 1/2 + a an. Wenn a positive Werte annimmt, dann liegt der Medianwert der Präferenzverteilung der Wähler rechts im Politikspektrum und vice versa. Die Verteilung der Wählerpräferenzen und die Positionierung der Parteien im Politikspektrum5 sind bekannt; die Realisation der Variable a ist erst nach dem Wahltermin zu beobachten. Als eine Ursache für diese Unsicherheit nennen Alesina und Rosenthal (1995) beispielsweise die Unsicherheit über die Wahlbeteiligung der einzelnen Wählerschichten. Angenommen, die Verteilung der Wahlbevölkerung liegt im Intervall [−w, 1 + w], aber nur die Individuen mit einem Idealpunkt zwischen a und 1 + a beteiligen sich am Wahlgang, dann bliebe die Anzahl der sich an den Wahlen beteiligenden Wähler unverändert, aber zu jedem Wahltermin änderte sich die Verteilung der beteiligten Wähler und somit die Im Wahlergebnis realisierte Präferenz als eine Funktion von a. Als Gründe für eine wechselnde Wahlbeteiligung unterschiedlicher Wählerschichten nennt Scheuerle (1999) z. B. das Wetter oder Protesthaltung. Jeder einzelne Wähler kann ex ante trotz Kenntnis der Präferenzverteilung nicht feststellen mit welchem Wert sich a realisiert und wie hoch die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der Kandidaten bzw. Parteien sind. Das tatsächliche Wahlergebnis resultiert im einfachen Alesina-Rosenthal-Modell aus einem Zufallsprozess. In Abhängigkeit der Positionierung der Parteien und der Ausprägung der Zufallsvariable a kann entweder die Linkspartei oder die Rechtspartei die Wahl gewinnen. Umfragen von Meinungsforschungsinstituten zu den Wahlabsichten generieren zwar Informationen zu der gegenwärtigen Verteilung der sich an der Wahl beteiligenden Bevölkerung, die Realisation des Parameter a kann jedoch zu keinem Zeitpunkt exakt prognostiziert werden. Ein hoher Stimmenanteil in den Wahlumfragen ist ein Indikator für eine hohe Wahlwahrscheinlichkeit der jeweiligen Partei. Die größte mögliche Wahlunsicherheit besteht bei Umfrageergebnissen von 50% für jede der beiden Parteien. Große Abweichungen der Stimmenanteile in den Wahlumfragen sprechen für eine geringe Wahlunsicherheit, können aber gleichzeitig zu großen Wahlüberraschungen führen. Gewinnt eine Partei mit einem niedrigen Stimmenanteil in den Wahlumfragen, dann ist die Wahlüberraschung groß. Im Folgenden soll die Existenz von Wahlunsicherheit und Wahlüberraschung anhand von Beispielen für die Bundesrepublik Deutschland verdeutlicht werden. Ähnliche Beispiele finden sich mit wenigen Ausnahmen in allen anderen Ländern mit kompetitiven Wahlen.6 Die Tabelle 3.1 zeigt die durchschnittlichen Stimmenanteile von CDU/CSU (”CDU”) und SPD (”SPD”) in der so genannten Sonntagsfrage in den zwölf Monaten vor den Bundestagswahlen.7 Wie zu erkennen ist, gab es in der Geschichte der Bundestagswahlen eine Reihe sehr knapper Wahlrennen. Die durchschnittlichen Stimmenanteile der beiden großen Parteien lagen im Jahr vor dem Wahltermin zum Teil weniger als 1% auseinander. Dies bedeutet, dass schon sehr kleine 5
6
7
Wie die Parteien ihr Politikangebot bestimmen, bleibt an dieser Stelle unberücksichtigt. Vgl. zu diesem Punkt u. a. Downs (1968), 7. Kapitel oder Alesina und Rosenthal (1995), 2. Kapitel sowie die Diskussion im Kapitel 2.3.1 dieser Arbeit. Eine umfangreiche Erläuterung des Begriffes ”kompetitive Wahlen” und die Klassifikation einer Vielzahl von Ländern finden sich in Beck et al. (2001). Alle später im Schätzsample enthaltenen Länder zeichnen sich durch kompetitive Wahlen aus. Ein ausführliche Erläuterung der Wahlumfragedaten erfolgt in Kapitel 3.4.1.
56
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
Tabelle 3.1: Stimmenanteile von CDU/CSU und SPD in den Wahlumfragen in Deutschland Wahljahr 1965 1969 1973 1976 1980 1983 1987 1990 1994 1998 2002 2005
CDU 45,4 43,7 41,1 49,8 45,1 52,2 44,2 40,2 36,6 33,1 37,0 41,8
SPD 44,5 44,9 43,8 40,8 43,8 36,9 38,6 38,6 36,6 41,5 34,5 29,5
Wahlsieger CDU SPD SPD SPD SPD CDU CDU CDU CDU SPD SPD CDU
Anmerkung: Angegebenen sind die durchschnittlichen absoluten Stimmenanteile (in Prozent) von CDU/CSU und SPD in den zwölf Monaten vor dem Wahltermin. Für die Durchschnittsbildung werden mindesten 9 Beobachtungen berücksichtigt. Sind für einige Monate mehr als eine Beobachtung verfügbar, wird zuerst der Monatsdurchschnitt bestimmt und dieser dann im Jahresdurchschnitt berücksichtigt. Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach
Variationen der Wählerpräferenz das Wahlergebnis in die eine oder andere Richtung verändern können. Ein sehr anschauliches Beispiel für einen hohen Grad an Wahlausgangsunsicherheit ist die Bundestagswahl im Jahr 1994. Die durchschnittlichen Stimmenanteile in den 12 Vorwahlmonaten lagen für beide Parteien auf identischem Niveau. Somit herrschte die größtmögliche Unsicherheit über die politische Orientierung der zukünftigen Bundesregierung.8 In anderen Jahren, wie z. B. bei der Wahl im Jahr 1987, waren die Bundestagswahlen geprägt durch einen sehr sicher prognostizierten Wahlsieger. Der Umfragewert der CDU/CSU lag durchschnittlich 5,6% über dem der SPD. Eine ebenfalls von sehr geringer Unsicherheit gekennzeichnete Wahl war die Bundestagswahl 1998 mit dem Wahlsieger Gerhard Schröder. Die SPD lag in den Umfragen im Jahresdurchschnitt 8 Prozent vor der CDU/CSU. Ein noch exakteres Bild für das Ausmaß der Wahlunsicherheit ergibt sich bei der Betrachtung der Wahlumfragestimmenanteile im Zeitverlauf. Die Abbildung 3.1 zeigt die absoluten Stimmenanteile der beiden großen Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl 1980. Der Wahlkampf im Jahr 1980 war insbesondere geprägt von der Auseinandersetzung zwischen dem amtierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt und dem
8
Die Einbeziehung der möglichen Koalitionspartner (CDU/CSU + FDP bzw. SPD + Grüne) ändert an diesem Bild qualitativ nichts. Der durchschnittliche absolute Stimmenanteil einer möglichen linken Koalition lag in den 12 Vorwahlmonaten nur 1,4% über denen einer möglichen Koalition von CDU/CSU und FDP.
3.1 Einleitung
57
Kanzlerkandidaten der CDU/CSU Franz Josef Strauß. Auch war das Bekenntnis zur Fortführung der sozial-liberalen Koalition seitens der FDP weit weniger stark als bei den Wahlen der Jahre 1973 und 1976. Eine weitere unbekannte Größe stellten die Grünen da, die erstmals für den Bundestag kandidierten, nachdem sie zuvor den Einzug in mehrere Landesparlamente geschafft hatten. Wie in der Abbildung zu erkennen ist, wechselt die relative Stimmenmehrheit und damit das Prognoseergebnis für den möglichen Wahlsieger. Der Vorsprung der CDU/CSU betrug teilweise über 7% und schmolz bis zum Wahltag auf 1,6%. In der Zwischenzeit konnte, nach internen Machtkämpfen zwischen CDU und CSU, die SPD sogar zeitweise die Führung in den Wahlumfragen erreichen. Im Ergebnis war das Festhalten der FDP an der bestehenden Koalition ausschlaggebend für die Bildung einer neuerlichen sozial-liberalen Regierung.
Abbildung 3.1: Stimmenanteile in den Wahlumfragen der Bundestagswahl 1980, Quelle: Eigene Darstellung mit Daten des Instituts für Demoskopie Allensbach
Die Unsicherheit über das Wahlergebnis hat einen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Wahlüberraschung. Unsicher prognostizierte Wahlergebnisse führen immer zu Wahlüberraschungen. Ein Wahlergebnis ist als sehr überraschend zu bezeichnen, wenn das tatsächliche Wahlergebnis von dem im Vorfeld durch Umfragen prognostizierten Ergebnis stark abweicht. Gewinnt die Partei die in den Umfragen deutlich vorn lag, dann ist die Überraschung am Wahltag klein. Umgekehrt gilt, ist die in den Wahlumfragen schwache Partei siegreich, dann ist das Ausmaß der Wahlüberraschung groß. Das prognostizierte Ergebnis weicht stark vom tatsächlichen Ergebnis ab. Auch für die Wahlüberraschung gibt es mit der Bundestagswahl im Jahr 2002 ein hervorragendes Beispiel in der deutschen Wahlgeschichte. Alle deutschen Meinungsforschungsinstitute erwarteten in den Monaten vor der Bundestagswahl den Regierungswechsel von der Rot-Grünen Koalition hin zu einer Schwarz-Gelben Koalition. Der durchschnittliche Vorsprung in den Stimmenanteilen einer möglichen CDU/CSU-FDP Koalition betrug in den Umfragen des Instituts für Demoskopie Allensbach in den 6 Monaten vor dem Wahltermin 10 Prozent. Am Wahlabend hatte die SPD einen Stimmenvorsprung vor der CDU/CSU von 6027 Wählerstimmen [vgl. Bundeswahlleiter
58
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
(2002)]. Somit konnte die Koalition von SPD und Grünen, für alle Meinungsforschungsinstitute und die deutsche Öffentlichkeit sehr überraschend, ihre Arbeit fortsetzen. Welche Rolle die Wahlausgangsunsicherheit und die Wahlüberraschung auf das Verlaufsmuster makroökonomischer Variablen hat, wird im nächsten Abschnitt modelltheoretisch hergeleitet.
3.2 Die rationale Partisantheorie 3.2.1 Das Grundmodell von Alberto Alesina Aus einer modelltheoretischen Betrachtung heraus basiert das Modell rationaler ideologischer Konjunkturzyklen von Alesina (1987) auf den spieltheoretischen Modellen der Geldpolitik von Kydland und Prescott (1977) und Barro und Gordon (1983a,b). Bekanntermaßen liegt das zentrale Ergebnis dieses Barro-Gordon-Modells darin, dass die monetäre Autorität im NashGleichgewicht einen inflationären Bias erzeugt. Die Inflationsrate ist im Gleichgewicht also suboptimal hoch, ohne dass dies realwirtschaftliche Effekte hat. Die Höhe des Inflationsbias im Barro-Gordon-Modell hängt im Wesentlichen von der relativen Gewichtung der Ziele der Preisstabilität und eines hohen Beschäftigungsstandes durch die monetäre Autorität ab. Wie schon im Kapitel 2.3 diskutiert, ist eine der grundlegenden Annahmen der Partisantheorie, dass linke Parteien das Ziel der Preisstabilität niedriger gewichten als rechte Parteien. Wie Alesina (1987) zeigt, ergibt sich aus dieser unterschiedlichen Zielgewichtung, dass Linksregierungen höhere Inflationsraten generieren als Rechtsregierungen. Für die Arbeitslosigkeit gilt, dass nach der Wahl einer Linkspartei die Arbeitslosenquote temporär sinkt und nach der Wahl einer Rechtspartei die Arbeitslosigkeit temporär steigt. Dabei ist der Umfang des Nachwahl-Booms bzw. der Nachwahl-Rezession abhängig vom Ausmaß der Wahlüberraschung. Bei vollständiger Antizipation des zukünftigen Wahlsiegers durch die Wirtschaftssubjekte prognostiziert das Modell keinen Effekt auf die ökonomische Aktivität. Die folgende modelltheoretische Darstellung der rationalen Partisantheorie und die Ableitung der empirisch testbaren Hypothesen basiert auf den Arbeiten von Alesina (1987), Belke (1996), Scheuerle (1999), Berlemann (1999) und Heckelman (2006). Im Vergleich zu den eben genannten Arbeiten ist die Darstellung des Modells zum Teil stark vereinfacht und die Notation an diese Arbeit angepasst. Das Modell Im Folgenden gelten die in Kapitel 2.3.2 eingeführten Annahmen. Im Unterschied zu der obigen Modellierung der Partisantheorie wird die Arbeitslosigkeit bzw. deren Abweichungen von den parteispezifischen Zielwerten in den Verlustfunktionen in quadratischer Form spezifiziert:9 VtL =
1 1 t=0
9
2
· (ut − u¯L )2 +
1 L · β · (πt )2 2
(3.1)
Die lineare Spezifikation der Arbeitslosigkeit wie z. B. in Alesina (1987) oder Heckelman (2006) hat Auswirkungen auf den Zeitpfad der Variablen [vgl. Belke (1996), S. 68]. Die gewählten Verlustfunktionen stellen sicher, dass auch Überbeschäftigung und Deflation zu Nutzenverlusten bei den Parteien führen. Bei linearer Modellierung können Überbeschäftigung und Deflation verlustmindernd wirken.
3.2 Die rationale Partisantheorie
VtR =
1 1 t=0
2
· (ut − u¯R )2 +
59
1 R · β · (πt )2 2
(3.2)
wobei ut die Arbeitslosenquote zum Zeitpunkt t, die Variablen u¯L und u¯R die parteispezifischen Zielwerte für die Höhe der Arbeitslosigkeit beschreiben. Die Linkspartei hat annahmegemäß eine niedrigere Zielarbeitslosenquote als die Rechtspartei (¯ uL < u¯R ). Die Gewichtungsfaktoren des L R Ziels der Preisniveaustabilität sind β und β , wobei gilt dass β L kleiner ist als β R . Zur Vereinfachung wird in Analogie zum Kapitel 2.3.1 für die Verlustfunktionen unterstellt, dass beide Parteien eine Inflationsrate von Null als optimal ansehen. Das Ziel der Parteien ist eine Verlustminimierung in den beiden Subperioden der Legislaturperiode, in der Wahlperiode t = 0 und der Nachwahlperiode t = 1, was gleichbedeutend mit der Durchsetzung ihrer ideologischen Ziele ist. Auf eine Diskontierung der Periodenverluste wird verzichtet.10 Einsetzen der erwartungsmodifizierten Phillipskurve aus Gleichung (2.1) und beschränken der Darstellung auf eine Periode t führt zu den folgenden Periodenverlustfunktionen:11 vtL =
1 1 · (¯ u − πt + πte − u¯L )2 + · β L · (πt )2 2 2
(3.3)
vtR =
1 1 · (¯ u − πt + πte − u¯R )2 + · β R · (πt )2 . 2 2
(3.4)
und
Zunächst wird die Lösung des Modells für die Wahlperiode t = 0 betrachtet. Die Parteien minimieren ihre Verlustfunktionen durch Setzen der Inflationsrate gegeben die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte. Ableiten der Verlustfunktionen (3.3) und (3.4) nach der Inflationsrate πt führt zu den Optimalbedingungen der Links- und Rechtspartei. Die notwendige Bedingung erster Ordnung für ein Verlustminimum der Linkspartei lautet: πtL =
u˜L + πte (1 + β L )
(3.5)
und für die Rechtspartei πtR =
u˜R + πte . (1 + β R )
(3.6)
Wie aus den Gleichungen (3.5) und (3.6) ersichtlich ist, sind die optimalen Inflationsraten von den Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte, der Abweichung der natürlichen Arbeitslo10
11
Das Spiel ist auch mit einem unendlichen Zeithorizont der Regierung und Berücksichtigung der Diskontierung zu lösen. Durch die Annahmen eines endlichen Zeithorizontes über genau eine Legislaturperiode wird die Modellrechnung vereinfacht. Das ursprüngliche Spiel mit unendlichem Zeithorizont wird in eine Serie zweiperiodiger Spiele zerlegt. Für den Ansatz als unendliches Spiel vgl. Alesina (1987) und Alesina, Roubini und Cohen (1997). Für den gewählten Ansatz als zweiperiodiges Spiel vgl. Belke (1996) und Scheuerle (1999). Für das Ergebnis des Modells ist es irrelevant, ob die Regierung für beide Subperioden simultan oder in jeder Subperiode einzeln die Verlustfunktion minimiert. Die optimalen Werte für die Inflationsraten sind unabhängig in der Zeit. Deshalb kann im Folgenden das Zweiperiodenspiel in zwei aufeinander folgende Einperiodenspiele aufgespaltet werden [vgl. dazu Belke (1996), S. 78f.].
60
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
senquote u¯ von der Zielarbeitslosenquote u¯i (mit i = L, R und u˜i = u¯ − u¯i ) und dem relativen Gewicht des Inflationsziels in den Verlustfunktionen abhängig. Gemäß der Annahme A3d bilden die Wirtschaftssubjekte rationale Erwartungen über die Höhe der Inflationsrate, wobei die verfügbaren Informationen in den Subperioden der Legislaturperiode unterschiedlich sind. In der hier betrachteten Wahlperiode herrscht Unsicherheit über den Wahlausgang und somit über die Präferenzen der zukünftigen Regierung, die annahmegemäß die Geldpolitik steuert. Die Wirtschaftssubjekte verwenden bei der Bildung ihrer Inflationserwartungen den mit den Wahlsiegwahrscheinlichkeiten gewichteten Mittelwert der (jeweiligen) optimalen Inflationsraten der möglichen Regierungsparteien. Gleichung (3.7) beschreibt die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte für die Wahlperiode. πte = p · πtR + (1 − p) · πtL
(3.7)
Dabei beschreibt die Variable p bzw. (1 − p) die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Rechtspartei bzw. Linkspartei. Die Parteien berücksichtigen bei der Bestimmung der für sie optimalen Inflationsraten die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte. Einsetzen der Inflationserwartungen aus Gleichung (3.7) in die Gleichungen (3.5) und (3.6) ergibt die jeweils optimale Inflationsrate gegeben der Wahlsiegwahrscheinlichkeit und den Präferenzen der Parteien: πtL =
u˜L + p · πtR (β L + p)
(3.8)
πtR =
u˜R + (1 − p) · πtL . (β R + (1 − p))
(3.9)
bzw.
Wie aus den Gleichungen ersichtlich, besteht eine wechselseitige Abhängigkeit der gleichgewichtigen Inflationsraten beider Parteien. Einsetzen der Gleichung (3.9) in die Gleichung (3.8) ergibt die gleichgewichtige Inflationsrate unter einer Linksregierung in der Wahlperiode t = 0: L = π ˆt=0
A · (˜ uL + B · p · u˜R ) (1 − A · B · p · (1 − p))
(3.10)
mit A≡
1 (β L + p)
B≡
1 . (β R + (1 − p))
und
Analog ergibt sich die Inflationsrate unter einer Rechtsregierung: R = π ˆt=0
B · (˜ uR + A · (1 − p) · u˜L ) (1 − A · B · p · (1 − p)).
(3.11)
Die optimale Inflationsrate beider Parteien fällt ceteris paribus umso höher aus, je niedriger die Zielarbeitslosenquote, je niedriger das relative Gewicht des Ziels eines stabilen Preisniveaus und
3.2 Die rationale Partisantheorie
61
je größer die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Linkspartei ist.12 Wie aus den Gleichungen (3.10) und (3.11) ersichtlich, liegt die gleichgewichtige Inflationsrate bei der Wahl einer Linksregierung höher als bei einem Wahlsieg der Rechtspartei. Beide Inflationsraten unterscheiden sich um: ˆ πt=0 = =
uR + A · (1 − p) · u˜L ) A · (˜ uL + B · p · u˜R ) − B(˜ >0 (1 − A · B · p · (1 − p)) β R · u˜L − β L · u˜R > 0. (A · B)−1 − p · (1 − p)
(3.12)
Einsetzen der parteispezifischen, optimalen Inflationsraten aus Gleichung (3.10) und (3.11) und der erwarteten Inflationsrate aus Gleichung (3.7) in die Phillipskurvengleichung (2.1) ergibt die Arbeitslosenquote in der Wahlperiode unter einer Links- bzw. Rechtsregierung: L R L ¯ − [ˆ πt=0 − (p · π ˆt=0 + (1 − p) · π ˆt=0 )] uL t=0 = u L R = u¯ − [p · (ˆ πt=0 −π ˆt=0 )] < u¯
(3.13)
bzw. R R L uR ¯ − [ˆ πt=0 − (p · π ˆt=0 + (1 − p) · π ˆt=0 )] t=0 = u R L = u¯ − [(1 − p) · (ˆ πt=0 −π ˆt=0 )] > u¯.
(3.14)
Im Fall eines nicht vollständig antizipierten Wahlsieges der Linkspartei haben die Wirtschaftssubjekte die tatsächliche Inflationsrate unterschätzt. Der Ausdruck in den eckigen Klammern in Gleichung (3.13) ist dann positiv. Gemäß des Phillipskurvenzusammenhangs sinkt nach dem Wahlsieg der Linkspartei die Arbeitslosenquote unter ihr natürliches Niveau. Die Arbeitslosigkeit fällt ceteris paribus umso niedriger aus, je höher die Wahlsiegwahrscheinlichkeit p der Rechtspartei war. Bei einer hohen Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Rechtspartei ist die Inflationsüberraschung nach einem Wahlsieg der Linkspartei vergleichsweise hoch, so dass es zu einem starken Absinken der Arbeitslosigkeit kommt. Umgekehrt kommt es bei einem überraschenden Sieg der Rechtspartei (der Ausdruck in den eckigen Klammern aus Gleichung (3.14) ist dann negativ) zu einer Deflationsüberraschung und die Arbeitslosenquote steigt an. Ähnliches gilt für die ideologische Differenz in den parteispezifischen Zielarbeitslosenquoten. Je kleiner der ideologische Unterschied zwischen den Parteien ist, desto kleiner ist die inflationäre bzw. deflationäre Überraschung nach der Wahl, und somit die Abweichung der Arbeitslosenquote von der natürlichen Arbeitslosenquote. In der Nachwahlperiode ergibt sich ein anderes Bild. Die Wirtschaftssubjekte beobachten die Präferenzen der amtierenden Regierung und können daher die jeweils optimale Inflationsrate fehe i =π ˆt=1 in die Gleichungen (3.5) und lerfrei antizipieren. Einsetzen der Inflationserwartungen πt=1
12
Man beachte dabei, dass u ˜i die absolute Abweichung der Zielarbeitslosenquote von der natürlichen Arbeitslosenquote ist.
62
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
(3.6) ergeben die optimalen Inflationsraten der Links- und Rechtspartei in der Nachwahlperiode t = 1: L = π ˆt=1
u˜L βL
(3.15)
R = π ˆt=1
u˜R . βR
(3.16)
und
Aufgrund der Annahmen das u˜L > u˜R und β L < β R ist auch in der Periode t = 1 die Inflationsrate unter einer Linksregierung höher als unter einer Rechtsregierung.13 Die Differenz der Inflationsraten hängt wiederum vom Ausmaß der ideologischen Differenz in den Zielarbeitslosenquoten und dem Gewichtungsfaktor des Ziels eines stabilen Preisniveaus in der Verlustfunktion ab. Jede Regierung wählt eine höhere als die Zielinflationsrate von Null, da beide Parteien eine geringere Arbeitslosigkeit als die natürliche Arbeitslosigkeit anstreben und das relative Gewicht des Inflationsziels größer als Null ist. Keine Regierung ist in der Nachwahlperiode in der Lage die First-Best-Inflationsrate zu realisieren. Die monetäre Autorität kann sich aufgrund der negativen Steigung der kurzfristigen erwartungsmodifizierten Phillipskurve nicht glaubhaft auf eine Inflationsrate von Null festlegen. Hierin liegt der aus der Literatur bekannte inflationäre Bias einer diskretionären Geldpolitik [vgl. Barro und Gordon (1983a, b)].14 Aufgrund der annahmegemäß fehlerfreien Antizipation der Inflationsraten durch die Wirtschaftssubjekte verharrt die Arbeits¯ = uR losigkeit auf ihrem natürlichen Niveau (uL t=1 = u t=1 ). Die suboptimal hohe Inflation bleibt ohne reale Effekte für die Beschäftigung in der Ökonomie. Der sich bei wechselnden Regierungen ergebende ideologische Konjunkturzyklus ist in Abbildung 3.2 schematisch dargestellt. 3.2.2 Testbare Hypothesen der RPT Aufgrund der von Wahlen ausgehenden Unsicherheit lassen sich ideologische Konjunkturzyklen auch bei rationaler Erwartungsbildung der Wirtschaftssubjekte erklären. Für den Fortgang der Untersuchung lassen sich aus der modelltheoretischen Herleitung eine Reihe empirisch testbarer Hypothesen aufstellen. Hypothese H1: Die Inflationsrate unter einer Linksregierung ist permanent höher als unter einer Rechtsregierung. Hypothese H2: Die Wahl einer Rechtsregierung führt zu einem temporären Anstieg der Arbeitslosigkeit (Nachwahl-Rezession). 13
14
Die Inflationsrate einer Linksregierung (Rechtsregierung) liegt in der Nachwahlperiode t = 1 über (unter) der Inflationsrate in der Wahlperiode t = 0. Die unterschiedlich hohen Inflationsraten in den beiden Subperioden der Legislaturperiode sind auf die bi-quadratische Modellierung der Verlustfunktionen zurückzuführen. Bei einer linearen Modellierung wie z. B. in Alesina (1987) sind die optimalen Inflationsraten nicht mehr von den Inflationserwartungen abhängig und somit während der gesamten Legislaturperiode gleich. [vgl. dazu Scheuerle (1999), S. 221]. Im Unterschied zu Barro und Gordon (1983a) wird eine erwartungsmodifizierte Phillipskurve ohne stochastische Schocks modelliert. Die qualitativen Ergebnisse werden durch diese Vereinfachung jedoch nicht verändert.
3.2 Die rationale Partisantheorie
63
Abbildung 3.2: Partisanzyklen bei rationaler Erwartungsbildung
Hypothese H3: Die Wahl einer Linksregierung führt zu einem temporären Fallen der Arbeitslosigkeit (Nachwahl-Boom). Hypothese H4: Das Ausmaß der temporären Nachwahl-Rezession bzw. des Nachwahl-Booms ist abhängig vom Grad der Wahlüberraschung. Hypothese H5: Das Ausmaß der temporären Nachwahl-Rezession bzw. des Nachwahl-Booms ist abhängig von der ideologischen Distanz zwischen den beiden Parteien. Die Hypothesen H1 bis H4 werden im Kapitel 3.4 empirisch überprüft. Im Zentrum der Analyse steht dabei die Hypothese H4, die in vielen der bisher vorhandenen Studien oft nur unzureichend modelliert worden ist. Bei der Überprüfung der RPT wurden oft unzulässig vereinfachend nur die Hypothesen H2 und H3 in den empirischen Modellierungen berücksichtigt. Die explizite Modellierung des Grades der zu jedem Wahltermin herrschenden Wahlüberraschung, ist der zentrale wissenschaftliche Beitrag des nächsten Kapitels. Der empirische Zugang zur Hypothese H5 erweist sich hingegen als problematisch. Die ideologische Distanz zwischen unterschiedlichen Parteien bzw. Regierungen ist bisher nicht geeignet, auch über die Zeit hinweg, quantitativ messbar. Einige Autoren versuchen zumindest die Zusammensetzung der Regierungsmehrheit und damit die vermutliche Stärke der Durchsetzungsfähigkeit ideologischer Ziele zu berücksichtigen. Alesina,
64
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
Roubini und Cohen (1997) oder auch Potrafke (2006b) differenzieren in ihrem Testansatz bei der Analyse ideologischer Konjunkturzyklen zwischen Koalitions- und Einparteienregierungen. Die Durchsetzbarkeit ideologischer Ziele sollte bei Einparteienregierungen höher sein als im Fall mehrerer Regierungsparteien. Alesina, Roubini und Cohen modellieren eine diskrete Koalitionsvariable (-1; -0,5; 0; +0,5; +1), welche die Parteienzusammensetzung der Regierungen berücksichtigt. Aber auch damit kann die tatsächliche ideologische Distanz, sowie die unterschiedliche Stärke oder das Durchsetzungsvermögen einzelner Koalitionspartner nicht realitätsnah abgebildet werden. In der folgenden eigenen empirischen Arbeit wird auf die Überprüfung der Hypothese H5 verzichtet und vereinfachend angenommen, dass die ideologische Distanz existiert und in der Zeit konstant bleibt. Der dabei begangene Fehler wird bewusst, in Ermangelung einer geeigneten Lösungsmöglichkeit, in Kauf genommen.
3.3 Vorhandene empirische Ergebnisse In den letzten 20 Jahren wurde eine Vielzahl an Studien veröffentlicht, welche die Hypothesen der rationalen Partisantheorie überprüfen. Für einen umfangreichen Literaturüberblick sei auf das Kapitel 2.3.3 der Arbeit verwiesen. An dieser Stelle wird nur ein kurzer Überblick über die mit der eigenen Studie am engsten verwandten empirischen Arbeiten und deren Schwachstellen gegeben. Dabei wird gezeigt, dass eine neuerliche empirische Untersuchung der rationalen Partisantheorie notwendig ist, die der zentrale wissenschaftliche Beitrag dieses Kapitels ist. Wie schon in der Tabelle 2.5 in Kapitel 2 zu erkennen ist, sind die bisherigen empirischen Resultate für die Überprüfung der rationalen Partisantheorie nicht eindeutig. Dies liegt an der enormen Heterogenität der Untersuchungen. Die bisherigen Arbeiten unterscheiden sich teilweise grundlegend in ihrem Untersuchungsdesign, in der verwendeten Datenbasis, in der Länderauswahl und im Beobachtungszeitraum. Das Spektrum ökonometrischer Verfahren reicht von einfacher deskriptiver Statistik über Zeitreihenanalyse bis hin zu komplexen Panelanalysen. Die Mehrheit der bisherigen Studien sind Einzelländeruntersuchungen; Mehrländerstudien im Design von Alesina und Roubini (1992) sind bisher nicht sehr verbreitet. Der Vorteil von Panelstudien im Vergleich zu Einzelländeruntersuchungen ist der erheblich größere Beobachtungsumfang. Dies ist insbesondere in Anbetracht der relativen Seltenheit politischer Wahlen von Relevanz. Bei der Länderauswahl liegt der Schwerpunkt der Untersuchungen bei den Vereinigten Staaten von Amerika. Diesen Umstand kritisiert schon Sheffrin (1989a, S. 251): ”The theory of rational partisan business cycles should apply to other democracies besides the United States. However, there have been few tests of the theory outside the United States with its relatively scarce number of observations.” Belke (2000) erneuert diese Kritik. Die Verallgemeinerung der Ergebnisse auf andere Staaten erscheint unzulässig – zumindest muss dabei sehr vorsichtig vorgegangen werden. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der bisherigen Studien ist die Periodizität der verwendeten Daten. Häufig basieren die empirischen Tests auf Jahres- oder Quartalsdaten. Diese niederfrequenten Daten sind zur Aufdeckung temporärer Effekte ungeeignet. Es kann vermutet werden, dass niederfrequente Daten die Ursache für einen Teil der vorhandenen Heterogenität in den bisherigen Ergebnissen sind. Dies kann leicht am Beispiel von Jahresdaten gezeigt werden. Wird versucht temporäre, nur wenige Monate andauernde Effekte in den Arbeitslosenquoten zu analysieren, ist es von entscheidender Bedeutung in welchem Monat die Wahl stattgefunden hat.
3.3 Vorhandene empirische Ergebnisse
65
Die Ergebnisse hängen maßgeblich davon ab, ob der Wahltermin im Januar oder im Dezember war. Jahresdaten ermöglichen nur eine sehr grobe Terminierung von Partisaneinflüssen in der empirischen Überprüfung. Das Terminierungsproblem kann durch die Verwendung von Monatsdaten gelöst werden, doch deren Anwendung ist in der Literatur noch selten.15 Ein methodischer Unterschied zwischen den verschiedenen Studien ist der Umgang mit einem möglichen Stationaritätsproblem. Viele der in Tabelle 2.5 zusammengefassten Studien (insbesondere die frühen Studien) vernachlässigen die Überprüfung der Zeitreiheneigenschaften der verwendeten Daten. Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass ein Teil der bisherigen empirischen Evidenz für die rationale Partisantheorie auf ”Scheinkorrelation” basiert.16 Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der bisherigen Untersuchungen ist ihr ökonometrisches Testdesign. Die Mehrzahl der Studien verwendet einen Einzelgleichungsschätzansatz. Dabei werden die Hypothesen der RPT für jede ökonomische Variable in einer einzelnen Gleichung überprüft. Genau genommen prognostiziert aber das Modell des rationalen ideologischen Konjunkturzyklus ein simultanes Verlaufsmuster der makroökonomischen Variablen. Aus diesem Grund erscheint ein simultaner Schätzansatz wie z. B. bei Berger und Woitek (1997) als geeigneter. Beide Ansätze, Einzelgleichung- und simultane Schätzansätze, haben ihre Vor- und Nachteile. Der Vorteil simultaner Gleichungssysteme ist die Möglichkeit die Hypothesen für die Bewegung von Inflationsraten und Arbeitslosenquoten in einem Ansatz, entsprechend der theoretischen Vorhersagen, zu testen. Ein Nachteil sind die hohen Anforderungen an die Datenverfügbarkeit. Einzelgleichungsschätzansätze erlauben eine größere Heterogenität in der Datenverfügbarkeit im Beobachtungssample (vor allem in der Zeitkomponente) und somit einen deutlich größeren Stichprobenumfang.17 Ein gemeinsames Manko vieler der bisherigen Arbeiten ist die ungenügende Berücksichtigung der theoretischen Innovation – der Wahlunsicherheit – von Alesina (1987). Demnach hängt das Verlaufsmuster der ökonomischen Aktivität maßgeblich vom Ausmaß der Wahlüberraschung ab (vgl. Kapitel 3.2.1). Viele der frühen Studien untersuchen einfach, ob es nach der Wahl einer Rechtsregierung (Linksregierung) zu einer Nachwahl-Rezession (Nachwahl-Boom) kommt. Alesina und Roubini (1992) weisen darauf hin, dass all diese Studien fehlspezifiziert sind, da viele Regierungen ohne Unsicherheit wiedergewählt werden. Aus diesem Grund konzentrieren sich Alesina und Roubini (1992) ausschließlich auf Wahlen, bei denen die politische Orientierung der Regierung gewechselt hat. Dabei wird unzulässig vereinfachend angenommen, dass alle Regierungswechsel überraschend und alle Wiederwahlen ohne Wahlüberraschung stattgefunden haben. Auch diese Spezifizierung ist fehlerbehaftet und unvollständig. Offensichtlich gibt es auch Fälle in denen eine Regierung überraschend wiedergewählt wird.18 Die Konzentration ausschließlich auf Regierungswechsel ist folglich auch kein geeigneter Schätzansatz zur Überprüfung der Hypothesen der rationalen Partisantheorie. Dies wird von Alesina und Roubini (1992, S. 670) anerkannt, 15 16 17
18
Für eine ähnliche Meinung vgl. Berger und Woitek (1997), S. 181. Vgl. dazu auch Belke (2000). Auf die Probleme, welche aus der Nicht-Stationarität von Zeitreihen entstehen, wird im nächsten Abschnitt genauer eingegangen. Die eigenen empirischen Tests werden später mit einem Einzelgleichungsschätzansatz getrennt für Arbeitslosigkeit und Inflation durchgeführt. Für die allermeisten Länder im Beobachtungssample ist die gleichzeitige Verfügbarkeit kontinuierlicher Zeitreihen für alle Variablen nicht gegeben. Vgl. dazu auch Kapitel 3.4.1. Vgl. dazu die Beispiele in Kapitel 3.1.
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3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
in dem sie erklären: ”Rather than trying to estimate the degree of political uncertainty in every period, which would be rather difficult, we have chosen to estimate a somewhat weaker form of RPT, testing for temporary effects on real variables after actual changes of governments”. Für einen exakten Test der rationalen Partisantheorie ist die empirische Modellierung der Wahlüberraschung unumgänglich. Die Tabelle 3.2 ist ein Ausschnitt der Tabelle 2.5 aus Kapitel 2.3.3 und fasst die bisherigen empirischen Arbeiten mit expliziter Berücksichtigung der Wahlüberraschung zusammen. Tabelle 3.2: Überblick empirischer Arbeiten zur rationalen Partisantheorie mit expliziter Berücksichtigung der Wahlüberraschung Autoren Länder (Zeitraum) INF OUT ALQ Chapell und Keech (1988) U.S. (1961-1984) + Belke (1996) 2 OECD (1961-1993) +/+ Alesina, Roubini und Cohen (1997) U.S. (1936-1992) + + Carlsen (1998) U.S. (1956-1992) Berlemann (1999) 6 OECD + + Carlsen und Pedersen (1999) 7 OECD (unbalanced) +/Faust und Irons (1999) USA (1948-1995) + Kiefer (2000) 18 OECD (1959-1995) Maloney, Pickering und Hadri (2003) 20 OECD (1960-2000) + Shelton (2004) 11 OECD (1989-2004) + +/+/Anmerkung: ”+” steht für bestätigende empirische Evidenz, ”-” für ablehnende empirische Evidenz und ”+/-” für uneinheitliche empirische Resultate.
Wie aus Tabelle 3.2 ersichtlich, gab es bisher nur relativ wenige Versuche die Wahlüberraschung explizit in empirischen Untersuchungen der RPT zu berücksichtigen. Allgemein finden sich in der Literatur nur einige wenige ökonomische Untersuchungen, welche den Grad an Wahlunsicherheit modellieren. In einer Arbeit über die Volatilität von Wechselkursen klassifizieren Garfinkel, Glazer und Lee (1999) Wahlergebnisse als ”überraschend”, ”nicht überraschend” oder ”nicht eindeutig”. Für die Kategorisierung von Wahlausgängen analysieren die Autoren Zeitungsartikel nach jedem Wahltermin. Dabei prüfen sie, in welche der drei Kategorien politische Journalisten das letzte Wahlergebnis einordnen. Diese Vorgehensweise ist geprägt durch eine große Subjektivität der politischen Journalisten und erlaubt nur eine sehr grobe Klassifikation der Wahlergebnisse. Faust und Irons (1999) verwenden historische Wahlergebnisse in Kombination mit makroökonomischen Variablen, um eine Proxyvariable für Wahlunsicherheit zu schätzen. Der Nachteil dieses Ansatzes ist, dass die Unsicherheit aus makroökonomischen Variablen für jeden Wahlzeitpunkt separat geschätzt und die tatsächliche (und wahrscheinlich in der Zeit veränderliche) Wählerpräferenz nicht berücksichtigt wird. Im Wesentlichen basiert die Konstruktion der Unsicherheitsvariable von Faust und Irons (1999) auf einem Vergleich des aus den makroökonomischen Variablen prognostizierten Wahlergebnisses mit dem tatsächlichen Wahlergebnis. Kiefer (2000) und Maloney, Pickering und Hadri (2003) verfolgen einen sehr ähnlichen Ansatz. Wie aber anekdotische Evidenz zeigt, beeinflussen auch nicht-ökonomische Faktoren das Wahlergebnis. Ein sehr gutes Beispiel für den signifikanten Einfluss von nicht-ökonomischen Themen ist die Bundestagswahl im
3.3 Vorhandene empirische Ergebnisse
67
Jahr 2002. Während Deutschlands ökonomische Lage am Vorabend der Wahl als relativ schlecht bezeichnet werden konnte, wurde die Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder, unter anderem aufgrund des Wahlversprechens, nicht am Golfkrieg 2003 teilzunehmen, wiedergewählt. Ein weiteres starkes Indiz für nicht-ökonomische Einflüsse auf Wahlergebnisse liefern Berggren, Jordahl und Poutvaara (2006). Sie zeigen in einem sehr umfangreichen Experiment, dass Individuen sehr stark von den Äußerlichkeiten eines Kandidaten auf dessen Fähigkeiten schließen. Die Wähler bevorzugen einen fähigen Kandidaten und somit kann die äußerliche Erscheinung eines Politikers einen Einfluss auf die Wahlentscheidung nehmen. Allerdings ist zu bezweifeln, dass das Aussehen eines Politikers mit seinen Fähigkeiten und somit mit den ökonomischen Gegebenheiten korreliert ist. Ein einfacher Rückschluss von der makroökonomischen Performance auf den Grad der Wahlunsicherheit vernachlässigt wichtige Einflussfaktoren. Während die obigen Versuche, Wahlunsicherheit zu modellieren, durchaus ihren eigenen Wert haben, so hat die Verwendung von Wahlumfragedaten methodische Vorteile. In Wahlumfragen spiegeln sich sowohl die ökonomischen als auch die nicht-ökonomischen Einflüsse auf die Wählerpräferenz wieder. Anstatt die Wählerpräferenz aus Daten der Vergangenheit in Unkenntnis zufälliger Präferenzänderungen zu schätzen, ist es nahe liegend, den Wähler als Entscheidungsträger direkt zu befragen. Unter der Voraussetzung einer hinreichend großen Befragungsgruppe kann aus den Ergebnissen unmittelbar auf die gegenwärtige Wählerpräferenz und somit auf den Grad der Wahlunsicherheit geschlossen werden.19 Die Vorteile von Wahlumfragen zur Modellierung von Wahlunsicherheit werden bisher nur selten genutzt. Ausnahmen sind die im Folgenden kurz diskutierten Arbeiten. Aufgrund der Tatsache, dass ausreichend lange Wahlumfrage-Zeitreihen oft nicht verfügbar sind, konzentrieren sich viele der Studien aus Tabelle 3.2 auf einzelne oder wenige Länder. Chapell und Keech (1988) und Alesina, Roubini und Cohen (1997) modellieren aus Umfrageergebnissen eine Wahlüberraschungsvariable und finden für die Vereinigten Staaten von Amerika empirische Ergebnisse in Übereinstimmung mit der rationalen Partisantheorie. Carlsen (1998) kann für einen späteren Untersuchungszeitraum in US-Zeitreihen hingegen keine ideologischen Konjunkturzyklen nachweisen. Belke (1996) kann die RPT-Hypothese für die Vereinigten Staaten und Deutschland nicht ablehnen. Carlsen und Pedersen (1999) analysieren (einzeln) die Zeitreihen von sieben OECD-Staaten. Für Australien, Großbritannien und Kanada finden sie bestätigende Evidenz, für Westdeutschland, die Vereinigten Staaten von Amerika, Norwegen und Schweden finden sie ablehnende Evidenz für die rationale Partisantheorie. In einem Panel von 20 OECD-Staaten können Maloney, Pickering und Hadri (2003) die Existenz rationaler ideologischer Konjunkturzyklen nachweisen. Allerdings verwenden sie dabei nur für die Hälfte der Länder Umfragedaten. Für die andere Hälfte ihres Samples behelfen sie sich für die Approximation der Wahlunsicherheit mit der Methode von Faust und Irons (1999). Darüber hinaus umfasst das verwendete Umfragedatensample nur wenigen Wochen unmittelbar vor einem Wahltermin, so dass die tatsächliche Wahlunsicherheit im Wahljahr nur ungenügend berücksichtigt wird. Realistischerweise ist anzunehmen, dass die in den Lohnverhandlungen zu berücksichtigende Wahlunsicherheit (vgl. Kapitel 19
Eine weitere Möglichkeit zur Ermittlung gegenwärtiger Wählerpräferenzen sind politische Aktienmärkte. Für eine umfangreiche Diskussion zum Vergleich von politischen Aktienmärkten und traditioneller Meinungsforschung vgl. Berlemann (2000).
68
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
3.2.1) nicht nur in den fünf bis sechs Wochen vor der Wahl besteht.20 Shelton (2004) findet empirische Evidenz für die RPT-Hypothese in einem Panel von 11 OECD-Staaten. Dabei verwendet sie eine zu dieser Arbeit vergleichbare Modellierung der Wahlüberraschung (vgl. Kapitel 4), setzt sich aber ebenfalls der Kritik der Verwendung sehr kurzer Umfragezeitreihen aus. Für einige Länder nutzt sie nur eine einzige Umfragebeobachtung aus dem Vorwahlmonat für einen einzigen Wahlgang. Da nicht ausschließlich die Unsicherheit im Monat vor dem Wahltermin einen Einfluss auf das Verlaufsmuster der makroökonomischen Variablen hat, kann daher die Güte ihrer empirischen Ergebnisse angezweifelt werden. Während alle der oben genannten Studien eine Verbindung zwischen Wahlausgangsunsicherheit und den Nachwahl-Schwankungen in Inflation und Arbeitslosigkeit unterstellen, bleibt bisher unklar, ob die Wirtschaftssubjekte tatsächlich ihre Inflationserwartungen an unterschiedliche Erwartungen über den Wahlausgang anpassen. Berlemann und Elzemann (2006) zeigen für ein Sample von 6 OECD-Ländern, dass solch eine Erwartungswertanpassung in der Tat existiert. Veränderte Wahlsiegwahrscheinlichkeiten führen demnach zu veränderten Inflationserwartungen. Ein ähnliches Ergebnis findet Shelton (2007). Sie zeigt, dass die Prognosen für makroökonomische Variablen auf Änderungen der prognostizierten Wahlsiegwahrscheinlichkeiten reagieren. Im folgenden Abschnitt wird die eigene empirische Überprüfung der Hypothesen der rationalen Partisantheorie mit expliziter Modellierung der Wahlüberraschung präsentiert.
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie Das vorangegangene Kapitel hat gezeigt, dass zwar eine Reihe empirischer Studien zur rationalen Partisantheorie existieren, doch weisen sie unterschiedliche Schwachstellen bzgl. ökonometrischer Methodik, Länderauswahl, sowie bei der Modellierung der Wahlüberraschung auf. Ziel dieses Kapitels ist es unter Anwendung neuer ökonometrischer Verfahren und auf einer breiteren Datenbasis die genannten Schwachstellen zu umgehen. Im Folgenden werden daher die Hypothesen (H1 bis H4) der rationalen Partisantheorie anhand eines Paneldatensatzes von acht OECD Staaten mit expliziter Modellierung der Wahlüberraschung überprüft. Die Idee zur Verbreiterung der Datenbasis auf eine Panelanalyse zurückzugreifen, basiert auf der Arbeit von Alesina und Roubini (1992). Gegenüber Einzelländeranalysen hat die Verwendung von Paneldaten den Vorteil, dass der Beobachtungsumfang signifikant gesteigert werden kann.21 Dies ist insbesondere in Anbetracht der relativen Seltenheit von Wahlen von besonderer empirischer Relevanz. Wie bereits im Kapitel 3.2.1 modelltheoretisch gezeigt, prognostiziert die Theorie unterschiedliche Verlaufsmuster für Inflation und Arbeitslosigkeit. Während die empirischen Tests für das
20 21
In der eigenen empirischen Untersuchung werden die zwölf Monate vor dem Wahlgang berücksichtigt. Belke (1996) kritisiert die Verwendung von Paneldaten, da in Panelanalysen die länderspezifischen Gegebenheiten nicht ausreichend zu berücksichtigen seien. Dazu zählt er die unterschiedlichen Parteienlandschaften (in Ideologie und Anzahl der Parteien), die unterschiedliche Art und Bedeutung demokratischer Institutionen (präsidiale vs. parlamentarische Systeme) und unterschiedliche wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen (Zentralbankunabhängigkeit). Des Weiteren weist Belke auf den unterschiedlichen Zentralisierungsgrad der Lohnverhandlungen, die unterschiedliche Laufzeit von Tarifverträgen und die unterschiedliche Länge der Legislaturperioden hin [vgl. Belke (1996), S. 222f.].
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
69
Verlaufsmuster der Inflationsraten ausschließlich auf ideologische Unterschiede bedingt werden müssen, schwankt theoretisch die Arbeitslosenquote in Folge von politischen Wahlen aufgrund der ex ante Unsicherheit über den Wahlausgang. Aus diesem Grund ist es unabdingbar die real existierende Wahlüberraschung in der empirischen Analyse zu berücksichtigen. Um die theoretisch vorhergesagten (temporären) Bewegungen der makroökonomischen Variablen möglichst exakt in Verbindung mit den Wahlterminen zu bringen, werden für alle Tests Monatsdaten verwendet.22 Im folgenden Abschnitt werden die verwendeten Daten, die Datenquellen, die Messung der Wahlüberraschung und die Kodierung der Partisanvariable vorgestellt. 3.4.1 Daten Die Hypothesen der rationalen Partisantheorie werden in zwei getrennten Schätzansätzen für Inflationsraten (H1) und für Arbeitslosenquoten (H2-H4) überprüft. Während das Sample für die Tests der Inflationsraten bis zu 16 Länder umfasst, ist die Datenverfügbarkeit für die Überprüfung des Verlaufsmusters der Arbeitslosenquoten deutlich eingeschränkter. Umfragedaten zur Modellierung des Grades der Wahlüberraschung sind nur für 8 Länder in geeigneter Form verfügbar. Grundsätzlich beschränkt sich die vorliegende Untersuchung auf OECD-Staaten. Einige Länder müssen aufgrund der Nichtverfügbarkeit von Daten, andere aus institutionellen Gründen aus den Beobachtungsstichproben gestrichen werden. Die Anforderung an die Daten und die Gründe für das Ausschließen einzelner Länder werden im Folgenden erläutert. Wahlen und die ideologische Ausrichtung der Parteien Für die Tests der Hypothesen der rationalen Partisantheorie ist es notwendig, die gewählten Regierungen in ein Rechts-Linksspektrum einzuordnen. Im Allgemeinen orientiert sich die Einordnung der Parteien an den bisherigen empirischen Arbeiten zu ideologischen Konjunkturzyklen, sowie an den politologischen Arbeiten von Kirschen et al. (1964), Alt (1985), von Beyme (1985), Caramani (2000) und Ismayr (2003). Die Parteien werden entsprechend ihrer wirtschaftspolitischen Zielsetzung mit Links bzw. Rechts tituliert. Wie schon Kirschen et al. (1964) zeigen, rangiert das Ziel der Vollbeschäftigung bei den Linksparteien und das Ziel der Preisniveaustabilität bei den Rechtsparteien an oberster Stelle des Zielrankings.23 In dieser Arbeit werden die in den nationalen Parlamenten vertretenen Parteien entsprechend ihrer wirtschaftspolitischen Zielsetzung als Links- bzw. Rechtsparteien klassifiziert. Im Fall von fast reinen Zwei-Parteiensystemen, wie z. B. in den Vereinigen Staaten von Amerika, ist die Zuordnung einfach. Die Partei der Demokraten wird als Links, die Partei der Republikaner als Rechts klassifiziert [vgl. z. B. Hibbs (1977)]. Schwieriger ist die Einordnung der Regierungen im Fall von Mehrparteiensystemen. Die Vielzahl der Parteien und die Bildung von Koalitionsregierung erschwert die Einordnung der Regierungen in das Rechts-Linksspektrum. Vereinfachend wirkt die Tatsache, dass in Ländern mit 22
23
Inflationsraten und Arbeitslosenquoten sind für eine Vielzahl demokratisch legitimierter Länder auf Monatsbasis verfügbar. Schwieriger ist die Verfügbarkeit von monatlichen BIP-Daten oder Produktionsindices. Aus diesem Grund wird auf die Überprüfung möglicher temporärer Bewegungen im aggregierten Wirtschaftswachstum verzichtet. Vgl. dazu auch die Diskussion in Kapitel 2 dieser Arbeit.
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3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
Mehrparteiensystemen in der Regel zwei stimmenanteilig starke Parteien die Politik dominieren, ohne deren Beteiligung keine Regierung gebildet werden kann. Die beiden großen Parteien können dann eindeutig in das Rechts-Linksspektrum eingeordnet werden. Kleinere, nie an Regierungen beteiligte oder immer als kleiner Koalitionspartner an Regierungen beteiligte Parteien werden nicht berücksichtigt. Im Rahmen dieser Arbeit wird so vorgegangen, dass die Einordnung von Koalitionsregierungen anhand der politischen Zugehörigkeit des Regierungschefs vorgenommen wird. Eine Unterscheidung in Mehrheits-, Minderheits-, Einpartei- bzw. Koalitionsregierungen wird vorgenommen. Für eine Übersicht zur Einordnung der Parteien in den im Sample enthaltenen Ländern vgl. Tabelle 6 im Anhang. Die Untersuchung durch Wahlen erzeugter ideologischer Konjunkturzyklen setzt unabdingbar eine demokratische Legitimation der amtierenden Regierungen voraus.24 Diese Voraussetzung verringert neben der Datenverfügbarkeit den infrage kommenden Beobachtungsumfang. So sind die möglichen Startzeitpunkte der Beobachtungen von Spanien und Portugal, trotz Datenverfügbarkeit, erst Juni 1977 bzw. April 1975. Vor diesen Zeitpunkten herrschte in beiden Staaten eine Militärdiktatur, so dass beide Länder für eine Untersuchung wahlbedingter Konjunkturzyklen nicht zugänglich waren [vgl. Ismayr (2003)]. Eine weitere Anforderung an die im Sample enthaltenen Länder ist ein Mindestmaß an politischer Stabilität. Sehr häufige Politikwechsel in Verbindung mit Wirkungsverzögerungen in der Geldpolitik erschweren die eindeutige Zuordnung von Ausschlägen in makroökonomischen Variablen oder machen diese unmöglich. Die Validität der empirischen Resultate würde sich verringern. So amtierten z. B. in Portugal in den ersten sieben Jahren der Demokratie nicht weniger als 10 verschiedene Regierungen. Aus diesem Grund wird der Startpunkt für Portugal auf den April 1982 festgesetzt. Ein ähnliches Bild ergibt sich für Italien. Zwischen 1960 und 2000 amtierten in Italien nicht weniger als 28 Ministerpräsidenten. Die durchschnittliche Amtsperiode eines italienischen Ministerpräsidenten in einer Regierungskoalition betrug in diesem Zeitraum nur 353 Tage. Aufgrund der sehr niedrigen politischen Stabilität kann Italien in dieser Studie nicht berücksichtigt werden, obgleich die notwendigen Daten verfügbar wären. Eine weitere Anforderung an die politischen Daten ist das Vorhandensein von mindestens einem Regierungswechsel im Beobachtungszeitraum. Bei der Untersuchung ideologischer Unterschiede sollte mindestens eine Beobachtung für jede politische Orientierung verfügbar sein. Diese Bedingung verkürzt das Länderspektrum um die Daten von Japan und der Schweiz. In beiden Ländern wechselte die politische Orientierung der Regierung im verfügbaren Beobachtungszeitraum nicht.25 Das OECD-Mitglied Belgien wird aus der Analyse ausgeschlossen, da keine Möglichkeit besteht die politische Orientierung der Regierung belastbar zu kodieren. Das typische Bild in Belgien ist eine das Links-Rechtsspektrum umfassende Koalitionsregierung unter Beteiligung mehrerer Parteien (mehr als zwei), wobei häufig ein koalitionsinterner Wechsel des 24
25
Diese Bedingung ist bei der Untersuchung opportunistischer Zyklen wie im Kapitel 5 nicht zwingend bindend. Shi und Svensson (2006) zeigen, dass opportunistische Zyklen auch bei nicht kompetitiven Wahlen auftreten können. Prinzipiell könnten die Länder bei der Untersuchung der Arbeitslosenquoten berücksichtigt werden. Aufgrund der Nicht-Verfügbarkeit von Wahlumfragedaten für beide Länder stellt sich später die Frage nicht.
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
71
Ministerpräsidenten innerhalb der laufenden Legislaturperiode durchgeführt wird. Da das diesem Teil der Arbeit unterliegende Modell einen monetären Transmissionskanal unterstellt, endet der Beobachtungszeitraum aller Länder, die ihre nationale monetäre Autorität an die europäische Zentralbank abgegeben haben, im Dezember 2001. Der grundlegenden Modellidee folgend müssen die nationalen Regierungen Einfluss auf die Geldpolitik ihres Landes ausüben können. Mit dem Übergang zu einer gemeinsamen Geldpolitik entfällt die theoretische Grundlage.26 Die Wahltermine sowie Wahlergebnisse sind den offiziellen Internetauftritten der Regierungen der einzelnen Länder entnommen. Eine Zusammenfassung aller Wahldaten findet sich im Anhang. Messung der Wahlüberraschung Wie schon Eingangs erörtert sind viele der bisherigen empirischen Arbeiten zur rationalen Partisantheorie hinsichtlich der Modellierung der Wahlüberraschung fehlspezifiziert. Häufig testen die Autoren nicht, welchen Einfluss die Wahlüberraschung auf die Nachwahl-Bewegung der aggregierten ökonomischen Aktivität hat. Carlsen (1998, S. 65) erklärt dazu: ”Most studies to test the RPT have not attempted to estimate the degree of uncertainty associated with each election.” Maloney, Pickering und Hadri (2003, S. 168) erneuern diese Kritik: ”Most research so far has ignored the question of degree of ex ante uncertainty with the elections.” Für einen adäquaten empirischen Test der ideologischen Konjunkturtheorie von Alesina (1987) ist daher die Modellierung einer Proxyvariable für Wahlüberraschung notwendig. Bei der Entscheidung, wie eine geeignete Proxyvariable konstruiert werden kann, müssen methodische Probleme gegen das Problem der Datenverfügbarkeit abgewogen werden. Aus methodischer Sicht sind Umfragedaten zu den Wahlabsichten der Wähler am besten für die Modellierung der Wahlüberraschung geeignet. Wahlumfragedaten messen die gegenwärtige politische Präferenzverteilung in der Wahlbevölkerung und aggregieren dabei sowohl ökonomische als auch nicht-ökonomische Wahleinflüsse. Obwohl in den meisten demokratischen Ländern Meinungsforschung27 im Umfeld politischer Wahlen betrieben wird, ist die Verfügbarkeit konsistenter und vergleichbarer Umfragedaten problematisch. Für viele Länder ist die Anzahl der Wahlen mit gleichzeitig vorhandenen Umfragedaten zu gering oder die Beobachtungen liegen nicht genügend weit vor den Wahlterminen. Wie schon in Kapitel 3.3 diskutiert, erlauben andere Daten die Modellierung von Wahlüberraschungsproxys über längere Zeiträume und für größere Ländersample. Allerdings sind diese Modellierungen in der Tradition von Faust und Irons (1999) methodisch durchaus angreifbar. Insbesondere die Modellierung der Wahlüberraschung ausschließlich aus ökonomischen Daten unter Vernachlässigung der Wählerpräferenz kann den tatsächlichen Grad an Wahlunsicherheit nur ungenügend abbilden. Die vorliegende Arbeit greift daher auf Wahlumfragedaten zurück, um daraus die zu jedem Wahltermin vorherrschende Wahlüberraschung zu modellieren.
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Der Beobachtungszeitraum endet nicht am 01.01.1999 (Arbeitsbeginn der EZB) da davon ausgegangen werden kann, dass die nationalen Geldpolitiken die makroökonomischen Variablen zu mindestens teilweise persistent und mit einer Wirkungsverzögerung beeinflussen. Für einen Überblick zur Geschichte der politischen Meinungsforschung vgl. Worcester (1983). Für einen Überblick zu methodischen Unterschieden in der Gegenwart vgl. Berlemann (1999).
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3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
Das Hauptproblem bei der Verwendung von Umfragedaten ist, dass in den meisten Ländern Meinungsumfragen zu den Wahlabsichten nur unmittelbar vor politischen Wahlen stattfinden. Lange Zeitreihen mit Umfragedaten der gleichen erhebenden Institution und mit identischer Methodik sind äußerst selten. In der Regel finden sich Daten verschiedener Anbieter für sehr kurze Vorwahlzeiträume. Zur Vermeidung der Probleme, welche aus der Verwendung inkonsistenter Daten und zu kleiner Beobachtungsumfänge entstehen, werden nur Länder berücksichtigt, für die monatliche Umfragedaten für mindestens vier Wahltermine über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor jeder Wahl von der gleichen Institution verfügbar sind.28 Den Anforderungen entsprechende Daten konnten für acht OECD-Länder gefunden werden. Die im Arbeitslosenquotensample enthaltenen Länder, die Datenquellen der Wahlumfragedaten und der Beginn der Beobachtungszeiträume sind in Tabelle 3.3 angegeben. Tabelle 3.3: Datenquellen der Wahlumfragen Land Datenquelle Australien Roy Morgan Research Center Kanada Environics Research Group Frankreich TNS SOFRES Deutschland Institut für Demoskopie Allensbach Irland Irish Market Services Schweden Sifo Consulting and Research Großbritannien Market and Opinion Research International Ltd. Vereinigte Staaten Gallup Company
verfügbar seit 1961 1978 1978 1961 1977 1968 1979 1936
Die Methodiken der Erhebung und der Auswertung der Daten sind in der Regel vergleichbar. So stammen die Wahlumfragedaten für Australien, Deutschland, Großbritannien, Irland, Kanada und Schweden aus der so genannten ”Sonntagsfrage”: ”Wenn schon am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, welche Partei würden Sie wählen?” Diese Frage wird in diesem Wortlaut vom Institut für Demoskopie Allensbach in Deutschland gestellt. Ganz ähnlich lautet die Frage der Market and Opinion Research International Ltd. in Großbritannien: ”How would you vote if there were a General Election tomorrow?” 29 Die Fragestellungen in den anderen vier Ländern mit einer ”Sonntagsfrage” sind vergleichbar. Im Unterschied dazu zielt die Frage in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht auf die Wahlabsichten für eine Partei ab, sondern auf den jeweiligen Präsidentschaftskandidaten. Das Gallup Institut nennt bei Frage nach den Wahlabsichten sowohl die Namen der Präsidentschaftskandidaten und deren Vizepräsidentschaftskandidaten als auch die Parteizugehörigkeit beider. Im Gegensatz zu den anderen untersuchten Ländern handelt es sich hierbei mehr um eine Personen- als um eine Parteienwahl [vgl. Banks (1994)]. Für Frankreich sind keine unmittelbar vergleichbaren Daten verfügbar. Anstelle der ”Sonntagsfrage” werden für 28 29
Verfügbare Umfragedaten aus Norwegen, den Niederlanden, Neuseeland, Spanien und Portugal erfüllen die gesetzten Kriterien nicht und finden deshalb keine Berücksichtigung. In Großbritannien wird nicht an einem Sonntag sondern immer an einem Donnerstag gewählt.
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
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Frankreich so genannte ”Approval Ratings” verwendet. Hierbei werden die Wähler befragt, ob sie mit der Art und Weise wie der derzeitige Premierminister sein Amt ausübt zufrieden sind. Dabei wird angenommen, dass die bekundeten Zustimmungsquoten zur Amtsführung des Premierministers eine gute Approximation für den Stimmenanteil seiner Partei bei der nächsten Wahl sind. Hohe Popularitätswerte lassen einen hohen Stimmenanteil vermuten, niedrige Popularitätswerte sind ein Indikator für einen geringen Stimmenanteil bei der nächsten Wahl. Des Weiteren kann grundsätzlich darüber diskutiert werden, welche demokratische Instanz den entscheidenden Einfluss auf die Geld- bzw. Fiskalpolitik ausübt. Für Frankreich z. B. stellt sich die Frage, ob der Staatspräsident oder der Premierminister maßgeblich für die Geld- und Fiskalpolitik des Landes zuständig ist. Lewis-Beck (1997) zeigen im Rahmen von Befragungen, dass die französische Öffentlichkeit die Hauptverantwortung für die Wirtschaftspolitik dem Premierminister gibt. Daher werden in der empirischen Untersuchung nur die Wahlen zur französischen Nationalversammlung betrachtet. In der präsidialen Demokratie der Vereinigten Staaten von Amerika hat der Präsident den größten Einfluss auf die Wirtschaftspolitik. Aus diesem Grund werden für die USA ausschließlich die Präsidentschaftswahlen berücksichtigt.30 In allen anderen untersuchten Ländern finden Umfragedaten zu den Wahlen der den Premierminister bzw. Kanzler bestimmenden parlamentarischen Instanz Anwendung. Prinzipiell gibt es verschiedene Möglichkeiten, aus Wahlumfragedaten die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten und daraus den Grad der Wahlüberraschung zu ermitteln. Cohen (1993) z. B. berechnet mit Hilfe der Optionspreistheorie aus den Umfragewerten die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der US-Präsidentschaftskandidaten. Aus denen im Vorfeld von Präsidentschaftswahlen erhobenen Umfragedaten bestimmt er den Mittelwert und die Varianz der bekundeten Wählerpräferenz. Mit diesen Informationen und der Restlaufzeit der Option (bis zum Wahltag) berechnet er für jeden Präsidentschaftskandidaten die Wahrscheinlichkeit, dass der Kandidat den ”Strike Price” von 50% Stimmenanteil erreicht. Diesen errechneten Wahrscheinlichkeitswert interpretiert er als Wahlsiegwahrscheinlichkeit. Während der Ansatz von Cohen ein sehr eleganter und geeigneter Lösungsweg für ein Zweiparteiensystem mit hoher Periodizität der Umfragedaten ist, ist seine Methodik nur schwer auf Länder mit Mehrparteiensystemen und niederfrequenten Daten übertragbar.31 Einen alternativen Ansatz entwickeln Chapell und Keech (1988). Sie regressieren die durchschnittlichen ”Approval Ratings” des US-Präsidenten (aus dem Vorwahljahr) auf den Stimmenanteil, den dieser (oder der Nachfolgekandidat seiner Partei) am Wahltag erreicht. Mit den geschätzten Koeffizienten und der Varianz-Kovarianz-Matrix der Schätzung ist es möglich, den Stimmenanteil eines jeden Kandidaten gegeben der Popularität des amtierenden Präsidenten zu prognostizieren. Unter der Annahme, dass der siegreiche Kandidat 50% der abgegebenen Stimmen benötigt, kann aus der Varianz des Prognosefehlers auf die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Kandidaten geschlossen werden [siehe Chapell und Keech (1988)]. Eine dritte Möglichkeit zur Approximation der Wahlüberraschung wird von Belke (1996) in die Literatur eingeführt. Er nutzt 30 31
Für eine Untersuchung politischer Konjunkturzyklen bei Kongresswahlen vgl. Alesina und Rosenthal (1995). Des Weiteren müssen die Umfragedaten einer Reihe recht restriktiver Annahmen genügen. So muss die Veränderung der Umfragewerte in der Zeit unabhängig, identisch und normalverteilt sein. Vgl. dazu Alesina, Roubini und Cohen (1997).
74
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
die Ergebnisse der ”Sonntagsfrage” um daraus einen einfachen Popularitätsindex zu modellieren. Für dessen Konstruktion verwendet er den durchschnittlichen relativen Stimmenanteil der Parteien bzw. der Parteienblöcke in den sechs Monaten vor einem Wahltermin.32 Der Popularitätsindex wird zur Gewichtung einer Partisanvariable genutzt und dabei implizit als Wahlsiegwahrscheinlichkeit interpretiert [vgl. Belke (1996)]. Die Arbeiten von Carlsen (1998), Carlsen und Pedersen (1999) und Maloney, Pickering und Hadri (2003), welche ebenfalls Umfragedaten nutzen, verwenden sowohl den Ansatz von Chapell und Keech (1988) als auch die Idee von Cohen (1993). Im Folgenden wird ein vierter, eigenständiger Weg zur Modellierung der Wahlüberraschung aus Umfragedaten entwickelt. Eine geeignete Proxyvariable für den Grad der Wahlüberraschung in einer Ökonomie sollte zwei Eigenschaften aufweisen. Erstens sollte das Vorzeichen der Variable die politische Orientierung der die Wahl gewinnenden Partei kodieren. Zweitens muss der Absolutwert der Variable im Grad der Wahlüberraschung steigen, d. h. in der relativen Abweichung zwischen dem erwarteten und dem tatsächlichen Wahlausgang. Beide Eigenschaften besitzt die Wahlüberraschungsvariable Si,T :
Si,T :=
⎧ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨
1−
pR i,T L pR i,T +pi,T
nach der Wahl einer
⎪ ⎪ −1 + ⎪ ⎪ ⎪ ⎩
pL i,T L pR i,T +pi,T
nach der Wahl einer
Rechtsregierung in Land i
(3.17)
Linksregierung im Land i
L wobei pR i,T und pi,T die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der Rechtspartei bzw. Linkspartei im Vorfeld einer Wahl zum Zeitpunkt T in Land i beschreiben.33 Durch die gewählte Modellierung wird sichergestellt, dass die Wahlüberraschungsvariable Werte von 0 ≤ Si,T ≤ 1 im Fall eines Wahlsiegs der Rechtspartei und Werte von 0 ≥ Si,T ≥ −1 nach der Wahl einer Linkspartei annimmt. Der Absolutwert der Variable steigt in der Wahlüberraschung, d. h. je größer der Wert der Variable, desto überraschender ist die jeweilige Partei ins Amt gewählt. Zum besseren Verständnis wird die Funktionsweise der Variable anhand eines kurzen Beispiels erläutert. Angenommen die Rechtspartei hat die Wahl im Zeitpunkt T gewonnen. War im Vorfeld der Wahl die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Rechtspartei (pR i,T ) vergleichsweise hoch (nahe Eins), dann ergibt sich für die Wahlüberraschungsvariable ein positiver Wert nahe Null. Der Wahlsieg der Rechtspartei war gut antizipiert und die Wahlüberraschung ist klein. Die Nachwahlreaktion der Arbeitslosenquoten sollte der Theorie entsprechend gering sein. War im umgekehrten Fall die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Linkspartei (pL i,T ) sehr hoch und dennoch hat die Rechtspartei die Wahl gewonnen, 32
33
Belke weist daraufhin, dass wegen der zeitlich überlappenden Tarifverträge, die Popularitätswerte kurz vor dem Wahltermin einen größeren Einfluss in den Schätzungen aufweisen sollten. Aus diesem Grund gewichtet er bei der Konstruktion des Popularitätsindex wahlterminnahe Umfragewerte stärker als wahlterminferne Daten mit dem gewogenen arithmetischen Mittel [vgl. Belke (1996), S. 271ff.] Eine Diskussion des Für und Wider der linearen Interpretation von Wahlumfrageergebnissen als Wahlsiegwahrscheinlichkeiten erfolgt im nächsten Abschnitt. L Durch die Normierung der Summe der beiden Wahlsiegwahrscheinlichkeiten auf Eins (pR i,T + pi,T = 1) lässt sich die Darstellung vereinfachen. Denkbar ist aber auch, mit nicht normierten Wahrscheinlichkeiten zu arbeiten, so dass der mögliche Wahlsieg einer dritten Partei berücksichtigt bleibt.
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
75
dann nimmt die Variable Si,T eine Wert nahe Eins an. Die Wahlüberraschung erweist sich als groß und die beobachtbare Schwankung der Arbeitslosigkeit sollte groß sein (vgl. Kapitel 3.2.2). Die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten können z. B. durch den durchschnittlichen relativen Stimmenanteil der Parteien in den Wahlumfragen der Vorwahlmonate approximiert werden [vgl. z. B. Berlemann und Markwardt (2006) oder Shelton (2004)]. Die in den Wahlumfragen erzielten relativen Stimmenanteile werden dabei vereinfachend als Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der Parteien interpretiert. Allerdings impliziert diese Vorgehensweise, dass jeder zusätzliche Prozentpunkt an Wählerunterstützung eine identische Wirkung auf die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Partei hat. Im Fall sehr eng beieinander liegender Wahlumfragewerte ist der dabei begangene Fehler vernachlässigbar klein. Mit zunehmender Differenz der relativen Stimmenanteile in den Umfragen, wächst der durch die einfache lineare Interpretation der Werte begangene Fehler. Liegt eine der Parteien in den Wahlumfragen sehr weit in Front, hat ein zusätzlicher Prozentpunkt Stimmenanteil in den Wahlumfragen einen geringeren Einfluss auf die Wahlsiegwahrscheinlichkeit als bei knappen Prognosen. Bei einem relativen Umfragestimmenanteil von z. B. 60% ist die tatsächliche Wahlsiegwahrscheinlichkeit höher als eben diese 60%.34 Zur Vermeidung des Fehlers durch die einfache lineare Interpretation der Stimmenanteile, werden aus den Umfragedaten die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der konkurrierenden Parteien bestimmt. Hierzu wird ein zweistufiger Ansatz verwendet. In der ersten Stufe wird die folgende binär logistische Regressionsgleichung geschätzt: IN C IN Ci,T := α + β · V˜i,T + i,T
(3.18)
wobei IN Ci,T eine Dummy-Variable für den Wahlerfolg der amtierenden Partei zum Wahlzeitpunkt T in Land i beschreibt. Gewinnt die vorher amtierende Partei die Wahl, dann nimmt die Variable IN Ci,T den Wert Eins an. Gewinnt im umgekehrten Fall die herausfordernde Partei, dann wird die Dummy-Variable auf Null gesetzt. α und β sind die zu schätzenden KoeffizienIN C beschreibt den normalisierten durchten, ist der unerklärte Fehlerterm. Die Variable V˜i,T schnittlichen Stimmenanteil der amtierenden Regierungspartei in den Wahlumfragen in den j Vorwahlmonaten: IN C
IN C := V˜i,T IN C
V i,T,j IN C
CHA
V i,T,j + V i,T,j
(3.19)
CHA
wobei V i,T,j und V i,T,j die durchschnittlichen absoluten Stimmenanteile der amtierenden bzw. herausfordernden Partei in den Wahlumfragen in den j Monaten vor einem Wahltermin sind. Für die Durchschnittsbildung werden in der Regel j = 12 Monate herangezogen.35 Für den Fall, dass mehrere Beobachtungen für einen Monat verfügbar sind, wird erst der Monatsdurchschnitt gebildet und dann dieser Wert für die Jahresdurchschnittsberechnung verwendet.
34 35
Der für einen Wahlsieg benötigte relative Stimmenanteil beträgt in der Regel 50%. Bei Mehrparteiensystemen handelt es sich hierbei um einen normalisierten Stimmenanteil zweier Parteienblöcke. Die zwölf Monate des Betrachtungszeitraums schließen den Wahlmonat mit ein. Für die Vereinigten Staaten von Amerika sind Umfragedaten nicht für jede Präsidentschaftswahl für zwölf Vorwahlmonate verfügbar. Die für die USA minimal berücksichtigte Anzahl an Monaten beträgt sieben.
76
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
Auf die binär logistische Regression muss zurückgegriffen werden, da die abhängige Variable nur die Werte 0 oder 1, nicht jedoch einen Wert dazwischen annehmen kann. Somit ist die Normalverteilungsannahme als Voraussetzung für eine einfache lineare Schätzung nicht erfüllt. Im Unterschied zu der einfachen linearen Regression wird bei der binär logistischen Regression nicht ein bestimmter Zustand, sondern die Chance für das Eintreten eines bestimmten Zustandes – hier: Wahlsieg vs. Wahlniederlage – geschätzt. Darüberhinaus wird im Unterschied zu einer einfachen linearen Regressionsanalyse nicht die Methode der Kleinste-Quadrat-Schätzung sondern die Maximum-Likelihood-Methode verwendet. Hierbei werden nicht die quadratischen Fehler minimiert; stattdessen werden die Parameterschätzungen bestimmt, welche die Wahrscheinlichkeit für die beobachteten Daten unter der zugrunde gelegten Modellgleichung maximieren [vgl. z. B. Ruud (2000)]. Der geschätzte Regressionskoeffizient β gibt die Richtung des Einflusses an [vgl. Eckstein (2004)]. Die Schätzergebnisses der binär logistischen Regression sind in Tabelle 3.4 dargestellt. Wie erwartet zeigt sich, dass der durchschnittliche Stimmenanteil des Amtsinhabers in den Wahlumfragen einen signifikant positiven Einfluss auf das Wahlergebnis ausübt. Mit steigendem Stimmenanteil, steig die Wahrscheinlichkeit für die Realisation des Wertes Eins der binären Wahlergebnisvariable. Tabelle 3.4: Schätzergebnisse der binär-logistischen Regression I Variable Konstante durchschnitt. Stimmenanteil des Amtsinhabers Beobachtungszahl Log-likelihood Chi2 Nagelkerkes R2
Koeffizient -11,671 (3, 166)∗∗∗ 24,332 (6, 462)∗∗∗ 75 72,277 29,430 0,437
Anmerkung: In Klammern sind die Standardfehler dargestellt. */**/*** kennzeichnet ein 90%/95%/99%-Signifikanzniveau.
In der zweiten Stufe wird aus den geschätzten Koeffizienten α und β die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der amtierenden und der herausfordernden Partei bestimmt. Die Umrechnungsformel für die Höhe der Wahlsiegwahrscheinlichkeit der amtierenden Partei lautet [vgl. Bühl und Zöfel (2005), S. 331]: C pIN i,T =
1
IN C ) −(α+β · V˜i,T
1+e
.
(3.20)
Die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der Amtsinhaber, welche sich aus dem Ergebnis der binärlogistischen Regression und den durchschnittlichen relativen Stimmenanteile in den Wahlumfragen bestimmen, sind in Tabelle 7 im Anhang zusammengefasst.36 36
Die Ergebnisse bestätigen den aus der politologischen Literatur bekannten ”Incumbency Bias”, d. h.
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
77
Arbeitslosigkeit und Inflation Arbeitslosigkeit Die Überprüfung der Hypothesen der rationalen Partisantheorie in den Arbeitslosenquoten, muss auf acht OECD-Länder beschränkt werden. Nur für die in Tabelle 3.3 genannten acht Länder sind die benötigten und den gesetzten Kriterien entsprechenden Wahlumfragedaten verfügbar. Bei den folgenden Schätzungen werden standardisierte monatliche Arbeitslosenquoten verwendet. Alle Arbeitslosenquoten sind mit CENSUS-X12-ARIMA saisonal bereinigt.37 Die Datenquellen und die Beobachtungszeiträume sind in Tabelle 3.5 angegeben. Tabelle 3.5: Datenquellen der Arbeitslosenquoten Land Datenquelle Australien Main Economic Indicators (OECD) Deutschland Deutsche Bundesbank Frankreich Main Economic Indicators (OECD) Großbritannien Department of Employment UK Irland Main Economic Indicators (OECD) Kanada Main Economic Indicators (OECD) Schweden Main Economic Indicators (OECD) Vereinigte Staaten Bureau of Labor Statistics
Beobachtungszeitraum 08:1966–07:2005 09:1964–12:2000 07:1980–12:2000 06:1982–07:2005 06:1976–12:2000 05:1978–07:2005 09:1967–07:2005 11:1963–07:2005
Inflation Die Hypothese H1 der rationalen Partisantheorie für die Inflationsraten, wird anhand eines Paneldatensatzes von bis zu 16 OECD-Staaten überprüft. Den monatlichen Inflationsraten liegen die Konsumentenpreisindices (CPI, all items) zugrunde. Diese sind in Analogie zu den Arbeitslosenquoten mit Census X12 saisonal bereinigt. Die in der Analyse berücksichtigten Länder, die Datenquellen und der verfügbare Beobachtungszeitraum sind in Tabelle 3.6 angegeben. Die monatlichen Inflationsraten (πi,t ) werden aus der ersten Differenz der logarithmierten Konsumentenpreisindizes bestimmt: πi,t = ln CP Ii,t − ln CP Ii,t−1
(3.21)
wobei CP Ii,t den monatlichen Konsumentenpreisindex zum Zeitpunkt t im Land i bezeichnet.
der Amtsinhaber hat einen Regierungsbonus [vgl. dazu z. B. Eubank und Gow (1983), Gelman und King (1990) oder Hainmueller und Kern (2008)]. Die Ergebnisse der Schätzungen zeigen, dass der amtierenden Partei ein durchschnittlicher relativer Stimmenanteil in den Wahlumfragen der Vorwahlmonate von rund 48% ausreicht, um die Wahl zu gewinnen. 37
CENSUS-X12-ARIMA ist ein häufig angewandtes Saisonbereinigungsverfahren, welches vom US Census Bureau entwickelt wurde und u. a. auch von der Deutschen Bundesbank verwendet wird. Im Wesentlichen basiert das Verfahren auf der iterativen Anwendung verschiedener gleitender Durchschnitte [vgl. Deutsche Bundesbank (1999)].
78
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
Tabelle 3.6: Datenquellen der Inflationsraten Land Datenquelle Australien Australian Bureau of Statistics Dänemark Main Economic Indicators (OECD) Deutschland Main Economic Indicators (OECD) Finnland Main Economic Indicators (OECD) Frankreich Main Economic Indicators (OECD) Großbritannien Main Economic Indicators (OECD) Irland Main Economic Indicators (OECD) Kanada Main Economic Indicators (OECD) Luxemburg Main Economic Indicators (OECD) Niederlande Main Economic Indicators (OECD) Norwegen Main Economic Indicators (OECD) Österreich Main Economic Indicators (OECD) Portugal Main Economic Indicators (OECD) Schweden Main Economic Indicators (OECD) Spanien Ministerio de Economia Vereinigte Staaten Main Economic Indicators (OECD)
Beobachtungszeitraum 01:1961–02:2005 01:1961–02:2005 01:1961–12:2000 01:1961–12:2000 01:1961–12:2000 01:1961–02:2005 01:1961–12:2000 01:1961–02:2005 01:1961–12:2000 03:1961–12:2000 01:1961–02:2005 01:1961–12:2000 05:1983–12:2000 01:1961–02:2005 06:1977–12:2000 01:1961–02:2005
3.4.2 Schätzstrategie und Schätzergebnisse Test der rationalen Partisantheorie in den Arbeitslosenquoten Der einfachste und direkteste Weg zur Überprüfung der in Kapitel 3.2.1 hergeleiteten Hypothesen der rationalen Partisantheorie in den Arbeitslosenquoten ist die Schätzung der folgenden dynamischen Panelschätzgleichung: ui,t = α(L)ui,t + β0 · BWt + β1 · OILt + β2 · EM Ut + γ · Si,t−x + μi + i,t
(3.22)
wobei ui,t die Arbeitslosenquoten in Land i zu den Zeitpunkten t beschreibt, α(L) ist das Polynom des Lag-Operators L,38 μi bezeichnet den zeitinvarianten Ländereffekt (Fixed-Effect) und i,t ist der unerklärte Fehlerterm. Das Verlaufsmuster der Arbeitslosigkeit ist in allen Ländern nicht frei von Entwicklungen der globalen Wirtschaft. Internationaler Handel und Finanzverbindungen erzeugen Abhängigkeiten der makroökonomischen Variablen der OECD-Länder. Grundsätzlich existieren vier Möglichkeiten diese gemeinsamen Entwicklungen in den Schätzungen zu berücksichtigen. Eine erste Möglichkeit ist die Verwendung von Dummy-Variablen für globale Ereignisse. Wie in der Ausgangsgleichung 3.22 werden über Dummy-Variablen internationale, auf alle Länder der Untersuchung gleichermaßen wirkende Einflüsse berücksichtigt. Die Ausgangsschätzgleichung der empirischen Überprüfung beinhaltet die Dummy-Variablen BWt für die Periode des Bretton-Woods Systems, die Variable OILt für die beiden großen Ölkrisen und die Dummy
38
Die Anzahl der Verzögerungen der endogenen Variable ist anhand des Akaike Information Kriterium (AIC) bestimmt [vgl. dazu z. B. Gujarati (2003), S. 537f.].
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
79
EM Ut für die Übergangsphase zur Europäischen Währungsunion.39 In einer zweiten alternativen Spezifikation werden die internationalen Einflüsse über eine G7-Arbeitslosenquote modelliert. Die G7-Arbeitslosenquote errechnet sich aus dem mit jährlichen BIP-Anteilen gewichteten Mittelwert der Arbeitslosenquoten der G7-Staaten. Die Verwendung der G7-Arbeitslosenquote wird später die Schätzergebnisse im vgl. zur Modellierung mit den internationalen Dummies nur unwesentlich verschlechtern. Alle qualitativen Ergebnisse bleiben erhalten. Eine dritte empirische Modellierungsmöglichkeit für internationale, zeitvariante Einflüsse ist die Verwendung so genannter Zeit-Dummies (Time-Fixed-Effect) für jedes Beobachtungsjahr. Die Zeit-Dummies nehmen für eine Beobachtung aus dem Monat t den Wert Eins und sonst den Wert Null an. Da bei Verwendung des vorher beschriebenen Beobachtungsumfangs in der dynamischen Panelschätzgleichung mit Monatsdaten und Time-Fixed-Effects bis zu 500 zusätzliche Koeffizienten geschätzt werden müssen und damit ein erheblicher Verlust an Freiheitsgraden einhergeht, wird auf diese dritte Lösungsmöglichkeit verzichtet. Eine vierte Möglichkeit zur Berücksichtigung internationaler Einflüsse wird von Alesina und Roubini (1992) beschrieben. Diese verwenden in ihrem Schätzansatz die Differenz der nationalen Arbeitslosenquoten zur G7-Arbeitslosenquote.40 Diese vierte Möglichkeit findet in den eigenen empirischen Testansätzen keine Anwendung. Die Variable von zentraler Bedeutung ist Si,t−x . Wie im vorherigen Abschnitt erläutert, misst die Variable Si,t−x wie überraschend ein Wahlergebnis – gegeben der geschätzten Wahlsiegwahrscheinlichkeiten – ex post war. Zur Bestätigung der Hypothesen des Kapitels 3.2.2 sollte nach der zumindest teilweise unerwarteten Wahl einer Rechtsregierung die Arbeitslosigkeit temporär ansteigen. Umgekehrt sollte die Arbeitslosigkeit nach der überraschenden Wahl einer Linksregierung temporär fallen. Um die Vorhersagen der rationalen ideologischen Konjunkturtheorie zu überprüfen, wird die Reaktion der Arbeitslosenquoten in den k Monaten nach dem Wahltermin im Vergleich zur restlichen Legislaturperiode analysiert. Wenn zum Zeitpunkt T eine Wahl in Land i stattfindet, dann wird die Variable Si,t−x wie folgt definiert: f¨ ur t = T, T + 1, . . . , T + k Si,T −x Si,t−x := (3.23) 0 sonst Den Wert, welche die Variable Si,T −x annimmt, wird durch die Definition 3.17 bestimmt. In der Regel unterliegt die Geld- und Fiskalpolitik der Regierung einer Wirkungsverzögerung. Eine Politikmaßnahme im Zeitpunkt t entfaltet ihre Wirkung erst im Zeitpunkt t + x. Aus diesem Grund geht die Wahlüberraschungsvariable Si,t mit einer Zeitverzögerung von x-Monaten in die Schätzgleichung ein. Die zeitliche Verzögerung wird ähnlich wie in den Arbeiten von Friedman (1972), Batini und Nelson (2001) und Gerlach und Svensson (2003) bestimmt, welche für die Geldpolitik Wirkungsverzögerungen von 6-24 Monaten finden. In Analogie zum Schätzansatz von Alesina und 39
40
Die Dummy-Variablen sind wie folgt codiert: BWt = 1 für t < 1 : 1973 und BWt = 0 sonst, OILt = 1 für den Zeitraum t = 10 : 1973 bis 9 : 1975 und für t = 6 : 1979 bis 5 : 1981 und OILt = 0 sonst, EM Ut = 1 seit 1 : 1992 und EM Ut = 0 sonst. Da diese exogenen Schocks die untersuchten Volkswirtschaften mit einer Wirkungsverzögerung treffen, gehen alle Dummy-Variablen mit einem Zeitlag von 12 Monaten in die Schätzungen ein. Die Schätzergebnisse ändern sich nur unwesentlich, wenn das Zeitlag überschaubar kürzer oder länger gewählt wird. Ein methodische Einwand gegen die Verwendung einer G7-Variable wird in Kapitel 4.4.4 der Arbeit diskutiert.
80
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
Roubini (1992) werden verschiedene Wirkungsdauern k des möglichen Partisaneffektes überprüft. Die angenommene Wirkungsdauer k ergibt sich aus der Länge der Tarifvertragslaufzeiten und der Zeitspanne der Tarifabschüsse vor einem Wahltermin. Die durchschnittliche Tarifvertragslaufzeit z. B. in Westdeutschland (Ostdeutschland) betrug im Zeitraum 1984-2005 (1999-2005) 16,8 Monate (20,8 Monate) [vgl. WSI-Tarifarchiv (2006)]. Der Median der US-amerikanischen Tarifvertragslaufzeiten beträgt im Jahr 1995 etwa 38,5 Monate [Rich und Tracy (2004)]. Die kanadischen Tarifverträge besitzen eine durchschnittliche Laufzeit von rund 26 Monaten [Christofides und Peng (2006)]. Garfinkel und Glazer (1994) zeigen für die Vereinigten Staaten von Amerika, dass es nur sehr kleine Unterschiede zwischen den Anteilen der in Wahljahren und in Nicht-Wahljahren abgeschlossenen Tarifverträge gibt. Für Tarifverträge, welche im Wahljahr verhandelt werden, wird zwar ein geringerer Anteil der Tarifverträge (mit einer Laufzeit von mehr als 24 Monaten) im Vorwahlquartal abgeschlossen, dennoch ist deren Anteil mit 24% nicht unerheblich.41 Für die Beobachtbarkeit von Partisaneffekten ist es nicht entscheidend, dass alle Tarifabschlüsse den Wahlzeitpunkt überdauern. Ein Überdauern eines Teils der Tarifverträge ist für eine Reaktion in der Arbeitslosigkeit ausreichend. Inflationsindexierung der Tariflöhne und Tarifverhandlungen ausschließlich unmittelbar nach den Wahlterminen würde die Entstehung eines ideologischen Konjunkturzyklus verhindern. Beides ist in der Regel nicht zu beobachten. Wie Rich und Tracy (2004) für die Vereinigten Staaten von Amerika und Christofides und Peng (2006) für Kanada zeigen, beinhalten nur etwas 33% bzw. rund 20% der Tarifverträge Lohnindexierungen bzw. Öffnungsklauseln. Die institutionellen Gegebenheiten der Lohnsetzung sprechen nicht gegen die Entstehung rationaler ideologischer Konjunkturzyklen. Für bestätigende empirische Evidenz für die rationale Partisantheorie muss der Koeffizient der Variable Si,t−x signifikant positiv werden. In Tabelle 3.7 sind die Ergebnisse der Überprüfung der RPT-Hypothesen in den Arbeitslosenquoten bei Anwendung verschiedener Testmethodiken für eine Wirkungsverzögerung der Partisanvariable Si,t−x von x = 6 Monaten und einer unterstellten Wirkungsdauer von k = 18 Monaten angegeben.42 In der ersten Zeile der Tabelle sind die unterschiedlichen ökonometrischen Schätzverfahren angeben, die erste Spalte beinhaltet die wichtigsten Variablen der Gleichung 3.7. Weiterhin angegeben sind die Werte der Schätzkoeffizienten und in Klammern die dazugehörigen t-Statistiken bzw. z -Statistiken. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das bestätigende Ergebnis für die Gültigkeit der rationalen Partisantheorie sehr robust ist. Für die allermeisten der angewandten Verfahren ergibt sich für die zentrale Partisanvariable Si,t−x ein signifikant positiver Koeffizient. Im Folgenden werden die den Spalten der Tabelle zugrunde liegenden ökonometrischen Schätzverfahren, deren methodischer Grund für den Einsatz, sowie die jeweiligen Schätzergebnisse kurz erläutert. Die dynamische Panelschätzung der Gleichung 3.22 mit einem einfachen Kleinste-Quadrate-Ansatz (OLS-Ansatz) ergibt für die zentrale Partisanvariable Si,t−x einen hoch signifikanten
41 42
Die anteilmäßig meisten Tarifverträge werden in den USA zwischen Mai und Juli geschlossen [vgl. Garfinkel und Glazer (1994), S. 170]. Die Ergebnisse für alternative Wirkungsverzögerungen x und Wirkungsdauern k sind im Anhang angegeben.
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
81
Tabelle 3.7: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten Variable BW OIL EM U S18,t−6 Adj. R2 m2
OLS -0,0213 (1, 73)∗ 0,0387 (2, 39)∗∗∗ -0,0257 (2, 99)∗∗∗ 0,0652 (3, 26)∗∗∗ 0,9969 –
CYCLE -0,0043 (0, 63) 0,0053 (0, 43) -0,0019 (0, 38) 0,0398 (2, 89)∗∗∗ 0,8345 –
DIFF 0,0258 (2, 38)∗∗ 0,0741 (3, 18)∗∗∗ -0,0352 (2, 79)∗∗∗ 0,0706 (3, 39)∗∗∗ – –
AR(1) -0,0108 (0, 95)∗ 0,0265 (1, 66)∗ -0,0168 (1, 92)∗ 0,1381 (4, 06)∗∗∗ 0,9968 –
LSDV -0,0215 (1, 89)∗ 0,0397 (2, 57)∗∗ -0,0243 (3, 17)∗∗∗ 0,0618 (3, 93)∗∗∗ 0,9942 –
AH -0,0010 (0, 08) -0,0261 (0, 40) 0,0289 (0, 37) 0,0539 (0, 92) 0,9961 –
GMM -0,0282 (0, 76) 0,0678 (2, 94)∗∗∗ 0,0332 (1, 39) 0,1577 (3, 46)∗∗∗ – 0,43
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben. Für die GMM-Schätzung sind die z -Statistiken in Klammern angegeben. Die Signifikanzlevel sind wie folgt dargestellt: * für ein 90%-Signifikanzniveau, ** für 95% und *** für mehr als 99%. Der Wert in der Zeile m2 gibt die Fehlerwahrscheinlichkeit mit der die Hypothese der Nichtexistenz von Autokorrelation zweiter Ordnung in den Fehlertermen verworfen wird.
positiven Schätzkoeffizienten (vgl. Spalte ”OLS”).43 Die Arbeitslosenquoten in den k-Monaten – wobei hier k=18 gewählt wurde – nach der Wahl einer Rechtsregierung sind signifikant höher als nach der Wahl einer Linksregierung. Die Ölpreiskrisen haben zu signifikant höherer, die Übergangsphase zur europäischen Währungsunion zu signifikant niedrigerer Arbeitslosigkeit geführt. Das Bretton-Woods System hat in der Basisspezifikation keinen signifikanten Einfluss auf die Höhe der Arbeitslosenquoten. In Analogie zum Schätzansatz von Alesina und Roubini (1992) wird die Robustheit der Ergebnisse für verschiedene Variationen der Wirkungsverzögerung (x = 3, 6, 9, 12, 15) und für unterschiedliche Wirkungsdauern (k = 12, 18, 24) überprüft. Mit Ausnahme der Randbereiche ist der geschätzte Koeffizient der Wahlüberraschungsvariable immer signifikant positiv.44 Der als Ausgangspunkt gewählte OLS-Ansatz führt nur dann zu validen Ergebnissen, wenn die Arbeitslosenquoten die Zeitreiheneigenschaft der Stationarität aufweisen [vgl. hierzu z. B. Ruud (2000) oder Arellano (2003)].45 Für den Fall, dass die in der Schätzgleichung beinhalteten Variablen sich als nicht-stationär erweisen, besteht die Gefahr einer so genannten ”Scheinkorrelation” (spurious regression) [vgl. Granger und Newbold (1974)]. Bei der Regression nicht-stationärer Zeitreihen können die geschätzten Regressionskoeffizienten statistisch signifikant sein, aber der gefundene Zusammenhang lässt sich nicht logisch erklären. Aus diesem Grund werden die Stationaritätseigenschaften der Arbeitslosenquoten überprüft. Eine Zeitreihe ist dann schwach stationär, wenn Erwartungswert, Varianz und Autokovarianz des die Reihe generierenden Prozesses 43 44 45
Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind Koeffizienten der autoregressiven Regressoren der Arbeitslosenquote, sowie die gegebenenfalls geschätzten Koeffizienten der Fixed-Effects nicht angegeben. Vgl. dazu die Tabellen 10 bis 12 im Anhang. Die Probleme, welche sich aus der dynamischen Panelschätzung mit zeitinvarianten Länderdummies ergeben, werden später erläutert.
82
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
endlich und in der Zeit konstant sind. Der die Zeitreihe generierende Prozess weist somit in der Zeit unveränderte stochastische Eigenschaften auf [vgl. z. B. Neusser (2006), S. 12f.]. Bei nichtstationären Zeitreihen hingegen kann man nicht sinnvoll von einem Mittelwert und einer Varianz sprechen ohne die Aussage auf einen bestimmten Zeitpunkt zu bedingen. Für die Überprüfung der Eigenschaft der schwachen Stationarität hält die ökonometrische Literatur eine Reihe von Panelstationaritätstests bereit. In der vorliegenden Untersuchung kommen folgende Panel-UnitRoot-Tests zur Anwendung: der Levin-Lin-Chu Test, der Breitung Test, der Im-Pesaran-Chin Test, der ADF-Fisher Test, der Phillips-Perron-Fisher Test und der Hadri Test. Alle Tests zeigen an, dass die Hypothese der Nicht-Stationarität der Arbeitslosenquoten nicht verworfen werden kann(vgl. Tabelle 3.8).46 Somit müssen die Ergebnisse der Spalte ”OLS” mit Vorsicht interpretiert werden. In der ökonometrischen Literatur finden sich mehrere Ansätze, um die Schätzprobleme mit nicht-stationären Zeitreihen zu lösen. Prinzipiell existieren zwei Lösungsansätze: Erstens die Schätzung unter Berücksichtigung einer möglichen Kointegrationsbeziehung [vgl. Engle und Granger (1987)] oder zweitens die Transformation der nicht-stationären in stationäre Zeitreihen. Im zweiten Fall sind die am häufigsten angewandten Transformationen (1.) die Eliminierung des deterministischen Trends der Zeitreihen und (2.) die Bildung der ersten Differenzen der Rohdaten [vgl. hierzu Stier (2001), S. 57]. Zur Absicherung der Robustheit der gefundenen Ergebnisse werden beide Datentransformationen auf die Arbeitslosenquoten angewandt. Die Tabellen 1 und 2 im Anhang zeigen die Ergebnisse der Panelstationaritätstests für die unterschiedlichen Transformationsmethoden. Sowohl die Transformationsmethode der Trendbereinigung, als auch die Bildung der ersten Differenz der Arbeitslosenquote, führen zu stationären Zeitreihen. Tabelle 3.8: Panelstationaritätstests der Arbeitslosenquoten Methode (1) Levin, Lin, Chu Test (2) Breitung Test (3) Im, Pesaran, Shin Test (4) ADF-Fisher Test (5) PP-Fisher Test (6) Hadri Test
Statistik I -1,7026 0,5401 -0,7414 19,2309 13,8598 25,1457
Wkt. 0,0443 0,7054 0,2292 0,2569 0,6092 0,0000
Statistik II -0,5763 -1,1569 1,6476 10,3473 5,6071 25,0320
Wkt. 0,2822 0,1236 0,9503 0,8479 0,9918 0,0000
Statistik III -0,9682 1,4756 – 10,9711 8,5833 –
Wkt. 0,1665 0,9300 – 0,8113 0,9296 –
Anmerkung: Test (1), (2) und (6) unterstellen einen gemeinsamen Unit-Root-Prozess. Test (3), (4) und (5) erlauben für einen individuellen Unit-Root-Prozess. Statistik I berücksichtigt individuelle Effekte, Statistik II berücksichtigt individuelle Effekte und einen linearen Zeittrend, Statistik III berücksichtigt keine exogenen Effekte im Testdesign. Die Tests (1) bis (5) haben als Nullhypothese die einer Unit Root. Test (6) hat die Nullhypothese das keine Unit Root vorliegt. Die Anzahl der Verzögerten endogenen Variablen ist auf Basis des Schwarz Information Kriteriums bestimmt. Die Wahrscheinlichkeiten für den Fisher-Test ergeben sich aus einer asymptotischen Chi-Quadrat-Verteilung. Alle anderen Tests unterstellen eine asymptotische Normalverteilung.
46
Für eine genaue Formulierung der einzelnen Hypothesentests vgl. die Tabellenunterschrift von Tabelle 3.8.
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
83
Für die Ergebnisse der Spalte ”CYCLE” in Tabelle 3.7 sind alle Zeitreihen der Arbeitslosenquoten mit einem Hodrick-Prescott-Filter (HP-Filter) in ihre Trend- und zyklische Komponente zerlegt wurden [vgl. Hodrick und Prescott (1997)]. Dabei wurde als Glättungsparameter im HP-Filter der für Monatsdaten übliche Wert von λ=14.400 gewählt. Für die Überprüfung der RPT-Hypothesen wird im Folgenden nur die zyklische Komponente der Arbeitslosenquoten verwendet. Wie die Panelstationaritätstests für die zyklische Komponente der Arbeitslosenquoten zeigen, ist die Eigenschaft der Stationarität erfüllt. Die unerwartete Wahl einer Rechtsregierung sollte sich gemäß der RPT-Hypothese positiv auf die zyklische Komponente der Arbeitslosenquoten auswirken, d. h. die Arbeitslosigkeit sollte über dem Trend liegen. Der Schätzkoeffizient der Partisanvariable sollte auch hier positiv sein. Aufgrund der ausschließlichen Betrachtung der zyklischen Komponente entfällt die Logik für die Anwendung der Fixed-Effect-Dummies. Das einfache OLS-Schätzverfahren für die dynamische Panelschätzgleichung ohne die zeitinvarianten Länderdummies führt in diesem Fall zu konsistenten, unverzerrten Schätzergebnissen. Im Ergebnis zeigt sich, dass der Einfluss der Partisanvariable Si,t auf einem 95% Niveau signifikant positiv ist. Die Ergebnisse erweisen sich als sind robust gegenüber der Anwendung alternativer Trendbereinigungsverfahren.47 Eine zur Trendbereinigung alterative Transformationsmethode zur Erzeugung stationärer Zeitreihen ist das Bilden der ersten Differenzen der Ausgangsreihen. Wie die Ergebnisse der Panelstationaritätstests in Tabelle 2 im Anhang zeigen, sind die einmal differenzierten Zeitreihen (Δui,t = ui,t − ui,t−1 ) der Arbeitslosenquoten stationär. Ein Nachteil der Differenzenbildung ist der Verlust der Information über das Niveau der Variablen, der Vorteil ist die Anwendbarkeit der einfachen OLS-Schätztechnik. Aufgrund des Informationsverlustes muss das Testdesign der veränderten Datenbasis angepasst werden. Bei Gültigkeit der RPT-Hypothesen sollte nach der Wahl einer Rechtsregierung die Differenz der Arbeitslosenquoten positiv werden. Nach der Wahl einer Linksregierung sollte eine negative Differenz beobachtbar sein. Im Laufe der Legislaturperiode sollte sich dieser Effekt umkehren und die Arbeitslosigkeit sich ihrem natürlichen Niveau nähern. Der genaue Zeitpunkt des Umkehrpunkts in der Entwicklung der Arbeitslosenquoten ist nur schwer zu prognostizieren.48 Aus diesem Grund wird die Analyse der ersten Differenzen der Arbeitslosenquoten auf die k Nachwahlmonate beschränkt. Die Wahlüberraschungsvariable wird dabei wie folgt definiert: ur Si,t := Si,T f¨
t = T, T + 1, . . . , T + k.
(3.24)
Den Hypothesen der rationalen Partisantheorie entsprechend sollte die Wahlüberraschungsvariable in den k Monaten nach dem Wahltermin einen positiven Einfluss auf die absolute Differenz der Arbeitslosenquoten haben.49 Für den Koeffizienten der Wahlüberraschungsvariablen Si,t−x 47 48
49
Als alternative Trendbereinigungsverfahren wurden der Baxter-King-Filter [Baxter und King (1999)] und der Christiano-Fitzgerald-Frequency-Filter [Christiano und Fitzgerald (2003)] verwendet. Der Zeitpunkt, an dem die Umkehrung des Effektes in den ersten Differenzen der Arbeitslosenquoten eintritt, ist u. a. von der Länge der Tarifbindung abhängig. Kurze Tarifvertragslaufzeiten führen hierbei zu eher kurzfristigen Effekten, bei langen Laufzeiten wird der Umkehrpunkt später erreicht. Die Dummy-Variablen für die Bretton-Woods Periode, die Ölpreiskrisen und der Transformationsphase der europäischen Währungsunion bleiben unverändert.
84
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
ist weiterhin ein positives Vorzeichen zu erwarten. Bei Verwendung der stationären Zeitreihen der ersten Differenzen der Arbeitslosenquoten wird die folgende dynamische Panelregressionsgleichung geschätzt: Δui,t = α(L)Δui,t + β0 · BWt + β1 · OILt + β2 · EM Ut + γ · Si,t−x + i,t .
(3.25)
Die Schätzergebnisse aus Gleichung 4.21 sind in der Spalte ”DIFF” in Tabelle 3.7 dargestellt. Die Partisanvariable Si,t−x weist in Übereinstimmung mit der Theorie einen signifikant positiven Koeffizienten auf. Eine weitere, sehr einfache Möglichkeit im Umgang mit nicht-stationären Zeitreihen wird von McCallum (1993) beschrieben. Mit Hilfe von Monte Carlo Simulationen zeigt er, dass eine AR(1)Fehlerkorrektur der Schätzung mit den nicht-stationären Zeitreihen zu fast identischen Ergebnissen führt, wie die OLS-Schätzung in ersten Differenzen. McCallum (1993, S. 30) schlussfolgert: ”(..)neither overdifferencing nor underdifferencing leads to serious estimation or testing mistakes in regression models with exogenous regressors, provided that the investigator takes intelligent account of serial correlation present in the regression residuals.” Die Anwendung des methodischen Vorschlages von McCallum (1993) auf die Schätzgleichung 3.22 führt zu den Ergebnissen in der Spalte ”AR(1)” in Tabelle 3.7. Wieder weist der Schätzkoeffizient der Wahlüberraschungsvariable ein signifikant positives Vorzeichen auf. Das Bretton-Woods-System und die Übergangsphase zur europäischen Währungsunion haben einen signifikant negativen Einfluss auf die Höhe der Arbeitslosigkeit. Die Ölpreiskrisen haben sich positiv ausgewirkt, d. h. die Arbeitslosigkeit war in diesen Perioden höher. Der Basisschätzansatz der in Gleichung 3.22 vorgestellten dynamischen Panelspezifikation mit zeitinvarianten Ländereffekten, weist neben dem bereits diskutierten Problem einer möglichen Scheinkorrelation ein zweites schwerwiegendes methodisches Problem auf. Die einfache OLS-Panelschätzung mit verzögerten Variablen der zur erklärenden Variable und gleichzeitiger Verwendung von Fixed-Effects führt zu inkonsistenten Schätzern. Die erklärenden Variablen (α(L)ui,t ) sind positiv korreliert mit dem zusammengesetzten Fehlerterm (μi + i,t ), und somit wird eine der Kernannahmen des OLS-Schätzansatzes verletzt. Die notwendige Eigenschaft der Unkorreliertheit der Variablen auf der rechten Seite der Schätzgleichung wird auch asymptotisch nicht erreicht. Die Korrelation zwischen dem Fehlerterm und den Verzögerten der zu erklärenden Variable bleibt auch bei zunehmender Anzahl an Ländern und wachsender Anzahl an Beobachtungszeitpunkten erhalten. Die geschätzten Koeffizienten der Verzögerten der zu erklärenden Variable und die Schätzkoeffizient der anderen exogenen Variablen sind in Richtung Null verzerrt. Die Schätzergebnisse bleiben auch asymptotisch inkonsistent [vgl. dazu z. B. Bond (2002) oder Baltagi (2005)]. In den bisherigen Schätzungen tritt das Problem in den Ansätzen ”OLS” und ”AR(1)”, nicht aber in ”CYCLE” und ”DIFF” auf. Wie schon bei dem Problem der möglichen Scheinkorrelation zwischen den Variablen hält die ökonometrische Literatur mehrere alternative Lösungsmöglichkeiten zur Vermeidung inkonsistenter Schätzer bereit. Üblicherweise angewandte Lösungsansätze sind der Within-Group-Schätzansatz, der Instrumentvariablen-Schätzansatz und/oder der Generalized Method of MomentsSchätzansatz wie er von Arellano und Bond (1991) entwickelt wurde. Im Folgenden wird die dem
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
85
jeweiligen Lösungsansatz zu Grunde liegende methodische Idee vorgestellt und danach auf das dynamische Panelmodell angewendet. Die Spalte ”LSDV” in Tabelle 3.7 zeigt die Ergebnisse für den Within-Group-Schätzansatzes (Least-Square-Dummy-Variable-Estimation). Wieder ist das Ergebnis in Übereinstimmung mit den RPT-Hypothesen. Der Schätzkoeffizient der Wahlüberraschungsvariable ist signifikant positiv. Der Least-Square-Dummy-Variablen Schätzansatz eliminiert die Ursache der inkonsistenten Schätzergebnisse (die Fixed Effekts) durch eine Transformation der Schätzgleichung. Durch die Bildung der Differenz eines jeden Datenpunktes zum Mittelwert der zugrunde liegenden Zeitreihe wird der zeitinvariante Ländereffekt entfernt.50 Allerdings verbleibt das Problem der Korrelation zwischen den verzögerten Werten der abhängigen Variable und dem mit der Differenz zum Mittelwert transformierten Fehlerterm. Die Schätzung mit dem LSDV-Ansatz führt daher letztlich auch zu inkonsistenten Resultaten [vgl. Bond (2002)]. Der Vorteil der Methode ist jedoch, dass sich mit zunehmendem Beobachtungsumfang in der Zeitkomponente die Verzerrung in den Schätzergebnissen verringert. Wie die Arbeit von Nickell (1981) zeigt, reduziert sich der Bias mit (τ − 1)−1 , wobei τ die Beobachtungszahl in der Zeitkomponente ist. Das Ergebnis ist asymptotisch konsistent. Für das in diesem Kapitel der Arbeit verwendete Schätzsample sollte der im Ergebnis verbleibende Schätzbias vernachlässigbar klein sein, da für jedes Land im Sample mindestens 250 Beobachtungen verfügbar sind. Anderson und Hsiao (1981) schlagen zur Vermeidung inkonsistenter Schätzer einen Instrumentvariablen-Schätzansatz vor. In einem ersten Schritt werden hierbei durch Bildung der ersten Differenzen der Zeitreihen die zeitinvarianten Länderdummies eliminiert. Im Unterschied zu der Within-Transformation werden durch die einfache Differenzenbildung nicht alle Realisierungen des Fehlerterms in das transformierte Modell überführt. Die verbleibende Abhängigkeit zwischen dem transformierten Fehlerterm Δi,t und dem Fehler i,t−1 führt dazu, dass auch die erste Stufe des Anderson-Hsiao-Ansatzes zu inkonsistenten Schätzergebnissen führt. Aus diesem Grund werden in einem zweiten Schritt die Variablen in der Schätzgleichung durch ihre verzögerten Niveauwerte oder ersten Differenzen instrumentiert und mit einem zweistufigen Kleinste-Quadrate-Ansatz (TSLS-Ansatz) geschätzt [vgl. Bond (2002)]. Der Empfehlung von Arellano (1989) entsprechend werden in der eigenen Untersuchung die verzögerten Niveauwerte der Ausgangsvariablen als Instrumente verwendet. Wie Anderson und Hsiao (1981) zeigen, führt ihr Ansatz in Panelschätzungen mit vielen Beobachtungen in der Zeit- oder Länderkomponente zu konsistenten, nicht aber zu asymptotisch effizienten Schätzresultaten. Die Schätzung des Anderson-Hsiao Ansatzes führt zu unverzerrten Resultaten, nutzt aber die vorhandenen Informationen in den Daten nicht effizient aus. Die Ergebnisse der Schätzung des Instrumentvariablen-Ansatzes sind in der Spalte ”AH” in Tabelle 3.7 angegeben. Der Koeffizient der Partisanvariable ist zwar positiv aber auf einem üblichen Konfidenzniveau nicht signifikant. Ein dritte Methode zur Vermeidung inkonsistenter Ergebnisse bei der Schätzung dynamischer Panelmodelle mit Fixed-Effects wurde durch Arellano und Bond (1991) entwickelt. Die Idee baut unmittelbar auf die Arbeit von Anderson und Hsiao (1981) auf, das prinzipielle Vorgehen ist dabei wie folgt: Analog zum ”AH”-Ansatz werden in der ersten Stufe die ersten Differenzen 50
Der Mittelwert von μi ist μi und somit ergibt sich für die Differenz Δμi = μi − μi = 0.
86
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
der Zeitreihen gebildet und somit die Länderdummies entfernt. In der zweiten Stufe werden die verzögerten Niveauvariablen als Instrumente genutzt und im Unterschied zur Idee von Anderson und Hsiao nicht als TSLS-Modell, sondern mit dem ”Generalized Method of Moments”-Ansatz (GMM) geschätzt. Der Vorteil des GMM-Ansatzes besteht darin, dass bei der Konstruktion geeigneter Instrumente sowohl Informationen über den Querschnitt als auch über die Zeitreihenelemente der Daten verwendet werden und darüber hinaus die Schätzung zu konsistenten und asymptotisch effizienten Resultaten führt. Hierfür ist allerdings die Abwesenheit von Autokorrelation zweiter Ordnung in den Residuen der dynamischen Spezifikation Voraussetzung. Des Weiteren muss überprüft werden, ob die verwendeten Instrumente statistisch geeignet sind. Dies kann mit Hilfe des Sargan-Tests überprüft werden [vgl. Sargan (1958)].51 In der Spalte ”GMM” in Tabelle 3.7 ist das Ergebnis für den homoskedastischen einstufigen GMM-Schätzer dargestellt.52 Der Koeffizient der Variable Si,t−x ist in Übereinstimmung mit der rationalen Partisantheorie positiv und auf einem 99%-Niveau signifikant. Die vorliegenden Schätzergebnisse für das Verlaufsmuster der Arbeitslosenquoten erweisen sich in einer Vielzahl von ökonometrischen Spezifikationen als robust. Der Koeffizient der Variable Si,t ist stets positiv und in nahezu allen Fällen signifikant. Somit können die Hypothesen H2–H4 empirisch nicht verworfen werden. Nach einer durch die Wirtschaftssubjekte nicht vollständig antizipierten Wahl einer Rechtsregierung steigt die Arbeitslosigkeit temporär an. Das umgekehrte Ergebnis gilt für die Wahl einer Linksregierung. Ob sich die gefundenen ideologischen Unterschiede im Verlaufsmuster der Arbeitslosigkeit tatsächlich aus einem monetären Transmissionskanal erklären lassen, wird im folgenden Abschnitt anhand der Inflationsraten untersucht. Ideologische Differenzen in den Inflationsraten Im Gegensatz zum vorangegangenen Abschnitt muss bei den Tests der Hypothese H1, auf ideologische Unterschiede in den Inflationsraten, nicht auf die vorhandene Wahlunsicherheit bedingt werden. Das Verlaufsmuster der Inflation ist abhängig von der ideologischen Differenz zwischen unterschiedlichen Regierungen. Dabei besitzen, wie im obigen Abschnitt erläutert, Rechtsregierungen eine größere Inflationsaversion als Linksregierungen. Für die Überprüfung der Hypothese H1 der der rationalen Partisantheorie wird die folgende dynamische Panelregressionsgleichung geschätzt: πi,t = α(L)πi,t + β0 · BWt + β1 · OILt + β2 · EM Ut + γ · Ri,t−x + μi + i,t
(3.26)
wobei πi,t die monatliche Inflationsrate zum Zeitpunkt t in Land i, α(L) das Polynom des LagOperators L, μi den zeitinvarianten Ländereffekt und i,t den Fehlerterm beschreibt. Analog zur Basisschätzgleichung für die Arbeitslosenquoten werden durch die Dummy-Variablen BWt , OILt und EM Ut exogene, auf alle Länder im Sample gleichermaßen wirkende internationale Einflüsse 51 52
Beide Voraussetzungen werden durch die eigene Schätzung erfüllt. Vgl. dazu den m2 Test auf Autokorrelation zweiter Ordnung und den Sargan-Test in Tabelle 3.7. Hierbei wurde sich gegen die Verwendung des heteroskedastischen zweistufigen GMM-Schätzer entschieden. Wie Simulationsstudien von Arellano und Bond (1991), Kiviet (1995) und Judson und Owen (1999) zeigen, führt der zweistufige Schätzer in den meisten Fällen zu größeren Fehlern und damit insignifikanten Ergebnissen.
3.4 Empirischer Test der rationalen Partisantheorie
87
berücksichtigt. Die Variable im Zentrum des Interesses ist Partisanvariable Ri,t−x , welche die politische Orientierung der amtierende Regierung kodiert [vgl. für die Definition der Variable Ri,t Alesina und Roubini (1992), S. 673]: +1 ; wenn eine Rechtsregierung in Periode t amtiert Ri,t := (3.27) −1 ; wenn eine Linksregierung in Periode t amtiert Für die Bestätigung der Hypothese H1 sollte der Koeffizient der Variable Ri,t signifikant negativ sein. Rechtsregierungen sollten geringere Inflationsraten erzeugen als Linksregierungen. Analog zu den Tests der Arbeitslosenquoten, müssen auch die Inflationszeitreihen auf Stationarität geprüft werden. Die Ergebnisse der Panelstationaritätstests finden sich in Tabelle 3.9. Im Unterschied Tabelle 3.9: Panelstationaritätstests der Inflationsraten Methode Statistik I Wkt. Statistik II Wkt. Statistik III Wkt. (1) Levin, Lin, Chu Test -7,9351 0,0000 -14,7861 0,0000 -5,8847 0,0000 (2) Breitung Test -7,2142 0,0002 -7,5280 0,0000 -4,5159 0,0000 (3) Im, Pesaran, Shin Test -11,4208 0,0000 -12,0731 0,0000 – – (4) ADF-Fisher Test 273,281 0,0000 308,336 0,0000 82,0636 0,0000 (5) PP-Fisher Test 2117,41 0,0000 2608,47 0,0000 1567,02 0,0000 (6) Hadri Test 17,5787 0,0000 27,3293 0,0000 – – Anmerkung: Für eine Beschreibung der einzelnen Test vgl. die Tabellenunterschrift von Tabelle 3.8.
zum Panel der Arbeitslosenquoten erweisen sich die monatlichen Inflationsraten als stationär. Die Mehrzahl der Panelstationaritätstests zeigt an, dass die Hypothese der Existenz einer Unit Root in den Zeitreihen abgelehnt werden kann (vgl. Tabelle 3.9). Einzig der Hadri-Test deutet auf ein mögliches Stationaritätsproblem hin. Da die fünf anderen Tests auf Stationarität der Zeitreihen hindeuten, sollte für die Schätzungen der Inflationsratenuntersuchung kein Scheinkorrelationproblem bestehen. Die OLS-Schätzung der Gleichung 3.26 für alle Länder bei einer Wirkungsverzögerung der Partisanvariable von x=12 Monate findet sich in der Spalte ”OLS (16 Länder)” in Tabelle 3.10.53 In Analogie zu der Untersuchung von Alesina und Roubini (1992) werden verschiedene Wirkungsverzögerungen (x = 3, 6, 9, 12, 15) getestet. Mit Ausnahme der Spezifikationen x = 3 bei den Test mit allen 16 Ländern bzw. x = 3 und x = 6 bei den Tests für die 8 OECD-Länder sind die Ergebnisse robust. Der Koeffizient der Partisanvariable Ri,t hat in Übereinstimmung mit der Partisantheorie ein signifikant negatives Vorzeichen. In der Spalte ”OLS (8 Länder)” werden nur die Länder aus der Untersuchung der Arbeitslosenquote berücksichtigt. Auch hier ist der Koeffizient der Partisanvariable signifikant negativ.54 Analog zum Basisschätzansatz der Arbeitslosenquoten ist der OLS-Schätzer bei gleichzeitiger Verwendung von Verzögerten der abhängigen Variable und zeitinvarianter Länderdummies
53 54
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird auf die Darstellung der Ergebnisse der autoregressiven Terme (3 Lags) und der Schätzkoeffizienten der zeitinvarianten Länderdummies verzichtet. Für die Robustheitstests vgl. die Tabellen 27 bis 30 im Anhang.
88
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
inkonsistent. Zur Lösung des Problems wird wiederum der ”Least Square Dummy Variable”Ansatz verwendet. Die Schätzergebnisse sind in den Spalten ”LSDV (16 Länder)” und ”LSDV (8 Länder)” in Tabelle 3.10 dargestellt. Im Ergebnis zeigt sich, dass auch bei Anwendung der LSDV-Methodik der Koeffizient der Partisanvariable signifikant negativ ist. Aufgrund des sehr großen Beobachtungsumfangs sollte der verbleibende Schätzbias, wie von Anderson und Hsiao (1981) gezeigt, vernachlässigbar klein sein. Demzufolge erzeugen Linksregierungen signifikant höhere Inflationsraten als Rechtsregierungen. Auch die Koeffizienten der Dummy-Variablen BWt , OILt und EM Ut haben die erwarteten Vorzeichen. Das Bretton-Woods System und die Übergangsphase zur europäischen Währungsunion haben einen signifikant negativen, die Ölpreiskrisen einen signifikant positiven Einfluss auf die Höhe der Inflationsraten. Tabelle 3.10: Schätzergebnisse für die Inflationsraten Variable OLS (16 Länder) LSDV (16 Länder) BW -0,00036 -0,00010 (1, 13) (3, 26)∗∗∗ OIL 0,00155 0,00158 (9, 86)∗∗∗ (9, 19)∗∗∗ EM U -0,00155 -0,00143 (11, 44)∗∗∗ (11, 81)∗∗∗ Rt−12 -0.00013 -0.00012 (2, 41)∗∗ (2, 60)∗∗∗ Adj. R2 0,3472 0,3200
OLS (8 Länder) -0,00063 (3, 97)∗∗∗ 0,00163 (4, 97)∗∗∗ -0,00162 (9, 60)∗∗∗ -0.00013 (1, 71)∗ 0,3237
LSDV (8 Länder) -0,00041 (3, 20)∗∗∗ 0,00117 (5, 86)∗∗∗ -0,00118 (7, 57)∗∗∗ -0,00088 (1, 62)∗ 0,4337
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben. Die Signifikanzlevel sind wie folgt dargestellt: * für ein 90%-Signifikanzniveau, ** für 95% und *** für mehr als 99%.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Hypothese eines permanenten ideologischen Unterschieds in den Inflationsraten in Übereinstimmung mit den Modellen von Hibbs (1977) und Alesina (1987) nicht abgelehnt werden kann. Das Ergebnis der vorliegenden neuerlichen Studie stimmt mit der Mehrzahl der bisherigen empirischen Untersuchungen für die Inflationsrate in politischen Konjunkturmodellen überein. 3.5 Zusammenfassung und Ausblick Das Ziel des Kapitels war es, die Hypothesen der rationalen Partisantheorie unter besonderer Berücksichtigung der zentralen theoretischen Innovation – der Wahlausgangsunsicherheit – zu überprüfen. Dazu wurde mit Hilfe von Wahlumfragedaten der Grad der Wahlüberraschung zu den einzelnen Wahlterminen modelliert und die vorhandene Literatur in diesem Punkt weiterentwickelt. Im Ergebnis zeigt sich, dass die empirischen Hypothesen des Alesina-Modells nicht verworfen werden können. Demokratische Wahlen spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherung politischer Freiheiten. Der Ausgang kompetitiver Wahlen ist in der Regel nicht mit Sicherheit zu prognostizieren. Somit
3.5 Zusammenfassung und Ausblick
89
erzeugt der demokratische Prozess per se Unsicherheit und Überraschung in der Politik. Wenn darüber hinaus die zur Wahl stehenden Parteien unterschiedliche ideologische Präferenzen und Ziele verfolgen, erzeugen Wahlen Unsicherheit über die zukünftige Geld- und Wirtschaftspolitik. Dies kann dazu führen, dass Wahlen regelmäßige Schwankungen in der ökonomischen Aktivität verursachen. Die empirischen Ergebnisse des Kapitels unterstützten diese Sichtweise. Interessanterweise findet sich bestätigende empirische Evidenz für die rationale Partisantheorie, obwohl die meisten der hier betrachteten Länder versucht haben die Geldpolitik von politischen Einflüssen zu befreien. Wie das Modell von Rogoff (1985) zeigt, kann eine unabhängige und konservative Zentralbank die wahlinduzierte Inflationsverzerrung senken. Bei der strikten Implementierung der Vorschläge von Rogoff sollte kein politischer Konjunkturzyklus beobachtbar sein. Die Mehrheit der Länder im Sample besitzen vergleichsweise unabhängige Zentralbanken und diese sollten theoretisch weitestgehend frei von politischer Einflussnahme sein. Ideologische Unterschiede und Wahlunsicherheit sollten keinen Einfluss auf die Höhe der Inflation und somit auf die Arbeitslosigkeit ausüben. In Anbetracht der Ergebnisse des Kapitels scheint es aber so, als ob das Problem der Zeitinkonsistenz der Geldpolitik nicht vollständig beseitigt worden ist. Die Geldpolitik der Länder ist offensichtlich nicht frei von politischer Beeinflussung, so dass politische Wahlen und unterschiedliche ideologische Präferenzen einen signifikanten Einfluss auf die makroökonomischen Variablen haben. Wie nahe zu alle vorherigen empirischen Arbeiten zur rationalen Partisantheorie kann auch die vorliegende Untersuchung nicht ohne Kritik bleiben. Derzeit konnten nicht alle theoretischen Einflussfaktoren der Literatur Berücksichtigung finden. So zeigen z. B. Persson und Tabellini (2003), dass das Wahlsystem der Länder einen Einfluss auf den Grad der Stabilität von Geldund Wirtschaftspolitik und somit auf das Verlaufsmuster makroökonomischer Größen hat. Ein proportionales Wahlsystem begünstigt Parteien deren ideologische Präferenz in der politischen Mitte liegt [vgl. Goodhart (2001)]. Andere empirische Studien zeigen, dass Koalitionsregierungen ideologisch moderater agieren als die Parteien in reinen Zweiparteiensystemen [vgl. Huber und Powell (1994) und Goodhart (2001)]. Die Kooperation von Parteien kann dazu beitragen ideologische Konjunkturzyklen abzuschwächen und die Stabilität der Geld- und Wirtschaftspolitik zu erhöhen.55 In diesen Punkten besteht für die Zukunft noch weiterer Forschungsbedarf. Des Weiteren bleibt auch der unterschiedliche Grad an Zentralbankunabhängigkeit außerhalb der Betrachtung. Zwar sollte ein Teil der Information über den unterschiedlichen Grad der Zentralbankunabhängigkeit in den Ländern über die Länderdummies Eingang in die Regression haben, allerdings bleibt hierbei zu bezweifeln, ob der Grad der Zentralbankunabhängigkeit invariant in der Zeit ist. Der Verwendung eines zeitabhängigen Zentralbankunabhängigkeitsindex wäre in jedem Fall zu bevorzugen, die existierende Literatur hält leider noch keinen solchen Index bereit. Ein weiterer möglicher Kritikpunkt ist die Nichtberücksichtigung des Einflusses der zweiten demokratischen Kontrollinstanz. In allen der im Sample enthaltenen Ländern ist das Politikergebnis
55
Für eine modelltheoretische Diskussion zur Parteienkooperation und Vermeidung ideologischer Konjunkturzyklen vgl. Scheuerle (1999), S. 316ff.
90
3. Die Unsicherheit über den Wahlausgang
abhängig vom Wechselspiel mehrerer Institutionen.56 Unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse in den verschiedenen demokratischen Institutionen können zu moderateren oder extremeren ideologischen Politikergebnissen führen [vgl. Alesina und Rosenthal (1995)]. Auch dieser Punkt findet in der vorliegenden Studie keine Berücksichtigung. Ein letzter Kritikpunkt, ist die Beschränkung der Analyse auf die Wahlausgangsunsicherheit. Genau genommen ist dies nur dann zulässig, wenn die Länder eine exogen fixierte Legislaturperiodenlänge aufweisen. In einem Großteil der hier betrachteten Länder besteht zumindest Spielraum bei der Setzung des nächsten Wahltermins. Zu der bereits bekannten Wahlausgangsunsicherheit tritt eine zweite Form der Unsicherheit – die Wahlzeitpunktunsicherheit. Welche Konsequenzen diese zweite Form der Unsicherheit sowohl auf die theoretische Erklärung als auch auf die empirische Überprüfung der RPT hat, ist Gegenstand des nächsten Teils der Arbeit.
56
In Deutschland z. B., ist das Politikergebnis nicht nur von den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag (Kanzlermehrheit) sondern auch von der Zusammensetzung der Länderkammer, dem Bundesrat, abhängig.
Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt Gegenstand dieses Kapitels ist eine empirische Untersuchung der variablen rationalen Partisantheorie.1 Zunächst werden dazu mit Hilfe des Modells von Heckelman (2001a) empirisch testbare Hypothesen hergeleitet. Während das Modell von Alesina (1987) insbesondere die US amerikanische institutionelle Gegebenheit exogen fixierter Wahlterminen beinhaltet, öffnet Heckelman die rationale Partisantheorie des Konjunkturzyklus für endogene Wahltermine, wie sie in vielen, zumeist europäischen Ländern zu finden sind.2 Anders als z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika, Norwegen und Schweden, existiert in den meisten europäischen Staaten sowie in Australien und Japan keine fixe Wahlperiodenlänge sondern nur ein oberes Zeitlimit für die Dauer einer Legislaturperiode. In vielen OECD-Staaten können Neuwahlen deutlich vor Ablauf des oberen Limits ausgerufen werden. Aus diesem Grund ergänzt Heckelman das Grundmodell von Alesina um eine zweite Form der Wahlunsicherheit – die Wahlzeitpunktunsicherheit. In der modelltheoretischen Herleitung wird gezeigt, dass politische Konjunkturschwankungen nicht nur aus der Überraschung bezüglich des Wahlausganges sondern zusätzlich aus der Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt resultieren. Die aus dieser Form der Wahlunsicherheit resultierende Wahlzeitpunktüberraschung ist in der bisherigen empirischen Literatur zu ideologischen Konjunkturzyklen weitgehend unberücksichtigt. Die eigene empirische Untersuchung modelliert sowohl die Wahlausgangs- als auch die Wahlzeitpunktüberraschung und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass in einem Panel von 6 OECD Staaten die Hypothese der Existenz variabler rationaler Partisanzyklen nicht abgelehnt werden kann. Zum Abschluss des Kapitels werden die gefundenen Resultate kritisch diskutiert und es wird ein kurzer Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf gegeben.
4.1 Einleitung In der Modellierung von Alesina (1987) ist der ungewisse Wahlausgang die einzige Ursache für politische und somit ökonomische Unsicherheit. Wie im vorhergehenden Kapitel gezeigt impliziert die Annahme exogen fixierter Wahltermine, dass die Wirtschaftssubjekte bei ihrer Inflationserwartungsbildung ausschließlich den Ausgang der nächsten Wahl als Quelle der Unsicherheit berücksichtigen. Nur für einige wenige OECD-Demokratien ist die Annahme exogen vorgegebener, konstanter Legislaturperioden jedoch zu rechtfertigen. So wird etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika der Präsident nach einer fixen Legislaturperiode von vier Jahren am ersten Dienstag im November gewählt.3 Die Verfassung schließt aus, dass es zu überraschend vorgezogenen Neuwahlen kommt. Die Ersatznachfolge eines der Amtsausführung unfähigen Präsidenten wird durch die Verfassung in Verbindung mit dem Presidential Succession Act von 1947 wie folgt geregelt: Scheidet der Präsident aus dem Amt, rückt der Vizepräsident nach. Ist das Amt des Vizepräsidenten unbesetzt, so rücken der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Präsident 1 2 3
Erste Ergebnisse zu diesem Kapitel der Arbeit finden sich in Berlemann und Markwardt (2006). In einer Vielzahl von Arbeiten wurde die Annahme exogen fixierter Wahltermine kritisiert. Vgl. z. B. Ellis und Thoma (1991), Gaernter (1994) und Berument und Heckelman (1998). Vorschriften zu der Wahl des Präsidenten und dessen Amtszeit sind durch den 12., 20., 22., 23. und 25. Verfassungszusatz zur Verfassung der Vereinigten Staaten geregelt [vgl. Loesche und Wasser (2004)].
92
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
Pro Tempore des Senats und danach die Mitglieder des Kabinetts als Präsident nach. Durch die Einführung des 25. Zusatzartikels zur Verfassung im Jahr 1967, welcher die Nachnominierung eines Vizepräsidenten ermöglicht, ist es unwahrscheinlich, dass die obige Liste zur Ersatznachfolge des Präsidenten überhaupt zur Anwendung kommt [vgl. dazu Silva (1968) und Shafritz (1988)]. Somit existiert in den Vereinigten Staaten von Amerika keine Unsicherheit über den Zeitpunkt der nächsten Wahl. In vielen, vor allem europäischen Ländern ist die Annahme exogen fixierter Wahltermine jedoch nicht realistisch. Zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland regelt das Grundgesetz die Möglichkeit vorgezogener und damit überraschender Neuwahlen. Die maximal erlaubte Länge einer Legislaturperiode des deutschen Bundestages ist gemäß Artikel 39 Abs. 1 GG auf vier Jahre festgelegt. Doch zeigen die Jahre 1972, 1983 und 2005, dass in der Vergangenheit nicht alle Regierungen eine vollständige Legislaturperiode überdauert haben. Hier wurde unter Anwendung des Artikel 19 Abs. 3 GG i. V. m. Artikel 68 Abs. 1 GG der Bundestag aufgelöst und vorzeitige Neuwahlen anberaumt. Von den 16 deutschen Bundestagen wurden immerhin drei vorzeitig aufgelöst, so dass auch bezüglich des Wahlzeitpunktes eine nicht unerhebliche Unsicherheit besteht. Daher existiert für die deutschen Wähler neben der Wahlausgangsunsicherheit eine zweite Form der Wahlunsicherheit – die Wahlzeitpunktunsicherheit. Eine dritte Form der Wahlunsicherheit entsteht in Deutschland aus der Möglichkeit eines Regierungswechsels ohne Wahlgang. Der Artikel 67 GG regelt, dass durch ein konstruktives Misstrauensvotum der Bundeskanzler seiner Aufgaben entbunden und per Bundestagsabstimmung ein neuer Bundeskanzler (auch mit anderen Koalitionspartnern) gewählt werden kann. In Deutschland kam es 1966 und 1982 zu Regierungswechseln außerhalb von Bundestagswahlen. Für die Bildung von Inflationserwartungen ist ein überraschender Regierungswechsel ähnlich problematisch wie vorgezogene Neuwahlen, so dass dies durchaus als Form der Wahlzeitpunktunsicherheit interpretiert werden kann. Insgesamt hat damit seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland in fünf von 16 Bundestagen ein überraschender Regierungswechsel stattgefunden. Dies zeigt, dass selbst in vergleichsweise stabilen Demokratien wie der deutschen die Wahlzeitpunktunsicherheit ein nicht zu vernachlässigendes Phänomen ist und bei der empirischen Analyse politischer Konjunkturzyklen berücksichtigt werden muss. Während in den Vereinigten Staaten von Amerika vorzeitige Neuwahlen ausgeschlossen und in Deutschland vorgezogenen Bundestagswahlen oder Regierungswechsel enge Grenzen gesetzt sind, existieren z. B. in Großbritannien nur wenige institutionelle Schranken für verkürzte Legislaturperioden. In Großbritannien ist seit 1911 die gesetzliche Höchstdauer einer Legislaturperiode auf fünf Jahre festlegt. Innerhalb der Legislaturperiode hat der amtierende Premierminister jederzeit das Recht das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Auch ist die Zeit zwischen Ankündigung, Parlamentsauflösung und Neuwahl und somit die Zeitspanne für die Anpassung der Erwartungen der Wirtschaftssubjekte sehr kurz. Seit 1945 verging in Großbritannien zwischen der Ankündigung der Parlamentsauflösung und dem Wahltag nie mehr als ein Monat [vgl. Blackburn (1995), S. 23]. Die institutionellen Gegebenheiten in Großbritannien lassen also einen sehr großen Raum für Wahlzeitpunktunsicherheit. Zwar ist in den meisten OECD-Staaten weder der institutionelle Freiraum für vorgezogene Neuwahlen so groß wie in Großbritannien noch die Zeitspanne zwischen Ankündigung der Wahl
4.1 Einleitung
93
und Wahlgang so kurz. Dennoch überdauert i. d. R. ein Teil der Tarifverträge, in denen sich die Inflationserwartungen manifestieren, diesen Zeitraum. Könnten die Wirtschaftssubjekte kurzfristig auf veränderte politische Konstellationen reagieren, würde die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt keine Rolle spielen. Wie schon die Diskussion im Kapitel 3.4.2 gezeigt hat, ist dies aber nicht der Fall. Politische Öffnungsklauseln und Lohnindexierung in Tarifverträgen sind selten. Da die Wirtschaftssubjekte kurzfristig ihre Erwartungen nicht anpassen können, kann beim Auftreten von vorgezogenen Neuwahlen von Wahlzeitpunktüberraschung gesprochen werden. Wie die Geschichte politischer Wahlen zeigt, wird häufig von der Möglichkeit vorzeitiger Neuwahlen Gebrauch gemacht. Zwischen 1961-1988 fanden in den OECD-Staaten 42 Prozent aller Wahlen mehr als ein Jahr vor Ablauf der maximalen Legislaturperiodendauer statt [vgl. Berument und Heckelman (1998)]. Die Tabelle 4.1 gibt die durchschnittliche Länge der Legislaturperiode (in Monaten) im Vergleich zu der verfassungsmäßig maximal erlaubten Legislaturperiode für die in der empirischen Untersuchung berücksichtigten Länder seit 1960 an. Die vierte Spalte (”<6 Monate”) gibt den Anteil der Wahlen an, welche mehr als 6 Monate vor Ablauf der gesetzlich zulässigen Legislaturperiode stattgefunden haben. Tabelle 4.1: Durchschnittliche Länge der Legislaturperioden Land Australien Deutschland Frankreich Großbritannien Schweden Vereinigte Staaten
durch. Legislaturperiode 30 44 49 44 36(48) 48
max. Legislaturperiode 36 48 60 60 36(48)* 48
<6 Monate 0,31 0,21 0,50 0,67 0,00 0,00
* In Schweden wurde 1970 die Legislaturperiode von 48 auf 36 Monate verkürzt und 1994 wieder auf 48 Monate verlängert. Quelle: Für die Datenquellen der Legislaturperiodenlänge vgl. Tabelle 5 in Anhang.
Wie zu erkennen ist, liegt die durchschnittliche Legislaturperiodenlänge in Australien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien nur bei etwa 75-85% der vorgesehenen Dauer einer Legislaturperiode. Wird dabei berücksichtigt, dass in den genannten Ländern einige Regierungen auch die gesamte mögliche Legislaturperiode amtierten, wird deutlich, dass mitunter sehr frühzeitig neu gewählt wird. Ein noch exakteres Bild für die Variation der Wahltermine innerhalb der gesetzlichen Grenzen ergibt sich bei der Betrachtung unterschiedlicher Wahljahre in einem Land. Die Abbildung 4.1 zeigt den zeitlichen Abstand zwischen den Wahlen und die verfassungsmäßig noch mögliche ”Restlaufzeit” der jeweiligen Legislaturperiode in Großbritannien. Offenbar nutzten einige britische Regierungen die gesamten 60 Monate Amtszeit, während andere sehr frühzeitig in der Legislaturperiode überraschend Neuwahlen ausriefen. Ein hervorragendes Beispiel für letzteren Fall ist die Legislatur des Premierministers Edward Heath (Conservative Party). Für die britische Öffentlichkeit überraschend entschied er sich im Februar 1974 nach nur 44-monatiger Amtszeit zur Auflösung des Parlamentes. Dabei betrug der Zeitraum zwischen Ankündigung der Auflösung und Auflösung des Parlamentes nur einen Tag. Der Premierminister erzeugte damit bei seiner eigenen Partei sowie bei der oppositionellen Labour Party und bei den Wählern die ma-
94
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
Abbildung 4.1: Legislaturperioden in Großbritannien
ximal mögliche Wahlzeitpunktüberraschung [vgl. Blackburn (1995)]. Unerwartet kurz war auch die erste Legislaturperiode des Premiers Harold Wilson von 1964-1966. Dieser konnte – bei sehr guten Meinungsumfragen – durch frühzeitige Neuwahlen seine Stimmenmehrheit im Parlament von 5 auf 99 Sitze ausbauen [vgl. Caramani (2000)].4 Ein vergleichbares Beispiel für Wahlzeitpunktüberraschung ist die Bundestagswahl im Jahr 2005. Trotz schlechter ökonomischer Bedingungen und der damit verbundenen schlechten Umfragewerte der Regierungskoalition entschied sich Bundeskanzler Gerhard Schröder für einen vorzeitigen Wahlgang. Obwohl der Zeitraum zwischen Ankündigung der Wahl und Wahltermin, inklusive der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Auflösung des Bundestages, deutlich länger war als in Großbritannien, war die Überraschung der deutschen Öffentlichkeit erheblich. Hierbei kann von einem hohen Grad an Wahlzeitpunktüberraschung ausgegangen werden. Ein weiteres, aktuelles Beispiel ist der überraschende Wahlgang des dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen. Dieser entschied sich bei guten Wahlumfragewerten seiner Partei für eine vorgezogene Neuwahl im November 2007. Bei der Ankündigung der Wahl im Oktober 2007 betrug die ”Restlaufzeit” der Legislaturperiode noch 16 Monate. Sowohl für die dänischen Wähler als auch für die herausfordernde sozialdemokratische Partei kann der gewählte Wahlzeitpunkt als überraschend bezeichnet werden. Eine Vielzahl ähnlicher Beispiele lässt sich für alle OECD-Staaten finden, in denen die Länge der Legislaturperiode nicht exogen fixiert ist. So erreichten z. B. die Regierungen von Luxemburg und Neuseeland noch nie die maximale zulässige Dauer einer Legislaturperiode. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass vorgezogene Neuwahlen häufig vorkommen und der nächste Wahltermin oft nur schwer zu antizipieren ist. In vielen Volkswirtschaften besteht neben der bereits bekannten Wahlausgangsunsicherheit auch Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt. 4
Viele weitere Beispiele für überraschend vorgezogene Neuwahlen in Großbritannien finden sich in Blackburn (1995), S. 20ff.
4.2 Die variable rationale Partisantheorie
95
Vor der empirischen Analyse des Einflusses der Wahlzeitpunktunsicherheit auf das Verlaufsmuster makroökonomischer Variablen, werden im folgenden Abschnitt zunächst die zu überprüfenden Hypothesen mit Hilfe des Modells von Heckelman (2001a) theoretisch hergeleitet.
4.2 Die variable rationale Partisantheorie 4.2.1 Das Modell von Jac Heckelman Das Modell der variablen rationalen ideologischen Konjunkturzyklen von Heckelman (2001a) ebenso wie der Erklärungsansatz von Alesina (1987) basieren auf dem spieltheoretischen Modell der Geldpolitik von Barro und Gordon (1983a, b). Anders als im Grundmodell von Alesina (vgl. Kapitel 3.2.1) existiert neben der Unsicherheit über den Wahlausgang auch Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt. Die Wirtschaftssubjekte müssen bei ihrer Inflationserwartungsbildung nicht nur die politische Orientierung des zukünftigen Wahlsiegers, sondern auch die Wahrscheinlichkeit für das Stattfinden einer (Neu-)Wahl antizipieren. Diese zweite Form der Unsicherheit, welche in allen Ländern mit variablen, nicht exogen fixierten Wahlterminen existiert, hat Einfluss auf das Verlaufsmuster makroökonomischer Variablen, sowohl in Wahlperioden als auch in NichtWahlperioden. Wenn Wahltermine nicht exogen fixiert sind, wissen die Wähler, dass mit einer Wahrscheinlichkeit größer Null die Präferenz der monetären Autorität innerhalb der gesetzlich zulässigen Legislaturperiode wechseln kann. Finden keine Neuwahlen statt, dann bleibt die Inflationsrate unverändert auf dem Niveau, welches sich aus den Verlustfunktionen der Parteien ergibt. Kommt es hingegen zu vorgezogenen Wahlen, ändert sich die Inflationsrate in der Ökonomie, wenn die vorher amtierende Partei die Wahl verliert, und bleibt unverändert für den Fall, dass die regierende Partei im Amt bestätigt wird. Somit hängt die antizipierte Inflationsrate unter anderem von der Wahrscheinlichkeit ab, mit der die Wirtschaftssubjekte eine vorgezogene Neuwahl erwarten. Ist die erwartete Wahrscheinlichkeit für eine Neuwahl gering und es kommt trotzdem zu einem Regierungswechsel, dann erweisen sich die Inflationserwartungen als falsch. Über den bereits in Kapitel 2.2.1 diskutierten Zusammenhang einer erwartungsmodifizierten Phillipskurve führt ein Wechsel von einer Links- zu einer Rechtsregierung zu einer Nachwahl-Rezession, d. h. zu höherer Arbeitslosigkeit. Das Gegenteil tritt ein, wenn der Wahlgang zu einem Wechsel von einer Rechts- zu einer Linksregierung führt. Um die rationale Partisantheorie in Ländern mit variablen Wahlterminen anwenden zu können, haben Ellis und Thoma (1991) und Heckelman (2001a) das Grundmodell von Alesina um eine zweite Form der Wahlunsicherheit – die Wahlzeitpunktunsicherheit – zur variablen rationalen Partisantheorie erweitert. Die folgende modelltheoretische Darstellung der variablen rationalen Partisantheorie und die Ableitung der empirisch testbaren Hypothesen basiert auf den Arbeiten von Ellis und Thoma (1991), Scheuerle (1999)5 , Heckelman (2001a) und Heckelman (2002). Im Vergleich zu den eben genannten Arbeiten ist die Darstellung des Modells zum Teil vereinfacht und die Notation an die vorliegende Arbeit angepasst. 5
Interessanterweise hat Scheuerle schon vor Heckelman das Grundmodell der rationalen Partisantheorie um variable Wahltermine erweitert. Allerdings wird sein Buch in der Literatur selten und bei Heckelman gar nicht zitiert.
96
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
Das Modell Im Folgenden gelten, mit Ausnahme der Annahme A6d, die im Kapitel 2.3.2 getroffenen Annahmen. Die restriktive Annahme A6d einer exogen fixierten Legislaturperiodenlänge wird durch die weniger restriktive Annahme einer variablen Wahlperiodenlänge ersetzt. Der Zusammenhang zwischen Inflationsrate, Inflationserwartungen und Arbeitslosenquote wird wieder durch die erwartungsmodifizierte Phillipskurve aus Gleichung (2.1) beschrieben. Die beiden Parteien des politischen Sektors minimieren die Periodenverlustfunktionen aus Gleichung (3.3) bzw. Gleichung (3.4). Im Unterschied zu der Modellierung im Kapitel 3.2.1 berücksichtigen die Wirtschaftssubjekte bei ihrer Erwartungsbildung sowohl die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der Rechts- (p) bzw. Linkspartei (1−p) als auch die Wahrscheinlichkeit h und (1−h) dafür, dass eine Wahl stattfindet oder nicht stattfindet. In Abhängigkeit der jeweils amtierenden Partei werden die Inflationserwartungen gemäß Gleichung (4.1) bzw. (4.2) gebildet. Für den Fall einer in Periode t amtierenden Links- bzw. Rechtsregierung gelten jeweils: πte,L = (1 − h) · πtL + h · (p · πtR + (1 − p) · πtL ),
(4.1)
πte,R = (1 − h) · πtR + h · (p · πtR + (1 − p) · πtL )
(4.2)
Amtiert eine Linksregierung, dann bilden sich die Inflationserwartungen aus der mit den Wahlwahrscheinlichkeiten h und (1 − h) gewichteten Summe der optimalen Inflationsrate der Linkspartei und dem mit den Wahlsiegwahrscheinlichkeiten gewichteten Mittel der optimalen Inflationsraten unter einer Rechts- bzw. Linksregierung. Analoges gilt für die Bildung der Inflationserwartungen bei amtierender Rechtspartei. In allen Ländern mit exogen fixierten Wahlterminen oder bei Erreichen der gesetzlich maximal zulässigen Amtsdauer der Regierung, herrscht in Periode t Unsicherheit über den Wahlausgang jedoch keine Unsicherheit über den Wahltermin. Einsetzen der Wahlwahrscheinlichkeit h = 1 in die Gleichungen (4.1) und (4.2) vereinfacht die Erwartungsbildung zur Gleichung (3.7) aus Kapitel 3.2.1. Insoweit ergeben sich für ”regelmäßige” Wahlperioden keine Unterschiede zum Grundmodell der rationalen Partisantheorie. Die Inflationsrate unter einer Linksregierung ist höher als unter einer Rechtsregierung. Nach der Wahl einer Linkspartei sinkt die Arbeitslosenquote, nach der Wahl einer Rechtspartei steigt die Arbeitslosenquote temporär an. Der Umfang des Nachwahl-Booms bzw. der Nachwahl-Rezession ist abhängig vom Grad der herrschenden Wahlüberraschung (vgl. Kapitel 3.2.1). In Analogie zum Grundmodell von Alesina wird auch im Modell der variablen rationalen Partisantheorie die Legislaturperiode in zwei Subperioden eingeteilt: in eine bereits beschriebene sichere Wahlperiode t = 0 und eine potentielle Wahlperiode t = 1. Während im Alesina Modell im zweiten Teil der Legislaturperiode (t = 1) Sicherheit über die Präferenzen der monetären Autorität herrscht und somit inflationäre Überraschungen ausgeschlossen sind, müssen die Wähler in den Erweiterungen von Ellis und Thoma (1991) und Heckelman (2001a) damit rechnen, dass es mit der Wahrscheinlichkeit h ≥ 0 zu Neuwahlen kommt. Den Wirtschaftssubjekten ist es daher nicht länger möglich, die Inflationsrate korrekt zu antizipieren. Die Herleitung der Verlaufsmuster von Inflation und Arbeitslosigkeit folgt methodisch dem Kapitel 3.2.1. Einsetzen der Gleichung (4.1) und (4.2) in die unveränderte Bedingung erster Ordnung (3.5) ergibt die Inflationsraten
4.2 Die variable rationale Partisantheorie
97
nach einem Wahlsieg der Linkspartei in Abhängigkeit der vorher amtierenden Partei. Bei vorher amtierender Linkspartei ergibt sich die Inflationsrate:6 L,L πt=1 =
L,R u˜L + h · p · πt=1 (β L + h · p)
(4.3)
und die Inflationsrate R,L = πt=1
R,R u˜L + (1 − h + h · p) · πt=1 L (β + 1 − h + h · p)
(4.4)
bei vorher amtierender Rechtspartei. In Abhängigkeit der vorher amtierenden Partei ergeben sich nach einem Wahlsieg der Rechtspartei durch Einsetzen der Gleichungen (4.1) und (4.2) in die Bedingung erster Ordnung (3.6) die folgenden Inflationsraten: R,R = πt=1
R,L u˜R + (h − h · p) · πt=1 (β R + h − h · p)
(4.5)
bei Wiederwahl der Rechtspartei und L,R πt=1 =
L,L u˜R + (1 − h · p) · πt=1 R (β + 1 − h · p)
(4.6)
bei vorher amtierender Linkspartei. Für den Fall der Fortsetzung der Regierung unter identischer Ideologie (L, L bzw. R, R) ist es unerheblich, ob die Regierung wiedergewählt wurde oder ohne Wahl im Amt verbleibt. Beides hat im Ergebnis einen identischen Einfluss auf Inflation und Arbeitslosigkeit. Wie aus den Gleichungen (4.3) und (4.6) ersichtlich, besteht eine wechselseitige Abhängigkeit der gleichgewichtigen Inflationsraten beider Parteien. Einsetzen von Gleichung (4.3) in Gleichung (4.6) ermöglicht die Berechnung der durch eine Linksregierung in Periode t = 1 erzeugten Inflationsrate. Danach setzt die wiedergewählte Linkspartei die folgende Inflationsrate: L,L = π ˆt=1
C · (˜ uL + D · h · p · u˜R ) (1 − C · D · h · p · (1 − h))
(4.7)
mit C≡
1 (β L + h · p)
D≡
1 . (β R + (1 − h · p))
und
6
Der hochgestellte Index L,L bedeutet die Wiederwahl der Linkspartei. Der hochgestellte Index R,L beschreibt einen Regierungswechsel von einer Rechtsregierung zu einer Linksregierung. In den weiteren Gleichungen ist die Bedeutung für die Rechtspartei entsprechend.
98
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
L,R Einsetzen der Gleichung (4.3) in die Gleichung (4.6) und Auflösen nach πt=1 ergibt die gleichgewichtige Inflationsrate der Rechtspartei nach einem Regierungswechsel: L,R = π ˆt=1
D · (˜ uR + C · (1 − h · p) · u˜L ) . (1 − C · D · h · p · (1 − h))
(4.8)
Wechselseitiges Einsetzen der Gleichungen (4.5) und (4.4) ergibt die nach einer Wiederwahl durch eine Rechtsregierung erzeugte Inflationsrate: R,R = π ˆt=1
E · (˜ uR + F · (h − h · p) · u˜L ) (1 − E · F · (h − h · p) · (1 − h + h · p))
(4.9)
mit E≡
1 (β R + h · p)
F ≡
1 . (β L + (1 − h − h · p))
und
Nach einem Regierungswechsel erzeugt die Linkspartei die folgende gleichgewichtige Inflationsrate: R,L = π ˆt=1
F · (˜ uL + E · (1 − h + h · p) · u˜R ) . (1 − E · F · (h − h · p) · (1 − h + h · p))
(4.10)
Die optimale Inflationsrate beider Parteien fällt ceteris paribus umso höher aus, je niedriger die Zielarbeitslosenquote, je niedriger das relative Gewicht des Ziels eines stabilen Preisniveaus, je größer die Wahrscheinlichkeit für das Stattfinden einer Wahl und je größer die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Linkspartei ist.7 Wie aus den Gleichungen (4.11) und (4.12) ersichtlich, liegt die gleichgewichtige Inflationsrate bei der Wahl einer Linksregierung höher als bei einem Wahlsieg der Rechtspartei. Die Inflationsraten unterscheiden sich um: L,L L,R π ˆt=1 −π ˆt=1 =
=
7
uR + C · (1 − h · p) · u˜L ) C · (˜ uL + D · h · p · u˜R ) − D · (˜ >0 1 − D · C · h · p · (1 − h · p) β R · u˜L − β L · u˜R >0 (C · D)−1 − h · p · (1 − h · p)
(4.11)
Heckelman (2001a) leitet dieses Ergebnis nur unter der vereinfachenden Annahme der Unabhängigkeit der Wahlwahrscheinlichkeiten und der jeweils optimalen Inflationsraten her. Er nimmt an, dass sich die optimale Inflationsraten in den Subperioden nicht unterscheiden. Genau genommen ist dies nicht zulässig, da der Erwartungswert der Inflationsrate für t = 1, welcher unter Berücksichtigung der Wahlwahrscheinlichkeiten gebildet wird, einen unmittelbaren Einfluss auf die jeweils optimale Inflationsrate der Parteien hat. In der obigen Modelldarstellung werden die optimalen Inflationsraten in Periode t = 1 gegeben der Inflationserwartungen und der Wahlwahrscheinlichkeiten explizit bestimmt.
4.2 Die variable rationale Partisantheorie
99
bzw. R,L R,R −π ˆt=1 = π ˆt=1
− =
F · (˜ uL + E · (1 − h + h · p) · u˜R ) 1 − E · F (h − h · p) · (1 − h + h · p) E · (˜ uR + F · (h − h · p) · u˜L ) >0 1 − E · F (h − h · p) · (1 − h + h · p) (E
· F )−1
β R · u˜L − β L · u˜R > 0. − (h − h · p) · (1 − h + h · p)
(4.12)
Die im Modell der variablen rationalen Partisantheorie herrschende Unsicherheit darüber, ob es in Periode t = 1 zu einer Wahl kommt oder nicht und welche der Parteien die Wahl gewinnt, macht es den Wirtschaftssubjekten in jedem Zeitpunkt unmöglich, die Inflationsrate korrekt zu antizipieren. Einsetzen der Inflationsraten (4.7) und (4.8) (bzw. (4.10) und (4.9), (4.9) und (4.10), (4.8) und (4.7)) gemeinsam mit den entsprechenden Inflationserwartungen aus Gleichung (4.1) bzw. (4.2) in die erwartungsmodifizierte Phillipskurve aus Gleichung (2.1) ergibt die Arbeitslosenquoten nach dem Wahlsieg einer Links- bzw. Rechtspartei in Abhängigkeit der vorher amtierenden Partei. Nach der Wiederwahl einer Linksregierung ergibt sich für Periode t = 1 die folgende Arbeitslosenquote: L,L L,R L,L L,L ¯− π ˆt=1 − h· p·π ˆt=1 + (1 − p) · π ˆt=1 + (1 − h) · π ˆt=1 uL,L t=1 = u L,L L,R < u¯. −π ˆt=1 = u¯ − h · p · π ˆt=1
(4.13)
L,L Da die Inflationsrate unter einer Linksregierung (ˆ πt=1 ) größer ist als die Inflationsrate unter R,L einer Rechtsregierung (ˆ πt=1 ), begehen die Wirtschaftssubjekte auch in der Periode t = 1 einen Erwartungsfehler. Die sich einstellende Inflation ist höher als erwartet und somit bleibt die Arbeitslosenquote unter ihrem natürlichen Niveau.
Nach der Wahl einer Linksregierung bei vorher amtierender Rechtsregierung ergibt sich die folgende Arbeitslosenquote: R,L R,R R,L R,R ¯− π ˆt=1 − h· p·π ˆt=1 + (1 − p) · π ˆt=1 + (1 − h) · π ˆt=1 uR,L t=1 = u R,L R,R −π ˆt=1 < u¯. = u¯ − (1 − (h · (1 − p)) · π ˆt=1
(4.14)
Der erste Term in der eckigen Klammer ist positiv (1−(h · (1−p)) > 0 und die Inflationsrate unter einer Linksregierung ist größer als die einer Rechtsregierung. Daher kommt es bei einem Regierungswechsel von Rechts nach Links zu einer Inflationsüberraschung und die Arbeitslosenquote sinkt unter ihr natürliches Niveau. Bei der Wiederwahl der Rechtsregierung ergibt sich die Arbeitslosenquote wie folgt: R,R R,R R,L R,R uR,R ¯− π ˆt=1 − h· p·π ˆt=1 + (1 − p) · π ˆt=1 + (1 − h) · π ˆt=1 t=1 = u R,L R,R −π ˆt=1 > u¯. = u¯ − (h · p − h) · π ˆt=1
(4.15)
100
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
Die Differenz zwischen (h · p − h) ist negativ; gleichzeitig ist die durch eine Linkspartei erzeugte Inflationsrate höher als die einer wiedergewählten Rechtspartei. Somit ist der Ausdruck in den eckigen Klammern negativ. Aufgrund der Deflationsüberraschung ist die Arbeitslosigkeit höher als das sich ohne Wahlunsicherheit einstellende natürliche Niveau. Bei einem Regierungswechsel von Links nach Rechts kommt es zu einer deflationären Überraschung und die Arbeitslosenquote steigt über ihr natürliches Niveau: L,R L,R L,L L,L + (1 − h) · π ˆt=1 ¯− π ˆt=1 − h· p·π ˆt=1 + (1 − p) · π ˆt=1 uL,R t=1 = u L,R L,L −π ˆt=1 > u¯. = u¯ − (1 − h · p) · π ˆt=1
(4.16)
Auch unter Berücksichtigung der Wahlzeitpunktunsicherheit bleiben die wesentlichen Charakteristika der Partisantheorie erhalten. Die Inflationsrate unter Linksregierungen ist in jeder Teilperiode niedriger als die Inflationsrate unter Rechtsregierungen. Im Unterschied zum Grundmodell der RPT gibt es im auch zweiten Teil der Legislaturperiode keine Sicherheit über die Präferenzen der monetären Autorität. In jeder Subperiode treten inflationäre oder deflationäre Inflationsüberraschungen auf. Das Ausmaß der Inflationsüberraschung ist einerseits abhängig von den Präferenzen der gegenwärtigen Regierung, andererseits auch von den Präferenzen der vorherigen Regierung. Aufgrund der unterschiedlichen Informationsstände innerhalb einer Legislaturperiode unterscheidet sich die Erwartungsbildung in den beiden Teilperioden. Die im Vergleich zum Grundmodell veränderte Erwartungsbildung hat unmittelbar Auswirkung auf das Verlaufsmuster der Arbeitslosenquote. Die Arbeitslosigkeit ist – selbst wenn keine vorgezogenen Neuwahlen stattfinden – unter einer Linksregierung in jeder Teilperiode der Legislaturperiode geringer als unter einer Rechtsregierung. Insoweit ähnelt das Ergebnis dem des Hibbs-Modells. In Übereinstimmung mit dem Alesina-Modell sinkt nach der Wahl einer Linksregierung die Arbeitslosigkeit, nach der Wahl einer Rechtsregierung wird sie steigen. Der qualitative Effekt ist unabhängig von der politischen Orientierung der Vorgängerregierung. Das quantitative Ausmaß der Änderung der Arbeitslosenquote ist hingegen ceteris paribus durch die Präferenzen der vorher im Amt befindlichen Partei bestimmt. Die Ergebnisse des verallgemeinerten Modells der VRPT sind in Tabelle 4.2 zusammengefasst.8 Wird in der Ökonomie mit Sicherheit gewählt (h = 1), sind die Ergebnisse des Modells der variablen rationalen Partisantheorie identisch mit denen der Periode t = 0 des Grundmodells von Alesina. Die durch eine Rechtsregierung erzeugte Inflationsrate ist höher als die einer Linksregierung. Bei einem Wahlsieg der Rechtspartei steigt die Arbeitslosigkeit aufgrund der deflationären Überraschung. Gewinnt die Linkspartei die Wahl, erweisen sich die Inflationserwartungen als zu niedrig und die Arbeitslosenquote sinkt. Finden mit Sicherheit keine Wahlen statt (h = 0), so ergeben sich die Ergebnisse der Nicht-Wahlperiode (t = 1) des Grundmodells. Die Wirtschaftssubjekte beobachten die Präferenzen der amtierenden Regierung und können die Inflationsraten
8
Ein qualitativ identisches Ergebnis findet sich in Scheuerle (1999), S. 251. Die vorliegenden Ergebnisse unterscheiden sich quantitativ von Scheuerle, da dessen Resultate mit Hilfe anderer Verlustfunktionen und einer anderen Variante der erwartungsmodifizierten Phillipskurve hergeleitet sind.
4.2 Die variable rationale Partisantheorie
101
Tabelle 4.2: Ergebnisse der VRPT in Abhängigkeit der Wahlwahrscheinlichkeit Wahlwahrscheinlichkeit
Arbeitslosenquote Inflationsrate
h=1
L ui,L ¯ t = ut=0 < u
L π ˆti,L = π ˆt=0
(sicherer Wahltermin)
R ui,R ¯ t = ut=0 > u
R π ˆti,R = π ˆt=0
ui,L ¯ t=1 < u i,R ut=1 > u¯ L,L ut = u L ¯ t=1 = u R =u uR,R = u ¯ t t=1
L,L L,R π ˆt=1 >π ˆt=1
1>h>0 (unsicherer Wahltermin) h=0 (sicher kein Wahlgang)
R,L R,R π ˆt=1 >π ˆt=1 L π ˆtL,L = π ˆt=1 R π ˆtR,R = π ˆt=1
korrekt antizipieren. Die Inflationsrate einer Rechtsregierung ist niedriger als unter einer Linksregierung. Die Arbeitslosigkeit verharrt in beiden Fällen auf ihrem natürlichen Niveau. Durch die Aufnahme der Möglichkeit überraschend vorgezogener Neuwahlen wird die Unsicherheit im Modell auf beide Subperioden der Legislatur ausgedehnt. Die Wirtschaftssubjekte sind in keiner Periode in der Lage die Inflationsrate korrekt zu antizipieren. Es besteht in jeder Subperiode Unsicherheit über den möglichen Wahlausgang und in der zweiten Periode zusätzlich über das Stattfinden einer Wahl. Das Ausmaß der Wahlüberraschung bestimmt den Umfang der Schwankungen der makroökonomischen Variablen. Darüber hinaus sind für die Gestalt des variablen ideologischen Konjunkturzyklus die Präferenzen der Vorgängerregierung von entscheidender Bedeutung. Am Beispiel einer in t = 0 amtierenden Rechtspartei soll dies kurz erläutert werden. Wie in Gleichung (4.2) gezeigt berücksichtigen die Wirtschaftssubjekte bei ihrer Inflationserwartungsbildung die Möglichkeit, dass im Fall vorzeitiger Neuwahlen die Linkspartei gewinnt. Aufgrund der im Vergleich zur Rechtspartei geringeren Gewichtung des Inflationsziels in der Verlustfunktion der Linkspartei erhöhen sich die Inflationserwartungen. Gewinnt die Rechtspartei die Wahl oder es finden keine Neuwahlen statt, so kommt es zu einer deflationären Überraschung, welche die Arbeitslosigkeit erhöht. Geht die Linkspartei als Sieger aus der vorgezogenen Wahl hervor, ist die erwartete Inflationsrate niedriger als die sich einstellende optimale Inflationsrate der Linkspartei. Die Arbeitslosigkeit sinkt über den Phillipskurvenzusammenhang unter ihr natürliches Niveau. Daraus folgt, dass das Ausmaß der politischen Zyklen in der Arbeitslosenquote maßgeblich von der Höhe der Wahlwahrscheinlichkeit und dem Grad an Wahlüberraschung bestimmt wird.9 Je größer die Wahlwahrscheinlichkeit h in der Subperiode t = 1, desto höher gewichten die Wirtschaftssubjekte die Möglichkeit eines Wahlsieges der Linkspartei. Unter einer amtierenden Rechtspartei werden demzufolge ceteris paribus die Inflationserwartungen umso höher ausfallen, je höher die Wahrscheinlichkeit für vorgezogene Wahlen ist. Kommt es trotz vergleichsweise hoher Wahlwahrscheinlichkeit zu keiner Wahl oder es gewinnt die Rechtspartei die Neuwahl, dann ist der durch die Wirtschaftssubjekte begangene Erwartungsfehler groß und die Arbeitslosigkeit steigt stark an. Ist andererseits die Linkspartei bei den Wahlen siegreich, 9
An dieser Stelle wird auf die explizite Einbindung der ideologischen Distanz der Parteien und der Wahlsiegwahrscheinlichkeiten in die Argumentation verzichtet.
102
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
so ist aufgrund des höheren Gewichtes der Linkspartei in der Erwartungsbildung die Inflationsüberraschung vergleichsweise gering und die Arbeitslosenquote sinkt nur wenig. Ist umgekehrt die Wahrscheinlichkeit für das Stattfinden einer Wahl in der regulären Nichtwahlperiode gering, dann ist auch das Gewicht der Linkspartei in der Erwartungsbildung gering. Die Wähler erwarten dann das Fortbestehen der Rechtsregierung und folglich deren optimalen Inflationsrate. Finden keine Wahlen statt oder die Rechtspartei gewinnt den Wahlgang, dann ist der begangene Erwartungsfehler vergleichsweise klein, die Reaktion der Arbeitslosenquote bleibt gering. Gewinnt bei niedriger Wahlwahrscheinlichkeit die Linkspartei, erweisen sich die Inflationserwartungen als zu niedrig und die Arbeitslosigkeit sinkt stark. Analoges (mit umgekehrten Vorzeichen) gilt bei vorher amtierender Linkspartei. Zusammenfassend kann festgehalten werden: (i) Ist die Wahlwahrscheinlichkeit (h) groß, dann ist die Reaktion der Arbeitslosenquote bei einer Wiederwahl groß und bei einem Regierungswechsel gering. (ii) Ist die Wahlwahrscheinlichkeit (h) klein, dann ist die Reaktion der Arbeitslosenquote bei einem Wechsel der monetären Autorität groß und bei Fortbestand der vorherigen Regierung gering. Die empirisch testbaren Hypothesen welche sich aus der Verbindung von Wahlausgangsunsicherheit und Wahlzeitpunktunsicherheit ergeben, sind im folgenden Abschnitt kurz beschrieben. 4.2.2 Testbare Hypothesen der VRPT Aus der modelltheoretischen Herleitung der variablen rationalen Partisantheorie lassen sich eine Reihe empirisch testbarer Hypothesen aufstellen. Hypothese H1: Die Inflationsrate unter einer Linksregierung ist permanent höher als unter einer Rechtsregierung. Hypothese H2: Bei Wiederwahl der Rechtspartei steigt die Arbeitslosigkeit. Die Reaktion in der Arbeitslosenquote ist groß, wenn die Wahlwahrscheinlichkeit (h) groß und die Wahlsiegwahrscheinlichkeit (p) klein ist. Hypothese H3: Bei Abwahl der Rechtspartei sinkt die Arbeitslosigkeit. Die Reaktion in der Arbeitslosenquote ist groß, wenn die Wahlwahrscheinlichkeit (h) klein und die Wahlsiegwahrscheinlichkeit (p) groß ist. Hypothese H4: Bei Wiederwahl der Linkspartei sinkt die Arbeitslosigkeit. Die Reaktion in der Arbeitslosenquote ist groß, wenn die Wahlwahrscheinlichkeit (h) groß und die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Linkspartei (1 − p) klein ist. Hypothese H5: Bei Abwahl der Linkspartei steigt die Arbeitslosigkeit. Die Reaktion in der Arbeitslosenquote ist groß, wenn die Wahlwahrscheinlichkeit (h) klein und die Wahlsiegwahrscheinlichkeit (1 − p) groß ist. Der Einfluss der Inflationsüberraschungen auf das Ausmaß der politischen Schwankungen ist in Tabelle 4.3 zusammengefasst. Die Hypothesen H2 bis H5 werden im Fortgang der Arbeit einer empirischen Überprüfung unterzogen. Für die Überprüfung der Hypothese H1 sei im Wesentlichen auf die Resultate des Kapitels 3 dieser Arbeit verwiesen.
4.3 Vorhandene empirische Ergebnisse
103
Tabelle 4.3: Inflationsüberraschung in der VRPT
Rechtspartei
Rechtspartei gewinnt Wahl πtR,R − (1 − h) · πtR,R + h · (p · πtR,R + (1 − p) · πtR,L )
vorher im Amt Linkspartei vorher im Amt Rechtspartei vorher im Amt Linkspartei vorher im Amt
πtL,R
= −h · (1 − p) · (πtR,L − πtR,R ) < 0
− (1 − h) · πtL,L + h · (p · πtL,R + (1 − p) · πtL,L ) = −(1 − h · p) · (πtL,L − πtL,R ) < 0
Linkspartei gewinnt Wahl πtR,L − (1 − h) · πtR,R + h · (p · πtR,R + (1 − p) · πtR,L ) = (1 − h · (1 − p)) · (πtR,L − πtR,R ) > 0 πtL,L − (1 − h) · πtL,L + h · (p · πtL,R + (1 − p) · πtL,L ) = h · p · (πtL,L − πtL,R ) > 0
4.3 Vorhandene empirische Ergebnisse Wie schon in den Kapiteln 2.3.3 und 3.3 der Arbeit diskutiert, sind die bisherigen empirischen Befunde bei der Überprüfung rationaler ideologischer Konjunkturzyklen zum Teil widersprüchlich. An dieser Stelle wird nur ein kurzer Überblick über die mit der vorliegenden Studie am engsten verwandten empirischen Arbeiten und deren Schwachstellen gegeben. Dabei wird gezeigt, dass die neuerliche empirische Untersuchung der rationalen Partisantheorie als zentraler wissenschaftlicher Beitrag dieses Kapitels notwendig ist. Der Hauptkritikpunkt an den bisherigen empirischen Arbeiten zur rationalen Partisantheorie war die meist ungenügende Berücksichtigung der eigentlichen theoretischen Innovation – der Wahlunsicherheit – in den Schätzansätzen. Gleiches gilt umso mehr für die empirischen Analysen der variablen rationalen Partisantheorie (VRPT). Wie in der theoretischen Herleitung gezeigt, ist das treibende Element für das Verlaufsmuster der Arbeitslosenquote die vor politischen Wahlen herrschende Unsicherheit über den Wahltermin, den Wahlausgang sowie die sich daraus ergebende Wahlüberraschung. Die bisherige Kritik an der unzureichenden Modellierung der Wahlausgangsunsicherheit bleibt natürlich bestehen. Hinzu kommt die Kritik der vollständigen Vernachlässigung der Wahlzeitpunktunsicherheit. Im Prinzip müssen alle Studien, welche die rationale Partisantheorie in der Tradition von Alesina (1987) für Länder mit variablen Wahlterminen überprüfen, als fehlspezifiziert bezeichnet werden. Der Großteil der bisherigen Untersuchungen greift im Punkt der Wahlzeitpunktunsicherheit zu kurz, und die Ergebnisse müssen daher mit Vorsicht interpretiert werden. Die einzige bekannte Studie zur variablen rationalen Partisantheorie mit expliziter Berücksichtigung beider Arten von Wahlunsicherheit stammt von Heckelman (2002). Er überprüft die Implikationen der VRPT in drei isolierten Zeitreihenanalysen für Deutschland, Großbritannien und Kanada. Heckelman testet sein eigenes theoretisches Modell mit Hilfe von Quartalsdaten für Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum. Den Grad der herrschenden Wahlausgangsüberraschung modelliert er über die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Linkspartei, welche aus dem
104
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
Stimmenanteil der Linkspartei in den Wahlumfragen im Verhältnis zur Summe der Stimmenanteile der beiden großen Parteien modelliert ist. Die Wahlzeitpunktunsicherheit reflektiert eine einfache Zählvariable für die im Wahlzeitpunkt gemessene ”Restlaufzeit” der Legislaturperiode in Relation zur maximal gesetzlich erlaubten Amtsperiode. Im Ergebnis findet Heckelman bestätigende Evidenz für die Existenz variabler rationaler Konjunkturzyklen in den Arbeitslosenquoten von Deutschland. Die Schätzungen für die beiden anderen Länder führen zu nicht-signifikanten Ergebnissen. Bei Verwendung von Outputdaten kann er in keinem der Länder signifikante Partisaneffekte nachweisen. Möglicherweise ist die nur schwache empirische Evidenz jedoch auf den geringen Beobachtungsumfang zurückzuführen. Zwar gibt Heckelman in seiner Arbeit den tatsächlichen Beobachtungsumfang nicht explizit an, doch aus der Verwendung von Quartalsdaten über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren und der Tatsache, dass Umfragedaten nicht in kontinuierlicher Form vorliegen, kann auf die Anwendung von relativ wenigen Datenpunkten geschlossen werden. Für Deutschland z. B. bedeutet dies, dass nicht mehr als vier Wahltermine (1:1977 – 2:1994) berücksichtigt werden können.10 Ein weiterer Kritikpunkt ist die Vernachlässigung jeglicher internationaler Einflüsse. Somit ist nicht auszuschließen, dass die Schätzergebnisse von einem so genannten ”omitted variable bias”, d. h. eine Verzerrung der Schätzung durch nichtberücksichtigte aber notwendiger Variablen betroffen sind [vgl. z. B. Green (2003)]. Eine letzte Kritik gilt der Vernachlässigung der Überprüfung der Verlaufsmuster der Inflationsraten in den Ländern. Die Grundlage des Modells von Heckelman ist eine erwartungsmodifizierte Phillipskurve, bei der reale Effekte nur aufgrund nicht antizipierter Inflation auftreten können. Für die vollständige Überprüfung der VRPT ist die Berücksichtigung des geldpolitischen Transmissionskanal unabdingbar. Nichtsdestotrotz ist dies die einzige Studie, die beide Formen der Wahlunsicherheit geeignet modelliert und in einem Schätzansatz berücksichtigt und damit einen Meilenstein in der Erforschung politischer Konjunkturzyklen setzt. Die vorliegende Studie erweitert die empirische Literatur der variablen rationalen ideologischen Konjunkturtheorie durch die Kombination des Schätzansatzes von Alesina und Roubini (1992), der Anwendung eines Paneldatensatzes und der expliziten Modellierung beider Formen der Wahlunsicherheit in Analogie zu Heckelman (2002). Mit Hilfe von Umfragedaten über die Wahlabsichten der Bevölkerung und der Analyse der institutionellen Wahlumstände wird eine geeignete Proxyvariable modelliert, welche sowohl den Grad der herrschenden Wahlausgangsüberraschung als auch die Wahlzeitpunktüberraschung erfasst. Im Unterschied zu der Studie von Heckelman werden Monatsdaten anstelle von Quartalsdaten verwendet. Dies erlaubt eine exaktere Terminierung der Partisaneinflüsse auf Inflation und Arbeitslosigkeit.11 Im folgenden Abschnitt werden die Schätzstrategie, die verwendeten Daten, die Modellierung der Wahlunsicherheit und die Ergebnisse der eigenen empirischen Untersuchung vorgestellt.
10 11
Außerdem gehen mehrere Verzögerte der abhängigen Variable und mehrere Lags der Partisanvariable in die Zeitreihenanalyse ein. Die Anzahl der Freiheitsgrade muss folglich sehr gering sein. Vgl. dazu auch die Diskussion und die Beispiele in Kapitel 3.3 dieser Arbeit.
4.4 Empirischer Test der variablen rationalen Partisantheorie
105
4.4 Empirischer Test der variablen rationalen Partisantheorie 4.4.1 Schätzstrategie Das vorangegangene Kapitel hat gezeigt, dass bisher nur wenige empirische Studien zur variablen rationalen Partisantheorie existieren. Ziel dieses Kapitels ist es – unter Anwendung aktueller ökonometrischer Verfahren und einer breiten Datenbasis – die Literatur zu erweitern und die genannten Schwachstellen der Untersuchung von Heckelman (2002) zu umgehen. Das Design der folgenden empirischen Analyse basiert auf der Idee von Alesina und Roubini (1992), wonach die Daten aus verschiedenen Ländern gepoolt und mit einem Paneldatenansatz geschätzt werden. Der Hauptgrund für dieses Vorgehen ist die relative Seltenheit des politischen Ereignisses Wahlen und des damit verbundenen geringen Beobachtungsumfanges. Für valide Einzelländeranalysen reichen die verfügbaren Daten i. d. R. nicht aus. Die Verwendung eines Paneldatenansatzes erhöht die verfügbaren statistischen Freiheitsgrade der Schätzung erheblich. Des Weiteren ermöglicht der Panelansatz die Kontrolle für die individuelle Heterogenität der Länder. Die Verwendung informativerer Daten mit höherer Variabilität führt darüber hinaus zu effizienteren Schätzergebnissen und erlaubt eine bessere Berücksichtigung der Dynamik in den Daten [vgl. Baltagi (2005) S. 4f.]. In Analogie zum Schätzansatz des Kapitels 3.4.2 werden die Hypothesen H1 bis H5 der variablen rationalen Partisantheorie in zwei separaten Schätzungen für Inflation und Arbeitslosigkeit überprüft. Prinzipiell prognostiziert die VRPT gleichzeitige Effekte in Inflation und Arbeitslosigkeit, weshalb ein simultanes Schätzverfahren die am geeignetste Methode wäre, um die theoretischen Aussagen empirisch zu überprüfen. Allerdings verursacht der Versuch der simultanen Überprüfung beider Verlaufsmuster in einer Schätzgleichung eine Reihe methodischer Probleme. Erstens: Ein simultaner Schätzansatz setzt die gleichzeitige Verfügbarkeit aller Beobachtungen für Arbeitslosigkeit und Inflation voraus. Aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Wahlumfragedaten würde sich bei dieser Vorgehensweise der Beobachtungsumfang stark verringern. Zweitens: Die Schätzung eines strukturierten simultanen Modells für Arbeitslosigkeit und Inflation setzt das Vorliegen kontinuierlicher Zeitreihen voraus. Während die Zeitreihen der Arbeitslosenquoten, der Inflationsraten und der politischen Kodierung der amtierenden Regierung in zeitkontinuierlicher Form vorliegen, sind die zur Modellierung der Wahlausgangsunsicherheit notwendigen Wahlumfragedaten i. d. R. nicht als kontinuierliche Zeitreihe erhältlich (vgl. hierzu auch die Diskussion in Kapitel 3.4.1 der Arbeit). Dieser Umstand erschwert die Schätzung eines simultanen Ansatzes deutlich und würde darüber hinaus den ohnehin schon geringen Beobachtungsumfang weiter verringern.12 Die aus Gründen der Datenverfügbarkeit hier vorgenommene getrennte Überprüfung der Hypothesen der VRPT für Inflation und Arbeitslosigkeit beschränkt zwar die Verallgemeinerungsmöglichkeiten der gefundenen Ergebnisse, doch ist dies zurzeit die bestmögliche Vorgehensweise. Dennoch kann immerhin für die sechs OECD Länder Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden und die Vereinigten Staaten von Amerika die Hypothese der Existenz variabler rationaler Partisanzyklen für Arbeitslosigkeit und Inflation bestätigt werden. Für alle anderen ausschließlich im Inflationssample enthaltenen Länder, muss die Überprüfung allerdings als unvollständig gelten. 12
Zeitkontinuierliche Wahlumfragezeitreihen liegen für die meisten der später im Sample enthaltenen Länder erst seit Anfang der 1990er Jahre vor.
106
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
Der einfachste und direkteste Weg zur Überprüfung der Hypothesen H2 bis H5 ist die Schätzung der folgenden dynamischen Panelschätzgleichung:13 ui,t = α(L)ui,t + β · uG7,t + γ · P Vi,t−x + μi + i,t
(4.17)
wobei ui,t den Vektor der Zeitreihen der Arbeitslosenquoten in Land i zum Zeitpunkt t beschreibt. Da die Arbeitslosenquoten die statistische Eigenschaft der Persistenz aufweisen, gehen verzögerte Werte der zu erklärenden Variabel auf der rechten Seite der Gleichung in die Schätzgleichung ein. Dabei wird mit α(L) das Polynom des Lag-Operators bezeichnet. Die zeitinvarianten Ländereffekte (Fixed-Effects) sind als μi bezeichnet und i,t ist der unerklärte Fehlerterm. Da das Verlaufsmuster der Arbeitslosigkeit in allen Ländern – etwa aufgrund der Handels- und Finanzbeziehungen – nicht frei von Entwicklungen der globalen Wirtschaft ist, muss auch für diese Effekte kontrolliert werden. Diese internationalen, auf alle Länder im Sample gleichermaßen wirkenden Einflüsse werden durch die Aufnahme der Variable uG7,t berücksichtigt. Die G7Arbeitslosenquote errechnet sich aus dem mit dem jährlichen BIP-Anteil der einzelnen Nationen gewichteten Mittelwert der standardisierten Arbeitslosenquoten.14 Die Variable von zentralem Interesse ist die Partisanvariable P Vi,t−x . Die Variable wird entsprechend den theoretischen Vorhersagen der variablen rationalen Partisantheorie kodiert. Wie schon Friedman (1972), Batini und Nelson (2001) und Gerlach und Svensson (2003) zeigen, gibt es signifikante Wirkungsverzögerungen zwischen der Änderung der Geldpolitik und der Auswirkung in monetären und realen Variablen. Aus diesem Grund geht die Partisanvariable mit einer Verzögerung von x Monaten in die Schätzungen ein. Die Definition der Variable P Vi,t−x mit explizierter Modellierung des Grades der Wahlausgangs- und Wahlzeitpunktüberraschung und die verwendeten Daten werden in den folgenden Abschnitten beschrieben. 4.4.2 Daten Zur Überprüfung der Hypothesen der variablen rationalen Partisantheorie werden in Analogie zum vorangegangenen Kapitel Arbeitslosenquoten, Inflationsraten, Wahltermine, Wahlergebnisse, Umfragedaten zu den Wahlabsichten der Wähler und die Einordnung der Parteien in das bereits bekannte Rechts-Linksspektrum benötigt. Darüber hinaus müssen institutionelle Daten zum Wahlrecht, insbesondere die maximal erlaubte Dauer der Legislaturperioden erhoben werden. Der Beobachtungsumfang ergibt sich im Wesentlichen aus der Verfügbarkeit obiger Daten, wobei die Wahlumfragedaten zumeist den Engpass bilden. Die Anforderungen an die verwendeten Daten sind identisch denen des Kapitels 3.4. Demokratische Legitimation der Regierungen, ein Mindestgrad an politischer Stabilität und die zumindest theoretisch vorhandene Möglichkeit der Beeinflussung der Geldpolitik durch die nationalen Regierungen sind Grundvoraussetzungen für alle im Schätzsample enthaltenen Länder. Die Hypothese H1 wird mit Hilfe monatlicher Inflationsraten (auf Monatsbasis) in Samples von sechs bzw. 16 OECD-Staaten überprüft. Im
13 14
Für die Überprüfung der Hypothese H1 sei auf die Ergebnisse des Kapitels 3.4.2 verwiesen. Für weitere Möglichkeiten zur Berücksichtigung internationaler Einflüsse vgl. Kapitel 3.4.2 dieser Arbeit.
4.4 Empirischer Test der variablen rationalen Partisantheorie
107
Ergebnis zeigt sich, dass die Hypothese permanent höherer Inflationsraten unter Linksregierungen nicht abgelehnt werden kann (vgl. Kapitel 3.4.2). Ob das Verlaufsmuster der Arbeitslosigkeit den theoretischen Vorhersagen der VRPT entspricht, wird anhand saisonal bereinigter, standardisierter, monatlicher Arbeitslosenquoten für ein Panel von sechs OECD-Staaten empirisch überprüft. Die im Länderpanel enthaltenen Staaten, der berücksichtigte Beobachtungszeitraum und die Datenquellen sind in Tabelle 4.4 beschrieben. Darüber hinaus umfasst die Tabelle die Quellen der im nächsten Abschnitt zur Modellierung der Wahlausgangsunsicherheit verwendeten Wahlumfragedaten und deren verfügbare Beobachtungszeiträume. Tabelle 4.4: Datenquellen Land
Datenquelle Beobachtungszeitraum Arbeitslosenquoten Australien Australian Bureau of Statistics 08:1966–01:2005 Deutschland Deutsche Bundesbank 01:1961–12:2000 Frankreich INSEE 01:1978–12:2000 Großbritannien Department of Unemployment UK 01:1979–01:2005 Schweden Main Economic Indicators (OECD) 01:1970–01:2005 Vereinigte Staaten Main Economic Indicators (OECD) 01:1950–01:2005 Umfragedaten (nicht kontinuierlich) Australien Roy Morgan Research Center 08:1966–01:2005 Deutschland Institut für Demoskopie Allensbach 01:1961–12:2000 Frankreich TNS SOFRES 01:1978–12:2000 Großbritannien MORI Ltd. 01:1979–01:2005 Schweden Sifo Consulting and Research 01:1970–01:2005 Vereinigte Staaten Gallup Company 01:1950–11:2004
Alle Wahltermine, die Wahlergebnisse und die maximal erlaubte Länge der Legislaturperioden sind der Arbeit von Caramani (2000) und den offiziellen Internetauftritten der einzelnen Länder entnommen. Für die Einordnung der Parteien in das Rechts-Linksspektrum sei auf die Diskussion in den Kapiteln 2.3.1 und 3.4.1 sowie die an diesen Stellen zitierten politologischen Arbeiten verwiesen. Die Art und Verwendung der Daten, alle notwendigen Datentransformationen, die empirische Modellierung der Wahlausgangs- und Wahlzeitpunktüberraschung sowie die Schätzergebnisse werden in den beiden nächsten Abschnitten erläutert. 4.4.3 Modellierung der Wahlüberraschung Für die Überprüfung der Hypothesen H2 bis H5 der VRPT ist es notwendig, sowohl den Grad der Wahlausgangsüberraschung als auch die nach dem Wahltermin herrschende Wahlzeitpunktüberraschung zu modellieren. Wie aus der modelltheoretischen Herleitung der empirischen Hypothesen ersichtlich, ist eine erste Determinante der Wahlüberraschung die Differenz der jeweils optimalen Inflationsraten unter einer Rechtsregierung und einer Linksregierung. Vergrößert sich
108
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
die aus ideologischen Präferenzunterschieden bedingte Differenz in den optimalen Inflationsraten, dann vergrößert sich ceteris paribus auch der Grad der Wahlüberraschung. Aus theoretischer Sicht ist eine kardinale Quantifizierung der tatsächlichen ideologischen Differenz zwischen den Parteien wünschenswert, allerdings ist dies derzeit nicht möglich.15 Aus der Nichtberücksichtigung der ideologischen Distanz, könnte eine Verzerrung der Schätzung resultieren, doch wird zumindest die vorhandene Heterogenität zwischen den Ländern durch die Verwendung der Fixed Effekts in der Panelschätzung wieder aufgefangen. Der Aufgrund möglicher Veränderungen von Zentralbankunabhängigkeit, unterschiedlicher Zusammensetzung von Koalitionsregierungen und der Änderung der ideologischen Präferenzen verbleibende Fehler wird bewusst, in Ermangelung einer Lösungsmöglichkeit, in Kauf genommen. Für alle Schätzungen wird daher vereinfachend angenommen, dass die Differenz der optimalen Inflationsraten zwischen Rechts- und Linksparteien über die Zeit konstant ist.16 Bei Annahme einer auf Eins normierten Differenz der Inflationsraten der Parteien, kann der Grad der Inflationsüberraschung wie in Tabelle 4.5 ausgedrückt werden. Tabelle 4.5: Inflationsüberraschung bei identischen Partisandifferenzen Rechtspartei gewinnt Wahl
Linkspartei gewinnt Wahl
Rechtspartei vorher im Amt
−hi,t · (1 − pi,t )
1 − hi,t · (1 − pi,t )
Linkspartei vorher im Amt
−(1 − hi,t ) · pi,t
hi,t · pi,t
Die auf Eins normierte Differenz der Inflationsraten der Parteien hat keinen Einfluss auf die qualitativen Schätzergebnisse. Die Wahl einer anderen Normierung würde nur die Größe der Schätzkoeffizienten ändern.
Die Tabelle zeigt, dass die zweite Determinante für den Grad der Wahlüberraschung die erwartete Wahrscheinlichkeit hi,t für das Stattfinden einer Wahl ist. Für den Fall der Wiederwahl der amtierenden Regierung steigt ceteris paribus der Grad der Wahlüberraschung mit steigender Wahlwahrscheinlichkeit. Wird mit hoher Wahrscheinlichkeit gewählt und dabei die Regierung im Amt bestätigt, dann sollte der Einfluss auf die Arbeitslosigkeit groß sein. Ist die Wahrscheinlichkeit für einen Wahlgang gering und es wird dennoch gewählt, wobei die regierende Partei im Amt verbleibt, dann war die Wahl für die Wirtschaftssubjekte zwar unerwartet, dennoch ist der Grad der Wahlüberraschung klein und der Effekt auf die Arbeitslosigkeit sollte ebenfalls gering sein. Umgekehrtes gilt für die Abwahl der amtierenden Regierung. Je höher die erwartete Wahlwahrscheinlichkeit desto kleiner die Wahlüberraschung am Wahltag, desto geringer sollte die beobachtbare Bewegung in den Arbeitslosenquoten sein. 15
16
Die in der Literatur zu findenden Ansätze von Budge, Keman und Woldendrop (1993, 1998) und Roubini und Sachs (1989) messen eher die unterschiedliche Durchsetzungsfähigkeit (gemessen anhand von Sitzanteilen in Parlamenten) von Parteien in Regierungen, als die tatsächliche, aus Präferenzunterschieden bedingte ideologische Distanz. Diese vereinfachende Annahme ist dem verwendeten Paneldatenansatz geschuldet. Prinzipiell wäre es denkbar, unterschiedliche Inflationsdifferenzen zwischen den Parteien durch Aufnahme multiplikativer Länderdummies zu berücksichtigen. Allerdings wäre dieser Ansatz mit einer Einzellandschätzung nahezu identisch und aufgrund des dann zu geringen Beobachtungsumfanges nicht anwendbar.
4.4 Empirischer Test der variablen rationalen Partisantheorie
109
Die Wahrscheinlichkeit mit der eine Wahl in Periode t in Land i stattfindet kann nicht unmittelbar beobachtet und muss somit für die Schätzungen approximiert werden. Wie Ellis und Thoma (1991) zeigen resultiert die Wahrscheinlichkeit für das Stattfinden einer Neuwahl aus einer nichtlinearen Funktion in der Zeit. Demnach steigt innerhalb einer Amtsperiode die Wahlwahrscheinlichkeit überproportional in der Dauer der Legislatur. Alesina, Cohen und Roubini (1993) finden empirische Evidenz für einen positiven Zusammenhang zwischen der verstrichenen Zeit seit dem letzen Wahltermin und der Wahrscheinlichkeit für das Stattfinden des nächsten Wahlgangs. Carlsen und Pedersen (1999) bestätigen das Ergebnis und zeigen empirisch, dass die Wahrscheinlichkeit für Neuwahlen in der verstrichenen Amtszeit steigt. Die Modellierung der Wahlwahrscheinlichkeit in der vorliegenden Untersuchung folgt der Idee von Heckelman (2002) und approximiert die Wahlwahrscheinlichkeit (hi,t ) durch das quadrierte Verhältnis aus der Anzahl der Monate seit dem letzen Wahlgang (mi,t ) und der maximal erlaubten Länge der Legislaturperiode in Monaten (Mi ). Bei der Wahrscheinlichkeit hi,t handelt es sich um eine bedingte Wahrscheinlichkeit, welche darauf konditioniert, dass seit der letzten Wahl bis zum Zeitpunkt t nicht gewählt wurde. mi,t 2 . (4.18) hi,t = Mi Somit steigt die erwartete Wahrscheinlichkeit für den nächsten Wahlgang überproportional in der Anzahl der vergangenen Monate der laufenden Amtsperiode. In den Ländern Schweden und den Vereinigten Staaten von Amerika, in denen die Wahltermine exogen fixiert sind, gibt es per definitionem keine Wahlzeitpunktüberraschung. Für die beiden genannten Länder ist die Wahlwahrscheinlichkeit zu jedem Wahltermin auf Eins (hi,t = 1) und sonst Null gesetzt.17 Die dritte Determinante der Wahlüberraschung sind die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten pi,t und 1 − pi,t der Rechts- und Linkspartei. War zu einem Wahltermin die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Linkspartei hoch aber dennoch wurde die Rechtspartei ins Amt gewählt, dann ist am Wahltag der Grad der Wahlausgangsüberraschung hoch. Die Wirtschaftssubjekte haben den Wahlsieger nicht korrekt bei ihrer Inflationserwartungsbildung antizipiert und ceteris paribus sollte der Effekt auf die Arbeitslosigkeit stark sein. Umgekehrt gilt, wenn der im Vorfeld von Wahlen erwartete Wahlsieger tatsächlich die Wahl gewinnt, dann ist das Ausmaß an Inflationsüberraschung gering und der erwartete Einfluss auf die Arbeitslosenquoten gering. Auch die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten sind genau wie schon die Wahlwahrscheinlichkeiten nicht unmittelbar beobachtbar. Wie schon in Kapitel 3.4.1 der Arbeit diskutiert, erscheint die Verwendung von Wahlumfragedaten methodisch am besten zur Approximation der Wahlsiegwahrscheinlichkeiten geeignet. Für die Überprüfung der Hypothesen der VRPT werden die Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der einzelnen Parteien mit dem durchschnittlichen normalisierten Stimmenanteil der jeweiligen Partei in den
17
Aufgrund der Nicht-Verfügbarkeit von Wahlumfragedaten über die gesamte Legislaturperiode werden die Beobachtungen in Nicht-Wahljahren aus der Analyse gestrichen. Alle Schätzungen werden mit einem ”unbalanced panel” durchgeführt.
110
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
Wahlumfragen in den zwölf Vorwahlmonaten approximiert. Die Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Rechtspartei im Land i zum Zeitpunkt t ergibt sich aus der folgenden Formel: pi,t =
R Vi,t
(4.19)
R+VL Vi,t i,t
R den durchschnittlichen Stimmenanteil der Rechtspartei und V L den durchschnittlichen wobei Vi,t i,t Stimmenanteil der Linkspartei in den Wahlumfragen im Wahljahr beschreibt. Analog ergibt sich die Approximation der Wahlsiegwahrscheinlichkeit der Linkspartei als:
1 − pi,t =
L Vi,t R Vi,t
L + Vi,t
.
(4.20)
In die zentrale Partisanvariable P Vi,t−x aus Gleichung (3.22) sollten alle drei Determinanten der Wahlüberraschung Eingang finden. Aufgrund der vereinfachenden Annahme konstanter ideologischer Differenzen zwischen den Parteien werden für die Konstruktion der Partisanvariable nur die Wahlzeitpunktüberraschung und die Wahlausgangsüberraschung berücksichtigt. In Abhängigkeit der politischen Orientierung des Wahlsiegers und der Präferenzen der Vorgängerregierung wird die Variable P Vi,t−x für jedes Land und jeden Wahltermin wie folgt definiert: Tabelle 4.6: Kodierung der Partisanvariable
Rechtspartei vorher im Amt Linkspartei vorher im Amt
Rechtspartei gewinnt Wahl m 2 VL − Mi,t · R i,t L i Vi,t +Vi,t m 2 VR − 1 − Mi,t · R i,t L i
Vi,t +Vi,t
Linkspartei gewinnt Wahl m 2 VL 1 − Mi,t · R i,t L i Vi,t +Vi,t m 2 R Vi,t i,t · R L M i
Vi,t +Vi,t
Die Partisanvariable ist so konstruiert, dass ihr Wertebereich zwischen -1 und +1 liegt. Zum besseren Verständnis der Konstruktion der Variable ist es hilfreich die Extremfälle zu erläutern. Für den Fall, dass die Wahrscheinlichkeit für das Stattfinden einer Wahl hoch ist (h → 1), wird die Wahlüberraschung hauptsächlich durch die herrschende Wahlausgangsunsicherheit determiniert. Ist es umgekehrt sehr unwahrscheinlich, dass es zu einer Neuwahl kommt (h → 0), dann kommt es nur dann zu Wahlüberraschungen, wenn die Wahl stattfindet und die amtierende Regierung das Amt verliert. Wird in diesem Fall eine Linksregierung abgewählt, so erweist sich die durch die Wirtschaftssubjekte erwartete Inflationsrate im Vergleich zu der durch die Linkspartei erzeugten Inflationsrate als zu hoch, und eine Nachwahl-Rezession mit steigender Arbeitslosigkeit sollte beobachtbar sein. Das Gegenteil gilt für die überraschende Abwahl einer Rechtsregierung: Die Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte sind niedriger als die Inflationsrate der Ökonomie, die Arbeitslosigkeit sollte im Nachwahl-Boom sinken.18 Bei Gültigkeit der Hypothesen der VRPT
18
Unter der Annahme, dass die Arbeitslosenquoten zumindest teilweise hysteretische Eigenschaften aufweisen, können auch temporäre Erwartungsfehler zu permanenten Effekten führen [vgl. Belke (1996)].
4.4 Empirischer Test der variablen rationalen Partisantheorie
111
muss der Koeffizient der Variable P Vi,t−x signifikant negativ werden. Die Schätzergebnisse werden im folgenden Abschnitt vorgestellt. 4.4.4 Schätzergebnisse Die als Ausgangspunkt gewählte Schätzgleichung (4.17) führt nur dann zu validen Ergebnissen, wenn die verwendeten Zeitreihen die Eigenschaft der schwachen Stationarität aufweisen. Allerdings zeigen alle Panelstationaritätstests an, dass die Niveaus der Arbeitslosenquoten diese Eigenschaft nicht besitzen. Dies kann zum Auftreten des Problems der Scheinkorrelation führen, wonach signifikante Ergebnisse gefunden werden, obwohl sich die Variablen unabhängig voneinander entwickeln [vgl. Neusser (2006)]. Aus diesem Grund wird eine die Stationarität erzeugende Datentransformation durch Bildung erster Differenzen durchgeführt. Die so transformierten Zeitreihen der Arbeitslosenquoten sind in allen Stationaritätstests auf einem 99% Signifikanzniveau stationär.19 Die im vorangegangenen Abschnitt kurz beschriebenen Zeitreiheneigenschaften der Arbeitslosenquoten machen es notwendig die Basisschätzgleichung anzupassen. Im weiteren Fortgang der Analyse werden die Hypothesen der variablen rationalen Partisantheorie für das Verlaufsmuster der Arbeitslosenquoten mit der folgenden dynamischen Panelregressionsgleichung überprüft: Δui,t = c + α(L)Δui,t + β · ΔuG7,t + γ · P Vi,t−x + i,t
(4.21)
wobei mit Δ die erste Differenz der Variablen gekennzeichnet ist. Die Variable von zentralen Interesse P Vi,t−x wird in Abhängigkeit der vorher amtierenden und der bei den Wahlen siegreichen Partei und der Berücksichtigung der Wahlausgangs- und Wahlzeitpunktüberraschung gemäß Tabelle 4.6 kodiert. Wie schon in Kapitel 4.2 der Arbeit modelltheoretisch gezeigt, nimmt die in den Lohnverhandlungen herrschende Unsicherheit über die zukünftigen Präferenzen der monetären Autorität Einfluss auf das Verlaufsmuster der Arbeitslosenquoten. Es wäre realitätsfern anzunehmen, dass alle Tarifverträge unmittelbar vor oder unmittelbar nach jedem Wahltermin abgeschlossen werden. Für den Fall, dass alle Lohnkontrakte vor dem Wahltermin verhandelt würden, wäre der Partisaneffekt auf die Ökonomie am größten. Im Fall der Indexierung aller Lohnabschlüsse auf den Ausgang der Wahlen20 sollten keine Partisaneffekte beobachtbar sein. Wie die Realität der Tarifverhandlungen zeigt, werden Lohnverträge typischerweise nicht nur für eine kurze Frist und an Terminen unmittelbar nach Wahlen geschlossen, sondern i. d. R. werden diese von den Tarifpartnern für einen bestimmten Zeitraum unabhängig von Wahlen festgelegt. Die Laufzeiten der Tarifverträge variieren im Mittelwert zwischen zwölf und 36 Monaten [vgl. z. B. Rich und Tracy (2004), WSI-Tarifarchiv (2006) oder auch Christofides und Peng 19
20
Für eine umfangreichere Diskussion über Stationarität erzeugender Datentransformationen vgl. Kapitel 3.4.2 der Arbeit. Die Ergebnisse der Panelstationaritätstests der Arbeitslosenquoten der sechs OECD-Länder finden sich in den Tabellen 3 und 4 im Anhang. Die Bindung der Lohnverträge an das Wahlergebnis ist identisch mit einem sofortigen Neuabschluss nach dem Wahltermin.
112
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
(2006)]. Aus dieser institutionellen Gegebenheit der Lohnsetzung folgt, dass sich die gegenwärtige Arbeitslosenquote nicht aus einer einmaligen Inflationsüberraschung von vor x Monaten sondern aus einer Reihe von Inflationsüberraschungen ergibt. Aus diesem Grund wird in den Schätzungen auch die Inflationsüberraschung vor und nach dem Monat t − x berücksichtigt. Dies bedingt die Annahme, dass die Inflationsüberraschung ihre größte Wirkung auf die gegenwärtige Arbeitslosenquote zum Zeitpunkt t − x entfaltet; davor und danach ist der Einfluss geringer. Die Partisanvariable wird nicht als einfacher Interventionsdummy, sondern als ein polynomial-verteiltes Lag (PDL) zweiten Grades modelliert. Die begrenzte Laufzeit der Tarifverträge, in denen sich die Inflationserwartungen realisieren, ist Ursache für den zeitlich begrenzten Einfluss. Aus diesem Grund wird der Lagstruktur des PDL’s eine Kurz- und Langfrist-Restriktion auferlegt. Die Schätzergebnisse für die einfache OLS-Schätzung sind in Tabelle 4.7 dargestellt. Tabelle 4.7: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten Variable Koeffizient Standardfehler t-Wert Δut−1 -0,0921 0,0381 −2, 4129∗∗ Δut−2 0,1269 0,0446 2, 8475∗∗∗ Δut−3 0,2143 0,0454 4, 7192∗∗∗ Δut−4 0,1275 0,0311 3, 8547∗∗∗ Δut−5 0,1571 0,0366 4, 2889∗∗∗ Δut−6 0,0768 0,0341 2, 2499∗∗ G7 Δu 0,2787 0,0846 3, 2952∗∗∗ P Vt−18 -0,0193 0,0076 −2, 5542∗∗ Beobachtungszahl: N=1067. Die Signifikanzlevel sind wie folgt dargestellt: * für ein 90%-Signifikanzniveau, ** für 95% und *** für mehr als 99%.
Zur Beseitigung der Autokorrelation der Fehlerterme – und damit für den Erhalt unverzerrter Schätzergebnisse – müssen sechs Verzögerungen der ersten Differenz der Arbeitslosenquoten berücksichtigt werden. Die erste Differenz der Arbeitslosenquote der G7-Staaten hat einen signifikant positiven Einfluss auf die nationalen Arbeitslosenquoten: Steigt die durchschnittliche Arbeitslosigkeit der G7-Staaten, dann steigen auch die nationalen Arbeitslosenquoten. Von zentralem Interesse sind Vorzeichen und Signifikanz der Partinsanvariable P Vt−x , wobei für bestätigende Evidenz der Koeffizient ein signifikant negatives Vorzeichen haben muss. In der Tat zeigen die Schätzergebnisse der Tabelle 4.7 einen signifikant negativen Koeffizienten. Das Polynomial geht in diesem Fall mit einer Wirkungsverzögerung von x = 18 Monate und einer Polynomlänge von 10 Lags in die Regression ein. Dabei wurde die optimale Länge des Polynoms über das Akaike-Informations-Kriterium und über das Schwarz-Kriterium bestimmt.21 Allerdings sind die Ergebnisse auch für überschaubare Variationen der Wirkungsverzögerung x sehr stabil. Ein methodischer Einwand gegen die Verwendung der G7-Arbeitslosenquote ist, dass bei Staaten mit einem hohen Gewicht in dieser Variable zwangsläufig eine Korrelation zwischen der nationalen und der internationalen Arbeitslosigkeit besteht. Die notwendige Exogenität der erklä21
Beide Kriterien haben eine optimale Laglänge von 10 angezeigt.
4.5 Zusammenfassung und Ausblick
113
renden Variablen ist damit nicht gegeben. Aus diesem Grund ist das Ergebnis unter Verwendung internationaler Dummy-Variablen, anstelle der G7-Variable, auf Robustheit überprüft worden.22 Alle Robustheitstests führen zu qualitativ unveränderten Ergebnissen. Zusammenfassend können die Ergebnisse als positive Evidenz für die Hypothesen der variablen rationalen Partisantheorie interpretiert werden. Die gemeinsame Berücksichtigung von Wahlausgangsunsicherheit und Wahlzeitpunktunsicherheit ermöglicht, im Gegensatz zu vielen Vorgängerstudien, die Öffnung der VRPT für Länder mit variablen Wahlterminen. Die Ergebnisse für ideologische Unterschiede in den Inflationsraten (siehe Kapitel 3), bestätigen auch den von Heckelman (2001a) angenommen monetären Transmissionskanal.
4.5 Zusammenfassung und Ausblick Ziel des Kapitels war es, die Hypothesen der variablen rationalen Partisantheorie unter expliziter Berücksichtigung der zentralen theoretischen Innovationen – der Wahlausgangs- und Wahlzeitpunktüberraschung – zu überprüfen. Dazu wurde zum einen mit Hilfe von Wahlumfragedaten der Grad der Wahlausgangsüberraschung modelliert, zum anderen wurde mit institutionellen Daten aus dem Wahlrecht, insbesondere der möglichen ”Restlaufzeit” der Legislaturperiode, die Wahlzeitpunktüberraschung abgebildet. Im Unterschied zu einem Großteil der bisherigen Literatur macht dieses Vorgehen die rationale Partisantheorie auch auf Länder mit variablen, nicht exogen fixierten Wahlterminen anwendbar. Das Ergebnis der eigenen Analyse zeigt, dass für die untersuchten sechs OCED-Staaten die Hypothesen des Heckelman-Modells bestätigt werden können. Auch die vorliegende Studie kann nicht frei von Kritik bleiben. Im Wesentlichen orientiert sich die Kritik an der Diskussion des Kapitels 3.5. Ein erster Kritikpunkt gilt wieder der sehr einfachen Modellierung der ideologischen Distanz zwischen den Parteien. Des Weiteren bleiben auch in diesem Kapitel die Art des Wahlsystems und die Besetzung der zweiten demokratischen Kontrollinstanz unberücksichtigt. Auch bleiben unterschiedliche Regierungsformen (Einzel- vs. Koalitionsregierung) sowie der Grad der Zentralbankunabhängigkeit außerhalb der Betrachtung. Der letzte Punkt soll an dieser Stelle ausführlicher diskutiert werden. Eine der grundlegenden Annahmen der (variablen) rationalen Partisantheorie ist die Beeinflussbarkeit der Geldpolitik durch den amtierenden Politiker. Im Fall einer im Sinne von Rogoff (1985) vollkommen unabhängigen Zentralbank werden theoretisch die ideologischen Unterschiede zwischen den Parteien irrelevant. Einzig die Präferenzen der unabhängigen Zentralbank würde danach die Höhe der Inflationsrate in der Ökonomie bestimmen. Politische Wahlen verursachten in einem solchen institutionellen Rahmen keine Inflationsüberraschungen. Annahmegemäß kennen die Wirtschaftssubjekte die Zielfunktion der monetären Autorität und antizipieren, in Abwesenheit stochastischer Schocks, die zukünftige Inflation korrekt. Aus dieser theoretischen Betrachtung heraus sollten Partisaneffekte vor allem in Ländern mit abhängigen Zentralbanken 22
Die Definitionen der Dummy-Variablen für die Phase des Bretton-Woods-System (BW ), für die beiden Ölpreiskrisen (OEL) und die Übergangsphase zur europäischen Währungsunion (EM U ) sind identisch zu denen aus Kapitel 3 der Arbeit.
114
4. Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt
zu beobachten sein. Daher erscheint es angebracht einen genaueren Blick auf den Grad der Zentralbankunabhängigkeit der Länder im Schätzsample zu nehmen. Cukierman (1994) entwickelte einen Zentralbankunabhängigkeitsindex basierend auf den gesetzlichen Regeln der Geldpolitik der 1980iger Jahre. In seiner Studie, welche die Unabhängigkeit der Zentralbanken von 68 Ländern evaluiert, belegt Deutschland den 2. Rang und die Vereinigten Staaten von Amerika den 6. Rang in der Liste der am unabhängigsten Zentralbanken. Die anderen vier Länder des Schätzsamples finden sich mit Platz 37 (Großbritannien), Platz 39 (Australien), Platz 44 (Frankreich) und Platz 46 (Schweden) im unteren Mittelfeld des Rankings. Im Laufe der 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts haben Frankreich, Großbritannien und Schweden die Unabhängigkeit ihrer Zentralbanken signifikant erhöht [vgl. Kilponen, Mayes und Vilmunen (2000) und Cukierman (2006)]. Diese Entwicklung wird von dem ersten Cukierman-Index nicht erfasst. Obwohl die empirische Untersuchung ausschließlich Länder mit vergleichsweise unabhängigen Zentralbanken umfasst, findet sich empirische Evidenz für die VRPT. Es bleibt zu vermuten, dass sich der politische Einfluss auf die Geldpolitik im Zeitverlauf verringert hat. Mit dem gewählten Testdesign ist die Berücksichtigung der Zentralbankunabhängigkeit nur über einen zeitvarianten Unabhängigkeitsindex oder über die Vergrößerung des Beobachtungsumfangs möglich. Eine breitere Datenbasis, sowohl in der zeitlichen als auch in der Länderdimension, würde es erlauben, die obigen Schätzungen mit unterschiedlichen Länderkombinationen (abhängige vs. unabhängige Zentralbanken) und mit unterschiedlichen Stützzeiträumen (z. B. vor 1990 vs. nach 1990) zu wiederholen. Momentan scheitert die Vergrößerung des Datensatzes an der geringen Verfügbarkeit von Umfragedaten, welche zur Modellierung der Wahlausgangsüberraschung notwendig sind. Auch die Verwendung eines zeitabhängigen Zentralbankunabhängigkeitsindex scheitert an dessen Verfügbarkeit. Das Ergebnis der Untersuchung muss daher so interpretiert werden, dass trotz der umfangreichen Versuche die Zentralbanken unabhängig und frei von politischen Einflüssen zu machen, dies in der betrachteten Zeitperiode nicht erreicht wurde. Festzuhalten bleibt, dass in den betrachteten Ländern ein signifikanter Regierungseinfluss auf die Geldpolitik besteht. Der Grad der Zentralbankunabhängigkeit23 ist nicht demnach nicht hoch genug, um ideologische Elemente aus den makroökonomischen Variablen zu beseitigen. Während die beiden bisher vorgestellten empirischen Untersuchungen ausschließlich ideologische Konjunkturzyklen mit einem monetären Transmissionskanal zum Gegenstand hatten, wird der nächste Teil der Arbeit die Idee opportunistischer Zyklen wieder aufnehmen. Die Ausführungen des Kapitels 2.2.3 haben gezeigt, dass die bisherigen Ergebnisse für opportunistische Konjunkturzyklen widersprüchlich sind. Diese uneinheitlichen Ergebnisse können aus der fehlenden Berücksichtigung der Wiederwahlchance des amtierenden Politikers resultieren. Der folgende Teil der Arbeit erweitert daher die bestehende Literatur opportunistischer Budgetzyklen um den Einfluss der Wiederwahlwahrscheinlichkeit.
23
Entweder ist der Grad der Zentralbankunabhängigkeit nicht hoch genug und die nationalen Regierungen haben Einfluss auf die Geldpolitik, oder es wird ein im Sinne von Rogoff (1985) nicht ausreichend konservativer Zentralbänker eingesetzt. Besitzen die Regierung und die Zentralbank die gleichen Präferenzen, dann spielt Zentralbankunabhängigkeit keine Rolle.
Opportunistische Budgetzyklen Gegenstand des Kapitels ist eine empirische Untersuchung opportunistischer Konjunkturzyklen in fiskalpolitischen Variablen. Während sich die beiden vorangegangenen Kapitel mit ideologischen Konjunkturzyklen auseinandersetzten, welche als Kernelement der theoretischen Betrachtung eine erwartungsmodifizierte Phillipskurve unterstellten, wendet sich das folgende Kapitel einer alternativen Klasse von politischen Konjunkturtheorien – den opportunistischen Konjunkturmodellen – zu. Hierbei rückt das vorher dominierende ideologische Handlungsmotiv der Politiker in den Hintergrund und wird durch ein Wiederwahlmotiv ersetzt. Auch unterstellen die hier vorgestellten opportunistischen Theorien nicht länger einen monetären Transmissionskanal. Ein politischer Konjunkturzyklus entsteht in dieser Klasse von Modellen durch die Ausnutzung einer Informationsasymmetrie zwischen Politikern und Wählern. In der Mehrzahl der Erklärungsansätze sind die amtierenden Politiker mit einer größeren Informationsmenge ausgestattet und nutzen diesen Informationsvorsprung zur gezielten Beeinflussung makroökonomischer Variablen im Vorfeld von Wahlen. In Übereinstimmung mit der theoretischen Literatur analysieren die meisten der vorhandenen empirischen Arbeiten zu opportunistischen Konjunkturzyklen einen nicht auf die Popularität der Regierung konditionierten Vor- oder Nachwahleinfluss auf fiskalpolitische Variablen. Dabei wird implizit angenommen, dass jede Regierung zu jedem Wahltermin einen maximalen Einfluss auf fiskalische Variablen ausübt, um deren Wiederwahlchance zu erhöhen. Die Autoren nehmen vereinfachend an, dass alle Regierungen ohne Beeinflussung fiskalischer Variablen die Wahl verlieren würden. Wie aber anekdotische Evidenz zeigt, verkürzt dieses Vorgehen die empirische Analyse in unzulässiger Weise. Einige Regierungen besitzen eine so hohe Popularität, dass sie auch ohne die Beeinflussung fiskalischer Variablen das Wiederwahlziel erreichen. Aus diesem Grund konditioniert die eigene empirische Untersuchung, welche der wissenschaftliche Kern des Kapitels ist, die Analyse politischer Budgetzyklen auf die Popularität der amtierenden Politiker. Im Ergebnis der Untersuchung kann in einem Panel von 9 OECD-Staaten die Vorwahlbeeinflussung fiskalischer Variablen durch die amtierenden Regierungen in Abhängigkeit ihrer Wiederwahlchancen nachgewiesen werden. Abschließend werden die gefundenen Resultate kritisch diskutiert und ein kurzer Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf gegeben.
5.1 Einleitung Wie schon das Kapitel 2.2 der Arbeit gezeigt hat, ist die vorhandene theoretische und empirische Literatur zu opportunistischen Konjunkturzyklen sehr umfangreich. Die erste vollständige politische Konjunkturtheorie wurde von Nordhaus (1975) präsentiert und führte in der Folge zu einer Reihe weiterer Arbeiten. Während die frühen opportunistischen Modelle noch die Annahme der adaptiven Erwartungsbildung beinhalten, unterstellen aktuellere Erklärungsansätze rational handelnde Individuen (vgl. Kapitel 2.2 der Arbeit). Eine Gemeinsamkeit aller opportunistischen Ansätze ist das wiederwahlorientierte Handeln der amtierenden Politiker. Die Literatur zeigt, dass gute ökonomische Bedingungen die Wiederwahlchance der amtierenden Politiker erhöhen. Fair (1978) z. B. zeigt in einer Untersuchung für die Vereinigten Staaten von Amerika, dass das Wirtschaftswachstum im Vorjahr einer Präsidentschaftswahl einen signifikanten Einfluss auf die
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5. Opportunistische Budgetzyklen
erreichte Stimmenzahl der Präsidentschaftskandidaten hat. Hohe Wachstumsraten führen zu einem hohen Stimmenanteil für den zur Wiederwahl stehenden Präsidenten.1 Madsen (1980) findet ähnliche Ergebnisse für Dänemark, Norwegen und Schweden. Lewis-Beck (1988) bestätigt das Ergebnis von Fair für Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien. Das Ergebnis, dass Wähler in ihrer Wahlentscheidung positiv auf Wirtschaftswachstum und niedrige Arbeitslosigkeit aber negativ auf hohe Inflation reagieren, ist sehr stabil, sowohl in der Zeitdimension als auch über verschiedene Länder hinweg. Wie die umfangreichen Literaturüberblicke von Nannenstad und Paldam (1994) und Lewis-Beck und Stegmaier (2000) zeigen, reagieren die Wähler in ihrer Wahlentscheidung auf ökonomische Bedingungen und geben somit den Politikern einen Anreiz, zur Erhöhung der Wiederwahlchance Einfluss auf makroökonomische Variablen zu nehmen. Auch wenn der Anreiz zur Manipulation der wirtschaftlichen Aktivität besteht, so zeigen doch die Ergebnisse der Tabelle 2.1 im Kapitel 2.2.3, dass i. d. R. die an Wahlterminen orientierte Beeinflussung von Wirtschaftswachstum, Arbeitslosenquoten und Inflationsraten nicht erfolgreich ist. Die Mehrzahl der Untersuchungen kann keine signifikanten Wahlzyklen nachweisen. Deutlich stärkere Resultate für opportunistische Konjunkturzyklen zeigen die Studien, welche geldpolitische oder fiskalpolitische Variablen berücksichtigen. Für die Variablen Geldbasis, Geldmenge und Zinssätze auf der einen Seite und Staatseinnahmen, Staatsausgaben und Staatsverschuldung auf der anderen Seite, findet die Literatur häufig Zyklen im Zusammenhang mit Wahlen (vgl. Tabelle 2.2 und 2.3). Dies mag an der direkteren und genaueren Beeinflussbarkeit der genannten Variablen durch die amtierenden Politiker liegen. Während aufgrund von Wirkungsverzögerungen und Steuerungsfehlern die Schaffung und Terminierung von positiven wirtschaftlichen Bedingungen zum Wahltag schwierig ist, ist die Beeinflussung geldpolitischer oder fiskalpolitischer Instrumente vergleichsweise einfach darzustellen. Dem gegenüber stehen könnte, dass die Wähler in ihrer Wahlentscheidung diese Variablen und Politikinstrumente nicht berücksichtigen oder den erkannten Manipulationsversuch durch Stimmenverluste oder Abwahl bestrafen [vgl. Brender (2003)]. Die theoretischen Überlegungen im nächsten Abschnitt werden zeigen, dass die meisten ökonomischen Erklärungsansätze opportunistischer Konjunkturzyklen eine Informationsasymmetrie zwischen amtierenden Politiker und Wähler annehmen. Dabei besitzen Politiker temporär eine größere Informationsmenge als die Wirtschaftssubjekte, so dass die Wahlentscheidung letztlich eine Entscheidung unter Unsicherheit ist. Alle Politiker werden ihren Informationsvorsprung nutzen und genau die ökonomischen Variablen manipulieren, welche ihre Popularität erhöhen, ohne dass die Manipulation für den Wähler unmittelbar beobachtbar ist. Eine weitere Gemeinsamkeit der theoretischen Erklärungsansätze ist, dass die Politiker zu jedem Wahltermin die wirtschaftliche Aktivität und die Politikinstrumente beeinflussen. Dabei wird implizit davon ausgegangen, dass die Wiederwahl immer unsicher ist und jeder Politiker ohne Wahlmanipulation sein Amt
1
Fair (1978) zeigt, dass eine Steigerung der Wachstumsrate der Ökonomie um ein Prozent zu einem Prozent höheren Stimmenanteil des amtierenden Präsidenten führt. Wiederholungen der ersten Untersuchung für weitere Präsidentschaftswahlen führen zu vergleichbaren Resultaten [vgl. Fair (1982, 1988)].
5.1 Einleitung
117
verliert. Schultz (1995, S. 80f.) bemerkt dazu: ”(...) the primary failing of most existing models is that they implicitly assume that governments face similar incentives to manipulate the economy at each election. Investigators employing these approaches thus expect to find policy cycles which are both uniform and systematic. In fact, however, the incentives for governments to engineer economic cycles can vary greatly from one election to the next depending on their political need at time.” Genau diese Kritik an den bisherigen theoretischen und empirischen Arbeiten wird in der folgenden empirischen Untersuchung aufgegriffen. Die ”politische Notwendigkeit” zur Manipulation makroökonomischer Variablen kann sich im Zeitverlauf unterscheiden. Im Vorfeld einer Wahl kann die Popularität einer Regierung so hoch sein, dass das Risiko des Amtsverlustes gering ist. Im umgekehrten Fall kann die Zustimmung durch die Wahlbevölkerung so gering sein, dass trotz opportunistischer Beeinflussung eine Wiederwahl ausgeschlossen ist. Die Tatsache, dass amtierende Politiker zu unterschiedlichen Zeitpunkten einem unterschiedlich hohen Abwahlrisiko unterliegen, wird in Tabelle 5.1 verdeutlicht. Die Tabelle zeigt die Wiederwahlwahrscheinlichkeiten der amtierenden Parteien für Deutschland, Schweden und Frankreich, welche aus den Resultaten der Wahlumfragen der 7-12 Vorwahlmonaten berechnet wurden.2 Tabelle 5.1: Wiederwahlwahrscheinlichkeiten Deutschland Wahljahr W-Wahr. 1965 0,586 1969 0,527 1972 0,724 1976 0,598 1980 0,655 1983 0,391 1987 0,617 1990 0,617 1994 0,539 1998 0,472 2002 0,553 2005 0,535
Schweden Frankreich Wahljahr W-Wahr. Wahljahr W-Wahr. 1968 0,582 1981 0.331 1970 0,712 1986 0,752 1973 0,555 1988 0,503 1976 0,593 1993 0,659 1979 0,585 1997 0,263 1982 0,519 2002 0,742 1985 0,575 1988 0,671 1991 0,492 1994 0,388 1998 0,653 2002 0,782 2006 0,564 Anmerkung: Die Abkürzung ”W-Wahr.” steht für den Begriff ”Wiederwahlwahrscheinlichkeit” der amtierenden Partei. Für Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit im Wahljahr 1983 für die bis Oktober 1982 amtierende SPD berechnet.
Wie die Tabelle zeigt, ist das Abwahlrisiko für verschiedene Regierungen sehr unterschiedlich hoch. So sah sich z. B. die Regierung von Bundeskanzler Willy Brandt im Wahljahr 1972 mit nur einem sehr geringen Abwahlrisiko konfrontiert. Die Wiederwahlchance der SPD geführten
2
Für eine detailliertere Beschreibung der Berechnungsmethode der Wiederwahlwahrscheinlichkeiten vgl. Kapitel 5.4.1 der Arbeit.
118
5. Opportunistische Budgetzyklen
Regierung betrug 72,4%. Im Vergleich dazu war die Chance auf eine weitere Amtszeit der Regierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt gering. Der im Jahr 1982 erreichte Stimmenanteil in Wahlumfragen ergab nur eine Wiederwahlchance von 39,1%. Andere Wahljahre zeichnen sich durch deutlich engere Wahlkämpfe aus. In anderen Staaten ergeben sich zum Teil noch extremere Ergebnisse. Im Jahr 1997 war es nahezu ausgeschlossen, dass die Partei des französischen Premierministers Alain Juppé den Wahlsieg erreichen kann. Die Wiederwahlchance betrug nur 26,3%. Dahingegen schien der linke französische Premier Laurent Fabius einer sehr sicheren Wiederwahl entgegen zu sehen. Die Wahlumfragen in den Vorwahlmonaten ergaben eine Wiederwahlwahrscheinlichkeit von über 75%.3 Ähnliche Beispiele finden sich für alle der in der Untersuchung berücksichtigten Länder. Bevor in der empirischen Analyse der Tatsache unterschiedlicher Handlungsnotwendigkeiten aufgrund unterschiedlicher Abwahlrisiken Rechnung getragen wird, wird im folgenden Abschnitt die vorhandene theoretische Literatur zu opportunistischen Budgetzyklen überblicksartig vorgestellt.
5.2 Theoretische Überlegungen Die theoretischen Erklärungsansätze opportunistischer Budgetzyklen können prinzipiell in drei Generationen von Modellen eingeteilt werden [Mink und de Haan (2006)]. Die erste Generation von Modellen basiert noch auf adaptiver Erwartungsbildung, während die zweite und dritte Generation von einer rationalen Erwartungsbildung ausgehen. Die Gemeinsamkeit der Modelle ist das Wiederwahlmotiv der amtierenden Politiker. Wie schon im Kapitel 2.2.1 der Arbeit gezeigt, nutzt die erste Generation von Modellen die adaptive (oder statische) Erwartungsbildung der Wähler aus und ermöglicht dem amtierenden Politiker die Schaffung günstiger Wiederwahlbedingungen. In einer recht weiten Interpretation4 des Nordhaus-Modells bedeutet dies, dass die Regierung unmittelbar vor Wahlen, unabhängig von ideologischen Präferenzen, eine expansive Fiskalpolitik implementiert und somit das Wirtschaftswachstum erhöht und die Arbeitslosigkeit senkt. In der Nachwahlperiode – in der erneuten Anlaufsphase – verfolgt die Regierung eine kontraktive Fiskalpolitik und verlangsamt das Wirtschaftswachstum bei erhöhten Arbeitslosenquoten. Aufgrund der adaptiven, auf die Vergangenheit bezogenen Erwartungsbildung erkennen die Wirtschaftssubjekte die zukünftigen Nutzenverluste nicht und lassen sich am Wahltag durch die günstigen ökonomischen Gegebenheiten täuschen. In der Folge sollte ein systematischer Wahlzyklus in fiskalpolitischen Instrumenten zu beobachten sein. Die zweite Generation von Modellen sind die so genannten Signalling-Modelle, welche zwar rationale Erwartungsbildung aber gleichzeitig eine Informationsasymmetrie zwischen Politiker und Wähler annehmen. Während die erste rationale opportunistische Konjunkturtheorie von Cukierman und Meltzer (1986) und das in Kapitel 2.2.2 ausführlicher vorgestellte Modell von Persson 3 4
Trotz dieses komfortablen Popularitätsvorsprungs verlor die linke Regierung die Mehrheit und wurde durch eine rechte Regierung unter der Führung von Jacques Chirac ersetzt. Genau genommen modelliert Nordhaus (1975) einen monetären Transmissionskanal über eine erwartungsmodifizierte Phillipskurve. Allerdings wird sein Modell häufig auch in einen Zusammenhang mit Fiskalpolitik gebracht.
5.2 Theoretische Überlegungen
119
und Tabellini (1990) die systematischen Wahlschwankungen makroökonomischer Variablen anhand der Beeinflussung geldpolitischer Instrumente erklären, erweitern Rogoff und Sibert (1988) und Rogoff (1990) die Erklärungsansätze auf fiskalpolitische Variablen. Rogoff und Sibert (1988) nehmen an, dass der Staat ein exogenes Niveau öffentlicher Güter bereitstellt. Zur Finanzierung des öffentlichen Gutes stehen zwei Steuerarten zur Verfügung, eine unverzerrende Pauschalsteuer (direkt beobachtbar) und eine verzerrende Seignorage-Steuer (nach der Wahl beobachtbar). Wie im Modell von Persson und Tabellini (1990) gibt es unterschiedlich kompetente Regierungen. Eine kompetente Regierung kann jedes beliebige Niveau an öffentlichen Gütern mit weniger Ressourcenaufwand bereitstellen als eine inkompetente Regierung. Die Wähler bevorzugen kompetente Regierungen, können die Kompetenz einer Regierung aber erst nach dem Wahltermin beobachten. Die Wähler treffen ihre Wahlentscheidung durch die Beobachtung der Größe des bereitgestellten öffentlichen Gutes. Vor dem Wahltermin wird eine kompetente Regierung den Umfang des öffentlichen Gutes über die Finanzierung mit der Seignorage-Steuer erhöhen und somit ihren Kompetenztyp offenbaren. Sie kann dies tun, da die Kosten des Signalisierens immer geringer sind als für eine vergleichbare inkompetente Regierung. Im Ergebnis führt dies zu einer expansiven Fiskalpolitik, wann immer eine kompetente Regierung im Amt ist [vgl. Mink und de Haan (2006)]. Rogoff (1990) führt den obigen Ansatz noch näher an die fiskalischen Aspekte der Staatstätigkeit. In seinem Modell benötigt die Bereitstellung eines öffentlichen Gutes sowohl Steuereinnahmen als auch administrative Kompetenz. Das öffentliche Gut setzt sich dabei aus einem Konsumgut und einem Investitionsgut zusammen. Der Umfang des öffentlichen Konsumgutes gt ist sofort beobachtbar, der Umfang des öffentlichen Investitionsgut kt+1 ist für die Wähler mit einer Zeitverzögerung beobachtbar. Die Produktionsfunktion (oder die Budgetbedingung) der Regierung kann wie folgt beschrieben werden [vgl. Rogoff (1990), S. 23]: gt + kt+1 = taxt + ηt
(5.1)
wobei (gt + kt+1 ) der Umfang des bereitgestellten öffentlichen Gutes ist, taxt beschreibt das zur Finanzierung des Gutes benötigte Steueraufkommen und ηt ist der stochastische Kompetenzterm der Regierung. Über den bereitgestellten Umfang des zum Zeitpunkt t + 1 wirksam werdenden Investitionsgutes muss in Periode t entschieden werden. Aufgrund der Informationsasymmetrie über die Realisierung des stochastischen Kompetenzschocks und der verzögerten Beobachtbarkeit des öffentlichen Investitionsgutes entsteht für den amtierenden Politiker der Anreiz, hohe Kompetenz durch einen hohen Umfang an gt , bei gegebenen Steueraufkommen taxt durch Reduktion von kt+1 zu signalisieren. Gegeben eines konstanten Amtsnutzens ist es für jeden kompetenten Politiker möglich, den Umfang des öffentlichen Konsumgutes stärker zu erhöhen als es einer inkompetenten Regierung möglich wäre.5 Im Ergebnis des Modells zeigt sich, dass kompetente Re-
5
Die Idee dabei ist mit der des Persson-Tabellini-Modells vergleichbar. Abgesehen vom Amtsnutzen haben die Politiker eine zum Wähler identische Nutzenfunktion. Die Verzerrung des Konsums in Periode t zwischen Konsumgut (gt ) und Investitionsgut (kt+1 ) führt in der Periode t+1 zu Nutzenverlusten. Ist die Kompetenz hoch ist ein identisches Niveau der Konsumguts mit geringeren Kosten zu erreichen, als es bei niedriger Kompetenz möglich ist.
120
5. Opportunistische Budgetzyklen
gierungen die unmittelbar ”sichtbaren” Staatsausgaben zu Ungunsten der verzögert ”sichtbaren” Investitionsausgaben erhöhen. Die dritte Generation von Erklärungsansätzen politischer Budgetzyklen verändert die Annahme über die Informationsasymmetrie zwischen Wähler und Politiker hinsichtlich der Realisierung des Kompetenzschocks. In diesen Moral Hazard Modellen kann weder der Politiker noch der Wähler die Fähigkeiten der Regierung direkt beobachten [vgl. Shi und Svensson (2006), S. 1376]. Wie schon in den Modellen der zweiten Generation bilden die Wähler rationale Erwartungen und möchten in Wahlen einen kompetenten Politiker selektieren. Die Informationsasymmetrie wird im Modell von Shi und Svensson (2006) mit Hilfe versteckten Aufwands (hidden effort) seitens des amtierenden Politikers modelliert. Der versteckte Aufwand – z. B. in Form von zusätzlicher Verschuldung für die Produktion eines öffentlichen Gutes – ist ein Substitut für Kompetenz. Die Regierung erhöht ihre Popularität, indem sie die Produktion des öffentlichen Gutes durch Erhöhung des eigenen Aufwands ausdehnt. Unter der strengen Annahme, dass nur ein Teil der Wähler hinreichend informiert ist und zwischen zusätzlicher Verschuldung und Kompetenz unterscheiden kann, wird der Politiker, welcher versteckten Aufwand betreibt, wiedergewählt. Im Ergebnis des Modells zeigt sich, dass alle Politiker vor jedem Wahltermin in Abhängigkeit von der Realisierung des Kompetenzschocks und dem Anteil der informierten Wähler die Staatsverschuldung erhöhen [vgl. Shi und Svensson (2006), S. 1379]. Eine gemeinsame Kritik an allen Erklärungsansätzen opportunistischer Konjunkturzyklen ist die fehlende Konditionierung auf eine Popularitätsfunktion. Zwar manipulieren die amtierenden Politiker makroökonomische Variablen mit dem Ziel der Erhöhung ihrer Popularität und damit ihrer Wiederwahlchance, allerdings wird der umgekehrte Fall einer gegebenen Popularität meist nicht modelliert. In der Logik der vorgestellten Modelle bedeutet dies, dass jeder Politiker, welcher dazu in der Lage ist, unabhängig von seiner beobachtbaren Wiederwahlchance einen politischen Konjunkturzyklus erzeugt. Die dabei entstehenden Kosten nimmt er zu jedem Wahltermin in Kauf. Dieser Umstand wird von Schultz (1995, S. 81) kritisiert, indem er erklärt: ”We would thus expect that the magnitude of policy cycle will not be constant, but will instead vary from one election to the next as a function of incumbent’s political security. This is especially true given that the policy manipulation entail substantial costs that governments would prefer to avoid if possible.” Alle obigen Erklärungsansätze nehmen implizit an, dass ohne Beeinflussung makroökonomischer Variablen der amtierende Politiker die Wahl verliert. In der Interpretation des NordhausModells bedeutet dies, dass kein Politiker im Vorfeld von Wahlen ohne Beeinflussung der Ökonomie die 50%-Isostimmenkurve der Abbildung 2.2 erreicht. Allerdings zeigt schon die anekdotische Evidenz aus Kapitel 5.1, dass diese sehr strikte Annahme realitätsfern ist. Die politische Notwendigkeit zur Erzeugung eines politischen Konjunkturzyklus unterscheidet sich zwischen den Politikern und zwischen einzelnen Wahlterminen. Im Nordhaus-Modell könnte jeder Politiker, welcher unterhalb der zur Wiederwahl nötigen Isostimmenkurve liegt, auf die Manipulation verzichten.6 Schwieriger erweist sich die Konfrontation der Signalling-Modelle mit der realitätsnäheren Annahme der politischen Notwendigkeit der Wahlbeeinflussung. In der Logik der Modelle 6
An dieser Stelle wird auf eine Diskussion der Risikoneigung der amtierenden Politiker verzichtet.
5.3 Vorhandene empirische Ergebnisse
121
ist die Auswahl des kompetenten Politikers durch die Wähler nur über das Senden eines Signals möglich. Gerade der kompetente Politiker muss die Kosten der Beeinflussung makroökonomischer Variablen tragen. Aufgrund der angenommenen Informationsstruktur ist dies in dieser Klasse von Modellen nicht anders möglich. Einzig Rogoff und Sibert (1988) verändern in einer Modellerweiterung die für den Wähler verfügbare Informationsmenge. Dabei wird ein Teil der Politikerkompetenz in Form von Popularität für den Wähler vor dem Wahltermin erkennbar. Allerdings besteht für den zur Wiederwahl stehenden Politiker weiterhin Unsicherheit, da nicht alle Informationen über die Realisation des Kompetenzschocks offenbart werden. Bevor im übernächsten Abschnitt die eigene empirische Untersuchung opportunistischer Budgetzyklen, die dazu verwendeten Daten, die Modellierung der Wiederwahlchance der amtierenden Politiker, die Schätzstrategie und die Ergebnisse präsentiert werden, wird im nächsten Abschnitt die vorhandene empirische Literatur und deren Resultat kurz vorgestellt.
5.3 Vorhandene empirische Ergebnisse Wie schon im Kapitel 2.2.3 der Arbeit diskutiert, finden sich in der Literatur eine Reihe von Arbeiten, welche opportunistische Einflüsse auf fiskalpolitische Variablen analysieren. Während die vorhandene empirische Literatur für Wiederwahlbedingte Einflüsse in makroökonomischen Variablen und geldpolitischen Instrumenten sehr uneinheitliche Resultate liefert, scheint die empirische Evidenz für opportunistische Zyklen in Budgetvariablen robuster zu sein. Die genauere Analyse zeigt, dass dieses scheinbar stabile Ergebnis zumeist durch Studien für Entwicklungsländer erzeugt wird. Die ausschließliche Betrachtung entwickelter OECD Staaten führt zu weit weniger eindeutigen empirischen Resultaten für opportunistische Budgetzyklen. Im Folgenden werden die vorhandenen empirischen Resultate getrennt für Entwicklungsländer und entwickelte Länder in Tabellenform vorgestellt. In der Tabelle 5.2 sind die Studien zu opportunistischen Budgetzyklen in Entwicklungsländern dargestellt. In der Tabelle beschreibt die erste Spalte den Autor, die zweite Spalte den Länderumfang, die dritte Spalte die getesteten Variablen und die vierte Spalte das Resultat der Studie. Ein ”+” steht dabei für bestätigende, ein ”-” für ablehnende und ein ”+/-” für uneindeutige Evidenz für opportunistische Budgetzyklen. Unter den Begriffen ”Budget” und ”Defizit” werden die verschiedenen fiskalpolitischen Variablen zusammengefasst. Die letztere Variable subsumiert alle Variablen mit welchen das Ausmaß oder die Veränderung der Staatsverschuldung gemessen wird. Das ”Defizit” wird in den Studien z. B. anhand der Relation von aggregierter Staatsverschuldung (vor oder nach Zinszahlung) zu Bruttoinlandsprodukt (BIP) [vgl. z. B. Alesina, Roubini und Cohen (1997)], der Relation der Differenz zwischen staatlichen Ausgaben und Einnahmen zum BIP [vgl. z. B. Brender und Drazen (2005)] oder an der Relation von Neuverschuldung zur Summe der Staatsverschuldung gemessen [vgl. z. B. Mink und de Haan (2006)]. Der Begriff ”Budget” subsumiert eine Reihe unterschiedlicher fiskalpolitischer Variablen. Die vorhandenen Studien suchen nach Wahleffekten z. B. in den Staatseinnahmen und Staatsausgaben, in der Zusammensetzung staatlicher Budgets [vgl. z. B. Potrafke (2006b) und Vergne (2006)], in Subventions- und Transferzahlungen [vgl. z. B. Tufte (1980) und Vergne (2006) oder auch in der Lohnsumme des öffentlichen Sektors [vgl. Schuknecht (2000)]. Aufgrund der niederfrequenten
122
5. Opportunistische Budgetzyklen
Verfügbarkeit der Budgetvariablen, welche meist nur auf Jahresbasis erhoben werden, sind in der Regel Einzelländeranalysen nicht möglich und so finden seit Mitte der 90er Jahre vor allem Panelstudien Eingang in die bestehende Literatur. Wie die Tabelle 5.2 zeigt, finden nahezu alle Arbeiten für Entwicklungsländer opportunistische Budgetzyklen. Tabelle 5.2: Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Budgetzyklen in Entwicklungsländern Autor(en) Ames (1987) Remmer (1993) Schuknecht (1996) Schuknecht (2000) Block (2002a) Block (2002b) Gonzalez (2002) Persson und Tabellini (2003) Brender und Drazen (2005)
Land 17 Länder 8 Länder 35 Länder 24 Länder 44 Länder 69 Länder Mexiko 60 Länder 36 Länder
getestete Variable Ergebnis Budegt + Budget (+)/Budget + Budget + Budget + Budget + Budget + Budget + Budget +/Defizit + Shi und Svensson (2006) 58 Länder Defizit + Anmerkung: ”+” steht für bestätigende empirische Evidenz, ”-” für ablehnende empirische Evidenz und ”+/-” für uneinheitliche empirische Resultate. Der Begriff Entwicklungsländer ist für die Tabelle weit gefasst. Es subsumiert auch ein Reihe von Schwellen- und Transformationsländer.
Wird das Untersuchungssample ausschließlich auf entwickelte OECD-Länder beschränkt, kann das robuste Ergebnis der Entwicklungsländer nicht bestätigt werden. Wie die Tabelle 5.3 zeigt, verwirft eine Vielzahl an Studien die Hypothese der Existenz opportunistischer Wahleffekte in fiskalpolitischen Variablen. Dieses uneinheitliche Ergebnis für entwickelte Staaten kann in dreierlei Hinsicht interpretiert werden. Erstens, die amtierenden Politiker in OECD Staaten verzichten auf die wahlbedingte Beeinflussung fiskalpolitischer Variablen. Zweitens, die amtierenden Regierungen versuchen erfolglos geeignete Wiederwahlbedingungen zu schaffen. Oder drittens, das in den bisherigen Untersuchungen verwendete Testdesign ist unzureichend. Im ersten Fall könnte es möglich sein, dass aufgrund der relativ hohen Transparenz der politischen Prozesse in entwickelten Staaten der Versuch der Wiederwahlbeeinflussung fiskalpolitischer Variablen durch die Medien oder die Opposition publik gemacht wird. Diese Interpretation wird durch die Arbeit von Shi und Svensson (2006) unterstützt, welche zeigt, dass in Ländern mit einem hohen Anteil informierter Wähler der Spielraum für die Manipulationen fiskalischer Variablen klein ist.7 Eine weitere Unterstützung
7
In ihrer theoretischen Analyse ist der Anteil informierter Wähler eine exogene Variable. In der empirischen Überprüfung modellieren Shi und Svensson den Regressor ”informierte Wähler” aus einer Kombination der Variable ”radios per capita” (Weltbank) und dem ”Freedom of Broadcasting-Index” (Freedom House).
5.3 Vorhandene empirische Ergebnisse
123
Tabelle 5.3: Überblick empirischer Arbeiten zu opportunistischen Budgetzyklen in OECD Staaten Autor(en) Frey und Schneider (1978a) Tufte (1980) Shughart II und Tollison (1985) Allen (1986) Soh (1986) Rothenberg-Pack (1987) Alesina (1989) Haynes und Stone (1989) Lang und Welzel (1992) Alesina, Cohen und Roubini (1993)
Land USA USA USA USA 20 Länder USA 10 Länder USA Deutschland 14 Länder
getestete Variable Ergebnis Budget + Budget + Budget Defizit + Budget +/(-) Budget + Budget (+) Budget + Budget + Defizit + Budget (+)/Remmer (1993) 8 Länder Budget (+)/de Haan und Sturm (1994) 12 Länder Defizit Schultz (1995) Großbritannien Budget + Berger und Woitek (1997) Deutschland Defizit Crosby, Brown und Malady (1997) Australien Budget + Chang (2001) 17 Länder Budget + Galli und Rossi (2002) Deutschland Budget + Andrikopoulos et al. (2004) 14 Länder Budget von Hagen (2003) 15 Länder Defizit + Brender und Drazen (2005) 32 Länder Budget +/Defizit Alt und Lassen (2006) 19 Länder Defizit +/Mink und de Haan (2006) 12 Länder Defizit + Potrafke (2006a) Deutschland Budget + Potrafke (2006b) 15 Länder Budget Shi und Svensson (2006) 27 Länder Defizit Jochimsen und Nuscheler (2007) Deutschland Defizit + Anmerkung: ”+” steht für bestätigende empirische Evidenz, ”-” für ablehnende empirische Evidenz und ”+/-” für uneinheitliche empirische Resultate. Ein in Klammern gesetztes Resultat weist auf Ergebnisse mit geringer Signifikanz hin.
erhält diese erste Argumentation durch Eslava (2005). Er zeigt, dass erkannte Wahlmanipulationen durch den Wähler mit Stimmenverlusten oder Abwahl bestraft werden. Für die zweite Interpretation, die des erfolglosen Versuches der Beeinflussung fiskalpolitischer Variablen durch den amtierenden Politiker, spricht das hohe Niveau von Checks und Balances in entwickelten Staaten. In allen entwickelten Staaten entsteht das Politikergebnis aus einem Wechselspiel verschiedener demokratischer Institutionen. Die einzelne demokratische Institution ist oft nicht in der Lage, fiskalpolitische Variablen in ihrer eigenen Verantwortung frei zu verändern. Durch das Mitsprache- oder Vetorecht der zweiten Institution wird der Handlungsspielraum für Wahlmanipulationen eingeschränkt, zumindest sollte er kleiner sein als in Entwicklungsländern mit schwach ausgeprägten Checks and Balances. Gegen diese Interpretation spricht, dass eine Reihe von Studien Evidenz für ideologische Spielräume in der Höhe und der Zusammensetzung des Budgets finden [vgl. z. B. Borelli und Royed (1995), Cusack (1997) und Potrafke (2006b)]. Der amtierende
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5. Opportunistische Budgetzyklen
Politiker kann diese offensichtlich verbleibenden Spielräume nicht nur ideologisch sondern auch im Umfeld von Wahlen nutzen. Im Folgenden Abschnitt wird gezeigt, dass die dritte Interpretation ungenügender und zu restriktiver Testdesigns ebenfalls einen Teil zur Erklärung der unterschiedlichen Evidenz liefert. Die einzige aktuelle Studie, welche in ihrem Untersuchungsdesign unterschiedliche Wiederwahlwahrscheinlichkeiten berücksichtigt, ist die Arbeit von Schultz (1995). Er approximiert in seiner Analyse das Abwahlrisiko und somit die politische Notwendigkeit zur Manipulation von fiskalpolitischen Variablen, durch die Differenz der Stimmenanteile zwischen Regierung und Herausforderer in den Wahlumfragen. Dabei findet Schultz für Großbritannien empirische Evidenz, dass von Amtsverlust bedrohte Regierungen einen politischen Wahlzyklus in Transferausgaben erzeugen. Die Idee von Schultz (1995) bildet somit den Ausgangspunkt für die folgenden empirischen Untersuchungen.8
5.4 Empirischer Test opportunistischer Budgetzyklen 5.4.1 Daten Untersuchungsgegenstand sind Jahresdaten von neun OECD-Länder: Australien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kanada, Schweden und die Vereinigten Staaten von Amerika. In den empirischen Tests wird ein ”unbalanced” Panel verwendet, da die den Datenumfang beschränkten Umfragedaten nicht für alle Länder über den gesamten Beobachtungszeitraum in geeigneter Form verfügbar sind. Eine Übersicht über den Beobachtungsumfang der Wahlumfragedaten und deren Datenquellen findet sich in Tabelle 3.3. Zusätzlich zu den dort angegebenen Länder werden in diesem Kapitel der Arbeit Umfragedaten für Dänemark (19572005) von TNS Gallup Dänemark verwendet. Für die Untersuchung opportunistischer Budgetzyklen sind Daten zu den Wahlterminen der Länder, fiskalpolitische Variablen und einer Reihe von Kontrollvariablen notwendig. Im Folgenden werden die Budgetdaten und deren Datenquellen, die Kontrollvariablen, die empirische Modellierung der Wiederwahlchance und die Kodierung der Wahldummies vorgestellt. Budgetdaten und Kontrollvariablen Für die im nächsten Abschnitt folgenden Schätzungen kommen eine Reihe fiskalischer Variablen zur Anwendung. Eine erste zu erklärende Größe ist die gesamtstaatliche Nettoneuverschuldung, welche mit der die Variable BALA beschrieben wird. Sie berechnet sich aus der Differenz zwischen der Summe aller Staatseinnahmen und der Summe aller Staatsausgaben. Somit beschreibt die Variable die Ausgeglichenheit der staatlichen Budgets. Zusätzlich werden die Variablen der Staatsausgaben (EXP ) und Staatseinnahmen (REV ) einzeln auf opportunistische Wahleinflüsse überprüft. Alle drei Budgetvariablen werden in der Relation zum Bruttoinlandprodukt verwendet, um die Niveaus vergleichbar zu machen. Die Daten sind der Arbeit von Brender und Drazen (2005) entnommen, welche als Datenquelle die ”International Financial Statistic” (IFS) des Internationalen Währungsfonds angeben. Bei einer weiten Interpretation des
8
Die Arbeiten von Frey und Schneider (1978a, b) und Golden und Poterba (1980) gehen in eine ähnliche Richtung, beziehen sich aber auf Modelle mit adaptiver Erwartungsbildung.
5.4 Empirischer Test opportunistischer Budgetzyklen
125
Nordhaus-Modells würden die Arbeitshypothesen wie folgt lauten. Die Staatsausgaben im Wahljahr sollten steigen und die Staatseinnahmen im Wahljahr sollten sinken. Daraus folgt, dass das Budgetdefizit im Wahljahr negativ sein sollte. Die letztere Hypothese hinsichtlich der Neuverschuldung kann auch aus dem Modell von Shi und Svensson (2006) abgeleitet werden. Zusätzlich zu den obigen Variablen wird eine Vielzahl weiterer fiskalischer Variablen auf opportunistische Einflüsse überprüft. Alle folgenden fiskalpolitischen Variablen sind dem Datenangebot der OECD entnommen. Die Variable CUR-A berechnet sich aus der Relation der gesamtstaatlichen Konsumausgaben ohne Lohnzahlungen zu der Summe aller Staatsausgaben. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Lohnzahlungen an die öffentlich Angestellten errechnet sich die Variable CUR-B. Die Variable CAPITAL errechnet sich aus dem Verhältnis der Summe der Investitionsausgaben zu den Gesamtausgaben. Mit diesen Variablen kann ein möglicher Wahleinfluss auf die Zusammensetzung staatlicher Budgets überprüft werden. Der Theorie von Rogoff (1990) folgend, sollte im Wahljahr eine Verschiebung zwischen unmittelbar beobachtbaren Konsumausgaben und Investitionsausgaben beobachtbar sein. Die Konsumausgaben sollten steigen, die nur mit zeitlicher Verzögerung beobachtbaren Investitionsausgaben sollten sinken. Eine dritte Kategorie fiskalpolitischer Variablen erlaubt die noch detailliertere Untersuchung opportunistischer Einflüsse auf einen einzelnen Ausgabenposten. Die Variable SUBSIDY bestimmt sich aus der Relation der Summe der Subventionszahlungen zu den Gesamtausgaben. Mit den Variablen SOCIAL und WAGE wird der Anteil der Sozialausgaben und der Anteil der staatlichen Lohnzahlungen an der Summe der Staatsausgaben gemessen. Die Tabelle 5.4 fasst die verwendeten fiskalpolitischen Variablen zusammen. Tabelle 5.4: Fiskalpolitische Variablen Variable BALA EXP REV CUR-A CUR-B CAPITAL SUBSIDY SOCIAL WAGE
Beobachtungsumfang 1960-2001 1960-2001 1960-2001 1960-2006 1960-2006 1960-2006 1960-2006 1960-2006 1960-2006
Datenquelle IFS IFS IFS OECD OECD OCED OECD OECD OCED
Beschreibung Neuverschuldung Staatsausgaben Staatseinnahmen Konsumausgaben ohne Löhne Konsumausgaben mit Löhnen Investitionsausgaben Subventionen Sozialausgaben Lohnsumme des Staates
Die Verwendung der Kontrollvariablen orientiert sich an der bestehenden empirischen Literatur zu politischen Budgetzyklen. In Anlehnung an Persson und Tabellini (2003) und Brender und Drazen (2005) werden hierbei als Kontrollvariablen das reale BIP pro Kopf der Länder, der Außenhandelsanteil (Exporte + Importe) am BIP, der Anteil der 15-64 Jährigen, der Anteil der über 64 Jährigen an der Gesamtbevölkerung und der Konjunkturzyklus berücksichtigt.9 Über 9
Die Berechnungsmethode der Variable OUTPUTGAP zur Berücksichtigung des länderspezifischen Konjunkturzyklus wird im Kapitel 5.4.2 ausführlicher beschrieben.
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5. Opportunistische Budgetzyklen
das BIP pro Kopf wird dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der Länder Rechnung getragen. Die Variable TRADE ist ein Maß für die Handelsoffenheit eines Landes. Mit den demographischen Variablen wird für unterschiedliche Ausgabennotwendigkeiten aufgrund unterschiedlicher Bevölkerungszusammensetzung kontrolliert. Die unterscheidenden konjunkturellen Einflüsse auf staatliche Budgets werden durch die Variable OUTPUTGAP eingefangen. Die Quelle für die Kontrollvariablen ist die Datenbank World Development Indicators (WDI) der Weltbank. Die Tabelle 5.5 fasst die verwendeten Kontrollvariablen zusammen. Tabelle 5.5: Kontrollvariablen Variable GDP-PC TRADE POP1564 POP65+ OUTPUTGAP
Beobachtungsumfang 1960-2001 1965-2003 1965-2003 1965-2003 1961-2000
Datenquelle WDI WDI WDI WDI WDI
Beschreibung BIP pro Kopf Außenhandelsanteil Bevölkerung 15-64 Bevölkerung 65+ Konjunkturzyklus
Der Einfluss der Wiederwahlwahrscheinlichkeit Wie schon zu Beginn des Kapitels diskutiert, vernachlässigt die bisherige Literatur die Berücksichtigung der Wiederwahlchance der amtierenden Politiker. Eine Regierung kann sich unterschiedlichen politischen Notwendigkeiten zur Beeinflussung fiskalpolitischer Variablen ausgesetzt sehen. Um diese unterschiedlichen politischen Notwendigkeiten in der Analyse berücksichtigen zu können, wird die Wiederwahlwahrscheinlichkeit der amtierenden Regierung und somit das Risiko des Amtsverlustes geschätzt. Hierzu wird in einem ersten Schritt die in Kapitel 3.4.1 verwendete binär logistische Regressionsgleichung (3.18) mit den Resultaten der Wahlumfragen der drei bis sechs Vorwahlmonate geschätzt.10 Im zweiten Schritt werden aus den geschätzten Koeffizienten, der Umrechnungsformel (3.20) und den Ergebnissen der Wahlumfragen der sieben bis zwölf Vorwahlmonate die Wiederwahlwahrscheinlichkeiten der amtierenden Regierungen bestimmt. Die Verwendung unterschiedlicher Beobachtungszeitpunkte der Wahlumfragen ist aufgrund der möglichen Verzerrung zwischen Beobachtungszeitpunkt und Wahlergebnis notwendig. Regierungen, welche im dritten bis vierten Vorwahlquartal schlechte Popularitätswerte aufweisen, könnten Einfluss auf makroökonomische Variablen und somit auf das Wahlergebnis nehmen. Trotz eines relativ geringen Stimmenanteils in den Wahlumfragen können solche Regierungen aufgrund ihres erhöhten Einsatzes wiedergewählt werden. Bei der ausschließlichen Verwendung der zeitlich weit vom Wahltermin entfernt liegenden Umfragedaten würde der eventuell vorhandene opportunistische Einfluss in der Schätzung vernachlässigt werden. Regierungen mit schlechten Umfragedaten würden zu häufig wiedergewählt werden. Das Problem wird durch die Verwendung zeitlich näher am Wahltermin liegender Beobachtungen verringert. Die verbleibende Zeit zur Beeinflussung makroökonomischer Variablen ist geringer und daher sollte der verbleibende Schätzfehler kleiner
10
Für die Beschreibung und Begründung der Methodik vgl. Kapitel 3.4.
5.4 Empirischer Test opportunistischer Budgetzyklen
127
sein. Die Ergebnisse der binär logistischen Regression und der Transformation in Wiedewahlwahrscheinlichkeiten findet sich Tabelle 8 und 9 im Anhang. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Wiederwahlwahrscheinlichkeiten für verschiedene Regierungen in den untersuchten Ländern sehr stark variieren. Einige Regierungen sehen sich einem sehr hohen Abwahlrisiko ausgesetzt, so beträgt der Wahrscheinlichkeitswert für die irische Regierung im Wahljahr 1977 nur 16 Prozent. Andere Regierungen sind gemessen an ihrem Stimmenanteil in den Wahlumfragen sehr sicher im Amt. So weist z. B. die britischen Regierung unter Premier Tony Blair im Jahr 2001 eine Wiederwahlwahrscheinlichkeit von fast 80 Prozent auf. Für eine ökometrische Umsetzung müssen aus den geschätzten Wiederwahlwahrscheinlichkeiten Wahldummies kodiert werden. Die Abbildung 5.1 zeigt die in den empirischen Tests verwendeten unterschiedlichen Wahlvariablen.
Abbildung 5.1: Kodierung der Wahlvariablen
Die Variable WD 1 beschreibt den Wahldummy wie er in der Mehrzahl der empirischen Studien zu opportunistischen Konjunkturzyklen verwendet wird. Unabhängig von der Popularität der amtierenden Regierung nimmt der Dummy in Wahljahren den Wert Eins und sonst den Wert Null an.11 Diese – in der Literatur übliche – Form des Wahldummies wird als Benchmark in der folgenden empirischen Analyse verwendet. Die zweite Variante des Wahldummies WD 2 ergibt sich in Anlehnung an die Untersuchung von Schultz (1995). Demnach betreiben Regierungen, welche sich einem hohen Abwahlrisiko gegenübersehen, die größten Anstrengungen für die Wiederwahl. Der Dummy ergibt sich aus einer linearen Funktion in Abhängigkeit der Wiederwahlwahrscheinlichkeit und ist dabei so konstruiert, dass er den größten (kleinsten) Wert bei einer Wahrscheinlichkeit von Null (Eins) annimmt.12 Ein Nachteil dieser Modellierung begründet sich aus der Tatsache, dass sie zum Teil der 11
12
Bei Verwendung von Jahresdaten erweist sich die Terminierung von Wahleinflüssen als schwierig. Im Folgenden wird für alle Wahldummies so vorgegangen, dass bei einem Wahltermin zwischen Januar und Juni die Variable auf das Vorwahljahr und für Wahltermine zwischen Juli und Dezember auf das Wahljahr kodiert wird. Überlegungen zur Risikoneigung des Politikers, welche zu einer konvexen oder konkaven Funktion für die Kodierung des Dummies führen können, werden an dieser Stelle nicht berücksichtigt.
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5. Opportunistische Budgetzyklen
empirischen Literatur zu Wahlkampfaufwendungen widerspricht. Wie z. B. Erikson und Palfrey (2000) oder auch Sulkin (2000) zeigen, sind die Wahlkampfausgaben bei knappen Wahlrennen größer als bei scheinbar sicher prognostizierten Wahlausgängen. D. h. bei knappen Wahlrennen sollte das Ausmaß der Wahlbeeinflussung makroökonomischer Variablen ebenfalls größer sein als bei sehr niedrigen oder sehr hohen Wiederwahlwahrscheinlichkeiten der amtierenden Regierung.13 Auch die bereits kurz diskutierte Erweiterung der Beobachtbarkeit von Kompetenz im Modell von Rogoff und Sibert (1988) spricht für eine nicht-lineare Kodierung. In der Modellerweiterung wird gezeigt, dass sowohl sehr niedrige als auch sehr hohe Kompetenz zu weniger Vorwahlmanipulation führt [vgl. Rogoff und Sibert (1988), S. 11f.]. Der Wahldummy WD 3 wird dieser Argumentation gerecht. Den größten Wert nimmt die Variable WD 3 bei einer geschätzten Wiederwahlwahrscheinlichkeit von 0,5 an und fällt in beide Richtungen linear auf Null. 5.4.2 Schätzstrategie und Schätzergebnisse Der einfachste und direkteste Weg zur Überprüfung eines Wahleinflusses auf fiskalische Daten ist die Schätzung der folgenden dynamischen Panelschätzgleichung: v β · xi,t + γ · W Di,t + μi + μt + i,t (5.2) yi,t = α(L)yi,t + wobei yi,t den Vektor der Zeitreihen der fiskalischen Variablen in Land i zu den Zeitpunkten t beschreibt, α(L) ist das Polynom des Lag-Operators L, xi,t ist der Vektor der Kontrollvariablen, μi bezeichnet den zeitinvarianten Ländereffekt (Fixed-Effect), μt ist der länderinvariante Zeiteffekt (Time-Fixed-Effect) und i,t ist der unerklärte Fehlerterm. Die Verwendung der Kontrollvariablen orientiert sich an der bestehenden empirischen Literatur zu politischen Budgetzyklen. In Anlehnung an Persson und Tabellini (2003)und Brender und Drazen (2005) werden hierbei als Kontrollvariablen das logarithmierte reale BIP pro Kopf der Länder, der Außenhandelsanteil am BIP, der Anteil der 15-64 Jährigen, der Anteil der über 64 Jährigen an der Gesamtbevölkerung und der Konjunkturzyklus berücksichtigt. Der Konjunkturzyklus wird wie bei Brender und Drazen (2005) über die Output-Lücke gemessen, welche sich aus der logarithmierten Differenz zwischen dem realen BIP und den über einen Hodrick-Prescott Filter bestimmten Trend bestimmt. Die Variable von zentralem Interesse, welche den Wahleinfluss und die Wiederwahlchance berücksichtigt, ist WD vi,t . Die Variable wird in drei Varianten (v), entsprechend der Definitionen des Kapitel 5.4.1, geschätzt. Die Tabelle 5.6 zeigt die Ergebnisse der OLS-Schätzungen für die unterschiedlichen fiskalpolitischen Variablen unter Verwendung der verschiedenen Varianten des Wahldummies WD v . Wie die Tabelle zeigt, kann bei Verwendung des einfachen Wahldummys WD 1 im Wesentlichen das Ergebnis der Studie von Brender und Drazen (2005) bestätigt werden. Mit Ausnahme der staatlichen Konsumausgaben (einschließlich der Lohnzahlungen) des Staates erweist sich keine der fiskalpolitischen Variablen als signifikant. Darüberhinaus widerspricht das Vorzeichen des 13
Wie z. B. Kirchgässner und Schimmelpfennig (1992) oder Blais (2006) zeigen, kann das Argument auch auf den Wähler übertragen werden. Bei knappen Wahlrennen können höhere Wahlbeteiligungen beobachtet werden.
5.4 Empirischer Test opportunistischer Budgetzyklen
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Tabelle 5.6: Schätzergebnisse für die fiskalpolitischen Variablen (OLS) BALA EXP REV CUR-A CUR-B CAPITAL SUBSIDY SOCIAL WAGE -0,2138 -0,0031 -0,1916 -0,0015 -0,0021 0,0002 -0,0012 -0,0004 -0,0006 (0, 03) (1, 27) (0, 29) (0, 73) (1, 11) (0, 02) (0, 97) (1, 43) (1, 66)∗ -0,6062 0,0414 -0,6486 -0,0036 -0,0048 0,0006 -0,0022 -0,0006 -0,0014 WD 2 (1, 15) (0, 09) (1, 60) (1, 54) (1, 42) (0, 37) (1, 17) (0, 19) (0, 58) -0,5807 -0,0258 -0,5699 -0,0004 -0,0008 0,0017 -0,0017 0,0016 -0,0004 WD 3 (0, 33) (0, 43) (0, 53) (1, 37) (1, 07) (0, 33) (2, 14)∗∗ (0, 09) (2, 54)∗∗ Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben. Die Signifikanzlevel sind wie folgt dargestellt: * für ein 90%-Signifikanzniveau, ** für 95% und *** für mehr als 99%. Die Koeffizienten der erklärenden Variablen TRADE, POP1564, POP65+, log(GDP-PC), OUTPUTGAP und das erste Lag der erklärenden Variable sind nicht angegeben. Für eine detailliertere Ergebnisdarstellung vgl. die Tabellen 31 bis 33 im Anhang. WD 1
Koeffizienten der Variable CUR-B den Vorhersagen des Modells von Rogoff (1990). Im Wahljahr sinken demnach die sichtbaren Konsumausgaben des Staates. Für die Schätzung des Modells mit dem Wahldummy WD 2 erhöht sich für einige der Variablen der gefundene t-Wert, allerdings nicht in dem Maße, dass ein übliches Signifikanzniveau erreicht wird. In allen geschätzten Spezifikationen muss die Hypothese eines Wahleinfluss auf einem 10%-Signifikanzniveau verworfen werden. Ein anderes Bild ergibt sich für die Verwendung der dritten – und im Gegensatz zur vorhandenen Literatur neuen – Variante des Wahldummies. Wie in der Zeile WD 3 zu erkennen ist, wird sowohl die Variable BALA als auch die Variable REV auf einem 95%-Niveau signifikant. Da sich die Variable BALA aus der Differenz zwischen der Summe aller Staatseinnahmen und der Summe aller Staatsausgaben ergibt, zeigt sich, dass die Regierungen bei knappen Wahlrennen die staatliche Neuverschuldung erhöhen. Die Neuverschuldung in Wahljahren ist höher als in Nicht-Wahljahren. Dabei resultiert die höhere Verschuldung insbesondere aus geringeren Staatseinnahmen. Während sich in den Staatsausgaben (EXP ) keine Wahleffekte nachweisen lassen, sinken die Staatseinnahmen (REV ) signifikant. In allen anderen Variablen, welche die Zusammensetzung der Staatsausgaben beschreiben, können keine opportunistischen Effekte gefunden werden. Wie schon im Kapitel 4 der Arbeit diskutiert, führt die einfache Kleinste-Quadrate-Schätzung bei gleichzeitiger Verwendung zeitinvarianter Länderdummies und Verzögerten der abhängigen Variable zu inkonsistenten Ergebnissen. Aus diesem Grund werden die Ergebnisse der Basis OLSSchätzung mit einer GMM-Schätzung nach Arellano und Bond (1991) auf Robustheit überprüft. Das in Tabelle 5.6 dargestellte Ergebnis wird durch die Robustheitstests bestätigt.14 Als zentrales Ergebnis kann festgehalten werden, dass sich opportunistische Wahlzyklen in Abhängigkeit der Wiederwahlwahrscheinlichkeiten in der Staatsverschuldung nachweisen lassen. Damit steht das gefundene Ergebnis im Einklang mit dem theoretischen Erklärungsansatz von Shi und Svensson (2006). Der vom Risiko des Amtsverlustes bedrohte Politiker finanziert ein 14
Detailliertere Ergebnisdarstellungen finden sich in den Tabellen 31 bis 33 im Anhang. Für den in Kapitel 4.4.4 beschriebenen LSDV-Schätzansatz nach Nickell (1981) reicht die Beobachtungszahl in der Zeitkomponente nicht aus.
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5. Opportunistische Budgetzyklen
bestehendes Niveau an öffentlichen Gütern im Wahljahr mit weniger Einnahmen und mit höherer Staatsverschuldung.
5.5 Zusammenfassung und Ausblick Ziel des Kapitels war es, die vorhandene empirische Literatur zu opportunistischen Budgetzyklen um den Einfluss des Abwahlrisikos zu erweitern. Die meisten der bisherigen Arbeiten analysieren einen nicht auf die Popularität der Regierung bedingten Vor- oder Nachwahleinfluss auf fiskalpolitische Variablen. Wie die Diskussion des Kapitels gezeigt hat, sehen sich amtierende Regierungen zu unterschiedlichen Wahlen unterschiedlicher politischer Notwendigkeiten zur Manipulation fiskalischer Variablen gegenüber. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass Regierungen, welche sich einem mittleren Abwahlrisiko ausgesetzt sehen, über die Reduktion von Staatseinnahmen die Neuverschuldung erhöhen. Ist hingegen der Wahlausgang vergleichsweise sicher, d. h. die Regierung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit im Amt bestätigt oder abgewählt, dann unternehmen die Regierungen keine zusätzlichen Anstrengungen. Insofern stehen die Ergebnisse dieses Kapitels im Einklang mit den vorangegangenen: Die Unsicherheit über den Wahlausgang ist eine zentrale Einflussgröße auf politische Konjunkturzyklen. Neben der Neuverschuldung wurde auch die Höhe und Zusammensetzung der Staatsausgaben auf opportunistische Wahleffekte untersucht, wobei keine signifikanten Effekte nachgewiesen werden konnten. Auch die vorliegende Studie kann nicht frei von Kritik bleiben. Im Wesentlichen können vier Kritikpunkte als Ausgangspunkt für weiteren Forschungsbedarf diskutiert werden. Erstens: Wie schon in den beiden vorangegangenen Kapiteln bleibt die Regierungszusammensetzung außerhalb der empirischen Analyse. Die Arbeiten von z. B. Potrafke (2006b) oder auch Jochimsen und Nuscheler (2007) zeigen, dass der Handlungsspielraum von Einparteien- und Mehrheitsregierungen höher als der von Koalitions- oder Minderheitsregierungen ist. Auch könnten hier ebenfalls nicht berücksichtigte ideologische Unterschiede zwischen den einzelnen Regierungen einen Einfluss auf das Ergebnis haben. Zweitens: Eine zum ersten Punkt vergleichbare Kritik ist die der Nichtberücksichtigung der vorhandenen zweiten demokratischen Instanz. In allen der untersuchten Länder ergibt sich das Politikergebnis aus einem Wechselspiel verschiedener demokratischer Instanzen. Für den Fall, dass in beiden Instanzen identische politische Mehrheiten existieren, könnte das Ausmaß an Checks und Balances geringer sein als im Fall unterschiedlicher Interessenlagen [vgl. Persson und Tabellini (2000)]. Obwohl eine Regierung sich der Notwendigkeit zur Wahlmanipulation von Budgetvariablen ausgesetzt sieht, kann die zweite demokratische Instanz dies verhindern oder zumindest die Handlungsspielräume einschränken. Nicht nur die politische Notwendigkeit sondern auch der vorhandene Handlungsspielraum kann sich in der Zeit unterscheiden. Eine dritte Kritik kann an den verwendeten Daten angebracht werden. In der Analyse werden ausschließlich Daten für das gesamtstaatliche Budget verwendet. Aufgrund der Reduktion der Untersuchung auf die höchste demokratische Instanz (z. B. Bundestagswahlen) sollte konsequenter Weise nur der Anteil am Budget berücksichtigt werden, auf den diese Instanz unmittelbar Einfluss nehmen kann. Unterscheiden sich die Länder in ihrem fiskalischen Dezentralisierungsgrad, dann kann dieser Anteil sehr unterschiedlich groß ausgeprägt sein. Ein Teil der Information über unterschiedliche Dezentralisierungsgrade findet sich im zeitinvarianten Ländereffekt wieder. Allerdings zeigt die Literatur, dass die Dezentralisierungsgrade in der Zeit durch-
5.5 Zusammenfassung und Ausblick
131
aus variieren [vgl. Stegarescu (2005) und Leßmann (2006)]. Eine letzte Kritik gilt wiederum den verwendeten Daten. Die benutzten Jahresdaten erschweren die exakte Terminierung der Wahleinflüsse in der ökonometrischen Spezifikation. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die niederfrequenten Budgetdaten ein Teil der Information verloren geht. Die Studie von Schultz (1995), welche der Ausgangspunkt für obige Analyse war, verwendet Quartalsdaten für britische Transferzahlungen und kann dabei auch in den Staatsausgaben auf den Grad der Popularität der Regierung bedingte opportunistische Effekte nachweisen. Aufgrund der Nicht-Verfügbarkeit hochfrequenter Daten für alle im Sample beinhalteten Länder kann dieser Informationsverlust nicht vermieden werden. Weitere mögliche Kritikpunkte wie sie an anderen Studien vorgebracht worden, wie z. B. an der unterschiedlichen demokratischen Erfahrung der Länder, dem unterschiedlichen Grad der Pressefreiheit oder dem Bildungsniveau der Wahlbevölkerung, sollten für die obige Analyse keine Rolle spielen [vgl. Brender und Drazen (2005), Shi und Svensson (2006) oder auch Vergne (2006)]. In dieser Beziehung sind die Länder der Untersuchung sehr homogen.
Schlussbemerkungen Die vorliegende Arbeit verfolgte drei Ziele. Erstens eine systematische Aufarbeitung der vorhandenen theoretischen und empirischen Literatur zu politischen Konjunkturzyklen. Zweitens die Erweiterung der bestehenden Literatur zu rationalen ideologischen Konjunkturzyklen um die explizite Modellierung des Grades der Wahlausgangs- und Wahlzeitpunktüberraschung. Drittens die Vervollständigung der bestehenden Literatur zu opportunistischen Wahlzyklen in fiskalpolitischen Variablen um die politische Notwendigkeit zur Erzeugung solcher Zyklen. Im Kapitel 2 wurde zunächst eine inhaltliche Einordnung des Begriff eines politischen Konjunkturzyklus vorgenommen. Dabei wurden die vorhandenen Erklärungsansätze gemäß der angenommenen Form der Erwartungsbildung und dem Handlungsmotiv der Politiker in adaptivopportunistische, adaptiv-ideologische, rational-opportunistische und rational-ideologische Modelle gegliedert. Anschließend wurde die jeweilige modelltheoretische Grundidee und die dazugehörige empirische Literatur vorgestellt. Hierbei zeigte sich, dass die empirische Literatur zu politischen Konjunkturzyklen noch weit von einem Konsens entfernt ist. Ein zentraler Kritikpunkt des Kapitels war die zum Teil ungeeignete ökonometrische Abbildung wesentlicher Kernpunkte der theoretischen Modelle. Insbesondere konnte gezeigt werden, dass der Grad der Wahlüberraschung in der Überprüfung von RPT-Modellen häufig nicht oder nur ungenügend Berücksichtigung findet. Diese Kritik bildete den Ausgangspunkt für die Kapitel 3 und 4. Gegenstand des Kapitels 3 war eine ökonometrische Untersuchung der rationalen Partisantheorie von Alesina (1987). Hierzu wurden mit dem Modell von Alesina empirisch testbare Arbeitshypothesen hergeleitet. Es konnte gezeigt werden, dass theoretisch Linksregierungen höhere Inflationsraten erzeugen als Rechtsregierungen. Nach der Wahl einer Rechtspartei sollte die Arbeitslosigkeit temporär steigen und nach der Wahl einer Linkspartei sollte die Arbeitslosigkeit temporär sinken. Dabei war das Ausmaß der ökonomischen Fluktuation maßgeblich abhängig vom Grad der zum Wahltermin herrschenden Wahlüberraschung. Um dieses Kernelement der rationalen Partisantheorie in der empirischen Analyse geeignet abbilden zu können, wurden aus Wahlumfragedaten der herrschende Grad der Wahlunsicherheit im Vorwahljahr geschätzt. Anschließend wurde aus den gewonnenen Informationen eine Wahlvariable konstruiert, um darauf aufbauend die RPT-Hypothesen in einem Panel von 8 OECD-Staaten zu überprüfen. Im Ergebnis konnte für die Länder Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kanada, Schweden und die Vereinigten Staaten von Amerika positive Evidenz für die Theorie von Alesina in Arbeitslosenquoten und Inflationsraten gefunden werden. Eine Vielzahl an Robustheitstests bestätigten die Resultate. Der zentrale wissenschaftliche Beitrag des Kapitels ist die explizite Modellierung des Grades der Wahlüberraschung aus Wahlumfragedaten. Damit konnte eine erhebliche Schwäche vorhandener Studien behoben werden. Allerdings blieb in diesem Kapitel eine zweite Form der Wahlunsicherheit zunächst unberücksichtigt: Die Unsicherheit über den Wahlzeitpunkt. Das Kapitel 4 beinhaltet eine empirische Untersuchung der variablen rationalen Partisantheorie von Heckelman (2001a). In einem ersten Schritt wurde mit Hilfe des Modells von Heckelman gezeigt, dass bei unsicheren Wahlterminen Wahlunsicherheit zu jedem Zeitpunkt in der Legislaturperiode besteht. Wahlüberraschung kann hierbei aufgrund überraschender Wahlergebnisse
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6. Schlussbemerkungen
oder aufgrund überraschender Wahltermine entstehen. Um diesen Punkt geeignet in der empirischen Analyse abbilden zu können, wurden beide Formen der Wahlüberraschung in einem Schätzansatz integriert. Im Ergebnis konnte gezeigt werden, dass für ein Panel von 6 OECD-Ländern die Hypothesen der VRPT nicht abgelehnt werden können. Der zentrale wissenschaftliche Beitrag des Kapitels ist die Berücksichtigung der Wahlzeitpunktunsicherheit und der Wahlausgangsunsicherheit in einem integrierten Schätzansatz und somit die Öffnung der empirischen Analyse für Länder mit variablen Wahlterminen. Wie die abschließenden kritischen Diskussionen der jeweiligen Kapitel gezeigt haben, ist der Forschungsbedarf in diesem Bereich noch nicht endgültig gedeckt. Zwei Punkte sollen an dieser Stelle herausgegriffen werden. Zwar wurden die Formen der Wahlunsicherheit geeignet modelliert, gleichzeitig wurde aber vereinfachend angenommen, dass sich die ideologische Distanz zwischen den Parteien in der Zeit nicht verändert hat. Neben der Wahlüberraschung ist das zweite Element für das Ausmaß ökonomischer Fluktuation die ideologische Distanz zwischen den Parteien. Die in der Arbeit gewählte Einordnung in ein konstantes Rechts-Linksspektrum gibt die politische Realität eventuell nicht trennscharf genug wieder. In diesem Bereich besteht noch weiterer Forschungsbedarf. Ein zweiter, nur rudimentär modellierter Punkt ist der Grad der Zentralbankunabhängigkeit. Obwohl die meisten der berücksichtigten Länder relativ unabhängige Zentralbanken aufweisen, konnten Partisaneffekte aus einem monetären Transmissionskanal heraus nachgewiesen werden. Dieses Ergebnis zeigt, dass der Grad der Zentralbankunabhängigkeit im Sinne von Rogoff (1985) nicht hoch genug ist, um politische Einflussnahme zu verhindern.1 Da Wahlen ein relativ seltenes Ereignis sind, kann das vorhandene Sample nicht in mehrere Subperioden unterteilt werden. Zur Überprüfung einer möglicherweise im Zeitverlauf abnehmenden politischen Einflussnahme könnte ein zeitvarianter Zentralbankunabhängigkeitindex verwendet werden. Dieser ist bisher in der Literatur noch nicht verfügbar. Gegenstand des Kapitels 5 war eine empirische Untersuchung von aus dem Wiederwahlmotiv der Politiker resultierenden Wahleffekten in fiskalpolitischen Variablen. Während die vorhandene empirische Literatur fast ausschließlich einen nicht auf die Popularität der Regierung bedingten Vor- oder Nachwahleinfluss auf fiskalpolitische Variablen untersucht, zeigt anekdotische Evidenz, dass dieses Vorgehen die empirische Analyse in unzulässiger Weise verkürzt. Mit Verwendung von Wahlumfragedaten wurden die Wiederwahlwahrscheinlichkeiten amtierender Regierungen geschätzt. Dabei konnte gezeigt werden, dass das Abwahlrisiko in den untersuchten Ländern bei verschiedenen Wahlen sehr stark variiert. Mit Hilfe der geschätzten Wiederwahlwahrscheinlichkeiten wurden verschiedene Wahlvariablen kodiert, welche unterschiedliche Konzepte der politischen Notwendigkeit der Wahlbeeinflussung modellieren. Als Resultat konnte empirische Evidenz für einen Wahleinfluss in Abhängigkeit der Wiederwahlchance gefunden werden. Dabei zeigte sich, dass Regierungen, welche sich einem mittleren Abwahlrisiko ausgesetzt sehen, die Staatseinnahmen bei Konstanz der Staatsausgaben reduzieren und somit die Staatsverschuldung im Wahljahr erhöhen. Im Gegensatz zu vorhandenen Studien konnten keine Wahleffekte in der Zusammensetzung der Staatsausgaben gefunden werden. Der zentrale wissenschaftliche Beitrag dieses Kapitels 1
Eine alternative Interpretation könnte sein, dass die Präferenzen der eingesetzten Zentralbanker sich nicht weit genug von denen der Regierung unterscheiden. In diesem Fall spielt die Unabhängigkeit der Zentralbank keine Rolle.
6. Schlussbemerkungen
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ist die Berücksichtigung der politischen Notwendigkeit in der Analyse opportunistischer Wahlzyklen in fiskalpolitischen Variablen. Eine methodische Einschränkung, die der vorliegenden Untersuchung zur Last gelegt werden kann, ist die Nicht-Diskriminierung der unterschiedlichen theoretisch möglichen Gleichgewichte in der empirischen Analyse. Eine Unterscheidung von Separatingbzw. Poolinggleichgewichten lässt der gewählte Schätzansatz nicht zu. Dennoch konnte mit der expliziten Modellierung des Abwahlrisikos in der Analyse opportunistischer Konjunkturzyklen ein Beitrag zur vorhandenen Literatur geleistet werden, und somit die Literatur ein Stückweit näher an die ökonomische und politische Realität angepasst werden.
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Stationaritätstests Tabelle 1: Panelstationaritätstests der zyklischen Komponente der Arbeitslosenquoten Methode (1) Levin, Lin, Chu Test (2) Breitung Test (3) Im, Pesaran, Shin Test (4) ADF-Fisher Test (5) PP-Fisher Test (6) Hadri Test
Statistik I -3,1138 -13,4386 -13,7178 227,610 205,532 -2,8591
Wkt. 0,0009 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,9979
Statistik II -4,4049 -13,0783 -12,8553 191,612 171,986 -3,4309
Wkt. 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,9997
Statistic III -15,5246 -15,6868 – 282,632 258,690 –
Wkt. 0,0000 0,0000 – 0,0000 0,0000 –
Anmerkung: Test (1), (2) und (6) unterstellen einen gemeinsamen Unit-Root-Prozess. Test (3), (4) und (5) erlauben für einen individuellen Unit-Root-Prozess. Statistik I berücksichtigt individuelle Effekte, Statistik II berücksichtigt individuelle Effekte und einen linearen Zeittrend, Statistik III berücksichtigt keine exogenen Effekte im Testdesign. Die Tests (1) bis (5) haben als Nullhypothese die einer Unit Root. Test (6) hat die Nullhypothese das keine Unit Root vorliegt. Die Anzahl der Verzögerten endogenen Variablen ist auf Basis des Schwarz Information Kriteriums bestimmt. Die Wahrscheinlichkeiten für den FisherTest ergeben sich aus einer asymptotischen Chi-Quadrat-Verteilung. Alle anderen Tests unterstellen eine asymptotische Normalverteilung.
Tabelle 2: Panelstationaritätstests der ersten Differenzen der Arbeitslosenquoten Methode (1) Levin, Lin, Chu Test (2) Breitung Test (3) Im, Pesaran, Shin Test (4) ADF-Fisher Test (5) PP-Fisher Test (6) Hadri Test
Statistik I -15,2001 -15,5010 -20,4365 401,121 1168,45 2,6792
Wkt. 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,0037
Statistik II -22,5176 -12,9174 -20,7847 423,289 1568,45 1,6689
Wkt. 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,0476
Statistik III -20,1670 -16,7446 – 452,258 1266,51 –
Wkt. 0,0000 0,0000 – 0,0000 0,0000 –
Anmerkung: Für eine Beschreibung der einzelnen Test vgl. die Tabellenunterschrift von Tabelle 1.
150
Tabelle 3: Panelstationaritätstests der Arbeitslosenquoten Methode (1) Levin, Lin, Chu Test (2) Im, Pesaran, Shin Test (3) ADF-Fisher Test (4) PP-Fisher Test (5) Hadri Test
Statistik I -1,65441 -0,6329 13,0569 8,88676 27,1678
Wkt. 0,0490 0,2634 0,3649 0,7142 0,0000
Statistik II -1,6047 -0,2084 8,0964 4,4531 20,9747
Wkt. 0,0543 0,6944 0.7776 0.9738 0,0000
Statistik III -0,1490 – 6,8511 5,2236 –
Wkt. 0,4408 – 0,8673 0,9501 –
Anmerkung: Test (1) und (5) unterstellen einen gemeinsamen Unit-Root-Prozess. Test (2), (3) und (4) erlauben für einen individuellen Unit-Root-Prozess. Statistik I berücksichtigt individuelle Effekte, Statistik II berücksichtigt individuelle Effekte und einen linearen Zeittrend, Statistik III berücksichtigt keine exogenen Effekte im Testdesign. Die Tests (1) bis (4) haben als Nullhypothese die einer Unit Root. Test (5) hat die Nullhypothese das keine Unit Root vorliegt. Die Anzahl der Verzögerten endogenen Variablen ist auf Basis des Schwarz Information Kriteriums bestimmt. Die Wahrscheinlichkeiten für den FisherTest ergeben sich aus einer asymptotischen Chi-Quadrat-Verteilung. Alle anderen Tests unterstellen eine asymptotische Normalverteilung.
Tabelle 4: Panelstationaritätstests der ersten Differenzen der Arbeitslosenquoten Methode (1) Levin, Lin, Chu Test (2) Im, Pesaran, Shin Test (3) ADF-Fisher Test (4) PP-Fisher Test (5) Hadri Test
Statistik I -5,5055 -12,6308 193,597 907,393 0,7408
Wkt. 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,2294
Statistik II -8,0927 -12,1450 171,014 1200,86 -0,1044
Wkt. 0,0000 0,0000 0,0000 0,0000 0,5416
Statistik III -12,4037 – 22,835 999,453 –
Wkt. 0,0000 – 0,0000 0,0000 –
Anmerkung: Anmerkung: Für eine Beschreibung der einzelnen Test vgl. die Tabellenunterschrift von Tabelle 3.
Politische Daten
152
Tabelle 5: Wahltermine und Wahlausgang I Datum November 1966 Dezember 1972 Dezember 1975 Oktober 1980 Dezember 1984 März 1990 März 1996 November 2001 November 1960 November 1966 September 1971 Januar 1975 Oktober 1979 September 1982* September 1987 Dezember 1990 September 1994 November 2001 September 1957 September 1965 November 1972 Oktober 1980 März 1983 Dezember 1990 September 1998 September 2005 Juli 1958 Dezember 1964* März 1970 September 1975 März 1979 März 1987 März 1995
Wahlausgang Datum Australien Rechts Oktober 1969 Links Mai 1974 Rechts Dezember 1977 Rechts März 1983 Links Juli 1987 Links März 1993 Rechts Oktober 1998 Rechts Oktober 2004 Dänemark Links September 1964 Links Januar 1968 Links Dezember 1973 Links Februar 1977 Links Dezember 1981 Rechts Januar 1984 Rechts Mai 1988 Rechts Januar 1993* Links März 1998 Rechts Februar 2005 Deutschland Rechts September 1961 Rechts September 1969 Links Oktober 1976 Links Oktober 1982* Rechts Januar 1987 Rechts Oktober 1994 Links September 2002 — Finnland Rechts Februar 1962 Rechts März 1966 Links Januar 1972 Links September 1976* Links März 1983 Rechts März 1991 Links März 1999
Wahlausgang Rechts Links Rechts Links Links Links Rechts Rechts Links Rechts Rechts Links Links Rechts Rechts Links Links Rechts Rechts Links Links Rechts Rechts Rechts —
Links Links Links Rechts Rechts Rechts Links
Anmerkung: Die Wahltermine, die Wahlergebnisse und die Klassifikation der Parteien in das Links-Rechts-Spektrum sind Banks (1994), von von Beyme (1985), Caramani (2000) und Ismayr (2003) entnommen. Bei Koalitionsregierungen, mit Beteiligung von Parteien aus beiden Lagern, erfolgt die Zuordnung der Regierung anhand der politischen Orientierung des Regierungschefs. Regierungswechsel ohne Wahl sind mit * gekennzeichnet. Wahltermine ohne Benennung des Wahlausganges (—) werden ausschließlich in Kapitel 5 verwendet.
153
Datum
Wahlausgang Datum Frankreich November 1958 Rechts November 1962 März 1967 Rechts März 1968 März 1973 Rechts März 1978 Juni 1981 Links März 1986 Juni 1988 Links März 1993 Mai 1997 Links Juni 2002 Juni 2007 — Großbritannien Oktober 1959 Rechts Oktober 1964 März 1966 Links Juni 1970 Februar 1974 Links Mai 1979 Juni 1983 Rechts Juni 1987 April 1992 Rechts Mai 1997 Juni 2001 Links Mai 2005 Irland März 1957 Rechts Oktober 1961 April 1965 Rechts Juni 1969 Februar 1973 Links Juni 1977 Juni 1981 Links Februar 1982 November 1982 Links Februar 1987 Juni 1989 Rechts November 1992 November 1994* Links Juni 1997 Mai 2002 — Mai 2007 Kanada März 1958 Rechts Juni 1962 März 1963 Links Oktober 1965 Juni 1968 Links Oktober 1968 Juli 1974 Links Mai 1979 Februar 1980 Links September 1984 November 1988 Rechts Oktober 1993 Juni 1997 Links November 2000 Juni 2004 Links Januar 2006 Luxemburg Februar 1959 Links Juni 1964 Dezember 1968 Links Mai 1974 Juni 1979 Links Juni 1984 Juni 1989 Links Juni 1994 Juni 1999 Links Juni 2006 Niederlande März 1959 Rechts Mai 1963 Februar 1967 Rechts März 1971 November 1972 Links Mai 1977 Mai 1981 Rechts September 1982 Mai 1986 Rechts September 1989 Mai 1994 Links Mai 1998 Anmerkung: Siehe Tabelle 5.
Wahlausgang Rechts Rechts Rechts Rechts Rechts —
Links Rechts Rechts Rechts Links Links Rechts Rechts Rechts Rechts Rechts Links Rechts — Rechts Links Links Rechts Rechts Links Links — Links Rechts Links Links — Rechts Links Rechts Rechts Rechts Links
154
Datum
Wahlausgang Datum Wahlausgang Norwegen Oktober 1957 Links September 1961 Links August 1963* Rechts September 1963* Links September 1965 Rechts September 1969 Rechts März 1971* Links Oktober 1972* Rechts September 1973 Links September 1977 Links September 1981 Rechts September 1985 Links Mai 1986* Links September 1989 Rechts November 1990* Links September 1993 Links September 1997 Rechts September 2001 Rechts Österreich Mai 1959 Rechts Oktober 1962 Rechts März 1966 Rechts März 1970 Links October 1971 Links Oktober 1975 Links Mai 1979 Links April 1979 Links April 1983 Links November 1986 Links Oktober 1990 Links Oktober 1994 Links Dezember 1995 Links Oktober 1999 Rechts Portugal April 1983 Links Oktober 1985 Rechts Juli 1987 Rechts Oktober 1991 Rechts Oktober 1995 Links Oktober 1999 Links Schweden September 1960 Links September 1964 Links September 1968 Links September 1970 Links September 1973 Links September 1976 Rechts September 1979 Rechts September 1982 Links September 1985 Links September 1988 Links September 1991 Rechts September 1994 Links September 1998 Links September 2002 Links September 2006 Rechts Spanien Juni 1977 Rechts März 1979 Rechts Oktober 1982 Links Juni 1986 Links Oktober 1989 Links Juni 1993 Links März 1996 Rechts März 2000 Rechts Vereinigte Staaten von Amerika November 1960 Links November 1964 Links November 1968 Rechts November 1972 Rechts November 1976 Links November 1980 Rechts November 1984 Rechts November 1988 Rechts November 1992 Links November 1996 Links November 2000 Rechts November 2004 Rechts Anmerkung: Siehe Tabelle 5.
155
Tabelle 6: Einordnung der Parteien Partei Australien Australian Labor Party Liberal Party National Party of Australia Dänemark Social Democrats Socialist People’s Party Conservative People’s Party Liberals Deutschland Sozialdemokratische Partei Deutschlands Christlich-Demokratische Union Christlich Soziale Union in Bayern Finnland Social Democratic Party of Finland Left Alliance Centre Party National Coalition Party Frankreich Socialist Party French Communist Party Union for a Popular Movement National Front Großbritannien Labour Conservative Irland Labour Party Fine Gael Fianna Fáil Progressive Democrats Kanada Liberal Party of Canada New Democratic Party Conservative Party of Canada Progressive Conservative Party of Canada
Einordnung Links Rechts Rechts Links Links Rechts Rechts Links Rechts Rechts Links Links Rechts Rechts Links Links Rechts Rechts Links Rechts Links Links Rechts Rechts Links Links Rechts Rechts
156
Partei
Einordnung Luxemburg Luxembourg Socialist Workers’ Party Links Christian Social People’s Party Rechts Democratic Party Rechts Niederlande Labour Party Links Socialist Party Links People’s Party for Freedom and Democracy Rechts Christian Democratic Appeal Rechts Norwegen Norwegian Labour Party Links Socialist Left Party Links Progress Party Rechts Conservative Party Rechts Österreich Social Democratic Party of Austria Links Austrian People’s Party Rechts Portugal Socialist Party Links Social Democratic Party Rechts New Democracy Rechts Schweden Swedish Social Democratic Party Links Moderate Party Rechts Centre Party Rechts Christian Democrats Rechts Spanien Spanish Socialist Workers’ Party Links People’s Party Rechts Vereinigte Staaten von Amerika Democratic Party Links Republican Party Rechts
Wahlsiegwahrscheinlichkeiten
158
Australien Wahljahr Wahlsiegwkt. Deutschland Wahljahr Wahlsiegwkt. Kanada Wahljahr Wahlsiegwkt. Frankreich Wahljahr Wahlsiegwkt. Irland Wahljahr Wahlsiegwkt. Schweden Wahljahr Wahlsiegwkt. Großbritannien Wahljahr Wahlsiegwkt. Vereinigte Staaten Wahljahr Wahlsiegwkt. 1966 0,91 1969 0,37
1969 0,62
1984 0,22
1972 0,82
1972 0,45
1988 0,53
1976 0,59
1974 0,52
1997 0,02
1993 0,07
1980 0,78
1975 0,25
1997 0,98
1983 0,26
1977 0,62
2000 0,98
1987 0,70
1980 0,59
1997 0,98
2004 0,96
1990 0,71
1983 0,43
1994 0,56
1984 0,90
1998 0,24
1987 0,59
1990 0,62
1993 0,48
1996 0,38
Tabelle 7: Wahlsiegwahrscheinlichkeiten der Amtsinhabers
1965 0,82 1980 0,22 1993 0,56
1992 0,99
1979 0,93 1988 0,37
1989 0,98
1986 0,74
1987 0,20
2002 0,94
1981 0,03 1982 0,93
1998 0,79
1982 0,13
1994 0,12
1981 0,98
1991 0,37
1977 0,00
1988 0,78
1976 0,50
2001 0,95
1985 0,59
1973 0,47
1997 0,06
1982 0,37
1970 0,82
1992 0,55
1979 0,59
1968 0,59 1987 0,73
2004 0,65
1983 0,92
2000 0,39
1980 0,82
1996 0,91
1976 0,27
1992 0,51
1972 0,97
1988 0,65
1968 0,39
1984 0,88
1964 1,00
1998 0,51
2001 0,33
2004 0,55
Wiederwahlwahrscheinlichkeiten Tabelle 8: Schätzergebnisse der binär-logistischen Regression II Variable Konstante durchschnitt. Stimmenanteil des Amtsinhabers Beobachtungszahl Log-likelihood Chi2 Nagelkerkes R2
Koeffizient -3,855 (1, 66)∗∗ 8,624 (3, 323)∗∗∗ 87 108,521 5,841 0,118
Anmerkung: In Klammern sind die Standardfehler dargestellt. */**/*** kennzeichnet ein 90%/95%/99%-Signifikanzniveau.
160
Australien Wahljahr Wahlsiegwkt. Dänemark Wahljahr Wahlsiegwkt. Deutschland Wahljahr Wahlsiegwkt. Frankreich Wahljahr Wahlsiegwkt. Großbritannien Wahljahr Wahlsiegwkt. Irland Wahljahr Wahlsiegwkt. Kanada Wahljahr Wahlsiegwkt. Schweden Wahljahr Wahlsiegwkt. Vereinigte Staaten Wahljahr Wahlsiegwkt. 1979 0,81
1977 0,16
1983 0,77
1981 0,33
1965 0,59
1960 0,67
1969 0,64
1970 0,71
1980 0,54
1981 0,86
1987 0,59
1986 0,75
1969 0,53
1964 0,65
1972 0,53
1984 0,84
1973 0,56
1984 0,39
1989 0,84
1992 0,59
1988 0,50
1972 0,72
1966 0,62
1974 0,56
1988 0,69
1976 0,59
1988 0,51
1992 0,88
1997 0,31
1993 0,66
1976 0,60
1968 0,67
1975 0,71
1996 0,60
1979 0,59
2004 0,86
1997 0,30
2001 0,77
1997 0,26
1980 0,66
1971 0,41
1977 0,60
2000 0,74
1982 0,52
2006 0,83
2005 0,74
2002 0,74
1983 0,39
1973 0,82
1980 0,60
2004 0,53
1985 0,57
1987 0,62
1975 0,34
1983 0,67
0,61
1988 0,67
1990 0,62
1977 0,80
1984 0,44
1991 0,49
1994 0,54
1979 0,86
1987 0,65
1994 0,39
1998 0,47
1981 0,80
1990 0,63
1998 0,65
2002 0,55
1984 0,61
1993 0,70
2002 0,78
2005 0,53
1987 0,61
1996 0,68
1990 0,52
1998 0,59
1994 0,57
2001 0,74
1998 0,55
2004 0,64
Tabelle 9: Wiederwahlwahrscheinlichkeiten der Amtsinhabers
1968 0,58
1980 0,80
2006 0,56 1976 0,54
2001 0,53
2005 0,58
Robustheitstests Tabelle 10: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (OLS, k=12) Variable BW OIL EM U S12,t−x Adj. R2
x=3 -0,02319 (1, 85)∗ 0,03202 (2, 06)∗∗ -0,02679 (3, 05)∗∗∗ 0,07828 (3, 66)∗∗∗ 0,9969
x=6 -0,02153 (1, 70)∗ 0,03486 (2, 19)∗∗ -0,02827 (3, 15)∗∗∗ 0,07109 (3, 06)∗∗∗ 0,9968
x=9 -0,02218 (1, 71)∗ 0,03757 (2, 28)∗∗ -0,02813 (3, 11)∗∗∗ 0,06688 (2, 73)∗∗∗ 0,9968
x=12 -0,01934 (1, 54) 0,03756 (2, 30)∗∗ -0,02919 (3, 23)∗∗∗ 0,01396 (0, 33) 0,9967
x=15 -0,01891 (1, 54) 0,04145 (2, 54)∗∗∗ -0,02796 (3, 23)∗∗∗ 0,02149 (0, 48) 0,9968
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
162
Tabelle 11: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (OLS, k=18) Variable BW OIL EM U S18,t−x Adj. R2
x=3 -0,02283 (1, 88)∗ 0,03539 (2, 25)∗∗ -0,02497 (2, 97)∗∗∗ 0,07165 (3, 76)∗∗∗ 0,9969
x=6 -0,02125 (1, 73)∗ 0,03873 (2, 39)∗∗ -0,02570 (2, 99)∗∗∗ 0,06516 (3, 26)∗∗∗ 0,9969
x=9 -0,02231 (1, 77)∗ 0,04134 (2, 47)∗∗ -0,002543 (2, 95)∗∗∗ 0,063395 (3, 00)∗∗∗ 0,9969
x=12 -0,001947 (1, 60) 0,03865 (2, 41)∗∗ -0,02645 (3, 10)∗∗∗ 0,01139 (0, 40) 0,9968
x=15 -0,02117 (1, 74)∗ 0,04086 (2, 50)∗∗ -0,02638 (3, 12)∗∗∗ 0,01484 (0, 47) 0,9968
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
Tabelle 12: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (OLS, k=24) Variable BW OIL EM U S24,t−x Adj. R2
x=3 -0,02412 (1, 94)∗ 0,03617 (2, 28)∗∗ -0,02594 (2, 99)∗∗∗ 0,07104 (3, 95)∗∗∗ 0,9969
x=6 -0,02230 (1, 76)∗ 0,03862 (2, 36)∗∗ -0,002753 (3, 11)∗∗∗ 0,05124 (2, 73)∗∗∗ 0,9969
x=9 -0,02225 (1, 72)∗ 0,04047 (2, 41)∗∗ -0,02777 (3, 11)∗∗∗ 0,04819 (2, 55)∗∗ 0,9968
x=12 -0,01833 (1, 48) 0,03796 (2, 35)∗∗ -0,02941 (3, 56)∗∗∗ 0,00251 (0, 11) 0,9968
x=15 -0,01814 (1, 50) 0,04132 (2, 52)∗∗ -0,02866 (3, 34)∗∗∗ -0,00378 (0, 15) 0,9969
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
163
Tabelle 13: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (CYCLE, k=12) Variable x=3 BW -0,00675 (1, 73)∗ OIL 0,00694 (0, 39) EM U -0,00205 (1, 36) 0,01963 S12,t−x (0, 95) Adj. R2 0,8309
x=6 -0,00445 (0, 94) 0,00644 (0, 36) -0,0029 (1, 66)∗ 0,04089 (2, 75)∗∗∗ 0,8309
x=9 x=12 -0,00486 -0,00266 (0, 38) (0, 59) 0,00711 0,00805 (0, 38) (0, 41) -0,00254 -0,00150 (1, 73)∗ (1, 38) 0,0555 0,01699 (1, 97)∗∗ (0, 52) 0,8307 0,8292
x=15 -0,00383 (1, 04) 0,01019 (0, 55) -0,00152 (1, 42) 0,01681 (0, 49) 0,8341
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
Tabelle 14: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (CYCLE, k=18) Variable x=3 BW -0,00614 (0, 92) OIL 0,00445 (0, 37) EM U -0,00171 (0, 33) 0,02882 S18,t−x (2, 25)∗∗ 2 Adj. R 0,8341
x=6 -0,00428 (0, 63) 0,00531 (0, 43) -0,00198 (0, 38) 0,03984 (2, 89)∗∗∗ 0,8345
x=9 -0,00494 (0, 71) 0,00672 (0, 71) -0,00245 (0, 48) 0,05490 (3, 38)∗∗∗ 0,8350
x=12 -0,00288 (0, 40) 0,00622 (0, 49) -0,00125 (0, 24) 0,01947 (0, 72) 0,8342
x=15 -0,00403 (0, 54) 0,00821 (0, 65) 0,00133 (0, 26) 0,02214 (0, 81) 0,8346
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
164
Tabelle 15: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (CYCLE, k=24) Variable BW OIL EM U S24,t−x Adj. R2
x=3 -0,00639 (1, 21) 0,00674 (0, 39) -0,00274 (1, 67)∗ 0,04011 (3, 59)∗∗∗ 0,8318
x=6 -0,00474 (0, 82) 0,00774 (0, 43) -0,00288 (1, 80)∗ 0,04248 (3, 08)∗∗∗ 0,8314
x=9 x=12 -0,00481 -0,00217 (0, 75) (0, 44) 0,00894 0,00854 (0, 47) (0, 44) -0,00327 -0,00181 (1, 80)∗ (1, 62) 0,05298 0,02014 (2, 49)∗∗ (1, 15) 0,8311 0,8293
x=15 -0,00417 (1, 19) 0,01016 (0, 55) -0,00148 (1, 36) 0,00686 (0, 39) 0,8342
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
Tabelle 16: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (DIFF, k=12) Variable BW OIL EM U S12,t−x
x=3 0,01767 (1, 43) 0,06873 (3, 16)∗∗∗ -0,02925 (2, 41)∗∗ 0,07608 (3, 57)∗∗∗
x=6 0,02728 (2, 44)∗∗ 0,05721 (2, 46)∗∗ -0,03469 (2, 46)∗∗ 0,09067 (3, 37)∗∗∗
x=9 0,02941 (2, 31)∗∗ 0,04838 (1, 88)∗ -0,02974 (2, 01)∗∗ 0,08169 (3, 18)∗∗∗
x=12 0,04432 (2, 80)∗∗∗ 0,06294 (2, 36)∗∗ -0,04383 (3, 06)∗∗∗ 0,02472 (0, 80)
x=15 0,01624 (1, 01) 0,09491 (3, 14)∗∗∗ -0,03383 (2, 23)∗∗ 0,01809 (0, 58)
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
165
Tabelle 17: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (DIFF, k=18) Variable BW OIL EM U S18,t−x
x=3 0,01992 (1, 94)∗ 0,06055 (2, 80)∗∗∗ -0,02602 (2, 19)∗∗ 0,07022 (3, 89)∗∗∗
x=6 0,02575 (2, 38)∗∗ 0,07407 (3, 18)∗∗∗ -0,03521 (2, 79)∗∗∗ 0,07064 (3, 39)∗∗∗
x=9 0,02029 (1, 70)∗ 0,08395 (3, 25)∗∗∗ -0,03053 (2, 36)∗∗ 0,06341 (2, 87)∗∗∗
x=12 0,02484 (1, 86)∗ 0,07315 (2, 99)∗∗∗ -0,02815 (2, 40)∗∗ 0,00721 (0, 25)
x=15 0,01722 (1, 32) 0,05974 (2, 36)∗∗ -0,02349 (2, 02)∗∗ 0,00532 (0, 16)
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
Tabelle 18: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (DIFF, k=24) Variable BW OIL EM U S24,t−x
x=3 0,01604 (1, 68)∗ 0,07547 (3, 99)∗∗∗ -0,02773 (3, 04)∗∗∗ 0,06495 (3, 99)∗∗∗
x=6 0,01718 (1, 76)∗ 0,07855 (3, 97)∗∗∗ -0,02568 (2, 78)∗∗∗ 0,04598 (2, 75)∗∗∗
x=9 0,02014 (1, 99)∗∗ 0,06064 (2, 99)∗∗∗ -0,02318 (2, 50)∗∗ 0,04023 (2, 42)∗∗
x=12 0,01773 (1, 68)∗∗ 0,04692 (2, 38)∗∗ -0,02222 (2, 45)∗∗ -0,00421 (0, 24)
x=15 0,00422 (0, 41) 0,04251 (2, 11)∗∗ -0,02307 (2, 61)∗∗∗ -0,01196 (0, 65)
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
166
Tabelle 19: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (AR(1), k=12) Variable x=3 BW -0,05497 (1, 85)∗ OIL 0,08255 (2, 54)∗∗ EM U -0,08381 (2, 23)∗∗ S12,t−x 0,10106 (2, 23)∗∗ Adj. R2 0,9968
x=6 -0,05222 (1, 76)∗ 0,08249 (2, 54)∗∗ -0,08492 (3, 49)∗∗∗ 0,13811 (3, 93)∗∗∗ 0,9968
x=9 0,00256 (0, 43) 0,00032 (0, 04) 0,00609 (1, 33) 0,00343 (0, 71) 0,9942
x=12 -0,04210 (1, 35) 0,09450 (2, 78)∗∗ -0,08469 (3, 42)∗∗∗ 0,00686 (0, 16) 0,9968
x=15 -0,04875 (1, 53) 0,10008 (2, 91)∗∗∗ -0,08491 (3, 42)∗∗∗ 0,06819 (1, 34) 0,9968
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
Tabelle 20: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (AR(1), k=18) Variable BW OIL EM U S18,t−x Adj. R2
x=3 -0,05279 (1, 84)∗ 0,08631 (2, 67)∗∗∗ -0,07737 (3, 23)∗∗∗ 0,13155 (3, 37)∗∗∗ 0,9969
x=6 x=9 -0,01075 -0,050922 (0, 95) (1, 75)∗ 0,026481 0,09168 (1, 66)∗ (2, 78)∗∗∗ -0,01681 -0,07707 (1, 92)∗ (3, 26)∗∗∗ 0,04109 0,12304 (2, 38)∗∗ (3, 19)∗∗∗ 0,9965 0,9968
x=12 -0,04987 (1, 64) 0,0948 (2, 76)∗∗∗ -0,07963 (3, 26)∗∗∗ 0,02748 (0, 69) 0,9967
x=15 -0,05463 (1, 77)∗ 0,10005 (2, 91)∗∗∗ -0,07921 (3, 23)∗∗∗ 0,07225 (1, 71)∗ 0,9967
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
167
Tabelle 21: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (AR(1), k=24) Variable BW OIL EM U S24,t−x Adj. R2
x=3 -0,05509 (1, 92)∗ 0,08633 (2, 68)∗∗∗ -0,07947 (3, 31)∗∗∗ 0,15108 (3, 83)∗∗∗ 0,9968
x=6 -0,05361 (1, 84)∗ 0,08855 (2, 73)∗∗∗ -0,0829 (3, 44)∗∗∗ 0,12064 (3, 69)∗∗∗ 0,9968
x=9 -0,05139 (1, 73)∗ 0,09008 (2, 73)∗∗∗ -0,08314 (3, 46)∗∗∗ 0,11695 (3, 39) 0,9968
x=12 -0,04074 (1, 33) 0,09609 (2, 83)∗∗∗ -0,08436 (3, 46)∗∗∗ 0,01383 (0, 39) 0,9968
x=15 -0,04799 (1, 53) 0,09962 (2, 89)∗∗∗ -0,08543 (3, 45)∗∗∗ 0,01696 (0, 42) 0,9968
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
Tabelle 22: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (LSDV, k=12) Variable BW OIL EM U S12,t−x Adj. R2
x=3 -0,02215 (1, 89)∗ 0,03374 (2, 22)∗∗ -0,02643 (3, 23)∗∗∗ 0,07517 (4, 17)∗∗∗ 0,9939
x=6 -0,02251 (1, 93)∗ 0,03596 (2, 34)∗∗ -0,00271 (3, 34)∗∗∗ 0,06785 (3, 85)∗∗∗ 0,9939
x=9 -0,02326 (1, 98)∗∗ 0,03837 (2, 45) -0,002672 (3, 32)∗∗∗ 0,06375 (3, 43)∗∗∗ 0,9939
x=12 -0,02438 (2, 04)∗∗ 0,03718 (2, 37)∗∗ -0,02630 (3, 28)∗∗∗ 0,01269 ()0,54 0,9939
x=15 -0,02395 (2, 01)∗∗ 0,04097 (2, 62)∗∗∗ -0,02532 (3, 21)∗∗∗ 0,02088 (0, 75) 0,9941
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
168
Tabelle 23: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (LSDV, k=18) Variable BW OIL EM U S18,t−x Adj. R2
x=3 -0,02149 (1, 89)∗ 0,03691 (2, 43)∗∗ -0,02499 (3, 15)∗∗∗ 0,06806 (4, 57)∗∗∗ 0,9943
x=6 -0,02155 (1, 89)∗ 0,03974 (2, 57)∗∗ -0,02506 (3, 17)∗∗∗ 0,06184 (4, 06)∗∗∗ 0,9942
x=9 -0,02227 (1, 95)∗ 0,04223 (2, 69)∗∗∗ -0,02432 (3, 14)∗∗∗ 0,06009 (3, 29)∗∗∗ 0,9942
x=12 -0,02297 (1, 98)∗∗ 0,03851 (2, 48)∗∗ -0,02426 (3, 10)∗∗∗ 0,00971 (0, 49) 0,9942
x=15 -0,02430 (2, 09)∗∗ 0,04108 (2, 63)∗∗∗ -0,02423 (3, 11)∗∗∗ 0,01351 (0, 66) 0,9942
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
Tabelle 24: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (LSDV, k=24) Variable BW OIL EM U S24,t−x Adj. R2
x=3 -0,02214 (1, 93)∗ 0,03793 (2, 49)∗∗ -0,02596 (3, 22)∗∗∗ 0,06675 (4, 31)∗∗∗ 0,9941
x=6 -0,02301 (1, 99)∗∗ 0,03945 (2, 55)∗∗ -0,02658 (3, 32)∗∗∗ 0,04773 (3, 11)∗∗∗ 0,9941
x=9 -0,02354 (2, 03)∗∗ 0,04085 (2, 59)∗∗∗ -0,02643 (3, 31) 0,04507 (2, 91) 0,9941
x=12 -0,02418 (2, 05)∗∗ 0,03702 (2, 37)∗∗ -0,02646 (3, 33)∗∗∗ 0,00171 (0, 10) 0,9941
x=15 -0,02409 (2, 05)∗∗ 0,04018 (2, 57)∗∗ -0,02582 (3, 29)∗∗∗ -0,00413 (0, 24) 0,9942
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
169
Tabelle 25: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (AH, k=18) Variable BW OIL EM U S18,t−x Adj. R2
x=3 x=6 x=9 x=12 0,00461 0,01038 0,01065 0,01276 (0, 03) (0, 08) (0, 08) (0, 09) -0,02405 -0,02612 -0,02629 -0,02257 (0, 40) (0, 43) (0, 44) (0, 35) 0,02773 0,02896 0,02792 0,02763 (0, 37) (0, 39) (0, 37) (0, 37) 0,06396 0,05391 0,04310 -0,02118 (1, 05) (0, 92) (0, 73) (0, 35) 0,9885 0,9882 0,9882 0,9881
x=15 0,01029 (0, 07) -0,02209 (0, 34) 0,02007 (0, 27) 0,13517 (2, 15)∗∗ 0,9853
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
Tabelle 26: Schätzergebnisse für die Arbeitslosenquoten (GMM, k=18) Variable BW OIL EM U S18,t−x m2
x=3 -0,02824 (0, 77) 0,07519 (3, 09)∗∗∗ 0,03619 (1, 52) 0,10774 (2, 34)∗∗ 0,27
x=6 -0,02782 (0, 76) 0,06779 (2, 94)∗∗∗ 0,03317 (1, 39) 0,15769 (3, 46)∗∗∗ 0,43
x=9 -0,02942 (0, 80) 0,05875 (2, 61)∗∗∗ 0,03172 (1, 32) 0,13483 (2, 96)∗∗∗ 0,29
x=12 -0,01370 (0, 36) 0,05701 (2, 51)∗∗ 0,02868 (1, 18) 0,00362 (0, 08) 0,27
x=15 -0,00210 (0, 06) 0,05989 (2, 58)∗∗∗ 0,01652 (0, 68) -0,00769 (0, 17) 0,39
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben.
170
Tabelle 27: Schätzergebnisse für die Inflationsraten (OLS, 16 Länder) Variable BW OEL EM U Rt−x Adj. R2
x=3 -0,00036 (3, 24)∗∗∗ 0,00149 (8, 84)∗∗∗ -0,00153 (11, 57)∗∗∗ -0,00009 (1, 77)∗ 0,3587
x=6 -0,00036 (3, 25)∗∗∗ 0,00151 (8, 94)∗∗∗ -0,00153 (11, 66)∗∗∗ 0,00010 (2, 05)∗∗ 0,3533
x=9 -0,00037 (3, 27)∗∗∗ 0,00153 (9, 05)∗∗∗ -0,00154 (11, 75)∗∗∗ -0,00011 (2, 24)∗∗ 0,3493
x=12 -0,00036 (3, 26)∗∗∗ 0,00155 (9, 19)∗∗∗ -0,00155 (11, 82)∗∗∗ -0,00013 (2, 60)∗∗∗ 0,3472
x=15 -0,00036 (3, 19)∗∗∗ 0,00158 (9, 39)∗∗∗ -0,00153 (11, 76)∗∗∗ 0,00001 (2, 01)∗∗ 0,3473
Anmerkung: In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben. Die Signifikanzlevel sind wie folgt dargestellt: * für ein 90%-Signifikanzniveau, ** für 95% und *** für mehr als 99%.
Tabelle 28: Schätzergebnisse für die Inflationsraten (LSDV, 16 Länder) Variable BW OEL EM U Rt−x Adj. R2
x=3 -0,00010 (1, 15) 0,00159 (9, 51)∗∗∗ -0,00140 (11, 10)∗∗∗ -0,00008 (1, 59) 0,3259
x=6 -0,00010 (1, 15) 0,00161 (9, 61)∗∗∗ -0,00141 (11, 23)∗∗∗ -0,00009 (1, 88)∗ 0,3233
x=9 -0,00010 (1, 15) 0,00163 (9, 72)∗∗∗ -0,00142 (11, 33)∗∗∗ -0,00010 (2, 06)∗∗ 0,3205
Anmerkung: Tabellenunterschrift vgl. Tabelle 27
x=12 -0,00010 (1, 14) 0,00165 (9, 86)∗∗∗ -0,00143 (11, 44)∗∗∗ -0,00012 (2, 42)∗∗ 0,3201
x=15 -0,00010 (1, 08) 0,00168 (10, 05)∗∗∗ -0,00142 (11, 44)∗∗∗ -0,00009 (1, 83)∗ 0,3222
171
Tabelle 29: Schätzergebnisse für die Inflationsraten (OLS, 8 Länder) Variable BW OEL EM U Rt−x Adj. R2
x=3 -0,00062 (3, 92)∗∗∗ 0,00164 (4, 96)∗∗∗ -0,00161 (9, 48)∗∗∗ -0,00005 (0, 64) 0,3232
x=6 -0,00062 (3, 93)∗∗∗ 0,00163 (4, 97)∗∗∗ -0,00161 (9, 55)∗∗∗ -0,00007 (0, 87) 0,3233
x=9 -0,00063 (3, 96)∗∗∗ 0,00163 (4, 96)∗∗∗ -0,00162 (9, 59)∗∗∗ -0,00010 (1, 37) 0,3235
x=12 -0,00063 (3, 98)∗∗∗ 0,00163 (4, 97)∗∗∗ -0,00162 (9, 60)∗∗∗ -0,00013 (1, 71)∗ 0,3237
x=15 -0,00062 (3, 92)∗∗∗ 0,00163 (4, 95)∗∗∗ -0,00159 (9, 41)∗∗∗ -0,00159 (0, 86) 0,3263
Anmerkung: Tabellenunterschrift vgl. Tabelle 27
Tabelle 30: Schätzergebnisse für die Inflationsraten (LSDV, 8 Länder) Variable BW OEL EM U Rt−x Adj. R2
x=3 -0,00041 (3, 16)∗∗∗ 0,00117 (5, 85)∗∗∗ -0,00117 (7, 49)∗∗∗ -,00004 (0, 65) 0,4334
x=6 -0,00041 (3, 17)∗∗∗ 0,00117 (5, 84)∗∗∗ -0,00117 (7, 51)∗∗∗ -0,00004 (0, 81) 0,4334
x=9 -0,00042 (3, 19)∗∗∗ 0,00117 (5, 84)∗∗∗ -0,00118 (7, 56)∗∗∗ -0,00007 (1, 35) 0,4336
Anmerkung: Tabellenunterschrift vgl. Tabelle 27
x=12 -0,00041 (3, 20)∗∗∗ 0,00117 (5, 86)∗∗∗ -0,00118 (7, 57)∗∗∗ -0,00009 (1, 62)∗ 0,4337
x=15 -0,00041 (3, 16)∗∗∗ 0,00116 (5, 81)∗∗∗ -0,00115 (7, 44)∗∗∗ -0,00004 (0, 78) 0,4377
172
WD2 (OLS)
WD3 (OLS)
1,0764 (13, 89)∗∗∗ 0,0865 (2, 59)∗∗∗ -0,5609 (2, 32)∗∗∗ 0,0265 (0, 09) 13,7797 (3, 32)∗∗∗ -0,8600 (2, 40)∗∗ -0,1999 (1, 02)
— 0,19 0,60 234
1,0680 (13, 90)∗∗∗ 0,0879 (2, 64)∗∗∗ -0,5621 (2, 32)∗∗∗ 0,0370 (0, 12) 13,6667 (3, 31)∗∗∗ -0,8489 (2, 37)∗∗ -0,3531 (0, 71)
— 0,20 0,61 234
1,0787 (14, 14)∗∗∗ 0,0845 (2, 57)∗∗ -0,5827 (2, 45)∗∗ 0,0288 (0, 10) 13,7210 (3, 36)∗∗∗ -0,8087 (2, 29)∗∗ -0,6152 (2, 38)∗∗
Tabelle 31: Schätzergebnisse für die Variable BALA WD1 (OLS) 0,0833 (16, 76)∗∗∗ 0,0581 (2, 99)∗∗∗ -0,1216 (0, 92) 0,0128 (0, 07) 3,2653 (1, 23) -0,4678 (2, 18)∗∗ -0,5807 (2, 14)∗∗
— 0,19 0,60 234
POP1564 POP65+ GDP-PC OUTPUTGAP Wahldummy
WD3 (GMM)
Variable 0,8318 (16, 59)∗∗∗ 0,0597 (3, 42)∗∗∗ -0,1191 (0, 89) 0,0102 (0, 06) 3,1545 (1, 17) -0,4736 (2, 21)∗∗ -0,6062 (1, 15) 0,8495 — — 243
WD1 (GMM) WD2 (GMM)
BALA(-1)
0,8354 (15, 43)∗∗∗ 0,0611 (3, 42)∗∗∗ -0,1251 (0, 94) 0,0051 (0, 03) 3,0014 (1, 06) -0,4774 (2, 29)∗∗ -0,2138 (1, 11) 0,8469 — — 243
TRADE
0,8468 — — 243
Adj. R2 m2 Sargan Beobachtungszahl
Anmerkung: Die Variable GDP-PC geht in logarithmierter Form in die Schätzgleichung ein. In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben. Für die GMM-Schätzung sind die Koeffizienten der homoskedastischen einstufigen Schätzer angegeben. Die Signifikanzlevel sind wie folgt dargestellt: * für ein 90%-Signifikanzniveau, ** für 95% und *** für mehr als 99%. Der Wert in der Zeile m2 gibt die Fehlerwahrscheinlichkeit mit der die Hypothese der Nichtexistenz von Autokorrelation zweiter Ordnung in den Fehlertermen verworfen wird. Der Wert in der Zeile ”Sargan” gibt die Fehlerwahrscheinlichkeit beim Ablehnung der Hypothese valider Instrumente an.
173
WD2 (OLS)
WD3 (OLS)
0,8757 (10, 65)∗∗∗ -0,1143 (4, 14)∗∗∗ -0,1175 (0, 53) -0,0073 (0, 03) 1,1767 (0, 35) 0,1938 (0, 63) 0,0936 (0, 56)
— 0,17 0,04 240
0,8778 (10, 64)∗∗∗ -0,1140 (4, 12)∗∗∗ -0,1042 (0, 47) 0,0001 (0, 00) 1,1484 (0, 34) 0,1896 (0, 61) 0,2171 (0, 61)
— 0,18 0,05 240
0,8784 (10, 63)∗∗∗ -0,1149 (4, 15)∗∗∗ -0,1056 (0, 48) -0,0121 (0, 05) 1,1694 (0, 35) 0,1954 (0, 63) 0,0041 (0, 68)
Tabelle 32: Schätzergebnisse für die Variable EXP WD1 (OLS) 0,8414 (23, 23)∗∗∗ -0,0740 (4, 41)∗∗∗ 0,0132 (0, 14) 0,3102 (1, 84)∗ -1,6194 (0, 71) 0,0986 (0, 49) -0,0258 (0, 09)
— 0,16 0,03 240
POP1564 POP65+ GDP-PC OUTPUTGAP Wahldummy
WD3 (GMM)
Variable 0,8414 (23, 26)∗∗∗ -0,0738 (4, 48)∗∗∗ 0,0127 (0, 14) 0,3096 (1, 84)∗ -1,6303 (0, 72) 0,0977 (0, 49) 0,0414 (0, 09) 0,9863 — — 249
WD1 (GMM) WD2 (GMM)
EXP (-1)
0,8413 (23, 72)∗∗∗ -0,0738 (4, 60)∗∗∗ 0,0130 (0, 17) 0,3099 (2, 02)∗∗ -1,6298 (0, 62) 0,0981 (0, 44) -0,0031 (0, 02) 0,9863 — — 249
TRADE
0,9863 — — 249
Adj. R2 m2 Sargan Beobachtungszahl
Anmerkung: Die Variable GDP-PC geht in logarithmierter Form in die Schätzgleichung ein. In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben. Für die GMM-Schätzung sind die Koeffizienten der homoskedastischen einstufigen Schätzer angegeben. Die Signifikanzlevel sind wie folgt dargestellt: * für ein 90%-Signifikanzniveau, ** für 95% und *** für mehr als 99%. Der Wert in der Zeile m2 gibt die Fehlerwahrscheinlichkeit mit der die Hypothese der Nichtexistenz von Autokorrelation zweiter Ordnung in den Fehlertermen verworfen wird. Der Wert in der Zeile ”Sargan” gibt die Fehlerwahrscheinlichkeit beim Ablehnung der Hypothese valider Instrumente an. Der Sargan-Test auf Überidentifikation des Modells kann für die Spezifikation mit der Variable EXP nicht verworfen werden. Die Validität ist dennoch durch den Autokorrelationstest 2. Ordnung (m2)zur Überprüfung der Hypothese nicht autokorrelierter Fehlerterme gesichert.
174
WD2 (OLS)
WD3 (OLS)
0,7866 (11, 14)∗∗∗ -0,0581 (2, 65)∗∗∗ -0,2348 (1, 54) 0,1589 (0, 73) 7,2639 (2, 56)∗∗ -0,0279 (0, 11) -0,0769 (0, 54)
— 0,92 0,74 240
0,7885 (11, 16)∗∗∗ -0,0579 (2, 64)∗∗∗ -0,2328 (1, 52) 0,1606 (0, 74) 7,28 (2, 56)∗∗ -0,0283 (0, 11) -0,2475 (0, 68)
— 0,97 0,61 240
0,7903 (11, 35)∗∗∗ -0,0633 (2, 95)∗∗∗ -0,2439 (1, 63) 0,1607 (0, 76) 6,9106 (2, 49)∗∗ 0,0611 (0, 25) -0,5221 (2, 78)∗∗∗
Tabelle 33: Schätzergebnisse für die Variable REV WD1 (OLS) 0,8312 (19, 39)∗∗∗ -0,0332 (2, 67)∗∗ 0,0532 (0, 63) 0,3875 (2, 76)∗∗∗ 1,1089 (0, 51) -0,1545 (0, 83) -0,5698 (2, 54)∗∗
— 0,95 0,72 240
POP1564 POP65+ GDP-PC OUTPUTGAP Wahldummy
WD3 (GMM)
Variable 0,8279 (18, 78)∗∗∗ -0,0316 (2, 15)∗∗ 0,0539 (0, 64) 0,3881 (2, 73)∗∗∗ 0,9613 (0, 44) -0,1592 (0, 85) -0,6485 (1, 60) 0,9907 — — 249
WD1 (GMM) WD2 (GMM)
REV (-1)
0,8282 (18, 45)∗∗∗ -0,0304 (2, 27)∗∗ 0,0536 (0, 58) 0,3855 (3, 06)∗∗∗ 0,7789 (0, 40) -0,1613 (0, 91) -0,1916 (0, 97) 0,9904 — — 249
TRADE
0,9903 — — 249
Adj. R2 m2 Sargan Beobachtungszahl
Anmerkung: Die Variable GDP-PC geht in logarithmierter Form in die Schätzgleichung ein. In Klammern sind die t-Statistiken mit panel-korrigierten Standardfehlern nach Beck und Katz (1995) angegeben. Für die GMM-Schätzung sind die Koeffizienten der homoskedastischen einstufigen Schätzer angegeben. Die Signifikanzlevel sind wie folgt dargestellt: * für ein 90%-Signifikanzniveau, ** für 95% und *** für mehr als 99%. Der Wert in der Zeile m2 gibt die Fehlerwahrscheinlichkeit mit der die Hypothese der Nichtexistenz von Autokorrelation zweiter Ordnung in den Fehlertermen verworfen wird. Der Wert in der Zeile ”Sargan” gibt die Fehlerwahrscheinlichkeit beim Ablehnung der Hypothese valider Instrumente an.