Hans Naegeli
Umsessenheit und Infestation Die leichteren Formen der Besessenheit
R. G. Fischer
Meiner Lebenspartner...
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Hans Naegeli
Umsessenheit und Infestation Die leichteren Formen der Besessenheit
R. G. Fischer
Meiner Lebenspartnerin Georgette Fürst-Pezet zugeeignet in Dankbarkeit für die vielfältig geleistete Hilfe
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Naegeli, Hans: Umsessenheit und Infestation : die leichteren Formen der Besessenheit / Hans Naegeli. - Frankfurt (Main) : R. G. Fischer, 1994 ISBN 3-89406-999-6 © 1994 by R. G. Fischer Verlag Orber Straße 30, D-60386 Frankfurt/Main Alle Rechte vorbehalten Satz: Satzservice Hannelore Kniebes, Babensham Schriftart: Times 11' normal Herstellung: Ernst Grässer, Karlsruhe Printed in Germany ISBN 3-89406-999-6
Inhalt Zum Geleit - von Rudolf Passian ............................................... 1. Vorwort ................................................................................ 2. Einführung ........................................................................... 3. Begriffsbestimmung ............................................................ 4. Umsessenheit und Infestation .............................................. 5. Henri Bergsons Gedanken über die geistigen Entwicklungstendenzen ....................................................... 6. Das Geistige als primäre Wirklichkeit ................................. 7. Rhythmus und Regel ............................................................ 8. Naturwissenschaft und moderne Physik .............................. 9. Gesamtübereinstimmung allen Geschehens ........................ 10. Der feinstoffliche Körper (corpus subtile) ........................... 11. Materialisation und Dematerialisation als Phänomen der beiden ineinander übergehenden Weltwirklichkeiten ......... 12. Was ist Geist? ...................................................................... 13. Feinstofflichkeit als Grundbedingung dämonischer Beeinflussung ...................................................................... 14. Die feinstoffliche Wirklichkeit beim Traumerleben, bei Umsessenheit und Infestation und bei der Schizophrenie ... 15. Die Beziehungen zwischen der feinstofflichen Welt und der Materie, dem Jenseits und dem Diesseits ............... 16. Was geschieht mit der menschlichen Seele nach dem Tod? 17. Die Magie ............................................................................ A) Definition der Magie ...................................................... B) Magie ist ethisch wertfrei ............................................... C) Ursprung der Magie ........................................................ D) Geschichte der Magie ..................................................... E) Die Magie im heutigen Weltbild ..................................... F) Das Wesen der Magie ..................................................... G) Die Arten des magischen Geschehens ............................ H) Wirkungsweise der Magie .............................................. I) Einwirkungsmöglichkeiten bei magischem Geschehen ... J) Bedingungen für magische Einwirkung ..........................
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K) Die Analogiekausalität ................................................... L) Die Rolle transzendenter Geistwesen im magischen Geschehen ............................................................................ M) Die positive Magie im täglichen Geschehen ................. N) Die Magie innerhalb der Tierwelt .................................. O) Extreme magische Bewirkung ........................................ P) Schlußbetrachtungen ....................................................... 18. Infestation, Spuk und Stallspuk ........................................... 19. Kleinphänomene der Infestation im täglichen Leben und bei obessionsverdächtigen Menschen .................................. 20. Die Phänomenologie zweier stark Infestierter ..................... 21. Infestation in meiner ärztlichen Praxis ................................ 22. Die Autonomie transzendenter Geistwesen ......................... 23. Bewirkung der Materie über personale psychische Kräfte .. 24. Das Künden als wesensverwandtes Phänomen der Infestation ............................................................................ 25. Kräftespiel zwischen Mensch und Geistwesen bei paranormalem Geschehen .................................................... 26. Die Bedeutung des „corpus subtile“ als Vermittler zur Transzendenz ....................................................................... 27. Engel und Dämonen ............................................................ A) Begriffsbestimmung ....................................................... B) Engel und Dämonen im Urteil vergangener Epochen und der heutigen Zeit ........................................................... C) Die Realität der Engel ..................................................... D) Die Wahrnehmung der Engel und Engeldämonen über die menschlichen Sinne ....................................................... 28. Schlußwort ...........................................................................
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Bibliographie .............................................................................
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Zum Geleit Dieses Buch behandelt ein außergewöhnliches Thema. Es setzt voraus, daß der Persönlichkeitskern des Menschen mit dem Tode nicht erlischt. Darauf angesprochen, pflegt man bestechend logisch klingende Redensarten zu hören, wie „Von drüben ist noch keiner zurückgekommen“ oder „Ich bin Realist, ich glaube nur, was ich sehe“. Wer so spricht, dem sind die Ergebnisse und Aspekte einer immerhin hundertjährigen parapsychologischen Forschung ebenso unbekannt wie jenes völlig neue Weltbild, das uns die Kernphysik zu eröffnen begann. Und wie kann sich jemand Realist nennen, der mit dem Diesseits nicht auch das Jenseits in sein Denken einbezieht? Ergeben doch der für unsere Sinne wahrnehmbare und der nicht wahrnehmbare Teil der Natur erst zusammen ein Ganzes. Das Jenseits wäre somit lediglich der Bereich „jenseits der Wahrnehmungsfähigkeit unserer Sinne“ und beginnt dort, wo letztere aufhört. Könnte das nicht bedeuten, daß Gestorbene für uns nicht grundsätzlich verschwinden, sondern bloß optisch? - Warum wohl sollte der Satz von der Erhaltung der Energie nicht auch für seelisch-geistige Komponenten gelten? Unter diesem Blickwinkel sollte man der uralten Lehre vom „inneren Leib“ erneut Aufmerksamkeit zuwenden; alle alten Kulturen waren von der Doppel6
natur des Menschen überzeugt. Demnach besitzen wir neben unserem äußeren physischen Körper noch einen feinstofflichen Leib von gleicher Gestaltung. Dieser innere Organismus wurde bei den Griechen „Eidolon“ genannt, bei den Ägyptern „Ka“. Paracelsus sprach vom „corpus subtile“. Heute sprechen wir vom „Bioplasmakörper“ oder „Astralleib“. Dieser kann sich erfahrungsgemäß vom physischen Körper zeitweilig absondern, sofern bestimmte physiologische Bedingungen erfüllt sind. Hier handelt es sich um die vielfach berichtete Erfahrung des buchstäblichen „Außersich-Seins“, wie dies u.a. von Menschen erlebt wird, die dem Tode nahe waren. Andere, wie beispielsweise Yogis, Schamanen oder Magier, können sogar willentlich ihren Körper verlassen. Während einer solchen „Exkursion“ bleiben sie voll ichbewußt und handlungsfähig. Da dies auch dem Experiment zugänglich ist, darf somit als erwiesen gelten, daß die menschliche Psyche „leibfrei existieren“ und unabhängig vom Körper agieren kann. Hier liegt auch der Schlüssel zur Lösung des Todesrätsels. Das „corpus subtile“ als Träger unseres Persönlichkeitsbewußtseins nach dem Tod ist offenbar schon jetzt den Lebensbedingungen der jenseitigen Welt (zunächst der Astralwelt) angepaßt. Infolge seiner Lichtdurchlässigkeit kann es nur von einem bestimmten Verdichtungsgrad an wahrgenommen werden. Da dies schon häufig geschah, zu allen Zeiten und bei 7
allen Völkern, so wäre hier die Ursache für den weltweit verbreiteten Geister- und Gespensterglauben zu suchen. Mag auch das Leben selbst weder rein physiologisch noch physikalisch, chemisch oder sonstwie erklärbar sein, in bezug auf den Sterbevorgang sowie über unser Woher und Wohin wissen wir denn doch einiges; dabei findet uraltes Erfahrungswissen zunehmend Bestätigungen durch parapsychologische Forschungsergebnisse. Auch die Kernphysik eröffnet ein neues Menschen- und Weltbild. Es ist daher zu begrüßen, wenn ein namhafter Arzt und Psychiater wie der Autor dieses Buches auf das sechsdimensionale Denkmodell des genialen (fast blinden und körperlich schwerstbehinderten) Physikers Burkhart H e i m verweist: Neben der Zeit als vierter Dimension gilt ihm die fünfte als die entelechiale1) und die sechste als äonische Dimension. Dr. Hans Naegeli geht wohl kaum fehl in der Annahme, daß Geist und Seele des Menschen nach dem körperlichen Tode in diese Dimensionen eingehen. Ähnliche Betrachtungen stellte der Physiker Wolfgang P a u l i in seinem gemeinsam mit C. G. J u n g herausgegebenen Buch „Naturerklärung und Psyche“2) an. Demnach gibt es in oder zwischen der Grunddimension der atomaren und der subatomaren Welt eine 1) Entelechie: das sein Entwicklungsziel in sich Tragende. 2) Zürich 1954. 8
noch unerforschte Dimension ohne Zeit und ohne Raum. Dort gebe es keine durch die Lichtgeschwindigkeit gesetzte unüberwindliche Zeitmauer. Überlichtschnelle Verschiebungen von Informationsmustern seien hier jederzeit möglich. Für das Jenseits wäre dies der ideale Ort, meint Pauli. Ferner lasse es die Möglichkeit der Existenz von anderen Universen als dem unsern offen, und zwar nicht bloß außerhalb, sondern auch innerhalb der uns bekannten Welt! Die Tragweite solcher Aussagen läßt sich auf Anhieb kaum ermessen. Wer diese Entwicklungstendenz eines sich anbahnenden neuen Wissens ignorieren zu dürfen meint, der wird bald zu den Gestrigen gehören; besonders unsere Theologen laufen Gefahr, hier den Anschluß zu verpassen. Deswegen schien mir das bisher Angedeutete wesentlich zu sein, wenn ich dem Wert der vorliegenden Arbeit von Dr. Hans Naegeli verdientermaßen gerecht werden wollte. Wenn nun im folgenden von Besessenheit und Umsessenheit die Rede ist, von Infestation und Exorzismus, von Geistern verstorbener Menschen, von Engeln und Dämonen, so mag dies in unserer Zeit provokativ klingen und als „mittelalterlicher Unsinn“ gelten. Medizin und Psychiatrie haben doch - so meint man - die biblische Besessenheitsauffassung längst widerlegt und sie als Hysterie, als psychomotorische Halluzinationen und Psychosen erkannt, als Persönlichkeitsspaltung mit autonomen psychischen Kom9
plexen usw. klassifiziert. Und übt nicht sogar die katholische Kirche seit dem tragischen Todesfall der Anneliese M i c h e l (1976) äußerste Zurückhaltung hinsichtlich exorzistischer Betätigung aus? Dennoch gibt es Symptome, die in medizinischer Kategorien nur schwer oder gar nicht einzuordnen sind, wie z.B. im Irresein auftretende Hellsichtigkeit oder intime Kenntnisse aus dem Leben Fremder, die der Kranke zum erstenmal sieht. Ferner das Sprechen ungelernter Sprachen während der Anfälle, das mysteriöse Heraustreten von Gegenständen aus dem Körper durch die Haut und anderes mehr. Letzteres kommt zwar nur sehr selten vor, aber es geschieht zuweilen! Durchaus zu Recht verweist der Verfasser auf die Behandlungsmethode des amerikanischen Nervenarztes Dr. Carl W i c k l a n d 1). In Brasilien besuchte ich moderne Heilanstalten, wo man - wenn alle herkömmlichen Therapien versagen - das Verfahren Dr. Wicklands erfolgreich anzuwenden versteht. Im Interesse bedauernswerter Patienten sollte man auch bei uns das Studium derartiger Methoden nicht verschmähen. „Gut lehrt, wer gut unterscheidet.“ Dieser Forderung wurde der Autor in vorbildlicher Weise gerecht. Klar durchdacht und allgemeinverständlich formuliert, vermeidet er langatmiges Dozieren und gibt uns mit 1) „Dreißig Jahre unter den Toten“, Otto Reichl Verlag. 10
diesem neuen Werk eine unverzichtbare Ergänzung zu seinem Buch „Besessenheit und Exorzismus“ an die Hand, auf das die gleichen Kriterien zutreffen1). Mir, der ich nach mehr als dreißigjährigen Studien vieles an einschlägiger Fachliteratur kenne, vermittelte Dr. Hans Naegeli Einsichten, für die ich ihm dankbar bin. Daß er uns an seinem reichen Erfahrungswissen teilhaben läßt, sollte überhaupt mit Dankbarkeit vermerkt werden von allen, denen bekannt ist, welcher Mut noch immer dazu gehört, im Widerspruch zu „gesichertem Wissen“ n e u e Wege aufzuzeigen! Rudolf Passian Fachschriftsteller
1) Otto Reichl Verlag, St. Goar. 11
1. Vorwort „In Ehrfurcht das Geheimnis des Geistes aufzunehmen, das Sagbare zur Sprache zu bringen, das Unsagbare gegenwärtig zu wissen - in diesem Geiste steht die Arbeit von ERANOS.“ (Adolf Portmann anläßlich der 25. Jahrfeier der ERANOS-Tagungen in Ascona) Portmanns Worte seien meiner Schrift vorangestellt. Sie charakterisieren in schönster Weise deren Inhalt und Arbeitsgebiet. Wer die Phänomenologie der Besessenheit und ihrer Unterform, der Infestation, nicht nur auf Grund der umfänglichen Literaturangaben beurteilt, sondern sie auch erlebt hat, erkennt, daß viel Unsagbares nicht vermittelt werden kann. Das Geheimnis des Geistes verbleibt und kann nur mit einem gewissen Schaudern aufgenommen werden. „Das Schaudern ist der Menschheit bester Teil“, sagte Goethe, und dies zu Recht, denn das Schaudern ist mehr und etwas anderes als die Furcht, welche ja auch im Tiere lebt. Schaudern ist gefühlshafte Ergriffenheit vor dem Unsagbaren, ein Ergriffensein, welches in seiner höchsten Form zur Ehrfurcht wird. In ihr ist nicht selten auch eine unaussprechbare Freude enthalten. Ehrfurcht ist wohl die erhabenste Furcht und wurzelt im ichentzogenen Einstimmen auf eine inkommensurable geistige Wesenheit, ein Göttliches, 12
ein Numinosum im Sinne C. G. Jungs. Erinnern wir uns der Tatsache, daß wer das „Fürchten“ - wie im Märchen der Gebrüder Grimm „Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“ - noch nie gekannt hat oder es wieder verlernte, auch keiner Ehrfurcht fähig ist. Furcht scheint dem heutigen, angeblich aufgeklärten Zeitgenossen kaum etwas Positives zu beinhalten, denkt dieser doch vor allem an eine kleinmütige Furcht. Aber wir wissen auch um eine unser ganzes Wesen erschütternde Furcht, die dem Begriff des „Tremendum“ entspricht. Ein Tremendum bedeutet immer eine Begegnung mit einem großen, unser Ich übersteigenden transzendenten Geschehen. Es erschüttert und lockert unser Wesen und Wissen, öffnet und erweitert unsere bisherigen Grenzen und führt über uns hinaus in eine kosmische Ganzheit. Deswegen muß der Held der Grimmschen Erzählung, der - wie immer im Märchen - nicht zum weltlichen Herrscher, sondern zum geistigen König berufen wird, das Fürchten lernen. Gottesfurcht und Ehrfurcht sind eng verwandt. Ehrfurcht bedarf des intuitiv-gefühlsmäßigen Offenseins. Mittels der beiden menschlichen Erkenntnismöglichkeiten Intuition und Gefühl läßt sich das „Geheimnis des Geistes“ aufnehmen, hingegen nicht logisch ableiten und in Definitionen zwängen. Das Geheimnis des Geistes muß Geheimnis bleiben, sonst verliert es seine Wesenssubstanz. In seiner universa13
len Komplexität ist das Geheimnis des Geistes nicht „zur Sprache zu bringen“, aber wir sollten - so Portmann - es als Unsagbares gegenwärtig wissen. Dieses Wissen hat, wie das Sprachliche aussagt, mehr Bezüge zur Weisheit als zu intellektuellen Kenntnissen. Doch geht es beim Erfassen transzendenter Erlebnisbereiche glücklicherweise auch um „Sagbares“. Dieses haben wir „zur Sprache zu bringen“. Deshalb darf und muß die „Infestation“ zur Sprache gebracht werden, ein Gebiet, über welches kaum je geschrieben wurde - es sei denn im „Rituale Romanum“ der katholischen Kirche. Umsessenheit und Infestation stellen - so will mir scheinen - ein ungleich häufigeres Phänomen dar, als Laie und Wissenschafter zugeben möchten. Erst in neuerer Zeit wurde innerhalb der modernen Physik und einer interessierten Bevölkerungsschicht bekannt, daß die menschliche Psyche die Materie zu bewirken vermag. Da es dabei um Kräfte der (feinstofflichen) menschlichen Geist-Seele geht, darf implizite geschlossen werden, daß auch vom Individuum unabhängige autonome geistige Kräfte der Transzendenz also Geistwesen - Gleiches zu leisten vermögen. Wenn also - wie in dieser Schrift dargestellt werden soll - über akustische und telekinetische Phänomene an Gegenständen und Apparaten berichtet wird, so darf nicht alles als Fehldeutung oder Halluzination 14
gedeutet werden. Dies gilt auch für ungewöhnliche Empfindungen und Wahrnehmungen am menschlichen Körper. Der wirklichkeitsoffene Forscher ist verpflichtet, auch andere Ursachen in Betracht zu ziehen, die einem realen Geschehen entsprechen könnten. Auch Deutungen früherer Generationen oder nicht intellektualisierter Völker sind zu berücksichtigen. Eine naturwissenschaftliche Geisteshaltung wird innerhalb der in dieser Schrift zu behandelnden Phänomene das Sagbare untermauern helfen, eine sehr wichtige Aufgabe, aber das Wesen der parapsychologischen Phänomene nicht erfassen. Rationale Naturwissenschaft kann nur Kenntnisse, keine Erkenntnisse vermitteln. C. G. Jung pflegte in seinem legendären Turm zu Bollingen am oberen Zürichsee seine kontemplativen Eingaben in Stein zu meißeln. Da schaute ihm eines Tages das lachende Antlitz des „Tricksters“ entgegen! Der „Trickster“ - erläutert Aniela Jaffé1) - „ist die alchemistische Bezeichnung des Mercurius unter dem Aspekt eines flüchtigen, dem intellektuellen Zugriff stets entwischenden Geistes, der den (überklugen - d. Verf.) Menschen narrt und ein rätselhaftes Zufallsspiel mit ihm zu treiben pflegt.“ Andererseits verehrt die Alchemie den sublimsten Aspekt des Archetypus 1) Aniela Jaffé: „C. G. Jung in Wort und Bild“, Walter Verlag, Olten 1973, S. 193. 15
Mercurius als „Hermes trismégistos“, den dreimal höchsten Seelenführer. Das Schalkhafte und das Erhabenste wohnen also im selben Boot der Erkenntnis und ergänzen sich gegenseitig. Die aus der intuitiven Erfahrung A. Portmanns gewonnene Sicht, daß sich das Geheimnis des Geistes wie auch der Wesenskern aller Dinge einer intellektuellen Bemühung verschließen möchten, bitte ich beim Lesen zu beherzigen.
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2. Einführung „Toute vérité crée un scandale.“ Marguerite Yourcenar Diese Studie möchte Tatbestände und Geschehensabläufe bearbeiten, die der üblichen Denkweise des naturwissenschaftlich Gebildeten vorläufig noch entgegenlaufen. Die zu schildernden Phänomene drohen sogar, das naturwissenschaftliche Dogmengut und Weltbild zu erschüttern. Letzteres besitzt den Stellenwert einer Konfession. Eines Menschen Weltanschauung in Frage zu stellen, wird von diesem meist als unangenehm, ja sogar als skandalöse Verunsicherung empfunden und führt zu heftiger Ablehnung. Da Psychologie und Psychiatrie noch immer in naturwissenschaftlichen Stiefeln stecken, kann ich von deren Seite keine Zustimmung erwarten. Dessen bin ich mir bewußt. Für den Naturwissenschafter gelten Steine oder Metalle, kurz alle anorganische Materie als unbelebt. Demzufolge bleibe sie auch durch eine noch so heftige psychische Bewirkung unbeeinflußbar. Dies gilt natürlich auch für Apparate. Als Psychiater konnte ich aber während Jahrzehnten feststellen, daß Menschen mit starken psychischen Spannungen immer wieder klagen über schwere Störungen jedwelcher Apparate - seien es Waschma17
schinen oder Fernsehapparate -, die bis zu unverständlichen Explosionen führen können. Das erinnerte mich jeweils an die Aussage J. B. Haldanes: „Die Wirklichkeit ist nicht nur viel rätselhafter, als wir annehmen, sondern auch viel undurchsichtiger, als wir begreifen können.“ Durch die obgenannten Erfahrungen, aber auch über all die ungezählten ungewohnten Erscheinungen des Poltergeistspuks wird man an die Erkenntnis der Alchemie und der Naturphilosophie erinnert, die von C. G. Jung ungefähr so formuliert wurde: Da allem Materiellen Geistiges innewohnt, muß auch dem Geist eine gewisse Materialität zuerkannt werden. Eine solche Erkenntnis beinhaltet das Gemeinsame zwischen Geist und Materie. Auf dieser Grundlage ist die gegenseitige Beeinflussung von geistig-seelischen Impulsen des Menschen und der allerdings weniger intensiven geistigen Durchsetzung der Materie nicht nur denkbar, sondern gegeben. Erinnert sei auch an die Huna-Philosophie, welche die Bewirkung materieller Gegenstände durch geistige Bemühung unter dem Bild des Anheftens sogenannter „Aka-Fäden“ sieht.1) Des Menschen Geistpotential hat - wie später zu sehen sein wird - mit der Hirn-Chemie wenig zu tun und ist feinstofflich. Das Feinstoffliche im Menschen, als dessen Geistseele, überlebt den Körpertod und 1) „Huna“-Literatur: Max Freedom Long, „Kahuna-Magie“, Hermann Baur Verlag, 1966, S. 69 ff. 18
verliert nichts von seiner Wirkkraft. Für denjenigen, der - wie es dem Autoren dieses Buches widerfahren ist - unkörperliche Geistwesen nicht nur mit Auge und Gehör, sondern auch am eigenen Körper erlebt hat, ist die Folgerung naheliegend, daß auch unkörperliche Wesenheiten auf die Materie einwirken können. Es kann dies mit oder ohne das Psychopotential des Betroffenen geschehen. Ich überlasse es dem Lesepublikum, ob es meine nun folgenden Ausführungen als Skandal, Verirrung, Rückfall ins „schwarze“ Mittelalter oder eventuell beachtenswert empfindet. Mir offenbaren sie eine Wirklichkeit, denn seit fünf Jahrzehnten beobachtete ich - vertraut mit den Phänomenen der Parapsychologie und jenen der Psychopathologie - eine Erlebniswelt bei einzelnen Patienten, die sich mit den bisherigen Ansichten der Psychologie und der Psychiatrie nicht vereinen lassen.
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3. Begriffsbestimmung Die dämonische Besessenheit erscheint als die spektakulärste, wenn auch heute seltenste der drei Besessenheitskategorien. Innerhalb der eigentlichen Besessenheit gelingt es dem besetzenden Geistwesen, absolute Macht über die Psyche und den Körper des Opfers zu erlangen; dies aber nur für einen bestimmten Zeitabschnitt. Die Inbesitznahme ist dann allerdings eine totale, und das Ich des Ergriffenen wird in einem solchen Ausmaß ausgeschaltet, daß nach dem Anfall jede Erinnerung an denselben ausgelöscht ist. Bei der echten Besessenheit sind auch die Auswirkungen auf den Körper des Opfers meist sehr drastisch. Es kam vor, daß sich der ganze Körper in unvorstellbarer Schnelligkeit um sich selber drehte oder durch die Luft geschleudert wurde (Knaben von Illfurt), die Schwerkraft aufgehoben war, so daß die Person schwebte oder senkrecht die Wand entlang emporstieg (Germana Cele) oder plötzlich Feuer ausbrach (Germana Cele, Mädchen von Orlach, Gottliebe Dittus). Ich verweise auf meine Ausführungen im Buch „Besessenheit und Exorzismus“. Dem Besessenen und auch dem Verzauberten gemeinsam sind das Erscheinen von materialisierten Gegenständen im Körper, die entweder auf natürlichem Wege, meist durch den Mund, oder durch die Haut sich herausarbeiten. Dies bedarf häufig der Mithilfe seitens Drittpersonen (Pfarrer Blumhardt) oder medial begabter Heiler (Philippinen). 20
Beim Umsessenen ist die Besitznahme keine totale. Ein Umsessener behält sein Ichbewußtsein stets, wird aber mit Worten psychisch und mit schmerzhaften oder äußerst unangenehmen Körperempfindungen gequält. Die leichteste Form der Besessenheit, die Infestation (lat. infestatio = Belästigung), ist praktisch unbekannt, obschon sie viel häufiger vorkommt als angenommen wird. Sie äußert sich neben geringeren Auswirkungen auf den Körper in einer böswilligen Beschädigung von Möbeln und Gegenständen und sehr häufig in einer Dysfunktion der Apparate. Es kommen Deporte (Verschwinden von Gegenständen) und Apporte (Herbeibringen von Gegenständen) vor, Psychokinesen und Psychoplastiken. Die Phänomene erweisen sich dem Poltergeist- und Stallspuk verwandt und haben wohl ähnliche Ursachen. Der Vollständigkeit halber sei auch die Verzauberung erwähnt, die in bestimmten Fällen der Umsessenheit zugeordnet werden muß. Persönlich verfüge ich über keine praktische Erfahrung in bezug auf den Vorgang selbst, der anhand der Literatur und mir zugegangener Berichte zwei Aspekte aufweist.1) 1) Literatur über Verzauberung: Eliphas Lévi: „Transzendentale Magie“ (2. Teil, Ritual), Sphinx Verlag, Basel 1977. Sabine Hargous: „Beschwörer der Seelen“, Sphinx Verlag, Basel 1976. Gert Chesi: „Voodoo“, Perlinger Verlag, Wörgl (A) 1979. 21
Es erscheint möglich, daß eine medial außergewöhnlich begabte und über ein hohes Psychopotential verfügende Person - ähnlich wie bei einem Fluch - die feinstofflichen psychischen Zentren des Opfers im angestrebten Sinne negativ zu beeinflussen vermag. Der Verzauberte wird dann oft für lange Zeit psychisch beeinträchtigt wie auch körperlich geschädigt. Ein solches Geschehen könnte als Imprägnation bezeichnet werden. Eine weitere Form der Verzauberung kann über die rituelle Anrufung negativer Geistwesen geschehen, die dann im gleichen Sinne wie negativ gebundene „Arme Seelen“ wirksam wären. Dies käme dem Begriff der Umsessenheit nahe.
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4. Umsessenheit und Infestation Die Infestation von der Umsessenheit zu unterscheiden ist nicht einfach. Wir begegnen fließenden Übergängen. Lebendige Geschehnisse sollten nicht immer methodologisch erarbeiteten Begrenzungen unterzogen werden, obwohl man gelegentlich nicht darum herum kommt. Im eigentlichen Sinne ist die Bezeichnung Infestation - ein Begriff, der von der katholischen Kirche erst im 18. Jahrhundert geprägt worden ist - dann vor allem zu verwenden, wenn der Körper des Befallenen weniger betroffen ist als die Umgebung. Dies geschieht dann im Sinne eines MiniSpukes meist innerhalb der eigenen Wohnräume. Zur Kategorie der Umsessenen gehören vor allem solche, welche pausenlos von Stimmen geplagt werden. Sie hören zwar auch Knallmanifestationen und nehmen unangenehme Gerüche wahr. Sie klagen über deportierte, häufig auch nach einiger Zeit wieder apportierte Gegenstände, aber im Vordergrund steht bei solchen der Umsessenheit zuzuordnenden Fällen das quälende Herumkommandiert-und-angeschrienWerden. Sind bei Umsessenen und Infestierten „Engeldämonen“1) im Spiel, gehören sie vermutlich unterge1) Siehe Kap. 27: „Engel und Engeldämonen“. 23
ordneten Rängen an, falls man eine hierarchische Ordnung annehmen will, wie dies die christliche Kirche postuliert. Häufiger sind wohl „Arme Seelen“ beteiligt, wie uns die Erfahrungen Dr. Carl Wicklands nahelegen. Als Lutheraner kannte Wickland offenbar keine „Engeldämonen“, da sie der Protestantismus seit den Bestrebungen der „Aufklärung“ kaum mehr erwähnte. Bei beiden Verursachertypen handelt es sich um Individual-Wesen, woraus sich die große Vielfalt des Geschehens erklären läßt. Welcher Kategorie die eine Infestation oder eine Umsessenheit verursachenden Geistwesen angehören, ob den „Engeldämonen“ oder „Armen Seelen“, also am Diesseits hängengebliebene Verstorbenen, ist schwer zu entscheiden, solange der Exorzist die Geistwesen nicht - wie dies Wickland möglich war zu Aussagen bringen kann. Ich selbst spreche beim Exorzismus immer beide Kategorien an. Man könnte sich denken, daß bei umsessenen Suchtkranken mehr die „Armen Seelen“ im Spiel sind, Verstorbene, die zu Lebzeiten mit der Sucht nicht fertig geworden waren. Lügen- und Quälgeister aller Art gehören wohl eher zur Kategorie der „Engeldämonen“. Ihr Psychopotential, das heißt ihre auf die Psyche oder die Materie einwirkende Kraft ist sehr unterschiedlich und vermutlich im Durchschnitt größer als bei den „Armen Seelen“. Doch ist auch deren Psychopotential glücklicherweise meistens zu schwach oder die Ich-Stärke 24
des Opfers noch zu kräftig, um den Befallenen völlig zu erobern. Letzteres würde in eine eigentliche Besessenheit ausmünden. Ob es für ein Geistwesen des größeren Energiepotentials bedarf, Materialisationen, Dematerialisationen und Psychoplastiken zu vollziehen oder die feinstofflichen Zentren des Menschen zu bewirken, ist gleichfalls eine Frage, die wir wohl in absehbarer Zeit objektiv nicht beantworten können. Der Versuch, Geistwesen direkt zu befragen und dies in ähnlicher Weise wie es Carl Wickland über seine mediale Ehefrau möglich war, würde dennoch nichts Entscheidendes beweisen. Niedere Geistwesen lügen bekanntermaßen sehr häufig und raffiniert. Vermutlich kommt es auf den Gesundheitszustand, die IchStärke und den Charakter des Befallenen an, die den Geistwesen unterschiedliche Bewirkungsmöglichkeiten bieten. Wir begegnen also sehr vielen Fragen bezüglich des Übermittlungsvorgangs. Eines aber steht für mich fest: Wenn es den Geistwesen gelingt, emotionale Reaktionen wie Ärger oder gar Wut beim Befallenen auszulösen, wird das dadurch verausgabte feinstoffliche Energiepotential gierig von ihnen aufgenommen. Bei jeder Emotion, besonders aber bei Wutanfällen werden feinstoffliche Energien ausgestrahlt, die dem Energieträger verloren gehen. Ich rate allen Umsessenen und Infestierten zum Gleichmut. Gelassenheit fallt dem Gequälten 25
aber sehr schwer, glaubt er doch in der heute üblichen Unkenntnis um eine feinstoffliche Welt nicht selten, das Opfer von lebenden Menschen zu sein. Häufig erfolgen die Angriffe in raffinierter Weise beim Abnehmen des Telefonhörers, oder sie werden aus Radio- oder Fernsehapparaten vernommen. Es bedarf einer langandauernden und oft erfolglosen Arbeit, bis die Ratsuchenden die wirklichen Zusammenhänge erkennen und auch akzeptieren. Die schulpsychologische Bemühung, alles auf Selbsttäuschung und diese auf zerrüttete Nerven oder gar eine Geisteskrankheit zurückzuführen, stößt aber auf noch viel härtere Ablehnung. Die „Halluzinationen“ mit plötzlich manifest gewordenen unbewußten Vorstellungen und Befürchtungen in Zusammenhang zu bringen, überzeugt den Überfallenen ebensowenig. Er hört oder riecht so real, wie wenn es um eine materielle Wirklichkeit ginge. Daß Umstehende wahrheitsgemäß erklären, nichts wahrnehmen zu können, bringt den Leidenden nicht von seiner Überzeugung ab, vermehrt aber sein Mißtrauen gegenüber der Umwelt. Daß Ärger krank macht, ist bekannt. Meines Erachtens sind es nicht nur die bei notleidender Psyche über das Nervensystem auf Magen und Gallenwege sowie andere Organe einwirkenden Impulse, die zu Störungen innerhalb der Physiologie der betroffenen Organe beitragen. Auch die durch Ärger verlorenen feinstofflichen Energien 26
können zur Schwäche des Körpers führen. Durch den ständigen und erfolglosen Kampf kommt es zu einer Beeinträchtigung des Ichs. In der Zeit vor Descartes, als die philosophische Trennung zwischen Materiellem und Geistigem noch nicht so radikal vollzogen war und auch Verursachungen durch eine immaterielle geistige Welt nicht so vehement ausgeschlossen wurden, hätten meine Hinweise auf eine solche Verursachung sowohl bei den Kranken wie auch den Ärzten mehr Erfolg gezeitigt. Ich stehe mit meinen Ansichten noch so sehr allein, daß vor allem ein akademisch Geschulter seine erlernte (und nie überprüfte!) Weltanschauung nicht so leicht aufzugeben vermag. Dr. phil. et psych. Hiroshi Motoyama, der Leiter des Tokioter Instituts für Religionspsychologie, untersuchte das australische Medium Mr. Rowan während dessen Trancezustands mit seinem „AMIAPPARAT“, der die Strömungen der Akupunkturmeridiane aufzuzeichnen vermag. Er schreibt in „Newsletter“ No. 3-84 (Mai 1984), hier aus dem Englischen ins Deutsche frei übersetzt: „Während des Trancezustands (spiritual possession) wurde Rowan von seinem Schutzgeist (protector spirit) bezüglich seiner Aussagen geleitet. Dieser Schutzgeist gehört offenbar einer hohen Kategorie von Geistwesen an. Rowan fühlte sich stets nach der Trance gestärkt, er erhielt 27
psychische Energie, die in den Werten des „AMIAPPARATES“ zahlenmäßig zum Ausdruck kam.“ Motoyama fügt bei, daß bei Besessenheit durch niedere Geistwesen sich das Opfer geschwächt fühle. Solche niederen Geistwesen würden nur über ein schwaches Energiepotential verfügen. Dies verursache einen Energiebedarf. Niedere Geistwesen sind meiner Ansicht nach Vampire, die ihr schwaches Energiepotential schmerzlich empfinden und deswegen von medialen (allen Winden offenene) Menschen angezogen werden, dieselben aussaugen und krank machen. Dies betrifft Besessene, Umsessene und Infestierte. Infestation unterscheidet sich ja nicht prinzipiell von der Umsessenheit, sondern nur in der unterschiedlichen Auswirkung und vor allem, wie vorerwähnt, mit einem Akzent auf den die Infestierten umgebenden Wohnungs- und Gebrauchsgegenstände. Die unverständliche Bewirkung derselben versetzt den Infestierten genau so sehr in Aufregung und Wut, wie wenn dessen Körper betroffen würde. Der Glaube an „Arme Seelen“, Engel und Dämonen hat sich durch die Bemühungen der „Aufklärung“ praktisch verloren, so daß kaum je ein Infestierter an verursachende und bewirkende Geistwesen denkt, sondern sich von Lebenden belästigt glaubt. Diese - meist werden Wohnungsnachbarn verdächtigt - hätten sich auf irgend eine Weise Zugang zur heimgesuchten Wohnung verschafft. Aus meinen Erfahrungen möchte ich schließen, daß 28
ein geringes Energiepotential für die Mehrzahl der sogenannten „Armen Seelen“ charakteristisch ist. „Engeldämonen“ hingegen, die zu den nie inkarnierten Wesenheiten einer unserer Wirklichkeit übergeordneten Parallelwelt gehören, verfügen häufig über ein hohes Energiepotential, mit welchem sie in vielen Fällen eigentlicher Besessenheit auch arme Seelen beherrschen und diese zu ihrer räuberischen Tätigkeit anhalten. Zwei von mir exorzierte Besessene gaben an, zuweilen klagende Stimmen vernommen zu haben. Es habe sich dabei um Geistwesen Verstorbener gehandelt, die schon zuvor ihre Identität preisgegeben hätten. Diese hätten darüber geklagt, daß sie ihre Rolle als Plagegeister aufgeben wollten. Sie würden aber von einer mächtigeren Wesenheit daran gehindert. Auf diese Weise werden „Arme Seelen“ an ihrer negativen Basis fixiert und können sich den göttlichpositiven Evolutionstendenzen nicht zuwenden, wie dies normalerweise die Aufgabe der Hinübergegangenen wäre.
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5. Henri Bergsons Gedanken über die geistigen Entwicklungstendenzen „Wäre die Wissenschaft der letzten drei Jahrhunderte - anstatt alle ihre Kräfte auf das Studium der Materie zu konzentrieren - von der Betrachtung des Geistigen ausgegangen, dann hätte sie alle parapsychologischen Phänomene als Hauptzweig ihrer Forschung erwählt, anstatt diese a priori abzulehnen. Es wäre zu einer vitalistischen (nicht mechanistischen, d.Verf.) Biologie und Medizin gekommen. Vielleicht wäre die 'psychische Forschung' (gemeint ist die parapsychologische) eine ihrer Hauptzweige geworden. Wären die allgemeinen Gesetze der geistigen Aktivität erst einmal entdeckt gewesen (so wie man in der Tat die fundamentalen Prinzipien der Mechanik entdeckt hat), dann wäre man vom reinen Geist zum Leben übergegangen; die Biologie wäre in Erscheinung getreten, jedoch eine vitalistische Biologie, ganz verschieden von der unseren, nämlich eine Biologie, die hinter den sichtbaren Formen der Lebewesen die innere, unsichtbare Kraft gesucht hätte, deren Offenbarung sie sind. Auf diese Kraft haben wir keinen Einfluß, und zwar eben deshalb, weil die Wissenschaft vom Geistigen noch in den Kinderschuhen steckt; und deshalb haben die Gelehrten nicht unrecht, wenn sie dem Vitalismus vorwerfen, er sei eine unfruchtbare Wissenschaft - er ist heute noch unfruchtbar, aber er wird es nicht immer sein; und er 30
wäre nicht unfruchtbar, wenn die moderne Wissenschaft die Sache nicht von vornherein am anderen Ende angepackt hätte. Mit der vitalistischen Biologie wäre zugleich eine Medizin entstanden, die die Unzulänglichkeit der Lebenskraft eines Kranken direkt geheilt, die statt der Wirkungen die Ursachen, statt der Peripherie das Zentrum ins Auge gefaßt hätte.“1) Dies, so möchte ich Bergsons Ausführungen interpretieren, hätte auch die westliche Medizin Wege finden lassen, welche die Unzulänglichkeiten im Fließen der Lebenskraft eines Kranken direkt, etwa im Sinne der chinesischen Akupunktur, zu heilen versucht hätte. Auch die geist-seelische Beeinflussung der psychosomatischen Disharmonien des Kranken durch den Arzt wäre nicht erst im 20. Jahrhundert auf der Universitätsebene wissenschaftlich diskutiert worden. „Dennoch wäre es nicht wünschenswert gewesen,“ - so schreibt Bergson weiter - „daß sich der neuzeitliche Mensch zuerst dem Geistigen und dann dem Materiellen zugewandt hätte. Eine strikte Beweisführung, die Unterscheidung zwischen Dingen, die nur möglich oder wahrscheinlich sind, und dem, was sicher ist, wäre nicht zu erreichen gewesen. Doch heute, 1) „L'Energie spirituelle“, 161. Aufl., S. 61 (Quadrige), Presses universitaires de France. 31
da wir dank unserem Eindringen in die Materie die Unterscheidung machen können, dürfen wir uns furchtlos in das noch kaum erforschte Gebiet der psychologischen (parapsychologischen) Realität hineinwagen. Lassen Sie uns mit vorsichtiger Kühnheit darin vorwärtsschreiten, dann wird die Wissenschaft von der Seele (und ihrer übergeordneten Dimensionen, d.Verf.) Ergebnisse zeitigen, die alle unsere Erwartungen übertreffen werden.“ Diese Voraussage hat sich bereits bewahrheitet. Denken wir an die heute wissenschaftlich verifizierte Einwirkung Uri Gellers auf die Materie. Ungezählte haben seither Ähnliches erreicht. Auch das Tonbandphänomen gehört hierher. Die elektromagnetische Bewirkung des Tonbandes durch geistige Potentiale ist unbestritten. Strittig bleibt lediglich die Herkunft des Psychopotentials. Schamanen aller Völker, die philippinischen Logurgen (Geistheiler) wie auch ihre Kollegen in Brasilien vermögen durch nur geistige Energien auf den Körper direkt und augenblicklich einzuwirken. Diese Tatsache vermochte sich innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte im Bewußtsein des Kulturmenschen, vereinzelt auch innerhalb der Medizin, zu festigen. Aber noch 1971 begegnete ich mit meinen eigenen diesbezüglichen Erfahrungen einem totalen Unverständnis. 32
Um möglichst vielen den geistigen Einstieg in das heute noch sehr wenig bekannte und ungewohnte Gebiet der Besessenheit sowie ihrer Unterformen zu ermöglichen, schien es mir wesentlich, diese Gedanken aus dem Vortrag Henri Bergsons (1859-1941) wiederzugeben, den der große Philosoph und Nobelpreisträger anläßlich seiner Ernennung zum Ehrenmitglied und Präsidenten der Gesellschaft für parapsychologische Forschung (Society for Psychical Research, London) am 18.5.1913 gehalten hatte. Dieser Vortrag trug den Titel „Geistererscheinungen und psychische Forschung“. Innerhalb seiner Ausführungen gibt Bergson weiterhin zu bedenken: „Hinter den naturwissenschaftlichen Einwendungen gegen die gegenwärtige 'psychische' (gemeint ist immer die parapsychologische) Forschung stehen emotionale und vor allem unbewußte Komponenten, und durch diese letzteren erweisen sich diese Gegner (Bergson nennt sie Halbwissenschafter, d.Verf.) als unfähig, sich durch Beobachtung und Erfahrung zu wandeln, wie dies von echten Denkern verlangt werden müßte. Zudem hängt ein solcher Pseudoforscher vor allem an seiner Methode und weniger an den gewonnenen Resultaten. Die Methoden, um zu psychischen und metaphysischen Erkenntnissen zu gelangen, müssen von ganz anderer Art sein als jene, die zum Erkennen der Materie, dem Forschungsobjekt der Naturwissenschaften, führen. 33
Aus der Tatsache, daß die 'psychische' Forschung nicht so verfahren kann wie die Chemie und Physik, schließt man ganz allgemein, daß sie keiner anerkannten Forschung entspräche, und da das psychische Phänomen nicht die einfache und abstrakte Form aufweist, die einer Erscheinung den Zutritt zum Laboratorium öffnet, wird ihr kurzerhand das Etikett der Unwissenschaftlichkeit zugemessen. Die Abstraktion im naturwissenschaftlichen Denken besteht vielfach darin, daß das Wesentliche (und Wesenhafte, d.Verf.) vernachlässigt wird, welch letzteres aber nur im Gesamtbild voll zum Ausdruck kommt.“ Die Rolle des Gehirns im geistig-seelischen Geschehen „In der Biologie“ - so Bergson - „werden gerne durch Vermittlung der Physiologie die Gesetze des Lebens auf diejenigen der Chemie und Physik, also indirekt auf die Mechanik zurückgeführt.“ (Dabei sind aber gerade die Erscheinungen der Parapsychologie biologischen oder vielmehr bioenergetischen Ursprungs und weisen ursprünglich nur in der äußersten Abstraktion einen mechanistischen Aspekt auf.) „Es liegt im Wesen der geistigen Dinge, daß sie sich der Messung nicht hergeben. Zwar erscheint die Hypothese eines Parallelismus zwischen dem Gehirn als Materie und dem Geist als Bewußtsein sehr wissenschaftlich, doch alle beobachteten Tatsachen widersprechen dieser Annahme. So erweist sich das Gehirn 34
lediglich als beauftragt, dem Körper die Bewegungen und Stellungen aufzuprägen, die das agieren (bewirken), was der Geist denkt. Die Gehirnphänomene sind für das geistige Leben in der Tat das, was die Gesten des Kapellmeisters für die Symphonie sind: sie zeichnen davon die Bewegungsansätze und sonst nichts. Vom höheren Wirken des Geistes würde man also in der Gehirnrinde nichts finden. Das Gehirn hat außer seinen sensorischen Funktionen keine andere Aufgaben, als im weitesten Sinne des Wortes das Leben des Geistes mimisch darzustellen. Ich erkenne übrigens an, daß diese Mimik von größter Wichtigkeit ist. Durch sie fügen wir uns der Wirklichkeit ein, passen wir uns ihr an, antworten wir den Anforderungen der Umstände durch geeignete Handlungen. Wenn das Bewußtsein auch keine Funktion des Gehirns ist, so wird es doch von dem Gehirn in festem Zusammenhang mit der Welt gehalten, in der wir leben; es ist das Organ der Aufmerksamkeit auf das Leben. Die Sinnesorgane, die Empfindungsnerven, die Gehirnzentren kanalisieren also die von außen kommenden Einflüsse und bezeichnen so die Richtungen, in denen unser eigener Einfluß ausgeübt werden kann.“ (All diese seitens Bergson wohl intuitiv gewonnenen Erkenntnisse wurden später von John Eccles1) wissen schaftlich bestätigt.) „Je mehr wir uns an die Vorstellung eines über den Organismus hinausgehenden Bewußtseins gewöhnen, desto natür1) John C. Eccles, englischer Neurophysiologie und Nobelpreisträger. 35
licher erscheint es uns, daß die Seele den Körper überlebt. Gewiß: wenn das Geistige bloß ein genauer Abklatsch des Zerebralen wäre, wenn im menschlichen Bewußtsein nicht mehr existierte, als was im dazugehörigen Gehirn eingeprägt ist, dann könnten wir annehmen, daß das Bewußtsein dem Schicksal des Körpers folgt und mit ihm stirbt. Aber wenn die Tatsachen, die wir unabhängig von jedem System untersucht haben, uns im Gegenteil zu der Auffassung bringen, daß das geistige Leben sehr viel weiter reicht als das zerebrale, dann wird das Fortbestehen des Geistes so wahrscheinlich, daß die Beweispflicht eher denen zufällt, die dieses Fortleben leugnen, als denen, die es behaupten. Denn, wie ich es an anderer Stelle ausgesprochen habe: der einzige Grund, an das Erlöschen des Bewußtseins nach dem Tode zu glauben, ist die Auflösung des Körpers, und dieser Grund wird hinfällig, wenn man die Unabhängigkeit fast des ganzen Bewußtseins vom Körper ebenfalls als Tatsache konstatieren kann. Das sind, kurz zusammengefaßt, die Schlüsse, zu denen mich eine unvoreingenommene Prüfung der bekannten Tatsachen geführt hat.“ Lassen wir diese Ausführungen Henri Bergsons auf uns wirken, so erstaunt, daß sie, vor über siebzig Jahren geprägt, doch nur wenig den ihnen konträren Zeitgeist zu beeinflussen vermochten. Es sind eben die Erkenntnisse eines Genialen, der seiner Zeit stets 36
weit voraus zu sein pflegt. Nur ganz allmählich beginnt, vor allem innerhalb einer geisteswachen nicht-akademischen Schicht, ein Unbehagen wach zu werden. Dies in bezug auf die Bemühungen der Naturwissenschaften, alles Leben und alles Geistige aus der Materie abzuleiten. Trösten wir uns mit der Feststellung, daß die Menschheit noch vor wenig mehr als zwei Jahrhunderten nichts von der in und um uns wirkenden Elektrizität und dem Elektromagnetismus gewußt hat, bis dies ein genialer Kopf erfaßte. Ebensowenig wissen die orthodoxen Naturwissenschafter vom feinstofflichen Körper und dessen Zeit und Raum überspannenden und heilendharmonisierenden Kräften. In nicht zu ferner Zeit wird selbst dies für die ganze Wissenschaftsforschung zur Tatsache werden. Wenn die Ärzte nicht so sehr vom naturwissenschaftlichen, rationalistisch-materialistischen Denken fasziniert gewesen wären, hätten sie allerdings schon längst den Parallelismus zwischen Gehirnsubstanz und Geistseele aufgeben müssen. So aber blieb es nur bei Verständnislosigkeit und dem Staunen ob einzelner Phänomene, die zwar immer wieder beobachtet, dennoch nur als unverständliche Tatsachen hingenommen werden mußten. Zu diesen gehört das Phänomen der „lucida intervalla“. Eugen Bleuler berichtet in seinem Lehrbuch1), daß in seltenen Fällen 1) Eugen Bleuler: Lehrbuch der Psychiatrie, Jul. Springer Verlag, Berlin 1930, S. 158. 37
Hirnarteriosklerotiker, mitunter auch an Spätsyphilis Erkrankte, für Tage, meist aber nur für Stunden, trotz ihrer krankheitsbedingten Verblödung „lucid“, d.h. klaren Geistes werden und zu vernünftigen Entschlüssen fähig sind. Eugen Bleuler zieht, vom damals herrschenden Zeitgeist geprägt, keine entsprechende Schlüsse, obwohl er als hervorragender Forscher und bedeutender Philosoph - dessen Schriften ich bewundere - hervorgetreten ist. Ich selbst erlebte während meiner Assistentenzeit in der Psychiatrischen Universitätsklinik „Burghölzli“ Zürich, wie ein seit Jahren verblödeter Atherosklerotiker unvermittelt seine Angehörigen zu sich bat und dann geistig hellwach „sein Haus bestellte“, d.h. vernünftige Anordnungen für die Regelungen seines Nachlasses traf. Er bot auch sonst während der wenigen Stunden seiner Luzidität den Eindruck eines geistig Gesunden. Bald darauf verfiel er wieder in seine frühere Beschränkung, um kurz nachher zu sterben. Das Erlebnis ließ mich schon damals erkennen, daß irgend etwas mit dem Parallelismus zwischen Hirnsubstanz und Geistseele nicht stimmen konnte. Ich interessierte mich für den Sektionsbefund, der eindeutig einen weitgehenden Abbau der Gehirnzellen ergab, wie dies eben für schwer hirngeschädigte Atherosklerotiker die Regel ist. Jahrelang verharrt also die Geistseele in Passivität 38
und ist vielleicht außerstande, der materiellen Behinderung zu trotzen. Sie vermag sich aber offenbar dann durchzusetzen, wenn es die absolute Notwendigkeit gebietet. Wie Bergson richtig gesehen, kann die Hirnsubstanz zwar Impulse kanalisieren, hat aber auf das primär Geistige keinen Einfluß. Der Hirnmechanismus hat mit der Geistseele als solcher nichts zu tun. Vielmehr glaube ich annehmen zu müssen, daß die Geistseele in den feinstofflichen Entsprechungen der materiellen Hirnzentren beheimatet ist. Vor allem scheinen die höchsten Chakras1), das sechste (Ajna) und siebte (Sahasrara), eine Rolle zu spielen. Deren Ausstrahlungen vermag der Hellsichtige in der „Aura“ zu erkennen. Die Kriegschirurgie war oft gezwungen, große Teile des Gehirns zu entfernen, die durch Schüsse zerstört worden waren. Dabei war auffällig, wie sich die Verwundeten oft nachher motorisch und vor allem geistig erstaunlich gut zurecht fanden. Man vermutete, daß andere Hirnteile die Funktionen der ausgeräumten Hirnsubstanz übernommen hätten. Dies wäre eine mögliche Hypothese. Der Parallelismus zwischen Geist und Hirnsubstanz bleibt trotzdem in Frage gestellt, da auch bei dieser Annahme Hirnzellen, die mit den zugrunde gegangenen nie in direkter nervlicher Verbindung gestanden haben, das Gedächtnis und die gespeicherten Automatismen hätten übernehmen 1) Feinstoffliche Energiezentren im Körper. 39
müssen. Ein wegen der zur Zeit noch gültigen Ansichten eingeengter akademischer Psychiater verdrängt selbst bei hervorragender Intelligenz jene entscheidende Schlußfolgerung, daß jede chemische Behandlung der Geisteskrankheiten problematisch ist und lediglich eine - zwar oft notwendige - Dämpfung der Motorik und der psychischen Erregbarkeit erreicht, an der Heilung selbst aber wenig beteiligt ist.
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6. Das Geistige als primäre Wirklichkeit Es erschien mir nötig, die Ausführungen Bergsons und meinen eigenen diesbezüglichen Kommentar an den Anfang dieser Schrift zu stellen. Nur wenige der akademisch Gebildeten können sich über die primäre Wirklichkeit des Geistes eine Vorstellung machen, so sehr wird dieser stets mit der uns greifbaren Materie, der „ersten Wirklichkeit“, der „res extensa“ Descartes' in einen zwingenden Zusammenhang gesetzt. Ohne enge Verbindung mit der Materie kann sich der Naturwissenschafter das Geistige nicht vorstellen. So sind autonome Geistwesen dem Rationalisten nicht faßbar, zumal sie sich auch nicht ins Experiment zwingen lassen. Sie verfügen ja „nur“ über einen feinstofflichen Körper, der sich, wie erwähnt, vor allem den visuell-medial Begabten offenbart. Die vagen, oft auch fragwürdigen Sinneseindrücke medial Begabter können für den rationalistisch-materialistisch geprägten Wissenschafter begreiflicherweise keine Diskussionsbasis bilden. Autonome Geistwesen wirken in einer feinstofflichen Parallelwelt. Im kirchlichen Sinne wird diese durch Engel und deren polaren Gegensatz, die Engeldämonen belebt. Diese Welt, die man die archaische nennen möchte, wäre ohne diese Polarität für den Menschen kaum erlebbar. Dem heutigen Zeitgeist 41
aber erscheinen solche Vorstellungen als realitätsfremd. In allen Kulturen der Antike, des Nahen und des Fernen Ostens, aber auch in allen nicht intellektualisierten Volksgemeinschaften gilt die feinstoffliche Parallelwelt als indiskutable Wirklichkeit. Ihre Priester und Schamanen erlebten die Existenz einer raum- und zeitlosen Realität innerhalb aller Sparten des täglichen Lebens. Ihre eigenen Erlebnisse und ihr Können auf rein physikalische Ursachen zurückzuführen, widersprach ihrer Erlebnis- und Erfahrungswelt. Sie wußten um die Wirkungen geistigen Bemühens auf die Materie. Letztere war in Form und Substanz den geistigen Impulsen untergeordnet, war also nicht wie bei Descartes erste, sondern nur zweite Wirklichkeit. Auch für das frühe Christentum galt - und dies im katholischen Bekenntnis noch heute - eine feinstoffliche Welt als Grundlage der Schöpfung. Viele protestantische Geistliche sind heute wieder dieser Auffassung. Im kirchlichen Denken wirken Engel und deren polarer Gegensatz, die Engeldämonen. Auch die Seelen Abgeschiedener gelten als mögliche Verursacher geistiger Störungen des lebenden Menschen und dessen Stellung und Befindlichkeit innerhalb seiner materiellen Lebenswelt.
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Als höchstentwickeltes Wesen göttlicher Gestaltungskraft verfügt der Mensch über einen bewußten Willen. Er steht aber dauernd in engem Kontakt mit der feinstofflichen Parallelwelt, die sein Handeln und Denken in weit größerem Ausmaß bestimmt, als wir heute anzunehmen gewillt sind. Unerklärliche Verhaltensweisen, vor allem Zwangsideen und Zwangshandlungen, können als Folge eines Hineinwirkens seitens einer feinstofflichen Entität (Wesenheit) gedeutet werden. Die Psychologie unserer Tage wird nicht selten abnorme Verhaltensweisen des von immateriellen Wesenheiten negativ Beeinflußten auf krankmachende Jugenderlebnisse und die zu jener Zeit erlittene Unbill zurückführen. Die damaligen Erfahrungen, ins Unbewußte verdrängt - so nimmt sie an -, würden sich zu gegebener Zeit im Verhalten des Erwachsenen ausdrücken. Daß dies auch geschehen mag, sei nicht bestritten, doch ist selbst eine solche Annahme im naturwissenschaftlichen Sinne unbeweisbare Theorie und entspräche nur einer der zahlreichen Ursachen menschlichen Fehlverhaltens. Auch negatives Chromosomengut wird verantwortlich gemacht, häufig nicht zu Unrecht. Die Bemühung, bei neu auftretenden Bewußtseinsinhalten das Unbewußte oder auch die Genetik des betreffenden Menschen als allein verantwortliche Quelle zu bezeichnen, erklärt sich aus der fehlenden Alternative. Die dogmatische Annahme, daß das Geistige nur den 43
Chemismen des Gehirns entstamme, ermöglicht es, die Existenz und Bewirkungsmöglichkeit materieunabhängiger Geistwesen auszuschließen. Das Unbewußte gibt es zweifellos, aber ob ein ins Bewußtsein tretender dämonischer Gedanke aus dem Unbewußten oder über eine Einwirkung seitens autonomer feinstofflicher dämonischer Wesenheiten ins Bewußtsein tritt, läßt sich mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht entscheiden. Dogmengläubigkeit verbannt a priori all das, was nicht ins voreingenommene Konzept paßt. Wissenschaftliche Objektivität muß dann im Hintergrund bleiben. Nach der tantrischen Fünfkörperlehre (siehe Kap. 8) kann sich Feinstoffliches zu Materie verdichten. Letztere behält aber immer jenen feinstofflichen Kern, welcher ihrer Entstehung zugrunde lag. Dieser Kern bleibt allen kosmischen Impulsen offen und überträgt diese auf die verdichtete Materie. So wird auch der Materie Verwandlungsfähigkeit vermittelt. Der Rationalist ist so sehr einem deduktiven Denken verpflichtet, daß er jeder intuitiven Erkenntnis - wie sie die fernöstlichen Philosophien kennen - zutiefst mißtraut und nicht für wissenschaftsgerecht hält. Vor allem deshalb - Bergson weist darauf hin -, weil der Rationalist die naturwissenschaftliche Methode für die einzig richtige hält und andere Methoden und Denkmöglichkeiten, wie beispielsweise die naturphilosophische, nicht in Betracht zieht. Letztere ist ihm ja auch unbekannt. 44
Die Untersuchungen Bergsons und später Eccles1) machen deutlich, daß sich der Geist und auch das Gedächtnis zwar des Gehirns bedienen, aber von dessen Substanz unabhängig und nicht an diese gebunden sind. Dies ist auch für die Reinkarnationslehre von großer Bedeutung. Zwar begegnen wir in den Werken des großen Philosophen Bergson dem Begriff des feinstofflichen Körpers (dem corpus subtile PARACELSI) nicht, so sehr ist das Wissen um diesen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verloren gegangen. Vermutlich hielt Bergson Geist und Seele für unstofflich, im Gegensatz zur fernöstlichen Philosophie. In der indischen und chinesischen Philosophie wird jedem Organ - natürlich auch dem Gehirn - eine feinstoffliche Entsprechung zugeordnet, und in diesen feinstofflichen Zentren haben wir - wie erwähnt - Geist und Seele zu suchen. Dabei ist zu beachten, daß das Feinstoffliche keinen Raum beansprucht, da es einer anderen Dimension angehört. Die feinstofflichen Zentren der Sinnesorgane haben wir uns als in enger Bindung an die grobstofflichen - also physiologischen - Zentren (Seh-, Gehör-, Geruchszentrum) zu denken. Feinstoffliches als reine Gedankenkraft (Buddhi der Tantra-vydiã)2) kann sich gemäß der TantraPhilosophie verdichten zum „Prana maya cosha“, dem 1) John C. Eccles (Neurophysiologe) in: „Gehirn und Geist“, Fischer Verlag. 2) Siehe Kapitel 10 „Corpus subtile“. 45
Bildekräfteleib der Anthroposophen. Bei noch intensiverer Verdichtung bildet es den physiologischen Körper. Es kann somit auch einen bereits materialisierten Körper beeinflussen. Die Prana-maya-coshaSchicht ist aber als „Bildekörper“ dem grobstofflichen Körper übergeordnet und weitgehend materieunabhängig.
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7. Rhythmus und Regel Bergsons Theorien blieben zufolge des immer mächtiger werdenden naturwissenschaftlichen Denkens unbeachtet. Die enormen Leistungen und Erfolge der rationalistisch-materialistisch geprägten Forschung lassen uns dies verstehen. Der menschliche Geist hatte zu sehr zum deduktiven Denken des Intellektes hinübergependelt. Die Leistungsfähigkeit intuitiver Erkenntnis wurde erst später wieder, vor allem durch C. G. Jung, wissenschaftlicher Beachtung zugeführt. Naturwissenschaftliche Dogmatik, nur kurze Zeit durch die Strömungen der Romantik in Schach gehalten, bedrohte ja auch die kirchliche Dogmatik. Offenbar ist der menschliche Geist zwei Grundtendenzen unterstellt. Die eine, die saturnisch1)konservative, sucht sich im Dogma einen seelischen Ruhepunkt, in welchem sich allerdings auch innerliche und äußerliche Erkenntnisse vertiefen und im Detail erweitern lassen. Die andere Grundtendenz im Sinne des Hermes Trismegistos, dem höchsten Erleuchter in der Alchemie, erstrebt neues ins Kosmische vertieftes Wissen. Es fragt nicht danach, ob dadurch die älteren Anschauungen außer Kurs gesetzt werden. 1) Das Saturnische beinhaltet u.a. das Verlangsamungsprinzip. 47
Vielfach kann man auch eine rhythmische Wiederkehr beobachten, eine erneute Gültigkeit alter, inzwischen gereifter Erkenntnisse. Im Geistigen regiert der Rhythmus, im Materiellen das Gesetz, die Regel. Geistig-seelische Haltungen erscheinen immer wieder von neuem, nachdem sie inzwischen durch polar entgegengesetzte Strömungen abgelöst wurden. Auf ein puritanisches Jahrhundert folgt ein freizügiges, niemals aber das Lebensgefühl einer früheren freizügigeren Epoche wiederholend, sondern immer auch verändernd. Der Rhythmus darf als die Wiederholung des Ähnlichen, das Gesetz als Wiederholung des Gleichen gekennzeichnet werden. Nur die rhythmische Schwingung führt zu hoher Erkenntnis, da der Rhythmus als belebender und gestaltender Faktor starren Gesetzen entgegen läuft. Die Geisteskultur aber bedarf beider, des Rhythmus und der Regel. Wenn auch, wie besonders in der heutigen Wissenschaftswelt, der Hauptakzent auf der Erforschung der Materie liegt, so führt die Erforschung derselben wegen deren engen Verbundenheit mit dem Geist wiederum zum letzteren zurück. Deshalb sind alle großen Kernphysiker zu Philosophen geworden. Der kürzlich verstorbene Professor für theoretische Physik an der Universität Zürich, Walter Heitler, betont, daß schon die Physik (und in besonders starkem Maße die Atomphysik) metaphysische Fragen aufwerfe.1) 1) Walter Heitler: „Mensch und naturwissenschaftliche Erkenntnis“, 4.Aufl., Vieweg-Verlag, S. 47. 48
Aber der heutige, von der Kernphysik seltsamerweise noch immer ungenügend beeinflußte Zeitgeist tut sich schwer in der Beachtung nicht materieller Realität. Psychische Erscheinungen und Krankheiten auf nicht stoffliche Gegebenheiten oder gar auf Geistwesen zurückzuführen, ist für den heutigen naturwissenschaftlich erzogenen Menschen ein Bemühen, dem er seine Zustimmung versagt. Geistwesen lassen sich eben nicht ins Experiment zwingen. Indisches Denken führte alle körperliche Leiden auf Einflüsse der Dämonen zurück. Heute kennen wir die stofflichen Verursachungen der meisten Krankheiten. Viren und Bazillen sind an die Stelle der Dämonen getreten. Daß sich das Dämonische aber auch der materiellen Gegebenheiten bemächtigen kann, bleibt unberücksichtigt, da nicht dogmenkonform. Naturwissenschaftlich zu denken ist eben noch immer ein Muß für den akademisch erzogenen Forscher. So werden meine Ausführungen noch längere Zeit für einen solchen unannehmbar bleiben. Die Rhythmenkulmination des naturwissenschaftlichen Zeitalters ist aber bereits überschritten. Astrologische Forschung sagt für das Wassermannzeitalter fundamentale geistige Umschichtungen voraus. Die bereits vorhandenen Ansätze rechtfertigen eine solche Annahme. Die heute übliche Vorstellung von der möglichen Weiterentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnis erscheint nur viel zu linear. Ich verstehe unter einer linearen Entwicklung das Bemühen, neue Erkenntnis49
se nur auf der zur Zeit geltenden Wissenschaftsphilosophie aufzubauen und früher gültige Vorstellungen über Natur und Leben nicht zu berücksichtigen. Eine solche Haltung erklärt sich aus dem naturwissenschaftlichen Kausalitätsbegriff, in welchem nur der physikalische Ablauf von Ursache und Wirkung gilt. Eine Wirkung wird immer wieder Ursache (causa) materieller Folgezustände. Jede weitere Entwicklung erfolgt linear in diesem Sinne. Über ein solches Denken innerhalb fundamentaler Entwicklungstheorien werden frühere Erkenntnisse als überholt entwertet. Zu diesen zurückzukehren bedeute Rückschritt. Im Gegensatz zur Newtonschen Kausalität, auf die sich die klassische Physik reduzierte, war die Quantenphysik gezwungen, diese lineare Kausalität für ihre Phänomenologie aufzugeben, was erstaunlicherweise die wenigsten Wissenschafter anderer Disziplinen beherzigen. Offenbar widerspricht dies ihrem zutiefst verankerten wissenschaftlichen Credo. Heute, wo klar sein sollte, daß es innerhalb der kleinsten Materieeinheiten keine lineare Kausalität gibt, muß man sich nach anderen Gesetzesabläufen umsehen. Dabei stößt man wieder auf den Rhythmus, der in der alten und neuen Naturphilosophie schon immer primäre Gültigkeit beanspruchte. Die Kulminationen eines Rhythmus bergen eine totale Geschehensumkehr in sich. Dies liegt im Urphänomen des Rhythmus und außerhalb jeder mechanischen Kausalität. Wie bereits erwähnt, beinhaltet der Rhythmus eine 50
Wiederholung des Ähnlichen. Eine unbegrenzte Ursachen- und Geschehensvielfalt wirkt außerdem auf die zeitlichen Abläufe innerhalb des Rhythmus ein, und so resultiert immer wieder etwas Neues, anderes. Die Abfolge dieses anderen ist aber keineswegs ein ungeordnetes Zufallsspiel. Der Begriff des Zufalls stellt ohnehin eine Absurdität dar und wurde trotz der dogmatischen Gläubigkeit des naturwissenschaftlichen Denkens an die lineare Kausalität aus Verlegenheit in aller Munde gelegt, weil die gesuchte Ursache sich in vielen Fällen als unvorstellbar und unbeweisbar erwies. Nietzsche stellte fest, daß der Glaube an die physikalische Kausalität sich nur deswegen so unumschränkt behaupten konnte, weil die Wissenschaften annahmen, alles Geschehen sei ein Tun, d.h. eine aktive Einflußnahme auf den bestehenden Zustand mittels unserer Willenskräfte oder über physikalische Einwirkungen. Dies war offenbar auch für Nietzsche keinesfalls erwiesen. Innerhalb eines solchen Fehlglaubens - so möchte ich betonen -, gäbe es keine Jungsche Synchronizität, die ich zwar, wie später erläutert werden soll, lieber als Analogiekausalität bezeichnen möchte. Darunter verstehe ich eine magische Beeinflussung des Gleichen auf das Gleiche oder - etwas weniger eng gesehen - des Ähnlichen auf das Ähnliche. (Im Kap. 17 K „Analogiekausalität“ werde ich darauf zurückkommen.)
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Wäre unsere naturwissenschaftliche Weltanschauung nicht so strikt auf eine lineare Kausalität der Erscheinungen eingestellt, bestünde die Möglichkeit, an frühere Weltanschauungen, die Kabbalah, die Tantra-vydiã, die Alchemie und die Naturphilosophie der Vorsophisten (Heraklit und andere) sowie der Romantiker (Ennemoser, Schelling, Justinus Kerner) und auch nicht zuletzt eines Goethe anzuknüpfen. Deren Genialität kann nicht bezweifelt werden. Statt dessen gelten in Europa die dem Ehrgeiz und dem zeitgemäßen Denken verpflichteten Anschauungen einzelner amerikanischer Universitätslehrer weit mehr. Die Rückbesinnung auf die Lehren früherer Kulturen, die den vier Erkenntnismöglichkeiten (Denken, Intuition, Gefühl und Wahrnehmung) verpflichtet waren, erachte ich als dringendstes Erfordernis der heutigen Zeit. Gerade die Parapsychologie kommt meines Erachtens mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht mehr weiter, obwohl die akademische Parapsychologie immer wieder die Beachtung der naturwissenschaftlichen Grundregeln als einzig möglichen Weg zur Erhellung unerklärlicher Geschehnisse im parapsychologischen Erlebnisfeld gefordert hat. Statistische Erhebungen (Rhine) beweisen zwar die Existenz eines paranormalen Geschehens - so der Telepathie und der Hellsicht - oder verleihen ihr zumindest hohe Wahrscheinlichkeit. Sie liefern aber 52
keine Erklärungen für innere Zusammenhänge. Paranormale Erscheinungen liegen - so will mir scheinen - großenteils außerhalb des physikalischen Kausalitätsgeschehens und finden am ehesten innerhalb der Analogie-Kausalität ihre Erklärung. Dies gilt besonders bei Verhexungen. Deren Rituale sind vermutlich über intuitiv empfangene Bilder gewonnen worden. Auch müssen noch wenig bekannte Energien berücksichtigt werden. Ich denke an feinstoffliche Energieströme, wie man sie innerhalb der Meridiane der Akupunktur beobachten kann. Deren Verifizierung und Messung ist in Japan (H. Motoyama) bereits möglich. Im Westen liegen wir noch weit zurück. Meridiane sind anatomisch nicht verifizierbar und feinstofflicher Natur. Desgleichen auch die an die Meridiane gebundenen Energieströme.
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8. Naturwissenschaft und moderne Physik Die im Sinne Newtons ausgebildeten Physiker standen seinerzeit vor fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, die damals neuen Gegebenheiten der Quantenphysik annehmen zu können. Genauso begegnen noch heute fast alle Phänomene der Parapsychologie dem Unverständnis der naturwissenschaftlichen Forschung. Was außerhalb der raumzeitlichen Kausalität steht, erscheint letzterer als unmöglich. Was nicht im Experiment als wiederholbares und sich gleichbleibendes Geschehen bewiesen werden kann, erfährt meistenteils keine Beachtung. Alles Qualitative, also das Hauptkriterium der menschlichen Seele, entzog sich deswegen gezielter Forschung. Die naturwissenschaftliche Lehre mit ihrem Bestreben nach Abstraktion und nach Auflösung der Welt in ihre kleinsten materiellen Teile sah an allen Phänomenen rein psychischer Bewirkung der Materie vorbei, und da diese Lehre für alle ihre Ansichten Alleingültigkeit forderte, wurden Geschehnisse, die nicht in ihr Konzept paßten, dem Aberglauben und der Selbsttäuschung zugeordnet. Da zu Beginn des zweiten Viertels unseres Jahrhunderts - wie auch heute - auf den Universitäten nur die naturwissenschaftliche Lehre Beachtung fand, 54
hatte ich mich selbst mühsam von dieser zu lösen, war ich doch auch einmal einer ihrer begeisterten Anhänger. Ich verstehe jeden meiner Kollegen, der meinen Ansichten nicht zu folgen vermag. Wessen Steckenpferd nicht gerade die parapsychologischen Phänomene beinhaltet, wird deren Vorhandensein innerhalb des naturwissenschaftlichen Schrifttums kaum begegnen. Außerdem sind ja auch die Parapsychologen unter sich selbst bezüglich ihrer Deutungen uneins. Noch immer steht die akademische Parapsychologie innerhalb des naturwissenschaftlichen Denkens und anerkennt keine autonomen geistigen Wesenheiten. Diese müßten ja einer nicht materiellen, besser gesagt feinstofflichen Sphäre angehören, die innerhalb der naturwissenschaftlichen Weltanschauung nicht Gegenstand der Forschung ist. Alles menschliche Erleben wird im naturwissenschaftlichen Denken auf chemophysikalische Reaktionen im Gehirn bezogen. Ein Beweis dieser Behauptung ist indessen nicht möglich. Wir wissen lediglich, daß chemische Substanzen seelisches Erleben für eine gewisse Zeit zu unterdrücken oder zu dämpfen vermögen. Zwar wird bei der Einnahme psychedelischer Drogen1) die menschliche Erlebensgrundlage auch qualitativ verändert, wie aber ein geistiges Bild entsteht, wie ein 1) Psychedelische Drogen: Drogen, welche die Psyche vorübergehend in eine ich-bezogene Scheinwirklichkeit einbinden, was sich mit Ausnahme gelegentlicher „Horrortrips“ meist angenehm auswirkt. 55
absolut erstmaliger Gedanke sich bildet, trotzt jeder Deutung innerhalb des philosophischen Materialismus. Die Psychologie beschränkte sich bisher auf eine Klassifizierung und spricht von Intuition, einer der vier menschlichen Erkenntnismöglichkeiten (C. G. Jung). Das lateinische Wort „tueri“ entspricht dem deutschen Verbum „einfallen“. Der Begriff Intuition beinhaltet eine psychologische Wirklichkeit. Der intuitive Gedanke (Eingebung) muß also, wenn er keiner gespeicherten Erinnerung angehört, von irgendwo ins geistige Blickfeld des Menschen einfallen. C. G. Jung dachte an das „kollektive Unbewußte“, ein Begriff, der auf eine kosmische Urschicht bezogen wird. Diese psychische kosmische Urschicht ist aber auch nur eine Hypothese, eine gedankliche Abstraktion. Wie nämlich öffnet sich diese Urschicht dem Menschen, wie „fällt“ sie in ihn ein? Ist eine direkte Verbindung zu ihr, z.B. über einen Trancezustand, denkbar, oder übertragen geistige Wesen, die einer feinstofflichen Schicht angehören und den Urschichten des Universums näher stehen, solches Erfahrungsgut unserer persönlichen Mentalsphäre? Wir wissen es nicht. Für Denker der naturwissenschaftlichen Haltung bleiben Geistwesen - da es solche für sie nicht gibt - natürlich außer Betracht. Aber ist den rein spekulativen Deduktionen der Descartes'schen 56
Nachfolger, welche die bei ihm noch lebendige „res cogitans“ (Geist) vernachlässigten und sich bloß noch der „res extensa“ (Materie) zuwandten, Glauben zu schenken, nur weil sie die moderneren, nüchterner gesagt die zeitlich später Geborenen sind? Ich glaube dies nicht. Dem älteren Wissenschafter ist ohnehin aus Erfahrung klar geworden, daß sich viele, einst für sicher und universell gehaltene Theorien durch neue Beobachtungen nicht generell, sondern nur für bestimmte Verhältnisse als gültig erwiesen. Dies widerfuhr auch der Newtonschen Physik. C. G. Jung, der zwar noch zu einem Teil dem naturwissenschaftlichen Denken verhaftet war, betonte, daß er von vornherein nichts für unmöglich halte, so sehr auch ein Geschehen den anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu widersprechen scheine. Diese Erkenntnis entspringt menschlicher Geistesgröße! Jung war auch mit bedeutenden Quantenphysikern (Pauli) in regem Kontakt. Trotzdem scheint er emotional den letzten Schritt aus der konventionellen Physik ins neue Denken noch nicht vollzogen zu haben, sonst hätte er nicht den Begriff „Synchronizität“ als akausale Verursachung geprägt. Als akausal kann Synchronizität nur im Sinne des Newtonschen Physikverständnisses gelten. Ich habe statt dessen den Begriff der „Analogiekausalität“ vorgeschlagen, einer Einwirkung feinstofflich-geistiger Impulse auf materielles physikalisches Geschehen. Analogiekau57
salität ist die Grundlage für alles Magische, und zwar für Magie als zwischenmenschliche Bewirkung wie auch einer solchen seitens feinstofflicher Wesenheiten. Die Analogiekausalität soll deswegen im Kapitel „Magie“1) noch eingehender bearbeitet werden. Diese sowie die Einwirkung der menschlichen Geistseele auf die Materie ist für die Infestation von grundlegender Bedeutung. Mit der Psychoplastik, einer Verformung der Materie durch geistige Energie, beschäftigt sich die Parapsychologie vor allem seit dem Auftreten Uri Gellers, doch wird meist nur das Psychopotential des lebenden Menschen in Betracht gezogen. Die mögliche Einwirkung seitens transzendentaler Wesenheiten, wie dies Geller selbst postulierte, wird kaum diskutiert. Bei der Infestation müssen beide Möglichkeiten ins Auge gefaßt werden. Die große Mehrheit der Wissenschaftler wird meine in diesem Buche dargestellte Auslegungen als reine Spekulation werten, sind doch die linientreuen Akademiker aus emotionalen Gründen an das bisher anerkannte und deswegen Geglaubte gebunden. Daß meine Ausführungen ihren nur spekulativen Charakter verloren haben, verdanken sie der Quantenphysik. Es ist das Verdienst des Physikers und HeisenbergSchülers Fritjof Capra, einem größeren Teil der Gebildeten mittels seines Bestsellers „Wendezeit“2) ein neues Weltbild vermittelt zu haben. Die für mein 1) Siehe Kap. 17 K „Analogiekausalität“. 2) Fritjof Capra: „Wendezeit“, Scherz Verlag, 6. Aufl. 1983. 58
Anliegen wichtigsten Ergebnisse der neuesten Forschung entnehme ich seinem umfassenden Werk. Capra führt uns vor Augen (S. 83), daß subatomare Teilchen keine „Dinge“ seien (die physikalisch aufeinander wirken, d.Verf.), sondern nur Verknüpfungen zwischen Dingen, und diese Dinge seien ihrerseits Verknüpfungen zu anderen Dingen. Diese neueste Erkenntnis, so möchte ich betonen, entspricht jener der Alchemie. Die Alchemisten und auch die indischen Yogis gewannen ihr Wissen auf intuitivem Wege. Dieses Wissen besagt, daß das Oben dem Unten und das Unten dem Oben entspräche. Sowohl das Oben wie auch das Unten, beide miteinander eng verknüpft, würden sich gegenseitig beeinflussen. Unter dem Oben versteht der Alchemist das Kosmische und Transzendente, unter dem Unten die unserer Erfahrung leichter zugängliche materielle Welt. Die Komplementarität zwischen kosmischer und materieller Wirklichkeit wird also von der Alchemie vorweggenommen. Subatomares scheint die Begegnungsschicht zwischen Kosmisch-feinstofflichem und Materiellem zu sein. Auf Seite 90 schreibt Capra: „Die Gesetze der Atomphysik sind statistische Gesetze, nach denen die Wahrscheinlichkeiten atomarer Vorgänge durch die Dynamik des gesamten Systems determiniert werden. Dies im Gegensatz zur klassischen Mechanik, wo die Eigenschaften und das Verhalten der Teile das Ganze bestimmen. Materie hat keine mechanische Struktur.“ 59
Daraus geht hervor, daß es einer sehr komplexen geistigen Kausalität bedarf, um im subatomaren Geschehen Wirkungen zu erzielen. Dies muß auch für die grob materielle Wirklichkeit gelten, so daß Psychoplastik und Materialisationen bis zu den Speisevermehrungen religiöser Charismatiker (Jesus Christus, Don Bosco u.a.) sich aus dem Bereich des Mythos und der Fabel loszulösen beginnen. Für das Verständnis der Magie ist das auf Seite 90 Gesagte besonders wichtig: „Die offensichtlichen Ähnlichkeiten zwischen der Struktur der Materie und der Struktur des Geistes sollten uns nicht allzusehr überraschen, da das menschliche Bewußtsein beim Vorgang des Beobachtens subatomarer Vorgänge eine ganz entscheidende Rolle spielt und in der Atomphysik in beträchtlichem Maße die Eigenschaften der beobachteten Erscheinungen bestimmt. Der Beobachter ist sogar notwendig, um die Eigenschaften eines atomaren Geschehens hervorzurufen.1)“ Bei diesem Geschehen ist es also der Geist, und m.E. besonders der emotional interessierte, welcher auf die atomare Substanz einwirkt. Was im atomaren Bereich geschieht, muß auch für den makrophysikalischen Bereich Gültigkeit haben. Es ist heute also erlaubt und möglich, von der atomaren Physik her die Einwirkung einer magischen Intention, selbst auf entfernte Gegenstände und Menschen, zu 1) Capra, op. cit. 60
verstehen. Auf Seite 82 erfahren wir durch Capra, daß Niels Bohr den Begriff der Komplementarität geprägt habe. Für ihn seien Teilchenbild und Wellenbild, welches der nicht-materiellen Welt angehört, im subatomaren Geschehen zwei sich ergänzende Beschreibungen der Wirklichkeit. Bohr hat daraufhingewiesen, daß der Begriff der Komplementarität auch außerhalb der Physik nützlich sein könnte. Schon Jahrzehnte zuvor sagte der bedeutende englische Physiker James Jeans (1877-1946): „Das Universum beginnt mehr wie ein großer Gedanke denn wie eine große Maschine auszusehen.“ Sollte sich diese Ansicht bewahrheiten, würde dies allen mechanistischen Theorien der Weltentstehung, vor allem der des sogenannten „Urknalls“, den Boden entziehen. Innerhalb dieses „großen Gedankens“, also des Universums, welches somit nicht nur eine materielle Wirklichkeit darstellt, lassen sich viel leichter geistige Entitäten ansiedeln. Ich denke an Geistwesen im Sinne archetypischer Wirklichkeit: Götter, Engel, Dämonen, aber auch Naturgeister und Geistwesen Verstorbener. Sie alle entsprechen einer Urerfahrung der Völker und Kulturen und sind erst nach rein intellektuellen Deduktionen der nachcartesianischen Zeit bestritten worden. Vermutlich wirken sie alle in uns und um uns als komplementäre Kräfte. In diesem Zusammenhang muß auch der Forschun61
gen Burkhard Heims, Dipl. Physiker in Northeim, gedacht werden. Heim stellte sie in einem Vortrag in Horb (Baden-Württemberg) dem damaligen Zentrum für Tonbandstimmenforschung (Jürgensen-Raudive) unter Hanna Buschbeck vor. Er gab zu bedenken, daß besonders seit Einstein den Wissenschaftern klar geworden sei, daß die Darstellung sinnlicher Wirklichkeit durch anschauliche Begriffe ungenauer sei als die in einem wohl unanschaulichen, aber mathematisch eindeutig definierten System. Man sah sich gezwungen, außer den drei Dimensionen des Raumes auch die Zeit als vierte „Dimension“ einzubeziehen. Heim erhebt außerdem die Forderung nach einer Kosmologie, die Materie und Leben erfaßt. Feldgleichungen innerhalb der Quantenfeldphysik weisen auf eine sechsdimensionale Struktur hin, wobei die fünfte Dimension als die entelechale, die sechste als die äonische Dimension bezeichnet wird. Die Punkte und Ereignisse dieses sechsdimensionalen Raums liegen nicht alle im „Unterraum“, den vier raumzeitlichen Koordinaten. Sie sind also nicht alle für uns manifest, sondern weil außerhalb dieses gewöhnlichen Erfahrungsraums liegend, latent. In dieser Weltgeometrie haben nicht-kausales Geschehen sowie der Lebensprozeß ihren Platz. Die Kausalität der unbelebten Materie ergibt sich aus der großen Zahl der beteiligten Einzelteilchen als Wahrscheinlichkeit. Die lebende Materie aber ist bis in ihre 62
letzten Einzelheiten durchstrukturiert. Sie folgt also nicht wie die unbelebte den Regeln der Wahrscheinlichkeit, sondern der gegebenen Wechselwirkung ihrer Teilchen. Von hier aus läßt sich das Phänomen des Lebens darstellen. Es ließe sich eine Folge von Parallelräumen - „Antiräume“ oder „Pararäume“ (Heim) - mit transzendenzfähigem Leben von sehr hoher entelechaler Struktur denken. Ein Lebensträger, der im raumzeitlichen Unterraum sich auflöst (stirbt), kann im Parallelraum in einem metastabilen Zustand weiterexistieren, d.h. als feinstoffliche Wesenheit mit allen seinen charakteristischen Eigenschaften im „Jenseits“ wirksam bleiben. Diese Weltsicht ließe uns diejenigen Phänomene verstehen, innerhalb welcher - von einwandfreien Zeugen bestätigt - bei spiritualistischen Sitzungen Verstorbene in ihren Kleidern sichtbar und tastbar rematerialisiert werden. Auch die einwandfrei bezeugte De- und Rematerialisation ganzer Körperteile Lebender bei Mirabelli und vielen anderen findet eine Erklärung. Diese Körperteile sind offenbar für kurze Zeit in einen Pararaum hinübergetreten. In solchen Pararäumen lebend und zeitweise in unsere raumzeitliche Welt hineinragend, darf man sich die Wesen denken, die bei allen Besessenheitsformen den Menschen quälen und Phänomene der De- und Rematerialisation von Gebrauchsgegenständen oder deren Verformung 63
(Psychoplastik) verursachen (Infestation). Erinnert sei an die ungewöhnlichen Gegenstände, die bei der besessenen Gottliebe Dittus durch Pfarrer J. C. Blumhardt und bei den philippinischen Logurgen aus den Körpern ihrer Patienten herausbefördert wurden. Alle Kontakte, die laufend bei Besessenen durch Verstorbene oder Dämonen stattfinden, sind auf das Ineinanderwirken der sechs Dimensionen zurückzuführen. Mit der wissenschaftlichen Unterstützung seitens der Kernphysik und der Heimschen Pararäume kann ich es heute wagen, meine Erfahrungen über Geistwesen, Besessenheit, Umsessenheit und Infestation einem aufgeschlossenen Leserkreis zu vermitteln. Die Schlußfolgerungen möchte ich als Hypothesen verstanden wissen. Keine Erkenntnis - meines Erachtens auch nicht eine religiöse - ist vollkommen und unwandelbar. Nur zu oft müssen wir in bezug auf unsere eigenen, wie auch jahrhundertelang geltende Anschauungen erfahren, daß sie verändert und ergänzt werden müssen. Wandlung ist eben Grundprinzip unseres Universums und - so will mir scheinen - sinngemäß auch der Schöpfungskraft. Gerne aber stehe ich jeder Kritik in Offenheit gegenüber.
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9. Die Gesamtübereinstimmung innerhalb allen Geschehens Die Naturphilosophie1) bemüht sich vor allem um die Erforschung und Wahrnehmung des Wesenhaften, die Naturwissenschaften hingegen bemühen sich um begriffliche Erfassung, also um eine exakte Beschreibung der Dinge und ihrer physikalisch meßbaren Geschehensabläufe. Beides ist notwendig. Innerhalb der Quantenphysik beginnen sich diese Ziele auszugleichen. Hier begegnen wir - wie erwähnt - nicht mehr nur Kausalabläufen im Newtonschen Sinne, sondern vor allem einer folgerichtigen Übereinstimmung ihrer Wechselbeziehungen, den Wahrscheinlichkeiten von Verknüpfungen. Die modernsten Tendenzen gipfeln innerhalb der „bootstrap-(Schnürsenkel)-Hypothese“ (Geoffrey Chew) im Bemühen, nicht nur die Suche nach kleinsten und letzten Bausteinen der Materie aufzugeben, sondern überhaupt keine fundamentalen Einheiten irgendwelcher Art und somit keine Gesetze, Konstanten und Gleichungen zu akzeptieren. Diese Wissenschaftsphilosophie bemüht sich, alle Eigenschaften der Teilchen und ihrer Wechselwirkungen ausschließlich aus Notwendigkeiten der Gesamtübereinstimmung abzuleiten.2) 1) Siehe Hans Naegeli-Osjord: „Besessenheit und Exorzismus“, Otto Reichl Verlag, 1983, S. 29. 2) F. Capra: „Wendezeit“, Scherz Verlag 1983, S. 97 ff. 65
Gesamtübereinstimmung ist aber kein materieller oder physikalischer Begriff mehr, sondern wechselt ins Philosophische, ja sogar ins Religiöse hinüber. Ich denke an Ziele der Gottheit in bezug auf die Weltentstehung oder die Weltentwicklung. Finales dominiert hier das Kausale und erweist sich als allein richtunggebend, ja sogar das Kausale bestimmend. Man darf in diesem Zusammenhang mit vollem Recht von der Magie göttlicher Kräfte sprechen, da Magie als eine geistige Bewirkung der Materie definiert werden muß. Magie ist die Urkraft allen Geschehens. Die Erschaffung der Welt stellt meines Erachtens „Magie par excellence“ dar. Innerhalb einer philosophischen Deutung des Weltplans beanspruchen Sinn und Sinngebung eine primäre Bedeutung, während das MateriellKausale von sekundärer Wichtigkeit zu sein scheint. Im makrophysikalischen Experiment kommt der Anwesenheit des Menschen keine Bedeutung zu. Der Mensch ist lediglich Beobachter. Die Quantenphysik aber brachte die damals ungeheuerliche Neuerung, daß der beobachtende Mensch ohne jede Willensbemühung das atomare Geschehen beeinflußt. Der aufmerksame, geistig interessierte Beobachter verwandelt ein „jungfräuliches“ Elektron, d.h. ein solches, welches noch keiner Beobachtung unterzogen wurde, in ein neuen Gesetzen gehorchendes Teilchen.1) 1) Siehe Heitler: „Der Mensch und die naturwissenschaftliche Erkenntnis“, Vieweg-Verlag, 1966. 66
Wenn schon ein geistiges Interesse die Materie zu beeinflussen vermag, dann muß dies auch in vermehrtem Maße für eine geistig-seelische Absicht gelten. Hier gesellt sich als noch stärkere Komponente die Emotionalität hinzu und bereichert bloßes Interesse mit zusätzlichen Energien. Absichten, also eine geistig-seelische Zielsetzung, gehören dem Feinstofflichen an und sind nicht an Zeit und Raum gebunden. So ist auch die Heilmagie von der physikalischen Entfernung unabhängig und vollzieht sich in jeder Distanz. Neueste Untersuchungen haben die sogenannte „Fernheilung“ als zwar nicht immer wirksame, aber in vielen Fällen signifikante Beeinflussung des kranken Menschen und auch des Tieres bewiesen (siehe auch S. 176, Schilderung Hansen). Diese Heilbemühungen bedürfen keiner ausgeklügelten Rituale; oft nur des Gebetes, welches ein harnionisierendes Geistpotential des Kranken anspricht. Ein solches kann sich dann innerhalb der Analogiekausalität auf dessen Körper auswirken. Sicherlich ist der Gedanke besonders wirksam, wenn eine Gefühlskomponente mitspielt. Ich konnte dies bei meinem eigenen Heilbemühen beobachten, das auf rein geistigem Wege zum Ziel zu gelangen versuchte. Ein spontanes emotionales Engagement brachte die besten Wirkungen. Eine meiner Patientinnen, die behauptet, mißliebigen Personen Unheil an wünschen zu können, erzählte mir, sie habe die gemeinsame Waschmaschine des 67
Appartementhauses verflucht, bevor eine ihr unsympathische Mitbewohnerin diese benützen wollte. Es sei ihr auch gelungen, doch habe sie sich selbst damit geschadet, da die Maschine jetzt, wo sie diese selbst benötige - noch immer nicht funktioniere. Auf meinen Rat, die Maschine durch Gedankenkraft wieder in Gang zu setzen, erwiderte sie, dies werde ihr nicht möglich sein. Nur in höchster Wut und Erregung gelinge ihr die Bewirkung von Apparaten und Menschen. Der Heiler, welcher sich als Philosoph oder Psychologe an einen kosmischen Archetypus wendet, wird weniger Erfolg haben als jener, der an eine personale Gottheit glaubt und sich mit allen seinen Wesenskräften an einen gütigen Gott wendet. Eine Ausnahme zu dieser Regel würden die Heiler derjenigen Völker bilden, welchen von Jugend an kein personales Gottesbild vermittelt worden war, die aber verständlicherweise eine emotionale Bindung an ein Numinosum entwickelten, so die Sioux-Indianer.1) Jedes geistige Heilgeschehen entspricht weißer Magie. Viele Theologen - solche vor allem, für die alles von der alleinigen Gnade Gottes abhängt - werden meine These mißbilligen. Aber schon das alte Testament macht deutlich, daß der Mensch mit seinem Wirkungspotential für Jehova 1) Siehe Wladimir Lichtenberg: „Die Menschheit betet“, Ernst Reinhard Verlag, München 1958, S. 127. 68
von äußerster Wichtigkeit war und dieser in Zorn geriet, wenn ihm nicht Fleisch geopfert wurde. Er war also nicht unabhängig vom Verhalten des Menschen. Dies war ja Kains Tragödie, der als Ackerbauer „nur“ Feldfrüchte opferte. Der Mensch als gewollte „Krönung der Schöpfung“ ist ein überaus wichtiger, dem Gottesimpuls komplementärer Gestaltungsfaktor auf alles Geschehen in der Welt, und gerade dies ersehen wir im kleinen - wie bereits erwähnt - innerhalb der Quantenphysik, wo der intensive Beobachter als geistbegabtes Wesen die Vorgänge innerhalb der feinsten Materieeinheiten sehr wesentlich beeinflußt. In diesem Zusammenhang ließe sich die Hypothese aufstellen, daß auch der Schöpfer unseres Planeten als solcher von außerirdischen, höheren göttlichen Zentren gesteuert wird und einem Auftrag folgt. In der ganzen Schöpfung, im Gestein, den Pflanzen und Tieren und besonders im Menschen entfaltet sich das Göttliche, um über diese gleichzeitig geistigen wie materiellen Gestaltungsformen einer Entwicklung, möglicherweise einem entelechischen1) Vollendungsprozeß entgegenzugehen. Für den Menschen stellt das Göttliche ein Geistzentrum dar, welches gleichzeitig ein ethisches Gesetz in sich trägt. Jung schrieb: „Die Ideen des moralischen Gesetzes und der Gottheit gehören zum unausrottbaren Bestand 1) entelechisch: zielstrebig, formverwirklichend. 69
der menschlichen Seele...“ (Gesamtausgabe Band 8, S. 528) Jede Abweichung von diesem Urgesetz ist „Sünde“ (Sonderung) und muß wieder ausgeglichen werden. So rächt sich jede Sünde zu irgend einer Zeit oder in irgendwelcher Form. Der Weise und ethisch Hochstehende wird sie vermeiden wollen. Sie ist aber Gott nicht derart zuwider, wie der Durchschnittstheologe glauben machen will. Letzterer vertritt diese Haltung ja auch aus pädagogischen Gründen, da ein philosophisch Uninteressierter niemals die wirklichen Zusammenhänge erkennen kann. Aber Gott hat selbst die Schlange gesandt, denn ohne Polarität wäre keine Entwicklung möglich. Dies sollte uns von dem oft anzutreffenden Gejammer, daß Gott so viel Schreckliches zulasse, bewahren. Man kann sich fragen, ob diese Gedankengänge zum wissenschaftlichen Thema „Infestation“ passen. Die Frage ist zu bejahen, da Zusammenhänge der höchsten Ebene auch diejenigen in unserer persönlichen Lebenssphäre bedingen. Magie stellt die direkte Verbindung zwischen dem Geistigen und dem Materiellen dar. Pierre Teilhard de Chardin faßt dies in seinem Werk „Der Mensch im Kosmos“1) in folgende Worte: „Irgend etwas läßt ohne Zweifel geistige und stoffliche Energie aneinander haften und einander fortsetzen. Irgendwie kann es letzten Endes in der Welt 1) Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1981, S. 53. 70
nur eine einzige wirksame Energie geben. Der erste Gedanke, der uns in den Sinn kommt, zeigt uns die Seele als einen Umwandlungsherd, zu dem auf allen Wegen der Natur die Kraft der Stoffe strebt.“ Geistig-seelische Vorstellung ist geneigt, Materie zu werden, und dies als Verdichtungsvorgang vom Feinstofflichen ins Materielle, was ich vielfach innerhalb der magischen Szene in den Philippinen beobachten konnte. Coué drückte es mit folgenden Worten aus: „Jeder Gedanke ist bestrebt, Wirklichkeit zu werden.“ Unser feinstoffliches Wirkungspotential, also eine Vorstellung oder der Gedanke, vermögen die Materie und des Menschen Leiblichkeit zu beeinflussen. Dies ereignet sich innerhalb der Heilmagie im ordnenden, harmonisierenden Sinne und betrifft immer zuerst das corpus subtile, also den feinstofflichen Leib des Menschen. Von dort aus, als der „Muttersubstanz“ des Körpers - dem „Bildekräfteleib“ der Anthroposophie -, wird den Organen die Harmonie zurückgegeben. Bei der Verhexung wird gleichfalls zunächst die feinstoffliche Leiblichkeit des zu verhexenden Menschen im Sinne der Disharmonie bewirkt, was sich auf das Zielorgan überträgt.
Bei den Logurgen (Geistheiler) der Philippinen sah ich, wie über dem Hals eines nach Atem ringenden Patienten eine kräftige lange Schnur materialisiert 71
wurde. Die Heilerin erklärte, das Leiden sei schwarzmagisch zu deuten: Der Hexer verschaffe sich jeweils Stoffreste oder Haare des Opfers und gestalte eine Puppe, um deren Hals er eine würgende Schnur ziehe. Offenbar überträgt sich die Vorstellung des Erdrosselns auf das Feinstoffliche der Atemorgane des Behexten und wirkt im analogen Sinn auf den grobstofflichen Körper. Durch ihre Heilmagie und mit Hilfe positiver Geistkräfte, in ihrer Vorstellung Erzengel oder Maria, befreit die Heilerin den Feinkörper des Leidenden vom krankmachenden Gedanken und materialisiert diesen in Form der würgenden Schnur. Ich konnte feststellen, daß der Patient in diesem Augenblick von seinem Leiden befreit war. Der Unkundige wird diese Heilung als Autosuggestion interpretieren. Wer aber bei vielen Heilern immer wieder ähnliche Vorgänge beobachtet, wird den Sachverhalt als Bewirkung auf feinstofflicher Ebene deuten.1) Was nun dem Gedanken- und Vorstellungspotential des Lebenden - immer aber auf feinstofflicher Ebene möglich ist, muß auch Wesenheiten, die ganz dieser Ebene angehören, zugestanden werden. Zu dieser zählen wir die in der „erdnahen Sphäre“ verbliebenen „Armen Seelen“, aber auch die noch nie inkarnierten archaischen Negativ-Potentiale, im kirchlichen Sinne die Dämonen. Beide sind meines Erachtens imstande, 1) Siehe auch Kap. 10 „Corpus subtile“. 72
nicht nur den Menschen, sondern auch dessen Umwelt zu bewirken. Dies ist die Ursache jeder „Infestation“. Nochmals sei betont, daß Umsessenheit und Infestation ineinander übergehen und auch der Umsessene nicht nur am Körper geplagt wird, sondern ebensosehr durch das Geschehen in seiner Umwelt. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß feinstoffliche Wesen zur materiellen Einwirkung auf Gegenstände der Umgebung nebst eigener Energiepotentiale sich auch des Energiepotentials des Betroffenen bedienen. Vermutlich gelingt dies bei medial Begabten weit besser als beim Durchschnittsmenschen. Heute erscheint es noch nicht möglich, diesen Sachverhalt auf der Universitätsebene über Messungen abzuklären. Hiroshi Motoyama in Tokio befindet sich aber mit seinen eigens dafür erdachten Apparaten, dem „Ami“und dem „Chakra-Apparat“, auf erfolgversprechendem Wege.
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10. Der feinstoffliche Körper (corpus subtile) Alle Naturvölker, die antiken Kulturen des Westens, alle östlichen Kulturen, die Alchemie und in der Jetzt-Zeit auch bei uns die Theosophie und Anthroposophie anerkennen die Existenz einer materiellen und einer transzendenten Welt sowie auch eines corpus subtile, einer feinstofflichen Körperlichkeit, und deren Fähigkeit, sich in „grobstoffliche“ Materie zu verwandeln. Sie wissen auch um die enge Beziehung zwischen den beiden Wirklichkeiten, die zusammen unsere manifestierte Welt bedingen und gestalten. Man muß sich das corpus subtile als eine vor allem wesenhafte Entsprechung nicht nur des menschlichen, sondern aller Körper in der organischen wie der anorganischen Welt denken. Bezeichnet wurde das Feinstoffliche im Ägypten der Antike als „Ka“ (Seelenleib), im antiken Griechenland als „pneuma somatikón“, im römischen Imperium und bei Paracelsus als „corpus subtile“, in China als „shê-li“, in Indien als „linga sharira“. Vor der Hochentwicklung des Intellekts waren in früheren Zeiten der Menschheit - und auch heute noch beim Tier - Wahrnehmung (Cognition) und Intuition die vorwiegenden Erkenntnismöglichkeiten. Die Wahrnehmung erkennt Dinge und Tatsachen, die Intuition Wesenszusammenhänge. Letzteres verlangt mehr psychische Leistung. Wenn die unterschiedlich74
sten Menschheitsrassen auf intuitivem Wege ein ähnliches Weltbild erschufen, so haben wir ein solches als eine Realität zu nehmen und nicht hochmütig als einen noch nicht entwickelten Erkenntnisstand zu deklassieren. Unser naturwissenschaftliches Intellekt-Erfassen hat wohl viele Kenntnisse hinzuzufügen vermocht, kann aber die frühen Erkenntnisse nicht völlig ersetzen. Noch vor zwei Generationen galt in Mitteleuropa ein Geistheiler als Scharlatan. Heute, dogmatisch weniger eingeengt, wissen wir, daß die philippinischen Logurgen oder die Schamanen in aller Welt echte Heilungen vollbringen, die dem heutigen Medizinverständnis noch immer unerklärlich bleiben. Leider haben auch in den Philippinen Heiler, die weniger begabt, dafür aber kommerziell interessiert sind - so wie dies auch bei vielen westlichen ParaHeilern der Fall ist -, die Glaubwürdigkeit der Phänomene beeinträchtigt. Auch eine ebenso kommerziell interessierte Gegenpropaganda hat dazu beigetragen. Nichtsdestoweniger sind die Phänomene Wirklichkeit. Sie beruhen auf der Interaktion zwischen Feinstofflichem und grobstofflicher Materie.1) Es scheinen also dem westlichen akademischen Wissen wesentliche Grundkenntnisse zu fehlen. Sie fehlen eben, solange unsere naturwissenschaftlich 1) Siehe auch mein Buch „Die Logurgie in den Philippinen“, Otto Reichl Verlag, 2. Auflage, 1982. 75
geprägte Medizinwissenschaft die Existenz des corpus subtile so wenig anerkennt wie diejenige einer transzendenten Sphäre. Wenn ich das corpus subtile als unabdingbare Realität ansehe, bedeutet dies nicht einen Rückfall in veraltete Vorstellungen, sondern entspricht neuester Erkenntnis. Ohne die beiden Wirklichkeiten, der feinstofflichen und der materiellen, sind weder Geistheilung noch Besessenheit denkbar. Materie und Feinstoffliches sind weder voneinander getrennt noch Gegensätze; sie gehen ineinander über und bilden ein Kontinuum. Sie beinhalten unsere ganze Wirklichkeit, eben den „unus mundus“. Feinstoffliches kann als die Welt der Energien bezeichnet werden. Gemäß östlicher Weisheit hat das Feinstoffliche die Möglichkeit, sich in Materie zu verdichten, worauf ich zurückkomme. Doch ist auch der umgekehrte Vorgang gegeben. Innerhalb der Atomphysik ist dies experimentell erwiesen und auch anerkannt. Die Welle kann sich in Materie und diese in Wellenenergie verwandeln. Diese Erkenntnis wird sich, wenn auch langsam, auf die übrigen wissenschaftlichen Disziplinen übertragen. Die Physik verfügt über ein experimentell gesichertes Wissen bezüglich der Neutrinos. Diese gelten als „fast immateriell“, da deren Materie zur Zeit nicht faßbar sei. Die Neutrinos haben ihren Ursprung nicht im Bereich unseres Planeten, sondern entstammen dem Universum und durchdringen die feste Materie 76
des Erdballs, ähnlich der schon alten Vorstellung und Erfahrung, daß ein Geistwesen problemlos durch Wände gehen kann. Die Physik sieht die Neutrinos als reine Energie der Bewegung. Natürlich kann das Neutrino nicht dem corpus subtile gleichgesetzt werden. Ich erwähne es deswegen, um zu zeigen, daß die Existenz von Gebilden mit minimalster Körperlichkeit der modernen Physik nicht fremd ist. Im indischen, speziell dem tantrischen Denken entspricht das corpus subtile einer hohen Verdünnung der Materie. Gemäß der „Tantra vidyã“1) entwickelt sich aus dem Urzustand, dem „Purusha“, dem „reinen göttlichen Sein“, eine neue Daseinssphäre. Innerhalb des Purusha walten noch keine Polaritäten; somit auch keine Spannungen und Bewegungen. Über einen, unserem Intellektverständnis noch unfaßbaren göttlichen Entscheid geschieht zunächst die Entwicklung in die „Avyatka“, zu deutsch: das noch nicht Entfaltete. Es handle sich um eine Schicht der bloßen Möglichkeiten, praktisch materielos. Aus ihr verdichtet sich „Buddhi“, die Mentalsphäre, und weiter „Manas“, das Reich der Emotionen. In diesen Schichten begegnen wir schon dem corpus subtile. Bei weiterer Verdichtung bildet sich „Prana maya cosha“, der Äther- oder Bildekräfteleib der, sich noch mehr verdichtend, zur Physis, dem organischen Körper oder der anorganischen Materie führen kann. 1) Oskar Marcel Hinze: „Tantra vidyã“, Aurum Verlag, 2. Aufl., 1983. 77
M.E. ist das corpus subtile vorwiegend in die „Prana maya cosha“ zu lokalisieren, hat aber seine Anfänge und Verbindungen zu „Manas“ und „Buddhi“. Prana maya cosha bedeutet: Körper der Lebenskräfte. Stark medial begabte Menschen sind imstande, die „Aura“ des Menschen wahrzunehmen. Sie überragt die körperlichen Umgrenzungen des Individuums und ist auch je nach der geistigen Struktur des Menschen vor allem um den Kopf von unterschiedlicher Ausbildung. Die Aura entspricht einem Teil des corpus subtile. Ihre Energetik erkennen wir am Beispiel der Feuerläufer. Nach meiner Ansicht sind diese fähig, ihre Aura energetisch in einem solchen Ausmaß aufzuladen, daß sie sich der Energie des Feuers überlegen erweist. Die Konzeption der Tantra vidyã sei in einem Schema verdeutlicht, damit sie plastischer zum Ausdruck komme: Die im Schema gestrichelte Fläche will die innerhalb der einzelnen Schichten zunehmende materielle Verdichtung verdeutlichen. Diese scheint ein entelechaler Vorgang zu sein, im Großen wie im Kleinen. Im Großen äußert sich dieser Vorgang als Weltwerdung. Der Schöpfergedanke verdichtet sich zu Himmelskörpern und zur Weltkugel. Im Kleinen begegnen wir dem Phänomen bei extrem medial Begabten, beispielsweise Sai Baba in Südindien, der durch Gedankenkraft jeden beliebigen Gegenstand zu materia78
lisieren vermag oder bei den philippinischen Logurgen, die im Körperinneren Haare, Plastiksäcke und pseudoorganische, physiologisch nicht definierbare Gewebe materialisieren. Im Kleinsten findet sich das Materialisationsgeschehen innerhalb der Kernphysik 79
als Übergang der Wellenbewegung zum Korpuskel. In diesem Zusammenhang müssen auch die Forschungsergebnisse des heute am Europäischen Kernforschungszentrum (CERN) in Genf wirkenden russischen Nuklearforschers Andrei Linde beachtet werden. Im „Magazin des Tages-Anzeigers Zürich“ No. 20 (18.5.1990) äußert sich Linde wie folgt: „Die klassische Physik bezeichnet den leeren Raum zwischen den Materieteilchen als Vakuum. In der Quantenphysik ist ein Vakuum aber niemals leer. Es ist erfüllt von Gravitations- und elektromagnetischen Feldern, aufgewühlt von virtuellen Teilchen, Verkörperungen der Möglichkeit, daß ein wirkliches Teilchen zu einer bestimmten Zeit und einem bestimmten Ort ist. Im Gegensatz zu realen Teilchen kann man solche „virtuellen“ Teilchen nicht direkt nachweisen. Aber ihre Auswirkungen lassen sich messen. Virtuelle Teilchen sind kräftetragend.“ Diese virtuellen Teilchen als Träger von Möglichkeiten würden dem noch unentfalteten Sein, der formlosen Schicht, der „Avyakta“, der Kausalsphäre entsprechen. Es erweist sich somit, daß die intuitiv gewonnene Sicht der Tantra vidyã bezüglich der Weltentstehung in wesentlichen Punkten der modernen Nuklearphysik entspricht und daß der Begriff des corpus subtile Parallelen innerhalb der letzteren aufweist. Damit ist das „schulgerechte“ naturwissenschaftliche Denken 80
überholt und darf - so wenig wie in der Physik innerhalb der Medizin und Psychologie die frühere Alleingültigkeit beanspruchen. Im corpus subtile der heilenden Bemühung liegt die elementare Wirkkraft. Der Gedanke ist nur für unsere äußeren Sinne unkörperlich. Er besteht aus feinstofflicher Materie mit feinstofflicher Energie. Wir beobachten in der modernen Heilkunst auch gute Erfolge über pflanzliche oder chemische Bewirkung der Organe. Doch besitzt jede Pflanze einen wesenhaften Charakter, welchem ihr corpus subtile entspricht. Dies kommt aber auch dem Metall oder chemischem Element zu. Dem Blei wohnt das Prinzip Saturns inne, ein verlangsamendes, oft bis zum Untergang (Bleivergiftung) führendes Geschehen. Quecksilber (Merkur) beschleunigt bei höheren Dosen die Lebensvorgänge in einem solchen Ausmaß, daß dies auch tödlich wirken kann, ähnlich wie beim Arsen, welches in kleinen Dosen stimuliert, in großen Quantitäten aber fatale Wirkungen zeitigt. Die heutige Medizin sieht die Zusammenhänge anders. Sie beachtet nur das Materiell-Quantitative, kaum das Geistig-Qualitative. Dies wird sich ändern, dann, wenn auch die gegenwärtige Medizinphilosophie sich vom nur rationalistischen Denken zu trennen vermag. Dann wird sie auch unorthodoxe Heiler - dies nach der notwendigen gründlichen Prüfung - anerkennen. Im corpus subtile und generell in der feinstofflichen 81
Seinswelt liegt der „Archäus“ der Alchemisten, die Entelechie und Wirkkraft alles Lebendigen, verborgen. In diesem Zusammenhang sei nochmals darauf hingewiesen: die in der Tantra vidyã dargestellte Entfaltung aus einer für unsere äußeren Sinne nicht erfaßbaren geistigen Wirklichkeit zu wahrnehmbarer Materie kann nicht nur im Großen, der Weltwerdung, sondern auch im Kleinen, der Materialisation und Gestaltwerdung des menschlichen Gedankens über intensive Vorstellungskraft erlebt und festgestellt werden. Dies sei an einem Beispiel erläutert: Bei den philippinischen Logurgen - ich denke hier besonders an Josefine Seson in Barangobong-Villasis, Provinz Pangasinán († 1989) - nimmt die Heilerin bei der Behandlung des Patienten in Trance das Wesenhafte der verhexenden Absicht, z.B. den Entzug der Lebensluft des Verhexten, wahr. Dies äußert sich klinisch in Erstickungsanfällen beim Patienten. Josefine - noch immer in Trance - legt diese innere Sicht in Schriftzeichen, welche sie aber im Wachzustand nicht zu deuten weiß, nieder und geht erst dann zur heilenden Intervention über, die ich bereits in Kap. 9 geschildert habe. Rekapitulierend sei nochmals dargelegt, daß die Heilerin eine kräftige und lange Schnur aus dem Körper zog und in den Abfalleimer warf. Ich nehme an, daß diese Schnur unter der Oberfläche des Körpers oder direkt über der Haut 82
materialisiert wurde.1) Nach meinen Beobachtungen kommt beides vor. Die Heilung der Erstickungsanfälle war eine augenblickliche, was ich mehrfach miterlebte. Man sieht bei Josefine Seson und vielen weiteren seriösen Heilern, wie mitempfindende Erkenntnis zusammen mit der heilerischen Absicht ein Geschehen auf materieller Ebene bewirkt, das als sinnvoll bezeichnet werden muß. Die Logurgen sind der Überzeugung, daß ihnen positive Numina, Engelwesen, helfen und daß nur diese es seien, welche ihnen die Kräfte für die heilende Handlung vermitteln. Sicherlich gehört aber auch ein persongebundenes Eigenpotential dazu. Die Struktur des corpus subtile Das corpus subtile innerhalb der anorganischen Materie, also in den Mineralien, den chemischen Elementen, auch im Wasser ließe sich als ein diffuses Substrat vorstellen. Bei den Lebewesen, besonders bei zunehmender Evolution, läßt sich an eine Differenzierung in Zentren und Verbindungsmöglichkeiten denken. Chakras, Nadis und Meridiane finden sich mit Sicherheit auch bei höheren Tieren. Beim Menschen wird die feinstoffliche Wirklichkeit intuitiv über Meditiation oder in Trance wahrgenommen. 1) Über Materialisation siehe auch „Die Logurgie in den Philippinen“, 1982, S. 48-50.
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Die uns in der Literatur übermittelten Darstellungen ähneln sich stark. Sie wurden im Westen in gleicher Weise aufgezeichnet wie im Osten. Repräsentativ für den Westen gilt das Werk der beiden Autoren Johann Georg Graber und Johann Georg Gichtel: „Theosophia practica“ (1696), das mehrere Auflagen erlebte. In der 3. Auflage von 1779 wird auf der Titelseite des Buches darauf hingewiesen, daß Johann Georg Gichtel die Bilder in göttlichem Schauen in sich gefunden habe. Man erkennt bei Gichtel die Darstellung der Chakras und ihrer Verbindungen an den gleichen Körperstellen, wo sie auch der Osten sieht. Zögernd beginnt die heutige Medizin die chinesische Akupunktur als Behandlungsmöglichkeit zu beachten. Deren Wirkungen sind nur über die Beeinflussung der „Meridiane“ zu erreichen. Jedes Organ, aber zunächst dessen feinstoffliche Entsprechung, kann beeinflußt werden. Feinstoffliche Verbindungen sind auch Bedingung für die heute empirisch gesicherten Fußreflexzonen. Offen ist die Frage, ob es sich um einen „Kanal“ oder ein im ganzen Körper enthaltenes feinstoffliches Substrat handelt. Letzteres ist wahrscheinlich in bezug auf die erstaunliche Existenz einer AurikuloAkupunktur. Im Ohrläppchen finden sich Miniaturfelder für jedes Organ. Ein Einstich mit einer Nadel, die 85
immer wieder mit feinsten Stromstößen beschickt wurde, ermöglichte die notwendige Anästhesie für eine Kropfoperation. Mit mehreren schweizerischen Kollegen war ich Zeuge eines solchen Eingriffs in einer staatlichen Klinik der Stadt Shanghai. Daß aber auch die anatomisch nachweisbaren Sinneszentren im Gehirn feinstoffliche Entsprechungen besitzen, ist zwar in der östlichen Medizinphilosophie eine Selbstverständlichkeit, im Westen aber noch kaum überdacht worden. Diese feinstofflichen Sinneszentren des Auges, des Gehörs und des Geruchs - um nur diese zu nennen - gehören einer anderen Dimension an und benötigen keinen Raum, sowenig wie deren Verbindungswege. Für die Psychiatrie und besonders für die Phänomene der Besessenheit von Bedeutung ist die Annahme von feinstofflichen Sinneszentren. Die Wirklichkeit solcher Zentren ohne Nervenstruktur im Gegensatz zu einer solchen in den anatomischen Sinneszentren ergibt sich aus der Analogie, daß jedem Organ eine feinstoffliche Entsprechung zukommt. Die Psychiatrie kennt keine Erklärung für die Übertragung visionärer Erlebnisse oder Gehörhalluzinationen aus dem „Unbewußten“ auf die menschliche Psyche und deren Sinnesorgane. Doch muß irgend ein Impuls die optische oder akustische Sinnenwelt beeinflußt haben, sonst käme es zu keiner entsprechenden, wenn auch illusionären Wahrnehmung. Das 86
„Unbewußte“ ist naturwissenschaftlich noch nie nachgewiesen worden. Dies wäre auch nicht möglich, da das Unbewußte eine geistige Wirklichkeit beinhaltet. Als Erfahrungstatsache ist beispielsweise das Phänomen der Verdrängung bekannt: Nicht akzeptable aus welchen Gründen immer -, also nicht verarbeitete Erlebnisinhalte werden unter Umständen jahrelang aus dem Bewußtsein verbannt. Sie verharren aber latent im Unbewußten und können von dort aus zu einem seelischen Unsicherheitszustand, einer Organneurose oder zu spontanen psychischen Fehlreaktionen führen. Wie die Verbindung zwischen dem Unbewußten und den Körperorganen sowie der Psyche zustande kommt, ist in der Schulpsychiatrie noch nie diskutiert worden. Ein organischer Nerven weg ist kaum denkbar. Das Elektroencephalogramm zeigt keine Abweichungen. Nur die Übertragung auf feinstofflichen Wegen in feinstoffliche Zentren bietet sich an. Energiegeladene Gedanken und Vorstellungsinhalte erreichen auf diesem Wege das feinstoffliche optische oder akustische Sinneszentrum und werden vom Individuum als undiskutable Realität wahrgenommen. Der Mitmensch aber kommt zu keiner Wahrnehmung, da die Energien, weil feinstofflicher Natur, keinen physikalischen Wellen (Licht oder Klang) entsprechen. Höchstens ein extrem Medialer könnte sie im eigenen feinstofflichen Sinneszentrum auffangen, was offen87
bar selten, vielleicht bei der „folie à deux“ geschieht. Mit „folie à deux“ wird ein Krankheitsbild bezeichnet, bei welchem ein Partner die gleichen wahnhaften Vorstellungen und Wahrnehmungen aufweist wie der Gegenpartner. All dies gilt für das Geschehen innerhalb der noch immer naturwissenschaftlich nicht deutbaren Schizophrenie. Dann, wenn unser naturwissenschaftlich geprägter Westen wieder zur Kenntnis nimmt, daß wir auch mit einer feinstofflichen Parallelwelt zu rechnen haben, in welcher feinstoffliche Wesenheiten Engel, Dämonen sowie positiv und negativ geprägte Verstorbene wirken1), müssen auch deren Einflüsse diskutiert werden. Deren feinstoffliche Energien (Gedanken und Vorstellungsinhalte) prägen sich vermutlich direkt den feinstofflichen Sinneszentren des Lebenden ein und werden - wenn positiv - als seelisch beglückende und aufbauende Visionen erlebt, wie sie innerhalb aller religiöser Richtungen der Welt überliefert sind und der ethischen Struktur der Menschheit entsprechen. Desgleichen aber vermögen negative Wesenheiten, archetypische Dämonen oder bösartige Verstorbene, die oft im Dienste der Dämonen stehen, ihren Opfern stets dieselben herabwürdigenden Gedankeninhalte zu übertragen, und dies über das feinstoffliche Gehörzentrum. 1) Siehe Andreas Lommel: „Die Welt der frühen Jäger und Schamanen“, Verlag G. Callwey, 1965. 88
Auch hier möge die Psychiatrie berücksichtigen, daß zwischen einer Halluzination, die aus einem in Jahren gereiften destruktiven Welt- und Lebensbild, einem Wahnsystem gezogen wurde, und den stets sich uniform wiederholenden Gehörs„halluzinationen“ unterschieden werden muß. Bei ersteren handelt es sich um persönlichkeitseigene Wahnvorstellungen eines Schizophrenen, bei den letzteren um persönlichkeitsfremde Bewirkungen der feinstofflichen Zentren des Betroffenen. Wie an anderer Stelle dargestellt, dürfen solche einer feinstofflichen Realität entsprechenden Sinnesempfindungen nicht als Halluzinationen gewertet werden. Vor allem die Gehöreindrücke, aber auch die Wahrnehmungen innerhalb anderer Sinneskategorien entsprechen Impulsen aus der feinstofflichen Welt, welche ebenso real sind wie die auch physikalisch aufnehmbaren Einwirkungen der grobstofflichen Wirklichkeit. Daß der Mitmensch, der feinstofflich nicht betroffen ist, sie nicht wahrzunehmen vermag, ändert an der Tatsächlichkeit des Geschehens nichts. Nur der eigentliche Schizophrene mit seiner wahnhaft veränderten Psyche ist ein Geisteskranker, nicht jener, der von Geistwesen der feinstofflichen Parallelwelt geplagt wird. Das Postulat der Existenz eines feinstofflichen Körpers muß selbstverständlich auch mit der Forschung Burkhard Heims in Zusammenhang gebracht werden. Darüber orientiert das Kapitel „Naturwissenschaft und moderne Physik“. Dort wurde darauf hingewiesen, daß Burkhard Heim mathematisch die 89
Existenz von sechs Dimensionen nachweist1), davon zwei „Pararäume“, innerhalb welcher ein Geschehen über die äußeren Sinne nicht mehr erlebbar und auch physikalisch nicht mehr darstellbar sei. Diese beiden Dimensionen, die entelechale und die äonische, scheinen der Transzendenz zu entsprechen. Es ist anzunehmen, daß Seele und Geist des Menschen nach dem körperlichen Tod in diese Dimensionen eingehen. Wie bereits erwähnt, postuliert auch der Nuklearforscher Andrei Linde sehr klar die Notwendigkeit, mit einer vieldimensionalen Welt zu rechnen. Damit wird die Annahme moderner Parapsychologen, daß Wesen anderer Dimensionen ins Leben der Menschen einzugreifen vermögen, auch von der Kernphysik gestützt. Seele und Geist entsprechen Teilen des corpus subtile und bewahren nach dem Hinscheiden ihre Empfindungs- und Erkenntnismöglichkeiten. Aus diesem Grunde erteilt die katholische Kirche die Absolution auch noch einige Zeit nach dem festgestellten Tod in der Annahme, die Geistseele befinde sich noch in der Nähe des toten Leibs und bewahre ihre Ansprechbarkeit. Diese Feststellung wird durch die Erlebnisse nur klinisch tot gewesener und nachher wiederbelebter Menschen gestützt.2) Verstorbene behal1) Heute rechnet B. Heim bereits mit zwölf Dimensionen. 2) St. v. Jankovich: „Ich war klinisch tot“, Verlag Drei Eichen, 1985. 90
ten aber nicht nur ihre Ansprechbarkeit auf Gedanken und Geschehnisse der materiellen Welt, sondern vermögen auch ihrerseits auf diese einzuwirken. Sonst bliebe ortsgebundener Spuk unerklärlich.
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11. Materialisation und Dematerialisation als Phänomen der beiden ineinander übergehenden Weltwirklichkeiten Erscheint ein Gegenstand unvermittelt, das heißt ohne sichtbaren Transportweg in einem Raum, so wird dies als Materialisation bezeichnet. Der bloße Gedanke, eine bildhafte Vorstellung durch einen medial äußerst begabten Menschen kann zu materieller Wirklichkeit führen. Bekannt hierfür sind in Indien Sai Baba, in England Mathiew Manning, aber auch viele andere. Ich selbst habe viele solcher Materialisationen erlebt. Aus den „Pararäumen“ der anderen feinstofflichen Wirklichkeit treten sie über in die uns sicht- und tastbare. Es erscheint nicht unwahrscheinlich, daß die kosmischen Welten über ein gewaltiges göttliches Potential entstanden sind und der biblische Mythos gegenüber den heutigen naturwissenschaftlichen Theorien im Grundprinzip recht behält. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß auch der umgekehrte Vorgang stattfindet; dann begegnen wir der „Dematerialisation“. Dematerialisierte Gegenstände bewahren aber ihre Wesensstruktur, ihr corpus subtile im transzendenten Raum, wo sie lediglich für die grobstofflichen Sinne und die bewußte Psyche nicht mehr wahrgenommen werden können. Sie sind im eigentlichen Sinne in einen „Pararaum“ entrückt, 92
wenn auch wesensgemäß erhalten. Kehren sie in unseren vierdimensionalen Lebensraum zurück, geschieht dies in unveränderter Form und Wesenhaftigkeit. Dies entspricht dem parapsychologischen Begriff der „Rematerialisation“. Unter einem „Transport“ im parapsychologischem Sinne versteht man die Verschiebung eines Gegenstandes von einem Standort, wo die Dematerialisation stattfindet, an einen andern Ort, an welchem er rematerialisiert wird. Die Wirklichkeit der Heimschen Pararäume erleichtert auch hier das Verständnis. Ein solches erweist sich zudem als unabdingbar für die Abklärung, ob Besessenheit, Umsessenheit und Infestation über autonome feinstoffliche Wesenheiten der Transzendenz (der Pararäume) oder lediglich über Energieauswirkungen des menschlichen Unbewußten zu denken sind. In diesem Sinne seien drei der parapsychologischen Literatur entnommene Begebenheiten geschildert: 1. In „Imago Mundi“1) beschreibt der verstorbene Schweizer Theologe und Parapsychologe Gebhard Frei einen Fall aus seiner nahen Umgebung. Die Begebenheit sei - hier stark verkürzt - wiedergegeben: Im Hause einer gebildeten Dame, deren Magd besessen war, wurden an den verschiedensten Orten Fäkalien, selbst im Bett, und bis zu sechs Urinlachen 1) Band 2 („Parapsychologie“), Schöningh Verlag, 1971, S. 118 ff. 93
auf dem Boden gefunden. Dies auch, wenn die Magd weit entfernt gewesen. Die Herkunft blieb stets unerklärlich, desgleichen die vielfältigen übrigen Erscheinungen dieses Besessenheitsfalles. Die Magd diente der Dame stets in vorbildlicher Weise, ein Grund ihres langen Verbleibens. Ich nehme an, daß das die Magd besetzende Geistwesen, welches wir in den Pararaum zu lokalisieren haben, entweder eigene Gedankeninhalte und Vorstellungen in die dreidimensionale Wirklichkeit zu materialisieren vermochte, oder aber irgendwo real vorhandene Fäkalien an Ort und Stelle dematerialisierte, um sie in der Wohnung der Dame zu rematerialisieren. Daß das Geschehen in der hier nicht geschilderten Vielfalt lediglich dem dämonischen Unbewußten der Magd zugeschrieben werden dürfte, erscheint mir nicht gerechtfertigt. Natürlich bleibt nur diese Erklärung, falls die Existenz autonomer Geistwesen dogmatisch bestritten wird. 2. Ein eindeutiger parapsychologischer Transport sei auch anhand des Buches Haraldur Nielssons1), seinerzeit ordentlicher Professor für Theologie an der isländischen Universität in Kopenhagen, später in Reykjavik, geschildert. Der Theologe experimentierte während Jahren mit dem äußerst begabten Medium Indridi Indridason innerhalb eines von zuverlässigen 1) Haraldur Nielsson: „Eigene Erlebnisse auf dem okkulten Gebiet“, Verlag Oswald Mutze, Leipzig 1922, S. 25. 94
und kritischen Mitgliedern gebildeten Zirkels. Die folgende Schilderung eines Transportes mit De- und Rematerialisation erscheint äußerst instruktiv. (S. 25) „Außer dem Erlebnis, immer Gegenstände systematisch im Saale, wo wir unsere Sitzungen abhielten, herumziehen zu sehen, erreichten wir mehrmals das Phänomen: fester Stoff durch festen Stoff (matter trough matter). Ich werde ein Beispiel nennen. Es war an einem Abend, wo die Kraft des Mediums außergewöhnlich groß war, daß die Kontrollgeister anboten, den Versuch zu machen, einen Gegenstand von einem Haus in der Stadt zu holen und ihn auf den Tisch im Sitzungszimmer hereinzubringen, ihn durch Wände und Dächer zu holen und auf demselben Weg zu uns hereinzuschaffen. Erst nachdem das Medium in Trance gefallen und also bewußtlos war, wählten wir, um die Erklärung, daß er den Gegenstand mit sich gebracht hätte, auszuschließen, das Haus, von welchem der Gegenstand geholt werden sollte. Wir stellten den Kontrollen die Wahl zwischen dem Haus des Bischofs und dem eines bekannten Arztes, und die Kontrollen wählten das Haus des Arztes, weil das Medium oft beim Bischof gewesen war. Gleich danach hörten wir eigentümliche Klopflaute, wovon ich früher oder später nie ähnliches gehört habe. Nachdem sie eine Weile gedauert hatten, kam eine Pause, in welcher die Kontrollen uns mitteilten, daß sie nun den Gegenstand aus dem Dach des Arzthauses herausbekommen hätten. Nach der Pause fingen die 95
Klopflaute wieder an, und nach einer kurzen Weile kam auf unsern Tisch eine große Flasche herunter, worin einige Vögel in Spiritus lagen. Es wurde gleich an den Arzt telefoniert, ob die Sachen ihm gehörten, was er verneinte. Das Medium, das aufgewacht war und sich im Zimmer befand, wurde darauf wieder von Trance ergriffen, und eine der Kontrollen sagte mit großer Bestimmtheit, daß es richtig wäre. Er hätte selber die Flasche von einem gelbbemalten Kleiderschrank in einer Stube im Hause des Arztes weggenommen, wo ein alter Mann im Gespräch mit zwei anderen Herren gesessen hätte. Dies wurde nun dem Arzt mitgeteilt, und durch eine Untersuchung erwies es sich als richtig, insofern der Schwiegervater des Arztes in seinem Zimmer gesessen hatte, wo der Schrank stand, im Gespräch mit zwei fremden Herren. Die Flasche gehörte dem Neffen des Arztes und war vom Schrank verschwunden. Die Kontrollen hatten sie - einen festen Körper - durch Dach und Wand andere feste Körper - hin auf unseren Tisch gebracht.“ Diese Schilderung läßt an der Tatsache einer Durchdringung der Materie durch Materie keinen Zweifel offen. Wohl besteht in der „klassischen“ Physik der Lehrsatz: Wo ein Körper im Raum ist, kann gleichzeitig kein anderer sein. Nur über die zeitweilige Dematerialisation, das heißt über die temporäre Überführung in den feinstofflichen Zustand wird dies möglich. Im geschilderten Fall ist aber auch an der Mithilfe feinstofflicher Wesenheiten nicht zu 96
zweifeln. Dies ist von Bedeutung, da noch viele Parapsychologen Poltergeistspuk und Infestationen nur über die Einwirkung unbewußter Energien der Betroffenen oder naher Kontaktpersonen erklärt wissen wollen. 3. Msgr. Wilhelm Mautler erwähnt in seiner Arbeit „Die paranormalen Mikrovorgänge“ in No. 41 des Mitteilungsblattes „Parapsychologie“ (S. 7) den von Professor Hans Bender (Freiburg i.Br.) beschriebenen Poltergeistspuk in Vachendorf, Oberbayern. Bender berichtet: „Eines Abends verschwanden beim Spiel plötzlich die Karten, man fand sie später in einem Stiefel unter dem Bett. Damit brach eine ganze Serie von Vorfällen los. Die Betten wurden mit Steinen und Kohlestücken bombardiert, Türen waren von innen versperrt, die Werkzeuge des Mannes, der Holzschnitzer war, flogen aus der versperrten Truhe heraus. Aus der Glasvitrine im Schaufenster kam der geschnitzte Holzschuh, der dort zur Schau gestellt wurde, plötzlich ins Zimmer geschleudert und traf den Holzschnitzer an der Stirn. Die Glasvitrine war nach wie vor verschlossen. Als die Tochter einige Zeit auf Urlaub war, hörten die Poltervorgänge auf. Viele ähnliche Fälle werden in allen alten und jungen Berichten überliefert.“ Mautler bemerkt: „Auf jeden Fall folgen die Gegenstände einem Zugriff in einen Zustand hinein, in dem sie Holz, Glas oder Mauern durchfliegen können. 97
Nachdem sich aber zwei harte Objekte nicht gegenseitig durchdringen können, muß zumindest ein Teil für Sekunden entmaterialisiert worden sein. Wenn aber dabei alle Eigenschaften erhalten geblieben sind, dann muß auch während der Dematerialisation der Gegenstand eine Existenzbasis gehabt haben, um darin seine Eigenart zu speichern. Diese Speicherbasis kann man Feinstruktur nennen, sie ist gleichsam die Innenseite der Normalstruktur.“ Ferner (S. 8): „Bei all diesen Spuktransporten zeigen die Gegenstände nach dem Durchdringen harter Trennwände eine starke Erwärmung, weiter fliegen sie nicht auf normalen Wurfbahnen, sondern schlagen Kurven, verletzen selten und landen relativ sanft auf engen Flächen.“ Dies entspricht vielfältiger Erfahrung und läßt auf bedeutende Energieumsätze schließen. Die vermuteten menschlichen Spukverursacher fühlen sich aber nicht geschwächt. Bei einem von K. Nager und mir untersuchten Poltergeist-Spuk1) wird deutlich, daß die beiden Beteiligten mit im Spiel waren, aber die Vielfalt der Intentionen und Formen des Spukgeschehens hieße eine unbewußte Phantasietätigkeit der beiden betroffenen Männer überfordert erscheinen. Nur wer dogmatisch eingeschränkt ist, erkennt die Autonomie beteiligter Geistwesen nicht. Diese aber unterstehen vermutlich einer positiv ethischen Zensur. Sie verletzen den Betroffenen selten und gehorchen 1) Neue Wissenschaft (N.W.) Heft 3, 1957. 98
dem in Goethes Faust I geprägten Verdikt des HERRN gegenüber Mephistopheles: „Du darfst auch da nur frei erscheinen“ (also nicht frei sein). Wenn man als Psychiater über die Grausamkeit der menschlichen Phantasie und oft dessen Unbewußten Bescheid weiß, darf man über die relative Gutartigkeit fast aller Spukereignisse erstaunt sein. Zusammengefaßt muß gesagt werden: Das corpus subtile entspricht einer feinstofflichen Körperlichkeit, um welche die Menschheit schon vor ihrer beginnenden Intellektualisierung wußte, da sie mit des Menschen feinstofflichen Sinnesorganen erfaßbar ist. Die Nachfolger Descartes' konzentrierten ihre Forschung auf das Meßbare und mit den anatomischen Sinnesorganen Kontrollierbare. Die feinstoffliche Welt steht neben der meßbaren Wirklichkeit als unabdingbarer Teil des Ganzen. Ohne die erstere lassen sich parapsychologische Phänomene, denen die Besessenheitskategorien zuzurechnen sind, nie befriedigend erklären.
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12. Was ist Geist? „Natur ist Geist, der nicht als Geist erscheint, Geist ist Natur, die nicht als Materie erscheint.“ Werner Heisenberg Diese Feststellung des großen Kernphysikers weist auf die nahe Verbindung von Geist und Materie hin, die ein und derselben Wirklichkeit angehören. Die Trennung in zwei Wirklichkeiten seitens Descartes', welche das naturwissenschaftliche Zeitalter einleitete und prägte, wird damit wieder aufgehoben und gewährt einem neuen Denken Platz, in welchem alles Feinstoffliche und Geistige wieder seine gebührende Beachtung finden wird. Bei der Wesensverwandtschaft der beiden Polaritäten Geist und Materie erscheint es nicht nur verständlich, sondern selbstverständlich, daß Materielles auf Geistiges und Geistiges auf Materielles einzuwirken vermag. Meine Untersuchungen und Forschungen bezüglich der Einwirkungen von Geistwesen auf die Materie sowie auf die menschliche Psyche finden damit ihre Rechtfertigung. Sie gewinnen ihren Rückhalt nicht nur durch intuitives Erkennen innerhalb der Tantra-vidyã oder der Alchemie, sondern heute auch dank der Forschung vieler Naturwissenschafter. Dies muß sich für die wissenschaftliche Erkenntnis grundlegend und wegleitend auswirken. Erfahrungsgemäß wird aber noch längere Zeit das frühere, wenn auch 100
überlebte Denken vorherrschen. Immerhin scheint über die Erkenntnisse der Atomphysik heute schon als erwiesen, daß Welt und Kosmos - also unsere ganze Wirklichkeit - aus dem gleichen Grundstoff besteht, der aber neben der statischen eine dynamische und schöpferische Komponente enthält. In letzterer liegt das, was die Menschheit seit langem schon als den Geist Gottes empfindet. Immer wieder stellt sich die nicht leicht zu beantwortende Frage - nun auf den Menschen bezogen „Was ist Geist im Unterschied zur emotional geprägten Psyche?“ Zum besseren Verständnis sei hier kurz zusammengefaßt, was im Kap. 10 „Der feinstoffliche Körper“ näher erläutert wurde. Im indischen Denken, vor allem innerhalb der Samkhya-Lehre und dem Tantrismus, entwickelt sich die Welt dank dem schöpferischen Impuls aus dem „reinen göttlichen Sein“ („Purusha“), einem Zustand ohne Materie und Polaritäten, in eine noch immer materielose Schicht („A-vyakta“), die Kausalsphäre. Diese gilt als Sphäre der bloßen Möglichkeiten. Aus ihr entwickelt sich wieder zufolge des schöpferischen Impulses die Mentalsphäre („Buddhi“), die nun bereits eine materielle Komponente aufweist. Zur Materie („Prakriti“) gehört aber nicht nur die Mentalsphäre, sondern unter stärkerer materieller Verdichtung auch die Astralsphäre („Manas“), das Emotiona101
le. Eine weitere materielle Verdichtung stellt die Äthersphäre („Prana maya cosha“) dar, die dem eigentlichen corpus subtile, dem Äther- oder Bildekräfteleib entspricht. Aus ihm bildet sich unser Körper und die gesamte belebte und „unbelebte“ Natur („Vyakta-prakriti“), die entfaltete Welt, welche über unsere äußeren Sinne erlebbar ist. Alle diese Verwirklichungen kennen keine Trennungen, sondern gehen ineinander über. Nach dieser Lehre gibt es zwischen Geist und Materie keinen prinzipiellen Unterschied. Dies steht im Gegensatz zu unserem naturwissenschaftlichen Verständnis, welches auf Descartes' Unterscheidung von zwei wesensverschiedenen Wirklichkeiten fußt. Die erste Wirklichkeit bezeichnet Descartes als „res extensa“ (Materie) und die zweite als „res cogitans“, das Geistige. Descartes und unser Intellekt, bestrebt zu ordnen und zu definieren, neigen dazu, diese obgenannten Kategorien zu verabsolutieren und ihnen streng getrennte Charakteristika zuzumessen. Dies ist gemäß der Tantra-vidyã nicht zulässig. In der Tantra-vidyã folgt auf die Mentalsphäre (Buddhi) die emotionale Schicht (Manas). Das heißt lediglich, daß die erstere einen geringeren Verdichtungsgrad aufweist, nicht aber, daß der Manas-Schicht eine Weiter- und Höherentwicklung entspräche. Doch ist dies innerhalb der einzelnen Kategorien möglich. Innerhalb der „Vyakta“, der entfalteten (materiellen) Welt, die zeitlich geprägt ist, findet eine Bewußt102
seinsausweitung statt. Den Mineralien möchte ich - dies bleibt Hypothese - ein sehr eingeschränktes Bewußtsein zubilligen, vielleicht nur ein Existenz-Bewußtsein. Die Mineralien sind ja im Gegensatz zur naturwissenschaftlichen Auffassung nicht tote Materie, sondern besitzen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Psyche, was besonders bei ihren höchsten Entwicklungsformen, den Edelsteinen, bekannt ist. Wenig entwickelten Individuen der Pflanzen- und der Tierwelt kommt wohl ein etwas ausgeprägteres Existenz-Bewußtsein zu. Mit zunehmender biologischer Evolution tritt auch die Manas-Schicht ins Bewußtseinsfeld des Tier- und wahrscheinlich auch des Pflanzenindividuums.1) Dies entspricht einer Ausdehnung in die Gefühlssphäre. Höhere Tiere besitzen eine differenzierte Seele, die der Manasschicht zugehört. Sie empfinden ihre Gefühle und werden sich ihrer bewußt. Der Mensch endlich steht auch der Buddhischicht gegenüber. Sie ist dem Schöpferisch-Göttlichen am nächsten. Die meines Erachtens zutreffendste Definition des Geistes entnehme ich O. M. Hinzes „Tantra vidyã“.2) Hinze definiert ihn mit den Worten: „Der Geist ist der 1) Siehe Peter Tomkins und Christopher Bird: „Das geheimnisvolle Leben der Pflanzen“, Fischer-Verlag, 1990. 2) O. M. Hinze: „Tantra vidyã“, Aurumverlag, 2. Auflage, 1983. 103
Mittler zwischen den göttlich-schöpferischen Urkräften und ihren Wandlungen.“ Dies entspricht sehr genau der Tantra-Philosophie. Der Mentalleib stellt die Verbindung zwischen der Kausalsphäre und den drei Verdichtungsstufen, dem Astralleib, Ätherleib und Materienleib dar. Das Wesen des Menschen gründet auf allen diesen vier Verdichtungsstufen. Die Naturwissenschaften vermögen wegen ihrer Ausrichtung auf die Descartessche Gegenüberstellung und der von ihm postulierten Wesensverschiedenheit von Materie und Geist - wobei er der Materie eine erste, somit mächtigere Wirklichkeit zumißt - die primäre Wirkung geistiger Energien auf die Materie nicht zu sehen. Descartes sieht ja das Geistige, die res cogitans, als zweite Wirklichkeit, welche ihr Entstehen der Materie verdankt. Die chemischen Vorgänge im Gehirn sind für ihn maßgeblich für das Entstehen und das Funktionieren menschlicher Geistesleistungen. Damit sind im naturwissenschaftlichen Verständnis geistige Energien des Menschen außerstande, Materialisationen, Dematerialisationen oder psychoplastische Verformungen der Materie zu bewirken. Auf dieser Möglichkeit aber beruht die Wirklichkeit der Magie, auf die ich in einem gesonderten Kapitel eingehen werde. Nach Henri Bergson, John Eccles und anderen bedeutenden Forschern erweist sich der Geist als unabhängig vom Gehirn. Wir wissen aus zahlreichen Berichten, daß sich die menschliche 104
Geist-Seele - vielleicht auch die Seele der höheren Tiere - vom Körper räumlich zu trennen vermag, was als „Austreten“ bezeichnet wird. Dies gilt für den kreatürlichen Geist. Der kosmische Geist, allem übergeordnet, „weht, wo er will“, und mit noch mächtigerer Dynamik. Er hat nirgends und überall seinen Sitz. Er gehört dem göttlichen Entwicklungsprinzip an.
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13. Feinstofflichkeit als Grundbedingung dämonischer Beeinflussung Die Naturwissenschaften ignorieren die Existenz des corpus subtile, des feinstofflichen Körpers in und um den Menschen. Aus diesem Grunde werden alle empfangenen Sinneseindrücke, die vom Mitmenschen nicht gleichfalls wahrgenommen werden, als Halluzinationen bezeichnet. Darunter versteht man „Sinnestäuschungen“ des Gehörs, des Auges, des Geruchs und Geschmacks, um nur die häufigsten zu erwähnen. Da jeder Teil des Körpers und alle Organe feinstofflichen Entsprechungen zugehören - Geistheilung wirkt sich primär auf diese und erst sekundär auf die Organe aus - ist anzunehmen, daß auch alle anatomisch nachweisbaren Sinneszentren (Sehzentrum, Hörzentrum etc.) einem feinstofflichen ParallelZentrum entsprechen, was bereits im Kap. 5 erwähnt wurde. Als feinstoffliche Gebilde benötigen sie keinen Raum, sind also genausowenig wie die Chakras und Meridiane der Akupunktur anatomisch nachweisbar. Halluzinationen entsprechen m.E. feinstofflichen Energien, die im feinstofflichen Sinneszentrum des Betroffenen wahrgenommen werden. Licht- und Schallwellen hingegen, aufgenommen über das Auge und das Ohr, werden im anatomischen Sinneszentrum empfangen. Solche Wahrnehmungen entsprechen 106
jener Wirklichkeit, welche über Instrumente verifiziert werden kann. Aber ebenso wirklich sind die Energieströme, die in den Nadi (feinstoffliche Kanäle in und um das Rückenmark) und den Meridianen der Akupunktur fließen. Sie sind nicht an ein anatomisches Substrat gebunden, weil sie nicht der raumzeitlichen Dimension angehören. Wären wir dem philosophischen Materialismus und Rationalismus nicht so ausschließlich verpflichtet, würde uns die Wirklichkeit einer solchen Welt längst wieder bewußt geworden sein. Dämonische Wesen und die feinstofflichen Anteile Verstorbener bewirken primär die feinstofflichen Zentren des medial begabten Menschen. Bei solchen Wahrnehmungen in den feinstofflichen Sinnesorganen handelt es sich nicht um Sinnestäuschungen (Halluzinationen), sondern um ein der feinstofflichen Umwelt entstammendes real Erlebtes, obwohl solche Erlebnisse dem Mitmenschen ebenso unzugänglich sind wie das direkte Miterleben des Traumgeschehens seines Partners. Deswegen schließen sowohl der Mitmensch wie auch die heutige Psychiatrie auf eine Sinnestäuschung. Der Psychiater denkt an eine schizophrene Störung. Für die Entstehung einer solchen geistigen Erkrankung nimmt die heutige Forschung an, daß eine übermächtig gewordene Teil-Persönlichkeit im Unbewußten des schizophrenen Patienten ihre Impul107
se in dessen Bewußtsein übertrage. Unter sehr ungünstigen Bedingungen der individuellen Frühzeit könnten vererbte Eigenheiten wie Neigung zu Mißtrauen, Selbstbezüglichkeit und Pessimismus eine Eigendynamik in der Tiefenpersönlichkeit entwickeln. Dieser Erklärungsversuch verdient Beachtung und bietet eine geeignete Entstehungshypothese für ein schizophrenes Krankheitsbild. Wenn Ursachen und Impulse dieses Krankheitsgeschehens nur aus inneren psychischen Spannungen und aus deren fehlerhaften Verarbeitung stammen, liegt eine echte Schizophrenie, zu deutsch ein Spaltungsirresein vor. Der Schizophrene verfällt dem Irrtum, die in den feinstofflichen Sinneszentren empfangenen Eindrücke über sein Auge oder Ohr wahrgenommen zu haben, was zu fatalen Fehlurteilen führt. Wie nun die aus der psychischen Innenwelt stammenden Erlebnisinhalte ins Bewußtsein des Kranken gelangen, ist vorläufig ebensowenig Gegenstand der Forschung wie beim Traumgeschehen, zumals eine diesbezügliche Apparatur an den westlichen Universitäten noch fehlt. Denkbar, meines Erachtens sogar sehr wahrscheinlich wäre das Einwirken des Energiepotentials krankhafter Gedankeninhalte auf entsprechende feinstoffliche Sinneszentren, um von dort ins Bewußtsein zu gelangen. Dann, wenn ein geistiges Eigenpotential diese der Wirklichkeit nicht entsprechenden Sinnesempfindun108
gen verursacht und somit eine eigentliche Schizophrenie vorliegt, wäre ein Exorzismus sinnlos. Beschwörung und Ritus hätten dann nur noch den Sinn einer Suggestion, die - das weiß jeder Psychologe und Psychiater - einen minimalen Einfluß auf den Schizophrenen zeitigt. Eine Beeinflussung würde auch beim Vorliegen einer Hysterie nicht eintreten, da die Neigung zur hysterischen Verarbeitung der Lebenssituationen einer dauerhaften, vermutlich vererbten Anlage entspricht und der Hysteriker vorwiegend Eigensuggestionen, nicht aber Fremdsuggestionen zugänglich ist. Die Berichte der christlichen Kirche sowie meine eigenen exorzistischen Bemühungen bestätigen aber, daß dann, wenn Besessenheit vorlag, nicht nur eine Einwirkung auf die Psyche des Patienten, sondern offenbar auch auf autonome, aber feinstoffliche negative Wesenheiten stattfand. Andernfalls wäre es kaum möglich, daß sich die ganze Erlebnis- und Erscheinungswelt des Betroffenen dann oft schlagartig änderte, wenn es gelang, das Fremdwesen zu vertreiben. Uns Heutige muß die Descartessche radikale Trennung von Materie und Geist überraschen. Längst schon hatte man den Sitz der Seele, die emotionale Schicht, das „Manas“ der Tantra vidyã dem Organ Herz entzogen, ja die Primärexistenz einer Seele als wissenschaftlich nicht beweisbar in Frage gestellt. 109
Geist und Seele wurden dem Chemismus des Gehirns zugeordnet, wobei der Chemismus als primär, Geist und Seele als sekundär, somit als Epiphänomene1) galten. Dies - obwohl Hypothese - diente auch der Annahme, daß die Psyche den Tod nicht überlebe. Geist und Seele galten als immateriell. Wie der Austausch zwischen Materie (Körper) und Geist bei dieser prinzipiellen Andersartigkeit erfolgt, wurde gleichfalls nicht untersucht. Es muß zugegeben werden, daß wir auch heute noch nur Ungenügendes darüber wissen. Eines aber steht fest: damit zwei Dinge aufeinander wirken können, müssen sie über etwas Gemeinsames verfügen, sei dies über eine Gemeinsamkeit innerhalb der materiellen Struktur oder der aufeinander wirkenden Energien. Als dritte Möglichkeit könnte man eine gemeinsame Urstruktur annehmen, in welcher die Elemente aller Polaritäten enthalten sind. In der Tantra vidyã wäre dies im „Purusha“, dem „reinen göttlichen Sein“ der Fall, in welchem alles enthalten ist, aber ohne Polaritätscharakter. Der Purusha galt als immateriell, entfaltet sich aber in die sich verdichtenden Schichten. Die Grundelemente dieser Schichten, ob unsichtbar oder sichtbar, bleiben immer dieselben. Dies scheint mir eine Erklärung dafür, daß Geist und Seele auf die menschliche Physis, ja sogar auf die Materie einzuwirken vermögen. 1) Epiphänomene: Psychische Phänomene, welche nicht eigenständig sind, sondern materiellem Geschehen entstammen. 110
Ähnlichen Gedankengängen begegnet man in den Werken der Alchemie, die sich aber wegen der kirchlichen Zensur so rätselhaft und schwerverständlich wie möglich auszudrücken hatte. Auch in ihr lebt die Vorstellung einer Urmaterie, der „prima materia“, in welcher schon die Ansätze der Polarität als „Schwefel“ und „Quecksilber“ liegen, Polaritäten, die dann aktiv das Weltgeschehen und im kleinen der Alchemistenküche das „opus“ (das Werk) ermöglichen. Auch in der Alchemie sind das „Oben“ (Geist und männlich) und das „Unten“ (Materie und weiblich) streng aufeinander bezogen und bilden eine Einheit. Das „Unbewußte“ der Psychologie darf als ein aktives Element innerhalb des corpus subtile im Menschen aufgefaßt werden. Das Unbewußte ist somit feinstofflicher Natur und deshalb nur bedingt an Zeit und Raum gebunden. Es braucht nicht an irgendeiner Stelle des Körpers verhaftet zu sein. Hellsehende Menschen gewahren zwar oft beim Mitmenschen eine „Aura“ um den Kopf, aber sie sehen sie nicht über die Netzhaut ihrer Augen, sondern mittels des feinstofflichen Sehzentrums. Da diese Aura in allen Erdteilen und durch zahllose Menschen immer ähnlich gesehen wird, wäre es töricht und beschränkt, an ihrer Existenz zu zweifeln. Aus der Aura stammende Ausstrahlungen können beobachtet werden, die höchstwahrscheinlich Energieströmen entspre111
chen.1) So könnte man sich die Verbindung zwischen geistigen Impulsen vom Menschen auf den Menschen und auf die Außenmaterie denken. Im gleichen Sinne würden Geistkräfte und Geistwesen auf den Menschen einwirken. Die Besessenen und Umsessenen, wie auch die Infestierten werden so von Geistwesen belästigt, welche auf des Besessenen feinstoffliche Sinnesorgane einwirken. Die auf das naturwissenschaftliche Denken bezogene Schulpsychiatrie wird viele feinstoffliche Sinnesempfindungen ihrer Patienten als Halluzinationen bezeichnen und die Leidenden zumeist als Schizophrene etikettieren. Als Halluzinationen oder Wahnideen gelten auch alle Angaben der Betroffenen über akustisch wahrgenommene Einwirkungen auf ihre Umgebung (Klopflaute aus Wänden oder Apparaten) und besonders deren Berichte über Psychokinesen2) und Materialisationen sowie das Verschwinden von Gegenständen. Es handelt sich bei diesen Phänomenen um Einwirkungen feinstofflicher Energien auf die Materie und demzufolge können solche akustischen und psychokinetischen Geschehnisse auch vom Mitmenschen wahrgenommen werden. Der Parapsychologie sind alle diese Phänomene bekannt, sie gelten als Wirklichkeiten. Diese Wissenschaft genießt aber nur an den wenigsten Universitäten 1) Das gleiche gilt für die Hand und deren Kirlianstrahlung, welche allerdings experimentell viel leichter feststellbar ist. 2) Bewegungen im Raum ohne sichtbare physikalische Ursache. 112
Gastrecht. So sind die Phänomene, die innerhalb dieser Wissenschaft schon längst als gesichert gelten, dem Akademiker begreiflicherweise weitgehend unbekannt. Dies gilt, wie schon vorerwähnt, auch von der Existenz des feinstofflichen Körpers. Die drei Formen der Besessenheit sind aber ohne eine feinstoffliche Parallel weit nicht zu verstehen.
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14. Die feinstoffliche Wirklichkeit beim Traumerleben, bei Umsessenheit und Infestation und bei der Schizophrenie Das Reich der Träume gehört der raum-zeitunabhängigen Dimension an. In ihm waltet eine Sinnenwelt, die alle Sinnesempfindungen einschließt, ohne daß unsere äußeren (anatomischen) Sinnesorgane noch deren Zentren im Gehirn direkt betroffen werden. Im Traum sehen wir bei geschlossenen Augen! Es sind im Traumgeschehen also nur die feinstofflichen Entsprechungen der Sinnesorgane und deren feinstoffliche Energiebahnen beteiligt. Letztere leiten das psychische Geschehen in feinstoffliche Zentren weiter. Die Tatsache, daß Schlaferlebnisse mit ihren oft sehr starken Emotionen nicht selten heftig auf unseren Körper einwirken, läßt uns auf die Parallelität des feinstofflichen und des physischen Geschehens im Körper schließen. Es ließe sich einwenden, daß auch unser Gedächtnis optische Bilder vermittle. Hingegen erreichen diese nicht die Deutlichkeit und Unmittelbarkeit der Traumerlebnisse oder des visionären Schauens. Bei diesen handelt es sich um unmittelbare Sinneseindrücke auf den feinstofflichen Parallelkörper. Es geht auch im Traum um ein reales Erleben einer allerdings nur psychischen Wirklichkeit. Hingegen spricht die heutige Psychiatrie beim Schizophrenen wie bei dem für einen Schizophrenen gehaltenen 114
Infestierten oder Umsessenen von Halluzinationen, also Sinnestäuschungen. Letzteres gilt nur für den wahnkranken Schizophrenen, bei dem ein mentaler Umwandlungsprozeß von realen Eindrücken und Erlebnissen in wahnhafte Deutungen stattfindet. Die Sinneseindrücke aller drei Kategorien sind aber gleicher Natur, da sie in der feinstofflichen Sinnenwelt vor sich gehen. Dieser Hinweis ist für die Beurteilung der Sinneswahrnehmungen, die einem Umsessenen aus der gleichfalls feinstofflichen Sphäre der Geistwesen übermittelt wurden, sehr wesentlich. Es ergibt sich also: Der T r ä u m e r erlebt die optischen Bilder wie auch andere Sinneseindrücke als Bestandteil einer eigenen feinstofflichen Parallelwelt. Sie werden beim Erwachen nicht auf die materielle Wirklichkeit übertragen. Beide Reiche bleiben getrennt. Der U m s e s s e n e oder I n f e s t i e r t e empfängt im wachen Zustand Eindrücke von Wesenheiten der feinstofflichen Parallelwelt. Wesenheiten, die aber autonom und von seiner Psyche getrennt sind. Deren Energien werden im feinstofflichen Sinnesorgan wahrgenommen und entsprechen einer feinstofflichen Realität und nicht etwa Sinnestäuschungen. Der S c h i z o p h r e n e entwickelt aufgrund seiner zunehmenden psychischen Isolierung von der realen Umwelt eine eigene Erlebnissphäre, deren Energien zwar auf die feinstofflichen Sinnesorgane einwirken, 115
der äußeren Realität aber nicht entsprechen. Gewisse Charakterzüge des Schizophrenen, dessen Mißtrauen, Kontaktfeindlichkeit und zu große Eigenbezogenheit täuschen ihm ein falsches Weltbild vor. Infolge der Parallelität der feinstofflichen und der physischen Sinnenwelt werden die inneren Erlebnisse vom Schizophrenen wie auch von jedem psychisch stark Ergriffenen in die dinglich existierende Welt projiziert (hineingesehen) und für eine optische, akustische oder geruchliche Realität gehalten. Der Wahnkranke vermischt seine innere mit der äußeren Welt. Seine in ein reales Geschehen projizierten unrichtigen Interpretationen müssen als Halluzinationen und somit Sinnestäuschungen bezeichnet werden. Um das Verwobensein einer feinstofflichen Sphäre mit der Welt der Materie an einem anderen Berührungspunkt der beiden Wirklichkeiten zu erläutern, sei noch einer Phänomenologie (Erscheinungswelt) gedacht, die bislang weder erklärt noch wissenschaftlich gedeutet wurde. Parapsychologie und Esoterik kennen den Begriff „Orte der Kraft“. Gemeint sind Stellen der Erdoberfläche, an welchen sich positive, aber nicht direkt meßbare feinstoffliche Energien (Kräfte) manifestieren, die sich physisch und psychisch auf Mensch, Tier und Pflanzen auswirken. Ich könnte mir denken, daß solche Orte der Kraft verantwortlich sind für die uns bekannten Marienerscheinungen (Lourdes, Fatima, Medjûgorje). Medial begabte Jugendliche nehmen dort das archetypisch 116
Gute mit ihren feinstofflichen Sinnen wahr und kleiden dieses in ihnen vertraute Bilder. So entstehen Marienerscheinungen, die von den Gläubigen und zum Teil auch der Kirche übernommen werden und die bekannten Folgen zeitigen. Da alles Religiöse auf einer psychischen Urprägung des Menschen beruht (C. G. Jung), müssen die Visionen der Jugendlichen als feinstoffliche Realitäten ernst genommen werden. Hier an diesen „Orten der Kraft“ ereignen sich auch Wunderheilungen. Sie sind nicht nur auf Auto- oder Fremdsuggestion zurückzuführen, sondern gehorchen auch einer autonomen Energetik, eben derjenigen des „Ortes der Kraft“. Das Phänomen der Wunderheilung ist damit natürlich nicht in seiner ganzen Komplexität erklärt. Die radikale Trennung Descartes' in eine materielle (res extensa) und eine geistige Welt (res cogitans) ließ die aus dieser Philosophie hervorgegangenen Naturwissenschaften nur am Rande über die Beziehungen und Parallelen dieser beiden Kategorien nachdenken. Wie die Psyche als feinstoffliche Realität auf Körper und Materie einwirkt, blieb weitgehend unerforscht. Dies wird sich, da sich alle Polaritäten rhythmisch entgegenlaufen (die alchemistische Enantiodromia), in naher Zukunft ändern.
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15. Die Beziehungen zwischen der feinstofflichen Welt und der Materie, dem Jenseits und dem Diesseits Nicht-intellektualisierte Völker besitzen eine erheblich größere Fähigkeit, Wesenheiten und Einwirkungen der transzendenten Welt zu erleben und in ihr Weltbild einzuordnen. Zu abstraktem Denken und stets wachsamer Skepsis sind sie in keiner Schule angeregt worden, und so nehmen sie alles, was an Sinneseindrücken und Empfindungen auf sie einströmt, in unmittelbarer Weise entgegen. Ideologien sind ihnen fremd. Ihr Verstand ist nicht auf die analysierende Verarbeitung der Geschehensabläufe eingestellt; doch sind sie imstande zu wissen, auf was es ankommt, um sich in gegebenen Situationen richtig zu verhalten. Dies ist ursprünglichster Verstand. Zudem haben sie gelernt, die sogenannt „außersinnlichen“ Wahrnehmungen zu beachten und zu deuten, um ein für sie taugliches Weltbild zu gestalten. Die Fähigkeit, außersinnliche Wahrnehmungen richtig einzuordnen, besitzt auch die Tierwelt, was viel zur Überlebenschance des Individuums wie auch größerer Tiergemeinschaften beiträgt. Hierin sind gewiß nicht alle Individuen gleichbegabt. Außergewöhnliche diesbezügliche Fähigkeiten, gepaart mit hohem Energiepotential, lassen das Individuum innerhalb der Tierwelt zum „Alphatier“ werden, dem Rudelführer, und beim nicht-intellektualisierten 118
Menschenstamm zu Häuptlingen und Schamanen. Für den frühen Menschen sind alle Dinge geistbelebt und besitzen nicht nur materielle Werte, sondern eben auch Geist und Wesenhaftes. Materielles: Berge, Pflanzen und Tiere bilden Entsprechungen zu immateriellen geistigen Mächten, die - wie vorerwähnt - als Götter und ihnen zugeordnete weniger mächtige Hilfskräfte, Engel oder Dämonen empfunden werden. Frühere westliche Hochkulturen und heute noch östliches Denken erkannten das Ineinanderfließen der beiden Bereiche. Der Begriff des „Unus mundus“ der Alchemie, welche auf vorwiegend intuitiven Erkenntnissen basiert, weist auf die Einheit alles Materiellen mit dem Geistigen hin. Noch in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts konnten sich bei spiritualistischen Sitzungen durch starke Medien gerufene Verstorbene mit Körpern und Kleidern materialisieren, wobei anwesende Ärzte auch den Herzschlag wahrzunehmen vermochten. Aussagen und Gegebenheiten dieser materialisierten Verstorbenen, auch solcher, die niemandem bekannt waren, ließen sich bestätigen. Heute verfügen wir über tausendfache Erfahrungen mit Tonbandstimmen (Transaudio-Kontakte) und zwar noch seltenen - Übertragungen von Bildern auf Video-Apparate (Transvideo-Empfang). Paranormale Texte erscheinen in den Speichern und Sichtgeräten von Computern und äußern sich auch in Telefonapparaten. Solche Berichte bekam ich auch von einigen 119
meiner Patienten. Alle diese Phänomene sind sehr eindrücklich vom Diplomphysiker Professor Dr. rer. nat. Ernst Senkowski (Mainz)1) dargestellt worden. So erleben wir alltäglich die Übertragung geistiger Inhalte aus der transzendenten in die materielle Welt. Innerhalb der philippinischen Logurgenszene (Geistheiler) erlebte ich die erstaunlichsten Materialisationen krankmachender Gedanken (Verzauberung) vor meinen Augen und in Gegenwart anderer ärztlicher Kollegen.2) Ähnlich haben wir uns die Materialisationen beim Exorzismus Besessener in Europa zu denken (Blumhardt3), Ringger4)). Seit der Vorherrschaft des philosophischen Materialismus im naturwissenschaftlichen Weltbild blieb die Existenz nur geistiger (feinstofflicher) Wesen von der Forschung ausgeklammert. Gleiches gilt auch für deren Einwirkung auf Psyche und Materie. Eindeutige Schilderungen integrer und kompetenter Beobachter fanden keine Erwähnung. Dies ist mir besonders bei einer sonst ausgezeichneten Arbeit seitens eines Psychiatrieprofessors über die von Pfarrer Johann Christoph Blumhardt 1842 exorzierte Gottliebe Dittus 1) Ernst Senkowski: „Instrumentelle Transkommunikation; Dialog mit dem Unbekannten“, Fischer Verlag, Mainz 1989. 2) Hans Naegeli-Osjord: „Die Logurgie in den Philippinen“, Otto Reichl Verlag, 2. Aufl. 1992. 3) Siehe Hans Naegeli-Osjord: „Besessenheit und Exorzismus“, Otto Reichl Verlag, 1983,5. 81. 4) Peter Ringger: „Das Problem der Besessenheit“, Verlag Neue Wissenschaft, Zürich 1953. 120
aufgefallen.1) Die Besessene wird vom Psychiater klinisch als Hysterica (wenn auch ohne negativen Beiklang) eingereiht. Die Entfernung der ausgefallensten Gegenstände aus Zunge, Auge, Oberkiefer und vielen anderen Körperteilen wird vom Autoren der Schrift nicht erwähnt und bei der Beurteilung übergangen, obwohl ein solches Geschehen die Phänomenologie der Hysterie bei weitem überschreiten würde. Dabei nehmen diese nicht erwähnten Begebenheiten in der Schilderung des Pfarrers eine zentrale Stellung ein. Wir lesen im Berichte Blumhardts von der Entfernung eines noch lebenden großen Frosches aus dem Hals der Betroffenen. Ein anderes Mal kam diese mit übergroßen Schmerzen zum Pfarrehepaar. Es fanden sich rings um den Leib im Bindegewebe der Unterhaut zwei lange, vielfach verbogene Drahtstücke eingewunden, die wie von unsichtbaren Kräften bewegt, nach außen drängten. Die Entfernung bedurfte mehr als einer Stunde angestrengter Arbeit. Daß der integre, für die religiöse Erneuerung des protestantischen Deutschlands äußerst effiziente Pfarrer J. C. Blumhardt nebst seiner Frau einem Trugbild anheimgefallen wären, ist bei dieser Sachlage ausgeschlossen. Ebenso unmöglich erscheint, daß die Gottliebe diese Drahtstükke selbst unter die Haut eingeführt hätte, waren doch vor der Herausnahme keine Wunden zu sehen. 1) Siehe Hans Naegeli-Osjord: „Besessenheit und Exorzismus“, Otto Reichl Verlag, 1983, S. 99. 121
Der ausführliche Bericht Blumhardts sowie dessen Charakterschilderung der Gottliebe lassen erkennen, daß auch alle die anderen Gegenstände (verrostete Nägel, große Eisenstücke, zusammengebundene Federn), die sich aus dem Körper der Besessenen hervorarbeiteten, Materialisationen darstellen. Sie materialisieren sich meiner Ansicht nach aus den feinstofflichen Gedanken und Vorstellungen eines negativen Geistwesens. Auch der weitere Ablauf des Geschehens wird von diesem Geistwesen gelenkt. Es erscheint kaum vorstellbar, daß sich aus dem alleinigen Psychopotential der Betroffenen durch ins Unbewußte verdrängte Emotionen und deren Energien solche Phänomene ereignen könnten. Den Vertretern der „Animisten“ unter den Parapsychologen und den Anhängern des philosophischen Materialismus würde sich aber nur diese Deutung anbieten. Da nun an der Glaubwürdigkeit des Vorgefallenen kein Zweifel ist, muß auf Energien und Einwirkungen der transzendenten Welt geschlossen werden. Hier begegnen wir einer klar erwiesenen Interaktion zwischen feinstofflichen Wesenheiten und der Materie, beziehungsweise der Physis eines Menschen. Pfarrer Blumhart erstattete seiner kirchlichen Oberbehörde 1844 einen umfangreichen Bericht, der aber lange Zeit verschwiegen wurde. Die geschilderten Phänomene hätten eben die Dynamik des „Aufklärertums“ gestört, welchem damals die bürgerliche Oberschicht emotional verpflichtet war. 122
Dies ist heute noch der Fall. Wenn vielleicht auch weniger kraß als zu Zeiten der Gottliebe, beobachten wir - wie aufgezeigt werden soll - noch immer innerhalb medialer Sitzungen eine diesbezügliche Phänomenologie, die für ein naturwissenschaftliches Denken unverständlich bleibt. Die Veröffentlichungen hierüber - auch durch anerkannter Wissenschafter werden seitens der diesem Denken verpflichteten Disziplinen nicht beachtet und vermögen somit deren Weltbild und geistige Sicht nicht zu erweitern. Das diesbezügliche Tabu erscheint einfühlbar, droht doch bei der Integration dieser neuen Sicht der Zusammenbruch der heute noch gültigen Weltanschauung. Interaktionen zwischen feinstofflichen (transzendenten) Wesen und unserer materiellen Wirklichkeit sind innerhalb der parapsychologischen Literatur vielerorts durch prominente Autoren dargestellt worden. Hier seien vor allem Gegebenheiten geschildert, in welchen man das Unbewußte des Mediums oder der Séancenteilnehmer als Ursachenquelle ausschließen muß. Eindeutig hierfür sind die Leistungen des vielseitigen Mediums Professor Carlos Mirabelli (1889-1951), dem Dr. Theo Locher (Biel) die beiden Orientierungsblätter der S.V.P.P. (Schweizer Vereinigung für Para-Psychologie) No. 31 und 32 (1979), widmete. Mirabelli sprach als Sprachmedium in sechsundzwanzig Sprachen, davon sieben Dialekte. Darunter 123
befanden sich Japanisch, Türkisch, Arabisch, Russisch und Albanisch, Sprachen, die Mirabelli fremd waren. Als Schreibmedium schrieb er alle diese Sprachen mit sinnvollen Inhalten in schwindelerregender Schnelligkeit, doch sehr gut leserlich. Es handelt sich bei Mirabelli in dieser Beziehung um keinen Einzelfall. So schildert der bekannte Schriftsteller und Parapsychologe Wilhelm Otto Roesermueller in „Das neue Licht“ (Jg. 34, Heft 10/11, 1956) die Experimente des weltbekannten Astrophysikers Professor Dr. Zöllner mit dem Medium Dr. med. Slade. Unter strengster Kontrolle und bei Tageslicht erhielt dieser zwischen zwei Schiefertafeln Schriften in verschiedenen Sprachen, die Slade unbekannt waren. Gleiches erreichte - so Roesermueller - Dr. Watkins (Detroit, USA), der sich auf die Erzeugung der direkten Schrift spezialisiert hatte. Er forderte jeden Besucher auf, seine eigenen Schiefertafeln mitzubringen und einen Griffel zwischen die Tafeln zu klemmen. Watkins berührte diese Tafeln nie, zudem hatte sich der Fragesteller darauf zu setzen. In wenigen Minuten waren die Tafeln vollgeschrieben. Bei einer Jüdin, die eine Botschaft ihres verstorbenen Mannes wünschte, geschah dies in hebräischer Schrift mit den Redewendungen, die der Verstorbene zu gebrauchen pflegte. Weder Dr. Watkins noch sonst jemand außer der jüdischen Witwe verstanden oder schrieben Hebräisch. 124
Bei all diesen Gegebenheiten wird deutlich, daß weder das Unbewußte des Mediums noch sonst eines Anwesenden im Spiel sein konnte; auch nicht das kollektive Unbewußte. Beweisend für die Wirklichkeit autonomer Geistwesen und deren Einwirkung ins materielle Geschehen sind die Gegebenheiten des „Florentiner Zirkels 77“. Im 46. Orientierungsblatt der S.V.P.P. schildert die international bekannte Parapsychologin Dr. Paola Giovetti (Modena) die Materialisationen und Inkorporationen1) Roberto Settis (1930-1984), der drei Jahre vor seinem Tode, an multipler Sklerose leidend, im Rollstuhl verbrachte und dennoch ein hervorragendes Medium blieb. An den Sitzungen teilgenommen hatten nicht nur Frau Giovetti, sondern auch die angesehensten italienischen Parapsychologen, u.a. Dr. med. Gastone de Boni, Dr. med. Piero Cassoli, Professor Dr. Giorgio di Simone und auch Professor Dr. med. Jan Stevenson (USA). Die sich vielfach wiederholende Inkorporation des Geistwesens „Lilli“, welches nicht identifiziert werden konnte, ließe sich noch zur Not als Gedankenmaterialisation („Elemental“) im Sinne des Meyrinckschen Golems deuten. Beweisender ist die Erscheinung einer Wesenheit, die sich als François Broussais zu erkennen gab und unter anderem aussagte, er sei zu Zeiten der napoleonischen 1) Inkorporation: Ein Geistwesen nimmt Besitz vom Körper eines Lebenden und bestimmt dessen Handlungen. 125
Besetzung Oberitaliens während zehn Jahren Spitaldirektor in Udine gewesen. Ein Zirkelmitglied fand später in Paris zwei Biographien des Arztes und Okkultisten François Broussais, in welchen die Angaben des Geistwesens vollauf bestätigt wurden. Außer vielen andern Identifikationsphänomenen mit gelungenem Nachweis, daß es sich um die angegebenen Verstorbenen gehandelt hatte, erschien auch ein neunjähriges Mädchen, Donata Giorgini aus dem kleinen süditalienischen Dorfe Pietragalla. Dessen Aussage, zufolge des Fußtritts eines Maultiers verstorben zu sein, ließ sich genau nachweisen. Ungezählte zum Teil wertvolle Gegenstände materialisierten sich in den Händen des Mediums Roberto Setti, die vorher bläulich zu leuchten begannen. Das gut dokumentierte parapsychologische Geschehen fand während achtunddreißig Jahren bis zum Tode Settis 1984 statt. Theo Locher kommentiert das von Frau Giovetti berichtete Geschehen mit den treffenden Worten: „Betrachten wir ohne Vorurteil die Gesamtheit der hier geschilderten Erscheinungen, sehen wir uns gezwungen, zuzugeben, daß die Erklärungstypen der Tiefenpsychologie nicht genügen und daß wir - gern oder ungern - die Erklärung des Hereinwirkens Jenseitiger in unsere physikalische Welt akzeptieren müssen.“ (46. Orientierungsblatt der S.V.P.P. S. 1, Biel, 1984.) Auch den Bericht Lina de Bonis über die nach dem 126
Tod erhaltenen Kundgaben ihres Vaters, des berühmten und gelehrten italienischen Parapsychologen Dr. Gastone de Boni (Orientierungsblatt S.V.P.P. No. 54) läßt keine andere Erklärung zu. De Boni litt an Altersparkinson und schrieb schon zu Lebzeiten ungewöhnlich zitterig. So auch nach dem Tode. Die nach dem Tod erhaltenen Schriftzüge wurden aber über ein einwandfreies graphologisches Gutachten als diejenigen de Bonis erkannt. Als medialer Vermittler dieser Botschaften aus dem Jenseits diente der greise Demofilo Fidani. Zwei auf eine Papierunterlage gelegte Schreibfedern stellten sich von selbst auf und schrieben gleichzeitig wie von unsichtbarer Hand geführt. Die Tatsache, daß de Boni auch nach seinem körperlichen Tode sich mit seiner krankheitsgeprägten Schrift mitteilte, zwingt uns zum Nachdenken. Wollte er sich mit dieser unverkennbaren Schrift nur unmißverständlich kundtun, oder ist eine Krankheit so vollständig im Seelischen verankert, daß dies sich auch noch nach dem Wegfall der grobstofflichen körperlichen Struktur auswirkt? Der anerkannte Forscher Professor Dr. Giorgio di Simone (Neapel) hat langfristige physiologische Messungen an brasilianischen Heilermedien - speziell den Nachfolgern Zé Arigos - vorgenommen. Dabei gelang ihm der Nachweis, daß sowohl bei der Heilung wie auch beim Ausstellen medizinisch korrekter Rezepte nicht eine Teilpersönlichkeit des Heilers, 127
sondern autonome Entitäten, transzendente Wesenheiten einwirken.1) Dies muß ebensosehr für die in spiritistischen Zirkeln wirkenden Medien gelten, in denen sich Geistwesen positiv und auch negativ der materiellen Welt zuwenden. Nochmals sei betont, daß es sich ja bei der transzendenten wie der materiellen Welt um das gleiche Universum, den „unus mundus“ handelt.
1) Rudolf Passian: „Erlebnisse mit brasilianischen Heilern“, in: „Veränderte Bewußtseinszustände“, Resch-Verlag 1990. Paola Giovetti: „Die Wirklichkeit des Wesens A.“, in: Esotera 1979/4, S. 317. 128
16. Was geschieht mit der menschlichen Seele nach dem Tod? Die „Ganztodtheorie“ stellt eine Folgerung des philosophischen Materialismus dar, einer Lebensphilosophie, die in einem strengen naturwissenschaftlichen Denken begründet ist. Die Ganztodtheorie verficht die These, daß beim körperlichen Ableben, dem Ende aller physiologischen Körperreaktionen, nicht nur der Körper seine Existenz verliert, sondern mit ihm auch alle geistigemotionalen Wesenskräfte ausgelöscht würden. Der Tote sei nicht nur all seiner Schmerzen, sondern auch all seiner Sorgen und Interessen enthoben. Diese Aussicht veranlaßt nicht selten den körperlich und seelisch Geplagten, den Freitod zu wählen. Meist geschieht dann auch für die Überlebenden nichts, was den Verdacht aufkommen läßt, daß der Verstorbene noch immer mit einzelnen Gegebenheiten seiner einstigen Lebenswelt verbunden sei. Zwar ist dies durchaus nicht immer der Fall, doch wurden Phänomene, die der Ganztodtheorie widersprachen, noch vor zwei bis drei Jahrzehnten höchstens in der parapsychologischen - oder religiösen Literatur geschildert. Es geschah dies aus Angst, sich lächerlich zu machen. Naturwissenschaftliche Dogmen galten als Tabu. Nachdem sich heute dieses Tabu bei einem erhebli129
chen Teil der Bevölkerung verloren hat, begegnen wir Berichten - etwa im Sinne der im Kap. 23 geschilderten Begebenheiten - ungleich häufiger. Es kam hinzu, daß Ende der sechziger Jahre der schwedische Ornithologe Friedrich Jürgensen bei der Aufnahme von Vogelstimmen mit unbespielten Tonbändern auch in einsamsten Gegenden Menschenstimmen aufs Band erhielt, die wissenschaftlich unerklärlich blieben. Andere Forscher, Raudive u.a., gingen dem Phänomen nach, und es bildeten sich zudem Vereine, welche außerhalb der Universitätsforschung einen solch umfänglichen Erfahrungsschatz zutage förderten, daß das bisher unbekannte Phänomen nicht mehr bestritten werden konnte. Es wurden Inhalte registriert, deren Herkunft unbekannt blieb. Andere Einspielungen aber schienen Mitteilungen kurz zuvor Verstorbener, zum Teil auch allgemein bekannter Persönlichkeiten zu entsprechen. Daraus hat sich, vor allem unter Führung Professor Ernst Senkowskis, ein Wissenschaftszweig, die „Transkommunikation“ (die Verbindung zwischen Jenseits und Diesseits), entwickelt, worauf ich bereits im Kap. 15 hingewiesen habe. Noch bedeutender aber erweisen sich die Ergebnisse der Nuklearphysik und der Neurophysiologie. John F. Eccles, Neurophysiologe in London und Nobelpreisträger, betont, daß im Gehirn kein Zentrum für Gedächtnis, Bewußtsein und Ich-Persönlichkeit 130
gefunden werden könne. David Bohm (London) kam aufgrund seiner Forschungen zur Überzeugung, daß Gedächtnis und Informationen in keinem örtlich bestimmten Teil des Gehirns gespeichert würden, sondern höchstens darin „eingefaltet“ seien. Das Bewußtsein und das Kontinuitätsbewußtsein (ein Bewußtsein über Tod und Zeit hinaus) besäßen eine eindeutige Beziehung zum Elementarteilchen Elektron, das Materie - wie Wellencharakter (Geist) aufweise. So sei eine Weiterexistenz des Ich-Bewußtseins selbst bis in die Reinkarnation denkbar.1) Der französische Nuklearforscher Jean E. Charon kam unabhängig von Bohm zur Überzeugung: „Was wir also denken und fühlen, sind unsere Elektronen und Positronen (Antiteilchen der Elektronen).“ Diese Elementarteilchen der Materie seien es, die unabhängig von unserer Körpermaterie unser Ich-Bewußtsein in jenseitige Dimensionen tragen und weiterwirken. Dort könnten diese Teilchen auch einen neuen Körper organisieren, der aber feinstofflicher Natur sei.2) Es wäre denkbar, daß solche mit negativen Eigenschaften belastete feinstoffliche Individualwesen eine menschliche Seele zu überlagern und zu manipulieren vermöchten. 1) D. Bohm: „Die implicite Ordnung“, Goldmann, München, 1987. 2) Jean Charon: „Der Geist in der Materie“, Deutscher Taschenbuch Verlag Ullstein, München, 1982. 131
Dies entspräche dem in der katholischen Kirche noch immer gültigen Begriff der „Annen Seele“, die neben den „Engeldämonen“ als Verursacher von Besessenheit, Umsessenheit und Infestation gelten. Umgekehrt könnten ethisch gutartige Verstorbene Schutzgeistfunktionen bei Lebenden ausüben. In gleicher Weise ließe sich annehmen, daß Menschen, die zu Lebzeiten gefühlsmäßig stark an ein bestimmtes Gebäude gebunden sind - und dies zumeist in einem unguten Sinne -, nach dem Tod als neugebildete feinstoffliche Wesen darin herumgeistern. Dies wäre die Ursache eines „ortsgebundenen Spuks“, welcher an einen Ort und nicht an eine noch lebende Person gebunden ist. Man denke an die in England offiziell registrierten 2300 Spukhäuser (haunted houses). Erinnert sei auch an Eduard Mörikes Erlebnis nach seiner Amtsübernahme als Pfarrer im schwäbischen Kleversulzbach. Mörikes verstorbener Amtsvorgänger geisterte noch geraume Zeit für jedermann erkennbar mit seinem charakteristischen Schritt durch das Pfarrhaus. Solche Phänomene als „unbewußte Projektionen“ der Beobachter „wegzuerklären“, verrät nachlässiges Denken, nehmen doch während des oft jahrzehntelangen Spukbefalls die unterschiedlichsten Beobachter immer ein gleiches Geschehen wahr. Bevor aber die hier vorgetragenen Ergebnisse der 132
neuesten Universitätsforschung vorlagen1), fanden die Wissenschafter einfühlbarerweise keine für sie tauglichen Erklärungen. Heute bieten sich für die Phänomene der Besessenheit wie auch der Spukerscheinungen wissenschaftliche Erklärungen an, die eine große Wahrscheinlichkeit in sich bergen. Damit wird aber auch meine eingangs gestellte Frage erstmals in voller Dogmenfreiheit diskutiert. Die uralte Menschheitserfahrung eines geistigseelischen Überlebens nach dem Tod und der Kontakte zwischen der materiellen und einer immateriellen Weltdimension, einem Diesseits und einem Jenseits, scheint zu einer neuen Realität zu werden. Für mich persönlich, der nicht nur die diesbezügliche Literatur eingehend kennengelernt, sondern auch über eigene, zum Teil erschütternde Erfahrung und die vielen Berichte meiner Ratsuchenden verfügt, besteht kein Zweifel an der Tatsächlichkeit des Überlebens der Geistseele nach dem physischen Tode. 1) Einen Großteil der hier wiedergegebenen neuen Erkenntnisse entnehme ich der Arbeit Dr. med. Taddäus Zmorskis: „Das oszillierende Universum und das Kontinuitäts-bewußtsein“, in: „Schweizerische Ärztezeitung“, Band 7, Heft 37, 1990.
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17. Die Magie A) Definition der Materie Als Magie muß jedes auf die Materie und auf die Psyche wirkende Geschehen bezeichnet werden, bei welchem rein geistige, feinstoffliche Energien und keine grob-physikalischen Kräfte im Spiele sind. Wenn bloße menschliche Vorstellungskraft, der intensive Gedanke an ein von uns gewünschtes Geschehen ein solches zu materieller oder körperlicher Wirklichkeit werden läßt, dann ist dies Magie. Fernheilung über nur gedankliche positive Vorstellung ist der klassische Fall positiver Magie. Liegt dem Gedanken aber eine den Mitmenschen schädigende Absicht zugrunde, handelt es sich um negative Magie. Auch wenn der Magier gelegentlich während Ritualen chemische Substanzen einsetzt und physikalische Manipulationen vollzieht, geschieht dies symbolischanalogisch, also ohne direkte physikalische Einwirkungen (im Sinne Newtons) auf das räumlich oft weit entfernte Geschehen. B) Magie ist ethisch wertfrei Die übliche Fehlmeinung, Magie sei stets negativ, muß berichtigt werden. Magie als Grundphänomen und entsprechend meiner Definition ist wertfrei. Magisches Geschehen kann positiv oder negativ 134
gehandhabt werden. Es kommt auf die Absicht des Ausübenden an, ob sich die im Feinstofflichen verankerten Energien positiv, neutral oder negativ auswirken. Dies gilt nicht nur für menschliches Psychopotential, sondern auch für in der Transzendenz wirkende Intelligenzen, also Geistwesen. In den positiven Sektor der Magie sind Geistheilung, Exorzismus und kultische Segnung einzureihen. Als neutral wären die in Seminaren unter vielen Teilnehmern angestrebte Verbiegung von Metallgegenständen (Geller-Phänomen) oder auch das ebenfalls eingeübte Feuerlaufen zu werten. Zum negativen Bereich zähle ich den Schadenzauber durch Lebende mit körperlicher wie geistiger Schädigung des Menschen sowie der ihn umgebenden Tiere und Pflanzen. Materielle Verformungen von Gebrauchsgegenständen über menschliche Zauberei oder eine Einwirkung herbeibeschworener transzendenter Wesenheiten gehören zur gleichen Kategorie. Auch alle schwarzmagischen Praktiken, schwarze Messen sind negativ. Divinatorische Methoden wie Ouijaboard, automatisches Schreiben etc. sind an sich neutral, können aber von bösartigen Geistwesen unterwandert werden und wirken sich dann negativ aus. C) Ursprung der Magie Erste Anzeichen magischen Geschehens reichen bis in die Frühzeit der Menschheit und deren vorlogische 135
Bewußtseinsperiode zurück. Die ersten Menschen lebten noch ganz im magischen Raum, der über das Raumzeitliche hinausragend noch weitere Dimensionen erfaßt. Für des Menschen Bestand und dessen Einordnung ins Geschehen der Umwelt waren schauende und wirkende Magie entscheidend. Mit Sicherheit wurde Magie gehandhabt, bevor differenzierte religiöse Kulte sich ihrer bedienten. Felsen- und Höhlenzeichnungen, die viele Tausende von Jahren zurückliegen, machen uns deutlich, daß der Mensch schon damals über beachtliche Zauberkräfte verfügte, die er für die Jagd von Tieren einsetzte. Vor Beginn der Jagd wurde das Bild der erhofften Beutetiere an Felsen gemalt oder in der Landschaft dargestellt. Darauf wurden diese „Attrappen“ mit Pfeilen beschossen. Ein solcher Analogiezauber scheint bei der nachher stattfindenden Jagdszene wirksam gewesen zu sein. Einer als wirkende Magie zu bezeichnende Technik begegnet man noch immer bei isoliert lebenden Völkern Zentralafrikas oder der nordamerikanischen Arktis. Einer Veröffentlichung der „Neuen Zürcher Zeitung“ entnahm ich vor vielen Jahren die folgende Begebenheit aus Beaver Creek im Norden Alaskas: Ein Missionarsehepaar hatte sich das Vertrauen der Einwohner dieser kleinen Eskimo-Siedlung erworben. Eines Tages sah der Missionar, ein Theologe, von seiner Hütte aus den Nachbarn mit eigenartigen 136
Körperbewegungen dem nahen Fluß zuschreiten. Dort angelangt, feuerte er gegen ein imaginäres Ziel einen Gewehrschuß ab. Im Dorf galt er als Magier, und zur Rede gestellt erklärte er, er habe seinen Kollegen im fünfzig Meilen flußaufwärts gelegenen Dorfe erledigt, da dieser gegen seine magischen Handlungen viel Stunk gemacht habe. Vierzehn Tage später besuchte der Missionar dieses Dorf, wo ihm berichtet wurde, daß ihr Magier tot am Fluß mit einer Schußwunde aufgefunden worden sei. Niemand habe sich den Mord erklären können. Zeitlich aber stimmte die Tat mit den vom Missionar beobachteten Handlungen des Magiers in Beaver Creek überein. Die Magie hat sich also während all der Jahrtausende in ihren Grundformen erhalten, vor allem dort, wo sich die Lebensbedingungen wenig veränderten. Doch geriet die Magie, die einst als erhabenste Kunst gewürdigt worden war, mehr und mehr in egozentrische Hände und damit in Mißkredit. Stets aber muß daran erinnert werden, daß das Phänomen Magie außerhalb ethischer Bewertung steht. Die Frage, ob nicht schon höheren Tieren magische Kräfte zur Verfügung stehen, soll später erörtert werden. D) Geschichte der Magie Alkibiades (ca. 450 v. Chr.) gebrauchte erstmals 137
das Wort „Mageia“. Es war dem persischen Gedankengut entnommen. Zoroaster (Zarathustra, 660 v. Chr.) soll, nach Ennemoser1) der erste gewesen sein, der sich über das Wesen der Magie ausgesprochen hatte und sie in sein Lehrgebäude einbezog. In Persien galt die „Madschusie“ oder „Magiusiah“ als eine heilige Kunst, ja sogar als Wissenschaft. Sie hatte mit Schadenzauber nichts zu tun. Die Priester, die man dort Mag, Magius oder Magi nannte, waren verpflichtet, sie zu pflegen, wobei aber keine Zauberkunst ausgeübt werden durfte. Die Magier der frühen Zeiten hatten gerecht und uneigennützig zu sein, was sicherlich nicht immer wahrgenommen wurde. Weiße und schwarze Magie finden sich nicht nur in allen Kulten nichtintellektualisierter Völker, sondern auch in allen Kulturen der Antike und der außerchristlichen Welt. Die Kabbala ist voll der Hinweise auf Magisches. Unter den Sünden, die der Mensch vermeiden sollte, ragen als Hauptsünden hervor: Böse Zauberei, magische Verfluchung und die Beschwörung der Toten vermittels böser Dämonen. (Ennemoser III, S. 60) Als zweitgrößte Sünde galt das Anrufen trüber Naturgeister. Die etablierten Priester und die Obrigkeit fürchteten die Konkurrenz übersinnlichen Kräften nahestehender Wahrsager und Zauberer. Im christlichen Kulturraum begegnete die Magie großer Gegnerschaft. Sie war geeignet, Autorität und 1) Ennemoser: „Die Magie“, 1844. 138
Machtfülle der Priester einzuschränken und den unbedingten Gehorsam gegenüber Gott und Christus zu relativieren. Die Gegnerschaft richtete sich weniger gegen das Wissen um die Kräfte als gegen deren Gebrauch, der die Menschen trotz allem anzog. Mit der zunehmenden Erstarkung der christlichkirchlichen Machtposition kam es dann im Beginn der Neuzeit zu den grausamen Hexenverfolgungen, einer Kollektivpsychose, von der nur England verschont blieb. Der „Aufklärung“ gelang es, dieser krankhaften Auswüchse Herr zu werden, eines ihrer großen Verdienste. Doch der Rationalismus und philosophische Materialismus, der alles Lebensgeschehen auf die Materie und deren physikalisch-chemischen Prozesse reduzierte, bekämpfte und verlor jeden Glauben an die Möglichkeit einer geistigen Beeinflussung der Materie und der Lebensvorgänge. Damit wurde die Magie aus allen Lehrinstituten verstoßen und zog sich vorwiegend in die ländlichen Gebiete zurück. Dort fand sich eben noch mehr naturnahes Empfinden und konnte auch ein dogmatischer Rationalismus weniger Fuß fassen. Es waren Ratsuchende aus diesen Gebieten, die mir vor dreißig bis vierzig Jahren über Zauberei und Geistheilung berichteten. Zur Zeit sind es die Städter, die unter dem Einfluß des „New Age“ oder des „Wassermann-Zeitalters“ sich wieder der Magie zuwenden. Sie besuchen Satanskulte und oft zweifelhafte aufs Geldverdienen ausgerichtete Seminare, die entweder offen oder 139
verbrämt schwarze Magie anbieten. Von dieser Seite hat man wenig Gutes zu erwarten. E) Die Magie im heutigen Weltbild Magie ist noch heute ein Wort und ein Begriff, dem der „Durchschnittsbürger“ möglichst ausweicht. Einfachere Bevölkerungsschichten empfinden noch immer einen Rest des Schauderns aus jener Zeit, in welcher die Magie - damals fast nur negativ bewertet dem Menschen hauptsächlich als Schadenzauber entgegentrat. Meldungen von erfolgreichen schwarzmagischen Bewirkungen werden noch heute namentlich in ländlichen Gegenden weitergegeben, auch wenn sich diese nicht in das von der Schule vermittelte Weltbild einordnen lassen. Der „Gebildete“ wurde schon in seiner frühen Ausbildungszeit, aber noch mehr in den höheren Schulen zu kritischer Prüfung allen Geschehens angespornt. Kritik ist eine Domäne des Intellekts. Dieser muß sich - das entspricht unserem Zeitgeist - auf angeblich sichere Tatsachen stützen, die im Experiment beweisbar sind. Magische Phänomene lassen sich nie ins Experiment nehmen. So ist Magie - weil außerhalb des naturwissenschaftlichen Denkens - auf den Universitäten kein Thema. Noch immer sieht eine große Mehrheit der in den westlichen Industrieländern aufgewachsenen Menschen die Magie als Aberglauben vergangener Menschheitsepochen und wertet die 140
heute noch ausgeübte Magie nicht intellektualisierter Völker als geistige Unterentwicklung. Betrachte ich aber die magischen Praktiken näher, so gewahre ich in allen Teilen der Welt dieselben magischen Gesetze und gleiches Geschehen. Das besagt, daß Magie kein phantasiegeborenes Trugspiel darstellt, sondern menschlichen Denk- und Verhaltensgesetzen gehorcht, die als archetypisches Geschehen bezeichnet werden müssen. Eng mit noch magisch orientierten Völkern verbundene Europäer gaben zu, daß die magischen Praktiken auf eine geheimnisvolle Weise wirksam seien. Suggestion und Autosuggestion mußten in vielen Fällen ausgeschlossen werden, zumal die Praktiken oft auf weite Entfernung wirkten. Das Prinzip magischen Geschehens wird durch naturwissenschaftliches Denken nicht erfaßt, unterstellt doch dieses alle Wirkungen der Kräfte dem Kausalgesetz der Materie. Im philosophisch-materialistischen Denken verwurzelt, verkennt der Materialismus die primäre Wirksamkeit geistiger Einflußnahme. Vor allem aber steht der Heutige unter dem Einfluß der Verketzerung, die der Magie in den vergangenen 150 Jahren nicht nur seitens der Konfessionen, sondern eben vor allem durch die Naturwissenschaften widerfahren ist. Noch vor 200 Jahren wurde die Magie ernstgenommen und war auch deren positive Seite bekannt. Denken wir an Friedrich Schillers Gedicht „an die Künstler“ mit den Versen:
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„Der Dichtkunst heilige Magie Dient einem weisen Weltenplane...“ Schiller wußte also noch um die Einordnung der Magie ins universelle Weltgeschehen. F) Das Wesen der Magie Gemäß unserer Definition ist jedes Geschehen, das sich zwar in materiellen Vorgängen äußert, aber nur auf Gedankenimpulse mit ihren geistigen (feinstofflichen) Energien zurückgeführt werden kann, ein solches magischer Natur. Magie muß also als Urkraft oder auch „Grundkraft“ (Wolfgang Kretschmer) der Welt verstanden werden. In ihr lebt ein geistiges Potential, ein energetisches Kraftfeld als Wirkkraft allen Geschehens. Die vermutlich im Gesamtkosmos ruhenden Urprinzipien oder „Archetypen“ im Sinne C. G. Jungs, welche der zum Ichbewußtsein gelangte Mensch als Götter empfand und auch darstellte, werden durch diese Urkraft bewegt und gestalten sich im menschlichen Geiste gemäß ihrem spirituellen Prinzip. Der Geist der Antike ordnete diesen in der Psyche erlebbaren Urprinzipien - ihren Götterbildern - stets auch eine materielle Wirklichkeit zu. Für Hermes zum Beispiel stand das Quecksilber, für Saturn das Blei. Die energetischen Kraftfelder der Archetypen wirk142
ten sich nicht nur in der Psyche, sondern ebensosehr als Gestaltungsfaktoren in der gesamten belebten und mineralischen Natur aus. In der heutigen Quantenphysik gewahren wir im Experiment eine „magische“ Bewirkung seitens des emotional interessierten Beobachters auf das atomare Geschehen. Ein Elektron bewegt sich bei intensiver Beobachtung auf anderen Bahnen, als wenn es nur gefilmt wird.1) Dies für die frühen Forscher der Kernphysik unerwartete und ungewöhnliche Geschehen ist genau untersucht worden. Das atomare Geschehen wurde sorgfältig gegen jede bekannte Ausstrahlungsmöglichkeit des Beobachters, wie etwa Wärme oder eine elektromagnetische Beeinflussung, abgeschirmt. Trotzdem erfolgte nur über ein emotional geprägtes Interesse eine Bewirkung der Elektronenbahn. Was in der Welt des Atomaren geschieht, muß auch für die uns sichtbare Materie gelten, denn es darf angenommen werden, daß innerhalb des ganzen Universums die gleichen Grundgesetze gelten. Der Atomphysiker als Beobachter ist also nach unserer Definition so sehr ein Magier wie Uri Geller oder ein magisch Begabter, der selbst in erheblicher Distanz auf geistigem Wege die Materie beeinflußt. Das hierfür nötige Energiepotential liegt nicht nur 1) Walter Heitler: „Der Mensch und die naturwissenschaftliche Erkenntnis“, Vieweg Verlag, 4. Auflage, 1966. 143
im Menschen, sondern eignet auch bereits der Tierwelt, wie wir noch sehen werden. Ja, schon die im naturwissenschaftlichen Sinne unbelebten Kristalle könnten nach diesem Prinzip ihre großartigen Formen entwickelt haben. Es ist vermutlich die Urenergie oder Grundkraft der göttlichen Schöpfung, die allen Gestaltungen und Phänomenen innewohnt. Jakob Böhme (1573-1624) verdeutlicht dies mit den Worten: „Magie ist die größte Heimlichkeit, denn sie ist über die Natur“, das heißt über der materiellen Wirklichkeit. „Sie führt den Abgrund in den Grund und das Nichts in das Etwas. Sie ist die Mutter der Ewigkeit, das Wesen aller Wesen.“ In der heutigen Sprache würde das heißen: Magie ist die höchste schöpferische und gestaltende Potenz und als „Mutter der Ewigkeit“ raumzeitlos. In diesem Zusammenhang sei auf die Lehre der Tantra vidyã1) des indischen Kulturkreises hingewiesen. Ihr zufolge wandeln sich bei der Weltwerdung primäre, feinstoffliche Schichten unter kontinuierlicher Verdichtung zur Materie. Dies vollziehe sich über die Kausalsphäre der noch nicht geoffenbarten Materie (A-vyakta) zur Mentalschicht (Buddhi), Astralschicht (Manas) und Ätheroder Bildekräfteleib (Prana maya cosha) in die geoffenbarte Materie (Vyatka). Diesem Vorgang sind wir schon im Kap. 8 „Der feinstoffliche Körper“ begegnet. Gemäß der Tantra vidyã scheint es der Schöpfergeist zu sein, der sich durch 1) Oscar Hinze: „Tantra vidyã“, Aurum Verlag, 2. Auflage, 1983. 144
eine Urenergie - man könnte auch sagen „Grundkraft“ - in die Materialität ausweite. Die Weltwerdung, der Schöpfungsvorgang darf als das „magische Geschehen par excellence“ bezeichnet werden. Dies klingt viel wahrscheinlicher als die Hypothese des philosophischen Materialismus, der die Weltentstehung über den „Urknall“ (big bang) zu verstehen versucht. Wie soll aus einer Explosion ein harmonisches Sonnensystem entstehen? Explosion bringt Chaos. Was in der Tantra vidyã für das kosmische Geschehen gilt, muß auch für die Phänomene im menschlichen Erfahrungs- und Wirkungsbereich gültig sein. Dies entspräche der alchemistischen Erkenntnis „Was oben, ist auch unten“. Goethe hat das Problem intuitiv erkannt. In seinem Faustdrama wendet er sich enttäuscht vom rationalistischen Denken ab, welches über die Erforschung der Materie die Welt zu ergründen sucht. Faust bekennt deshalb: „Drum hab ich mich der Magie ergeben, Daß ich erkenne, was die Welt Im Innersten zusammenhält; Schau alle Wirkungskraft und Samen Und tu nicht mehr in Worten kramen.“ Goethe war als Naturphilosoph Gegner des Naturwissenschafters Newton. Er wandte sich nicht nur gegen dessen Farbenlehre, sondern auch gegen 145
Newtons Weltschau, welche die Geheimnisse des Weltgeschehens aus den äußeren Erscheinungsformen abzulesen versuchte. Goethe suchte ins Wesen der Erscheinungen einzudringen, die seines Erachtens nur durch eine Schauung, also intuitiv erfaßt werden konnten. Für ihn war das „Innerste“ eine geistige, durch technische Instrumente nicht zu erfassende Größe. G) Die Arten des magischen Geschehens Die Welt der Antike teilte die Magie in drei Kategorien ein: 1. Die „Goetia“, den Schadenzauber 2. Die „Magëia“, den Machtzauber 3. Die „Theurgia“, die kultische Divination Auch unterschied man eine „Magia naturalis“ oder „coelestis“ von der „magia innaturalis“ oder „diabolica“. Es war der Antike klar, daß die Magie den ganzen ethischen Bereich des Menschen umfaßt. Magie war immer ganzheitlich. Die Forscher des frühen 19. Jahrhunderts teilten nach Ennemoser die Magie in zwei Klassen ein, die schauende Magie und die wirkende Magie. Die schauende Magie In dieser Kategorie begegnen wir der Hellsicht, 146
Telepathie, Psychometrie und Präcognition (Prophetie), welche in allen mantischen Praktiken wie I Ging, Ouijabord und vielen anderen zur Anwendung kommen. Nach der Kaballa (esoterischer Text des Talmud) besitzt der Mensch die Fähigkeit, iii das Reich des Übersinnlichen zu schauen und auf magische Weise nach oben und unten zu wirken. Jakob Böhme sagt wohl unabhängig von der Kaballa -, er wirke in die „Lichtwelt“ oder die „finstere Welt“. Dieses aktive Einwirken gehört schon zur 2. Klasse: Die wirkende Magie Nach Ennemosers Ansicht liegt in der Seele auch die Kraft zu wirken in den „Grundstoff“ der Welt, worunter auch er die feinstoffliche Parallelwelt des materiellen Kosmos versteht, den feinstofflichen Körper, der allem Geschaffenen, dem Organischen wie dem Anorganischen, also der lebenden und auch sogenannten toten Welt als Entsprechung zukommt. Zur wirkenden Magie gehören alle Arten zauberischer Bewirkung mit Telekinese und Teleplastik (Bewegungen und Verformungen von Gegenständen ohne ersichtliche physikalische Ursache) sowie Materialisationen und Dematerialisationen. (Ennemoser: „Sodaß eine Form vernichtet, eine andere hervorgebracht werden kann.“) All dies findet sich beim Schadenzauber, sei es über Schäden an Ge147
brauchsgegenständen oder sei es über krankmachende Veränderungen am menschlichen, tierischen oder pflanzlichen Körper. Natürlich gehört das Gesundbeten und jede magische Heilung in denselben, aber positiven Bereich. Zur wirkenden Magie hat man auch den Spuk mit allen seinen Formen zu zählen, vor allem den Stallspuk, aber auch personen- und ortsgebundenen Spuk. Letzterer wird m.E. von abgeschiedenen Menschen, „Armen Seelen“, verursacht. Entwicklungsgeschichtlich möchte ich folgende Stufen der Magie annehmen: 1. Der Bann 2. Die Zauberei, innerhalb welcher der Mensch der Bedeutung seines Tuns nicht ganz bewußt ist 3. Die hohe kultische Magie bei vollem Bewußtsein der übernommenen Aufgabe (Mose, Jesus). Der Bann Der Bann vermag zwar einen Zustand nicht zu ändern, aber zu fixieren. Aus Eduard Renners „Goldener Ring über Uri“1) erfahren wir, daß nicht selten ungute Wesen Verstorbener oder Elementargeister von hierfür begabten Sennen in die Klüfte gebannt wurden. Man hatte sich davor zu hüten, sie durch Jauchzen, unüberlegtes Rufen oder Beten zu befreien. Menschen, die zu bannen verstehen, gibt es auch noch 1) Mühlrad-Verlag H. R. Müller, Neuchâtel 1954. 148
in unserer Zeit. Von einem zuverlässigen Freunde erfuhr ich, daß dessen Onkel nicht nur Mensch und Vieh auf Distanz zu heilen vermochte und hierfür weitherum berühmt war, sondern auch Menschen an einen Ort zu bannen pflegte, den sie ohne Aufhebung des Bannspruchs während Stunden nicht mehr verlassen konnten. In einem speziellen Fall standen diese sieben Stunden in bitterkalter Nacht an Ort und Stelle, ohne aber körperlichen Schaden erlitten zu haben. Die Zauberei Zauberei war zu allen Zeiten und innerhalb aller Kulturen verbreitet. Wohl fast überall und von jeher herrscht bei Zauberern das Tabu strengsten Stillschweigens. Längere Zeit verbrachte ich beim philippinischen Exorzisten David Olegane in Toboi (Pangasinan). Dessen Arbeitsweise habe ich in meinem Buche „Die Logurgie in den Philippinen“ eingehend geschildert. Olegane treibt nicht - so wie die katholische Kirche oder auch C. Wickland - Geistwesen einer transzendenten Welt aus, sondern strebt die Befreiung von Verwünschungen oder von eigentlicher Zauberei an. Mein Anliegen, Zauberer und deren Praktiken kennenzulernen, schlug er ab. Wohl kenne er welche, kümmere sich aber nicht um sie, da dies nicht seine Aufgabe sei. Philippinische Zauberer seien auch meist nur des lokalen Dialekts mächtig. 149
Innerhalb Europas erhält man am ehesten in England Auskunft. Ich selbst beziehe meine wenigen Kenntnisse von einer Patientin, die ich schon zehn Jahre betreue. Von ihr erfuhr ich, daß sie nur Erfolg habe, wenn sie eine ungeheure Wut packe. Dann könne sie Menschen und Apparate negativ beeinflussen. Als sich eine ihr verhaßte Wohnungsnachbarin ungebührlich lange an der gemeinsamen Waschmaschine zu schaffen machte, habe sie die Maschine verflucht, was augenblickliche Wirkung zur Folge gehabt habe und die Maschine zum Stillstand brachte. Als sie diese am folgenden Tag selbst benötigte, habe sie den Fluch nicht mehr rückgängig machen können. Mit dem Willen sei eben nichts auszurichten. Der spontane Gedanken- und Affektimpuls scheint sehr wesentlich zu sein. Vermutlich wirkt er auf das corpus subtile des Menschen oder den feinstofflichen Anteil der Materie, um von diesen her den grobstofflichen Körper zu verändern. Vielfach genügt aber auch eine konzentrierte Visualisierung. Visualisierung bedeutet, sich einen gewünschten Vorgang bildhaft plastisch vorzustellen. Dies bedarf eines Gegenstands, einer Puppe zum Beispiel, die Kleiderfetzen des Opfers trägt oder einer Wasserfläche, in welche dessen Bild visualisiert wird und zudem einer Handlung, die dem gewünschten Erfolg entspricht. So wird der Puppe eine Schnur über dem Hals zusammengezogen oder ein Messer auf das gedanklich projizierte Feindbild ins Wasser gestoßen. Hier kommt Analogie150
Kausalität zur Wirkung. Neumondzeit sei besonders günstig. Der Zauber beinhaltet ein viel komplexeres Geschehen als der Bann und bedarf einer viel differenzierteren Vorstellung, eventuell auch einer klaren Sicht der erstrebten Schadenwirkung. Wenn durch Zauber oder Verfluchung bösartige Geistwesen angerufen werden, um der Zielperson, also dem Opfer, Schaden zuzufügen, scheint die Auswahl der Schadeneinwirkungen offenbar den Geistwesen überlassen. Vor allem bei Stallspuk ist die Phänomenologie der Erscheinungsformen oft derart ausgefallen, daß sie kaum der Phantasie des menschlichen Bewirkers zugeschrieben werden können. Zum Zauber scheint nur der Mensch fähig zu sein. Dessen Seele verfügt eben noch um einen Geistanteil. Die Fähigkeit zu zaubern geht - wie erwähnt - bis in eine frühe Menschheitsepoche zurück. Darstellungen magischer Einflußnahme finden sich in zahlreichen Höhlenbildern. Die im Bild fixierte (magische) Bewirkung der Beutetiere stellt wohl ein Mittelding oder eine Kombination von Bann und Zauber dar. Zauberei ist Tatsache und weder Angeberei noch Einbildung. Hohe kultische Magie und Divination Zur kultischen Magie mit Divination (Zukunftsund Schicksalsvoraussage) haben wir die vielen Arten 151
prophetischer Bemühungen zu rechnen, die wir vor allem aus dem Altertum kennen. Sie können durch eine Einzelperson erfolgen - denken wir an die Pythia in Delphi - oder auch unter Einsatz eines Kollektivs. Neben dem Einzelnen, einem oft medial begabten Führer, leistet ein Kollektiv diesem Führer große Hilfe. Ich denke an das alljährliche Ritual in der Kathedrale von Neapel. Dort wirkt vermutlich weniger die mediale Begabung des amtierenden Bischofs, der ja im Verlauf der Jahre wechselt, sondern das kollektive magisch-mediale Potential der zahlreichen Gläubigen, welches die heißbegehrte Verflüssigung des geronnenen Blutes San Gennaros bewirkt. Bei ausbleibendem Erfolg würde ja der Stadt Unheil bevorstehen. Auch die „Eingeweideschau“ vieler antiker Völker ist der kultischen Divination zuzurechnen. Die Eingeweideschau geschah jeweils innerhalb einer für die Volksgemeinschaft kritischen Zeit. Die Absichten der Götter sollten erforscht werden. Beim Öffnen des Leibes eines Opfertieres wurde die Art und Weise des Herausquellens der Eingeweide nicht als Zufall abgetan - wie dies heute geschehen würde -, sondern der medial stark begabte Priester konnte aus der Lage der ausgetretenen Organe und der Weise des Herausquellens zu einer divinatorischen (prophetischen) Erkenntnis gelangen. Ich möchte annehmen, daß nicht nur das magische Potential der Priesterschaft, sondern 152
das Gesamtpotential der Anwesenden mitbeteiligt war. Viele unter ihnen befanden sich in einem mehr oder weniger intensiven Trancezustand, innerhalb dessen sie mit den zeit- und raumfreien „Pararäumen“ (Burkhard Heim) verbunden waren. Magische Potentiale beeinflußten die Art des Herausquellens der Organe. „Alles ist mit allem verbunden“. Hier tritt die Analogiekausalität in Erscheinung, auf die ich später eingehen werde. Persönlich erlebte ich die Feuerfestigkeit des indischen Avataren Sri Ganapathi in Mysore beim alljährlichen Fest zu Ehren des Feuergottes Agni in Anwesenheit vieler Verehrer. Ganapathi verblieb 13,5 Minuten in der Feuergrube, um dann mit fleckenlos weißer Tunika herauszusteigen. Als Nebenwirkung kam es zu einer Großzahl von Materialisationen und auch Krankenheilungen. Bei ungewöhnlicher magischer Begabung kann ein Einzelner enorme Wirkungen erzielen. Die Wunder Mosis rechne ich einer magischen Wirklichkeit und nicht dem Mythos zu. Durch ein die ganze Persönlichkeit erfassendes völkisches und religiöses Sendungsbewußtsein erzielte Mose jene außergewöhnlichen Einwirkungen auf das Naturgeschehen, deren es bedurfte, um die Flucht der Juden aus Ägypten und die Führung ins gelobte Land zu ermöglichen. Es sei im folgenden Kapitel noch näher darauf eingegangen.
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H) Wirkungsweise der Magie Die Bewirkung geschieht durch Feinstoffliches; besonders sind es Gedanken und Vorstellungen, die sich auf die Materie übertragen. Geistiges beherrscht die Materie (mind upon matter). Das, was nun auf Psyche und Materie einwirkt, wird - wie bereits erwähnt - nach Wolfgang Kretschmer1) im ursprünglichen, wie auch philosophisch-religionswissenschaftlichen Sinne als „Grundkraft der Welt“ definiert. „Unsere ganze Innenwelt scheint ein großes nicht abzuschätzendes Feld von Kräften zu sein, so daß wir nur magisch davon reden können und dürfen“ (W. Kretschmer). Damit wird es möglich, viele Phänomene der Telekinese und der Psychoplastik seitens Lebender zu erklären, wobei sich die Bewirkungen als unabhängig von Zeit und Raum erweisen. Was im Menschen geistig vorgeht, geschieht auch am sich vorgestellten Orte. Magie ist das Vermögen, Ideelles in Reales übergehen zu lassen. Der feinstoffliche Energiekern, der jedem Menschen - wenn auch in unterschiedlicher Qualität und Quantität - innewohnt, darf als Energiefeld aufgefaßt werden, über welches der Mensch an der universalen Entelechie (kosmische Entwicklungstendenz) teilhat. Je intensiver und unbedingter ein Mensch mit diesem inneren Energiezentrum verbunden ist, desto unmit1) Wolfgang Kretschmer (emeritierter Ordinarius für Psychiatrie in Tübingen), in: „Antaios“, Band VII, No. 5, 1966. 154
telbarer ist seine magische Wirkung sowohl auf die materielle wie auch geistig-psychische Umwelt. Der gebrochene Weltbezug des Naturwissenschafters, welcher die materielle Welt und das in ihr waltende Geschehen kritisch beobachtet und skeptisch überprüft und die Welt über die Materie zu beherrschen versucht, steht in striktem Gegensatz zum magischen Menschen. Der magische Mensch weiß sich der Welt in ihren inneren Zusammenhängen verbunden. Darum ist der zutiefst Religiöse, der sich von den göttlichen Schöpfungskräften durchdrungen, durchflossen und mit ihnen verbunden erlebt und welcher emotional ein Ziel seines persönlichen Gottes zu verwirklichen sucht, der wirkliche Magier. So gelingt es Mose, nicht nur den zeitgemäßen ethischen Willen Jehovas auf dem Sinai in den Gesetzestafeln zu materialisieren, sondern auch in seinem ungebrochenen Vertrauen in die Führerabsicht seines Stammesgottes eine Speisesubstanz („Manna“) aus der Luft und Wasser aus dem Wüstenfelsen entstehen zu lassen. Gemäß unserer Definition wird jeder magische Impuls zu einem kleinen Schöpfungsvorgang. Er kann sowohl zu einer materiellen Neuschöpfung, einer Materialisation oder einer Umformung, einer Psychoplastik führen. Bei einer magischen Bewirkung der Psyche selbst dürfte man an eine Veränderung innerhalb der feinstofflichen Struktur des menschlichen Geistes denken. Wie bereits gesagt, ist der magische 155
Impuls ein immaterieller, besser gesagt feinstofflicher, dessen Kräfte von Zeit und Raum unabhängig überallhin gelangen können. Dies geschieht aber nicht nach den Gesetzen von Ursache und Wirkung, sondern nach den Gesetzen der Analogie-Kausalität,1) die eine stets reaktionsbereite energetische Grundschicht sowohl der Psyche als auch der Materie voraussetzt und alles mit allem verbindet. Die Phänomene ereignen sich aber vor allem dann, wenn der Mensch gefühlsmäßig ergriffen ist. Nur über das Ergriffensein erfahren wir Verwandlungen, und diese vollziehen sich sowohl in unserem Innern als auch im Äußeren, in der Welt der Materie. Der emotionale Faktor scheint in der feinstofflichen Parallelwelt - die ja als Mutterboden der materiellen Welt zu gelten hat vielfach gewichtiger zu sein als der intellektuelle.
1) Siehe Kapitel 17 K „Die Analogiekausalität“. 156
I) Einwirkungsmöglichkeiten bei magischem Geschehen 1. Über das Psychopotential der Natur „Alles wirkt auf alles.“ Dies kennzeichnet eine der grundlegendsten Erkenntnisse der Alchemisten, deren bedeutendste Vertreter wir als Philosophen, Wissenschafter und Magier zu werten haben. Im alchemistischen wie auch im naturphilosophischen Verständnis ist alles Geschehen in der Natur von wesenhafter Bedeutung. Innerhalb dieser Auffassung gestalten sich - einem kosmischen Entwicklungsplan zufolge - beispielsweise die Berge und alles, was mit ihnen zusammenhängt. Dieser Plan - im religiösen Denken der Wille Gottes - entspricht einer geistigen Dynamik, die sich als Impuls auf das Feinstoffliche der Materie überträgt, sie belebt, beseelt und gestaltet. So lebt auch der Berg, und dessen Lebensausdruck kann bei medialer Begabung als Berggeist wahrgenommen werden. Dies vermag der rationalisierte Städter unserer Zeit nicht mehr. Der magische, noch vorlogische Älpler war aber noch offen dafür und empfing die Äußerungen des Bergwesens zwar nicht mit seinen materiellen Sinnesorganen, sondern über das feinstoffliche Gehörzentrum. Im Kap. 10 (S. 56) kam die Wirklichkeit der feinstofflichen Sinneszentren zur Sprache, was zusammenfassend und ergänzend zum besseren Verständnis hier wiederholt sei. Alles Materielle, somit auch unser 157
Körper und unsere Organe verfügen über einen feinstofflichen Anteil, den Äther- oder Bildekräfteleib. Dies gilt auch für unsere anatomischen Sinneszentren im Gehirn. Das feinstoffliche Gehörzentrum wird aber nicht von Schallwellen erregt, sondern von feinstofflichen Energieströmen, gleich oder ähnlich denjenigen, die in den „Nadis“ und den „Meridianen“ der Akupunktur fließen. Da diese feinstofflichen Energieflüsse ohne Vermittlung der Nerven nur das feinstoffliche Sinnesorgan des direkt Betroffenen anregen, sieht oder hört die Umgebung nichts. Geistwesen äußern sich über feinstoffliche Energien auf das entsprechende feinstoffliche Zentrum des Betroffenen. So kann der Dabeistehende die Stimmen, welche einen Besessenen bedrängen, nicht hören, da er nur Schallwellen aufnehmen könnte. Ich denke im Zusammenhang mit dem erwähnten Berggeist an die in Eduard Renners Buch „Goldener Ring über Uri“, S. 1931) geschilderte Sage vom Älpler, der „es“, den Berggeist, rufen hört: „Ich kann's nicht mehr halten.“ Der Alphirt wehrt sich und brüllt in die Flühe: „Du kannst es wohl noch!“ Am folgenden Abend ertönt die Stimme wieder mit der gleichen Klage. Der Senn antwortet weniger bestimmt: „Jetzt haltest Du noch ein wenig aus.“ Am dritten Abend droht und bittet die Stimme: „Ich muß es fahren lassen.“ 1) Eduard Renner, op. cit. 158
Jetzt wird der Senn schwach und antwortet: „So laß es eben kommen.“ Im gleichen Augenblick wird die Alp vom Bergsturz verschüttet. Der gleichzeitig vom Bergsturz begrabene Älpler hat die Begebenheit nicht mehr erzählen können, doch gründet die Sage, wie immer, auf Erlebensformen einer vergangenen Zeit. In ihr wurden Berge, Flüsse und Alpweiden als belebt empfunden, so daß sie sich mit uns und wir mit ihnen auseinandersetzen konnten. Für uns Heutigen bedeuten sie nur noch Dinge. Wir haben unsere äußeren Sinne geschult und über Apparate erweitert. Damit wurden die inneren Sinne vernachläßigt. Nur noch selten erkennt der Landwirt die Wetterentwicklung aus genauer und auch intuitiver Beobachtung der Natur. Radio und Fernsehen sind bequemer, doch trotz aller Technik täuschen sie sich noch ziemlich oft. 2. Über das Psychopotential eines Lebenden Jedes belebte Wesen besitzt eine spirituelle Einwirkungsmöglichkeit auf die Umgebung. Ennemoser schreibt: „In der Seele liegt auch die Kraft zu wirken in den Grundstoff der Welt“, worunter er m.E. die feinstofflichen Entsprechungen des materiellen Kosmos versteht. „So kann sie - die Seele - eine Form vernichten und eine andere hervorbringen.“1) Heute würden wir von Dematerialisation/Materialisation und 1) Ennemoser, op. cit. 159
bei einer Formveränderung der Materie von einer Psychoplastik sprechen. In ähnlichem Sinne wie Ennemoser äußern sich die Neuplatoniker (Plotin, Origenes), aber auch im 15. Jh. Ficinus. Wie bereits erwähnt, bedarf magische Bewirkung einer starken emotionalen Komponente. So ist es denkbar, daß emotional geprägte Menschen aus ihrem eigenen und alleinigen Psychopotential Materie und lebende Körper zu bewirken vermögen. Wenn in naher Gegenwart eines Menschen eine Kristallvase zerspringt und auseinanderfällt - wie ich das mit meiner Frau beim Eintreten in den eigenen Salon selbst erlebt habe -, wird man an eine im Kristall stetig zunehmende Spannung denken, die zur Auslösung des Phänomens nur noch einer leichten Erschütterung bedurfte. Damit käme man ohne Magie aus. Ob eine solche Spannungszunahme aus sich selbst heraus physikalisch möglich ist, bleibe dahin gestellt. Schon viele Male hatten wir gemeinsam den Salon betreten. Jedenfalls bestand zu jener Zeit weder generell noch im betreffenden Augenblick eine eheliche Spannung. Eine mir seit zwei Jahren bekannte Dame erlebte in Gegenwart ihres Mannes das Zersplittern eines gläsernen Untersatzes in eine große Zahl von kleinen Einzelstücken. Eine andere Ratsuchende meiner Praxis brachte mir einen Plastiksack mit ca. sechzig Einzelstücken eines in ihrer Gegenwart ohne erkennbare physikalische 160
Ursache geborstenen Wasserglases. In meiner psychiatrischen Praxis höre ich nicht selten von seelisch verspannten Patienten über ein ähnliches Geschehen berichten. Demnach knackt es beim Vorübergehen in dem oft nicht eingeschalteten Fernsehapparat oder dieser produziert, zwar an den Strom angeschlossen, aber nicht eingeschaltet, von selbst Bilder. Offenbar wirkt die Psyche des Patienten auf die ihm umgebenden materiellen Gegenstände. Hier halte ich es für das Wahrscheinlichste, daß der Vorbeischreitende alleiniger Verursacher gewesen ist. Die Phänomenologie des Geschehens bleibt allerdings noch ungeklärt. 3. Aus dem Psychopotential eines Verstorbenen Wenn dem Lebenden die Bewirkung von Materie durch feinstoffliche Energien möglich ist, muß dies auch für den Verstorbenen gelten, der - so scheint es seinen feinstofflichen Körper und dessen Energien beibehält. (Energie kann ja nach Einsteins Forschungen nicht untergehen, sondern sich höchstens wandeln.) Das heute mit großem Nachdruck erforschte Phänomen der „Transkommunikation“ (Senkowski)1) läßt die Tatsache einer solchen Bewirkung immer sicherer erscheinen. Die Erfahrungen C. Wicklands mit in „erdnaher Sphäre“ verbliebenen Geistwesen sind beherzigenswert. 1) Ernst Senkowski: „Instrumentelle Transkommunikation Kontakte mit Außerirdischen“, Mainz 1989. 161
Auch Geistwesen, die ortsgebundenen Spuk verursachen, fallen unter die gleiche Kategorie. 4. Aus dem Psychopotential archetypischer Geistwesen Noch nie inkarnierte Entitäten, archetypische Geistkräfte, also Engel und Dämonen, müssen über eine feinstoffliche Einwirkungsmöglichkeit verfügen, die sich grobphysikalisch auswirken kann. Wäre dies nicht der Fall, wären weder Engel noch Dämonen so eindrücklich erlebbar. Wer die auch heute noch stetig wachsende Literatur über Engel wesen und dämonische Entitäten sorgfaltig liest, kann darüber nicht mehr zweifeln. Die Einwirkungen erfolgen nicht nur über unsere feinstofflichen Sinneszentren, sondern betreffen auch die grobmaterielle Welt und unsere grobstofflichen Sinnesorgane. 5. Über die Einwirkung mehrerer Potentiale Alle diese vier erwähnten Bewirkungspotentiale können gerufen oder ungerufen ihre Kräfte vereinigen. Ennemoser äußert sich in dem Sinne: „Jeder Mensch ist fähig, die Außenwelt magisch zu bewirken. Wo seine eigenen Kräfte nicht hinreichen, kann er geeignete Geistwesen zuziehen.“
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J) Bedingungen für magische Einwirkung Damit sich Gedanken und Vorstellungen auf die Materie auswirken, bedarf es mehrerer Faktoren. Darum äußert sich auch Emile Coué (1857-1926) vorsichtig: „Jeder Gedanke ist bestrebt, Wirklichkeit zu werden“, und nicht: „Jeder Gedanke wird Wirklichkeit.“ Nur unter gewissen Bedingungen vermag sich der Gedanke, dem stets eine geistige Energie zukommt, innerhalb der Materie zu verwirklichen. Daß dies überhaupt geschieht, ist noch um die Jahrhundertwende von jedem Naturwissenschafter bestritten worden. Heute aber lehren uns - wie bereits erwähnt - die Erkenntnisse der Kernphysik, daß im atomaren Geschehen der Mensch einzig über seine lebendige Anteilnahme entscheidenden Einfluß auf die Bahn des Elektrons, eines Elementarteilchens, besitzt. Ähnliches gilt nun auch für die grobstoffliche Materialität. Für die Wirksamkeit magischer Bemühung, der Hexerei oder der Geistheilung ist emotionale Beteiligung sehr wichtig. Der magische Mensch wird nicht vom Intellekt, sondern von Emotionen dominiert. Eine gute mediale Begabung gehört zu den wesentlichen Bedingungen für magisches Geschehen. Dies gilt sowohl für den aktiv Ausübenden wie für den passiv Empfangenden oder Erleidenden. Unter Medialität versteht die Psychologie ein Offensein gegenüber allen feinstofflichen Energien, die über unsere feinstofflichen Sinnesorgane empfangen 163
werden können. Es betrifft dies die Phänomene der Telepathie sowie des räumlichen und zeitlichen Hellsehens. Doch sind auch noch andere Faktoren von Bedeutung. Ich denke an kultische Einwirkungen. Möglicherweise sind es archaische Strukturen des Kultus, die ein starkes Energiefeld schaffen. Darüber wissen wir noch sehr wenig. Erinnert sei an die Kummulation von Energiefeldern der Gläubigen (San Gennaro, Neapel). Ferner ist bekannt, daß bei Verhexungen häufig Körperteile (Haare, Nägel, Blut, Urin) des Opfers benötigt werden. Dies läßt uns an Analogiezauber und Analogiekausalität denken. K) Die Analogiekausalität Analogiekausalität hilft unserem Verständnis für das Magische. Das berühmteste Beispiel für Analogiekausalität - C. G. Jung verwendet den Ausdruck „Synchronizität“ - wird von Jung selbst dargestellt. Es sei hier sehr vereinfacht geschildert: In einer Therapiesitzung erzählte eine Analysandin Jung ihren Traum, in welchem ein ägyptischer Scarabäus (Pillendreher-Käfer) eine Rolle spielte. Im gleichen Augenblick prallte ein Rosenkäfer ans Fenster und blieb auf dem Außensims liegen. Der Rosenkäfer ist der nächste europäische Verwandte des Scarabäus. Hier scheint er wie von einem Energiegefälle angezogen. Vielleicht auch wurde der Käfer angelockt durch ein 164
seinen Wesenskräften entsprechendes, gleichsinniges Energiepotential, das von den beiden Beteiligten bei der Suche um ein Verständnis des Traumbildes geistig geschaffen wurde. Die Analogie der Potentiale führt sie zueinander. Dies entspricht einem magischen Grundgesetz, ohne welches auch Zauberei nicht möglich wäre. Der Rosenkäfer und sein Verwandter, der Scarabäus, müssen als Ausdruck eines Energiepotentials gesehen werden, das im Universum und in der Natur zur Gestaltung drängt. Dies Potential entspringt einem Sektor des Gestaltungswillens, mit welchem sich göttliche Urkräfte (Archetypen) überall im Kosmos, somit auch innerhalb unseres Planeten, materiell zu verwirklichen trachten. Die noch naturnahen Ägypter der Antike erspürten den Wesensgehalt des Käfers, der sich beharrlich für die Sicherung seines Eies (Pille) einsetzt. Der Scarabäus erschien den Ägyptern als heilig und als Glücksbringer. C. G. Jung wußte um diese Zusammenhänge und schuf vermutlich damit ein Energiefeld, welches dem Potential für die Verwirklichung dieses kosmischen Teilaspekts entsprach. Dies sei lediglich ein Erklärungsversuch. Besonders seit Wilhelm von Scholz wissen wir um die „Anziehungskraft des Bezüglichen“1). Der Analogiekausalität entspricht auch ein Phänomen, das unter Ärzten bekannt geworden ist. Diese 1) Wilhelm von Scholz: „Zufall und Schicksal“, Deutsche Buchgemeinschaft, Berlin 1939. 165
nennen es die „Duplizität der Fälle“. Gemeint ist der eigentümliche Umstand, daß gegen jede statistische Wahrscheinlichkeit aus zwei ganz verschiedenen Gegenden fast gleichzeitig zwei Patienten mit der gleichen äußerst seltenen Krankheit in der Arztpraxis eintreffen. Jahre zuvor und auch nachher konsultierte kein einziger mit der gleichen Krankheit behaftete Patient den Arzt. Wir können die magischen Vorgänge zwar klassifizieren, doch nicht rational und innerhalb der Newtonschen Mechanik erklären. Im fernöstlichen Denken und innerhalb der Alchemie (Tabula smaragdina) gilt die philosophische Regel, daß alles mit allem verbunden sei, besonders aber mit dem gleichen. Zwischen der Geistseele des Menschen und materiellen Körpern und Vorgängen müssen Sinnzusammenhänge angenommen werden, um die Analogiekausalität unserem Begreifen näher zu bringen. Die Wirklichkeit des Vorganges wird durch eine entsprechende Erfahrung aller Länder und Zeiten bewiesen. Analogiekausalität wird durch Rainer Maria Rilke poetisch im Gedicht „Der schönen Schöpfung Bild“ mit den subtilen Versen ausgedrückt: „Durch alle Wesen reicht der eine Raum: Weltinnenraum. Die Vögel fliegen still Durch uns hindurch. O, der ich wachsen will, Ich seh hinaus, und in mir wächst der Baum.“ 166
L) Die Rolle transzendenter Geistwesen im magischen Geschehen Ich selbst bin Phänomenen der Analogie-Kausalität und der Zauberei vor allem in den Philippinen begegnet.1) Sie sind dort Erfahrungsgut, welches man als solches - ohne es erklären zu wollen - einfach hinnimmt. Eine Vielfalt noch wenig bekannter feinstofflicher Übertragungsfaktoren müssen wirksam sein. Ich dachte - neben dem Psychopotential des Hexers und des Heilers - schon immer an Geistwesen der feinstofflichen Parallelwelt und fand diese Ansicht auch im Buche „Magie“ 1844 von Ennemoser erwähnt (siehe Abschnitt 9, Ziffer 5). Man denke an die Verszeilen im Gedicht Goethes „Der Zauberlehrling“: „Die Geister, die ich rief, Die werd ich nicht mehr los!“ Sie sprechen für die Autonomie der Geistwesen und deren eigenes Psychopotential und sind für den Kenner magischer Vorgänge bedeutungsvoll. Zusammenhänge im magischen Bereich lassen sich eben wie erwähnt - nicht über das Experiment beweisen. Nur über eine umfängliche Erfahrung erhalten sie Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit. Eine solche 1) Siehe H. Naegeli-Osjord „Die Logurgie in den Philippinen“, Otto Reichl Verlag, 2. Aufl. 1982, S. 82ff. 167
gewinnt man als Psychiater, der von einer großen Zahl jener Leidenden aufgesucht wird, die sich von Geistwesen bedrängt und bedroht fühlen. Glaubhaft schildern sie naturwissenschaftlich unerklärliche Phänomene an Gegenständen ihrer näheren Umgebung. Darüber sei aber andernorts berichtet. M) Die positive Magie im täglichen Leben Nicht wenige der innerhalb der wissenschaftlichen Parapsychologie diskutierten Phänomene sind dem Bereich der Magie zuzurechnen. Dies betrifft besonders die Telepathie (nach Ennemoser: schauende Magie). Oft ist es nicht leicht zu entscheiden, wer innerhalb des telepathischen Geschehens als Sender (Agent) oder als Empfänger (Perzipient) zu gelten hat. Wir erleben nicht selten, daß zwei Personen gleichzeitig denselben Gedanken aussprechen. Doch in vielen Fällen wird deutlich, wer der Sender ist. Es vermag sich also der Gedanke auf die geistigen Aufnahmezentren des Empfängers zu übertragen. Ob sich dies auf die Gehirnmaterie auswirkt oder auf ein geistiges Energiefeld des Empfangers, kann heute noch nicht mit Sicherheit entschieden werden. Letzteres ist meines Erachtens wahrscheinlicher. Noch klarer erscheinen die Verhältnisse bei einzelnen Geistheilungen. Im europäischen Raum werden diese vor allem in Großbritannien gelehrt und ausgeübt. Der Verstorbene und berühmte englische Heiler 168
Harry Edwards vermochte Kranke - wenn auch lange nicht alle - auf Distanz zu heilen. Das Bemühen um Heilung auf Distanz beobachtete ich in den Philippinen und in Brasilien, ohne allerdings die Resultate beurteilen zu können. Wenn sich aber ein Phänomen während längerer Zeit zu halten vermag, darf es nicht einfach „wegerklärt“ werden. Naturverbundene Heilungssuchende geben ein nutzloses Bemühen sehr schnell auf. Andererseits begegnen wir auch bei uns vielen Scharlatanen, die Prophetie, Hellsicht oder Heilung versprechen, es aber lediglich auf das Geld der Ratsuchenden abgesehen haben. Bei den Logurgen der Philippinen und Brasiliens ist ein großer Anteil ihres Heilbemühens magischer Natur und höchst wirkungsvoll. Gegenteilige Behauptungen einzelner sonst angesehener Wissenschafter werden in absehbarer Zeit nur diese selbst entlarven. Solche voreingenommene Gelehrte haben sich auch nie die Mühe gemacht, den Nachfolger Harry Edwards, Tom Johanson, zu beobachten, der in wenigen Minuten und ohne große Krafteinwirkung Rückgratverkrümmungen für immer weitgehend auszugleichen vermag. Dies ist Magie im reinsten Sinne. Für solche „Forscher“ gilt: „Science sans conscience n'est que ruine de lâme.“ (Wissenschaft ohne Gewissenhaftigkeit ruiniert die Seele.) Dies schreibt Rabelais (14941553) in einem Brief an seinen studierenden Sohn. Heutige gute medizinische Praktiker wie auch tüchtige Spezialisten benützen viel mehr magisches 169
Potential, als ihnen bewußt ist. Schon eine liebende Bemühung um ihre Patienten schafft ein magisches Kraftfeld in Richtung Gesundheit. Erinnert sei an den Ausspruch des Tübinger Psychiaters Wolfgang Kretschmer: „Unsere ganze Innenwelt scheint ein einziges Kraftfeld zu sein, das nur als ein magisches bezeichnet werden kann.“1) In der heutigen Zeit, in der das Zeitungswesen rational nicht zugänglichen Geschehnissen offener gegenübersteht, mehren sich Berichte über magische Einwirkungen. Das Phänomen Zauberei wird heute nicht mehr mit der gleichen Konsequenz als Trugbild abgelehnt, wie dies noch vor kurzem geschah (über Zauberei wurde bereits im Kap. 9 berichtet). N) Die Magie innerhalb der Tierwelt Die bis vor kurzem noch kaum beachtete Realität magischer Fähigkeiten der Tierwelt kann kaum erstaunen angesichts der Tatsache, daß Tiere je nach ihrem Entwicklungsstand über eine differenzierte Seele verfügen. Seelisches äußert sich über emotionales Geschehen. Emotionale Energien aber sind für magische Bewirkungen von entscheidender Bedeutung. Daß Tiere medial begabt sind und innerhalb der „schauenden, 1) W. Kretschmer: „Antaios“, Eugen Klett Verlag, Band VII No. 5, 1966. 170
rezeptiven Magie“ Beachtliches und für ihr Überleben Entscheidendes zu leisten vermögen, ist schon lange bekannt. Der Hellsicht in die Zukunft (Prophetie) begegnet man bei der nicht seltenen Schilderung, daß ein angeschirrtes Pferd unvermittelt stehen bleibt und sich nicht weiter bewegt. Das Locken oder Hiebe des Fuhrmanns bleiben ohne Wirkung, bis in der Ferne der Lärm eines Steinschlags hörbar wird. Prophetisch hat das Pferd wahrgenommen, daß beide dieser Katastrophe zum Opfer gefallen wären, hätte es nicht ein Weitergehen verweigert. Der übliche Einwand, das Pferd habe schon einzelne Steine sich loslösen hören, bevor der Hauptrutsch erfolgte, ist hinfällig, da in den Alpen häufig Einzelsteine herabstürzen, ohne daß eine Steinlawine folgt. Bekannt auch ist das Verhalten der Fische zwei Tage vor dem Seebeben in der Bucht von Agadir (Marokko) 1960. Kein einziger Fisch fand sich in den Netzen; sie hatten alle die Bucht verlassen. Die in einer wissenschaftlichen Zeitschrift geäußerte Erklärung, die Fische seien durch Vorbeben gewarnt worden, ist nicht stichhaltig. Kleinbeben gibt es in dieser Erdbebenzone ständig, ohne daß die Fische verschwinden. Auch Hunde und Katzen hatten die später von einer enormen Flutwelle heimgesuchte Stadt verlassen. Offenbar zogen die wenigsten Menschen aus diesen Tatsachen die nötigen Schlüsse. 171
L i a l l W a t s o n berichtet in einem seiner Bücher, daß Ameisen im Amazonasbecken, die während der Trockenzeit in der Talsohle leben, erhebliche Zeit vor der jährlichen Überschwemmung auf die Anhöhen umziehen und ihre Nester erst dort wieder errichten, wohin die kommende Flut nicht hinreicht. Es handelt sich alle Jahre um ein anderes Niveau. Auf diese Höhenzone ziehen dann auch die lokalen Indianer, denn sie wissen, daß sich die prophetisch begabten Ameisen nie täuschen. Räumlich hellsehend (Clairvoyance) müssen auch die Salme sein, die aus der Sargassosee,1) um zu laichen, den Bergbach wieder aufsuchen, in welchem sie aus dem Ei geschlüpft waren. Sie legen dabei Tausende von Kilometern zurück. Die Meeresfluten können ihnen keine optischen Anhaltspunkte geben. Der Aal verhält sich ähnlich, laicht aber in der Sargassosee. Auch die Vögel besitzen diese Gabe, um ihren Weg in weitentfernte Länder zu finden. Die naturwissenschaftlich orientierte Verhaltensforschung hat schon viele Erklärungsmöglichkeiten vorgetragen, die aber kaum zu überzeugen vermochten. Hunde und Katzen erbringen in dieser Hinsicht erhebliche Leistungen. Dabei können wir feststellen, daß dies nicht allen Katzen und Hunden gelingt. Die Gabe der Hellsicht kommt vermutlich allen höheren und wahrscheinlich auch weniger gut entwickelten 1) Sargassosee: Teil des Atlantischen Ozeans NO der Antillen. 172
Tierarten zu, doch verhält es sich auch hier wie beim Menschen, der als einzelner sehr unterschiedlich befähigt ist. Möglicherweise bedarf es neben einer überdurchschnittlichen Psychoenergetik auch dieser Begabung, um sich innerhalb einer Tiergemeinschaft zum Alphatier emporzuschwingen. Daß Tiere auch telepathisch unter ihresgleichen und mit dem Menschen in Verbindung stehen können, ist eine Erfahrung aller Tierliebhaber. Die Wechselwirkung von Gedanken sowie intensiver Vorstellungskraft zwischen Mensch und Tier ist gleichfalls bekannt. An Haustieren, seien es Vögel oder Wirbeltiere, läßt sich dies leicht beobachten, wobei die Psyche des Menschen vermutlich als magische Bewirkerin auf die Seele des Tieres Einfluß nimmt. Die Ergriffenheit der Autorin Clare Kipps für das Wesen des von ihr geretteten „Wunderspatzen“1) scheint dessen Psyche magisch vermenschlicht zu haben. Das Geschehen ist denn auch vom Biologen und Philosophen Adolf Portmann gebührend gewürdigt worden. Der Begriff „Totenvogel“ beruht auf der Erfahrung, daß ein einzelner oder mehrere Vögel sich kurze Zeit vor dem Ableben ei1) Clare Kipps: „Clarence, der Wunderspatz“, Verlags AG Die Arche, Zürich 1956 (übersetzt aus dem Englischen „Sold for a Farthing“). 173
nes Menschen vor dem Fenster des Sterbezimmers bemerkbar machen, an die Scheiben klopfen oder aufgeregt lärmen. Da frei lebende Vögel kein Interesse für das Ableben eines beliebigen Menschen bekunden, muß es sich um einen Impuls aus dem Unbewußten des Sterbenden oder liebender Familienmitglieder handeln. Vielleicht machen sich auch verstorbene Angehörige auf diese Weise bemerkbar, eine Art des „Kündens“.1) Schwieriger liegen die Verhältnisse bei der aktiven, wirkenden Magie der Tiere. Aber auch hier liegen neuere Erkenntnisse vor. Nach Harald Wiesendanger2) sind schlüpfbereite Entenküken imstande, psychokinetisch zu wirken. Entenmutterattrappen aus Holz vermögen sie näher an ihr Ei heranzubewegen. Dies ist als ein Naturverlangen zu deuten, die schützende Mutter jetzt und im Augenblick des Schlüpfens um sich zu haben. Solche für die Erhaltung der Art notwendigen magische Kräfte sind sicher viel zahlreicher, als man dies heute noch erkennt. Bekannt ist die bannende Kraft der Schlange auf ihr Opfer. Ob dieses Phänomen wissenschaftlich näher untersucht worden ist, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Nicht unerwähnt bleibe auch die Medialität der dem Menschen engverbundenen Haustiere, die sich bei Spukerscheinungen, also der Anwesenheit von 1) „Künden“: Eine über Gegenstände (Uhren, Gläser) sich äußernde Kundgebung seitens des Unbewußten des Sterbenden, evtl. auch über Wesen der Transzendenz. 2) Harald Wiesendanger: „Jagd auf Psi“, Aurum Verlag, 1989. 174
unkörperlichen Wesen verkriechen, deren Haare sich sträuben und die winseln und fauchen. Pferde schlagen aus und erleiden einen Schweißausbruch. O) Extreme magische Bewirkung Der innerhalb der heutigen Zivilisation lebende Mensch kann sich über die Leistungen und Möglichkeiten eines stark magisch begabten Menschen keine richtige Vorstellung machen. Entsprechende Berichte werden kaum beachtet, da sie unser Begriffsvermögen übersteigen. Ein Beispiel hierfür ist die Tatsache, daß es bei Naturvölkern Magier gibt - Regenmacher -, die in einem ausgedehnten Trockengebiet binnen kurzer Zeit sehr ausgiebige Regengüsse bewirken. Die krasseste, dokumentarisch belegte Begebenheit dieser Art entnehme ich der parapsychologischen Zeitschrift „New Frontiers“ (Walter Uphoff, Oregon, Wisconsin) 1987, No. 22, S. 11. Dort steht, verkürzt ins Deutsche übersetzt: Im Jahre 1915-16 herrschte in der Gegend von San Diego (Kalifornien) eine solche Trockenheit, daß die für Trinkwasserbezug erbauten Speicherbekken Otay und Moreno ausgetrocknet waren. Die Stadtbehörden suchten über ein Zeitungsinserat einen „Regenmacher“. Es meldete sich ein gewisser Charles Mullory Hatfield aus dem amerikanischen Norden, möglicherweise ein Indianer, dem 10.000 Dollar geboten wurden. Hatfield erbaute in den Bergen San 175
Diegos einen sechs Meter hohen Turm und mischte dort in einem Faß geheime Chemikalien. Dämpfe und Explosionen wurden beobachtet. Erst acht Tage später habe Hatfield auch mit einer geistigen Beeinflussung begonnen, und dann fielen am 9.1.1916 ca. 30 cm/m2 Regen auf die Berge rund um das Moreno Reservoir. Vom 14.-19. Januar regnete es so heftig, daß das Reservoir überfloß und San Diego überschwemmte. Die „Pan-Pacific Exposition“ mußte deswegen geschlossen werden. Nach kurzer Ruhe fielen nochmals 7 cm Regen, so daß der Otay-Damm barst und eine zwölf Meter hohe Flutwelle die Stadt heimsuchte. Der Schaden überstieg drei Millionen Dollar. Hatfield hatte sich aus dem Staube gemacht. Er war außerstande, die anhaltenden Niederschläge zu stoppen und verlor sein Honorar. War es ein Fehler der Beschwörung oder hatten sich die gerufenen Geister verselbständigt? Von Alexandra David-Neel ist bekannt, daß sie sich in Tibet aus Gedankenenergien einen „Elementalen“ als helfendes Geistwesen erschaffen hatte, aber dieses nachdem es bösartig geworden - kaum mehr loswerden konnte. In beiden Fällen wird deutlich, daß nicht einfach Naturkräfte aufeinander wirkten, sondern offenbar autonome geistige Wesen sich des Geschehens bemächtigten. Über die Natur dieser Entitäten darf man nur Mutmaßungen hegen. Es ist aber auch denkbar, daß Hatfield Naturgeister 176
(Elementale) in sein magisches Bemühen einbezogen hat. Dr. Siegrid Lechner-Knecht hat in ihrem kürzlich erschienenen Buch „Die Hüter der Elemente - Das geheimnisvolle Reich der Naturgeister“ (Verlag Clemens Zerling, 1989) die Zusammenhänge zwischen nebeneinander bestehenden Wirklichkeitsbereichen aufgewiesen. Wer dogmenfrei Naturphänomene beobachtet, die nur von wenigen, aber medial Begabten wahrgenommen werden, wird eine Realität nicht bestreiten wollen, die zwar nur in eine feinstoffliche, dafür aber wesenhafte Wirklichkeit gekleidet ist. P) Schlußbetrachtungen Durch eine klare Begriffsbestimmung (siehe Kap. 1) hat sich das Phänomen Magie gegenüber den üblichen Vorstellungen erheblich erweitert. Feinstoffliches und Materielles sind zwei sich entsprechende und sich ergänzende Aspekte des Kosmos und des Lebens. Es erscheint selbstverständlich, daß sie aufeinander wirken. In absehbarer Zeit werden sich auch die Naturwissenschaften zu dieser Auffassung bekennen, nachdem Wissenschafter aus ihren eigenen Reihen, die Quantenphysiker, schon längst vorausgegangen sind. Die Realität magischer Phänomene, der Telepathie und der Telekinese (Einwirkung gedanklicher Vorstellungen auf die Materie) sind durch J. B. Rhine an der Duke-Universität Durham (North Carolina) schon vor drei Jahrzehnten statistisch nachgewiesen 177
worden, doch wurde dies an den wenigsten Universitätsinstituten zur Kenntnis genommen. Kranke, die sich magisch beeinflußt fühlen, wissen, daß kaum ein Arzt ihre Befürchtung ernst nimmt, ihre Klagen aber als Erkrankung des Geistes werten wird. Das ist nicht die Schuld der Ärzte, sondern der fehlenden Aufklärung. Dies wird sich in den kommenden Jahrzehnten erheblich ändern.
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18. Infestation und Spuk Naturwissenschafter, Ärzte und nicht wenige Theologen bestreiten die Möglichkeit, daß Wesen der Transzendenz sich in einem oder um einen lebenden Menschen zu manifestieren vermögen. Die Parapsychologie muß dem Geschehen nachgehen und wird über die Vielfalt der Erscheinungsformen beim ortsgebundenen1) und personengebundenen Spuk sowie auch beim Stallspuk überrascht sein. Sowohl der Betroffene wie der Forscher begegnen einer reichen Palette von Erscheinungen telekinetischer und psychoplastischer Natur. Das Gleiche gilt für die Infestation, die ich schon im Kap. 4 als eine Art Mini-Spuk charakterisiert habe. Dem Erfahrungs- und Vorstellungsbereich der bei den obengenannten Kategorien Beteiligten erscheinen die Phänomene so fremd, daß sie - im Gegensatz zur Ansicht animistisch orientierter Parapsychologen nicht ihr eigenes Psychopotential, sondern vor allem Nachbarn, Neider und gelegentlich Geistwesen als Verursacher anschuldigen. Die Ansicht der „animistischen“ Forscher erweist sich vorläufig nach naturwissenschaftlichen Kriterien als unbeweisbar und somit hypothetisch, genauso, wie die spiritistische. Unbeweisbares als Faktum hinzunehmen, gilt innerhalb der 1) Ein an ein bestimmtes Gebäude gebundener Spuk, im Gegensatz zum „personengebundenen“ Spuk, der dort auftritt, wo sich eine mediale Person aufhält. 179
naturwissenschaftlichen Lehre mit Recht als unwissenschaftliches Denken, das sich auf gängige Annahmen bezieht. Gleiches gilt für die Unterstellung, daß ein unvermittelt ins Bewußtsein tretender und dem Erlebenden fremd erscheinender Gedanke immer aus dem Unbewußten stamme. Natürlich besteht für den Animisten keine andere Alternative, solange die Naturwissenschaft autonome Geistwesen und die Existenz einer geistigen Parallelwelt neben unserer materiellen Wirklichkeit kategorisch ablehnt. Dabei ist und bleibt auch diese Ausschließlichkeit reines Dogma, wie noch dargestellt werden soll. Wer solch dogmatisches Denken nicht als alleinige Wirklichkeit anerkennt, kann nach viel umfassenderen Ursachen fahnden, die weit mehr Möglichkeiten ergeben. Dann erhalten Spuk- und Poltergeistphänomene, aber auch die Geschehnisse innerhalb der Infestation ein neues Gesicht. Es ist bekannt, daß in Gebäuden, die von „ortsgebundenem“ Spuk betroffen sind, das Spukwesen in einer für letzteres charakteristischen Gestalt gesehen wird. Es wird auch bei stets gleichbleibenden Handlungen und Äußerungsformen beobachtet. Wenn aber zu den unterschiedlichsten Zeiten Männer und Frauen der verschiedensten Gesellschaftsschichten und Bildungskreise immer Ähnliches erlebt hatten, kann das Unbewußte der erlebenden Einzelpersonen nicht die Ursachenquelle sein. Wer sich mit diesen Phänomenen auseinanderge180
setzt oder sie gar erlebt hat, kann nur staunen über die dogmatische Einschränkung selbst anerkannter Wissenschafter, die eine transzendente Welt kategorisch ablehnen oder nicht beachten wollen, um sich nicht vom „gesicherten Boden der Wissenschaft“ zu entfernen. Dieser „gesicherte Boden“ beinhaltet selbstverständlich neben genauen Meßdaten - oft nur eine Folge von an sich logischen Deduktionen, die aber von einer schiefen dogmatischen Ausgangslage abgeleitet werden. Was nun für den ortsgebundenen Spuk gilt, muß naturgemäß auch für Besessenheit und Infestation gelten. Ein Hineinwirken der transzendenten Dimensionen mit ihren zugehörigen Wesenheiten sollte darum mit gleicher Gründlichkeit diskutiert werden. Es bleibt in diesem Zusammenhang die Frage offen, ob Telekinese und Psychoplastik einem speziellen, nur dem Einzelindividuum innewohnenden Psychopotential hierfür begabter Menschen zugeschrieben werden dürfen. Uri Geller machte - zumindest am Anfang seines Auftretens - seinen Schutzgeist dafür verantwortlich, weniger seine eigene persönliche Fähigkeit und Kraft. Inzwischen haben Ungezählte, namentlich Jugendliche, sich über ähnliche Fertigkeiten ausgewiesen. Sie nehmen das Geschehen schlicht hin, ohne sich große Gedanken zu machen. Bei dieser Sachlage fällt es begreiflicherweise dem naturwissenschaftlich Denkenden nicht schwer, 181
Fremdwesen der Transzendenz auszuschließen. Dennoch darf man es sich nicht so leicht machen. Für uns Heutige erscheinen Einwirkungen aus der transzendenten Welt als Ausnahme. Es ist dies eine Folge jahrhundertelanger Beeinflussung seitens des naturwissenschaftlichen Denkens, welches allerdings als Gesamtphänomen - darauf sei auch hingewiesen vielfach positive Folgen zeitigte. Für den Menschen früherer Jahrhunderte aber stellten feinstoffliche und materielle Welt ein in sich übergehendes Kontinuum dar. Im Osten gilt dies auch heute noch. Wie umfänglich und allgegenwärtig die jenseitige Welt an der unseren teilnimmt, ist am Phänomen der Tonbandstimmen und generell dem der „Transkommunikation“ zu ermessen. Es bedarf nur weniger technischer Voraussetzungen, um elektromagnetisch-psychoplastische Einwirkungen - „Stimmen“ - auf einem „jungfräulichen“ Tonband zu erhalten. Wer viele Tonbänder und zudem von den unterschiedlichsten Empfängern mitangehört hat, weiß, daß nicht alles dem Unbewußten des Aufnehmenden angelastet werden kann. Charakteristisch hierfür ist das Werk von Wolfgang Dreiss: „Die Toten leben.“1) Dreiss begegnete einem differenzierten Personenkreis der jenseitigen Welt und wurde von dorther auch in gelegentlich gefährlicher Art bewirkt. Während eines allerdings kurzen Zeitablaufs mußte er als eigentlich 1) W. Dreiss: „Die Toten leben“ (Bläschke-Verlag 1980), Neuauflage Bionomica Verlag, Mannheim 1991. 182
Umsessener gelten, konnte sich aber bald wieder befreien. Der Umsessene oder Infestierte ist in ständigem Kontakt mit der transzendenten Welt. Um dies behaupten zu können, bedarf es eines langjährigen Umgangs mit solchermaßen Betroffenen. Das Buch C. Wicklands „30 Jahre unter Toten“ bringt eine lebendige Einsicht in dieses Gebiet. Die durch den Gleichstrom einer Influenzmaschine aus den Umsessenen in die medial begabte Frau Wickland hinübergetriebenen Geistwesen berichteten über ihre einstmalige, noch diesseitige Lebenssituation und ihre seelischen Einstellungen. Viele solcher Angaben konnten überprüft und als richtig befunden werden. Anzunehmen, Frau Wickland habe über so viele Teilpersönlichkeiten in ihrer seelischen Struktur verfügt, würde unsere Vorstellungskraft sehr strapazieren. Bei Anna Wickland erweist sich sehr deutlich, daß sich Fremdwesen äußerten und nicht ihr Unbewußtes. Zurück zum Phänomen der Psychokinese und Psychoplastik, das ganz besonders bei Infestierten eine Rolle spielt. Unter den medial Begabten gibt es nicht selten Psychopathen mit erheblichen psychischen Spannungen. Die animistisch denkenden Parapsychologen vermuten diese Spannungen als Ursache der Spukerscheinungen. Die psychische Disharmonie der am Spukgeschehen Beteiligten schaffe ein Energiegefälle 183
und damit ein Psychopotential, welches auf die Materie als Telekinese und Psychoplastik einwirke. Dieser Gedanke ist nicht abwegig. Jeder Mensch gehört der materiellen, der feinstofflichen wie auch der transzendenten Wirklichkeit an. Beim medial Begabten sind die Einwirkungen seitens feinstofflicher Energien der Außenwelt offensichtlich. Über Hellsicht und Telepathie finden Mensch und Tier sich in Notlagen nicht selten zurecht. Der Mensch vermag auch über sein eigenes Psychopotential Feinstoffliches zu bewirken. So bewirkt ein Geistheiler immer zuerst das corpus subtile des Kranken. Die Harmonisierung desselben beeinflußt oft erst nach einer unterschiedlichen Zeitspanne - das grobstoffliche Organ. Gleiches kann auch an Gegenständen geschehen. Dazu bedarf es nicht unbedingt der psychischen Spannungen. Als Beispiele gelten unter anderen Matthiew Manning, Uri Geller und die „Gellerini“, wie die zu ähnlichen Leistungen Befähigten häufig genannt werden. Psychische Disharmonien der an Spuk Beteiligten oder durch Infestationen Geplagten spielen oft, aber nicht immer, eine erhebliche Rolle. Die dabei abgegebenen Psycho-Energien wirken sich meist in ähnlicher Weise aus. Wir beobachten Klopfgeräusche an Wänden, Fensterscheiben und in Apparaten. Bei letzteren zeigt sich auch eine Menge von Fehlfunktionen. Die Betroffenen bringen dies mit den Worten zum Ausdruck: „Die Apparate spielen verrückt.“ Bei 184
massiven Einwirkungen (Brand von Fernsehapparaten etc.) halte ich es für sehr wahrscheinlich, daß Fremdwesen der Transzendenz unter Benützung der Psychoenergien Lebender mitspielen, dies vor allem auch beim Stallspuk. Der Stallspuk ist für seine ungewöhnliche Phänomenologie bekannt. Er gehört zu denjenigen parapsychologischen Erscheinungen, die bei unbefangenem Denken am eindeutigsten klarstellen, daß autonome, transzendente Wesenheiten wirksam sein müssen. Häufig werden die Tiere in große Aufregung versetzt und entfliehen nicht selten durch früher sicher geschlossene, aber paranormal wieder geöffnete Stalltore. Kuh- und Pferdeschwänze werden an ihren Aufhängedrähten so befestigt, daß sie auf natürlichem Wege nicht mehr gelöst werden können. Die Schwanzhaare der Pferde finden sich zu komplizierten Zöpfen geflochten und oft mit dem Nachbartier verbunden. Gegenstände verschwinden und werden - wenn überhaupt - an den unmöglichsten Orten wiedergefunden. Persönlich untersuchte ich - ein Jahr nach den Erscheinungen - einen Poltergeistspuk, bei dem neben Haus und Hof auch der Stall betroffen war. Eines Tages war der Hofhund vom vierzehnjährigen Sohn an sein Hundehaus im Hof gekettet worden. Währenddessen hatte der Vater im nahen Stall gearbeitet, wobei der Spuk gerade im Gange war. Immer wieder 185
verschwanden Gegenstände. Ungefähr eine halbe Stunde nach dem Anketten des Hundes fand der Vater den Hund mit weitgeöffneten Augen im Inneren des Stalls, aber noch an der Kette, die durch einen Defekt in der Stallwand nach außen zum Hundehäuschen führte. Der Defekt (siehe Bild) war aber viel zu eng, als daß der Hund hätte hindurchschlüpfen können. Hier trat offenbar das paranormale Phänomen „matter through matter“ (Durchdringung von Materie durch Materie) in Erscheinung, welches wir nicht selten beim vorher erwähnten Aufhängen der Kuhschwänze am Aufhängedraht beobachten können. Dieses Spukgeschehen wurde in seiner ungewöhnlichen Vielfalt vom Besitzer des Bauernhofs gewissenhaft notiert und vom Pfarrer, Lehrer und Gemeindepräsidenten bestätigt. Der intelligente und angesehene Landwirt schloß Zauberei durch einen neidischen Nachbarn nicht aus. Im Haus wohnten mit den Eltern drei Kinder zwischen acht und vierzehn Jahren und eine achtzehnjährige Dienstmagd. Keiner der Jugendlichen wies namhafte psychische Besonderheiten auf. Auch hatten sie sich nie aus der Ruhe bringen lassen. Die sich beim Stallspuk oft in grotesken Formen äußernden Energieeinwirkungen müssen einem geistigen Vorstellungspotential entsprechen, das ich heute weniger den anwesenden Halbwüchsigen, sondern viel eher irgendwelchen Entitäten der Transzendenz zuordne. 186
Stallwand
Landwirt
Loch durch welches kein Hund hindurch käme.
Radioapparat
Hundekette
Die Jugendlichen kommen vermutlich nur als von Geistwesen manipulierte Energiezulieferer in Frage. Auch deren unbewußte Vorstellungen gestalten die Erscheinungen keineswegs. Dafür sind letztere viel zu kompliziert und ausgefallen. Nach meinen eigenen Erfahrungen denkt die bäuerliche Bevölkerung nie an Halbwüchsige als primäre Verursacher, sondern macht transzendente Wesen und Kräfte, möglicher187
weise von Hexern gerufen, dafür verantwortlich. Die Volksmeinung erfaßt über intuitives Erkennen die wahren Verursachungen oft wirklichkeitsgetreuer als die akademisch Suchenden. Trotzdem darf auch dem Volksglauben nicht blind vertraut werden. Die Erfahrungen bezüglich eines Kräfteentzugs Lebender durch Geistwesen hat sich bei den jahrzehntelangen Beobachtungen und exakten Messungen während spiritistischer Seancen von der Hypothese zum gesicherten Wissen gefestigt. Ich verweise auf das 31. Orientierungsblatt der „Schweizerischen Vereinigung für Parapsychologie“ (S.G.P.P.) vom Juni 1979. Dort berichtet Dr. Theo Locher über Carlos Mirabelli (1889-1951) und die Phänomene, die in dessen Gegenwart zu beobachten waren. Locher schreibt S. 1: „Häufig fühlen Anwesende einen Kräfteentzug. Es wird angenommen, daß feinstoffliche Energien dem Medium und anwesenden Sitzern entnommen werden und daß zudem dem Experimentalraum Energie entzogen wird bei fühlbarer Absenkung der Raumtemperatur“. Nochmals sei darauf hingewiesen, daß nach meinem Dafürhalten zwischen Poltergeistspuk und Infestation nur ein quantitativer Unterschied besteht. Für die Entstehung der paranormalen Phänomene beider Kategorien bedarf es der Kräfte und Gegebenheiten des beteiligten Menschen wie auch derjenigen feinstofflicher Entitäten. 188
Aus ein paar wenigen, nicht miterlebten - wenn auch gut nachuntersuchten Fällen - ist kein klares Urteil zu gewinnen, wie dies noch Hans Bender glaubte. Zu einem solchen bedarf es eigenen Erlebens, langjährigen Forschens und einer Vielzahl von Ratsuchenden innerhalb der psychiatrischen Praxis. Die meisten unter ihnen vermochte ich während vieler Monate, ja sogar mehrerer Jahre zu begleiten und zu beraten. Auch deren Träume wurden einbezogen. Erst dies ergibt ein genügend zuverlässiges Bild über die charakterliche Struktur und das Ausmaß eventueller psychischer Mängel oder Krankheiten des Geistes. Die von mir untersuchten Betroffenen gehen in die Hunderte. Bei der Mehrheit handelt es sich um psychisch Gesunde. Infestation und Spuk, besonders Poltergeistspuk, entstammen den gleichen Ursachen und gehen ineinander über. Sie unterscheiden sich lediglich im energetischen Ausmaß und eventuell in der räumlichen Ausweitung, aber auch dies nicht in prinzipieller Weise.
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19. Kleinphänomene der Infestation im täglichen Leben und bei obsessionsverdächtigen Menschen Diese Kleinphänomene finden wenig Beachtung. Da sich keine physikalische Erklärung anbietet, werden sie von den Beteiligten hingenommen und möglichst verschwiegen. Meist nur über direkte Befragung gelangt man zur Erwähnung der seltsamen Geschehnisse. Es stellt sich auch hier wieder die bisher noch ungelöste Frage, woher die Kräfte stammen, die solche Phänomene ermöglichen. Handelt es sich lediglich um die bis jetzt noch wenig erforschten feinstofflichen Energiepotentiale des medial begabten Lebenden, oder sind unkörperliche Entitäten, also Geistwesen im Tun? Meines Erachtens kann beides der Fall sein. Je länger ich mich mit den sogenannt paranormalen Phänomenen beschäftige und je mehr ich auch die Philosophiesysteme asiatischer Völker (Tibet, Indien, China, Japan) miteinbeziehe, desto wahrscheinlicher erscheint mir die Omnipräsenz einer immateriellen geistigen Welt und deren stetiges Einwirken auf die Materie, die Pflanzen- und Tierwelt sowie die Geistseele des Menschen. Was man heute innerhalb des intellektualisierten 190
Denkens als „Archetypen“ bezeichnet, sahen weniger rationalisierte Kulturen als personale, leibhaftige (feinstoffliche) Götter oder Halbgötter. Dort, wo weniger universale Prinzipien im Spiele sind, denke ich an untergeordnete Potenzen. So fanden schon immer Teilkräfte des Negativprinzips, des Bösen, beispielsweise Geiz oder überbordende Eitelkeit, eine bildhafte Darstellung. Im „Dictionnaire infernal“ (Colin de Plancy, Verviers 1973) erweisen sich diese als besonders eindrücklich.1) Unser rationalistisches Denken wird einwenden, daß solche Bilder lediglich der Phantasie des Darstellers entsprächen; aber auch eine solche ist - wie bereits erwähnt - Ausdruck einer geistigen Eingebung. Sie beruht auf energetischen Impulsen, die aus einer feinstofflichen, aber nicht minder realen Welt stammen. So sind ja auch die Bilder, welche den Teufel darstellen, auf der ganzen Welt sehr ähnlich. Sie beinhalten stets tierische Attribute (Hörner, Hufe, Schwanz), also ein Entwicklungszustand, welcher der geistigen Höherentwicklung des Menschen entgegensteht. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß die transzendente Welt aus einer Vielzahl geistiger Potenzen besteht, die bemüht sind, sich der materiellen Welt und wohl besonders dem Menschen mitzuteilen. Die Kommunikation war in Zeiten, da die Menschheit noch 1) Ich verweise auf das Kapitel 15: „Beziehungen zwischen der feinstofflichen Welt und der Materie“. 191
„bildsichtig“1) war, erheblich leichter als heute, wo die einflußreichsten Vertreter der Gesellschaft atheistisch und auf den philosophischen Materialismus eingestellt sind und deshalb nur an eine Materiewelt glauben. Innerhalb der griechischen Sagen begegnen wir einer vielfältigen Verflechtung der numinosen2) Entitäten mit dem sterblichen Menschen. Auch nach Ansicht der jüdischen Lehre „schuf Gott den Menschen nach seinem Bilde“, womit eine enge Beziehung und Bindung gemeint ist. Besonders eindrücklich ist die immer weitere Bevölkerungsanteile erfassende Szene der religiösen Kulte Brasiliens („Macumba“, „Candomblé“ und andere Kulte), innerhalb welcher die enge Verbindung zwischen transzendenten Wesen und dem Menschen sehr deutlich zutage tritt.3) Eine solche Verbindung findet aber erst dann statt, wenn sich der Mensch aus der nur materiellen Erscheinungswelt loszulösen vermag und in eine Sphäre hinüberwechselt, die einer geistigen (feinstofflichen) Dimension angehört. Innerhalb einer noch nicht intellektualisierten Geisteshaltung gelingt 1) Als „bildsichtig“ wird ein Mensch dann bezeichnet, wenn er auf Wesensinhalte anspricht und zu reagieren versteht, die aus der feinstofflichen Parallelwelt auf seine Seele einströmen. Diese Wesensinhalte werden dann mit dem geistigen Auge als Bilder oder Geschehensabläufe geschaut, aber nicht mit dem anatomischen Auge gesehen. 2) Numina: Verehrungswürdige göttliche Wesen. 3) Siehe Serge Bramly: „Macumba“, die magische Religion Brasiliens, Bauer Verlag, Freiburg i.Br. 1978. 192
dies viel leichter. So begegnet ein in diesem Sinne eingestellter Mensch einer im Zeitpunkt des Geschehens realen Welt, die dem nicht Beteiligten als imaginär erscheint, es aber nicht ist. Jene reale Welt gehört zu unserer feinstofflichen Parallelwelt. Der heutige Westler - ohne eine diesbezügliche Erfahrung - ist zu Unrecht geneigt, solche geistig-seelische Erlebnisse der menschlichen Psychopathologie zuzuweisen. Er hält seine sehr begrenzte Erfahrungswelt für die allein existierende. Aber alle noch zu schildernden Manifestationen der Infestation gehören dem Zusammenspiel der zwei in sich komplementären Realitäten an, unserer vierdimensionalen Realität und einer Welt mit noch zusätzlichen Dimensionen (Heim). Nun zu den Kleinphänomenen als solchen. In einer psychiatrischen Praxis begegnet man ihnen nicht selten. Oft werden sie vom Berichtenden auf Verhexung zurückgeführt. Diese sei die Ursache der Schlaflosigkeit sowie der Klopferscheinungen in den Zimmerwänden und vor allem in den Radio- und Fernsehapparaten. Deren Funktion wird auch häufig gestört. Fachmännische Revisionen erweisen sich fast immer als wirkungslos, und meist wird die Ursache der Störung nicht gefunden. Einer meiner Ratsuchenden, ein intelligenter Handwerker mit eigenem Betrieb glaubte sich verhext, konnte diesen Fehlglauben später aber korrigie193
ren. Er war anlagemäßig in sich unsicher, doch kamen die kleinen Neurotismen nicht häufig zum Ausdruck. Ging er an seinem Fernsehapparat vorbei, knackte es in diesem in unverständlicher Weise, was die Ehefrau bestätigte. Hier möchte ich des Mannes eigenes Psychopotential als auslösenden Faktor annehmen. Nachdem er sich nicht mehr verhext glaubte, nahmen die Erscheinungen ab. Die Kleinphänomene der Infestation gehören allen parapsychologisch bekannten Kategorien an, also der Telekinese (Fernbewegung ohne physikalisch erfaßbare Ursache), der Teleplastik (Verformung von Gegenständen), der Materialisation (Eintreten der feinstofflichen Struktur in die Materienwelt), der Dematerialisation (umgekehrter Vorgang); sie treten auch als Erregung unserer feinstofflichen Sinneszentren (sehen, hören, riechen, etc.) auf. Viele dieser Phänomene habe ich bereits in meinem Buche „Besessenheit und Exorzismus“, besonders im Kapitel „Infestation“, beschrieben. Hier seien weitere Begebenheiten erwähnt, die sich seit dem Erscheinen des Buches ereigneten. Ein 35jähriger Patient litt an einem paranoidkatatonischen Verhalten, einem Zustand voller Antriebshemmungen und Wahnideen. Schizophrenie war die klinische Diagnose. Bereits seit drei Jahren steht er in meiner Behandlung, die neben der Psychotherapie auch in Exorzismen, und dies in Gegenwart 194
seiner Mutter, besteht. Den Exorzismus übte ich nur wegen des ausdrücklichen Wunsches der Mutter aus, da ich auch heute noch eine schizophrene Störung nicht ausschließen möchte. Der Patient genas aber zusehends, ist heute sehr ansprechbar und teilarbeitsfähig. Die Mutter des Mannes berichtet, daß sich auch heute noch in ihrer Wohnung elektrische Birnen einund ausschalten; sogar während des Schlafs ihres Sohnes geschehe dies, vor allem in der Küche, wobei sich am elektrischen Schalter nichts verändere. Dieses Geschehnis ist interessant. Nehmen wir lediglich das Psychopotential des Schlafenden als auslösende Ursache an, so müßte dies über sein Unbewußtes geschehen. Welchen Grund aber hätte dieses, den sinnlosen Spuk zu veranlassen? Hypothetisch könnte man unbewußte Aggressionen des Sohnes gegen seine Mutter annehmen. Die äußere Beziehung ist aber ausgesprochen innig. Zudem hat das Geschehen mehr demonstrativen als aggressiven Charakter. Die Mutter fühlt sich durch die Seltsamkeit der Erscheinung nur verunsichert. Das Phänomen hat mehr den Charakter einer Foppgeist-Manifestation. Immer wieder verschwinden in der Dreizimmerwohnung Gegenstände und kommen erst nach längerer Zeit oder überhaupt nicht mehr zum Vorschein. Die Mutter vermißte lange eine Pinzette, mit welcher sie häufig zu arbeiten hatte. Ungefähr ein Monat nach dem festgestellten Verlust fand sie die vermißte Pinzette in einem seit vielen Monaten nicht mehr 195
benutzten Dossier, in einem Ordner. Dort fand sie sie in der abgebildeten Position:
Auch beim Poltergeistspuk kommen häufig sogenannte Deporte und auch Apporte vor. Wer in den Gebieten Poltergeist und Infestation eine genügend lange Erfahrung besitzt, kann diese Erscheinungen nicht mehr unbewußten Fehlhandlungen der Beteiligten zuordnen, sondern muß sie der typischen Phänomenologie der Infestation und des mit dieser verwandten Poltergeistspuks zurechnen. Fall S. W. Eine ältere Dame, welche ich schon seit fünfunddreißig Jahren psychologisch betreue, berichtet über sich immer wieder ereignende unerklärliche Vorfälle in ihrer Umgebung, besonders in ihrer Wohnung. 196
Bei der Betroffenen handelt es sich um eine intelligente und medial begabte Frau, die zu keiner Zeit unseres ärztlichen Zusammenseins psychotische Erscheinungen aufwies. In ihrer alleinigen Gegenwart geschahen immer wieder physikalisch unerklärliche Bewirkungen der Materie. Einen dieser Vorgänge schildert sie wie folgt: „Am Mittwoch, den 10.8.1988, bin ich beim Kochen. Plötzlich ein lauter Knall! Ich denke an eine Explosion im Kühlschrank, sehe nach: Nichts! Dann öffne ich die Gitterschublade, und es fallen viele kleine Glassplitter herunter auf den Boden. Alles drin ist davon voll. Es sind vier Gläser drin, eines davon ist explodiert. Das zerstörte Glas war schon ca. vier Jahre drin. Keine Wärmeeinwirkung. Ich wahr sehr in Spannung, weil ich über etwas seelisch sehr Belastendes nachdachte.“ Die Patientin übergab mir die Splitter, welche zum Teil abenteuerliche Formen jeder Art und Größe aufwiesen. Ein bloßes Umfallen hätte eine solche Zersplitterung nicht zur Folge haben können. Fall A. T. Eine dreißigjährige, intelligente und ausgesprochen hübsche Ratsuchende beschuldigt keine Fremdeinwirkungen, sondern klagt über ihr rätselhafte Eigeneinflüsse auf die Materie und ihre Mitmenschen. Sie stamme aus einer psychopathischen Familie. Unter 197
einer dominanten, aber kleinformatigen Mutter und einer ähnlich strukturierten zehn Jahre älteren Schwester habe sie gelitten, sei sie sexuell verkorkst und auch allgemein verunsichert worden. Ihre ungute Ausstrahlung wirke auf die Mitmenschen, indem diese in ihrer Gegenwart von einem lästigen Juckreiz befallen würden und sich kratzen müßten. In der Straßenbahn werde der Führer zu ungemütlich schnellem Fahren veranlaßt. Dies geschehe fast immer, wenn sie das Fahrzeug benutze. Ihre Gegenwart wirke aber auch störend auf die Funktion des Fernsehapparates, besonders wenn sie interessiert sei. Dann werde es auf dem Bildschirm dunkel, oder es erscheinen unerklärliche Dreiecke oder Vierecke, oft flimmere es auf dem Bildschirm für einige Zeit. Der Ton aber bleibe ungestört. Im Radio zische es, die Quarzuhr verstelle sich. Dies und andere Einwirkungen auf Apparate würden sie stets noch mehr verunsichern. Anlagemäßig leide sie unter Depressionen. In solchen Perioden akzentuiere sich das seltsame Geschehen. Die Patientin wird nie von „Stimmen“ gequält und erleidet auch nichts Außergewöhnliches am Körper. Es ist wahrscheinlich, daß die Phänomene durch das eigene Spannungspotential der jungen Frau mitverursacht werden. Dies gilt vor allem für das Geschehen an den Apparaten. Es bleibt rätselhaft, wie und wieso das Unbewußte der Betroffenen Dreiecke und Quadrate auf die Bildfläche des Fernsehapparates 198
zu transponieren vermag. Fremdeinflüsse sind zumindest wahrscheinlicher. Die geschilderten Einwirkungen auf die Mitmenschen sind fragwürdig. Selbsttäuschungen einer sensibilisierten und durch depressive Vorstellungsinhalte gequälten Patienten können nicht ausgeschlossen werden. Fall R. G. Eine sechzigjährige Dame beklagt sich, daß es in ihrem Hause seit vier Jahren spuke. Laufend verschwänden Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und Schuhe. Außerdem würde vieles im Hause zerstört, besonders Möbel und Kleider. Sie bringt zwei Bescheinigungen jener Geschäfte, welche die Reparaturen auszuführen hatten. Die eine Firma bestätigt die kaum verständliche Zerstörung des Rückenkissens und des Sitzkissens eines Sessels, eine andere Firma die Reparaturen eines Mantels, der am Ärmel und Kragen aufgerissen wurde, und die dreimal hintereinander wegen des gleichen Schadens ausgeführt werden mußten. Ein Kleidungsstück sei umgeändert im Kleiderschrank vorgefunden worden, so daß es nun für eine Person mit einem Buckel auf der rechten Schulterseite passe. Dies weise auf eine Nachbarin hin, und diese sei vermutlich die verantwortliche Hexe. Diese Vermutung erscheint mir unzulässig, weil 199
sich die „Hexe“ damit verraten hätte. Es ist viel eher anzunehmen, daß es sich um eine Art Poltergeistspuk gehandelt hat, bei welchem dämonisierte Wesenheiten ihr Spiel trieben. Fall C. B. Die Ratsuchende berichtet, daß sie nachts stets durch heftiges Krachen und Knacken im Zimmer geweckt werde, sich aber über den Ort und den Ursprung der Erscheinungen kein Bild machen könne. Auch tagsüber höre sie - oft auch Mitbewohner - die gleichen bedrohlichen Geräusche. Im ganzen Haus flackern die Birnen oder setzen für eine kürzere Zeit überhaupt aus. Dabei sei die elektrische Installation in Ordnung. Sie habe als von der Familie ihres Mannes Unerwünschte in dies Haus hineingeheiratet. Der Schwiegervater sei ein bekannter Schwarzmagier gewesen. Seit dessen Tod vor wenigen Jahren werde sie noch mehr geplagt. Sie habe das Gefühl, daß ein fremder Wille sie bedränge. Sie leide unter einem schweren Druckgefühl auf der Brust und fürchterlichen Ängsten. Fall R. R. Eine fünfzigjährige distinguierte Dame gibt an, daß wenige Tage nach dem Tode der dominanten Mutter, mit welcher sie sich nicht verstanden habe, zweimal 200
ein größerer, einmal ein kleinerer Geldbetrag - immer auf den gleichen Tisch gelegt - verschwunden sei. Ein Mensch komme für sie als Dieb nicht in Frage, da sie allein im Hause gelebt habe und nur sie Schlüssel besaß. Sie habe auch einen sehr scharfen Wachhund in der Wohnung gehalten. Zur selben Zeit sei drei- bis viermal am Tag ein ihr zwar nicht unangenehmes, aber unbekanntes Parfüm zugeweht worden, was ihr unerklärlich geblieben sei. Es sei nicht das Parfüm der Mutter gewesen, aber diese habe zu Parfümen eine gute Beziehung gehabt. Fall N. Z. Eine vierzigjährige diplomierte Psychologin beklagt sich über das Einströmen enormer Energien in den Körper, „wie wenn sie am Starkstrom hinge“. Auf diese Weise werde sie auch aus dem Schlaf gerissen. Alle Organe wären in sehr schmerzhafter oder unangenehmer Weise betroffen. Sie sei schon als Kind neurotisch gewesen. Ihre Firmpatin gelte als Hexe, habe den Vater der Berichterstatterin gehaßt und ihn um sein Vermögen gebracht. Möglicherweise sei diese an ihrem Zustand schuld, der nun schon seit sechs Jahren besonders unerträglich sei. Die Dame berichtet auch über Infestationen. Immer wieder verschwänden Gegenstände, Ohrclips, Schmuck und auch wenig wichtige Gegenstände, die meist nach einiger Zeit, wenn sie das Zimmer betrete, ostentativ 201
auf dem Bodenteppich liegen würden. Fall B. W. Ein fünfundvierzigjähriger intelligenter Familienvater glaubt an einen Fluch, der auf seinem mitten in einer Großstadt gelegenen und geschätzten Restaurant laste. Die Nachkommen des früheren Besitzers hätten sich um dieses gestritten. Körperlich traf es nur ihn. Er werde stets von einem summenden Geräusch gestört, das von irgendwo im Körper langsam in den Kopf steige und auch den Schlaf störe. Vor allem aber werde das Restaurant selbst betroffen. Keiner der für dieses so notwendigen Apparate funktioniere normal, und oft würden sogar mehrere miteinander betroffen. Die beauftragten Reparateure brächten die Apparate oft nur vorübergehend in Gang und seien in bezug auf die Ursache der Störung ratlos. Eine weitere unangenehme Störung des Betriebes bestehe in der Tatsache, daß sich in seiner Abwesenheit oder derjenigen des Kochs das Restaurant mit so vielen Gästen fülle, daß viele abgewiesen werden müßten. Kaum sei er wieder da, kämen nur noch wenige oder überhaupt niemand mehr. Diese wenigen, zumeist ohne Kommentar vorgestellten F ä l l e sollen vor allem die P h ä n o m e n o l o g i e der Infestation vorstellen und sind deswegen bezüglich der Anamnese sehr summarisch geschildert. 202
Deswegen sollen im folgenden Kapitel zwei Fälle dargestellt werden, die einen detaillierteren Einblick ermöglichen. Für die beiden Kapitel 17 und 18 möchte ich festhalten: Dort, wo immer wieder unerklärliche zerstörerische Aktionen mit oft abenteuerlichen Formen in Erscheinung treten, fällt es einem schwer, nur personale Kräfte in Erwägung zu ziehen. Spannung im Bewußtsein oder im Unbewußten würde zu keinem differenzierten Schadenmuster führen. Mehrere meiner Ratsuchenden berichteten über gezielte Schnitte in Kleidern, Vorhängen oder Teppichfransen. Dies setzt einen ebenso gezielten Gedanken- oder Vorstellungsimpuls voraus. Aus dem Bewußtsein kann ein solcher nicht bezogen werden, sonst würde auch nicht um Hilfe gebeten. Bleibt für den Rationalisten noch das Unbewußte. Weshalb sollte es (das Unbewußte) auf diese Weise schikanieren oder seinen Träger finanziell so stark belasten wollen? Mir scheint in diesen Fällen ein dämonischer Fremdeinfluß als das Wahrscheinlichste. In mehreren Fällen konnte ich mich persönlich vom seltsamen Geschehen überzeugen. Die von den Phänomenen Betroffenen sah ich während Monaten und Jahren in meiner Praxis. Ich war somit imstande, sie charakterlich zu beurteilen und damit hysterische und pseudologische Züge auszuschließen.
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20. Die Phänomenologie zweier stark Infestierter Zum besseren Verständnis seien zwei Infestationsfälle detaillierter geschildert, um einen gründlicheren Einblick in die Lebenssituation der Betroffenen zu vermitteln. Wir gewahren bei diesen Infestierten eine Fülle von Erscheinungsformen, die nur dem Fachmann, welcher mit der parapsychologischen Phänomenologie vertraut ist, als lebensecht und somit nicht als Phantastik oder Pseudologie1) erscheinen. Wenige der hier geschilderten Phänomene waren mir neu. Fast ein jedes wurde mir schon von anderen Ratsuchenden mitgeteilt. Der Psychiater wird erkennen, daß weder eine Schizophrenie noch eine Hysterie vorliegt. Beide Leiden konnte ich nach fast zwei Jahren Beobachtungszeit ausschließen. Psychopathische Züge und die für eine Fremdbesetzung notwendige Ich-Schwäche sind aber deutlich erkennbar. Bei beiden Leidenden vermochte die schwierige Kindheit diese Charakterzüge zu akzentuieren. Fall H. K. Die vielfältigen Erscheinungsformen der Infestation seien an einem Fall dargestellt, den ich während eineinhalb Jahren, 1985-1986, psychotherapeutisch 1) Pseudologie: Krankhafte Sucht zu lügen. 204
und exorzistisch zu heilen versuchte, dabei aber trotz gelegentlicher Besserungen nichts Entscheidendes erreichte. Da die damaligen Kontaktpersonen zu dem inzwischen vereinsamten Mann jede Verbindung verloren hatten, war eine Katamnese (weiterer Verlauf des Leidens) unmöglich. H. K. wuchs unter lieblosen Verhältnissen auf. Die Mutter starb als Schizophrene im Irrenhaus. Zwei Ehen scheiterten. Ordentliche Schulleistungen ermöglichten ihm eine Stelle als kaufmännischer Angestellter, die er aber während der Behandlungszeit verlor, weil ihm - seiner Aussage gemäß - seitens der ihn quälenden Geistwesen falsche Zahlen diktiert worden seien. Der Patient fühlte sich von weiblichen und männlichen Wesenheiten geplagt, die er wegen ihrer unterschiedlichen Stimmen zu differenzieren wußte. Diese Stimmen bearbeiteten ihn pausenlos, oft rund um die Uhr, häufig auch zur Nachtzeit. Ein einziges Mal habe sich eine portugiesische Stimme gemeldet, die er aber nicht verstanden habe. Die Stimmen drohten: „Ich schlage dich zusammen“, „Bald knallt es“, „Du kriegst keinen Fahrausweis mehr“, „Du wirst interniert“, oder befahlen pausenlos: „Ersäufe dich im See“. Oft spotteten sie über seine religiösen Hilferufe und veränderten das „Vaterunser“ im negativen Sinne. Sie schilderten Vergangenes bösartig entstellt oder völlig unwahr und antworteten auf seine Gedanken und Abwehrbemü205
hungen. Oft wurde er auch mit einem sinnlosen Wortsalat überfallen. Einmal kam H. K. mit der Angabe, nachts einen succubus (Nachtmahr) erlebt zu haben. Er habe die Empfindung gehabt, daß sich ein schwerer Mann auf ihn gelegt und auch daß eine fremde Hand unter der seinen gelegen habe. A k u s t i s c h e E r s c h e i n u n g e n traten oft in Gegenwart von Drittpersonen auf, so das übliche Krachen im Gebälk und in Möbeln, ferner ein eigenartiges Klingen in den Fensterscheiben. Unerklärliche o p t i s c h e Phänomene habe er nur selten in Form von Blitzen im Zimmer erlebt. O l f a k t o r i s c h e W a h r n e h m u n g e n traten in Form von eigenartigen Gerüchen auf, selten Blumengeruch, häufiger Fischoder Mistgestank, was auch Anwesende hätten feststellen können. T e l e k i n e s e n : Eines Tages, als H. K. beim Spaziergang auf einen Brunnen zuging, habe er - obwohl niemand in der Nähe gewesen sei ein Platschen gehört und einen Wasserschwall auf sich zukommen sehen. Dieser sei dann ca. vier Meter vor ihm zu Boden gefallen. T e l e p l a s t i k e n erlebte er in Form von Beulen und Verformungen der Herdpfannen, wofür keine Ursache zu finden gewesen sei. Materialisationen traten aber wesentlich häufiger auf, die zum Teil auch als A p p o r t e gedeutet werden können. Eines Tages - so der Referent - habe er auf der 206
Straße, meist in erheblichen Abständen, ungebrauchte Streichholzbriefchen gefunden. Was ihn aber noch mehr erstaunt habe, sei die Tatsache, daß die Verkäuferin, als er unmittelbar darauf ein Geschäft betrat, ihm auch ein solches übergab, ohne aber angeben zu können, weshalb sie dies getan. Ein anderes Mal habe er auf der Straße eine Stimme an seinem Ohr gehört: „Hollywood kommt immer wieder.“ Ohne dieser Einflüsterung Beachtung zu schenken, habe er nach rund dreihundert Metern auf der Straße ein intaktes Päckchen Kaugummi der Marke „Hollywood“ gefunden. Als Materialisation hätte auch die Tatsache zu gelten, daß H. K. kurz nach dem Abspielen einer Grammophonplatte auf dieser einen Belag fand, der wie eingetrocknetes Sperma ausgesehen habe. Der Vorgang blieb ihm unverständlich. Weiter berichtet der Patient über D y s f u n k t i o n e n von Leitungen und Apparaten: Elektrische Leitungen funktionierten in seiner Gegenwart sehr häufig nicht mehr, nicht bloß nur in seiner Wohnung, sondern auch an Orten, die er als Kursteilnehmer besuchte. Wasserhähne begannen in seiner Anwesenheit zu tropfen, erwiesen sich aber kurze Zeit darauf ohne Berührung wieder als dicht. Die Waschmaschine setzte mehrfach aus, um bald nachher wieder einwandfrei zu funktionieren. Eine Tonbandkassette gab nicht nur einen Vortrag exakt wieder, sondern enthielt noch eine Schlagermelodie, welche niemand gehört 207
hatte. Uhren standen still oder verstellten sich von selbst, besonders häufig sein Wecker. In diesen Angaben sind nur die wesentlichsten Erscheinungen innerhalb der Erlebnisse des Mannes erwähnt. Sie sind für Infestationsphänomene typisch. Im Hintergrund dagegen bleiben körperliche Quälereien, beispielsweise gelegentliche Nadelstiche ins Körperfleisch. Es stellt sich hier die Differentialdiagnose zwischen einem schizophrenen, speziell dem hebephrenen Krankheitsbild1) und der sich vorwiegend in Infestationen äußernden Umsessenheit. Das unharmonische Schicksal ist nicht nur vom unguten mütterlichen Erbgut her vorprogrammiert. Auch das Horoskop des Patienten weist außergewöhnliche Aspekte auf. Es zeigt - ohne hier auf Details eingehen zu können - eine Häufung der Planeten in trigonalem und quadratischem Aspekt, so daß eine Aussage quasi verunmöglicht wird. Auffällig ist auch die ungleiche Verteilung der Elemente: Feuer 4 Prozent, Luft 21 Prozent, Wasser 75 Prozent, Erde 0 Prozent! Der Patient ist also „schlecht geerdet“ und somit der Spielball der Mächte. Die Schrift des H. K. ist ausgesprochen fahrig, sozusagen allen Winden offen. Wohl besitzt H. K. eine kräftige Statur, doch 1) Form der Schizophrenie mit vorwiegend affektiven Störungen und Beurteilungsschwierigkeiten. 208
die Psyche ist wenig strapazierfähig, so daß er mit vierzig Jahren nur knapp an der Internierung in eine Nervenklinik vorbeikam und auch sonst neurotischen Krisen ausgesetzt war. Die Parapsychologie fand stets sein Interesse. Er besuchte Kurse bei Matthiew Manning und Dr. Milan Ryzl, die ihm beide hohe Medialität attestiert hätten. Bei letzterem übte er kontemplative Versenkung. Nicht viel später - vielleicht in diesem Zusammenhang - traten die Stimmenphänomene auf. Der affektive Kontakt kann weder als gut noch schlecht bezeichnet werden, der Körpertypus weder pyknisch noch asthenisch. Sein Wesen erinnert nicht an das eines weitabgewandten Eigenbrötlers; zahlreiche Interessen verbanden ihn mit dem Mitmenschen. Er selbst sah sich als Umsessenen und wünschte die exorzistische Behandlung. Bei der ersten Vornahme derselben erhob er sich wieder aus dem Lehnsessel, verwarf abwehrend die Arme und brach in ein wahrhaftes Wutgebrüll aus. Dies habe ich bisher nur bei eigentlichen Besessenen gesehen. Er beruhigte sich aber bald darauf und ließ den ersten Exorzismus wie auch alle folgenden gelassen über sich ergehen. In Erwägung all dieser Fakten komme ich zur Überzeugung, daß es sich bei dem Patienten um einen Umsessenen mit der Phänomenologie der Infestation handelt. Auch wenn die Stimmen sehr häufig an die Äußerungsformen der Hebephrenen erinnern, so 209
sprechen doch alle übrigen Verhaltensweisen gegen eine schizophrene Störung. Fall L. R. Frau L. R. verbrachte ihre Jugend in einer Züricher Seegemeinde. Die pedantische und herrschsüchtige Mutter schenkte ihr wenig Liebe. Der Vater trat als Persönlichkeit nicht hervor. Die Ehe der Eltern war unharmonisch und nicht von Dauer. Obwohl keineswegs unbegabt, glückte dem jungen Mädchen der Einstieg ins Berufsleben nicht. Ebensowenig Erfüllung brachte die Ehe, die sie mit großen Zweifeln, aber auf Befehl der Mutter einging/Nach wenigen Jahren trennte sie sich, um aber bald nach der Scheidung erneut zu heiraten. Der neue Partner erwies sich aber auch als wenig beziehungsfreudig, war introvertiert, aber doch immer um seine Frau besorgt. Seit ca. zwanzig Jahren litt die zur Zeit der Behandlung fünfzigjährige Dame an Schlaflosigkeit und zahlreichen Schmerzen im ganzen Körper, welche medizinisch offenbar nie recht objektiviert werden konnten. Sie versuchte mit Meditationen und paramedizinischen Behandlungen ihrer Herr zu werden, doch immer mit unbefriedigendem Erfolg. Das Ehepaar bezog ein recht geräumiges Haus, in welchem sich aber zunehmend merkwürdige Geschehnisse abspielten. Die Dame hatte den Eindruck, 210
als ob im Hause geistige Wesenheiten verkehrten und „Kräfte“ mit jeglicher Form von Energie umgingen. Sie spürte das in Form von Kälte, Hitze und elektrischen Stromstößen, diese besonders in der Badewanne. Am Körper würde sie oft durch Nadelstiche geplagt, ja sogar Dolchstiche in die Brust glaube sie wahrzunehmen. Die Quälereien würden Kratzer, rote, oft blutige Stellen und Striemen zurücklassen. Sie habe den Eindruck, daß ständig negative Wesenheiten in Form von Energien in sie ein- und ausfahren würden, meist durch Sex und After, wobei sie Hitze und Brennen verspüre. Häufig habe sie den Eindruck, wie wenn schwere Tropfen auf ihre Körperoberfläche fallen würden. Auch dies brenne oder schmerze. Es blase, lache, huste, pfeife, schneuze und schreie durch sie. Letzteres geschehe auch außerhalb der Wohnung, selbst in der Bahn. Auch ich erlebte dies sehr häufig während der Behandlung. Es handelt sich um extrem kurze, sehr laute und explosionsartige Schreie. Die Dame sieht aber auch positive Geistwesen um sich, meist in Gestalt einer weißen Lichtscheibe. Diese Wesen würden versuchen, sie von ihren Schmerzen zu entlasten, und sie habe schon den Eindruck gehabt, sie werde durch diese leicht emporgehoben. Vor meiner Behandlung suchte die Patientin schon dreimal andere Psychotherapeuten auf, brach aber die Behandlung nach wenigen Konsultationen wieder ab. Wenig erfolgreich seien auch die Bemühungen des berühmten englischen Geistheilers Tom Johanson, 211
dem Nachfolger Harry Edwards, gewesen. Hingegen habe er ihr gesagt: „Da ist eine sehr starke psychische Kraft in Ihnen oder um Sie herum.“ Diese Angaben der Leidenden zeigen deutlich die Umsessenheit durch offensichtlich mehrere Entitäten, die sie körperlich quälen. Nun seien aber auch die A u s w i r k u n g e n der Infestation an der Materie aufgezeichnet. A k u s t i s c h e E r s c h e i n u n g e n : Von quälenden Stimmen mit unflätigem, beleidigendem, herabsetzendem oder befehlendem Charakter wird L. R. nicht geplagt. Der akademisch geschulte Ehemann bestätigt die Angaben seiner Frau. Auch er habe neben den üblichen, durch Spannungen im Holz verursachten Geräuschen unerklärliche akustische Erscheinungen gehört. Ähnliches geschehe im Heizungssystem. In der Küche hören beide das Ticken einer nicht vorhandenen Uhr, welches sich, wenn die Frau sich entferne, im Rhythmus verändere. Aus dem oberen Stockwerk, in welchem niemand wohne, vernehme man nicht selten das Geräusch umhergehender Schritte einer anscheinend leichten Person. Bei der Kontrolle sei niemand oben zu finden gewesen. Seine Frau höre oft ein nicht zu lokalisierendes Schnarchen. Er habe das ein einziges Mal festgestellt. O p t i s c h e E r s c h e i n u n g e n treten außer den nur subjektiven Visionen der Patientin nicht auf.
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T e l e k i n e s e n : Wenige Stunden nach dem Tod der Mutter fällt das sehr solid an der Wand befestigte Bild eines von der Dame verehrten indischen Yogis zu Boden, wobei der Rahmen zerbricht, Glas und Bild aber eigenartigerweise keinen Schaden erleiden. Die Umsessene berichtet ferner: „Immer wieder werden mir Gegenstände aus der Hand gerissen; oft teure Vasen spickt es von meiner Hand nach vorn. Sie fallen nicht einfach aus meiner Hand. Besonders häufig geschieht dies mit Lippenstiften, die sich aus meinen Fingern lösen, nach vorne spicken und dann irgendwo im Raum liegen, oft an ausgefallenen Orten. - Speisebrocken spickt es von der Gabel aufs Kleid, die Pantoffeln werden beim Gehen von meinen Füßen nach vorn geschubst, so daß ich dann mit bloßen Füßen auftrete. Auch meinen Arm spickt es plötzlich vom Körper weg an die Wand oder an einen Gegenstand, was oft sehr schmerzhaft ist. - Wasserhähne fangen unvermittelt zu tropfen an, was auch häufig von selbst wieder aufhört. Es ist schon einige Male vorgekommen, daß, wenn ich auf den Hahn zugehe, dieser sich von selbst öffnet und mir das Wasser auf die Bluse spritzt. - Das Klosett spült von selbst, bevor ich auf der Schüssel sitze. Gerne trage ich ein metallenes Lotussymbol in meinen Kleidern. Als ich einmal vor der Klosettschüssel stand, spickte es dieses Symbol trotz der Tatsache, daß zwei Stoffschichten darüber lagen, vor meinen Augen in die Schüssel. Dabei hatte ich mich nicht einmal gegen die Schüssel 213
hinbewegt. Das Symbol flog nicht in gerader Richtung, sondern wie geführt in einem Bogen.“ (Hier tritt wieder das Phänomen „matter trough matter“ auf, das dem Nicht-Parapsychologen im höchsten Grade unglaubhaft erscheint, doch innerhalb dieser Wissenschaftssparte als gesicherte Tatsache gilt.)
Das Glas habe sich exakt aus der Fassung gelöst und er habe in und neben dieser nicht den kleinsten Splitter gefunden. Die Stimmung zwischen ihm und seiner Frau sei harmonisch gewesen. 214
Der Ehemann berichtete: Eines Tages habe er für seine Frau, die sich im unteren Stockwerk befand, in der darüber gelegenen Küche eine Tasse Tee holen wollen. Im Augenblick des Einschaltens der elektrischen Beleuchtung habe sich bei einer der Beleuchtungsappliken die Birne losgelöst und sei über den die Birne schützenden Glasschirm emporgehoben worden. Dann sei die Birne nicht senkrecht, sondern in gebogener Linie auf einen nahen Tisch gefallen, von wo sie, auf dem Tisch noch intakt, auf den Steinboden fiel und erst dort zersplitterte. Ein ähnliches Geschehen, wie hier verbunden mit dem Phänomen der L e v i t a t i o n, ist mir von zwei weiteren Infestierten geschildert worden. Die Erscheinungen sind vor allem an die Person der Infestierten gebunden. Sie ereignen sich auch außerhalb des eigenen Hauses. So in einem Geschäft, als L. R. eine Bluse kaufen wollte. Diese fiel mitsamt dem Bügel von der Stange, als die Referentin noch mehr als einen Meter von ihr entfernt war. Hier sei auch an die Geschehnisse in meiner ärztlichen Praxis verwiesen, bei denen ich einen Zusammenhang mit der Patientin vermute (siehe Kapitel 21 „Infestationen in meiner ärztlichen Praxis“). T e l e p l a s t i s c h e E r s c h e i n u n g e n (paranormale Verformung der Gegenstände): Auf einem 215
Seidenhemd, welches die Umsessene über dem Körper trug, entdeckte diese am Abend ein typisches Brandloch. Auf der Haut fand sich eine leichte Rötung. Schmerzen habe sie aber nie verspürt. Auch die Bluse darüber sei unversehrt geblieben. Eine ähnliche Phänomenologie findet sich im Buche „Die dämonische Besessenheit“ (Adolf Rodewyk, Paul Pattloch Verlag, 1963, S. 101) im Hinblick auf das besessene Kaffernmädchen Germana Cele. Es heißt dort (gekürzt): „In Gegenwart von 20 Mädchen und einer Schwester schrie Germana plötzlich um Hilfe. Das Bett Germanas wurde kräftig geschüttelt, krachte, und mächtiges Feuer loderte aus ihm empor. Die Schwester spritzte sofort Weihwasser, und alles war vorüber. Man fand Bretter und Bettpfosten stark angebrannt, Decken und Kleider Germanas aber unversehrt. Doch wies Germana Brandwunden auf.“ Daß eine geistige - nur im erwähnten Falle dämonische - Energie gegen alle Gesetze der klassischen Physik ein angestrebtes Ziel ohne Beeinflussung der nächsten Umgebung zu bewirken vermag, vermochte Professor Werner Schiebeler, Ravensburg, beim philippinischen Logurgen Juan Blance über eine Filmaufnahme zu beweisen. Blance pflegte seine chirurgischen Behandlungen - so die Entfernung einer 216
hautnahen Talgcyste - mit einem paranormalen Hautschnitt einzuleiten. Durch geistige Konzentration und eine symbolische Schnittgeste gelang ihm stets eine Durchtrennung der Haut. Um die Möglichkeit der Verwendung eines Rasiermessers auszuschließen, legte Schiebeler eine Plastikfolie über das Operationsfeld. Der Schnitt erfolgte trotzdem an der beabsichtigten Stelle. Die Plastikfolie hingegen blieb unversehrt. Für diese paranormalen Phänomene machte der Geistheiler Blance eine numinose Wesenheit, seinen Geistführer, einen hohen Engel, verantwortlich. Bei L. R. müssen negative Geistwesen (vermutlich Engeldämonen) im Spiel gewesen sein. Gleiches vermute ich für die noch zu schildernden teleplastischen Quälereien. Immer wieder zerreißen Kleidungsstücke. Blusen werden im Kleiderschrank, wohin sie intakt aufgehängt wurden, zerrissen - und dies quer durch den Stoff - vorgefunden. Strumpfhosen zerreißen beim Anziehen in Gegenwart des Mannes mit lautem Ton. Desgleichen ein Nachthemd. Die Reißstellen sind ungewöhnlich: immer quer zum Faden und wie von einem Zentrum her nach außen führend. Von ähnlichen Erscheinungen berichteten auch zwei andere infestierte Patientinnen.1) Strümpfe, die L. R. zum Trocknen aufgehängt hatte, fand sie mit unerklärlichen Verknotungen vor. Auch die Beinteile von Strumpfhosen waren untereinander 1) H. Naegeli: „Besessenheit und Exorzismus“, S. 212. 217
verknotet, ein Geschehen, das an die zu Zöpfen geflochtenen und untereinander verknöpften Kuhschwänze beim Stallspuk erinnert. Materialisationen, Dematerialisation e n und D e p o r t e : Ein als Amulett in einer Kleidertasche gut eingeschlossenes Henkelkreuz war plötzlich verschwunden, kam aber nach zwei Wochen in der gleichen Tasche wieder zum Vorschein. Nach drei weiteren Wochen blieb es erneut und diesmal für immer verschwunden. Das gleiche geschieht auch mit anderen Gegenständen, selbst mit Geld aus einer Kassette. Gleichzeitig erweisen sich die Deckelscharniere als verbogen. Oft finden sich unerklärliche Flecken auf dem Fußboden oder auf Teppichen, die nicht mehr zu entfernen sind. Es sei, wie wenn eine undefinierbare Materie aufgespritzt worden und eingetrocknet sei. Auch in einer Holzschale sei dies festzustellen gewesen. A t t a c k e n gegen Blumen im Hause: Während der ganzen Zeit der Betreuung, die fast zwei Jahre dauerte, klagte Frau L. R. über Beschädigungen ihrer Topfpflanzen und der Schnittblumen. Einzig die Blumen, die nahe ihrer antiken Buddhastatue aufgestellt seien, würden keinen Schaden erleiden. Die Attacken geschehen in drei verschiedenen Modalitäten. Relativ selten erscheinen einzelne Blätter 218
wie versengt und fast schwarz. Vielfach beobachtet L. R., daß Stengel und Blüte der Blumen noch frisch sind, aber nur ein kleiner fünf Millimeter hoher Teil des Stengels direkt unter dem Kelch die Farbe verliert, als wäre er gequetscht worden. Dann knickt die Blüte ein. Mehrfach brachte mir die Dame solch geknickte Blumen. Gelegentlich werden die Blüten abgerissen und dann in geometrischer Anordnung auf dem Tisch ausgebreitet. Wie fast bei allen Infestationen sind Maschinen und Apparate am meisten betroffen, die in ihrer Funktion gestört werden, hingegen später oft ohne äußeres Dazutun wieder in Gang kommen. Dies betrifft unter anderem das Glätteisen und die Geschirrwaschmaschine, den Tumbler, das Heizungssystem, die Uhren. Fachleute können sich die Ursache der Schäden meist nicht erklären. Auch der Personenwagen, welchen der Ehemann führte, blockierte an einer sehr unangenehmen Stelle. Die Touringhilfe fand keine Begründung. Nach ca. dreißig Minuten, nachdem die Helfer bereits wieder gegangen waren, fuhr der Wagen wieder tadellos, ohne je wieder zu versagen. Einmal setzte die Uhr am Backofen aus und leuchtete nicht mehr. L. R. schaltete aus Vorsicht alle Sicherungen aus. Trotzdem leuchtete jetzt die Uhr wieder auf. Einmal, als das Ehepaar mit dem Lift nach oben fahren wollte, setzte sich dieser, noch bevor die 219
beiden in der Nähe waren, von selbst in Bewegung. Es war aber niemand sonst im Haus. Auch dieses Phänomen ist mir schon mehrfach berichtet worden. Der Grammophonapparat wechselte mit einem Mißton die Spurweite von 33 auf 78 von selbst. Bei gelegentlichen Rückfragen, die ich der Dame stellte, um ihre Wahrhaftigkeit zu überprüfen, erhielt ich präzise und kongruente Antworten. Die Behandlung bestand in Exorzismen und Suggestionen, die der Patientin Linderung verschafften. Daneben wurde auch die Psychotherapie nicht vernachlässigt. Eine wesentliche Besserung war aber nicht feststellbar. Ein Jahr nach Behandlungsabschluß war der psychische Zustand unverändert, und auch die Infestationsphänomene klangen nicht ab.
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21. Infestation in meiner ärztlichen Praxis Hier sei auch ein Geschehen geschildert, das sich in meinen Praxisräumen ereignete, nachdem eine Patientin, die zahlreiche Infestationen in ihrer Wohnung zu erdulden hatte, sich bei mir exorzieren ließ. Ich behandelte die Dame nach dreiwöchiger Abwesenheit an einem Freitag, dem ersten Tag des Wiederbeginns meiner Praxis. Während meiner Ferien hatte niemand die Räume betreten. Samstag/Sonntag ist die Praxis geschlossen. Am folgenden Montag hatte ich ein Schriftstück zu unterzeichnen und wollte dazu einen Stempel mit Gummiprägung auf Holz benützen. Die vollständige Aufschrift lautete: Veteranenverein des Männerchors Zürich Der Präsident Die untere Zeile des Stempelaufdrucks „Der Präsident“ fehlte aber, sie hatte sich abgelöst. Ich suchte intensiv danach, die Zeile hätte ja auf das Pult fallen müssen, war aber nirgends mehr zu finden, auch auf dem Boden nicht. Sie wurde nicht wieder apportiert. Dieser Vorfall wäre an und für sich noch kein Hinweis auf reales Infestationsgeschehen. Andere Erklärungsmöglichkeiten gäbe es noch genug. Doch kurz 221
darauf, am gleichen Tag, begab ich mich zu einem meiner Büchergestelle, um ein bestimmtes Buch zu nehmen. Dort auf einem der Regale stand eine Petrusstatuette, die ich vor Jahrzehnten von einer Patientin erhalten hatte. Mehr scherzhaft hatte ich Petrus einer Darstellung der „Kali Durga“ in Messing gegenübergestellt, welche ich vor dreißg Jahren aus Indien heimgebracht hatte. Kali Durga entspricht der griechischen Hekatë, einer Halbgöttin, die zwar embryonales und kindliches Leben beschützt, als Gespenst aber den Erwachsenen auflauert und diese zu verderben trachtet. Kali Durga trägt eine Kette von Totenköpfen um den Hals. Zu meinem Erstaunen bemerkte ich, daß der Thron, auf welchem Petrus gesessen, leer war. Bei genauer Überprüfung gewahrte ich, daß Petrus, der zuvor mittels eines angeschmiedeten Fußes stets fest mit seinem Thron verbunden gewesen war, nun offenbar losgelöst, Kopf nach unten in der Öffnung steckte und nur noch die Beine, verdeckt durch eine metallene Rückleiste, herausschauten. Diese Petrus-Statuette hatte ich schon viele Male zuvor in den Händen und glaubte sie fest mit ihrem Bronze-Sessel verbunden, von welchem sie sich noch nie gelöst hatte. Zur Loslösung bedurfte es erheblicher Gewalt, und es ist ausgeschlossen, daß irgend einer meiner Patienten sich diesen Scherz erlaubt hätte. Die Gleichzeitigkeit beider Vorkommnisse deutete - wie erwähnt - auf ein paranormales Geschehen hin. So halte ich es für wahrscheinlich - naturwissenschaftli222
che Beweise fehlen natürlich -, daß Geistwesen die am Freitag anwesende, laufend durch Infestationen geplagte Patientin begleiteten und auch meinen Praxisraum heimsuchten. Die Infestationen folgten ihr ja auch in ihre vor wenigen Monaten gewechselte neue Wohnung. Die Infestationsphänomene erweisen sich also als personengebunden. Immerhin ließe sich aus dem Vorgefallenen ein Sinn ableiten. Die Foppund Schadengeister, welche die Patientin auch außerhalb des Hauses quälen, wollten die dem Erwachsenen negativ gesinnte Dämonin (Kali Durga) - als solche war sie dargestellt - von der Kontrolle des heiligen Petrus befreien. Auch dieser Gedanke sei nur als Hypothese gedacht. Einmal mehr möchte ich betonen, daß solche Ereignisse viel häufiger vorkommen, als wir vermuten. Sie sind unserem „aufgeklärten“ Denken so fremd, daß sie zwar als eigentümlich vermerkt, aber - zumal ein Verständnis hierfür fehlt - bald wieder vergessen werden. Ein weiteres eigenartiges Geschehen ereignete sich in einem über der Praxis gelegenen, von mir bewohnten Raum. Ein aus Nepal heimgebrachtes in Kupferblech getriebenes Bild des indischen Gottes Ganesha von nur drei mal drei Zentimeter Größe hatte ich an der Seitenwand eines Schrankes mittels eines breiten Klebstreifens befestigt. Daß es herunterfiel, war nicht weiter verwunderlich. Aber es blieb während sechs 223
Monaten unauffindbar. Der Raum, in welchen es hätte fallen müssen, war auf drei Seiten geschlossen und kaum einen halben Quadratmeter groß. Dann besuchte mich ein parapsychologisch interessiertes Ehepaar. Wir waren längere Zeit zusammen im Raum. Das Ehepaar übernachtete dort und verließ das Zimmer am folgenden Tag, einem Sonntag. Erst am Montag betrat ich wieder den Raum und fand den Ganesha wenige Zentimeter vor dem Waschbecken auf dem Boden liegen, gerade in dem Umfeld, wo er eigentlich vor Monaten hätte hinfallen können. Von den Gästen hätte er gesehen werden müssen, oder er hätte auch zertreten werden können.
Dies alles erschien mir merkwürdig; auch hatte kein Mensch den Raum, der gegen Diebstahl doppelt gesichert ist, in der Zwischenzeit betreten können. Ich telefonierte sofort, doch das Ehepaar versicherte mir, daß sie den Ganesha, den sie als solchen sofort erkannt hätten, nicht gesehen noch in die Hände genommen hatten. Es scheint sich also um einen Deport und späteren Apport gehandelt zu haben, ein Geschehen, über das meine von Infestationen geplagten Ratsuchenden häufig berichten. 224
22. Die Autonomie transzendenter Geistwesen Für das Verständnis der zu beobachtenden Phänomene bei Besessenheit, Umsessenheit, Infestation und Spuk ist es wesentlich, nicht nur auf die Existenz transzendenter Geistwesen hinzuweisen, sondern auch deren Autonomie, also deren Selbständigkeit und eigenes Entscheidungsvermögen als Tatsache anzuerkennen. Die akademisch geprägte Psychologie und Parapsychologie versucht für das Auftreten von Telekinesen und Psychoplastiken innerhalb eines Poltergeistspuks nur das Psychopotential eines Lebenden verantwortlich zu machen. Dieses Psychopotential werde - so die orthodoxe Forschung - durch bewußte oder unbewußte Spannungen der beim Spukgeschehen Beteiligten freigesetzt. Emotionsgeladene unbewußte Gedanken und Seelenzustände seien die Ursache für die Telekinesen und die anderen vielfältigen Erscheinungen am Ort des Geschehens. Wie die Übertragung der seelischen Energien des Lebenden auf die Materie stattfindet, wird nicht diskutiert. Mit dieser Hypothese kann die für das naturwissenschaftliche Denken inkompatible Vorstellung einer Existenz unkörperlicher Wesen umgangen werden. Die für das Spukgeschehen seitens dieser Forscher beschuldigten Jugendlichen finden meist keine Erklärung für das Geschehen und empfinden dieses 225
als persönlichkeitsfremd, zumal sie eben auch in ihrem bewußten Denken nichts Entsprechendes festzustellen vermögen. Ein im deutschen Sprachraum berühmter Spukfall ist jener von A. Resch untersuchte und von H. Bender veröffentlichte Spukfall in einer Anwaltspraxis in Rosenheim (Bayern). Nebst anderen erstaunlichen Phänomenen wurde zigmal pro Stunde vom Anwaltsbüro aus die telefonische Zeitangabe bemüht. Dabei war die frisch eingetretene junge Angestellte A. S. meist nicht im Büro anwesend. Sie war meines Erachtens sicher im Spiel als Energiespenderin, da sich auch bei ihrer Anwesenheit in entfernt liegenden Gebäuden paranormale Phänomene ereigneten. Wie aber sollte das Unbewußte des Fräulein A. S. auf einen solch ausgefallenen Einfall kommen? Für den Ablauf materiellen Geschehens bedarf es gezielter Impulse. Diese lieferte nicht das Unbewußte des Mädchens, sondern höchstwahrscheinlich die Intentionen autonomer Geistwesen. Vorläufig läßt sich aber weder die eine noch die andere Hypothese beweisen. Für meine Ansicht spricht auch die Erfahrung, daß die Beteiligten durch das Spukgeschehen nicht nur überrascht und geängstigt werden, sondern sie auch völlig unbekannten und unverständlichen Geschehnissen gegenüberstehen. Dies kommt beim Spuk im Hause des Rechtsan226
walts und Nationalrats Joller in Stans (Schweiz) deutlich zum Ausdruck. In ihrem Buche schildert Dr. Fanny Moser1) ein Spukgeschehen um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Familie Joller war hochangesehen und bestand neben den Eltern aus sieben Kindern aller Altersjahre. Hinzu kam eine jugendliche, ehrbare und psychisch unauffällige Dienstmagd. Sich vorzustellen, eines dieser Kinder oder die Haushaltshilfe hätten das Spukgeschehen aus dem von inneren, eventuell sexuellen Spannungen geplagten Unbewußten ins Haus und die Umgebung „exteriorisiert“, wie dies C. G. Jung vermutete, als sein Haus während einer persönlichen Krise durch allerdings mildere Infestationsphänomene heimgesucht worden war, widerspricht jedem unbefangenen Denken. Einmal fiel ein schwerer Baumast durch den Kamin auf die Feuerstelle, obwohl sich niemand auf dem Dach befunden hatte. Es handelte sich vermutlich um eine Materialisation oder einen Apport. Neben einer Vielzahl von Telekinesen, wobei Gegenstände ohne sichtbare Verursachung auf dem Fußboden gegen die Hausinsassen getrieben oder in den Garten geschleudert wurden, konnten im Spukhaus des öfteren klagende Stimmen vernommen und auch Geistwesen gesehen werden. Keiner der Bewohner des Hauses hätte - wären sie befragt worden - die Erscheinungen auf sich genommen, selbst wenn sie, was damals noch nicht möglich 1) Fanny Moser: „Spuk“, Gyr Verlag, Baden (CH), 1950. 227
war, um eine unbewußte Seelentätigkeit Bescheid gewußt hätten. Sie hätten dann bekennen müssen: „Mein Unbewußtes ist wild geworden und vermittelt mir völlig fremde Erscheinungsformen des Lebens.“ Alle Hausbewohner waren vom Geschehen verängstigt, da sie es nicht verstehen konnten. Die noch immer von Dogmen eingeschränkte Psychologie neigt dazu, im Bedarfsfall Reaktionen in die menschliche Psyche zu projizieren, die sich dann als abwegig erweisen, wenn auf die Verhaltensweise des Menschen abgestellt wird. Die natürlichste Erklärung in diesem wie in vielen anderen Fällen bietet die Hypothese, daß eine noch erdgebundene Wesenheit, die feinstofflichen Energien der zahlreichen Jugendlichen verwertend, das Spukgeschehen gestaltete. Möglicherweise wurde diese, vermutlich eine „Arme Seele“, durch einen „Engeldämonen“ mit großem Energiepotential dazu gezwungen. Die Autonomie dieser transzendenten Einwirkungen tritt bei der Durchsicht des Moserschen Berichts deutlich in Erscheinung. Persönlichkeitsstruktur und das Unbewußte nur vorübergehend anwesender Personen verantwortlich zu machen, entbehrt besonders beim ortsgebundenen Spuk jeder Wahrscheinlichkeit. Erläutert sei dies am folgenden Erlebnis.1) 1) H. Naegeli: „Ein selbsterlebter Spuk“, in: Neue Wissenschaft, 7. Jahrgang, Heft 2, 1957. 228
Einige Monate vor meiner Anwesenheit als parapsychologischer Experte in einer Burg mit ortsgebundenem Spuk übernachtete - so der Burgbesitzer - ein Universitätsprofessor der Chemie in einem der vom Spuk betroffenen Zimmer. Am folgenden Morgen berichtete dieser, es habe sich im Laufe der Nacht von einem seinem Bett gegenüber befindlichen antiken Schrank ein Holzstück losgelöst und sei gegen alle Gesetze der Schwerkraft in weitem Bogen gegen sein Bett geschleudert worden. Ein solches Geschehen sei ihm unverständlich. Der Gastgeber beruhigte ihn mit der Erklärung, die gelegentlich um die Burg tobenden Winde seien dafür verantwortlich. Kurze Zeit darauf aber schrieb ihm der Gelehrte einen Brief (den ich einsehen durfte) mit ungefähr folgendem Wortlaut: „Sie waren so liebenswürdig, mich wegen des so ungewöhnlichen Vorfalls zu beruhigen. Nach langem Überlegen aber kann ich Ihre Ansicht nicht mehr teilen. Mein Bett befand sich an der Außenwand des Schlosses. Die Wand, vor welcher der Schrank stand, war aber gleichzeitig diejenige eines Innenraumes. Die Winde können nicht von innen blasen, und so muß der Vorfall anderen Verursachungen zugeschrieben werden.“ Es ist wenig wahrscheinlich, daß der Besucher jenes Spukzimmers den geschilderten Geschehensablauf bewußt oder unbewußt gedanklich geprägt hat und dies dann zur Geschehenswirklichkeit führte. An diesem Beispiel wird ganz offensichtlich, daß eine autonome Fremd-Intelligenz am Werke war. 229
Im gleichen Sinne habe ich auch mein eigenes Erlebnis auf jener Burg zu deuten: Gegen zwei Uhr nachts, als es dort eben so friedlich geblieben war wie in meiner eigenen Wohnung, hatte ich, indem ich mich für zu wenig medial begabt hielt, jede Hoffnung auf ein paranormales Erlebnis aufgegeben. Dann aber, kurz vor drei Uhr, wurde ich wachgerüttelt, fühlte mich in massiver Weise angegriffen und erlebte Dinge sowie Eigenreaktionen, die sich in den folgenden dreißig Jahren nie mehr ereigneten. Der medial begabte Hausherr schilderte mir, wie er auch außerhalb der Burgmauern Einwirkungen des Geistwesens ausgesetzt gewesen sei, die unerklärlich geblieben waren. Er male oder zeichne gerne Bäume. Nicht selten aber hätten sich die Reißnägel, mit welchen das Papier auf der Holzunterlage befestigt war, von selbst hochgehoben und seien quer über das Papier gewandert, um dann über den Brettrand ins Gras zu fallen. Gleichzeitig habe ihn ein heftiges Unbehagen ergriffen. Schnell habe er dann seine Sachen zusammengepackt und sei ins Schloß geflüchtet. Auch bei diesem Beispiel kann man sich schwerlich vorstellen, daß der in gesetztem Alter stehende und von seiner Arbeit erfüllte Eigentümer über entsprechende unbewußte Vorstellungen Urheber des Geschehens gewesen ist. Interessant ist ferner, daß weder dessen Frau noch die Töchter in den Spukräumen oder anderswo paranormalen Phänomenen begegneten. 230
Offenbar bedarf es angeborener Medialität, um einem Geistwesen die erforderlichen Energien zu liefern. Medial Unbegabte kommen zu keinem diesbezüglichen Erleben und sollten paranormale Erscheinungen so wenig zu beurteilen versuchen, wie ein intellektuell wenig Begabter die heutigen kernphysikalischen Erscheinungen. Ein ebenfalls eindeutiges Bild vermittelt der von Katharina Nager und mir 1962 untersuchte Poltergeistspuk1) in einem dem Abbruch geweihten Hause Luzerns. Zwei künstlerisch interessierte jugendliche Arbeiter erhielten darin vom Eigentümer für einige Zeit Bleibe und Atelier. Die jungen Bewohner berichteten: „Schon am ersten Abend unserer Anwesenheit begann die Unruhe. Wir richteten die Räume ein, als plötzlich Nägel und Schrauben aus der Luft auf den Boden fielen. Dann flogen kleine Steine aus verschiedenen Richtungen auf uns zu, und zwar diagonal gegen oben oder im Bogen nach unten. Getroffen wurden wir nicht. An Spuk hatten wir bisher nicht einmal geglaubt. In der Folge wurden wir sogar vom menschenleeren Garten aus mit größeren Steinen beworfen. Wenn wir getroffen wurden, tat es nicht weh. Ein Holzbalken von 120 Zentimeter Länge und 15 Zentimeter Breite erhob sich von selbst um ein Meter fünfzig vom Boden und zertrümmerte eine Scheibe des Geschirrschranks. 1) In: „Neue Wissenschaft“, Heft 2, 1964. 231
Ein anderes Mal hörte einer von uns im oberen Stockwerk schwere dumpfe Schritte. Er ging nach oben, fand aber niemanden. Zurückgekehrt, ließ sich die Küchentüre nur schwer öffnen. Zwei große schwere Schachteln, die sich vorher neben der Türe befunden hatten, verstellten nun diese. In einer derselben lag die schwere Kochpfanne, die vorher auf dem Herd gestanden. Ein anderes Mal vermißten wir ein Beil. Nach einigem Suchen sahen wir es unter einem Deckenbalken, hin und her schwebend. Schließlich fiel es schräg auf den Boden, also nicht der Schwerkraft entsprechend.“ Der Hausbesitzer wußte angeblich nichts von der Spukbelastung der Liegenschaft, doch erwähnte er den Selbstmord eines früheren Hausbewohners. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß das Unbewußte der jungen Leute solches Geschehen erdacht oder gar inszeniert hätte. Viel naheliegender erscheinen die Aktionen eines unkörperlichen und in seinen Absichten autonomen Geistwesens. Dies gilt auch besonders für den von Schrenck-Notzing (Zeitschrift für Parapsychologie, Heft l, 1929) geschilderten Poltergeistspukfall (...), den Bonin im Lexikon für Parapsychologie S. 343 zusammenfaßt: „Wilma Molnar, ein 14jähriges Bauernmädchen aus dem Burgenland (Österreich) befand sich 1925 als Kindermädchen in Stellung. Dabei traten die folgenden paranormalen Erscheinungen auf: Kartoffeln liefen von selbst eine Treppe hinauf; Hausrat flog 232
durch die Luft, ohne zu zerschellen; Wilmas Kleider lagen plötzlich zerstreut im Zimmer herum; zweimal soll ein sechs Monate altes Baby samt Kissen aus der Wiege auf den Fußboden transportiert worden sein, was das Baby fröhlich hinnahm. Später wurden die Manifestationen heftiger und aggressiver. Unter anderem wurde das Baby von einer Flasche getroffen und trug eine Beule davon. Wilma kam in einen anderen Haushalt und wurde fortwährend kontrolliert. Trotzdem setzten sich Löffel, Messer, Gabeln, Holzstücke usw. dauernd in Bewegung, verließen die geschlossenen Schubladen und flogen hin und her.“ Einen sehr illustrativen Spuk entnehme ich dem Büchlein Rudolf E. Passians „Parapsychologie und Spiritismus“ (Wegweiser-Reihe, Heft 3),1) das in kurzer und hervorragender Weise die Kontroverse zwischen Animismus und Spiritismus sowie das Fortleben der menschlichen Individualität nach dem Tode beleuchtet. „In der Rue de Grès in Paris wurde ein frei im Garten stehendes Haus von Steinen bombardiert, die große Verwüstungen anrichteten. Die Steine waren so schwer und kamen aus so großer Entfernung, daß sie unmöglich von menschlichen Händen geworfen sein konnten. Die Leute stiegen auf die Dächer der umliegenden Häuser, um dem Schauspiel zuzuschauen. Die Steine flogen hoch über ihren Köpfen aus großer Ent1) Herausgeber „Arbeitskreis Urchristentum“, Berlin. 233
fernung heran und trafen das Ziel mit mathematischer Sicherheit. Als Fenster und Türen zerstört waren, verschalte man sie mit Brettern. Bei einem der Fenster war eine lange schmale Spalte frei geblieben, und von diesem Augenblick an fielen Steine der entsprechenden Form durch diese Spalte. Die Polizei fand keinen Urheber.“ (Gazette des Tribunaux - Organ der Polizei, vom 3.2.1849) Auch in diesem Spukfall erscheint die Annahme, es seien nur menschliche Energien im Spiel gewesen, wenig glaubhaft. Die Frage, ob das Unbewußte ein vom Bewußtsein unabhängiges zweites Persönlichkeitszentrum, ein „tieferes“ Bewußtseinszentrum mit autonomer Aktionsmöglichkeit beinhaltet, ist bis jetzt noch nie endgültig entschieden worden, muß aber meines Erachtens bejaht werden. Bewußte und unbewußte Seelentätigkeit, erstere an die anatomischen Gehirnzentren, letztere an feinstoffliche Substrate des Individuums gebunden - so vermute ich -, verfügen über Bindungen, die oft auch komplementären Charakter aufweisen. Beide verfügen über ein Energiepotential, wobei das feinstoffliche Potential des „tieferen Unbewußten“ erheblich leichter von feinstofflichen Entitäten unterwandert und zu persönlichkeitsfremden Absichten mißbraucht werden kann. Ich bin der Auffassung, daß das tiefere Bewußt234
seinszentrum über eigene Energiepotentiale verfügt und gelegentlich, wie dies im Kapitel „Kleinphänomene der Infestation“ geschildert wird, ein Überpotential bei innerer Spannung nicht nur in die physiologischen Funktionen des Körpers im Sinne einer Funktionsstörung entlädt, sondern auch ein eingeschlossenes Glas zur „Explosion“ oder eine Uhr zum Schlagen bringen kann. Bei diesem Sachverhalt wäre der Begriff „Infestation“ allerdings nicht mehr gerechtfertigt. Diese Bezeichnung beinhaltet eine Einmischung von Geistwesen, die die feinstofflichen Energien des Opfers anreichern und mißbrauchen. Dies kann eine relativ harmlose Infestation oder massiven Poltergeistspuk zur Folge haben. Die vielfältigen Facetten unseres „tieferen Bewußtseins“ - im psychologischen Sprachgebrauch des „Unbewußten“ - scheinen die Begegnungsstätte zwischen unserer diesseitigen und der transzendenten Welt mit ihren Entitäten, Verstorbenen und archaischen Geistwesen zu sein. Hier können sich die Energien vermischen. Dies geschieht im Positiven wie im Negativen, im aufbauenden Sinne als kosmische Erkenntnis (Intervention von Engelwesen) wie im destruktiven Sinne als störende Einmischung von Engeldämonen. Die Verwirklichung der Energien kann im Geistigen verbleiben oder in die materielle Welt ausstrahlen. Der erwähnten Publikation R. Passians entnehme ich einen Passus des Züricher Kassationsgerichtsprä235
sidenten Georg Sulzer aus seinem Buch „Licht und Schatten der spiritistischen Praxis“ (Leipzig 1913, S. 107): „Der irdische und der entkörperte Geist besitzen, weil von der gleichen Wesenheit, die gleichen Kräfte und Fähigkeiten, und die okkulten Phänomene können daher ebensowohl von irdischen Menschen als von entkörperten hervorgebracht werden, meiner Ansicht nach allerdings von ersteren nur auf Grund einer abnormen Lockerung der Verbindung zwischen Astralleib und grobstofflichem Leib. - Gar nicht selten ist das Phänomen zum einen Teil animistisch, zum anderen spiritistisch, was nicht leicht zu entscheiden ist.“ Es ist erstaunlich, wie sehr die Gegner der Existenz autonomer Geistwesen von ihrer dogmatischen Warte aus urteilen und sich nicht die Mühe nehmen, diesbezügliche, ihren Ansichten widersprechende Schilderungen zur Kenntnis zu nehmen. Es würde genügen, einige der zahlreichen Berichte über spiritualistische Sitzungen (ich verweise hier auf die Berichte des Theologen und Universitätsprofessors in Reykjavik Haraldur Nielson) vorurteilslos zu beachten, um zu erkennen, von wie vielen Wesenheiten der Transzendenz, vor allem Verstorbenen, wir ständig umgeben sind. Dabei handelt es sich bei den Berichterstattern häufig um akademisch gebildete Privatforscher. Solche sind oft viel integrer als gewisse Universitätsinstitute, die unter sich in einem aufreibenden Kon236
kurrenzkampf stehen. Nielsson nahm zu Beginn des Jahrhunderts sehr aktiv an spiritistischen Sitzungen in Reykjavik teil. Der Zirkel verfügte über ein außergewöhnlich begabtes und integres Medium, Indridason, welches imstande war, mit Verstorbenen in engsten Kontakt zu treten. Dabei kam es zu den unterschiedlichsten paranormalen Phänomenen, aber auch zu Auseinandersetzungen zwischen wohlgesinnten und bösartigen Geistwesen. Fast immer handelte es sich um Verstorbene, im kirchlichen Sinne „Arme Seelen“. Eine der zahlreichen Gegebenheiten schildert Nielsson auf Seite 30 seines im Verlag Oswald Mutze 1922 erschienenen Buches „eigene Erlebnisse auf dem okkulten Gebiet“. In von mir gekürzter Ausführung: „Nach einem harten Kampf mit zwei Intelligenzen, die in ihren Ausdrücken sehr grob waren, setzte ich mich mit dem Medium zusammen auf eine Treppe, die zum Rednerstuhl führte. Ich hielt beide Arme um die Schultern des Mediums und preßte seine beiden Beine zwischen meine Knie, um es zu kontrollieren. Da wurde plötzlich der Rednerstuhl, der sowohl an die Wand wie an den Fußboden angenagelt war, abgerissen oder abgesprengt und auf den Fußboden bis ganz an das Netz hingeworfen. Ich hielt das Medium weiter auf dieselbe Weise fest, wurde aber nun mit ihm in den Armen etwas in die Luft hinaufgeworfen, so daß wir beide weithin auf den Fußboden 237
flogen. Ich stieß meine Hände beim Hinfallen, und das Medium war so nahe an den weggerissenen Rednerstuhl hingeflogen, daß einer der Nägel tief in seine Lende drang (...) Ich finde, daß ich in aller Kürze mitteilen muß, teils was die Friedensstörer (innerhalb der spiritistischen Sitzungen) selbst sagten, teils was die Kontrollen uns von ihnen erzählten. Einer von ihnen wurde der Kapitän genannt, denn er war - nach dem, was sie meinten - Führer eines Fischerkutters gewesen und vor kurzem mit der ganzen Besatzung beim Untergang des Schiffes umgekommen. Nach dem, was sie uns erklärten, waren sie ins Boot gekommen und hatten sich mit Branntwein gestärkt. Nach langem Kampf mit dem furchtbaren Wetter waren sie doch in der Brandung dicht am Land umgekommen. Derjenige von Indridasons Kontrollgeistern, der am deutlichsten Bescheid gab, behauptete, daß sie sowohl böse wie betrunken gewesen seien, und in diesem Zustand waren sie ertrunken. Und er fügte hinzu, daß es gefährlich wäre, direkt vor dem Übergang ins Jenseits in diesem Zustand zu sein. Ein solcher Gemützustand würde unvermeidlich eine Weile auf der anderen Seite fortdauern, und er glaubte, sie wären auch nicht ganz über die Situation orientiert. Nach einiger Zeit hörten alle Unruhen auf. Und eines Abends manifestierten diese Intelligenzen sich außer dem Medium nochmals als direkte Stimmen. Nun waren sie vollkommen ruhig und baten uns um Verzeihung für das, was sie 238
getan hatten. Und der Kapitän fügte hinzu: 'Wir wußten tatsächlich nicht, was wir taten, wir waren im Rausch.'“ Leider ist dem Berichte Nielssons nicht zu entnehmen, ob sich die Schiffsbesatzung identifizieren ließ, wie Nielsson und auch andern Parapsychologen dies in vielen Fällen einwandfrei gelang. Auf Grund der geleisteten Forschungen Nielssons ist aber an der Realität des Geschehens nicht zu zweifeln. Sie deckt sich mit den Berichten vieler anderer zuverlässiger Forscher - z.B. C. Wicklands - und erhärtet die Annahme, daß auch nach dem Tode eines Menschen sich dessen psychische Aktivität fortsetzt. Das geschieht nicht nur innerhalb seiner individuellen transzendenten Wirklichkeit. Psychische Energien der Toten können sich auch in unserer diesseitigen, materiellen Sphäre auswirken. Diese Erkenntnis wird in wenigen Jahrzehnten auf ebenso sicheren Füßen stehen, wie dies vor der „Aufklärung“ der Fall war und heute noch fast überall im Fernen Osten üblich ist.
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23. Bewirkung der Materie über personale psychische Kräfte Eine 45jährige psychisch unauffällige Dame weilte mit ihren beiden Katzen zu Besuch bei meinen Söhnen. Unerwartet erschien die Lieblingskatze mit einer gefangenen Maus im Wohnzimmer und ließ sie nach Katzenart vorübergehend wieder los. In ihrer Panik flüchtete die Maus in den nächsten Verschlupf, der aber zur Feuerstelle führte. Bei der Verfolgung versengte sich die Katze die Pfote, und die Maus konnte sich nicht mehr aus dem Feuer retten. Der Katze wie auch der Maus galt die starke emotionale Erregung der Dame. In diesem Augenblick ertönte ein einziger Glockenschlag aus einer im Wohnzimmer aufgestellten, aber seit Jahrzehnten stillstehenden antiken Uhr. Die spontane Erregung muß also die als Psychokinese einzuordnende Bewegung am Glocken werk der Uhr bewirkt haben - vielleicht weil die Erlebende unbewußt gedacht hatte: „Jetzt hat's geschlagen.“ Eine Mitbeteiligung eines Geistwesens ist in diesem Falle wenig wahrscheinlich. Der Mensch vermag also, wie im Kapitel „Kräftespiel zwischen Mensch und Geistwesen bei paranormalem Geschehen“ ausgeführt wurde, über sein eigenes Psychopotential die Materie zu bewirken. Dies geschieht häufig an Uhren, die als „Psychoide“ bezeichnet werden können. Unter „Psychoiden“ versteht man Gegenstände, welche mit Psychopotentialen angereichert wurden. 240
24. Das Künden als wesensverwandtes Phänomen der Infestation Künden (alemannisch) bedeutet kundtun. Das Künden kann definiert werden als Botschaft eines Sterbenden oder erst seit kurzem verstorbenen Menschen, spontan oder nach vorheriger Verabredung. Uhren, Gläser, Wände und gut sichtbare Gegenstände werden dazu benützt. Das Künden kann vor dem Ableben des Menschen erfolgen. Dies sei an einem Beispiel geschildert. Eine Dame, die aus dem schweizerischen Kantonshauptort Schwyz stammte, erzählte mir, daß das „Künden“ in ihrer Heimatgemeinde besonders häufig vorkomme. Sie selbst sei soeben vom Begräbnis ihrer Schwester zurückgekommen. Sie habe deren bevorstehenden Tod in der Wohnung einer anderen Schwester erwartet. Die Sterbende aber habe in ihrer eigenen Wohnung gelegen. Als die beiden Schwestern still beieinander saßen - es war 15.00 Uhr - habe plötzlich eine antike Standuhr aus Familienbesitz dreimal geschlagen, sei darauf für sieben Minuten in Gang gekommen, um dann wieder für immer stillzustehen. Diese Uhr habe seit dreißig Jahren ihren Dienst nicht mehr versehen und sei vom Uhrmacher als irreparabel bezeichnet worden. Sie glaubten, nun sei die Schwester gestorben und begaben sich in deren Wohnung. 241
Die Schwester lebte noch, aber genau 15.07 Uhr des folgenden Tages verschied sie. Die Kundgabe erfolgte also noch seitens eines lebenden Menschen. Dessen geistige Kräfte wußten offenbar im voraus um den Zeitpunkt des Todes. Die Bewirkung der irreparablen Standuhr erinnert stark an die Fähigkeiten Uri Gellers, welche im Kapitel 25 „Kräftespiel zwischen Mensch und Geistwesen“ dargestellt werden. Es handelt sich um ein Geschehnis in einer Raum-Zeit unabhängigen Dimension, vielleicht der entelechalen oder aeonischen Burkhard Heims. Wir vermögen lediglich Sinnzusammenhänge zu erkennen, nicht aber Kausalitäten auf materieller Ebene. Nur die Übertragung feinstofflicher Energien auf die Materie kann in Betracht gezogen werden. Die Art und Weise der Vorgänge bleibt noch hypothetisch. Dr. med. Thomas Hansen und seine Ehefrau Herta, die sich um die Kirlianforschung verdient gemacht haben und über ein weites Spektrum innerhalb der Parapsychologie verfügen, berichten über ein Geschehnis im Jahre 1987, welches die Einwirkung transzendenter Entitäten auf materielle Gegenstände eindeutig erhellt. Hier sei zunächst die Vorgeschichte geschildert: Bei Arbeiten an einem Wasserreservoir nahe ihrem Haus in einem abgeschiedenen Dorf des Allgäus fiel Dr. Th. H. die Kante einer rund zweihundert Kilogramm schweren Betonplatte aus etwa einem Meter 242
Höhe auf die Endglieder der Finger beider Hände, mit Ausnahme der Daumen, und quetschte sie platt. Die Nagelbetten mehrerer Finger waren dabei aufgerissen und stark verunreinigt, die Schmerzen fast unerträglich. Dr. H. lief mit erhobenen Armen und schreiend vor Schmerzen ins Haus, wo eine Frau aus dem Dorfe, die als Spruch-Heilerin bekannt war, beim Weihnachtsputz half. Bevor aus der Hausapotheke ein Schmerzmittel entnommen werden konnte, sagte die Frau: „Das mach' ich schon“, bekreuzigte sich und murmelte ein Heilgebet. Während Dr. H. noch unwillig dachte: „Das kann doch diesen wahnsinnigen Schmerz nicht heilen“ und ungeduldig zu seinen Medikamenten wollte, verschwand zu seiner völligen Überraschung im gleichen Augenblick der Schmerz restlos. Ungläubig sah er auf seine zerquetschten Finger, während die Heilerin sagte: „Ich muß nun noch einen Spruch beten, damit sich's nicht entzündet.“ So geschah's: Der Schmerz kam entgegen allen Befürchtungen nicht wieder, und unter einem einfachen Rivanolverband heilten die zerrissenen und verschmutzten Nagelbetten ohne Entzündung und ohne Deformierung der Nägel ab. Bereits nach zwei Tagen - am 1. Weihnachtsfeiertag - konnte Dr. H. schmerzlos mit diesen noch zerquetschten Fingern bei einem kleinen Hauskonzert die Flöte spielen! Dies nur die Vorgeschichte. Wenig später erfuhren Hansens, daß eine ihnen befreundete, schon länger an Krebs erkrankte Dame in ihrem Haus in Husum 243
(Schleswig-Holstein) jetzt darnieder lag mit schwersten Knochenmetastasen-Schmerzen, die auch mehrmals tägliche Injektionen massiver Schmerzmittel nicht mehr lindern konnten. Nun erinnerte sich Dr. H. seines eigenen Erlebnisses und bat die Heilerin um Hilfe. Diese nahm - nach einem Telefonkontakt mit der Kranken - eine Fernheilung vor und erreichte über tausend Kilometer hinweg sofort totale Schmerzbefreiung, die bis zu deren friedlichem Tod sechs Wochen später anhielt. Etwa ein Jahr vor diesem Ereignis hatte die Kranke bei ihrem letzten Besuch beim Ehepaar Dr. Hansen über ihren bevorstehenden Tod gesprochen. Mit Blick auf ein Paar beiderseits neben dem Kamin hängenden, rund siebzig Zentimeter großen Holzengel sagte sie: „Wenn es soweit ist, möchte ich versuchen, euch 'von drüben' ein Zeichen zu geben.“ Einen Tag nachdem ein Telefonat aus Husum das friedliche Ableben der Freundin bestätigt hatte, entdeckte das Ehepaar morgens beim Betreten des Kaminraums, daß der linke, an einer Perlonschnur hängende Engel sich um 180 Grad gedreht hatte und statt ins Zimmer nun gegen die Wand schaute, obwohl ihn niemand berührt hatte. Nachdem er dann einfach wieder zurückgedreht wurde, verblieb er in seiner ursprünglichen Lage; auch bei späteren Versuchen, ihn wieder gegen die Wand zu drehen, folgte er sofort dem Drehmoment der Schnur und kehrte gleich wieder in die Ausgangslage zurück. Am Tag darauf stand das Ehepaar H. im 244
Gespräch unter dem anderen Engel, als es plötzlich einen deutlichen Knall vernahm. Dieser Engel hielt in seiner Hand eine von Amazonas-Indianern aus Brasilien stammende kultische Kette, bestehend aus aufgereihten getrockneten Beeren, Holzperlen, Federn und kleinen Tierknöchelchen. Am unteren Ende dieser Kette befanden sich fünf Stäbchen, die ebenfalls Holzperlen und Knöchelchen trugen. Wiederum ohne jede Berührung waren in diesem Augenblick zwei dieser Stäbchen gebrochen, und die zu Boden gefallenen Perlen und Knöchelchen rollten Frau Hansen genau vor die Füße. Das Ehepaar H. reagierte mit einem Dank an die verstorbene Freundin. Daraufhin ereigneten sich keine weiteren derartigen Phänomene mehr. Frau Herta Hansen hat freundlicherweise diesen Bericht geprüft und zu einem guten Teil neu gefaßt. Ich hatte Gelegenheit, die Heilerin persönlich kennenzulernen. Sie übermittelte mir auch den Text der christlich-magischen Heil- und Segensprüche. Das Geschehen an den beiden Engeln erinnert mich an die Phänomenologie der Infestation. Auch innerhalb dieser werden Statuetten plötzlich nach hinten gedreht.1) Dies einfach als Erinnerungstäuschung hinzunehmen, erweist sich anhand meiner Erhebung als sehr problematisch. Allzu häufig werden Geschehnisse, die gemäß naturwissenschaftlicher Dogmen unmöglich erscheinen, als Sinnestäuschung „wegerklärt“. 1) Siehe H. Naegeli: „Besessenheit und Exorzismus“, S. 191. 245
Der Bericht des Ehepaares Hansen läßt mich verschiedene Probleme überdenken. Zunächst stellt sich die Frage, auf welche Weise das Gebet der einfachen Frau auf den Körper des Arztes einwirkt. Suggestion oder Autosuggestion scheiden aus angesichts der natürlichen Skepsis eines Arztes und der Schwere der Verwundung. Die Schmerzempfindlichkeit der Finger ist bekannt. Die rasenden Schmerzen hätten ihn - so berichtete mir der Arzt - gegen jede Außenbeeinflussung abgeschirmt. Trotzdem verschwand der Schmerz augenblicklich, und die Wunde blieb steril, wie dies auch bei den Heilungen durch die Logurgen der Philippinen und Brasiliens übereinstimmend bestätigt wird. Auch die Funktion blieb erhalten. Noch eigenartiger erscheint die Wirkung des Gebetes über das Telefon auf eine Distanz von tausend Kilometern. Die Diktion der Allgäuerin in alemannischem Deutsch ist in Schleswig-Holstein unverständlich, so daß auch hier Autosuggestion außer Betracht fallt. Die Schmerzfreiheit war aber eine augenblickliche und hielt bis zur Todesstunde an. Wohl ist die Übertragende eine Frau mit ungewöhnlicher Glaubenskraft, doch keine Heilige. Man ist versucht, in diesem für unsere Erfahrung ungewöhnlichen Geschehen eine spirituelle Übertragung durch Engel, den positiven Archetypen der ethischen Dimension, zu vermuten. 246
Das Künden seitens der Dame in SchleswigHolstein erfolgte nach deren Ableben. Daraus ergibt sich zwingend, daß des Menschen Geistseele vor und nach dem Tode die gleichen außergewöhnlichen Fähigkeiten besitzt, um sich unabhängig von der Raumschranke zu manifestieren. Auch dieses Faktum läßt uns ein geistiges Kontinuum der Seele auch nach dem physischen Tod vermuten.
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25. Kräftespiel zwischen Mensch und Geistwesen bei paranormalem Geschehen „Der Intellekt bewegt nichts.“ (Aristoteles) In den vorangehenden Kapiteln wies ich auf die Bemühung der Schulparapsychologie hin, für jede physikalisch unerklärliche Bewirkung der Materie in Anwesenheit des Menschen nur dessen eigenes Potential verantwortlich zu machen. Da die Existenz autonomer Geistwesen durch diese innerhalb der Parapsychologie bisher führende Richtung kategorisch bestritten wird, ist dies nicht weiter erstaunlich. (Allerdings geht die Zahl der als „Animisten“ bezeichneten Parapsychologen erheblich zurück.) Diese frühere Schulmeinung glaubte nicht nur bei den verschiedenen Spuk-Arten, sondern auch beim sogenannten Geller-Effekt alle Phänomene allein auf den beteiligten Menschen zurückführen zu dürfen, allerdings ohne sich über die psychischen oder physikalischen Bewirkungsmöglichkeiten aussprechen zu können. Beim ersten öffentlichen Auftreten Uri Gellers im Schweizer Fernsehen in Zürich war ich als Experte eingeladen und konnte aus einer Distanz von einem Meter dessen Metallbiegekünste beobachten. 248
Beim Phänomen „Geller-Effekt“ gelingt - oft auch ohne jede Berührung - rein gedanklich das Verbiegen, Brechen oder die Veränderung des Aggregatzustandes eines Metallstückes. Taschenspielerkunst ist ausgeschlossen, da auch von hinten beobachtet werden darf. Noch erstaunlicher erwies sich bei dieser Vorführung Uri Gellers Fähigkeit, beschädigte Uhren wieder in Gang zu setzen. Geller wurde ein sorgfältig verschlossenes Paket vorgelegt, das vierzig Uhren enthielt, jede mit der Expertise eines diplomierten Uhrenmachers, daß die betreffende Uhr als absolut irreparabel zu gelten habe. Geller fuhr nur einige Male mit der Hand über die Außenseite der Schachtel. Nach der Öffnung funktionierten sechsundzwanzig Uhren wieder, wenn auch nicht alle auf lange Zeit. Noch eigentümlicher berührt die Tatsache, daß bei einer zwei Tage nachher - also nicht „life“ - erfolgten Sendung tausende defekter Uhren, die in die Nähe des Fernsehapparates gebracht worden waren, nun wieder für einige Zeit funktionierten. Entweder muß das Psychopotential der Anwesenden beteiligt gewesen sein (siehe Kap. 23 „Bewirkung der Materie über personale geistige Kräfte“) oder es waren unbekannte Geistwesen im Spiel (siehe Kap. „Das Künden“). Beides erscheint mir aufgrund meiner Erfahrungen denkbar. Aber auch vielen Schulkindern (Versuche in den USA) und gut eingeführten Seminarteilnehmern gelang die Metallverbiegung, wenn auch meist viel 249
weniger differenziert. Rein physikalisch ausgeführt würde dies einen erheblichen Energieaufwand erfordern. Woher bezieht die menschliche Psyche diese Energie, und wie wird sie auf den Gegenstand übertragen? Diesbezüglich ist der Naturwissenschafter noch immer ratlos, doch ist der „Geller-Effekt“ auch auf Universitätsebene als echt erkannt worden. Dabei bedarf es nicht einmal psychischer Spannung, lediglich einer konzentrierten Vorstellung und wohl auch des Glaubens an die Machbarkeit. Skepsis hingegen verhindert jede Einwirkung. Gewährleisten diese erwähnten Verhaltensregeln auch die im Menschen schlummernden Energien die Möglichkeit der Bewirkung der Materie? Eigenartig berührt die Tatsache, daß die Auslösung solcher Energieeinwirkungen bei M a t t h i e w M a n n i n g nicht einmal mehr der persönlichen Lenkung und Vorstellungskraft bedurfte. Einer seiner Kassetten entnehme ich die folgenden Erklärungen: „Ein anderer Grund, warum ich damit aufhörte, war - auch wenn es lustig klingen mag -, daß das Ganze nicht mehr kontrollierbar war. Es sah aus, als könnte ich nicht mehr aufhören, Dinge zu verbiegen. Es war irritierend, wenn man sechs-, siebenmal nicht ins Haus oder ins Auto kommt und es wird noch unangenehmer, wenn Schlüssel von anderen Personen verbogen werden.“ Das Geschehen entglitt also seinen eigenen Inten250
tionen, und dies legt den Gedanken nahe, daß sich autonome, von M. Manning unabhängige Wesen ohne dessen Dazutun seiner Energiequellen bemächtigten, um Schabernack zu treiben. Dies erinnert sehr an die Phänomenologie der Umsessenheit und auch der Magie. In Goethes Gedicht „Der Zauberlehrling“ wird dieser seine Geister nicht mehr los und ist hilflos ihren Machenschaften ausgeliefert, da diese offenbar über ein erheblich größeres Energiepotential verfügen. Ähnliches beobachten wir beim „automatischen Schreiben“ und dessen nicht mehr kontrollierbaren Folgeerscheinungen. Auch sei auf das Kapitel 170 „Magie“ verwiesen, worin die Tragödie des von der Stadt San Diego, California, USA, angeworbenen Regenmachers geschildert ist. Erinnern wir uns auch der enormen Kräfteeinwirkungen, welche bei den meisten Spukfallen beobachtet werden. Beim Joller-Spuk fiel ein schweres Aststück den Kamin herunter, und beim RosenheimerSpuk setzte sich ein dreihundert Kilogramm schwerer Aktenschrank weit ins Innere des Zimmers ab. Auch bei den spiritualistischen Sitzungen Professor H. Nielssons kam es zu ganz außergewöhnlichen Energieeinwirkungen. Woher alle diese Energien stammen, hat sich - wie bereits erwähnt - meines Wissens noch kaum ein Forscher gefragt. Mir erscheinen zwei Möglichkeiten beachtenswert: 251
1. In gewissen Ausnahmezuständen verfügt vor allem der medial begabte Mensch über ein Energiepotential, dessen physikalische Natur noch nicht erkennbar ist. 2. Es wäre anzunehmen, daß feinstoffliche Wesen der Transzendenz der weit aktiveren Geistigkeit des Menschen bedürfen, um ihre dumpfen Ziele zu verwirklichen. Möglicherweise gelänge ihnen dies nicht, wenn sie nur auf sich selbst angewiesen wären. Einmal vom geistigen Impuls des Menschen angeregt, setzen sie die von ihm übernommenen Impulse mit einem ihnen innewohnenden viel größeren Energiepotential fort. Bei negativen Geistwesen wirkt sich das viel sichtbarer und häufiger aus als bei den positiven Entitäten, die sich nach den beachtenswerten, aber wenig bekannten Erfahrungen des amerikanischen Psychologen Wilson Van Dusen1) weit mehr zurückhalten, als ihre in den polaren Gegensatz beorderten Urkräfte unserer Welt. Auch sei daran erinnert, daß ein Energiepotential, das rein mechanisch (Bombenexplosion) ausgelöst wird, sich überallhin gleichmäßig auswirkt, wenn es nicht durch materielle Barrieren daran gehindert wird. Damit sich menschliche Impulse (Energien) sinngemäß in der Materie auswirken, bedarf es konzentrierter Gedankenlenkung. Im Falle Matthew Mannings war 1) Siehe Van Dusen: „Der Mensch im Kraftfeld jenseitiger Welten“, Swedenborg Verlag, Zürich 1980. 252
dies bei der Verformung der in den Hosentaschen befindlichen Schlüsseln seiner Mitmenschen keineswegs der Fall. Der formale Impuls muß also von einem Fremdwesen ausgegangen sein, allerdings unter Verwendung des Manningschen Energiepotentials. Dies erscheint mir die natürlichste Erklärung. Sie als querulatorische Impulse seines negativen Unbewußten, des Schattens (C. G. Jung), zu sehen, ist vorläufig ebenso unbeweisbar, wie meine Hypothese. Wer Spukwesen und Poltergeist-Geschehen hautnah erlebt hat, wird immer einen Fremdeinfluß annehmen. Das Erleben ist jeweils so spontan und zugleich so weit entfernt von der persönlichen Vorstellungskraft, daß der menschlichen Gefühlsund Empfindungsfunktion weit mehr Wirklichkeitssinn zugemessen werden muß als intellektuellen Theorien. Denken wir an Aristoteles: „Der Intellekt bewegt nichts“ - auch hier nicht.
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26. Die Bedeutung des „corpus subtile“ als Vermittler zur Transzendenz Nur ein Teil der in Anlehnung an die Lehren der „Tantra vidyã“ zuerst nur feinstofflichen Welt verdichtete sich, um unsere Materienwelt zu bilden. Geistige Elemente, das Mentale und das Emotionale, denen Engel und Engeldämonen zugerechnet werden müssen, verbleiben im Feinstofflichen als Prinzipienkräfte. Jedem materiellen Element kommt jedoch ein feinstofflicher Anteil zu, welchen wir mit Paracelsus als „corpus subtile“ bezeichnen. Nicht nur der Mensch, auch die Tier- und Pflanzenwelt, ja auch die Mineralien verfügen über diesen feinstofflichen Anteil. Dieser vermittelt den Kontakt zu den feinstofflichen Energien der Transzendenz. Engel und Engeldämonen gehören ihnen an. Diese vermögen nicht nur des Menschen Geistseele, sondern auch die Materie, welche den Menschen umgibt, zu bewirken. Im Falle der Obsession wird des Menschen corpus subtile von den Energien der Engeldämonen überlagert. Mit großer Wahrscheinlichkeit geschieht dies auch seitens Engelwesen bei ethisch genialen Menschen.
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27. Engel und Engeldämonen A) Begriffsbestimmung Das deutsche Wort Engel kommt vom lateinischen „angelus“ und bedeutet der Bote. Der Engel ist also ein Bote aus einer übersinnlichen, feinstofflichen Welt, ein Vermittler zwischen jener und unserer Materienwelt. Diese beiden Welten sind eng aufeinander bezogen. Man darf sich die transzendente Dimension nicht als statische, reine Prinzipienwelt vorstellen, die unserer dynamischen Materienwelt nur das Gerüst gibt. Diese feinstoffliche Welt ist als zuerst existierende gleichfalls voller dynamischer Energie. Allein die Tatsache, daß sie sich in unsere grobstoffliche Welt verdichtete, beweist ihren dynamischen Charakter. Aber nur ein Teil der transzendenten Dimension verdichtet sich. Es verbleibt jedem verdichteten Körper auch ein feinstofflicher Anteil. Beim Menschen nennen wir diesen Anteil das corpus subtile, das in seiner materiell am stärksten verdichteten Form als Äther- oder „Bildekräfteleib“ (Rudolf Steiner) zur materiellen Körperlichkeit hinüberleitet. Das corpus subtile enthält aber auch die menschliche Geistseele, welche nicht nur Impulse in den Körper aussendet, sondern auch die Verbindung zur transzendenten Welt vermittelt und nach dem körperlichen Tod in dieser Sphäre aufgeht.
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Die Engel wenden sich als Boten und Inhaltsüberträger an die menschliche Geistseele, welche diese Inhalte über feinstoffliche Sinnesorgane zu erfahren und zu erkennen vermag. Die Seele schaut den Engel. In seltenen Fällen scheint der Himmelsbote als transzendentes Wesen eine Materialisation eingehen zu können, was dem Erlebenden ermöglicht, es sogar mit seinen physiologischen Sinnesorganen wahrzunehmen. Professor Heinrich Beck1) sagt in seinem Vortrag über Engel und Dämonen: „Solche wesenhafte Unstofflichkeit schließt aber nicht aus, daß der Engel in stoffüberlegenerweise den Stoff bewegt und in ihm wirkt, so daß er gelegentlich, wenn es seinem Auftrag entspricht, einen Leib annimmt, um in der stofflichen Welt zu erscheinen.“ Diese Ausführungen Becks entsprechen einer modernen theologischen Sicht, die auf seelischer Erfahrung basiert. Sie ist mit naturwissenschaftlichen Kriterien nicht nachvollziehbar. Persönlich bin ich der Auffassung, daß die Engel nicht nur Botendienste zu leisten haben. Die christliche Kirche hat sie hierarchisch geordnet und ihnen Aufgaben zugeschrieben. Engel und implicite auch Engeldämonen vertreten je ein kosmisches Prinzip, dem - wie immer - eine Dynamik innewohnt. Die Gesamtheit dieser Prinzipien und ihrer Energien führen zur Entwicklung der beiden komplementären 1) Allgem. Zeitschrift für Parapsychologie, Jg. 10, Nr. 2, 1985. 256
Weltsphären. Erst im Zeitgeschehen der Menschwerdung trat die ethische Dimension und mit ihr - um Erkenntnis zu gewährleisten - die Polarität von Gut und Böse in Erscheinung. So bedurfte es der Trennung in Engel und Engeldämonen. Letztere vertreten um Goethes Formulierung in seinem Faustdrama zu gebrauchen - „Jene Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft“. Die Engeldämonen haben ihren Beitrag zur geistigen Ausweitung des Menschen zu leisten. In diesem Sinne sehe ich die Dämonen in den göttlichen Entwicklungsplan einbezogen. Sie unterstehen dem göttlichen Evolutionsprinzip unseres Globus', im kirchlichen Sinne dem göttlichen Willen. Die Dämonen sind also prinzipiell die Schwächeren, was im Faustdrama zum Ausdruck kommt. Dies ist - ich habe es andernorts angedeutet - für den Exorzisten von größter Bedeutung. Innerhalb der Engelshierarchie des PseudoDionysius Areopagita sind - Wertmaßstäbe dürfen innerhalb dieser hierarchischen Ordnung nicht eingesetzt werden - die Engel nach den Erzengeln die letztgenannten. Sie, die angeli (gr. ángeloi) gelten, wie das Wort besagt, als die Boten, die Überträger von Inhalten aus dem Transzendenten in unsere Erfahrungswelt. Was die Wesenheiten der übrigen Kategorien betrifft, so vertreten die darin aufgeführten Engel und auch die Engeldämonen je ein kosmisches Prinzip. 257
Auf die Aufgaben der Engel innerhalb der einzelnen hierarchischen Kategorien einzugehen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Ich verweise auf Paola Giovetti: „Engel, die unsichtbaren Helfer des Menschen“, Ariston-Verlag, 1991. B) Engel und Dämonen im Urteil vergangener Epochen und der heutigen Zeit H i l d e g a r d v o n B i n g e n (l098-1179), Äbtissin, Seherin und Exorzistin, spricht von Schutzengeln (angeli custodes) und Plagegeistern; desgleichen von Schadedämonen, die vom Individuum spezifischen Besitz ergreifen und so die Phänomene der Besessenheit hervorrufen. „Das Urfeuer, aus dem die Engel brennen und leben, das ist Gott selber“, sagt Hildegard1). T h o m a s v o n A q u i n (1225-1274), der über eine sehr lebendige Beziehung zur transzendenten Welt verfügte, bekannte sich zu den Worten: „Gott hat in der Wirklichkeit der Dinge nichts hervorgebracht, das er nicht im Geist der Engel eingeprägt hätte; sie sind Mittler zwischen Gott und Mensch.“ Wir erkennen, wie klar diese beiden Seher die Tatsache erfaßten, daß die schöpferische Kraft die Welt in zwei komplementären Dimensionen schuf, der geistigen und der materiellen. Gemäß der indischen 1) H. Schipperges: „Die Welt der Engel bei Hildegard von Bingen“, Otto Müller Verlag, Salzburg, 2. Aufl. 1989, S. 42. 258
„Tantra vidyã“ entwickelt sich die Welt aus dem Körperlosen, aus „Purusha“ und „Avyakta“ ins Feinstoffliche und erst aus dieser in die Materienwelt. Beide aber bleiben eng miteinander verbunden und wirken aufeinander ein. „Alles bezieht sich auf alles“ - wenn auch nicht immer erkennbar. Der Zufall in seiner üblichen Bedeutung wird damit „hinfällig“. Ein bestimmtes Geschehen fällt dem andern in enger Gebundenzeit zu. Das Geistige erscheint als das Primäre und drückt sich im Materiellen aus, ist somit prägend. In den Zeiten vor Descartes herrschte diese Erkenntnis vollumfänglich. Dementsprechend galt die Welt der Engel und Dämonen als Realität. Vom anerkannten damaligen Wissenschafter Johannes Trithemius besitzen wir eine Schriftenreihe: „De daemonibus liber“ (Oppenheim 1525). Für Paracelsus (Theophrastus von Hohenheim, 1493-1541) sind Engel und Dämonen so reale Wesen, daß sie seines Erachtens nicht allein Gegenstand der Theologie, sondern auch einer natürlichen Philosophie sein sollten. Im „Liber de nymphis“ betont er: „Der Mensch ist die Natur, er ist aber auch ein Geist, wie auch ein Engel. Deren allerdreien Eigenschaften hat er.“ Paracelsus sieht das Feinstoffliche im Menschen als Entsprechung zur Feinstofflichkeit der Gesamtschöpfung. Neben der „Natur“ (dem Körper) besitze er 259
einen Geistleib, den ich dem Äther- oder Bildekräfteleib gleichsetzen möchte, und einen Engelleib, der meines Erachtens dem Mentalleib, dem „Buddhi“, und dem Astralleib, dem „Manas“ der Tantra vidyã, entspricht. Ferner ist Paracelsus der Ansicht, daß sich Geistwesen, Engel wie Dämonen, an den Menschen binden können und sich optisch, in seltenen Fällen bis zur akustisch-taktilen Erlebnismöglichkeit, zu materialisieren vermögen. M a r t i n L u t h e r (1483-1546) war von der Existenz der Engel und Dämonen überzeugt, wenn er auch davor warnte, den Engeln im Kult mehr Gewicht beizumessen als Gott und Christus. Luther exorzierte mit Erfolg, doch er beschränkte sich auf das Gebet und das Handauflegen. Man solle dem Teufel nicht die Ehre geben und ihn mit großem Pomp austreiben, wie dies im katholischen Ritus geschähe. Zwingli und Calvin verboten den Exorzismus. Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) äußerte sich am 15. März 1831 gegenüber Eckermann: „Der Engelglauben ist etwas so natürliches, daß er zum Menschen gehört, daß er einen Bestandteil seines Wesens ausmacht und als Fundament aller Religionen allen Völkern angeboren ist. Höhere Wesen können in der Not dem Menschen hilfreich zur Seite stehen, denn sie gehören schlechthin zu unserer Natur und nehmen an uns teil.“1) R u d o l f S t e i n e r (1861-1925) war der Auffassung, 1) Schipperges, H., op. cit., S. 23. 260
daß die geistverneinende Betrachtungsweise der (damaligen) Naturwissenschaft im Grunde genommen nur das „Tote“ in der Natur erfassen kann, nie das Lebendige. Hermann Hesse (1877-1962) läßt in seinem Buch „Das Glasperlenspiel“ den Geistmeister Josef Knecht verkünden: „Es gibt kein adliges und erhöhtes Leben ohne das Wissen um die Teufel und Dämonen und ohne den beständigen Kampf gegen sie.“ Dichter und Denker haben also auch in unserer naturwissenschaftlichen Welt an der Existenz von Engeln und Dämonen festgehalten. Sie haben sie aber auch erlebt. Dies erkennen wir über die „Duineser Elegien“ Rainer Maria Rilkes: „Jeder Engel ist schrecklich und dennoch, weh mir, Ansing ich Euch, fast tödliche Vögel der Seele, Wissend um Euch. Wohin sind die Tage Tobiae, Da der Strahlendsten einer stand an der einfachen Haustür, Zur Reise ein wenig verkleidet und schon nicht mehr furchtbar; (Jüngling dem Jüngling, wie er neugierig heraussah)? Träte der Engel jetzt, der gefährliche, hinter den Sternen Eines Schrittes nieder und herwärts: hochaufschlagend Erschlug uns das eigene Herz. Wer seid ihr?“ Rilke läßt uns deutlich erspüren, daß die Engel Urkräften, ja Urgewalten entsprechen, die nur derjenige erträgt, welcher mit dem Weltgeist eins und von 261
der Hybris des die Schöpfung immer hinterfragenden Intellektmenschen noch nicht zu sehr erfaßt ist. C) Die Realität der Engel Dem heutigen akademisch gebildeten Menschen bedeuten Engel und Dämonen kaum mehr Wesentliches. Er begegnet ihnen höchstens in der Bibel, so er diese überhaupt zur Hand nimmt. Wesen und Wirkkraft der Engel sind auch vielen Theologen fremd geworden. Rational unverständliche Berichte in der Bibel oder der Hagiologie werden dem Bereich des Mythos zugeordnet; es käme ihnen höchstens symbolhafte, nicht aber eine eigentliche Wirklichkeit zu. Gleiches gilt auch für die „Wundertaten“ Mosis und Jesu. Von parapsychologischen Phänomenen oder den innerhalb der Medizinphilosophie unverständlichen „Wunderheilungen“, denen man auch heute noch überall in der Welt begegnen kann, wissen die Verbreiter rationalen Wissensgutes nichts. Der geachtete und anerkannte protestantische Theologe Walter Nigg schreibt im Geleitwort zu seinem Buch „Bleibt ihr Engel“ (Berlin 1981): „Für die Menschen von heute bedeuten die Engel eine Verlegenheit. Ratlos hört er den Berichten über ihre Erscheinungen zu: er kann sie nicht mehr in seine Seele aufnehmen. Das metaphysische Unvermögen der Neuzeit steigerte sich hierin zu einer wahren Leugnung der Engel. Der moderne Mensch hat keine 262
Beziehung mehr zu den himmlischen Boten; sie sind für sein skeptisches, nur auf den Nutzen bedachtes Denken reine Einbildung.“ Frank Nager, Professor der Medizin in Luzern, wendet sich in einem Vortrag am „Engadiner Kollegium“ 1987 an die heutigen Jünger Äskulaps mit den Worten: „Sind wir in unserem quantifizierenden Computerdenken so deformiert, daß wir alles Emotionale, alles Irrationale, alles Unbewußte mit seiner Bildersprache, sowie all die Zusammenhänge zwischen Innen und Außen, zwischen Seele und Körper gar nicht wahrnehmen wollen?“ Das wollen in der Tat nur wenige. Auch stellt sich für den Heutigen ein schweres Hindernis ein. Engel werden - wie wir uns erinnern - nicht gesehen, sondern von religiös Ergriffenen geschaut. Solche Schauungen als bloße menschliche Phantasie „wegzuerklären“ erscheint mir unzulänglich. Alle Phantasiebilder müssen auf Urbilder des menschlichen Geistes zurückgeführt werden. Urbilder sind geistige Wirklichkeit. Die Quantenphysik sieht die Strukturen des Geistes als Parallele zu denen der Materie! Zwar begegnen heute die Erkenntnisse der Kernphysik nicht mehr einer grundsätzlichen Opposition von Seiten der rational geprägten Wissenschaft, doch werden von letzterer zu wenig Folgerungen aus den Gegebenheiten der Quantenphysik gezogen, was m.E. emotionalen Komplexen entspringt. Weltanschauungen bieten ihren Anhängern Sicherheit und Anerkennung bei 263
Gleichgesinnten. Deswegen lassen sich Weltanschauungen nicht so leicht über Bord werfen, es sei denn durch ein die Ganzheit der Persönlichkeit ergreifendes inneres Bild. Alles Feinstoffliche, somit auch die Sphäre der Engel und Dämonen, beinhaltet ebensosehr eine Wirklichkeit, wie unsere materielle Welt. D) Die Wahrnehmung der Engel und Engeldämonen über die menschlichen Sinne Des Menschen anatomisch erfaßbare Sinneszentren erkennen die materielle Wirklichkeit. Dagegen nehmen die feinstofflichen Entsprechungen dieser Zentren, die eben kein physiologisch-anatomisches Substrat besitzen, die Gestalten der feinstofflichen Dimension wahr. Innerhalb dieser könnte man zwei verschiedene Dichtegrade unterscheiden. Denken wir zunächst an die Welt der Naturgeister - der Elementaren -, welche, so darf man annehmen, über eine gröbere Feinstofflichkeit verfügen. Diese entspräche dem menschlichen Ätherleib - dem „Bildekräfteleib“ Rudolf Steiners. Naturgeister glaube ich stark der Erde und dem Diesseits verbunden. Einer Schicht von geringerer Dichte würden die Engel und Engeldämonen angehören. Engel können mit Otto Betz1) als „Brückenwesen zwischen Immanenz 1) Otto Betz, Vorwort zu Alfons Rosenberg: „Engel und Engeldämonen“, Verlag Kösel, 2. Auflage, 1986. 264
und Transzendenz“, die in andere Dimensionen führen, aufgefaßt werden. Denkbar ist, daß der Mensch für die Wesen dieser Schicht noch feinere Sinnesorgane besitzt. Da diese feinsten Sinnesorgane in unserer veräußerlichten Welt und in der Skepsis des Rationalismus ihr Wahrnehmungsvermögen weitgehend eingebüßt haben - dies entspräche dem „metaphysischen Unvermögen“ (Walter Nigg) -, werden heute nur noch selten Engel und Dämonen geschaut. Trotzdem geschieht dies häufiger, als wir annehmen. Da ich als psychiatrischer Berater für meine Offenheit gegenüber Metapsychischem bekannt geworden bin, sprechen die Ratsuchenden offen über ihre Gesichte, betonen aber gleichzeitig, daß sie in der Klinik oder bei anderen Kollegen geschwiegen hätten. Auch in den Träumen werden Engelwesen und Dämonen gesehen, Bilder, die C. G. Jung dem kollektiven Unbewußten zurechnen würde. Dieses kollektive Unbewußte beinhaltet eine Wirklichkeit, die dem Urwissen der Menschheit entspricht. Ein solches Urwissen kann nur aus realen Gegebenheiten gespeist worden sein. So dürfen auch Träume, in welchen eben nicht selten Engel und noch häufiger Dämonen vorkommen, als Beweis für deren Wirklichkeit gewertet werden. Der Rationalist sieht zu Unrecht in Engeln und Dämonen nur Bilder, die der Kindheit oder künstlerischen Darstellungen entnommen worden seien. Zahlreich begegnen wir in der Literatur aller Völker 265
Berichten über einen erfolgreichen Einsatz von Engelwesen bei schwerer Gefahr. Dabei wird die Engelgestalt weniger gesehen, als daß eine warnende Stimme gehört wird. Nicht selten wird über einen plötzlichen Stop im dynamischen Ablauf einer dem Menschen drohenden Gefahr (Stop des Traktors, der das Opfer zermalmen würde) berichtet. Rationalistische Parapsychologen denken an unbewußte telekinetische Bewirkungen seitens der Bedrohten oder der Umstehenden. Bezüglich der warnenden Stimme wird eine präkognitive Fähigkeit angenommen, die im inneren Gehör sich ausdrücke. Auch eine solche Erklärungshypothese verdient Beachtung und Überprüfung.
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28. Schlußwort „Le moment est venu pour la science d'aborder les 'terrae incognitae' - gemeint ist das Forschungsgebiet der Parapsychologie - dont la découverte jettera peut-être quelque lueur sur la nature de l'esprit.“ („Für die Naturwissenschaft ist die Zeit gekommen, die ihr bisher noch unbekannten Gebiete (terrae incognitae) zu erforschen. Dies würde Licht zur Erkenntnis von Natur und Wesen des Geistes bringen.“) Alexis Carrel „Réflexions sur la conduite de la vie“, Librairie Plon, Paris 1950, S. 214 Die Quantenphysik brachte zu Beginn unseres Jahrhunderts die naturwissenschaftliche Weltanschauung zum Einsturz, ohne daß die große Mehrzahl der Wissenschafter sich dessen bewußt geworden wäre. Die Kernphysiker (Einstein, Bohr, Planck, Heisenberg u.a.) erkannten, daß die Welt nicht mehr nur mit den herkömmlichen Begriffen von Raum und Zeit oder über den physikalischen Kausalitätsbegriff verstanden werden darf. Die Tatsache, daß sich Materieteilchen in Wellen - also Nicht-Materie überführen ließen und daß der beobachtende Mensch durch seine geistig-seelische Beteiligung die materiellen Vorgänge entscheidend mitbestimmt, mußte dem Bemühen Descartes einer klaren Trennung von 267
Materie (res extensa) und Geist (res cogitans) den Boden entziehen. Die neuesten Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung (ich verweise auf Kap. 16) bestätigen, daß Gehirn und Gehirnsubstanz - im Gegensatz zur bisherigen Annahme - in keinem Zusammenhang mit Geist und Seele stehen. Der Londoner Neurophysiologe John C. Eccles, Nobelpreisträger, bekennt sich zur Feststellung: „Die Neurophysiologie blickt in bezug auf die Lokalisation des menschlichen Bewußtseins und des Gedächtnisses ins Nichts.“ Es existieren also keine diesbezüglichen Zentren. Wenn solche bestünden, wären sie feinstofflicher Natur. Jean E. Charon, der französische Nuklearforscher, bemerkt hierzu: „Wir müssen feststellen, daß das menschliche Gedächtnis und das Bewußtsein nicht an die Gehirnzellen, sondern an die Atomteilchen Elektron und Positron gebunden sind.“ Nach D. Bohm werden diese Teilchen nicht in einem örtlich bestimmten Teil des Gehirns gespeichert, sondern im ganzen Gehirn lediglich „eingefaltet“. Über eine solche Tatsache könnte man sich eine größere Mobilität denken, was für die Erklärung der „Astralexkursion“ von Bedeutung ist. Aber auch beim Tode des Menschen können Bewußtsein und Gedächtnis mit den Elektronen und Positronen den Körper verlassen. Unsere Individualität ist demzufolge nicht an die Hirnsubstanz gebunden 268
und kann auch durch deren Verbrennen oder Vermodern nicht vernichtet werden. Die von den Naturwissenschaften postulierte „Ganztodtheorie“ erweist sich also durch ihre eigenen neuesten Forschungen als hinfällig. Die erwähnten Elementarteilchen als Bewußtseins- und Gedächtnisträger können einen neuen, zunächst feinstofflichen Körper bilden und sich als Individualeinheit auch der materiellen Welt mitteilen und auf sie einwirken. Dies ist für die Realität des ortsgebundenen wie auch des personengebundenen Spuks (Poltergeist-Spuk) und die Faktizität der Infestation von entscheidender Bedeutung; auch die von der Naturwissenschaft stets bezweifelte Realität noch erdgebundener Wesen - im katholischen Sinn der „Armen Seelen“ - ergibt sich zwanglos. Unter den gleichen Gesichtspunkten muß auch die Wirklichkeit der Engel und Dämonen in die wissenschaftliche Diskussion einbezogen werden. Innerhalb der Lehre vom Leben wird die mechanistische Richtung, welcher die Wissenschaften lange ihr Hauptinteresse zuwandte, ihre dominierende Stellung aufgeben und dem Vitalismus abtreten müssen (siehe Kap. 5 „Bergsons Gedanken über die geistigen Entwicklungstendenzen“). Daß dies aber nur sehr zögernd geschieht, kann nicht erstaunen. Des einzelnen Weltanschauung, eine Folge lebenslanger Beeinflussung und persönlicher Erfahrungen, ist so tief verankert, daß sie nur über Eigenerlebnisse, 269
welche die psychische Ganzheit ergreifen, nicht aber durch wissenschaftliche Darstellung neuer Erkenntnisse über Bord geworden werden kann. So bedarf es noch vieler Jahre, bis eine Neuorientierung im Sinne des Vitalismus die Universitätsgremien erfassen wird. Das Wissen um die enge Beziehung zwischen der feinstofflichen Wirklichkeit - der geistigen aber auch der jenseitigen - und dem materiellen Geschehen sollte zum Wissensgut des gebildeten Menschen werden. Bis jetzt fand dieses Wissen außerhalb der Kernphysik nur wenig Beachtung. Der Weltinnenraum (Rilke) des Mystikers und der „Weltaußenraum“ des Naturwissenschafters entsprechen ja den beiden polaren Aspekten derselben Wirklichkeit. Obwohl keine neue Erkenntnis, bedarf dies der Erwähnung angesichts unseres Themas. Die Kernphysik bildet gewissermaßen einen vorläufigen Endpunkt des „Weltaußenraumes“, führt aber zur Weltinnenschau ihrer bedeutendsten Vertreter, wie dies aus den Schriften Walter Heitlers (siehe Kap. 7) hervorgeht. Die Themata dieses Buches, die Infestation und die Besessenheit, sind somit vom Odium mittelalterlichen Aberglaubens und hypothetischer Phantasterei befreit.
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